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German Pages [142] Year 2010
ANDREAS KLEINEBERG • CHRISTIAN MARX EBERHARD KNOBLOCH • DIETER LELGEMANN
GERMANIA UND DIE INSEL THULE Die Entschlüsselung von Ptolemaios’ »Atlas der Oikumene«
WBG^ Wissen verbindet
Germania und die Insel Thule
Germania und die Insel Thule Die Entschlüsselung von Ptolemaios' »Atlas der Oikumene« Andreas Kleineberg, Christian Marx,
Eberhard Knobloch, Dieter Leigemann
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ISBN 978-3-534-23757-9
Inhaltsverzeichnis 1
Einführung
3
Ptolemaios und die Geographie von Germanien Die Identifizierung der antiken Orte............................................................... 1.2.1 Probleme bei der Ortsidentifizierung................................................ 1.2.1.1 Die Textüberlieferung......................................................... 1.2.1.2 Die von Ptolemaios verwendeten Quellen........................... 1.2.1.3 Ptolemaios’ Verfahrensweise zur Ermittlung der geographi schen Koordinaten............................................................... 1.2.2 Geodätische Entzerrung der ptolemäischenKoordinaten................... 1.2.2.1 Die ptolemäischen Koordinatenangaben ........................... 1.2.2.2 Geodätische Entzerrung...................................................... 1.2.3 Die Informationen der Altertumskunde............................................. 1.2.4 Die Ortsnamen..................................................................................... 1.3 Zum Aufbau und Inhalt der folgenden Abhandlungen................................. 1.4 Verwendete Textausgaben.............................................................................. 1.5 Literatur.............................................................................................................
3 4 4 4 5
7 9 9 11 13 14 15 18 19
Germania Magna
21
2.1
21 21 22 23 25 26 28 31 31 34 38 40 41 41 44 51 57 60
1.1 1.2
2
2.2 2.3
2.4 3
Allgemeines....................................................................................................... 2.1.1 Probleme bei der Ortsidentifizierung in Germania Magna............... 2.1.2 Die Informationsquellen..................................................................... 2.1.3 Die Verzerrungen in derKarte des Ptolemaios................................... 2.1.4 Ptolemaios’ Darstellung derOrte in Germania Magna....................... 2.1.5 Zur Ortsidentifizierung ..................................................................... Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orteund Geländemarken Anmerkungen zu den Identifizierungen ......................................................... 2.3.1 Gebirge................................................................................................. 2.3.2 Flüsse.................................................................................................... 2.3.3 Die Kimbrische Halbinsel 2.3.4 Inseln.................................................................................................... 2.3.5 Orte....................................................................................................... 2.3.5.1 klima 1 .................................................................................. 2.3.5.2 klima 2.................................................................................. 2.3.5.3 klima 3.................................................................................. 2.3.5.4 klima 4.................................................................................. Literatur.............................................................................................................
Gallia Belgica, Germania Inferior, Germania Superior
68
3.1 3.2
68 71
Allgemeines....................................................................................................... Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken 1
3.3 3.4 4
82
4.1 4.2 4.3
82 85 85 85 87 92
Allgemeines....................................................................................................... Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken Anmerkungen zu den Identifizierungen......................................................... 4.3.1 Flüsse und Gebirge.............................................................................. 4.3.2 Orte....................................................................................................... Literatur.............................................................................................................
95
Noricum
5.1 5.2 5.3 5.4 6
72 79
Raetia et Vindelicia
4.4 5
Anmerkungen zu denIdentifizierungen........................................................... Literatur.............................................................................................................
Allgemeines....................................................................................................... Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken Anmerkungen zu den Identifizierungen ......................................................... Literatur.............................................................................................................
95 98 98 102
Thule
104
6.1 6.2
104 105 105 108 109 111 111 113
Vorbemerkungen.............................................................................................. Die Insel Sm01a................................................................................................. 6.2.1 Die geographische Breite von Thule.................................................... 6.2.2 Die geographische Länge von Thule.................................................... 6.2.3 Die Entfernung Britannia - Thule.......................................... 6.3 Der Bericht des Solinus..................................................................................... 6.4 Norwegen.......................................................................................................... 6.5 Literatur............................................................................................................. Anhang: Transformationsparameter
115
Nachwort
120
Danksagung
123
Sachverzeichnis
124
Index
126
2
1 Einführung
Wenn euch dann das edle Interesse an Wissen entflammt hat, habt ihr das Buch des Ptolemaios, der alle Örtlichkeiten so anschaulich dargestellt hat, dass es euch scheint, er sei beinahe in allen Gegenden zu Hause gewesen.
Cassiodor, Institutiones I, 25, 2
1.1 Ptolemaios und die Geographie von Germanien Die wichtigsten Werke der antiken Literatur, die uns ein Bild vom alten Germanien vermit teln, sind die Germania des Tacitus (um 55 - um 120) und die Geögraphike Hyphegesis des Klaudios Ptolemaios (um 100-um 170), im Folgenden kurz „Geographie“ genannt. Wäh rend sich der römische Historiker Tacitus jedoch auf die ethnographische Beschreibung der Germanenstämme konzentriert, steht im Mittelpunkt der Darstellung des griechischen Gelehrten Ptolemaios die Kartographie. Er verfasste seine „Geographie“ in der Mitte des zweiten Jahrhunderts in Alexandria. Diese einst von Alexander dem Großen an einem Mün dungsarm des Nils gegründete Stadt war nicht nur ein geistiges Zentrum der griechischrömischen Welt, wo Ptolemaios die bedeutendste Bibliothek des Altertums zur Verfügung stand (CANFORA 2002), sondern auch eine Handelsmetropole, in der Informationen über alle damals bekannten Länder der Erde, über die oikumene, Zusammenflüssen. Ptolemaios beschreibt in seinem geographischen Werk zunächst die theoretischen Grund lagen für eine maßstabsgetreue kartographische Darstellung der oikumene. Im Hauptteil der „Geographie“ gibt er dann die geographischen Koordinaten von mehr als 6300 Or ten und topographischen Punkten, wie Flussmündungen, Vorgebirge oder Berge, an. Eine Besonderheit dieses Ortskataloges liegt darin, dass Ptolemaios ein einheitliches, globales Koordinatensystem verwendet, das bis auf den Nullmeridian dem heutigen geographischen Koordinatensystem entspricht. Dabei werden die Breitengrade vom Äquator aus gezählt, der Nullmeridian wird, wie später im System von Ferro, bei den Kanarischen Inseln an gesetzt, dem westlichsten Ende der damals bekannten Welt. Die Angabe der Gradzahlen erfolgt in der Form des sog. Milesischen Systems, bei dem die Buchstaben des griechischen Alphabets als Zahlzeichen dienen. Die Minutenwerte werden als Bruchteile von Graden dargestellt. Da hierbei, mit Ausnahme des Wertes 2/3, nur Brüche mit 1 als Zähler verwen det werden, erscheinen einige Werte als Addition einfacher Brüche, z. B. x/2 + 1/4 = 3/4. Der kleinste von Ptolemaios im Ortskatalog angegebene Bruchteil eines Grades ist V12; dies entspricht 5'. Da Ptolemaios ferner für den Erdumfang einen Wert von 180.000 Stadien angibt (GH VII, 5, 12) und er eine Kreiseinteilung von 360° verwendet, entspricht 1° am Äquator 500 Stadien. Die kartographische Darstellung der gesamtem oikumene teilt Ptolemaios in eine Uberblickskarte und 26 Einzelkarten auf: zehn Karten für Europa, vier für Afrika und zwölf für Asien. Innerhalb dieser Gliederung sind die genannten ca. 6300 Ortsangaben, zu denen die Namen von Völkern und Landschaften ohne Koordinaten treten, auf 84 Länder bzw. Regionen verteilt, deren Grenzen jeweils beschrieben werden. Im zweiten Buch der „Geographie“ findet sich Ptolemaios’ Darstellung Germaniens, d. h. des nicht zum Römischen Reich gehörenden Siedlungsgebietes germanischer Stämme. Er nennt dieses Gebiet Germania Megale („Großgermanien“, im Folgenden in der lateinischen Form Germania Magna wiedergegeben). Seine Umgrenzung bilden nach Ptolemaios im Westen der Rhein, im Norden die Nord- und Ostsee, im Süden die Donau, im Osten die
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Weichsel und die Westkarpaten. Das Gebiet Germaniens umfasste also zu jener Zeit nicht nur Teile des heutigen Deutschlands, sondern auch Teile Dänemarks, Polens, Österreichs, Tschechiens und der Slowakei. Umgekehrt gehören zum heutigen Deutschland auch Ge biete, die sich bei Ptolemaios in der Beschreibung der römischen Provinzen Raetia sowie Germania Inferior und Superior finden, wobei er diese beiden germanischen Provinzen in der Darstellung von Gallia Belgica behandelt. Das östlich an Raetia und südöstlich an Germania Magna grenzende Noricum liegt im heutigen Österreich. Ptolemaios zeigt uns den Zustand Mitteleuropas zur frühen römischen Kaiserzeit. Die Besonderheiten in der Darstellung der einzelnen Gebiete werden in der vorliegenden Arbeit jeweils in den entsprechenden Abschnitten erörtert. Behandelt wird hierbei nicht nur der germanische Raum, sondern auch das angrenzende Territorium des Römischen Reiches.
