Germania und die Insel Thule: Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene" 9783534721795

»It is one of the most puzzling riddles of antiquity« galt seit 1952 für den Weltatlas des Klaudios Ptolemaios aus dem z

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German Pages 135 [139] Year 2012

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Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Ptolemaios und die Geographie von Germanien
1.2 Die Identifizierung der antiken Orte
1.2.1 Probleme bei der Ortsidentifizierung
1.2.1.1 Die Textüberlieferung
1.2.1.2 Die von Ptolemaios verwendeten Quellen
1.2.1.3 Ptolemaios' Verfahrensweise zur Ermittlung der geographischen Koordinaten
1.2.2 Geodätische Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten
1.2.2.1 Die ptolemäischen Koordinatenangaben
1.2.2.2 Geodätische Entzerrung
1.2.3 Die Informationen der Altertumskunde
1.2.4 Die Ortsnamen
1.3 Zum Aufbau und Inhalt der folgenden Abhandlungen
1.4 Verwendete Textausgaben
1.5 Literatur
2 Germania Magna
2.1 Allgemeines
2.1.1 Probleme bei der Ortsidentifizierung in Germania Magna
2.1.2 Die Informationsquellen
2.1.3 Die Verzerrungen in der Karte des Ptolemaios
2.1.4 Ptolemaios' Darstellung der Orte in Germania Magna
2.1.5 Zur Ortsidentifizierung
2.2 Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken
2.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen
2.3.1 Gebirge
2.3.2 Flüsse
2.3.3 Die Kimbrische Halbinsel
2.3.4 Inseln
2.3.5 Orte
2.3.5.1 klima 1
2.3.5.1 klima 2
2.3.5.1 klima 3
2.3.5.1 klima 4
2.4 Literatur
3 Gallia Belgica, Germania Inferior, Germania Superior
3.1 Allgemeines
3.2 Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken
3.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen
3.4 Literatur
4 Raetia et Vindelicia
4.1 Allgemeines
4.2 Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken
4.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen
4.3.1 Flüsse und Gebirge
4.3.2 Orte
4.4 Literatur
5 Noricum
5.1 Allgemeines
5.2 Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken
5.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen
5.4 Literatur
6 Thule
6.1 Vorbemerkungen
6.2 Die Insel Smøla
6.2.1 Die geographische Breite von Thule
6.2.2 Die geographische Länge von Thule
6.2.3 Die Entfernung Britannia – Thule
6.3 Der Bericht des Solinus
6.4 Norwegen
6.5 Literatur
Anhang: Transformationsparameter
Nachwort
Danksagung
Sachverzeichnis
Index
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Germania und die Insel Thule: Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene"
 9783534721795

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Germania Magna 5"

I -L­ I

5 6"

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54 "

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52 "

9" Transformationseinheiten

>

2000 rn



GI



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D

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150- 500 rn



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B8



BIO

!50- 500 rn ) und den modernen Koordinaten(>., cp) beider seien hier

Orte sind:

Asciburg.

Rhenus fi.

Differenz

A

2T30'

2TOO'

0°30'

>.

6°39'

4°34'

2°05'

52°30'

53°10'

-0°40'

rP

51 °26'

52°08'

-0°42'

10

Demnach ist die gegenseitige Lage der Orte im ptolemäischen System in der Länge stark verfälscht (Fehler ca.

P/2°).

Von einem Schreibfehler ist hier nicht auszugehen, da beide

Orte mit ihren Koordinaten jeweils zu ihren nächsten Nachbarorten passen (nur kleinere, zufällige Koordinatenfehler). Die beiden Orte bzw. Ortsgruppen sind also offensichtlich in der Länge gegeneinander systematisch verschoben. 1.2.2.2 Geodätische Entzerrung

Die rechnerische, geodätische Analyse der Koordinatenangaben im Ortskatalog der "Geo­ graphie" hat zum Ziel: •

Ortsgruppen gleicher Verzerrungssystematik (Transformationseinheiten) zu lokalisie­ ren und die Art und Größe der Verzerrungen (Verzerrungsparameter) zu bestimmen,



inkonsistente Orte aufzudecken, d. h. Fehlidentifizierungen und grobe antike Koordi­ natenfehler bzw. Schreibfehler in den Manuskripten,



für ptolemäische Orte durch eine entzerrende Transformation moderne Koordinaten zu ermitteln und sie dadurch zu identifizieren,



Genauigkeitsaussagen über die ptolemäischen Daten zu treffen.

Teilweise sind für einen Ort verschiedene antike Koordinaten überliefert (siehe Ab­ schnitt

1.2.1.1).

Ebenso können für einen antiken Ort mehrere unsichere moderne Iden­

tifizierungen vorliegen. Beides wird durch das Auswerteverfahren berücksichtigt, d. h. es werden die wahrscheinlich richtigen Werte bzw. Identifizierungen ermittelt. Bei der Suche nach Ortsgruppen gleicher Verzerrungssystematik findet die Ausglei­ chungsrechnung Anwendung (Methode der kleinsten Quadrate). Sie wird üblicherweise verwendet, wenn mehr Beobachtungen als nötig zur Bestimmung der Parameter eines funk­ tionalen Zusammenhanges zur Verfügung stehen. Durch die Überbestimmung ergibt sich der Vorteil, dass sich Aussagen u. a. über die Genauigkeit der Beobachtungen ableiten und Hypothesentests durchführen lassen. Solche statistischen Tests wiederum ermöglichen hier die Suche nach Ortsgruppen, für die jeweils ein bestimmtes Verzerrungsmodell einschließ­ lich dessen Parameter gültig ist. Im hier verwendeten Gauß-Markov-Modell stellen die ptolemäischen Koordinaten die beobachteten, fehlerbehafteten Größen dar. Da die modernen Koordinaten gegenüber den ptolemäischen wesentlich kleinere Unsicherheiten besitzen, können diese hier als fehlerfrei angesehen werden. Die gesuchten, unbekannten Größen sind die Transformationsparame­ ter. Der Transformationsansatz für die Überführung der modernen in die ptolemäischen Koordinaten lautet

Ai+ VAi

m>.

Ai+ Ao

i +

m q,

rPi+ o ,

V.Pi

(1.1)

Ai und rPi, der ptolemäischen Länge und A0 und 0 und (Verbesserungen) VAi und V.Pi· Mit den Maßstabsparametern und

mit der modernen geographischen Länge und Breite Breite

Ai und

i, den Maßstabsparametern m>. und mq,, den Translationen

den zufälligen Restfehlern

Translationen werden die systematischen Verzerrungen der ptolemäischen Ortsangaben modelliert. Bei der praktischen Anwendung erweist sich das Modell als genau genug, d. h. die sich ergebenden Restfehler besitzen i. d. R. keine Restsystematiken und ihre Beträge

11

stehen im Einklang mit der Auflösung bzw. der Größe der Unsicherheit der ptolemäischen Koordinaten. Die Verfahrensschritte der geodätischen Analyse der ptolemäischen Koordinaten sind nun folgende:

1.

Da bei der vorliegenden Aufgabenstellung nur kombinatorische Verfahren erfolgver­ sprechend sind, die Praktikabilität derartiger Verfahren jedoch stark abhängig von der Datenmenge ist, wird ein Untersuchungsgebiet im Vorhinein in Ortsgruppen un­ terteilt, in denen die Suche nach Transformationseinheiten zunächst getrennt durch­ geführt wird. Eine solche Start-Einteilung kann anhand des Residuenbildes erzeugt werden, das sich nach einer ersten Transformation mit Näherungswerten für die Ver­ zerrungsparameter ergibt. Im Residuenbild werden Gebiete homogener Verzerrung an ähnlichen Residuenvektoren

( vA

vq,

)T

deutlich (bestimmt mittels

(1.1)).

Da durch die Start-Einteilung evtl. zusammengehörige Orte voneinander getrennt werden, sind nach der Suche von Transformationseinheiten in den Startgebieten wei­ tere Nachuntersuchungen erforderlich

2.

(3.

und

4.).

Die Suche nach Transformationseinheiten erfolgt kombinatorisch. Dabei werden die Orte eines Startgebietes so lange miteinander kombiniert, bis eine maximale konsis­ tente Ortsgruppe gefunden wird. Die Konsistenzprüfung erfolgt mittels statistischer Tests. Eine somit ermittelte Transformationseinheit wird aus den Daten entfernt und unter den übrigen Orten wird die Suche wiederholt, bis keine konsistente Gruppe mehr gefunden wird. Da für nicht wenige Orte mehrere unsichere Identifizierungsvorschläge vorliegen, wur­ de das Verfahren darauf ausgerichtet, solche Alternativen mit in die kombinatorische Suche einfließen zu lassen, um so die mögliche bzw. unter den möglichen die wahr­ scheinlichste Identifizierung zu ermitteln.

3.

Nach der Ermittlung von Transformationseinheiten in den Startgebieten werden in der Regel noch Orte vorliegen, die keiner Transformationseinheit zugeordnet sind. Als mögliche Ursachen kommen in Frage: •

systematische Fehler (Orte sind in einer anderen Transformationseinheit konsis­ tent),



Fehler in den ptolemäischen Koordinaten (z. B. verwendete Koordinatenvariante falsch, Schreibfehler)





Fehler in den modernen Koordinaten (durch falsche Identifizierung), Fehler im stochastischen Modell (Unsicherheit der ptolemäischen Koordinate größer als angenommen).

Die ersten beiden Ursachen werden überprüft, d. h. es wird für die bisher unzugeord­ neten Orte ermittelt, ob sie in einer Transformationseinheit in ihrer Nachbarschaft mit einer ihrer Identifizierungen und antiken Koordinatenvarianten konsistent sind. Dazu werden die für jeden Ort möglichen Kombinationen aus moderner Identifi­ zierung und antiker Punktvariante einzeln in die in Frage kommenden Transforma­ tionseinheiten eingeschaltet und eine Ausgleichung durchgeführt. Bleiben dadurch die

12

Punktgruppen konsistent, wird die beste Zuordnung durchgeführt (Maß ist die Grö­ ße der verwendeten Teststatistik) und das Verfahren für die übrigen unzugeordneten Punkte fortgeführt. 4. Sind die Unterschiede zwischen den Transformationsparametern lagemäßig benach­

barter Transformationseinheiten statistisch nicht signifikant (statistischer Test), kön­ nen sie zusammengefasst werden. Auch die Suche nach maximalen zusammenfassba­ ren Gruppen erfolgt kombinatorisch. Es wird diejenige mögliche Zusammenfassung vollzogen, welche die größte Anzahl an Orten zusammenfasst, und unter den übrigen Transformationseinheiten die Suche nach weiteren Zusammenfassungen fortgesetzt.

5. Die Ergebnisse werden auf Plausibilität hin überprüft. Dies betrifft vor allem die Lage und Form der Transformationseinheiten. Bei starken lagemäßigen Überschneidungen wird für die verursachenden Orte mittels Neuausgleichung und statistischer Tests geprüft, ob die Zuordnung zu einer anderen Transformationseinheit möglich ist. Bleiben nach Durchführung des Verfahrens Orte ohne eine mögliche Zuordnung zu ei­ ner Transformationseinheit übrig, ist zunächst zu entscheiden, ob für sie Änderungen im stochastischen Modell möglich sind (größere Standardabweichungen). Sind derartige Än­ derungen nicht mehr zu rechtfertigen, muss die moderne Identifizierung überdacht werden. Mittels Transformation lassen sich aus den ptolemäischen Koordinaten (A, ) moderne Koordinaten (A, cp) bestimmen:

mAAi + Ao rP i

m;p i + rPo.

(1.2)

Hierbei sind mA und m;p die Maßstabsparameter und Ao und r/Jo die Translationsparameter der entzerrenden Funktion. Die Entzerrungsparameter gehen durch Invertierung aus den ermittelten Verzerrungsparametern hervor:

(1.3) Können mittels Transformation neue Identifizierungen gefunden werden, ist eine Wieder­ holung des Auswerteverfahrens (Schritte 2-5) erforderlich. Ergibt sich durch Transformati­ on keine plausible Identifizierung, muss ein grober Fehler in den ptolemäischen Koordinaten vermutet werden. Annahmen über Schreibfehler können durch eine entsprechende Veränderung der be­ treffenden Koordinate überprüft werden, indem für die betreffende Transformationseinheit eine erneute Ausgleichung inkl. statistischer Konsistenztests durchzuführen ist. 1.2.3 Die Informationen der Altertumskunde

Für die Provinzen des Römischen Reiches dient zunächst der BARRINGTON-ATLAS als Grundlage für die Ortsidentifizierung. Mit seiner Hilfe lässt sich ein Teil der von Ptolemaios genannten Orte lokalisieren, wobei jedoch, wie die Untersuchung der entsprechenden Kapi­ tel in der "Geographie" gezeigt hat, in den einzelnen römischen Provinzen teils nicht uner­ hebliche Unterschiede hinsichtlich des Anteils sicher identifizierter Orte an der Gesamtzahl

13

der Ortsangaben auftreten. In einigen Fällen erweisen sich auch die vom BARRINGTON­ ATLAS angegebenen Identifizierungen als nicht gesichert oder unzutreffend, so dass wei­ tere Untersuchungen notwendig sind. Für das Gebiet der Germania Magna liefert der BARRINGTON-ATLAS dagegen kaum Informationen. Kann nun ein Ort nicht anhand des BARRINGTON-ATLAS lokalisiert werden, muss als Nächstes überprüft werden, ob sich zu ihm Hinweise in anderen antiken Quellen finden las­ sen. Da alle Orte an Verkehrswegen gelegen haben, sind hierbei besonders das Itinerarium provinciarum Antonini Augusti sowie die Tabula Peutingeriana von Interesse, bei denen es sich um Straßenverzeichnisse handelt. Die Angaben weiterer antiker Autoren werden in­ soweit hinzugezogen, als sie für die Ortsidentifizierung nützliche Informationen enthalten. Naturgemäß gilt auch hier, dass sich für die im Römischen Reich liegenden Orte weitaus mehr Angaben in den schriftlichen Quellen finden lassen als für Germania Magna, denn die meisten der von Ptolemaios genannten Ortsnamen sind nur durch ihn selbst überliefert. Da die ptolemäische Geographie seit langem Gegenstand intensiver Forschungen ist, gibt es bereits zahlreiche Untersuchungen zu den einzelnen Regionen. Die von Historikern, Geographen, Philologen und Autoren anderer Fachrichtungen vorgeschlagenen Identifizie­ rungen werden deshalb soweit wie möglich erfaßt und fließen in die Verzerrungsanalyse ein (s. Abschnitt 1.2.2.2). Dabei können einerseits Identifizierungsvorschläge bestätigt, ande­ rerseits Fehldeutungen aufgezeigt werden. Von besonderer Bedeutung sind die Funde der Archäologie, die mangels schriftlicher Quellen und epigraphischer Zeugnisse gerade für die Lokalisierung der antiken Orte in Ger­ mania Magna wichtige Anhaltspunkte bieten. Allerdings ist es besonders in Gebieten mit großer Streuung von Funden oft nicht möglich, einen ptolemäischen Ortsnamen mit einer bestimmten Fundstätte in Verbindung zu bringen. Häufig lässt sich derzeit nur die Region angeben, in welcher der betreffende Ort anhand der transformierten antiken Koordinaten lokalisiert werden kann. Allerdings basieren die erzielten Ergebnisse auf dem gegenwärtigen Forschungsstand. Neue archäologische Funde und die Erfassung bisher wenig untersuchter Gebiete werden unseren Kenntnisstand erweitern und das Bild von Germania Magna noch genauer gestalten. 1.2.4 Die Ortsnamen

Neben den mathematisch-geodätischen Verfahren zur Analyse der antiken Koordinaten und den vielfältigen Informationen der Altertumskunde wird die Identifizierung der anti­ ken Orte von der Untersuchung der Ortsnamen flankiert. Problemlos ist eine Identifizierung bei ununterbrochener Siedlungs- und Namenskontinuität seit der Antike, wie es bei vie­ len Orten auf dem Gebiet des Römischen Reiches der Fall ist. Zudem können hier häufig andere schriftliche Zeugnisse zum Vergleich herangezogen werden. Auch bei Orten, die als Siedlungs- oder Militärstandorte aufgegeben wurden, ist mitunter eine Identifizierung anhand weiterer Quellen wie dem Itinerarium provinciarum Antonini Augusti oder der Ta­ bula Peutingeriana möglich. Namensähnlichkeiten können jedoch auch zu Fehldeutungen führen, wie beispielsweise zu der Gleichsetzung des von Ptolemaios genannten rätischen Ortes Vicus mit Viviscus/ Vevey oder des norischen Claudivium mit Iuvavum/Salzburg. Ausschlaggebend ist hier, ob eine Übereinstimmung zwischen der Lage eines Ortes, wie sie durch die entzerrten antiken Koordinaten bestimmt ist, und dem aufgrund der Namens­ ähnlichkeit gemachten Identifizierungsvorschlag vorliegt. 14

Weitaus schwieriger gestaltet sich die Untersuchung der Ortsnamen in den außerrömi­ schen Gebieten. So handelt es sich bei den meisten Ortsnamen in nur bei Ptolemaios überlieferte

hapax legomena,

Germania Magna

um

die durch keine andere Quelle belegt sind.

Liegen diese Ortsnamen zudem in verschiedenen Lesarten vor, ist eine Entscheidung über die richtige Variante meist sehr schwierig. Die Rekonstruktion der ursprünglichen Form wird außerdem dadurch erschwert, dass die germanischen Ortsnamen zunächst ins Lateini­ sche und dann ins Griechische übertragen wurden. Neben Schreibfehlern ist also auch mit lautlichen Veränderungen zu rechnen. ST ECHE bemerkt hierzu treffend (S.

8):

"Man muß

sich darüber klar sein, daß germanische Namen für einen alten Römer oder Griechen ebenso fremdartig waren wie uns heute etwa russische oder indische Namen." Römische Soldaten, Landmesser und Händler konnten die Ortsbezeichnungen nur nach dem Klang niederschrei­ ben, da schriftliche Dokumente seitens der Germanen nicht existierten. Dabei wurden die fremden Ortsnamen latinisiert und möglicherweise in einigen F ällen auch an bekannte und ähnlich klingende römische Namen angeglichen. Der des Germanischen höchstwahrschein­ lich unkundige Ptolemaios hat die Namen schließlich in gräzisierter Form wiedergegeben. Dass aber die geographischen Informationen über Germanien auf die Römer zurückgehen, machen einige Indizien deutlich. F indet sich z. B. in der griechischen Transkription eines Ortsnamens die Konsonantenfolge -vy-

oder

-vt>,- anstatt des im Griechischen zu erwar­

tenden -''(''(- bzw. -�t>,-, lässt dies darauf schließen, dass die betreffende Ortsangabe einer lateinischen Quelle entnommen ist. Die von Ptolemaios erwähnten Ortsnamen

Tulifurdum sind sächlichen Geschlechts, obwohl das in Wort furd ("Furt") maskulin ist (BACH, Bd. 11/1, S. 23).

und

Lupfurdum

ihnen enthaltene germanische Offensichtlich handelt es sich

bei diesen Formen also ursprünglich um Richtungsakkusative, wie sie sich in römischen Itinerarien finden. Einige Anhaltspunkte für die Lokalisierung lassen sich jedoch aus den Ortsnamen ge­ winnen; so weist eine germanische Bildung mit dem erwähnten Element

-furdum

auf

einen F lussübergang hin. Allerdings ist Versuchen, die ptolemäischen Orte anhand bloßer Namensähnlichkeiten mit heutigen Orten zu identifizieren, wie etwa burg oder

Viritium

Mesuium

mit Merse­

mit Wrietzen, mit Vorsicht zu begegnen, denn nur wenige moderne

deutsche Ortsnamen sind aus den antiken herzuleiten. So wurde mitunter aus "Lokalpatrio­ tismus" versucht, den eigenen Heimatort mit einem ptolemäischen Ort gleichzusetzen. Ferner gibt es neben den germanischen und keltischen Ortsnamen oder den Toponymen mit Bezügen zu den sog. balkan-illyrischen Sprachen wie z. B. S.

309)

Leucaristus

(GRÜNZWEIG,

auch Bezeichnungen, deren Herkunft umstritten ist.

Eine umfassende, wenngleich teilweise überholte Arbeit zu den Ortsnamen in Germani­ en ist die Untersuchung von RASCH; weitergehende Informationen zur Namensetymologie finden sich in den entsprechenden Einträgen im REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALT ERT UMSKUNDE. Eine kurze Darstellung zur Bedeutung der Ortsnamen als histori­ sche Quelle bietet KRAHE.

1.3 Zum Aufbau und Inhalt der folgenden Abhandlungen Den Schwerpunkt dieses Buches bildet die Untersuchung von

Germania Magna,

wie

es in der "Geographie" des Ptolemaios beschrieben ist. Daneben werden die angrenzenden römischen Provinzen

Raetia, Noricum

sowie

15

Germania Inferior

und

Germania

Superior behandelt1. Da sich die Darstellung dieser beiden germanischen Provinzen in Ptolemaios' Beschreibung von Gallia Belgica findet, wurde dieses Gebiet als Ganzes mit in die vorliegende Arbeit einbezogen. Sie umfaßt also folgende Kapitel aus dem zweiten Buch der "Geographie": •

Kapitel 9- Gallia Belgica



Kapitelll- German ia Magna



Kapitel

12 - Raetia et Vindelic ia



Kapitel

13- Noricum.

Die Abhandlungen zu diesen Kapiteln sind jeweils unterteilt in: •

Allgemeines (inkl. Karte)



Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken



Anmerkungen zu den Identifizierungen



Literatur.

Als eine zusätzliche Abhandlung beinhaltet dieses Buch einen Beitrag zur Lokalisierung der Insel Thule. Im Folgenden werden die o. g. Unterabschnitte der einzelnen Abhandlungen zu den Kapiteln der "Geographie" näher erläutert.

Allgemeines In diesem Abschnitt findet sich eine allgemeine Einführung, die das betreffende Gebiet kurz beschreibt und auf die Besonderheiten und Probleme in der Darstellung des Ptolemaios hinweist. Am Ende dieses Abschnitts befindet sich jeweils eine Karte des Gebietes.

Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken Die Orte und topographischen Punkte des behandelten Gebietes werden tabellarisch aufge­ führt. Ihre Reihenfolge entspricht der Anordnung in der "Geographie" des Ptolemaios. Als Textgrundlage wurde die im Jahr als BASEL-AUSGABE

2006)

2006

erschienene Neuausgabe der "Geographie" (zitiert

zugrundegelegt. F ür die Untersuchung der antiken Koor­

dinaten wurden ferner auch die Ausgaben von MÜLLER und CUNTZ hinzugezogen, um möglichst viele der dort angegebenen Lesarten zu berücksichtigen, d. h. auch solche, die von den Herausgebern der Textausgaben als minderwertig angesehen wurden, denn "zuweilen enthalten die an sich schlechteren Handschriften gerade das Richtige" (ST ECHE, S.

8).

Die Tabelle enthält folgende Angaben: •

fortlaufende Nummer des Ortes



antiker Ortsname und ptolemäische Länge A und Breite

Germania Magna auch an die römischen Provinzen Pannonia Superior ( GH II, 14) Pannonia Inferior ( GH II, 15) sowie an das Gebiet der nicht zum Römischen Reich gehörenden Iazyges Metanastae ( "Ausgewanderte Iazygen"; GH III, 7), im Osten an Sarmatia Europaea ( GH III, 5).

1Im Südosten grenzt und

Diese Gebiete werden in einer späteren Arbeit behandelt.

16



moderner Ortsname und moderne geographische Länge



transformierte ptolemäische Länge

mit den Maßstäben

mA

und

mq,

5.

A

und Breite

cp

und Breite �; sie wurden transformiert mittels

,\

mA

Ai+ Ao



mq,

i+ rPo

sowie den Translationen

,\0

und

cp0;

A

5.

die Parameter­

werte sind im Anhang aufgeführt Differenz zwischen moderner und transformierter Koordinate



Transformationseinheit (Spalte T E); sie gibt an, welche Orte einheitlich mit den­

-

bzw.

cp



-



selben Transformationsparametern zu transformieren sind bzw. dieselben systemati­ schen Verzerrungen (Maßstab, Translation) aufweisen •

Kategorie der Identifizierungssicherheit (Spalte S): s: sicher w: wahrscheinlich u: unsicher Für die Kategorie der Identifizierungssicherheit wurden folgende Kriterien zugrunde gelegt: die Koordinaten, Forschungsergebnisse der Archäologie und Altertumskunde, topographische Gegebenheiten, die Möglichkeit, den modernen Ortsnamen aus dem antiken herzuleiten. Als "sicher" identifiziert gelten alle Orte, die aufgrund der Siedlungs- oder Namenskontinui­ tät oder epigraphischer Zeugnisse eindeutig bestimmt werden können. Eine Identifizierung wird als "wahrscheinlich" angesehen, wenn die Verortung durch die Koordinaten mit Be­ richten schriftlicher Quellen und archäologischen Befunden übereinstimmt, wenn die trans­ formierten Koordinaten auf eine Fundstätte von besonderer regionaler oder überregionaler Bedeutung hinweisen oder auch wenn an sich weniger bedeutende archäologische Hinwei­ se in Verbindung mit den transformierten Koordinaten, den topographischen Gegeben­ heiten der Ortslage und eventuell der Möglichkeit, den modernen Ortsnamen aus dem antiken herzuleiten, die vorgeschlagene Lokalisierung eines ptolemäischen Ortes bestäti­ gen. Alle Orte, die nur anhand der transformierten antiken Koordinaten lokalisiert werden können, oder bei denen nach dem gegenwärtigen Forschungsstand keine genaue Eingren­ zung der Lage möglich ist, sind als "unsicher" eingestuft worden. Dies ist auch der Fall, wenn eine Identifizierung nur aufgrund angenommener Namensähnlichkeit vorgenommen wurde.



Quelle der antiken Koordinaten (Spalte Q):

0: 0-Rezension S: S-Rezension M: Textausgabe von MÜLLER 17

m: unsichere, von MÜLLER im Apparat aufgeführte Lesart N: Textausgabe von NOBBE A: alternativer Vorschlag aufgrund eines vermuteten Schreibfehlers In der Tabelle werden alle von Ptolemaios in dem betreffenden Gebiet erwähnten Orte und topographischen Punkte aufgeführt, d. h. es werden auch Ortsangaben genannt, für die keine Identifizierung vorliegt und die deshalb in der Karte nicht erscheinen. Anmerkungen zu den Identifizierungen

Dieser Abschnitt bietet einen kurzen Kommentar zu den angegebenen Identifizierungen. Unkommentiert bleiben alle Orte und topographischen Punkte, die sicher identifiziert sind und deren antike Koordinaten keine Widersprüche aufweisen. Bei den häufigen Verweisen auf die Arbeiten von MÜLLER und HANSEN wurde in der Regel auf die Angabe von Seitenzahlen verzichtet, da es sich um fortlaufende Kommentare handelt, in denen die entsprechenden Stellen leicht zu finden sind. Da in den westlichen Provinzen des römischen Reiches das Lateinische nicht nur Amts-, sondern auch Verkehrssprache war, werden im Folgenden alle Ortsnamen und Namen topo­ graphischer Punkte in Gallia Belgica, Raetia und Noricum in lateinischer Form wiederge­ geben. Namensvarianten stehen in Klammern. Das Gebiet von Germania Magna lag zwar außerhalb des Römischen Reiches, die topographischen Informationen dazu sind jedoch durch römische Vermittlung zu Ptolemaios gelangt (s. Abschnitt

2.1.2).

Deshalb werden

auch die Ortsnamen in Germania Magna einheitlich in einer latinisierten Form aufgeführt. Grundlage hierfür ist die lateinische Übersetzung der Ausgabe von MÜLLER. Auf eine Verdeutschung oder Rekonstruktion germanischer Formen wurde verzichtet, eine Erklä­ rung lateinischer geographischer Bezeichnungen findet sich im Sachverzeichnis am Ende dieses Buches. Bei den Orten in Germania Magna wird zudem die griechische Schreib­ weise des Ortsnamens angegeben, wie sie bei Ptolemaios erscheint. (Ist keine griechische Schreibweise angegeben, sind die lateinische und die griechische Namensform identisch.) Die im Rahmen unserer Untersuchungen ermittelten Ortsidentifizierungen sind jeweils fett gedruckt. Da in der vorliegenden Arbeit die Identifizierung der antiken Orte auf der Analyse der ptolemäischen Koordinaten beruht, bleiben alle Angaben, die von Ptolemaios nicht mit Koordinaten versehen wurden, wie etwa zu den Siedlungsgebieten der einzelnen Stämme in Germania Magna, unberücksichtigt. Literatur

Am Ende jedes Kapitels findet sich eine Übersicht über die Forschungsliteratur zu dem betreffenden Gebiet. Die verwendeten Textausgaben sind im Abschnitt

1.4

aufgeführt.

1.4 Verwendete Textausgaben F ür die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit wurden folgende Textausgaben der Gei5graphike Hyphegesis des Klaudias Ptolemaios verwendet:

CUNTZ, Otto: Die Geographie des Ptolemaeus. Galliae Germania Raetia Noricum Panno­ niae Illyricum Italia. Handschriften, Text und Untersuchungen. Berlin

Teilausgabe der Bücher II, 7-111,

1) 18

1923

(kommentierte

MÜLLER, Carolus: Claudii Ptolemaei Geographia. 2 Bde., Paris 1883-1901 (kommentierte Ausgabe der Bücher I-V mit lateinischer Übersetzung) NOBBE, C. F. A.: Claudii Ptolemaei Geographia. 3 Bde., Leipzig 1843-1845 (Nachdruck, Hildesheim 1966; Gesamtausgabe der Bücher I-VIII mit griechischem Namens- und Wort­ index) STÜCKELBERGER, Alfred und GRASSHOFF, Gerd (Hrsg): Klaudias Ptolemaios. Hand­ buch der Geographie. 2 Bde., Basel 2006 (griechisch-deutsche Gesamtausgabe)

1.5 Literatur AUJAC, Germaine: Claude Ptolemee. Astronome, astrologue, geographe. Paris 1993 BARRINGTON-ATLAS: s. TALBERT BURRI, Renate: Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geogra­ phie. In: STÜCKELBERGER, Alfred; MITTENHUBER, Florian: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel 2009, S. 10-20 CANFORA, Luciano: Die verschwundene Bibliothek. Harnburg 2002 CANFORA, Luciano: Il papiro di Artemidoro. Bari 2008 GEUS, Klaus: Ptolemaios über die Schulter geschaut- zu seiner Arbeitsweise in der Geo­ graphike Hyphegesis. In: RATHMANN, Michael (Hrsg.): Wahrnehmung und Erfassung geo­ graphi scher Räume in der Antike. Mainz 2007, S. 159-166 GRÜNZW EIG, Friedrich E.: Groß-Germanien. In: STÜCKELBERGER, Alfred; MITTEN­ HUBER, Florian: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel

2009, S. 305-311 GÜNGERICH, Rudolf: Die Küstenbeschreibung in der griechischen Literatur. Münster (Westfalen) 1950 HERRMANN, Albert: Das Land der Seide und Tibet im Lichte der Antike. Leipzig 1938 KRAHE, Hans: Ortsnamen als Geschichtsquelle. Heidelberg 1949 LELGEMANN, Dieter; KNOBLOCH, Eberhard; FULS, Andreas; KLEINEBERG, Andre­ as: Zum antiken astro-geodätischen Messinstrument Skiotherik6s Gnomon. In: ZfV, 130. Jg., NQ- 4, 2005, S. 238-247 LELGEMANN, Dieter: Die Erfindung der Messkunst. Angewandte Mathematik im antiken Griechenland. Darmstadt 2010 LÖHBERG, Bernd: Das "Itinerarium provinciarum Antonini Augusti". Ein kaiserzeitliches Straßenverzeichnis des Römischen Reiches. Überlieferung, Strecken, Kommentare, Karten.

2 Bde., Berlin 2006 MARX, Christian; NEITZEL, Frank.: Deformationsanalyse und regionale Anpassung eines histor i sehen Geodatenbestandes. In: CLEMENS, C. (Hrsg.): Entwicklerforum Geoinforma­ tionstechnik 2007. Shaker Verlag, 2007, S. 243-255

19

MEYER, Doris: Hellenistische Geographie zwischen Wissenschaft und Literatur: Timosthe­ nes von Rhodas und der griechische Periplus. In: KULLMANN, Wolfgang; ALTHOFF, Jochen; ASPER, Markus (Hrsg.): Gattungen wissenschaftlicher Literatur in der Antike. Tübingen 1998 OLSHAUSEN, Eckart: Einführung in die historische Geographie der alten Welt. Darmstadt 1991 RASCH, Gerhard: Antike geographische Namen nördlich der Alpen. Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 47, Berlin, New York 2005 (ursprüng­ lich maschinenschriftliche Dissertation: "Die bei den antiken Autoren ü berlieferten geo­ graphischen Namen im Raum nördlich der Alpen vom linken Rheinufer bis zur pannoni­ schen Grenze". Vorgelegt an der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karl-Universität in Heidelberg 1950) REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE. Hrsg. von H. BECK et al. Berlin - New York 21973ff. REISMANN-GRONE, Th.: Siegfried. Dortmund 1938 SETTIS, Salvatore: Artemidoro. Un papiro dal I secolo al XXI. Torino 2008 STECHE, Theodor: Altgermanien im Erdkunde buch des Claudius Ptolemäus. Leipzig 1937 STÜCKELBERGER, Alfred: Zu den Quellen der Geographie. In: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel 2009, S. 122-133 STÜCKELBERGER, Alfred; MITTENHUBER, Florian: Stemma-Entwurf In: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergänzungsband. Basel 2009, S. 21-25 STÜCKELBERGER, Alfred; MITTENHUBER, Florian; KOCH, Lutz: Der ptolemäische Kanon der Poleis episemoi. In: Klaudias Ptolemaios, Handbuch der Geographie. Ergän­ zungsband. Basel 2009, S. 138-146 TALBERT, Richard J. A. (Hrsg.): Barrington Atlas of the Creek and Roman World. Prin­ ceton and Oxford 2000. Dazu: Map- by-map Directory. 2 Bde., edited by Richard J. A. Talbert. Princeton and Oxford 2000 ZANGEMEISTER, K.: Zur Geographie der Rheinlande bei Ptolemaeus II

9 § 9. In: Bei­

träge zur alten Geschichte und Geographie. Festschrift für Heinrich Kiepert. Berlin 1898, S. 189-195

20

2 Germania Magna 2.1 Allgemeines 2.1.1 Probleme bei der Ortsidentifizierung in Germania Magna

Die Germanienkarte des Ptolemaios ist "one of the most puzzling riddles of antiquity" (SCHÜT TE 1952, S. 236). Denn einerseits ist sie die ausführlichste topographische Be­ schreibung des alten Germaniens jenseits der römischen Reichsgrenzen, die sich aus dem Altertum erhalten hat, andererseits ließ sich trotz intensiver Forschungsarbeit bisher kaum einer der dort verzeichneten Orte genauer identifizieren. Noch 1981 bemerkte NIERH AUS (S. 4 76): "Für eine solche Erklärung [der vielen Einzelirrtümer im Ortskatalog der Bücher II bis VII; d. Verf.] ist die Zeit heute wohl noch nicht gekommen. Erst die detaillierte Durcharbeitung der Listen der einzelnen Länder bzw. Provinzgruppen (z. B. der gallischen Provinzen) mit ihren Daten wird vielleicht allmählich erlauben, die Entstehung der Wirr­ nisse des berühmt-berüchtigten Katalogs mit seinen etwa 8100 Namen zu erhellen und günstigstenfalls das System, das sich hinter den zahlreichen Fehlern verbirgt, freizulegen." Eine derartige "detaillierte Durcharbeitung" wurde nun durch die Analyse der antiken Ko­ ordinaten mittels moderner mathematisch-geodätischer Verfahren unter Einbeziehung von Untersuchungen seitens der Altertumskunde und archäologischen Befunden möglich. Ptolemaios nennt in seiner Beschreibung der Germania Magna neben den Namen von Flüssen, Gebirgen und Inseln auch 94 Orte, die er ohne Unterschied als polis (griech. "Stadt") bezeichnet. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Städte in der Form, wie sie die griechisch-römische Mittelmeerwelt prägten. Diese waren den Germanen jener Zeit fremd (vgl. Tacitus, Germ. 16). Deshalb sind Aussagen über den Charakter dieser germani­ schen "Städte" sehr schwierig. Wahrscheinlich waren es größere Siedlungszentren, Handels­ plätze oder wichtige Verkehrsknotenpunkte, vielleicht auch Bezeichnungen topographischer Gegebenheiten wie etwa Furten oder, nach PATZIG (S. 3), "Landstriche mit dörflichem Anbau, die er [Ptolemaios, d. Verf.] unter einem Namen zusammenfaßt". Erschwerend für ihre Identifizierung sind nun die folgenden Umstände: •





Die meisten der von Ptolemaios genannten Ortsnamen werden in keiner anderen antiken Quelle erwähnt. Informationen weiterer Autoren können deshalb nur selten hinzugezogen werden. Die antiken Ortsnamen entsprechen in der Regel nicht den modernen Ortsnamen, eine Identifizierung auf linguistischer Grundlage ist daher schwierig. Durch ethnische Veränderungen können sich zudem auch die sprachlichen Verhältnisse eines Gebietes gewandelt haben. Archäologische Fundstätten im germanischen Raum weisen im Gegensatz etwa zu griechisch-römischen Orten keine epigraphischen Zeugnisse auf, die einen Hinweis auf den antiken Ortsnamen enthalten können. 21







Es kann nicht immer von einer ununterbrochenen Siedlungskontinuität seit der Ent­ stehungszeit der "Geographie" ausgegangen werden. Die überlieferten Ortsnamen und Koordinaten weichen in den einzelnen Handschrif­ ten oft voneinander ab (s. Abschnitt 1.2.1.1). Die geringere Genauigkeit der ptolemäischen Koordinatenangaben für Germania Ma­ gna vermindert die Genauigkeit der transformierten Koordinaten und erschwert somit die Identifizierung von Orten.

2.1.2 Die Informationsquellen

Leider macht Ptolemaios im Ortskatalog keine Angaben dazu, welche Quellen er für die Beschreibung von Germania Magna benutzt hat; er sagt jedoch allgemein, dass er neben dem Werk des Marinos einerseits "Berichte von Leuten, die [zu den betreffenden Orten, d. Verf.] gelangt sind", andererseits "detailliertere Karten" verwendet habe (GH I, 19, 1; zu den Quellen des Ptolemaios s. auch Abschnitt 1.2.1.2). W ie aber konnten Informationen über die Topographie eines Gebietes, das jenseits der römischen Reichsgrenzen lag, nach Alexandria zu Ptolemaios gelangen? MEHLIS (1918, S. 64) bemerkt hierzu: "Heereszüge und Waarenverkehr [sie!] brachten somit dem Alexandriner die Bestimmungen für Namen, Lage und die Position seiner Angaben in der Germania magna, und darnach werden wir uns bei der Kritik über deren Bewertung zu richten haben". Vorrangig dürfte die Raumerfassung durch das römische Militär im Zuge der kriegeri­ schen Operationen in Germanien erfolgt sein (hierzu die Untersuchung von HÄNGER). So ist das Gebiet zwischen Rhein und Weser, teilweise auch bis zur Elbe, sicherlich während der Feldzüge, die Drusus, Tiberius und Germanicus in der Zeit von 12 v. Chr. bis 16 n. Chr. in Germanien unternommen haben, von den römischen exploratores topographisch erfasst worden (vgl. Velleius Paterculus II, 106, 1: perlustrata armis tota Germania est ) . Eine - leider nicht erhaltene- Beschreibung der Kriege zwischen Römern und Germanen, die zwanzig Bücher umfasste (XX Libri bellorum Germaniae ) und vielleicht von den Einfällen der Kimbern bis in seine eigene Zeit reichte, verfasste Plinius der Ältere (23 oder 24-79). Kenntnis über die Nordseeküste und möglicherweise auch über einen Teil der Ostseeküste brachte eine zur Zeit des Augustus unternommene Flottenexpedition, die von der Rhein­ mündung bis zur Nordspitze der Halbinsel Jütland führte ( Mon. Anc. 26; zur Datierung s. JOHNE, S. 141-144; GRANE, S. 9). Plinius berichtet ( Nat. hist. II, 167), dass man während dieser Nordlandfahrt vom Cimbrorum promunturium (,,Vorgebirge der Kimbern", d. h. Kap Skagen im Norden Jütlands) aus ein immensum mare, ein "unermessliches Meer" erblickt oder wenigstens durch Gerüchte von ihm gehört habe; hierbei handelte es sich wahrscheinlich um die Ostsee. Im Jahre 5 fuhr nach dem Zeugnis des Velleius Paterculus (11, 196, 2-3) T iberius mit einer Flotte die Elbe stromaufwärts, um sich an einem zuvor vereinbarten Ort am Elbufer mit den Landstreitkräften zu vereinigen. Es ist anzunehmen, dass die Aufzeichnungen dieser und anderer Feldzüge und Expe­ ditionen, sei es in Form militärischer Karten, sei es in Form schriftlicher Berichte, von Ptolemaios bzw. Marinos verwendet wurden. Für die rechtsrheinischen Gebiete wie die Wetterau, das Neckarland, den Schwarzwald, den Odenwald oder das Alpenvorland, die zu den römischen Provinzen Germania Supe­ rior und Raetia gehörten, können Ptolemaios Informationen vorgelegen haben, die im

22

Zusammenhang mit dem Straßenbau und der Landvermessung durch die römischen Ver­ messungsingenieure ( mensores) gewonnen worden waren (zur Tätigkeit der

mensores

s.

SHERK). Die Nennung von Arae Flaviae/Rottweil, das im Jahre 73 gegründet wurde, ist ein Indiz dafür, dass Ptolemaios zumindest Dokumente aus flavischer Zeit benutzt hat. Über die Informationsquellen zu dem Teil Germaniens, der sich jenseits von Elbe und Limes bis zur Weichsel und zur Ostsee erstreckte, lassen sich nur Vermutungen anstellen. Auch hier werden Raumerfassungen durch die römische Armee vorgelegen haben, denn we­ gen der stets latenten Germanengefahr musste allzeit mit der Notwendigkeit militärischer Operationen gerechnet werden. So begannen beispielsweise nur wenige Jahre, nachdem Ptolemaios seine "Geographie" verfasst hatte, die Markomannenkriege. Daher waren die Römer aus strategischen Gründen mit Sicherheit stets an möglichst aktuellen Informa­ tionen über das Innere Germaniens interessiert. Dass sie in stärkerem Maße als bisher angenommen in Germanien militärisch aktiv waren, zeigen die Reste eines Schlachtfeldes, das im Jahre 2008 am Harzhorn bei Kalefeld (Landkreis Northeim) im südlichen Nieder­ sachsen entdeckt wurde und das sich auf das zweite V iertel des 3. Jahrhunderts datieren lässt (GESCHW INDE et al.). Weiterhin werden geographische Kenntnisse durch diplomatische Kontakte mit den Ger­ manen zu den Römern gelangt sein. Als Beispiel sei der Besuch des Semnonenkönigs und der Seherin

Canna

Masyos 5, 3,

genannt, der zur Zeit Domitians stattfand (Cass. Dio LXV II,

vgl. hierzu JOHNE, S. 222f.). Auch germanische Adlige, die bei den Römern im Exil lebten, können eine wichtige Informationsquelle gewesen sein (LENNARTZ, S.

144).

Neben den durch militärische und diplomatische Aktivitäten gewonnenen Angaben war es schließlich der Handelsverkehr, der Kenntnisse über das Innere Germaniens brachte. LENNARTZ (S.

144)

vermutet sogar, dass Händler "ihre Kenntnisse von Staats wegen

weiterleiten" mussten. W ichtige Handelswege waren der Hellweg, der auch militärisch ge­ nutzt wurde, und die sog. Bernsteinstraße. So berichtet Plinius

(Nat. hist. XXXVII, 45) Carnuntum an

von einem römischen Ritter ( eques), der zur Zeit Neros vom pannonischen

die Küste Germanien gereist ist, um große Mengen an Bernstein zu erwerben. Da Plinius in diesem Zusammenhang von

commercia

("Handelsplätzen") spricht, die jener römische

Ritter besucht habe, deutet dies auf einen regelmäßigen Handelsverkehr hin. Bereits Caesar

(BG

IV , 2) erwähnt, dass die Sueben, seinerzeit der volkreichste und kriegerischste Stam­

mesverband unter den Germanen, fremden Händlern Zutritt gewährten. Handel wurde jedoch nicht nur auf römischer, sondern auch auf germanischer Seite betrieben. Beispiels­ weise berichtet Tacitus

(Germ. 41),

dass die Händler der Hermunduren ungehindert in die

raetische Hauptstadt kommen konnten. Im Gegensatz zur römischen Armee haben allerdings die Händler jedoch keine Vermes­ sungen vorgenommen; ihre Itinerarien waren vielmehr Beschreibungen von Handelsrouten und der daran gelegenen Stationen, die sicherlich auch hydrographische, orographische und ethnographische Angaben enthielten. 2.1.3 Die Verzerrungen in der Karte des Ptolemaios Es ist also davon auszugehen, dass Ptolemaios bei seiner Beschreibung Germaniens Quellen unterschiedlicher Herkunft, Qualität und Entstehungszeit kompiliert hat, von denen jedoch keine erhalten ist. Einen Versuch, einzelne kartographische Vorlagen der ptolemäischen Be­ schreibung von

Germania Magna zu

rekonstruieren, unternimmt SCHÜ T T E (A 23

Ptolemaic

Rid d le Solved, 1952; vgl. SCHÜTTE 1916), der die Existenz von vierzehn Einzelkarten, von ihm als "Prototyp" bezeichnet, annimmt. Da Ptolemaios höchstwahrscheinlich selbst nie in Germanien gewesen ist, konnte er sich bei der Auswertung der ihm vorliegenden Informationen nicht auf eigene Ortskenntnis stützen und musste sich deshalb bei der Zusammenstellung abweichender oder ungenauer Angaben an theoretische Überlegungen halten. Dies könnte eine Ursache für einige auffäl­ lige Verzerrungen seiner Karte von Germania Magna sein: •

Der Rhein fließt im Wesentlichen in einer geraden Süd-Nordrichtung, weder der Ver­ lauf in Ost-Westrichtung zwischen Bodensee und Basel noch die nordwestliche Rich­ tung, die der Rhein bei Bingen einschlägt, erscheinen bei Ptolemaios. So liegt bei­ spielsweise die östliche Mündung des Rheins nördlich von Mainz.



Die lnnmündung liegt zu weit im Westen.



Die Donauquelle (Breite nach Ptolemaios: 46°50') liegt südlich des Rheinknies bei Basel (bei Augusta Rauricorum/Augst, Breite nach Ptolemaios: 4T10').



Die Donau erreicht ihren nördlichsten Punkt bei Ptolemaios am Donauknie; in W irk­ lichkeit liegt er jedoch bei Regensburg.



An der Ostgrenze von Germania Magna liegt die Weichselmündung, die den nordöst­ lichen Grenzpunkt bildet, nach Ptolemaios 2°30' östlich des südöstlichen Grenzpunk­ tes am Donauknie bei Vac/Waitzen; in W irklichkeit haben die Weichselmündung und das Donauknie jedoch etwa dieselbe geographische Länge.



Die Kimbrische H albinsel (Schleswig-H olstein und Dänemark) ist nach Nordosten umgebogen.



Die Küste liegt etwa 2° zu weit nördlich, was sich durch astronomische Breitenbe­ stimmungen erklären lässt, bei denen die Dauer des längsten Tages gemessen und daraus die geographische Breite bestimmt wurde (s. LELGEMANN 2010, S. 182ff.).



