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German Pages 135 [139] Year 2012
Germania Magna 5"
I -L I
5 6"
5 4"
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54 "
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9" Transformationseinheiten
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BIO
!50- 500 rn ) und den modernen Koordinaten(>., cp) beider seien hier
Orte sind:
Asciburg.
Rhenus fi.
Differenz
A
2T30'
2TOO'
0°30'
>.
6°39'
4°34'
2°05'
52°30'
53°10'
-0°40'
rP
51 °26'
52°08'
-0°42'
10
Demnach ist die gegenseitige Lage der Orte im ptolemäischen System in der Länge stark verfälscht (Fehler ca.
P/2°).
Von einem Schreibfehler ist hier nicht auszugehen, da beide
Orte mit ihren Koordinaten jeweils zu ihren nächsten Nachbarorten passen (nur kleinere, zufällige Koordinatenfehler). Die beiden Orte bzw. Ortsgruppen sind also offensichtlich in der Länge gegeneinander systematisch verschoben. 1.2.2.2 Geodätische Entzerrung
Die rechnerische, geodätische Analyse der Koordinatenangaben im Ortskatalog der "Geo graphie" hat zum Ziel: •
Ortsgruppen gleicher Verzerrungssystematik (Transformationseinheiten) zu lokalisie ren und die Art und Größe der Verzerrungen (Verzerrungsparameter) zu bestimmen,
•
inkonsistente Orte aufzudecken, d. h. Fehlidentifizierungen und grobe antike Koordi natenfehler bzw. Schreibfehler in den Manuskripten,
•
für ptolemäische Orte durch eine entzerrende Transformation moderne Koordinaten zu ermitteln und sie dadurch zu identifizieren,
•
Genauigkeitsaussagen über die ptolemäischen Daten zu treffen.
Teilweise sind für einen Ort verschiedene antike Koordinaten überliefert (siehe Ab schnitt
1.2.1.1).
Ebenso können für einen antiken Ort mehrere unsichere moderne Iden
tifizierungen vorliegen. Beides wird durch das Auswerteverfahren berücksichtigt, d. h. es werden die wahrscheinlich richtigen Werte bzw. Identifizierungen ermittelt. Bei der Suche nach Ortsgruppen gleicher Verzerrungssystematik findet die Ausglei chungsrechnung Anwendung (Methode der kleinsten Quadrate). Sie wird üblicherweise verwendet, wenn mehr Beobachtungen als nötig zur Bestimmung der Parameter eines funk tionalen Zusammenhanges zur Verfügung stehen. Durch die Überbestimmung ergibt sich der Vorteil, dass sich Aussagen u. a. über die Genauigkeit der Beobachtungen ableiten und Hypothesentests durchführen lassen. Solche statistischen Tests wiederum ermöglichen hier die Suche nach Ortsgruppen, für die jeweils ein bestimmtes Verzerrungsmodell einschließ lich dessen Parameter gültig ist. Im hier verwendeten Gauß-Markov-Modell stellen die ptolemäischen Koordinaten die beobachteten, fehlerbehafteten Größen dar. Da die modernen Koordinaten gegenüber den ptolemäischen wesentlich kleinere Unsicherheiten besitzen, können diese hier als fehlerfrei angesehen werden. Die gesuchten, unbekannten Größen sind die Transformationsparame ter. Der Transformationsansatz für die Überführung der modernen in die ptolemäischen Koordinaten lautet
Ai+ VAi
m>.
Ai+ Ao
i +
m q,
rPi+ o ,
V.Pi
(1.1)
Ai und rPi, der ptolemäischen Länge und A0 und 0 und (Verbesserungen) VAi und V.Pi· Mit den Maßstabsparametern und
mit der modernen geographischen Länge und Breite Breite
Ai und
i, den Maßstabsparametern m>. und mq,, den Translationen
den zufälligen Restfehlern
Translationen werden die systematischen Verzerrungen der ptolemäischen Ortsangaben modelliert. Bei der praktischen Anwendung erweist sich das Modell als genau genug, d. h. die sich ergebenden Restfehler besitzen i. d. R. keine Restsystematiken und ihre Beträge
11
stehen im Einklang mit der Auflösung bzw. der Größe der Unsicherheit der ptolemäischen Koordinaten. Die Verfahrensschritte der geodätischen Analyse der ptolemäischen Koordinaten sind nun folgende:
1.
Da bei der vorliegenden Aufgabenstellung nur kombinatorische Verfahren erfolgver sprechend sind, die Praktikabilität derartiger Verfahren jedoch stark abhängig von der Datenmenge ist, wird ein Untersuchungsgebiet im Vorhinein in Ortsgruppen un terteilt, in denen die Suche nach Transformationseinheiten zunächst getrennt durch geführt wird. Eine solche Start-Einteilung kann anhand des Residuenbildes erzeugt werden, das sich nach einer ersten Transformation mit Näherungswerten für die Ver zerrungsparameter ergibt. Im Residuenbild werden Gebiete homogener Verzerrung an ähnlichen Residuenvektoren
( vA
vq,
)T
deutlich (bestimmt mittels
(1.1)).
Da durch die Start-Einteilung evtl. zusammengehörige Orte voneinander getrennt werden, sind nach der Suche von Transformationseinheiten in den Startgebieten wei tere Nachuntersuchungen erforderlich
2.
(3.
und
4.).
Die Suche nach Transformationseinheiten erfolgt kombinatorisch. Dabei werden die Orte eines Startgebietes so lange miteinander kombiniert, bis eine maximale konsis tente Ortsgruppe gefunden wird. Die Konsistenzprüfung erfolgt mittels statistischer Tests. Eine somit ermittelte Transformationseinheit wird aus den Daten entfernt und unter den übrigen Orten wird die Suche wiederholt, bis keine konsistente Gruppe mehr gefunden wird. Da für nicht wenige Orte mehrere unsichere Identifizierungsvorschläge vorliegen, wur de das Verfahren darauf ausgerichtet, solche Alternativen mit in die kombinatorische Suche einfließen zu lassen, um so die mögliche bzw. unter den möglichen die wahr scheinlichste Identifizierung zu ermitteln.
3.
Nach der Ermittlung von Transformationseinheiten in den Startgebieten werden in der Regel noch Orte vorliegen, die keiner Transformationseinheit zugeordnet sind. Als mögliche Ursachen kommen in Frage: •
systematische Fehler (Orte sind in einer anderen Transformationseinheit konsis tent),
•
Fehler in den ptolemäischen Koordinaten (z. B. verwendete Koordinatenvariante falsch, Schreibfehler)
•
•
Fehler in den modernen Koordinaten (durch falsche Identifizierung), Fehler im stochastischen Modell (Unsicherheit der ptolemäischen Koordinate größer als angenommen).
Die ersten beiden Ursachen werden überprüft, d. h. es wird für die bisher unzugeord neten Orte ermittelt, ob sie in einer Transformationseinheit in ihrer Nachbarschaft mit einer ihrer Identifizierungen und antiken Koordinatenvarianten konsistent sind. Dazu werden die für jeden Ort möglichen Kombinationen aus moderner Identifi zierung und antiker Punktvariante einzeln in die in Frage kommenden Transforma tionseinheiten eingeschaltet und eine Ausgleichung durchgeführt. Bleiben dadurch die
12
Punktgruppen konsistent, wird die beste Zuordnung durchgeführt (Maß ist die Grö ße der verwendeten Teststatistik) und das Verfahren für die übrigen unzugeordneten Punkte fortgeführt. 4. Sind die Unterschiede zwischen den Transformationsparametern lagemäßig benach
barter Transformationseinheiten statistisch nicht signifikant (statistischer Test), kön nen sie zusammengefasst werden. Auch die Suche nach maximalen zusammenfassba ren Gruppen erfolgt kombinatorisch. Es wird diejenige mögliche Zusammenfassung vollzogen, welche die größte Anzahl an Orten zusammenfasst, und unter den übrigen Transformationseinheiten die Suche nach weiteren Zusammenfassungen fortgesetzt.
5. Die Ergebnisse werden auf Plausibilität hin überprüft. Dies betrifft vor allem die Lage und Form der Transformationseinheiten. Bei starken lagemäßigen Überschneidungen wird für die verursachenden Orte mittels Neuausgleichung und statistischer Tests geprüft, ob die Zuordnung zu einer anderen Transformationseinheit möglich ist. Bleiben nach Durchführung des Verfahrens Orte ohne eine mögliche Zuordnung zu ei ner Transformationseinheit übrig, ist zunächst zu entscheiden, ob für sie Änderungen im stochastischen Modell möglich sind (größere Standardabweichungen). Sind derartige Än derungen nicht mehr zu rechtfertigen, muss die moderne Identifizierung überdacht werden. Mittels Transformation lassen sich aus den ptolemäischen Koordinaten (A, ) moderne Koordinaten (A, cp) bestimmen:
mAAi + Ao rP i
m;p i + rPo.
(1.2)
Hierbei sind mA und m;p die Maßstabsparameter und Ao und r/Jo die Translationsparameter der entzerrenden Funktion. Die Entzerrungsparameter gehen durch Invertierung aus den ermittelten Verzerrungsparametern hervor:
(1.3) Können mittels Transformation neue Identifizierungen gefunden werden, ist eine Wieder holung des Auswerteverfahrens (Schritte 2-5) erforderlich. Ergibt sich durch Transformati on keine plausible Identifizierung, muss ein grober Fehler in den ptolemäischen Koordinaten vermutet werden. Annahmen über Schreibfehler können durch eine entsprechende Veränderung der be treffenden Koordinate überprüft werden, indem für die betreffende Transformationseinheit eine erneute Ausgleichung inkl. statistischer Konsistenztests durchzuführen ist. 1.2.3 Die Informationen der Altertumskunde
Für die Provinzen des Römischen Reiches dient zunächst der BARRINGTON-ATLAS als Grundlage für die Ortsidentifizierung. Mit seiner Hilfe lässt sich ein Teil der von Ptolemaios genannten Orte lokalisieren, wobei jedoch, wie die Untersuchung der entsprechenden Kapi tel in der "Geographie" gezeigt hat, in den einzelnen römischen Provinzen teils nicht uner hebliche Unterschiede hinsichtlich des Anteils sicher identifizierter Orte an der Gesamtzahl
13
der Ortsangaben auftreten. In einigen Fällen erweisen sich auch die vom BARRINGTON ATLAS angegebenen Identifizierungen als nicht gesichert oder unzutreffend, so dass wei tere Untersuchungen notwendig sind. Für das Gebiet der Germania Magna liefert der BARRINGTON-ATLAS dagegen kaum Informationen. Kann nun ein Ort nicht anhand des BARRINGTON-ATLAS lokalisiert werden, muss als Nächstes überprüft werden, ob sich zu ihm Hinweise in anderen antiken Quellen finden las sen. Da alle Orte an Verkehrswegen gelegen haben, sind hierbei besonders das Itinerarium provinciarum Antonini Augusti sowie die Tabula Peutingeriana von Interesse, bei denen es sich um Straßenverzeichnisse handelt. Die Angaben weiterer antiker Autoren werden in soweit hinzugezogen, als sie für die Ortsidentifizierung nützliche Informationen enthalten. Naturgemäß gilt auch hier, dass sich für die im Römischen Reich liegenden Orte weitaus mehr Angaben in den schriftlichen Quellen finden lassen als für Germania Magna, denn die meisten der von Ptolemaios genannten Ortsnamen sind nur durch ihn selbst überliefert. Da die ptolemäische Geographie seit langem Gegenstand intensiver Forschungen ist, gibt es bereits zahlreiche Untersuchungen zu den einzelnen Regionen. Die von Historikern, Geographen, Philologen und Autoren anderer Fachrichtungen vorgeschlagenen Identifizie rungen werden deshalb soweit wie möglich erfaßt und fließen in die Verzerrungsanalyse ein (s. Abschnitt 1.2.2.2). Dabei können einerseits Identifizierungsvorschläge bestätigt, ande rerseits Fehldeutungen aufgezeigt werden. Von besonderer Bedeutung sind die Funde der Archäologie, die mangels schriftlicher Quellen und epigraphischer Zeugnisse gerade für die Lokalisierung der antiken Orte in Ger mania Magna wichtige Anhaltspunkte bieten. Allerdings ist es besonders in Gebieten mit großer Streuung von Funden oft nicht möglich, einen ptolemäischen Ortsnamen mit einer bestimmten Fundstätte in Verbindung zu bringen. Häufig lässt sich derzeit nur die Region angeben, in welcher der betreffende Ort anhand der transformierten antiken Koordinaten lokalisiert werden kann. Allerdings basieren die erzielten Ergebnisse auf dem gegenwärtigen Forschungsstand. Neue archäologische Funde und die Erfassung bisher wenig untersuchter Gebiete werden unseren Kenntnisstand erweitern und das Bild von Germania Magna noch genauer gestalten. 1.2.4 Die Ortsnamen
Neben den mathematisch-geodätischen Verfahren zur Analyse der antiken Koordinaten und den vielfältigen Informationen der Altertumskunde wird die Identifizierung der anti ken Orte von der Untersuchung der Ortsnamen flankiert. Problemlos ist eine Identifizierung bei ununterbrochener Siedlungs- und Namenskontinuität seit der Antike, wie es bei vie len Orten auf dem Gebiet des Römischen Reiches der Fall ist. Zudem können hier häufig andere schriftliche Zeugnisse zum Vergleich herangezogen werden. Auch bei Orten, die als Siedlungs- oder Militärstandorte aufgegeben wurden, ist mitunter eine Identifizierung anhand weiterer Quellen wie dem Itinerarium provinciarum Antonini Augusti oder der Ta bula Peutingeriana möglich. Namensähnlichkeiten können jedoch auch zu Fehldeutungen führen, wie beispielsweise zu der Gleichsetzung des von Ptolemaios genannten rätischen Ortes Vicus mit Viviscus/ Vevey oder des norischen Claudivium mit Iuvavum/Salzburg. Ausschlaggebend ist hier, ob eine Übereinstimmung zwischen der Lage eines Ortes, wie sie durch die entzerrten antiken Koordinaten bestimmt ist, und dem aufgrund der Namens ähnlichkeit gemachten Identifizierungsvorschlag vorliegt. 14
Weitaus schwieriger gestaltet sich die Untersuchung der Ortsnamen in den außerrömi schen Gebieten. So handelt es sich bei den meisten Ortsnamen in nur bei Ptolemaios überlieferte
hapax legomena,
Germania Magna
um
die durch keine andere Quelle belegt sind.
Liegen diese Ortsnamen zudem in verschiedenen Lesarten vor, ist eine Entscheidung über die richtige Variante meist sehr schwierig. Die Rekonstruktion der ursprünglichen Form wird außerdem dadurch erschwert, dass die germanischen Ortsnamen zunächst ins Lateini sche und dann ins Griechische übertragen wurden. Neben Schreibfehlern ist also auch mit lautlichen Veränderungen zu rechnen. ST ECHE bemerkt hierzu treffend (S.
8):
"Man muß
sich darüber klar sein, daß germanische Namen für einen alten Römer oder Griechen ebenso fremdartig waren wie uns heute etwa russische oder indische Namen." Römische Soldaten, Landmesser und Händler konnten die Ortsbezeichnungen nur nach dem Klang niederschrei ben, da schriftliche Dokumente seitens der Germanen nicht existierten. Dabei wurden die fremden Ortsnamen latinisiert und möglicherweise in einigen F ällen auch an bekannte und ähnlich klingende römische Namen angeglichen. Der des Germanischen höchstwahrschein lich unkundige Ptolemaios hat die Namen schließlich in gräzisierter Form wiedergegeben. Dass aber die geographischen Informationen über Germanien auf die Römer zurückgehen, machen einige Indizien deutlich. F indet sich z. B. in der griechischen Transkription eines Ortsnamens die Konsonantenfolge -vy-
oder
-vt>,- anstatt des im Griechischen zu erwar
tenden -''(''(- bzw. -�t>,-, lässt dies darauf schließen, dass die betreffende Ortsangabe einer lateinischen Quelle entnommen ist. Die von Ptolemaios erwähnten Ortsnamen
Tulifurdum sind sächlichen Geschlechts, obwohl das in Wort furd ("Furt") maskulin ist (BACH, Bd. 11/1, S. 23).
und
Lupfurdum
ihnen enthaltene germanische Offensichtlich handelt es sich
bei diesen Formen also ursprünglich um Richtungsakkusative, wie sie sich in römischen Itinerarien finden. Einige Anhaltspunkte für die Lokalisierung lassen sich jedoch aus den Ortsnamen ge winnen; so weist eine germanische Bildung mit dem erwähnten Element
-furdum
auf
einen F lussübergang hin. Allerdings ist Versuchen, die ptolemäischen Orte anhand bloßer Namensähnlichkeiten mit heutigen Orten zu identifizieren, wie etwa burg oder
Viritium
Mesuium
mit Merse
mit Wrietzen, mit Vorsicht zu begegnen, denn nur wenige moderne
deutsche Ortsnamen sind aus den antiken herzuleiten. So wurde mitunter aus "Lokalpatrio tismus" versucht, den eigenen Heimatort mit einem ptolemäischen Ort gleichzusetzen. Ferner gibt es neben den germanischen und keltischen Ortsnamen oder den Toponymen mit Bezügen zu den sog. balkan-illyrischen Sprachen wie z. B. S.
309)
Leucaristus
(GRÜNZWEIG,
auch Bezeichnungen, deren Herkunft umstritten ist.
Eine umfassende, wenngleich teilweise überholte Arbeit zu den Ortsnamen in Germani en ist die Untersuchung von RASCH; weitergehende Informationen zur Namensetymologie finden sich in den entsprechenden Einträgen im REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALT ERT UMSKUNDE. Eine kurze Darstellung zur Bedeutung der Ortsnamen als histori sche Quelle bietet KRAHE.
1.3 Zum Aufbau und Inhalt der folgenden Abhandlungen Den Schwerpunkt dieses Buches bildet die Untersuchung von
Germania Magna,
wie
es in der "Geographie" des Ptolemaios beschrieben ist. Daneben werden die angrenzenden römischen Provinzen
Raetia, Noricum
sowie
15
Germania Inferior
und
Germania
Superior behandelt1. Da sich die Darstellung dieser beiden germanischen Provinzen in Ptolemaios' Beschreibung von Gallia Belgica findet, wurde dieses Gebiet als Ganzes mit in die vorliegende Arbeit einbezogen. Sie umfaßt also folgende Kapitel aus dem zweiten Buch der "Geographie": •
Kapitel 9- Gallia Belgica
•
Kapitelll- German ia Magna
•
Kapitel
12 - Raetia et Vindelic ia
•
Kapitel
13- Noricum.
Die Abhandlungen zu diesen Kapiteln sind jeweils unterteilt in: •
Allgemeines (inkl. Karte)
•
Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken
•
Anmerkungen zu den Identifizierungen
•
Literatur.
Als eine zusätzliche Abhandlung beinhaltet dieses Buch einen Beitrag zur Lokalisierung der Insel Thule. Im Folgenden werden die o. g. Unterabschnitte der einzelnen Abhandlungen zu den Kapiteln der "Geographie" näher erläutert.
Allgemeines In diesem Abschnitt findet sich eine allgemeine Einführung, die das betreffende Gebiet kurz beschreibt und auf die Besonderheiten und Probleme in der Darstellung des Ptolemaios hinweist. Am Ende dieses Abschnitts befindet sich jeweils eine Karte des Gebietes.
Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken Die Orte und topographischen Punkte des behandelten Gebietes werden tabellarisch aufge führt. Ihre Reihenfolge entspricht der Anordnung in der "Geographie" des Ptolemaios. Als Textgrundlage wurde die im Jahr als BASEL-AUSGABE
2006)
2006
erschienene Neuausgabe der "Geographie" (zitiert
zugrundegelegt. F ür die Untersuchung der antiken Koor
dinaten wurden ferner auch die Ausgaben von MÜLLER und CUNTZ hinzugezogen, um möglichst viele der dort angegebenen Lesarten zu berücksichtigen, d. h. auch solche, die von den Herausgebern der Textausgaben als minderwertig angesehen wurden, denn "zuweilen enthalten die an sich schlechteren Handschriften gerade das Richtige" (ST ECHE, S.
8).
Die Tabelle enthält folgende Angaben: •
fortlaufende Nummer des Ortes
•
antiker Ortsname und ptolemäische Länge A und Breite
Germania Magna auch an die römischen Provinzen Pannonia Superior ( GH II, 14) Pannonia Inferior ( GH II, 15) sowie an das Gebiet der nicht zum Römischen Reich gehörenden Iazyges Metanastae ( "Ausgewanderte Iazygen"; GH III, 7), im Osten an Sarmatia Europaea ( GH III, 5).
1Im Südosten grenzt und
Diese Gebiete werden in einer späteren Arbeit behandelt.
16
•
moderner Ortsname und moderne geographische Länge
•
transformierte ptolemäische Länge
mit den Maßstäben
mA
und
mq,
5.
A
und Breite
cp
und Breite �; sie wurden transformiert mittels
,\
mA
Ai+ Ao
�
mq,
i+ rPo
sowie den Translationen
,\0
und
cp0;
A
5.
die Parameter
werte sind im Anhang aufgeführt Differenz zwischen moderner und transformierter Koordinate
•
Transformationseinheit (Spalte T E); sie gibt an, welche Orte einheitlich mit den
-
bzw.
cp
•
-
�
selben Transformationsparametern zu transformieren sind bzw. dieselben systemati schen Verzerrungen (Maßstab, Translation) aufweisen •
Kategorie der Identifizierungssicherheit (Spalte S): s: sicher w: wahrscheinlich u: unsicher Für die Kategorie der Identifizierungssicherheit wurden folgende Kriterien zugrunde gelegt: die Koordinaten, Forschungsergebnisse der Archäologie und Altertumskunde, topographische Gegebenheiten, die Möglichkeit, den modernen Ortsnamen aus dem antiken herzuleiten. Als "sicher" identifiziert gelten alle Orte, die aufgrund der Siedlungs- oder Namenskontinui tät oder epigraphischer Zeugnisse eindeutig bestimmt werden können. Eine Identifizierung wird als "wahrscheinlich" angesehen, wenn die Verortung durch die Koordinaten mit Be richten schriftlicher Quellen und archäologischen Befunden übereinstimmt, wenn die trans formierten Koordinaten auf eine Fundstätte von besonderer regionaler oder überregionaler Bedeutung hinweisen oder auch wenn an sich weniger bedeutende archäologische Hinwei se in Verbindung mit den transformierten Koordinaten, den topographischen Gegeben heiten der Ortslage und eventuell der Möglichkeit, den modernen Ortsnamen aus dem antiken herzuleiten, die vorgeschlagene Lokalisierung eines ptolemäischen Ortes bestäti gen. Alle Orte, die nur anhand der transformierten antiken Koordinaten lokalisiert werden können, oder bei denen nach dem gegenwärtigen Forschungsstand keine genaue Eingren zung der Lage möglich ist, sind als "unsicher" eingestuft worden. Dies ist auch der Fall, wenn eine Identifizierung nur aufgrund angenommener Namensähnlichkeit vorgenommen wurde.
•
Quelle der antiken Koordinaten (Spalte Q):
0: 0-Rezension S: S-Rezension M: Textausgabe von MÜLLER 17
m: unsichere, von MÜLLER im Apparat aufgeführte Lesart N: Textausgabe von NOBBE A: alternativer Vorschlag aufgrund eines vermuteten Schreibfehlers In der Tabelle werden alle von Ptolemaios in dem betreffenden Gebiet erwähnten Orte und topographischen Punkte aufgeführt, d. h. es werden auch Ortsangaben genannt, für die keine Identifizierung vorliegt und die deshalb in der Karte nicht erscheinen. Anmerkungen zu den Identifizierungen
Dieser Abschnitt bietet einen kurzen Kommentar zu den angegebenen Identifizierungen. Unkommentiert bleiben alle Orte und topographischen Punkte, die sicher identifiziert sind und deren antike Koordinaten keine Widersprüche aufweisen. Bei den häufigen Verweisen auf die Arbeiten von MÜLLER und HANSEN wurde in der Regel auf die Angabe von Seitenzahlen verzichtet, da es sich um fortlaufende Kommentare handelt, in denen die entsprechenden Stellen leicht zu finden sind. Da in den westlichen Provinzen des römischen Reiches das Lateinische nicht nur Amts-, sondern auch Verkehrssprache war, werden im Folgenden alle Ortsnamen und Namen topo graphischer Punkte in Gallia Belgica, Raetia und Noricum in lateinischer Form wiederge geben. Namensvarianten stehen in Klammern. Das Gebiet von Germania Magna lag zwar außerhalb des Römischen Reiches, die topographischen Informationen dazu sind jedoch durch römische Vermittlung zu Ptolemaios gelangt (s. Abschnitt
2.1.2).
Deshalb werden
auch die Ortsnamen in Germania Magna einheitlich in einer latinisierten Form aufgeführt. Grundlage hierfür ist die lateinische Übersetzung der Ausgabe von MÜLLER. Auf eine Verdeutschung oder Rekonstruktion germanischer Formen wurde verzichtet, eine Erklä rung lateinischer geographischer Bezeichnungen findet sich im Sachverzeichnis am Ende dieses Buches. Bei den Orten in Germania Magna wird zudem die griechische Schreib weise des Ortsnamens angegeben, wie sie bei Ptolemaios erscheint. (Ist keine griechische Schreibweise angegeben, sind die lateinische und die griechische Namensform identisch.) Die im Rahmen unserer Untersuchungen ermittelten Ortsidentifizierungen sind jeweils fett gedruckt. Da in der vorliegenden Arbeit die Identifizierung der antiken Orte auf der Analyse der ptolemäischen Koordinaten beruht, bleiben alle Angaben, die von Ptolemaios nicht mit Koordinaten versehen wurden, wie etwa zu den Siedlungsgebieten der einzelnen Stämme in Germania Magna, unberücksichtigt. Literatur
Am Ende jedes Kapitels findet sich eine Übersicht über die Forschungsliteratur zu dem betreffenden Gebiet. Die verwendeten Textausgaben sind im Abschnitt
1.4
aufgeführt.
1.4 Verwendete Textausgaben F ür die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit wurden folgende Textausgaben der Gei5graphike Hyphegesis des Klaudias Ptolemaios verwendet:
CUNTZ, Otto: Die Geographie des Ptolemaeus. Galliae Germania Raetia Noricum Panno niae Illyricum Italia. Handschriften, Text und Untersuchungen. Berlin
Teilausgabe der Bücher II, 7-111,
1) 18
1923
(kommentierte
MÜLLER, Carolus: Claudii Ptolemaei Geographia. 2 Bde., Paris 1883-1901 (kommentierte Ausgabe der Bücher I-V mit lateinischer Übersetzung) NOBBE, C. F. A.: Claudii Ptolemaei Geographia. 3 Bde., Leipzig 1843-1845 (Nachdruck, Hildesheim 1966; Gesamtausgabe der Bücher I-VIII mit griechischem Namens- und Wort index) STÜCKELBERGER, Alfred und GRASSHOFF, Gerd (Hrsg): Klaudias Ptolemaios. Hand buch der Geographie. 2 Bde., Basel 2006 (griechisch-deutsche Gesamtausgabe)
1.5 Literatur AUJAC, Germaine: Claude Ptolemee. Astronome, astrologue, geographe. Paris 1993 BARRINGTON-ATLAS: s. TALBERT BURRI, Renate: Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geogra phie. In: STÜCKELBERGER, Alfred; MITTENHUBER, Florian: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel 2009, S. 10-20 CANFORA, Luciano: Die verschwundene Bibliothek. Harnburg 2002 CANFORA, Luciano: Il papiro di Artemidoro. Bari 2008 GEUS, Klaus: Ptolemaios über die Schulter geschaut- zu seiner Arbeitsweise in der Geo graphike Hyphegesis. In: RATHMANN, Michael (Hrsg.): Wahrnehmung und Erfassung geo graphi scher Räume in der Antike. Mainz 2007, S. 159-166 GRÜNZW EIG, Friedrich E.: Groß-Germanien. In: STÜCKELBERGER, Alfred; MITTEN HUBER, Florian: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel
2009, S. 305-311 GÜNGERICH, Rudolf: Die Küstenbeschreibung in der griechischen Literatur. Münster (Westfalen) 1950 HERRMANN, Albert: Das Land der Seide und Tibet im Lichte der Antike. Leipzig 1938 KRAHE, Hans: Ortsnamen als Geschichtsquelle. Heidelberg 1949 LELGEMANN, Dieter; KNOBLOCH, Eberhard; FULS, Andreas; KLEINEBERG, Andre as: Zum antiken astro-geodätischen Messinstrument Skiotherik6s Gnomon. In: ZfV, 130. Jg., NQ- 4, 2005, S. 238-247 LELGEMANN, Dieter: Die Erfindung der Messkunst. Angewandte Mathematik im antiken Griechenland. Darmstadt 2010 LÖHBERG, Bernd: Das "Itinerarium provinciarum Antonini Augusti". Ein kaiserzeitliches Straßenverzeichnis des Römischen Reiches. Überlieferung, Strecken, Kommentare, Karten.
2 Bde., Berlin 2006 MARX, Christian; NEITZEL, Frank.: Deformationsanalyse und regionale Anpassung eines histor i sehen Geodatenbestandes. In: CLEMENS, C. (Hrsg.): Entwicklerforum Geoinforma tionstechnik 2007. Shaker Verlag, 2007, S. 243-255
19
MEYER, Doris: Hellenistische Geographie zwischen Wissenschaft und Literatur: Timosthe nes von Rhodas und der griechische Periplus. In: KULLMANN, Wolfgang; ALTHOFF, Jochen; ASPER, Markus (Hrsg.): Gattungen wissenschaftlicher Literatur in der Antike. Tübingen 1998 OLSHAUSEN, Eckart: Einführung in die historische Geographie der alten Welt. Darmstadt 1991 RASCH, Gerhard: Antike geographische Namen nördlich der Alpen. Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 47, Berlin, New York 2005 (ursprüng lich maschinenschriftliche Dissertation: "Die bei den antiken Autoren ü berlieferten geo graphischen Namen im Raum nördlich der Alpen vom linken Rheinufer bis zur pannoni schen Grenze". Vorgelegt an der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karl-Universität in Heidelberg 1950) REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE. Hrsg. von H. BECK et al. Berlin - New York 21973ff. REISMANN-GRONE, Th.: Siegfried. Dortmund 1938 SETTIS, Salvatore: Artemidoro. Un papiro dal I secolo al XXI. Torino 2008 STECHE, Theodor: Altgermanien im Erdkunde buch des Claudius Ptolemäus. Leipzig 1937 STÜCKELBERGER, Alfred: Zu den Quellen der Geographie. In: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel 2009, S. 122-133 STÜCKELBERGER, Alfred; MITTENHUBER, Florian: Stemma-Entwurf In: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel 2009, S. 21-25 STÜCKELBERGER, Alfred; MITTENHUBER, Florian; KOCH, Lutz: Der ptolemäische Kanon der Poleis episemoi. In: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergän zungsband. Basel 2009, S. 138-146 TALBERT, Richard J. A. (Hrsg.): Barrington Atlas of the Creek and Roman World. Prin ceton and Oxford 2000. Dazu: Map- by-map Directory. 2 Bde., edited by Richard J. A. Talbert. Princeton and Oxford 2000 ZANGEMEISTER, K.: Zur Geographie der Rheinlande bei Ptolemaeus II
9 § 9. In: Bei
träge zur alten Geschichte und Geographie. Festschrift für Heinrich Kiepert. Berlin 1898, S. 189-195
20
2 Germania Magna 2.1 Allgemeines 2.1.1 Probleme bei der Ortsidentifizierung in Germania Magna
Die Germanienkarte des Ptolemaios ist "one of the most puzzling riddles of antiquity" (SCHÜT TE 1952, S. 236). Denn einerseits ist sie die ausführlichste topographische Be schreibung des alten Germaniens jenseits der römischen Reichsgrenzen, die sich aus dem Altertum erhalten hat, andererseits ließ sich trotz intensiver Forschungsarbeit bisher kaum einer der dort verzeichneten Orte genauer identifizieren. Noch 1981 bemerkte NIERH AUS (S. 4 76): "Für eine solche Erklärung [der vielen Einzelirrtümer im Ortskatalog der Bücher II bis VII; d. Verf.] ist die Zeit heute wohl noch nicht gekommen. Erst die detaillierte Durcharbeitung der Listen der einzelnen Länder bzw. Provinzgruppen (z. B. der gallischen Provinzen) mit ihren Daten wird vielleicht allmählich erlauben, die Entstehung der Wirr nisse des berühmt-berüchtigten Katalogs mit seinen etwa 8100 Namen zu erhellen und günstigstenfalls das System, das sich hinter den zahlreichen Fehlern verbirgt, freizulegen." Eine derartige "detaillierte Durcharbeitung" wurde nun durch die Analyse der antiken Ko ordinaten mittels moderner mathematisch-geodätischer Verfahren unter Einbeziehung von Untersuchungen seitens der Altertumskunde und archäologischen Befunden möglich. Ptolemaios nennt in seiner Beschreibung der Germania Magna neben den Namen von Flüssen, Gebirgen und Inseln auch 94 Orte, die er ohne Unterschied als polis (griech. "Stadt") bezeichnet. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Städte in der Form, wie sie die griechisch-römische Mittelmeerwelt prägten. Diese waren den Germanen jener Zeit fremd (vgl. Tacitus, Germ. 16). Deshalb sind Aussagen über den Charakter dieser germani schen "Städte" sehr schwierig. Wahrscheinlich waren es größere Siedlungszentren, Handels plätze oder wichtige Verkehrsknotenpunkte, vielleicht auch Bezeichnungen topographischer Gegebenheiten wie etwa Furten oder, nach PATZIG (S. 3), "Landstriche mit dörflichem Anbau, die er [Ptolemaios, d. Verf.] unter einem Namen zusammenfaßt". Erschwerend für ihre Identifizierung sind nun die folgenden Umstände: •
•
•
Die meisten der von Ptolemaios genannten Ortsnamen werden in keiner anderen antiken Quelle erwähnt. Informationen weiterer Autoren können deshalb nur selten hinzugezogen werden. Die antiken Ortsnamen entsprechen in der Regel nicht den modernen Ortsnamen, eine Identifizierung auf linguistischer Grundlage ist daher schwierig. Durch ethnische Veränderungen können sich zudem auch die sprachlichen Verhältnisse eines Gebietes gewandelt haben. Archäologische Fundstätten im germanischen Raum weisen im Gegensatz etwa zu griechisch-römischen Orten keine epigraphischen Zeugnisse auf, die einen Hinweis auf den antiken Ortsnamen enthalten können. 21
•
•
•
Es kann nicht immer von einer ununterbrochenen Siedlungskontinuität seit der Ent stehungszeit der "Geographie" ausgegangen werden. Die überlieferten Ortsnamen und Koordinaten weichen in den einzelnen Handschrif ten oft voneinander ab (s. Abschnitt 1.2.1.1). Die geringere Genauigkeit der ptolemäischen Koordinatenangaben für Germania Ma gna vermindert die Genauigkeit der transformierten Koordinaten und erschwert somit die Identifizierung von Orten.
2.1.2 Die Informationsquellen
Leider macht Ptolemaios im Ortskatalog keine Angaben dazu, welche Quellen er für die Beschreibung von Germania Magna benutzt hat; er sagt jedoch allgemein, dass er neben dem Werk des Marinos einerseits "Berichte von Leuten, die [zu den betreffenden Orten, d. Verf.] gelangt sind", andererseits "detailliertere Karten" verwendet habe (GH I, 19, 1; zu den Quellen des Ptolemaios s. auch Abschnitt 1.2.1.2). W ie aber konnten Informationen über die Topographie eines Gebietes, das jenseits der römischen Reichsgrenzen lag, nach Alexandria zu Ptolemaios gelangen? MEHLIS (1918, S. 64) bemerkt hierzu: "Heereszüge und Waarenverkehr [sie!] brachten somit dem Alexandriner die Bestimmungen für Namen, Lage und die Position seiner Angaben in der Germania magna, und darnach werden wir uns bei der Kritik über deren Bewertung zu richten haben". Vorrangig dürfte die Raumerfassung durch das römische Militär im Zuge der kriegeri schen Operationen in Germanien erfolgt sein (hierzu die Untersuchung von HÄNGER). So ist das Gebiet zwischen Rhein und Weser, teilweise auch bis zur Elbe, sicherlich während der Feldzüge, die Drusus, Tiberius und Germanicus in der Zeit von 12 v. Chr. bis 16 n. Chr. in Germanien unternommen haben, von den römischen exploratores topographisch erfasst worden (vgl. Velleius Paterculus II, 106, 1: perlustrata armis tota Germania est ) . Eine - leider nicht erhaltene- Beschreibung der Kriege zwischen Römern und Germanen, die zwanzig Bücher umfasste (XX Libri bellorum Germaniae ) und vielleicht von den Einfällen der Kimbern bis in seine eigene Zeit reichte, verfasste Plinius der Ältere (23 oder 24-79). Kenntnis über die Nordseeküste und möglicherweise auch über einen Teil der Ostseeküste brachte eine zur Zeit des Augustus unternommene Flottenexpedition, die von der Rhein mündung bis zur Nordspitze der Halbinsel Jütland führte ( Mon. Anc. 26; zur Datierung s. JOHNE, S. 141-144; GRANE, S. 9). Plinius berichtet ( Nat. hist. II, 167), dass man während dieser Nordlandfahrt vom Cimbrorum promunturium (,,Vorgebirge der Kimbern", d. h. Kap Skagen im Norden Jütlands) aus ein immensum mare, ein "unermessliches Meer" erblickt oder wenigstens durch Gerüchte von ihm gehört habe; hierbei handelte es sich wahrscheinlich um die Ostsee. Im Jahre 5 fuhr nach dem Zeugnis des Velleius Paterculus (11, 196, 2-3) T iberius mit einer Flotte die Elbe stromaufwärts, um sich an einem zuvor vereinbarten Ort am Elbufer mit den Landstreitkräften zu vereinigen. Es ist anzunehmen, dass die Aufzeichnungen dieser und anderer Feldzüge und Expe ditionen, sei es in Form militärischer Karten, sei es in Form schriftlicher Berichte, von Ptolemaios bzw. Marinos verwendet wurden. Für die rechtsrheinischen Gebiete wie die Wetterau, das Neckarland, den Schwarzwald, den Odenwald oder das Alpenvorland, die zu den römischen Provinzen Germania Supe rior und Raetia gehörten, können Ptolemaios Informationen vorgelegen haben, die im
22
Zusammenhang mit dem Straßenbau und der Landvermessung durch die römischen Ver messungsingenieure ( mensores) gewonnen worden waren (zur Tätigkeit der
mensores
s.
SHERK). Die Nennung von Arae Flaviae/Rottweil, das im Jahre 73 gegründet wurde, ist ein Indiz dafür, dass Ptolemaios zumindest Dokumente aus flavischer Zeit benutzt hat. Über die Informationsquellen zu dem Teil Germaniens, der sich jenseits von Elbe und Limes bis zur Weichsel und zur Ostsee erstreckte, lassen sich nur Vermutungen anstellen. Auch hier werden Raumerfassungen durch die römische Armee vorgelegen haben, denn we gen der stets latenten Germanengefahr musste allzeit mit der Notwendigkeit militärischer Operationen gerechnet werden. So begannen beispielsweise nur wenige Jahre, nachdem Ptolemaios seine "Geographie" verfasst hatte, die Markomannenkriege. Daher waren die Römer aus strategischen Gründen mit Sicherheit stets an möglichst aktuellen Informa tionen über das Innere Germaniens interessiert. Dass sie in stärkerem Maße als bisher angenommen in Germanien militärisch aktiv waren, zeigen die Reste eines Schlachtfeldes, das im Jahre 2008 am Harzhorn bei Kalefeld (Landkreis Northeim) im südlichen Nieder sachsen entdeckt wurde und das sich auf das zweite V iertel des 3. Jahrhunderts datieren lässt (GESCHW INDE et al.). Weiterhin werden geographische Kenntnisse durch diplomatische Kontakte mit den Ger manen zu den Römern gelangt sein. Als Beispiel sei der Besuch des Semnonenkönigs und der Seherin
Canna
Masyos 5, 3,
genannt, der zur Zeit Domitians stattfand (Cass. Dio LXV II,
vgl. hierzu JOHNE, S. 222f.). Auch germanische Adlige, die bei den Römern im Exil lebten, können eine wichtige Informationsquelle gewesen sein (LENNARTZ, S.
144).
Neben den durch militärische und diplomatische Aktivitäten gewonnenen Angaben war es schließlich der Handelsverkehr, der Kenntnisse über das Innere Germaniens brachte. LENNARTZ (S.
144)
vermutet sogar, dass Händler "ihre Kenntnisse von Staats wegen
weiterleiten" mussten. W ichtige Handelswege waren der Hellweg, der auch militärisch ge nutzt wurde, und die sog. Bernsteinstraße. So berichtet Plinius
(Nat. hist. XXXVII, 45) Carnuntum an
von einem römischen Ritter ( eques), der zur Zeit Neros vom pannonischen
die Küste Germanien gereist ist, um große Mengen an Bernstein zu erwerben. Da Plinius in diesem Zusammenhang von
commercia
("Handelsplätzen") spricht, die jener römische
Ritter besucht habe, deutet dies auf einen regelmäßigen Handelsverkehr hin. Bereits Caesar
(BG
IV , 2) erwähnt, dass die Sueben, seinerzeit der volkreichste und kriegerischste Stam
mesverband unter den Germanen, fremden Händlern Zutritt gewährten. Handel wurde jedoch nicht nur auf römischer, sondern auch auf germanischer Seite betrieben. Beispiels weise berichtet Tacitus
(Germ. 41),
dass die Händler der Hermunduren ungehindert in die
raetische Hauptstadt kommen konnten. Im Gegensatz zur römischen Armee haben allerdings die Händler jedoch keine Vermes sungen vorgenommen; ihre Itinerarien waren vielmehr Beschreibungen von Handelsrouten und der daran gelegenen Stationen, die sicherlich auch hydrographische, orographische und ethnographische Angaben enthielten. 2.1.3 Die Verzerrungen in der Karte des Ptolemaios Es ist also davon auszugehen, dass Ptolemaios bei seiner Beschreibung Germaniens Quellen unterschiedlicher Herkunft, Qualität und Entstehungszeit kompiliert hat, von denen jedoch keine erhalten ist. Einen Versuch, einzelne kartographische Vorlagen der ptolemäischen Be schreibung von
Germania Magna zu
rekonstruieren, unternimmt SCHÜ T T E (A 23
Ptolemaic
Rid d le Solved, 1952; vgl. SCHÜTTE 1916), der die Existenz von vierzehn Einzelkarten, von ihm als "Prototyp" bezeichnet, annimmt. Da Ptolemaios höchstwahrscheinlich selbst nie in Germanien gewesen ist, konnte er sich bei der Auswertung der ihm vorliegenden Informationen nicht auf eigene Ortskenntnis stützen und musste sich deshalb bei der Zusammenstellung abweichender oder ungenauer Angaben an theoretische Überlegungen halten. Dies könnte eine Ursache für einige auffäl lige Verzerrungen seiner Karte von Germania Magna sein: •
Der Rhein fließt im Wesentlichen in einer geraden Süd-Nordrichtung, weder der Ver lauf in Ost-Westrichtung zwischen Bodensee und Basel noch die nordwestliche Rich tung, die der Rhein bei Bingen einschlägt, erscheinen bei Ptolemaios. So liegt bei spielsweise die östliche Mündung des Rheins nördlich von Mainz.
•
Die lnnmündung liegt zu weit im Westen.
•
Die Donauquelle (Breite nach Ptolemaios: 46°50') liegt südlich des Rheinknies bei Basel (bei Augusta Rauricorum/Augst, Breite nach Ptolemaios: 4T10').
•
Die Donau erreicht ihren nördlichsten Punkt bei Ptolemaios am Donauknie; in W irk lichkeit liegt er jedoch bei Regensburg.
•
An der Ostgrenze von Germania Magna liegt die Weichselmündung, die den nordöst lichen Grenzpunkt bildet, nach Ptolemaios 2°30' östlich des südöstlichen Grenzpunk tes am Donauknie bei Vac/Waitzen; in W irklichkeit haben die Weichselmündung und das Donauknie jedoch etwa dieselbe geographische Länge.
•
Die Kimbrische H albinsel (Schleswig-H olstein und Dänemark) ist nach Nordosten umgebogen.
•
Die Küste liegt etwa 2° zu weit nördlich, was sich durch astronomische Breitenbe stimmungen erklären lässt, bei denen die Dauer des längsten Tages gemessen und daraus die geographische Breite bestimmt wurde (s. LELGEMANN 2010, S. 182ff.).
•
Die Ostseeküste zeigt auf einer geographischen Breite von 56° einen gradlinigen Ver lauf.