1.2 Die Identifizierung der antiken Orte 1.2.1 Probleme bei der Ortsidentifizierung
„Aber erst, wenn es gelingt, hier, wo wir auf sicherem Boden vorgehen können, über die Quellen des Ptolemaeus, sein Verfahren bei der Feststellung der Positionen und den Werth der uns vorliegenden Ueberlieferung mehr Klarheit zu gewinnen, wird es vielleicht noch möglich sein, auch den Schlüssel zu finden für seine Darstellung der Germania Magna, die für die Vorgeschichte unseres Vaterlandes so ungemein wichtig ist, aber bis jetzt noch wie ein verzaubertes Schloß der Forschung Trotz bietet.“ So schrieb Karl ZANGEMEISTER im Jahre 1892 und in der Tat musste ihm Ptole maios’ Darstellung von Germania Magna wie ein „verzaubertes Schloß“ erscheinen. Denn einerseits liefert uns Ptolemaios die umfassendste topographische Beschreibung Germa niens der Antike, andererseits war es bis zu diesem Zeitpunkt kaum gelungen, auch nur einige der von ihm genannten Orte zuverlässig zu lokalisieren. Ausdruck dafür ist die Fülle von Untersuchungen, die auch nach der erwähnten Äußerung von ZANGEMEISTER mit unverminderter Intensität dazu durchgeführt wurden, und die große Anzahl oft erheblich voneinander abweichender Identifizierungsvorschläge, die sich daraus ergab. Als grundle gende Probleme für die Identifizierung der antiken Orte in Germania Magna erwiesen sich jene drei von ZANGEMEISTER genannten Fragestellungen: die Textüberlieferung, die von Ptolemaios verwendeten Quellen und seine Verfahrensweise zur Ermittlung der geographischen Koordinaten. 1.2.1.1 Die Textüberlieferung
Das „Originalexemplar“ der „Geographie“ aus der Zeit des Ptolemaios existiert nicht mehr. Der heute vorliegende Text ist durch 53 (bisher bekannte) griechische Handschriften ganz oder teilweise überliefert, von denen die ältesten um 1300 entstanden sind (BURRI, S. 1020). Für mehr als ein Jahrtausend entzieht sich also die Textüberlieferung unserer direkten Kenntnis. (Eine Ausnahme bildet der Papyrus Rylands Nr. 522 vom Anfang des 3. Jhs., vgl. STÜCKELBERGER/MITTENHUBER/KOCH, S. 142-144.) Die erhaltenen griechischen Handschriften lassen sich nun in zwei Textvarianten ein teilen, in die sog. Q-Rezension und die sog. E-Rezension. Die erste spaltet sich in zwei
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Untergruppen auf, die letzte ist nur durch eine Handschrift vertreten (STÜCKELBERGER/MITTENHUBER, S. 21-25). In diesen beiden Rezensionen weichen die Koordina tenangaben in weit über tausend Fällen voneinander ab, so dass sich bei der Lokalisierung eines antiken Ortes bisweilen nicht unerhebliche Differenzen ergeben können; beispielswei se weist der Ort Bicurgium in Germania Magna nach der Q-Rezension eine Breite von 51°15' auf, nach der E-Rezension beträgt der Wert 49°. Diese Abweichungen können ihre Ursache in Schreibfehlern haben oder auch in Modifizierungen der Koordinaten, die mögli cherweise schon von Ptolemaios oder von späteren Bearbeitern vorgenommen worden sind. Nicht zuletzt hat Ptolemaios selbst bei der Anlage seines Ortskataloges die Möglichkeit späterer Korrekturen berücksichtigt, indem er in seinen Tabellen dazu entsprechend Platz ließ (GH II, 1, 3). In der Regel konnten jedoch in den Fällen abweichender Koordinaten durch die in Abschnitt 1.2.2 beschriebenen mathematisch-geodätischen Analysemethoden die vermutlich richtigen Werte ermittelt werden. In anderen Fällen zeigte es sich, dass Orte nach den antiken Koordinaten grob fehlerhaft lokalisiert sind und keine der überlieferten Lesarten einen passenden Wert bietet. Zu diesen Orten kann einerseits Ptolemaios bereits falsche Angaben vorgefunden haben, andererseits ist es möglich, dass ihm selbst bei deren Verortung Fehler unterlaufen sind. Natürlich lassen sich auch hier zahlreiche Möglichkeiten von Schreibfehlern seitens der Kopisten annehmen, wie Fehler bei der Transkription von der Majuskel- in die Minuskelschrift, falsche Deutung unleserlich geschriebener Zahlen, Verrutschen in der Zeile, Verwechselungen von ganzen Zahlen und Bruchzahlen, das Vergessen von Bruchzahlen, Hörfehler beim Diktat u. a. Im Gegensatz zu lexikalischen, orthographischen oder grammatikalischen Fehlern in einem zusammenhängenden Text sind Schreibfehler bei Koordinatenangaben jedoch schwerer zu erkennen, zumal die Kopisten in der Regel nicht über eine entsprechende Sachkenntnis verfügt haben dürften, um die Richtigkeit der Koordinaten zu überprüfen. Ergab sich nun die Vermutung, dass die Koordinaten eines Ortes durch einen Schreibfehler verderbt sein könnten, wurden anhand der Verzerrungsanalyse der antiken Daten rechnerisch Sollwerte ermittelt, mittels derer Konjekturen vorgeschlagen werden konnten. Ähnlich wie bei den Koordinatenangaben können auch bei den antiken Ortsnamen Ab weichungen unter den Handschriften bzw. Handschriftengruppen auftreten oder Schreibfeh ler vorliegen. Hinzu kommt eine schwankende Orthographie, z. B. aufgrund des Itazismus. Handelt es sich hierbei um Namen, die auch durch andere Quellen belegt sind, ist eine Korrektur in der Regel möglich; z. B. lassen sich für die offensichtlich falsch überliefer ten Namen Beltike oder Iuliobona die korrekten Formen Belgike und Vindobona leicht ermitteln. Dies trifft vor allem für die Ortsangaben innerhalb des Römischen Reiches zu. Bei den Ortsnamen, die zu den Gebieten außerhalb des Römischen Reiches gehören, ist die Entscheidung über die richtige Lesart häufig nicht möglich (zu den Ortsnamen s. Ab schnitt 1.2.4). Hier sind Schreibfehler umso eher zu erwarten, als es sich beispielsweise bei den germanischen Ortsnamen um Wörter einer Sprache handelt, die den Kopisten in Alexandria und später in Byzanz fremd war. 1.2.1.2 Die von Ptolemaios verwendeten Quellen
Für die Identifizierung der von Ptolemaios genannten Orte ist es wichtig zu fragen, woher er Informationen über sie erhalten konnte. Zwar berichtet Ptolemaios davon, dass seine Darstellung der oikumene auch auf eigener Anschauung basiere (GH VII, 5, 1), jedoch 5