Die Ostseeküste zeigt auf einer geographischen Breite von 56° einen gradlinigen Ver­ lauf.

Insgesamt erscheint Germania Magna bei Ptolemaios in der Länge gestreckt. Deshalb ist nach Ansicht von STECHE (S. 44f.) die ptolemäische Karte in zwei Teile, einen nörd­ lichen und einen südlichen, zerrissen, "wobei der Riß in der Zuidersee anfängt, nördlich von der Emsquelle und südlich von den Quellen der Werra, Elbe und Weichsel entlang geht". Der Nordteil sei, so STECHE, gegenüber dem Südteil um zwei Breitengrade nach Norden und zwei Längengrade nach Osten verschoben. Nach REICHERT (S. 274) ist die Karte in vier Teile zerrissen; zusätzlich zu dem von STECHE angenommenen Riss, der Germanien in einen Nord- und einen Südteil spaltet, sei der Nordteil, so REICHERT , ebenfalls zertrennt, weil der Nordosten von der Elbmündung an noch stärker nach Osten versetzt sei als der ebenfalls nach Osten verschobene Nordwesten. Der Südosten sei überdies wegen Ptolemaios' Annahme, die Donauquelle liege südlicher als Aquincum/Budapest, um Aquincum/Budapest als Fixpunkt herum nach Südwesten gedreht. Die mathematisch-geodätische Deformationsanalyse, die ein wesentlicher Bestandteil der vorliegenden Arbeit und Grundlage für die vorgenommenen Ortsidentifizierungen ist, ergab 24

jedoch gegenüber den Aussagen von STECHE und REICHERT ein differenzierteres Bild. Danach ließen sich insgesamt 12 gegeneinander verschobene Ortsgruppen für das Gebiet von Germania Magna ermitteln (s. Anhang). 2.1.4 Ptolemaios' Darstellung der Orte in Germania Magna Hinsichtlich der politischen Geographie ist es auffällig, dass Ptolemaios den seinerzeit beste­ henden obergermanisch-rätischen Limes in seiner Darstellung nicht berücksichtigt, sondern den Rhein und die Donau als westliche und südliche Grenze von GermaniaMagna angibt. Folglich rechnet er einige östlich des Rheins bzw. nördlich der Donau liegende Orte zur nichtrömischen Germania Magna, obwohl sie damals zu den römischen Provinzen Germa­ nia Superior und Raetia gehörten. Falsch lokalisiert sind die Orte Asciburgium (Nr. 63) und möglicherweise auch Mediolanium (Nr. 65) und Teuderium (Nr. 66), die Ptolemaios irrtümlich auf die westliche Rheinseite verlegt. Insgesamt bilden die Grenzen von Germania Magna "einfach ein großes Viereck" (STECHE, S. 42). Im Westen sind es die IJssel und der Rhein bis Basel, im Norden die Meeresküste, im Osten eine Linie von der Weichselmündung über die Westkarpaten bis zum Donauknie, im Süden die Donau. Obwohl alle Orte, die Ptolemaios in Germania Magna erwähnt, an Verkehrswegen ge­ legen haben, werden diese Wege in Ptolemaios' Darstellung nicht berücksichtigt. Auffällig hingegen ist die Einteilung der in Germania Magna liegenden Orte in vier sogenannte klimata (Sing. klima). Eine derartige Anordnung findet sich sonst in keinem anderen der in der "Geographie" beschriebenen Gebiete. Ptolemaios begründet diese Verfahrensweise jedoch nicht. Möglicherweise geht sie auf Marinos von Tyros zurück, der, wie wir von Ptole­ maios erfahren (GH I, 18, 4), neben anderen Werken auch Verzeichnisse von Orten gleicher geographischer Breite erstellt hat. Der Begriff klima wird hierbei nicht im modernen Ver­ ständnis gebraucht, um meteorologische Erscheinungen zu beschreiben, sondern in seiner ursprünglichen Bedeutung als "Neigung (der Erdachse)". Bei einem klima im Sinne der antiken Geographie handelt es sich also um "einen Landstrich, dessen Teile den gleichen Neigungswinkel der einfallenden Sonnenstrahlen gegen den Horizont aufwiesen und somit alle unter gleicher ,Breite' lagen" (HONIGMANN, S. 4). Die Lehre von denklimatawurde vermutlich von Eratosthenes begründet und später von Poseidonios und anderen weiter­ entwickelt (HONIGMANN, S. 10-60). Die nördlichen Begrenzungen dieser von Ptolemaios angegebenen klimata, d. h. Breitenstreifen, in Germania Magna liegen bei 56°, 54°, 51°30' und 48°30' und entsprechen dem 18., 17., 16. und 15. Parallelkreis in der Anordnung der Parallelkreise, die Ptolemaios für die Kartendarstellung festlegt ( GH I, 23, 16-19). Ursache der Einteilung der germanischen Orte in klimata könnten vielleicht auch Ver­ messungen der römischen Arme gewesen sein, die von den Militärstandorten am Rhein ausgingen. Sie waren Operationsbasen für die Feldzüge der Römer in Germanien. Das süd­ licheklimakönnte von der Donau her erfasst worden sein, wo das Vorland der Reichsgrenze einem stärkeren römischen Einfluss unterworfen war. Darauf weisen u. a. die sogenannten "Stationen" hin, die im Vorland des Limes bis zu 80 km nördlich der Donau im Gebiet von March, Waag und Gran festgestellt werden konnten, deren Funktion jedoch bisher nicht geklärt ist (WOLTERS, S. 76). Eventuell könnte für das nördlichste klima auch ei­ ne nautische Erkundung verwendet worden sein, wie bereits SADOWSKI (S. 54 und 62) vermutet.

25

Auffällig ist schließlich der Umstand, dass Ptolemaios in Germania Magna Orte und die dazugehörenden Stämme, anders als beispielsweise in Gallien, getrennt angibt. 2.1.5 Zur Ortsidentifizierung

Aufgrund der in Abschnitt

2.1.1 beschriebenen

Probleme bei der Identifizierung ptolemäi­

scher Orte lässt sich derzeit oft für einen antiken Ort in Germania Magna keine Gleich­ setzung mit einem konkreten modernen Ort angeben, sondern vielmehr nur das Gebiet bestimmen, in dem der antike Ort gelegen hat. V ielfach reicht auch die durch historische Quellen bekannte Siedlungsgeschichte eines heutigen Ortes, dem ein antiker entsprechen könnte, nicht bis in die germanische Zeit zurück, sondern beginnt erst im Mittelalter. Den­ noch ist es nicht ausgeschlossen, dass die betreffenden Siedlungsplätze schon vor ihrer ersten urkundlichen Erwähnung genutzt wurden. Andererseits können im Altertum bedeutende Siedlungen oder Handelsplätze später aus verschiedenen Gründen ihre besondere Stellung verloren haben und heute in unbedeutenden Orten zu finden sein. Nicht zuletzt wurden Standorte verlegt, zerstört oder aufgegeben. Teilweise können die antiken Orte in Regionen lokalisiert werden, die eine hohe Funddich­ te römischer Exportwaren aufweisen oder die als germanische Siedlungsgebiete erkennbar sind. In den Teilen Germaniens, die zu den römischen Provinzen Germania Superior und Raetia gehörten, ist häufig eine Zuordnung zu römischen Siedlungen oder Militärstandorten mit ihren canabae möglich. Von großer Bedeutung für die Lokalisierung sind schließlich die Verkehrswege in Ger­ manien. Obwohl sie in der Beschreibung des Ptolemaios keine Rolle spielen, spiegeln sie sich dennoch in den Ortsangaben wider. So können elf von Ptolemaios genannte Orte mit dem Hellweg in Verbindung gebracht werden: Asciburgium/Moers-Asberg (Nr. Navalia/Essen-Hinsel (Nr. Driburg (Nr. (Nr.

73),

68),

64),

Bogadiumjbei Salzkotten (Nr.

Ascalingiumjbei Hildesheim (Nr.

Mesuium/Burg bei Magdeburg (Nr.

Colaneorum/bei Kostrzyn (Nr.

83),

78),

72),

67),

Tulisurgiumjbei Braunschweig

Susudatajbei F ürstenwalde (Nr.

Viritium/Czlopa (Nr.

63),

Stereantium/bei Bad

59),

Scurgum/Chojnice (Nr.

82), 61).

Andere Orte lagen an der antiken Route des Bernsteinhandels, der sog. Bernsteinstraße, die bei Carnuntum die römische Reichsgrenze überschritt und dann teils durch das Weinviertel, wo sie bei Arsicuajbei Mistelbach (Nr. (Nr.

133)

Mährischen Pforte (vgl. Nr. clav (Nr.

114) die Zaya überquerte, nach Eburodunum/Brno 132) durch die W ischauer Senke zur

und von dort über Felicia/Vyskov (Nr.

115)

43) verlief,

teils das Marchtal entlang über Pariennajbei Bre­

in dieselbe Richtung. Anschließend führte sie über Calisia/Kalisz (Nr.

und Ascaucalis/Osielsk (Nr.

62) in die Danziger Bucht zur Weichselmündung.

Route zog weiter ostwärts ins Samland.

26

90)

Eine andere

Germania Magna

ss•

54.

52°

so·

°

48

Transfonnalionscinhcitcn • •

GI



G4

G2



G5

G3



G6

>2000 m

G7



GIO



GS

...

GII

150-500m



G9

f>.

Gl2

Antiker Name

A

q,

,\

q,

TE

s

Q

1

Rhenus fluvius

28°001

54°001

!Jssel

5°491

52°351

5°341

52°391

151

-041

B1

u

0,0

2

Vidrus fluvius

27°301

54°201

Vecht

6°011

52°381

6°021

52°551

-011

-171

G1

u

B,O

28°001

54°451

de Marne

6°201

53°221

6°231

53°131

-031

091

G1

u

0,0

Nr.

Moderner Name

1>

(Mü) (Mü) 3

Manarmanis portus

(am Lauwersmeer, NW Groningen)

4

Amisia fluvius

29°001

55°001

Ems

7°161

53°191

7°041

53°231

121

-041

G1

s

0,0

32°001

52°001

Ems

8°391

51°521

9 °521

51°261

-731

261

G6

w

0,0

30°001

52°001

Ems

8°391

51°521

8°291

51°261

101

261

G6

w

A,O

31°001

55°001

Weser

8°341

53°321

8°271

53°231

071

091

G1

s

O,B

34°001

52°301

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0,0

(Mü) 5

Amisia fluvius (Qu)

5

Amisia fluvius (Qu)

6

Visurgis fluvius (Mü)

7

Visurgis fluvius (Qu)

8

Albis fluvius (Mü)

31°001

56°151

Elbe

9

Albis fluvius (Qu)

39°001

50°001

Zusammenfluss

8°261

53°571

8°271

54°171

-011

-201

G1

s

0,0

14°291

50°211

14°161

49 °561

131

251

G9

u

0,0

Elbe und Moldau 10

post Albim

32°001

56°501

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0,0

35°001

58°201

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0,0

38°401

58°201

-

-

-

-

-

-

-

-

-

O,B

40°151

59°301

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0,0

39°201

58°151

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0,0

37°001

57°001

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0,0

35°001

56°001

11°151

54°101

11°131

54°061

021

041

G1

w

0,0

prominentia (CC) 11

proxima prominentia (CC)

12

sequens (prominentia) maxime borealis (CC)

13

pars maxime orientalis (CC)

14

prima post prominentiam prominenta ( CC)

15

proxima prominentia infra harre (CC)

16

ad solis ort um inflexio (CC)

17

Chalusus fluvius

Lübecker Bucht bei Travem ünde

37°001

56°001

Recknitz

12°281

54°151

12°351

54°061

-071

091

G1

u

0,0

39°301

56°001

Swine

14°171

53°561

14°421

53°541

-251

021

G2

w

0,0

42°301

56°001

Slupia

16°521

54°341

17°091

54°201

-171

141

G3

u

B,O

45°001

56°001

Weichsel

18°571

54°211

18°521

54°201

051

011

G3

s

0,0

44°001

52°301

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0,0

(Mü) 18

Suebus fluvius (Mü)

19

Viadua fluvius (Mü)

20

Vistula fluvius (Mü)

21

Vistula fluvius (Qu)

22

fons (Qu)

40°101

52°401

-

23

Danubius fluvius

30°001

46°201

bei

-

-

-

-

-

-

8°301

47°571

8°371

47°431

-071

141

-

-

0,0

G7

w

0,0

Donaueschingen

(Qu) 24

fluvius (Mü)

32°001

47°151

Brenz

10°241

48°341

10°001

48°231

241

11'

G7

u

0,0

25

Aenus fluvius

34°001

47°201

lnn

13°291

48°341

13°271

48°321

021

021

G10

s

0,0

36°001

46°401

Naarn

14°491

48°111

14°501

48°031

-011

081

G10

u

0,0

(Mü) 26

fluvius (Mü)

28

Nr.

Antiker Name

27

fluvius (Mü)

28

Danubius fluvius

A

q,

39°201 47°201 40°401 47°501

(Bi)

29

Arabo fluvius

,\

Moderner Name Morava/March Kleine Donau b.

..\

,\-..\ c/J-1>

TE

s

Q

16°591 48°091 17°081 48°321 17°591 47°561 17°531 47°531

-091 061

-231 031

G10

w

0,0

G12

u

O,M

17°481 47°441 18°071 47°461

-19

1

1 -02

G12

s

0,0

061

301

G12

u

0,0

q,

1>

Kolarovo

41°001 47°401

(Mü)

Mündung der Moson-Donau bei Venek

30

inflexio prope

42°001 47°001

Curtam (Bi)

18°551 47°471 18°491 47°171

Darrauschleife in der Enge zwischen Szob und Visegrad

31

inflexio prope

42°301 48°001

Carpin (Bi)

32

Sarmatici montes

Donauknie von

19 °081 47°471 19 °091 48°001

-01

1

1 -13

G12

w

0,0

19 °001 48°251 19 °091 48°211

-091

041

G12

u

0,0

19 °311 49°341 19 °511 49 °471

-20

1

1 -13

G12

u

0,0

7°561 48°121

051

1 -08

G7

u

0,0

10°311 48°511 10°211 49 °011

101

-101

GS

u

0,0

8°581 49 °221

051

071

GS

u

0,0

9 °021 51°281 9 °101 51°261 10°371 51°481 10°331 51°471 13°181 51°031 12°591 51°241

-081 041 191

021 011 -211

G6

u

0,0

G6

u

0,0

G2

u

0,0

14°271 50°491 14°161 51°221

11'

1 -33

G9

u

O,m

20°201 51°061 20°111 51°131

091

-071

G12

u

0,0

11°391 50°161 11°151 50°001

241

161

G6

u

0,0

17°301 49°371 17°261 49 °261

041

11'

G12

u

0,0

6°521 53°191 7°191 52°521 8°281 53°141

6°541 53°131 7°181 52°551 8°271 53°231

1 -02 011 011

061 1 -03 1 9 0 -

G1

u

0,0

G1

u

0,0

G1

u

0,0

8°351 53°371

8°481 53°381

-131

-011

G1

u

0,0

10°221 53°491 10°131 53°401 11°031 53°091 11°051 52°571 11°121 53°261 11°151 53°331 10°561 53°511 10°521 53°591

091 1 -02 1 -03 041

091 121 1 -07 1 08 -

12°241 53°451 12°171 12°411 53°311 12°311 13°191 53°301 13°331 13°441 53°031 13°401

53°471

071

-021

G2

u

O,B

53°331 53°331

101 1 -14 041

-021 1 -03 1 08 081

G2

u

0,0

Veroce bei V ac

42°301 48°301

Schemnitzer Berge (Westkarpaten)

33

Sarmatici montes

43°301 50°301

Babia G6ra (Westkarpaten)

34

montes Alpibus

29°001 47°001

cognomines

35

montes Alpibus

8°011 48°041

Kandel (Schwarzwald)

33°001 48°301

bei Nördlingen

31°001 49°001

Katzenbuckel

cognomines

36

Abnoba mons

9 °031 49°291

(Odenwald)

37

Abnoba mons

38

Melibocus mons

39

Melibocus mons

31°001 52°001 33°001 52°301 37°001 52°301

Eggegebirge Brocken Mittelsächsisches Bergland

40

Asciburgius mons

39°001 52°001

Studenec /Kaltenberg (Lausitzer Gebirge)

41

Asciburgius mons

44°001 52°301

Heiligkreuzgebirge/G6ry Swi�tokrzyskie

42

Sudeti montes

34°001 50°001

Döbraberg (Frankenwald)

43

Sudeti montes

40°001 50°001

Oderske vrchy/ Odergebirge

44

F levum

45

Siatutanda

46

Tecelia

28°451 54°451 29°201 54°201 31°001 55°001

bei Appingedam bei Lathen (Ems) ElsflethRogenkamp

47

Fabiranum

31°301 55°201

Heidenschanze (bei Sievern)

50

Lirimeris

33°001 55°401 34°151 54°401 34°301 55°301

51

Marianis

34°301 55°501

48

Treva

49

Leufana

Bad Oldesloe

bei Schönberg

Hitzacker Hagenow (Mecklenburg)

52

Marianis altera

53

Coenoenum

54

Astuia

55

Alisus

36°001 55°501 36°201 55°301 37°501 55°301 38°001 55°001

Laiendorf bei Waren Burg Stargard

G2

u

0,0

G2

u

0,0

G2

u

0,0

G1

u

O,B

G2

u

�,�

G2

u

0,0

56

Laciburgium

39°001 55°351

bei Ueckermünde

53°111 14°051 53°441 14°211 53°361

u

0,0

Bunitium

39°301 55°301

Lubieszewo/

15°151 53°551 15°051 53°581

1 -16 101

G2

57

1 -03

G3

u

0,0

58

Virunum

40°301 55°001

15°491 53°321 15°461 53°371

031

-051

G3

u

0,0

16°081 53°061 16°071 53°161

011

1 -10

G3

u

0,0

bei Temmen

Lübsow bei Drawsko Pomorskie/Dramburg

59

Viritium

41°001 54°301

bei Czlopa/ Schlappe

29

A

q,

60

Rugium

42°301

55°401

bei Miastko/

61

Scurgum

43°001

55°001

bei

Nr.

Antiker Name

,\-..\ c/J-1>

TE

s

Q

1

211

G3

u

0,0

041

051

G3

u

0,0

1

061

G3

u

0,0

1

091

B,O

,\

q,

..\

1>

17°02 1

54°271

17°091

54°061

17°341

53°42 1

17°301

53°371

1S0041

53°11 1

1S011 1

53°051

-07

-02

Moderner Name

-07

Rummelsburg

Chojnice/Konitz 62

Ascaucalis

44°001

54°151

Osielsk (bei Bydgoszcz/Bromberg)

63

Asciburgium

27°301

52°301

Moers-Asberg

6°391

51°261

6°41 1

51°171

G5

s

64

Navalia

27°501

53°151

Essen-Hinsei

7°031

51°2S1

6°551

51°491

OS'

-21

1

G5

u

B,O

65

Mediolanium

2S0101

53°451

Borken

6°51 1

51°51 1

7°0S1

52°11 1

1 -17

1 -20

G5

u

0,0

66

Teuderium

29°201

53°201

bei Beelen

S0071

51°561

7°571

51°531

101

031

G5

u

0,0

67

Bogadium

30°151

52°001

bei Salzkotten

So371

51°401

So391

51°261

-

02 1

1 41

G6

u

0,0

6S

Stereontium

31°001

52°201

bei Bad Driburg

9°01 1

51°441

9°101

51°401

-09

1

041

G6

u

O,B

69

Amisia

31°301

51°301

bei Geismar

9°1 41

51°0S1

9°31 1

51°041

1 -17

041

G6

u

O,B

70

Munitium

31°401

52°301

Hedemünden

9°441

51°2 31

9°331

51°171

11'

061

G5

u

0,0

71

Tulifurdum

32°001

54°001

bei Hannover

9°441

52°2 31

9°471

52°22 1

-03

1

011

G5

u

0,0

72

Ascalingium

32°301

53°451

bei Bildesheim

goss'

52°091

10°0S1

52°11 1

1 -10

-02

1

G5

u

0,0

73

Tulisurgium

32°401

53°201

bei Braunschweig

10°32 1

52°171

10°191

52°2 31

1 31

1 -06

G6

u

0,0

74

Feugarum

32°401

52°151

bei Osterode

10°151

51°431

10°191

51°361

1 -04

071

G6

u

0,0

75

Canduum

33°001

51°201

bei Eisenach

10°191

50°591

10°331

50°571

-1 4

1

021

G6

u

0,0

76

Tropaea Drusi

33°451

52°451

bei Halberstadt

11°041

51°541

11°041

51°5S1

001

1 -04

G6

u

0,0

77

Luppia

34°301

52°451

bei Bernburg

11°441

51°4S1

11°351

51°5S1

091

1 -10

G6

u

0,0

7S

Mesuium

35°301

53°501

bei Burg (bei

11°51 1

52°171

11°571

52°21 1

1

1 -04

G2

u

0,0

(Fritzlar)

(Saale) -06

Magdeburg) 79

Aregelia

36°301

52°201

bei Leipzig

12°2 31

51°21 1

12°3S1

51°171

1 -15

041

G2

u

0,0

so

Calaegia

37°301

52°201

bei Riesa

13°171

51°191

1 3°191

51°171

-02

1

021

G2

u

0,0

S1

Lupfurdum

3So101

51°401

bei Dresden

13°451

51°031

1 3°42 1

51°071

031

1 -04

G9

u

0,0

S2

Susudata

3So301

53°501

bei Fürstenwalde

14°041

52°22 1

1 4°01 1

52°21 1

031

011

G2

u

0,0

S3

Colaneorum

39°001

53°301

bei

14°391

52°351

1 4°441

52°331

1

021

G3

u

0,0

-05

Kostrzyn/Küstrin S4

Lugidunum

39°301

52°301

bei Krossen

15°061

52°031

15°051

51°501

01 1

1 31

G3

u

0,0

S5

Stragona

39°201

51°401

bei Görlitz

14°591

51°091

1 4°5S1

51°1 41

01 1

1 -05

G3

u

0,0

S6

Limis lucus

41°001

53°301

bei Sierakow

16°051

52°391

16°071

52°331

-02

1

061

G3

u

0,0

S7

Budorigum

41°001

52°401

bei

16°061

51°401

16°101

51°391

-04

1

011

G4

u

0,0

-03

Glogow /Glogau ss

Leucaristus

41°451

52°401

bei Leszno

16°351

51°51 1

16°3S1

51°571

1

1 -06

G3

u

0,0

S9

Arsonium

43°301

52°201

bei Ostrzes-

17°561

51°251

17°531

51°2 41

031

011

G4

u

0,0

zow / Schildberg 90

Calisia

43°451

52°501

Kalisz

1S0051

51°451

1S0041

51°461

01 1

-01

1

G4

s

0,0

91

Setidava

44°001

53°301

bei Konin

1So1 41

52°1 31

1So1 41

52°1 41

001

-01

1

G4

u

0,0

92

Alisum

2S0001

51°301

bei

7°0S1

50°5S1

7°061

51°041

02 1

1 -06

G6

u

0,0

7°12 1

50°391

7°061

50°431

061

1 -04

G6

u

0,0

-01

Bergisch-Gladbach 93

Budoris

2S0001

51°001

Drachenfels (Siebengebirge)

94

Mattiacum

30°001

50°501

Naunheim

So31 1

50°351

So291

50°361

02 1

1

G6

u

0,0

95

Artaunum

30°101

50°001

Friedberg

So451

50°201

So441

50°201

01 1

001

G7

u

0,0

96

Novaesium

31°301

51°101

bei Melsungen

9°331

51°071

9°401

51°101

1

1 -03

G7

u

B,O

97

Melocabus

31°301

50°401

bei Bad Hersfeld

9°431

50°52 1

9°401

50°491

031

031

G7

u

O,B

9S

Gravionarium

31°301

50°101

bei Schlüchtern

9°32 1

50°21 1

9°401

50°2S1

-OS'

1 -07

G7

u

B,O

99

Locoritum

31°301

49°201

Lohr

9°351

50°001

9°401

49°52 1

1 -05

OS'

G7

u

0,0

Segodunum

31°301

49°001

Bad Wimpfen

9°101

49°1 41

9°191

49°22 1

-09

101

Devona

32°301

4So451

bei Crailsheim

10°041

49°0S1

10°001

49°11 1

102

Bergium

33°001

49°301

Schwanberg (bei

10°161

49°431

10°21 1

49°431

100

Kitzingen)

30

-07

1

-OS'

GS

w

0,0

041

1 -03

GS

u

0,0

1

001

GS

u

0,0

-05

Nr.

Antiker Name

103

Menosgada

104

Bicurgium

105

Marobudum

106

Redintuinum

107

Nomisterium

10S

Meliodunum

109

Casurgis

110

Strevinta

111

Hegetmatia

A

q,

34°001 49°301 34°301 51°151 35°001 49°001 3So201 50°301 39°001 51°001 39°001 49°001 39°151 50°101 39°151 49°301

112

Budorgis

113

Eburum

39°401 51°001 40°001 50°301 41°001 49°301

114

Arsicua

41°401 49°001

,\

Moderner Name

q,

..\

1>

10°531 49°561 11°021 49°431 11°361 50°561 11°351 50°541 11°511 49°27 1 11°441 49°221 13°49 1 50°211 13°49 1 50°17 1

bei Hallstadt bei Jena bei Amberg bei Louny

14°09 1 50°331 14°161 50°39 1 14°0S1 49°1S1 14°161 49°131 14°261 50°061 14°27 1 50°031 14°17 1 49°421 14°27 1 49°341

bei Litomefice bei Pisek bei Frag bei HfimeZdice bei Mlada Boleslav bei Kolin bei Hradek bei Mistelbach an

,\-..\ c/J-1> 1 -09 011 07 1

001 1 -07 -OS' 1 -01 1 10 11' 141

131 021

051 041 1 -06 051 031

TE

s

Q

GS

u

0,0

G6

u

0,0

GS

u

0,0

G9

u

0,0

G9

u

0,0

G9

u

0,0

G9

u

0,0

G9

u

0,0

11' 021

OS' 1 -14 1 -16 1 -04 071

G11

u

0,0

G11

u

0,0

16°541 4So47 1 16°47 1 4S o431

07 1

041

G11

u

0,0

49°111

1 -12 021

021 1 -19 1 -0 3 1 3 0 1 10 -

G11

u

0,0

G11

u

0,0

G11

u

0,0

BS

u

0,0

BS

s

0,0

1

1 -10

BS

s

A,O

14°551 50°251 14°441 50°39 1 15°121 50°011 14°5S1 50°17 1 16°161 4So461 16°051 4S o501 16°351 4So351 16°331 4S o2S1

G9

u

0,0

G9

u

0,0

der Zaya

115

Parienna

42°001 49°201

bei Breclav / Lundenburg

116

Setuia

117

Carrodunum

42°301 50°001

16°551 49°131 17°07 1 17°161 49°561 17°141 17°201 49°221 17°2S1 7°57 1 7°451 4S009 1

bei Komorany

11S

Asanca

119

Tarodunum

42°401 51°301 43°001 50°201 2So201 47°501

120

Arae Flaviae

30°401 4S0001

Rottweil

S o37 1 4So101

9°451 4S o201

-OS' 1 -12 1 6S -

120

Arae Flaviae

29°401 4S0001

Rottweil

S o37 1 4So101

S o59 1 4S o201

-22

31°001 47°301

Heidengraben bei

9°27 1 4So321

9°19 1 4S o331

OS'

1 -01

G7

u

0,0

10°1S1 4So331 10°211 4S o331

-0 3

1

001

G7

u

0,0

10°061 4So501 10°07 1 4S o531 10°301 4So39 1 10°211 4S o39 1 10°461 4So431 10°521 4S o39 1

1 -01 1 09 1 -06 -OS'

1 -0 3 1 00 041

GS

u

0,0

GS

u

0,0

GS

u

0,0

GS

u

0,0

G10

w

0,0

G10

u

0,0

G10

u

0,0

G10

u

0,0

G10

u

0,0

bei Rymafov bei Kojetin Riegel

50°151 49°251 4S o121

(Bomoi Phlauioi)

(Bomoi Phlauioi)

121

Riusiava

Grabenstetten

122

Alcimoennis

32°301 47°301

Sontheim a. d. Brenz

123

Cantioebis

124

Bibacum

125

Brodeltia

126

Setuacotum

127

Usbium

32°401 4So201 33°001 4S0001 33°451 4S0001 34°001 4So201 35°001 47°001

Aalen Finningen Donauwörth

10°541 4So5S1 11°021 4S o531 14°201 4So1S1 14°09 1 4S o1S1

11'

051 001

14°311 4So311 14°231 4S o321 14°2S1 4So5S1 14°501 49°011

OS' 1 -22

1 -01 1 3 0 -

1 -06 07 1 061

021 1 -04 1 -06

G10

u

0,0

11' 141

w

0,0

G12

u

0,0

Lecinyvcir

1S o141 47°451 1S007 1 47°461

1 -16 201 07 1

G10

bei Andovce

15°361 49°241 15°421 49°221 16°201 4So211 16°131 4S o251 17°001 49°161 16°541 49°221 16°3S1 49°121 16°541 49°011 1S007 1 4S0001 17°47 1 47°461

1 -01

G12

s

0,0

09 1 1

1 -0 5 OS'

G12

u

0,0

G12

u

M,O

Treuchtlingen bei Steyregg (bei Linz)

12S

Abiluum

129

Furgisatis

35°201 47°201 36°001 4S0001

bei Freistadt bei Ceske Budejovice

130

Coridorgis

131

Mediolanium

132

Felicia

133

Eburodunum

134

Anduaetium

135

Celamantia

37°151 4So301 3S0001 47°101 39°001 4So301 39°001 4S0001 40°301 47°401 41°001 47°401

bei Jihlava bei Korneuburg bei Vyskov Brno/Brünn

(bei Komarno)

136

Singone

41°301 4So151

bei Sarovce

1S o37 1 4S0061 1S o2S1 4S0111

137

Anabum

41°201 47°301

Komarno

1S0051 47°461 1S o211 47°3S1

-16

2.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen 2.3.1 Gebirge Ptolemaios nennt zehn Gebirge in Germania Magna, von denen sechs mit geographischen Koordinaten versehen sind. Dabei gibt er jeweils die beiden Endpunkte (griech. akra oder perata) eines Gebirges an, macht jedoch keine Aussagen über den genauen Gebirgsverlauf 31

zwischen diesen Punkten. Dadurch wird die Lokalisierung der Gebirge ebenso erschwert wie durch den Umstand, dass sich, abgesehen von den Sudeti montes (griech. Soudeta ore ) , keiner der von Ptolemaios in Germania M agna angeführten Gebirgsnamen in der

modernen Geographie wiederfindet. Daher gibt es eine Vielzahl von Lösungsansätzen zu ihrer Identifizierung (ein kurzer Überblick findet sich bei LENNARTZ, S. 101f.). Bei den genannten Endpunkten der Gebirge handelt es sich vermutlich um Berge oder Höhenzüge, die als Geländemarken zur Orientierung dienten und deren Koordinaten schon damals relativ einfach mittels vermessungstechnischer Verfahren bestimmt werden konn­ ten. Die im Folgenden angegebenen Lokalisierungen sind jedoch unsicher, da Ptolemaios' Längen- und Breitenangaben zu den Gebirgen ungenau sind und die antiken Namen ein­ zelner Berge für das betreffende Gebiet nicht überliefert sind. (32), (33) Sarmatici montes (griech. Sarmatika ore): Die Sarmatici montes

("Sarmatische Berge") sind nach Ptolemaios ein Teil der Ostgrenze Germaniens in dem "Zwischenraum" zwischen Donauknie und Weichsel; sie entsprechen den heutigen Westkar­ paten (STECHE, S. 41; HOPFNER, S. 6; LENNARTZ, S. 107). Die Schemnitzer Berge (Stiavnicke vrchy) als Südende und die Babia G6ra als Nordende der Sarmatici mon­ tes wurden nach den transformierten Koordinaten bestimmt und geben nur eine ungefähre

Lokalisierung an. (34), (35) montes Alpibus cognomines (griech. ta tois Alpiois homonyma ore): Die montes Alpibus cognomines ("die den Alpen gleichnamigen Berge") werden von

LENNARTZ (S. 103) als ein Gebirgszug identifiziert, mit dem "der Südschwarzwald bis zum Elz- oder Kinzigtal, die Schwäbische Alb und ein Teil der Fränkischen Alb" gemeint sei (vgl. STECHE, S. 50; HANSEN). Diese Zuordnung wird durch die Analyse der antiken Koordinaten im Wesentlichen bestätigt. Das westliche Ende der montes Alpibus cognomi­ nes könnte sich demnach beim Kandel im mittleren Schwarzwald befinden, das östliche

Ende lässt sich bei Nördlingen lokalisieren. (36), (37) Ab noba mons (griech. Ab noba ore): Der Abnoba monswird nach den

Angaben anderer antiker Autoren (Avienus, descr. orb. 437; Plin. Nat. hist. IV, 79; Tacitus, Germ. 1, 2) und nach Funden von Inschriften, die der Göttin Abnoba geweiht sind, meist

mit dem Schwarzwald gleichgesetzt (z. B. BARRINGT ON-AT LAS; GOETZ/W ELW EI, S. 169). Bei Ammianus Marcellinus (XXII, 8, 2) erscheint der Schwarzwald als Marcianae Silvae. Der Abnoba mons des Ptolemaios bezeichnet jedoch nicht den Schwarzwald (vgl.

NIEMEYER, S. 27), sondern einen Gebirgszug, zu dem nach STECHE (S. 46) Odenwald, Spessart, Vogelsberg, Rothaargebirge, Briloner Wald und Eggegebirge gehören (ähnlich LENNARTZ, S. 104). Diese Auffassung konnte durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. (38), (39) Melibocus mons (griech. Melibokon oros): Der M elibocus mons ent­

spricht nicht dem heutigen Melibokusberg im Odenwald; dieser hieß bis zum Ende des 15. Jahrhunderts mons Malscus oder Malcus und hat seinen Namen erst in humanisti­ scher Zeit, vermutlich von Beatus RHENANUS, erhalten (EGLI, S. 595). Der Melibocus mons hingegen, der nach Ptolemaios eine Ausdehnung von 4o in der Länge hat, umfasst

wahrscheinlich nicht nur, wie häufig angenommen, den Harz (MÜLLER; LANGEWIE­ SCHE, S. 6; MEHLIS 1915, S. 324; CAPELLE, S. 446; SCHÖNING, S. 58; CUNTZ, S. 62; BAR RINGT ON-AT LAS u. a.), der nur eine West-Ost-Ausdehnung von ca. 1° hat, son­ dern zieht sich, wie die Analyse der antiken Koordinaten zeigt, vielmehr vom Brocken 32

(Harz) bis zum Mittelsächsischen Hügelland hin. Eine andere Identifizierung schlägt LENNARTZ (S. 105) vor, der im Melibocus mons eine Mittelgebirgsregion sieht, die vom Teutoburger Wald und dem Wieheugebirge bis zum Harz reicht (vgl. HOPFNER, S. 5); STECHE (S. 47) hingegen hält ihn für den Thüringer Wald mit dem Erzgebirge; ihm folgt HANSEN. Der Name Melibocus wird mit dem gotischen mili ("Honig") und mhd. buoch in Zusammenhang gebracht und als "Honig(buch)wald" gedeutet (BACH, Bd. 11/2, § 457). Der Melibocus mons wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 113). (40), (41) Asciburgius mons (griech. Askibourgion oros): Die Lokalisierung des Asciburgius mons erwies sich als schwierig. Den Lösungsansatz bot LENNARTZ (S. 108): "Es handelt sich um den Gebirgszug, der von Ost nach West die Lysa Gora, das Polnische Mittelgebirge, den Polnischen Jura, die Oberschlesische Platte umfaßt und sich bis zu den Schildherger Höhen und dem Katzengebirge hinzieht. . . . Dem Händler, der aus dem Weich­ seltal oder der Oberschlesischen Bucht kam, muss das Gebirge- selbst das Katzengebirge mit "nur" 256 m - recht mächtig erschienen sein. Weil der Gebirgszug wohl von Ost nach West durchgehend bewaldet war, wird man ihn für ein Gebirge gehalten haben." Auch nach der Analyse der antiken Koordinaten lässt sich das östliche Ende des Asciburgius mons, ähnlich dem Vorschlag von LENNARTZ, im Gebiet der Polnischen Platte verorten; danach handelt es sich um die Ausläufer des Heiligkreuzgebirges/G6ry Swi�tokrzyskie. Das westliche Ende jedoch befindet sich mit einer antiken Breite von 54° auch nach einer Trans­ formation zu weit nördlich in einer wenig bergigen Gegend. Allerdings ist, wenngleich nur schwach belegt (MÜLLER), für die Breite auch ein Wert von 52° überliefert. Legt man diesen zugrunde, befindet sich das Westende des Asciburgius mons etwa im Lausitzer Gebirge. Der Asciburgius mons wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 114). (42), (43) Sudeti montes (griech. Soudeta ore): Die Übertragung des antiken Namens Sudeti montes auf die heutigen Sudeten erfolgte 1558 durch MELANCHTHON (EGLI, S. 886). HANSEN sieht in diesem Gebirgszug von beträchtlicher Ausdehnung­ nach Ptolemaios 6° in Ost-West-Richtung- eine Bergkette vom Bayrischen Wald über den Böhmerwald zur Böhmisch-Mährischen Höhe. LENNARTZ (S. 106), der die Längenan­ gabe der S- Rezension von 31 für das Westende als die richtige ansieht, rechnet zu den Sudeti montes den Steigerwald, die Rhön, die Haßberge, den Nordteil der Fränkischen Alb, den Frankenwald, das Fichtel-, das Erz- und das Elbsandsteingebirge, das Lausitzer Gebirge und eventuell das Gesenke. Nach MEHLIS (1915, S. 324) umfassen die Sudeti montes Fichtelgebirge, Erzgebirge und Lausitzer Gebirge, nach HOPFNER (S. 173) das sächsische Erzgebirge, die Lausitzer Berge und das Elbsandsteingebirge. Dagegen ergab die Entzerrung der antiken Koordinaten, dass sich die Sudeti montes des Ptolemaios vom Frankenwald im Westen (angenommener Endpunkt Döbraberg) über das Erzgebirge tatsächlich bis zu den Sudeten erstrecken. Das östliche Ende der Sudeti montes lässt sich somit in den Oderske vrchy/Oderberge, einer Untereinheit des Niederen Gesenkes, loka­ lisieren. Östlich der Oderberge befindet sich die Mährische Pforte. Durch die Mährische Pforte, einen Pass zwischen den Sudeten und den Karpaten, der Mähren mit dem Schlesi­ schen Tiefland (poln. Nizina Slqska) verbindet, verlief die Bernsteinstraße. o

33

2.3.2 Flüsse Von Flüssen gibt Ptolemaios in der Regel die Koordinaten der Mündung ins Meer bzw. in einen größeren Strom an, bei bedeutenderen Flüssen nennt er dazu die Koordinaten der Quelle, gelegentlich auch die von besonderen Punkten des Flusslaufes. Obgleich sich generell bei den Flussmündungen an der Küste, zumal wenn es sich um größere Mün­ dungstrichter oder um ein Delta handelt, nicht exakt bestimmen lässt, welchen Punkt im Mündungsbereich Ptolemaios meint, ist die Identifizierung dieser Flussmündungen meist weniger problematisch. Schwieriger hingegen ist die Lokalisierung der Flussquellen. Hierbei ergeben sich die Fragen, ob Mündung und Quelle zu demselben Fluss gehören und bis zu welchem Punkt ein Fluss den antiken Namen trug. Hinzu kommt die Überlegung, dass die eigentliche Quelle eines Flusses oft nur schwer zugänglich und daher ihre Lage nicht immer bekannt war. Daher dürfte es sich bei den Quellen oft eher um markante Punkte des Flusslaufes handeln wie den Austritt aus dem Gebirge, die Vereinigung zweier Quell­ flüsse bzw. des Hauptstromes mit einem größeren Nebenfluss oder den Punkt, an dem ein Verkehrsweg den Fluss kreuzt. In

Germania Magna

nennt Ptolemaios fünf Quellen, d. h.

die Quellen von Ems, Weser, Elbe, Weichsel und Donau. Neben den im Abschnitt 2.1.3 genannten Verzerrungen in den Flussläufen von Rhein und Donau ist das Fehlen des Mains und des Neckars in der Darstellung des Ptolemaios auffällig. Beide Rheinzuflüsse waren den Römern bekannt. Mit dem Main lässt sich allerdings der von Ptolemaios erwähnte Ortsname

Menosgada

in Verbindung bringen. Ebenso auffällig

ist das Fehlen der Lippe. Sie spielte eine wichtige Rolle als Versorgungsweg der römischen Armee während der Germanienfeldzüge (s. BREMER). Ausdruck dafür sind die an der Lippe gefundenen römischen Militärlager (Holsterhausen, Haltern, Oberaden, Anreppen). Der einzige Hinweis auf die Lippe, der sich in der "Geographie" des Ptolemaios findet, ist

Gallia Belgica, die bei der Angabe des Ulpia der legio XXX den Namen der hier in den Rhein mündenden Luppia/Lippe bietet. Auch die Flüsse im lnnern von Germania Magna wie die Saale, die von Strabon (VII, 1, 3) als Salas erwähnt wird (vgl. JOHNE, S. 103), oder die Havel erscheinen bei Ptolemaios nicht. Von den zahlreichen nördlichen Nebenflüssen der Donau gibt Ptolemaios drei für das Gebiet von Germania Magna an,

ein Eintrag der Handschrift X im Ortskatalog von Legionsstandortes

Vetera

statt des Beinamens

deren Namen er allerdings nicht kennt.

(1) Rhenus fluvius (griech. Rhenos potamos): Erster Punkt in der Beschreibung Germania Magna ist die östliche Rheinmündung, die der IJssel entspricht. Nach den

der

antiken Koordinaten lässt sich diese Rheinmündung nicht einer Transformationseinheit mit

Germania Magna zuordnen, sondern zu den Nachbarorten im Gallia Belgica. (2) Vidrus fluvius (griech. Ouidros potamos): Die Identifizierung des Vidrus fiuvius mit der Vecht findet sich bereits bei ZEUSS (S. 13), dem MÜLLER, MEHLIS (1915, S. 324) und STICHTENOT H (S. 31) folgen; die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Gleichsetzung. Nach STECHE (S. 36) handelt es sich beim Vidrus um das den benachbarten Orten in entsprechenden Gebiet von

Borndiep zwischen den Inseln Terschelling und Ameland, eine versunkene Mündung des Flüsschens Boorn. Hinsichtlich der Anordnung der ersten beiden Küstenpunkte

in Germania Magna

nach

der Rheinmündung sind zwei Versionen überliefert: W ährend dieS-Rezension und weitere

34

Handschriften die Reihenfolge Vidrus fiuvius - Manarmanis portus (s. Abschnitt 2.3.5, Nr. 3) angeben, erscheint sie in der 0-Rezension umgekehrt. Die erste Version wird jedoch durch die Angabe des Markianos (Per. mar. ext. II, 32) gestützt. (4), (5) Amisia fluvius ( griech. Amasias, Amasos potamos): Die Ems wurde den Römern vermutlich durch eine Flottenexpedition des Drusus im Jahre 12. v. Chr. be­ kannt, bei der es zu einem Seegefecht mit den Brukterern kam (JOHNE, S. 90f.). Erstmals schriftlich erwähnt wird die Ems in diesem Zusammenhang bei Strabon (VII, 1, 3). Plinius führt sie als Amisis unter den in den Ozean mündenden Strömen Germaniens auf (Nat. hist. IV, 100: amnes clari in oceanum defiuunt Guthalus, Visulus sive Vistla, Albis, Visurgis, Amisis, Rhenus, Mosa). Auch die Emsquelle dürfte den Römern bekannt gewesen sein, denn sie befindet sich einerseits in der Nähe der Lippequelle (zur Lippe s. o.), andererseits liegt sie nicht in einem unwegsamen Gebirge und ist deshalb leicht zu erreichen (LENN­ ARTZ, S. 104). Da die überlieferte Längen-Differenz von 3° zwischen Emsmündung und Emsquelle auch nach Berücksichtigung einer maßstäblichen Verzerrung noch zu groß ist, lässt sich anhand der Analyse der antiken Koordinaten ein Schreibfehler bei der überliefer­ ten Länge annehmen und der mutmaßlich richtige Wert mit 30° angeben. Die überlieferte Breitenangabe zur Emsquelle von 52° korrigiert MÜLLER nach den Angaben von Mar­ kianos auf 53°. Der Amisia fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 108). (7) Visurgis fluvius ( griech. Ouisourgis, Ouisorgos potamos): Die von Pto­ lemaios erwähnte Weserquelle wird von STECHE (S. 27) und HANSEN mit der Wer­ raquelle gleichgesetzt. Es ist jedoch weder wahrscheinlich, dass Ptolemaios Angaben zur Quelle der Werra, noch dass ihm Angaben zur Quelle der Fulda, des zweiten Quellflusses der Weser, zur Verfügung standen. Beide Quellen liegen, so LENNARTZ (S. 104), "verhält­ nismäßig hoch in nicht leicht zugänglichen Gebirgen". LENNARTZ (S. 105) nimmt daher an, die ptolemäische Weserquelle bezeichne die Stelle, an der die Weser aus dem Bergland in flacheres Land ströme, und verortet sie deshalb am Flussabschnitt zwischen Bodenwer­ der und Hameln bzw. an der Porta Westfalica. SCHIRMEISEN (S. 136) und SCHÖNING (S. 28) halten sie für den Zusammenfluss von Werra und Fulda bei Hannoversch-Münden. LANGEWIESCHE (S. 6ff.) identifiziert die Quelle der Oker mit der ptolemäischen Weser­ quelle. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt jedoch keine der vorgeschlagenen Identifizierungen. Auch eine Gleichsetzung mit der Quelle der Aller ist nach den transfor­ mierten antiken Koordinaten nicht möglich. (8), (9) Albis fluvius ( griech. Albis, Labis potamos): Nach Ptolemaios liegt die Elbmündung genau nördlich der Wesermündung. HANSEN bemerkt hierzu, dass das heutige Wattenmeer damals vermutlich noch Festland war und die Elbmündung deshalb ungefähr nördlich der heutigen Insel Schärhorn zu verorten sei. Da die Quelle der Elbe im Gebirge liegt, das zur Zeit des Ptolemaios mit dichtem Wald bedeckt war, ist es unwahr­ scheinlich, dass Ptolemaios genaue Daten zur Lage der Elbquelle besaß. UKERT (S. 142) vermutet daher, die genannte Elbquelle entspreche der Quelle der Moldau. Nach LENN­ ARTZ (S. 115) handelt es sich bei der Elbquelle um den Austritt der Elbe aus den Sudeten nach Süden, vielleicht nördlich von Hradec KraJove/Königgrätz. Anhand der transformier­ ten antiken Koordinaten lässt sich die ptolemäische Elbquelle hingegen am Zusammen­ fluss von Moldau und Elbe bei Melnik lokalisieren. Der Albis fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 109). 35

(17) Chalusus fluvius ( Lachusus fluvius; griech. Chalousos, Lachousos pota­ mos ): Die Lokalisierung des Chalusus fiuvius ist ein intensiv diskutiertes Problem, wobei

sich eine Tendenz zur Gleichsetzung mit der Warnow zeigt (u. a. MÜLLER; MEHLIS 1915, S. 324; STECHE, S. 37; HANSEN). Die Analyse der antiken Koordinaten zeigt jedoch, dass die Warnow zu weit westlich liegt und lässt eher an die Recknitz als Identifizierung des Chalusus denken (vgl. BEI DER WIEDEN, S. 255-258; LENNARTZ (S. 119) denkt neben der Warnow ebenfalls an die Recknitz). Zwar mündet die Recknitz nicht direkt in die Ost­ see, sondern in den Saaler Bodden, jedoch verweist BEI DER WIEDEN (S. 257f.) darauf, dass der Saaler Bodden früher einen Zugang zur Ostsee hatte. Denkbar wäre auch die Identifizierung des Chalusus fiuvius mit dem Feenestrom (vgl. BERNECKER, S. 427), der zugleich den westlichen Mündungsarm der Oder darstellt. Den Vorschlag von STICH­ TENOTH (S. 22), dass der Name Chalusus lautlich in der Bezeichnung "Gellenstrom" erhalten sei, weist BEI DER WIEDEN (S. 256f.) mit Recht zurück. Der Chalusus fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 109). (18) Suebus fluvius

(griech.