Insgesamt erscheint Germania Magna bei Ptolemaios in der Länge gestreckt. Deshalb ist nach Ansicht von STECHE (S. 44f.) die ptolemäische Karte in zwei Teile, einen nörd lichen und einen südlichen, zerrissen, "wobei der Riß in der Zuidersee anfängt, nördlich von der Emsquelle und südlich von den Quellen der Werra, Elbe und Weichsel entlang geht". Der Nordteil sei, so STECHE, gegenüber dem Südteil um zwei Breitengrade nach Norden und zwei Längengrade nach Osten verschoben. Nach REICHERT (S. 274) ist die Karte in vier Teile zerrissen; zusätzlich zu dem von STECHE angenommenen Riss, der Germanien in einen Nord- und einen Südteil spaltet, sei der Nordteil, so REICHERT , ebenfalls zertrennt, weil der Nordosten von der Elbmündung an noch stärker nach Osten versetzt sei als der ebenfalls nach Osten verschobene Nordwesten. Der Südosten sei überdies wegen Ptolemaios' Annahme, die Donauquelle liege südlicher als Aquincum/Budapest, um Aquincum/Budapest als Fixpunkt herum nach Südwesten gedreht. Die mathematisch-geodätische Deformationsanalyse, die ein wesentlicher Bestandteil der vorliegenden Arbeit und Grundlage für die vorgenommenen Ortsidentifizierungen ist, ergab 24
jedoch gegenüber den Aussagen von STECHE und REICHERT ein differenzierteres Bild. Danach ließen sich insgesamt 12 gegeneinander verschobene Ortsgruppen für das Gebiet von Germania Magna ermitteln (s. Anhang). 2.1.4 Ptolemaios' Darstellung der Orte in Germania Magna Hinsichtlich der politischen Geographie ist es auffällig, dass Ptolemaios den seinerzeit beste henden obergermanisch-rätischen Limes in seiner Darstellung nicht berücksichtigt, sondern den Rhein und die Donau als westliche und südliche Grenze von GermaniaMagna angibt. Folglich rechnet er einige östlich des Rheins bzw. nördlich der Donau liegende Orte zur nichtrömischen Germania Magna, obwohl sie damals zu den römischen Provinzen Germa nia Superior und Raetia gehörten. Falsch lokalisiert sind die Orte Asciburgium (Nr. 63) und möglicherweise auch Mediolanium (Nr. 65) und Teuderium (Nr. 66), die Ptolemaios irrtümlich auf die westliche Rheinseite verlegt. Insgesamt bilden die Grenzen von Germania Magna "einfach ein großes Viereck" (STECHE, S. 42). Im Westen sind es die IJssel und der Rhein bis Basel, im Norden die Meeresküste, im Osten eine Linie von der Weichselmündung über die Westkarpaten bis zum Donauknie, im Süden die Donau. Obwohl alle Orte, die Ptolemaios in Germania Magna erwähnt, an Verkehrswegen ge legen haben, werden diese Wege in Ptolemaios' Darstellung nicht berücksichtigt. Auffällig hingegen ist die Einteilung der in Germania Magna liegenden Orte in vier sogenannte klimata (Sing. klima). Eine derartige Anordnung findet sich sonst in keinem anderen der in der "Geographie" beschriebenen Gebiete. Ptolemaios begründet diese Verfahrensweise jedoch nicht. Möglicherweise geht sie auf Marinos von Tyros zurück, der, wie wir von Ptole maios erfahren (GH I, 18, 4), neben anderen Werken auch Verzeichnisse von Orten gleicher geographischer Breite erstellt hat. Der Begriff klima wird hierbei nicht im modernen Ver ständnis gebraucht, um meteorologische Erscheinungen zu beschreiben, sondern in seiner ursprünglichen Bedeutung als "Neigung (der Erdachse)". Bei einem klima im Sinne der antiken Geographie handelt es sich also um "einen Landstrich, dessen Teile den gleichen Neigungswinkel der einfallenden Sonnenstrahlen gegen den Horizont aufwiesen und somit alle unter gleicher ,Breite' lagen" (HONIGMANN, S. 4). Die Lehre von denklimatawurde vermutlich von Eratosthenes begründet und später von Poseidonios und anderen weiter entwickelt (HONIGMANN, S. 10-60). Die nördlichen Begrenzungen dieser von Ptolemaios angegebenen klimata, d. h. Breitenstreifen, in Germania Magna liegen bei 56°, 54°, 51°30' und 48°30' und entsprechen dem 18., 17., 16. und 15. Parallelkreis in der Anordnung der Parallelkreise, die Ptolemaios für die Kartendarstellung festlegt ( GH I, 23, 16-19). Ursache der Einteilung der germanischen Orte in klimata könnten vielleicht auch Ver messungen der römischen Arme gewesen sein, die von den Militärstandorten am Rhein ausgingen. Sie waren Operationsbasen für die Feldzüge der Römer in Germanien. Das süd licheklimakönnte von der Donau her erfasst worden sein, wo das Vorland der Reichsgrenze einem stärkeren römischen Einfluss unterworfen war. Darauf weisen u. a. die sogenannten "Stationen" hin, die im Vorland des Limes bis zu 80 km nördlich der Donau im Gebiet von March, Waag und Gran festgestellt werden konnten, deren Funktion jedoch bisher nicht geklärt ist (WOLTERS, S. 76). Eventuell könnte für das nördlichste klima auch ei ne nautische Erkundung verwendet worden sein, wie bereits SADOWSKI (S. 54 und 62) vermutet.
25
Auffällig ist schließlich der Umstand, dass Ptolemaios in Germania Magna Orte und die dazugehörenden Stämme, anders als beispielsweise in Gallien, getrennt angibt. 2.1.5 Zur Ortsidentifizierung
Aufgrund der in Abschnitt
2.1.1 beschriebenen
Probleme bei der Identifizierung ptolemäi
scher Orte lässt sich derzeit oft für einen antiken Ort in Germania Magna keine Gleich setzung mit einem konkreten modernen Ort angeben, sondern vielmehr nur das Gebiet bestimmen, in dem der antike Ort gelegen hat. V ielfach reicht auch die durch historische Quellen bekannte Siedlungsgeschichte eines heutigen Ortes, dem ein antiker entsprechen könnte, nicht bis in die germanische Zeit zurück, sondern beginnt erst im Mittelalter. Den noch ist es nicht ausgeschlossen, dass die betreffenden Siedlungsplätze schon vor ihrer ersten urkundlichen Erwähnung genutzt wurden. Andererseits können im Altertum bedeutende Siedlungen oder Handelsplätze später aus verschiedenen Gründen ihre besondere Stellung verloren haben und heute in unbedeutenden Orten zu finden sein. Nicht zuletzt wurden Standorte verlegt, zerstört oder aufgegeben. Teilweise können die antiken Orte in Regionen lokalisiert werden, die eine hohe Funddich te römischer Exportwaren aufweisen oder die als germanische Siedlungsgebiete erkennbar sind. In den Teilen Germaniens, die zu den römischen Provinzen Germania Superior und Raetia gehörten, ist häufig eine Zuordnung zu römischen Siedlungen oder Militärstandorten mit ihren canabae möglich. Von großer Bedeutung für die Lokalisierung sind schließlich die Verkehrswege in Ger manien. Obwohl sie in der Beschreibung des Ptolemaios keine Rolle spielen, spiegeln sie sich dennoch in den Ortsangaben wider. So können elf von Ptolemaios genannte Orte mit dem Hellweg in Verbindung gebracht werden: Asciburgium/Moers-Asberg (Nr. Navalia/Essen-Hinsel (Nr. Driburg (Nr. (Nr.
73),
68),
64),
Bogadiumjbei Salzkotten (Nr.
Ascalingiumjbei Hildesheim (Nr.
Mesuium/Burg bei Magdeburg (Nr.
Colaneorum/bei Kostrzyn (Nr.
83),
78),
72),
67),
Tulisurgiumjbei Braunschweig
Susudatajbei F ürstenwalde (Nr.
Viritium/Czlopa (Nr.
63),
Stereantium/bei Bad
59),
Scurgum/Chojnice (Nr.
82), 61).
Andere Orte lagen an der antiken Route des Bernsteinhandels, der sog. Bernsteinstraße, die bei Carnuntum die römische Reichsgrenze überschritt und dann teils durch das Weinviertel, wo sie bei Arsicuajbei Mistelbach (Nr. (Nr.
133)
Mährischen Pforte (vgl. Nr. clav (Nr.
114) die Zaya überquerte, nach Eburodunum/Brno 132) durch die W ischauer Senke zur
und von dort über Felicia/Vyskov (Nr.
115)
43) verlief,
teils das Marchtal entlang über Pariennajbei Bre
in dieselbe Richtung. Anschließend führte sie über Calisia/Kalisz (Nr.
und Ascaucalis/Osielsk (Nr.
62) in die Danziger Bucht zur Weichselmündung.
Route zog weiter ostwärts ins Samland.
26
90)
Eine andere
Germania Magna
ss•
54.
52°
so·
°
48
Transfonnalionscinhcitcn • •
GI
•
G4
G2
•
G5
G3
•
G6
>2000 m
G7
•
GIO
•
GS
...
GII
150-500m
•
G9
f>.
Gl2
Antiker Name
A
q,
,\
q,
TE
s
Q
1
Rhenus fluvius
28°001
54°001
!Jssel
5°491
52°351
5°341
52°391
151
-041
B1
u
0,0
2
Vidrus fluvius
27°301
54°201
Vecht
6°011
52°381
6°021
52°551
-011
-171
G1
u
B,O
28°001
54°451
de Marne
6°201
53°221
6°231
53°131
-031
091
G1
u
0,0
Nr.
Moderner Name
1>
(Mü) (Mü) 3
Manarmanis portus
(am Lauwersmeer, NW Groningen)
4
Amisia fluvius
29°001
55°001
Ems
7°161
53°191
7°041
53°231
121
-041
G1
s
0,0
32°001
52°001
Ems
8°391
51°521
9 °521
51°261
-731
261
G6
w
0,0
30°001
52°001
Ems
8°391
51°521
8°291
51°261
101
261
G6
w
A,O
31°001
55°001
Weser
8°341
53°321
8°271
53°231
071
091
G1
s
O,B
34°001
52°301
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,0
(Mü) 5
Amisia fluvius (Qu)
5
Amisia fluvius (Qu)
6
Visurgis fluvius (Mü)
7
Visurgis fluvius (Qu)
8
Albis fluvius (Mü)
31°001
56°151
Elbe
9
Albis fluvius (Qu)
39°001
50°001
Zusammenfluss
8°261
53°571
8°271
54°171
-011
-201
G1
s
0,0
14°291
50°211
14°161
49 °561
131
251
G9
u
0,0
Elbe und Moldau 10
post Albim
32°001
56°501
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,0
35°001
58°201
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,0
38°401
58°201
-
-
-
-
-
-
-
-
-
O,B
40°151
59°301
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,0
39°201
58°151
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,0
37°001
57°001
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,0
35°001
56°001
11°151
54°101
11°131
54°061
021
041
G1
w
0,0
prominentia (CC) 11
proxima prominentia (CC)
12
sequens (prominentia) maxime borealis (CC)
13
pars maxime orientalis (CC)
14
prima post prominentiam prominenta ( CC)
15
proxima prominentia infra harre (CC)
16
ad solis ort um inflexio (CC)
17
Chalusus fluvius
Lübecker Bucht bei Travem ünde
37°001
56°001
Recknitz
12°281
54°151
12°351
54°061
-071
091
G1
u
0,0
39°301
56°001
Swine
14°171
53°561
14°421
53°541
-251
021
G2
w
0,0
42°301
56°001
Slupia
16°521
54°341
17°091
54°201
-171
141
G3
u
B,O
45°001
56°001
Weichsel
18°571
54°211
18°521
54°201
051
011
G3
s
0,0
44°001
52°301
-
-
-
-
-
-
-
-
-
0,0
(Mü) 18
Suebus fluvius (Mü)
19
Viadua fluvius (Mü)
20
Vistula fluvius (Mü)
21
Vistula fluvius (Qu)
22
fons (Qu)
40°101
52°401
-
23
Danubius fluvius
30°001
46°201
bei
-
-
-
-
-
-
8°301
47°571
8°371
47°431
-071
141
-
-
0,0
G7
w
0,0
Donaueschingen
(Qu) 24
fluvius (Mü)
32°001
47°151
Brenz
10°241
48°341
10°001
48°231
241
11'
G7
u
0,0
25
Aenus fluvius
34°001
47°201
lnn
13°291
48°341
13°271
48°321
021
021
G10
s
0,0
36°001
46°401
Naarn
14°491
48°111
14°501
48°031
-011
081
G10
u
0,0
(Mü) 26
fluvius (Mü)
28
Nr.
Antiker Name
27
fluvius (Mü)
28
Danubius fluvius
A
q,
39°201 47°201 40°401 47°501
(Bi)
29
Arabo fluvius
,\
Moderner Name Morava/March Kleine Donau b.
..\
,\-..\ c/J-1>
TE
s
Q
16°591 48°091 17°081 48°321 17°591 47°561 17°531 47°531
-091 061
-231 031
G10
w
0,0
G12
u
O,M
17°481 47°441 18°071 47°461
-19
1
1 -02
G12
s
0,0
061
301
G12
u
0,0
q,
1>
Kolarovo
41°001 47°401
(Mü)
Mündung der Moson-Donau bei Venek
30
inflexio prope
42°001 47°001
Curtam (Bi)
18°551 47°471 18°491 47°171
Darrauschleife in der Enge zwischen Szob und Visegrad
31
inflexio prope
42°301 48°001
Carpin (Bi)
32
Sarmatici montes
Donauknie von
19 °081 47°471 19 °091 48°001
-01
1
1 -13
G12
w
0,0
19 °001 48°251 19 °091 48°211
-091
041
G12
u
0,0
19 °311 49°341 19 °511 49 °471
-20
1
1 -13
G12
u
0,0
7°561 48°121
051
1 -08
G7
u
0,0
10°311 48°511 10°211 49 °011
101
-101
GS
u
0,0
8°581 49 °221
051
071
GS
u
0,0
9 °021 51°281 9 °101 51°261 10°371 51°481 10°331 51°471 13°181 51°031 12°591 51°241
-081 041 191
021 011 -211
G6
u
0,0
G6
u
0,0
G2
u
0,0
14°271 50°491 14°161 51°221
11'
1 -33
G9
u
O,m
20°201 51°061 20°111 51°131
091
-071
G12
u
0,0
11°391 50°161 11°151 50°001
241
161
G6
u
0,0
17°301 49°371 17°261 49 °261
041
11'
G12
u
0,0
6°521 53°191 7°191 52°521 8°281 53°141
6°541 53°131 7°181 52°551 8°271 53°231
1 -02 011 011
061 1 -03 1 9 0 -
G1
u
0,0
G1
u
0,0
G1
u
0,0
8°351 53°371
8°481 53°381
-131
-011
G1
u
0,0
10°221 53°491 10°131 53°401 11°031 53°091 11°051 52°571 11°121 53°261 11°151 53°331 10°561 53°511 10°521 53°591
091 1 -02 1 -03 041
091 121 1 -07 1 08 -
12°241 53°451 12°171 12°411 53°311 12°311 13°191 53°301 13°331 13°441 53°031 13°401
53°471
071
-021
G2
u
O,B
53°331 53°331
101 1 -14 041
-021 1 -03 1 08 081
G2
u
0,0
Veroce bei V ac
42°301 48°301
Schemnitzer Berge (Westkarpaten)
33
Sarmatici montes
43°301 50°301
Babia G6ra (Westkarpaten)
34
montes Alpibus
29°001 47°001
cognomines
35
montes Alpibus
8°011 48°041
Kandel (Schwarzwald)
33°001 48°301
bei Nördlingen
31°001 49°001
Katzenbuckel
cognomines
36
Abnoba mons
9 °031 49°291
(Odenwald)
37
Abnoba mons
38
Melibocus mons
39
Melibocus mons
31°001 52°001 33°001 52°301 37°001 52°301
Eggegebirge Brocken Mittelsächsisches Bergland
40
Asciburgius mons
39°001 52°001
Studenec /Kaltenberg (Lausitzer Gebirge)
41
Asciburgius mons
44°001 52°301
Heiligkreuzgebirge/G6ry Swi�tokrzyskie
42
Sudeti montes
34°001 50°001
Döbraberg (Frankenwald)
43
Sudeti montes
40°001 50°001
Oderske vrchy/ Odergebirge
44
F levum
45
Siatutanda
46
Tecelia
28°451 54°451 29°201 54°201 31°001 55°001
bei Appingedam bei Lathen (Ems) ElsflethRogenkamp
47
Fabiranum
31°301 55°201
Heidenschanze (bei Sievern)
50
Lirimeris
33°001 55°401 34°151 54°401 34°301 55°301
51
Marianis
34°301 55°501
48
Treva
49
Leufana
Bad Oldesloe
bei Schönberg
Hitzacker Hagenow (Mecklenburg)
52
Marianis altera
53
Coenoenum
54
Astuia
55
Alisus
36°001 55°501 36°201 55°301 37°501 55°301 38°001 55°001
Laiendorf bei Waren Burg Stargard
G2
u
0,0
G2
u
0,0
G2
u
0,0
G1
u
O,B
G2
u
�,�
G2
u
0,0
56
Laciburgium
39°001 55°351
bei Ueckermünde
53°111 14°051 53°441 14°211 53°361
u
0,0
Bunitium
39°301 55°301
Lubieszewo/
15°151 53°551 15°051 53°581
1 -16 101
G2
57
1 -03
G3
u
0,0
58
Virunum
40°301 55°001
15°491 53°321 15°461 53°371
031
-051
G3
u
0,0
16°081 53°061 16°071 53°161
011
1 -10
G3
u
0,0
bei Temmen
Lübsow bei Drawsko Pomorskie/Dramburg
59
Viritium
41°001 54°301
bei Czlopa/ Schlappe
29
A
q,
60
Rugium
42°301
55°401
bei Miastko/
61
Scurgum
43°001
55°001
bei
Nr.
Antiker Name
,\-..\ c/J-1>
TE
s
Q
1
211
G3
u
0,0
041
051
G3
u
0,0
1
061
G3
u
0,0
1
091
B,O
,\
q,
..\
1>
17°02 1
54°271
17°091
54°061
17°341
53°42 1
17°301
53°371
1S0041
53°11 1
1S011 1
53°051
-07
-02
Moderner Name
-07
Rummelsburg
Chojnice/Konitz 62
Ascaucalis
44°001
54°151
Osielsk (bei Bydgoszcz/Bromberg)
63
Asciburgium
27°301
52°301
Moers-Asberg
6°391
51°261
6°41 1
51°171
G5
s
64
Navalia
27°501
53°151
Essen-Hinsei
7°031
51°2S1
6°551
51°491
OS'
-21
1
G5
u
B,O
65
Mediolanium
2S0101
53°451
Borken
6°51 1
51°51 1
7°0S1
52°11 1
1 -17
1 -20
G5
u
0,0
66
Teuderium
29°201
53°201
bei Beelen
S0071
51°561
7°571
51°531
101
031
G5
u
0,0
67
Bogadium
30°151
52°001
bei Salzkotten
So371
51°401
So391
51°261
-
02 1
1 41
G6
u
0,0
6S
Stereontium
31°001
52°201
bei Bad Driburg
9°01 1
51°441
9°101
51°401
-09
1
041
G6
u
O,B
69
Amisia
31°301
51°301
bei Geismar
9°1 41
51°0S1
9°31 1
51°041
1 -17
041
G6
u
O,B
70
Munitium
31°401
52°301
Hedemünden
9°441
51°2 31
9°331
51°171
11'
061
G5
u
0,0
71
Tulifurdum
32°001
54°001
bei Hannover
9°441
52°2 31
9°471
52°22 1
-03
1
011
G5
u
0,0
72
Ascalingium
32°301
53°451
bei Bildesheim
goss'
52°091
10°0S1
52°11 1
1 -10
-02
1
G5
u
0,0
73
Tulisurgium
32°401
53°201
bei Braunschweig
10°32 1
52°171
10°191
52°2 31
1 31
1 -06
G6
u
0,0
74
Feugarum
32°401
52°151
bei Osterode
10°151
51°431
10°191
51°361
1 -04
071
G6
u
0,0
75
Canduum
33°001
51°201
bei Eisenach
10°191
50°591
10°331
50°571
-1 4
1
021
G6
u
0,0
76
Tropaea Drusi
33°451
52°451
bei Halberstadt
11°041
51°541
11°041
51°5S1
001
1 -04
G6
u
0,0
77
Luppia
34°301
52°451
bei Bernburg
11°441
51°4S1
11°351
51°5S1
091
1 -10
G6
u
0,0
7S
Mesuium
35°301
53°501
bei Burg (bei
11°51 1
52°171
11°571
52°21 1
1
1 -04
G2
u
0,0
(Fritzlar)
(Saale) -06
Magdeburg) 79
Aregelia
36°301
52°201
bei Leipzig
12°2 31
51°21 1
12°3S1
51°171
1 -15
041
G2
u
0,0
so
Calaegia
37°301
52°201
bei Riesa
13°171
51°191
1 3°191
51°171
-02
1
021
G2
u
0,0
S1
Lupfurdum
3So101
51°401
bei Dresden
13°451
51°031
1 3°42 1
51°071
031
1 -04
G9
u
0,0
S2
Susudata
3So301
53°501
bei Fürstenwalde
14°041
52°22 1
1 4°01 1
52°21 1
031
011
G2
u
0,0
S3
Colaneorum
39°001
53°301
bei
14°391
52°351
1 4°441
52°331
1
021
G3
u
0,0
-05
Kostrzyn/Küstrin S4
Lugidunum
39°301
52°301
bei Krossen
15°061
52°031
15°051
51°501
01 1
1 31
G3
u
0,0
S5
Stragona
39°201
51°401
bei Görlitz
14°591
51°091
1 4°5S1
51°1 41
01 1
1 -05
G3
u
0,0
S6
Limis lucus
41°001
53°301
bei Sierakow
16°051
52°391
16°071
52°331
-02
1
061
G3
u
0,0
S7
Budorigum
41°001
52°401
bei
16°061
51°401
16°101
51°391
-04
1
011
G4
u
0,0
-03
Glogow /Glogau ss
Leucaristus
41°451
52°401
bei Leszno
16°351
51°51 1
16°3S1
51°571
1
1 -06
G3
u
0,0
S9
Arsonium
43°301
52°201
bei Ostrzes-
17°561
51°251
17°531
51°2 41
031
011
G4
u
0,0
zow / Schildberg 90
Calisia
43°451
52°501
Kalisz
1S0051
51°451
1S0041
51°461
01 1
-01
1
G4
s
0,0
91
Setidava
44°001
53°301
bei Konin
1So1 41
52°1 31
1So1 41
52°1 41
001
-01
1
G4
u
0,0
92
Alisum
2S0001
51°301
bei
7°0S1
50°5S1
7°061
51°041
02 1
1 -06
G6
u
0,0
7°12 1
50°391
7°061
50°431
061
1 -04
G6
u
0,0
-01
Bergisch-Gladbach 93
Budoris
2S0001
51°001
Drachenfels (Siebengebirge)
94
Mattiacum
30°001
50°501
Naunheim
So31 1
50°351
So291
50°361
02 1
1
G6
u
0,0
95
Artaunum
30°101
50°001
Friedberg
So451
50°201
So441
50°201
01 1
001
G7
u
0,0
96
Novaesium
31°301
51°101
bei Melsungen
9°331
51°071
9°401
51°101
1
1 -03
G7
u
B,O
97
Melocabus
31°301
50°401
bei Bad Hersfeld
9°431
50°52 1
9°401
50°491
031
031
G7
u
O,B
9S
Gravionarium
31°301
50°101
bei Schlüchtern
9°32 1
50°21 1
9°401
50°2S1
-OS'
1 -07
G7
u
B,O
99
Locoritum
31°301
49°201
Lohr
9°351
50°001
9°401
49°52 1
1 -05
OS'
G7
u
0,0
Segodunum
31°301
49°001
Bad Wimpfen
9°101
49°1 41
9°191
49°22 1
-09
101
Devona
32°301
4So451
bei Crailsheim
10°041
49°0S1
10°001
49°11 1
102
Bergium
33°001
49°301
Schwanberg (bei
10°161
49°431
10°21 1
49°431
100
Kitzingen)
30
-07
1
-OS'
GS
w
0,0
041
1 -03
GS
u
0,0
1
001
GS
u
0,0
-05
Nr.
Antiker Name
103
Menosgada
104
Bicurgium
105
Marobudum
106
Redintuinum
107
Nomisterium
10S
Meliodunum
109
Casurgis
110
Strevinta
111
Hegetmatia
A
q,
34°001 49°301 34°301 51°151 35°001 49°001 3So201 50°301 39°001 51°001 39°001 49°001 39°151 50°101 39°151 49°301
112
Budorgis
113
Eburum
39°401 51°001 40°001 50°301 41°001 49°301
114
Arsicua
41°401 49°001
,\
Moderner Name
q,
..\
1>
10°531 49°561 11°021 49°431 11°361 50°561 11°351 50°541 11°511 49°27 1 11°441 49°221 13°49 1 50°211 13°49 1 50°17 1
bei Hallstadt bei Jena bei Amberg bei Louny
14°09 1 50°331 14°161 50°39 1 14°0S1 49°1S1 14°161 49°131 14°261 50°061 14°27 1 50°031 14°17 1 49°421 14°27 1 49°341
bei Litomefice bei Pisek bei Frag bei HfimeZdice bei Mlada Boleslav bei Kolin bei Hradek bei Mistelbach an
,\-..\ c/J-1> 1 -09 011 07 1
001 1 -07 -OS' 1 -01 1 10 11' 141
131 021
051 041 1 -06 051 031
TE
s
Q
GS
u
0,0
G6
u
0,0
GS
u
0,0
G9
u
0,0
G9
u
0,0
G9
u
0,0
G9
u
0,0
G9
u
0,0
11' 021
OS' 1 -14 1 -16 1 -04 071
G11
u
0,0
G11
u
0,0
16°541 4So47 1 16°47 1 4S o431
07 1
041
G11
u
0,0
49°111
1 -12 021
021 1 -19 1 -0 3 1 3 0 1 10 -
G11
u
0,0
G11
u
0,0
G11
u
0,0
BS
u
0,0
BS
s
0,0
1
1 -10
BS
s
A,O
14°551 50°251 14°441 50°39 1 15°121 50°011 14°5S1 50°17 1 16°161 4So461 16°051 4S o501 16°351 4So351 16°331 4S o2S1
G9
u
0,0
G9
u
0,0
der Zaya
115
Parienna
42°001 49°201
bei Breclav / Lundenburg
116
Setuia
117
Carrodunum
42°301 50°001
16°551 49°131 17°07 1 17°161 49°561 17°141 17°201 49°221 17°2S1 7°57 1 7°451 4S009 1
bei Komorany
11S
Asanca
119
Tarodunum
42°401 51°301 43°001 50°201 2So201 47°501
120
Arae Flaviae
30°401 4S0001
Rottweil
S o37 1 4So101
9°451 4S o201
-OS' 1 -12 1 6S -
120
Arae Flaviae
29°401 4S0001
Rottweil
S o37 1 4So101
S o59 1 4S o201
-22
31°001 47°301
Heidengraben bei
9°27 1 4So321
9°19 1 4S o331
OS'
1 -01
G7
u
0,0
10°1S1 4So331 10°211 4S o331
-0 3
1
001
G7
u
0,0
10°061 4So501 10°07 1 4S o531 10°301 4So39 1 10°211 4S o39 1 10°461 4So431 10°521 4S o39 1
1 -01 1 09 1 -06 -OS'
1 -0 3 1 00 041
GS
u
0,0
GS
u
0,0
GS
u
0,0
GS
u
0,0
G10
w
0,0
G10
u
0,0
G10
u
0,0
G10
u
0,0
G10
u
0,0
bei Rymafov bei Kojetin Riegel
50°151 49°251 4S o121
(Bomoi Phlauioi)
(Bomoi Phlauioi)
121
Riusiava
Grabenstetten
122
Alcimoennis
32°301 47°301
Sontheim a. d. Brenz
123
Cantioebis
124
Bibacum
125
Brodeltia
126
Setuacotum
127
Usbium
32°401 4So201 33°001 4S0001 33°451 4S0001 34°001 4So201 35°001 47°001
Aalen Finningen Donauwörth
10°541 4So5S1 11°021 4S o531 14°201 4So1S1 14°09 1 4S o1S1
11'
051 001
14°311 4So311 14°231 4S o321 14°2S1 4So5S1 14°501 49°011
OS' 1 -22
1 -01 1 3 0 -
1 -06 07 1 061
021 1 -04 1 -06
G10
u
0,0
11' 141
w
0,0
G12
u
0,0
Lecinyvcir
1S o141 47°451 1S007 1 47°461
1 -16 201 07 1
G10
bei Andovce
15°361 49°241 15°421 49°221 16°201 4So211 16°131 4S o251 17°001 49°161 16°541 49°221 16°3S1 49°121 16°541 49°011 1S007 1 4S0001 17°47 1 47°461
1 -01
G12
s
0,0
09 1 1
1 -0 5 OS'
G12
u
0,0
G12
u
M,O
Treuchtlingen bei Steyregg (bei Linz)
12S
Abiluum
129
Furgisatis
35°201 47°201 36°001 4S0001
bei Freistadt bei Ceske Budejovice
130
Coridorgis
131
Mediolanium
132
Felicia
133
Eburodunum
134
Anduaetium
135
Celamantia
37°151 4So301 3S0001 47°101 39°001 4So301 39°001 4S0001 40°301 47°401 41°001 47°401
bei Jihlava bei Korneuburg bei Vyskov Brno/Brünn
(bei Komarno)
136
Singone
41°301 4So151
bei Sarovce
1S o37 1 4S0061 1S o2S1 4S0111
137
Anabum
41°201 47°301
Komarno
1S0051 47°461 1S o211 47°3S1
-16
2.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen 2.3.1 Gebirge Ptolemaios nennt zehn Gebirge in Germania Magna, von denen sechs mit geographischen Koordinaten versehen sind. Dabei gibt er jeweils die beiden Endpunkte (griech. akra oder perata) eines Gebirges an, macht jedoch keine Aussagen über den genauen Gebirgsverlauf 31
zwischen diesen Punkten. Dadurch wird die Lokalisierung der Gebirge ebenso erschwert wie durch den Umstand, dass sich, abgesehen von den Sudeti montes (griech. Soudeta ore ) , keiner der von Ptolemaios in Germania M agna angeführten Gebirgsnamen in der
modernen Geographie wiederfindet. Daher gibt es eine Vielzahl von Lösungsansätzen zu ihrer Identifizierung (ein kurzer Überblick findet sich bei LENNARTZ, S. 101f.). Bei den genannten Endpunkten der Gebirge handelt es sich vermutlich um Berge oder Höhenzüge, die als Geländemarken zur Orientierung dienten und deren Koordinaten schon damals relativ einfach mittels vermessungstechnischer Verfahren bestimmt werden konn ten. Die im Folgenden angegebenen Lokalisierungen sind jedoch unsicher, da Ptolemaios' Längen- und Breitenangaben zu den Gebirgen ungenau sind und die antiken Namen ein zelner Berge für das betreffende Gebiet nicht überliefert sind. (32), (33) Sarmatici montes (griech. Sarmatika ore): Die Sarmatici montes
("Sarmatische Berge") sind nach Ptolemaios ein Teil der Ostgrenze Germaniens in dem "Zwischenraum" zwischen Donauknie und Weichsel; sie entsprechen den heutigen Westkar paten (STECHE, S. 41; HOPFNER, S. 6; LENNARTZ, S. 107). Die Schemnitzer Berge (Stiavnicke vrchy) als Südende und die Babia G6ra als Nordende der Sarmatici mon tes wurden nach den transformierten Koordinaten bestimmt und geben nur eine ungefähre
Lokalisierung an. (34), (35) montes Alpibus cognomines (griech. ta tois Alpiois homonyma ore): Die montes Alpibus cognomines ("die den Alpen gleichnamigen Berge") werden von
LENNARTZ (S. 103) als ein Gebirgszug identifiziert, mit dem "der Südschwarzwald bis zum Elz- oder Kinzigtal, die Schwäbische Alb und ein Teil der Fränkischen Alb" gemeint sei (vgl. STECHE, S. 50; HANSEN). Diese Zuordnung wird durch die Analyse der antiken Koordinaten im Wesentlichen bestätigt. Das westliche Ende der montes Alpibus cognomi nes könnte sich demnach beim Kandel im mittleren Schwarzwald befinden, das östliche
Ende lässt sich bei Nördlingen lokalisieren. (36), (37) Ab noba mons (griech. Ab noba ore): Der Abnoba monswird nach den
Angaben anderer antiker Autoren (Avienus, descr. orb. 437; Plin. Nat. hist. IV, 79; Tacitus, Germ. 1, 2) und nach Funden von Inschriften, die der Göttin Abnoba geweiht sind, meist
mit dem Schwarzwald gleichgesetzt (z. B. BARRINGT ON-AT LAS; GOETZ/W ELW EI, S. 169). Bei Ammianus Marcellinus (XXII, 8, 2) erscheint der Schwarzwald als Marcianae Silvae. Der Abnoba mons des Ptolemaios bezeichnet jedoch nicht den Schwarzwald (vgl.
NIEMEYER, S. 27), sondern einen Gebirgszug, zu dem nach STECHE (S. 46) Odenwald, Spessart, Vogelsberg, Rothaargebirge, Briloner Wald und Eggegebirge gehören (ähnlich LENNARTZ, S. 104). Diese Auffassung konnte durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. (38), (39) Melibocus mons (griech. Melibokon oros): Der M elibocus mons ent
spricht nicht dem heutigen Melibokusberg im Odenwald; dieser hieß bis zum Ende des 15. Jahrhunderts mons Malscus oder Malcus und hat seinen Namen erst in humanisti scher Zeit, vermutlich von Beatus RHENANUS, erhalten (EGLI, S. 595). Der Melibocus mons hingegen, der nach Ptolemaios eine Ausdehnung von 4o in der Länge hat, umfasst
wahrscheinlich nicht nur, wie häufig angenommen, den Harz (MÜLLER; LANGEWIE SCHE, S. 6; MEHLIS 1915, S. 324; CAPELLE, S. 446; SCHÖNING, S. 58; CUNTZ, S. 62; BAR RINGT ON-AT LAS u. a.), der nur eine West-Ost-Ausdehnung von ca. 1° hat, son dern zieht sich, wie die Analyse der antiken Koordinaten zeigt, vielmehr vom Brocken 32
(Harz) bis zum Mittelsächsischen Hügelland hin. Eine andere Identifizierung schlägt LENNARTZ (S. 105) vor, der im Melibocus mons eine Mittelgebirgsregion sieht, die vom Teutoburger Wald und dem Wieheugebirge bis zum Harz reicht (vgl. HOPFNER, S. 5); STECHE (S. 47) hingegen hält ihn für den Thüringer Wald mit dem Erzgebirge; ihm folgt HANSEN. Der Name Melibocus wird mit dem gotischen mili ("Honig") und mhd. buoch in Zusammenhang gebracht und als "Honig(buch)wald" gedeutet (BACH, Bd. 11/2, § 457). Der Melibocus mons wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 113). (40), (41) Asciburgius mons (griech. Askibourgion oros): Die Lokalisierung des Asciburgius mons erwies sich als schwierig. Den Lösungsansatz bot LENNARTZ (S. 108): "Es handelt sich um den Gebirgszug, der von Ost nach West die Lysa Gora, das Polnische Mittelgebirge, den Polnischen Jura, die Oberschlesische Platte umfaßt und sich bis zu den Schildherger Höhen und dem Katzengebirge hinzieht. . . . Dem Händler, der aus dem Weich seltal oder der Oberschlesischen Bucht kam, muss das Gebirge- selbst das Katzengebirge mit "nur" 256 m - recht mächtig erschienen sein. Weil der Gebirgszug wohl von Ost nach West durchgehend bewaldet war, wird man ihn für ein Gebirge gehalten haben." Auch nach der Analyse der antiken Koordinaten lässt sich das östliche Ende des Asciburgius mons, ähnlich dem Vorschlag von LENNARTZ, im Gebiet der Polnischen Platte verorten; danach handelt es sich um die Ausläufer des Heiligkreuzgebirges/G6ry Swi�tokrzyskie. Das westliche Ende jedoch befindet sich mit einer antiken Breite von 54° auch nach einer Trans formation zu weit nördlich in einer wenig bergigen Gegend. Allerdings ist, wenngleich nur schwach belegt (MÜLLER), für die Breite auch ein Wert von 52° überliefert. Legt man diesen zugrunde, befindet sich das Westende des Asciburgius mons etwa im Lausitzer Gebirge. Der Asciburgius mons wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 114). (42), (43) Sudeti montes (griech. Soudeta ore): Die Übertragung des antiken Namens Sudeti montes auf die heutigen Sudeten erfolgte 1558 durch MELANCHTHON (EGLI, S. 886). HANSEN sieht in diesem Gebirgszug von beträchtlicher Ausdehnung nach Ptolemaios 6° in Ost-West-Richtung- eine Bergkette vom Bayrischen Wald über den Böhmerwald zur Böhmisch-Mährischen Höhe. LENNARTZ (S. 106), der die Längenan gabe der S- Rezension von 31 für das Westende als die richtige ansieht, rechnet zu den Sudeti montes den Steigerwald, die Rhön, die Haßberge, den Nordteil der Fränkischen Alb, den Frankenwald, das Fichtel-, das Erz- und das Elbsandsteingebirge, das Lausitzer Gebirge und eventuell das Gesenke. Nach MEHLIS (1915, S. 324) umfassen die Sudeti montes Fichtelgebirge, Erzgebirge und Lausitzer Gebirge, nach HOPFNER (S. 173) das sächsische Erzgebirge, die Lausitzer Berge und das Elbsandsteingebirge. Dagegen ergab die Entzerrung der antiken Koordinaten, dass sich die Sudeti montes des Ptolemaios vom Frankenwald im Westen (angenommener Endpunkt Döbraberg) über das Erzgebirge tatsächlich bis zu den Sudeten erstrecken. Das östliche Ende der Sudeti montes lässt sich somit in den Oderske vrchy/Oderberge, einer Untereinheit des Niederen Gesenkes, loka lisieren. Östlich der Oderberge befindet sich die Mährische Pforte. Durch die Mährische Pforte, einen Pass zwischen den Sudeten und den Karpaten, der Mähren mit dem Schlesi schen Tiefland (poln. Nizina Slqska) verbindet, verlief die Bernsteinstraße. o
33
2.3.2 Flüsse Von Flüssen gibt Ptolemaios in der Regel die Koordinaten der Mündung ins Meer bzw. in einen größeren Strom an, bei bedeutenderen Flüssen nennt er dazu die Koordinaten der Quelle, gelegentlich auch die von besonderen Punkten des Flusslaufes. Obgleich sich generell bei den Flussmündungen an der Küste, zumal wenn es sich um größere Mün dungstrichter oder um ein Delta handelt, nicht exakt bestimmen lässt, welchen Punkt im Mündungsbereich Ptolemaios meint, ist die Identifizierung dieser Flussmündungen meist weniger problematisch. Schwieriger hingegen ist die Lokalisierung der Flussquellen. Hierbei ergeben sich die Fragen, ob Mündung und Quelle zu demselben Fluss gehören und bis zu welchem Punkt ein Fluss den antiken Namen trug. Hinzu kommt die Überlegung, dass die eigentliche Quelle eines Flusses oft nur schwer zugänglich und daher ihre Lage nicht immer bekannt war. Daher dürfte es sich bei den Quellen oft eher um markante Punkte des Flusslaufes handeln wie den Austritt aus dem Gebirge, die Vereinigung zweier Quell flüsse bzw. des Hauptstromes mit einem größeren Nebenfluss oder den Punkt, an dem ein Verkehrsweg den Fluss kreuzt. In
Germania Magna
nennt Ptolemaios fünf Quellen, d. h.
die Quellen von Ems, Weser, Elbe, Weichsel und Donau. Neben den im Abschnitt 2.1.3 genannten Verzerrungen in den Flussläufen von Rhein und Donau ist das Fehlen des Mains und des Neckars in der Darstellung des Ptolemaios auffällig. Beide Rheinzuflüsse waren den Römern bekannt. Mit dem Main lässt sich allerdings der von Ptolemaios erwähnte Ortsname
Menosgada
in Verbindung bringen. Ebenso auffällig
ist das Fehlen der Lippe. Sie spielte eine wichtige Rolle als Versorgungsweg der römischen Armee während der Germanienfeldzüge (s. BREMER). Ausdruck dafür sind die an der Lippe gefundenen römischen Militärlager (Holsterhausen, Haltern, Oberaden, Anreppen). Der einzige Hinweis auf die Lippe, der sich in der "Geographie" des Ptolemaios findet, ist
Gallia Belgica, die bei der Angabe des Ulpia der legio XXX den Namen der hier in den Rhein mündenden Luppia/Lippe bietet. Auch die Flüsse im lnnern von Germania Magna wie die Saale, die von Strabon (VII, 1, 3) als Salas erwähnt wird (vgl. JOHNE, S. 103), oder die Havel erscheinen bei Ptolemaios nicht. Von den zahlreichen nördlichen Nebenflüssen der Donau gibt Ptolemaios drei für das Gebiet von Germania Magna an,
ein Eintrag der Handschrift X im Ortskatalog von Legionsstandortes
Vetera
statt des Beinamens
deren Namen er allerdings nicht kennt.
(1) Rhenus fluvius (griech. Rhenos potamos): Erster Punkt in der Beschreibung Germania Magna ist die östliche Rheinmündung, die der IJssel entspricht. Nach den
der
antiken Koordinaten lässt sich diese Rheinmündung nicht einer Transformationseinheit mit
Germania Magna zuordnen, sondern zu den Nachbarorten im Gallia Belgica. (2) Vidrus fluvius (griech. Ouidros potamos): Die Identifizierung des Vidrus fiuvius mit der Vecht findet sich bereits bei ZEUSS (S. 13), dem MÜLLER, MEHLIS (1915, S. 324) und STICHTENOT H (S. 31) folgen; die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Gleichsetzung. Nach STECHE (S. 36) handelt es sich beim Vidrus um das den benachbarten Orten in entsprechenden Gebiet von
Borndiep zwischen den Inseln Terschelling und Ameland, eine versunkene Mündung des Flüsschens Boorn. Hinsichtlich der Anordnung der ersten beiden Küstenpunkte
in Germania Magna
nach
der Rheinmündung sind zwei Versionen überliefert: W ährend dieS-Rezension und weitere
34
Handschriften die Reihenfolge Vidrus fiuvius - Manarmanis portus (s. Abschnitt 2.3.5, Nr. 3) angeben, erscheint sie in der 0-Rezension umgekehrt. Die erste Version wird jedoch durch die Angabe des Markianos (Per. mar. ext. II, 32) gestützt. (4), (5) Amisia fluvius ( griech. Amasias, Amasos potamos): Die Ems wurde den Römern vermutlich durch eine Flottenexpedition des Drusus im Jahre 12. v. Chr. be kannt, bei der es zu einem Seegefecht mit den Brukterern kam (JOHNE, S. 90f.). Erstmals schriftlich erwähnt wird die Ems in diesem Zusammenhang bei Strabon (VII, 1, 3). Plinius führt sie als Amisis unter den in den Ozean mündenden Strömen Germaniens auf (Nat. hist. IV, 100: amnes clari in oceanum defiuunt Guthalus, Visulus sive Vistla, Albis, Visurgis, Amisis, Rhenus, Mosa). Auch die Emsquelle dürfte den Römern bekannt gewesen sein, denn sie befindet sich einerseits in der Nähe der Lippequelle (zur Lippe s. o.), andererseits liegt sie nicht in einem unwegsamen Gebirge und ist deshalb leicht zu erreichen (LENN ARTZ, S. 104). Da die überlieferte Längen-Differenz von 3° zwischen Emsmündung und Emsquelle auch nach Berücksichtigung einer maßstäblichen Verzerrung noch zu groß ist, lässt sich anhand der Analyse der antiken Koordinaten ein Schreibfehler bei der überliefer ten Länge annehmen und der mutmaßlich richtige Wert mit 30° angeben. Die überlieferte Breitenangabe zur Emsquelle von 52° korrigiert MÜLLER nach den Angaben von Mar kianos auf 53°. Der Amisia fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 108). (7) Visurgis fluvius ( griech. Ouisourgis, Ouisorgos potamos): Die von Pto lemaios erwähnte Weserquelle wird von STECHE (S. 27) und HANSEN mit der Wer raquelle gleichgesetzt. Es ist jedoch weder wahrscheinlich, dass Ptolemaios Angaben zur Quelle der Werra, noch dass ihm Angaben zur Quelle der Fulda, des zweiten Quellflusses der Weser, zur Verfügung standen. Beide Quellen liegen, so LENNARTZ (S. 104), "verhält nismäßig hoch in nicht leicht zugänglichen Gebirgen". LENNARTZ (S. 105) nimmt daher an, die ptolemäische Weserquelle bezeichne die Stelle, an der die Weser aus dem Bergland in flacheres Land ströme, und verortet sie deshalb am Flussabschnitt zwischen Bodenwer der und Hameln bzw. an der Porta Westfalica. SCHIRMEISEN (S. 136) und SCHÖNING (S. 28) halten sie für den Zusammenfluss von Werra und Fulda bei Hannoversch-Münden. LANGEWIESCHE (S. 6ff.) identifiziert die Quelle der Oker mit der ptolemäischen Weser quelle. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt jedoch keine der vorgeschlagenen Identifizierungen. Auch eine Gleichsetzung mit der Quelle der Aller ist nach den transfor mierten antiken Koordinaten nicht möglich. (8), (9) Albis fluvius ( griech. Albis, Labis potamos): Nach Ptolemaios liegt die Elbmündung genau nördlich der Wesermündung. HANSEN bemerkt hierzu, dass das heutige Wattenmeer damals vermutlich noch Festland war und die Elbmündung deshalb ungefähr nördlich der heutigen Insel Schärhorn zu verorten sei. Da die Quelle der Elbe im Gebirge liegt, das zur Zeit des Ptolemaios mit dichtem Wald bedeckt war, ist es unwahr scheinlich, dass Ptolemaios genaue Daten zur Lage der Elbquelle besaß. UKERT (S. 142) vermutet daher, die genannte Elbquelle entspreche der Quelle der Moldau. Nach LENN ARTZ (S. 115) handelt es sich bei der Elbquelle um den Austritt der Elbe aus den Sudeten nach Süden, vielleicht nördlich von Hradec KraJove/Königgrätz. Anhand der transformier ten antiken Koordinaten lässt sich die ptolemäische Elbquelle hingegen am Zusammen fluss von Moldau und Elbe bei Melnik lokalisieren. Der Albis fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 109). 35
(17) Chalusus fluvius ( Lachusus fluvius; griech. Chalousos, Lachousos pota mos ): Die Lokalisierung des Chalusus fiuvius ist ein intensiv diskutiertes Problem, wobei
sich eine Tendenz zur Gleichsetzung mit der Warnow zeigt (u. a. MÜLLER; MEHLIS 1915, S. 324; STECHE, S. 37; HANSEN). Die Analyse der antiken Koordinaten zeigt jedoch, dass die Warnow zu weit westlich liegt und lässt eher an die Recknitz als Identifizierung des Chalusus denken (vgl. BEI DER WIEDEN, S. 255-258; LENNARTZ (S. 119) denkt neben der Warnow ebenfalls an die Recknitz). Zwar mündet die Recknitz nicht direkt in die Ost see, sondern in den Saaler Bodden, jedoch verweist BEI DER WIEDEN (S. 257f.) darauf, dass der Saaler Bodden früher einen Zugang zur Ostsee hatte. Denkbar wäre auch die Identifizierung des Chalusus fiuvius mit dem Feenestrom (vgl. BERNECKER, S. 427), der zugleich den westlichen Mündungsarm der Oder darstellt. Den Vorschlag von STICH TENOTH (S. 22), dass der Name Chalusus lautlich in der Bezeichnung "Gellenstrom" erhalten sei, weist BEI DER WIEDEN (S. 256f.) mit Recht zurück. Der Chalusus fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 109). (18) Suebus fluvius
(griech.
Syebos,
Souikos potamos ): Nach LENNARTZ
(S. 119), STECHE (S. 36f.) u. a. entspricht der Suebus der Swine, der mittleren Oder mündung. STECHE (S. 37) vermutet, die ursprüngliche Form des Flussnamens habe Sui nos geheißen. Einen Zusammenhang des Flussnamens Suebus mit dem Stammesnamen der Sueben bestreiten STECHE (S. 36) und HANSEN. Der Suebus fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 110). (19) Viadua fluvius ( Viadus, Vildrus fluvius; griech. Ouiados, Ouildos po tamos): Der Viadua fiuvius ist einer der kleineren Ostseezuflüsse an der pommerscheu
Küste zwischen der Oder und der Weichsel. Nach den antiken Koordinaten lässt er sich, wie bereits von GNIRS angegeben, mit der Slupia/Stolpe identifizieren. STECHE (S. 38) hält ihn für die W ieprza/Wipper, LENNARTZ (S. 120) für die Dziwna/Dievenow, den östlichen Mündungsarm der Oder. (20),
(21)
Vistula fluvius (griech.