dürfte seine Reisetätigkeit nicht allzu umfangreich gewesen sein. Auch Germanien, Gallien und die römischen Provinzen an der Donau hat er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht selbst besucht, so dass seine Beschreibung dieser Gebiete nicht auf eigener Ortskenntnis, sondern ausschließlich auf fremden Quellen beruht. Grundlage der gesamten „Geographie“ bildet das Werk des Marinos von Tyros, ei nes Geographen des 1./2. Jahrhunderts, über den wir unsere Kenntnis - abgesehen von einigen Hinweisen bei dem arabischen Geographen al-Mas'üdT (gest. 956) - allein Ptole maios verdanken. Im ersten Buch der „Geographie“ würdigt er einerseits die wissenschaft liche Leistung des Marinos, andererseits setzt er sich auch kritisch mit ihm auseinander. Marinos sammelte nicht nur eine gewaltige Fülle geographischer Informationen, wobei er „nahezu alle Berichte seiner Vorgänger mit Sorgfalt betrachtet hat“ (GH I, 6, 1), sondern er verfasste auch zahlreiche Schriften, wozu beispielsweise Verzeichnisse von Orten gleicher geographischer Breite oder gleicher geographischer Länge gehörten (GH I, 18, 4). Von be sonderer Bedeutung ist der von Marinos angefertigte und mehrfach überarbeitete Entwurf einer Weltkarte. Ptolemaios verglich jedoch, wie er selbst sagt (GH I, 17, 2), die Angaben des Marinos auch mit neueren, d. h. nach dessen Arbeiten entstandenen Dokumenten. Leider macht Ptolemaios in seinem Ortskatalog keinerlei Angaben zu diesen Materialien. Anhand eini ger Hinweise, die er selbst im ersten Buch der „Geographie“ gibt, sowie anderer antiker Zeugnisse lassen sich jedoch verschiedene Arten von Quellen, wie er sie benutzt haben dürfte, ermitteln: • Itinerarien: Hierbei handelt es sich um Straßenverzeichnisse, die Etappen und Ent
fernungen von Landwegen angeben (vgl. OLSHAUSEN, S. 87-90). Die bedeutendsten erhaltenen Itinerarien, die allerdings erst aus nachptolemäischer Zeit stammen, sind das Itinerarium provinciarum Antonini Augusti (Anf. 3. Jh.) und die im Mittelalter entstandene, aber auf einer antiken Vorlage beruhende Tabula Peutingeriana; diese stellt ein Beispiel für ein Itinerarium in Kartenform dar. (Eine Übersicht über die erhaltenen antiken Itinerarien findet sich bei LOHBERG, S. 3-5.) • Periploi (Sing. Periplus): Dies sind Beschreibungen von Seerouten mit Angaben
zum Küstenverlauf, von Distanzen, Geländemarken wie Flussmündungen oder Vor gebirgen und anderen nautischen Informationen. Periploi waren für Ptolemaios bei der Darstellung der Küsten von Bedeutung (vgl. GH I, 18, 6; zu den Periploi s. GÜNGERICH; MEYER; OLSHAUSEN, S. 81-87). • Einzelkarten: Ptolemaios erwähnt ausdrücklich, dass er Einzelkarten verwendet ha
be (GH I, 19, 1), um die Fehler in der Darstellung des Marinos zu verbessern. • Reiseberichte: Im Zusammenhang mit seinen theoretischen Ausführungen zur kar
tographischen Darstellung der oikumene (Buch I) führt Ptolemaios selbst mehrere Berichte von Militär- und Handelsexpeditionen zu Land und auf See an. • Astronomisch-geographische Fachliteratur: Diese Literatur stand Ptolemaios
in der Bibliothek von Alexandria zur Verfügung. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Werke des Eratosthenes (ca. 276-194 v. Chr.) und des Hipparchos (ca. 160-125 v. Chr.) gewesen. Hipparchos wird in der „Geographie“ von Ptolemaios zweimal erwähnt (GH I, 4, 2 und I, 7, 4), Eratosthenes wird im Almagest (I, 12 p. 68 Heiberg) genannt (zu Eratosthenes s. LELGEMANN 2010).
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Für die römischen Provinzen bildete insbesondere die Raumerfassung durch Militär und Verwaltung die Grundlage der geographischen Informationen. Neben (militärischen) Kar ten und Itinerarien dürfte Ptolemaios hier auch Materialien nach Art der dimensuratio provinciarum, einer Lagebeschreibung der Provinzen, oder der Notitia dignitatum, eines Verwaltungshandbuches, verwendet haben. Von beiden vermitteln uns aus der Spätantike erhaltene Exemplare eine Vorstellung. Bedeutsam ist sicherlich auch die Chorographia des M. Vipsanius Agrippa (64 oder 63-12 v. Chr.) gewesen, die einerseits ein Distanzen verzeichnis, die sog. Commentarii, andererseits eine bildliche Darstellung der oikamene umfaßte, die in Rom in einer Säulenhalle ausgestellt war. Auch die topographischen Kenntnisse über Germania Magna dürften zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf die Erkundungen der römischen Armee zurückgehen, deren Er gebnisse in Form von Kriegsberichten und sicherlich auch von Karten festgehalten wur den. Daneben werden die Berichte von Händlern Informationen, beispielsweise über die Siedlungsgebiete der einzelnen Stämme, geliefert haben (zu den Informationsquellen für Germania Magna s. Abschnitt 2.1.2). Leider ist keine der von Ptolemaios verwendeten Quellen erhalten, so dass ein Vergleich mit den ptolemäischen Angaben nicht möglich ist. Dies gilt nicht nur für Germania Magna, sondern für die gesamte „Geographie“. Besonders schmerzlich ist der Verlust der erwähnten Karten, auf die es allerdings Hinweise in der antiken Literatur gibt (s. STÜCKELBERGER, S. 132f.). Eine Ausnahme bildet der sog. „Artemidor-Papyrus“ aus dem 1. Jh., der neben ei ner Küstenbeschreibung der Iberischen Halbinsel des griechischen Geographen Artemidoros (1. Jh. v. Chr.) eine - allerdings unfertige - Kartenskizze enthält (zum Artemidor-Papyrus s. CANFORA 2008 und SETTIS). Obwohl Ptolemaios bemüht war, möglichst die neuesten Materialien zu verwenden (GH I, 67, 2), dürfte es angesichts des immensen Umfanges der Aufgabe, die er sich gestellt hat, nämlich die kartographische Erfassung der ganzen damals bekannten Erde, nahezu unmög lich gewesen sein, für alle behandelten Gebiete aktuelle Informationen zu erhalten, zumal diese gewiss eher in Rom als in der Hauptstadt der Provinz Aegyptus zur Verfügung stan den. Ptolemaios und auch Marinos stützten sich also häufig auf Quellen, die damals bereits mehrere Jahrzehnte, in einigen Fällen sogar mehrere Jahrhunderte alt sein konnten. Dies erklärt beispielsweise das Fehlen wichtiger Orte oder Lokalisierungen von Volksstämmen, die im Widerspruch zu den Angaben anderer Quellen stehen; auch können so Orte oder Militärstützpunkte bei Ptolemaios verzeichnet sein, die in der Mitte des zweiten Jahrhun derts bereits aufgegeben worden waren. 1.2.1.3 Ptolemaios* Verfahrensweise zur Ermittlung der geographischen Koordinaten