Syebos,

Souikos potamos ): Nach LENNARTZ

(S. 119), STECHE (S. 36f.) u. a. entspricht der Suebus der Swine, der mittleren Oder­ mündung. STECHE (S. 37) vermutet, die ursprüngliche Form des Flussnamens habe Sui­ nos geheißen. Einen Zusammenhang des Flussnamens Suebus mit dem Stammesnamen der Sueben bestreiten STECHE (S. 36) und HANSEN. Der Suebus fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 110). (19) Viadua fluvius ( Viadus, Vildrus fluvius; griech. Ouiados, Ouildos po­ tamos): Der Viadua fiuvius ist einer der kleineren Ostseezuflüsse an der pommerscheu

Küste zwischen der Oder und der Weichsel. Nach den antiken Koordinaten lässt er sich, wie bereits von GNIRS angegeben, mit der Slupia/Stolpe identifizieren. STECHE (S. 38) hält ihn für die W ieprza/Wipper, LENNARTZ (S. 120) für die Dziwna/Dievenow, den östlichen Mündungsarm der Oder. (20),

(21)

Vistula fluvius (griech.

Ouistoulas potamos): Die Mündung der

Weichsel erscheint bei Ptolemaios nach Osten verschoben (vgl. Abschnitt 2.1.3). In der

Tat lag die Hauptmündung der Weichsel in früherer Zeit, wenn in auch nicht in dem von Ptolemaios angegebenen Maße, weiter östlich in einer heute verlandeten Bucht ( vgl. NATUNIEWICZ-SEKULA/OKULICZ-KOZARYN). Da die Quelle der Weichsel im Gebirge liegt, das zur Zeit des Ptolemaios mit dichtem Wald bedeckt war, ist es unwahrscheinlich, dass Ptolemaios genaue Daten zur Lage der Weichselquelle besaß. LENNARTZ (S. 109) vermutet deshalb, Ptolemaios bezeichne den Flussabschnitt zwischen Sandamierz und Annapol als Weichselquelle. Nach SADOWSKI (S. 51f.) konnte ein Reisender, der vom pannonischen Carnuntum kommend die Kleinen Karpaten im Westen umging, wenn er die Weichsel das erste Mal an ihrer Biegung zwischen Pruchno und Chyby sah, hier die Quelle der Weichsel vermuten. CUNTZ (S. 61) sieht in der ptolemäischen Weichselquelle die Quelle von San oder Bug, nach SIMEK (s. HANSEN ad loc.) verwechselt Ptolemaios die Weichsel mit der oberen Oder, die bei der Mährischen Pforte aus dem Gebirge austritt. Eine Lokalisierung der ptolemäischen Weichselquelle an­ hand der antiken Koordinaten ist derzeit nicht möglich. Der Vistula fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 110). 36

(22) fons (griech. he kephale tou potamou he apo dysmon autes kai epi ton Albin pherousa): Diese "westlich der Weichselquelle gelegene und zur Elbe hin­ führende Quelle" konnte bisher nicht lokalisiert werden. Auffällig ist die topographische Beschreibung durch Ptolemaios, die sonst in dieser Form nirgends erscheint. Weder die Annahme von STECHE (S. 44), es handle sich hierbei um die wirkliche Elbquelle, noch die von LENNARTZ (S. 110) vorgeschlagene Identifizierung mit der Oderquelle oder die Gleichsetzung mit der Quelle der Pilica (SCHÖNING, S. 39) ließ sich durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigen. (23) Danubius fluvius (griech. Danoubios potamos): Als Quelle der Donau lässt sich anhand der antiken Koordinaten der Zusammenfluss von Breg und Brigach bei Donaueschingen angeben. In der Nähe wurde in clandiseher Zeit das Kastell von Brigo­ bannis/Hüfingen angelegt. Es bildete das westlichste Kastell einer Reihe von Militärstütz­ punkten am südlichen Donauufer. Auch SCHÖNING (S. 22) und NIERHAUS (S. 487) lokalisieren die ptolemäische Donauquelle bei Donaueschingen; nach LENNARTZ (S. 113) lag sie am Albdurchbruch der Donau oberhalb von Sigmaringen. Strabon (VII, 1,1) berichtet, Tiberius habe im Jahre 15 v. Chr. während des Alpenfeld­ zuges in einem Tagesmarsch vom Bodensee aus die Quellen der Donau erkundet. Mögli­ cherweise gelangte er hierbei zum Platz des späteren Kastells von Hüfingen (NIERHAUS, S. 487). (24) fluvius (griech. potamos): Ptolemaios führt diesen Fluss, dessen Namen er nicht kennt, als ersten aus Germanien kommenden Nebenfluss der Donau an. STECHE (S. 40) und LENNARTZ (S. 113) halten ihn für die Wörnitz, HANSEN identifiziert ihn mit der Wörnitz oder der Brenz, MÜLLER und SCHÖNING (S. 23) setzen ihn mit der Altmühl gleich. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt er sich mit der Brenz identifizieren. (26) fluvius (griech. potamos): Der zweite nördliche Nebenfluss der Donau, dessen Namen Ptolemaios ebenfalls nicht kennt, entspringt nach seiner Angabe im Gabreta- Wald. Dieser Gebirgszug wird auch von Strabon (VII, 1, 5) erwähnt. Nach STECHE (S. 41 und 177) entspricht er dem Erdski vrchovina/Brdywald und der genannte Fluss der Aist (eben­ so GOETZ/WELWEI, S. 177). HANSEN verortet den Gabreta- Wald im Bergland am süd­ lichsten Rande Böhmens (Novohradske hory) und in dem sich anschließenden Weinsherger Wald, für den Nebenfluss der Donau gibt er als mögliche Identifizierungen Mühl, Gusen, Aist, Naarn, Krems oder Kamp an. ZEUSS (S. 6), SCHIRMEISEN (S. 135), HOPFNER (S. 3) u. a. halten den Gabreta-Wald für den Böhmerwald, GOETZ/WELW EI (S. 169) für den Bayerischen und den Böhmerwald. Der namenlose Fluss kann nach den transformierten antiken Koordinaten mit der N aarn gleichgesetzt werden. (27) fluvius (griech. potamos): Nach den Angaben des Ptolemaios fließt der dritte nördliche Nebenfluss der Donau, den er erwähnt, am Luna-Wald entlang. Auch der Na­ me dieses Flusses ist Ptolemaios unbekannt. STECHE (S. 40), MÜLLER, LENNARTZ (S. 112), GOETZ/WELWEI (S. 179), HANSEN u. a. identifizieren ihn mit der March. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Namentlich erwähnt wird die March als Marus von Plinius ( Nat. hist. IV, 81) und Tacitus ( Ann. II, 63, 6). Der Luna-Wald umfasst nach STECHE (S. 40) die Kleinen und Weißen Karpaten bis zum Wla­ rapass, HOPFNER (S. 3) setzt ihn dem Manhartsberg gleich, nach SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) entspricht der Luna- Wald den Pavlovske vrchy/Pollauer Höhen. MÜLLER vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Luna- Wald und dem Ortsnamen Lundenburg (heute 37

Breclav). SCHÖNING (S. 23) identifiziert den genannten Nebenfluss der Donau mit dem Regen.

(28) Danubius fluvius ( griech. Danoubios potamos):

Die von Ptolemaios ange­

gebene Biegung der Donau nach Süden gehört möglicherweise nicht zu dem heute größ­ ten, südlich der Großen Schüttinsel fließenden Donauarm, sondern, wie es bereits SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) vermutet hat, zur Kleinen Donau, die bei Bratislava von der Do­ nau abzweigt und nördlich ungefähr parallel zum Hauptstrom fließt, bei Kolaxovo in die Waag mündet und dann nach Süden fließt, um sich bei Komarno wieder mit der Donau zu vereinigen (vgl. STECHE, S. 40f.). Die Breitenangabe von 4T50' folgt einer Konjektur von MÜLLER (vgl. CUNTZ, S. 175f.).

(29) Arabo fluvius ( griech. Arabon potamos): Als weiteren der Donau nennt Ptolemaios die Raab / Raba, die bei Györ in die

südlichen Nebenfluss Moson- Donau, einen

Seitenarm der Donau, mündet. Statt der Raab-Mündung könnten sich die von Ptolemaios angegebenen Koordinaten aber auch auf die Mündung der Moson-Donau in den Haupt­ strom bei Venek beziehen. Die an dieser Stelle erscheinende Namensform Narabo anstatt Arabo ist offenkundig ein Schreibfehler. In anderen antiken Quellen wird die Raab stets A rabo genannt.

(30) inflexio prope Gurtarn ( griech. he kata Kourtan kampe):

Die hier genann­

te "Donaubiegung bei Curta" lässt sich nach HANSEN bei der Donauschleife in der Enge zwischen Szob und Visegrad verorten. Bei Curta könnte es sich um das rö­

mische Kastell von Crumerum/Nyergesujfalu in der Nähe von Gran handeln (CUNTZ S. 170; HOPFNER, S. 3; STECHE, S. 40; LENNARTZ, S. 114; GOETZ/WELWEI, S. 178, Anm. 8).

(31) inflexio prope Carpin ( griech. he epistrophe kata Karpin):

Mit der

"Donaubiegung bei Carpis" ist das Donauknie bei Vac/Waitzen gemeint (HOPFNER, S. 3; STECHE, S. 39; LENNATZ, S. 114; GOETZ/WELWEI, S. 178, Anm. 9; HAN­ SEN). Garpis entspricht vermutlich der im Itin. Ant.

(266,

11) genannten Cirpiman­

sio /Dunabogdany, die auch in der Notitia dignitatum ( Occidens, XXXIII, 37) erscheint (vgl. CUNTZ, S. 165). 2.3.3 Die Kimbrische Halbinsel Nach den Angaben zur Ems-, Weser- und Elbmündung folgt in Ptolemaios' Beschreibung der germanischen Küste die Cimbrica Chersonesus (griech.

Kimbrike Chersonesos,

Kimbrische Halbinsel, heute Schleswig-Holstein und Jütland) . Obwohl Ptolemaios sie­ ben auf der Kimbrischen Halbinsel wohnende Stämme aufzählt (GH II, 11, 11f.), nennt er auffälligerweise keine Orte in ihrem Siedlungsgebiet. Der Küstenverlauf hingegen ist durch mehrere Vorsprünge ziemlich detailliert beschrieben, insgesamt zeigt sich allerdings eine starke Verbiegung der Kimbrischen Halbinsel nach Osten. Möglicherweise verwendete Pto­ lemaios für seine Beschreibung Berichte von Seeleuten, die zwar Entfernungs-, aber keine Kursangaben enthielten. Die Deformation der Kimbrischen Halbinsel dürfte ferner mit der starken Umbiegung Schottlands zusammenhängen, die sich in Ptolemaios' Beschreibung von Britannien zeigt. Die vorliegenden antiken Koordinaten sind jedenfalls stark und inhomogen verzerrt, so dass sich die Verzerrungen nicht mittels einer einfachen mathematischen Funktion beschrei­ ben lassen. (In Abschnitt 2.2 sind daher für die Kimbrische Halbinsel keine transformierten 38

Koordinaten angegeben). Zudem sind die antiken Koordinaten teilweise durch Schreibfeh­ ler verderbt. So hat beispielsweise der nördlichste Punkt in vielen Handschriften die gleiche geographische Breite wie die vorhergehende Landspitze und der östlichste Vorsprung der Halbinsel hat eine größere Breite als der nördlichste. Sicher bestimmen lassen sich nur die beiden Basispunkte der Halbinsel, d. h. die Elbmün­ dung im Westen und die "Wendung nach Osten" in der Lübecker Bucht. Für die weiteren von Ptolemaios angegebenen Küstenpunkte der Kimbrischen Halbinsel wurden folgende Identifizierungen vorgeschlagen:

(10) post Albim prominentia (griech. he meta ton Albin exoche):

Bei dem

"Vorsprung nach der Elbe" könnte es sich um Blavands Huk handeln (STECHE, S. LENNARTZ, S.

117).

28;

Nach HANSEN entspricht er der Halbinsel Eiderstedt, die früher

aus mehreren Inseln bestand.

(11) proxima prominentia (griech. he ephexes exoche): Nach STECHE (S. 28) 117) entspricht der "folgende Vorsprung" Hanstholm. HANSEN iden­

und LENNARTZ (S.

tifiziert ihn mit Blavands Huk.

(12) sequens (prominentia) maxime borealis (griech. he eti ephexes kai ark­ tikotate): Der "darauffolgende und nördlichste" (ergänze: ,,Vorsprung") ist wahrscheinlich Kap Skagen (STECHE, S. 28; LENNARTZ, S. 117), das von Plinius (Nat. hist. II, 167) als Cimbrorum promunturium erwähnt wird. HANSEN lokalisiert den genannten Vorsprung bei Haustholm oder Hirtshals. Bei der überlieferten Breitenangabe liegt offensichtlich ein Schreibfehler vor, denn der nördlichste Punkt der Kimbrischen Halbinsel hätte danach eine geringere Breite als der folgende. STECHE (S. die Breite des nördlichsten (griech.

arktikotate)

29) vermutet deshalb, ein Abschreiber habe und des östlichsten (griech. anatolikotaton)

Punktes vertauscht. Noch auffälliger sind die Abweichungen bei der Längenangabe, denn

38° 40' 3° geringer. (13) pars maxime orientalis (griech. to anatolikotaton autes): Der "östlichste Punkt" der Halbinsel ist nach STECHE (S. 28) Kap Fornäs, nach LENNARTZ (S. 118)

während die geographische Länge des nördlichsten Punktes nach der 0- Rezension beträgt, ist sie nach der S- Rezension

eine Spitze Djurslands (Stavnshoved, Gjerrild Klingt oder Kap Fornäs). HANSEN sieht den "östlichsten Punkt" als den östlichsten Teil des zuvor genannten nördlichsten Vorsprunges an, der die nördlichste Landspitze der Westküste bezeichne, und lokalisiert den "östlichsten Punkt" am Kap Skagen.

(14) prima post prominentiam prominenta (griech. he meta ten exochen prote exoche): LENNARTZ (S. 118) verortet den "ersten Vorsprung nach dem Vor­ sprung" bei Friedrichshavn, HANSEN bei Friedrichshavn oder dem Vorsprung gegenüber der Insel L2es0. Wegen der auffälligen Beschreibung dieses Küstenpunktes als "erster Vor­

meta ten exochen meta ten epistrophen "nach der Wendung" zu ersetzen. (15) proxima prominentia infra hanc (griech. he hypo tauten ephexes): Der "nächste Vorsprung südlich davon" ist nach LENNARTZ (S. 118) auf der Insel Fünen sprung nach dem Vorsprung" hat MÜLLER vorgeschlagen, den Ausdruck ("nach dem Vorsprung") durch

(Fyns Hoved, Stavres Hoved, Knudshoved) oder am Frankeklint, der Nordspitze von Lan­ geland, zu suchen, HANSEN hält ihn für das Kap Fornäs auf der Halbinsel Dyrsland, nach STECHE (S.

28)

lässt er sich nicht bestimmen.

39

(16) ad solis ortum inflexio (griech. he pros anatolas epistrophe):

Die "Um­

wendung nach Osten" liegt in der Lübecker Bucht bei Travemünde (ST ECHE, S. 28; HAN­ SEN). LENNARTZ lokalisiert sie auf Fehmarn oder Wagrin. 2.3.4 Inseln Westlich, nördlich und östlich der Kimbrischen Halbinsel liegen nach Ptolemaios drei Grup­

pen von Inseln, von denen er jeweils die Koordinaten ihres Mittelpunktes angibt. Hinsicht­ lich der Identifizierung dieser Inseln sind derzeit noch keine genauen Angaben möglich. Of­

fensichtlich sind die überlieferten antiken Koordinaten wie bei der Kimbrischen Halbinsel (Abschnitt 2.3.3) stark und inhomogen verzerrt, so dass die Bestimmung einer Systematik nicht möglich ist. Daher sind die Inseln in der Tabelle des Abschnitts 2.2 nicht aufgeführt.

Saxonum insulae tres (griech. Saxonon nesoi treis):

Die drei "Sachseninseln",

die nach Ptolemaios bei der Elbmündung liegen, sind vermutlich im Bereich der Nordfrie­

sischen Inseln zu suchen (GOETZ/W ELW EI, S. 191, Anm. 49). Von HANSEN werden sie mit Sylt, Föhr und Amrum identifiziert. Die "Sachseninseln" finden sich auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geograph Al-KhwarizmT (vor

847), der im Gegensatz zu Ptolemaios geographische Koordinaten für jede Insel angibt ( WIEBER, S. 92). Allerdings ist wegen unterschiedlicher überlieferter Werte eine genaue

Identifizierung danach nicht möglich.

Alociae insulae tres (griech. Alokiai nesoi treis):

Die drei Alociae-Inseln werden

von MÜLLER mit den L2es0-Inseln gleichgesetzt, von HANSEN mit Mors, T hyholm und

T hyland, wohingegen LENNARTZ (S. 118) und GOETZ/WELWEI (S. 191, Anm. 50) sie für die Südspitze Norwegens halten.

Die Alociae-Inseln erscheinen ebenfalls im Kitab Surat al-Ard des Al-KhwarizmT (s. o.)

mit der Angabe geographischer Koordinaten für jede Insel. Nach WIEBER (S. 93) könnte es sich dabei um L2es0, Hornfiskroen und Nordre R0nner oder Anholt handeln. Nach SVENNUNG (S. 199) entsprechen die Alociae insulae, die Ptolemaios nördlich der Kimbrischen Halbinsel lokalisiert, in Wirklichkeit der Landschaft HaJogaland (Helgeland,

heute die Landschaften Nordland Fylke und Troms Fylke). Wegen der dort vorhandenen tiefen Fjorde könnte Norwegen, von Westen aus gesehen, den Eindruck einer Menge von

Inseln machen. Auch ALONSO-NUNEZ (S. 57), äußert die Vermutung, bei den Alociae insulae handele es sich um Inseln vor der Küste von HaJogaland. Noch im 11. Jahrhundert

beschreibt Adam von Bremen ( Gesta, IV, 38) HaJogaland als Insel.

Scandiae insulae minores tres (griech. Skandiai nesoi treis mikrai):

Die drei

kleinen Scandiae-Inseln gehören wahrscheinlich zu den dänischen Inseln. Von LENNARTZ (S. 118) werden sie mit Seeland, Lolland und Falster identifiziert, von SVENNUNG (S. 198) mit Seeland, Lolland und Langeland, von ALONSO-NUNEZ (S. 57) mit Seeland, Fünen und Lolland, von MALONE (S. 370) mit Seeland, Lolland und Fünen.

Auch die Scandiae-Inseln sind im Kitab Surat al-Ard des Al-KhwarizmT (s. o.) mit den

entsprechenden geographischen Koordinaten für jede Insel verzeichnet ( WIEBER (S. 93f.).

Scandia insula maxima (griech. Skandia nesos megiste):

Neben den drei klei­

nen Scandia-Inseln nennt Ptolemaios eine weitere in der Ostsee liegende Insel dieses Na­ mens. Nach Ptolemaios ist sie die größte und östlichste Insel Scandia. Möglicherweise ist

hiermit Schonen (dän. Sk1ne) im südlichen Teil Schwedens gemeint (LENNARTZ, S. 118; 40

GOETZ/WELWEI, S. 191; HANSEN, Anm. 51) . Nach GRÜNZWEIG (S. 307) hingegen entspricht sie Gotland. Die Insel Scandia wird von Ptolemaios gegenüber der Weichselmündung und damit zu weit östlich lokalisiert. Möglicherweise besaß er für dieses Gebiet nur ungenaue Informa­ tionen über einen von der Danziger Bucht nach Skandinavien führenden Handelsweg (vgl. SVENNUNG, S. 199; GOETZ/WELWEI, S. 191, Anm. 51; HANSEN) . Die Scandiae-Inseln werden auch von Plinius ( Nat. hist. IV, 104) erwähnt, der allerdings über ihre Lage keine genaue Vorstellung hat. Als "berühmteste" Insel im Ostseeraum nennt er ( Nat. hist. IV, 96) die Insel Scatinavia von seinerzeit unerforschter Größe. Sie ist bereits Pomponins Mela bekannt (111, 54) und entspricht vermutlich der großen Scandia- Insel des Ptolemaios. 2.3.5 Orte

Als Hauptorte ( poleis ep isemoi ) in Germania Magna werden im achten Buch der "Geo­ graphie" (VIII, 6, 3) aufgeführt: (69) Amisiajbei Geimar (unsicher) , (77) Luppiajbei Bernburg a. d. Saale (unsicher) und (133) Eburodunum/Brno (wahrscheinlich) . (3) Manarmanis portus (Mararmanis, Marnamanis portus; griech. M. lim­ en): Auffälligerweise ist der Manarmanis portus der einzige Hafen, den Ptolemaios an der Nord- und Ostseeküste erwähnt. MÜLLER und ihm folgend STECHE (S. 35) lokalisieren ihn bei dem kleinen Ort de Marne (Marna) am Lauwersmeer nordwestlich von Groningen. STECHE (S. 35f.) bemerkt hierzu: "In die ,Lauwers Zee' mündet das Flüßchen Lauwers, das unter dem fränkischen Namen Laubachi und dem friesischen Namen Lagbeki in den karolingischen Geschichtsquellen und dem alten Gesetzbuch der Friesen als die Grenze zwischen Mittel- und Ostfriesland bezeichnet ist; ein Nebenfluß der Lauwers, der heute Reitdiep heißt, kommt von der heutigen Stadt Groningen her. Die Lauwers Zee war also in alter Zeit ein naturgegebener Verkehrsmittelpunkt." 2.3.5.1 klima 1

(44) Flevum ( griech. Phleoum): Dieser Ort wird im Allgemeinen als das bei Tacitus ( Ann. IV, 72, 3) erwähnte Römerkastell ( castello cui nomen Flevum ) angesehen (MÜL­ LER; STECHE, S. 132; HANSEN) . Nach den antiken Koordinaten könnte Flevum bei Appingedam am Ästuar der Ems gelegen haben. STICHTENOTH (S. 32) vermutet Fle­ vum bei Emmen, nordöstlich von Zwolle. Nach PATZIG (S. 9) bedeutet der Name Flevum "Platz, wo das Wasser spült". Auffällig ist die lateinische Endung, die der Ortsname im griechischen Text zeigt (-oum statt der sonst üblichen gräzisierten Form -an ) ; dies weist eindeutig auf die Herkunft aus einer römischen Quelle hin. (45) Siatutanda ( Siltutanda; griech. Siatoutanda, Siltoutanda): Der Ortsname Siatutanda wird seit dem 19. Jahrhundert (MÜLLER, Hermann: Die Marken des Vaterlan­ des. Bd. I, Bonn 1837, S. 118-120) für eine falsche Deutung einer Tacitusstelle ( ad sua tu­ tanda degressis rebel libus; Ann. IV, 73, 1) gehalten, wobei die Angabe, die von den Römern bedrängten Friesen hätten sich zum Schutz ihrer Habe ( ad sua tutanda ) zurückgezogen, irrtümlich für einen Ortsnamen Siatutanda gehalten worden sei. Da die topographischen Angaben des Tacitus für Germanien jedoch oft ungenau sind, ist es nicht anzunehmen, dass Ptolemaios oder ein Vorgänger die Annales des Tacitus als Informationsquelle benutzt hat. Auch CUNTZ (S. 66) hält einen Zusammenhang mit der erwähnten Tacitusstelle für "wenig 41

wahrscheinlich". Möglicherweise ist neben

Siatutanda

und

Siltutanda

Siatutanda

nicht die ursprüngliche Namensform. Die

überlieferten Lesarten

Setutanda, Setuntada, Siantunda

(MÜLLER) zeigen die Unsicherheit hinsichtlich des Ortsnamens. STICHTENOTH (S. 32) sucht

Siatutanda bei Rheine,

SCHÖNING (S. 109) bei Tettens. Die entzerrten Koordinaten

weisen auf die Gegend bei Lathen an der Ems.

(46) Tecelia ( griech. Tekelia):

Dieser Ort wurde u. a. mit Zetel am Jadebusen iden­

tifiziert (FORBIGER, Bd. 3, S. 275f., Anm. 32; MÜLLER; MEHLIS 1918, S. 77). Die transformierten antiken Koordinaten bestätigen jedoch eher die vorgeschlagene Gleich­ setzung mit dem Siedlungsplatz bei Elsfleth-Hogenkamp am Zusammenfluss von Weser und Hunte (UKERT, S. 435; MÜLLER; HANSEN), der wegen seiner verkehrsgeographisch günstigen Lage bis in das 6. Jahrhundert n. Chr. genutzt wurde. Möglicherweise steht der Name

Tecelia

in Zusammenhang mit der sogenannten Tegeler Plate (STECHE, S. 162),

einer Sandbank zwischen den Mündungsströmen von Jade und Weser. Es könnte also zu

Tecelia

auch einen ähnlichlautenden Flurnamen in dieser Region gegeben haben.

(4 7) Fabiranum ( griech. Phabiranon): von Plinius

MÜLLER identifiziert

Fabiranum

(Nat. hist. IV, 97; vgl. Strabon VII, 1, 3) erwähnten Insel Fabaria ("Bohneninsel") nannten. Unter den vielen im

die die Römer

mit der

Burcana/Borken, RGA verzeichne­

ten Lokalisierungsvorschlägen (u. a. Bremen, Bremervörde, Wremen) lässt sich anhand der transformierten Koordinaten die Gleichsetzung mit der Heidenschanze bei Sievern be­ stätigen.

(48) Treva ( griech. Treoua):

Obgleich die Identifizierung von

Treva

mit dem heuti­

gen Treia aufgrund der Namensähnlichkeit naheliegt (vgl. BASEL-AUSGABE 2006, S. 231, Anm. 244), sprechen die Koordinaten gegen diese Gleichsetzung. STICHTENOTH (S. 32) und HANSEN suchen

Treva

bei Harburg; MÜLLER vermutet einen Zusammenhang mit

dem Flussnamen Trave und schlägt deshalb als Lokalisierung Travemünde, Lübeck oder Bad Oldesloe vor. Die letzte Identifizierung konnte durch die Analyse der Koordinaten

bestätigt werden.

Treva lag somit in einem sehr alten Siedlungsgebiet und war vielleicht ei­

ne Station an einem Handelsweg zwischen Nord- und Ostsee, der am Fuße der Kimbrischen Halbinsel entlang verlief. STECHE (S. 167) hingegen bestreitet einen Zusammenhang mit dem Flussnamen Trave.

(49) Leufana ( griech. Leuphana, Lephana): fana

Nach STECHE (S. 180) lag

Leu­

bei Dömitz (Mecklenburg), STICHTENOTH (S. 32) identifiziert es mit Ratzeburg,

SCHÖNING (S. 111) mit Lüdershagen, FORBIGER (Bd. 3, S. 276, Anm. 329) setzt es mit Lüneburg gleich, HANSEN vermutet es in der Altmark, nach der BASEL-AUSGABE 2006 (S. 231, Anm. 245) entspricht

Leufana

dem in der

Tab. Peut.

genannten

Levefanum/Wijk

bij Duurstede, MÜLLER sucht es bei Levenstein. Keine der genannten Identifizierungen konnte jedoch durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Danach lässt es sich vielmehr mit dem bedeutenden germanischen Siedlungszentrum bei Hitzacker identifizieren (NÜSSE).

(50) Lirimeris ( griech. Lirimeris, Lirimiris): ten lassen die Verortung von

Lirimeris

Die entzerrten antiken Koordina­

in Hagenow möglich erscheinen, wo germanische

Fürstengräber der älteren Römischen Kaiserzeit entdeckt wurden (VOß 2005 und 2009). SIMEK (s. HANSEN STECHE (S. 166)

ad loc.) vermutet es in der Gegend südlich des Ratzeburger Sees, sucht Lirimeris an der Trave bei Lübeck oder weiter stromaufwärts.

(51) Marianis ( griech. Marionis):

Die überlieferten Breitenangaben weichen stark

voneinander ab (54° nach der 0-Rezension und 55°50' nach der 3-Rezension). Die Analy42

se der Koordinaten ergab, dass der Wert der S- Rezension hinsichtlich der systematischen Verzerrungen in diesem Gebiet besser zu den Koordinaten der benachbarten Orte passt. Marianis lag somit in der Nähe der von Ptolemaios angegebenen Wendung der Cimbri­ ca Chersan esus (Schleswig-Holstein und Jütland) nach Osten, welche die Lübecker Bucht

bei Travemünde bezeichnet. In der Nähe findet sich hier der Fluss Maurine, dessen Na­ me vielleicht im Zusammenhang mit Marianis steht. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt es sich bei Schönberg an der Maurine, ca. 15 km östlich von Lübeck, verorten. Auch HANSEN sucht Marianis an der Lübecker Bucht, STECHE (S. 177) hin­ gegen an der Stelle der heutigen Stadt W ismar oder in der Nähe davon, STICHTENOTH (S. 32) vermutet Marianis bei Grevesmühlen oder ebenfalls bei W ismar.

(52) Marionis altera ( griech. Marionis hetera):

Für den zweiten Ort des Na­

mens Marianis lässt sich eine Lage bei Laiendorf (Landkreis Güstrow) annehmen. Bei Laiendorf wurde ein germanisches Fürstengrab entdeckt und in die Zeit um 50 n. Chr. datiert (KEILING). Sollte der Ortsname Marianis von der germanischen Wurzel *mar abgeleitet sein, so bezeichnet diese nicht nur das Meer, sondern auch Binnengewässer oder Sümpfe (FINZENHAGEN, S. 42). HANSEN sucht Marianis an der W ismar-Bucht, nach STECHE (S. 178) hat Ptolemaios denselben Ort Marianis zweimal verzeichnet. STICH­ TENOTH (S. 32) identifiziert das zweite Marianis mit Rostock.

(53) Coenoenum ( Cenennum;

griech.

Koinoenon, Kenennon):

Nach den

transformierten antiken Koordinaten lässt sich Caenaenum im Raum von Waren

( Mü­

ritz ) lokalisieren. STECHE (S. 181) sucht es bei Pritzwalk oder Kyritz, HANSEN an der

unteren Warnow in der Gegend von Rostock.

(54) Astuia (Aetuia, Cistuia;

griech.

Astouia, Aitouia, Kistouia):

In Ver­

bindung mit der Identifizierung Burg Stargard ergab sich der Breitenwert 55°30' der S- Rezension als der wahrscheinlichere. Die Burg in Burg Stargard wurde zwischen 1236

und 1270 anstelle einer alten slawischen Stammesburg neu errichtet. W ie die Lokalisierung von Astuia zeigt, könnte der Platz bereits vor den Slawen in germanischer Zeit genutzt worden sein. MÜLLER sucht Astuia bei Küstrin, STECHE (S. 181) bei Brandenburg.

(55) Alisus ( griech. Alisos):

Dieser Ort könnte bei Temmen gelegen haben, wo

um 1890 ein germanisches Gräberfeld entdeckt wurde (LEUBE 1975, S. 150). Nach STE­ CHE (S. 158) lag Alisus in der Gegend der oberen Havel, etwa zwischen Zehdenick und Fürstenberg; HANSEN vermutet Alisus in einem weiteren Umkreis von Angermünde.

(56) Laciburgium ( griech. Lakibourgion):

Nach Ptolemaios lag Laciburgium süd­

westlich der Mündung des Suebus/Swine. Es könnte sich also, wie von HANSEN vor­ geschlagen, um Ueckermünde am Oderhaff handeln. Auch der Name Laciburgium, der vielleicht "Wasserburg" bedeutet, spricht für diese Identifizierung. MÜLLER nennt eine Lokalisierung bei Wolgast, STECHE (S. 151) verortet Laciburgium an der Peene zwischen Peenemünde und Kamin, STICHTENOTH (S. 32) setzt es mit Lebbin gleich, nach SCHÖ­ NING (S. 114) lag Laciburgium bei Lauenburg.

(57) Bunitium (Munitium;

griech.

Bounition, Mounition):

Der antike Ort

Bunitium könnte bei dem heutigen Lubieszewo/Lübsow gelegen haben. Aufgrund der

dort am Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten germanischen Fürstengräber, die reich mit römischen Exportwaren ausgestattet sind, wurde dieser Fundort namensgebend für die Prunkgräber der älteren römischen Kaiserzeit in Nord- und Mitteleuropa (SCHUSTER, S. 356f.). STECHE (S. 151f.) und STICHTENOTH (S. 32) verorten Bunitium bei Stettin,

43

SIMEK (s. HANSEN

ad loc.)

am Jezioro Dqhe/Dammschen See, einer Ausweitung der

Oder kurz vor ihrer Mündung. (griech.

(58) Virunum

Ouirounon):

Die Lokalisierung im Gebiet von Draw­

sko Pomorskie/Dramburg erfolgte nach den entzerrten Koordinaten. STECHE (S. 152) vermutet

Virunum

bei Myslibürz/Soldin, HANSEN am Notecübergang bei Drezdenko/

Driesen.

(59) Viritium lässt sich Viritium

(griech.

Ourition):

Nach den transformierten antiken Koordinaten

bei Czlopa/Schloppe lokalisieren.

Viritium lag offensichtlich an einer Asciburgium), der vom Römischen MÜLLER identifiziert Viritium anschei­

wichtigen West-Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Reich bis zur Bernsteinküste im Samland führte.

nend aufgrund der Namensähnlichkeit mit Wrietzen, STECHE (S. 152f.) sucht es bei einem Wartheübergang in der Nähe von Gorzow W ielkopolski/Landsberg an der Warthe, HAN­ SEN in der Gegend von Grodzisk W ielkopolski/Grätz südwestlich von Poznari/Posen.

Rhougion): Von vielen Autoren (z. B. MÜLLER; STECHE, Rugium, wohl nicht zuletzt wegen der Namensähnlichkeit und der Annahme, die von Ptolemaios (11, 11, 17) erwähnten Rutiklier seien mit den Rugiern iden­ (60) Rugium

(griech.

S. 147; vgl. RGA) wird

tisch, mit Rügenwalde gleichgesetzt. Nach KRATZ (zitiert nach LENNARTZ, S. 119) soll Rügenwalde jedoch erst 1270 durch Fürst W izlaw II. von Rügen gegründet und nach dessen Heimat benannt worden sein. FORBIGER (Bd. 3, S. 282, Anm. 54) identifiziert

Rugium

mit Reska/Regenwalde an der Rega. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich

Rugium im Gebiet von Miastko/Rummelsburg verorten. (61) Scurgum (griech. Skourgon): Der Vorschlag von STECHE

(S. 148),

Scurgum

an einem Übergang über die Brda/Brahe bei Chojnice/Konitz zu lokalisieren, konnte durch die Analyse der Koordinaten bestätigt werden. HANSEN lokalisiert

Scurgum bei Scurgum lag vermutlich an einer wichtigen West-Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium). (62) Ascaucalis (Ascaulis; griech. Askaukalis, Askaulis): Die Lokalisierung von Ascaucalis bei Osielsk (bei Bydgoszcz/Bromberg in Kujawien) findet sich bereits bei SA­

Skorcz/Skurz, SADOWSKI (S. 57) bei Czersk.

DOWSKI (S. 41f.), der seinerseits eine ältere Arbeit anführt: "Zur treffendsten Annahme gelangte Voigt, welcher dem Askaukalis des Ptolemäus die Lage des heutigen Osielsk bei Bromberg angewiesen hat. Er liess sich zwar hierbei auch von der Aehnlichkeit des Klanges leiten, da er aber genau mit den physiographischen Eigenthümlichkeiten der pommereUer Gegend bekannt war, verzeichnete er den römischen Handelsweg durch die Mündungsge­ gend der Brahe in die Weichsel hauptsächlich wegen der Bequemlichkeit des Ueberganges an dieser Stelle, welche zwischen unwegsamen Nachbargegenden offen ist." Dem schließen sich STECHE (S. 147), RASCH (S. 21) und HANSEN an. Die Analyse der Koordinaten bestätigt die Identifizierung. 2.3.5.2 klima 2

(63) Asciburgium

(griech.

den am Rhein liegenden Ort

Askibourgion): Bereits Asciburgium ("Eschenburg"),

Tacitus

( Germ.

3, 2) erwähnt

der nach der Überlieferung von

Odysseus während seiner Irrfahrt gegründet worden sein soll. Ptolemaios hat

Asciburgium,

heute Moers-Asberg (HORN, S. 559-569), irrtümlich auf das rechte Rheinufer verlegt.

Asciburgium

lag der Ruhrmündung gegenüber und war der Beginn des Hellweges, einer

wichtigen Verkehrsverbindung, die vom Westen durch Germanien bis ins Samland führte. 44

Neben der Lippe war der Hellweg vermutlich auch ein militärischer Einfallskorridor der Römer in das rechtsrheinische Germanien. Zwar wird er erst mit den Sachsenfeldzügen Karls des Großen historisch fassbar, "da er aber durchweg auf der topographisch im weiten Umkreis günstigsten Trasse, auf dem Nordrand des Mittelgebirges verläuft, deren Vorzü­ ge schon früh bemerkt worden sein dürften, könnte er bereits weit in die Zeit vor Karl dem Großen zurückreichen" (EGGENSTEIN, S. 73). Auch die "Kleingeldfunde am Hell­ weg, die nicht als Tauschobjekte der Germanen, sondern als Besitztümer von Fußsoldaten gelten können, sprechen für eine militärische Benutzung der Hellwegtrasse" (STEPHAN­ MAASER, S. 17). Insgesamt elf der von Ptolemaios in Germania M agna erwähnten Orte lassen sich am Hellweg lokalisieren (s. Abschnitt 2.1.5). Möglicherweise lag Ptolemaios ein Itinerarium des Hellweges vor, in dem Asciburgium als Anfangspunkt eingetragen war. In der Tab. Peut. erscheint es als Asciburgia.

(64)

Navalia

( Nabalia; griech.

Naualia, Nabalia): Der wahrscheinlich lateinische

Name Navalia (auch als Nabalia überliefert, wobei zur Zeit des Ptolemaios ein griechisches b als w-Laut gesprochen wurde, vgl. MAZAL, S. 102) deutet auf eine Schiffsanlegestel­ le, eine Werft, ein Schiffslager oder ähnliches hin (vgl. RASCH, S. 116: "Lager am Ufer zum Schutze der auf land gezogenen Schiffe"). Ein zunächst erwogener Zusammenhang von Navalia mit dem Römerlager von Holsterhausen ist allerdings wenig wahrscheinlich. Hols­ terhausen war als Marschlager offensichtlich nur vorübergehend belegt, auch erscheinen weder die Lippe ( vgl. jedoch Abschnitt 2.3.2) noch die Standorte weiterer "Lippelager" bei Ptolemaios. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Navalia hingegen bei

Hinsei

Essen­

lokalisieren. Somit könnte es eine Station am Hellweg gewesen sein (s. hier­

zu Nr. 63 Asciburgium). Hinsichtlich der Bedeutung dieser Verkehrverbindung bemerkt SEIBT (S. 79): "Grabungen entlang des Hellweges in germanischen Siedlungen und Gräber­ feldern in Essen-Hinsel, Bochum-Harpen, Castrop-Rauxel und Westwiek bei Hamm sowie zahlreiche Streufunde mit römischen Waren zeigen, dass der Hellweg ... wohl eine promi­ nente Rolle als Handelsverbindung ins Innere Germaniens gespielt hat."

(65) Mediolanium (griech. Mediolanion):

Die entzerrten antiken Koordinaten von

Mediolanium führen zu der auf einer Fläche von 23 000 m2 ergrabeneu germanischen "Händ­ lersiedlung" von

Borken,

die schon im 2. Jahrhundert bestanden haben könnte. Auffällig

ist allerdings das Erscheinen des keltischen Ortsnamens Mediolanium im Münsterland. Man hat deshalb vermutet (STECHE, S. 133f.; ebenso HANSEN), der von Ptolemaios er­ wähnte Ort könnte dem im Itin. Ant. (375, 3) genannten Mediolanum entsprechen, das an einer Straße von Colonia Traiana/Xanten nach Colonia Agrippina/Köln linksrheinisch in Germania Inferior lag. Ptolemaios habe diesen Straßenzug irrtümlich in rechtsrheinisches Gebiet verlegt. Für diese Annahme spricht der Umstand, dass Ptolemaios im Anschluss an Mediolanium den Ort Teuderium erwähnt, der mit dem ebenfalls im Itin. Ant. an derselben Straße genannten Teudurum/Tüddern gleichgesetzt wird (s. u. 66). Der keltische Ortsname Mediolanium bzw. Mediolanum zeigt sich jedoch häufiger, so z. B. als antiker Name der französischen Städte Evreux (GH II, 8, 11), Saintes (GH II, 7,7) und MaJain (von Ptolemaios nicht erwähnt), in Mediolanium/Mailand (GH 111, 1, 33), im englischen Mediolanum/W hitchurch (von Ptolemaios nicht erwähnt) sowie in einem weite­ ren Mediolanium im Südosten von Germania Magna (s. u. Nr. 131). Der Ortsname enthält als ersten Bestandteil das keltische Wort für "Mitte", die Bedeutung des Elements -lanum 45

ist nach MAlER (S. 89) nicht geklärt; nach RASCH (S. 132) bedeutet Mediolanium "mitten im Feld" (ebenso KRAHE 1954, S. 126). Der hier von Ptolemaios erwähnte, anscheinend keltische Ortsname Mediolanium könnte dadurch entstanden sein, dass ein ähnlich klingen­ der germanischer Name bei der Aufzeichnung an einen den Römern geläufigen Ortsnamen angeglichen wurde. KRAHE (KRAHE 1954, S. 126; vgl. UKERT, S. 437) und SCHÖNE (S. 118) setzen, wohl aufgrund der Ähnlichkeit beider Namensformen, Mediolanium mit Metelen (Kreis Steinfurt) gleich. Metelen liegt an der Vechte, die Ptolemaios vermutlich als Vidrus (s. o. Nr. 2) bekannt war. Nach der Analyse der antiken Koordinaten könnte eine Identifizie­ rung von Mediolanium mit Metelen ebenfalls in Frage kommen. MEHLIS (1918, S. 116) identifiziert Mediolanium mit Almelo. (66) Teuderium (Teuterium; griech. Teuderion, Teuterion): Da im Itin. Ant. (375, 6) die Station Teudurum an einer Straßenverbindung von Colonia Traiana/Xanten nach Colonia Agrippina/Köln erwähnt wird, hat man vermutet, das ptolemäische Teuderi­ um entspreche jenem Teudurum und Ptolemaios habe den genannten Straßenzug irrtüm­ lich in rechtsrheinisches Gebiet versetzt (MÜLLER; PATZIG, S. 19; STECHE, S. 133f.; RASCH, S. 96; SCHÖNING, S. 118; HANSEN). Für diese Annahme spricht der Umstand, dass Ptolemaios zuvor den Ort Mediolanium (s. o. Nr. 65) erwähnt, der im Itin. Ant. ebenfalls an der beschriebenen Straße liegt. Die Straßenstation Teuderum des Itin. Ant. wird mit Tüddern im Kreis Heinsberg (Nordrhein-Westfalen) identifiziert (KUNOW 1988, S. 60). Folgt man bei der Lokalisierung jedoch den transformierten antiken Koordinaten, so lässt sich Teuderium bei Beelen verorten. MEHLIS (1918, S. 115) vermutet, wie bereits FORBIGER (Bd. 3, S. 275, Anm. 32) , Teuderium bei Dörgen in der Nähe von Meppen, hält aber auch Delden nordwestlich von Enschede im Vechtegebiet als Identifizierung von Teuderium für möglich. (67) Bogadium (griech. Bogadion): Dieser Ort könnte, wie die Analyse der antiken Koordinaten ergeben hat, bei Salzkotten gelegen haben und somit ein Ort am Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen sein. Von WILHELM (S. 130) wurde es mit Münster gleichgesetzt, von MÜLLER und RASCH (S. 29) mit dem im Itin. Ant. (256, 2 und 370, 1) sowie in der Tab. Peut. erwähnten Burginatium/Altkalkar, von SCHÖNING (S. 119) mit Brackwede (Kreis Bielefeld), von LANGEWIESCHE (S. 9) mit Gadderbaum bei Bielefeld, von MEHLIS (1918, S. 70) wie auch bereits von LEDEBUR (S. 327) mit Bockum a. d. Lippe. Zu der Gleichsetzung mit Bockum führt MEHLIS (1918, S. 70) auch die Namens­ ähnlichkeit an. Weitere im RGA verzeichnete Identifizierungsvorschläge sind Bocholt und Haltern. (68) Stereontium (Streontium, griech. Stereontion, Streontion): Stereontium wurde u. a. von MANNERT (S. 556) und WILHELM (S. 130) bei Warendorf an der Ems lokalisiert, von MÜLLER bei Haltern, von LANGEWIESCHE (S. 8-9) bei der Burg Stern­ berg, von MEHLIS (1918, S. 71) bei Stromberg nordöstlich von Bockum, von STECHE (S. 162) bei Bevergern und von SCHÖNING (S. 119) bei Rinteln, das am linken Weserufer als "fester Platz und Brückenort" gegründet worden ist. Die Analyse der antiken Koordi­ naten deutet auf die Gegend von Bad Driburg; somit könnte Stereontium eine weitere Station am Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen sein. (69) Amisia: Amisia wird im achten Buch der "Geographie" unter den drei "bedeu­ tenden Städten" Germaniens (poleis episemoi) genannt. Hinsichtlich der Lokalisierung von 46

Amisia bemerkt MEHLIS (1918, S. 94): "Trotz der klaren Positionsangabe haben die Au­ toren sich verleiten lassen, Amisia im Norden in Emden an der Emsmündung, im Süden in Ems (=Bad Ems) an der Lahn zu suchen. Unnötige Raumverschwendung und unnöti­ ger Zeitverlust!" F ür die Verortung von Amisia an der Ems sind u. a. HANSEN und die BASEL-AUSGABE 2006 (Bd. 1, S. 231, Anm. 248), die Gleichsetzung mit Bad Ems fin­ det sich beispielsweise bei MÜLLER, PATZIG (S. 19) und REICHERT (S. 282). MEHLIS selbst (1918, S. 95) identifiziert Amisia mit Oberense im Kreis Soest, SCHÖNING (S. 120) sucht es bei Hameln. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Amisia bei

Geismar

(Ortsteil von Fulda) lokalisieren. Die Siedlung von Geismar war seit dem

letzten Jahrhundert v. Chr. besiedelt (THIEDMANN) und entspricht wahrscheinlich dem Ort Gaesmere, bei dem Bonifatius im Jahre 723 die Donareiche fällte (Vita Bonifatii 6).

(70) Munitium (griech. Mounition):

Der Name Munitium deutet auf einen latei­

nischen Ursprung und könnte von munire ("befestigen, verschanzen, Befestigungen bau­ en") bzw. munitio ("Befestigung, Verschanzung") abgeleitet sein. Dazu passt die Tatsache, dass die entzerrten Koordinaten in die Nähe der Römerlager von

Hedemünden

am Zu­

sammenfluss von Fulda und Werra führen. MÜLLER vermutet Munitium bei Göttingen, W ILHELM (S. 136) bei Bielefeld, STECHE (S. 165) bei Minden, SCHÖNING (S. 120) bei Holzminden. MEHLIS (1918, S. 72) lokalisiert Munitium auf dem Tönsberg bei Ör­ lingshausen, von wo aus man mit der "hier vorhandenen ältesten Befestigungsanlage" den Örlinghauser Pass beherrschte.