Ouistoulas potamos): Die Mündung der
Weichsel erscheint bei Ptolemaios nach Osten verschoben (vgl. Abschnitt 2.1.3). In der
Tat lag die Hauptmündung der Weichsel in früherer Zeit, wenn in auch nicht in dem von Ptolemaios angegebenen Maße, weiter östlich in einer heute verlandeten Bucht ( vgl. NATUNIEWICZ-SEKULA/OKULICZ-KOZARYN). Da die Quelle der Weichsel im Gebirge liegt, das zur Zeit des Ptolemaios mit dichtem Wald bedeckt war, ist es unwahrscheinlich, dass Ptolemaios genaue Daten zur Lage der Weichselquelle besaß. LENNARTZ (S. 109) vermutet deshalb, Ptolemaios bezeichne den Flussabschnitt zwischen Sandamierz und Annapol als Weichselquelle. Nach SADOWSKI (S. 51f.) konnte ein Reisender, der vom pannonischen Carnuntum kommend die Kleinen Karpaten im Westen umging, wenn er die Weichsel das erste Mal an ihrer Biegung zwischen Pruchno und Chyby sah, hier die Quelle der Weichsel vermuten. CUNTZ (S. 61) sieht in der ptolemäischen Weichselquelle die Quelle von San oder Bug, nach SIMEK (s. HANSEN ad loc.) verwechselt Ptolemaios die Weichsel mit der oberen Oder, die bei der Mährischen Pforte aus dem Gebirge austritt. Eine Lokalisierung der ptolemäischen Weichselquelle an hand der antiken Koordinaten ist derzeit nicht möglich. Der Vistula fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 110). 36
(22) fons (griech. he kephale tou potamou he apo dysmon autes kai epi ton Albin pherousa): Diese "westlich der Weichselquelle gelegene und zur Elbe hin führende Quelle" konnte bisher nicht lokalisiert werden. Auffällig ist die topographische Beschreibung durch Ptolemaios, die sonst in dieser Form nirgends erscheint. Weder die Annahme von STECHE (S. 44), es handle sich hierbei um die wirkliche Elbquelle, noch die von LENNARTZ (S. 110) vorgeschlagene Identifizierung mit der Oderquelle oder die Gleichsetzung mit der Quelle der Pilica (SCHÖNING, S. 39) ließ sich durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigen. (23) Danubius fluvius (griech. Danoubios potamos): Als Quelle der Donau lässt sich anhand der antiken Koordinaten der Zusammenfluss von Breg und Brigach bei Donaueschingen angeben. In der Nähe wurde in clandiseher Zeit das Kastell von Brigo bannis/Hüfingen angelegt. Es bildete das westlichste Kastell einer Reihe von Militärstütz punkten am südlichen Donauufer. Auch SCHÖNING (S. 22) und NIERHAUS (S. 487) lokalisieren die ptolemäische Donauquelle bei Donaueschingen; nach LENNARTZ (S. 113) lag sie am Albdurchbruch der Donau oberhalb von Sigmaringen. Strabon (VII, 1,1) berichtet, Tiberius habe im Jahre 15 v. Chr. während des Alpenfeld zuges in einem Tagesmarsch vom Bodensee aus die Quellen der Donau erkundet. Mögli cherweise gelangte er hierbei zum Platz des späteren Kastells von Hüfingen (NIERHAUS, S. 487). (24) fluvius (griech. potamos): Ptolemaios führt diesen Fluss, dessen Namen er nicht kennt, als ersten aus Germanien kommenden Nebenfluss der Donau an. STECHE (S. 40) und LENNARTZ (S. 113) halten ihn für die Wörnitz, HANSEN identifiziert ihn mit der Wörnitz oder der Brenz, MÜLLER und SCHÖNING (S. 23) setzen ihn mit der Altmühl gleich. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt er sich mit der Brenz identifizieren. (26) fluvius (griech. potamos): Der zweite nördliche Nebenfluss der Donau, dessen Namen Ptolemaios ebenfalls nicht kennt, entspringt nach seiner Angabe im Gabreta- Wald. Dieser Gebirgszug wird auch von Strabon (VII, 1, 5) erwähnt. Nach STECHE (S. 41 und 177) entspricht er dem Erdski vrchovina/Brdywald und der genannte Fluss der Aist (eben so GOETZ/WELWEI, S. 177). HANSEN verortet den Gabreta- Wald im Bergland am süd lichsten Rande Böhmens (Novohradske hory) und in dem sich anschließenden Weinsherger Wald, für den Nebenfluss der Donau gibt er als mögliche Identifizierungen Mühl, Gusen, Aist, Naarn, Krems oder Kamp an. ZEUSS (S. 6), SCHIRMEISEN (S. 135), HOPFNER (S. 3) u. a. halten den Gabreta-Wald für den Böhmerwald, GOETZ/WELW EI (S. 169) für den Bayerischen und den Böhmerwald. Der namenlose Fluss kann nach den transformierten antiken Koordinaten mit der N aarn gleichgesetzt werden. (27) fluvius (griech. potamos): Nach den Angaben des Ptolemaios fließt der dritte nördliche Nebenfluss der Donau, den er erwähnt, am Luna-Wald entlang. Auch der Na me dieses Flusses ist Ptolemaios unbekannt. STECHE (S. 40), MÜLLER, LENNARTZ (S. 112), GOETZ/WELWEI (S. 179), HANSEN u. a. identifizieren ihn mit der March. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Namentlich erwähnt wird die March als Marus von Plinius ( Nat. hist. IV, 81) und Tacitus ( Ann. II, 63, 6). Der Luna-Wald umfasst nach STECHE (S. 40) die Kleinen und Weißen Karpaten bis zum Wla rapass, HOPFNER (S. 3) setzt ihn dem Manhartsberg gleich, nach SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) entspricht der Luna- Wald den Pavlovske vrchy/Pollauer Höhen. MÜLLER vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Luna- Wald und dem Ortsnamen Lundenburg (heute 37
Breclav). SCHÖNING (S. 23) identifiziert den genannten Nebenfluss der Donau mit dem Regen.
(28) Danubius fluvius ( griech. Danoubios potamos):
Die von Ptolemaios ange
gebene Biegung der Donau nach Süden gehört möglicherweise nicht zu dem heute größ ten, südlich der Großen Schüttinsel fließenden Donauarm, sondern, wie es bereits SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) vermutet hat, zur Kleinen Donau, die bei Bratislava von der Do nau abzweigt und nördlich ungefähr parallel zum Hauptstrom fließt, bei Kolaxovo in die Waag mündet und dann nach Süden fließt, um sich bei Komarno wieder mit der Donau zu vereinigen (vgl. STECHE, S. 40f.). Die Breitenangabe von 4T50' folgt einer Konjektur von MÜLLER (vgl. CUNTZ, S. 175f.).
(29) Arabo fluvius ( griech. Arabon potamos): Als weiteren der Donau nennt Ptolemaios die Raab / Raba, die bei Györ in die
südlichen Nebenfluss Moson- Donau, einen
Seitenarm der Donau, mündet. Statt der Raab-Mündung könnten sich die von Ptolemaios angegebenen Koordinaten aber auch auf die Mündung der Moson-Donau in den Haupt strom bei Venek beziehen. Die an dieser Stelle erscheinende Namensform Narabo anstatt Arabo ist offenkundig ein Schreibfehler. In anderen antiken Quellen wird die Raab stets A rabo genannt.
(30) inflexio prope Gurtarn ( griech. he kata Kourtan kampe):
Die hier genann
te "Donaubiegung bei Curta" lässt sich nach HANSEN bei der Donauschleife in der Enge zwischen Szob und Visegrad verorten. Bei Curta könnte es sich um das rö
mische Kastell von Crumerum/Nyergesujfalu in der Nähe von Gran handeln (CUNTZ S. 170; HOPFNER, S. 3; STECHE, S. 40; LENNARTZ, S. 114; GOETZ/WELWEI, S. 178, Anm. 8).
(31) inflexio prope Carpin ( griech. he epistrophe kata Karpin):
Mit der
"Donaubiegung bei Carpis" ist das Donauknie bei Vac/Waitzen gemeint (HOPFNER, S. 3; STECHE, S. 39; LENNATZ, S. 114; GOETZ/WELWEI, S. 178, Anm. 9; HAN SEN). Garpis entspricht vermutlich der im Itin. Ant.
(266,
11) genannten Cirpiman
sio /Dunabogdany, die auch in der Notitia dignitatum ( Occidens, XXXIII, 37) erscheint (vgl. CUNTZ, S. 165). 2.3.3 Die Kimbrische Halbinsel Nach den Angaben zur Ems-, Weser- und Elbmündung folgt in Ptolemaios' Beschreibung der germanischen Küste die Cimbrica Chersonesus (griech.
Kimbrike Chersonesos,
Kimbrische Halbinsel, heute Schleswig-Holstein und Jütland) . Obwohl Ptolemaios sie ben auf der Kimbrischen Halbinsel wohnende Stämme aufzählt (GH II, 11, 11f.), nennt er auffälligerweise keine Orte in ihrem Siedlungsgebiet. Der Küstenverlauf hingegen ist durch mehrere Vorsprünge ziemlich detailliert beschrieben, insgesamt zeigt sich allerdings eine starke Verbiegung der Kimbrischen Halbinsel nach Osten. Möglicherweise verwendete Pto lemaios für seine Beschreibung Berichte von Seeleuten, die zwar Entfernungs-, aber keine Kursangaben enthielten. Die Deformation der Kimbrischen Halbinsel dürfte ferner mit der starken Umbiegung Schottlands zusammenhängen, die sich in Ptolemaios' Beschreibung von Britannien zeigt. Die vorliegenden antiken Koordinaten sind jedenfalls stark und inhomogen verzerrt, so dass sich die Verzerrungen nicht mittels einer einfachen mathematischen Funktion beschrei ben lassen. (In Abschnitt 2.2 sind daher für die Kimbrische Halbinsel keine transformierten 38
Koordinaten angegeben). Zudem sind die antiken Koordinaten teilweise durch Schreibfeh ler verderbt. So hat beispielsweise der nördlichste Punkt in vielen Handschriften die gleiche geographische Breite wie die vorhergehende Landspitze und der östlichste Vorsprung der Halbinsel hat eine größere Breite als der nördlichste. Sicher bestimmen lassen sich nur die beiden Basispunkte der Halbinsel, d. h. die Elbmün dung im Westen und die "Wendung nach Osten" in der Lübecker Bucht. Für die weiteren von Ptolemaios angegebenen Küstenpunkte der Kimbrischen Halbinsel wurden folgende Identifizierungen vorgeschlagen:
(10) post Albim prominentia (griech. he meta ton Albin exoche):
Bei dem
"Vorsprung nach der Elbe" könnte es sich um Blavands Huk handeln (STECHE, S. LENNARTZ, S.
117).
28;
Nach HANSEN entspricht er der Halbinsel Eiderstedt, die früher
aus mehreren Inseln bestand.
(11) proxima prominentia (griech. he ephexes exoche): Nach STECHE (S. 28) 117) entspricht der "folgende Vorsprung" Hanstholm. HANSEN iden
und LENNARTZ (S.
tifiziert ihn mit Blavands Huk.
(12) sequens (prominentia) maxime borealis (griech. he eti ephexes kai ark tikotate): Der "darauffolgende und nördlichste" (ergänze: ,,Vorsprung") ist wahrscheinlich Kap Skagen (STECHE, S. 28; LENNARTZ, S. 117), das von Plinius (Nat. hist. II, 167) als Cimbrorum promunturium erwähnt wird. HANSEN lokalisiert den genannten Vorsprung bei Haustholm oder Hirtshals. Bei der überlieferten Breitenangabe liegt offensichtlich ein Schreibfehler vor, denn der nördlichste Punkt der Kimbrischen Halbinsel hätte danach eine geringere Breite als der folgende. STECHE (S. die Breite des nördlichsten (griech.
arktikotate)
29) vermutet deshalb, ein Abschreiber habe und des östlichsten (griech. anatolikotaton)
Punktes vertauscht. Noch auffälliger sind die Abweichungen bei der Längenangabe, denn
38° 40' 3° geringer. (13) pars maxime orientalis (griech. to anatolikotaton autes): Der "östlichste Punkt" der Halbinsel ist nach STECHE (S. 28) Kap Fornäs, nach LENNARTZ (S. 118)
während die geographische Länge des nördlichsten Punktes nach der 0- Rezension beträgt, ist sie nach der S- Rezension
eine Spitze Djurslands (Stavnshoved, Gjerrild Klingt oder Kap Fornäs). HANSEN sieht den "östlichsten Punkt" als den östlichsten Teil des zuvor genannten nördlichsten Vorsprunges an, der die nördlichste Landspitze der Westküste bezeichne, und lokalisiert den "östlichsten Punkt" am Kap Skagen.
(14) prima post prominentiam prominenta (griech. he meta ten exochen prote exoche): LENNARTZ (S. 118) verortet den "ersten Vorsprung nach dem Vor sprung" bei Friedrichshavn, HANSEN bei Friedrichshavn oder dem Vorsprung gegenüber der Insel L2es0. Wegen der auffälligen Beschreibung dieses Küstenpunktes als "erster Vor
meta ten exochen meta ten epistrophen "nach der Wendung" zu ersetzen. (15) proxima prominentia infra hanc (griech. he hypo tauten ephexes): Der "nächste Vorsprung südlich davon" ist nach LENNARTZ (S. 118) auf der Insel Fünen sprung nach dem Vorsprung" hat MÜLLER vorgeschlagen, den Ausdruck ("nach dem Vorsprung") durch
(Fyns Hoved, Stavres Hoved, Knudshoved) oder am Frankeklint, der Nordspitze von Lan geland, zu suchen, HANSEN hält ihn für das Kap Fornäs auf der Halbinsel Dyrsland, nach STECHE (S.
28)
lässt er sich nicht bestimmen.
39
(16) ad solis ortum inflexio (griech. he pros anatolas epistrophe):
Die "Um
wendung nach Osten" liegt in der Lübecker Bucht bei Travemünde (ST ECHE, S. 28; HAN SEN). LENNARTZ lokalisiert sie auf Fehmarn oder Wagrin. 2.3.4 Inseln Westlich, nördlich und östlich der Kimbrischen Halbinsel liegen nach Ptolemaios drei Grup
pen von Inseln, von denen er jeweils die Koordinaten ihres Mittelpunktes angibt. Hinsicht lich der Identifizierung dieser Inseln sind derzeit noch keine genauen Angaben möglich. Of
fensichtlich sind die überlieferten antiken Koordinaten wie bei der Kimbrischen Halbinsel (Abschnitt 2.3.3) stark und inhomogen verzerrt, so dass die Bestimmung einer Systematik nicht möglich ist. Daher sind die Inseln in der Tabelle des Abschnitts 2.2 nicht aufgeführt.
Saxonum insulae tres (griech. Saxonon nesoi treis):
Die drei "Sachseninseln",
die nach Ptolemaios bei der Elbmündung liegen, sind vermutlich im Bereich der Nordfrie
sischen Inseln zu suchen (GOETZ/W ELW EI, S. 191, Anm. 49). Von HANSEN werden sie mit Sylt, Föhr und Amrum identifiziert. Die "Sachseninseln" finden sich auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geograph Al-KhwarizmT (vor
847), der im Gegensatz zu Ptolemaios geographische Koordinaten für jede Insel angibt ( WIEBER, S. 92). Allerdings ist wegen unterschiedlicher überlieferter Werte eine genaue
Identifizierung danach nicht möglich.
Alociae insulae tres (griech. Alokiai nesoi treis):
Die drei Alociae-Inseln werden
von MÜLLER mit den L2es0-Inseln gleichgesetzt, von HANSEN mit Mors, T hyholm und
T hyland, wohingegen LENNARTZ (S. 118) und GOETZ/WELWEI (S. 191, Anm. 50) sie für die Südspitze Norwegens halten.
Die Alociae-Inseln erscheinen ebenfalls im Kitab Surat al-Ard des Al-KhwarizmT (s. o.)
mit der Angabe geographischer Koordinaten für jede Insel. Nach WIEBER (S. 93) könnte es sich dabei um L2es0, Hornfiskroen und Nordre R0nner oder Anholt handeln. Nach SVENNUNG (S. 199) entsprechen die Alociae insulae, die Ptolemaios nördlich der Kimbrischen Halbinsel lokalisiert, in Wirklichkeit der Landschaft HaJogaland (Helgeland,
heute die Landschaften Nordland Fylke und Troms Fylke). Wegen der dort vorhandenen tiefen Fjorde könnte Norwegen, von Westen aus gesehen, den Eindruck einer Menge von
Inseln machen. Auch ALONSO-NUNEZ (S. 57), äußert die Vermutung, bei den Alociae insulae handele es sich um Inseln vor der Küste von HaJogaland. Noch im 11. Jahrhundert
beschreibt Adam von Bremen ( Gesta, IV, 38) HaJogaland als Insel.
Scandiae insulae minores tres (griech. Skandiai nesoi treis mikrai):
Die drei
kleinen Scandiae-Inseln gehören wahrscheinlich zu den dänischen Inseln. Von LENNARTZ (S. 118) werden sie mit Seeland, Lolland und Falster identifiziert, von SVENNUNG (S. 198) mit Seeland, Lolland und Langeland, von ALONSO-NUNEZ (S. 57) mit Seeland, Fünen und Lolland, von MALONE (S. 370) mit Seeland, Lolland und Fünen.
Auch die Scandiae-Inseln sind im Kitab Surat al-Ard des Al-KhwarizmT (s. o.) mit den
entsprechenden geographischen Koordinaten für jede Insel verzeichnet ( WIEBER (S. 93f.).
Scandia insula maxima (griech. Skandia nesos megiste):
Neben den drei klei
nen Scandia-Inseln nennt Ptolemaios eine weitere in der Ostsee liegende Insel dieses Na mens. Nach Ptolemaios ist sie die größte und östlichste Insel Scandia. Möglicherweise ist
hiermit Schonen (dän. Sk1ne) im südlichen Teil Schwedens gemeint (LENNARTZ, S. 118; 40
GOETZ/WELWEI, S. 191; HANSEN, Anm. 51) . Nach GRÜNZWEIG (S. 307) hingegen entspricht sie Gotland. Die Insel Scandia wird von Ptolemaios gegenüber der Weichselmündung und damit zu weit östlich lokalisiert. Möglicherweise besaß er für dieses Gebiet nur ungenaue Informa tionen über einen von der Danziger Bucht nach Skandinavien führenden Handelsweg (vgl. SVENNUNG, S. 199; GOETZ/WELWEI, S. 191, Anm. 51; HANSEN) . Die Scandiae-Inseln werden auch von Plinius ( Nat. hist. IV, 104) erwähnt, der allerdings über ihre Lage keine genaue Vorstellung hat. Als "berühmteste" Insel im Ostseeraum nennt er ( Nat. hist. IV, 96) die Insel Scatinavia von seinerzeit unerforschter Größe. Sie ist bereits Pomponins Mela bekannt (111, 54) und entspricht vermutlich der großen Scandia- Insel des Ptolemaios. 2.3.5 Orte
Als Hauptorte ( poleis ep isemoi ) in Germania Magna werden im achten Buch der "Geo graphie" (VIII, 6, 3) aufgeführt: (69) Amisiajbei Geimar (unsicher) , (77) Luppiajbei Bernburg a. d. Saale (unsicher) und (133) Eburodunum/Brno (wahrscheinlich) . (3) Manarmanis portus (Mararmanis, Marnamanis portus; griech. M. lim en): Auffälligerweise ist der Manarmanis portus der einzige Hafen, den Ptolemaios an der Nord- und Ostseeküste erwähnt. MÜLLER und ihm folgend STECHE (S. 35) lokalisieren ihn bei dem kleinen Ort de Marne (Marna) am Lauwersmeer nordwestlich von Groningen. STECHE (S. 35f.) bemerkt hierzu: "In die ,Lauwers Zee' mündet das Flüßchen Lauwers, das unter dem fränkischen Namen Laubachi und dem friesischen Namen Lagbeki in den karolingischen Geschichtsquellen und dem alten Gesetzbuch der Friesen als die Grenze zwischen Mittel- und Ostfriesland bezeichnet ist; ein Nebenfluß der Lauwers, der heute Reitdiep heißt, kommt von der heutigen Stadt Groningen her. Die Lauwers Zee war also in alter Zeit ein naturgegebener Verkehrsmittelpunkt." 2.3.5.1 klima 1
(44) Flevum ( griech. Phleoum): Dieser Ort wird im Allgemeinen als das bei Tacitus ( Ann. IV, 72, 3) erwähnte Römerkastell ( castello cui nomen Flevum ) angesehen (MÜL LER; STECHE, S. 132; HANSEN) . Nach den antiken Koordinaten könnte Flevum bei Appingedam am Ästuar der Ems gelegen haben. STICHTENOTH (S. 32) vermutet Fle vum bei Emmen, nordöstlich von Zwolle. Nach PATZIG (S. 9) bedeutet der Name Flevum "Platz, wo das Wasser spült". Auffällig ist die lateinische Endung, die der Ortsname im griechischen Text zeigt (-oum statt der sonst üblichen gräzisierten Form -an ) ; dies weist eindeutig auf die Herkunft aus einer römischen Quelle hin. (45) Siatutanda ( Siltutanda; griech. Siatoutanda, Siltoutanda): Der Ortsname Siatutanda wird seit dem 19. Jahrhundert (MÜLLER, Hermann: Die Marken des Vaterlan des. Bd. I, Bonn 1837, S. 118-120) für eine falsche Deutung einer Tacitusstelle ( ad sua tu tanda degressis rebel libus; Ann. IV, 73, 1) gehalten, wobei die Angabe, die von den Römern bedrängten Friesen hätten sich zum Schutz ihrer Habe ( ad sua tutanda ) zurückgezogen, irrtümlich für einen Ortsnamen Siatutanda gehalten worden sei. Da die topographischen Angaben des Tacitus für Germanien jedoch oft ungenau sind, ist es nicht anzunehmen, dass Ptolemaios oder ein Vorgänger die Annales des Tacitus als Informationsquelle benutzt hat. Auch CUNTZ (S. 66) hält einen Zusammenhang mit der erwähnten Tacitusstelle für "wenig 41
wahrscheinlich". Möglicherweise ist neben
Siatutanda
und
Siltutanda
Siatutanda
nicht die ursprüngliche Namensform. Die
überlieferten Lesarten
Setutanda, Setuntada, Siantunda
(MÜLLER) zeigen die Unsicherheit hinsichtlich des Ortsnamens. STICHTENOTH (S. 32) sucht
Siatutanda bei Rheine,
SCHÖNING (S. 109) bei Tettens. Die entzerrten Koordinaten
weisen auf die Gegend bei Lathen an der Ems.
(46) Tecelia ( griech. Tekelia):
Dieser Ort wurde u. a. mit Zetel am Jadebusen iden
tifiziert (FORBIGER, Bd. 3, S. 275f., Anm. 32; MÜLLER; MEHLIS 1918, S. 77). Die transformierten antiken Koordinaten bestätigen jedoch eher die vorgeschlagene Gleich setzung mit dem Siedlungsplatz bei Elsfleth-Hogenkamp am Zusammenfluss von Weser und Hunte (UKERT, S. 435; MÜLLER; HANSEN), der wegen seiner verkehrsgeographisch günstigen Lage bis in das 6. Jahrhundert n. Chr. genutzt wurde. Möglicherweise steht der Name
Tecelia
in Zusammenhang mit der sogenannten Tegeler Plate (STECHE, S. 162),
einer Sandbank zwischen den Mündungsströmen von Jade und Weser. Es könnte also zu
Tecelia
auch einen ähnlichlautenden Flurnamen in dieser Region gegeben haben.
(4 7) Fabiranum ( griech. Phabiranon): von Plinius
MÜLLER identifiziert
Fabiranum
(Nat. hist. IV, 97; vgl. Strabon VII, 1, 3) erwähnten Insel Fabaria ("Bohneninsel") nannten. Unter den vielen im
die die Römer
mit der
Burcana/Borken, RGA verzeichne
ten Lokalisierungsvorschlägen (u. a. Bremen, Bremervörde, Wremen) lässt sich anhand der transformierten Koordinaten die Gleichsetzung mit der Heidenschanze bei Sievern be stätigen.
(48) Treva ( griech. Treoua):
Obgleich die Identifizierung von
Treva
mit dem heuti
gen Treia aufgrund der Namensähnlichkeit naheliegt (vgl. BASEL-AUSGABE 2006, S. 231, Anm. 244), sprechen die Koordinaten gegen diese Gleichsetzung. STICHTENOTH (S. 32) und HANSEN suchen
Treva
bei Harburg; MÜLLER vermutet einen Zusammenhang mit
dem Flussnamen Trave und schlägt deshalb als Lokalisierung Travemünde, Lübeck oder Bad Oldesloe vor. Die letzte Identifizierung konnte durch die Analyse der Koordinaten
bestätigt werden.
Treva lag somit in einem sehr alten Siedlungsgebiet und war vielleicht ei
ne Station an einem Handelsweg zwischen Nord- und Ostsee, der am Fuße der Kimbrischen Halbinsel entlang verlief. STECHE (S. 167) hingegen bestreitet einen Zusammenhang mit dem Flussnamen Trave.
(49) Leufana ( griech. Leuphana, Lephana): fana
Nach STECHE (S. 180) lag
Leu
bei Dömitz (Mecklenburg), STICHTENOTH (S. 32) identifiziert es mit Ratzeburg,
SCHÖNING (S. 111) mit Lüdershagen, FORBIGER (Bd. 3, S. 276, Anm. 329) setzt es mit Lüneburg gleich, HANSEN vermutet es in der Altmark, nach der BASEL-AUSGABE 2006 (S. 231, Anm. 245) entspricht
Leufana
dem in der
Tab. Peut.
genannten
Levefanum/Wijk
bij Duurstede, MÜLLER sucht es bei Levenstein. Keine der genannten Identifizierungen konnte jedoch durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Danach lässt es sich vielmehr mit dem bedeutenden germanischen Siedlungszentrum bei Hitzacker identifizieren (NÜSSE).
(50) Lirimeris ( griech. Lirimeris, Lirimiris): ten lassen die Verortung von
Lirimeris
Die entzerrten antiken Koordina
in Hagenow möglich erscheinen, wo germanische
Fürstengräber der älteren Römischen Kaiserzeit entdeckt wurden (VOß 2005 und 2009). SIMEK (s. HANSEN STECHE (S. 166)
ad loc.) vermutet es in der Gegend südlich des Ratzeburger Sees, sucht Lirimeris an der Trave bei Lübeck oder weiter stromaufwärts.
(51) Marianis ( griech. Marionis):
Die überlieferten Breitenangaben weichen stark
voneinander ab (54° nach der 0-Rezension und 55°50' nach der 3-Rezension). Die Analy42
se der Koordinaten ergab, dass der Wert der S- Rezension hinsichtlich der systematischen Verzerrungen in diesem Gebiet besser zu den Koordinaten der benachbarten Orte passt. Marianis lag somit in der Nähe der von Ptolemaios angegebenen Wendung der Cimbri ca Chersan esus (Schleswig-Holstein und Jütland) nach Osten, welche die Lübecker Bucht
bei Travemünde bezeichnet. In der Nähe findet sich hier der Fluss Maurine, dessen Na me vielleicht im Zusammenhang mit Marianis steht. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt es sich bei Schönberg an der Maurine, ca. 15 km östlich von Lübeck, verorten. Auch HANSEN sucht Marianis an der Lübecker Bucht, STECHE (S. 177) hin gegen an der Stelle der heutigen Stadt W ismar oder in der Nähe davon, STICHTENOTH (S. 32) vermutet Marianis bei Grevesmühlen oder ebenfalls bei W ismar.
(52) Marionis altera ( griech. Marionis hetera):
Für den zweiten Ort des Na
mens Marianis lässt sich eine Lage bei Laiendorf (Landkreis Güstrow) annehmen. Bei Laiendorf wurde ein germanisches Fürstengrab entdeckt und in die Zeit um 50 n. Chr. datiert (KEILING). Sollte der Ortsname Marianis von der germanischen Wurzel *mar abgeleitet sein, so bezeichnet diese nicht nur das Meer, sondern auch Binnengewässer oder Sümpfe (FINZENHAGEN, S. 42). HANSEN sucht Marianis an der W ismar-Bucht, nach STECHE (S. 178) hat Ptolemaios denselben Ort Marianis zweimal verzeichnet. STICH TENOTH (S. 32) identifiziert das zweite Marianis mit Rostock.
(53) Coenoenum ( Cenennum;
griech.
Koinoenon, Kenennon):
Nach den
transformierten antiken Koordinaten lässt sich Caenaenum im Raum von Waren
( Mü
ritz ) lokalisieren. STECHE (S. 181) sucht es bei Pritzwalk oder Kyritz, HANSEN an der
unteren Warnow in der Gegend von Rostock.
(54) Astuia (Aetuia, Cistuia;
griech.
Astouia, Aitouia, Kistouia):
In Ver
bindung mit der Identifizierung Burg Stargard ergab sich der Breitenwert 55°30' der S- Rezension als der wahrscheinlichere. Die Burg in Burg Stargard wurde zwischen 1236
und 1270 anstelle einer alten slawischen Stammesburg neu errichtet. W ie die Lokalisierung von Astuia zeigt, könnte der Platz bereits vor den Slawen in germanischer Zeit genutzt worden sein. MÜLLER sucht Astuia bei Küstrin, STECHE (S. 181) bei Brandenburg.
(55) Alisus ( griech. Alisos):
Dieser Ort könnte bei Temmen gelegen haben, wo
um 1890 ein germanisches Gräberfeld entdeckt wurde (LEUBE 1975, S. 150). Nach STE CHE (S. 158) lag Alisus in der Gegend der oberen Havel, etwa zwischen Zehdenick und Fürstenberg; HANSEN vermutet Alisus in einem weiteren Umkreis von Angermünde.
(56) Laciburgium ( griech. Lakibourgion):
Nach Ptolemaios lag Laciburgium süd
westlich der Mündung des Suebus/Swine. Es könnte sich also, wie von HANSEN vor geschlagen, um Ueckermünde am Oderhaff handeln. Auch der Name Laciburgium, der vielleicht "Wasserburg" bedeutet, spricht für diese Identifizierung. MÜLLER nennt eine Lokalisierung bei Wolgast, STECHE (S. 151) verortet Laciburgium an der Peene zwischen Peenemünde und Kamin, STICHTENOTH (S. 32) setzt es mit Lebbin gleich, nach SCHÖ NING (S. 114) lag Laciburgium bei Lauenburg.
(57) Bunitium (Munitium;
griech.
Bounition, Mounition):
Der antike Ort
Bunitium könnte bei dem heutigen Lubieszewo/Lübsow gelegen haben. Aufgrund der
dort am Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten germanischen Fürstengräber, die reich mit römischen Exportwaren ausgestattet sind, wurde dieser Fundort namensgebend für die Prunkgräber der älteren römischen Kaiserzeit in Nord- und Mitteleuropa (SCHUSTER, S. 356f.). STECHE (S. 151f.) und STICHTENOTH (S. 32) verorten Bunitium bei Stettin,
43
SIMEK (s. HANSEN
ad loc.)
am Jezioro Dqhe/Dammschen See, einer Ausweitung der
Oder kurz vor ihrer Mündung. (griech.
(58) Virunum
Ouirounon):
Die Lokalisierung im Gebiet von Draw
sko Pomorskie/Dramburg erfolgte nach den entzerrten Koordinaten. STECHE (S. 152) vermutet
Virunum
bei Myslibürz/Soldin, HANSEN am Notecübergang bei Drezdenko/
Driesen.
(59) Viritium lässt sich Viritium
(griech.
Ourition):
Nach den transformierten antiken Koordinaten
bei Czlopa/Schloppe lokalisieren.
Viritium lag offensichtlich an einer Asciburgium), der vom Römischen MÜLLER identifiziert Viritium anschei
wichtigen West-Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Reich bis zur Bernsteinküste im Samland führte.
nend aufgrund der Namensähnlichkeit mit Wrietzen, STECHE (S. 152f.) sucht es bei einem Wartheübergang in der Nähe von Gorzow W ielkopolski/Landsberg an der Warthe, HAN SEN in der Gegend von Grodzisk W ielkopolski/Grätz südwestlich von Poznari/Posen.
Rhougion): Von vielen Autoren (z. B. MÜLLER; STECHE, Rugium, wohl nicht zuletzt wegen der Namensähnlichkeit und der Annahme, die von Ptolemaios (11, 11, 17) erwähnten Rutiklier seien mit den Rugiern iden (60) Rugium
(griech.
S. 147; vgl. RGA) wird
tisch, mit Rügenwalde gleichgesetzt. Nach KRATZ (zitiert nach LENNARTZ, S. 119) soll Rügenwalde jedoch erst 1270 durch Fürst W izlaw II. von Rügen gegründet und nach dessen Heimat benannt worden sein. FORBIGER (Bd. 3, S. 282, Anm. 54) identifiziert
Rugium
mit Reska/Regenwalde an der Rega. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich
Rugium im Gebiet von Miastko/Rummelsburg verorten. (61) Scurgum (griech. Skourgon): Der Vorschlag von STECHE
(S. 148),
Scurgum
an einem Übergang über die Brda/Brahe bei Chojnice/Konitz zu lokalisieren, konnte durch die Analyse der Koordinaten bestätigt werden. HANSEN lokalisiert
Scurgum bei Scurgum lag vermutlich an einer wichtigen West-Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium). (62) Ascaucalis (Ascaulis; griech. Askaukalis, Askaulis): Die Lokalisierung von Ascaucalis bei Osielsk (bei Bydgoszcz/Bromberg in Kujawien) findet sich bereits bei SA
Skorcz/Skurz, SADOWSKI (S. 57) bei Czersk.
DOWSKI (S. 41f.), der seinerseits eine ältere Arbeit anführt: "Zur treffendsten Annahme gelangte Voigt, welcher dem Askaukalis des Ptolemäus die Lage des heutigen Osielsk bei Bromberg angewiesen hat. Er liess sich zwar hierbei auch von der Aehnlichkeit des Klanges leiten, da er aber genau mit den physiographischen Eigenthümlichkeiten der pommereUer Gegend bekannt war, verzeichnete er den römischen Handelsweg durch die Mündungsge gend der Brahe in die Weichsel hauptsächlich wegen der Bequemlichkeit des Ueberganges an dieser Stelle, welche zwischen unwegsamen Nachbargegenden offen ist." Dem schließen sich STECHE (S. 147), RASCH (S. 21) und HANSEN an. Die Analyse der Koordinaten bestätigt die Identifizierung. 2.3.5.2 klima 2
(63) Asciburgium
(griech.
den am Rhein liegenden Ort
Askibourgion): Bereits Asciburgium ("Eschenburg"),
Tacitus
( Germ.
3, 2) erwähnt
der nach der Überlieferung von
Odysseus während seiner Irrfahrt gegründet worden sein soll. Ptolemaios hat
Asciburgium,
heute Moers-Asberg (HORN, S. 559-569), irrtümlich auf das rechte Rheinufer verlegt.
Asciburgium
lag der Ruhrmündung gegenüber und war der Beginn des Hellweges, einer
wichtigen Verkehrsverbindung, die vom Westen durch Germanien bis ins Samland führte. 44
Neben der Lippe war der Hellweg vermutlich auch ein militärischer Einfallskorridor der Römer in das rechtsrheinische Germanien. Zwar wird er erst mit den Sachsenfeldzügen Karls des Großen historisch fassbar, "da er aber durchweg auf der topographisch im weiten Umkreis günstigsten Trasse, auf dem Nordrand des Mittelgebirges verläuft, deren Vorzü ge schon früh bemerkt worden sein dürften, könnte er bereits weit in die Zeit vor Karl dem Großen zurückreichen" (EGGENSTEIN, S. 73). Auch die "Kleingeldfunde am Hell weg, die nicht als Tauschobjekte der Germanen, sondern als Besitztümer von Fußsoldaten gelten können, sprechen für eine militärische Benutzung der Hellwegtrasse" (STEPHAN MAASER, S. 17). Insgesamt elf der von Ptolemaios in Germania M agna erwähnten Orte lassen sich am Hellweg lokalisieren (s. Abschnitt 2.1.5). Möglicherweise lag Ptolemaios ein Itinerarium des Hellweges vor, in dem Asciburgium als Anfangspunkt eingetragen war. In der Tab. Peut. erscheint es als Asciburgia.
(64)
Navalia
( Nabalia; griech.
Naualia, Nabalia): Der wahrscheinlich lateinische
Name Navalia (auch als Nabalia überliefert, wobei zur Zeit des Ptolemaios ein griechisches b als w-Laut gesprochen wurde, vgl. MAZAL, S. 102) deutet auf eine Schiffsanlegestel le, eine Werft, ein Schiffslager oder ähnliches hin (vgl. RASCH, S. 116: "Lager am Ufer zum Schutze der auf land gezogenen Schiffe"). Ein zunächst erwogener Zusammenhang von Navalia mit dem Römerlager von Holsterhausen ist allerdings wenig wahrscheinlich. Hols terhausen war als Marschlager offensichtlich nur vorübergehend belegt, auch erscheinen weder die Lippe ( vgl. jedoch Abschnitt 2.3.2) noch die Standorte weiterer "Lippelager" bei Ptolemaios. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Navalia hingegen bei
Hinsei
Essen
lokalisieren. Somit könnte es eine Station am Hellweg gewesen sein (s. hier
zu Nr. 63 Asciburgium). Hinsichtlich der Bedeutung dieser Verkehrverbindung bemerkt SEIBT (S. 79): "Grabungen entlang des Hellweges in germanischen Siedlungen und Gräber feldern in Essen-Hinsel, Bochum-Harpen, Castrop-Rauxel und Westwiek bei Hamm sowie zahlreiche Streufunde mit römischen Waren zeigen, dass der Hellweg ... wohl eine promi nente Rolle als Handelsverbindung ins Innere Germaniens gespielt hat."
(65) Mediolanium (griech. Mediolanion):
Die entzerrten antiken Koordinaten von
Mediolanium führen zu der auf einer Fläche von 23 000 m2 ergrabeneu germanischen "Händ lersiedlung" von
Borken,
die schon im 2. Jahrhundert bestanden haben könnte. Auffällig
ist allerdings das Erscheinen des keltischen Ortsnamens Mediolanium im Münsterland. Man hat deshalb vermutet (STECHE, S. 133f.; ebenso HANSEN), der von Ptolemaios er wähnte Ort könnte dem im Itin. Ant. (375, 3) genannten Mediolanum entsprechen, das an einer Straße von Colonia Traiana/Xanten nach Colonia Agrippina/Köln linksrheinisch in Germania Inferior lag. Ptolemaios habe diesen Straßenzug irrtümlich in rechtsrheinisches Gebiet verlegt. Für diese Annahme spricht der Umstand, dass Ptolemaios im Anschluss an Mediolanium den Ort Teuderium erwähnt, der mit dem ebenfalls im Itin. Ant. an derselben Straße genannten Teudurum/Tüddern gleichgesetzt wird (s. u. 66). Der keltische Ortsname Mediolanium bzw. Mediolanum zeigt sich jedoch häufiger, so z. B. als antiker Name der französischen Städte Evreux (GH II, 8, 11), Saintes (GH II, 7,7) und MaJain (von Ptolemaios nicht erwähnt), in Mediolanium/Mailand (GH 111, 1, 33), im englischen Mediolanum/W hitchurch (von Ptolemaios nicht erwähnt) sowie in einem weite ren Mediolanium im Südosten von Germania Magna (s. u. Nr. 131). Der Ortsname enthält als ersten Bestandteil das keltische Wort für "Mitte", die Bedeutung des Elements -lanum 45
ist nach MAlER (S. 89) nicht geklärt; nach RASCH (S. 132) bedeutet Mediolanium "mitten im Feld" (ebenso KRAHE 1954, S. 126). Der hier von Ptolemaios erwähnte, anscheinend keltische Ortsname Mediolanium könnte dadurch entstanden sein, dass ein ähnlich klingen der germanischer Name bei der Aufzeichnung an einen den Römern geläufigen Ortsnamen angeglichen wurde. KRAHE (KRAHE 1954, S. 126; vgl. UKERT, S. 437) und SCHÖNE (S. 118) setzen, wohl aufgrund der Ähnlichkeit beider Namensformen, Mediolanium mit Metelen (Kreis Steinfurt) gleich. Metelen liegt an der Vechte, die Ptolemaios vermutlich als Vidrus (s. o. Nr. 2) bekannt war. Nach der Analyse der antiken Koordinaten könnte eine Identifizie rung von Mediolanium mit Metelen ebenfalls in Frage kommen. MEHLIS (1918, S. 116) identifiziert Mediolanium mit Almelo. (66) Teuderium (Teuterium; griech. Teuderion, Teuterion): Da im Itin. Ant. (375, 6) die Station Teudurum an einer Straßenverbindung von Colonia Traiana/Xanten nach Colonia Agrippina/Köln erwähnt wird, hat man vermutet, das ptolemäische Teuderi um entspreche jenem Teudurum und Ptolemaios habe den genannten Straßenzug irrtüm lich in rechtsrheinisches Gebiet versetzt (MÜLLER; PATZIG, S. 19; STECHE, S. 133f.; RASCH, S. 96; SCHÖNING, S. 118; HANSEN). Für diese Annahme spricht der Umstand, dass Ptolemaios zuvor den Ort Mediolanium (s. o. Nr. 65) erwähnt, der im Itin. Ant. ebenfalls an der beschriebenen Straße liegt. Die Straßenstation Teuderum des Itin. Ant. wird mit Tüddern im Kreis Heinsberg (Nordrhein-Westfalen) identifiziert (KUNOW 1988, S. 60). Folgt man bei der Lokalisierung jedoch den transformierten antiken Koordinaten, so lässt sich Teuderium bei Beelen verorten. MEHLIS (1918, S. 115) vermutet, wie bereits FORBIGER (Bd. 3, S. 275, Anm. 32) , Teuderium bei Dörgen in der Nähe von Meppen, hält aber auch Delden nordwestlich von Enschede im Vechtegebiet als Identifizierung von Teuderium für möglich. (67) Bogadium (griech. Bogadion): Dieser Ort könnte, wie die Analyse der antiken Koordinaten ergeben hat, bei Salzkotten gelegen haben und somit ein Ort am Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen sein. Von WILHELM (S. 130) wurde es mit Münster gleichgesetzt, von MÜLLER und RASCH (S. 29) mit dem im Itin. Ant. (256, 2 und 370, 1) sowie in der Tab. Peut. erwähnten Burginatium/Altkalkar, von SCHÖNING (S. 119) mit Brackwede (Kreis Bielefeld), von LANGEWIESCHE (S. 9) mit Gadderbaum bei Bielefeld, von MEHLIS (1918, S. 70) wie auch bereits von LEDEBUR (S. 327) mit Bockum a. d. Lippe. Zu der Gleichsetzung mit Bockum führt MEHLIS (1918, S. 70) auch die Namens ähnlichkeit an. Weitere im RGA verzeichnete Identifizierungsvorschläge sind Bocholt und Haltern. (68) Stereontium (Streontium, griech. Stereontion, Streontion): Stereontium wurde u. a. von MANNERT (S. 556) und WILHELM (S. 130) bei Warendorf an der Ems lokalisiert, von MÜLLER bei Haltern, von LANGEWIESCHE (S. 8-9) bei der Burg Stern berg, von MEHLIS (1918, S. 71) bei Stromberg nordöstlich von Bockum, von STECHE (S. 162) bei Bevergern und von SCHÖNING (S. 119) bei Rinteln, das am linken Weserufer als "fester Platz und Brückenort" gegründet worden ist. Die Analyse der antiken Koordi naten deutet auf die Gegend von Bad Driburg; somit könnte Stereontium eine weitere Station am Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen sein. (69) Amisia: Amisia wird im achten Buch der "Geographie" unter den drei "bedeu tenden Städten" Germaniens (poleis episemoi) genannt. Hinsichtlich der Lokalisierung von 46
Amisia bemerkt MEHLIS (1918, S. 94): "Trotz der klaren Positionsangabe haben die Au toren sich verleiten lassen, Amisia im Norden in Emden an der Emsmündung, im Süden in Ems (=Bad Ems) an der Lahn zu suchen. Unnötige Raumverschwendung und unnöti ger Zeitverlust!" F ür die Verortung von Amisia an der Ems sind u. a. HANSEN und die BASEL-AUSGABE 2006 (Bd. 1, S. 231, Anm. 248), die Gleichsetzung mit Bad Ems fin det sich beispielsweise bei MÜLLER, PATZIG (S. 19) und REICHERT (S. 282). MEHLIS selbst (1918, S. 95) identifiziert Amisia mit Oberense im Kreis Soest, SCHÖNING (S. 120) sucht es bei Hameln. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Amisia bei
Geismar
(Ortsteil von Fulda) lokalisieren. Die Siedlung von Geismar war seit dem
letzten Jahrhundert v. Chr. besiedelt (THIEDMANN) und entspricht wahrscheinlich dem Ort Gaesmere, bei dem Bonifatius im Jahre 723 die Donareiche fällte (Vita Bonifatii 6).
(70) Munitium (griech. Mounition):
Der Name Munitium deutet auf einen latei
nischen Ursprung und könnte von munire ("befestigen, verschanzen, Befestigungen bau en") bzw. munitio ("Befestigung, Verschanzung") abgeleitet sein. Dazu passt die Tatsache, dass die entzerrten Koordinaten in die Nähe der Römerlager von
Hedemünden
am Zu
sammenfluss von Fulda und Werra führen. MÜLLER vermutet Munitium bei Göttingen, W ILHELM (S. 136) bei Bielefeld, STECHE (S. 165) bei Minden, SCHÖNING (S. 120) bei Holzminden. MEHLIS (1918, S. 72) lokalisiert Munitium auf dem Tönsberg bei Ör lingshausen, von wo aus man mit der "hier vorhandenen ältesten Befestigungsanlage" den Örlinghauser Pass beherrschte.
(71) Tulifurdum (griech. Touliphourdon):
Die Lokalisierung
bei Hannover
er
folgte nach den entzerrten Koordinaten. MÜLLER nennt als Lokalisierungsvorschläge Ver den, Doehlberg an der Weser und Minden, MEHLIS (1918, S. 75-76) nimmt ebenfalls Verden an, wo sich "ein wichtiger Straßenkreuzungspunkt zur Wesermündung nach NW, zum Elbästuar nach NO" befand. Davon ausgehend, dass der Name Tulifurdum auf eine Furt hindeutet, identifiziert STECHE (S. 166) den Ort mit Dörverden an der Weser, dessen zweiter Namensbestandteil ebenfalls das Wort "Furt" enthält. Er vermutet eine alte Na mensform "Durifurd" oder "Thurifurd", die Ptolemaios unter den Einfluss des kurz darauf folgenden Ortsnamens Tulisurgium als Tulifurdum wiedergibt.
(72) Ascalingium (griech.: Askaliggion oder Askalingion):
Von den zahlrei
chen Identifizierungsvorschlägen zu Ascalingium (vielleicht germ. "Eschental") - Hildes heim oder Schulenburg a. d. Leine (HANSEN), Essel (STECHE, S. 168), Limburg (vgl. RGA), Rinteln oder Hameln (MANNERT, S. 557), Lassahn im Kreis Greifswald (SCHÖ NING, S. 121), Minden (W ILHELM, S. 168), Ahlken bei Bremen (FORBIGER, Bd. 3, S. 276, Anm. 33), Linsburg südöstlich von Nienburg (MEHLIS 1918, S. 76-79) - konnte durch die Analyse der antiken Koordinaten die Lokalisierung
bei Bildesheim
als zutref
fend ermittelt werden. Dies deutet darauf hin, dass Ascalingium eine Station des Hellweges (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen ist.