In der Einleitung der „Geographie“ schreibt Ptolemaios, dass das Ziel seiner Arbeit ei ne proportionsgenaue Abbildung der oikamene sei. Während er nun die Methoden einer planimetrischen Darstellung der oikamene unter Wahrung der Proportionen auf der Kugel oberfläche der Erde ausführlich beschreibt, bleiben die Verfahren, nach denen er die im Ortskatalog verzeichneten Koordinatenangaben gewonnen hat, weitgehend im Dunkeln. Die Hauptschwierigkeit bestand dabei darin, dass die meisten Materialien, denen Ptole maios geographische Informationen entnehmen konnte, nicht für wissenschaftliche Zwecke, sondern für praktische Bedürfnisse konzipiert waren, d. h. sie dienten vor allem der Ori
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entierung im militärischen und zivilen Straßen- und Schiffsverkehr. Somit enthielten sie Beschreibungen von Land- und Seerouten, jedoch keine geographischen Koordinaten in Form von Längen- und Breitenangaben. Diese Koordinaten musste Ptolemaios für seinen Ortskatalog in den meisten Fällen also erst ermitteln. Die Darstellung von Verkehrswegen hingegen spielt für ihn keine Rolle. Zur Ermittlung der Koordinaten ist es, wie Ptolemaios ausführt, zunächst wichtig, durch sichere Beobachtungen gewonnene Daten als themelioi („Grundpfeiler“) zugrunde zu legen, an die dann die aus anderen Quellen stammenden Daten angepasst werden (GH I, 4, 2). Als derartige themelioi könnten die sog. poleis episemoi („bedeutende Städte“) gedient haben, die nicht nur im achten Buch der „Geographie“ verzeichnet sind, sondern auch in den Procheiroi kanones („Handtafeln“). Diese Tafeln bilden eine Sammlung von Tabellen mit meist astronomischen Angaben, die allerdings nur in einer Bearbeitung des Theon von Alexandria (4. Jh.) erhalten ist. Jedoch dürften die Koordinaten dieser etwa 360 poleis episemoi nur zum Teil durch astronomische Messungen bestimmt worden sein (zu den Meß methoden der Antike s. LELGEMANN 2010, S. 179ff.). Für die außerhalb des römischen Reiches liegenden Städte sind sie sogar unwahrscheinlich. Ferner geht Ptolemaios davon aus, dass die Angaben zu den öfter besuchten Orten wegen ihrer kontinuierlichen und in der Regel übereinstimmenden Übermittlung der Wirklichkeit weitaus näher kommen als die Angaben zu den seltener bereisten Plätzen (GH II, 1, 2). Obwohl Ptolemaios den durch astronomische Beobachtung gewonnenen Daten gegen über den Angaben anderer Quellen den Vorrang einräumt, haben ihm also derartige Daten nur für wenige Orte der oikumene vorgelegen. Abgesehen von den erwähnten Einzelkarten und den Verzeichnisse von Orten gleicher geographischer Breite oder gleicher geographi scher Länge, die Marinos von Tyros erstellt hat (vgl. 1.2.1.2), enthielten die meisten der von Ptolemaios ausgewerteten Quellen durch terrestrische Verfahren gewonnene Strecken angaben, aus denen Ptolemaios erst mittels mathematischer und sicherlich auch zeichne rischer Verfahren geographische Längen- und Breitenwerte ableiten musste. Dabei können sich mehrere Schwierigkeiten ergeben haben:
• Unterschiedliche Maßeinheiten: - Entfernungsangaben lagen nicht nur in Stadien vor, sondern auch in Form von Tagesreisen, die in Stadien umgerechnet werden mussten. - In den Quellen wurden unterschiedliche Stadienmaße verwendet. - Römische Quellen geben Entfernungen in Meilen an, im keltischen Gallien wurde außerdem die Leuga verwendet, Materialien zu entfernten Gebieten können auf anderen Maßeinheiten basieren wie dem indischen Yojana (vgl. HERRMANN, S. 74).
• Lagebestimmung mittels Entfernungsangaben: - In Itinerarien werden zwar die Entfernungen zwischen den Orten genannt, sie enthalten aber keine Richtungsangaben bzw. Aussagen über die gegenseitige Lage der Orte zueinander.
- In Itinerarien sind die Entfernungen zwischen den Orten entlang des Straßen verlaufs, nicht als geradlinige Distanzen verzeichnet.
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• Genauigkeit und Zuverlässigkeit:
- Die Genauigkeit der Angaben kann in den verwendeten Quellen aufgrund un terschiedlicher Methoden der Raumerfassung variieren. - Die Quellen können widersprüchliche oder falsche Angaben zu einem Ort ent halten.
- In den verwendeten Quellen können bereits Schreibfehler enthalten gewesen sein.
Die Folge davon sind systematische und grobe Fehler in den Koordinaten des ptolemäischen Ortskataloges, welche die Identifizierung der antiken Orte erschweren. Trotz der beschriebenen Problematik hinsichtlich der ptolemäischen Ortsangaben ist es möglich, einen großen Teil der antiken Orte zu lokalisieren. Dies erfordert jedoch ein interdisziplinäres Vorgehen, denn einerseits müssen die auftretenden Verzerrungen der an tiken Koordinaten untersucht werden, wofür in der vorliegenden Arbeit erstmals moderne mathematisch-geodätische Methoden angewendet wurden (vgl. Abschnitt 1.2.2), anderer seits gilt es, die Ergebnisse dieser Analyse mit möglichst vielen weiteren Informationen zur Geschichte und Archäologie, aber auch zur Topographie des betreffenden Gebietes zu vergleichen. Hinzu treten ortsnamenkundliche Betrachtungen. Grundsätzlich gilt die bereits von REISMANN-GRONE (S. 41) getroffene Feststellung hinsichtlich der Identifizierung der ptolemäischen Orte: „Nach mehreren Fehlschlägen der Deutung schien es richtig, so vorzugehen, wie in der Politik vorzugehen ist, nämlich die Dinge möglichst einfach zu sehen, jede Frage für sich ohne festgelegte Thesen zu behan deln.“ Dies bedeutet, dass jedes Gebiet seine eigene Problematik aufweist und deshalb eine entsprechende Betrachtungsweise erfordert. Dennoch zeigen die bisher durchgeführ ten Untersuchungen, dass die Ortsangaben des Ptolemaios oft eine bemerkenswert hohe Genauigkeit aufweisen. 1.2.2 Geodätische Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten
1.2.2.1 Die ptolemäischen Koordinatenangaben
Vergleicht man die ptolemäischen Koordinaten eines Ortes mit dessen Koordinaten im mo dernen geographischen Bezugssystem, ist festzustellen, dass diese i. Allg. große Unterschie de aufweisen. Bei den Längenangaben ist dies u. a. auf die unterschiedlichen Nullmeridiane des ptolemäischen und modernen Bezugssystems zurückzuführen. Aber auch nach Berück sichtigung dieser bekannten Längendifferenz verbleiben noch große Differenzen. Ursache der Koordinatendifferenzen sind verschiedenartige Fehler in den ptolemäischen Koordi naten. Bei den ptolemäischen Koordinatenangaben tritt als kleinster Bruchteil eines Grades 1/i2° = 5' auf. Die Analyse der Häufigkeit des Vorkommens der einzelnen Minutenwerte (5', KT, 15', ...) ergab, dass nicht alle Koordinatenwerte tatsächlich eine Auflösung von 5' besitzen, auch andere, gröbere Auflösungen > 10' treten auf. Für die hier behandelten Regionen gilt, dass kaum Koordinaten mit einer Auflösung von 5' vorhanden sind, was ihre Genauigkeit schmälert. Die Auflösung der Koordinatenwerte gibt jedoch nicht ihre wirkliche Genauigkeit wieder. Die wahren Fehler der ptolemäischen Koordinaten können wesentlich größer sein, als die 9
Auflösung vermuten lässt. Dies liegt an systematischen und groben Fehlern in den Koordi naten. Nach deren Berücksichtigung bzw. Entfernung verbleiben noch Restfehler zufälliger Natur, deren Größe in engem Zusammenhang mit der Auflösung steht. Bei den systematischen Fehlern der Koordinaten handelt es sich offenbar um Verschie bungen und maßstäbliche Verfälschungen. Über ihre genaue Ursache lässt sich im Einzel nen nur mutmaßen. Neben der Unterschätzung des Erdumfangs durch Ptolemaios, welche eine maßstäbliche Skalierung der Längen mit einem Faktor > 1 verursacht, ist zu ver muten, dass Ptolemaios die Unterschiede antiker Stadiondefinitionen unwissentlich nicht berücksichtigte. Während die maßstäblichen Verzerrungen scheinbar weiträumig sind, d. h. in Ländergröße gleichartig auftreten, liegen kleinere Gruppen von Orten vor, die gegen einander verschoben sind. Ursache für die Verschiebungen können Referenzorte sein, von denen aus die Bestimmung der Lage umliegender Orte stattgefunden hat (messtechnisch oder rechnerisch). War die gegenseitige Lage der Referenzorte nur ungenau bzw. fehlerhaft bestimmt, übertrugen sich die Fehler in Form von Verschiebungen auf die betreffenden Ortsgruppen. Die systematischen Fehler lassen sich mit einer mathematischen Funktion beschreiben. Dies ermöglicht, nachdem die Größe der systematischen Fehler einzelner Ortsgruppen be stimmt ist, eine Berechnung entzerrter Koordinaten im modernen Bezugssystem (Trans formation) für bis dahin nicht identifizierte Orte und damit deren Identifizierung. Die von Ptolemaios verwendeten Daten aus Itinerarien und Vermessungen besitzen zwangsläufig als Messgrößen oder daraus abgeleitete Größen zufällige Fehler. Auch bei der Aufbereitung und Zusammenführung der Daten durch Ptolemaios kam es zu zufälli gen Verfälschungen. Die Größe der zufälligen Fehler wird durch die Standardabweichung beschrieben, wobei von ca. 5' bei den genauesten Koordinaten ausgegangen wird (LELGEMANN et al.). Des Weiteren treten grobe Fehler in den ptolemäischen Koordinaten auf. Sie können bereits in den von Ptolemaios verwendeten Daten vorhanden gewesen sein, durch Ptole maios selbst eingefügt worden sein oder bei Abschriften des Ortskatalogs der „Geographie“ entstanden sein. Die groben Fehler gilt es bei der Verzerrungsanalyse aufzudecken. Dies ist jedoch nur für größere grobe Fehler möglich, kleinere grobe Fehler sind von den zufälligen Fehlern nicht zu unterscheiden. Aufgrund des Zusammenwirkens der verschiedenartigen Koordinatenfehler kann es vor kommen, dass die von Ptolemaios angegebene gegenseitige Lage zweier Orte widersinnig ist (z. B. viel zu große Entfernung, topologische Fehler wie westlich statt östlich). Als Beispiel seien hier Rhenus fluvius (mittlere Rheinmündung nach Ptolemaios) und Asciburgium mit ihren Identifizierungen Oude Rijn und Moers-Asberg genannt. Die Differenzen zwi schen den ptolemäischen Koordinaten (A, 4») und den modernen Koordinaten (A, ) beider Orte sind: Asciburg.
Rhenus fl.
Differenz
A
27’30'
27’00'
0’30'
A
6’39'
4’34'
2’05'
4>
52’30'
53’10'
-0’40'
0
51’26'
52’08'
-0’42'
10
Demnach ist die gegenseitige Lage der Orte im ptolemäischen System in der Länge stark verfälscht (Fehler ca. l1^)- Von einem Schreibfehler ist hier nicht auszugehen, da beide Orte mit ihren Koordinaten jeweils zu ihren nächsten Nachbarorten passen (nur kleinere, zufällige Koordinatenfehler). Die beiden Orte bzw. Ortsgruppen sind also offensichtlich in der Länge gegeneinander systematisch verschoben. 1.2.2.2 Geodätische Entzerrung
Die rechnerische, geodätische Analyse der Koordinatenangaben im Ortskatalog der „Geo graphie“ hat zum Ziel: • Ortsgruppen gleicher Verzerrungssystematik (TYansformationseinheiten) zu lokalisie ren und die Art und Größe der Verzerrungen (Verzerrungsparameter) zu bestimmen, • inkonsistente Orte aufzudecken, d. h. Fehlidentifizierungen und grobe antike Koordi natenfehler bzw. Schreibfehler in den Manuskripten, • für ptolemäische Orte durch eine entzerrende Transformation moderne Koordinaten zu ermitteln und sie dadurch zu identifizieren, • Genauigkeitsaussagen über die ptolemäischen Daten zu treffen.