(71) Tulifurdum (griech. Touliphourdon):

Die Lokalisierung

bei Hannover

er­

folgte nach den entzerrten Koordinaten. MÜLLER nennt als Lokalisierungsvorschläge Ver­ den, Doehlberg an der Weser und Minden, MEHLIS (1918, S. 75-76) nimmt ebenfalls Verden an, wo sich "ein wichtiger Straßenkreuzungspunkt zur Wesermündung nach NW, zum Elbästuar nach NO" befand. Davon ausgehend, dass der Name Tulifurdum auf eine Furt hindeutet, identifiziert STECHE (S. 166) den Ort mit Dörverden an der Weser, dessen zweiter Namensbestandteil ebenfalls das Wort "Furt" enthält. Er vermutet eine alte Na­ mensform "Durifurd" oder "Thurifurd", die Ptolemaios unter den Einfluss des kurz darauf folgenden Ortsnamens Tulisurgium als Tulifurdum wiedergibt.

(72) Ascalingium (griech.: Askaliggion oder Askalingion):

Von den zahlrei­

chen Identifizierungsvorschlägen zu Ascalingium (vielleicht germ. "Eschental") - Hildes­ heim oder Schulenburg a. d. Leine (HANSEN), Essel (STECHE, S. 168), Limburg (vgl. RGA), Rinteln oder Hameln (MANNERT, S. 557), Lassahn im Kreis Greifswald (SCHÖ­ NING, S. 121), Minden (W ILHELM, S. 168), Ahlken bei Bremen (FORBIGER, Bd. 3, S. 276, Anm. 33), Linsburg südöstlich von Nienburg (MEHLIS 1918, S. 76-79) - konnte durch die Analyse der antiken Koordinaten die Lokalisierung

bei Bildesheim

als zutref­

fend ermittelt werden. Dies deutet darauf hin, dass Ascalingium eine Station des Hellweges (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen ist.

(73) Tulisurgium (griech. Toulisourgion):

Im Jahre 1671 gab Ferdinand von

F ÜRSTENBERG, der F ürstbischof von Paderborn, das Werk Monumenta Paderbornensia ex historia romana, francica, saxonica eruta heraus, worin er (S. 40f.), ausgehend von der Ortslage und dem Namensschriftzug, zu der Ansicht gelangt, die griechische Form Touli­ sourgion sei eine Verschreibung für Teutibougion. Dieser Ansicht folgt u. a. ZEUSS (S. 7, Anm. **). Im Anschluss daran vertritt MEHLIS (1918, S. 57ff.) die Auffassung, Ptolemai­ os habe aus dem Teutoburgiensis saltus, der durch Tacitus (Ann. I, 60) und anderweitige Quellen den alten Geographen bekannt war, einen Ortsnamen Teutoburgion (lat. Teuto47

burgus) rekonstruiert. Die Lokalisierung von Tulisurgium Kartographen Petrus Apian

(1495-1552) zurück

bei Braunschweig geht auf den 665). Sie wird

(zitiert bei HOF MANN, S.

durch die transformierten Koordinaten bestätigt. Tulisurgium könnte somit eine Station an einer bedeutenden West-Ost-Verbindung, am Hellweg (s. Nr.

63

Asciburgium), gewesen

sem.

(74) Feugarum (griech. Pheugaron):

bei Osterode erfolgte nach 170) und HANSEN suchen Feuga­

Die Lokaliserung

den transformierten antiken Koordinaten. STECHE (S.

rum am Werraknie bei Vacha, MÜLLER bei Paderborn.

(75) Canduum (griech. Kandouon):

Die Lokalisierung

bei Eisenach erfolgte nach

den transformierten Koordinaten. HANSEN identifiziert Canduum mit der Steinburg auf dem Kleinen Gleichberg, nach BAHN (S. 159) handelt es sich um den Öchsen bei V ölkers­

3 km südlich von Vacha an der Werra. (76) Tropaea Drusi (griech. Tropaia Drousou):

hausen,

Bei den Tropaea Drusi handelt

es sich offensichtlich um das Siegesdenkmal, das Drusus im Jahre reichen der Elbe errichten ließ (Cassius Dio LV ,

1, 3).

9

v. Chr. nach dem Er­

Die Erwähnung dieses Monumentes

könnte ein Indiz dafür sein, dass Ptolemaios hier ältere Aufzeichnungen aus der Zeit der Germanenkriege von

12

v. Chr. bis

16

n. Chr. verwendete. Nach den entzerrten antiken

Koordinaten lagen die Tropaea Drusi jedoch nicht, wie von MÜLLER angenommen, direkt an der Elbe, die Drusus möglicherweise an ihrem westlichsten Punkt bei Magdeburg er­ reicht hat, sondern

bei Halberstadt.

V ielleicht markieren sie den Ort, an dem Drusus auf

seinem Rückzug starb und der nach der Angabe Strabons (VII,

1, 3)

zwischen Saale und

Rhein lag. Andere Lokalisierungsvorschläge sind der Herkenberg bei Fuhlen an der Weser die Gegend bei Höxter (FORBIGER Bd. 3, S. 295, Anm. 80) oder die Gegend bei Stendal (SCHÖNING, S. 35). Die von HANSEN vorgeschlagene Gleich­ (MEHLIS

1918,

S.

88),

setzung mit dem Siegesdenkmal, das der jüngere Drusus (Germanicus) nach der Schlacht bei Idistaviso im Jahre

16.

n. Chr. errichten ließ, ist unwahrscheinlich. Das Schlachtfeld

lag in Wesernähe, nach JOHNE (S.

189)

"auf dem rechten Ufer zwischen Minden und

Rinteln nördlich oder südlich der Porta Westfalica", und somit zu weit westlich für die angegebenen Koordinaten. Ferner spricht sich STECHE (S.

136)

gegen die Gleichsetzung

des von Ptolemaios genannten Siegesdenkmals des Drusus mit dem ebenfalls von Germa­ nicus im Jahre

16

n. Chr. errichteten Drususaltar (ara Drusi; s. Tacitus Ann. II,

7, 2)

aus.

(77) Luppia (griech. Louppia):

Die Lokalisierung

bei Bernburg a. d. Saale

er­

folgte nach den transformierten antiken Koordinaten. Luppia wird im achten Buch der

6, 3) nach Amisia von Ptolemaios als zweite"bedeutende Stadt" (polis episemos) in Germania Magna genannt. MÜLLER und RASCH (S. 66) lokalisieren Luppia bei Lippstadt, MEHLIS (1918, S. 92) hingegen schließt einen Zusammenhang mit der Lip­ pe aus; in der BASEL-AUSGABE 2006 (Bd. 1, S. 233) wird er erneut erwogen. MEHLIS (1918, S. 93) identifiziert Luppia mit Luppenstede in der Diözese Hildesheim, einem Ort, der nach MEHLIS (a. a. 0.) im Jahre 1274 erwähnt wird, jedoch "seither verschollen" ist. SCHÖNING (S. 124) sucht Luppia bei Lindow in Ruppin, HANSEN vermutet eine Ver­

"Geographie" (VIII,

bindung zu dem ursprünglich bei Merseburg in die Saale mündenden F luss Luppe westlich von Leipzig.

(78) Mesuium (Mersuium; griech. Mesouion, Mersouion): Nach STECHE 180) war Mesuium ein Handelsplatz der Angeln an der Elbe, gegenüber W ittenberge

(S.

oder weiter südlich. HANSEN sucht es an der Elbe zwischen Torgau und Dessau, WIL-

48

HELM (S. 286) identifiziert Mesuium mit Madgeburg. Die Analyse der antiken Koordina­ ten bestätigt eine Lokalisierung an der Elbe; danach könnte es, wie bereits von MÜLLER erwogen, bei Burg an der Elbe gelegen haben. Mesuium lag an einer bedeutenden West­ Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Aseiburgium), der bei Burg die Elbe überquerte. (79) Aregelia (Areletia): Die Lokalisierung bei Leipzig erfolgte nach den transfor­ mierten antiken Koordinaten. Nach STECHE (S. 181) war Aregelia ein Cheruskerort in dem "Landstrich an der Mulde oder der Elster", HANSEN (nach SIMEK) vermutet Arege­ lia bei Teplice/Teplitz; weitere Identifizierungsvorschläge sind Egeln, Artern, Torgau und Halberstadt (RGA); SCHÖNING (S. 125) setzt es bei Arensdorf (Kreis Lebus) und damit zu weit östlich an. (80) Calaegia ( Galaegia; griech. Kalaigia, Galaigia): Anhand der transformier­ ten antiken Koordinaten lässt sich Calaegia an der Elbe bei Riesa verorten. Nach STE­ CHE (S. 181) lag Calaegia auf dem linken Elbufer, eine genauere Lokalisierung gibt er jedoch nicht an. UKERT (S. 438) schlägt eine Lage am Zusammenfluss von Saale und Elbe vor, MÜLLER gibt eine Gleichsetzung mit Halle an der Saale an. (81) Lupfurdum (griech. Loupphourdon): Bei Lupfurdum handelt es sich offen­ sichtlich um einen F lussübergang, worauf das germanische Grundwort -furd- ("Furt") hin­ weist (vgl. RASCH, S. 160). Nach den antiken Koordinaten lässt sich ein Elbübergang im Raum Dresden oder etwas südlicher annehmen. Hier zeigt sich eine große Dichte germa­ nischer Fundstellen (vgl. SCHURBEIN, Abb. 7). Bereits MÜLLER verortete Lupfurdum in Elbnähe bei Lovosice. FÖRSTEMANN (S. 151) hingegen vermutete, es handele sich um einen Ort an der Luppe, vielleicht um Lübenwerda; nach WILHELM (S. 199) lag es in der Gegend von Leipzig. (82) Susudata (Susudana; griech. Sousoudata, Sousoudana): Susudata lässt sich anhand der antiken Koordinaten bei Fürstenwalde lokalisieren, wo die Spree schiff­ bar wird. Ähnliches vermutet STECHE (S. 158): "Susudana oder Susudata war ein Han­ delsplatz der Semnen und lag zwischen den Breitengraden von Berlin und Lübbenau. Die südliche Lage ist weniger wahrscheinlich; wahrscheinlich war der Ort ein Spreeübergang, etwa in der Gegend von Köpenick oder weiter östlich". Im Jahre 1938 wurden in F ürsten­ walde Reste einer germanischen Siedlung gefunden (LEUBE 1975, S. 83). PATZIG (S. 24) erklärt den Ortsnamen als germ. susutfn ("Saulache, Saustall", mhd. Sudde). Susudata war vermutlich eine Station an einer Verkehrsverbindung (Hellweg), die vom Westen bis ins Samland führte. (83) C olancorum (griech. Kolankoron, Kolankoron): Die bisher vorgeschlage­ nen Lokalisierungen von Colaneorum weichen stark voneinander ab. Während HANSEN es im Kessel von Liberec sucht, vermuten MÜLLER und RASCH (S. 43) Colaneorum bei Sulechüw/Züllichau, KVET/REHAK (S. 52) bei Zittau und SCHÖNING (S. 126) bei Lqbe/Lanken in Polen. PATZIG (S. 19) identifiziert Colaneorum mit der auf einer Spreein­ sel gelegenen Stadt Cölln, die später mit Berlin vereint wurde. Nach STECHE (S. 158) lag Colaneorum "in der heutigen Niederlausitz zwischen den Breitengraden von Spremberg und Lübben". Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann es bei Kostrzyn/Küstrin an der Mündung der Warthe in die Oder lokalisiert werden. Colaneorum lag somit vermut­ lich an einer Straßenverbindung (Hellweg), die vom Westen bis ins Samland führte. Bei der Namensform Colaneorum könnte es sich um einen lateinischen Genitiv Plural handeln. (84) Lugidunum (griech. Lougidounon): Nach UKERT (S. 438) und MÜLLER ist Lugidunum mit Legnica/Liegnitz gleichzusetzen (ebenso SCHÖNING, S. 126), HAN-

49

SEN sucht es bei Mlada Boleslav, KVET/REHAK (S. 50) lokalisieren es an der Kreuzung zweier Wege bei Bakov nad Jizerou/Bakow an der Iser. Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Lugidunum am Oderübergang bei Krosno Odrzanskie/Krossen. (85) Stragona: Wie bereits von STECHE (S. 158) angenommen, könnte es sich bei Stragona um einen Ort an der Neiße handeln. Anhand der transformierten antiken Koordi­ naten lässt es sich bei Görlitz lokalisieren. HANSEN und KVET /REHAK (S. 51) hingegen suchen es bei Dobfichov/Dobrichowitz (südwestlich von Podebrady/Podiebrad), MÜLLER und SCHÖNING (S. 126) sprechen sich für eine Gleichsetzung mit Strzegom/Striegau aus.

(86) Limis lucus (Limiosaleum; griech. Limios alsos, Limiosaleon): Da die ptolemäische Namensform des Ortes Limios alsos bzw. Limiosaleon lautet, vermutete man " " in ihrem zweiten Bestandteil das griechische Wort alsos, lat. lucus ( Hain ) , und deutete den Namen als "Hain von Limis" (so z. B. BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 233) . STE­ CHE (S. 153) hält es jedoch für "unwahrscheinlich, daß die römischen Händler mit ihren Lasttieren heilige Haine besuchten und dort Handel trieben". Sollte der griechische Namens­ bestandteil alsos in der Tat die Übersetzung des lateinischen Wortes lucus sein, das sich vielleicht in einem römischen Itinerarium fand, so könnte dieses vielmehr eine germanische Form wiedergeben, die etymologisch etwa "Lichtung im Wald" bedeutet (FINZENHAGEN, S. 25) . Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Limus lucus bei Siera­ kow/Zirke lokalisieren und könnte somit ein alter Übergang über die Warthe gewesen sein. STECHE (a. a. 0.) vermutet Limis lucus an einem Flussübergang über die Szprota­ wa/Sprotte in der Nähe von Szprotawa/Sprottau. Eine ältere Identifizierung setzt Limis lu­ cus mit Leszno/Lissa gleich (vgl. UKERT, S. 438) , das jedoch eher Leucaristus entsprechen dürfte (Nr. 88) . Nach HANSEN könnte der Ort am Oderübergang von Wrodaw/Breslau oder weiter nördlich bei Trzebnica/Trebnitz gelegen haben. Im RGA findet sich als weite­ rer Lokalisierungsvorschlag Sobütka/Zobten am Berge, nach KVET/REHAK (S. 52) lag Limis lucus bei Klodzko/Glatz. (8 7) Budorigum (griech. Boudorigon): Nach den transformierten antiken Koordi­ naten lässt sich Budorigum bei Glog6w /Glogau verorten. In Nosocice, das zur Gemeinde Glogow/Glogau gehört, wurden germanische Brandgräber gefunden, in Glogow im Jah­ re 1830 ein Münzschatz mit Denaren der Kaiser von Vespasianus bis Commodus (TIR M-33) . Weitere Identifizierungsvorschläge für Budorigum sind Brieg (vgl. UKERT, S. 438; MÜLLER; RASCH, S. 34) , die Gegend von Klodzko/Glatz (HANSEN) , Hradec Kralo­ ve/Königgrätz (KVET/REHAK, S. 52) , Bautzen und Nachod (vgl. RGA) . (88) Leucaristus (griech. Leukaristos): Die Lokalisierung bei Leszno/Lissa er­ folgte nach den transformierten Koordinaten. STECHE (S. 153) vermutet Leucaristus bei Krosno Odrzariskie/Krossen, MÜLLER bei Wrodaw /Breslau oder Lutynia/Leuthen. Der Ortsname Leucaristus ist illyrischen Ursprungs und wird von einem Personennamen Leu­ karos abgeleitet (KRAHE 1954, S. 102; vgl. Abschnitt 1.2.4) . (89) Arsonium (griech. Arsonion, Arsenion): Die Lokalisierung bei Ostrzes­ zow /Schildberg erfolgte nach den transformierten Koordinaten. MÜLLER vermutet Ar­ sani um bei Wieruszow an der Prosna. (90) Calisia (griech. Kalisia): Die Gleichsetzung von Calisia mit Kalisz/Kalisch wird in der Forschung schon seit längerem als relativ sicher angesehen (UKERT, S. 439; SADOWSKI, S. 57; MÜLLER; STECHE, S. 147; HANSEN, SCHÖNING, S. 140). Calisia ist wahrscheinlich eine Station an der Bernsteinstraße gewesen (vgl. KULAKOV, Fig. 8); es liegt an einem "uralten naturgegebenen Übergang über die Prosna" (STECHE, S. 147) auf 50

"dem bequemsten Wege, welcher zum Durchgange zwischen den Morästen der Warthe bei Konin führt" (SADOWSKI, S. 57f.). Zusätzlich zu der Namensähnlichkeit wird die Identifi­ zierung des ptolemäischen Calisia mit Kalisz durch die Entzerrung der antiken Koordinaten bestätigt. Der Ortsname weist einen illyrischen Ursprung auf (KRAHE 1954, S. 102).

(91) Setidava ( Getidava;

griech.

Setidaua, Getidaua):

Der Name Setidava oder

Getidava scheint dakischen Ursprungs zu sein (ZEUSS, S. 762; HANSEN; RASCH, S. 213; dagegen STECHE, S. 148). HANSEN lokalisiert den Ort in der Gegend des Warteübergan­ ges bei Kanin, was durch die Analyse der Koordinaten bestätigt wurde. Setidava/ Konin ist vermutlich eine Station der Bernsteinstraße gewesen, die von hier aus am Goplo-See vor­ bei entlang der Notec nach Inowroclaw zur Weichsel und weiter ins Samland geführt haben könnte (HENSEL, S. 171). SADOWSKI (S. 57) identifiziert Setidava mit Znin, STECHE (S. 148) sucht es bei Golina. 2.3.5.3 klima 3

(92) Alisum ( griech. Alison):

Nach der Angabe des Ptolemaios liegt Alisum etwas

östlich von Köln. Die transformierten antiken Koordinaten weisen auf die Gegend von Bergisch Gladbach. Bei der dort befindlichen Ringwallanlage könnte es sich um eine Höhenbefestigung der Sugamber handeln (HORN, S. 354). Da die Nutzung dieser Anlage jedoch in die erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr. datiert wird, war Alisum vielleicht eine in der Nähe gelegene Siedlung. MEHLIS (1918, S. 80) sieht einen Zusammenhang mit dem Fluss­ namen Als= Els und lokalisiert Alisum, ausgehend von der Entfernung zu Vetera/Xanten, bei Alsum (heute Stadtteil von Marxloh in Duisburg) am Einfluss des Eisbaches in den Rhein. Möglich ist auch ein Zusammenhang zwischen Alisum und dem von Tacitus ( Ann. II, 7) erwähnten Aliso, dem einzigen namentlich bekannten Römerlager im rechtsrheinischen Gebiet, oder mit dem von Dio Cassius (LIV , 33) erwähnten Fluss Elison, einen Nebenfluss der Lippe (vielleicht die Alme oder die Liesens, vgl. FORBIGER, Bd. 3, S. 239, Anm.*).

(93) Budoris ( griech. Boudoris):

WILHELM (S. 311) setzt Budoris mit Monheim

bei Köln gleich, MÜLLER mit dem linksrheinischen Büderich, MEHLIS (1918, S. 112f.) mit Burscheid. HANSEN lokalisiert Budoris zwischen Bonn und Siegburg. STECHE (S. 135) gibt aufgrund der stark abweichenden Breitenangaben (51

o

nach der 0-Rezension und

49° nach der S-Rezension) keine Identifizierung an. Die Analyse der antiken Koordinaten ergab, dass hinsichtlich der systematischen Verzerrungen in diesem Gebiet der Wert der 0-Rezension besser zu den Koordinaten der benachbarten Orte passt. Danach lässt sich Budoris am Drachenfels bei Bad Dürkheim verorten. WOLTERS (S. 61) vermerkt hierzu: "Das Ufer rechts des Rheins wurde von den römischen Soldaten als Übungsgelände und V iehweide genutzt. In der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts wird dort sogar eine römische Ziegelei bekannt, und Bodenschätze, wie Trachytsteine vom Drachenfels, wurden ebenfalls abgebaut."

(94) Mattiacum ( griech. Mattiakon):

Die transformierten antiken Koordinaten

lassen für Mattiacum eine Lokalisierung in der Gegend von Lahnau- Waldgirmes zu, wo seit 1993 die Reste einer römischen Zivilsiedlung ausgegraben und untersucht werden, die möglicherweise als künftiges Verwaltungszentrum einer geplanten römischen Provinz Ger­ mania dienen sollte. Die Stadt wurde jedoch noch in ihrer Gründungsphase wahrscheinlich im Jahre 9 n. Chr. im Zusammenhang mit der Niederlage im Teutoburger Wald aufgegeben (zu Lahnau-Waldgirmes u. a. BECKER/RASBACH). Daher könnte es sich bei Mattiacum 51

um eine germanische Siedlung in der Nähe von Lahnau-Waldgirmes handeln (eine Übersicht über die germanischen Fundstätten in diesem Gebiet bei SCHNURBEIN, Abb. 6 und 8); denkbar wäre z. B. Naunheim. Vielleicht lag Mattiacum in dem von Tacitus ( ann. XI, 20) erwähnten ager Mattiacus, dem Gebiet der germanischen Mattiaci, in dem die Römer nach Silberadern suchen ließen. (95) Artaunum ( griech. Artaunon): In Friedberg, wo sich Artaunum anhand der transformierten antiken Koordinaten lokalisieren lässt, befindet sich ein Limeskastell mit einem vicus von "überdurchschnittlicher Größe" (BAATZ/HERRMANN, S. 307) sowie ein gallo-römischer Tempel. Der Ort lag an einem Knotenpunkt, an dem die Straßen aller wichtigen Kastelle der nördlichen Wetterau zusammenliefen und in die Verbindungsstraße zur Provinzhaupstadt Mogontiacum/ Mainz mündeten (BAATZ/HERRMANN, S. 306ff.). Möglicherweise ist der Name Artaunum eine Verschreibung für Ad Taunum, was der Name dieses Kastells gewesen sein könnte. Nach BACH (Bd. 11/1, S. 23) ist die überlieferte Namensform eine Verderbnis von Arx Taunon. Bereits UKERT (S. 444) bringt Artaunum mit dem Taunus in Verbindung. Neben Friedberg kommt auch Bad Nauheim1 für eine Lokalisierung von Artaunum in Frage. PATZIG (S. 27f.) identifiziert Artaunum mit der Saalburg. (96) Novaesium ( griech. Nouaision, Nauaision): Gegen eine Gleichsetzung die­ ses Ortes mit dem römischen Legionslager von Neuß bei Düsseldorf am linken Rheinufer (so CAPELLE, S. 449; SCHÖNING, S. 131; HANSEN u. a.) sprechen die von Ptolemai­ os angegebenen Koordinaten. Beispielsweise beträgt die Längen-Differenz zu Köln fast 4 UKERT (S. 444) verortet Novaesium deshalb nordöstlich von Marburg oder bei "Schloß Nieuhus an der Mönne bei Neheim". Diesem letzten Vorschlag folgt MEHLIS (1918, S. 110) und setzt Novaesium mit Neheim an der Vereinigung von Möhne und Ruhr gleich, wobei er auch einen namentlichen Zusammenhang vermutet; STECHE (S. 161) sucht es bei War­ burg an der Diemel. Bereits MANNERT (S. 566) lokalisiert Novaesium an der Fulda, wohin auch die transformierten antiken Koordinaten weisen; nach ihnen könnte es bei Melsun­ gen an der Fulda (Schwalm-Eder-Kreis) gelegen haben. Das Tal der Fulda war "ein alter naturgegebener Verkehrsweg" (STECHE, S. 160). Neben der Namensform Nouaision, die dem lat. Novaesium entspricht, ist auch die Les­ art Hauaision überliefert. Möglicherweise ist dies die ursprüngliche Namensform, die im Zusammenhang mit dem im Schwalm-Eder-Kreis mehrfach erscheinenden Ortsnamen Nau­ sis stehen könnte. So lässt sich das ptolemäische Novaesium anhand der transformierten antiken Koordinaten auch bei dem Spangenherger Ortsteil Nausis verorten (vgl. PATZIG, S. 29). Die auffallende Namensgleichheit des von Ptolemaios erwähnten germanischen Ortes mit dem linksrheinischen Römerlager Novaesium / Neuß könnte ihre Ursache darin haben, dass bei der schriftlichen Fixierung des germanischen Ortsnamens seitens der Römer eine Anlehnung an einen ihnen bekannten Namen erfolgte (vgl. Abschnitt 1.2.4). Ähnliches kann auch durch einen späteren Abschreiber des Ptolemaios-Textes geschehen sein. Nach KRA­ HE ist der Ortsname von Novaesium/ Neuß vielleicht von einem Personennamen abgeleitet (KRAHE 1954, S. 126). (97) Melocabus ( griech. Melokabos ): Ebenso wie Novaesium (Nr. 96) könnte Melo­ cabus ein Ort an einem Verkehrsweg im Fuldatal gewesen sein, wo es sich bei Bad Hers­ feld lokalisieren lässt. PATZIG (S. 29) verweist auf den dicht bei Bad Hersfeld liegenden o .

1

Zu dieser Identifizierung danken wir für einen Hinweis Herrn Dr. Frank Ausbüttel

52

( Frankfurt

a.

M.).

kleinen Ort Malkuß, dessen Name von Melocabus abgeleitet sein könnte (STECHE S. 160). Auch SCHÖNING (S. 132) lokalisiert Melocabus in der Nähe von Bad Hersfeld, bei Meklar an der Fulda. (98) Gravionarium ( Gavonarium; griech. Grauionarion, Gauonarion): Die von STECHE (S. 161) vorgeschlagene Gleichsetzung mit dem an der Kinzig gelegenen Schlüchtern ließ sich durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigen. Die Kinzig wurde bereits zur Römerzeit als Verkehrsweg genutzt, denn sie war für kleinere, flache Transportkähne schiffbar (BAATZ/HERRMANN, S. 468). Flussaufwärts von Schlüchtern liegt das römische Limeskastell von Rückingen, wo sich sicherlich eine Anlegestelle am Kinzigufer befand (BAATZ/HERRMANN, S. 468). PATZIG (S. 29) vermutet wegen der Namensähnlichkeit einen Zusammenhang von Gravionarium mit Grebenau (etwa 26 km nordwestlich von Fulda). Auch MEHLIS (1918, S. 104-106) verortet Gravionarium bei Gre­ benau. Er erwähnt (S. 104) die günstige Lage dieses Ortes, da sich hier "die natürlichen Straßen zur Wetterau nach SW, zur Fulda und Kinzig nach 0 und SO, gen Niederhessen und den Winkel zwischen Fulda und Schwaben nach N scheiden und vereinen". Nach den transformierten antiken Koordinaten wäre eine Lokaliserung von Gravionarium bei Gre­ benau ebenfalls möglich. Die von SCHÜTTE (1952, S. 250) vorgeschlagene Gleichsetzung von Gravionarium mit dem in der Tab. Peut. verzeichneten Ort Grinario, das mit Köngen identifiziert wird (vgl. PLANCK, S. 149), lässt sich nicht bestätigen, da Grinario/ Köngen zu weit südlich liegt. (99) Locoritum ( griech. Lokoriton): Die häufig vorgeschlagene Identifizierung mit Lohr an der Mündung der Lohr in den Main (z. B. MÜLLER; RASCH, S. 65; MAlER, S. 88) kann durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Möglich wäre danach aber auch eine Lokalisierung bei Neustadt am Main2. Nahe Neustadt befindet sich auf dem Gaiberg eine vorgeschichtliche Abschnittsbefestigung sowie eine Furt über den Main. STECHE (S. 160) hingegen vermutet in Locoritum einen "Handelsplatz und Grenzübergangsort" am Main zwischen Wörth und Aschaffenburg; SCHÖNING (S. 133) verortet Locoritum bei Rotheuburg ob der Tauber, MENHOFER setzt es mit Forchheim gleich. Der Ortsname Locoritum enthält das keltische Element ritu- ("Furt"; KRAHE 1954, S. 125). (100) Segodunum ( griech. Segodounon): Die römische Siedlung Bad Wimpfen, mit der sich Segodunum identifizieren lässt, war vermutlich der Hauptort der civitas Alisi­ nensium (vgl. PLANCK, S. 23). Bereits STECHE (S. 159) lokalisiert Segodunum in um­ mittelbarer Nähe von Bad Wimpfen bei dem römischen Kastell von Heilbronn-Böckingen (vgl. PLANCK, S. 120f.) oder bei dem Kastell von Bad Cannstatt (vgl. PLANCK, S. 327331). PATZIG (S. 27) identifiziert Segodunum mit Siglingen an der Jagst. Der keltische Ortsname Segodunum bedeutet "Siegburg" (RASCH, S. 132; vgl. MAlER, S. 109). Ein wei­ teres Segodunum findet sich im südfranzösischen Segodunum/Rodez (GH II, 7, 21) sowie in dem von Ptolemaios nicht erwähnten Segodunum / Suin (Bourgogne) und in der Form Segedunum als Name des römischen Kastells von Wallsend in Northumberland. (101) Devona ( griech. Deouona): Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann Devona bei Crailsheim an der Jagst verortet werden. Aufgrund der Namensform identifizieren MÜLLER, RASCH (S. 47) und MAlER (S. 46f.) Devona mit Dewangen bei Aalen. Die Analyse der antiken Koordinaten lässt auch diese Identifizierung möglich 2Zu dieser Identifizierung danken wir für einen Hinweis Herrn Klaus Weyer (Neustadt am Main).

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erscheinen. Nach MAlER (a. a. 0.) handelt es sich bei dem keltischen Ortsnamen Devona ursprünglich wohl um die Bezeichnung einer Quelle oder eines Flusses. Ähnliche Namens­ formen finden sich auch beim schottischen Ort Devana (GH II, 3, 15; Identifizierung un­ sicher) sowie beim südwestfranzösischen Ort Divona/Cahors (GH II, 7, 11). HANSEN setzt Devona dem oppidum von Finsterlohr gleich, STECHE (S. 174) lokalisiert Devona am Südende der Mainschleife bei Marktbreit und Ochsenfurt, SCHÖNING (S. 134) bei Donauwörth. (102) B ergium (griech. Bergion): Die Analyse der antiken Koordinaten spricht für die vorgeschlagene Gleichsetzung von Bergium mit dem Schwanberg bei lphofen (s. RGA). Möglich wäre jedoch auch eine Lokalisierung bei Marktbreit. An einer Main­ furt gelegen, befand sich bei Marktbreit das östlichste Römerlager im rechtsrheinischen Germanien (WAMSER 1991; CZYSZ, S. 475-479). Bergium könnte entweder der Name dieses Lagers sein, den Ptolemaios in den Aufzeichnungen der Feldzüge aus augusteischer Zeit gefunden hat, oder eine germanische Siedlung in der Nähe dieses Lagerstandortes. MÜLLER und HANSEN vermuten Bergium bei Bamberg, nach STECHE (S. 174) ist eine Gleichsetzung mit einem heutigen Ort nicht möglich, SCHÖNING (S. 134) verortet Ber­ gium bei Nürnberg. Ob der Name Bergium germanischen oder keltischen Ursprungs ist, lässt sich nach RASCH (S. 192f.) nicht entscheiden. (103) Menosgada (Menostada; griech. Menosgada, Menostada): Der erste Namensbestandteil wird mit dem antiken Flussnamen des Mains, Moenus, in Verbindung gebracht (RASCH, S. 214; vgl. MEHLIS 1915, S. 325: Menostada "Mainstadt") und daher eine Identifizierung von Menosgada mit dem keltischen oppidum auf dem Staffelberg bei Staffelstein vorgeschlagen (REINECKE, S. 36). HANSEN vermutet Menosgada am Zu­ sammenfluss von Weißem und Rotem Main. Gegen eine Lokalisierung am Main spricht sich S TECHE (S. 175f. ) aus, der in Menosgada einen Egerübergang, vielleicht in der Nähe von Eger, sieht (S. 175f.; ebenso KVET/REHAK, S. 51). Der Main wird von Ptolemaios nicht erwähnt. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Menosgada bei Hallstadt am Main lokalisieren. (104) Bicurgium ( griech. Bikourgion): Die Identifizierung von Bicurgium gestaltet sich äußerst schwierig, denn die überlieferten Breitenangaben weichen stark voneinander ab: 51°15' (0-Rezension) und 49° (3-Rezension). Der erste Wert ergab sich bei Analyse der antiken Koordinaten in Verbindung mit einer Verortung von Bicurgium im Raum von Jena als der wahrscheinlichere. Östlich von Jena liegt Bürgel, das PATZIG (S. 30) für Bicurgium hält. MÜLLER vermutet Bicurgium bei Erfurt. Nach GRASSELT (S. 154) sind mit dem Namen Bicurgium die beiden Gleichberge bei Römhild in Südwestthüringen bezeichnet. Auf dem Kleinen Gleichberg befindet sich die Steinsburg, eine befestigte Höhensiedlung, die jedoch bereits kurz nach der Mitte des 1. Jh. v. Chr. aufgegeben wurde (GRASSELT, S. 155). Ferner wird Bicurgium mit dem oppidum Haubirg bei Happurg identifiziert (RGA). (105) Marobudum (Marobunum; griech. Maroboudon, Marobounon): Ähn­ lich wie bei Bicurgium (s. Nr. 104) ist die Lokalisierung von Marobudum äußerst schwierig; auch hier sind unterschiedliche Breitenwerte überliefert, und zwar in umgekehrter Reihen­ folge wie bei Bicurgium: 49° (0-Rezension) und 51°15' (3-Rezension). Marobudum wurde mit dem Namen des berühmten markomannischen Herrschers Marbod in Verbindung ge­ bracht (UKERT, S. 444) und deshalb in Böhmen gesucht; nach UKERT (S. 444; ebenso FORBIGER, Bd. 3, S. 303, Anm. 99) lag es bei Ceske Budejovice/Budweis, nach MÜLLER, MEHLIS (1915, S. 325) und KVET/REHAK (S. 51) bei Frag oder Plzen/Pilsen. S TECHE 54

(S. 175) hingegen bestreitet einen Zusammenhang mit dem Namen Marbods und vermutet, dass es sich bei Marobudum um einen Handelsplatz im Vogtland gehandelt haben könnte; SCHÖNING (S. 136) verortet es bei Meeraue in Sachsen. Auch die Entzerrung der antiken Koordinaten spricht gegen eine Lage in Böhmen. Danach könnte Marobudum bei Am­ berg gelegen haben. Nach BERGER (S. 37) entstand Amberg "in karolingischer Zeit als Kaufmannssiedlung am Übergang der Fernhandelsstraße Nürnberg-Prag über die damals schiffbare Vils". Möglicherweise befand sich an diesem Flussübergang bereits in älterer Zeit ein Handelsplatz. (106) Redintuinum (Redinguinum; griech. Rhedintouinon, Rhedingouinon): Nach den transformierten antiken Koordinaten könnte Redintuinum bei Louny/Laun an der Eger gelegen haben. MÜLLER verortet es bei Brandys nad Labem-Stara Bo­ leslav/Brandeis; SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) identifiziert Redintuinum mit dem oppi­ dum Trisov nördlich von Cesky Krumlov/Böhmisch Krumau oder mit der Siedlung bei Prest'ovice westlich von Strakonice/Strakonitz. (107) Nomisterium ( griech. Nomisterion): Die Lokalisierung bei Litomefice/ Leitmeritz an der Elbe gegenüber der Mündung der Eger erfolgte nach den transformier­ ten antiken Koordinaten. MÜLLER vermutet Nomisterium bei Mimon/Niemes, SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) bei Zaluzany, 65 km südlich von Frag. (108) Meliodunum (griech. Meliodounon): Die Identifizierung von Meliodunum (kelt. vielleicht "dunkle Burg") mit Pisek erfolgte nach den transformierten antiken Ko­ ordinaten. Danach wäre auch eine Lokaliserung bei Prest'ovice möglich, wo sich germa­ nische Siedlungsspuren befinden (TIR M-33, S. 179) . STECHE (S. 155) sucht es in der Nähe von Pardubice/Pardubitz, "wo der von Norden her an der Elbe entlang laufende Weg den Fluß verließ und nach Süden weiterging". Nach FREISING (Karte), der versucht, den Verlauf der Bernsteinstraße anhand der für die Straßentrassierung günstigen Faktoren zu rekonstruieren, lag Meliodunum an der Mährischen Pforte, nach HANSEN im Gebiet von Brno/Brünn, nach KVET/REHAK (S. 51) bei Sobeslav/Sobieslau. (109) Casurgis (griech. Kasourgis): Nach den transformierten Koordinaten lässt sich Casurgis bei Prag lokalisieren. Das Gebiet um Frag ist reich an römischen und germanischen Funden (vgl. TIR M-33). MÜLLER und RASCH (S. 39) vermuten Casurgis bei Caslav/Caslau, STECHE (S. 158) bei Dvur Kralave nad Labem/Königinhof an der Elbe, KVET /REHAK (S. 52) bei Rataje nad Sazavou/Rattay. (110) Strevinta (Strevintia; griech. Streouinta, Streouintia): Die Lokalisierung bei Hfimezdice/Wermeritz an der Moldau erfolgte nach den transformierten antiken Koordinaten. Nach STECHE (S. 155) lag Strevinta bei Jaromer/ Jermer, wo die Mettau in die Elbe mündet, nach FREISING (Karte) bei Olava/Orlau. HANSEN lokalisiert es entwe­ der bei Skalice nad Svitavou/Skalitz an der Zwittawa, 30 km nördlich von Brno/Brünn, bei dem keltischen oppidum Stare Hradisko oder bei Chornice. KVET /REHAK (S. 51) identi­ fizieren Strevinta mit Velky Blanik. Der Ortsname Strevinta ist illyrischen Ursprungs und deutet auf die Lage an einem Wasserlauf hin (KRAHE, 1954, S. 103). In Htimezdice selbst wurde bisher ein Denar aus der Zeit Vespasians an einer Brücke gefunden (TIR M-33, S. 149). (111) Hegitmatia (Hegetmatia, Egitmatia, Iligmatia): Bei Ohnist'any, wo sich Hegitmatia lokalisieren lässt, wurden germanische Brandgräber entdeckt (TIR M-33, S. 171). Möglich wäre auch die von MÜLLER vorgeschlagene Identifizierung mit Jicin/ Gitschin. Nach KVET/REHAK (S. 51) entspricht Hegitmatia Koufim/Gurim. 55

(112) Bud orgis (griech. Baudargis): Die Lokalisierung bei Kolin erfolgte nach den transformierten Koordinaten. Der BARRINGTON-ATLAS gibt für Kolin eine Siedlung in römischer Zeit an. Nach KVET/REHAK (S. 52) lag Budorgis zwischen Caslav/Tschaslau und Ronov nad Doubravou/Ronow an der Doubrawa, MÜLLER und RASCH (S. 34) ver­ muten es bei Pardubice/Pardubitz, im RGA finden sich als weitere Lokalisierungsvorschläge u. a. Podmokly-Decin/Bodenbach, Wroclaw/Breslau, Nachod und der Iglauer Berg an der Sazava. SADOWSKI (S. 63) hält Budorgis für Havlfckuv Brod/Deutsch Brod an der Saza­ va. Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRAHE 1954, S. 102). (113) Eburum (griech. Ebouron ): Von MÜLLER, RASCH (S. 49) und HANSEN wird der Ortsname für eine Doublette von Eburodunum (Nr. 133) gehalten und ange­ nommen, die unterschiedlichen Namensformen und Positionsangaben für denselben Ort stammten aus verschiedenen Itinerarien. Da aber keltische Ortsnamen mit dem Bestand­ teil Eburo- häufiger sind (vgl. SIMS-WILLIAMS: Eburum, Eburacum, Eburodunum, Ebu­ robriga, Eburomagus etc.), ist eine derartige Annahme nicht notwendig. Nach den trans­ formierten Koordinaten lag Eburum bei Hradek/Erdberg, wo eine germanische Siedlung nachgewiesen werden konnte (TIR M-33, S. 149). Anhand der Koordinaten ist auch eine Lokalisierung bei Prosimefice/ Proßmeritz möglich, wo sich ebenfalls eine germanische Siedlung befand (TIR M-33, S. 179). Nach KVET/REHAK (S. 52) entspricht Eburum Blucina oder Brnoj Brünn. Weitere Identifizierungsvorschläge sind Vehrad (an der March), Hostyn/Hostein, Ovar (an der Waag) und das Gebiet von Predmost (RGA). (114) Arsicua (griech. Arsikoua): Die Analyse der antiken Koordinaten hat erge­ ben, dass Arsicua bei Mistelbach an der Zaya gelegen haben könnte. SIMONYI loka­ lisiert es bei Oszlany/Ohreslahn, KVET/REHAK (S. 52) bei Nitra (s. a. RGA), weitere Identifizierungsvorschläge sind Zitava und Kremnica/Kremnitz (RGA). (115) Parienna: Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Parienna bei Breclav/Lundenburg. SIMONYI lokalisiert es bei Nitrianske Pravno (Slowakei; unga­ rische Namensform Nemetprona), STECHE (S. 145) bei Vsetfn/Wesetin oder Valaßske Mezirfcf/Wallachisch Meseritsch, KVET/REHAK (S. 52) bei Topol'cany/Topoltschan im oberen Nitratal (Slowakei) oder bei Banovce nad Bebravou/Banowitz (Slowakei). (116) Setuia (Setovia; griech. Setouia): Komofany/Kommern ist als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit und als germanische Siedlung (1./2. Jh.) belegt (Archeo­ logicky Atlas, Karte 47; TIR M-33). Anhand der transformierten antiken Koordinaten ließe sich Setovia auch bei Menin lokalisieren; in Menin wurde ein germanisches Gräberfeld ge­ funden (TIR M-33, S. 164). Nach KVET/REHAK (S. 52) entspricht es Trencfn/Trentschin, SIMONYI sucht es in der Nähe von Kysucke Nove Mesto/Kischützneustadt, STECHE (S. 145) im Waagtal (weitere Identifizierungsvorschläge bei FORBIGER, Bd. 3, S. 301, Anm. 94). Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRAHE 1954, S. 102), ein weiteres Setouia gibt es in Dalmatien (heute Susanj bei Sinj, BARRINGTON-ATLAS). (117) Carrodunum (griech. Karradaunon): Die Lokalisierung von Carrodunum (kelt. "Wagenburg") bei Rymafov /Römerstadt an der Straße von Olomouc/Olmütz nach Racibürz/Ratibor folgt einem Vorschlag von SADOWSKI (S. 61). Ob der deutsche Na­ me " Römerstadt" in einem Zusammenhang mit einer antiken Siedlung steht, bleibt offen. Weitere Lokalisierungsvorschläge sind: Krapkowice/Krappitz (MÜLLER; RASCH, S. 38), Hostyn (HANSEN; KVET/REHAK, S. 52); Zarnowice (FORBIGER, Bd. 3, S. 299, Anm. 91; MÜLLER). SCHÖNING (S. 140) sucht Carrodunum zu weit östlich bei Czeladz. Wei­ tere Orte des Namens Carrodunum/Karrodounon erwähnt Ptolemaios in Vindelicia (GH 56

II, 12, 8), Pannonia Superior (GH II, 14, 5) und im europäischen Sarmatia (GH 111, 5, 30). (118) Asanca ( Osanda; griech. Asanka, Osanda): Kojetin, wo sich Asanca lokalisieren lässt, ist als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit (1./2. Jh.) belegt (Archeologicky Atlas, Karte 47). Von MÜLLER, SADOWSKI (S. 61) und RASCH (S. 78) wird Asanca mit Olomouc/Olmütz gleichgesetzt, von KVET /REHAK (S. 52) mit Uherske Hradiste/Ungarisch Hradisch. STECHE (S. 145) lokalisiert Asanca bei Trencfn/Trentschin im mittleren Waagtal (Slowakei). Die griechische Transkription des Ortsnamens als Asanka, die eine dem Lateinischen -nc- entsprechende Konsonantenfolge -nk- ( -vt>,-) anstatt der im Griechischen üblichen Schreibung mit Nasallaut -gk- (-!t>,-) aufweist, deutet darauf hin, das der Ortsname einer römischen Quelle entnommen ist. 2.3.5.4 klima 4

(119) Tarodunum (griech. Tarodounon, Taroudonon): Die bis in die Jahre zwi­ schen 1815 und 1818 (s. NIERHAUS, S. 479, Anm. 13) zurückreichende Gleichsetzung von Tarodunum mit Zarten (so auch STECHE, S. 163; RASCH, S. 95), die aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit des Namens erfolgt ist, konnte durch die Analyse der Koordinaten nicht bestätigt werden. Diese deuten vielmehr auf Riegel am Kaiserstuhl. Riegel lag an der Kreuzung zweier Verkehrsrouten, von denen die eine rheinabwärts führte, die andere von Gallien an die obere Donau; in der Nähe befanden sich zwei Rheinübergänge. Riegel war Standort römischer Militärlager und nach Abzug des Militärs eine Siedlung, die im frü­ hen 2. Jh. vermutlich zum Hauptort einer civitas wurde (PLANCK, S. 275). Spuren einer früheren keltischen Besiedlung könnten den keltischen Namen Tarodunum erklären. Der heutige Ortsname von Riegel wird in Verbindung mit der Existenz eines kleinen, spätanti­ ken Verwaltungsbezirkes (regula) gebracht (PLANCK, S. 278). (120) Arae Flaviae (griech. Bomoi Phlauioi): Mit der Erwähnung von Arae Fla­ viaejRottweil, das im Jahre 73/74 angelegt wurde, ist ein terminus post quem und damit ein Hinweis gegeben, dass Ptolemaios auch Informationen aus flavischer (oder späterer) Zeit verwendet hat. (121) Riusiava (griech. Rhiousiaoua): Dieser Ort könnte in Zusammenhang mit dem Heidengraben bei Grabenstetten im Kreis Reutlingen stehen (vgl. NIERHAUS, S. 493), worauf auch die Analyse der antiken Koordinaten hindeutet. Allerdings wurde dieses oppidum, das zu den größten keltischen Siedlungen Mitteleuropas gehörte, wohl im 1. Jahrhundert v. Chr. aufgegeben. SCHÖNING (S. 145) lokalisiert Riusiava bei Reutlin­ gen; dort in der Nähe verlief die römische Straße von Sumelocenna/Rottenburg nach Gri­ nario/Köngen (PLANCK, S. 267). Weitere Identifizierungsvorschläge für Riusiava sind das Kastell Rißtissen wegen angenommener Namensähnlichkeit zwischen Riusiava und der Riß (vgl. NIERHAUS, S. 491) sowie die Gegend von Nördlingen (MÜLLER; RASCH, S. 84). SIMEK (s. HANSEN ad loc.) vermutet, dass es sich bei Riusiava um Vindonissa/Windisch an der Einmündung der Reuß in die Aare handeln könnte. Der Umstand, dass Vindonis­ sa/Windisch südlich der Donau liegt, Riusiava nach den Angaben des Ptolemaios jedoch nördlich davon, wäre hierbei insofern erklärlich, als dass Ptolemaios den obersten Lauf der Donau nach Süden verschoben hat.