(73) Tulisurgium (griech. Toulisourgion):
Im Jahre 1671 gab Ferdinand von
F ÜRSTENBERG, der F ürstbischof von Paderborn, das Werk Monumenta Paderbornensia ex historia romana, francica, saxonica eruta heraus, worin er (S. 40f.), ausgehend von der Ortslage und dem Namensschriftzug, zu der Ansicht gelangt, die griechische Form Touli sourgion sei eine Verschreibung für Teutibougion. Dieser Ansicht folgt u. a. ZEUSS (S. 7, Anm. **). Im Anschluss daran vertritt MEHLIS (1918, S. 57ff.) die Auffassung, Ptolemai os habe aus dem Teutoburgiensis saltus, der durch Tacitus (Ann. I, 60) und anderweitige Quellen den alten Geographen bekannt war, einen Ortsnamen Teutoburgion (lat. Teuto47
burgus) rekonstruiert. Die Lokalisierung von Tulisurgium Kartographen Petrus Apian
(1495-1552) zurück
bei Braunschweig geht auf den 665). Sie wird
(zitiert bei HOF MANN, S.
durch die transformierten Koordinaten bestätigt. Tulisurgium könnte somit eine Station an einer bedeutenden West-Ost-Verbindung, am Hellweg (s. Nr.
63
Asciburgium), gewesen
sem.
(74) Feugarum (griech. Pheugaron):
bei Osterode erfolgte nach 170) und HANSEN suchen Feuga
Die Lokaliserung
den transformierten antiken Koordinaten. STECHE (S.
rum am Werraknie bei Vacha, MÜLLER bei Paderborn.
(75) Canduum (griech. Kandouon):
Die Lokalisierung
bei Eisenach erfolgte nach
den transformierten Koordinaten. HANSEN identifiziert Canduum mit der Steinburg auf dem Kleinen Gleichberg, nach BAHN (S. 159) handelt es sich um den Öchsen bei V ölkers
3 km südlich von Vacha an der Werra. (76) Tropaea Drusi (griech. Tropaia Drousou):
hausen,
Bei den Tropaea Drusi handelt
es sich offensichtlich um das Siegesdenkmal, das Drusus im Jahre reichen der Elbe errichten ließ (Cassius Dio LV ,
1, 3).
9
v. Chr. nach dem Er
Die Erwähnung dieses Monumentes
könnte ein Indiz dafür sein, dass Ptolemaios hier ältere Aufzeichnungen aus der Zeit der Germanenkriege von
12
v. Chr. bis
16
n. Chr. verwendete. Nach den entzerrten antiken
Koordinaten lagen die Tropaea Drusi jedoch nicht, wie von MÜLLER angenommen, direkt an der Elbe, die Drusus möglicherweise an ihrem westlichsten Punkt bei Magdeburg er reicht hat, sondern
bei Halberstadt.
V ielleicht markieren sie den Ort, an dem Drusus auf
seinem Rückzug starb und der nach der Angabe Strabons (VII,
1, 3)
zwischen Saale und
Rhein lag. Andere Lokalisierungsvorschläge sind der Herkenberg bei Fuhlen an der Weser die Gegend bei Höxter (FORBIGER Bd. 3, S. 295, Anm. 80) oder die Gegend bei Stendal (SCHÖNING, S. 35). Die von HANSEN vorgeschlagene Gleich (MEHLIS
1918,
S.
88),
setzung mit dem Siegesdenkmal, das der jüngere Drusus (Germanicus) nach der Schlacht bei Idistaviso im Jahre
16.
n. Chr. errichten ließ, ist unwahrscheinlich. Das Schlachtfeld
lag in Wesernähe, nach JOHNE (S.
189)
"auf dem rechten Ufer zwischen Minden und
Rinteln nördlich oder südlich der Porta Westfalica", und somit zu weit westlich für die angegebenen Koordinaten. Ferner spricht sich STECHE (S.
136)
gegen die Gleichsetzung
des von Ptolemaios genannten Siegesdenkmals des Drusus mit dem ebenfalls von Germa nicus im Jahre
16
n. Chr. errichteten Drususaltar (ara Drusi; s. Tacitus Ann. II,
7, 2)
aus.
(77) Luppia (griech. Louppia):
Die Lokalisierung
bei Bernburg a. d. Saale
er
folgte nach den transformierten antiken Koordinaten. Luppia wird im achten Buch der
6, 3) nach Amisia von Ptolemaios als zweite"bedeutende Stadt" (polis episemos) in Germania Magna genannt. MÜLLER und RASCH (S. 66) lokalisieren Luppia bei Lippstadt, MEHLIS (1918, S. 92) hingegen schließt einen Zusammenhang mit der Lip pe aus; in der BASEL-AUSGABE 2006 (Bd. 1, S. 233) wird er erneut erwogen. MEHLIS (1918, S. 93) identifiziert Luppia mit Luppenstede in der Diözese Hildesheim, einem Ort, der nach MEHLIS (a. a. 0.) im Jahre 1274 erwähnt wird, jedoch "seither verschollen" ist. SCHÖNING (S. 124) sucht Luppia bei Lindow in Ruppin, HANSEN vermutet eine Ver
"Geographie" (VIII,
bindung zu dem ursprünglich bei Merseburg in die Saale mündenden F luss Luppe westlich von Leipzig.
(78) Mesuium (Mersuium; griech. Mesouion, Mersouion): Nach STECHE 180) war Mesuium ein Handelsplatz der Angeln an der Elbe, gegenüber W ittenberge
(S.
oder weiter südlich. HANSEN sucht es an der Elbe zwischen Torgau und Dessau, WIL-
48
HELM (S. 286) identifiziert Mesuium mit Madgeburg. Die Analyse der antiken Koordina ten bestätigt eine Lokalisierung an der Elbe; danach könnte es, wie bereits von MÜLLER erwogen, bei Burg an der Elbe gelegen haben. Mesuium lag an einer bedeutenden West Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Aseiburgium), der bei Burg die Elbe überquerte. (79) Aregelia (Areletia): Die Lokalisierung bei Leipzig erfolgte nach den transfor mierten antiken Koordinaten. Nach STECHE (S. 181) war Aregelia ein Cheruskerort in dem "Landstrich an der Mulde oder der Elster", HANSEN (nach SIMEK) vermutet Arege lia bei Teplice/Teplitz; weitere Identifizierungsvorschläge sind Egeln, Artern, Torgau und Halberstadt (RGA); SCHÖNING (S. 125) setzt es bei Arensdorf (Kreis Lebus) und damit zu weit östlich an. (80) Calaegia ( Galaegia; griech. Kalaigia, Galaigia): Anhand der transformier ten antiken Koordinaten lässt sich Calaegia an der Elbe bei Riesa verorten. Nach STE CHE (S. 181) lag Calaegia auf dem linken Elbufer, eine genauere Lokalisierung gibt er jedoch nicht an. UKERT (S. 438) schlägt eine Lage am Zusammenfluss von Saale und Elbe vor, MÜLLER gibt eine Gleichsetzung mit Halle an der Saale an. (81) Lupfurdum (griech. Loupphourdon): Bei Lupfurdum handelt es sich offen sichtlich um einen F lussübergang, worauf das germanische Grundwort -furd- ("Furt") hin weist (vgl. RASCH, S. 160). Nach den antiken Koordinaten lässt sich ein Elbübergang im Raum Dresden oder etwas südlicher annehmen. Hier zeigt sich eine große Dichte germa nischer Fundstellen (vgl. SCHURBEIN, Abb. 7). Bereits MÜLLER verortete Lupfurdum in Elbnähe bei Lovosice. FÖRSTEMANN (S. 151) hingegen vermutete, es handele sich um einen Ort an der Luppe, vielleicht um Lübenwerda; nach WILHELM (S. 199) lag es in der Gegend von Leipzig. (82) Susudata (Susudana; griech. Sousoudata, Sousoudana): Susudata lässt sich anhand der antiken Koordinaten bei Fürstenwalde lokalisieren, wo die Spree schiff bar wird. Ähnliches vermutet STECHE (S. 158): "Susudana oder Susudata war ein Han delsplatz der Semnen und lag zwischen den Breitengraden von Berlin und Lübbenau. Die südliche Lage ist weniger wahrscheinlich; wahrscheinlich war der Ort ein Spreeübergang, etwa in der Gegend von Köpenick oder weiter östlich". Im Jahre 1938 wurden in F ürsten walde Reste einer germanischen Siedlung gefunden (LEUBE 1975, S. 83). PATZIG (S. 24) erklärt den Ortsnamen als germ. susutfn ("Saulache, Saustall", mhd. Sudde). Susudata war vermutlich eine Station an einer Verkehrsverbindung (Hellweg), die vom Westen bis ins Samland führte. (83) C olancorum (griech. Kolankoron, Kolankoron): Die bisher vorgeschlage nen Lokalisierungen von Colaneorum weichen stark voneinander ab. Während HANSEN es im Kessel von Liberec sucht, vermuten MÜLLER und RASCH (S. 43) Colaneorum bei Sulechüw/Züllichau, KVET/REHAK (S. 52) bei Zittau und SCHÖNING (S. 126) bei Lqbe/Lanken in Polen. PATZIG (S. 19) identifiziert Colaneorum mit der auf einer Spreein sel gelegenen Stadt Cölln, die später mit Berlin vereint wurde. Nach STECHE (S. 158) lag Colaneorum "in der heutigen Niederlausitz zwischen den Breitengraden von Spremberg und Lübben". Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann es bei Kostrzyn/Küstrin an der Mündung der Warthe in die Oder lokalisiert werden. Colaneorum lag somit vermut lich an einer Straßenverbindung (Hellweg), die vom Westen bis ins Samland führte. Bei der Namensform Colaneorum könnte es sich um einen lateinischen Genitiv Plural handeln. (84) Lugidunum (griech. Lougidounon): Nach UKERT (S. 438) und MÜLLER ist Lugidunum mit Legnica/Liegnitz gleichzusetzen (ebenso SCHÖNING, S. 126), HAN-
49
SEN sucht es bei Mlada Boleslav, KVET/REHAK (S. 50) lokalisieren es an der Kreuzung zweier Wege bei Bakov nad Jizerou/Bakow an der Iser. Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Lugidunum am Oderübergang bei Krosno Odrzanskie/Krossen. (85) Stragona: Wie bereits von STECHE (S. 158) angenommen, könnte es sich bei Stragona um einen Ort an der Neiße handeln. Anhand der transformierten antiken Koordi naten lässt es sich bei Görlitz lokalisieren. HANSEN und KVET /REHAK (S. 51) hingegen suchen es bei Dobfichov/Dobrichowitz (südwestlich von Podebrady/Podiebrad), MÜLLER und SCHÖNING (S. 126) sprechen sich für eine Gleichsetzung mit Strzegom/Striegau aus.
(86) Limis lucus (Limiosaleum; griech. Limios alsos, Limiosaleon): Da die ptolemäische Namensform des Ortes Limios alsos bzw. Limiosaleon lautet, vermutete man " " in ihrem zweiten Bestandteil das griechische Wort alsos, lat. lucus ( Hain ) , und deutete den Namen als "Hain von Limis" (so z. B. BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 233) . STE CHE (S. 153) hält es jedoch für "unwahrscheinlich, daß die römischen Händler mit ihren Lasttieren heilige Haine besuchten und dort Handel trieben". Sollte der griechische Namens bestandteil alsos in der Tat die Übersetzung des lateinischen Wortes lucus sein, das sich vielleicht in einem römischen Itinerarium fand, so könnte dieses vielmehr eine germanische Form wiedergeben, die etymologisch etwa "Lichtung im Wald" bedeutet (FINZENHAGEN, S. 25) . Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Limus lucus bei Siera kow/Zirke lokalisieren und könnte somit ein alter Übergang über die Warthe gewesen sein. STECHE (a. a. 0.) vermutet Limis lucus an einem Flussübergang über die Szprota wa/Sprotte in der Nähe von Szprotawa/Sprottau. Eine ältere Identifizierung setzt Limis lu cus mit Leszno/Lissa gleich (vgl. UKERT, S. 438) , das jedoch eher Leucaristus entsprechen dürfte (Nr. 88) . Nach HANSEN könnte der Ort am Oderübergang von Wrodaw/Breslau oder weiter nördlich bei Trzebnica/Trebnitz gelegen haben. Im RGA findet sich als weite rer Lokalisierungsvorschlag Sobütka/Zobten am Berge, nach KVET/REHAK (S. 52) lag Limis lucus bei Klodzko/Glatz. (8 7) Budorigum (griech. Boudorigon): Nach den transformierten antiken Koordi naten lässt sich Budorigum bei Glog6w /Glogau verorten. In Nosocice, das zur Gemeinde Glogow/Glogau gehört, wurden germanische Brandgräber gefunden, in Glogow im Jah re 1830 ein Münzschatz mit Denaren der Kaiser von Vespasianus bis Commodus (TIR M-33) . Weitere Identifizierungsvorschläge für Budorigum sind Brieg (vgl. UKERT, S. 438; MÜLLER; RASCH, S. 34) , die Gegend von Klodzko/Glatz (HANSEN) , Hradec Kralo ve/Königgrätz (KVET/REHAK, S. 52) , Bautzen und Nachod (vgl. RGA) . (88) Leucaristus (griech. Leukaristos): Die Lokalisierung bei Leszno/Lissa er folgte nach den transformierten Koordinaten. STECHE (S. 153) vermutet Leucaristus bei Krosno Odrzariskie/Krossen, MÜLLER bei Wrodaw /Breslau oder Lutynia/Leuthen. Der Ortsname Leucaristus ist illyrischen Ursprungs und wird von einem Personennamen Leu karos abgeleitet (KRAHE 1954, S. 102; vgl. Abschnitt 1.2.4) . (89) Arsonium (griech. Arsonion, Arsenion): Die Lokalisierung bei Ostrzes zow /Schildberg erfolgte nach den transformierten Koordinaten. MÜLLER vermutet Ar sani um bei Wieruszow an der Prosna. (90) Calisia (griech. Kalisia): Die Gleichsetzung von Calisia mit Kalisz/Kalisch wird in der Forschung schon seit längerem als relativ sicher angesehen (UKERT, S. 439; SADOWSKI, S. 57; MÜLLER; STECHE, S. 147; HANSEN, SCHÖNING, S. 140). Calisia ist wahrscheinlich eine Station an der Bernsteinstraße gewesen (vgl. KULAKOV, Fig. 8); es liegt an einem "uralten naturgegebenen Übergang über die Prosna" (STECHE, S. 147) auf 50
"dem bequemsten Wege, welcher zum Durchgange zwischen den Morästen der Warthe bei Konin führt" (SADOWSKI, S. 57f.). Zusätzlich zu der Namensähnlichkeit wird die Identifi zierung des ptolemäischen Calisia mit Kalisz durch die Entzerrung der antiken Koordinaten bestätigt. Der Ortsname weist einen illyrischen Ursprung auf (KRAHE 1954, S. 102).
(91) Setidava ( Getidava;
griech.
Setidaua, Getidaua):
Der Name Setidava oder
Getidava scheint dakischen Ursprungs zu sein (ZEUSS, S. 762; HANSEN; RASCH, S. 213; dagegen STECHE, S. 148). HANSEN lokalisiert den Ort in der Gegend des Warteübergan ges bei Kanin, was durch die Analyse der Koordinaten bestätigt wurde. Setidava/ Konin ist vermutlich eine Station der Bernsteinstraße gewesen, die von hier aus am Goplo-See vor bei entlang der Notec nach Inowroclaw zur Weichsel und weiter ins Samland geführt haben könnte (HENSEL, S. 171). SADOWSKI (S. 57) identifiziert Setidava mit Znin, STECHE (S. 148) sucht es bei Golina. 2.3.5.3 klima 3
(92) Alisum ( griech. Alison):
Nach der Angabe des Ptolemaios liegt Alisum etwas
östlich von Köln. Die transformierten antiken Koordinaten weisen auf die Gegend von Bergisch Gladbach. Bei der dort befindlichen Ringwallanlage könnte es sich um eine Höhenbefestigung der Sugamber handeln (HORN, S. 354). Da die Nutzung dieser Anlage jedoch in die erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr. datiert wird, war Alisum vielleicht eine in der Nähe gelegene Siedlung. MEHLIS (1918, S. 80) sieht einen Zusammenhang mit dem Fluss namen Als= Els und lokalisiert Alisum, ausgehend von der Entfernung zu Vetera/Xanten, bei Alsum (heute Stadtteil von Marxloh in Duisburg) am Einfluss des Eisbaches in den Rhein. Möglich ist auch ein Zusammenhang zwischen Alisum und dem von Tacitus ( Ann. II, 7) erwähnten Aliso, dem einzigen namentlich bekannten Römerlager im rechtsrheinischen Gebiet, oder mit dem von Dio Cassius (LIV , 33) erwähnten Fluss Elison, einen Nebenfluss der Lippe (vielleicht die Alme oder die Liesens, vgl. FORBIGER, Bd. 3, S. 239, Anm.*).
(93) Budoris ( griech. Boudoris):
WILHELM (S. 311) setzt Budoris mit Monheim
bei Köln gleich, MÜLLER mit dem linksrheinischen Büderich, MEHLIS (1918, S. 112f.) mit Burscheid. HANSEN lokalisiert Budoris zwischen Bonn und Siegburg. STECHE (S. 135) gibt aufgrund der stark abweichenden Breitenangaben (51
o
nach der 0-Rezension und
49° nach der S-Rezension) keine Identifizierung an. Die Analyse der antiken Koordinaten ergab, dass hinsichtlich der systematischen Verzerrungen in diesem Gebiet der Wert der 0-Rezension besser zu den Koordinaten der benachbarten Orte passt. Danach lässt sich Budoris am Drachenfels bei Bad Dürkheim verorten. WOLTERS (S. 61) vermerkt hierzu: "Das Ufer rechts des Rheins wurde von den römischen Soldaten als Übungsgelände und V iehweide genutzt. In der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts wird dort sogar eine römische Ziegelei bekannt, und Bodenschätze, wie Trachytsteine vom Drachenfels, wurden ebenfalls abgebaut."
(94) Mattiacum ( griech. Mattiakon):
Die transformierten antiken Koordinaten
lassen für Mattiacum eine Lokalisierung in der Gegend von Lahnau- Waldgirmes zu, wo seit 1993 die Reste einer römischen Zivilsiedlung ausgegraben und untersucht werden, die möglicherweise als künftiges Verwaltungszentrum einer geplanten römischen Provinz Ger mania dienen sollte. Die Stadt wurde jedoch noch in ihrer Gründungsphase wahrscheinlich im Jahre 9 n. Chr. im Zusammenhang mit der Niederlage im Teutoburger Wald aufgegeben (zu Lahnau-Waldgirmes u. a. BECKER/RASBACH). Daher könnte es sich bei Mattiacum 51
um eine germanische Siedlung in der Nähe von Lahnau-Waldgirmes handeln (eine Übersicht über die germanischen Fundstätten in diesem Gebiet bei SCHNURBEIN, Abb. 6 und 8); denkbar wäre z. B. Naunheim. Vielleicht lag Mattiacum in dem von Tacitus ( ann. XI, 20) erwähnten ager Mattiacus, dem Gebiet der germanischen Mattiaci, in dem die Römer nach Silberadern suchen ließen. (95) Artaunum ( griech. Artaunon): In Friedberg, wo sich Artaunum anhand der transformierten antiken Koordinaten lokalisieren lässt, befindet sich ein Limeskastell mit einem vicus von "überdurchschnittlicher Größe" (BAATZ/HERRMANN, S. 307) sowie ein gallo-römischer Tempel. Der Ort lag an einem Knotenpunkt, an dem die Straßen aller wichtigen Kastelle der nördlichen Wetterau zusammenliefen und in die Verbindungsstraße zur Provinzhaupstadt Mogontiacum/ Mainz mündeten (BAATZ/HERRMANN, S. 306ff.). Möglicherweise ist der Name Artaunum eine Verschreibung für Ad Taunum, was der Name dieses Kastells gewesen sein könnte. Nach BACH (Bd. 11/1, S. 23) ist die überlieferte Namensform eine Verderbnis von Arx Taunon. Bereits UKERT (S. 444) bringt Artaunum mit dem Taunus in Verbindung. Neben Friedberg kommt auch Bad Nauheim1 für eine Lokalisierung von Artaunum in Frage. PATZIG (S. 27f.) identifiziert Artaunum mit der Saalburg. (96) Novaesium ( griech. Nouaision, Nauaision): Gegen eine Gleichsetzung die ses Ortes mit dem römischen Legionslager von Neuß bei Düsseldorf am linken Rheinufer (so CAPELLE, S. 449; SCHÖNING, S. 131; HANSEN u. a.) sprechen die von Ptolemai os angegebenen Koordinaten. Beispielsweise beträgt die Längen-Differenz zu Köln fast 4 UKERT (S. 444) verortet Novaesium deshalb nordöstlich von Marburg oder bei "Schloß Nieuhus an der Mönne bei Neheim". Diesem letzten Vorschlag folgt MEHLIS (1918, S. 110) und setzt Novaesium mit Neheim an der Vereinigung von Möhne und Ruhr gleich, wobei er auch einen namentlichen Zusammenhang vermutet; STECHE (S. 161) sucht es bei War burg an der Diemel. Bereits MANNERT (S. 566) lokalisiert Novaesium an der Fulda, wohin auch die transformierten antiken Koordinaten weisen; nach ihnen könnte es bei Melsun gen an der Fulda (Schwalm-Eder-Kreis) gelegen haben. Das Tal der Fulda war "ein alter naturgegebener Verkehrsweg" (STECHE, S. 160). Neben der Namensform Nouaision, die dem lat. Novaesium entspricht, ist auch die Les art Hauaision überliefert. Möglicherweise ist dies die ursprüngliche Namensform, die im Zusammenhang mit dem im Schwalm-Eder-Kreis mehrfach erscheinenden Ortsnamen Nau sis stehen könnte. So lässt sich das ptolemäische Novaesium anhand der transformierten antiken Koordinaten auch bei dem Spangenherger Ortsteil Nausis verorten (vgl. PATZIG, S. 29). Die auffallende Namensgleichheit des von Ptolemaios erwähnten germanischen Ortes mit dem linksrheinischen Römerlager Novaesium / Neuß könnte ihre Ursache darin haben, dass bei der schriftlichen Fixierung des germanischen Ortsnamens seitens der Römer eine Anlehnung an einen ihnen bekannten Namen erfolgte (vgl. Abschnitt 1.2.4). Ähnliches kann auch durch einen späteren Abschreiber des Ptolemaios-Textes geschehen sein. Nach KRA HE ist der Ortsname von Novaesium/ Neuß vielleicht von einem Personennamen abgeleitet (KRAHE 1954, S. 126). (97) Melocabus ( griech. Melokabos ): Ebenso wie Novaesium (Nr. 96) könnte Melo cabus ein Ort an einem Verkehrsweg im Fuldatal gewesen sein, wo es sich bei Bad Hers feld lokalisieren lässt. PATZIG (S. 29) verweist auf den dicht bei Bad Hersfeld liegenden o .
1
Zu dieser Identifizierung danken wir für einen Hinweis Herrn Dr. Frank Ausbüttel
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( Frankfurt
a.
M.).
kleinen Ort Malkuß, dessen Name von Melocabus abgeleitet sein könnte (STECHE S. 160). Auch SCHÖNING (S. 132) lokalisiert Melocabus in der Nähe von Bad Hersfeld, bei Meklar an der Fulda. (98) Gravionarium ( Gavonarium; griech. Grauionarion, Gauonarion): Die von STECHE (S. 161) vorgeschlagene Gleichsetzung mit dem an der Kinzig gelegenen Schlüchtern ließ sich durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigen. Die Kinzig wurde bereits zur Römerzeit als Verkehrsweg genutzt, denn sie war für kleinere, flache Transportkähne schiffbar (BAATZ/HERRMANN, S. 468). Flussaufwärts von Schlüchtern liegt das römische Limeskastell von Rückingen, wo sich sicherlich eine Anlegestelle am Kinzigufer befand (BAATZ/HERRMANN, S. 468). PATZIG (S. 29) vermutet wegen der Namensähnlichkeit einen Zusammenhang von Gravionarium mit Grebenau (etwa 26 km nordwestlich von Fulda). Auch MEHLIS (1918, S. 104-106) verortet Gravionarium bei Gre benau. Er erwähnt (S. 104) die günstige Lage dieses Ortes, da sich hier "die natürlichen Straßen zur Wetterau nach SW, zur Fulda und Kinzig nach 0 und SO, gen Niederhessen und den Winkel zwischen Fulda und Schwaben nach N scheiden und vereinen". Nach den transformierten antiken Koordinaten wäre eine Lokaliserung von Gravionarium bei Gre benau ebenfalls möglich. Die von SCHÜTTE (1952, S. 250) vorgeschlagene Gleichsetzung von Gravionarium mit dem in der Tab. Peut. verzeichneten Ort Grinario, das mit Köngen identifiziert wird (vgl. PLANCK, S. 149), lässt sich nicht bestätigen, da Grinario/ Köngen zu weit südlich liegt. (99) Locoritum ( griech. Lokoriton): Die häufig vorgeschlagene Identifizierung mit Lohr an der Mündung der Lohr in den Main (z. B. MÜLLER; RASCH, S. 65; MAlER, S. 88) kann durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Möglich wäre danach aber auch eine Lokalisierung bei Neustadt am Main2. Nahe Neustadt befindet sich auf dem Gaiberg eine vorgeschichtliche Abschnittsbefestigung sowie eine Furt über den Main. STECHE (S. 160) hingegen vermutet in Locoritum einen "Handelsplatz und Grenzübergangsort" am Main zwischen Wörth und Aschaffenburg; SCHÖNING (S. 133) verortet Locoritum bei Rotheuburg ob der Tauber, MENHOFER setzt es mit Forchheim gleich. Der Ortsname Locoritum enthält das keltische Element ritu- ("Furt"; KRAHE 1954, S. 125). (100) Segodunum ( griech. Segodounon): Die römische Siedlung Bad Wimpfen, mit der sich Segodunum identifizieren lässt, war vermutlich der Hauptort der civitas Alisi nensium (vgl. PLANCK, S. 23). Bereits STECHE (S. 159) lokalisiert Segodunum in um mittelbarer Nähe von Bad Wimpfen bei dem römischen Kastell von Heilbronn-Böckingen (vgl. PLANCK, S. 120f.) oder bei dem Kastell von Bad Cannstatt (vgl. PLANCK, S. 327331). PATZIG (S. 27) identifiziert Segodunum mit Siglingen an der Jagst. Der keltische Ortsname Segodunum bedeutet "Siegburg" (RASCH, S. 132; vgl. MAlER, S. 109). Ein wei teres Segodunum findet sich im südfranzösischen Segodunum/Rodez (GH II, 7, 21) sowie in dem von Ptolemaios nicht erwähnten Segodunum / Suin (Bourgogne) und in der Form Segedunum als Name des römischen Kastells von Wallsend in Northumberland. (101) Devona ( griech. Deouona): Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann Devona bei Crailsheim an der Jagst verortet werden. Aufgrund der Namensform identifizieren MÜLLER, RASCH (S. 47) und MAlER (S. 46f.) Devona mit Dewangen bei Aalen. Die Analyse der antiken Koordinaten lässt auch diese Identifizierung möglich 2Zu dieser Identifizierung danken wir für einen Hinweis Herrn Klaus Weyer (Neustadt am Main).
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erscheinen. Nach MAlER (a. a. 0.) handelt es sich bei dem keltischen Ortsnamen Devona ursprünglich wohl um die Bezeichnung einer Quelle oder eines Flusses. Ähnliche Namens formen finden sich auch beim schottischen Ort Devana (GH II, 3, 15; Identifizierung un sicher) sowie beim südwestfranzösischen Ort Divona/Cahors (GH II, 7, 11). HANSEN setzt Devona dem oppidum von Finsterlohr gleich, STECHE (S. 174) lokalisiert Devona am Südende der Mainschleife bei Marktbreit und Ochsenfurt, SCHÖNING (S. 134) bei Donauwörth. (102) B ergium (griech. Bergion): Die Analyse der antiken Koordinaten spricht für die vorgeschlagene Gleichsetzung von Bergium mit dem Schwanberg bei lphofen (s. RGA). Möglich wäre jedoch auch eine Lokalisierung bei Marktbreit. An einer Main furt gelegen, befand sich bei Marktbreit das östlichste Römerlager im rechtsrheinischen Germanien (WAMSER 1991; CZYSZ, S. 475-479). Bergium könnte entweder der Name dieses Lagers sein, den Ptolemaios in den Aufzeichnungen der Feldzüge aus augusteischer Zeit gefunden hat, oder eine germanische Siedlung in der Nähe dieses Lagerstandortes. MÜLLER und HANSEN vermuten Bergium bei Bamberg, nach STECHE (S. 174) ist eine Gleichsetzung mit einem heutigen Ort nicht möglich, SCHÖNING (S. 134) verortet Ber gium bei Nürnberg. Ob der Name Bergium germanischen oder keltischen Ursprungs ist, lässt sich nach RASCH (S. 192f.) nicht entscheiden. (103) Menosgada (Menostada; griech. Menosgada, Menostada): Der erste Namensbestandteil wird mit dem antiken Flussnamen des Mains, Moenus, in Verbindung gebracht (RASCH, S. 214; vgl. MEHLIS 1915, S. 325: Menostada "Mainstadt") und daher eine Identifizierung von Menosgada mit dem keltischen oppidum auf dem Staffelberg bei Staffelstein vorgeschlagen (REINECKE, S. 36). HANSEN vermutet Menosgada am Zu sammenfluss von Weißem und Rotem Main. Gegen eine Lokalisierung am Main spricht sich S TECHE (S. 175f. ) aus, der in Menosgada einen Egerübergang, vielleicht in der Nähe von Eger, sieht (S. 175f.; ebenso KVET/REHAK, S. 51). Der Main wird von Ptolemaios nicht erwähnt. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Menosgada bei Hallstadt am Main lokalisieren. (104) Bicurgium ( griech. Bikourgion): Die Identifizierung von Bicurgium gestaltet sich äußerst schwierig, denn die überlieferten Breitenangaben weichen stark voneinander ab: 51°15' (0-Rezension) und 49° (3-Rezension). Der erste Wert ergab sich bei Analyse der antiken Koordinaten in Verbindung mit einer Verortung von Bicurgium im Raum von Jena als der wahrscheinlichere. Östlich von Jena liegt Bürgel, das PATZIG (S. 30) für Bicurgium hält. MÜLLER vermutet Bicurgium bei Erfurt. Nach GRASSELT (S. 154) sind mit dem Namen Bicurgium die beiden Gleichberge bei Römhild in Südwestthüringen bezeichnet. Auf dem Kleinen Gleichberg befindet sich die Steinsburg, eine befestigte Höhensiedlung, die jedoch bereits kurz nach der Mitte des 1. Jh. v. Chr. aufgegeben wurde (GRASSELT, S. 155). Ferner wird Bicurgium mit dem oppidum Haubirg bei Happurg identifiziert (RGA). (105) Marobudum (Marobunum; griech. Maroboudon, Marobounon): Ähn lich wie bei Bicurgium (s. Nr. 104) ist die Lokalisierung von Marobudum äußerst schwierig; auch hier sind unterschiedliche Breitenwerte überliefert, und zwar in umgekehrter Reihen folge wie bei Bicurgium: 49° (0-Rezension) und 51°15' (3-Rezension). Marobudum wurde mit dem Namen des berühmten markomannischen Herrschers Marbod in Verbindung ge bracht (UKERT, S. 444) und deshalb in Böhmen gesucht; nach UKERT (S. 444; ebenso FORBIGER, Bd. 3, S. 303, Anm. 99) lag es bei Ceske Budejovice/Budweis, nach MÜLLER, MEHLIS (1915, S. 325) und KVET/REHAK (S. 51) bei Frag oder Plzen/Pilsen. S TECHE 54
(S. 175) hingegen bestreitet einen Zusammenhang mit dem Namen Marbods und vermutet, dass es sich bei Marobudum um einen Handelsplatz im Vogtland gehandelt haben könnte; SCHÖNING (S. 136) verortet es bei Meeraue in Sachsen. Auch die Entzerrung der antiken Koordinaten spricht gegen eine Lage in Böhmen. Danach könnte Marobudum bei Am berg gelegen haben. Nach BERGER (S. 37) entstand Amberg "in karolingischer Zeit als Kaufmannssiedlung am Übergang der Fernhandelsstraße Nürnberg-Prag über die damals schiffbare Vils". Möglicherweise befand sich an diesem Flussübergang bereits in älterer Zeit ein Handelsplatz. (106) Redintuinum (Redinguinum; griech. Rhedintouinon, Rhedingouinon): Nach den transformierten antiken Koordinaten könnte Redintuinum bei Louny/Laun an der Eger gelegen haben. MÜLLER verortet es bei Brandys nad Labem-Stara Bo leslav/Brandeis; SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) identifiziert Redintuinum mit dem oppi dum Trisov nördlich von Cesky Krumlov/Böhmisch Krumau oder mit der Siedlung bei Prest'ovice westlich von Strakonice/Strakonitz. (107) Nomisterium ( griech. Nomisterion): Die Lokalisierung bei Litomefice/ Leitmeritz an der Elbe gegenüber der Mündung der Eger erfolgte nach den transformier ten antiken Koordinaten. MÜLLER vermutet Nomisterium bei Mimon/Niemes, SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) bei Zaluzany, 65 km südlich von Frag. (108) Meliodunum (griech. Meliodounon): Die Identifizierung von Meliodunum (kelt. vielleicht "dunkle Burg") mit Pisek erfolgte nach den transformierten antiken Ko ordinaten. Danach wäre auch eine Lokaliserung bei Prest'ovice möglich, wo sich germa nische Siedlungsspuren befinden (TIR M-33, S. 179) . STECHE (S. 155) sucht es in der Nähe von Pardubice/Pardubitz, "wo der von Norden her an der Elbe entlang laufende Weg den Fluß verließ und nach Süden weiterging". Nach FREISING (Karte), der versucht, den Verlauf der Bernsteinstraße anhand der für die Straßentrassierung günstigen Faktoren zu rekonstruieren, lag Meliodunum an der Mährischen Pforte, nach HANSEN im Gebiet von Brno/Brünn, nach KVET/REHAK (S. 51) bei Sobeslav/Sobieslau. (109) Casurgis (griech. Kasourgis): Nach den transformierten Koordinaten lässt sich Casurgis bei Prag lokalisieren. Das Gebiet um Frag ist reich an römischen und germanischen Funden (vgl. TIR M-33). MÜLLER und RASCH (S. 39) vermuten Casurgis bei Caslav/Caslau, STECHE (S. 158) bei Dvur Kralave nad Labem/Königinhof an der Elbe, KVET /REHAK (S. 52) bei Rataje nad Sazavou/Rattay. (110) Strevinta (Strevintia; griech. Streouinta, Streouintia): Die Lokalisierung bei Hfimezdice/Wermeritz an der Moldau erfolgte nach den transformierten antiken Koordinaten. Nach STECHE (S. 155) lag Strevinta bei Jaromer/ Jermer, wo die Mettau in die Elbe mündet, nach FREISING (Karte) bei Olava/Orlau. HANSEN lokalisiert es entwe der bei Skalice nad Svitavou/Skalitz an der Zwittawa, 30 km nördlich von Brno/Brünn, bei dem keltischen oppidum Stare Hradisko oder bei Chornice. KVET /REHAK (S. 51) identi fizieren Strevinta mit Velky Blanik. Der Ortsname Strevinta ist illyrischen Ursprungs und deutet auf die Lage an einem Wasserlauf hin (KRAHE, 1954, S. 103). In Htimezdice selbst wurde bisher ein Denar aus der Zeit Vespasians an einer Brücke gefunden (TIR M-33, S. 149). (111) Hegitmatia (Hegetmatia, Egitmatia, Iligmatia): Bei Ohnist'any, wo sich Hegitmatia lokalisieren lässt, wurden germanische Brandgräber entdeckt (TIR M-33, S. 171). Möglich wäre auch die von MÜLLER vorgeschlagene Identifizierung mit Jicin/ Gitschin. Nach KVET/REHAK (S. 51) entspricht Hegitmatia Koufim/Gurim. 55
(112) Bud orgis (griech. Baudargis): Die Lokalisierung bei Kolin erfolgte nach den transformierten Koordinaten. Der BARRINGTON-ATLAS gibt für Kolin eine Siedlung in römischer Zeit an. Nach KVET/REHAK (S. 52) lag Budorgis zwischen Caslav/Tschaslau und Ronov nad Doubravou/Ronow an der Doubrawa, MÜLLER und RASCH (S. 34) ver muten es bei Pardubice/Pardubitz, im RGA finden sich als weitere Lokalisierungsvorschläge u. a. Podmokly-Decin/Bodenbach, Wroclaw/Breslau, Nachod und der Iglauer Berg an der Sazava. SADOWSKI (S. 63) hält Budorgis für Havlfckuv Brod/Deutsch Brod an der Saza va. Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRAHE 1954, S. 102). (113) Eburum (griech. Ebouron ): Von MÜLLER, RASCH (S. 49) und HANSEN wird der Ortsname für eine Doublette von Eburodunum (Nr. 133) gehalten und ange nommen, die unterschiedlichen Namensformen und Positionsangaben für denselben Ort stammten aus verschiedenen Itinerarien. Da aber keltische Ortsnamen mit dem Bestand teil Eburo- häufiger sind (vgl. SIMS-WILLIAMS: Eburum, Eburacum, Eburodunum, Ebu robriga, Eburomagus etc.), ist eine derartige Annahme nicht notwendig. Nach den trans formierten Koordinaten lag Eburum bei Hradek/Erdberg, wo eine germanische Siedlung nachgewiesen werden konnte (TIR M-33, S. 149). Anhand der Koordinaten ist auch eine Lokalisierung bei Prosimefice/ Proßmeritz möglich, wo sich ebenfalls eine germanische Siedlung befand (TIR M-33, S. 179). Nach KVET/REHAK (S. 52) entspricht Eburum Blucina oder Brnoj Brünn. Weitere Identifizierungsvorschläge sind Vehrad (an der March), Hostyn/Hostein, Ovar (an der Waag) und das Gebiet von Predmost (RGA). (114) Arsicua (griech. Arsikoua): Die Analyse der antiken Koordinaten hat erge ben, dass Arsicua bei Mistelbach an der Zaya gelegen haben könnte. SIMONYI loka lisiert es bei Oszlany/Ohreslahn, KVET/REHAK (S. 52) bei Nitra (s. a. RGA), weitere Identifizierungsvorschläge sind Zitava und Kremnica/Kremnitz (RGA). (115) Parienna: Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Parienna bei Breclav/Lundenburg. SIMONYI lokalisiert es bei Nitrianske Pravno (Slowakei; unga rische Namensform Nemetprona), STECHE (S. 145) bei Vsetfn/Wesetin oder Valaßske Mezirfcf/Wallachisch Meseritsch, KVET/REHAK (S. 52) bei Topol'cany/Topoltschan im oberen Nitratal (Slowakei) oder bei Banovce nad Bebravou/Banowitz (Slowakei). (116) Setuia (Setovia; griech. Setouia): Komofany/Kommern ist als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit und als germanische Siedlung (1./2. Jh.) belegt (Archeo logicky Atlas, Karte 47; TIR M-33). Anhand der transformierten antiken Koordinaten ließe sich Setovia auch bei Menin lokalisieren; in Menin wurde ein germanisches Gräberfeld ge funden (TIR M-33, S. 164). Nach KVET/REHAK (S. 52) entspricht es Trencfn/Trentschin, SIMONYI sucht es in der Nähe von Kysucke Nove Mesto/Kischützneustadt, STECHE (S. 145) im Waagtal (weitere Identifizierungsvorschläge bei FORBIGER, Bd. 3, S. 301, Anm. 94). Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRAHE 1954, S. 102), ein weiteres Setouia gibt es in Dalmatien (heute Susanj bei Sinj, BARRINGTON-ATLAS). (117) Carrodunum (griech. Karradaunon): Die Lokalisierung von Carrodunum (kelt. "Wagenburg") bei Rymafov /Römerstadt an der Straße von Olomouc/Olmütz nach Racibürz/Ratibor folgt einem Vorschlag von SADOWSKI (S. 61). Ob der deutsche Na me " Römerstadt" in einem Zusammenhang mit einer antiken Siedlung steht, bleibt offen. Weitere Lokalisierungsvorschläge sind: Krapkowice/Krappitz (MÜLLER; RASCH, S. 38), Hostyn (HANSEN; KVET/REHAK, S. 52); Zarnowice (FORBIGER, Bd. 3, S. 299, Anm. 91; MÜLLER). SCHÖNING (S. 140) sucht Carrodunum zu weit östlich bei Czeladz. Wei tere Orte des Namens Carrodunum/Karrodounon erwähnt Ptolemaios in Vindelicia (GH 56
II, 12, 8), Pannonia Superior (GH II, 14, 5) und im europäischen Sarmatia (GH 111, 5, 30). (118) Asanca ( Osanda; griech. Asanka, Osanda): Kojetin, wo sich Asanca lokalisieren lässt, ist als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit (1./2. Jh.) belegt (Archeologicky Atlas, Karte 47). Von MÜLLER, SADOWSKI (S. 61) und RASCH (S. 78) wird Asanca mit Olomouc/Olmütz gleichgesetzt, von KVET /REHAK (S. 52) mit Uherske Hradiste/Ungarisch Hradisch. STECHE (S. 145) lokalisiert Asanca bei Trencfn/Trentschin im mittleren Waagtal (Slowakei). Die griechische Transkription des Ortsnamens als Asanka, die eine dem Lateinischen -nc- entsprechende Konsonantenfolge -nk- ( -vt>,-) anstatt der im Griechischen üblichen Schreibung mit Nasallaut -gk- (-!t>,-) aufweist, deutet darauf hin, das der Ortsname einer römischen Quelle entnommen ist. 2.3.5.4 klima 4
(119) Tarodunum (griech. Tarodounon, Taroudonon): Die bis in die Jahre zwi schen 1815 und 1818 (s. NIERHAUS, S. 479, Anm. 13) zurückreichende Gleichsetzung von Tarodunum mit Zarten (so auch STECHE, S. 163; RASCH, S. 95), die aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit des Namens erfolgt ist, konnte durch die Analyse der Koordinaten nicht bestätigt werden. Diese deuten vielmehr auf Riegel am Kaiserstuhl. Riegel lag an der Kreuzung zweier Verkehrsrouten, von denen die eine rheinabwärts führte, die andere von Gallien an die obere Donau; in der Nähe befanden sich zwei Rheinübergänge. Riegel war Standort römischer Militärlager und nach Abzug des Militärs eine Siedlung, die im frü hen 2. Jh. vermutlich zum Hauptort einer civitas wurde (PLANCK, S. 275). Spuren einer früheren keltischen Besiedlung könnten den keltischen Namen Tarodunum erklären. Der heutige Ortsname von Riegel wird in Verbindung mit der Existenz eines kleinen, spätanti ken Verwaltungsbezirkes (regula) gebracht (PLANCK, S. 278). (120) Arae Flaviae (griech. Bomoi Phlauioi): Mit der Erwähnung von Arae Fla viaejRottweil, das im Jahre 73/74 angelegt wurde, ist ein terminus post quem und damit ein Hinweis gegeben, dass Ptolemaios auch Informationen aus flavischer (oder späterer) Zeit verwendet hat. (121) Riusiava (griech. Rhiousiaoua): Dieser Ort könnte in Zusammenhang mit dem Heidengraben bei Grabenstetten im Kreis Reutlingen stehen (vgl. NIERHAUS, S. 493), worauf auch die Analyse der antiken Koordinaten hindeutet. Allerdings wurde dieses oppidum, das zu den größten keltischen Siedlungen Mitteleuropas gehörte, wohl im 1. Jahrhundert v. Chr. aufgegeben. SCHÖNING (S. 145) lokalisiert Riusiava bei Reutlin gen; dort in der Nähe verlief die römische Straße von Sumelocenna/Rottenburg nach Gri nario/Köngen (PLANCK, S. 267). Weitere Identifizierungsvorschläge für Riusiava sind das Kastell Rißtissen wegen angenommener Namensähnlichkeit zwischen Riusiava und der Riß (vgl. NIERHAUS, S. 491) sowie die Gegend von Nördlingen (MÜLLER; RASCH, S. 84). SIMEK (s. HANSEN ad loc.) vermutet, dass es sich bei Riusiava um Vindonissa/Windisch an der Einmündung der Reuß in die Aare handeln könnte. Der Umstand, dass Vindonis sa/Windisch südlich der Donau liegt, Riusiava nach den Angaben des Ptolemaios jedoch nördlich davon, wäre hierbei insofern erklärlich, als dass Ptolemaios den obersten Lauf der Donau nach Süden verschoben hat.