Teilweise sind für einen Ort verschiedene antike Koordinaten überliefert (siehe Ab schnitt 1.2.1.1). Ebenso können für einen antiken Ort mehrere unsichere moderne Iden tifizierungen vorliegen. Beides wird durch das Auswerteverfahren berücksichtigt, d. h. es werden die wahrscheinlich richtigen Werte bzw. Identifizierungen ermittelt. Bei der Suche nach Ortsgruppen gleicher Verzerrungssystematik findet die Ausglei chungsrechnung Anwendung (Methode der kleinsten Quadrate). Sie wird üblicherweise verwendet, wenn mehr Beobachtungen als nötig zur Bestimmung der Parameter eines funk tionalen Zusammenhanges zur Verfügung stehen. Durch die Überbestimmung ergibt sich der Vorteil, dass sich Aussagen u. a. über die Genauigkeit der Beobachtungen ableiten und Hypothesentests durchführen lassen. Solche statistischen Tests wiederum ermöglichen hier die Suche nach Ortsgruppen, für die jeweils ein bestimmtes Verzerrungsmodell einschließ lich dessen Parameter gültig ist. Im hier verwendeten Gauß-Markov-Modell stellen die ptolemäischen Koordinaten die beobachteten, fehlerbehafteten Größen dar. Da die modernen Koordinaten gegenüber den ptolemäischen wesentlich kleinere Unsicherheiten besitzen, können diese hier als fehlerfrei angesehen werden. Die gesuchten, unbekannten Größen sind die Transformationsparame ter. Der Transformationsansatz für die Überführung der modernen in die ptolemäischen Koordinaten lautet Ai + VAi = rnxXi + Ao
4
A-Ä
TE
S
Q
42'30'
55'40' bei Miastko/ Rummelsburg
17*02' 54'27'
lrog7 54'06'
-07'
21'
G3
u
n,ti
43'00'
ss^oo7
ir34'
53'42'
ir3e 53'37'
04'
05'
G3
u
ii.ii
62 Ascaucalis
44'00'
54'15' Osielsk (bei Bydgoszcz/Bromberg)
18'04'
53'11'
18'11'
53'05'
-07'
06'
G3
u
ii.ii
63 Asciburgium
27*30' 52'30' Moers* Asberg
e'397
51'26'
6'41' 51'17'
-02'
09'
G5
s
64 Navalia
27*50' 53'15' Essen-Hinsel
T03'
51'28'
6'55'
51'49'
08'
-21'
G5
u
E.il S.il
65 Mediolanium
28*10' 53'45' Borken
6'51'
51'51'
7*08'
52'11'
-17'
-20'
G5
u
66 Ibuderium
29'20' ÖS^O7 bei Beelen
8'07'
51'56'
7"57'
51'53'
10'
03'
G5
u
67 Bogadium
30'15' 52'00' bei Salzkotten
8'37'
ÖIMO7
8'39'
51'26'
-02'
14'
G6
u
68 Stereontium
sroo7 52*20' bei Bad Driburg
9'01' 51'44'
9'10'
51'40'
-09'
04'
G6
u
69 Amisia
Sl^O7 5i'3e bei Geismar (Fritzlar)
9'14'
51’08'
9'31' 51'04'
-17'
04'
G6
u
70 Munitium
Sl^O7 52'30' Hedemünden
9'44'
51'23'
9'33'
51'17'
11'
06'
G5
u
71 Tulifurdum
32'00' 54'00' bei Hannover
9'44'
52'23'
9'47'
52'22'
-03'
01'
G5
u
72 Ascalingium
32'30' 53'45' bei Hildesheim
9’58'
52’09'
10'08'
52'11'
-10'
-02'
G5
u
73 Tuliaurgium
32'40' 53'20' bei Braunschweig
10'32'
52'17'
XO'197
52'23'
13'
-06'
G6
u
74 Feugarum
32'40' 52'15' bei Osterode
10'15'
51'43'
ID'197
51'36'
-04'
07'
G6
u
75 Canduum
SS'OO'
51'2^ bei Eisenach
leig'
ÖO^
10'33'
50'57'
-14'
02'
G6
u
76 JYopaea Drusi
33'45' 52'45' bei Halberstadt
11'04'
51'54'
11'04'
51'58'
00'
-04'
G6
u
77 Luppia
34'30' 52'45' bei Bernburg (Saale)
11'44'
51'48'
11'35'
51'58'
09'
-10'
G6
u
ii.ii ii.n ii.n
78 Mesuium
Sö^O7
11'51'
52'17'
11'57'
52'21'
-06'
-04'
G2
u
ii.n
79 Aregelia
36'30' 52'20' bei Leipzig
12'23'
51'21'
12'38'
51'17'
-15'
04'
G2
u
80 Calaegia
3r30' 52'20' bei Riesa
13'17'
öl'^
13'19'
51'17'
-02'
02'
G2
u
ii.n ii.n
81 Lupfurdum
38'10' öl^O7 bei Dresden
13'45'
51'03'
13'42'
51'07'
03'
-04'
G9
u
82 Susudata
38'30' 53'50' bei Fürstenwalde
14'04'
52'22'
14'01'
52'21'
03'
01'
G2
u
83 Colancorum
39'00' ÖS^O7 bei Kostrzyn/Küstrin
14'39'
52'35'
14'44'
52'33'
-05'
02'
G3
u
84 Lugidunum
39'30' 52'30' bei Krossen
15'06'
52'03'
15'05'
51'50'
01'
13'
G3
u
85 Stragona
39'20' 51'4^ bei Görlitz
Wäg' Sl'097
14'58'
51'14'
01'
-05'
G3
u
86 Limis lucus
41'00'
53'30' bei Sierakow
16'05'
52'39'
16'07'
52'33'
-02'
06'
G3
u
87 Budorigum
41'00'
52'40' bei G logow/ G logau
16'06'
51'40'
16'lü7
51'39'
-04'
01'
G4
u
Nr.
Antiker Name
60 Rugium 61
Scurgum
A
Moderner Name
A
bei Chojnice/Konitz
53'SO7 bei Burg (bei Magdeburg)
A
il.il il.il il.il il,E il,= il.il ii,n ii.ii ii.n ii.n
ii.n ii.n ii.n ii.n ii.n ii.n ii.n ii.n ii.n
88 Leucaristus
41'45'
52'40' bei Leszno
16'35'
51'51'
16'38'
51'57'
-03'
-06'
G3
u
89 Arsonium
43'30'
52'20' bei Ostrzeszow/Schildberg
17*56'
51'25'
17*53'
51'24'
03'
01'
G4
u
90 Calisia
43'45'
52'50' Kalisz
18'05'
51'45'
18'04'
51'46'
01'
-01'
G4
s
44'00'
ÖS'SO' bei Konin
18'14'
52'13'
18'14'
52'14'
00'
-01'
G4
u
ii.n ii.n
91
Setidava
92 Alisum
28'00' 51'3^ bei Bergisch-Gladbach
7*08'
50'58'
ro6'
51'04'
02'
-06'
G6
u
Sl.il
93 Budoris
28'00'
ri2'
ÖO^
7'06'
50'43'
06'
-04'
G6
u
ii.n
94 Mattiacum
30'00< 50'50' Naunheim
8'31'
50'35'
8'29'
50'36'
02'
-01'
G6
u
95 Artaunum
30'10'
50'00' Friedberg
8'45'
50'20'
8'44'
50'20'
01'
00'
G7
u
96 Novaesium
31'30'
srio7 bei Melsungen
9'33'
51'07'
g^o7
51'10'
-07'
-03'
G7
u
ii.n si.il E,il
97 Melocabus
31'30'
50'40' bei Bad Hersfeld
9'43' 50'52'
9'4e 50'49'
03'
03'
G7
u
98 Gravionarium
Sl'BO7 50'10' bei Schlüchtern
9'32'
50'21'
omo7
50'28'
-08'
-07'
G7
u
51W Drachenfels (Siebengebirge)
99 Locoritum
31'30' 49'20'
Lohr
9'35'
50'00'
9'4(y 49'52'
-05'
08'
G7
u
100 Segodunum
31'3^ 49'00'
Bad Wimpfen
9'ic7
49'14'
g'ig7 49'22'
-09'
-08'
G8
w
101 Devons
32'30' 48'45'
bei Crailsheim
10'04'
49'08'
10'00' 49'11'
04'
-03'
G8
u
102 Bergium
SS^OO7 49'30' Schwanberg (bei Kitzingen)
10'16'
49'43'
10'21' 49'43'
-05'
00'
G8
u
30
il,= =,il il.il il.il il.il il.il
Ä
0
A-Ä
0-0
TE
S
Q
10*53' 49*56'
11*02'
49*43'
-09'
13'
G8
u
bei Jena
11*36'
11*35'
50*54'
01'
02'
G6
u
bei Amberg
11*51' 49*27'
11*44' 49*22'
07'
05'
G8
u
n,n ii.ii ii,n
50*30'
bei Louny
13*49' 50*21'
13*49'
50*17'
00'
04'
G9
u
51*00'
bei Litomtfice
14*09' 50*33'
14*16'
50*39'
-07'
-06'
G9
u
39*00'
49*00'
bei Pisek
14*08' 49*18'
14*16'
49*13'
-08'
05'
G9
u
39*15'
50* 107
bei Prag
14*26'
50*06'
14*27'
50*03'
-01'
03'
G9
u
110 Strevinta
39*15'
49*30'
bei HHmöidice
14*17'
49*42'
14*27'
49*34'
-10'
08'
G9
u
111 Hegetmatia
39*40'
11'
-14'
G9
u
112 Budorgis
sroo7 bei Mladä Boleslav 14*55' 50*25' 14*44' 50*39' lö*^ 50*01' 14*58' 50*17' 40*00' 50*30' bei Kolin
14'
-16'
G9
u
113 Eburum
41*00' 49*30'
bei Hrädek
16*16' 48*46'
16*05'
48*50'
11'
-04' Gil
u
114 Arsicua
41*40'
bei Mistelbach an der Zaya
16*35' 48*35'
16*33' 48*28'
02'
07' Gil
u
ii.ii ii.ii ii.ii ii,ii n,ii ii.ii ii.ii ii.ii ii.ii
115 Parienna
42*00' 49*20'
bei Breclav/ Lundenburg
16*54' 48*47'
16*47'
48*43'
07'
04' Gil
u
ii.ii
116 Setuia
42*30'
ÖOW
bei Komorany
16*55' 49*13'
17*07'
49*11'
-12'
02' Gil
u
ii.ii
117 Carrodunum
42*40'
51*30' bei Rymafov
17*16' 49*56'
17*14'
50*15'
02'
-19' Gil
u
118 Asanca
43*00'
50*20'
17*20' 49*22'
17*28'
49*25'
-08'
-03' Gil
u
A
4
103 Menosgada
34*00'