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(122) Alcimoennis (Helcimoennis; griech. Alkimoennis, Helkimoennis): Be­ reits ZEUSS (S. 13) und danach MÜLLER und STECHE (S. 173) nahmen einen Zusam­ menhang zwischen dem Ortsnamen Alcimoennis und dem Flussnamen der Altmühl an, der allerdings erst seit 793 als Alcmona belegt ist (EGLI, S. 30). Daher wurde Alcimoennis mit dem oppidum auf dem Michelsberg bei Kelheim identifiziert (NIERHAUS, S. 493ff.). SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) hält Alcimoennis für das spätkeltische oppidum Gelbe Bürg bei Dittenheim am Rande des Altmühltals, nahe dem Kastell Gunzenhausen. Durch die Analyse der antiken Koordinaten ließen sich diese Identifizierungen jedoch nicht bestätigen. Ferner macht der Umstand, dass der Ortsname auch in der Form Helcimoennis überliefert ist, einen Zusammenhang mit der Altmühl nicht zwingend erforderlich. Nach den trans­ formierten antiken Koordinaten könnte Alcimoennis vielmehr Sontheim an der Brenz entsprechen. Hier wurde um 100 an der römischen Fernstraße, die die Provinzhauptstädte Augusta Vindelicorum (Augsburg) und Mogontiacum (Mainz) verband, eine Straßenstati­ on angelegt, deren Siedlung in der Folge mehrfach erweitert wurde. In der Mitte des ersten Jahrhunderts begann in der Nähe der Abbau von Kalkstein (PLANCK, S. 321ff.). Fraglich bleibt, ob der Ortsname Alcimoennis vom lateinischen Wort moenia "Mauern, Befesti­ gung" abgeleitet ist (vgl. HANSEN). Vielleicht ist eher an einen Zusammenhang mit dem in Gewässernamen auftretenden Suffix -mana, -mannia, -menni (a) , -minni u.ä. zu denken (vgl. BACH, Bd. 11/1, S. 156). (123) Cantioebis ( griech. Kantioibis): Cantioebis wird von MÜLLER mit dem Limeskastell von Gunzenhausen gleichgesetzt (s. a. RGA), STECHE (S. 173) vermutet, dass es sich um einen dicht bei Gunzenhausen liegenden "Handelsplatz des ersten freien Germanenstammes" handeln könnte. Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Cantioebis bei Aalen, wo sich das größte Steinkastell am obergermanisch-rätischen Li­ mes befand. Allerdings wird eine Entstehungszeit um 160 angenommen (BAATZ, S. 257; PLANCK, S. 16), so dass Ptolemaios, sollte es sich bei Cantioebis um Aalen handeln, hier seinerzeit sehr aktuelle Informationen verwendet haben müsste. Da auch der moderne Na­ me Aalen möglicherweise vom Namen der dort stationierten ala milliaria (tausend Mann starkes Reiterregiment) abgeleitet ist (BAATZ, S. 257; PLANCK, S. 16), handelt es sich bei Cantioebis vielleicht um eine Siedlung in der Nähe des Kastells von Aalen. (124) Bibacum ( griech. Bibakon): Die Lokalisierung bei Finningen erfolgte nach den transformierten Koordinaten. F inningen liegt an einer römischen Straße, die Augus­ ta Vindelicorum / Augsburg und Mogontiacum / Mainz verband (CZYSZ, S. 367). SIMEK (s. HANSEN ad loc. ) identifiziert Bibacum mit dem Limeskastell von Theilenhofen, nach STECHE (S. 173) war es ein römisches Grenzkastell zwischen Gunzenhausen und Treucht­ lingen. MÜLLER identifiziert Bibacum mit dem römischen Kastell von Biburg (Pförring). (125) Brodeltia (Prodentia, Brodentia): Die Lokalisierung in der Gegend von Donauwörth erfolgte nach den transformierten Koordinaten. Donauwörth liegt an der Via Claudia Augusta und an einem alten Flussübergang (vgl. CZYSZ, S. 532). HANSEN vermutet Brodeltia in der Gegend von Cham am Zusammenfluss von Chamb und Regen, ebenso KVET/REHAK (S. 51) . (126) Setuacotum (griech. Setouakoton): Die Lokalisierung erfolgte nach den transformierten Koordinaten. In Treuchtlingen finden sich Spuren römischer und even­ tuell keltischer Besiedlung (BIERL, S. 523f.; CZYSZ, S. 524f.) . HANSEN vermutet es an der Einmündung der Schwarzach oder der Pfreimd in die Naab, STECHE (S. 176) etwa in der Mitte des Naabtals. Nach SCHÜTTE (1952, S. 251; vgl. RASCH, S. 219) handelt 58

es sich bei dem Ortsnamen um eine verderbte Form, die dem Septemiacum der Tab. Peut. entspricht. (127) Usbium ( Vebium; griech. Ousbion, Ouebion) : Die Gegend von Linz ist seit keltischer Zeit besiedelt, das dort befindliche römische Kastell (erstmals in der No­ titia dignitatum, Occidens XXXIV, 33, als Lentia erwähnt) wurde zur Zeit der Marko­ mannenkriege angelegt, um die Verbindung über die Donau zu sichern. Usbium könnte in der Nähe von Linz, Steyregg oder Mauthausen gelegen haben (vgl. STECHE, S. 176; KVET/REHAK, S. 51). Nach SIMEK (s. HANSEN ad loc.) war es an der Mündung der Aist, auf der germanischen Seite eines Donauüberganges, der Anfangsort eines Verkehrs­ weges. (128) Abiluum (griech. Abilouon, Abilaunon) : Durch Transformation der antiken Koordinaten ergab sich die Verortung bei Freistadt, wo es auch KVET/REHAK (S. 51) lokalisieren. Nach HANSEN lag es an der Naarn bei Perg. (129) Furgisatis ( Frurgisatis; griech. Phourgisatis, Phrourgisatis ) : Die Loka­ lisierung bei Ceske B udejovice/Budweis erfolgte durch Transformation der antiken Koor­ dinaten. HANSEN vermutet F(r)urgisatis an der Wasserscheide zwischen Naarn und Kamp am Weinsherger Wald, nach KVET/REHAK (S. 51) entspricht es dem oppidum Ttfsov (vgl. RGA), STECHE (S. 181) gibt nur allgemein eine Lage an der Moldau an. (130) Coridorgis ( Condorgis; griech. Koridorgis, Kondorgis) : Die Lokalisie­ rung in der Gegend von Jihlava/Iglau erfolgte durch Transformation der antiken Koor­ dinaten. HANSEN verortet Coridorgis etwas weiter westlich, d. h. an der oberen Luzni­ ce/Lainsitz, KVET/REHAK (S. 51) ähnlich bei Sevetfn an der Luznice. Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRAHE 1954, S. 102). (131) Mediolanium (griech. Mediolanion, Medoslanion) : Nach KVET/REHAK (S. 52) lag Mediolanium (zum Ortsnamen vgl. Nr. 65) bei Korneuburg, wofür auch die transformierten antiken Koordinaten sprechen. Möglich wären auch die von MÜLLER und STECHE (S. 155) erwogene Identifizierung mit Walkersdorf am Nordrand der Donauaue und die von HANSEN vorgeschlagene Gleichsetzung mit dem keltischen oppidum auf dem Oberleiserberg. Trifft die letzte Annahme zu, deutet dies auf eine Nutzung des Platzes durch Germanen oder Römer im 1. oder 2. Jahrhundert hin. (132) Felicia (griech. Phelikia, Philekia, Philikia) : Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann Felicia bei Vyskov/Wischau verortet werden; möglich wäre auch eine Lokalisierung bei Dobrockovice, wo die Reste einer germanischen Siedlung sowie ein Schatzfund römischer Goldmünzen entdeckt wurden (TIR M-33). FREISING (Karte) sucht Felicia aufgrund seiner Untersuchung zur Straßentrassierung ebenfalls in dieser Region, d. h. bei Olomouc/Olmütz an der March. KVET/REHAK (S. 52) identifi­ zieren es mit Horn in Österreich; RASCH (S. 123) vermutet, dass das ptolemäische Felicia mit dem Ort Loco felicis des Itin. Ant. (234, 3 und 248, 6) identisch sein könnte und des­ halb auf das südliche Donauufer nach Noricum versetzt werden müsste; MÜLLER hält Felicia für Policka/Politschka, STECHE (S. 155) vermutet es in der Nähe von Havlfckuv Brod/Deutsch Brod; HANSEN führt die Identifizerung mit Musov/Muschau an, das heute jedoch durch einen Stausee überflutet ist. Nach PATZIG (S. 39) ist zu dem Ortsnamen Felicia das lateinische Wort castra zu ergänzen; danach handelte es sich bei Felicia um ein römisches Militärlager; STECHE (S. 155) hingegen hält die Lesart Philikia für die richtige Form des Ortsnamens und bestreitet einen lateinischen Ursprung. 59

(133) Eburodunum (griech. Ebourodounon, Rhebourodounon, Rhobodounon): Dieser Ort wird im achten Buch der "Geographie" unter den drei "bedeutenden Städten" Germaniens (poleis episemoi) genannt. S TECHE (S. 127 u. ö.) favorisiert die Namens­ form Rhebourodounon, auch CUNTZ (S. 69) hält sie für die möglicherweise korrekte Les­ art. Von MEHLIS (1915, S. 325), S TECHE (S. 155), RASCH (S. 49) und FREISING (Karte) wird Eburodunum mit Brno/Brünn gleichgesetzt, das als germanische Siedlung der frühen Kaiserzeit belegt ist (vgl. DROBERJAR) und vermutlich eine Station an der Bernsteinstraße gewesen ist (vgl. KULAKOV, Fig. 8). SIMEK (nach HANSEN ad loc.) lokalisiert Eburodunum auf der mährischen Seite der Weißen Karpaten, nordöstlich von Uhersky Brod/Ungarisch Brod, wo das Gebirge über den Vlaxa-Pass überschritten werden kann. Weitere Identifizierungen für Eburodunum sind u. a. Musov/Muschau, das Gebiet von Drosing, Hradisch an der March, der Stillfried und der Oberleiserberg (RGA). (134) Anduaetium (griech. Andouaition): RASCH (S. 179) sieht in dem Orts­ namen Anduaetium ein illyrisches Grundelement andu-, nach Krahe (KRAHE 1954, S. 102) gehört er zu einem illyrischen Personennamen. Auffällig ist das mehrfache Auftreten von Ortsnamen mit dem Bestandteil And- in der Region von Nitra (Nitriansky kraj) in der Slowakei, z. B. Andovce (ungarisch: And6d) und Andac. Bei dem erstgenannten Ort loka­ lisiert deshalb PATZIG (S. 34) das antike Anduaetium. Die Analyse der antiken Koordi­ naten spricht ebenfalls für diese Lokalisierung. (136) Singone (griech. Singone): Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Bingone bei Sarovce am Hron/Gran (Slowakei) lokalisieren, das als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit (1./2. Jh.) belegt ist (Archeologicky Atlas, Karte 47). SIMONYI sucht es bei Nyitraivanka, HANSEN am Lauf der Zitava. Die griechische Tran­ skription des Ortsnamens Singone, die eine dem Lateinischen -ng- entsprechende Konso­ nantenfolge ( vy ) anstatt der im Griechischen üblichen Schreibung mit Nasallaut (-11-) aufweist, deutet darauf hin, das der Ortsname einer römischen Quelle entnommen ist. Auch die Endung -one, bei der es sich um eine lateinische Ablativform handeln könnte, spricht für die Herkunft aus einem römischen Itinerarium. (137) Anabum (Anavum; griech. Anabon, Anauon): Die Lokalisierung bei Ko­ marno erfolgte nach den transformierten antiken Koordinaten. HANSEN vermutet Ana­ bum bei Szob an der Eipelmündung; ferner wurde eine Gleichsetzung mit dem pannoni­ schen AzaojAlmasfüzftö (Itin. Ant . 246, 3; 263, 2; 265, 3) erwogen (RGA). -

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delberg 1925)

67

3 Gallia Belgica, Germania Inferior, Germania Superior 3.1 Allgemeines Das von Ptolemaios beschriebene Gebiet von Gallia Belgica ist ein landschaftlich sehr unterschiedlich gestaltetes Gebilde, das sich von der Nordsee bis zu den Alpen erstreckt. Es umschließt in Ptolemaios' Darstellung nicht nur die eigentliche Provinz Gallia Belgica, sondern auch die Provinzen Germania Inferior und Germania Superior. Die territoriale Gestaltung dieses Gebietes geht auf die Verwaltungsreform des Augustus zurück, der das ganze von Caesar unterworfene Gallien, die Gallia Transalpina, vermutlich in den Jahren

16-12 v. Chr. (WOLF F , S. 17) in drei Provinzen einteilte, von denen jene nördlich der Seine Gallia Belgica war. Zu Gallia Belgica gehörten zunächst auch die am Rhein gelegenen Mili­ tärbezirke Germania Inferior und Germania Superior. Unter Domitian wurden sie dann in den Jahren 83-85 (BECHERT 1999, S. 191) in selbständige Provinzen umgewandelt. Hauptorte der drei Provinzen waren Durocortorum/Reims ( Gallia Belgica), Colonia Agrip­ pina bzw. Agrippinensis/Köln ( Germania Inferior) und Mogontiacum/Mainz ( Germania Superior). Die Provinz Gallia Belgica umfasste das heutige Nordfrankreich und einen großen Teil Belgiens. Zu Germania Inferior gehörten die westlich des Rheins gelegenen Teile der Nie­ derlande und Deutschlands sowie ein Teil Belgiens. Die Grenze zu Gallia Belgica im Westen umschloß vermutlich bereits seit der Einrichtung von Germania Inferior in frühdomitiani­ scher Zeit auch das Gebiet der civitas Tungrorum mit dem Hauptort Atuatuca/ Tongeren (BECHERT 2007, S. 28). Im Süden grenzte Germania Inferior ebenfalls an Gallia Belgica sowie an Germania Superior. Die Grenze zur Germania Magna bildete der Rhein bzw. im Norden der mittlere Mündungsarm des Rheins, der heutige Oude Rijn (BECHERT

1982, S. 23). Grenzpunkt zur Provinz Germania Superior am Rhein war die Mündung des V inxtbaches, der von Ptolemaios Obrincas genannt wird. Germania Superior umfasste Teile der heutigen Schweiz und Frankreichs, seit dem Aus­ bau des Obergermanisch-Rätischen Limes, der unter Domitian begann, dann auch rechts­ rheinische Gebiete, d. h. die Wetterau, das Neckarland, den Odenwald und den Schwarz­ wald. Von der erwähnten Grenzmarke der beiden germanischen Provinzen am Rhein, der Einmündung des V inxtbaches, bog die Grenze von Germania Superior nach einem Stück gemeinsamen Verlaufes mit der Grenze von Germania Inferior dann in Richtung Mosel ab und überschritt den Fluss zwischen Bad Bertrich und Cochem. Darauf überquerte sie die Fernstraße zwischen Mogontiacum/Mainz und Augusta Treverorum/Trier, verlief dann durch den Pfälzer Wald, folgte dem mons Vosegus/Vogesen bis ins Quellgebiet der Mosel, bog hier nach Westen ab und umschloss die Gebiete von Andematunnum/Langres und Di­ bio/Dijon; anschließend wandte sie sich nach Süden, erreichte kurz vor Genava/Genf die Rhöne und dann den Lemannus lacus/Genfer See, verlief vermutlich an dessen Nordufer, dann am Kamm der Berner Alpen entlang bis zum Grimselpass, weiter durch das Reusstal zum Oberalppass, richtete sich darauf wieder nach Norden, durchquerte die Glarner Al­ pen und zog zwischen Zürichsee und Walensee hindurch bis sie schließlich bei Tasgaetium/

68

Eschenz den Rhein erreichte (BECHERT

1999, S. 193). Im Westen grenzte

Germania Supe­

rior an Gallia Belgica und Gallia Lugdunensis, im Süden an Gallia Narbonensis und Alpes Gra iae et Poenianae , im Südosten an Raetia. Östlich der Provinz lag Germania Magna.

In der Darstellung des Ptolemaios weist das gesamte Gebiet von Gallia Belgica zahl­ reiche Unstimmigkeiten auf. So hatte Ptolemaios offensichtlich keine genaue Vorstellung vom Verlauf des Rheines, der nach seinen Angaben zu sehr in einer geraden Süd-Nord­ Richtung fließt (s. Abschnitt

2.1.3).

Nebenflüsse, die auf westlicher Seite in den Rhein

münden, wie die Mosel, fehlen, einzig der V inxtbach als Grenzfluss wird erwähnt. Das eigentliche Quellgebiet des Rheines, d. h. des Vorder- und des Hinterrheines in den Alpen, nennt Ptolemaios nicht, vielmehr liegt seine Rheinquelle westlich in der Nähe des Lacus Brigantinus/Bodensees, der auffälligerweise in der "Geographie" nicht erscheint. Seine An­

gaben zum Rheindelta sind ziemlich genau, während er von den für die geographischen Verhältnisse in Germania Inferior bedeutsamen Wasserläufen von Maas und Schelde an­ scheindend nur sehr ungenaue Vorstellungen hatte. Im rechtsrheinischen Territorium von Germania Superior fehlen der Nicer/Neckar und der Moenus/Main sowie die bereits Cae­

sar als mons Vosegus (BG IV ,

10, 1) bekannten Vogesen.

In der Beschreibung von Germania

Magna wird das Neckargebiet als "Einöde der Helvetier" bezeichnet (GH II,

11, 10).

Die Städte im Gebiet von Gallia Belgica sind teils recht genau lokalisiert, teils völlig falsch positioniert. Am Rhein werden mehrere Legionsstandorte angegeben, jedoch ist die Aufzählung keineswegs vollständig. Ferner ist die Reihenfolge der am Rhein liegenden Städte in Germania Superior augenscheinlich verdreht. Unklar bleibt, ob Germania Inferior und Germania Superior von Ptolemaios bereits als selbständige Provinzen erfasst sind, denn außer dem Grenzpunkt beider Gebiete am Obrincas/Vinxtbach werden ihre oben beschriebenen Grenzen gegenüber Gallia Belgica nicht angegeben. Der obergermanische Limes als Reichsgrenze fehlt gänzlich, als Ostgrenze entlang der Germania Magna wird der Rhein genannt. Daher liegen einige zur römischen Provinz Germania Superior gehörende Orte wie Arae Flaviae/Rottweil bei Ptolemaios im Gebiet von Germania Magna (s. dort). Das Kastell von Hüfingen wiederum wird von ihm Raetia zugerechnet.

Wenngleich die Antwort auf die Frage, was die Ursache jeder einzelnen Unstimmigkeit in den ptolemäischen Angaben zu Gallia Belgica ist, spekulativ bleiben wird, lassen sich generelle Fehlerquellen annehmen. Arbeitsgrundlage ist für Ptolemaios sicherlich die Karte des Marinos gewesen, die vermutlich den Zustand vor dem Ausbau des Limes wiedergab, vielleicht aus der Zeit des Claudius. Darauf könnte der Umstand hindeuten, dass die erst unter Nero eingerichtete Provinz Alpes Graiae et Poeninae an der Südgrenze nicht genannt wird. Ptolemaios hat wahrscheinlich die Vorlage des Marinos durch neuere Materialien ergänzt. Die Erwähnung des Legionsnamens Ulpia sowie von Tra iana einerseits, das Fehlen von Namen wie Forum Hadriani/Voorburg-Arentsburg andererseits deuten darauf hin, dass die jüngste Quelle des Ptolemaios aus der Zeit Trajans stammt.

69

Gallia Belgica, Germania Inferior, Germania Superior

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Frudis fluvius (Mü)

21°451

52°201

Bresle

1°231

50°04 1

1°201

50°0S1

031

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1

B3

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ltium

22°001

53°301

Cap Gris Nez

1°351

50°521

1°311

51°04 1

04 1

1 -12

B3

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Antiker Name

1

Sequana fluvius

2 3

Moderner Name

(Mü)

promontorium 4

Gesoriacum navale

22°301

53°301

Boulogne - sur-Mer

1°371

50°4 31

1°551

51°04 1

1

B3

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5

Tabula fluvius

23°301

53°301

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2°441

51°091

2°411

51°04 1

031

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B3

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6

Mosa fluvius (Mü)

24°401

53°301

Wester-Scheide

3°301

51°251

3°351

51°04 1

1 - 05

211

B3

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7

Lugdunum

26°301

53°201

Katwjik-

4°251

52°121

4°251

52°07 1

001

051

B1

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26°451

53°201

4°301

51°551

4°371

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Batavorum s

Rhenus fluvius

Rhenus fluvius

-21

Brittenburg Rhein bei

71

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Rotterdam

(Mü) 9

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1

27 °001

53°101

Oude Rijn

4°341

52°0S1

4°4 S1

51°591

2S0001

54°001

!Jssel

5°491

52°351

5°341

52°391

151

-04

29°201

46°001

Koblenz (Aargau)

So141

4 7 °361

So121

4 7 °37 1

021

-01

(Mü) 10

Rhenus fluvius (Mü)

11

Rhenus fluvius (Qu)

12

Obrincas fluvius

2S0001

50°001

V inxtbach

7 °191

50°301

7 °161

50°07 1

031

231

B2

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0,0

13

Adulas mons

29°301

45°151

am Lukmanierpass

So4 S1

46°331

So331

46°3S1

151

1 -05

B9

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Iurassus mons

26°151

46°001

Jura

6°301

46°501

6°211

46°461

091

04 1

BS

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0,0

15

communis Alpium

29°301

45°151

am Lukmanierpass

So4 S1

46°331

So331

46°3S1

151

1 -05

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0,0

et Adulae terminus 16

Metacum

22°001

51°001

Vernon

1°291

49°061

1°311

49°04 1

1 - 02

021

B3

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17

Caesaromagus

22°301

51°201

Beauvais

2°051

49°261

1°551

49°201

101

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B3

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1S

Samarobriva

22°151

52°101

Amiens

2°1S1

49°54 1

1°4 31

50°001

351

1 -06

B3

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Samarobriva

23°151

52°101

Amiens

2°1S1

49°54 1

2°291

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- 11'

1 -06

B3

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A ,B

19

(Gesoria)

22°401

53°151

Ardres

1°591

50°511

2°021

50°521

1 - 03

-01

1

B3

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N,N

20

Tarvanna

23°201

52°501

T herouanne

2°151

50°3S1

2°331

50°321

-1

061

B3

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21

(Bruges)

24°001

53°001

bei Lilie

3°041

50°3S1

3°041

50°401

1

B3

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N,N

22

Atuatucum

24°301

52°201

-

-

-

-

-

-

-

0,0

23

Casteilum

25°001

52°151

Aardenburg

3°241

51°161

3°161

51°151

OS'

011

24

Bagacum

25°151

51°401

Bavay

3°4 S1

50°1S1

-

-

-

25

Ratomagus

22°401

50°001

Hermes

2°151

49°221

2°201

49°321

1 - 05

Augusta

25°301

50°001

Saint -Quentirr

3°171

49°511

4°311

49°321

7 41

23°301

50°001

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3°171

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Augusta V iromanduorum Augusta Vessonum

23°301

4 So451

Soissons

3°201

49°231

3°2S1

49°391

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2S

Durocottorum

23°451

4 So301

Reims

4°021

49°151

3°391

49°27 1

231

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29

Augusta

26°001

4 So301

Trier

6°391

49°451

6°301

49°551

091

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27

Treverorum 30

Divodurum

25°301

4 7°201

Metz

6°111

49°07 1

6°071

4 So591

04 1

B6

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31

Tullum

26°101

4 7°001

Toul

5°541

4 So421

6°3S1

4 So431

1 - 44

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1

B6

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31

Tullium

25°101

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Toul

5°541

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5°521

4 So431

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B2

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32

Nasium

24°501

46°401

Naix-aux-Forges

5°231

4 So3S1

5°371

4 So27 1

1

11'

33

Batavodurum

27 °151

52°301

Nijmegen

5°521

51°501

-

-

-

-

34

Vetera, Legio XXX

27 °301

51°501

near Birten

6°291

51°3S1

6°531

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1 - 24

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Ulpia

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Nr.

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Agrippinensis

27°401 51°101

Köln

6°571 50°561

7°011 51°031

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-071

B2

s

O,M

Bonna, Legio I

27°401 50°551

Bonn

7°061 50°441

7°011 50°511

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B2

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Antiker Name

Moderner Name

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Minervia

37

Traiana Legio XXII

27°301 50°351

Remagen

7°141 50°351

6°531 50°351

211

001

B2

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38

Mocontiacum

27°201 50°151

Mainz

8°161 50°001

8°091 49°591

071

011

B7

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39

Noviomagus

27°401 49°501

Speyer

8°261 49°181

8°241 49°391

02 1

s

0,0

Noviomagus

27°501 49°2 51

Speyer

8°261 49°181

8°321 49°191

B7

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A,A

40

Rufiniana

27°401 49°301

Rheingönheim

8°2 51 49°261

8°241 49°2 31

- 061 011

-211 -011

B7

39

031

B7

w

O,B

41

Borbetomagus

27°501 49°501

Worms

8°221 49°381

8°321 49°151

2 31

B7

s

0,0

41

Borbetomagus

27°401 49°501

Worms

8°221 49°381

8°241 49°391

1 - 10 1 - 02

s

A,A

Strasbourg

7°451 48°351

7°301 48°381

151

-011 -031

B7

Argentoratum,

27°451 48°201

B8

s

0,0

Breucomagus

27°501 48°201

Brumath

7°431 48°441

7°341 48°381

091

061

B8

s

O,B

43

Breucomagus

27°501 48°301

Brumath

7°431 48°441

7°341 48°461

091

B8

s

O,A

44

Eh!

7°371 48°22 1

7°421 48°22 1

B8

w

�,�

Augst

7°431 47°32 1

7°421 47°42 1

- 051 011

-02 1 001 -10

1

B8

s

0,0

Biesheim-

7°331 48°02 1

7°341 48°041

1 - 01

-041

B8

w

0,0

-

s

0,0

041

B8

u

0,0

42

Legio VIII Augusta

43

Elcebus

28°001 48°001

45

Augusta

28°001 47°101

46

Argentovaria

Rauricorum

27°501 47°401

Oedenburg Andematunnum

26°151 46°201

Langres

5°201 47°531

Ganodurum

28°101 46°301

Solothurn

7°311 47°141

7°501 47°101

49

Forum Tiberii

28°001 46°001

Studen

7°181 47°071

7°2 31 47°141

- 191 - 051

u

0,0

Dittatium

25°101 45°401

Pontoux

5°061 46°551

5°131 46°581

- 071

-071 -031

B9

50

B9

u

0,0

51

Visontium

26°001 46°001

Besangon

6°021 47°141

5°511 47°141

11'

001

B9

s

0,0

52

Equestris

27°001 45°401

Nyon

6°141 46°2 31

6°021 46°341

12 1

-11'

BlO

s

0,0

53

Aventicum

28°001 45°301

Avenches

7°031 46°531

7°2 31 46°501

1 - 20

031

B9

s

0,0

47 48

-

3.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen Als Hauptorte (poleis episemoi) in Gallia Belgi ca werden im achten Buch der "Geogra­ phie" (VIII, 5, 6) aufgeführt: (4) Gesoriacum/Boulogne-sur-mer und (28) Durocor­ torum ( Durocottorum) /Reims. (2) Frudis fluvius: Gegen eine Gleichsetzung des nur von Ptolemaios und Markianos (per. mar. ext. II, 29) erwähnten Frudis mit der Somme (bereits bei TSCHUDI, S. 50; vgl. auch MÜLLER ad loc.) spricht der Name dieses Flusses. Obgleich die Somme von den antiken Autoren nicht direkt erwähnt wird, lässt sich ihr keltischer Name Samara aus dem Ortsnamen Samarobrivaj Amiens erschließen, der "Brücke über die Samara" bedeutet. Bei dem Frudis könnte es sich vielmehr um die 20 km südwestlich der Somme mündende Bresle handeln (MÜLLER ad loc.; HANSEN, S. 557). (3) Itium promontorium: Dieses Kap dürfte mit dem von Caesar erwähnten Partus Itius (BG V, 2, 3 und 5, 1) in Verbindung stehen, von dem aus er sich nach Britannien einschiffte. Die genaue Lage dieses Hafens ist umstritten (Boulogne, Sangatte, Wissant, Calais, La Tour d'Ordre; s. TIR M-31), als Kap kommt in dieser Gegend jedoch nur das Kap Gris Nez bei Calais infrage. Allerdings positioniert Ptolemaios die Hafenstadt Gesoriacum/Boulogne (Nr. 4) irrtümlich östlich des Itium promontorium/Kap Griz Nez, anstatt südlich davon. (5) Tabula (Tabuda) fluvius: Da der Name Tabul(a) eine im Mittelalter gebräuch­ liche Bezeichnung der Schelde war, hat bereits TSCHUDI (S. 53) angenommen, bei dem 72

von Ptolemaios genannten Tabula fiuvius handle es sich um die Schelde (vgl. MÜLLER ad loc.; TIR M-31; HANSEN, S. 557). In anderen antiken Quellen (Caesar, BG VI, 33, und Plinius, Nat. hist. IV, 98. 105. 106) wird die Schelde als Sealdis erwähnt, der Name Ta­ bula hingegen erscheint dort nicht. Nach Caesar mündete die Schelde in die Maas (fiumen Scaldim, quod infiuit in Mosam, BG VI, 33, 3), d. h. sie besaß wahrscheinlich über einen Nebenfluss eine Verbindung zum Helinium, wie Plinius das Mündungsdelta von Waal und Maas nennt (Nat. hist. IV, 101). Der Hauptstrom der Schelde jedoch "verlief weiter südlich und mündete wohl mit zwei Armen ins Meer, von denen der eine etwa dem heutigen Verlauf der Oosterschelde entsprach, während der andere seinen Weg durch Süd-Bevoland nahm" (BECHERT 1982, S. 23). Allerdings lokalisieren die antiken Koordinaten die Mündung des Tabula fiuvius weiter westlich. Sofern keine falsche Verortung durch Ptolemaios oder ein Schreibfehler vorliegt, lässt sich der Tabula fiuvius deshalb nach der Analyse der antiken Koordinaten mit der IJzer (Yser) identifizieren. (6) Mosa fluvius: Der Mosa fiuvius/Maas bildete einen wichtigen Wasserweg der Pro­ vinz Gallia Belgica. Die von Ptolemaios angegebenen Koordinaten lokalisieren die Mün­ dung der Maas, die sich mit dem Waal, dem Hauptarm des Rheindeltas, vereint, jedoch viel zu weit westlich von Lugdunum/Katwijk-Brittenburg (Nr. 7). HANSEN (S. 557) vermutet deshalb, Ptolemaios habe die Mündung der Maas mit der Wester-Scheide verwechselt; die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Vermutung. (7) Lugdunum: Die Überreste des römischen Flottenstützpunktes von Lugdunum/ Katwijk-Brittenburg im Gebiet der Bataver liegen heute zwischen 500 m und 2 km vor der Nordseeküste (BECHERT/WILLEMS, S. 96f.). (8), (9), (10) Rhenus fluvius/Rheinmündungen: Ptolemaios gibt, ebenso wie Pli­ nius (Nat. Hist. IV, 101), drei Mündungsarme des Rheins an. Die westliche Mündung ent­ spricht wahrscheinlich der Mündung von Waal und Maas, dem Hauptarm des Rhein­ deltas, der nach Plinius Helinium hieß. Tacitus nennt sie os immensum ("unermesslich große Mündung"; Ann. II, 6). Die mittlere Rheinmündung, heute "Oude Rijn" genannt, behielt dagegen ein kleineres Flussbett sowie den Namen Rhenus bei (modicum nomini suo custodiens alveum, Plinius, Nat. hist. IV, 101) und besaß eine starke Strömung (Tacitus, Ann. II, 6). Die östliche Mündung wird von Plinius Flevum genannt; sie ergoss sich in den Flevum lacus/IJsselmeer (Tacitus, Ann. IV, 72) und entspricht nach den Angaben des Ptolemaios der IJssel. (11) Rhenus fluvius/Rheinquelle: Die Quelle des Rheins wird von Ptolemaios süd­ westlich von Taxgaetium/Eschenz (s. Raetia Abschnitt 4), also südwestlich des Bodensees lokalisiert. Da dort jedoch in Wirklichkeit nicht das Quellgebiet des Rheines liegt, hat Ptolemaios möglicherweise den Zusammenfluss von Rhein, Aar und Wutach bei Koblenz (Aargau) als Anfangspunkt des Rheines angesehen. In ähnlicher Weise lässt sich die von ihm angegebene Donauquelle als Zusammenfluss von Brigach und Brege und die Moldau­ quelle als Zusammenfluss von Elbe und Moldau bestimmen. LENNARTZ (S. 115) vermutet die ptolemäische Rheinquelle eventuell am Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee. Die antiken Koordinaten der Rheinquelle weisen zu starke Verzerrungen gegenüber denen ihrer Nachbarorte auf, um sie mit zufälligen Koordinatenfehlern (antike Messgenauigkeit) erklären zu können. Jedoch passen sie zu denen der nächstgelegenen Orte im Gebiet von Raetia, so dass sie sich durch eine mit diesen Orten gemeinsame systematische Verzerrung erklären lassen. 73

(12) Obrincas fluvius:

Obrincas fiuvius in den Rhein wird von Pto­ Germania Inferior und Germania Superior angegeben.

Die Mündung des

lemaios als Grenzpunkt zwischen

Diese Grenzmarke lässt sich an der Mündung des Vinxtbaches bei Schloss Rheineck gegenüber von Rheinbrohl lokalisieren. Beiderseits der Mündung gab es einen römischen Straßenposten, von denen der nördliche dem Statthalter von liche dem Statthalter von den

Nymphae fines

18.

Germania Inferior,

der süd­

unterstand. An diesem Grenzpunkt wurde

ein Altar geweiht; der moderne Name V inxtbach hat sich aus der rö­

mischen Ortsangabe des

Germania Superior

Ad fines

entwickelt (BECHERT

1982,

S.

27).

Noch bis zum Ende

Jahrhunderts diente der V inxtbach als Grenze der beiden Erzbistümer Köln und

Trier (BECHERT/WILLEMS, S.

29,

Anm.). Ptolemaios lokalisiert den

Mogontiacum/Mainz

us/V inxtbach jedoch fehlerhaft südlich von

Obrincas fiuvi­

anstatt nördlich, wo die

Provinzgrenze verlief. Ferner würde seine Breitenangabe besser zur Mündung der Mosel passen, die er auffälligerweise nicht erwähnt.

(per. mar. ext. II, 28) überlieferte antike Namens­ *aber ("Mündung") enthalten könnte, der Lesart der Ptolemaios-Handschriften vorzuziehen. Der Obrincas fiuvius wird auch im Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde") des arabischen Geographen al-KhwarizmT (vor 847) Möglicherweise ist die bei Markianos

form

Abrinkas,

die das keltische Wort

erwähnt (WIEBER, S.

97). (13) Adulas mons: Dieser

Gallia Belgica

bzw.

entspricht der Name

Gebirgszug liegt nach Ptolemaios an der Ostgrenze von

Germania Superior zu Raetia. Nach S T AEHELIN Adulas dem "Gotthardmassiv im weitesten Sinne".

(S.

112,

Anm.

1)

Bei den von Pto­

lemaios angegebenen topographischen Punkten in den damals schwer zugänglichen Alpen könnte es sich um Passübergänge handeln. Da der Gotthardpass selbst erst im späten

12.

Jahrhundert erschlossen wurde, als es gelang, die Schölleneuschlucht zu überwinden

(PAULI, S.

(1916

221),

lag der von Ptolemaios genannte Punkt vielleicht am Lukmanierpass

m), der das Vorderrheintal mit dem Tessin verbindet. Zwar war er in römischer Zeit

nicht als Fernstraße ausgebaut, wurde aber sicherlich als Saumpfad unterhalten (PAULI, S. 254; OST ER, S.

36). Im Süden des Passes liegt die (15) communis Alpium et Adulae terminus:

römische Siedlung von Biasca. Die ptolemäischen Koordinaten des

"gemeinsamen Endes der Alpen und des Adulas-Gebirges" an der Südgrenze von

Belgica

entsprechen denen des zuvorgenannten Punktes im Adulas-Gebirge (Nr.

Gallia

13),

der

am Lukmanierpass gelegen haben könnte.

(16) Origiacum (Metacum):

Der Name dieser Stadt der Atrebaten wird in abwei­

chender Form überliefert; während sie nach der 0-Rezension Ortsname nach der S-Rezension

Metacum.

Origiacum

heißt, lautet der

Diese Namensform führte zu der Annahme, es

Nemetacum und der betreffende Ort entspre­ ad loc.). Nemetacum/ Arras wird im Itin. Ant. (377, 8; 378, 10; 379, 2) sowie in der Tab. Peut. erwähnt. Nach der ersten Form Origiacum hingegen wurde der Ort mit Orchies identifiziert (FORBIGER, Bd. 3, S. 189, Anm. 5; vgl. MÜLLER ad loc.). Jedoch passen weder Orchies noch Arras zu der von Ptolemaios angegebenen Lage von Origiacum. Nach GRÖHLER (S. 274) geht ferner der Ortsname Orchies auf eine Form *Orciacas zurück. Folgt man den antiken Koordinaten und der Angabe des Ptolemaios, das Gebiet der Atrebaten, zu denen Origiacum gehört, erstrecke sich entlang der Seine ins Landesinnere (GH II, 9, 7), so lässt sich Origiacum bei Vernon lokalisieren. Dort befand sich ein keltisches oppidum sowie ein römisches Lager ( T IR M-31; BIERL, S. 135). Ver­ gleicht man nun die Lage von Origiacum/Vernon etwa mit der des Hauptortes von Gallia handele sich um eine verschriebene Form für che daher Arras (MÜLLER

74

Belgica, Durocortorum/Reims, stellt man fest, dass Origiacum/Vernon ebenso wie die an­ deren Orte dieses Gebietes von Ptolemaios zu weit nördlich lokalisiert ist. Nach CUNTZ (S. 113-115) ist dies darauf zurückzuführen, dass der zu weit nördlich angesetzte Hafen Gesoriacum einer der "Hauptausgangsorte für die Rechnungen des Ptolemäus gewesen ist" (STECHE, S. 21).

(18)

Samarobriva: Für die antike Länge von Samarobrivaj Amiens wurde der Wert

von 23°15' aus der Ulmer Ptolemaios-Ausgabe als Alternative eingesetzt, die sich nach der Analyse der antiken Koordinaten als passend ergab.

(19)

Gesoria: Dieser Ort erscheint nur in der Ausgabe von NOBBE. Anhand der dort

angegebenen Koordinaten könnte er bei Ardres gelegen haben. Nach dem BARRING­ TON-AT LAS ist Ardres der Endpunkt einer von Tarvanna/T herouanne und Nemeta­ cum/Arras kommenden römischen Straße.

(21)

Bruges: Dieser Ort erscheint nur in der Ausgabe von NOBBE. Anhand der dort

angegebenen Koordinaten lässt er sich bei Lilie lokalisieren.

(22)

Atuatucum: Der Hauptort der Tungrer ist nach den überlieferten Koordinaten

grob falsch lokalisiert; vergleicht man die Position von AtuatucumjTongeren beispielswei­ se mit der von Golonia Agrippinensis/Köln (Nr. 35), so ist die Breiten-Differenz zu groß; auch die ptolemäische Verortung nördlich von Köln entspricht nicht der W irklichkeit. Des­ halb konnte Atuatucum/Tongeren keiner Transformationseinheit zugeordnet werden (zu Atuatucum/Tongeren s. TIR M-31). Möglicherweise hat Ptolemaios das Atuatucum der Tungrer mit der von Caesar erwähnten Festung Atuatuca im Land der Eburonen ver­ wechselt (BG , VI, 32, 3), deren Lokalisierung umstritten ist (vgl. TIR M-31); ein neuerer Identifizierungsvorschlag (VANVINCKENROYE, S. 63ff.) setzt Atuatuca mit der Höhen­ schanze von Caster bei Kanne (Provinz Limburg/Belgien) gleich.

(23)

Castellum: Von den meisten Autoren wird der Ort GastelZum mit jenem Gas­

tellum gleichgesetzt, das im Itin. Ant. (376, 5; 377, 2 und 6) als Station der Straße von Gesoriacum nach Bagacum sowie in der Tab. Peut. als Gastello Menapiorum erwähnt und mit dem nordfranzösischen Ort Cassel, 25 km südlich von Dünkirchen, identifiziert wird (MÜLLER ad loc.; ST ECHE, S. 25f.; TIR M-31, HANSEN, S. 558; BEDON, S. 134). Der ptolemäische Ort GastelZum befindet jedoch nach den antiken Koordinaten weiter östlich. Sofern kein Schreibfehler vorliegt, lässt sich dieser Ort bei Aardenburg, dem Standort eines römischen Kastells, lokalisieren. Der Bau dieses Militärstützpunktes wird zwar erst als Reaktion auf den Chaukeneinfall des Jahres 175 angesehen, jedoch ist auch die Anlage eines Flottenstützpunktes vor dieser Zeit vorstellbar (BECHERT /WILLEMS, S. 98; vgl. van ES, S. 91; BECHERT 2007, S. 29, Karte). Allerdings könnte Ptolemaios GastelZum auch falsch platziert haben, weil er den Menapierort GastelZum in deren altes Siedlungsge­ biet westlich des Niederrheins anstatt in die Region westlich der Schelde gesetzt hat, wohin die Menapier offensichtlich umgesiedelt worden waren.

(24)

Bagacum: Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist Bagacum/Bavay so­

wohl hinsichtlich der Länge als auch der Breite falsch lokalisiert. Deshalb konnte Baga­ cum/Bavay keiner Transformationseinheit zugeordnet werden; ob ein Schreibfehler vor­ liegt oder eine falsche Verortung durch Ptolemaios, lässt sich nicht ermitteln (zu Baga­ cum/Bavay S. TIR M-31; BEDON, S. 98-100).

(25)

Ratomagus: Dieser Hauptort des von Ptolemaios Subanekten genannten Volkes

wird mit Augustomagus/Senlis gleichgesetzt (MOREAU, S. 354; BEDON, S. 294; WICHT­ MAN), das im Itin. Ant. (380, 5) und der Tab. Peut. erwähnt wird. MÜLLER (ad loc.) 75

hingegen lässt offen, ob

Ratomagus

ein älterer Name von

Augustomagus,

eine andere Stadt,

eine Textverderbnis oder ein anderer Fehler ist. Im BARRINGTON-ATLAS wird

gus

mit

Hermes

Ratoma­

identifiziert (vgl. TIR M-31). Diese Identifizierung konnte durch die

Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Der antike Name des römischen von Hermes ist durch eine Inschrift überliefert

(VIC(O) RATVM[agensiu}M?,

vicus

vgl. TIR

M-31).

(26) Augusta V iromanduorum: Nach den überlieferten Koordinaten liegt Augus­ ta ViromanduorumjSaint-Quentin (BEDON, S. 289) zwei Grad östlich vom folgenden Ort Augusta Suessionum/Soissons, in W irklichkeit weisen beide Orte jedoch fast dieselbe geographische Länge auf. Sofern A ugusta Viromandu orum nicht fehlerhaft von Ptolemaios verortet worden ist, kann ein Schreibfehler angenommen werden; die richtige Länge müsste demnach einen Wert von 23°30' (anstatt 25°30') haben.

(31) Tullum (Tullium): Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist einerseits die TullumjToul (BEDON, S. 305) und Nasium/Naix-aux-Forges

Längen-Differenz zwischen

zu groß, andererseits befindet es sich danach ca. 1 östlich von Divodurum/Metz, während o

es in W irklichkeit westlich davon liegt. Sofern

Tullum

nicht fehlerhaft von Ptolemaios

verortet worden ist, lässt sich ein Schreibfehler vermuten; die richtige Länge müsste einen Wert von 25°10' (anstatt 26°10' bzw. 26°30') haben.

(33) Batavodurum: Der Hauptort der Bataver, den Ptolemaios als erste Stadt in Ger­ mania Inferior nennt, wird mit dem heutigen Nijmegen identifiziert (MOREAU, S. 313; TIR M-31; BOGAERS/RÜGER, S. 76; BECHERT 2007). Die dort nach dem Bataverauf­ stand 69/70 am Südufer der Waal entstandene und westlich der heutigen Stadt gelegene Siedlung war die Nachfolgerin des in tiberianischer Zeit gegründeten

Batavodurum,

das im

Hügelgelände im Nordosten der heutigen Stadt lag und wahrscheinlich dem von Tacitus

(Hist.

V, 19) erwähnten

oppidum Batavorum

entspricht (BOGAERS/RÜGER, S. 76-78).

Batavodurum genannt, seit Trajan, ius nundinarum (Recht der Wochenmärkte) verlieh, lautete ihr Na­ me offiziell Ulpia Noviomagus Batavorum (BOGAERS/RÜGER, S. 78; BECHERT 2007, S. 49). Um 200 erhielt sie das Stadtrecht und den offiziellen Namen Municipium Batavorum Anfangs wurde die neue Siedlung vielleicht ebenfalls

der der Siedlung das

(TIR M-31; BOGAERS/RÜGER, S. 78). Der von Ptolemaios genannte Ortsname denn zum germanischen Stammesnamen der

Batavodurum stellt eine Batavi tritt das keltische

Mischform dar, Element

-durum

("Stadt"). RASCH (S. 138, vgl. S. 157) zieht deshalb in Erwägung, dass es sich hierbei um die keltische Bezeichnung eines vielleicht anders benannten germanischen Ortes handeln könnte. Eine ältere Identifizierung setzt

Batavodurum

CHE, S. 22). Die überlieferten antiken Koordinaten von

mit Batenburg gleich (vgl. S T E­

Batavodurum passen

nicht zu den

systematischen Verzerrungen der benachbarten Orte.