57
(122) Alcimoennis (Helcimoennis; griech. Alkimoennis, Helkimoennis): Be reits ZEUSS (S. 13) und danach MÜLLER und STECHE (S. 173) nahmen einen Zusam menhang zwischen dem Ortsnamen Alcimoennis und dem Flussnamen der Altmühl an, der allerdings erst seit 793 als Alcmona belegt ist (EGLI, S. 30). Daher wurde Alcimoennis mit dem oppidum auf dem Michelsberg bei Kelheim identifiziert (NIERHAUS, S. 493ff.). SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) hält Alcimoennis für das spätkeltische oppidum Gelbe Bürg bei Dittenheim am Rande des Altmühltals, nahe dem Kastell Gunzenhausen. Durch die Analyse der antiken Koordinaten ließen sich diese Identifizierungen jedoch nicht bestätigen. Ferner macht der Umstand, dass der Ortsname auch in der Form Helcimoennis überliefert ist, einen Zusammenhang mit der Altmühl nicht zwingend erforderlich. Nach den trans formierten antiken Koordinaten könnte Alcimoennis vielmehr Sontheim an der Brenz entsprechen. Hier wurde um 100 an der römischen Fernstraße, die die Provinzhauptstädte Augusta Vindelicorum (Augsburg) und Mogontiacum (Mainz) verband, eine Straßenstati on angelegt, deren Siedlung in der Folge mehrfach erweitert wurde. In der Mitte des ersten Jahrhunderts begann in der Nähe der Abbau von Kalkstein (PLANCK, S. 321ff.). Fraglich bleibt, ob der Ortsname Alcimoennis vom lateinischen Wort moenia "Mauern, Befesti gung" abgeleitet ist (vgl. HANSEN). Vielleicht ist eher an einen Zusammenhang mit dem in Gewässernamen auftretenden Suffix -mana, -mannia, -menni (a) , -minni u.ä. zu denken (vgl. BACH, Bd. 11/1, S. 156). (123) Cantioebis ( griech. Kantioibis): Cantioebis wird von MÜLLER mit dem Limeskastell von Gunzenhausen gleichgesetzt (s. a. RGA), STECHE (S. 173) vermutet, dass es sich um einen dicht bei Gunzenhausen liegenden "Handelsplatz des ersten freien Germanenstammes" handeln könnte. Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Cantioebis bei Aalen, wo sich das größte Steinkastell am obergermanisch-rätischen Li mes befand. Allerdings wird eine Entstehungszeit um 160 angenommen (BAATZ, S. 257; PLANCK, S. 16), so dass Ptolemaios, sollte es sich bei Cantioebis um Aalen handeln, hier seinerzeit sehr aktuelle Informationen verwendet haben müsste. Da auch der moderne Na me Aalen möglicherweise vom Namen der dort stationierten ala milliaria (tausend Mann starkes Reiterregiment) abgeleitet ist (BAATZ, S. 257; PLANCK, S. 16), handelt es sich bei Cantioebis vielleicht um eine Siedlung in der Nähe des Kastells von Aalen. (124) Bibacum ( griech. Bibakon): Die Lokalisierung bei Finningen erfolgte nach den transformierten Koordinaten. F inningen liegt an einer römischen Straße, die Augus ta Vindelicorum / Augsburg und Mogontiacum / Mainz verband (CZYSZ, S. 367). SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) identifiziert Bibacum mit dem Limeskastell von Theilenhofen, nach STECHE (S. 173) war es ein römisches Grenzkastell zwischen Gunzenhausen und Treucht lingen. MÜLLER identifiziert Bibacum mit dem römischen Kastell von Biburg (Pförring). (125) Brodeltia (Prodentia, Brodentia): Die Lokalisierung in der Gegend von Donauwörth erfolgte nach den transformierten Koordinaten. Donauwörth liegt an der Via Claudia Augusta und an einem alten Flussübergang (vgl. CZYSZ, S. 532). HANSEN vermutet Brodeltia in der Gegend von Cham am Zusammenfluss von Chamb und Regen, ebenso KVET/REHAK (S. 51) . (126) Setuacotum (griech. Setouakoton): Die Lokalisierung erfolgte nach den transformierten Koordinaten. In Treuchtlingen finden sich Spuren römischer und even tuell keltischer Besiedlung (BIERL, S. 523f.; CZYSZ, S. 524f.) . HANSEN vermutet es an der Einmündung der Schwarzach oder der Pfreimd in die Naab, STECHE (S. 176) etwa in der Mitte des Naabtals. Nach SCHÜTTE (1952, S. 251; vgl. RASCH, S. 219) handelt 58
es sich bei dem Ortsnamen um eine verderbte Form, die dem Septemiacum der Tab. Peut. entspricht. (127) Usbium ( Vebium; griech. Ousbion, Ouebion) : Die Gegend von Linz ist seit keltischer Zeit besiedelt, das dort befindliche römische Kastell (erstmals in der No titia dignitatum, Occidens XXXIV, 33, als Lentia erwähnt) wurde zur Zeit der Marko mannenkriege angelegt, um die Verbindung über die Donau zu sichern. Usbium könnte in der Nähe von Linz, Steyregg oder Mauthausen gelegen haben (vgl. STECHE, S. 176; KVET/REHAK, S. 51). Nach SIMEK (s. HANSEN ad loc.) war es an der Mündung der Aist, auf der germanischen Seite eines Donauüberganges, der Anfangsort eines Verkehrs weges. (128) Abiluum (griech. Abilouon, Abilaunon) : Durch Transformation der antiken Koordinaten ergab sich die Verortung bei Freistadt, wo es auch KVET/REHAK (S. 51) lokalisieren. Nach HANSEN lag es an der Naarn bei Perg. (129) Furgisatis ( Frurgisatis; griech. Phourgisatis, Phrourgisatis ) : Die Loka lisierung bei Ceske B udejovice/Budweis erfolgte durch Transformation der antiken Koor dinaten. HANSEN vermutet F(r)urgisatis an der Wasserscheide zwischen Naarn und Kamp am Weinsherger Wald, nach KVET/REHAK (S. 51) entspricht es dem oppidum Ttfsov (vgl. RGA), STECHE (S. 181) gibt nur allgemein eine Lage an der Moldau an. (130) Coridorgis ( Condorgis; griech. Koridorgis, Kondorgis) : Die Lokalisie rung in der Gegend von Jihlava/Iglau erfolgte durch Transformation der antiken Koor dinaten. HANSEN verortet Coridorgis etwas weiter westlich, d. h. an der oberen Luzni ce/Lainsitz, KVET/REHAK (S. 51) ähnlich bei Sevetfn an der Luznice. Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRAHE 1954, S. 102). (131) Mediolanium (griech. Mediolanion, Medoslanion) : Nach KVET/REHAK (S. 52) lag Mediolanium (zum Ortsnamen vgl. Nr. 65) bei Korneuburg, wofür auch die transformierten antiken Koordinaten sprechen. Möglich wären auch die von MÜLLER und STECHE (S. 155) erwogene Identifizierung mit Walkersdorf am Nordrand der Donauaue und die von HANSEN vorgeschlagene Gleichsetzung mit dem keltischen oppidum auf dem Oberleiserberg. Trifft die letzte Annahme zu, deutet dies auf eine Nutzung des Platzes durch Germanen oder Römer im 1. oder 2. Jahrhundert hin. (132) Felicia (griech. Phelikia, Philekia, Philikia) : Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann Felicia bei Vyskov/Wischau verortet werden; möglich wäre auch eine Lokalisierung bei Dobrockovice, wo die Reste einer germanischen Siedlung sowie ein Schatzfund römischer Goldmünzen entdeckt wurden (TIR M-33). FREISING (Karte) sucht Felicia aufgrund seiner Untersuchung zur Straßentrassierung ebenfalls in dieser Region, d. h. bei Olomouc/Olmütz an der March. KVET/REHAK (S. 52) identifi zieren es mit Horn in Österreich; RASCH (S. 123) vermutet, dass das ptolemäische Felicia mit dem Ort Loco felicis des Itin. Ant. (234, 3 und 248, 6) identisch sein könnte und des halb auf das südliche Donauufer nach Noricum versetzt werden müsste; MÜLLER hält Felicia für Policka/Politschka, STECHE (S. 155) vermutet es in der Nähe von Havlfckuv Brod/Deutsch Brod; HANSEN führt die Identifizerung mit Musov/Muschau an, das heute jedoch durch einen Stausee überflutet ist. Nach PATZIG (S. 39) ist zu dem Ortsnamen Felicia das lateinische Wort castra zu ergänzen; danach handelte es sich bei Felicia um ein römisches Militärlager; STECHE (S. 155) hingegen hält die Lesart Philikia für die richtige Form des Ortsnamens und bestreitet einen lateinischen Ursprung. 59
(133) Eburodunum (griech. Ebourodounon, Rhebourodounon, Rhobodounon): Dieser Ort wird im achten Buch der "Geographie" unter den drei "bedeutenden Städten" Germaniens (poleis episemoi) genannt. S TECHE (S. 127 u. ö.) favorisiert die Namens form Rhebourodounon, auch CUNTZ (S. 69) hält sie für die möglicherweise korrekte Les art. Von MEHLIS (1915, S. 325), S TECHE (S. 155), RASCH (S. 49) und FREISING (Karte) wird Eburodunum mit Brno/Brünn gleichgesetzt, das als germanische Siedlung der frühen Kaiserzeit belegt ist (vgl. DROBERJAR) und vermutlich eine Station an der Bernsteinstraße gewesen ist (vgl. KULAKOV, Fig. 8). SIMEK (nach HANSEN ad loc.) lokalisiert Eburodunum auf der mährischen Seite der Weißen Karpaten, nordöstlich von Uhersky Brod/Ungarisch Brod, wo das Gebirge über den Vlaxa-Pass überschritten werden kann. Weitere Identifizierungen für Eburodunum sind u. a. Musov/Muschau, das Gebiet von Drosing, Hradisch an der March, der Stillfried und der Oberleiserberg (RGA). (134) Anduaetium (griech. Andouaition): RASCH (S. 179) sieht in dem Orts namen Anduaetium ein illyrisches Grundelement andu-, nach Krahe (KRAHE 1954, S. 102) gehört er zu einem illyrischen Personennamen. Auffällig ist das mehrfache Auftreten von Ortsnamen mit dem Bestandteil And- in der Region von Nitra (Nitriansky kraj) in der Slowakei, z. B. Andovce (ungarisch: And6d) und Andac. Bei dem erstgenannten Ort loka lisiert deshalb PATZIG (S. 34) das antike Anduaetium. Die Analyse der antiken Koordi naten spricht ebenfalls für diese Lokalisierung. (136) Singone (griech. Singone): Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Bingone bei Sarovce am Hron/Gran (Slowakei) lokalisieren, das als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit (1./2. Jh.) belegt ist (Archeologicky Atlas, Karte 47). SIMONYI sucht es bei Nyitraivanka, HANSEN am Lauf der Zitava. Die griechische Tran skription des Ortsnamens Singone, die eine dem Lateinischen -ng- entsprechende Konso nantenfolge ( vy ) anstatt der im Griechischen üblichen Schreibung mit Nasallaut (-11-) aufweist, deutet darauf hin, das der Ortsname einer römischen Quelle entnommen ist. Auch die Endung -one, bei der es sich um eine lateinische Ablativform handeln könnte, spricht für die Herkunft aus einem römischen Itinerarium. (137) Anabum (Anavum; griech. Anabon, Anauon): Die Lokalisierung bei Ko marno erfolgte nach den transformierten antiken Koordinaten. HANSEN vermutet Ana bum bei Szob an der Eipelmündung; ferner wurde eine Gleichsetzung mit dem pannoni schen AzaojAlmasfüzftö (Itin. Ant . 246, 3; 263, 2; 265, 3) erwogen (RGA). -
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67
3 Gallia Belgica, Germania Inferior, Germania Superior 3.1 Allgemeines Das von Ptolemaios beschriebene Gebiet von Gallia Belgica ist ein landschaftlich sehr unterschiedlich gestaltetes Gebilde, das sich von der Nordsee bis zu den Alpen erstreckt. Es umschließt in Ptolemaios' Darstellung nicht nur die eigentliche Provinz Gallia Belgica, sondern auch die Provinzen Germania Inferior und Germania Superior. Die territoriale Gestaltung dieses Gebietes geht auf die Verwaltungsreform des Augustus zurück, der das ganze von Caesar unterworfene Gallien, die Gallia Transalpina, vermutlich in den Jahren
16-12 v. Chr. (WOLF F , S. 17) in drei Provinzen einteilte, von denen jene nördlich der Seine Gallia Belgica war. Zu Gallia Belgica gehörten zunächst auch die am Rhein gelegenen Mili tärbezirke Germania Inferior und Germania Superior. Unter Domitian wurden sie dann in den Jahren 83-85 (BECHERT 1999, S. 191) in selbständige Provinzen umgewandelt. Hauptorte der drei Provinzen waren Durocortorum/Reims ( Gallia Belgica), Colonia Agrip pina bzw. Agrippinensis/Köln ( Germania Inferior) und Mogontiacum/Mainz ( Germania Superior). Die Provinz Gallia Belgica umfasste das heutige Nordfrankreich und einen großen Teil Belgiens. Zu Germania Inferior gehörten die westlich des Rheins gelegenen Teile der Nie derlande und Deutschlands sowie ein Teil Belgiens. Die Grenze zu Gallia Belgica im Westen umschloß vermutlich bereits seit der Einrichtung von Germania Inferior in frühdomitiani scher Zeit auch das Gebiet der civitas Tungrorum mit dem Hauptort Atuatuca/ Tongeren (BECHERT 2007, S. 28). Im Süden grenzte Germania Inferior ebenfalls an Gallia Belgica sowie an Germania Superior. Die Grenze zur Germania Magna bildete der Rhein bzw. im Norden der mittlere Mündungsarm des Rheins, der heutige Oude Rijn (BECHERT
1982, S. 23). Grenzpunkt zur Provinz Germania Superior am Rhein war die Mündung des V inxtbaches, der von Ptolemaios Obrincas genannt wird. Germania Superior umfasste Teile der heutigen Schweiz und Frankreichs, seit dem Aus bau des Obergermanisch-Rätischen Limes, der unter Domitian begann, dann auch rechts rheinische Gebiete, d. h. die Wetterau, das Neckarland, den Odenwald und den Schwarz wald. Von der erwähnten Grenzmarke der beiden germanischen Provinzen am Rhein, der Einmündung des V inxtbaches, bog die Grenze von Germania Superior nach einem Stück gemeinsamen Verlaufes mit der Grenze von Germania Inferior dann in Richtung Mosel ab und überschritt den Fluss zwischen Bad Bertrich und Cochem. Darauf überquerte sie die Fernstraße zwischen Mogontiacum/Mainz und Augusta Treverorum/Trier, verlief dann durch den Pfälzer Wald, folgte dem mons Vosegus/Vogesen bis ins Quellgebiet der Mosel, bog hier nach Westen ab und umschloss die Gebiete von Andematunnum/Langres und Di bio/Dijon; anschließend wandte sie sich nach Süden, erreichte kurz vor Genava/Genf die Rhöne und dann den Lemannus lacus/Genfer See, verlief vermutlich an dessen Nordufer, dann am Kamm der Berner Alpen entlang bis zum Grimselpass, weiter durch das Reusstal zum Oberalppass, richtete sich darauf wieder nach Norden, durchquerte die Glarner Al pen und zog zwischen Zürichsee und Walensee hindurch bis sie schließlich bei Tasgaetium/
68
Eschenz den Rhein erreichte (BECHERT
1999, S. 193). Im Westen grenzte
Germania Supe
rior an Gallia Belgica und Gallia Lugdunensis, im Süden an Gallia Narbonensis und Alpes Gra iae et Poenianae , im Südosten an Raetia. Östlich der Provinz lag Germania Magna.
In der Darstellung des Ptolemaios weist das gesamte Gebiet von Gallia Belgica zahl reiche Unstimmigkeiten auf. So hatte Ptolemaios offensichtlich keine genaue Vorstellung vom Verlauf des Rheines, der nach seinen Angaben zu sehr in einer geraden Süd-Nord Richtung fließt (s. Abschnitt
2.1.3).
Nebenflüsse, die auf westlicher Seite in den Rhein
münden, wie die Mosel, fehlen, einzig der V inxtbach als Grenzfluss wird erwähnt. Das eigentliche Quellgebiet des Rheines, d. h. des Vorder- und des Hinterrheines in den Alpen, nennt Ptolemaios nicht, vielmehr liegt seine Rheinquelle westlich in der Nähe des Lacus Brigantinus/Bodensees, der auffälligerweise in der "Geographie" nicht erscheint. Seine An
gaben zum Rheindelta sind ziemlich genau, während er von den für die geographischen Verhältnisse in Germania Inferior bedeutsamen Wasserläufen von Maas und Schelde an scheindend nur sehr ungenaue Vorstellungen hatte. Im rechtsrheinischen Territorium von Germania Superior fehlen der Nicer/Neckar und der Moenus/Main sowie die bereits Cae
sar als mons Vosegus (BG IV ,
10, 1) bekannten Vogesen.
In der Beschreibung von Germania
Magna wird das Neckargebiet als "Einöde der Helvetier" bezeichnet (GH II,
11, 10).
Die Städte im Gebiet von Gallia Belgica sind teils recht genau lokalisiert, teils völlig falsch positioniert. Am Rhein werden mehrere Legionsstandorte angegeben, jedoch ist die Aufzählung keineswegs vollständig. Ferner ist die Reihenfolge der am Rhein liegenden Städte in Germania Superior augenscheinlich verdreht. Unklar bleibt, ob Germania Inferior und Germania Superior von Ptolemaios bereits als selbständige Provinzen erfasst sind, denn außer dem Grenzpunkt beider Gebiete am Obrincas/Vinxtbach werden ihre oben beschriebenen Grenzen gegenüber Gallia Belgica nicht angegeben. Der obergermanische Limes als Reichsgrenze fehlt gänzlich, als Ostgrenze entlang der Germania Magna wird der Rhein genannt. Daher liegen einige zur römischen Provinz Germania Superior gehörende Orte wie Arae Flaviae/Rottweil bei Ptolemaios im Gebiet von Germania Magna (s. dort). Das Kastell von Hüfingen wiederum wird von ihm Raetia zugerechnet.
Wenngleich die Antwort auf die Frage, was die Ursache jeder einzelnen Unstimmigkeit in den ptolemäischen Angaben zu Gallia Belgica ist, spekulativ bleiben wird, lassen sich generelle Fehlerquellen annehmen. Arbeitsgrundlage ist für Ptolemaios sicherlich die Karte des Marinos gewesen, die vermutlich den Zustand vor dem Ausbau des Limes wiedergab, vielleicht aus der Zeit des Claudius. Darauf könnte der Umstand hindeuten, dass die erst unter Nero eingerichtete Provinz Alpes Graiae et Poeninae an der Südgrenze nicht genannt wird. Ptolemaios hat wahrscheinlich die Vorlage des Marinos durch neuere Materialien ergänzt. Die Erwähnung des Legionsnamens Ulpia sowie von Tra iana einerseits, das Fehlen von Namen wie Forum Hadriani/Voorburg-Arentsburg andererseits deuten darauf hin, dass die jüngste Quelle des Ptolemaios aus der Zeit Trajans stammt.
69
Gallia Belgica, Germania Inferior, Germania Superior
° 52
52
° 51
51
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49°
° 49
4 8°
48°
47"
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°
Transfonnationscinhcitcn e
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500 • 2000 m 150-500m
A
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TE
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20°001
51°301
Seine
0°151
49°261
-0°011
49°2S1
161
1 -02
B3
s
0,0
Frudis fluvius (Mü)
21°451
52°201
Bresle
1°231
50°04 1
1°201
50°0S1
031
-04
1
B3
s
0,0
ltium
22°001
53°301
Cap Gris Nez
1°351
50°521
1°311
51°04 1
04 1
1 -12
B3
w
0,0
Antiker Name
1
Sequana fluvius
2 3
Moderner Name
(Mü)
promontorium 4
Gesoriacum navale
22°301
53°301
Boulogne - sur-Mer
1°371
50°4 31
1°551
51°04 1
1
B3
s
B,O
5
Tabula fluvius
23°301
53°301
!Jzer
2°441
51°091
2°411
51°04 1
031
051
B3
u
0,0
6
Mosa fluvius (Mü)
24°401
53°301
Wester-Scheide
3°301
51°251
3°351
51°04 1
1 - 05
211
B3
u
O,B
7
Lugdunum
26°301
53°201
Katwjik-
4°251
52°121
4°251
52°07 1
001
051
B1
s
0,0
26°451
53°201
4°301
51°551
4°371
52°07 1
-0
1
B1
u
0,0
- 14
091
B1
u
0,0
1
B1
u
0,0
1
R1
u
0,0
Batavorum s
Rhenus fluvius
Rhenus fluvius
-21
Brittenburg Rhein bei
71
-12
Rotterdam
(Mü) 9
S1
-1
1
27 °001
53°101
Oude Rijn
4°341
52°0S1
4°4 S1
51°591
2S0001
54°001
!Jssel
5°491
52°351
5°341
52°391
151
-04
29°201
46°001
Koblenz (Aargau)
So141
4 7 °361
So121
4 7 °37 1
021
-01
(Mü) 10
Rhenus fluvius (Mü)
11
Rhenus fluvius (Qu)
12
Obrincas fluvius
2S0001
50°001
V inxtbach
7 °191
50°301
7 °161
50°07 1
031
231
B2
s
0,0
13
Adulas mons
29°301
45°151
am Lukmanierpass
So4 S1
46°331
So331
46°3S1
151
1 -05
B9
u
0,0
14
Iurassus mons
26°151
46°001
Jura
6°301
46°501
6°211
46°461
091
04 1
BS
s
0,0
15
communis Alpium
29°301
45°151
am Lukmanierpass
So4 S1
46°331
So331
46°3S1
151
1 -05
B9
u
0,0
et Adulae terminus 16
Metacum
22°001
51°001
Vernon
1°291
49°061
1°311
49°04 1
1 - 02
021
B3
u
0,0
17
Caesaromagus
22°301
51°201
Beauvais
2°051
49°261
1°551
49°201
101
061
B3
s
0,0
1S
Samarobriva
22°151
52°101
Amiens
2°1S1
49°54 1
1°4 31
50°001
351
1 -06
B3
s
O,B
1S
Samarobriva
23°151
52°101
Amiens
2°1S1
49°54 1
2°291
50°001
- 11'
1 -06
B3
s
A ,B
19
(Gesoria)
22°401
53°151
Ardres
1°591
50°511
2°021
50°521
1 - 03
-01
1
B3
u
N,N
20
Tarvanna
23°201
52°501
T herouanne
2°151
50°3S1
2°331
50°321
-1
061
B3
s
0,0
21
(Bruges)
24°001
53°001
bei Lilie
3°041
50°3S1
3°041
50°401
1
B3
u
N,N
22
Atuatucum
24°301
52°201
-
-
-
-
-
-
-
0,0
23
Casteilum
25°001
52°151
Aardenburg
3°241
51°161
3°161
51°151
OS'
011
24
Bagacum
25°151
51°401
Bavay
3°4 S1
50°1S1
-
-
-
25
Ratomagus
22°401
50°001
Hermes
2°151
49°221
2°201
49°321
1 - 05
Augusta
25°301
50°001
Saint -Quentirr
3°171
49°511
4°311
49°321
7 41
23°301
50°001
S.Quentin
3°171
49°511
2°591
49°321
1S1
26
S1
001
-
-02
-
-
B1
u
0,0
-
-
s
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1
B4
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191
B4
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191
B4
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A,O
1
B5
s
O,B
1
B5
s
0,0
1
B6
s
0,0
OS'
0,0
-10
V iromanduorum 26
Augusta V iromanduorum Augusta Vessonum
23°301
4 So451
Soissons
3°201
49°231
3°2S1
49°391
S -O '
-16
2S
Durocottorum
23°451
4 So301
Reims
4°021
49°151
3°391
49°27 1
231
-12
29
Augusta
26°001
4 So301
Trier
6°391
49°451
6°301
49°551
091
-10
27
Treverorum 30
Divodurum
25°301
4 7°201
Metz
6°111
49°07 1
6°071
4 So591
04 1
B6
s
31
Tullum
26°101
4 7°001
Toul
5°541
4 So421
6°3S1
4 So431
1 - 44
-01
1
B6
s
B,O
31
Tullium
25°101
4 7°001
Toul
5°541
4 So421
5°521
4 So431
021
1 -01
B6
s
A,O
B6
s
0,0
-
s
0,0
B2
s
0,0
32
Nasium
24°501
46°401
Naix-aux-Forges
5°231
4 So3S1
5°371
4 So27 1
1
11'
33
Batavodurum
27 °151
52°301
Nijmegen
5°521
51°501
-
-
-
-
34
Vetera, Legio XXX
27 °301
51°501
near Birten
6°291
51°3S1
6°531
51°351
1 - 24
031
Ulpia
71
- 14
Nr.
35 36
A
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s
Q
Agrippinensis
27°401 51°101
Köln
6°571 50°561
7°011 51°031
- 041
-071
B2
s
O,M
Bonna, Legio I
27°401 50°551
Bonn
7°061 50°441
7°011 50°511
051
-071
B2
s
0,0
Antiker Name
Moderner Name
q,
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Minervia
37
Traiana Legio XXII
27°301 50°351
Remagen
7°141 50°351
6°531 50°351
211
001
B2
u
0,0
38
Mocontiacum
27°201 50°151
Mainz
8°161 50°001
8°091 49°591
071
011
B7
s
0,0
39
Noviomagus
27°401 49°501
Speyer
8°261 49°181
8°241 49°391
02 1
s
0,0
Noviomagus
27°501 49°2 51
Speyer
8°261 49°181
8°321 49°191
B7
s
A,A
40
Rufiniana
27°401 49°301
Rheingönheim
8°2 51 49°261
8°241 49°2 31
- 061 011
-211 -011
B7
39
031
B7
w
O,B
41
Borbetomagus
27°501 49°501
Worms
8°221 49°381
8°321 49°151
2 31
B7
s
0,0
41
Borbetomagus
27°401 49°501
Worms
8°221 49°381
8°241 49°391
1 - 10 1 - 02
s
A,A
Strasbourg
7°451 48°351
7°301 48°381
151
-011 -031
B7
Argentoratum,
27°451 48°201
B8
s
0,0
Breucomagus
27°501 48°201
Brumath
7°431 48°441
7°341 48°381
091
061
B8
s
O,B
43
Breucomagus
27°501 48°301
Brumath
7°431 48°441
7°341 48°461
091
B8
s
O,A
44
Eh!
7°371 48°22 1
7°421 48°22 1
B8
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Augst
7°431 47°32 1
7°421 47°42 1
- 051 011
-02 1 001 -10
1
B8
s
0,0
Biesheim-
7°331 48°02 1
7°341 48°041
1 - 01
-041
B8
w
0,0
-
s
0,0
041
B8
u
0,0
42
Legio VIII Augusta
43
Elcebus
28°001 48°001
45
Augusta
28°001 47°101
46
Argentovaria
Rauricorum
27°501 47°401
Oedenburg Andematunnum
26°151 46°201
Langres
5°201 47°531
Ganodurum
28°101 46°301
Solothurn
7°311 47°141
7°501 47°101
49
Forum Tiberii
28°001 46°001
Studen
7°181 47°071
7°2 31 47°141
- 191 - 051
u
0,0
Dittatium
25°101 45°401
Pontoux
5°061 46°551
5°131 46°581
- 071
-071 -031
B9
50
B9
u
0,0
51
Visontium
26°001 46°001
Besangon
6°021 47°141
5°511 47°141
11'
001
B9
s
0,0
52
Equestris
27°001 45°401
Nyon
6°141 46°2 31
6°021 46°341
12 1
-11'
BlO
s
0,0
53
Aventicum
28°001 45°301
Avenches
7°031 46°531
7°2 31 46°501
1 - 20
031
B9
s
0,0
47 48
-
3.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen Als Hauptorte (poleis episemoi) in Gallia Belgi ca werden im achten Buch der "Geogra phie" (VIII, 5, 6) aufgeführt: (4) Gesoriacum/Boulogne-sur-mer und (28) Durocor torum ( Durocottorum) /Reims. (2) Frudis fluvius: Gegen eine Gleichsetzung des nur von Ptolemaios und Markianos (per. mar. ext. II, 29) erwähnten Frudis mit der Somme (bereits bei TSCHUDI, S. 50; vgl. auch MÜLLER ad loc.) spricht der Name dieses Flusses. Obgleich die Somme von den antiken Autoren nicht direkt erwähnt wird, lässt sich ihr keltischer Name Samara aus dem Ortsnamen Samarobrivaj Amiens erschließen, der "Brücke über die Samara" bedeutet. Bei dem Frudis könnte es sich vielmehr um die 20 km südwestlich der Somme mündende Bresle handeln (MÜLLER ad loc.; HANSEN, S. 557). (3) Itium promontorium: Dieses Kap dürfte mit dem von Caesar erwähnten Partus Itius (BG V, 2, 3 und 5, 1) in Verbindung stehen, von dem aus er sich nach Britannien einschiffte. Die genaue Lage dieses Hafens ist umstritten (Boulogne, Sangatte, Wissant, Calais, La Tour d'Ordre; s. TIR M-31), als Kap kommt in dieser Gegend jedoch nur das Kap Gris Nez bei Calais infrage. Allerdings positioniert Ptolemaios die Hafenstadt Gesoriacum/Boulogne (Nr. 4) irrtümlich östlich des Itium promontorium/Kap Griz Nez, anstatt südlich davon. (5) Tabula (Tabuda) fluvius: Da der Name Tabul(a) eine im Mittelalter gebräuch liche Bezeichnung der Schelde war, hat bereits TSCHUDI (S. 53) angenommen, bei dem 72
von Ptolemaios genannten Tabula fiuvius handle es sich um die Schelde (vgl. MÜLLER ad loc.; TIR M-31; HANSEN, S. 557). In anderen antiken Quellen (Caesar, BG VI, 33, und Plinius, Nat. hist. IV, 98. 105. 106) wird die Schelde als Sealdis erwähnt, der Name Ta bula hingegen erscheint dort nicht. Nach Caesar mündete die Schelde in die Maas (fiumen Scaldim, quod infiuit in Mosam, BG VI, 33, 3), d. h. sie besaß wahrscheinlich über einen Nebenfluss eine Verbindung zum Helinium, wie Plinius das Mündungsdelta von Waal und Maas nennt (Nat. hist. IV, 101). Der Hauptstrom der Schelde jedoch "verlief weiter südlich und mündete wohl mit zwei Armen ins Meer, von denen der eine etwa dem heutigen Verlauf der Oosterschelde entsprach, während der andere seinen Weg durch Süd-Bevoland nahm" (BECHERT 1982, S. 23). Allerdings lokalisieren die antiken Koordinaten die Mündung des Tabula fiuvius weiter westlich. Sofern keine falsche Verortung durch Ptolemaios oder ein Schreibfehler vorliegt, lässt sich der Tabula fiuvius deshalb nach der Analyse der antiken Koordinaten mit der IJzer (Yser) identifizieren. (6) Mosa fluvius: Der Mosa fiuvius/Maas bildete einen wichtigen Wasserweg der Pro vinz Gallia Belgica. Die von Ptolemaios angegebenen Koordinaten lokalisieren die Mün dung der Maas, die sich mit dem Waal, dem Hauptarm des Rheindeltas, vereint, jedoch viel zu weit westlich von Lugdunum/Katwijk-Brittenburg (Nr. 7). HANSEN (S. 557) vermutet deshalb, Ptolemaios habe die Mündung der Maas mit der Wester-Scheide verwechselt; die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Vermutung. (7) Lugdunum: Die Überreste des römischen Flottenstützpunktes von Lugdunum/ Katwijk-Brittenburg im Gebiet der Bataver liegen heute zwischen 500 m und 2 km vor der Nordseeküste (BECHERT/WILLEMS, S. 96f.). (8), (9), (10) Rhenus fluvius/Rheinmündungen: Ptolemaios gibt, ebenso wie Pli nius (Nat. Hist. IV, 101), drei Mündungsarme des Rheins an. Die westliche Mündung ent spricht wahrscheinlich der Mündung von Waal und Maas, dem Hauptarm des Rhein deltas, der nach Plinius Helinium hieß. Tacitus nennt sie os immensum ("unermesslich große Mündung"; Ann. II, 6). Die mittlere Rheinmündung, heute "Oude Rijn" genannt, behielt dagegen ein kleineres Flussbett sowie den Namen Rhenus bei (modicum nomini suo custodiens alveum, Plinius, Nat. hist. IV, 101) und besaß eine starke Strömung (Tacitus, Ann. II, 6). Die östliche Mündung wird von Plinius Flevum genannt; sie ergoss sich in den Flevum lacus/IJsselmeer (Tacitus, Ann. IV, 72) und entspricht nach den Angaben des Ptolemaios der IJssel. (11) Rhenus fluvius/Rheinquelle: Die Quelle des Rheins wird von Ptolemaios süd westlich von Taxgaetium/Eschenz (s. Raetia Abschnitt 4), also südwestlich des Bodensees lokalisiert. Da dort jedoch in Wirklichkeit nicht das Quellgebiet des Rheines liegt, hat Ptolemaios möglicherweise den Zusammenfluss von Rhein, Aar und Wutach bei Koblenz (Aargau) als Anfangspunkt des Rheines angesehen. In ähnlicher Weise lässt sich die von ihm angegebene Donauquelle als Zusammenfluss von Brigach und Brege und die Moldau quelle als Zusammenfluss von Elbe und Moldau bestimmen. LENNARTZ (S. 115) vermutet die ptolemäische Rheinquelle eventuell am Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee. Die antiken Koordinaten der Rheinquelle weisen zu starke Verzerrungen gegenüber denen ihrer Nachbarorte auf, um sie mit zufälligen Koordinatenfehlern (antike Messgenauigkeit) erklären zu können. Jedoch passen sie zu denen der nächstgelegenen Orte im Gebiet von Raetia, so dass sie sich durch eine mit diesen Orten gemeinsame systematische Verzerrung erklären lassen. 73
(12) Obrincas fluvius:
Obrincas fiuvius in den Rhein wird von Pto Germania Inferior und Germania Superior angegeben.
Die Mündung des
lemaios als Grenzpunkt zwischen
Diese Grenzmarke lässt sich an der Mündung des Vinxtbaches bei Schloss Rheineck gegenüber von Rheinbrohl lokalisieren. Beiderseits der Mündung gab es einen römischen Straßenposten, von denen der nördliche dem Statthalter von liche dem Statthalter von den
Nymphae fines
18.
Germania Inferior,
der süd
unterstand. An diesem Grenzpunkt wurde
ein Altar geweiht; der moderne Name V inxtbach hat sich aus der rö
mischen Ortsangabe des
Germania Superior
Ad fines
entwickelt (BECHERT
1982,
S.
27).
Noch bis zum Ende
Jahrhunderts diente der V inxtbach als Grenze der beiden Erzbistümer Köln und
Trier (BECHERT/WILLEMS, S.
29,
Anm.). Ptolemaios lokalisiert den
Mogontiacum/Mainz
us/V inxtbach jedoch fehlerhaft südlich von
Obrincas fiuvi
anstatt nördlich, wo die
Provinzgrenze verlief. Ferner würde seine Breitenangabe besser zur Mündung der Mosel passen, die er auffälligerweise nicht erwähnt.
(per. mar. ext. II, 28) überlieferte antike Namens *aber ("Mündung") enthalten könnte, der Lesart der Ptolemaios-Handschriften vorzuziehen. Der Obrincas fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) Möglicherweise ist die bei Markianos
form
Abrinkas,
die das keltische Wort
erwähnt (WIEBER, S.
97). (13) Adulas mons: Dieser
Gallia Belgica
bzw.
entspricht der Name
Gebirgszug liegt nach Ptolemaios an der Ostgrenze von
Germania Superior zu Raetia. Nach S T AEHELIN Adulas dem "Gotthardmassiv im weitesten Sinne".
(S.
112,
Anm.
1)
Bei den von Pto
lemaios angegebenen topographischen Punkten in den damals schwer zugänglichen Alpen könnte es sich um Passübergänge handeln. Da der Gotthardpass selbst erst im späten
12.
Jahrhundert erschlossen wurde, als es gelang, die Schölleneuschlucht zu überwinden
(PAULI, S.
(1916
221),
lag der von Ptolemaios genannte Punkt vielleicht am Lukmanierpass
m), der das Vorderrheintal mit dem Tessin verbindet. Zwar war er in römischer Zeit
nicht als Fernstraße ausgebaut, wurde aber sicherlich als Saumpfad unterhalten (PAULI, S. 254; OST ER, S.
36). Im Süden des Passes liegt die (15) communis Alpium et Adulae terminus:
römische Siedlung von Biasca. Die ptolemäischen Koordinaten des
"gemeinsamen Endes der Alpen und des Adulas-Gebirges" an der Südgrenze von
Belgica
entsprechen denen des zuvorgenannten Punktes im Adulas-Gebirge (Nr.
Gallia
13),
der
am Lukmanierpass gelegen haben könnte.
(16) Origiacum (Metacum):
Der Name dieser Stadt der Atrebaten wird in abwei
chender Form überliefert; während sie nach der 0-Rezension Ortsname nach der S-Rezension
Metacum.
Origiacum
heißt, lautet der
Diese Namensform führte zu der Annahme, es
Nemetacum und der betreffende Ort entspre ad loc.). Nemetacum/ Arras wird im Itin. Ant. (377, 8; 378, 10; 379, 2) sowie in der Tab. Peut. erwähnt. Nach der ersten Form Origiacum hingegen wurde der Ort mit Orchies identifiziert (FORBIGER, Bd. 3, S. 189, Anm. 5; vgl. MÜLLER ad loc.). Jedoch passen weder Orchies noch Arras zu der von Ptolemaios angegebenen Lage von Origiacum. Nach GRÖHLER (S. 274) geht ferner der Ortsname Orchies auf eine Form *Orciacas zurück. Folgt man den antiken Koordinaten und der Angabe des Ptolemaios, das Gebiet der Atrebaten, zu denen Origiacum gehört, erstrecke sich entlang der Seine ins Landesinnere (GH II, 9, 7), so lässt sich Origiacum bei Vernon lokalisieren. Dort befand sich ein keltisches oppidum sowie ein römisches Lager ( T IR M-31; BIERL, S. 135). Ver gleicht man nun die Lage von Origiacum/Vernon etwa mit der des Hauptortes von Gallia handele sich um eine verschriebene Form für che daher Arras (MÜLLER
74
Belgica, Durocortorum/Reims, stellt man fest, dass Origiacum/Vernon ebenso wie die an deren Orte dieses Gebietes von Ptolemaios zu weit nördlich lokalisiert ist. Nach CUNTZ (S. 113-115) ist dies darauf zurückzuführen, dass der zu weit nördlich angesetzte Hafen Gesoriacum einer der "Hauptausgangsorte für die Rechnungen des Ptolemäus gewesen ist" (STECHE, S. 21).
(18)
Samarobriva: Für die antike Länge von Samarobrivaj Amiens wurde der Wert
von 23°15' aus der Ulmer Ptolemaios-Ausgabe als Alternative eingesetzt, die sich nach der Analyse der antiken Koordinaten als passend ergab.
(19)
Gesoria: Dieser Ort erscheint nur in der Ausgabe von NOBBE. Anhand der dort
angegebenen Koordinaten könnte er bei Ardres gelegen haben. Nach dem BARRING TON-AT LAS ist Ardres der Endpunkt einer von Tarvanna/T herouanne und Nemeta cum/Arras kommenden römischen Straße.
(21)
Bruges: Dieser Ort erscheint nur in der Ausgabe von NOBBE. Anhand der dort
angegebenen Koordinaten lässt er sich bei Lilie lokalisieren.
(22)
Atuatucum: Der Hauptort der Tungrer ist nach den überlieferten Koordinaten
grob falsch lokalisiert; vergleicht man die Position von AtuatucumjTongeren beispielswei se mit der von Golonia Agrippinensis/Köln (Nr. 35), so ist die Breiten-Differenz zu groß; auch die ptolemäische Verortung nördlich von Köln entspricht nicht der W irklichkeit. Des halb konnte Atuatucum/Tongeren keiner Transformationseinheit zugeordnet werden (zu Atuatucum/Tongeren s. TIR M-31). Möglicherweise hat Ptolemaios das Atuatucum der Tungrer mit der von Caesar erwähnten Festung Atuatuca im Land der Eburonen ver wechselt (BG , VI, 32, 3), deren Lokalisierung umstritten ist (vgl. TIR M-31); ein neuerer Identifizierungsvorschlag (VANVINCKENROYE, S. 63ff.) setzt Atuatuca mit der Höhen schanze von Caster bei Kanne (Provinz Limburg/Belgien) gleich.
(23)
Castellum: Von den meisten Autoren wird der Ort GastelZum mit jenem Gas
tellum gleichgesetzt, das im Itin. Ant. (376, 5; 377, 2 und 6) als Station der Straße von Gesoriacum nach Bagacum sowie in der Tab. Peut. als Gastello Menapiorum erwähnt und mit dem nordfranzösischen Ort Cassel, 25 km südlich von Dünkirchen, identifiziert wird (MÜLLER ad loc.; ST ECHE, S. 25f.; TIR M-31, HANSEN, S. 558; BEDON, S. 134). Der ptolemäische Ort GastelZum befindet jedoch nach den antiken Koordinaten weiter östlich. Sofern kein Schreibfehler vorliegt, lässt sich dieser Ort bei Aardenburg, dem Standort eines römischen Kastells, lokalisieren. Der Bau dieses Militärstützpunktes wird zwar erst als Reaktion auf den Chaukeneinfall des Jahres 175 angesehen, jedoch ist auch die Anlage eines Flottenstützpunktes vor dieser Zeit vorstellbar (BECHERT /WILLEMS, S. 98; vgl. van ES, S. 91; BECHERT 2007, S. 29, Karte). Allerdings könnte Ptolemaios GastelZum auch falsch platziert haben, weil er den Menapierort GastelZum in deren altes Siedlungsge biet westlich des Niederrheins anstatt in die Region westlich der Schelde gesetzt hat, wohin die Menapier offensichtlich umgesiedelt worden waren.
(24)
Bagacum: Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist Bagacum/Bavay so
wohl hinsichtlich der Länge als auch der Breite falsch lokalisiert. Deshalb konnte Baga cum/Bavay keiner Transformationseinheit zugeordnet werden; ob ein Schreibfehler vor liegt oder eine falsche Verortung durch Ptolemaios, lässt sich nicht ermitteln (zu Baga cum/Bavay S. TIR M-31; BEDON, S. 98-100).
(25)
Ratomagus: Dieser Hauptort des von Ptolemaios Subanekten genannten Volkes
wird mit Augustomagus/Senlis gleichgesetzt (MOREAU, S. 354; BEDON, S. 294; WICHT MAN), das im Itin. Ant. (380, 5) und der Tab. Peut. erwähnt wird. MÜLLER (ad loc.) 75
hingegen lässt offen, ob
Ratomagus
ein älterer Name von
Augustomagus,
eine andere Stadt,
eine Textverderbnis oder ein anderer Fehler ist. Im BARRINGTON-ATLAS wird
gus
mit
Hermes
Ratoma
identifiziert (vgl. TIR M-31). Diese Identifizierung konnte durch die
Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Der antike Name des römischen von Hermes ist durch eine Inschrift überliefert
(VIC(O) RATVM[agensiu}M?,
vicus
vgl. TIR
M-31).
(26) Augusta V iromanduorum: Nach den überlieferten Koordinaten liegt Augus ta ViromanduorumjSaint-Quentin (BEDON, S. 289) zwei Grad östlich vom folgenden Ort Augusta Suessionum/Soissons, in W irklichkeit weisen beide Orte jedoch fast dieselbe geographische Länge auf. Sofern A ugusta Viromandu orum nicht fehlerhaft von Ptolemaios verortet worden ist, kann ein Schreibfehler angenommen werden; die richtige Länge müsste demnach einen Wert von 23°30' (anstatt 25°30') haben.
(31) Tullum (Tullium): Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist einerseits die TullumjToul (BEDON, S. 305) und Nasium/Naix-aux-Forges
Längen-Differenz zwischen
zu groß, andererseits befindet es sich danach ca. 1 östlich von Divodurum/Metz, während o
es in W irklichkeit westlich davon liegt. Sofern
Tullum
nicht fehlerhaft von Ptolemaios
verortet worden ist, lässt sich ein Schreibfehler vermuten; die richtige Länge müsste einen Wert von 25°10' (anstatt 26°10' bzw. 26°30') haben.
(33) Batavodurum: Der Hauptort der Bataver, den Ptolemaios als erste Stadt in Ger mania Inferior nennt, wird mit dem heutigen Nijmegen identifiziert (MOREAU, S. 313; TIR M-31; BOGAERS/RÜGER, S. 76; BECHERT 2007). Die dort nach dem Bataverauf stand 69/70 am Südufer der Waal entstandene und westlich der heutigen Stadt gelegene Siedlung war die Nachfolgerin des in tiberianischer Zeit gegründeten
Batavodurum,
das im
Hügelgelände im Nordosten der heutigen Stadt lag und wahrscheinlich dem von Tacitus
(Hist.
V, 19) erwähnten
oppidum Batavorum
entspricht (BOGAERS/RÜGER, S. 76-78).
Batavodurum genannt, seit Trajan, ius nundinarum (Recht der Wochenmärkte) verlieh, lautete ihr Na me offiziell Ulpia Noviomagus Batavorum (BOGAERS/RÜGER, S. 78; BECHERT 2007, S. 49). Um 200 erhielt sie das Stadtrecht und den offiziellen Namen Municipium Batavorum Anfangs wurde die neue Siedlung vielleicht ebenfalls
der der Siedlung das
(TIR M-31; BOGAERS/RÜGER, S. 78). Der von Ptolemaios genannte Ortsname denn zum germanischen Stammesnamen der
Batavodurum stellt eine Batavi tritt das keltische
Mischform dar, Element
-durum
("Stadt"). RASCH (S. 138, vgl. S. 157) zieht deshalb in Erwägung, dass es sich hierbei um die keltische Bezeichnung eines vielleicht anders benannten germanischen Ortes handeln könnte. Eine ältere Identifizierung setzt
Batavodurum
CHE, S. 22). Die überlieferten antiken Koordinaten von
mit Batenburg gleich (vgl. S T E
Batavodurum passen
nicht zu den
systematischen Verzerrungen der benachbarten Orte.