49*30'
bei Hallstadt
104 Bicurgium
34*30'
51*15'
105 Marobudum
ss’oo7 49*00'
106 Redintuinum
38*20'
107 Nomisterium
39'OQ7
108 Meliodunum 109 Casurgis
Nr. Antiker Name
49*00'
Moderner Name
A
50*56'
119 Ikrodunum
28*20' 47*50'
Riegel
7*45'
48*09'
7*57' 48*12'
-12'
-03'
B8
u
120 Arae Flaviae (Bomoi Phlauioi)
30M07
48*00'
Rottweil
8*37' 48*10'
9*45' 48*20'
-68'
-10'
B8
s
ii.ii ii.ii ii,ii ii.ii
120 Arae Flaviae (Bomoi Phlauioi)
29*40'
48*00'
Rottweil
8*37'
48*10'
8*59' 48*20'
-22'
-10'
B8
6
A,il
121 Riusiava
sroo7 47*30'
Heidengraben bei Grabenstetten
9*27'
48*32'
9U97 48*33'
08'
-01'
G7
u
il.il
122 Alcimoennis
32*30'
47*30'
Sontheim a. d. Brenz
10*18'
48*33'
10*21'
48*33'
-03'
00'
G7
u
il.il
123 Cantioebis
32*40'
48*20'
Aalen
10*06' 48*50'
10*07'
48*53'
-01'
-03'
G8
u
124 Bibacum
SS’OO7 48*00'
Finningen
10*30' 48*39'
10*21'
48*39'
09'
00'
G8
u
125 Brodeltia
33*45'
48*00'
Donauwörth
10*46' 48*43'
10*52'
48*39'
-06'
04'
G8
u
126 Setuacotum
34*00'
48*20' TYeuchtlingen
10*54' 48*58'
11*02'
48*53'
-08'
05'
G8
u
il.il il.il il.il il.il
127 Usbium
Sö’OO7 47*00'
bei Steyregg (bei Linz)
HW 48*18' 14*09' 48*18'
11'
128 Abiluum
35*20'
bei FYeistadt
14*31'
48*32'
08'
-01' G10
u
129 Furgisatis
36’OQ7 48*00'
bei Cesk6 Budöjovice
14*28' 48*58'
14*50' 49*01'
-22'
-03' G10
u
15*42'
47*20'
bei Kojetin
48*31'
14*23'
00' G10 w
130 Coridorgis
37*15'
48*30'
bei Jihlava
15*36'
49*22'
-06'
02' G10
u
131 Mediolanium
38*00'
47*10'
bei Korneuburg
07'
-04' G10
u
48*30'
bei VySkov
lö^O7 48*21' 16*13' 48*25' lroo7 49*16' 16*54' 49*22'
06'
-06' G10
u
Brno/Brünn
16*38' 49*12'
16*54'
49*01'
49*24'
132 Felicia
39‘OÜ7
133 Eburodunum
39*00' 48*00'
134 Anduaetium
40*30'
47*40' bei Andovce
18*07' 48*00'
17*47'
47*46'
20'
14' G12
u
135 Celamantia
41*00'
47*40' Leänyvär (bei Komärno)
18*14' 47*45'
18*07'
4T46'
07'
-01' G12
8
136 Singone
41*30' 48*15' bei Sarovce
18*37' 48*06'
18*28'
48*11'
09'
-05' G12
u
137 Anabum
41*20' 47*30'
18*05' 47*46'
18*21'
47*38'
-16'
08' G12
u
Komarno
-16'
11' G10 w
il.il
il.il il.il il,il il.il il.il il,il M.il
2.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen 2.3.1 Gebirge
Ptolemaios nennt zehn Gebirge in Germania Magna, von denen sechs mit geographischen Koordinaten versehen sind. Dabei gibt er jeweils die beiden Endpunkte (griech. akra oder perata) eines Gebirges an, macht jedoch keine Aussagen über den genauen Gebirgsverlauf 31
zwischen diesen Punkten. Dadurch wird die Lokalisierung der Gebirge ebenso erschwert wie durch den Umstand, dass sich, abgesehen von den Sudeti montes (griech. Soudeta ore), keiner der von Ptolemaios in Germania Magna angeführten Gebirgsnamen in der modernen Geographie wiederfindet. Daher gibt es eine Vielzahl von Lösungsansätzen zu ihrer Identifizierung (ein kurzer Überblick findet sich bei LENNARTZ, S. 101f.). Bei den genannten Endpunkten der Gebirge handelt es sich vermutlich um Berge oder Höhenzüge, die als Geländemarken zur Orientierung dienten und deren Koordinaten schon damals relativ einfach mittels vermessungstechnischer Verfahren bestimmt werden konn ten. Die im Folgenden angegebenen Lokalisierungen sind jedoch unsicher, da Ptolemaios’ Längen- und Breitenangaben zu den Gebirgen ungenau sind und die antiken Namen ein zelner Berge für das betreffende Gebiet nicht überliefert sind. (32), (33) Sarmatici montes (griech. Sarmatika ore): Die Sarmatici montes („Sarmatische Berge“) sind nach Ptolemaios ein Teil der Ostgrenze Germaniens in dem „Zwischenraum“ zwischen Donauknie und Weichsel; sie entsprechen den heutigen Westkar paten (STECHE, S. 41; HOPFNER, S. 6; LENNARTZ, S. 107). Die Schemnitzer Berge (Stiavnicke vrchy) als Südende und die Babia Göra als Nordende der Sarmatici mon tes wurden nach den transformierten Koordinaten bestimmt und geben nur eine ungefähre Lokalisierung an. (34), (35) montes Alpibus cognomines (griech. ta tois Alpiois homönyma ore): Die montes Alpibus cognomines („die den Alpen gleichnamigen Berge“) werden von
LENNARTZ (S. 103) als ein Gebirgszug identifiziert, mit dem „der Südschwarzwald bis zum Elz- oder Kinzigtal, die Schwäbische Alb und ein Teil der Fränkischen Alb“ gemeint sei (vgl. STECHE, S. 50; HANSEN). Diese Zuordnung wird durch die Analyse der antiken Koordinaten im Wesentlichen bestätigt. Das westliche Ende der montes Alpibus cognomi nes könnte sich demnach beim Kandel im mittleren Schwarzwald befinden, das östliche Ende lässt sich bei Nördlingen lokalisieren. (36), (37) Abnoba mons (griech. Abnoba ore): Der Abnoba mons wird nach den Angaben anderer antiker Autoren (Avienus, descr. orb. 437; Plin. Nat. hist. IV, 79; Tacitus, Germ. 1, 2) und nach Funden von Inschriften, die der Göttin Abnoba geweiht sind, meist mit dem Schwarzwald gleichgesetzt (z. B. BARRINGTON-ATLAS; GOETZ/WELWEI, S. 169). Bei Ammianus Marcellinus (XXII, 8, 2) erscheint der Schwarzwald als Marcianae Silvae. Der Abnoba mons des Ptolemaios bezeichnet jedoch nicht den Schwarzwald (vgl. NIEMEYER, S. 27), sondern einen Gebirgszug, zu dem nach STECHE (S. 46) Odenwald, Spessart, Vogelsberg, Rothaargebirge, Briloner Wald und Eggegebirge gehören (ähnlich LENNARTZ, S. 104). Diese Auffassung konnte durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. , (38) (39) Melibocus mons (griech. Melibokon oros): Der Melibocus mons ent spricht nicht dem heutigen Melibokusberg im Odenwald; dieser hieß bis zum Ende des 15. Jahrhunderts mons Malscus oder Malcus und hat seinen Namen erst in humanisti scher Zeit, vermutlich von Beatus RHENANUS, erhalten (EGLI, S. 595). Der Melibocus mons hingegen, der nach Ptolemaios eine Ausdehnung von 4° in der Länge hat, umfasst wahrscheinlich nicht nur, wie häufig angenommen, den Harz (MÜLLER; LANGEWIESCHE, S. 6; MEHLIS 1915, S. 324; CAPELLE, S. 446; SCHÖNING, S. 58; CUNTZ, S. 62; BARRINGTON-ATLAS u. a.), der nur eine West-Ost-Ausdehnung von ca. 1° hat, son dern zieht sich, wie die Analyse der antiken Koordinaten zeigt, vielmehr vom Brocken 32