(34) Vetera Legio XXX Ulpia: Das Lager der Legio XXX Ulpia befand sich bei Birten, südlich von Xanten (HORN, S. 619-650). In der Handschrift X der S-Rezension findet sich statt des Beinamens Ulpia der Legio XXX der Name der hier in den Rhein einmündenden Luppia/Lippe mit den gleichen Koordinaten wie Vetera. (37) Traiana Legio XXII: Die bei Ptolemaios überlieferte Angabe von Traiana als Standort der zweiundzwanzigsten Legion südlich von Bonn ist unverständlich. Gegen eine Gleichsetzung mit der

Colonia Ulpia Traiana

(Kurzform

Traiana),

dem heutige Xanten,

spricht die angegebene Lage, denn Xanten befindet sich nördlich von Bonn. Die erwähn­ te

Legio

XXII, die u. a. den Beinamen

Primigenia 76

trug, wurde im Jahre 39 von Caligula

aufgestellt und in Mogontiacum/Mainz stationiert. Im Jahre 71 kam sie zwar in das Lager Vetera II bei Xanten, kehrte aber zwischen 92 und spätestens 96 wieder nach Mogon­ tiacum/Mainz zurück. Ihr folgte kurzzeitig die Legio VI victrix, die zwischen 119 und 121/122 nach England verlegt wurde, worauf die von Trajan aufgestellte Legio XXX Ulpia victrix in Vetera II stationiert wurde (HORN, S. 625 ). Da die Legio XXII als einzige der vier von Ptolemaios am Rhein erwähnten Legionen keinen Beinamen trägt, hat MÜLLER (ad loc.) vermutet, Traiana sei ihr Beiname zur Zeit Trajans gewesen. Ptolemaios habe, so MÜLLER, diesen Beinamen irrtümlicherweise als Namen eines Legionslagers aufgefasst und dieses mit entsprechenden Koordinaten versehen. Möglicherweise ist die Form Traiana auch erst durch einen Kopisten entstanden, der einen unleserlichen Namen seiner Vorlage mit der Colonia Traiana in Verbindung brachte. MÜLLER (ad loc.) und CUNTZ (S. 54 ) führen als Namensvarianten Trai"ne, Tragiane, Traniane und Traniake an. Nach den transformierten antiken Koordinaten könnte der angegebene Legionsstandort mit dem Kastell von Rigomagus/Remagen identifiziert werden. Hier wurden u. a. eine Ehreninschrift für Trajan (CIL XIII 11981 ) sowie Ziegel mit den Stern peln der Legio I Minervia gefunden, ein Aufenthalt der Legio XXII lässt sich in Rigomagus/Remagen al­ lerdings nicht nachweisen. Der Ortsname Rigomagus selbst ist erst in spätantiken Quellen belegt (Ammian. Mare. XVI, 2; Tab. Peut.; Geographus Ravennas IV, 24 und 30 ). (39) Noviomagus: Die Reihenfolge der am Rhein liegenden Orte in Germania Supe­ rior ist augenscheinlich gestört. Gemäß den überlieferten Angaben läge danach Novioma­ gus/Speyer entgegen seiner tatsächlichen Position nördlich von Borbetomagus/Worms. Nach der Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Ortsnamen, die durch einen Überlieferungsfehler im Ptolemaiostext bedingt ist. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER. (40) Rufiniana: Ptolemaios gibt die am Rhein gelegenen Orte offensichtlich in ihrer Abfolge von Norden nach Süden an, so dass Rufiniana zwischen Noviomagus, das mit Borbetomagus/Worms vertauscht worden ist (s. o. ), und dem umgekehrt mit Borbetomagus verwechselten NoviomagusjSpeyer (s. u. ) liegen muss. Da nach dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER für Borbetomagus/Worms eine antike Breitenangabe von 49°50' und für NoviomagusjSpeyer eine antike Breitenangabe von 49°25' angenommen werden kann, muss folglich für Rufiniana der in der S-Rezension angegebene Wert 49°30' verwendet werden. Somit lässt sich Rufiniana mit Rheingönheim identifizieren (M OREAU, S. 356; HANSEN, S. 559 ). In Rheingönheim, einem Stadtteil von Ludwigshafen, befand sich ein Auxiliarkastell, das vermutlich unter Claudius gegründet wurde. Um 74 zog das Militär ab, eine Besiedlung lässt sich jedoch bis ins späte 4. Jh. nachweisen (CÜPPERS, S. 455-457 ). (41) Borbetomagus: Gemäß den überlieferten Angaben läge Borbetomagus/Worms entgegen seiner tatsächlichen Position südlich von Noviomagus/Speyer. Nach der Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Ortsnamen. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER. (42) Argentoratum: Die elsässische Hauptstadt Strasbourg erscheint als Argentorate (Tab. Peut.) oder Argentaraturn (z. B. Itin. Ant.239, 2; 252, 5; 350, 3; 354, 5; 372, 2; 374, 8) in zahlreichen antiken Quellen (zu Argentoratum/Strasbourg s. BEDON, S. 300ff.) . (43) Breucomagus: Gemäß den überlieferten Angaben läge Breucomagus/Brumath entgegen seiner tatsächlichen Position südlich von Argentoratum/Strasbourg. Nach der 77

Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Orte. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER (zu Breucomagus bzw. Brocoma gus/Brumath s. BEDON, S. 126f.). (44) Elcebus: Dieser Ort ist vermutlich identisch mit der Straßenstation Helvetum, die im Itin. Ant. (252, 4; 350, 2; 354, 4) zwischen ArgentoratejStrasbourg und Mons Bri­ siacus/Breisach bzw. Argentovaria/Biesheim-Oedenburg aufgeführt und mit dem Dorf Ehl bei Benfeld im Elsaß identifiziert wird (MÜLLER, ad. loc.; ZANGEMEISTER, S. 192; HOWALD/MEYER, S. 99; MOREAU, S. 336; HANSEN, S. 559; BARRINGTON­ ATLAS). In der Tab. Peut. erscheint der Ort als Hellelum. (46) Argentovaria: Dieser auch im Itin. Ant. (354, 3) und in der Tab. Peut. genannte Ort (Argentaria bei Ammianus Mare. XXXI, 10, 8; Argentarium bei Aurelius Victor, ep. de Caes. 47) wurde von zahlreichen Autoren (ZANGEMEISTER, S. 192; STECHE, S. 22-24; HOWALD/MEYER, S. 101; SCHÖNING, S. 101; HANSEN, S. 559; LIEB, S. 107 u. a.) mit Horbourg bei Colmar im Elsaß identifiziert. HOLDER (Bd. 1, Sp. 213) lokalisierte Argentovaria bei Grussenheim. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt jedoch die vorgeschlagene Identifizierung mit dem römischen Ruinenfeld bei Biesheim-Oedenburg (KERN, S. 59-65; FELLMANN, Arculiana, S. 293f.; BARRINGTON-ATLAS). (47) Andematunnum: Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist das auch im Itin. Ant. (385, 6; 386, 1), in der Tab. Peut. sowie zahlreichen anderen Quellen genannte An­ dematunnum/Langres sowohl hinsichtlich der Länge als auch der Breite falsch lokalisiert. Deshalb konnte es keiner Transformationseinheit zugeordnet werden. Ob ein Schreibfeh­ ler vorliegt oder eine falsche Verortung durch Ptolemaios, lässt sich nicht ermitteln (zu Andematunnum/Langres s. BEDON, S. 103f.). (48) Ganodurum: Die Helvetierstadt Ganodurum lag vielleicht an der Straße von Aventicum/Avenches nach Augusta RauricajAugst. In diesem Falle könnte der sonst un­ bekannte Ortsname Ganodurum eine Verschreibung für Salodurum sein und der Ort somit dem heutigen Solothurn entsprechen (MÜLLER ad loc.; STAEHELIN, S. 310, Anm. 1). Jedoch ist auch eine Identifizierung mit Bern möglich, wo zahlreiche römische Überreste entdeckt wurden (DRACK/FELLMANN, S. 363ff.). (49) Forum Tiberii: W ie der Name angibt, wurde diese Helvetierstadt von Tiberi­ us als Marktflecken gegründet. STAEHELIN (S. 166) weist darauf hin, dass fora häufig mit den großen Heerstraßen angelegt wurden. Ebenso wie Ganodurum (Nr. 48) könnte auch das sonst nicht erwähnte Forum Tiberii an der Straße von Aventicum/Avenches nach Augusta RauricajAugst gelegen haben. Daher wurde vorgeschlagen, Forum Tiberii mit der Straßenstation Petinesca am Studenberg bei Biel zu identifizieren (MÜL­ LER ad loc.; HOWALD/MEYER, S. 101, Anm. 3; STAEHELIN, S. 167, Anm. 3). Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Der Name Petinesca wird im Itin. Ant. (353, 1) und in der Tab. Peut. erwähnt (zur Straßenstation Petinesca S. DRACK/FELLMANN, S. 519-523). Andere Identifizierungsvorschläge sind Vindonis­ sa/W indisch (vgl. STAEHELIN, S. 167, Anm. 4), Tenedo/Zurzach (TSCHUDI, S. 136), Kaiserstuhl (MOREAU, S. 333), Gensingen (BRUNNER, S. 419) und die Insel Reichenau (vgl. MÜLLER ad loc.); nach einer anderen Hypothese ist Forum Tiberii identisch mit Aventicum/Avenches (RAPIN). (50) Dittatium ( Diatavium ) : Nach MÜLLER (ad loc.) könnte es sich bei Dittavium um eine fehlerhafte Schreibweise des Namens Luxovium handeln, das dem heutigen Luxeuil­ les-Bains entspricht (vgl. BEDON, S. 200f.; namentlich erwähnt wird Luxovium in der 78

Vita Columbani des Jonas von Bobbio, 7. Jh.). Dieser Identifizierungsvorschlag konnte jedoch durch die Analyse der antiken Koordinaten nicht bestätigt werden. Danach lässt sich Dittatium mit der Straßenstation Pans Dubis gleichsetzen, die in der Tab. Peut. verzeichnet ist. Dieser Übergang über den Doubs befand sich bei Pontoux (MOREAU, S. 352). Möglich ist auch die Lokalisierung von Dittatium bei Vieux Seurre (bei Seurre) (s. FORBIGER, Bd. 3, S. 172, Anm. 54).

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81

4 Raetia et Vindelicia 4.1 Allgemeines Die römische Provinz Raetia, benannt nach den Alpenstämmen der Raeti, umfasste die oberbayerisch-schwäbische Hochebene, die östliche Schweiz, das Nordtessin, Tirol und ur­ sprünglich auch das Wallis. Ihre östliche Grenze verlief entlang des lnns, der Raetia von Noricum trennte, und schloss das Gebiet zwischen dem Reschen-Scheideck-Pass und dem Brenner ein; die südliche Grenze zu Italien lag etwa auf der Linie der Alpenpässe Stilfser Joch, Maloja, Septimer, Splügen und umfasste weiter südwestlich das Tessin und das nörd­ liche Piemont. Der Verlauf der Westgrenze ist weniger sicher; sie folgte nach der Abtren­ nung des Wallis vermutlich der Linie der Pässe Simplon, Furka und Oberalp, verlief dann durch das Tal der Reuss, passierte den Vierwaldstätter See, überquerte den Rhein bei Stein a. Rh., zog westlich am Bodensee entlang und erreichte etwa bei Tuttlingen die Do­ nau (vgl. BECHERT, S. 152f.). Im Westen stieß Raetia an die Provinz Germania Superior. Die Nordgrenze bildete zur Abfassungszeit der "Geographie" des Ptolemaios (um 160) der Rätische Limes mit dem nördlichsten Punkt bei Gunzenhausen. Jenseits des Limes lag Germania Magna.

Die Eroberung des Alpenraumes begann im Jahre 25 v. Chr. mit der Unterwerfung der Salasser im Aostatal. Hierdurch erlangten die Römer die Kontrolle über die Alpenpässe des Großen und Kleinen St. Bernhard. Um den Zugang zu diesen Pässen zu überwachen, wurde die Stadt Augusta Praetoria / Aosta gegründet. In dem Alpenfeldzug des Jahres 15 v. Chr. nahmen dann die Adaptivsöhne des Augustus, Drusus und Tiberius, den zentralen Alpenraum in Besitz. Zu Ehren dieses Sieges wurde 7/6 v. Chr. bei La Turbie (Departement Alpes-Maritimes/Südostfrankreich) ein 50 m hohes Denkmal errichtet, das die Namen von 46 unterworfenen Alpenstämmen aufführte, darunter auch die der Vindelici. Dieses kel­ tische Volk, zu dem die vier Stämme der Cosuanetes, Rucinates, Licates und Cattenates gehörten, siedelte im Gebiet der schwäbisch-bayerischen Hochebene zwischen Donau, lnn und Alpen, das nach ihnen Vindelicia genannt wurde. Die unter Augustus durchgeführten militärischen Operationen gegen die Alpenvölker dienten vorrangig dem Schutz Italiens und der festeren Anhindung Galliens an Italien. Au­ gustus' Nachfolger Tiberius stellte dann die weitere Offensive ein, legte Rhein und Donau als vorläufige Reichsgrenzen fest und ließ zur Kontrolle des eroberten Alpenvorlandes Mili­ tärstationen wie z. B. in Bregenz, Kempten, Epfach oder Gauting errichten. Nicht geklärt ist die Frage, welchen Status das eroberte Gebiet, welches das eigentliche Kernland Raetia, Vindelicia und zunächst auch die Vallis Poenina / Wallis umfasste, zu dieser Zeit hatte. Vermutlich wurde es unter Tiberius oder Caligula zur eigenen Provinz (DIETZ, S. 51f.). Der Sitz des Statthalters war möglicherweise zunächst Cambodunum / Kempten, später dann Augusta Vindelicorum / Augsburg (BECHERT, S. 152; DIETZ, S. 51). Unter Clau­ dius wurde die Vallis Poenina / Wallis abgetrennt und mit der Alpenregion nördlich und südlich des kleinen St. Bernhard zur Provinz Alpes Graiae et Poeninae vereinigt. (Die Alpes Cottiae wurden unter Nero zur Provinz mit der Hauptstadt Segusio / Susa, die Alpes Mari82

timae zur Provinz mit der Hauptstadt Cemenelum/Cimiez wahrscheinlich unter Claudius.) Unter Claudius wurde auch die Via Claudia Augusta ausgebaut, die von Altinum/Altino an der Lagune von Venedig bzw. von Hostilia/Ostiglia am Po bis an die Donau bei Sub­ muntorium/Burghöfe führte und somit als wichtige Verkehrsverbindung Oberitalien mit dem nördlichen Alpenvorland und der Donangrenze verband. Der ungünstige Grenzverlauf am Basler Rheinknie und die dadurch bedingte lange Front­ linie gegen Germanien führte schließlich seit Vespasian zu einer neuen Gestaltung der Gren­ ze von Obergermanien und Raetia. Im Jahr

74

wurde der Rhein bei ArgentoratejStraßburg

überschritten und eine Straße durch das Kinzigtal und den Schwarzwald zu dem neu er­ richteten Kastell von Arae Flaviae/Rottweil und weiter zur oberen Donau gebaut, wodurch die Verbindung zwischen Obergermanien und Raetia beträchtlich verkürzt wurde. Unter Domitian wurde dann die Grenze über die Donau auf die Höhen der Schwäbischen Alb (Alblimes) vorgeschoben. Trajan ließ diese Linie weiter ausbauen. Die endgültige Nord­ grenze der Provinz Raetia, der rätische Limes, wurde schließlich unter Hadrian erreicht und unter Antoninus Pius dauerhaft befestigt. Ptolemaios hat für seine Beschreibung von Raetia offensichtlich verschiedene Quellen zusammengestellt. Sofern seine Grundlage die Karte des Marinos war, dürfte diese den Zustand vor der Zeit des Claudius gezeigt haben. Darauf weist der Umstand hin, dass Ptolemaios zu Raetia noch das Gebiet der Vallis Poenina/Wallis zählt; außerdem trennt er in seiner Beschreibung Raetia und Vindelicia. (NOBBE führt Vindelicia sogar als eigenes Kapitel an.) In ähnlicher Weise findet sich die gesonderte Nennung dieser drei Teile auch in älteren T itelformulierungen für die Verwaltung des Alpengebietes (DEGEN, S.

13).

Ferner erscheinen die unter Claudius und Nero eingerichteten Alpenprovinzen Alpes Graiae et Poeninae, Alpes Cottiae und Alpes Maritimae bei Ptolemaios nicht als eigenständige Gebiete, sondern werden teils noch zu Raetia, teils zu Gallia Narbonensis, teils zu Italien gerechnet. Als nördliche Grenze von Raetia gibt Ptolemaios nur die Donau an, wohingegen er den Raetischen Limes als Grenzlinie nicht nennt. Andererseits erwähnt er in der Beschreibung von Germania Magna den Ort Arae Flaviae/Rottweil. Dies deutet auf eine weitere Quelle aus flavischer Zeit hin. Auch andere Orte nördlich der Donau, die er ebenfalls zu Ger­ mania Magna zählt, obwohl sie nach der Grenzerweiterung durch Domitian zur Provinz Raetia gehörten, lassen sich mit römischen Militäranlagen bzw. Zivilsiedlungen identifizie­ ren (Alcimoennis/Sontheim a. d. Brenz, Cantioebis/ Aalen, Bibacum/F inningen, Brodel­ tia/Donauwörth, Setuacotum/Treuchtlingen). Alles in allem zeigen sich also W idersprüche in der Darstellung von Raetia, die aus der Zusammenstellung von Quellen unterschiedlicher zeitlicher Herkunft resultieren könnten. Die Inbesitznahme der Alpen durch die Römer bedingte auch die topographische Erfas­ sung dieses Gebietes. "Denn Hand in Hand mit dem Vormarsch der römischen Kampftrup­ pen erfolgte in großartiger Pionierleistung die geographisch-strategische Erschließung des Alpenraums durch die Anlage von Straßen" (CZYSZ, S.

29).

Die Bedeutung der Provinz

Raetia für die Römer lag gerade darin, dass es eine "eigentliche Straßenprovinz" war (WAL­ SER

1983,

S.

7),

d. h. hier verliefen die wichtigen Nord-Süd-Linien über die Alpen. Daraus

ergibt sich, dass für die Identifizierung der antiken Orte besonders die Straßenverbindungen im Alpen- und Alpenvorland berücksichtigt werden müssen.

83

Raetia

49'

49'

48'

47'

46'

45'

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1

Aenus fluvius

34°001

47°201

lnn

13°26 1

48°351

13°241

48°391

021

2

Aenus fluvius

34°001

45°151

Eisacktal bei

11°321

46°46 1

11°341

46°411

1 -02

6°541

45°391

7°041

45°471

1 -10

10°011

47°111

10°181

47°06 1

1 -17

11°241

46°421

11°131

46°521

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Nr.

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Moderner Name

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-

Ponte Gardena 3

Alpes Graiae

30°001

45°201

am Kleinen

1

-08

St. Bern hard 4

Alpes Poeninae

31°301

45°301

am Großen St. Bernard

5

Ocra mons

33°301

45°301

bei den Samtaler Alpen

Bragodurum

30°001

46°401

Hüfingen

8°291

47°551

8°391

48°06 1

1 -10

-11'

R1

u

0,0

7

Dracuina

30°201

46°401

Tuttiirrgen

8°491

47°591

8°531

48°06 1

1 -04

-07

1

R1

u

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8

Viana

31°001

46°401

Mengen

9°201

48°031

9°211

48°06 1

1 -01

-03

1

R1

u

0,0

9

Faeniana

31°451

46°501

Risstissen

9°501

48°16 1

9°521

48°131

1 -02

031

R1

u

0,0

10

Taxgaetium

29°501

46°151

Eschenz

8°521

47°391

9o09'

47°381

1 -17

011

R2

s

0,0

11

Brigantum

30°301

46°001

Bregenz

9°46 1

47°301

9°36 1

47°271

101

031

R2

s

A,O

12

Vicus

30°151

45°501

Altstätten

9°331

47°231

9°26 1

47°201

071

031

R2

u

O,B

13

Ebodurum

30°401

45°501

Bludenz

9°491

47°101

9°431

47°201

06 1

1 -10

R2

u

O,B

14

Drusomagus

30°301

46°051

Konstanz

9°101

47°401

9°001

47°411

101

-01

1

R1

u

B,O

15

Ectodurum

31°201

45°401

Landeck

10°341

47°081

10°111

47°131

231

-05

1

R2

u

O,B

16

Artobriga

32°151

47°101

Aislingen

10°271

48°301

10°121

48°271

151

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R1

u

0,0

17

Boiodor um

33°501

47°151

Passau

13°291

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13°16 1

48°351

131

001

N1

s

0,0

18

Augusta

33°001

46°501

Augsburg

10°531

48°221

10°431

48°131

101

091

R1

s

A,M

Carrodunum

33°501

46°451

Gauting

11°231

48°041

11°181

48°091

051

1

R1

u

0,0

20

Abodiacum

33°301

46°151

Epfach

10°551

47°551

11°041

47°481

1 -09

071

R1

s

0,0

21

Cambodunum

32°501

46°001

Kempten

10°191

47°431

10°36 1

47°371

1 -17

06 1

R1

s

0,0

22

Medullum

33°501

45°401

beim Brennerpass

11°321

46°591

11°271

46°591

051

001

R3

u

23

Inutrium

32°501

45°301

Nauders

10°311

46°531

10°451

46°521

1 -14

011

R3

w

6

Vindelicorum 19

-05

0,0 0,0

4.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen 4.3.1 Flüsse und Gebirge

(1) Aenus fluvius: Die Mündung des lnn in die Donau ist der nordöstliche Grenz­ Raetia. (2) Aenus fluvius: Dieser topographische Punkt wird von Ptolemaios als das südlichs­ te Ende ( to notiotaton peras) des lnns bezeichnet, der die Ostgrenze von Raetia bildet. punkt von

Auffällig ist zunächst der verwendete Begriff, der sich von der üblichen Bezeichnung für eine Quelle bzw. ein Quellgebiet

( hai pegai

bzw.

he kephale)

unterscheidet. Es handelt

sich bei dem genannten Punkt also vermutlich nicht um die lnnquelle, sondern um den südöstlichen Grenzpunkt der Provinz

Raetia.

Allerdings ordnet ihn Ptolemaios irrtümlich

dem Lauf des lnns zu, der nach seiner Angabe in nördlicher Richtung fließt, in Wirklichkeit aber in nordöstlicher Richtung verläuft. Nach den transformierten antiken Koordinaten liegt der angegebene Punkt nördlich von Bozen, etwa dort, wo sich die Straßenstation von 85

Sublavio /Ponte Gardena

am

Isarcus /Eisack befand. Durch das Eisacktal verlief, von Verona kommend, eine Straße, die den Brennerpass überquerte und bei Fons Aeni /Pfaffenhofen den Inn erreichte, von wo sie über AbodiacumjEpfach weiter bis nach Augusta V indelicorum/ Augsburg führte (Itin. Ant. 275, 1-9). Ptolemaios könnte also den Lauf des Isarcus/Eisack mit dem des Aenus/Inn verwechselt haben. Der Isarcus ( Isargus) /Eisack wird erstmals in der Consolatio ad Liviam (9 v. Chr.) erwähnt. (3) Alpes Graiae: Nach Ptolemaios wird Raetia im Süden durch einen Alpenzug begrenzt, der sich oberhalb Italiens auf ungefähr gleicher Breite erstreckt und dessen west­ lichster Abschnitt die Alpes Graiae sind. Aus einer Angabe des Plinius wird deutlich, dass es sich bei den Alpes Graiae wie auch bei den folgenden Alpes Poeninae um die Gebiete von Pässen handelt (iuxta geminas Alpium fores, Graias et Poeninas; Nat. hist. III, 123). Mit den Alpes Graiae wird das Gebiet um die Passhöhe des Kleinen St. Bern­ hard bezeichnet (HOWALD/MEYER, S. 107; HANSEN, S. 585). Dieser war seit Tiberius befahrbar (VALLIS POENINA, S. 19). (4) Alpes Poeninae: Westlich der Alpes Graiae liegen die Alpes Poeninae, womit das Gebiet um die Passhöhe des Großen St. Bernhard bezeichnet wird (HOWALD/ MEYER, S. 107; HANSEN, S. 585). Der Passweg über den Großen St. Bernhard, den Summus Poeninus nach dem dort verehrten Gott Poeninus, war die kürzeste Verbindung zwischen Italien und den nordwestlichen Provinzen des Römischen Reiches und wurde wahrscheinlich unter Claudius im Zusammenhang mit der Gründung von Forum Claudii Vallensium/Martigny ausgebaut (VALLIS POENINA, S. 75). Der Große St. Bernhard wird sowohl im Itin. Ant. (Summus Peninus, 351, 4) als auch in der Tab. Peut. (in summo Pen­ nino) erwähnt. Nach MEHLIS (S. 20) umfassen die Alpes Poeninae "die Zentralalpenkette vom Gr. St. Bernhard über dem Adularstocke bis zum Ostende der Ortler Alpen". (5) Ocra mons: Der Ocra monsist bei Ptolemaios der östlichste Abschnitt jenes Teiles der Alpen, der oberhalb von Italien die Südgrenze von Raetia bildet. Nach Strabon ist Okra der niedrigste Teil und südöstliche Abschluss der Alpen (IV, 6, 10; V, 1, 3; VII, 5,2); Plinius erwähnt eine Stadt Ocra (Nat. hist. III, 131) im Gebiet der Garni (keltisches Volk in den Karnischen Alpen), die mit dem gleichnamigen Gebirgszug in Verbindung stehen könnte. Der Ocra mons wird mit dem Birnbaumer Wald (GRAF, S. 5; HOWALD/MEYER, S. 107) bzw. dem Nanos (SASEL, BARRINGTON-ATLAS) identifiziert, BERNECKER (S. 376) hält ihn für das Großglocknermassiv (S. 368 und 382; weitere Identifizierungen s. VEDALDI IASBEZ, S. 99). Diese Alpenregionen liegen jedoch im Gebiet von Venetia und Histria bzw. von Noricum und damit für einen Grenzabschnitt der Provinz Raetia zu weit östlich. Auch nach den Angaben des Ptolemaios ist das Ocra-Gebirge weiter westlich zu suchen. Die transformierten antiken Koordinaten deuten auf eine Gegend südwestlich des Brennerpasses (vgl. Nr. 22 Medullum) hin und verorten den Ocra mons des Ptolemaios etwa im Gebiet der Sarntaler Alpen. Der antike Name ist vielleicht vom griechischen okris "Bergspitze" abgeleitet, jedoch ist auch die Namensform Akra überliefert. Diese erscheint bei Herodot (VI, 100, 2) in der Bedeutung "Bergland" (vgl. FINZENHAGEN, S. 78f.). Ob Ptolemaios den Ocra mons falsch lokalisiert hat oder ob es sich bei dem von ihm erwähnten Ocra um einen anderen Gebirgszug als den von Strabon genannten handelt, lässt sich nicht entscheiden. Nach MEHLIS (S. 20) umfasst der Ocra mons "die Südtirolischen und Karnischen Alpen von der Etsch und Eisack bis zur Mündung des Gail in die Drau".

86

4.3.2 Orte

(poleis episemoi) in Raetia et Vin delicia werden im achten Buch der 7, 3-4) aufgeführt: (11) Brigantium/Bregenz und (18) Augusta

Als Hauptorte

"Geographie" (VIII,

Vindelicorumj Augsburg. Von den 18 Städten (poleis), die Ptolemaios in Raetia et Vindelicia erwähnt, sind sechs eindeutig identifiziert: Taxgaetium ( Tasgaetium)/Eschenz, Brigantium/Bregenz, Boio­ durum /Passau, Augusta Vin delicorum ( Vin delicum)/Augsburg, AbodiacumjEpfach und Cambodunum/Kempten. Sie gehören zum vindelikischen Teil der Provinz Raetia, wo deren militärischer, zivilisatorischer und kultureller Schwerpunkt lag (DEGEN, S. 14). Allerdings ist eine vom Lech gebildete Grenze zwischen Raetia und Vindelicia, wie sie Ptolemai­ os angibt, "nur eine künstliche Konstruktion, da das Land der Vindeliker vielmehr den nördlichen Teil der einheitlichen Provinz einnimmt" (HANSEN, S.

586).

Die zuerst von Ptolemaios genannten, direkt an der Donau gelegenen Orte

Dracuina, Viana

und

Faeniana

sowie

Artobriga

Bragodurum, 50) mit der

bringt bereits MEHLIS (S.

Anlage der Donausüdstraße in Verbindung.

(6) Bragodurum (Bragodunum): Nach den antiken Koordinaten liegt der Ort Bra­ godurum 10' südlich des Quellgebietes der Donau (s. Nr. 2 Danubius fiuvius in Abschnitt 2.3.2). Hiermit bezeichnet Ptolemaios wahrscheinlich den Zusammenfluss von Brigach und Brege bei Donaueschingen ( vgl. MEHLIS, S. 17). Etwa dort befindet sich der Ort Bri­ gobannis, der auf der Tab. Peut. als Station der Straße von Vin donissa/Windisch nach Sumelocenna/Rottenburg verzeichnet ist und mit Hüfingen identifiziert wird (PLANCK, S.

127-133). MÜLLER setzt

Bragodurum

mit

Brigobannis

dinaten erlaubt die Gleichsetzung beider Orte. deren Name sich nach BAHLOW (S.

59)

gleich; auch die Analyse der antiken Koor­

Brigobannis/Hüfingen

liegt an der Brege,

von dem keltischen Gewässerwort

brig

herleitet.

Bragodurum bzw. Bragodunum passen, der nach RASCH (S. 133) *brago- ("Sumpf') enthält und "Sumpfstadt" oder "Sumpfburg" bedeu­ tet. Unklar bleibt jedoch der mögliche Zusammenhang der Namensformen Bragodurum und Brigobannis. Nach SIMS-W ILLIAMS (S. 44) bedeutet der Namensteil banno- "hoch oder Höhe". Ist also Brigobannis (vielleicht "Höhe an der Brege") ein jüngerer Name ei­ nes Ortes, der an der Stelle der aufgegebenen älteren "Sumpfstadt" Bragodurum gegründet

Dazu könnte der Name das keltische Wort

wurde? Spätkeltische Funde sprechen dafür, dass dem römischen Kastell von Hüfingen eine keltische Siedlung vorausging (PLANCK, S.

Bragodurum

129).

ist nach Ptolemaios der westlichste Platz in einer Reihe von Orten, die

direkt südlich der Donau liegen. Es handelt sich hierbei offensichtlich um Stationen an der Straße, die unter Claudius angelegt wurde und die die römischen Garnisonen am Südufer der Donau verband (HÜSSEN, S. im Osten (PLANCK, S.

Sie reichte von Hüfingen im Westen bis Weltenburg

65).

Auffällig ist, dass Ptolemaios

mania Superior

58).

Bragodurum

dem Gebiet von

Raetia

anstatt von

Ger­

zuordnet. Diese Zuordnung entspricht jedoch der von ihm angegebenen

Grenzziehung, nach der die "Donauquelle" bei Donaueschingen unmittelbar nördlich von Hüfingen der nordwestliche Grenzpunkt von

Raetia

ist. Vielleicht spiegelt sich hier ein

Germania 51f.) identifiziert Bragodurum mit Mengen-

älterer Grenzverlauf wider, wie er vor der endgültigen Einrichtung der Provinz

Superior

durch Domitian bestand. MEHLIS (S.

87

Ennetach. Die Station Brigobannis der Tab. Peut. lokalisiert FREUTSMIEDL (S. 184f.) bei Donaueschingen.

(7) Dracuina (Dracuiana):

Bei diesem Ort könnte es sich um die zweite Station

der Donausüdstraße (s. Nr. 6 Bragod urum) bei Tuttlingen handeln. In Tuttlingen wur­ den römische Gebäudereste gefunden, die vermutlich von einem Kastell oder von einer zivilen Lagersiedlung stammen (PLANCK, S. 338f.). Nach BECHERT (S. 153) verlief bei Tuttlingen die Westgrenze von Raetia. MEHLIS identifiziert Dracuina mit Offingen, nach REINECKE (S. 29) kön nte es bei Emerkingen gelegen haben.

(8) Viana:

Als weitere Station der erwähnten Donausüdstraße (s. Nr. 6 Bragodurum)

lässt sich Viana anhand der transformierten antiken Koordinaten mit Mengen-Ennetach identifizieren. Hier befanden sich mehrere römische Kastelle; dank seiner günstigen ver­ kehrsgeographischen Lage konnte sich der Standort auch zu einem "lebhaften Straßendorf' entwickeln (PLANCK, S. 207). MÜLLER bringt Viana mit der Straßenstation Viaca , die in der Tab. Peut. erwähnt wird, in Verbindung und lokalisiert deshalb Viana bei Gennach; MEHLIS (S. 53, Anm. 5) bemerkt hierzu: ,,Viaca erg. Castra

=

Straßenlager hat mit Viana

gar nichts zu tun". Er identifiziert Viana mit Unterkirchberg (ebenso PLANCK, S. 135), der BARRINGTON-ATLAS erwägt eine Gleichsetzung mit Rißtissen.

(9) Faeniana:

Nach den antiken Koordinaten lässt sich Faeniana mit Rißtissen iden­

tifizieren, das ebenfalls an der genannten Donausüdstraße lag (s. Nr. 6 Bragodurum). Das römische Kastell von Rißtissen wurde um 45/50 gegründet (PLANCK, S. 65). Nach dem Abzug des Militärs entwickelte sich eine Zivilsiedlung. MÜLLER identifiziert Faeniana mit Finningen, FILTZINGER mit Unterkirchberg.

(11) Brigantium:

Die Analyse der antiken Koordinaten zeigt, dass Ptolemaios den

Ort Brigantium/Bregenz ebenso wie Augusta Vindelicorum/Augsburg in gleicher Weise zu weit westlich lokalisiert. Diese ungenaue Lokalisierung ist zwar auffällig, weil beide Orte in der Städteliste des achten Buches der "Geographie" als "bedeutende Städte" (poleis episemoi) verzeichnet sind, sie lässt sich jedoch plausibel erklären.

Im achten Buch gibt Ptolemaios die Längen aller "bedeutenden Städte" (s. Ab­ schnitt 1.2.1.3), also auch die von Brigantium/Bregenz und Augusta Vindelicorum/ Augsburg, in Form des Zeitunterschieds zu Alexandria an (VIII, 7, 3-4). Dabei entspricht 1 h einem Längenunterschied von 15°. Der Nullmeridian der ptolemäischen Längen verläuft durch die "Inseln der Seligen" (Kanarische Inseln). Alexandria liegt laut den Angaben des achten Buches 4 h in östlicher Richtung von den "Inseln der Seligen" entfernt, seine Länge, die als Referenz dient, beträgt also 60°. Da Brigantium/Bregenz 2 h westlich von Alex­ andria liegt, A ugusta Vindelicorum/Augsburg 1 h 50 min, ergeben sich hieraus die von

Ptolemaios im Ortskatalog

(11,

12, 5 und 8) genannten Längenangaben. Möglicherweise

gehen diese Werte jedoch auf eine falsche Berechnung zurück. Im Ortskatalog des vierten Buches (IV, 5, 9) nennt Ptolemaios für Alexandria, abweichend vom achten Buch, eine Länge von 60°30'. Legt man diese zugrunde, um in der angegebenen Weise die Länge von Brigantium und A ugusta Vindelicorum zu berechnen, ergibt sich für Brigantium ein Wert

von 30°30' und für Augusta Vindelicorum von 33° (Tab. 4.2). Damit liegen beide Städte 30' weiter östlich, so dass sie bzgl. ihrer benachbarten Orte wesentlich geringere und als zufällig zu bewertende Restfehler aufweisen. Da die Analyse der antiken Koordinaten einen der­ artigen Umrechnungsfehler möglich erscheinen lässt, wurden die korrigierten Längenwerte im Abschnitt 4.2 übernommen.

88

Tabelle 4.2: Längenbestimmung von Brigantium und Augusta Vindelicorum nach Buch VIII Längendifferenz �A

A

A berechnet

zu Alexandria

Ortskatalog

A=

(nach Buch VIII) Augusta Vin delicorum Brigantium

(12) Vicus:

60°30' + �A

-1 h 50 min = -2T30'

32°30'

33°00'

-2 h = -30°

30°

30°30'

Nach MÜLLER ( a d loc.) und HOWALD/MEYER (S. 107) entspricht der

Ort Vicus der in der Tab. Peut. genannten Station Viviscus/Vevey, die zwischen Pen­ nelucosjbei V illeneuve und Viromagus/Oron-la-V ille liegt; im Itin. Ant. lautet derselbe Streckenabschnitt Penne Loci- Vibiscus- Uromagus

( 351,

7; 352, 1-2). Träfe diese Annah­

me zu, dann hätte Ptolemaios den in der Vallis P oeniana/Wallis gelegenen Ort Viviscus irrtümlich zu weit nach Osten versetzt, denn nach seinen Angaben ist Vicus in der Nähe von Brigantium/Bregenz am Bodensees zu suchen, während Viviscus/Vevey am Genfer See liegt. Eine Gleichsetzung des Ortsnamens Viviscus mit dem ptolemäischen Vicus ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Vicus ist allgemein die Bezeichnung einer Siedlung ohne eigene Verwaltung und ohne eigenen Rechtsstatus, die in der Form einer "Straßensiedlung" den größten Teil der schweizerischen Römerorte bildete ( vgl. MEYER, S. 67 ) . Es ist also vor­ stellbar, dass Ptolemaios in seiner Quelle nur eine allgemeine Angabe vicus "Straßendorf' ohne genauen Ortsnamen vorgefunden und diese übernommen hat. MEHLIS lokalisiert Vicus bei Altstätten und vermutet, Ptolemaios wollte "mit der Er­ wähnung dieses Ortes den linksrheinischen Straßenzug, der mit Turicum die Verbindung herstellte, markieren" (S. 65 ) . Altstätten wird bereits bei seiner ersten urkundlichen Erwäh­ nung im Jahre 853 als villa n ominata altsteti, d. h. als "alte Stadt" bezeichnet; dies könnte auf ein hohes Alter hinweisen. Auch die Analyse der transformierten antiken Koordinaten spricht für die Lokalisierung von Vicus bei Altstätten.

(13) Ebodurum:

W ie im Falle von Vicus (Nr. 12) und Ectodurum (Nr. 15) wird auch

bei Ebodurum vermutet, Ptolemaios habe hier einen eigentlich in die Vallis P oenina/Wallis gehörenden Ort zu weit östlich lokalisiert (HOWALD/MEYER, S. 108f. ) und mit Ebodurum sei deshalb Eburodunum/Yverdon gemeint (BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 239, Anm. 264 ) . Sollte es sich bei Ebodurum tatsächlich um eine Variante des Namens Eburodunum handeln, so ist jedoch eine Gleichsetzung mit dem am Neuenburger See gelegenen Ebu­ rodunum/Yverdon nicht zwingend erforderlich, denn der keltische Ortsname Eburodunum erscheint mehrfach. So gibt es einen gleichnamigen Ort im heutigen Frankreich (Eburodu­ num/Embrun), einen weiteren erwähnt Ptolemaios in Germania Magna (vermutlich Brno); in der Notitia dignitatum ( Occi dens, XLII, 15) wird die F lottenstation Ebrudunum Sapau­ diae (Savoyen) genannt (nach STAEHELIN, S. 313, vielleicht Yvoire am Genfer See). Es kann sich bei Ebodurum aber auch um eine eigenständige Namensform handeln, die nach MEHLIS' Vermutung (S. 63) von der Wurzel epo- ("Ross") gebildet sein könnte. Er loka­ lisiert Ebodurum bei Bludenz. Der BARRINGT ON-AT LAS weist Bludenz als römische Siedlung aus; auch die Analyse der antiken Koordinaten spricht für diese Identifizierung. 89

Allerdings ging MEHLIS davon aus, dass Ebodurum eine Station an einem Straßenzug sei, der über den Arlberg-Pass zur Via Claudia Augusta führe, und dass dieser Passüber­ gang den Römern bekannt gewesen sei. Diese Ansicht wird jedoch nicht mehr vertreten (STAEHELIN, S. 367, Anm. 7; PAULI, S. 239). (14) Drusomagus: In der Literatur wird wegen der Annahme, die im Zusammenhang mit Drusomagus genannten Orte Vicus, Ebodurum und Ectodurum seien von Ptolemaios irrtümlich zu weit nach Osten versetzt worden und lägen in Wirklichkeit im Wallis, auch Drusomagus dort lokalisiert (HOMEYER/MEYER, S. 108f., Anm. 1); deshalb wird eine Identifizierung von Drusomagus mit Sitten erwogen (VALLIS POENINA, S. 187-190). Für die Länge von Drusomagus sind unterschiedliche Werte überliefert: 31°30' (0Rezension) und 30°30' (3-Rezension). Die Analy se der antiken Koordinaten ergab, dass die Längenangabe 30°30' der wahrscheinlichere Wert sein könnte, und dass Drusomagus somit bei Konstanz am Südufer des Bodensees gelegen haben könnte. Bereits in au­ gusteisch/frühtiberischer Zeit wurde hier in verkehrsgünstiger Lage ein römisches Militär­ lager angelegt (PLANCK, S. 154). Da der Name Constantia wohl erst kurz nach 350 von Kaiser Constantius II verliehen wurde (PLANCK, S. 154), könnte der ältere Name des Ortes Drusomagus ("Drususfeld") gewesen sein. Die Frage, ob er im Zusammenhang mit dem älteren oder jüngeren Drusus steht, lässt sich nicht beantworten. Möglich wäre auch eine rein keltische Ableitung des Namens von *drousso "Gesträuch" (HOWALD/MEYER, S. 109, Anm. 1). TSCHUDI identifiziert Drusomagus mit Memmingen (S. 271). (15) Ectodurum ( Octodurum): Dieser Ort wird häufig mit dem von Caesar erwähn­ ten Octodurus ( Bell. Gall. Ill, 1, 4) gleichgesetzt (z. B. MÜLLER ad loc.; HOWALD/MEY­ ER, S. 108; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 239). Octodurus lag im oberen Rhönetal am Fuße des Großen St. Bernhard beim heutigen Martigny. Die genaue Lage dieser kelti­ schen Siedlung ist bisher nicht bekannt; in ihrer Nähe gründete Claudius die Stadt Forum Claudii Vallensium / Martigny als Hauptort der c ivitas der vier Walliser Stämme (F UR­ LER et al. S. 158; vgl. VALLIS POENINA, S. 166). Nach der Abtrennung des Wallis von Raetia wurde Forum Claudii Vallensium der Statthaltersitz der Provinz A lpes Graiae et Poeninae.

Träfe die Gleichsetzung des von Ptolemaios genannten Ectodurum mit Octodurus j bei Martigny zu, dann hätte Ptolemaios diesen Ort- ebenso wie Vicus (Nr. 12) und Ebodurum (Nr. 13) - zu weit nach Osten verlegt. Die genannte Gleichsetzung basiert jedoch nur auf einer Namensähnlichkeit, denn die S-Rezension überliefert den Ortsnamen als Octo­ durum (in der griech. Form Oktodouron ) ; die 0-Rezension hingegen gibt Ectodurum (in der griech. Form Ektodouron) an, eine weitere Variante lautet Tektodouron, das lat. Tectodurum ergäbe. Wir folgen hier MEHLIS in der Wiedergabe der Namensform. Ein ähnlicher Fall liegt in Ptolemaios' Beschreibung von Hispania Tarraconensis vor, wo ein Ortsname in den Lesarten Ectodurum und Octodurum überliefert ist (GH II, 6, 59). Es besteht also ebenso wenig eine Notwendigkeit für die Annahme, Ectodurum sei das bei Martigny gelegene Octodurus, wie für die Vermutung, mit Vicus und Ebodurum seien die Walliser Orte Viviscus und Eburodunum gemeint. Offensichtlich erwähnt Ptolemaios keine Orte in der Val lis Poenina/Wallis, denn auch andere Namen wie Tarnaiae/Massongex, Acaunus/Saint-Maurice und Penneloc i j bei Villeneuve fehlen. Dieser Umstand könnte sich daraus erklären, dass Ptolemaios für die Beschreibung von Raetia verschiedene Quellen verwendet hat. Für die Zeichnung des Grenzverlaufs lag ihm möglicherweise eine ältere Quelle vor - vielleicht die Karte des Marinos -, die das Wallis noch zu Raetia zählte, für 90

die Ortsangaben hingegen eine jüngere Quelle, die die Walliser Orte nicht mehr im Gebiet von Raetia aufführte ( vgl. Abschnitt 4.1). Bereits TSCHUDI (S. 337) identifiziert Ectodurum mit Landeck im Inntal; ihm folgt MEHLIS (S. 63f.). Auch die Analyse der antiken Koordinaten erlaubt diese Identifizierung. Ectodurum könnte somit eine Station an der Via Claudia Augusta gewesen sein.

(16)

Art obriga: Bei dem von Ptolemaios erwähnten vindelikischen Artobriga ("Bären­

berg") an der Donau wird es sich wahrscheinlich nicht um den gleichnamigen Ort der Tab. Peut. handeln, denn dieser liegt zwischen Iuvavum/Salzburg (an der Salzach) und Bedai­ um/Seebruck (am Chiemsee) in Noricum. Das vindelikische Artobriga befindet sich nach den antiken Koordinaten nahe der Einmündung des ersten aus Germanien kommenden Flusses in die Donau. Dieser Fluss lässt sich mit der Brenz identifizieren (s. Abschnitt 2.3.2, Nr. 24 fiuvius), bei deren Einmündung eine von Augusta Vindelicorum/ Augsburg kommen­ de Straße die Donau überquerte. Die angegebene Lage von Artobriga könnte somit der von Aislingen entsprechen. Das Plateau des "Alten Berges" bei Aislingen, auf dem es bereits

vor der Anlage eines römisches Kastells ausgedehnte vor- und frühgeschichtliche Befesti­ gungsanlagen gab (CZYSZ, S. 415), ist vielleicht der von Ptolemaios erwähnte "Bärenberg" gewesen. Aislingen ist eine weitere Station an der erwähnten Donausüdstraße (s. Nr. 6 Bra­ godurum). MEHLIS (S. 54) identifiziert Artobriga mit Druisheim, STECHE (S. 173) sucht es bei Donauwörth, HANSEN (S. 586) setzt es mit dem oppidum von Mauehing gleich.

(18)

Au gusta Vindelicorum: Die im Ortskatalog angegebene Länge von Augusta

Vindelicorum/ Augsburg wird als falsch angesehen und der Längenwert verwendet, der sich durch Umrechung der Angaben im achten Buch mit der Länge Alexandrias von 60°30' aus dem vierten Buch der "Geographie" ergibt (s. Nr. 11 Brigantium).

(19)

Carrodunum: Dieser Ort lässt sich anhand der transformierten antiken Koordi­

naten mit Gauting identifizieren. Hier existierte seit tiberischer Zeit eine Militärstation (HÜSSEN, S. 58), in flavischer Zeit entwickelte sich in Gauting ein "beachtlicher Handel­ sort" (CZYSZ, S. 448). Er lag an der Militärstraße, die von Vindonissa/Windisch über Brigantium/Bregenz, Cambodunum/Kempten nach Iuvavum/Salzburg führte. Spuren ei­ ner keltischen Siedlung, auf die der keltische Ortsname Carrodunum hindeuten könnte, wurden ebenfalls gefunden (CZYSZ, S. 448). Hingegen ist die vorgeschlagene Identifizierung von Gauting mit dem in der Tab. Peut. verzeichneten Bratanianum (CZYSZ, S. 448) nicht sicher. Nach BAUER (S. 44) lag Bratanianum bei Pretzen südlich von Erding, FREUTS­ MIEDL setzt es mit Bad Tölz gleich (S. 65f., S. 82f.). MEHLIS (S. 68) lokalisiert Carrodunum am Innübergang Simbach-Braunau, MÜLLER ( ad loc.) und RASCH (S. 38) identifizieren es mit Karnberg bei Wasserburg am Inn. Wei­ tere Orte des Namens Carrodunum (griech. Karrodounon) nennt Ptolemaios in Germania Magna, Pannonia Superior und im europäischen Sarmatia .

(22)

Medullum: Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Medul­

lum am Brennerpass lokalisieren. Es könnte also eine Station an der Straßenverbindung gewesen sein, die von Hostilia/Ostiglia am Po über Verona, Tridentum/Trient, den Bren­ ner nach Veldidena/W ilten bei Innsbruck führte. HEUBERGER (1947, S. 126) lokalisiert Medullum bei Landeck

(23)

Inutrium: Dieser von Ptolemaios als südlichste Stadt von Vindelicia aufgeführte

Ort wird allgemein mit Nauders identifiziert (MÜLLER ad loc.; CARTELLIERI; HEU­ BERGER 1947). Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Inu­ trium/Nauders, oberhalb des Inntals zwischen Reschen- und Finstermünzpass gelegen, war 91

offensichtlich eine Station an der Via Claudia Augusta. Im Herbst 2002 wurde in Nauders ein römischer Meilenstein gefunden (PÖLL). MEHLIS (S. 66) identifiziert Inutrium mit Zirl bzw. Reith. 4.4 Literatur

ARCHÄOLOGISCHE EXKURSIONSKARTE DER SCHWEIZ. Herausgegeben durch die schweizerische Gesellschaft für Urgeschichte. Basel 1940 BAHLOW , Hans:

Deutschlands geographische Namenswelt.

Frankfurt a.+M. 1985

BASEL-AUSGABE 2006: s. Abschnitt 1.4 BAUER, Hans:

Die römischen Fernstraßen zwischen Iller und Salzach nach den Itinerari­

um Antonini und der Tabula Peutingeriana.

BERNECKER, Annemarie:

München 2007

Die Feldzüge des Tiberius und die Darstellung der unterwor­

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CARTELLIERI, Walther:

Bonn 1989

Die römischen Alpenstrassen über den Brenner, Resehen-Schei­

deck und Plöckenpass mit ihren Nebenlinien.