(34) Vetera Legio XXX Ulpia: Das Lager der Legio XXX Ulpia befand sich bei Birten, südlich von Xanten (HORN, S. 619-650). In der Handschrift X der S-Rezension findet sich statt des Beinamens Ulpia der Legio XXX der Name der hier in den Rhein einmündenden Luppia/Lippe mit den gleichen Koordinaten wie Vetera. (37) Traiana Legio XXII: Die bei Ptolemaios überlieferte Angabe von Traiana als Standort der zweiundzwanzigsten Legion südlich von Bonn ist unverständlich. Gegen eine Gleichsetzung mit der
Colonia Ulpia Traiana
(Kurzform
Traiana),
dem heutige Xanten,
spricht die angegebene Lage, denn Xanten befindet sich nördlich von Bonn. Die erwähn te
Legio
XXII, die u. a. den Beinamen
Primigenia 76
trug, wurde im Jahre 39 von Caligula
aufgestellt und in Mogontiacum/Mainz stationiert. Im Jahre 71 kam sie zwar in das Lager Vetera II bei Xanten, kehrte aber zwischen 92 und spätestens 96 wieder nach Mogon tiacum/Mainz zurück. Ihr folgte kurzzeitig die Legio VI victrix, die zwischen 119 und 121/122 nach England verlegt wurde, worauf die von Trajan aufgestellte Legio XXX Ulpia victrix in Vetera II stationiert wurde (HORN, S. 625 ). Da die Legio XXII als einzige der vier von Ptolemaios am Rhein erwähnten Legionen keinen Beinamen trägt, hat MÜLLER (ad loc.) vermutet, Traiana sei ihr Beiname zur Zeit Trajans gewesen. Ptolemaios habe, so MÜLLER, diesen Beinamen irrtümlicherweise als Namen eines Legionslagers aufgefasst und dieses mit entsprechenden Koordinaten versehen. Möglicherweise ist die Form Traiana auch erst durch einen Kopisten entstanden, der einen unleserlichen Namen seiner Vorlage mit der Colonia Traiana in Verbindung brachte. MÜLLER (ad loc.) und CUNTZ (S. 54 ) führen als Namensvarianten Trai"ne, Tragiane, Traniane und Traniake an. Nach den transformierten antiken Koordinaten könnte der angegebene Legionsstandort mit dem Kastell von Rigomagus/Remagen identifiziert werden. Hier wurden u. a. eine Ehreninschrift für Trajan (CIL XIII 11981 ) sowie Ziegel mit den Stern peln der Legio I Minervia gefunden, ein Aufenthalt der Legio XXII lässt sich in Rigomagus/Remagen al lerdings nicht nachweisen. Der Ortsname Rigomagus selbst ist erst in spätantiken Quellen belegt (Ammian. Mare. XVI, 2; Tab. Peut.; Geographus Ravennas IV, 24 und 30 ). (39) Noviomagus: Die Reihenfolge der am Rhein liegenden Orte in Germania Supe rior ist augenscheinlich gestört. Gemäß den überlieferten Angaben läge danach Novioma gus/Speyer entgegen seiner tatsächlichen Position nördlich von Borbetomagus/Worms. Nach der Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Ortsnamen, die durch einen Überlieferungsfehler im Ptolemaiostext bedingt ist. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER. (40) Rufiniana: Ptolemaios gibt die am Rhein gelegenen Orte offensichtlich in ihrer Abfolge von Norden nach Süden an, so dass Rufiniana zwischen Noviomagus, das mit Borbetomagus/Worms vertauscht worden ist (s. o. ), und dem umgekehrt mit Borbetomagus verwechselten NoviomagusjSpeyer (s. u. ) liegen muss. Da nach dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER für Borbetomagus/Worms eine antike Breitenangabe von 49°50' und für NoviomagusjSpeyer eine antike Breitenangabe von 49°25' angenommen werden kann, muss folglich für Rufiniana der in der S-Rezension angegebene Wert 49°30' verwendet werden. Somit lässt sich Rufiniana mit Rheingönheim identifizieren (M OREAU, S. 356; HANSEN, S. 559 ). In Rheingönheim, einem Stadtteil von Ludwigshafen, befand sich ein Auxiliarkastell, das vermutlich unter Claudius gegründet wurde. Um 74 zog das Militär ab, eine Besiedlung lässt sich jedoch bis ins späte 4. Jh. nachweisen (CÜPPERS, S. 455-457 ). (41) Borbetomagus: Gemäß den überlieferten Angaben läge Borbetomagus/Worms entgegen seiner tatsächlichen Position südlich von Noviomagus/Speyer. Nach der Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Ortsnamen. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER. (42) Argentoratum: Die elsässische Hauptstadt Strasbourg erscheint als Argentorate (Tab. Peut.) oder Argentaraturn (z. B. Itin. Ant.239, 2; 252, 5; 350, 3; 354, 5; 372, 2; 374, 8) in zahlreichen antiken Quellen (zu Argentoratum/Strasbourg s. BEDON, S. 300ff.) . (43) Breucomagus: Gemäß den überlieferten Angaben läge Breucomagus/Brumath entgegen seiner tatsächlichen Position südlich von Argentoratum/Strasbourg. Nach der 77
Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Orte. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER (zu Breucomagus bzw. Brocoma gus/Brumath s. BEDON, S. 126f.). (44) Elcebus: Dieser Ort ist vermutlich identisch mit der Straßenstation Helvetum, die im Itin. Ant. (252, 4; 350, 2; 354, 4) zwischen ArgentoratejStrasbourg und Mons Bri siacus/Breisach bzw. Argentovaria/Biesheim-Oedenburg aufgeführt und mit dem Dorf Ehl bei Benfeld im Elsaß identifiziert wird (MÜLLER, ad. loc.; ZANGEMEISTER, S. 192; HOWALD/MEYER, S. 99; MOREAU, S. 336; HANSEN, S. 559; BARRINGTON ATLAS). In der Tab. Peut. erscheint der Ort als Hellelum. (46) Argentovaria: Dieser auch im Itin. Ant. (354, 3) und in der Tab. Peut. genannte Ort (Argentaria bei Ammianus Mare. XXXI, 10, 8; Argentarium bei Aurelius Victor, ep. de Caes. 47) wurde von zahlreichen Autoren (ZANGEMEISTER, S. 192; STECHE, S. 22-24; HOWALD/MEYER, S. 101; SCHÖNING, S. 101; HANSEN, S. 559; LIEB, S. 107 u. a.) mit Horbourg bei Colmar im Elsaß identifiziert. HOLDER (Bd. 1, Sp. 213) lokalisierte Argentovaria bei Grussenheim. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt jedoch die vorgeschlagene Identifizierung mit dem römischen Ruinenfeld bei Biesheim-Oedenburg (KERN, S. 59-65; FELLMANN, Arculiana, S. 293f.; BARRINGTON-ATLAS). (47) Andematunnum: Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist das auch im Itin. Ant. (385, 6; 386, 1), in der Tab. Peut. sowie zahlreichen anderen Quellen genannte An dematunnum/Langres sowohl hinsichtlich der Länge als auch der Breite falsch lokalisiert. Deshalb konnte es keiner Transformationseinheit zugeordnet werden. Ob ein Schreibfeh ler vorliegt oder eine falsche Verortung durch Ptolemaios, lässt sich nicht ermitteln (zu Andematunnum/Langres s. BEDON, S. 103f.). (48) Ganodurum: Die Helvetierstadt Ganodurum lag vielleicht an der Straße von Aventicum/Avenches nach Augusta RauricajAugst. In diesem Falle könnte der sonst un bekannte Ortsname Ganodurum eine Verschreibung für Salodurum sein und der Ort somit dem heutigen Solothurn entsprechen (MÜLLER ad loc.; STAEHELIN, S. 310, Anm. 1). Jedoch ist auch eine Identifizierung mit Bern möglich, wo zahlreiche römische Überreste entdeckt wurden (DRACK/FELLMANN, S. 363ff.). (49) Forum Tiberii: W ie der Name angibt, wurde diese Helvetierstadt von Tiberi us als Marktflecken gegründet. STAEHELIN (S. 166) weist darauf hin, dass fora häufig mit den großen Heerstraßen angelegt wurden. Ebenso wie Ganodurum (Nr. 48) könnte auch das sonst nicht erwähnte Forum Tiberii an der Straße von Aventicum/Avenches nach Augusta RauricajAugst gelegen haben. Daher wurde vorgeschlagen, Forum Tiberii mit der Straßenstation Petinesca am Studenberg bei Biel zu identifizieren (MÜL LER ad loc.; HOWALD/MEYER, S. 101, Anm. 3; STAEHELIN, S. 167, Anm. 3). Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Der Name Petinesca wird im Itin. Ant. (353, 1) und in der Tab. Peut. erwähnt (zur Straßenstation Petinesca S. DRACK/FELLMANN, S. 519-523). Andere Identifizierungsvorschläge sind Vindonis sa/W indisch (vgl. STAEHELIN, S. 167, Anm. 4), Tenedo/Zurzach (TSCHUDI, S. 136), Kaiserstuhl (MOREAU, S. 333), Gensingen (BRUNNER, S. 419) und die Insel Reichenau (vgl. MÜLLER ad loc.); nach einer anderen Hypothese ist Forum Tiberii identisch mit Aventicum/Avenches (RAPIN). (50) Dittatium ( Diatavium ) : Nach MÜLLER (ad loc.) könnte es sich bei Dittavium um eine fehlerhafte Schreibweise des Namens Luxovium handeln, das dem heutigen Luxeuil les-Bains entspricht (vgl. BEDON, S. 200f.; namentlich erwähnt wird Luxovium in der 78
Vita Columbani des Jonas von Bobbio, 7. Jh.). Dieser Identifizierungsvorschlag konnte jedoch durch die Analyse der antiken Koordinaten nicht bestätigt werden. Danach lässt sich Dittatium mit der Straßenstation Pans Dubis gleichsetzen, die in der Tab. Peut. verzeichnet ist. Dieser Übergang über den Doubs befand sich bei Pontoux (MOREAU, S. 352). Möglich ist auch die Lokalisierung von Dittatium bei Vieux Seurre (bei Seurre) (s. FORBIGER, Bd. 3, S. 172, Anm. 54).
3.4 Literatur
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81
4 Raetia et Vindelicia 4.1 Allgemeines Die römische Provinz Raetia, benannt nach den Alpenstämmen der Raeti, umfasste die oberbayerisch-schwäbische Hochebene, die östliche Schweiz, das Nordtessin, Tirol und ur sprünglich auch das Wallis. Ihre östliche Grenze verlief entlang des lnns, der Raetia von Noricum trennte, und schloss das Gebiet zwischen dem Reschen-Scheideck-Pass und dem Brenner ein; die südliche Grenze zu Italien lag etwa auf der Linie der Alpenpässe Stilfser Joch, Maloja, Septimer, Splügen und umfasste weiter südwestlich das Tessin und das nörd liche Piemont. Der Verlauf der Westgrenze ist weniger sicher; sie folgte nach der Abtren nung des Wallis vermutlich der Linie der Pässe Simplon, Furka und Oberalp, verlief dann durch das Tal der Reuss, passierte den Vierwaldstätter See, überquerte den Rhein bei Stein a. Rh., zog westlich am Bodensee entlang und erreichte etwa bei Tuttlingen die Do nau (vgl. BECHERT, S. 152f.). Im Westen stieß Raetia an die Provinz Germania Superior. Die Nordgrenze bildete zur Abfassungszeit der "Geographie" des Ptolemaios (um 160) der Rätische Limes mit dem nördlichsten Punkt bei Gunzenhausen. Jenseits des Limes lag Germania Magna.
Die Eroberung des Alpenraumes begann im Jahre 25 v. Chr. mit der Unterwerfung der Salasser im Aostatal. Hierdurch erlangten die Römer die Kontrolle über die Alpenpässe des Großen und Kleinen St. Bernhard. Um den Zugang zu diesen Pässen zu überwachen, wurde die Stadt Augusta Praetoria / Aosta gegründet. In dem Alpenfeldzug des Jahres 15 v. Chr. nahmen dann die Adaptivsöhne des Augustus, Drusus und Tiberius, den zentralen Alpenraum in Besitz. Zu Ehren dieses Sieges wurde 7/6 v. Chr. bei La Turbie (Departement Alpes-Maritimes/Südostfrankreich) ein 50 m hohes Denkmal errichtet, das die Namen von 46 unterworfenen Alpenstämmen aufführte, darunter auch die der Vindelici. Dieses kel tische Volk, zu dem die vier Stämme der Cosuanetes, Rucinates, Licates und Cattenates gehörten, siedelte im Gebiet der schwäbisch-bayerischen Hochebene zwischen Donau, lnn und Alpen, das nach ihnen Vindelicia genannt wurde. Die unter Augustus durchgeführten militärischen Operationen gegen die Alpenvölker dienten vorrangig dem Schutz Italiens und der festeren Anhindung Galliens an Italien. Au gustus' Nachfolger Tiberius stellte dann die weitere Offensive ein, legte Rhein und Donau als vorläufige Reichsgrenzen fest und ließ zur Kontrolle des eroberten Alpenvorlandes Mili tärstationen wie z. B. in Bregenz, Kempten, Epfach oder Gauting errichten. Nicht geklärt ist die Frage, welchen Status das eroberte Gebiet, welches das eigentliche Kernland Raetia, Vindelicia und zunächst auch die Vallis Poenina / Wallis umfasste, zu dieser Zeit hatte. Vermutlich wurde es unter Tiberius oder Caligula zur eigenen Provinz (DIETZ, S. 51f.). Der Sitz des Statthalters war möglicherweise zunächst Cambodunum / Kempten, später dann Augusta Vindelicorum / Augsburg (BECHERT, S. 152; DIETZ, S. 51). Unter Clau dius wurde die Vallis Poenina / Wallis abgetrennt und mit der Alpenregion nördlich und südlich des kleinen St. Bernhard zur Provinz Alpes Graiae et Poeninae vereinigt. (Die Alpes Cottiae wurden unter Nero zur Provinz mit der Hauptstadt Segusio / Susa, die Alpes Mari82
timae zur Provinz mit der Hauptstadt Cemenelum/Cimiez wahrscheinlich unter Claudius.) Unter Claudius wurde auch die Via Claudia Augusta ausgebaut, die von Altinum/Altino an der Lagune von Venedig bzw. von Hostilia/Ostiglia am Po bis an die Donau bei Sub muntorium/Burghöfe führte und somit als wichtige Verkehrsverbindung Oberitalien mit dem nördlichen Alpenvorland und der Donangrenze verband. Der ungünstige Grenzverlauf am Basler Rheinknie und die dadurch bedingte lange Front linie gegen Germanien führte schließlich seit Vespasian zu einer neuen Gestaltung der Gren ze von Obergermanien und Raetia. Im Jahr
74
wurde der Rhein bei ArgentoratejStraßburg
überschritten und eine Straße durch das Kinzigtal und den Schwarzwald zu dem neu er richteten Kastell von Arae Flaviae/Rottweil und weiter zur oberen Donau gebaut, wodurch die Verbindung zwischen Obergermanien und Raetia beträchtlich verkürzt wurde. Unter Domitian wurde dann die Grenze über die Donau auf die Höhen der Schwäbischen Alb (Alblimes) vorgeschoben. Trajan ließ diese Linie weiter ausbauen. Die endgültige Nord grenze der Provinz Raetia, der rätische Limes, wurde schließlich unter Hadrian erreicht und unter Antoninus Pius dauerhaft befestigt. Ptolemaios hat für seine Beschreibung von Raetia offensichtlich verschiedene Quellen zusammengestellt. Sofern seine Grundlage die Karte des Marinos war, dürfte diese den Zustand vor der Zeit des Claudius gezeigt haben. Darauf weist der Umstand hin, dass Ptolemaios zu Raetia noch das Gebiet der Vallis Poenina/Wallis zählt; außerdem trennt er in seiner Beschreibung Raetia und Vindelicia. (NOBBE führt Vindelicia sogar als eigenes Kapitel an.) In ähnlicher Weise findet sich die gesonderte Nennung dieser drei Teile auch in älteren T itelformulierungen für die Verwaltung des Alpengebietes (DEGEN, S.
13).
Ferner erscheinen die unter Claudius und Nero eingerichteten Alpenprovinzen Alpes Graiae et Poeninae, Alpes Cottiae und Alpes Maritimae bei Ptolemaios nicht als eigenständige Gebiete, sondern werden teils noch zu Raetia, teils zu Gallia Narbonensis, teils zu Italien gerechnet. Als nördliche Grenze von Raetia gibt Ptolemaios nur die Donau an, wohingegen er den Raetischen Limes als Grenzlinie nicht nennt. Andererseits erwähnt er in der Beschreibung von Germania Magna den Ort Arae Flaviae/Rottweil. Dies deutet auf eine weitere Quelle aus flavischer Zeit hin. Auch andere Orte nördlich der Donau, die er ebenfalls zu Ger mania Magna zählt, obwohl sie nach der Grenzerweiterung durch Domitian zur Provinz Raetia gehörten, lassen sich mit römischen Militäranlagen bzw. Zivilsiedlungen identifizie ren (Alcimoennis/Sontheim a. d. Brenz, Cantioebis/ Aalen, Bibacum/F inningen, Brodel tia/Donauwörth, Setuacotum/Treuchtlingen). Alles in allem zeigen sich also W idersprüche in der Darstellung von Raetia, die aus der Zusammenstellung von Quellen unterschiedlicher zeitlicher Herkunft resultieren könnten. Die Inbesitznahme der Alpen durch die Römer bedingte auch die topographische Erfas sung dieses Gebietes. "Denn Hand in Hand mit dem Vormarsch der römischen Kampftrup pen erfolgte in großartiger Pionierleistung die geographisch-strategische Erschließung des Alpenraums durch die Anlage von Straßen" (CZYSZ, S.
29).
Die Bedeutung der Provinz
Raetia für die Römer lag gerade darin, dass es eine "eigentliche Straßenprovinz" war (WAL SER
1983,
S.
7),
d. h. hier verliefen die wichtigen Nord-Süd-Linien über die Alpen. Daraus
ergibt sich, dass für die Identifizierung der antiken Orte besonders die Straßenverbindungen im Alpen- und Alpenvorland berücksichtigt werden müssen.
83
Raetia
49'
49'
48'
47'
46'
45'
Transfonnati nscinhcilcn e
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500-2000m 150.500"'
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1
Aenus fluvius
34°001
47°201
lnn
13°26 1
48°351
13°241
48°391
021
2
Aenus fluvius
34°001
45°151
Eisacktal bei
11°321
46°46 1
11°341
46°411
1 -02
6°541
45°391
7°041
45°471
1 -10
10°011
47°111
10°181
47°06 1
1 -17
11°241
46°421
11°131
46°521
11'
Nr.
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Moderner Name
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TE
s
Q
041
N1
s
0,0
051
R3
u
0,0
B11
w
0,0
051
R2
w
0,0
-10
1
R3
u
0,0
-
Ponte Gardena 3
Alpes Graiae
30°001
45°201
am Kleinen
1
-08
St. Bern hard 4
Alpes Poeninae
31°301
45°301
am Großen St. Bernard
5
Ocra mons
33°301
45°301
bei den Samtaler Alpen
Bragodurum
30°001
46°401
Hüfingen
8°291
47°551
8°391
48°06 1
1 -10
-11'
R1
u
0,0
7
Dracuina
30°201
46°401
Tuttiirrgen
8°491
47°591
8°531
48°06 1
1 -04
-07
1
R1
u
0,0
8
Viana
31°001
46°401
Mengen
9°201
48°031
9°211
48°06 1
1 -01
-03
1
R1
u
0,0
9
Faeniana
31°451
46°501
Risstissen
9°501
48°16 1
9°521
48°131
1 -02
031
R1
u
0,0
10
Taxgaetium
29°501
46°151
Eschenz
8°521
47°391
9o09'
47°381
1 -17
011
R2
s
0,0
11
Brigantum
30°301
46°001
Bregenz
9°46 1
47°301
9°36 1
47°271
101
031
R2
s
A,O
12
Vicus
30°151
45°501
Altstätten
9°331
47°231
9°26 1
47°201
071
031
R2
u
O,B
13
Ebodurum
30°401
45°501
Bludenz
9°491
47°101
9°431
47°201
06 1
1 -10
R2
u
O,B
14
Drusomagus
30°301
46°051
Konstanz
9°101
47°401
9°001
47°411
101
-01
1
R1
u
B,O
15
Ectodurum
31°201
45°401
Landeck
10°341
47°081
10°111
47°131
231
-05
1
R2
u
O,B
16
Artobriga
32°151
47°101
Aislingen
10°271
48°301
10°121
48°271
151
031
R1
u
0,0
17
Boiodor um
33°501
47°151
Passau
13°291
48°351
13°16 1
48°351
131
001
N1
s
0,0
18
Augusta
33°001
46°501
Augsburg
10°531
48°221
10°431
48°131
101
091
R1
s
A,M
Carrodunum
33°501
46°451
Gauting
11°231
48°041
11°181
48°091
051
1
R1
u
0,0
20
Abodiacum
33°301
46°151
Epfach
10°551
47°551
11°041
47°481
1 -09
071
R1
s
0,0
21
Cambodunum
32°501
46°001
Kempten
10°191
47°431
10°36 1
47°371
1 -17
06 1
R1
s
0,0
22
Medullum
33°501
45°401
beim Brennerpass
11°321
46°591
11°271
46°591
051
001
R3
u
23
Inutrium
32°501
45°301
Nauders
10°311
46°531
10°451
46°521
1 -14
011
R3
w
6
Vindelicorum 19
-05
0,0 0,0
4.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen 4.3.1 Flüsse und Gebirge
(1) Aenus fluvius: Die Mündung des lnn in die Donau ist der nordöstliche Grenz Raetia. (2) Aenus fluvius: Dieser topographische Punkt wird von Ptolemaios als das südlichs te Ende ( to notiotaton peras) des lnns bezeichnet, der die Ostgrenze von Raetia bildet. punkt von
Auffällig ist zunächst der verwendete Begriff, der sich von der üblichen Bezeichnung für eine Quelle bzw. ein Quellgebiet
( hai pegai
bzw.
he kephale)
unterscheidet. Es handelt
sich bei dem genannten Punkt also vermutlich nicht um die lnnquelle, sondern um den südöstlichen Grenzpunkt der Provinz
Raetia.
Allerdings ordnet ihn Ptolemaios irrtümlich
dem Lauf des lnns zu, der nach seiner Angabe in nördlicher Richtung fließt, in Wirklichkeit aber in nordöstlicher Richtung verläuft. Nach den transformierten antiken Koordinaten liegt der angegebene Punkt nördlich von Bozen, etwa dort, wo sich die Straßenstation von 85
Sublavio /Ponte Gardena
am
Isarcus /Eisack befand. Durch das Eisacktal verlief, von Verona kommend, eine Straße, die den Brennerpass überquerte und bei Fons Aeni /Pfaffenhofen den Inn erreichte, von wo sie über AbodiacumjEpfach weiter bis nach Augusta V indelicorum/ Augsburg führte (Itin. Ant. 275, 1-9). Ptolemaios könnte also den Lauf des Isarcus/Eisack mit dem des Aenus/Inn verwechselt haben. Der Isarcus ( Isargus) /Eisack wird erstmals in der Consolatio ad Liviam (9 v. Chr.) erwähnt. (3) Alpes Graiae: Nach Ptolemaios wird Raetia im Süden durch einen Alpenzug begrenzt, der sich oberhalb Italiens auf ungefähr gleicher Breite erstreckt und dessen west lichster Abschnitt die Alpes Graiae sind. Aus einer Angabe des Plinius wird deutlich, dass es sich bei den Alpes Graiae wie auch bei den folgenden Alpes Poeninae um die Gebiete von Pässen handelt (iuxta geminas Alpium fores, Graias et Poeninas; Nat. hist. III, 123). Mit den Alpes Graiae wird das Gebiet um die Passhöhe des Kleinen St. Bern hard bezeichnet (HOWALD/MEYER, S. 107; HANSEN, S. 585). Dieser war seit Tiberius befahrbar (VALLIS POENINA, S. 19). (4) Alpes Poeninae: Westlich der Alpes Graiae liegen die Alpes Poeninae, womit das Gebiet um die Passhöhe des Großen St. Bernhard bezeichnet wird (HOWALD/ MEYER, S. 107; HANSEN, S. 585). Der Passweg über den Großen St. Bernhard, den Summus Poeninus nach dem dort verehrten Gott Poeninus, war die kürzeste Verbindung zwischen Italien und den nordwestlichen Provinzen des Römischen Reiches und wurde wahrscheinlich unter Claudius im Zusammenhang mit der Gründung von Forum Claudii Vallensium/Martigny ausgebaut (VALLIS POENINA, S. 75). Der Große St. Bernhard wird sowohl im Itin. Ant. (Summus Peninus, 351, 4) als auch in der Tab. Peut. (in summo Pen nino) erwähnt. Nach MEHLIS (S. 20) umfassen die Alpes Poeninae "die Zentralalpenkette vom Gr. St. Bernhard über dem Adularstocke bis zum Ostende der Ortler Alpen". (5) Ocra mons: Der Ocra monsist bei Ptolemaios der östlichste Abschnitt jenes Teiles der Alpen, der oberhalb von Italien die Südgrenze von Raetia bildet. Nach Strabon ist Okra der niedrigste Teil und südöstliche Abschluss der Alpen (IV, 6, 10; V, 1, 3; VII, 5,2); Plinius erwähnt eine Stadt Ocra (Nat. hist. III, 131) im Gebiet der Garni (keltisches Volk in den Karnischen Alpen), die mit dem gleichnamigen Gebirgszug in Verbindung stehen könnte. Der Ocra mons wird mit dem Birnbaumer Wald (GRAF, S. 5; HOWALD/MEYER, S. 107) bzw. dem Nanos (SASEL, BARRINGTON-ATLAS) identifiziert, BERNECKER (S. 376) hält ihn für das Großglocknermassiv (S. 368 und 382; weitere Identifizierungen s. VEDALDI IASBEZ, S. 99). Diese Alpenregionen liegen jedoch im Gebiet von Venetia und Histria bzw. von Noricum und damit für einen Grenzabschnitt der Provinz Raetia zu weit östlich. Auch nach den Angaben des Ptolemaios ist das Ocra-Gebirge weiter westlich zu suchen. Die transformierten antiken Koordinaten deuten auf eine Gegend südwestlich des Brennerpasses (vgl. Nr. 22 Medullum) hin und verorten den Ocra mons des Ptolemaios etwa im Gebiet der Sarntaler Alpen. Der antike Name ist vielleicht vom griechischen okris "Bergspitze" abgeleitet, jedoch ist auch die Namensform Akra überliefert. Diese erscheint bei Herodot (VI, 100, 2) in der Bedeutung "Bergland" (vgl. FINZENHAGEN, S. 78f.). Ob Ptolemaios den Ocra mons falsch lokalisiert hat oder ob es sich bei dem von ihm erwähnten Ocra um einen anderen Gebirgszug als den von Strabon genannten handelt, lässt sich nicht entscheiden. Nach MEHLIS (S. 20) umfasst der Ocra mons "die Südtirolischen und Karnischen Alpen von der Etsch und Eisack bis zur Mündung des Gail in die Drau".
86
4.3.2 Orte
(poleis episemoi) in Raetia et Vin delicia werden im achten Buch der 7, 3-4) aufgeführt: (11) Brigantium/Bregenz und (18) Augusta
Als Hauptorte
"Geographie" (VIII,
Vindelicorumj Augsburg. Von den 18 Städten (poleis), die Ptolemaios in Raetia et Vindelicia erwähnt, sind sechs eindeutig identifiziert: Taxgaetium ( Tasgaetium)/Eschenz, Brigantium/Bregenz, Boio durum /Passau, Augusta Vin delicorum ( Vin delicum)/Augsburg, AbodiacumjEpfach und Cambodunum/Kempten. Sie gehören zum vindelikischen Teil der Provinz Raetia, wo deren militärischer, zivilisatorischer und kultureller Schwerpunkt lag (DEGEN, S. 14). Allerdings ist eine vom Lech gebildete Grenze zwischen Raetia und Vindelicia, wie sie Ptolemai os angibt, "nur eine künstliche Konstruktion, da das Land der Vindeliker vielmehr den nördlichen Teil der einheitlichen Provinz einnimmt" (HANSEN, S.
586).
Die zuerst von Ptolemaios genannten, direkt an der Donau gelegenen Orte
Dracuina, Viana
und
Faeniana
sowie
Artobriga
Bragodurum, 50) mit der
bringt bereits MEHLIS (S.
Anlage der Donausüdstraße in Verbindung.
(6) Bragodurum (Bragodunum): Nach den antiken Koordinaten liegt der Ort Bra godurum 10' südlich des Quellgebietes der Donau (s. Nr. 2 Danubius fiuvius in Abschnitt 2.3.2). Hiermit bezeichnet Ptolemaios wahrscheinlich den Zusammenfluss von Brigach und Brege bei Donaueschingen ( vgl. MEHLIS, S. 17). Etwa dort befindet sich der Ort Bri gobannis, der auf der Tab. Peut. als Station der Straße von Vin donissa/Windisch nach Sumelocenna/Rottenburg verzeichnet ist und mit Hüfingen identifiziert wird (PLANCK, S.
127-133). MÜLLER setzt
Bragodurum
mit
Brigobannis
dinaten erlaubt die Gleichsetzung beider Orte. deren Name sich nach BAHLOW (S.
59)
gleich; auch die Analyse der antiken Koor
Brigobannis/Hüfingen
liegt an der Brege,
von dem keltischen Gewässerwort
brig
herleitet.
Bragodurum bzw. Bragodunum passen, der nach RASCH (S. 133) *brago- ("Sumpf') enthält und "Sumpfstadt" oder "Sumpfburg" bedeu tet. Unklar bleibt jedoch der mögliche Zusammenhang der Namensformen Bragodurum und Brigobannis. Nach SIMS-W ILLIAMS (S. 44) bedeutet der Namensteil banno- "hoch oder Höhe". Ist also Brigobannis (vielleicht "Höhe an der Brege") ein jüngerer Name ei nes Ortes, der an der Stelle der aufgegebenen älteren "Sumpfstadt" Bragodurum gegründet
Dazu könnte der Name das keltische Wort
wurde? Spätkeltische Funde sprechen dafür, dass dem römischen Kastell von Hüfingen eine keltische Siedlung vorausging (PLANCK, S.
Bragodurum
129).
ist nach Ptolemaios der westlichste Platz in einer Reihe von Orten, die
direkt südlich der Donau liegen. Es handelt sich hierbei offensichtlich um Stationen an der Straße, die unter Claudius angelegt wurde und die die römischen Garnisonen am Südufer der Donau verband (HÜSSEN, S. im Osten (PLANCK, S.
Sie reichte von Hüfingen im Westen bis Weltenburg
65).
Auffällig ist, dass Ptolemaios
mania Superior
58).
Bragodurum
dem Gebiet von
Raetia
anstatt von
Ger
zuordnet. Diese Zuordnung entspricht jedoch der von ihm angegebenen
Grenzziehung, nach der die "Donauquelle" bei Donaueschingen unmittelbar nördlich von Hüfingen der nordwestliche Grenzpunkt von
Raetia
ist. Vielleicht spiegelt sich hier ein
Germania 51f.) identifiziert Bragodurum mit Mengen-
älterer Grenzverlauf wider, wie er vor der endgültigen Einrichtung der Provinz
Superior
durch Domitian bestand. MEHLIS (S.
87
Ennetach. Die Station Brigobannis der Tab. Peut. lokalisiert FREUTSMIEDL (S. 184f.) bei Donaueschingen.
(7) Dracuina (Dracuiana):
Bei diesem Ort könnte es sich um die zweite Station
der Donausüdstraße (s. Nr. 6 Bragod urum) bei Tuttlingen handeln. In Tuttlingen wur den römische Gebäudereste gefunden, die vermutlich von einem Kastell oder von einer zivilen Lagersiedlung stammen (PLANCK, S. 338f.). Nach BECHERT (S. 153) verlief bei Tuttlingen die Westgrenze von Raetia. MEHLIS identifiziert Dracuina mit Offingen, nach REINECKE (S. 29) kön nte es bei Emerkingen gelegen haben.
(8) Viana:
Als weitere Station der erwähnten Donausüdstraße (s. Nr. 6 Bragodurum)
lässt sich Viana anhand der transformierten antiken Koordinaten mit Mengen-Ennetach identifizieren. Hier befanden sich mehrere römische Kastelle; dank seiner günstigen ver kehrsgeographischen Lage konnte sich der Standort auch zu einem "lebhaften Straßendorf' entwickeln (PLANCK, S. 207). MÜLLER bringt Viana mit der Straßenstation Viaca , die in der Tab. Peut. erwähnt wird, in Verbindung und lokalisiert deshalb Viana bei Gennach; MEHLIS (S. 53, Anm. 5) bemerkt hierzu: ,,Viaca erg. Castra
=
Straßenlager hat mit Viana
gar nichts zu tun". Er identifiziert Viana mit Unterkirchberg (ebenso PLANCK, S. 135), der BARRINGTON-ATLAS erwägt eine Gleichsetzung mit Rißtissen.
(9) Faeniana:
Nach den antiken Koordinaten lässt sich Faeniana mit Rißtissen iden
tifizieren, das ebenfalls an der genannten Donausüdstraße lag (s. Nr. 6 Bragodurum). Das römische Kastell von Rißtissen wurde um 45/50 gegründet (PLANCK, S. 65). Nach dem Abzug des Militärs entwickelte sich eine Zivilsiedlung. MÜLLER identifiziert Faeniana mit Finningen, FILTZINGER mit Unterkirchberg.
(11) Brigantium:
Die Analyse der antiken Koordinaten zeigt, dass Ptolemaios den
Ort Brigantium/Bregenz ebenso wie Augusta Vindelicorum/Augsburg in gleicher Weise zu weit westlich lokalisiert. Diese ungenaue Lokalisierung ist zwar auffällig, weil beide Orte in der Städteliste des achten Buches der "Geographie" als "bedeutende Städte" (poleis episemoi) verzeichnet sind, sie lässt sich jedoch plausibel erklären.
Im achten Buch gibt Ptolemaios die Längen aller "bedeutenden Städte" (s. Ab schnitt 1.2.1.3), also auch die von Brigantium/Bregenz und Augusta Vindelicorum/ Augsburg, in Form des Zeitunterschieds zu Alexandria an (VIII, 7, 3-4). Dabei entspricht 1 h einem Längenunterschied von 15°. Der Nullmeridian der ptolemäischen Längen verläuft durch die "Inseln der Seligen" (Kanarische Inseln). Alexandria liegt laut den Angaben des achten Buches 4 h in östlicher Richtung von den "Inseln der Seligen" entfernt, seine Länge, die als Referenz dient, beträgt also 60°. Da Brigantium/Bregenz 2 h westlich von Alex andria liegt, A ugusta Vindelicorum/Augsburg 1 h 50 min, ergeben sich hieraus die von
Ptolemaios im Ortskatalog
(11,
12, 5 und 8) genannten Längenangaben. Möglicherweise
gehen diese Werte jedoch auf eine falsche Berechnung zurück. Im Ortskatalog des vierten Buches (IV, 5, 9) nennt Ptolemaios für Alexandria, abweichend vom achten Buch, eine Länge von 60°30'. Legt man diese zugrunde, um in der angegebenen Weise die Länge von Brigantium und A ugusta Vindelicorum zu berechnen, ergibt sich für Brigantium ein Wert
von 30°30' und für Augusta Vindelicorum von 33° (Tab. 4.2). Damit liegen beide Städte 30' weiter östlich, so dass sie bzgl. ihrer benachbarten Orte wesentlich geringere und als zufällig zu bewertende Restfehler aufweisen. Da die Analyse der antiken Koordinaten einen der artigen Umrechnungsfehler möglich erscheinen lässt, wurden die korrigierten Längenwerte im Abschnitt 4.2 übernommen.
88
Tabelle 4.2: Längenbestimmung von Brigantium und Augusta Vindelicorum nach Buch VIII Längendifferenz �A
A
A berechnet
zu Alexandria
Ortskatalog
A=
(nach Buch VIII) Augusta Vin delicorum Brigantium
(12) Vicus:
60°30' + �A
-1 h 50 min = -2T30'
32°30'
33°00'
-2 h = -30°
30°
30°30'
Nach MÜLLER ( a d loc.) und HOWALD/MEYER (S. 107) entspricht der
Ort Vicus der in der Tab. Peut. genannten Station Viviscus/Vevey, die zwischen Pen nelucosjbei V illeneuve und Viromagus/Oron-la-V ille liegt; im Itin. Ant. lautet derselbe Streckenabschnitt Penne Loci- Vibiscus- Uromagus
( 351,
7; 352, 1-2). Träfe diese Annah
me zu, dann hätte Ptolemaios den in der Vallis P oeniana/Wallis gelegenen Ort Viviscus irrtümlich zu weit nach Osten versetzt, denn nach seinen Angaben ist Vicus in der Nähe von Brigantium/Bregenz am Bodensees zu suchen, während Viviscus/Vevey am Genfer See liegt. Eine Gleichsetzung des Ortsnamens Viviscus mit dem ptolemäischen Vicus ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Vicus ist allgemein die Bezeichnung einer Siedlung ohne eigene Verwaltung und ohne eigenen Rechtsstatus, die in der Form einer "Straßensiedlung" den größten Teil der schweizerischen Römerorte bildete ( vgl. MEYER, S. 67 ) . Es ist also vor stellbar, dass Ptolemaios in seiner Quelle nur eine allgemeine Angabe vicus "Straßendorf' ohne genauen Ortsnamen vorgefunden und diese übernommen hat. MEHLIS lokalisiert Vicus bei Altstätten und vermutet, Ptolemaios wollte "mit der Er wähnung dieses Ortes den linksrheinischen Straßenzug, der mit Turicum die Verbindung herstellte, markieren" (S. 65 ) . Altstätten wird bereits bei seiner ersten urkundlichen Erwäh nung im Jahre 853 als villa n ominata altsteti, d. h. als "alte Stadt" bezeichnet; dies könnte auf ein hohes Alter hinweisen. Auch die Analyse der transformierten antiken Koordinaten spricht für die Lokalisierung von Vicus bei Altstätten.
(13) Ebodurum:
W ie im Falle von Vicus (Nr. 12) und Ectodurum (Nr. 15) wird auch
bei Ebodurum vermutet, Ptolemaios habe hier einen eigentlich in die Vallis P oenina/Wallis gehörenden Ort zu weit östlich lokalisiert (HOWALD/MEYER, S. 108f. ) und mit Ebodurum sei deshalb Eburodunum/Yverdon gemeint (BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 239, Anm. 264 ) . Sollte es sich bei Ebodurum tatsächlich um eine Variante des Namens Eburodunum handeln, so ist jedoch eine Gleichsetzung mit dem am Neuenburger See gelegenen Ebu rodunum/Yverdon nicht zwingend erforderlich, denn der keltische Ortsname Eburodunum erscheint mehrfach. So gibt es einen gleichnamigen Ort im heutigen Frankreich (Eburodu num/Embrun), einen weiteren erwähnt Ptolemaios in Germania Magna (vermutlich Brno); in der Notitia dignitatum ( Occi dens, XLII, 15) wird die F lottenstation Ebrudunum Sapau diae (Savoyen) genannt (nach STAEHELIN, S. 313, vielleicht Yvoire am Genfer See). Es kann sich bei Ebodurum aber auch um eine eigenständige Namensform handeln, die nach MEHLIS' Vermutung (S. 63) von der Wurzel epo- ("Ross") gebildet sein könnte. Er loka lisiert Ebodurum bei Bludenz. Der BARRINGT ON-AT LAS weist Bludenz als römische Siedlung aus; auch die Analyse der antiken Koordinaten spricht für diese Identifizierung. 89
Allerdings ging MEHLIS davon aus, dass Ebodurum eine Station an einem Straßenzug sei, der über den Arlberg-Pass zur Via Claudia Augusta führe, und dass dieser Passüber gang den Römern bekannt gewesen sei. Diese Ansicht wird jedoch nicht mehr vertreten (STAEHELIN, S. 367, Anm. 7; PAULI, S. 239). (14) Drusomagus: In der Literatur wird wegen der Annahme, die im Zusammenhang mit Drusomagus genannten Orte Vicus, Ebodurum und Ectodurum seien von Ptolemaios irrtümlich zu weit nach Osten versetzt worden und lägen in Wirklichkeit im Wallis, auch Drusomagus dort lokalisiert (HOMEYER/MEYER, S. 108f., Anm. 1); deshalb wird eine Identifizierung von Drusomagus mit Sitten erwogen (VALLIS POENINA, S. 187-190). Für die Länge von Drusomagus sind unterschiedliche Werte überliefert: 31°30' (0Rezension) und 30°30' (3-Rezension). Die Analy se der antiken Koordinaten ergab, dass die Längenangabe 30°30' der wahrscheinlichere Wert sein könnte, und dass Drusomagus somit bei Konstanz am Südufer des Bodensees gelegen haben könnte. Bereits in au gusteisch/frühtiberischer Zeit wurde hier in verkehrsgünstiger Lage ein römisches Militär lager angelegt (PLANCK, S. 154). Da der Name Constantia wohl erst kurz nach 350 von Kaiser Constantius II verliehen wurde (PLANCK, S. 154), könnte der ältere Name des Ortes Drusomagus ("Drususfeld") gewesen sein. Die Frage, ob er im Zusammenhang mit dem älteren oder jüngeren Drusus steht, lässt sich nicht beantworten. Möglich wäre auch eine rein keltische Ableitung des Namens von *drousso "Gesträuch" (HOWALD/MEYER, S. 109, Anm. 1). TSCHUDI identifiziert Drusomagus mit Memmingen (S. 271). (15) Ectodurum ( Octodurum): Dieser Ort wird häufig mit dem von Caesar erwähn ten Octodurus ( Bell. Gall. Ill, 1, 4) gleichgesetzt (z. B. MÜLLER ad loc.; HOWALD/MEY ER, S. 108; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 239). Octodurus lag im oberen Rhönetal am Fuße des Großen St. Bernhard beim heutigen Martigny. Die genaue Lage dieser kelti schen Siedlung ist bisher nicht bekannt; in ihrer Nähe gründete Claudius die Stadt Forum Claudii Vallensium / Martigny als Hauptort der c ivitas der vier Walliser Stämme (F UR LER et al. S. 158; vgl. VALLIS POENINA, S. 166). Nach der Abtrennung des Wallis von Raetia wurde Forum Claudii Vallensium der Statthaltersitz der Provinz A lpes Graiae et Poeninae.
Träfe die Gleichsetzung des von Ptolemaios genannten Ectodurum mit Octodurus j bei Martigny zu, dann hätte Ptolemaios diesen Ort- ebenso wie Vicus (Nr. 12) und Ebodurum (Nr. 13) - zu weit nach Osten verlegt. Die genannte Gleichsetzung basiert jedoch nur auf einer Namensähnlichkeit, denn die S-Rezension überliefert den Ortsnamen als Octo durum (in der griech. Form Oktodouron ) ; die 0-Rezension hingegen gibt Ectodurum (in der griech. Form Ektodouron) an, eine weitere Variante lautet Tektodouron, das lat. Tectodurum ergäbe. Wir folgen hier MEHLIS in der Wiedergabe der Namensform. Ein ähnlicher Fall liegt in Ptolemaios' Beschreibung von Hispania Tarraconensis vor, wo ein Ortsname in den Lesarten Ectodurum und Octodurum überliefert ist (GH II, 6, 59). Es besteht also ebenso wenig eine Notwendigkeit für die Annahme, Ectodurum sei das bei Martigny gelegene Octodurus, wie für die Vermutung, mit Vicus und Ebodurum seien die Walliser Orte Viviscus und Eburodunum gemeint. Offensichtlich erwähnt Ptolemaios keine Orte in der Val lis Poenina/Wallis, denn auch andere Namen wie Tarnaiae/Massongex, Acaunus/Saint-Maurice und Penneloc i j bei Villeneuve fehlen. Dieser Umstand könnte sich daraus erklären, dass Ptolemaios für die Beschreibung von Raetia verschiedene Quellen verwendet hat. Für die Zeichnung des Grenzverlaufs lag ihm möglicherweise eine ältere Quelle vor - vielleicht die Karte des Marinos -, die das Wallis noch zu Raetia zählte, für 90
die Ortsangaben hingegen eine jüngere Quelle, die die Walliser Orte nicht mehr im Gebiet von Raetia aufführte ( vgl. Abschnitt 4.1). Bereits TSCHUDI (S. 337) identifiziert Ectodurum mit Landeck im Inntal; ihm folgt MEHLIS (S. 63f.). Auch die Analyse der antiken Koordinaten erlaubt diese Identifizierung. Ectodurum könnte somit eine Station an der Via Claudia Augusta gewesen sein.
(16)
Art obriga: Bei dem von Ptolemaios erwähnten vindelikischen Artobriga ("Bären
berg") an der Donau wird es sich wahrscheinlich nicht um den gleichnamigen Ort der Tab. Peut. handeln, denn dieser liegt zwischen Iuvavum/Salzburg (an der Salzach) und Bedai um/Seebruck (am Chiemsee) in Noricum. Das vindelikische Artobriga befindet sich nach den antiken Koordinaten nahe der Einmündung des ersten aus Germanien kommenden Flusses in die Donau. Dieser Fluss lässt sich mit der Brenz identifizieren (s. Abschnitt 2.3.2, Nr. 24 fiuvius), bei deren Einmündung eine von Augusta Vindelicorum/ Augsburg kommen de Straße die Donau überquerte. Die angegebene Lage von Artobriga könnte somit der von Aislingen entsprechen. Das Plateau des "Alten Berges" bei Aislingen, auf dem es bereits
vor der Anlage eines römisches Kastells ausgedehnte vor- und frühgeschichtliche Befesti gungsanlagen gab (CZYSZ, S. 415), ist vielleicht der von Ptolemaios erwähnte "Bärenberg" gewesen. Aislingen ist eine weitere Station an der erwähnten Donausüdstraße (s. Nr. 6 Bra godurum). MEHLIS (S. 54) identifiziert Artobriga mit Druisheim, STECHE (S. 173) sucht es bei Donauwörth, HANSEN (S. 586) setzt es mit dem oppidum von Mauehing gleich.
(18)
Au gusta Vindelicorum: Die im Ortskatalog angegebene Länge von Augusta
Vindelicorum/ Augsburg wird als falsch angesehen und der Längenwert verwendet, der sich durch Umrechung der Angaben im achten Buch mit der Länge Alexandrias von 60°30' aus dem vierten Buch der "Geographie" ergibt (s. Nr. 11 Brigantium).
(19)
Carrodunum: Dieser Ort lässt sich anhand der transformierten antiken Koordi
naten mit Gauting identifizieren. Hier existierte seit tiberischer Zeit eine Militärstation (HÜSSEN, S. 58), in flavischer Zeit entwickelte sich in Gauting ein "beachtlicher Handel sort" (CZYSZ, S. 448). Er lag an der Militärstraße, die von Vindonissa/Windisch über Brigantium/Bregenz, Cambodunum/Kempten nach Iuvavum/Salzburg führte. Spuren ei ner keltischen Siedlung, auf die der keltische Ortsname Carrodunum hindeuten könnte, wurden ebenfalls gefunden (CZYSZ, S. 448). Hingegen ist die vorgeschlagene Identifizierung von Gauting mit dem in der Tab. Peut. verzeichneten Bratanianum (CZYSZ, S. 448) nicht sicher. Nach BAUER (S. 44) lag Bratanianum bei Pretzen südlich von Erding, FREUTS MIEDL setzt es mit Bad Tölz gleich (S. 65f., S. 82f.). MEHLIS (S. 68) lokalisiert Carrodunum am Innübergang Simbach-Braunau, MÜLLER ( ad loc.) und RASCH (S. 38) identifizieren es mit Karnberg bei Wasserburg am Inn. Wei tere Orte des Namens Carrodunum (griech. Karrodounon) nennt Ptolemaios in Germania Magna, Pannonia Superior und im europäischen Sarmatia .
(22)
Medullum: Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Medul
lum am Brennerpass lokalisieren. Es könnte also eine Station an der Straßenverbindung gewesen sein, die von Hostilia/Ostiglia am Po über Verona, Tridentum/Trient, den Bren ner nach Veldidena/W ilten bei Innsbruck führte. HEUBERGER (1947, S. 126) lokalisiert Medullum bei Landeck
(23)
Inutrium: Dieser von Ptolemaios als südlichste Stadt von Vindelicia aufgeführte
Ort wird allgemein mit Nauders identifiziert (MÜLLER ad loc.; CARTELLIERI; HEU BERGER 1947). Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Inu trium/Nauders, oberhalb des Inntals zwischen Reschen- und Finstermünzpass gelegen, war 91
offensichtlich eine Station an der Via Claudia Augusta. Im Herbst 2002 wurde in Nauders ein römischer Meilenstein gefunden (PÖLL). MEHLIS (S. 66) identifiziert Inutrium mit Zirl bzw. Reith. 4.4 Literatur
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94
1994
5 Noricum 5.1 Allgemeines Ehe die Römer das Gebiet der späteren Provinz
Noricum in Besitz nahmen, bildeten die Norici das König
dort siedelnden Kelten gegen Ende des 2. Jh. v. Chr. unter Führung der reich
Noricum, das regnum Noricum. Dieses umfasste den Donau-Alpen-Raum und reichte
im Süden bis in das heutige Slowenien, im Osten bis zum Plattensee in Ungarn. Bereits seit dem Beginn des 2. Jh. v. Chr. unterhielten die Römer politische und wirtschaftliche Beziehungen zu den Alpenkelten, wobei neben Gold, Blei und Zinkblende hauptsächlich das norische Eisen
(ferrum Noricum, vgl. Plin. Nat. Hist. XXXIV, 145) von Interesse für
s1e war. Als unter Augustus die Eingliederung des Alpen- und Donauraumes in das Römische Reich erfolgte, wurden während des Alpenfeldzuges 15. v. Chr. die Stämme der Raeter und Vindeliker (s. Abschnitt 4.1) militärisch unterworfen, wohingegen die Macht im
regnum Noricum anscheinend ohne Kämpfe von den Römern übernommen wurde. Möglicherweise war es de iure zunächst noch selbständig, bis es unter Claudius offiziell zur Provinz wurde (BECHERT, S. 182). Hauptstadt der Provinz und Sitz des Statthalters war bis zur Zeit
Virunum auf dem Zollfeld bei Klagenfurt. Noricum änderten sich die politischen Gren zen des ehemaligen regnum Noricum. Da die Donau die Nordgrenze bildete, lagen nun das Mühl-, Wald- und Weinviertel in Germanien. Die norische Ostgrenze zur Provinz Panno nia, von der Teile ebenfalls zum Territorium des regnum Noricum gehört hatten, verlief Caracallas
Mit der Einrichtung der römischen Provinz
wahrscheinlich auf dem Kamm des Wiener Waldes bis etwa zur Mündung der Lafnitz in die
Murus/Mur und den Dravus/ Drau und schloss das Gebiet Celeia/Celje im heutigen Slowenien ein. Im Süden zog die Grenze auf dem Kamm der
Raab. Dann überquerte sie den von
Karawanken und der Karnischen Alpen entlang bis zum Plöckenpass; sie umfasste auch das Pustertal (BECHERT, S. 183; W INKLER, S. 10). Die Grenze zu
Raetia im Westen
verlief wahrscheinlich von der Mühlbacher Gegend am Ausgang des Pustertals über die Jöcher ins Zillertal, zog durch das Zillertal bis zum lnn und schließlich den lnn entlang, bis sie bei Passau auf die Donau stieß (vgl. FORCHER, S. 10).