Philologus, Supplementband XVIII, Heft 1,

Leipzig 1926 CZYSZ, Wolfgang; DIETZ, Karlheinz; FISCHER, Thomas; KELLNER, Hans-Jörg (Hrsg.): Die Rö mer in Bayern. Stuttgart 1995 DEGEN, Rudolf:

Die raetischen Provinzen des römischen Imperiums.

In:

Beiträge zur Rae­

tia Romana. Voraussetzungen und Folgen der Eingliederung Rätiens ins Römische Reich.

Herausgegeben von der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft von Graubünden. Chur 1987 DIETZ, Karlheinz; CZYSZ, Wolfgang:

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bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts.

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Die Römer in der Schweiz.

Stuttgart 1988

FILTZINGER, Philipp: Römerzeit. In: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Bd. 1, Teil 1, Stuttgart 2002, S. 131-190 FINZENHAGEN, Ulrich: Aumühle 1939

Die geographische Terminologie des Griechischen.

FREUTSMIEDL, Johannes: Römische und Raetien. Büchenbach 2005 FURLER, Andres: GRAF, Andreas:

Straßen der "Tabula Peutingeriana" in Noricum

Die Schweiz zur Zeit der Römer.

Zürich 2001

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126

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1.4

1.4

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1991 ( auf

S.

160-170

befindet sich eine Fallstudie zum Alpengebiet in römischer

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wurde das Werk bereits

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Schriften zur Kenntnis der römischen Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands

WALSER, Gerold: Studien zur Alpengeschichte in antiker Zeit. Stuttgart

94

1994

5 Noricum 5.1 Allgemeines Ehe die Römer das Gebiet der späteren Provinz

Noricum in Besitz nahmen, bildeten die Norici das König­

dort siedelnden Kelten gegen Ende des 2. Jh. v. Chr. unter Führung der reich

Noricum, das regnum Noricum. Dieses umfasste den Donau-Alpen-Raum und reichte

im Süden bis in das heutige Slowenien, im Osten bis zum Plattensee in Ungarn. Bereits seit dem Beginn des 2. Jh. v. Chr. unterhielten die Römer politische und wirtschaftliche Beziehungen zu den Alpenkelten, wobei neben Gold, Blei und Zinkblende hauptsächlich das norische Eisen

(ferrum Noricum, vgl. Plin. Nat. Hist. XXXIV, 145) von Interesse für

s1e war. Als unter Augustus die Eingliederung des Alpen- und Donauraumes in das Römische Reich erfolgte, wurden während des Alpenfeldzuges 15. v. Chr. die Stämme der Raeter und Vindeliker (s. Abschnitt 4.1) militärisch unterworfen, wohingegen die Macht im

regnum Noricum anscheinend ohne Kämpfe von den Römern übernommen wurde. Möglicherweise war es de iure zunächst noch selbständig, bis es unter Claudius offiziell zur Provinz wurde (BECHERT, S. 182). Hauptstadt der Provinz und Sitz des Statthalters war bis zur Zeit

Virunum auf dem Zollfeld bei Klagenfurt. Noricum änderten sich die politischen Gren­ zen des ehemaligen regnum Noricum. Da die Donau die Nordgrenze bildete, lagen nun das Mühl-, Wald- und Weinviertel in Germanien. Die norische Ostgrenze zur Provinz Panno­ nia, von der Teile ebenfalls zum Territorium des regnum Noricum gehört hatten, verlief Caracallas

Mit der Einrichtung der römischen Provinz

wahrscheinlich auf dem Kamm des Wiener Waldes bis etwa zur Mündung der Lafnitz in die

Murus/Mur und den Dravus/ Drau und schloss das Gebiet Celeia/Celje im heutigen Slowenien ein. Im Süden zog die Grenze auf dem Kamm der

Raab. Dann überquerte sie den von

Karawanken und der Karnischen Alpen entlang bis zum Plöckenpass; sie umfasste auch das Pustertal (BECHERT, S. 183; W INKLER, S. 10). Die Grenze zu

Raetia im Westen

verlief wahrscheinlich von der Mühlbacher Gegend am Ausgang des Pustertals über die Jöcher ins Zillertal, zog durch das Zillertal bis zum lnn und schließlich den lnn entlang, bis sie bei Passau auf die Donau stieß (vgl. FORCHER, S. 10).

Noricum war "ein von der Natur und den Alpengrenzen und den Strömen lnn und Donau wohlumgürtetes Gebiet" (MEHLIS, S. 81). In seinem lnnern war es weitgehend unbewohnt, südlich des Alpenkammes bildeten tiefeingeschnittene Täler die wichtigsten Verkehrswege in Ost-West-Richtung (FISCHER, S. 5). Im Norden der Provinz bestanden Straßenver­ bindungen zwischen den Kastellen am südlichen Donauufer. Auch die römischen Städte

Raetia und Pannonia verbunden; zentrale Aquileia in Italien nach Noricum; ein uralter Handelsweg

waren durch Straßen untereinander sowie mit Nord-Süd-Routen verliefen von

führte schließlich über die Donau nach Germanien. Ptolemaios' Beschreibung von

Noricum geht vermutlich auf eine Quelle des 1. Jh. n. Claudivium, das wahr­

Chr. zurück. Ein zeitlicher Anhaltspunkt ist die Erwähnung von

scheinlich im Zusammenhang mit Claudius (reg. 41-58) steht und ein Kastell an der Donau

95

gewesen sein könnte. Da der Donaulimes in Noricum erst unter den F laviern ausgebaut wurde und Standorte wie Favianae/Mautern, Augustianae/Traismauer oder Commage­ nae jTulln von Ptolemaios nicht genannt werden, dürfte seine Vorlage noch vor dieser Zeit entstanden sein. Bei den Orten Gabavodurum und Gesodunum, die in anderen Quellen nicht erscheinen, könnte es sich deshalb um ältere keltische Siedlungsplätze handeln, die später aufgegeben wurden. Ferner fehlen zahlreiche Orte wie z. B. Bedaium/lnnsbruck, Iuvavum/Salzburg, Ovilava/Wels oder Cetium/St. Pölten, die sich im Straßenverzeichnis des Itin. Ant. finden. Vergleicht man dessen Angaben mit denen der Tabula Peutingeriana, wird der kontinuierliche Ausbau der römischen Straßen in Noricum deutlich. Ptolemaios' Beschreibung spiegelt offensichtlich eine frühere Phase dieser Entwicklung wider. Hinsichtlich der starken geographischen Gliederung des Gebietes wirken seine Angaben eher nüchtern; so werden die Gebirgszüge der Alpen im lnnern der Provinz nicht erwähnt und, abgesehen vom Aenus j lnn, die südlichen Nebenflüsse der Donau in Noricum wie Druna/Traun, Anisus/Enns, Ivesis/Ybbs, Arelape j Erlauf oder T ragisamus/Traisen nicht genannt.

96

Noricum

° 48

47'

°

46

Tmnsfom1ationscinheitcn e

NI

>2000 t1l

Arelaie

500 • 2000 m

bei Llnz

150-500m

Moderner Name

>.-5. cp-:f, OS' 051

TE

s

Q

N2

w

0,0

-031

N2

u

0,0

Hügelland terminus

36°001 45°201

Kanzianiberg

13°521 46°331 13°501 46°2S1

021

051

N3

u

0,0

4

Carvancas mons

35°001 45°201

am Plöckenpass

12°561 46°361 13°041 46°2S1

-OS'

OS'

N3

u

0,0

5

Arelate

35°001 47°001

bei Linz

14°1S1 4So191 14°101 4So241

OS'

N1

w

0,0

6

Claudivium

36°001 46°401

Wallsee

14°431 4So101 14°561 4S0091

- 131

-051 011

N1

u

0,0

7

Gabavodurum

36°401 46°401

bei St. Pölten

15°3S1 4So121 15°271 4S0091

11'

031

N1

u

0,0

s

Gesodunum

35°401 46°301

bei Steyr

14°2 51 4S0021 14°411 4S0011

011

N1

u

0,0

9

Bedacum

34°151 46°151

bei Strass im

11°491 47°221 11°441 47°241

1 - 16 1 05

1

R3

u

0,0

N3

s

0,0

N3

s

A,O

N3

u

0,0

N2

s

0,0

N3

s

0,0

3

-02

Zillertal Aguntum

36°301 46°201

Dölsach

12°511 46°501 14°131 47°151

- S21

10

Aguntum

34°301 46°201

Dölsach

12°511 46°501 12°401 47°151

11'

11

Vacorium

36°001 45°451

Treffen

13°511 46°411 13°501 46°4S1

011

12

Poedicum

37°001 46°001

Bruck an der Mur

15°171 47°2 51 15°2 91 47°271

13

Virunum

36°401 45°451

Zollfeld (NE of

14°22 1 46°411 14°201 46°4S1

1 - 12 1 02

-2 51 1 -2 5 1 -07 1 -02 1 -07

10

Klagenfurt) Teurnia

34°401 45°401

St.-Peter in Holz

13°261 46°501 12°4S1 46°441

3S1

061

N3

s

0,0

14

Teurnia

35°401 45°401

St.-Peter in Holz

13°261 46°501 13°341 46°441

061

N3

s

A,O

15

!dun um

35°101 45°301

Gurina

13°041 46°391 13°111 46°361

-OS' - 071

031

N3

u

0,0

16

Sianticum

36°001 45°301

Viilach

13°511 46°361 13°501 46°361

011

001

N3

s

0,0

17

Celeia

37°001 45°301

Celje

15°151 46°141 14°361 46°361

391

N3

s

0,0

17

Celeia

3S0001 45°301

Celje

15°151 46°141 15°22 1 46°361

N3

s

A,O

1S

Iulium Carnicum

34°301 45°151

Zuglio

13°011 46°2S1 12°401 46°2 51

- 071 211

-22 1 1 -22 1 03

N3

s

0,0

14

5.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen (poleis episemoi) in Noricum werden im achten Buch der "Geographie" 5) aufgeführt: (5) Arelatejbei Linz (unsicher) und (18) Iulium Carnicumj

Als Hauptorte (VIII, 7, Zuglio.

(2) Cetius mons: Nach Ptolemaios erstreckt sich der Cetius mons als östliche Noricum über 1°20' in Nord-Südrichtung. Er umfasst den "Wienerwald und die südlich sich anschließenden niederösterreichisch-steirischen Alpen" (HANSEN, S. 586). Das Südende des Cetius mons liegt nach den transformierten antiken Koordinaten im (1),

Grenze von

Oststeirischen Hügelland.

(3) terminus: Diese Grenzmarke wird von Ptolemaios als westlichster Punkt des süd­ lich vom Cetius mons gelegenen Teiles von Pannonia superior angegeben. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt er sich beim Kanzianiberg lokalisieren. In der Nähe des Kanzianiberges wurden Siedlungsreste von der Römerzeit bis in die Spätantike

163). (4) C arvancas mons: Dieser Alpenzug bildete nach Ptolemaios einen Teil der Grenze zwischen Noricum und Pannonia superior (GH II, 14, 1) sowie zwischen Noricum und Italien (GH III, 1, 1). Er umfasste nicht nur die heutigen Karawanken zwischen Drau und gefunden (LIPPERT, S.

98

Save, sondern auch die Karnischen Alpen (HANSEN, S. 586). Der von Ptolemaios ange­ gebene Mittelpunkt des Carvancas mons lässt sich anhand der transformierten antiken Koordinaten am Plöckenpass lokalisieren. Über den Plöckenpass verlief die Straßenver­ bindung von Aquileia an der Adria ins Pustertal und weiter über den Brennerpass an den lnn nach Veldidena / Wilten bei lnnsbruck ( Itin. Ant. 279, 4-280, 4). Mehrere Inschriften von der Höhe des Plöckenpasses bezeugen die Anlage der Passstraße und ihren Erhalt durch die Stadt Iulium Carnicum / Zuglio (WINKLER, S. 38-41). ( 5) Arelate ( Aredate): Dieser südlich in Donannähe gelegene Ort ist aufgrund seines Namens mit dem im Itin. Ant. (234, 3; 248, 5) erwähnten Arlape/Pöchlarn an der Mündung der Erlaf in die Donau gleichgesetzt worden (MÜLLER ad loc.; CUNTZ, S. 153; RASCH, S. 19; TIR-M33; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 241). Der von Ptolemaios erwähnte Ort Arelate befindet sich 2°45' westlich von Wien (11, 14, 3); dieser Abstand ist jedoch zu groß, als dass er der Entfernung Wien-Pöchlarn entsprechen könnte (modern 1°13'). Die antiken Koordinaten von Arelate entsprechen vielmehr genau denen, die Ptolemaios für Usbium in Germania Magna (Nr. 127) angibt; offensichtlich handelt es sich also bei Arelate und Usbium um zwei Grenzorte an der Donau. Sie bildeten die "naturgegebenen Ausgangspunkte" eines Verkehrsweges, der nördlich der Donau durch das Tal der Aist ins Innere Germaniens bis an die Ostsee führte ( vgl. STECHE, S. 176f., 182). Da sich Usbi­ um bei Steyregg oder Mauthausen lokalisieren lässt, könnte Arelate also in unmittelbarer Nähe von Usbium am südlichen Donauufer bei Linz gelegen haben (MEHLIS, S. 78ff.; STECHE, S. 177, auch BERNECKER, S. 380, Anm. 1). Der Name des römischen Kastells Lentia, auf den der heutige Stadtname Linz zurückgeht, erscheint erst in der Spätanti­ ke in der Notitia dignitatum ( Occidens XXXIV, 33 und 39), das Gebiet von Linz weist jedoch zahlreiche, auch weitaus ältere Besiedlungsspuren auf (LIPPERT, S. 313f.). Auch SIMEK (s. HANSEN, S. 586) lokalisiert Arelate im Raum Linz, d. h. unweit östlich der Ennsmündung. (6) Claudivium: MÜLLER vermutete, Claudivium sei eine verderbte Form für Clau­ dium Iuvavum und entspreche somit Iuvavum / Salzburg. Den Namen Claudium Iuvavum erschließt er aus Plinius' Aufzählung der norischen Städte: oppida eorum Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum, Iuvavum, omnia Claudia ("deren Städte Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum, Iuvavum sind alles clandisehe Gründungen"; Nat. hist. 111, 146). Außer dieser nur indirekten Angabe des Plinius gibt es jedoch keine literarischen Belege für eine Bezeich­ nung Claudium Iuvavum der Stadt Salzburg. Auch in den Magistratsinschriften erscheint eine solche Form nicht (vgl. ALFÖLDY, S. 271). Ferner variiert die Schreibweise des an­ tiken Namens Iuvavum: Iovavi im Itin. Ant. (235, 4; 256, 7; 258, 6), Ivavo in der Tab. Peut., Iuvao in der Vita Santi Severini des Eugippius (13, 1). Die Annahme, der Ortsna­ me Claudivium des Ptolemaios sei eine fehlerhafte Schreibung für Claudium Iuvavum und entspreche Salzburg, ist also keineswegs notwendig. HEGER, der in seinem Werk (S. 19f.) auch auf den antiken Namen Salzburgs eingeht, erwähnt ebenfalls keinen Zusammenhang beider Namen. Gegen eine Gleichsetzung von Claudivium mit Iuvavum / Salzburg spricht jedoch vor al­ lem die von Ptolemaios angegebene Lage dieses Ortes in unmittelbarer Donaunähe. Denn die antiken Koordinaten entsprechen nämlich genau den antiken Koordinaten eines Flusses, den Ptolemaios in der Beschreibung von Germania Magna (26) als zweiten nördlichen Nebenfluss der Donau nennt und der sich mit der Naarn identifizieren lässt. Daher sucht SIMEK (vgl. HANSEN, S. 586) Claudivium in der Nähe der Naarnmündung bei Wall99

see. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Lokalisierung. Wallsee war der Standort eines römischen Kastells an der römischen Donangrenze (LIPPERT, S. 502; AL­ FÖLDY, S. 147). Das Kastell von Wallsee "blickt von hohem Standort in das Machland und auf die F lußmündung der Naarn" (UBL, S. 134). GENSER (S. 184-198) schlägt für das Kastell von Wallsee den Namen Adiuvense vor, der jedoch erst in der Spätantike belegt ist (Notitia dignitatum, Occidens XXXIV, 40). Ob es einen Zusammenhang zwischen den Namensformen Claudivium und Adiuvense gibt, lässt sich nicht bestimmen. Nach anderen Identifizierungen entspricht Adiuvense Mauer an der Url (vgl. TIR M-33), das wiederum auch mit dem im Itin. Ant. (234, 4; 248, 6) erwähnten Locus Felicis gleichgesetzt wird ( TIR M-33; GENSER, S. 199-219; vgl. ALFÖLDY, S. 147; in der Notitia dignitatum, Oc­ cidens XXXIV , 34, erscheint der Ort als Lacufelicis). UBL (S. 136) hingegen hält Wallsee für L ocus Felicis (vgl. ALFÖLDY, S. 147). Nach W INKLER (S. 24) hat der Eintrag Elegio in der Tab. Peut., der sich offenbar auf die in Lauriacum/Lorch stationierte legio II Ita­ lica bezieht, die benachbarte Station im Raum von Wallsee verdrängt, so dass sich deren Name aus der Tab. Peut. nicht mehr ermitteln lässt. STOCKHAMMER identifiziert Clau­ divium mit Albing (Jahrbuch für Landeskunde in Niederösterreich XV /XV I (1916/1917), S. 117ff.), BERNECKER (S. 380) mit Ybbs, HANSEN (S. 586) gibt keine Identifizierung an. POLASCHEK (S. 251) hält den Namen Claudivium für die falsche Interpretation einer kartographischen Information: "Da aus der ptol. Karte eine Verbindung über Santicum und V irunum zur Donau nicht herauszulesen ist, ebenso wenig über Teurnia und Iuvavum, . . . wage ich die Behauptung, dass Ptol. sich durch die Nachricht von einer Strecke Santicum­ Aguntum - Gesodunum mit dem Zusatz inde Claudi via ad Danubium, ,von hier über die Clandia via zur (raetischen) Donau', irreführen ließ; er las daraus eine Stadt Claudivio, -um an der Donau heraus".

(7)

Gabavodurum: Dieser Ort wird mit dem im Itin. Ant. (276, 9) und der Tab. Peut.

erwähnten Gabromagus, dem heutigen W indischgarsten, gleichgesetzt (BERNECKER, S. 403; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1. S. 241, Anm. 271). Gegen diese Gleichsetzung sprechen jedoch mehrere Gründe. Zum einen ist die Namensähnlichkeit zwischen Gaba­ vodurum und Gabromagus nur sehr entfernt, zumal die Schreibweise des von Ptolemaios erwähnten Ortes nicht eindeutig ist und in den Handschriften variiert. Neben Gabavodu­ rum erscheinen auch die Formen Garavodurum und Gamavodurum, deren Ähnlichkeit mit Gabromagus noch geringer ist. Zum anderen bezeichnen die keltischen Namensbestandtei­ le -durum und -magus unterschiedliche topographische Gegebenheiten ("Stadt" und "Feld, Ebene"). Entscheidend ist jedoch, dass die Lage von W indischgarsten nicht zu den anti­ ken Koordinaten von Gabavodurum passt. Nach diesen befindet sich Gabavodurum nahe der Donau, 1°05' westlich von W ien. Diese Angaben führen in die Gegend von St. Pöl­ ten. Die römische Siedlung von St. Pölten wurde unter Hadrian als Municipium Aelium Cetium am Kreuzungspunkt einer Fernstraße mit dem F luss Tragisamus/Trais gegründet (F ISCHER, S. 89); der Name Cetium steht wahrscheinlich mit dem nahegelegenen Mons Cetius/W ienerwald in Verbindung. Gabavodurum könnte eine Vorgängersiedlung von Ce­ tium im Raum St. Pölten gewesen sein. Zahlreiche Funde in dieser Gegend zeigen eine lange Besiedlungsgeschichte (LIPP ERT, S. 440-443). Legt man für die Lokalisierung von Gabavodurum die Längenangabe der S-Rezension von 34°30' zugrunde, lässt sich Gabavodurum, wie von MEHLIS (S. 78ff.) vorgeschlagen, mit Lambach identifizieren. MÜLLER ( ad loc.) lokalisiert es bei Gaming.

100

(8)

Gesodunum: Dieser nur von Ptolemaios erwähnte Ort lässt sich anhand der trans­

formierten antiken Koordinaten im Raum von Steyr lokalisieren. Streufunde deuten auf die frühzeitliche Besiedlung des Gebietes hin (LIPPERT, S. 468). BERNECKER (S.

403)

Gesodunum bei Amstetten, MEHLIS (S. 78ff.) bei Waidhafen an der Ybbs, loc.) zieht Bad Ischl in Erwägung. (9) Bedacum ( Badacum ) : Der Ortsname Bedacum wird häufig als eine verschrie­ bene Form von Bedaium angesehen (MÜLLER ad loc.; CUNTZ, S. 159; RASCH, S. 26; SIMS-WILLIAMS, S. 25, Anm. 29), das in der Tab. Peut. erwähnt wird und im Itin. Ant. als Bidaio (236, 1; 257, 1; 258, 7) erscheint. Der Name von Bedaium, das bei Seebruck am

lokalisiert

MÜLLER (ad

nördlichen Chiernsee lag, leitet sich von der vorrömisch-keltischen Bezeichnung des Chiem­ sees,

lacus Bedaius,

ab, der zugleich als personifizierte Gottheit des Sees verehrt wurde

(RASCH, S. 182; FISCHER, S. 100; FREU TSMIEDL, S. 59ff.). Eine Gleichsetzung von

Bedacum und Bedaium ist jedoch nicht zwingend erforderlich, zumal auch die Namensform Badacum überliefert ist, deren Ähnlichkeit mit Bedaium noch geringer ist. Bedacum ist in der Darstellung des Ptolemaios die westlichste polis in Noricum. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt es sich bei Strass im Zillertallokalisieren.

Bedacum

könnte also ein Ort an der norischen Westgrenze in der Gegend gewesen sein, wo

die Grenze, aus dem Zillertal kommend, den Inn erreichte, und damit auch eine Station der

Veldina/Wilten Itin. Ant. 259, 7-10).

mittleren Inntal-Strecke von am Inn (vgl.

bei Innsbruck nach

Fons Aeni /Pfaffenhafen

Auffällig ist die von Ptolemaios genannte geographische Länge von

Bedacum. Nach dieser

liegt es südöstlich der Innmündung, wohingegen sich Strass im Zillertal südwestlich davon befindet. Diese Verschiebung lässt sich jedoch aus der falschen Angabe zum Lauf des Inns erklären, der nach Ptolemaios in gerader Nord-Süd-Richtung fließt, in Wirklichkeit aber in nordöstlicher Richtung verläuft. Die Analyse der antiken Koordinaten ergab, dass passend zu den östlichen Orten in

Raetia

Bedacum

liegt; Ptolemaios könnte also die Koordinaten

Bedacum von Raetia ausgehend bestimmt haben. BERNECKER (S. 380) identifiziert Bedacum mit Matrei. (10) Aguntum: Nach den überlieferten Koordinaten liegt Aguntum/Dölsach bei Lienz (PLEYEL, S. 51ff.; FISCHER, S. 115) zu weit westlich (vgl. MÜLLER ad loc. : ,,Ineptum Agunto locum assignari patet. ). Daher lässt sich hier ein Schreibfehler annehmen; die vermutlich richtige Längenangabe lautet 34°30'. (11) Vacorium: Dieser Ort wird mit Vocarium gleichgesetzt, das sich in der Tab. Peut. findet (MÜLLER ad loc.; MEHLIS, S. 101; CUNTZ, S. 207; BASEL-AUSGABE 2006, Bd. S. 241, Anm. 272) und mit Pfarrwerfen identifiziert wird (WINKLER, S. 26; von

"

FREU TSMIEDL, S. 159). Vocarium/Pfarrwerfen liegt jedoch zu weit nördlich, um es mit

Vacorium

gleichsetzen zu können, das Ptolemaios nur 15' nördlich von Santicum/Villach

positioniert. Vielmehr lässt sich

Vacorium

bei Treffen lokalisieren, wo schon in römischer

Zeit Marmor abgebaut wurde (BARRING TON-ATLAS). In der Pfarrkirche von Treffen sind römische Marmorfragmente eingemauert (LIPPERT, S. 481). Vielleicht verband eine Straße den Ort mit CKER (S.

404)

Teumia/Sankt

Peter in Holz und Santicum/Villach. Auch BERNE­

spricht sich gegen eine Gleichsetzung von

Vocarium aus, lokalisiert den (14) Teurnia: Nach den

Vacorium

mit der Straßenstation

Ort jedoch bei St. Margarethen im Lavanttal. überlieferten Koordinaten ist Teurnia/St. Peter in Holz

(vgl. FISCHER, S. 80-82) falsch positioniert (vgl. MÜLLER

101

ad loc.: "positio falsissima").

Daher lässt sich hier ein Schreibfehler annehmen; die vermutlich richtige Längenangabe

35°40'. (15) Idunum (Ilunum):

lautet

Dieser nur von Ptolemaios erwähnte Ort lässt sich mit der

Gurina im oberen Gailtal bei Dellach identifizieren (vgl. JABLONKA). Die Hochfläche der Gurina ist vom

8.

Jh. v. Chr. bis in die Spätantike und möglicherweise noch darüber

hinaus besiedelt worden und war zugleich ein Handelsort und Marktplatz. MÜLLER ( ad

380) identifizieren Idunum mit der in der Tab. Peut. genannten Iuenna/Globasnitz (WINKLER, S. 26), die jedoch weiter östlich liegt, als

loc.) und BERNECKER (S. Straßenstation

die antiken Koordinaten von Idunum angeben.

(17) Celeia:

Nach den überlieferten Koordinaten ist Celeia/Celje in Slowenien (vgl.

FISCHER, S. 85-87) falsch positioniert (vgl. MÜLLER ad loc.: "pravam hanc positionem"). Daher lässt sich hier ein Schreibfehler annehmen; die vermutlich richtige Längenangabe lautet

38°.

5.4 Literatur ALFÖLDY, Geza:

Noricum.

London and Boston

1974

BARRINGTON-ATLAS: s. TALBERT BASEL-AUSGABE

2006:

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103

6 Thule 6.1 Vorbemerkungen Die "Geographie" des Ptolemaios wirft auch die Frage nach der Identifizierung der Insel Thule auf, die Ptolemaios aufgrund ihrer Lage im nördlichen Ozean in seine Beschreibung von Britannia einfügt (GH II, 3, 32). Die Insel Thule spielte in der antiken Erdkunde und Kartographie eine besondere Rolle, denn sie bezeichnete das nördliche Ende der damals bekannten Welt. Ihre Lokalisierung ist seit Jahrhunderten Gegenstand der Forschung. Da­ her bemerkt NINCK (S. 22) zutreffend: "Über wenig Orte der Erde ist aber auch wohl mehr gestritten worden wie über diese Insel." Thule war die nördlichste Station einer Schiffsexpedition, die der griechische Seefahrer Pytheas um 330 v. Chr. von seinem Heimathafen Massalia/Marseille aus um die Iberische Halbinsel herum über Britannien in die Nordsee unternahm. Da nach der Angabe des Polybias (Strabon II, 4, 2) Pytheas ein mittelloser Privatmann war, haben vermutlich die griechischen Kaufleute von Massaliaseine Fahrt ermöglicht. Ihr Ziel dürfte es gewesen sein, eine Seehandelsroute zu den Fundstätten des Zinns und des Bernsteins in Nordeuropa zu finden, um auf diese Weise von den Karthagern bzw. Galliern, die die See- bzw. Landwe­ ge kontrollierten, unabhängig zu werden. Ebenso suchten später die Portugiesen und die Spanier einen Seeweg nach Indien, um den Zwischenhandel der Venezianer und Araber zu umgehen. Seine Beobachtungen über Klima, Gezeiten und andere Erscheinungen, Nachrichten über Küstenvölker sowie astronomische und kartographische Angaben hielt Pytheas in einem Reisebericht Peri Okeanou ("Über das Weltmeer") und anderen Schriften fest. Das Schiff, mit dem er seine Fahrt unternahm, war nach SHACKLETON (S. 22) vielleicht ein Dreide­ cker von 400-500 BRT, einer Länge von 50-60 m, ausgestattet mit Segeln und Rudern und konnte durchschnittlich 50 Seemeilen (92.6 km) oder mehr pro Tag zurücklegen. Pytheas' Fahrt blieb jedoch für lange Zeit ein einmaliges Ereignis und in den folgenden Jahrhunder­ ten versuchte offensichtlich niemand mehr, nach Thule zu gelangen. Als dann im Jahre 84 der römische Statthalter von Britannien, Agricola, einer Flotte den Befehl gab, die britannische Insel zu umfahren, stießen die Römer dabei auch auf die Orcades/Orkney-Inseln. (Tacitus' Aussage, die Orkney-Inseln seien bis dahin unbekannt gewesen, ist allerdings eine Übertreibung, denn bereits Pomponins Mela (111, 54) erwähnt sie.) Darauf gelangten sie mit ihren Schiffen in Sichtweite von Thule, setzten aber ihre Fahrt nicht fort, weil der Winter nahte und den Erzählungen zufolge das Meer dort träge und schwer zu durchrudern sein sollte (Agr. 10, 4 und 38, 3). Leider ist der Bericht des Tacitus zu ungenau, als dass sich daraus bestimmen ließe, welche Insel die Römer von ihren Schiffen aus gesehen haben. Es könnte eine der Shetland- oder der Färöer-Inseln gewesen sein. Die Angabe, das Meer sei in jener Gegend für Ruderschiffe schwer befahrbar, lässt auch die Annahme zu, die Römer seien in die Nähe der norwegischen Fjorde gekommen (ALONSO-NUNEZ, S. 55). Möglicherweise hatte die Besatzung jener Flotte jedoch keine Vorstellung, wo die Insel Thule des Pytheas lag, und bezeichnete deshalb die erste In104

sel, die sie in der Ferne erblickte, schlechthin als Thule. Daher nimmt HORSBURGH an, dass Tacitus' Thule die kleine Fair Isle zwischen den Orkneys und den Shetlands gewesen se1. Pomponins Mela

(111,

57) berichtet, dass Thule in den Dichtungen der Griechen und

Römer besungen wurde. Für den römischen Dichter Vergil war ultima Thule der Inbegriff des äußersten Weltendes ( Georg. I, 30), ebenso für Seneca

( Medea

379) und Claudianus

( nostro procul axe remotam Thylen; de bell. Get. 203f.). Statius spricht von den "dunklen Gewässern von Thule"

( vada

caligantia Thyles; Silvae

111,

5,20), nach dem Satiriker Juve­

nal (XV, 112) hatte allerdings die griechisch-römische Kultur seinerzeit auch schon Thule erreicht. Bei Silius Italiens

( Fun.

XV II, 407) und Rutilins Namatianus

( de

red. I, 499)

hingegen ist Thule nur eine Bezeichnung für Britannien. Die griechischen Autoren, allen voran Polybias und Strabon, zweifelten den Bericht des Pytheas oft als unglaubwürdig an. Einige Ausnahmen gab es jedoch wie den Historiker T imaios von Tauromenion (4./3. Jh. v. Chr.); die bemerkenswertesten unter ihnen waren Eratosthenes und Hipparchos. Eratosthenes schenkte Pytheas sicherlich wegen der Genau­ igkeit seiner geographischen Daten Glauben. Von besonderem Interesse dürften hierbei die von Pytheas mit einem Gnomon durchgeführten Breitenbestimmungen gewesen sein (vgl. Strabon I, 4, 4). Nach der Vermutung von ZEUNE (S. 39) war Pytheas der Erste, der die Breite eines Ortes mittels eines Gnomons ermittelte. Eratosthenes verwendete deshalb die Angaben des Pytheas für den westlichen Teil seiner Karte der bewohnten Erde, der oikumene. Um Thule zu lokalisieren, müssen nun die entsprechenden Informationen untersucht wer­ den, die uns die antiken Autoren liefern. Dabei besteht die Schwierigkeit, dass keine der Schriften des Pytheas erhalten ist, sich - bis auf eine Ausnahme - nirgends ein direktes Zitat aus seinen Werken findet, seine Aussagen durch spätere Bearbeitungen aus ihrem Zusammenhang gerissen oder unverständlich wurden und dass die Autoren, die sich mit ihm auseinandersetzten, über unterschiedliche geographische und astronomische Kenntnis­ se verfügten.

6.2 Die Insel Smjljla Der Reisebericht des Pytheas, der genaue Auskunft über die Lage von Thule geben könnte, ist nicht erhalten. Durch eine kritische Betrachtung der in der antiken Literatur überlie­ ferten Angaben, die auf Pytheas zurückgehen bzw. sich auf ihn beziehen, ist es jedoch möglich, Thule mit der norwegischen Insel Sm0la bzw. mit der Inselgruppe Sm0la, Hitra und Fr0ya am Fjord von Trondheim zu identifizieren. Dies soll im Folgenden unter drei Aspekten gezeigt werden. 6.2.1 Die geographische Breite von Thule Nach dem Bericht des Strabon

(11,

5,

8)

sagte Pytheas, in der Gegend von Thule liege das

nördliche Ende der oikumene und dort sei der Sommerwendekreis identisch mit dem Bären­ oder arktischen Kreis. Die Erklärung dieses Phänomens gibt der Polarforscher Fridtjof NANSEN (Bd. 1, S. 56, Anm. 32): "Der Bärenkreis (der arktische Kreis) war . . . der Kreis um den Himmelspol, welcher die beständig sichtbaren (zirkumpolaren) Sterne begrenzt, und er hatte diesen Namen erhalten, weil er in Kleinasien (und Griechenland) durch den 105

Großen Bären (Arktos) ging. Sein Abstand, in Graden, vom Nordpol des Himmels ist gleich der Breite des betreffenden Ortes und wird folglich größer, je weiter man nach Norden vordringt. Beim Polarkreis fällt er ... mit dem Wendekreise des Krebses und am Nordpol mit dem Äquator zusammen." Thule liegt also den Angaben des Strabon zufolge nahe dem nördlichen Polarkreis, der sich heute etwa auf

66°15'

66°34'

n. Br. befindet, damals jedoch auf

n. Br. lag (vgl. NANSEN, Bd. 1, S. 58).

Dagegen gibt Ptolemaios an (GH II, habe eine Breite von

63°,

mene bezeichnet (GH, I,

der durch Thule verlaufende Parallelkreis

23, 21),

wobei er wie Eratosthenes Thule als nördliche Grenze der oiku­

7, 1).

Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären?

Eratosthenes, dem der Bericht des Pytheas noch vorgelegen hat (vgl. FUHR, S.

21),

verwendete dessen Aussagen, um die nördliche Grenze der oiku mene festzusetzen und so deren Breite zu bestimmen, die er als Distanzen von Parallelkreisen entlang des Meridians angab. Diese Distanzen wurden nun von Strabon mutmaßlich modifiziert. Dass er derartige Modifizierungen vorgenommen hat, erwähnt Strabon selbst

(11, 1, 41):

"Aber in den F ällen,

in denen wir auf einen Blick sehen, dass sich der eine [Eratosthenes] gänzlich irrt, und der andere [Hipparchos] ihn zu recht beschuldigt, da ist es unserer Ansicht nach ausreichend, wenn wir ihn [Eratosthenes] in der Erdbeschreibung selbst durch die Angabe der Fakten korrigieren." Die Originaldaten für die erwähnten Distanzangaben des Eratosthenes können jedoch rekonstruiert werden, wie im Folgenden gezeigt wird. Die von Strabon (I,

4, 2) angegebenen Distanzen der Parallelkreise zwischen Alexandria 8100 Stadien sowie zwischen dem Hellespant und Bor ysthenes

und dem Hellespant von von

5000

Stadien widersprechen nicht nur den tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch

den anderen von ihm gelieferten Informationen.

1.

Der Abstand der Parallelkreise zwischen Alexandria und Rhodas wurde, wie Strabon

(11, 5, 24) 2.

erwähnt, von Eratosthenes selbst mit

3750

Stadien gemessen.

Zwischen den Parallelkreisen von Rhodas und Lysimacheia/Baklaburnu auf der Halb­ insel Gallipoli am Hellespant liegt das sogenannte Tauros-Gebirge mit einer Breite von

3000

Stadien

(11, 1, 37;

XI,

1, 3),

das eine zentrale Rolle in der Karte des Era­

tosthenes spielte.

3.

Die Breiten-Distanz zwischen Lysimacheia/Baklaburnu und Byzantion am Bosporos beträgt nur �

4.

=

26' :::::; 300

Stadien.

Wie von Hipparchos berichtet und von Strabon übernommen, beträgt die Breiten­ Distanz zwischen Byzantion und der Mündung des Bor ysthenes �

(11, 1, 12).

=

3700

Stadien

Wahrscheinlich hatte Hipparchos diesen Wert bereits bei Eratosthenes

vorgefunden. Korrigiert man also Strabons Aussagen nach diesen Angaben, so ist die Übereinstimmung der antiken Daten mit der Wirklichkeit erstaunlich hoch (vgl. Tabelle

Thule, die dem von Ptolemaios genannten

Wert entspricht. Ferner gibt er ( GH

für den nördlichsten Punkt der Insel eine

Breite von

63°15'

63° für II, 3, 32)

6.1). Außerdem ergibt

sich danach tatsächlich eine Breite von

an. Dies entspricht, abgesehen von der hier unbedeutenden Differenz von

einigen Bogenminuten, der Breite der Insel Sm0la.

106

Tabelle 6.1: Breite der oikumene (Meroe-Thule) nach Strabon/Eratosthenes (1 Stadion= 158.73 m, 1 = 700 Stadien) o

1 Die Distanz Äquator-Meroe ergibt sich aus II, 5, 35 2 das antike Lysimacheia am Hellespant antiker

Distanz

korrigierte

moderner

Ort

nach

Dist. nach

Ort

Strabon

Strabon

in Stadien

in Stadien

Länge A

-

-

(Syene) Alexandria

Distanz

-

Bagrawia

33°451

16°591

16°591

11890

Aswan

32°561

24°051

7°06'

4970

Alexandria

29°551

31°13 1

7°081

4990

-

-

3750

Rhodos

28°141

36°261

5°131

3650

8100

3000

Baklaburnu2

26°521

40°361

4°101

2900

bei Ochakov

31°33 1

46°371

6°011

4200

8°00 '

63°251

16°481

11750

63°251

44350

5000

Borysthenes

Distanz

10000

(Rhodos) Hel lespant

tats.

-

Äquator 118001

tats.

cp

in Stadien

Äquator Meroe

Breite

300+3700

Thule

11500

-

Thule

46400

44050

= 66°171

= 63°

Sm0la

= 63°20 1

Tabelle 6.2: Breitenangaben des Ptolemaios Ptolemaios

moderner Name

cp

-cp

5cp= (-cp)

251

1 - 1° 50

Thule

63°00 1

Sm0la

63°251

Vistula fiuvius

56°00 1

Weichsel -Mündung

54°21 1

1 +1°39

A misia fiuvius

55°00 1

Ems- Mündung

53°191

1 +1°41

Rhenus fiuvius

53°20 1

Rhein bei Rotterdam

51°551

1 +1°25

Bolerium promontorium

52°30'

Lands End

50°041

+2°261

+ 36'

Cantium promontorium

54°00 1

South Foreland

51°091

+2°51

1

1 + 1°01

Itium promontorium

53°30 1

Cap Gris-Nez

50°521

+2°38

1

1 + 48

Gesoriacum

53°30 1

Boulogne-sur- Mer

50°43 1

1 +2°47

1 + 1°17

Massalia

43°051

Marseille

43°18 1

131

-

107

-

-

-

11 '

-

9'

251

Erklärungsbedürftig bleibt die ptolemäische Breitenangabe von Thule hinsichtlich seiner Beschreibung der Nordküste des europäischen Kontinents. Wie sich zeigt, sind die Breitenangaben zur Nordküste Europas bis auf Thule um ca. 2° zu groß, d. h. alle genannten Punkte liegen in Wirklichkeit südlicher als von Ptolemaios angegeben. Wäre dies auch bei Thule der Fall, dann läge es im südlichen Teil Norwegens. Dies widerspräche jedoch eindeutig der Angabe, dass Thule nördlich von Britannien liegt. Offensichtlich trifft also die allgemeine Verschiebung der Breiten nach Norden, wie sie sich in den ptolemäischen Koordinaten für die Nordküste Europas zeigt, für Thule nicht zu. Eine Erklärung dieses Phänomens ist durch Betrachtung der angewandten Meßmethoden möglich, die den antiken Koordinatenangaben zugrunde liegen. Sie wurden offensichtlich anhand der Dauer des längsten Tages ermittelt, ohne die dazu notwendige Korrektur von

(LELGEMANN 2010, S. 169) zu berücksichtigen. Die Breite von Thule- wie auch die seines Heimathafens Massalia- wurde jedoch von Pytheas mittels eines Gnomon bestimmt, mit dem sich weitaus genauere Meßergebnisse erzielen ließen als bei der Messung der Dauer des längsten Tage. Zieht man von den Differenzen (- cp) die Korrektion dcp ab, ergeben sich die in der letzenSpalte von Tabelle 6.2 angeführten Fehler 15cp, die im Osten durch die unvermeidlichen Messfehler zu erklären sind. Die Fehler im Westen, an der Kanalküste, von ca. 1o bedürfen einer weiteren Erklärung. Ursache können maßstäbliche Verzerrungen der Koordinaten und gegenseitige Verschie­ bungen von Ortsgruppen sein (vgl. Abschnitt 1.2.2 und Anhang). Der Breitenfehler von Cantium promontorium/South Foreland lässt sich z. B. auf folgende Weise einfach erklären: Die Meridianbogenlänge zwischen Massalia/ Marseille und Cantium promontorium/South Foreland ist !:lcp (51°09' - 43°18') T51'. Dividiert man diesen Wert durch den für Britannien ermittelten Maßstabsfaktor 0.7, erhält man !:l 11olO'. Addiert man diesen Wert zur Breite von Marseille, 43°05' + 11olO', ergibt sich eine Breite, die in etwa der von Cantium promontorium/South Foreland von 54°00' entspricht. =

=

=

=

=

6.2.2 Die geographische Länge von Thule

Nach Ptolemaios beträgt die geographische Länge des Mittelpunktes von Thule 30°20' (GH II, 3, 32). Identifiziert man Thule mit der Insel Sm0la und setzt deren Länge in Bezug zu einem ausgewählten Ort Britanniens, kann auch für die ptolemäische Längenangabe eine relativ hohe Genauigkeit festgestellt werden (siehe Tabelle 6.3). Referenzort ist dabei wegen der starken VerzerrungSchottlands nach Osten und des Fehlens der Shetland-Inseln in Ptolemaios' Darstellung Cantium promontorium/South-Foreland. Aufgrund Ptolemaios' Unterschätzung des Erdumfanges liegt global eine maßstäbliche Verzerrung der ptolemäischen Längenangaben vor. Mit dem für die Orte Britanniens er­ mittelten empirischen Entzerrungsfaktor m:::::; 0.7 erhält man für die Differenz der Längen beider Orte: und damit einen Fehler von (/:l,\- /:l,\) cos cp

=

(6°35'- 5°57') cos 5T 108

=

21':::::; 40 km .

Tabelle 6.3: Geographische Länge von Cantium promontorium und Thule insula

topographischer Punkt

Lokalisierung

A

>,

(Ptol.)

(modern)

South-Foreland

22°001

1°251

Sm0la

30°201

8°00'

8°201

6°351

(nach Ptolemaios) Cantium promontorium Thule insula

(Mitte)

Differenz

Dies ist ein Fehler in der Länge von einer halben Tagesfahrt für die Distanz vom Cantium promontorium / South Foreland nach Thule j Sm0la.

6.2.3 Die Entfernung Britannia - Thule Eine wichtige Information über die Lage von Thule, durch die die Koordinaten des Pto­ lemaios überprüft werden können, ist die überlieferte Angabe zur Entfernung zwischen Britannien und Thule. Sowohl Strabon (I, 4, 2 ) als auch Plinius

( Nat.

hist. II, 187 ) , deren

Aussagen auf Pytheas zurückgehen, berichten, dass Thule eine Seefahrt von sechs Tagen nach Norden von Britannien entfernt liege ( Strabon: apo men tes Brettanikes hex hemeron ploun apechein; Plinius: sex dierum navigatione in septentrionem a Britannia distante. ) "Tagesfahrten" bzw."Tag-und-Nacht-Fahrten" waren im Altertum gebräuchliche Entfer­ nungsangaben für Seerouten

( LELGEMANN

2010, S. 81f. ) . Nach Eratosthenes entspricht

eine"Tag-und-Nacht-Fahrt" einer Strecke von 1000 Stadien ( Strabon X, 4, 5 ) , ebenso gibt Ptolemaios die Länge einer "Tag-und-Nacht-Fahrt"

(GH I,

( nychthemeron )

mit 1000 Stadien an

9, 4 und I, 17, 8ff. ) . Daneben wurde mutmaßlich die nautische Einheit"Tagesfahrt"

benutzt, die die Hälfte einer "Tag-und-Nacht-Fahrt", d. h. 500 Stadien, bezeichnet. Legt man das Stadion des Eratosthenes zu 600 Gudeafuß bzw. 158.73 m als Längeneinheit zu­ grunde

( LELGEMANN

2010, S. 77ff. ) , ergeben sich für eine "Tag-und-Nacht-Fahrt" ca.

160 km, für eine"Tagesfahrt" ca. 80 km. Mit dem Stadion Italikon

( Censorinus XIII, 2 )

zu

600 attischen Fuß bzw. 185.2 m erhält man für eine"Tag-und-Nacht-Fahrt" ca. 185 km, für eine"Tagesfahrt" ca. 92.5 km. Bei der von Strabon und Plinius angegebenen Entfernung zwischen Britannien und Thule handelt es sich um sechs "Tagesfahrten", nicht um"Tag-und-Nacht-Fahrten". Dies ergibt sich aus dem sprachlichen Vergleich mit der entsprechenden Stelle bei Solinus ( s. Abschnitt 6.3) , an der er für eine Reise von den Ebudes-Inseln nach Thule eine Entfernung von fünf Tag-und-Nacht-Fahrten

( quinque

dierum ac noctium navigatio ) angibt. Während Plinius

und Strabon also den Begriff"Tagesfahrten" gebrauchen, spricht Solinus ausdrücklich von "Tag-und-Nacht-Fahrten". Deutlich ergibt sich daraus die Unterscheidung beider Begriffe. Da Plinius F lottenkommandant in Misenum war, wo in der Kaiserzeit die stärkste römische Kriegsflotte lag, verfügte er über nautische Kenntnisse. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die von ihm gemachten Entfernungsangaben für Seerouten korrekt formuliert sind. Plinius

( Nat.

hist. IV, 104 ) berichtet ferner davon, dass man nach Thule von der Insel

Berrice aus fuhr

( ex

qua in Tylen navigetur ) . Sie wird als die "größte von allen"

( ma­

ximamque omnium Berricen ) bezeichnet und könnte den Shetland-Inseln bzw. Mainland, 109

der größten der Shetland-Inseln, entsprechen. Tatsächlich verläuft eine Schiffsroute von den Shetland-Inseln zur norwegischen Küste bei Krakenes und weiter längs der Küste bis zur Insel Sm0la nahezu auf einem Großkreis. Hierbei ergeben sich die in Tab.

6.4

angegebenen

Entfernungen.

Tabelle

6.4:

Ort

>,

cp

Unst

60°451

Kraken es

Sm0la

Entfernungen Shetland- norwegische Küste- Insel Sm0la 6_),

Entfernung

6.cp Stadion d.

Tages-

Stadion

Tages-

Eratosth.

fahrten

ltalikon

fahrten

-0°551

62°021

/

1°171

5°551

2170

4

1 3

/

1860

3

3 4

1°231

3°001

1370

2

3 4

/

1175

2

1 3

5°001

/

8°00'

63°251

Summe:

�7

�6

Als Ergebnis erhält man zum einen mit dem Stadion des Eratosthenes, ungefähr in

Ü bereinstimmung

mit der Angabe des Pytheas, ca. 7 "Tagesfahrten" bzw.

Nacht-Fahrten". Zum anderen ergeben sich mit dem Stadion Italikon ca. bzw.

3

"Tag-und-Nacht-Fahrten" in

Ü bereinstimmung

6

3,5

"Tag-und­

"Tagesfahrten"

mit der Angabe des Pytheas.

Nicht nur die aufgezeigten Berechnungen bekräftigen die Identifizierung von Thule mit Sm0la, sondern auch bronze- und eisenzeitliche Funde auf Sm0la, die auf eine frühe Besied­ lung der Insel hinweisen

( HORST

ROSEMAN ) . HENNIG

(1925,

S.

133)

bemerkt hierzu,

"daß eine von Nordschottland auf Norwegen laufende Fahrt nahezu zwangsläufig in den breiten Meeresarm hinter der Insel Smölen hineinmünden mußte, der sich dann unmittelbar in die große Trondheimer Bucht öffnet, die einzige Stelle in Norwegen, wo eine große und leidlich fruchtbare Ebene zum Landen, aber auch zu früher Besiedlung verlocken mußte". Möglicherweise wurde die gesamte Region der Trondheimer Bucht Thule genannt schnitt

6.4).

( s.

Ab­

Dies würde die Angaben des Ptolemaios erklären, nach denen die Insel Thule

eine Ausdehnung von

2°40'

in der Länge und von

35'

in der Breite hat. Da es keine der­

artige Insel vor der norwegischen Küste gibt, beziehen sich diese Angaben vermutlich auf die Region an der Trondheimer Bucht, die Ptolemaios irrtümlich für die Koordinaten einer Insel gehalten hat. Importfunde aus der römischen Kaiserzeit in dieser Region weisen auf einen regen Han­ del mit dem Mittelmeerraum hin

( vgl.

LUND, Karte

14).

Bereits zur Zeit des Pytheas

dürfte die Trondheimer Bucht ein Handelplatz gewesen sein ( s. Abschnitt

6.4),

der für die

Kaufmannsgilde in Massalia / Marseille von großem Interesse war. Es war dieses Interesse, das Pytheas nach Thule führte wie anschließend zur Deutschen Bucht, wo im Altertum Bernstein gefunden wurde. An der Fahrt des Pytheas gibt es somit nichts Mystisches; rein praktische Handelsinteressen lagen dieser Route zugrunde, ebenso wie später der Route des Columbus, die ihn nach Amerika führte. Handel und militärische Logistik sind die

110

Triebfedern, die wie im Altertum so auch in der Neuzeit den geographischen Vermessungs­ arbeiten zugrunde liegen.

6.3 Der Bericht des Solinus Während nach den Angaben des Strabon und des Plinius Thule sechs Tagesfahrten von Britannien entfernt liegt, findet sich hinsichtlich der Entfernung und der Seeroute nach Thule eine abweichende Darstellung bei Solinus, der im

3.

Jahrhundert eine Erdbeschrei­

bung ( Colloctanea rerum memorabilium) verfasst hat. Darin berichtet er (XXII,

12),

dass

die Thule-Fahrer am Calidoniae promuntorium in See stächen, nach zwei Tagen (bidui navigatio) zu der Inselgruppe der fünf Ebudes gelangten, dann zu den drei Orchades, die von den Ebudes sieben "Tag-und-Nacht-Fahrten" entfernt seien (septem dierum totidem­ que noctium cursu), und von dort schließlich in fünf "Tag-und-Nacht-Fahrten" nach Thule ( quinque dierum ac noctium navigatio). Offensichtlich geht dieser Bericht nicht auf die Pytheastradition zurück. Nach NANSEN (S.

172) ist er ein

Zusatz eines irischen Mönches des 8. Jahrhunderts. Trifft dies zu, könnte

der Ausgangspunkt der angegebenen Route Irland gewesen sein, von wo aus man zunächst zu den Ebudes/Hebriden fuhr und dann weiter zu den Färöer-Inseln, die vermutlich um

625

von irischen Mönchen entdeckt wurden und mit den Drehades gemeint sein könnten. Von dort aus segelte man schließlich nach Thule. Da irische Mönche den Namen Thule später auf Island übertrugen (s. Abschnitt

6.4),

beschreibt der genannte Abschnitt vermutlich

eine Fahrt von Irland nach Island und hat somit nichts mit der Reise des Pytheas gemein.

6.4 Norwegen Die Frage, ob Pytheas bei seiner Abfahrt in Massalia/Marseille bereits Kenntnis von Thule hatte, lässt sich nicht beantworten. Da er sich, wie wir von Strabon

(11, 4, 1)

erfahren, wäh­

rend seiner Reise auch in Britannien aufgehalten hat, könnte er dort durch die Einwohner die Kunde davon erhalten haben. Möglicherweise bestand damals ein Handelsverkehr zwi­ schen den Einwohnern Britanniens und Thule. Die sicherlich auf Pytheas zurückgehende Angabe des Plinius, dass

"man

von Berrice aus nach Thule fahrt", deutet jedenfalls auf

einen häufigeren Schiffsverkehr hin. HENNIG

(1944,

S.

169) bemerkt hierzu, der Umstand,

dass sich Pytheas mit den Einwohnern von Thule offensichtlich verständigen konnte (wie sich aus der unten erwähnten Geminos-Stelle ergibt), lasse auf die Existenz von Dolmet­ schern schließen. Dies wiederum, so HENNIG (a. a.

0.),

bedeute, dass es eine Verbindung

gegeben haben müsse. Pytheas hatte als Geograph sicherlich ein Interesse daran, die nördliche Ausdehnung der oikumene zu erfassen. Wie in Abschnitt

6.2.3

beschrieben, führte Pytheas' Route wahr­

scheinlich von Britannien aus über die Shetland-Inseln zur Insel Sm0la und in die Trondhei­ mer Bucht. In dieser Region nahm er vermutlich eine Messung der geographischen Breite vor, die er später in seinem Werk Peri Okeanu oder einer anderen Schrift als Breite von Thule verzeichnete. Auch wird er bei seinem Aufenthalt dort erfahren haben, dass sich das Land noch weiter nach Norden ausdehnt. Hierfür sprechen die Angaben, die sich bei Ge­ minos und Pomponins Mela finden. Höchstwahrscheinlich ist Pytheas jedoch selbst nicht bis in die Region am Polarkreis vorgedrungen.

111

Besonders wertvoll ist in diesem Zusammenhang das Zeugnis des Geminos, weil sich bei ihm als einzigem antiken Autor ein Originalzitat aus dem Werk des Pytheas erhalten hat. An der betreffenden Stelle (Eisagoge, 6, 8f.) heißt es, Pytheas berichte in seinem Buch Peri Okeanou, die Einwohner hätten ihm die Stelle gezeigt, "wo sich die Sonne schlafen legt"; dort sei die Nacht (zur Sommersonnenwende) nur zwei oder drei Stunden lang. NANSEN (Bd. 1, S. 57f.) bemerkt hierzu: "Falls der längste Tag des Jahres durch direkte Beobachtung der Richtungen des ersten Sichtbarwerdens und des letzten Verschwindens der Sonne an Stellen mit freiem Horizont nach Norden hin bestimmt worden war, werden Längen von 21 und 22 Stunden in jener Zeit 63°39' und 64°39' nördlicher Breite entsprechen. Nach dem Sonnenmittelpunkt und ohne Berücksichtigung der Refraktion theoretisch berechnet, werden es 64°32' und 65°31' nördlicher Breite sein." Pomponins Mela schreibt, dass es in Thule zur Zeit der Sommersonnenwende keine Nächte gebe, weil die Sonne nicht nur ihren Abglanz, sondern sich selbst zum größten Teile noch zeige (per solstitium vero nullae (noctes), quod (sol) tum iam manifestior non fulgorem modo, sed sui quoque partem maximam ostentat;

111,

57). Diese Beschreibung

ist die älteste Erwähnung der Mitternachtssonne und geht vielleicht ebenfalls auf Pytheas zurück. Unklar bleibt allerdings die Angabe des Pomponins Mela

(111, 57), Thule liege dem (111, 36) handele.

Gestade der Belcer vorgelagert, bei denen es sich um skythische Stämme

Ferner wird berichtet, eine Tagesreise von T hule entfernt befinde sich das "träge und gefrorene Meer" (pepegyia thalatta nach Strabon I, 4, 2; mare concretum nach Plinius Nat. hist. IV, 104; pigrum et concretum mare nach Solinus XXII, 11; congelatum mare nach Dicuil 7, 13). Nach dem schwedischen Ozeanographen Walfrid EKMAN (zitiert von SVENNUNG, S. 27) könnte es sich dabei um eine besonders in norwegischen Gewässern auftretende Erscheinung handeln: "In einem engen Meerbusen, z. B. einem norwegischen Fjord, wo eine Schicht von leichtem Süsswasser das schwerere Meerwasser überdeckt, kann ein Schiff mit schwacher Treibkraft in eine Art Stillwasser hineingeraten, so dass es fast ganz seine Fahrt verliert und sich nicht steuern lässt. Die Ursache ist folgende Tatsache: An der Grenze zwischen dem leichten und dem schweren Wasser werden (für die Seeleute unsichtbare) Schlagwellen gebildet". Weiterhin erwähnt NANSEN (S. 69) den sog. Eisbrei, "wie er sich längs des Randes des Treibeises über weite Strecken hin bildet, wenn dieses durch den Wellenschlag zerquetscht wird". Nicht entscheiden lässt sich die Frage, ob Pytheas unter dem Namen Thule nur die Insel Sm0la verstanden hat, oder die Region an der Trondheimer Bucht oder vielleicht bereits ganz Norwegen bzw. Skandinavien. Zumindest in späterer Zeit hatte die Bezeichnung Thule offensichtlich diese Bedeutung. Dies wird deutlich aus der Beschreibung von Thule, die der Historiker Prokopios von Kaisareia (ca. 500-ca. 565) in seinem Werk über den Gotenkrieg ( de Bello Gothico; II, 15) gibt. Danach ist Thule eine sehr große Insel, über zehnmal größer als Britannien und liegt nördlich davon. Ähnlich äußert sich auch Solinus, der Thule als ein reiches, weitläufiges und an Obst ertragreiches Land bezeichnet (XXII, 12 ) . Möglicherweise beziehen sich der Bericht des Prokopios und der des Solinus, sofern es sich dabei um einen späteren Zusatz handelt (s. Abschnitt 6.3) aber auch bereits auf Island. Denn als am Ende des 8. Jahrhunderts irische Mönche als Anachoreten nach Island kamen, übertrugen sie den Namen Thule auf diese Insel, wie sich aus der 825 verfassten Beschreibung des Dicuil entnehmen lässt (7, 11-13). Jedoch könnte Island auch schon vorher erreicht worden sein, denn am Anfang des 5. Jahrhunderts berichtet Orosius (Hist. a dv. pag. I, 2, 79), Thule liege im nordwestlichen Ozean, ebenso im 6. Jahrhundert Jordanes ( cap. 1 ) und 112

im 7. Jahrhundert Isidorus von Sevilla (Etym. XIV, 6, 4) sowie der Geographus Ravennas (V, 32). Eindeutig beschreibt dann Adam von Bremen im 11. Jahrhundert Island als Thule: Haec Thyle nunc island appellatur ( Gesta IV, 36). Fraglich ist schließlich, ob Pytheas selbst Thule als Insel bezeichnet hat. Zumindest spricht Strabon, der Thule an acht Stellen seines Werkes erwähnt, nur an einer Stelle von Thule als Insel, wobei er in diesem Zusammenhang gerade seinen Mangel an genauer Kenntnis ausdrückt

(11, 5,

8). Sollte andererseits Pytheas Norwegen als Insel angesehen

haben, wäre dies durchaus zu erklären, denn NANSEN (S. 63) verweist darauf, dass Py­ theas den ganzen bottnischen Meerbusen hätte hinauffahren müssen, um zu erkennen, dass Thule mit dem Festland zusammenhängt. Letztlich war jedoch keinem der antiken Geographen bekannt, dass Skandinavien in Wirklichkeit eine Halbinsel ist. Die erste Er­ wähnung einer Verbindung Schwedens mit dem Festland findet sich bei Adam von Bremen im 11. Jahrhundert, der Kunde davon hatte, dass Leute von Schweden auf dem Landwege ins Byzantinische Reich gelangt seien ( Asserunt e tiam periti locorum a Sueonia terrestri via permeasse quosdam usque in Graeciam. Gesta IV, 15). Auch der arabische Geograph Al-KhwarizmT (vor 847) verzeichnet Thule in seinem Kitab Surat al-Ard ("Buch vom Bild der Erde"). Allerdings verwendet er auch nicht von Ptole­ maios stammendes, neueres kartographisches Material. Insgesamt erscheint Thule größer als bei Ptolemaios und der Inselmittelpunkt liegt ca. 1° 20 ' weiter westlich. Die Angaben des Al-KhwarizmT könnten eher auf das südliche und südwestliche Norwegen zutreffen (WIEBER, S. 88-91). In der Neuzeit wurde schon im 19. Jahrhundert durch Leopold von BUCH, Sven NILS­ SON und andere die Vermutung angestellt, Thule könnte Norwegen sein. Der Polarforscher Fridtjof NANSEN hat dann nicht nur deutlich dargelegt, dass jenes Thule, das Pytheas einst erreicht hatte, weder Island noch eine der Shetland-Inseln gewesen sein kann, son­ dern dass es an der norwegischen Küste gelegen hat (Bd. I, S. 47-76). Wie die vorliegende Untersuchung gezeigt hat, ist es wahrscheinlich die Insel Sm0la gewesen, wo Pytheas als erster Grieche den Boden Norwegens betreten hat.

6.5 Literatur ALONSO-N(J.NEZ, J. M.: Roman Knowledge of Scandinavia in the Imperial Period. In: Oxford Journal of Archaeology NQ- 7, 1988, S. 47-64 BIANCHETTI, Serena: Pitea di Massalia. L 'Oceano. Introduzione, te sto, traduzione e commento. Pisa - Rom 1998 BUCH, Leopold von: Reise durch Norwegen und Lappland. Berlin 1810 F UHR, Maximilian: Pytheas aus Massilia. Historisch-kritische Abhandlung. Darmstadt 1842 GRANE, Thomas: Did the Romans really Know (or Gare) about Southern Scandinavia? In: GRANE, Thomas (Hrsg.): Beyond the Roman Frontier. Roman Infiue nces on the Northern Barbaricum. Rom 2007, S. 7-29

113

GUTENBRUNNER, Siegfried: Germanische Frühzeit in den Berichten der Antike. Halle a. S. 1939 HENNIG, Richard: Von rätselhaften Ländern. München 1925 HENNIG, Richard: Terrae incognitae. Bd. 1, Altertum bis Ptolemäus. Leiden, 21944 HERGT, Gustav: Die Nordlandfahrt des Pytheas. Halle a.S. 1893 (Diss.) HORSBURGH, E. M.: The Thule of Tacitus. In: Scottish Geographical Magazine, NQ- 29, 1913, S. 196-197

HORST ROSEMAN, Christina: Pytheas of Massalia. On the Ocean. Text, translation and comme ntary. Chicago 1994 LELGEMANN, Dieter: Die Erfindung der Messkunst. Angewandte Mathematik im antiken Griechenland. Darmstadt 2010 LUND-HANSEN, Ulla: R ömischer Import im Norden. Warenaustausch zwischen dem R ö­ mischen Reich und dem freien Germanien während der Kaiserzeit unter besonderer Be­ rücksichtigung Nordeuropas. Kopenhagen 1987 LUNDMANN, B.: The Problem of Ancient Griental Shipping on the North Sea: Anthropo­ logical Gontributions to the Discussion on the Existence of More or Less Direct Maritime Trade between the Bastern Mediterranean Countries and Northwestern Europe. In: Journal of Near Eastern Studies, Vol. 16, NQ- 2, 1957, S. 105-117 METTE, H. J.: Pytheas von Massilia. Die Fragmente. Berlin 1952 NANSEN, Fridtjof: Nebelheim. Entdeckung und Erforschung der nördlichen Länder und Meere. 2 Bde., Leipzig 1911 NILSSON, Sven: Die Ureinwohner des skandinavischen Nordens. Harnburg 1863 NINCK, Martin: Die Entdeckung von Europa durch die Griechen. Basel 1945 REDSLOB, Gustav Moritz: Thule, die phönicischen Handelswege nach dem Norden, ins­ besondere nach dem Bernsteinlande, sowie die Reise des Pytheas von Massilien. Leipzig 1855

SHACKLETON, E.: Der Mensch und das Meer. In: DEACON, George E. R. (Hrsg.): Die Meere der Welt. Stuttgart 1962, S. 20-73 SVENNUNG, J.: Skandinavien bei Plinius und Ptolemaios. Uppsala 1974 W IEBER, Reinhard: Nordwesteuropa nach der arabischen Bearbeitung der Ptolemäischen Geographie von Muhammad B. Musa Al-Hwarizmi. Walldorf 1974 ZEUNE, August: Erdansichten oder Abriss einer Geschichte der Erdkunde. Berlin 1815

114

Anhang: Transformationsparameter In der folgenden Tabelle sind die Parameter der Transformation der ptolemäischen Koor­ dinaten (A, ) in moderne Koordinaten (>., cp) für die einzelnen Transformationseinheiten (TE) angegeben. Die entzerrende Transformation lautet (vgl. Abschnitt 1.2.2.2) Ai rPi

mAAi + Ao mq, i + rPo

mit den Maßstabsparametern mA und mq, sowie den Translationsparametern Ao und cp0. Wie in der Tabelle ersichtlich, wurden in den einzelnen Regionen Germania, Gallia Belgica, Raetia und Noricum unterschiedliche Maßstabsparameter zugelassen, innerhalb einer jeden Region jedoch einheitliche Maßstabsparameter angesetzt. Des Weiteren sind in der Tabelle Mittelwerte für die Standardabweichungen der (maß­ stäblich unverzerrten) antiken Koordinaten angegeben, die sich nach der Ausgleichung in den einzelnen Transformationseinheiten ergaben1. Die ermittelten Transformationsparameter sorgen lokal für eine möglichst beste Anpas­ sung der ptolemäischen an die modernen Koordinaten, sind jedoch weniger anschaulich. Für eine bessere Veranschaulichung der Verschiebungen (Verzerrung) der einzelnen Transfor­ mationseinheiten gegeneinander wurden die Differenzen ihrer Translationen (vgl. Abschnitt 1.2.2.2, Formel (1.1)) bezüglich der Translationen A0 Rund 0 Reiner ausgewählten Trans­ formationseinheit bestimmt: ßAo Ao- AaR o- o R. ß o Die Transformationseinheiten und die relativen Translationen sind in den folgenden Ab­ bildungen dargestellt (Stereographische Azimutalprojektion, Transformationseinheiten in Form von konvexen Hüllen) . Wie ersichtlich, überlagern sich Transformationseinheiten zum Teil. Es ist also anzunehmen, dass in solchen Regionen Ortsgruppen unabhängig vonein­ ander lagemäßig bestimmt wurden.

1Für die Mittelung der Standardabweichungen wurden die in die Ausgleichung eingehenden Größen der Standardabweichungen und nicht ihre Schätzwerte verwendet, wenn die Einheitsvarianz a posteriori nach der Ausgleichung kleiner als die Einheitsvarianz a priori ausfiel, da andernfalls möglicherweise die Genauigkeit unrealistisch unterschätzt worden wäre.

115

Entzerrungsparameter TE

Anz.

Translation

Pkt.

A

Germania Magna

I

0 Standardabw.

Maßstab

A

l

A

I

G1

12

-12°56'

1 4°06'

0.690

0.714

7'

(8km)

9'

(17km)

G2

14

-12°32'

1 3°54'

0.690

0.714

11'

(12km)

8'

(15 km)

G3

13

-12°10'

1 4°20'

0.690

0.714

7'

(8km)

7'

(13 km)

G4

4

-12°07'

14°01'

0.690

0.714

7'

(8km)

5'

(9km)

G5

7

-12°17'

1 3°47'

0.690

0.714

11'

(13km)

10'

(19km)

G6

16

-12°12'

14°17'

0.690

0.714

10'

(12km)

7'

(13 km)

G7

10

-12°04'

1 4°38'

0.690

0.714

8'

(10km)

7'

(13 km)

G8

11

-12°25'

1 4°22'

0.690

0.714

8'

(10km)

6'

(11 km)

G9

10

-12°38'

14°13'

0.690

0.714

9'

(11 km)

11'

(20km)

G10

10

-9°59'

1 4°43'

0.690

0.714

10'

(12km)

7'

(13 km)

G11

6

-12°1 1 1

1 3°28'

0.690

0.714

10'

(12km)

7'

(13 km)

G12

12

-1 0°09'

1 3°43'

0.690

0.714

13'

(16km)

10'

(19km)

Gallia Belgica B1

6

-15°58'

9°27'

0.769

0.800

12'

(14km)

9'

(17km)

B2

5

-14°16'

1 0°07'

0.769

0.800

16'

(19km)

10'

(19km)

B3

13

-15°24'

8°16'

0.769

0.800

12'

(14km)

9'

(17km)

B4

5

-15°06'

9°32'

0.769

0.800

10'

(12km)

18'

(33km)

B5

6

-14°37'

1 0°39'

0.769

0.800

15'

(18km)

14'

(26km)

B6

5

-13°30'

11 °07'

0.769

0.800

10'

(12km)

13'

(24km)

B7

4

-12°53'

9°47'

0.769

0.800

10'

(12km)

8'

(15 km)

B8

12

-13°50'

9°58'

0.769

0.800

13'

(16km)

8'

(15 km)

B9

9

-14°09'

1 0°26'

0.769

0.800

13'

(17km)

6'

(11 km)

B10

5

-14°44'

1 0°02'

0.769

0.800

9'

(12km)

11'

(20km)

B11

5

-16°00'

9°31'

0.769

0.800

19'

(25km)

13'

(24km)

R1

11

-12°02'

1 4°46'

0.690

0.714

10'

(12km)

6'

(11 km)

R2

6

-11 °26'

1 4°36'

0.690

0. 714

15'

(19km)

7'

(13 km)

R3

5

-11 °53'

1 4°22'

0.690

0.714

10'

(13km)

6'

(11 km)

Raetia

116

Entzerrungsparameter TE

Anz. Pkt.

I

A

0 Standardabw.

Maßstab

Translation

A

l

I

A



Noricum N1

6

- 12°45'

12°15'

0.769

0.769

15'

N2

3

- 12° 59'

12°03'

0.769

0.769

11'

N3

10

- 13°52'

11° 36'

0.769

0.769

10'

) (14km ) (13km ) (18km

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5' 10'

) (9km) (19km ) (11km

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J3

G2

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6'

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.

>

Relative Translationen in Germania Magna, Referenz-TE: G2

117

Relative Tr anslatione

n in GalJia Belgica, Re fere nz- TE:

12•

Relative Tr anslationen in Rae tia, Referenz- T E:

118

Rl

B2

46° �--��---J--�12°

Relative Translationen in Noricum, Referenz-TE: Nl

119

Nachwort Der Alexandriner Klaudias Ptolemaios war Mathematiker, der sich - nach heutigem Ver­ ständnis- vor allem für die augewandten mathematischen W issenschaften interessierte. Der Astronomie etwa war sein berühmtestes Hauptwerk, die Mathematike syntaxis ("Mathe­ matische Zusammenstellung"), gewidmet, die geometrische Modelle für die Bewegungen der Planeten im antiken Sinn ausarbeitete. Das Werk Harmonika behandelte die Musiktheo­ rie gemäß den verschiedenen, traditionellen griechischen Systemen. Die Optik, nur in einer fragmentarischen lateinischen Übersetzung der verlorenen arabischen Übersetzung des ver­ lorenen griechischen Textes erhalten, umfasste vor allem die geometrische Optik, also die Spiegelung und Brechung von Lichtstrahlen. So ist es nur folgerichtig, dass Ptolemaios seine Geographike Hyphegesis ("Geographi­ sche Anleitung") mit einem Lobpreis auf die Mathematik beginnt (GH I,

1).

Sie kann dem

menschlichen Geist ein Bild der bewohnten Welt durch eine Abbildung vermitteln. Die ptolemäische Geographie benötigte zu einem wesentlichen Teil Mathematik. Denn Geogra­ phie definierte er als bildliehe Darstellung der gesamten bekannten Welt zusammen mit den darin enthaltenen Erscheinungen. Die Betonung liegt auf , gesamt'. Die Chorographie war dagegen für Detaildarstellungen zuständig, ohne Mathematik zu benötigen. Es geht also bei der ptolemäischen Geographie nicht um die Geographie im heutigen Sinn, sondern in erster Linie um Kartographie, eine mathematische Disziplin. Es ist deshalb dem ptolemäischen Verständnis und Vorgehen geschuldet, dass auch heu­ te mathematisch-geodätische Methoden benötigt werden, um die ptolemäischen Koordi­ natenangaben durch eine Verzerrungsanalyse zu entzerren und die genannten Orte und topographischen Punkte zu identifizieren: Keine leichte Aufgabe, da das Beispiel Noricum zeigt, wie wenig antike Bezeichnungen heutigen politischen oder geographischen Einheiten zu entsprechen brauchen. Dieser Einsicht verdankt das vorliegende Buch seine Entstehung. In vergleichbarer Weise ist Peter MESENBURG bei seiner Genauigkeitsanalyse der Ger­ mania-Karte des großen Nachfolgers von Ptolemaios, Gerhard Mercators, vorgegangen.

Darauf ist zurückzukommen. Für Ptolemaios verfügte die Mathematik auch über die Beweiskraft, um die Kugelförmig­ keit von Land und Wasser zu beweisen (GH I,

2).

Sein wichtigster Gewährsmann, Marinos

aus Tyros an der phönizischen Mittelmeerküste, dem heutigen Sur im Südlibanon, ha­ be demgemäß geglaubt, durch mathematische Beweise bestimmt zu haben, dass der Orion vor der Sommersonnenwende vollständig für diejenigen sichtbar ist, die unter dem Äquator segeln. Aber, so Ptolemaios, dessen Überlegungen seien unbrauchbar, da sie auf falschen Voraussetzungen beruht hätten, nämlich auf einer zu südlichen Lage der bewohnten Länder (GH I,

7).

Insbesondere lehnte Ptolemaios die rechtwinklige Zylinderprojektion des Marinos für die Kartenherstellung ab und vermisste bei jenem Länge und Breite jedes eingetragenen Ortes (GH I,

18).

Seine eigenen über

6300

Ortsangaben mit jeweils beiden Koordinaten soll­

ten genau diesem Missstand abhelfen. Um diesen Schatz an Informationen wissenschafts-

120

historisch angemessen auswerten zu können, ist deren Identifizierung unerlässlich, wie es im vorliegenden Buch versucht wurde. Im letzten, 24. Kapitel des ersten Buches schlägt Ptolemaios zwei Projektionen für die kartographische Umsetzung der Daten vor: die einfache Kegelprojektion, die zu geradlini­ gen Meridianen und konzentrisch gebogenen Parallelkreisen führt, und die abweitungsfreie unechte Kegelprojektion mit weiterhin konzentrischen Parallelkreisen und gekrümmten Meridianen (PAGANI, S. IV). Mercator hat diese konischen Projektionsmethoden wei­ terentwickelt. Tatsächlich hat die Renaissance auch Ptolemaios und seinem geographischen Werk zu neuem Ansehen verholfen. Dank dem Konstantinopolitaner Manuel Chrysoloras, der um 1391 zum ersten Mal nach Italien gekommen war, wurde der F lorentiner Jacopo Angelo da Scarperia in die Lage versetzt, 1406 die erste lateinische Übersetzung der Geographike Hyphegesis fertig zu stellen. Durch seine Übersetzung wurde der humanistische T itel Gas­ magraphia geläufig. Jacopo Angelo rechtfertigte - zu Unrecht - seine Entscheidung mit

dem angeblichen Vorgehen von Plinius dem Älteren (PAGANI, S. XII Anm. 33): "Nam si Plinius ceterique latini, qui terre situm descripserunt, opus suum cosmogra­

phicam appell ant et auctores ipsi cosmographici dicuntur, nescio cur Ptolemei opus, quod idem tra ctat, eodem vocabulo apud nos appellari non debeat.

11

"Denn wenn Plinius und die übrigen Lateiner, die die Lage der Erde beschrieben, ihr Werk Kosmographie nennen und die Autoren selbst Kosmographen heißen, dann weiß ich nicht, warum nicht das Werk des Ptolemaios, das dasselbe behandelt, mit derselben Bezeichnung bei uns genannt werden soll." Die erste gedruckte lateinische Fassung des Textes, ohne Karten, erschien 1475 in V icen­ za. Schon 1477 erschien jedoch in Bologna eine lateinische Ausgabe mit den 27 ptole­ mäischen Karten (Nachdruck Amsterdam 1963). Rund hundert Jahre später, 1578, ver­ öffentlichte der bedeutendste Kartograph des 16. Jahrhunderts, Gerhard Mercator, seine Ausgabe der 27 Karten in Köln, denen er eine 28. Karte vom Nildelta hinzugefügt hatte, 1584 eine zweite Ausgabe ebendort zusammen mit dem Text (KROGT , S. 195): "Cl. Ptolemaei Alexandrini Geographiae libri octo recogniti iam et diligenter emendati cum tabulis geographicis ad mentem auctoris restitutis ac emendatis.

11

"Die acht Bücher der Geographie des Klaudias Ptolemaios aus Alexandria, nunmehr überarbeitet und sorgfältig verbessert mit den im Sinn des Autors wiederhergestellten und verbesserten geographischen Tafeln." Die 28 ptolemäischen Karten Mercators wurden 1605 und 1618 nochmals von Jodo­ cus Hondius in Amsterdam herausgegeben, im ersten Fall zusammen mit dem griechisch­ lateinischen Text, im zweiten Fall als Teil des historischen Atlasses Theatrum geographiae veteris durch Petrus Butius. Eine letzte Ausgabe der 28 Karten erschien im Jahre 1730.

Bis weit ins 18. Jahrhundert reichte also der Ruhm des ,Ägypters' Ptolemaios, wie er von Albrecht Dürer auf dessen Holzschnitt Imagines coeli septentrianales cum duodecim ima ginibus zodiaci aus dem Jahr 1515 genannt wird.

Sein kongenialer Renaissance-Nachfolger Mercator hatte freilich 1585 damit begonnen, eigene Spezialkarten in Duisburg zu veröffentlichen, zunächst 51 zu Gallia, Bel gium und Germania. Die Germania-Karte wurde 1994 von Peter MESENBURG einer mathemati­

schen Genauigkeitsanalyse unterzogen (MESENBURG 1994). Sie ist für das vorliegende Buch von besonderem Interesse. Das von MESENBURG verwandte geodätische Ausglei­ chungsverfahren brachte eine verblüffende Genauigkeit an den Tag. Die traditionelle Un121

genauigkeit der ptolemäischen Karten tritt in Mercators Ger mania-Karte nicht mehr auf, ohne dass jener diesen positiven Befund erklären konnte. In Mercator hatte Ptolemaios sei­ nen Meister gefunden. Und doch erlaubt die vorliegende Identifizierung eines großen Teils der ptolemäischen Ortsangaben erst jetzt, den reichen Informationsgehalt der Geo graphike Hyphegesi s für die historische Geographie, Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte in hohem

Maße zu erschließen.

Literatur KROGT, Peter van der: Erdgloben, Wandkarten, Atlanten - Gerhard Mercator kar tier t die Erde. In: Stadt Duisburg (Hrsg.): Gerhard Mercator, Europa und die Welt, BegZeitband zur Ausste l lung "Verfolgt, geachtet, universal- Gerhard Mercator, Europa und die Welt".

Duisburg 1994, S. 81-129 MESENBURG, Peter: Germaniae Universalis-Die Genauigkeit der Darstellung Europas durch Gerhard Mercator im Jahre 1585. In: Stadt Duisburg (Hrsg.): Gerhard Mercator, Europa und die Welt, BegZeitband zur Ausstellung "Verfolgt, geachtet, universal-Gerhard Merc ator, Europa und die Welt". Duisburg 1994, S. 221-234

PAGANI, Lelio: Einführung. In: Ptolemäus, Cosmographia, Das Weltbild der Antike. Stutt­ gart 1990, S. 111-XVI

122

Danksagung Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts, das von der Deut­ schen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird. Der DFG gilt daher unser Dank für ihre Förderung. Ebenfalls danken wir Herrn Dr. Hans-Jörg Nüsse (Freie Universität Berlin) für zahlreiche Hinweise zur Archäologie Germaniens.

123

Sachverzeichnis

Abkürzungen Bi

Biegung

cc

Cimbrica Chersonesus (Kimbrische Halbinsel)

mhd.

mittelhochdeutsch



Mündung

Qu

Quelle

Itin. Ant.

Itinerarium provinciarum Antonini Augusti

Tab. Peut.

Tabula Peutingeriana

GH

Geographike Hyphegesis

BASEL-AUSGABE

2006

Textausgabe

der

Geographike

Hyphegesis

STÜCKELBERGER/GRAßHOFF (s. Abschnitt

von

1.4)

Transformationseinheit

TE

Erläuterung der lateinischen geographischen Bezeichnungen fiuvius

Fluss

fons

Quelle

infiexio

Biegung, Krümmung, Umwendung

mons

Berg, Gebirge

navale

Ankerplatz

portus

Hafen

prominentia

Landspitze, Landvorsprung

promontorium,

promuntu-

Kap, Vorgebirge

num terminus

Grenzpunkt

Formelzeichen moderne Länge und Breite transformierte ptolemäische Länge und Breite Translation in Länge und Breite (Transformation von antik nach modern)

124

ptolemäische Länge und Breite Translation in Länge und Breite (Transformation von modern nach antik) Maßstäbe in Länge und Breite (Transformation von antik nach modern) Maßstäbe in Länge und Breite (Transformation von modern nach antik) Verbesserungen der ptolemäischen Länge und Breite

125

Index

Aalen, 58

Ardres, 75

Aar, 73

Aregelia, 49

Aardenburg, 75

Arelate, 99

Abiluum, 59

Argentorate, 83

Abnoba mons, 32

Argentoratum, 77

Abrinkas, 74

Argentovaria, 78

Acaunus, 90

Arsicua, 56

ad solis ortum infiexio, 40

Arsonium, 50

Adiuvense, 100

Artaunum, 52

Adulas mons, 74

Artobriga, 91

Aenus fiuvius, 85

Asanca, 57

Aguntum, 101

Ascalingium, 26, 47

Aislingen, 91

Ascaucalis, 44

Albis fiuvius, 35

Asciburgium, 25, 26, 44

Alcimoennis, 58, 83

Asciburgius mons, 33

Alexandria, 3, 22, 88

Astuia, 43

Alisum, 51

Atuatuca, 68

Alisus, 43

Atuatucum, 75

Alociae insulae tres, 40

Augsburg, 87, 91

Alpenvorland, 22

Augusta Rauricorum, 24

Alpes Cottiae, 82, 83

Augusta Vindelicorum, 82, 87, 88, 91

Alpes Graiae, 86

Augusta Viromanduorum, 76

Alpes Graiae et Poeninae, 82, 83, 90

Augustomagus, 76

Alpes Maritimae, 83

Babia Gora, 32

Alpes Poeninae, 86

Bad Driburg, 26, 46

Altstätten, 89

Bad Hersfeld, 52

Amberg, 55

Bad Nauheim, 52

Amiens, 75

Bad Oldesloe, 42

Amisia, 41, 46

Bad Wimpfen, 53

Amisia fiuvius, 35

Bagacum, 75

Anabum, 60

Basel, 24, 25

Andematunnum, 78

Batavodurum, 76

Andovce, 60

Bavay, 75

Anduaetium, 60

Bedacum, 101

Appingedam, 41

Bedaium, 101

Aquileia, 95

Beelen, 46

Aquincum, 24

Bergisch Gladbach, 51

Arabo fiuvius, 38

Bergium, 54

Arae Flaviae, 23, 57, 69, 83

126

Bern, 78

Castellum, 75

Bernburg a. d. Saale, 48

Casurgis, 55

Bibacum, 58, 83

Celeia, 95, 102

Bicurgium, 5, 54

Celje, 102

Biesheim-Oedenburg, 78

Ceske Budejovice, 59

Bingen, 24

Cetius mons, 98

Birten, 76

Chalusus fiuvius, 36

Bludenz, 89

Chojnice, 26, 44

Bodensee, 24, 69

Cimbrica Chersonesus, 38

Bogadium, 26, 46

Claudivium, 14, 95, 99

Borbetomagus, 77

Coenoenum, 43

Borken, 45

Colancorum, 26, 49

Boulogne-sur-mer, 72

communis Alpium et Adulae terminus, 74

Bragodurum, 87

Coridorgis, 59

Braunschweig, 26, 48

Crailsheim, 53

Breclav, 56

Crumerum, 38

Bregenz, 87, 88

Czlopa, 26, 44

Brennerpass, 91

Danubius fiuvius, 37, 38

Brenz, 37

Devona, 53

Bresle, 72

Dewangen, 53

Breucomagus, 77

Dittatium, 78

Brigantium, 87, 88

Döbraberg, 33

Brigobannis, 37, 87

Dobrockovice, 59

Briloner Wald, 32

Dölsach, 101

Brno, 60

Donau, 3, 25, 34, 37, 38, 82, 95

Brocken (Harz), 33

Donaueschingen, 37

Brodeltia, 58, 83

Donauknie, 24, 25, 38

Bruges, 75

Donauquelle, 24

Brumath, 77

Donauwörth, 58

Budorgis, 56

Drachenfels, 51

Budorigum, 50

Dracuina, 88

Budoris, 51

Drawsko Pomorskie, 44

Bunitium, 43

Dresden, 49

Burg an der Elbe, 49

Drusomagus, 90

Burg Stargard, 43

Durocortorum, 72, 75

Calaegia, 49

Ebodurum, 89

Calisia, 50

Eburodunum, 41, 60

Cambodunum, 82

Eburum, 56

Camenelum, 83

Ectodurum, 90

Canduum, 48

Eggegebirge, 32

Cantioebis, 58, 83

Ehl bei Benfeld, 78

Carnuntum, 23

Einöde der Helvetier, 69

Carpis, 38

Eisack, 86

Carrodunum, 56, 91

Eisenach, 48

Carvancas mons, 98 127

Elbe, 22, 24, 34, 35

Hannover, 47

Elcebus, 78

Hedemünden, 47

Ems, 34, 35, 41

Heidengraben bei Grabenstetten, 57

Havel, 34

Elbmündung, 24

Elsfleth-Hogenkamp, 42

Hegitmatia, 55

Emsquelle, 24

Heidenschanze bei Sievern, 42

Fabiranum, 42

Hermes, 76

Essen-Hinsel, 45

Heiligkreuzge birge/ Gory Swil?tokrzyskie, 33

Faeniana, 88

Hildesheim, 26, 47

Felicia, 59

Hitzacker, 42

Feugarum, 48

Hnidek, 56

F inningen, 58

Hfimezdice, 55

Flevum, 41

Hüfingen, 69, 87

fiuvius, 37

Idunum, 102

fons, 37

IJssel, 25, 34, 73

Forum Claudii Vallensium, 86, 90

IJzer, 73

Forum Tiberii, 78

Frankenwald, 33

infiexio prope Carpin, 38

Freistadt, 59

infiexio prope Curtam, 38

Friedberg, 52

lnn, 86, 95

lnnmündung, 24

Frudis fiuvius, 72

Fulda, 35

Inutrium, 91 Isarcus, 86

Furgisatis, 59

F ürstenwalde, 26, 49

Itium promontorium, 72 Iulium Carnicum, 98

Gabavodurum, 96, 100

Iuvavum, 14, 99

Gabreta-Wald, 37

Jena, 54

Gabromagus, 100 Ganodurum, 78

Jicin, 55

Geismar, 47

Jütland, 22, 38

Gauting, 91

Jihlava, 59

Gesodunum, 96, 101

Kalefeld, 23

Gesoria, 75

Kalisz, 50

Gesoriacum, 72, 75

Kauarische Inseln, 3

Glogow, 50

Kandel, 32

Görlitz, 50

Kanzianiberg, 98

Gotland, 41

Kap Griz Nez, 72

Gran, 25

Kap Skagen, 22

Gravionarium, 53

Karawanken, 98

Grebenau, 53

Karnische Inseln, 99

Großer St. Bernhard, 86

Katwij k-Brittenburg, 73

Gurina, 102

Kimbrische Halbinsel, 24, 38

Hagenow, 42

Kleine Donau, 38

Halberstadt, 48

Kleiner St. Bernhard, 86 Koblenz (Aargau), 73

Hallstadt, 54

128

Kojetfn, 57

Manarmanis portus, 41

Kolin, 56

March, 25, 37

Komarno, 60

Marionis, 42

Konin, 51

Marionis altera, 43

Konstanz, 90

Marktbreit, 54

Korneuburg, 59

Marne, 41

Kostrzyn, 26, 49

Marobudum, 54

Krosno Odrzanskie, 50

Mattiacum, 51

Maurine, 43

Laciburgium, 43

Mediolanium, 25, 45, 59

Lacus Brigantinus, 69

Medullum, 91

Lahnau- Waldgirmes, 51

Melibocus mons, 32

Lalendorf, 43

Meliodunum, 55

Lambach, 100

Melocabus, 52

Landeck, 91

Melsungen, 52

Langres, 78

Mengen- Ennetach, 88

Lathen, 42

Menin, 56

Lausitzer Gebirge, 33

Menosgada, 34, 54

Leipzig, 49

Mesuium, 15, 26, 48

Leszno, 50

Metacum, 74

Leucaristus, 15, 50

Metelen, 46

Leufana, 42

Miastko, 44

Lille, 75

Mistelbach an der Zaya, 56

Limes, 25, 68, 69, 82, 83

Mittelsächsisches Hügelland, 33

Limis lucus, 50

Moers-Asberg, 44

Linz, 59, 99

Moldau, 35

Lippe, 34, 35, 76

mons Vosegus, 69

Lirimeris, 42

montes Alpibus cognomines, 32

Litomefice, 55

Mosa fiuvius, 73

Locoritum, 53

Mosel, 69, 74

Lohr, 53

Moson- Donau, 38

Louny, 55

Munitium, 47

Lübecker Bucht, 40 Lubieszewo, 43

Naarn, 37

Lugdunum, 73

Nauders, 91

Lugidunum, 49

Naunheim, 52

Lukmanierpass, 74

Nausis, 52

Luna- Wald, 37

Navalia, 26, 45

Lupfurdum, 15, 49

Neckar, 34, 69

Luppia, 41, 48

Neckarland, 22, 68

Maas, 69, 73

Neustadt am Main, 53

Nemetacum, 74

Magdeburg, 26

Nijmegen, 76

Mährische Pforte, 33

Nomisterium, 55

Main, 34, 69

Nördlingen, 32

Malkuß, 53

Nordsee, 3 129

Nordseeküste, 22

Rheinmündungen, 73

Novaesium, 52 Noviomagus, 77

Rheinquelle, 69, 73

Rhenus fiuvius,

Oberleiserberg, 59

Obrincas, 68, 69, Ocra mons, 86 Octodurus, 90

Riegel, 57

74

Riesa, 49

Rigomagus, 77 Riusiava, 57

Odenwald, 22, 32, 68

Rothaargebirge, 32

Oderske vrchy /Oderberge, 33

Rottweil, 57

Ohnist'any, 55

Origiacum,

34, 73

Rißtissen, 88

Rufiniana, 77 Rugium, 44

74

Osielsk, 44

Rymai'ov, 56

Osterode, 48 Ostrzeszow, 50

Saale, 34

Ostsee, 3, 23

Saint-Quentin, 76

Ostseeküste, 22, 24

Salodurum,

Oststeirisches Hügelland, 98

Salzburg, 99

Oude Rijn, 73

Salzkotten, 26, 46

Parienna, 56 pars maxime orientalis,

Samarobriva, 75 Sarmatici montes,

39

Sarovce, 60

90

Saxonum insulae tres, 40 Scandia insula maxima, 40 Scandiae insulae minores tres,

Petinesca, 78 Pisek, 55 Plöckenpass, 99

Pons Dubis,

Schelde, 69, 72

Ponte Gardena, 85

Schemnitzer Berge (Stiavnicke vrchy), 32

Pontoux, 79

Schleswig-Holstein, 38

39

Schlüchtern, 53

Prag, 55

Schönberg, 43

Prest'ovice, 55

prima post prominentiam prominenta,

Schonen, 40

39

Schwäbische Alb, 83

Prosimefice, 56

proxima prominentia, 39 proxima prominentia infra hanc,

Schwanberg bei lphofen, 54 Schwarzwald, 22, 68

39

Scurgum, 26, 44 Segodunum, 53 sequens {prominentia} maxime borealis,

Raab, 38

Ratomagus,

75

39

Recknitz, 36

Redintuinum,

40

Schärhorn, 35

79

post Albim prominentia,

32

Samtaler Alpen, 86

Peenestrom, 36

Penneloci,

78

Setidava, 51 Setuacotum, 58, Setuia, 56 Siatutanda, 41

55

Regensburg, 24 Reims, 72 Remagen, 77

Sierakow, 50

Rhein, 3, 22, 24, 25, 34, 68, 69, 73, 82

Singone,

Rheingönheim, 77 130

60

83

Sk1ne, 40

Vac, 24

Solothurn, 78

Vacorium, 101

Sontheim an der Brenz, 58

Vallis Poenina, 82

Spessart, 32

Vecht, 34

Speyer, 77

Vernon, 74

St. Peter in Holz, 101

Vetera, 34

St. Pölten, 100

Vetera Legio XXX Ulpia, 76

Stereontium, 26, 46

Via Claudia Augusta, 83, 90, 92

Steyr, 101

Viadua fiuvius, 36

Stragona, 50

Vicus, 14, 89

Strasbourg, 77

Vidrus fiuvius, 34

Strass im Zillertal, 101

Vieux Seurre, 79

Strevinta, 55

Vinxtbach, 69, 74

Studenberg, 78

Viritium, 15, 26, 44

Sublavio, 85

Virunum, 44, 95

Sudeti montes, 32, 33

Visegrad, 38

Suebus fiuvius, 36

Vistula fiuvius, 36

Susudata, 26, 49

Visurgis fiuvius, 35

Swine, 36

Viviscus, 14, 89

Szob, 38

Vocarium, 101

Slupia, 36

Vogelsberg, 32 V yskov, 59

Tabula, 72 Tarnaiae, 90

Waag, 25

Tarodunum, 57

Waal, 73

Tecelia, 42

Wallis, 82

Tegeler Plate, 42

Wallsee, 99

Temmen, 43

Waren ( Müritz) , 43

terminus, 98

Weichsel, 4, 23, 24, 34, 36

Teuderium, 25, 46

Weichselmündung, 25

Teurnia, 101

Werra, 24, 35

Tongeren, 75

Weser, 22, 34, 35

Toul, 76

Wester-Schelde, 73

Traiana Legio XXII, 76

Westkarpaten, 4, 25, 32

Treffen, 101

Wetterau, 22, 68

Treuchtlingen, 58

Wienerwald, 98

Treva, 42

Wolkersdorf, 59

Tropaea Drusi, 48

Worms, 77

Tulifurdum, 15, 47

Wutach, 73

Tulisurgium, 26, 47

Zuglio, 98

Tullum, 76

Zuidersee, 24

Tuttlingen, 88 Ueckermünde, 43 Usbium, 59, 99

131

Raetia

Transformationseinheiten e

NI

0

Bll

e

Rl

> 2000 rn e

R2

e

R3

500- 2000 rn 150- 500 rn
2000 rn

Arelaie

500- 2000 rn

bei Linz

150- 500 rn