Noricum war "ein von der Natur und den Alpengrenzen und den Strömen lnn und Donau wohlumgürtetes Gebiet" (MEHLIS, S. 81). In seinem lnnern war es weitgehend unbewohnt, südlich des Alpenkammes bildeten tiefeingeschnittene Täler die wichtigsten Verkehrswege in Ost-West-Richtung (FISCHER, S. 5). Im Norden der Provinz bestanden Straßenver bindungen zwischen den Kastellen am südlichen Donauufer. Auch die römischen Städte
Raetia und Pannonia verbunden; zentrale Aquileia in Italien nach Noricum; ein uralter Handelsweg
waren durch Straßen untereinander sowie mit Nord-Süd-Routen verliefen von
führte schließlich über die Donau nach Germanien. Ptolemaios' Beschreibung von
Noricum geht vermutlich auf eine Quelle des 1. Jh. n. Claudivium, das wahr
Chr. zurück. Ein zeitlicher Anhaltspunkt ist die Erwähnung von
scheinlich im Zusammenhang mit Claudius (reg. 41-58) steht und ein Kastell an der Donau
95
gewesen sein könnte. Da der Donaulimes in Noricum erst unter den F laviern ausgebaut wurde und Standorte wie Favianae/Mautern, Augustianae/Traismauer oder Commage nae jTulln von Ptolemaios nicht genannt werden, dürfte seine Vorlage noch vor dieser Zeit entstanden sein. Bei den Orten Gabavodurum und Gesodunum, die in anderen Quellen nicht erscheinen, könnte es sich deshalb um ältere keltische Siedlungsplätze handeln, die später aufgegeben wurden. Ferner fehlen zahlreiche Orte wie z. B. Bedaium/lnnsbruck, Iuvavum/Salzburg, Ovilava/Wels oder Cetium/St. Pölten, die sich im Straßenverzeichnis des Itin. Ant. finden. Vergleicht man dessen Angaben mit denen der Tabula Peutingeriana, wird der kontinuierliche Ausbau der römischen Straßen in Noricum deutlich. Ptolemaios' Beschreibung spiegelt offensichtlich eine frühere Phase dieser Entwicklung wider. Hinsichtlich der starken geographischen Gliederung des Gebietes wirken seine Angaben eher nüchtern; so werden die Gebirgszüge der Alpen im lnnern der Provinz nicht erwähnt und, abgesehen vom Aenus j lnn, die südlichen Nebenflüsse der Donau in Noricum wie Druna/Traun, Anisus/Enns, Ivesis/Ybbs, Arelape j Erlauf oder T ragisamus/Traisen nicht genannt.
96
Noricum
° 48
47'
°
46
Tmnsfom1ationscinheitcn e
NI
>2000 t1l
Arelaie
500 • 2000 m
bei Llnz
150-500m
Moderner Name
>.-5. cp-:f, OS' 051
TE
s
Q
N2
w
0,0
-031
N2
u
0,0
Hügelland terminus
36°001 45°201
Kanzianiberg
13°521 46°331 13°501 46°2S1
021
051
N3
u
0,0
4
Carvancas mons
35°001 45°201
am Plöckenpass
12°561 46°361 13°041 46°2S1
-OS'
OS'
N3
u
0,0
5
Arelate
35°001 47°001
bei Linz
14°1S1 4So191 14°101 4So241
OS'
N1
w
0,0
6
Claudivium
36°001 46°401
Wallsee
14°431 4So101 14°561 4S0091
- 131
-051 011
N1
u
0,0
7
Gabavodurum
36°401 46°401
bei St. Pölten
15°3S1 4So121 15°271 4S0091
11'
031
N1
u
0,0
s
Gesodunum
35°401 46°301
bei Steyr
14°2 51 4S0021 14°411 4S0011
011
N1
u
0,0
9
Bedacum
34°151 46°151
bei Strass im
11°491 47°221 11°441 47°241
1 - 16 1 05
1
R3
u
0,0
N3
s
0,0
N3
s
A,O
N3
u
0,0
N2
s
0,0
N3
s
0,0
3
-02
Zillertal Aguntum
36°301 46°201
Dölsach
12°511 46°501 14°131 47°151
- S21
10
Aguntum
34°301 46°201
Dölsach
12°511 46°501 12°401 47°151
11'
11
Vacorium
36°001 45°451
Treffen
13°511 46°411 13°501 46°4S1
011
12
Poedicum
37°001 46°001
Bruck an der Mur
15°171 47°2 51 15°2 91 47°271
13
Virunum
36°401 45°451
Zollfeld (NE of
14°22 1 46°411 14°201 46°4S1
1 - 12 1 02
-2 51 1 -2 5 1 -07 1 -02 1 -07
10
Klagenfurt) Teurnia
34°401 45°401
St.-Peter in Holz
13°261 46°501 12°4S1 46°441
3S1
061
N3
s
0,0
14
Teurnia
35°401 45°401
St.-Peter in Holz
13°261 46°501 13°341 46°441
061
N3
s
A,O
15
!dun um
35°101 45°301
Gurina
13°041 46°391 13°111 46°361
-OS' - 071
031
N3
u
0,0
16
Sianticum
36°001 45°301
Viilach
13°511 46°361 13°501 46°361
011
001
N3
s
0,0
17
Celeia
37°001 45°301
Celje
15°151 46°141 14°361 46°361
391
N3
s
0,0
17
Celeia
3S0001 45°301
Celje
15°151 46°141 15°22 1 46°361
N3
s
A,O
1S
Iulium Carnicum
34°301 45°151
Zuglio
13°011 46°2S1 12°401 46°2 51
- 071 211
-22 1 1 -22 1 03
N3
s
0,0
14
5.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen (poleis episemoi) in Noricum werden im achten Buch der "Geographie" 5) aufgeführt: (5) Arelatejbei Linz (unsicher) und (18) Iulium Carnicumj
Als Hauptorte (VIII, 7, Zuglio.
(2) Cetius mons: Nach Ptolemaios erstreckt sich der Cetius mons als östliche Noricum über 1°20' in Nord-Südrichtung. Er umfasst den "Wienerwald und die südlich sich anschließenden niederösterreichisch-steirischen Alpen" (HANSEN, S. 586). Das Südende des Cetius mons liegt nach den transformierten antiken Koordinaten im (1),
Grenze von
Oststeirischen Hügelland.
(3) terminus: Diese Grenzmarke wird von Ptolemaios als westlichster Punkt des süd lich vom Cetius mons gelegenen Teiles von Pannonia superior angegeben. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt er sich beim Kanzianiberg lokalisieren. In der Nähe des Kanzianiberges wurden Siedlungsreste von der Römerzeit bis in die Spätantike
163). (4) C arvancas mons: Dieser Alpenzug bildete nach Ptolemaios einen Teil der Grenze zwischen Noricum und Pannonia superior (GH II, 14, 1) sowie zwischen Noricum und Italien (GH III, 1, 1). Er umfasste nicht nur die heutigen Karawanken zwischen Drau und gefunden (LIPPERT, S.
98
Save, sondern auch die Karnischen Alpen (HANSEN, S. 586). Der von Ptolemaios ange gebene Mittelpunkt des Carvancas mons lässt sich anhand der transformierten antiken Koordinaten am Plöckenpass lokalisieren. Über den Plöckenpass verlief die Straßenver bindung von Aquileia an der Adria ins Pustertal und weiter über den Brennerpass an den lnn nach Veldidena / Wilten bei lnnsbruck ( Itin. Ant. 279, 4-280, 4). Mehrere Inschriften von der Höhe des Plöckenpasses bezeugen die Anlage der Passstraße und ihren Erhalt durch die Stadt Iulium Carnicum / Zuglio (WINKLER, S. 38-41). ( 5) Arelate ( Aredate): Dieser südlich in Donannähe gelegene Ort ist aufgrund seines Namens mit dem im Itin. Ant. (234, 3; 248, 5) erwähnten Arlape/Pöchlarn an der Mündung der Erlaf in die Donau gleichgesetzt worden (MÜLLER ad loc.; CUNTZ, S. 153; RASCH, S. 19; TIR-M33; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 241). Der von Ptolemaios erwähnte Ort Arelate befindet sich 2°45' westlich von Wien (11, 14, 3); dieser Abstand ist jedoch zu groß, als dass er der Entfernung Wien-Pöchlarn entsprechen könnte (modern 1°13'). Die antiken Koordinaten von Arelate entsprechen vielmehr genau denen, die Ptolemaios für Usbium in Germania Magna (Nr. 127) angibt; offensichtlich handelt es sich also bei Arelate und Usbium um zwei Grenzorte an der Donau. Sie bildeten die "naturgegebenen Ausgangspunkte" eines Verkehrsweges, der nördlich der Donau durch das Tal der Aist ins Innere Germaniens bis an die Ostsee führte ( vgl. STECHE, S. 176f., 182). Da sich Usbi um bei Steyregg oder Mauthausen lokalisieren lässt, könnte Arelate also in unmittelbarer Nähe von Usbium am südlichen Donauufer bei Linz gelegen haben (MEHLIS, S. 78ff.; STECHE, S. 177, auch BERNECKER, S. 380, Anm. 1). Der Name des römischen Kastells Lentia, auf den der heutige Stadtname Linz zurückgeht, erscheint erst in der Spätanti ke in der Notitia dignitatum ( Occidens XXXIV, 33 und 39), das Gebiet von Linz weist jedoch zahlreiche, auch weitaus ältere Besiedlungsspuren auf (LIPPERT, S. 313f.). Auch SIMEK (s. HANSEN, S. 586) lokalisiert Arelate im Raum Linz, d. h. unweit östlich der Ennsmündung. (6) Claudivium: MÜLLER vermutete, Claudivium sei eine verderbte Form für Clau dium Iuvavum und entspreche somit Iuvavum / Salzburg. Den Namen Claudium Iuvavum erschließt er aus Plinius' Aufzählung der norischen Städte: oppida eorum Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum, Iuvavum, omnia Claudia ("deren Städte Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum, Iuvavum sind alles clandisehe Gründungen"; Nat. hist. 111, 146). Außer dieser nur indirekten Angabe des Plinius gibt es jedoch keine literarischen Belege für eine Bezeich nung Claudium Iuvavum der Stadt Salzburg. Auch in den Magistratsinschriften erscheint eine solche Form nicht (vgl. ALFÖLDY, S. 271). Ferner variiert die Schreibweise des an tiken Namens Iuvavum: Iovavi im Itin. Ant. (235, 4; 256, 7; 258, 6), Ivavo in der Tab. Peut., Iuvao in der Vita Santi Severini des Eugippius (13, 1). Die Annahme, der Ortsna me Claudivium des Ptolemaios sei eine fehlerhafte Schreibung für Claudium Iuvavum und entspreche Salzburg, ist also keineswegs notwendig. HEGER, der in seinem Werk (S. 19f.) auch auf den antiken Namen Salzburgs eingeht, erwähnt ebenfalls keinen Zusammenhang beider Namen. Gegen eine Gleichsetzung von Claudivium mit Iuvavum / Salzburg spricht jedoch vor al lem die von Ptolemaios angegebene Lage dieses Ortes in unmittelbarer Donaunähe. Denn die antiken Koordinaten entsprechen nämlich genau den antiken Koordinaten eines Flusses, den Ptolemaios in der Beschreibung von Germania Magna (26) als zweiten nördlichen Nebenfluss der Donau nennt und der sich mit der Naarn identifizieren lässt. Daher sucht SIMEK (vgl. HANSEN, S. 586) Claudivium in der Nähe der Naarnmündung bei Wall99
see. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Lokalisierung. Wallsee war der Standort eines römischen Kastells an der römischen Donangrenze (LIPPERT, S. 502; AL FÖLDY, S. 147). Das Kastell von Wallsee "blickt von hohem Standort in das Machland und auf die F lußmündung der Naarn" (UBL, S. 134). GENSER (S. 184-198) schlägt für das Kastell von Wallsee den Namen Adiuvense vor, der jedoch erst in der Spätantike belegt ist (Notitia dignitatum, Occidens XXXIV, 40). Ob es einen Zusammenhang zwischen den Namensformen Claudivium und Adiuvense gibt, lässt sich nicht bestimmen. Nach anderen Identifizierungen entspricht Adiuvense Mauer an der Url (vgl. TIR M-33), das wiederum auch mit dem im Itin. Ant. (234, 4; 248, 6) erwähnten Locus Felicis gleichgesetzt wird ( TIR M-33; GENSER, S. 199-219; vgl. ALFÖLDY, S. 147; in der Notitia dignitatum, Oc cidens XXXIV , 34, erscheint der Ort als Lacufelicis). UBL (S. 136) hingegen hält Wallsee für L ocus Felicis (vgl. ALFÖLDY, S. 147). Nach W INKLER (S. 24) hat der Eintrag Elegio in der Tab. Peut., der sich offenbar auf die in Lauriacum/Lorch stationierte legio II Ita lica bezieht, die benachbarte Station im Raum von Wallsee verdrängt, so dass sich deren Name aus der Tab. Peut. nicht mehr ermitteln lässt. STOCKHAMMER identifiziert Clau divium mit Albing (Jahrbuch für Landeskunde in Niederösterreich XV /XV I (1916/1917), S. 117ff.), BERNECKER (S. 380) mit Ybbs, HANSEN (S. 586) gibt keine Identifizierung an. POLASCHEK (S. 251) hält den Namen Claudivium für die falsche Interpretation einer kartographischen Information: "Da aus der ptol. Karte eine Verbindung über Santicum und V irunum zur Donau nicht herauszulesen ist, ebenso wenig über Teurnia und Iuvavum, . . . wage ich die Behauptung, dass Ptol. sich durch die Nachricht von einer Strecke Santicum Aguntum - Gesodunum mit dem Zusatz inde Claudi via ad Danubium, ,von hier über die Clandia via zur (raetischen) Donau', irreführen ließ; er las daraus eine Stadt Claudivio, -um an der Donau heraus".
(7)
Gabavodurum: Dieser Ort wird mit dem im Itin. Ant. (276, 9) und der Tab. Peut.
erwähnten Gabromagus, dem heutigen W indischgarsten, gleichgesetzt (BERNECKER, S. 403; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1. S. 241, Anm. 271). Gegen diese Gleichsetzung sprechen jedoch mehrere Gründe. Zum einen ist die Namensähnlichkeit zwischen Gaba vodurum und Gabromagus nur sehr entfernt, zumal die Schreibweise des von Ptolemaios erwähnten Ortes nicht eindeutig ist und in den Handschriften variiert. Neben Gabavodu rum erscheinen auch die Formen Garavodurum und Gamavodurum, deren Ähnlichkeit mit Gabromagus noch geringer ist. Zum anderen bezeichnen die keltischen Namensbestandtei le -durum und -magus unterschiedliche topographische Gegebenheiten ("Stadt" und "Feld, Ebene"). Entscheidend ist jedoch, dass die Lage von W indischgarsten nicht zu den anti ken Koordinaten von Gabavodurum passt. Nach diesen befindet sich Gabavodurum nahe der Donau, 1°05' westlich von W ien. Diese Angaben führen in die Gegend von St. Pöl ten. Die römische Siedlung von St. Pölten wurde unter Hadrian als Municipium Aelium Cetium am Kreuzungspunkt einer Fernstraße mit dem F luss Tragisamus/Trais gegründet (F ISCHER, S. 89); der Name Cetium steht wahrscheinlich mit dem nahegelegenen Mons Cetius/W ienerwald in Verbindung. Gabavodurum könnte eine Vorgängersiedlung von Ce tium im Raum St. Pölten gewesen sein. Zahlreiche Funde in dieser Gegend zeigen eine lange Besiedlungsgeschichte (LIPP ERT, S. 440-443). Legt man für die Lokalisierung von Gabavodurum die Längenangabe der S-Rezension von 34°30' zugrunde, lässt sich Gabavodurum, wie von MEHLIS (S. 78ff.) vorgeschlagen, mit Lambach identifizieren. MÜLLER ( ad loc.) lokalisiert es bei Gaming.
100
(8)
Gesodunum: Dieser nur von Ptolemaios erwähnte Ort lässt sich anhand der trans
formierten antiken Koordinaten im Raum von Steyr lokalisieren. Streufunde deuten auf die frühzeitliche Besiedlung des Gebietes hin (LIPPERT, S. 468). BERNECKER (S.
403)
Gesodunum bei Amstetten, MEHLIS (S. 78ff.) bei Waidhafen an der Ybbs, loc.) zieht Bad Ischl in Erwägung. (9) Bedacum ( Badacum ) : Der Ortsname Bedacum wird häufig als eine verschrie bene Form von Bedaium angesehen (MÜLLER ad loc.; CUNTZ, S. 159; RASCH, S. 26; SIMS-WILLIAMS, S. 25, Anm. 29), das in der Tab. Peut. erwähnt wird und im Itin. Ant. als Bidaio (236, 1; 257, 1; 258, 7) erscheint. Der Name von Bedaium, das bei Seebruck am
lokalisiert
MÜLLER (ad
nördlichen Chiernsee lag, leitet sich von der vorrömisch-keltischen Bezeichnung des Chiem sees,
lacus Bedaius,
ab, der zugleich als personifizierte Gottheit des Sees verehrt wurde
(RASCH, S. 182; FISCHER, S. 100; FREU TSMIEDL, S. 59ff.). Eine Gleichsetzung von
Bedacum und Bedaium ist jedoch nicht zwingend erforderlich, zumal auch die Namensform Badacum überliefert ist, deren Ähnlichkeit mit Bedaium noch geringer ist. Bedacum ist in der Darstellung des Ptolemaios die westlichste polis in Noricum. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt es sich bei Strass im Zillertallokalisieren.
Bedacum
könnte also ein Ort an der norischen Westgrenze in der Gegend gewesen sein, wo
die Grenze, aus dem Zillertal kommend, den Inn erreichte, und damit auch eine Station der
Veldina/Wilten Itin. Ant. 259, 7-10).
mittleren Inntal-Strecke von am Inn (vgl.
bei Innsbruck nach
Fons Aeni /Pfaffenhafen
Auffällig ist die von Ptolemaios genannte geographische Länge von
Bedacum. Nach dieser
liegt es südöstlich der Innmündung, wohingegen sich Strass im Zillertal südwestlich davon befindet. Diese Verschiebung lässt sich jedoch aus der falschen Angabe zum Lauf des Inns erklären, der nach Ptolemaios in gerader Nord-Süd-Richtung fließt, in Wirklichkeit aber in nordöstlicher Richtung verläuft. Die Analyse der antiken Koordinaten ergab, dass passend zu den östlichen Orten in
Raetia
Bedacum
liegt; Ptolemaios könnte also die Koordinaten
Bedacum von Raetia ausgehend bestimmt haben. BERNECKER (S. 380) identifiziert Bedacum mit Matrei. (10) Aguntum: Nach den überlieferten Koordinaten liegt Aguntum/Dölsach bei Lienz (PLEYEL, S. 51ff.; FISCHER, S. 115) zu weit westlich (vgl. MÜLLER ad loc. : ,,Ineptum Agunto locum assignari patet. ). Daher lässt sich hier ein Schreibfehler annehmen; die vermutlich richtige Längenangabe lautet 34°30'. (11) Vacorium: Dieser Ort wird mit Vocarium gleichgesetzt, das sich in der Tab. Peut. findet (MÜLLER ad loc.; MEHLIS, S. 101; CUNTZ, S. 207; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. S. 241, Anm. 272) und mit Pfarrwerfen identifiziert wird (WINKLER, S. 26; von
"
FREU TSMIEDL, S. 159). Vocarium/Pfarrwerfen liegt jedoch zu weit nördlich, um es mit
Vacorium
gleichsetzen zu können, das Ptolemaios nur 15' nördlich von Santicum/Villach
positioniert. Vielmehr lässt sich
Vacorium
bei Treffen lokalisieren, wo schon in römischer
Zeit Marmor abgebaut wurde (BARRING TON-ATLAS). In der Pfarrkirche von Treffen sind römische Marmorfragmente eingemauert (LIPPERT, S. 481). Vielleicht verband eine Straße den Ort mit CKER (S.
404)
Teumia/Sankt
Peter in Holz und Santicum/Villach. Auch BERNE
spricht sich gegen eine Gleichsetzung von
Vocarium aus, lokalisiert den (14) Teurnia: Nach den
Vacorium
mit der Straßenstation
Ort jedoch bei St. Margarethen im Lavanttal. überlieferten Koordinaten ist Teurnia/St. Peter in Holz
(vgl. FISCHER, S. 80-82) falsch positioniert (vgl. MÜLLER
101
ad loc.: "positio falsissima").
Daher lässt sich hier ein Schreibfehler annehmen; die vermutlich richtige Längenangabe
35°40'. (15) Idunum (Ilunum):
lautet
Dieser nur von Ptolemaios erwähnte Ort lässt sich mit der
Gurina im oberen Gailtal bei Dellach identifizieren (vgl. JABLONKA). Die Hochfläche der Gurina ist vom
8.
Jh. v. Chr. bis in die Spätantike und möglicherweise noch darüber
hinaus besiedelt worden und war zugleich ein Handelsort und Marktplatz. MÜLLER ( ad
380) identifizieren Idunum mit der in der Tab. Peut. genannten Iuenna/Globasnitz (WINKLER, S. 26), die jedoch weiter östlich liegt, als
loc.) und BERNECKER (S. Straßenstation
die antiken Koordinaten von Idunum angeben.
(17) Celeia:
Nach den überlieferten Koordinaten ist Celeia/Celje in Slowenien (vgl.
FISCHER, S. 85-87) falsch positioniert (vgl. MÜLLER ad loc.: "pravam hanc positionem"). Daher lässt sich hier ein Schreibfehler annehmen; die vermutlich richtige Längenangabe lautet
38°.
5.4 Literatur ALFÖLDY, Geza:
Noricum.
London and Boston
1974
BARRINGTON-ATLAS: s. TALBERT BASEL-AUSGABE
2006:
s. Abschnitt
1.4
BAUER, Hans: Die römischen Fernstraßen zwischen Iller und S alzach nach den Itinerari um Antonini und der Tabula Peutingeriana. München
2007
BERNECKER, Annemarie: Die Feldzüge des Tiberius und die Darstellung der unterwor fenen Gebiete in der "Geographie des Ptolemaeus". Bonn CUNTZ: s. Abschnitt
1989
1.4
DIE RÖMER AN DER DONAU. NORICUM UND PANNONIEN: K at alog der Landes ausstellung Schloß Traun, Petronell, NÖ. 25. Mai bis 28. Obtober 1973. Wien FISCHER, Thomas: Noricum. Mainz
1973
2002
FORCHER, Michael: Kleine Geschichte Tirols. Innsbruck- Wien
2006
FREUTSMIEDL, Johannes: Römische Straßen der "Tabula Peutingeriana" in Noricum und Raetien. Büchenbach
2005
GENSER, Kurt: Der Österreichische Donaulimes in der Römerzeit- ein Forschungsbericht. Wien
1986
HEGER, Norbert: S alzburg in römischer Zeit. Salzburg
1974
HEUBERGER, Richard: Zu den Stämmen Norikums. In: Tiroler Heimat, N. F. S.
16, 1953,
5-32
JABLONKA, Peter: Die Gurina bei DeZlach im Gailt al. Klagenfurt
2001
LIPPERT, Andreas (Hrsg.): Reclams Archäologieführer Österreich und Südtirol. Stuttgart
1985 MEHLIS, Christian: Noricum nach Ptolemaeus. In: Archiv für Anthropologie, N. F. XXII,
1932,
S.
78-115 102
MÜLLER: s. Abschnitt 1. 4 PICCOTTINI, Gernot: Die Römer in Kärnten. Klagenfurt 1989 PICCOTTINI, Gernot (Hrsg.): Archäologischer Atlas von Kärnten. Klagenfurt 1989 PLEYEL, Peter: Das römische Österreich. Wien 2002 POLASCHEK, E. : Noricum in Ptolemaios' Geographie. In: Beiträge zur älteren europäi schen Kulturgeschichte. Bd. 2, Klagenfurt 1953, S. 247-256 RUNGG, Josef: Ortsnamen der Goten, Römer , Franken in Rätien, Noricum, besonders Tirol. Innsbruck 1963 SCHMIDL, A. : Der Mons Cetius des Ptolemäus. In: Sitzungsberichte der philosoph.-histor. Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Bd. 20, Wien 1856, S. 338-352 TALBERT, Richard J. A. (Hrsg.): Barrington Atlas of the Creek and Roman World. Princeton and Oxford 2000. Dazu: Map-by-map Directory. 2 Bde., edited by Richard J. A. Talbert. Princeton and Oxford 2000 TIR M-33
=
TABULA IMPERII ROMANI M-33: Castra Regina- Vindobona-Carnuntum.
Frag 1986 UBL, Hannsjörg: Die römische Donaugrenze in Österreich. In: Grenzen des Römischen Imperiums. Mainz 2006, S. 133-139 V EDALDI IASBEZ, Vanna: La Venetia orientale e l'Histria. Le fonti letterarie greche e latine fino alla caduta dell'Impero Romano d'Occidente. Rom 1994 WINKLER, Gerhard: Die römischen Straßen und Meilensteine in Noricum- Österreich. Stuttgart 1985
103
6 Thule 6.1 Vorbemerkungen Die "Geographie" des Ptolemaios wirft auch die Frage nach der Identifizierung der Insel Thule auf, die Ptolemaios aufgrund ihrer Lage im nördlichen Ozean in seine Beschreibung von Britannia einfügt (GH II, 3, 32). Die Insel Thule spielte in der antiken Erdkunde und Kartographie eine besondere Rolle, denn sie bezeichnete das nördliche Ende der damals bekannten Welt. Ihre Lokalisierung ist seit Jahrhunderten Gegenstand der Forschung. Da her bemerkt NINCK (S. 22) zutreffend: "Über wenig Orte der Erde ist aber auch wohl mehr gestritten worden wie über diese Insel." Thule war die nördlichste Station einer Schiffsexpedition, die der griechische Seefahrer Pytheas um 330 v. Chr. von seinem Heimathafen Massalia/Marseille aus um die Iberische Halbinsel herum über Britannien in die Nordsee unternahm. Da nach der Angabe des Polybias (Strabon II, 4, 2) Pytheas ein mittelloser Privatmann war, haben vermutlich die griechischen Kaufleute von Massaliaseine Fahrt ermöglicht. Ihr Ziel dürfte es gewesen sein, eine Seehandelsroute zu den Fundstätten des Zinns und des Bernsteins in Nordeuropa zu finden, um auf diese Weise von den Karthagern bzw. Galliern, die die See- bzw. Landwe ge kontrollierten, unabhängig zu werden. Ebenso suchten später die Portugiesen und die Spanier einen Seeweg nach Indien, um den Zwischenhandel der Venezianer und Araber zu umgehen. Seine Beobachtungen über Klima, Gezeiten und andere Erscheinungen, Nachrichten über Küstenvölker sowie astronomische und kartographische Angaben hielt Pytheas in einem Reisebericht Peri Okeanou ("Über das Weltmeer") und anderen Schriften fest. Das Schiff, mit dem er seine Fahrt unternahm, war nach SHACKLETON (S. 22) vielleicht ein Dreide cker von 400-500 BRT, einer Länge von 50-60 m, ausgestattet mit Segeln und Rudern und konnte durchschnittlich 50 Seemeilen (92.6 km) oder mehr pro Tag zurücklegen. Pytheas' Fahrt blieb jedoch für lange Zeit ein einmaliges Ereignis und in den folgenden Jahrhunder ten versuchte offensichtlich niemand mehr, nach Thule zu gelangen. Als dann im Jahre 84 der römische Statthalter von Britannien, Agricola, einer Flotte den Befehl gab, die britannische Insel zu umfahren, stießen die Römer dabei auch auf die Orcades/Orkney-Inseln. (Tacitus' Aussage, die Orkney-Inseln seien bis dahin unbekannt gewesen, ist allerdings eine Übertreibung, denn bereits Pomponins Mela (111, 54) erwähnt sie.) Darauf gelangten sie mit ihren Schiffen in Sichtweite von Thule, setzten aber ihre Fahrt nicht fort, weil der Winter nahte und den Erzählungen zufolge das Meer dort träge und schwer zu durchrudern sein sollte (Agr. 10, 4 und 38, 3). Leider ist der Bericht des Tacitus zu ungenau, als dass sich daraus bestimmen ließe, welche Insel die Römer von ihren Schiffen aus gesehen haben. Es könnte eine der Shetland- oder der Färöer-Inseln gewesen sein. Die Angabe, das Meer sei in jener Gegend für Ruderschiffe schwer befahrbar, lässt auch die Annahme zu, die Römer seien in die Nähe der norwegischen Fjorde gekommen (ALONSO-NUNEZ, S. 55). Möglicherweise hatte die Besatzung jener Flotte jedoch keine Vorstellung, wo die Insel Thule des Pytheas lag, und bezeichnete deshalb die erste In104
sel, die sie in der Ferne erblickte, schlechthin als Thule. Daher nimmt HORSBURGH an, dass Tacitus' Thule die kleine Fair Isle zwischen den Orkneys und den Shetlands gewesen se1. Pomponins Mela
(111,
57) berichtet, dass Thule in den Dichtungen der Griechen und
Römer besungen wurde. Für den römischen Dichter Vergil war ultima Thule der Inbegriff des äußersten Weltendes ( Georg. I, 30), ebenso für Seneca
( Medea
379) und Claudianus
( nostro procul axe remotam Thylen; de bell. Get. 203f.). Statius spricht von den "dunklen Gewässern von Thule"
( vada
caligantia Thyles; Silvae
111,
5,20), nach dem Satiriker Juve
nal (XV, 112) hatte allerdings die griechisch-römische Kultur seinerzeit auch schon Thule erreicht. Bei Silius Italiens
( Fun.
XV II, 407) und Rutilins Namatianus
( de
red. I, 499)
hingegen ist Thule nur eine Bezeichnung für Britannien. Die griechischen Autoren, allen voran Polybias und Strabon, zweifelten den Bericht des Pytheas oft als unglaubwürdig an. Einige Ausnahmen gab es jedoch wie den Historiker T imaios von Tauromenion (4./3. Jh. v. Chr.); die bemerkenswertesten unter ihnen waren Eratosthenes und Hipparchos. Eratosthenes schenkte Pytheas sicherlich wegen der Genau igkeit seiner geographischen Daten Glauben. Von besonderem Interesse dürften hierbei die von Pytheas mit einem Gnomon durchgeführten Breitenbestimmungen gewesen sein (vgl. Strabon I, 4, 4). Nach der Vermutung von ZEUNE (S. 39) war Pytheas der Erste, der die Breite eines Ortes mittels eines Gnomons ermittelte. Eratosthenes verwendete deshalb die Angaben des Pytheas für den westlichen Teil seiner Karte der bewohnten Erde, der oikumene. Um Thule zu lokalisieren, müssen nun die entsprechenden Informationen untersucht wer den, die uns die antiken Autoren liefern. Dabei besteht die Schwierigkeit, dass keine der Schriften des Pytheas erhalten ist, sich - bis auf eine Ausnahme - nirgends ein direktes Zitat aus seinen Werken findet, seine Aussagen durch spätere Bearbeitungen aus ihrem Zusammenhang gerissen oder unverständlich wurden und dass die Autoren, die sich mit ihm auseinandersetzten, über unterschiedliche geographische und astronomische Kenntnis se verfügten.
6.2 Die Insel Smjljla Der Reisebericht des Pytheas, der genaue Auskunft über die Lage von Thule geben könnte, ist nicht erhalten. Durch eine kritische Betrachtung der in der antiken Literatur überlie ferten Angaben, die auf Pytheas zurückgehen bzw. sich auf ihn beziehen, ist es jedoch möglich, Thule mit der norwegischen Insel Sm0la bzw. mit der Inselgruppe Sm0la, Hitra und Fr0ya am Fjord von Trondheim zu identifizieren. Dies soll im Folgenden unter drei Aspekten gezeigt werden. 6.2.1 Die geographische Breite von Thule Nach dem Bericht des Strabon
(11,
5,
8)
sagte Pytheas, in der Gegend von Thule liege das
nördliche Ende der oikumene und dort sei der Sommerwendekreis identisch mit dem Bären oder arktischen Kreis. Die Erklärung dieses Phänomens gibt der Polarforscher Fridtjof NANSEN (Bd. 1, S. 56, Anm. 32): "Der Bärenkreis (der arktische Kreis) war . . . der Kreis um den Himmelspol, welcher die beständig sichtbaren (zirkumpolaren) Sterne begrenzt, und er hatte diesen Namen erhalten, weil er in Kleinasien (und Griechenland) durch den 105
Großen Bären (Arktos) ging. Sein Abstand, in Graden, vom Nordpol des Himmels ist gleich der Breite des betreffenden Ortes und wird folglich größer, je weiter man nach Norden vordringt. Beim Polarkreis fällt er ... mit dem Wendekreise des Krebses und am Nordpol mit dem Äquator zusammen." Thule liegt also den Angaben des Strabon zufolge nahe dem nördlichen Polarkreis, der sich heute etwa auf
66°15'
66°34'
n. Br. befindet, damals jedoch auf
n. Br. lag (vgl. NANSEN, Bd. 1, S. 58).
Dagegen gibt Ptolemaios an (GH II, habe eine Breite von
63°,
mene bezeichnet (GH, I,
der durch Thule verlaufende Parallelkreis
23, 21),
wobei er wie Eratosthenes Thule als nördliche Grenze der oiku
7, 1).
Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären?
Eratosthenes, dem der Bericht des Pytheas noch vorgelegen hat (vgl. FUHR, S.
21),
verwendete dessen Aussagen, um die nördliche Grenze der oiku mene festzusetzen und so deren Breite zu bestimmen, die er als Distanzen von Parallelkreisen entlang des Meridians angab. Diese Distanzen wurden nun von Strabon mutmaßlich modifiziert. Dass er derartige Modifizierungen vorgenommen hat, erwähnt Strabon selbst
(11, 1, 41):
"Aber in den F ällen,
in denen wir auf einen Blick sehen, dass sich der eine [Eratosthenes] gänzlich irrt, und der andere [Hipparchos] ihn zu recht beschuldigt, da ist es unserer Ansicht nach ausreichend, wenn wir ihn [Eratosthenes] in der Erdbeschreibung selbst durch die Angabe der Fakten korrigieren." Die Originaldaten für die erwähnten Distanzangaben des Eratosthenes können jedoch rekonstruiert werden, wie im Folgenden gezeigt wird. Die von Strabon (I,
4, 2) angegebenen Distanzen der Parallelkreise zwischen Alexandria 8100 Stadien sowie zwischen dem Hellespant und Bor ysthenes
und dem Hellespant von von
5000
Stadien widersprechen nicht nur den tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch
den anderen von ihm gelieferten Informationen.
1.
Der Abstand der Parallelkreise zwischen Alexandria und Rhodas wurde, wie Strabon
(11, 5, 24) 2.
erwähnt, von Eratosthenes selbst mit
3750
Stadien gemessen.
Zwischen den Parallelkreisen von Rhodas und Lysimacheia/Baklaburnu auf der Halb insel Gallipoli am Hellespant liegt das sogenannte Tauros-Gebirge mit einer Breite von
3000
Stadien
(11, 1, 37;
XI,
1, 3),
das eine zentrale Rolle in der Karte des Era
tosthenes spielte.
3.
Die Breiten-Distanz zwischen Lysimacheia/Baklaburnu und Byzantion am Bosporos beträgt nur �
4.
=
26' :::::; 300
Stadien.
Wie von Hipparchos berichtet und von Strabon übernommen, beträgt die Breiten Distanz zwischen Byzantion und der Mündung des Bor ysthenes �
(11, 1, 12).
=
3700
Stadien
Wahrscheinlich hatte Hipparchos diesen Wert bereits bei Eratosthenes
vorgefunden. Korrigiert man also Strabons Aussagen nach diesen Angaben, so ist die Übereinstimmung der antiken Daten mit der Wirklichkeit erstaunlich hoch (vgl. Tabelle
Thule, die dem von Ptolemaios genannten
Wert entspricht. Ferner gibt er ( GH
für den nördlichsten Punkt der Insel eine
Breite von
63°15'
63° für II, 3, 32)
6.1). Außerdem ergibt
sich danach tatsächlich eine Breite von
an. Dies entspricht, abgesehen von der hier unbedeutenden Differenz von
einigen Bogenminuten, der Breite der Insel Sm0la.
106
Tabelle 6.1: Breite der oikumene (Meroe-Thule) nach Strabon/Eratosthenes (1 Stadion= 158.73 m, 1 = 700 Stadien) o
1 Die Distanz Äquator-Meroe ergibt sich aus II, 5, 35 2 das antike Lysimacheia am Hellespant antiker
Distanz
korrigierte
moderner
Ort
nach
Dist. nach
Ort
Strabon
Strabon
in Stadien
in Stadien
Länge A
-
-
(Syene) Alexandria
Distanz
-
Bagrawia
33°451
16°591
16°591
11890
Aswan
32°561
24°051
7°06'
4970
Alexandria
29°551
31°13 1
7°081
4990
-
-
3750
Rhodos
28°141
36°261
5°131
3650
8100
3000
Baklaburnu2
26°521
40°361
4°101
2900
bei Ochakov
31°33 1
46°371
6°011
4200
8°00 '
63°251
16°481
11750
63°251
44350
5000
Borysthenes
Distanz
10000
(Rhodos) Hel lespant
tats.
-
Äquator 118001
tats.
cp
in Stadien
Äquator Meroe
Breite
300+3700
Thule
11500
-
Thule
46400
44050
= 66°171
= 63°
Sm0la
= 63°20 1
Tabelle 6.2: Breitenangaben des Ptolemaios Ptolemaios
moderner Name
cp
-cp
5cp= (-cp)
251
1 - 1° 50
Thule
63°00 1
Sm0la
63°251
Vistula fiuvius
56°00 1
Weichsel -Mündung
54°21 1
1 +1°39
A misia fiuvius
55°00 1
Ems- Mündung
53°191
1 +1°41
Rhenus fiuvius
53°20 1
Rhein bei Rotterdam
51°551
1 +1°25
Bolerium promontorium
52°30'
Lands End
50°041
+2°261
+ 36'
Cantium promontorium
54°00 1
South Foreland
51°091
+2°51
1
1 + 1°01
Itium promontorium
53°30 1
Cap Gris-Nez
50°521
+2°38
1
1 + 48
Gesoriacum
53°30 1
Boulogne-sur- Mer
50°43 1
1 +2°47
1 + 1°17
Massalia
43°051
Marseille
43°18 1
131
-
107
-
-
-
11 '
-
9'
251
Erklärungsbedürftig bleibt die ptolemäische Breitenangabe von Thule hinsichtlich seiner Beschreibung der Nordküste des europäischen Kontinents. Wie sich zeigt, sind die Breitenangaben zur Nordküste Europas bis auf Thule um ca. 2° zu groß, d. h. alle genannten Punkte liegen in Wirklichkeit südlicher als von Ptolemaios angegeben. Wäre dies auch bei Thule der Fall, dann läge es im südlichen Teil Norwegens. Dies widerspräche jedoch eindeutig der Angabe, dass Thule nördlich von Britannien liegt. Offensichtlich trifft also die allgemeine Verschiebung der Breiten nach Norden, wie sie sich in den ptolemäischen Koordinaten für die Nordküste Europas zeigt, für Thule nicht zu. Eine Erklärung dieses Phänomens ist durch Betrachtung der angewandten Meßmethoden möglich, die den antiken Koordinatenangaben zugrunde liegen. Sie wurden offensichtlich anhand der Dauer des längsten Tages ermittelt, ohne die dazu notwendige Korrektur von
(LELGEMANN 2010, S. 169) zu berücksichtigen. Die Breite von Thule- wie auch die seines Heimathafens Massalia- wurde jedoch von Pytheas mittels eines Gnomon bestimmt, mit dem sich weitaus genauere Meßergebnisse erzielen ließen als bei der Messung der Dauer des längsten Tage. Zieht man von den Differenzen (- cp) die Korrektion dcp ab, ergeben sich die in der letzenSpalte von Tabelle 6.2 angeführten Fehler 15cp, die im Osten durch die unvermeidlichen Messfehler zu erklären sind. Die Fehler im Westen, an der Kanalküste, von ca. 1o bedürfen einer weiteren Erklärung. Ursache können maßstäbliche Verzerrungen der Koordinaten und gegenseitige Verschie bungen von Ortsgruppen sein (vgl. Abschnitt 1.2.2 und Anhang). Der Breitenfehler von Cantium promontorium/South Foreland lässt sich z. B. auf folgende Weise einfach erklären: Die Meridianbogenlänge zwischen Massalia/ Marseille und Cantium promontorium/South Foreland ist !:lcp (51°09' - 43°18') T51'. Dividiert man diesen Wert durch den für Britannien ermittelten Maßstabsfaktor 0.7, erhält man !:l 11olO'. Addiert man diesen Wert zur Breite von Marseille, 43°05' + 11olO', ergibt sich eine Breite, die in etwa der von Cantium promontorium/South Foreland von 54°00' entspricht. =
=
=
=
=
6.2.2 Die geographische Länge von Thule
Nach Ptolemaios beträgt die geographische Länge des Mittelpunktes von Thule 30°20' (GH II, 3, 32). Identifiziert man Thule mit der Insel Sm0la und setzt deren Länge in Bezug zu einem ausgewählten Ort Britanniens, kann auch für die ptolemäische Längenangabe eine relativ hohe Genauigkeit festgestellt werden (siehe Tabelle 6.3). Referenzort ist dabei wegen der starken VerzerrungSchottlands nach Osten und des Fehlens der Shetland-Inseln in Ptolemaios' Darstellung Cantium promontorium/South-Foreland. Aufgrund Ptolemaios' Unterschätzung des Erdumfanges liegt global eine maßstäbliche Verzerrung der ptolemäischen Längenangaben vor. Mit dem für die Orte Britanniens er mittelten empirischen Entzerrungsfaktor m:::::; 0.7 erhält man für die Differenz der Längen beider Orte: und damit einen Fehler von (/:l,\- /:l,\) cos cp
=
(6°35'- 5°57') cos 5T 108
=
21':::::; 40 km .
Tabelle 6.3: Geographische Länge von Cantium promontorium und Thule insula
topographischer Punkt
Lokalisierung
A
>,
(Ptol.)
(modern)
South-Foreland
22°001
1°251
Sm0la
30°201
8°00'
8°201
6°351
(nach Ptolemaios) Cantium promontorium Thule insula
(Mitte)
Differenz
Dies ist ein Fehler in der Länge von einer halben Tagesfahrt für die Distanz vom Cantium promontorium / South Foreland nach Thule j Sm0la.
6.2.3 Die Entfernung Britannia - Thule Eine wichtige Information über die Lage von Thule, durch die die Koordinaten des Pto lemaios überprüft werden können, ist die überlieferte Angabe zur Entfernung zwischen Britannien und Thule. Sowohl Strabon (I, 4, 2 ) als auch Plinius
( Nat.
hist. II, 187 ) , deren
Aussagen auf Pytheas zurückgehen, berichten, dass Thule eine Seefahrt von sechs Tagen nach Norden von Britannien entfernt liege ( Strabon: apo men tes Brettanikes hex hemeron ploun apechein; Plinius: sex dierum navigatione in septentrionem a Britannia distante. ) "Tagesfahrten" bzw."Tag-und-Nacht-Fahrten" waren im Altertum gebräuchliche Entfer nungsangaben für Seerouten
( LELGEMANN
2010, S. 81f. ) . Nach Eratosthenes entspricht
eine"Tag-und-Nacht-Fahrt" einer Strecke von 1000 Stadien ( Strabon X, 4, 5 ) , ebenso gibt Ptolemaios die Länge einer "Tag-und-Nacht-Fahrt"
(GH I,
( nychthemeron )
mit 1000 Stadien an
9, 4 und I, 17, 8ff. ) . Daneben wurde mutmaßlich die nautische Einheit"Tagesfahrt"
benutzt, die die Hälfte einer "Tag-und-Nacht-Fahrt", d. h. 500 Stadien, bezeichnet. Legt man das Stadion des Eratosthenes zu 600 Gudeafuß bzw. 158.73 m als Längeneinheit zu grunde
( LELGEMANN
2010, S. 77ff. ) , ergeben sich für eine "Tag-und-Nacht-Fahrt" ca.
160 km, für eine"Tagesfahrt" ca. 80 km. Mit dem Stadion Italikon
( Censorinus XIII, 2 )
zu
600 attischen Fuß bzw. 185.2 m erhält man für eine"Tag-und-Nacht-Fahrt" ca. 185 km, für eine"Tagesfahrt" ca. 92.5 km. Bei der von Strabon und Plinius angegebenen Entfernung zwischen Britannien und Thule handelt es sich um sechs "Tagesfahrten", nicht um"Tag-und-Nacht-Fahrten". Dies ergibt sich aus dem sprachlichen Vergleich mit der entsprechenden Stelle bei Solinus ( s. Abschnitt 6.3) , an der er für eine Reise von den Ebudes-Inseln nach Thule eine Entfernung von fünf Tag-und-Nacht-Fahrten
( quinque
dierum ac noctium navigatio ) angibt. Während Plinius
und Strabon also den Begriff"Tagesfahrten" gebrauchen, spricht Solinus ausdrücklich von "Tag-und-Nacht-Fahrten". Deutlich ergibt sich daraus die Unterscheidung beider Begriffe. Da Plinius F lottenkommandant in Misenum war, wo in der Kaiserzeit die stärkste römische Kriegsflotte lag, verfügte er über nautische Kenntnisse. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die von ihm gemachten Entfernungsangaben für Seerouten korrekt formuliert sind. Plinius
( Nat.
hist. IV, 104 ) berichtet ferner davon, dass man nach Thule von der Insel
Berrice aus fuhr
( ex
qua in Tylen navigetur ) . Sie wird als die "größte von allen"
( ma
ximamque omnium Berricen ) bezeichnet und könnte den Shetland-Inseln bzw. Mainland, 109
der größten der Shetland-Inseln, entsprechen. Tatsächlich verläuft eine Schiffsroute von den Shetland-Inseln zur norwegischen Küste bei Krakenes und weiter längs der Küste bis zur Insel Sm0la nahezu auf einem Großkreis. Hierbei ergeben sich die in Tab.
6.4
angegebenen
Entfernungen.
Tabelle
6.4:
Ort
>,
cp
Unst
60°451
Kraken es
Sm0la
Entfernungen Shetland- norwegische Küste- Insel Sm0la 6_),
Entfernung
6.cp Stadion d.
Tages-
Stadion
Tages-
Eratosth.
fahrten
ltalikon
fahrten
-0°551
62°021
/
1°171
5°551
2170
4
1 3
/
1860
3
3 4
1°231
3°001
1370
2
3 4
/
1175
2
1 3
5°001
/
8°00'
63°251
Summe:
�7
�6
Als Ergebnis erhält man zum einen mit dem Stadion des Eratosthenes, ungefähr in
Ü bereinstimmung
mit der Angabe des Pytheas, ca. 7 "Tagesfahrten" bzw.
Nacht-Fahrten". Zum anderen ergeben sich mit dem Stadion Italikon ca. bzw.
3
"Tag-und-Nacht-Fahrten" in
Ü bereinstimmung
6
3,5
"Tag-und
"Tagesfahrten"
mit der Angabe des Pytheas.
Nicht nur die aufgezeigten Berechnungen bekräftigen die Identifizierung von Thule mit Sm0la, sondern auch bronze- und eisenzeitliche Funde auf Sm0la, die auf eine frühe Besied lung der Insel hinweisen
( HORST
ROSEMAN ) . HENNIG
(1925,
S.
133)
bemerkt hierzu,
"daß eine von Nordschottland auf Norwegen laufende Fahrt nahezu zwangsläufig in den breiten Meeresarm hinter der Insel Smölen hineinmünden mußte, der sich dann unmittelbar in die große Trondheimer Bucht öffnet, die einzige Stelle in Norwegen, wo eine große und leidlich fruchtbare Ebene zum Landen, aber auch zu früher Besiedlung verlocken mußte". Möglicherweise wurde die gesamte Region der Trondheimer Bucht Thule genannt schnitt
6.4).
( s.
Ab
Dies würde die Angaben des Ptolemaios erklären, nach denen die Insel Thule
eine Ausdehnung von
2°40'
in der Länge und von
35'
in der Breite hat. Da es keine der
artige Insel vor der norwegischen Küste gibt, beziehen sich diese Angaben vermutlich auf die Region an der Trondheimer Bucht, die Ptolemaios irrtümlich für die Koordinaten einer Insel gehalten hat. Importfunde aus der römischen Kaiserzeit in dieser Region weisen auf einen regen Han del mit dem Mittelmeerraum hin
( vgl.
LUND, Karte
14).
Bereits zur Zeit des Pytheas
dürfte die Trondheimer Bucht ein Handelplatz gewesen sein ( s. Abschnitt
6.4),
der für die
Kaufmannsgilde in Massalia / Marseille von großem Interesse war. Es war dieses Interesse, das Pytheas nach Thule führte wie anschließend zur Deutschen Bucht, wo im Altertum Bernstein gefunden wurde. An der Fahrt des Pytheas gibt es somit nichts Mystisches; rein praktische Handelsinteressen lagen dieser Route zugrunde, ebenso wie später der Route des Columbus, die ihn nach Amerika führte. Handel und militärische Logistik sind die
110
Triebfedern, die wie im Altertum so auch in der Neuzeit den geographischen Vermessungs arbeiten zugrunde liegen.
6.3 Der Bericht des Solinus Während nach den Angaben des Strabon und des Plinius Thule sechs Tagesfahrten von Britannien entfernt liegt, findet sich hinsichtlich der Entfernung und der Seeroute nach Thule eine abweichende Darstellung bei Solinus, der im
3.
Jahrhundert eine Erdbeschrei
bung ( Colloctanea rerum memorabilium) verfasst hat. Darin berichtet er (XXII,
12),
dass
die Thule-Fahrer am Calidoniae promuntorium in See stächen, nach zwei Tagen (bidui navigatio) zu der Inselgruppe der fünf Ebudes gelangten, dann zu den drei Orchades, die von den Ebudes sieben "Tag-und-Nacht-Fahrten" entfernt seien (septem dierum totidem que noctium cursu), und von dort schließlich in fünf "Tag-und-Nacht-Fahrten" nach Thule ( quinque dierum ac noctium navigatio). Offensichtlich geht dieser Bericht nicht auf die Pytheastradition zurück. Nach NANSEN (S.
172) ist er ein
Zusatz eines irischen Mönches des 8. Jahrhunderts. Trifft dies zu, könnte
der Ausgangspunkt der angegebenen Route Irland gewesen sein, von wo aus man zunächst zu den Ebudes/Hebriden fuhr und dann weiter zu den Färöer-Inseln, die vermutlich um
625
von irischen Mönchen entdeckt wurden und mit den Drehades gemeint sein könnten. Von dort aus segelte man schließlich nach Thule. Da irische Mönche den Namen Thule später auf Island übertrugen (s. Abschnitt
6.4),
beschreibt der genannte Abschnitt vermutlich
eine Fahrt von Irland nach Island und hat somit nichts mit der Reise des Pytheas gemein.
6.4 Norwegen Die Frage, ob Pytheas bei seiner Abfahrt in Massalia/Marseille bereits Kenntnis von Thule hatte, lässt sich nicht beantworten. Da er sich, wie wir von Strabon
(11, 4, 1)
erfahren, wäh
rend seiner Reise auch in Britannien aufgehalten hat, könnte er dort durch die Einwohner die Kunde davon erhalten haben. Möglicherweise bestand damals ein Handelsverkehr zwi schen den Einwohnern Britanniens und Thule. Die sicherlich auf Pytheas zurückgehende Angabe des Plinius, dass
"man
von Berrice aus nach Thule fahrt", deutet jedenfalls auf
einen häufigeren Schiffsverkehr hin. HENNIG
(1944,
S.
169) bemerkt hierzu, der Umstand,
dass sich Pytheas mit den Einwohnern von Thule offensichtlich verständigen konnte (wie sich aus der unten erwähnten Geminos-Stelle ergibt), lasse auf die Existenz von Dolmet schern schließen. Dies wiederum, so HENNIG (a. a.
0.),
bedeute, dass es eine Verbindung
gegeben haben müsse. Pytheas hatte als Geograph sicherlich ein Interesse daran, die nördliche Ausdehnung der oikumene zu erfassen. Wie in Abschnitt
6.2.3
beschrieben, führte Pytheas' Route wahr
scheinlich von Britannien aus über die Shetland-Inseln zur Insel Sm0la und in die Trondhei mer Bucht. In dieser Region nahm er vermutlich eine Messung der geographischen Breite vor, die er später in seinem Werk Peri Okeanu oder einer anderen Schrift als Breite von Thule verzeichnete. Auch wird er bei seinem Aufenthalt dort erfahren haben, dass sich das Land noch weiter nach Norden ausdehnt. Hierfür sprechen die Angaben, die sich bei Ge minos und Pomponins Mela finden. Höchstwahrscheinlich ist Pytheas jedoch selbst nicht bis in die Region am Polarkreis vorgedrungen.
111
Besonders wertvoll ist in diesem Zusammenhang das Zeugnis des Geminos, weil sich bei ihm als einzigem antiken Autor ein Originalzitat aus dem Werk des Pytheas erhalten hat. An der betreffenden Stelle (Eisagoge, 6, 8f.) heißt es, Pytheas berichte in seinem Buch Peri Okeanou, die Einwohner hätten ihm die Stelle gezeigt, "wo sich die Sonne schlafen legt"; dort sei die Nacht (zur Sommersonnenwende) nur zwei oder drei Stunden lang. NANSEN (Bd. 1, S. 57f.) bemerkt hierzu: "Falls der längste Tag des Jahres durch direkte Beobachtung der Richtungen des ersten Sichtbarwerdens und des letzten Verschwindens der Sonne an Stellen mit freiem Horizont nach Norden hin bestimmt worden war, werden Längen von 21 und 22 Stunden in jener Zeit 63°39' und 64°39' nördlicher Breite entsprechen. Nach dem Sonnenmittelpunkt und ohne Berücksichtigung der Refraktion theoretisch berechnet, werden es 64°32' und 65°31' nördlicher Breite sein." Pomponins Mela schreibt, dass es in Thule zur Zeit der Sommersonnenwende keine Nächte gebe, weil die Sonne nicht nur ihren Abglanz, sondern sich selbst zum größten Teile noch zeige (per solstitium vero nullae (noctes), quod (sol) tum iam manifestior non fulgorem modo, sed sui quoque partem maximam ostentat;
111,
57). Diese Beschreibung
ist die älteste Erwähnung der Mitternachtssonne und geht vielleicht ebenfalls auf Pytheas zurück. Unklar bleibt allerdings die Angabe des Pomponins Mela
(111, 57), Thule liege dem (111, 36) handele.
Gestade der Belcer vorgelagert, bei denen es sich um skythische Stämme
Ferner wird berichtet, eine Tagesreise von T hule entfernt befinde sich das "träge und gefrorene Meer" (pepegyia thalatta nach Strabon I, 4, 2; mare concretum nach Plinius Nat. hist. IV, 104; pigrum et concretum mare nach Solinus XXII, 11; congelatum mare nach Dicuil 7, 13). Nach dem schwedischen Ozeanographen Walfrid EKMAN (zitiert von SVENNUNG, S. 27) könnte es sich dabei um eine besonders in norwegischen Gewässern auftretende Erscheinung handeln: "In einem engen Meerbusen, z. B. einem norwegischen Fjord, wo eine Schicht von leichtem Süsswasser das schwerere Meerwasser überdeckt, kann ein Schiff mit schwacher Treibkraft in eine Art Stillwasser hineingeraten, so dass es fast ganz seine Fahrt verliert und sich nicht steuern lässt. Die Ursache ist folgende Tatsache: An der Grenze zwischen dem leichten und dem schweren Wasser werden (für die Seeleute unsichtbare) Schlagwellen gebildet". Weiterhin erwähnt NANSEN (S. 69) den sog. Eisbrei, "wie er sich längs des Randes des Treibeises über weite Strecken hin bildet, wenn dieses durch den Wellenschlag zerquetscht wird". Nicht entscheiden lässt sich die Frage, ob Pytheas unter dem Namen Thule nur die Insel Sm0la verstanden hat, oder die Region an der Trondheimer Bucht oder vielleicht bereits ganz Norwegen bzw. Skandinavien. Zumindest in späterer Zeit hatte die Bezeichnung Thule offensichtlich diese Bedeutung. Dies wird deutlich aus der Beschreibung von Thule, die der Historiker Prokopios von Kaisareia (ca. 500-ca. 565) in seinem Werk über den Gotenkrieg ( de Bello Gothico; II, 15) gibt. Danach ist Thule eine sehr große Insel, über zehnmal größer als Britannien und liegt nördlich davon. Ähnlich äußert sich auch Solinus, der Thule als ein reiches, weitläufiges und an Obst ertragreiches Land bezeichnet (XXII, 12 ) . Möglicherweise beziehen sich der Bericht des Prokopios und der des Solinus, sofern es sich dabei um einen späteren Zusatz handelt (s. Abschnitt 6.3) aber auch bereits auf Island. Denn als am Ende des 8. Jahrhunderts irische Mönche als Anachoreten nach Island kamen, übertrugen sie den Namen Thule auf diese Insel, wie sich aus der 825 verfassten Beschreibung des Dicuil entnehmen lässt (7, 11-13). Jedoch könnte Island auch schon vorher erreicht worden sein, denn am Anfang des 5. Jahrhunderts berichtet Orosius (Hist. a dv. pag. I, 2, 79), Thule liege im nordwestlichen Ozean, ebenso im 6. Jahrhundert Jordanes ( cap. 1 ) und 112
im 7. Jahrhundert Isidorus von Sevilla (Etym. XIV, 6, 4) sowie der Geographus Ravennas (V, 32). Eindeutig beschreibt dann Adam von Bremen im 11. Jahrhundert Island als Thule: Haec Thyle nunc island appellatur ( Gesta IV, 36). Fraglich ist schließlich, ob Pytheas selbst Thule als Insel bezeichnet hat. Zumindest spricht Strabon, der Thule an acht Stellen seines Werkes erwähnt, nur an einer Stelle von Thule als Insel, wobei er in diesem Zusammenhang gerade seinen Mangel an genauer Kenntnis ausdrückt
(11, 5,
8). Sollte andererseits Pytheas Norwegen als Insel angesehen
haben, wäre dies durchaus zu erklären, denn NANSEN (S. 63) verweist darauf, dass Py theas den ganzen bottnischen Meerbusen hätte hinauffahren müssen, um zu erkennen, dass Thule mit dem Festland zusammenhängt. Letztlich war jedoch keinem der antiken Geographen bekannt, dass Skandinavien in Wirklichkeit eine Halbinsel ist. Die erste Er wähnung einer Verbindung Schwedens mit dem Festland findet sich bei Adam von Bremen im 11. Jahrhundert, der Kunde davon hatte, dass Leute von Schweden auf dem Landwege ins Byzantinische Reich gelangt seien ( Asserunt e tiam periti locorum a Sueonia terrestri via permeasse quosdam usque in Graeciam. Gesta IV, 15). Auch der arabische Geograph Al-KhwarizmT (vor 847) verzeichnet Thule in seinem Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde"). Allerdings verwendet er auch nicht von Ptole maios stammendes, neueres kartographisches Material. Insgesamt erscheint Thule größer als bei Ptolemaios und der Inselmittelpunkt liegt ca. 1° 20 ' weiter westlich. Die Angaben des Al-KhwarizmT könnten eher auf das südliche und südwestliche Norwegen zutreffen (WIEBER, S. 88-91). In der Neuzeit wurde schon im 19. Jahrhundert durch Leopold von BUCH, Sven NILS SON und andere die Vermutung angestellt, Thule könnte Norwegen sein. Der Polarforscher Fridtjof NANSEN hat dann nicht nur deutlich dargelegt, dass jenes Thule, das Pytheas einst erreicht hatte, weder Island noch eine der Shetland-Inseln gewesen sein kann, son dern dass es an der norwegischen Küste gelegen hat (Bd. I, S. 47-76). Wie die vorliegende Untersuchung gezeigt hat, ist es wahrscheinlich die Insel Sm0la gewesen, wo Pytheas als erster Grieche den Boden Norwegens betreten hat.
6.5 Literatur ALONSO-N(J.NEZ, J. M.: Roman Knowledge of Scandinavia in the Imperial Period. In: Oxford Journal of Archaeology NQ- 7, 1988, S. 47-64 BIANCHETTI, Serena: Pitea di Massalia. L 'Oceano. Introduzione, te sto, traduzione e commento. Pisa - Rom 1998 BUCH, Leopold von: Reise durch Norwegen und Lappland. Berlin 1810 F UHR, Maximilian: Pytheas aus Massilia. Historisch-kritische Abhandlung. Darmstadt 1842 GRANE, Thomas: Did the Romans really Know (or Gare) about Southern Scandinavia? In: GRANE, Thomas (Hrsg.): Beyond the Roman Frontier. Roman Infiue nces on the Northern Barbaricum. Rom 2007, S. 7-29
113
GUTENBRUNNER, Siegfried: Germanische Frühzeit in den Berichten der Antike. Halle a. S. 1939 HENNIG, Richard: Von rätselhaften Ländern. München 1925 HENNIG, Richard: Terrae incognitae. Bd. 1, Altertum bis Ptolemäus. Leiden, 21944 HERGT, Gustav: Die Nordlandfahrt des Pytheas. Halle a.S. 1893 (Diss.) HORSBURGH, E. M.: The Thule of Tacitus. In: Scottish Geographical Magazine, NQ- 29, 1913, S. 196-197
HORST ROSEMAN, Christina: Pytheas of Massalia. On the Ocean. Text, translation and comme ntary. Chicago 1994 LELGEMANN, Dieter: Die Erfindung der Messkunst. Angewandte Mathematik im antiken Griechenland. Darmstadt 2010 LUND-HANSEN, Ulla: R ömischer Import im Norden. Warenaustausch zwischen dem R ö mischen Reich und dem freien Germanien während der Kaiserzeit unter besonderer Be rücksichtigung Nordeuropas. Kopenhagen 1987 LUNDMANN, B.: The Problem of Ancient Griental Shipping on the North Sea: Anthropo logical Gontributions to the Discussion on the Existence of More or Less Direct Maritime Trade between the Bastern Mediterranean Countries and Northwestern Europe. In: Journal of Near Eastern Studies, Vol. 16, NQ- 2, 1957, S. 105-117 METTE, H. J.: Pytheas von Massilia. Die Fragmente. Berlin 1952 NANSEN, Fridtjof: Nebelheim. Entdeckung und Erforschung der nördlichen Länder und Meere. 2 Bde., Leipzig 1911 NILSSON, Sven: Die Ureinwohner des skandinavischen Nordens. Harnburg 1863 NINCK, Martin: Die Entdeckung von Europa durch die Griechen. Basel 1945 REDSLOB, Gustav Moritz: Thule, die phönicischen Handelswege nach dem Norden, ins besondere nach dem Bernsteinlande, sowie die Reise des Pytheas von Massilien. Leipzig 1855
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114
Anhang: Transformationsparameter In der folgenden Tabelle sind die Parameter der Transformation der ptolemäischen Koor dinaten (A, ) in moderne Koordinaten (>., cp) für die einzelnen Transformationseinheiten (TE) angegeben. Die entzerrende Transformation lautet (vgl. Abschnitt 1.2.2.2) Ai rPi
mAAi + Ao mq, i + rPo
mit den Maßstabsparametern mA und mq, sowie den Translationsparametern Ao und cp0. Wie in der Tabelle ersichtlich, wurden in den einzelnen Regionen Germania, Gallia Belgica, Raetia und Noricum unterschiedliche Maßstabsparameter zugelassen, innerhalb einer jeden Region jedoch einheitliche Maßstabsparameter angesetzt. Des Weiteren sind in der Tabelle Mittelwerte für die Standardabweichungen der (maß stäblich unverzerrten) antiken Koordinaten angegeben, die sich nach der Ausgleichung in den einzelnen Transformationseinheiten ergaben1. Die ermittelten Transformationsparameter sorgen lokal für eine möglichst beste Anpas sung der ptolemäischen an die modernen Koordinaten, sind jedoch weniger anschaulich. Für eine bessere Veranschaulichung der Verschiebungen (Verzerrung) der einzelnen Transfor mationseinheiten gegeneinander wurden die Differenzen ihrer Translationen (vgl. Abschnitt 1.2.2.2, Formel (1.1)) bezüglich der Translationen A0 Rund 0 Reiner ausgewählten Trans formationseinheit bestimmt: ßAo Ao- AaR o- o R. ß o Die Transformationseinheiten und die relativen Translationen sind in den folgenden Ab bildungen dargestellt (Stereographische Azimutalprojektion, Transformationseinheiten in Form von konvexen Hüllen) . Wie ersichtlich, überlagern sich Transformationseinheiten zum Teil. Es ist also anzunehmen, dass in solchen Regionen Ortsgruppen unabhängig vonein ander lagemäßig bestimmt wurden.
1Für die Mittelung der Standardabweichungen wurden die in die Ausgleichung eingehenden Größen der Standardabweichungen und nicht ihre Schätzwerte verwendet, wenn die Einheitsvarianz a posteriori nach der Ausgleichung kleiner als die Einheitsvarianz a priori ausfiel, da andernfalls möglicherweise die Genauigkeit unrealistisch unterschätzt worden wäre.
115
Entzerrungsparameter TE
Anz.
Translation
Pkt.
A
Germania Magna
I
0 Standardabw.
Maßstab
A
l
A
I
G1
12
-12°56'
1 4°06'
0.690
0.714
7'
(8km)
9'
(17km)
G2
14
-12°32'
1 3°54'
0.690
0.714
11'
(12km)
8'
(15 km)
G3
13
-12°10'
1 4°20'
0.690
0.714
7'
(8km)
7'
(13 km)
G4
4
-12°07'
14°01'
0.690
0.714
7'
(8km)
5'
(9km)
G5
7
-12°17'
1 3°47'
0.690
0.714
11'
(13km)
10'
(19km)
G6
16
-12°12'
14°17'
0.690
0.714
10'
(12km)
7'
(13 km)
G7
10
-12°04'
1 4°38'
0.690
0.714
8'
(10km)
7'
(13 km)
G8
11
-12°25'
1 4°22'
0.690
0.714
8'
(10km)
6'
(11 km)
G9
10
-12°38'
14°13'
0.690
0.714
9'
(11 km)
11'
(20km)
G10
10
-9°59'
1 4°43'
0.690
0.714
10'
(12km)
7'
(13 km)
G11
6
-12°1 1 1
1 3°28'
0.690
0.714
10'
(12km)
7'
(13 km)
G12
12
-1 0°09'
1 3°43'
0.690
0.714
13'
(16km)
10'
(19km)
Gallia Belgica B1
6
-15°58'
9°27'
0.769
0.800
12'
(14km)
9'
(17km)
B2
5
-14°16'
1 0°07'
0.769
0.800
16'
(19km)
10'
(19km)
B3
13
-15°24'
8°16'
0.769
0.800
12'
(14km)
9'
(17km)
B4
5
-15°06'
9°32'
0.769
0.800
10'
(12km)
18'
(33km)
B5
6
-14°37'
1 0°39'
0.769
0.800
15'
(18km)
14'
(26km)
B6
5
-13°30'
11 °07'
0.769
0.800
10'
(12km)
13'
(24km)
B7
4
-12°53'
9°47'
0.769
0.800
10'
(12km)
8'
(15 km)
B8
12
-13°50'
9°58'
0.769
0.800
13'
(16km)
8'
(15 km)
B9
9
-14°09'
1 0°26'
0.769
0.800
13'
(17km)
6'
(11 km)
B10
5
-14°44'
1 0°02'
0.769
0.800
9'
(12km)
11'
(20km)
B11
5
-16°00'
9°31'
0.769
0.800
19'
(25km)
13'
(24km)
R1
11
-12°02'
1 4°46'
0.690
0.714
10'
(12km)
6'
(11 km)
R2
6
-11 °26'
1 4°36'
0.690
0. 714
15'
(19km)
7'
(13 km)
R3
5
-11 °53'
1 4°22'
0.690
0.714
10'
(13km)
6'
(11 km)
Raetia
116
Entzerrungsparameter TE
Anz. Pkt.
I
A
0 Standardabw.
Maßstab
Translation
A
l
I
A
Noricum N1
6
- 12°45'
12°15'
0.769
0.769
15'
N2
3
- 12° 59'
12°03'
0.769
0.769
11'
N3
10
- 13°52'
11° 36'
0.769
0.769
10'
) (14km ) (13km ) (18km
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) (9km) (19km ) (11km
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Relative Translationen in Germania Magna, Referenz-TE: G2
117
Relative Tr anslatione
n in GalJia Belgica, Re fere nz- TE:
12•
Relative Tr anslationen in Rae tia, Referenz- T E:
118
Rl
B2
46° �--��---J--�12°
Relative Translationen in Noricum, Referenz-TE: Nl
119
Nachwort Der Alexandriner Klaudias Ptolemaios war Mathematiker, der sich - nach heutigem Ver ständnis- vor allem für die augewandten mathematischen W issenschaften interessierte. Der Astronomie etwa war sein berühmtestes Hauptwerk, die Mathematike syntaxis ("Mathe matische Zusammenstellung"), gewidmet, die geometrische Modelle für die Bewegungen der Planeten im antiken Sinn ausarbeitete. Das Werk Harmonika behandelte die Musiktheo rie gemäß den verschiedenen, traditionellen griechischen Systemen. Die Optik, nur in einer fragmentarischen lateinischen Übersetzung der verlorenen arabischen Übersetzung des ver lorenen griechischen Textes erhalten, umfasste vor allem die geometrische Optik, also die Spiegelung und Brechung von Lichtstrahlen. So ist es nur folgerichtig, dass Ptolemaios seine Geographike Hyphegesis ("Geographi sche Anleitung") mit einem Lobpreis auf die Mathematik beginnt (GH I,
1).
Sie kann dem
menschlichen Geist ein Bild der bewohnten Welt durch eine Abbildung vermitteln. Die ptolemäische Geographie benötigte zu einem wesentlichen Teil Mathematik. Denn Geogra phie definierte er als bildliehe Darstellung der gesamten bekannten Welt zusammen mit den darin enthaltenen Erscheinungen. Die Betonung liegt auf , gesamt'. Die Chorographie war dagegen für Detaildarstellungen zuständig, ohne Mathematik zu benötigen. Es geht also bei der ptolemäischen Geographie nicht um die Geographie im heutigen Sinn, sondern in erster Linie um Kartographie, eine mathematische Disziplin. Es ist deshalb dem ptolemäischen Verständnis und Vorgehen geschuldet, dass auch heu te mathematisch-geodätische Methoden benötigt werden, um die ptolemäischen Koordi natenangaben durch eine Verzerrungsanalyse zu entzerren und die genannten Orte und topographischen Punkte zu identifizieren: Keine leichte Aufgabe, da das Beispiel Noricum zeigt, wie wenig antike Bezeichnungen heutigen politischen oder geographischen Einheiten zu entsprechen brauchen. Dieser Einsicht verdankt das vorliegende Buch seine Entstehung. In vergleichbarer Weise ist Peter MESENBURG bei seiner Genauigkeitsanalyse der Ger mania-Karte des großen Nachfolgers von Ptolemaios, Gerhard Mercators, vorgegangen.
Darauf ist zurückzukommen. Für Ptolemaios verfügte die Mathematik auch über die Beweiskraft, um die Kugelförmig keit von Land und Wasser zu beweisen (GH I,
2).
Sein wichtigster Gewährsmann, Marinos
aus Tyros an der phönizischen Mittelmeerküste, dem heutigen Sur im Südlibanon, ha be demgemäß geglaubt, durch mathematische Beweise bestimmt zu haben, dass der Orion vor der Sommersonnenwende vollständig für diejenigen sichtbar ist, die unter dem Äquator segeln. Aber, so Ptolemaios, dessen Überlegungen seien unbrauchbar, da sie auf falschen Voraussetzungen beruht hätten, nämlich auf einer zu südlichen Lage der bewohnten Länder (GH I,
7).
Insbesondere lehnte Ptolemaios die rechtwinklige Zylinderprojektion des Marinos für die Kartenherstellung ab und vermisste bei jenem Länge und Breite jedes eingetragenen Ortes (GH I,
18).
Seine eigenen über
6300
Ortsangaben mit jeweils beiden Koordinaten soll
ten genau diesem Missstand abhelfen. Um diesen Schatz an Informationen wissenschafts-
120
historisch angemessen auswerten zu können, ist deren Identifizierung unerlässlich, wie es im vorliegenden Buch versucht wurde. Im letzten, 24. Kapitel des ersten Buches schlägt Ptolemaios zwei Projektionen für die kartographische Umsetzung der Daten vor: die einfache Kegelprojektion, die zu geradlini gen Meridianen und konzentrisch gebogenen Parallelkreisen führt, und die abweitungsfreie unechte Kegelprojektion mit weiterhin konzentrischen Parallelkreisen und gekrümmten Meridianen (PAGANI, S. IV). Mercator hat diese konischen Projektionsmethoden wei terentwickelt. Tatsächlich hat die Renaissance auch Ptolemaios und seinem geographischen Werk zu neuem Ansehen verholfen. Dank dem Konstantinopolitaner Manuel Chrysoloras, der um 1391 zum ersten Mal nach Italien gekommen war, wurde der F lorentiner Jacopo Angelo da Scarperia in die Lage versetzt, 1406 die erste lateinische Übersetzung der Geographike Hyphegesis fertig zu stellen. Durch seine Übersetzung wurde der humanistische T itel Gas magraphia geläufig. Jacopo Angelo rechtfertigte - zu Unrecht - seine Entscheidung mit
dem angeblichen Vorgehen von Plinius dem Älteren (PAGANI, S. XII Anm. 33): "Nam si Plinius ceterique latini, qui terre situm descripserunt, opus suum cosmogra
phicam appell ant et auctores ipsi cosmographici dicuntur, nescio cur Ptolemei opus, quod idem tra ctat, eodem vocabulo apud nos appellari non debeat.
11
"Denn wenn Plinius und die übrigen Lateiner, die die Lage der Erde beschrieben, ihr Werk Kosmographie nennen und die Autoren selbst Kosmographen heißen, dann weiß ich nicht, warum nicht das Werk des Ptolemaios, das dasselbe behandelt, mit derselben Bezeichnung bei uns genannt werden soll." Die erste gedruckte lateinische Fassung des Textes, ohne Karten, erschien 1475 in V icen za. Schon 1477 erschien jedoch in Bologna eine lateinische Ausgabe mit den 27 ptole mäischen Karten (Nachdruck Amsterdam 1963). Rund hundert Jahre später, 1578, ver öffentlichte der bedeutendste Kartograph des 16. Jahrhunderts, Gerhard Mercator, seine Ausgabe der 27 Karten in Köln, denen er eine 28. Karte vom Nildelta hinzugefügt hatte, 1584 eine zweite Ausgabe ebendort zusammen mit dem Text (KROGT , S. 195): "Cl. Ptolemaei Alexandrini Geographiae libri octo recogniti iam et diligenter emendati cum tabulis geographicis ad mentem auctoris restitutis ac emendatis.
11
"Die acht Bücher der Geographie des Klaudias Ptolemaios aus Alexandria, nunmehr überarbeitet und sorgfältig verbessert mit den im Sinn des Autors wiederhergestellten und verbesserten geographischen Tafeln." Die 28 ptolemäischen Karten Mercators wurden 1605 und 1618 nochmals von Jodo cus Hondius in Amsterdam herausgegeben, im ersten Fall zusammen mit dem griechisch lateinischen Text, im zweiten Fall als Teil des historischen Atlasses Theatrum geographiae veteris durch Petrus Butius. Eine letzte Ausgabe der 28 Karten erschien im Jahre 1730.
Bis weit ins 18. Jahrhundert reichte also der Ruhm des ,Ägypters' Ptolemaios, wie er von Albrecht Dürer auf dessen Holzschnitt Imagines coeli septentrianales cum duodecim ima ginibus zodiaci aus dem Jahr 1515 genannt wird.
Sein kongenialer Renaissance-Nachfolger Mercator hatte freilich 1585 damit begonnen, eigene Spezialkarten in Duisburg zu veröffentlichen, zunächst 51 zu Gallia, Bel gium und Germania. Die Germania-Karte wurde 1994 von Peter MESENBURG einer mathemati
schen Genauigkeitsanalyse unterzogen (MESENBURG 1994). Sie ist für das vorliegende Buch von besonderem Interesse. Das von MESENBURG verwandte geodätische Ausglei chungsverfahren brachte eine verblüffende Genauigkeit an den Tag. Die traditionelle Un121
genauigkeit der ptolemäischen Karten tritt in Mercators Ger mania-Karte nicht mehr auf, ohne dass jener diesen positiven Befund erklären konnte. In Mercator hatte Ptolemaios sei nen Meister gefunden. Und doch erlaubt die vorliegende Identifizierung eines großen Teils der ptolemäischen Ortsangaben erst jetzt, den reichen Informationsgehalt der Geo graphike Hyphegesi s für die historische Geographie, Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte in hohem
Maße zu erschließen.
Literatur KROGT, Peter van der: Erdgloben, Wandkarten, Atlanten - Gerhard Mercator kar tier t die Erde. In: Stadt Duisburg (Hrsg.): Gerhard Mercator, Europa und die Welt, BegZeitband zur Ausste l lung "Verfolgt, geachtet, universal- Gerhard Mercator, Europa und die Welt".
Duisburg 1994, S. 81-129 MESENBURG, Peter: Germaniae Universalis-Die Genauigkeit der Darstellung Europas durch Gerhard Mercator im Jahre 1585. In: Stadt Duisburg (Hrsg.): Gerhard Mercator, Europa und die Welt, BegZeitband zur Ausstellung "Verfolgt, geachtet, universal-Gerhard Merc ator, Europa und die Welt". Duisburg 1994, S. 221-234
PAGANI, Lelio: Einführung. In: Ptolemäus, Cosmographia, Das Weltbild der Antike. Stutt gart 1990, S. 111-XVI
122
Danksagung Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts, das von der Deut schen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird. Der DFG gilt daher unser Dank für ihre Förderung. Ebenfalls danken wir Herrn Dr. Hans-Jörg Nüsse (Freie Universität Berlin) für zahlreiche Hinweise zur Archäologie Germaniens.
123
Sachverzeichnis
Abkürzungen Bi
Biegung
cc
Cimbrica Chersonesus (Kimbrische Halbinsel)
mhd.
mittelhochdeutsch
Mü
Mündung
Qu
Quelle
Itin. Ant.
Itinerarium provinciarum Antonini Augusti
Tab. Peut.
Tabula Peutingeriana
GH
Geographike Hyphegesis
BASEL-AUSGABE
2006
Textausgabe
der
Geographike
Hyphegesis
STÜCKELBERGER/GRAßHOFF (s. Abschnitt
von
1.4)
Transformationseinheit
TE
Erläuterung der lateinischen geographischen Bezeichnungen fiuvius
Fluss
fons
Quelle
infiexio
Biegung, Krümmung, Umwendung
mons
Berg, Gebirge
navale
Ankerplatz
portus
Hafen
prominentia
Landspitze, Landvorsprung
promontorium,
promuntu-
Kap, Vorgebirge
num terminus
Grenzpunkt
Formelzeichen moderne Länge und Breite transformierte ptolemäische Länge und Breite Translation in Länge und Breite (Transformation von antik nach modern)
124
ptolemäische Länge und Breite Translation in Länge und Breite (Transformation von modern nach antik) Maßstäbe in Länge und Breite (Transformation von antik nach modern) Maßstäbe in Länge und Breite (Transformation von modern nach antik) Verbesserungen der ptolemäischen Länge und Breite
125
Index
Aalen, 58
Ardres, 75
Aar, 73
Aregelia, 49
Aardenburg, 75
Arelate, 99
Abiluum, 59
Argentorate, 83
Abnoba mons, 32
Argentoratum, 77
Abrinkas, 74
Argentovaria, 78
Acaunus, 90
Arsicua, 56
ad solis ortum infiexio, 40
Arsonium, 50
Adiuvense, 100
Artaunum, 52
Adulas mons, 74
Artobriga, 91
Aenus fiuvius, 85
Asanca, 57
Aguntum, 101
Ascalingium, 26, 47
Aislingen, 91
Ascaucalis, 44
Albis fiuvius, 35
Asciburgium, 25, 26, 44
Alcimoennis, 58, 83
Asciburgius mons, 33
Alexandria, 3, 22, 88
Astuia, 43
Alisum, 51
Atuatuca, 68
Alisus, 43
Atuatucum, 75
Alociae insulae tres, 40
Augsburg, 87, 91
Alpenvorland, 22
Augusta Rauricorum, 24
Alpes Cottiae, 82, 83
Augusta Vindelicorum, 82, 87, 88, 91
Alpes Graiae, 86
Augusta Viromanduorum, 76
Alpes Graiae et Poeninae, 82, 83, 90
Augustomagus, 76
Alpes Maritimae, 83
Babia Gora, 32
Alpes Poeninae, 86
Bad Driburg, 26, 46
Altstätten, 89
Bad Hersfeld, 52
Amberg, 55
Bad Nauheim, 52
Amiens, 75
Bad Oldesloe, 42
Amisia, 41, 46
Bad Wimpfen, 53
Amisia fiuvius, 35
Bagacum, 75
Anabum, 60
Basel, 24, 25
Andematunnum, 78
Batavodurum, 76
Andovce, 60
Bavay, 75
Anduaetium, 60
Bedacum, 101
Appingedam, 41
Bedaium, 101
Aquileia, 95
Beelen, 46
Aquincum, 24
Bergisch Gladbach, 51
Arabo fiuvius, 38
Bergium, 54
Arae Flaviae, 23, 57, 69, 83
126
Bern, 78
Castellum, 75
Bernburg a. d. Saale, 48
Casurgis, 55
Bibacum, 58, 83
Celeia, 95, 102
Bicurgium, 5, 54
Celje, 102
Biesheim-Oedenburg, 78
Ceske Budejovice, 59
Bingen, 24
Cetius mons, 98
Birten, 76
Chalusus fiuvius, 36
Bludenz, 89
Chojnice, 26, 44
Bodensee, 24, 69
Cimbrica Chersonesus, 38
Bogadium, 26, 46
Claudivium, 14, 95, 99
Borbetomagus, 77
Coenoenum, 43
Borken, 45
Colancorum, 26, 49
Boulogne-sur-mer, 72
communis Alpium et Adulae terminus, 74
Bragodurum, 87
Coridorgis, 59
Braunschweig, 26, 48
Crailsheim, 53
Breclav, 56
Crumerum, 38
Bregenz, 87, 88
Czlopa, 26, 44
Brennerpass, 91
Danubius fiuvius, 37, 38
Brenz, 37
Devona, 53
Bresle, 72
Dewangen, 53
Breucomagus, 77
Dittatium, 78
Brigantium, 87, 88
Döbraberg, 33
Brigobannis, 37, 87
Dobrockovice, 59
Briloner Wald, 32
Dölsach, 101
Brno, 60
Donau, 3, 25, 34, 37, 38, 82, 95
Brocken (Harz), 33
Donaueschingen, 37
Brodeltia, 58, 83
Donauknie, 24, 25, 38
Bruges, 75
Donauquelle, 24
Brumath, 77
Donauwörth, 58
Budorgis, 56
Drachenfels, 51
Budorigum, 50
Dracuina, 88
Budoris, 51
Drawsko Pomorskie, 44
Bunitium, 43
Dresden, 49
Burg an der Elbe, 49
Drusomagus, 90
Burg Stargard, 43
Durocortorum, 72, 75
Calaegia, 49
Ebodurum, 89
Calisia, 50
Eburodunum, 41, 60
Cambodunum, 82
Eburum, 56
Camenelum, 83
Ectodurum, 90
Canduum, 48
Eggegebirge, 32
Cantioebis, 58, 83
Ehl bei Benfeld, 78
Carnuntum, 23
Einöde der Helvetier, 69
Carpis, 38
Eisack, 86
Carrodunum, 56, 91
Eisenach, 48
Carvancas mons, 98 127
Elbe, 22, 24, 34, 35
Hannover, 47
Elcebus, 78
Hedemünden, 47
Ems, 34, 35, 41
Heidengraben bei Grabenstetten, 57
Havel, 34
Elbmündung, 24
Elsfleth-Hogenkamp, 42
Hegitmatia, 55
Emsquelle, 24
Heidenschanze bei Sievern, 42
Fabiranum, 42
Hermes, 76
Essen-Hinsel, 45
Heiligkreuzge birge/ Gory Swil?tokrzyskie, 33
Faeniana, 88
Hildesheim, 26, 47
Felicia, 59
Hitzacker, 42
Feugarum, 48
Hnidek, 56
F inningen, 58
Hfimezdice, 55
Flevum, 41
Hüfingen, 69, 87
fiuvius, 37
Idunum, 102
fons, 37
IJssel, 25, 34, 73
Forum Claudii Vallensium, 86, 90
IJzer, 73
Forum Tiberii, 78
Frankenwald, 33
infiexio prope Carpin, 38
Freistadt, 59
infiexio prope Curtam, 38
Friedberg, 52
lnn, 86, 95
lnnmündung, 24
Frudis fiuvius, 72
Fulda, 35
Inutrium, 91 Isarcus, 86
Furgisatis, 59
F ürstenwalde, 26, 49
Itium promontorium, 72 Iulium Carnicum, 98
Gabavodurum, 96, 100
Iuvavum, 14, 99
Gabreta-Wald, 37
Jena, 54
Gabromagus, 100 Ganodurum, 78
Jicin, 55
Geismar, 47
Jütland, 22, 38
Gauting, 91
Jihlava, 59
Gesodunum, 96, 101
Kalefeld, 23
Gesoria, 75
Kalisz, 50
Gesoriacum, 72, 75
Kauarische Inseln, 3
Glogow, 50
Kandel, 32
Görlitz, 50
Kanzianiberg, 98
Gotland, 41
Kap Griz Nez, 72
Gran, 25
Kap Skagen, 22
Gravionarium, 53
Karawanken, 98
Grebenau, 53
Karnische Inseln, 99
Großer St. Bernhard, 86
Katwij k-Brittenburg, 73
Gurina, 102
Kimbrische Halbinsel, 24, 38
Hagenow, 42
Kleine Donau, 38
Halberstadt, 48
Kleiner St. Bernhard, 86 Koblenz (Aargau), 73
Hallstadt, 54
128
Kojetfn, 57
Manarmanis portus, 41
Kolin, 56
March, 25, 37
Komarno, 60
Marionis, 42
Konin, 51
Marionis altera, 43
Konstanz, 90
Marktbreit, 54
Korneuburg, 59
Marne, 41
Kostrzyn, 26, 49
Marobudum, 54
Krosno Odrzanskie, 50
Mattiacum, 51
Maurine, 43
Laciburgium, 43
Mediolanium, 25, 45, 59
Lacus Brigantinus, 69
Medullum, 91
Lahnau- Waldgirmes, 51
Melibocus mons, 32
Lalendorf, 43
Meliodunum, 55
Lambach, 100
Melocabus, 52
Landeck, 91
Melsungen, 52
Langres, 78
Mengen- Ennetach, 88
Lathen, 42
Menin, 56
Lausitzer Gebirge, 33
Menosgada, 34, 54
Leipzig, 49
Mesuium, 15, 26, 48
Leszno, 50
Metacum, 74
Leucaristus, 15, 50
Metelen, 46
Leufana, 42
Miastko, 44
Lille, 75
Mistelbach an der Zaya, 56
Limes, 25, 68, 69, 82, 83
Mittelsächsisches Hügelland, 33
Limis lucus, 50
Moers-Asberg, 44
Linz, 59, 99
Moldau, 35
Lippe, 34, 35, 76
mons Vosegus, 69
Lirimeris, 42
montes Alpibus cognomines, 32
Litomefice, 55
Mosa fiuvius, 73
Locoritum, 53
Mosel, 69, 74
Lohr, 53
Moson- Donau, 38
Louny, 55
Munitium, 47
Lübecker Bucht, 40 Lubieszewo, 43
Naarn, 37
Lugdunum, 73
Nauders, 91
Lugidunum, 49
Naunheim, 52
Lukmanierpass, 74
Nausis, 52
Luna- Wald, 37
Navalia, 26, 45
Lupfurdum, 15, 49
Neckar, 34, 69
Luppia, 41, 48
Neckarland, 22, 68
Maas, 69, 73
Neustadt am Main, 53
Nemetacum, 74
Magdeburg, 26
Nijmegen, 76
Mährische Pforte, 33
Nomisterium, 55
Main, 34, 69
Nördlingen, 32
Malkuß, 53
Nordsee, 3 129
Nordseeküste, 22
Rheinmündungen, 73
Novaesium, 52 Noviomagus, 77
Rheinquelle, 69, 73
Rhenus fiuvius,
Oberleiserberg, 59
Obrincas, 68, 69, Ocra mons, 86 Octodurus, 90
Riegel, 57
74
Riesa, 49
Rigomagus, 77 Riusiava, 57
Odenwald, 22, 32, 68
Rothaargebirge, 32
Oderske vrchy /Oderberge, 33
Rottweil, 57
Ohnist'any, 55
Origiacum,
34, 73
Rißtissen, 88
Rufiniana, 77 Rugium, 44
74
Osielsk, 44
Rymai'ov, 56
Osterode, 48 Ostrzeszow, 50
Saale, 34
Ostsee, 3, 23
Saint-Quentin, 76
Ostseeküste, 22, 24
Salodurum,
Oststeirisches Hügelland, 98
Salzburg, 99
Oude Rijn, 73
Salzkotten, 26, 46
Parienna, 56 pars maxime orientalis,
Samarobriva, 75 Sarmatici montes,
39
Sarovce, 60
90
Saxonum insulae tres, 40 Scandia insula maxima, 40 Scandiae insulae minores tres,
Petinesca, 78 Pisek, 55 Plöckenpass, 99
Pons Dubis,
Schelde, 69, 72
Ponte Gardena, 85
Schemnitzer Berge (Stiavnicke vrchy), 32
Pontoux, 79
Schleswig-Holstein, 38
39
Schlüchtern, 53
Prag, 55
Schönberg, 43
Prest'ovice, 55
prima post prominentiam prominenta,
Schonen, 40
39
Schwäbische Alb, 83
Prosimefice, 56
proxima prominentia, 39 proxima prominentia infra hanc,
Schwanberg bei lphofen, 54 Schwarzwald, 22, 68
39
Scurgum, 26, 44 Segodunum, 53 sequens {prominentia} maxime borealis,
Raab, 38
Ratomagus,
75
39
Recknitz, 36
Redintuinum,
40
Schärhorn, 35
79
post Albim prominentia,
32
Samtaler Alpen, 86
Peenestrom, 36
Penneloci,
78
Setidava, 51 Setuacotum, 58, Setuia, 56 Siatutanda, 41
55
Regensburg, 24 Reims, 72 Remagen, 77
Sierakow, 50
Rhein, 3, 22, 24, 25, 34, 68, 69, 73, 82
Singone,
Rheingönheim, 77 130
60
83
Sk1ne, 40
Vac, 24
Solothurn, 78
Vacorium, 101
Sontheim an der Brenz, 58
Vallis Poenina, 82
Spessart, 32
Vecht, 34
Speyer, 77
Vernon, 74
St. Peter in Holz, 101
Vetera, 34
St. Pölten, 100
Vetera Legio XXX Ulpia, 76
Stereontium, 26, 46
Via Claudia Augusta, 83, 90, 92
Steyr, 101
Viadua fiuvius, 36
Stragona, 50
Vicus, 14, 89
Strasbourg, 77
Vidrus fiuvius, 34
Strass im Zillertal, 101
Vieux Seurre, 79
Strevinta, 55
Vinxtbach, 69, 74
Studenberg, 78
Viritium, 15, 26, 44
Sublavio, 85
Virunum, 44, 95
Sudeti montes, 32, 33
Visegrad, 38
Suebus fiuvius, 36
Vistula fiuvius, 36
Susudata, 26, 49
Visurgis fiuvius, 35
Swine, 36
Viviscus, 14, 89
Szob, 38
Vocarium, 101
Slupia, 36
Vogelsberg, 32 V yskov, 59
Tabula, 72 Tarnaiae, 90
Waag, 25
Tarodunum, 57
Waal, 73
Tecelia, 42
Wallis, 82
Tegeler Plate, 42
Wallsee, 99
Temmen, 43
Waren ( Müritz) , 43
terminus, 98
Weichsel, 4, 23, 24, 34, 36
Teuderium, 25, 46
Weichselmündung, 25
Teurnia, 101
Werra, 24, 35
Tongeren, 75
Weser, 22, 34, 35
Toul, 76
Wester-Schelde, 73
Traiana Legio XXII, 76
Westkarpaten, 4, 25, 32
Treffen, 101
Wetterau, 22, 68
Treuchtlingen, 58
Wienerwald, 98
Treva, 42
Wolkersdorf, 59
Tropaea Drusi, 48
Worms, 77
Tulifurdum, 15, 47
Wutach, 73
Tulisurgium, 26, 47
Zuglio, 98
Tullum, 76
Zuidersee, 24
Tuttlingen, 88 Ueckermünde, 43 Usbium, 59, 99
131
Raetia
Transformationseinheiten e
NI
0
Bll
e
Rl
> 2000 rn e
R2
e
R3
500- 2000 rn 150- 500 rn
2000 rn
Arelaie
500- 2000 rn
bei Linz
150- 500 rn