(Harz) bis zum Mittelsächsischen Hügelland hin. Eine andere Identifizierung schlägt LENNARTZ (S. 105) vor, der im Melibocus mons eine Mittelgebirgsregion sieht, die vom Teutoburger Wald und dem Wiehengebirge bis zum Harz reicht (vgl. HOPFNER, S. 5); STECHE (S. 47) hingegen hält ihn für den Thüringer Wald mit dem Erzgebirge; ihm folgt HANSEN. Der Name Melibocus wird mit dem gotischen mili („Honig“) und mhd. buoch in Zusammenhang gebracht und als „Honig(buch)wald“ gedeutet (BACH, Bd. II/2, § 457). Der Melibocus mons wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-Khwärizmi (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 113). (40), (41) Asciburgius mons (griech. Askibourgion oros): Die Lokalisierung des Asciburgius mons erwies sich als schwierig. Den Lösungsansatz bot LENNARTZ (S. 108): „Es handelt sich um den Gebirgszug, der von Ost nach West die Lysa Gora, das Polnische Mittelgebirge, den Polnischen Jura, die Oberschlesische Platte umfaßt und sich bis zu den Schildberger Höhen und dem Katzengebirge hinzieht.... Dem Händler, der aus dem Weich seltal oder der Oberschlesischen Bucht kam, muss das Gebirge - selbst das Katzengebirge mit „nur“ 256 m - recht mächtig erschienen sein. Weil der Gebirgszug wohl von Ost nach West durchgehend bewaldet war, wird man ihn für ein Gebirge gehalten haben.“ Auch nach der Analyse der antiken Koordinaten lässt sich das östliche Ende des Asciburgius mons, ähnlich dem Vorschlag von LENNARTZ, im Gebiet der Polnischen Platte verorten; danach handelt es sich um die Ausläufer des Heiligkreuzgebirges/Gdry Öwi^tokrzyskie. Das westliche Ende jedoch befindet sich mit einer antiken Breite von 54° auch nach einer Trans formation zu weit nördlich in einer wenig bergigen Gegend. Allerdings ist, wenngleich nur schwach belegt (MULLER), für die Breite auch ein Wert von 52° überliefert. Legt man diesen zugrunde, befindet sich das Westende des Asciburgius mons etwa im Lausitzer Gebirge. Der Asciburgius mons wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-Khwärizmi (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 114). (42), (43) Sudeti montes (griech. Soudeta ore): Die Übertragung des antiken Namens Sudeti montes auf die heutigen Sudeten erfolgte 1558 durch MELANCHTHON (EGLI, S. 886). HANSEN sieht in diesem Gebirgszug von beträchtlicher Ausdehnung nach Ptolemaios 6° in Ost-West-Richtung - eine Bergkette vom Bayrischen Wald über den Böhmerwald zur Böhmisch-Mährischen Höhe. LENNARTZ (S. 106), der die Längenan gabe der E-Rezension von 31° für das Westende als die richtige ansieht, rechnet zu den Sudeti montes den Steigerwald, die Rhön, die Haßberge, den Nordteil der Fränkischen Alb, den Frankenwald, das Fichtel-, das Erz- und das Elbsandsteingebirge, das Lausitzer Gebirge und eventuell das Gesenke. Nach MEHLIS (1915, S. 324) umfassen die Sudeti montes Fichtelgebirge, Erzgebirge und Lausitzer Gebirge, nach HOPFNER (S. 173) das sächsische Erzgebirge, die Lausitzer Berge und das Elbsandsteingebirge. Dagegen ergab die Entzerrung der antiken Koordinaten, dass sich die Sudeti montes des Ptolemaios vom Frankenwald im Westen (angenommener Endpunkt Döbraberg) über das Erzgebirge tatsächlich bis zu den Sudeten erstrecken. Das östliche Ende der Sudeti montes lässt sich somit in den Oderske vrchy/Oderberge, einer Untereinheit des Niederen Gesenkes, lokar lisieren. Östlich der Oderberge befindet sich die Mährische Pforte. Durch die Mährische Pforte, einen Pass zwischen den Sudeten und den Karpaten, der Mähren mit dem Schlesi schen Tiefland (poln. Nizina Slqska) verbindet, verlief die Bernsteinstraße.
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2.3.2 Flüsse
Von Flüssen gibt Ptolemaios in der Regel die Koordinaten der Mündung ins Meer bzw. in einen größeren Strom an, bei bedeutenderen Flüssen nennt er dazu die Koordinaten der Quelle, gelegentlich auch die von besonderen Punkten des Flusslaufes. Obgleich sich generell bei den Flussmündungen an der Küste, zumal wenn es sich um größere Mün dungstrichter oder um ein Delta handelt, nicht exakt bestimmen lässt, welchen Punkt im Mündungsbereich Ptolemaios meint, ist die Identifizierung dieser Flussmündungen meist weniger problematisch. Schwieriger hingegen ist die Lokalisierung der Flussquellen. Hierbei ergeben sich die Fragen, ob Mündung und Quelle zu demselben Fluss gehören und bis zu welchem Punkt ein Fluss den antiken Namen trug. Hinzu kommt die Überlegung, dass die eigentliche Quelle eines Flusses oft nur schwer zugänglich und daher ihre Lage nicht immer bekannt war. Daher dürfte es sich bei den Quellen oft eher um markante Punkte des Flusslaufes handeln wie den Austritt aus dem Gebirge, die Vereinigung zweier Quell flüsse bzw. des Hauptstromes mit einem größeren Nebenfluss oder den Punkt, an dem ein Verkehrsweg den Fluss kreuzt. In Germania Magna nennt Ptolemaios fünf Quellen, d. h. die Quellen von Ems, Weser, Elbe, Weichsel und Donau. Neben den im Abschnitt 2.1.3 genannten Verzerrungen in den Flussläufen von Rhein und Donau ist das Fehlen des Mains und des Neckars in der Darstellung des Ptolemaios auffällig. Beide Rheinzuflüsse waren den Römern bekannt. Mit dem Main lässt sich allerdings der von Ptolemaios erwähnte Ortsname Menosgada in Verbindung bringen. Ebenso auffällig ist das Fehlen der Lippe. Sie spielte eine wichtige Rolle als Versorgungsweg der römischen Armee während der Germanienfeldzüge (s. BREMER). Ausdruck dafür sind die an der Lippe gefundenen römischen Militärlager (Holsterhausen, Haltern, Oberaden, Anreppen). Der einzige Hinweis auf die Lippe, der sich in der „Geographie“ des Ptolemaios findet, ist ein Eintrag der Handschrift X im Ortskatalog von Gallia Belgica, die bei der Angabe des Legionsstandortes Vetera statt des Beinamens Ulpia der legio XXX den Namen der hier in den Rhein mündenden Luppia/Lippe bietet. Auch die Flüsse im Innern von Germania Magna wie die Saale, die von Strabon (VII, 1, 3) als Salas erwähnt wird (vgl. JOHNE, S. 103), oder die Havel erscheinen bei Ptolemaios nicht. Von den zahlreichen nördlichen Nebenflüssen der Donau gibt Ptolemaios drei für das Gebiet von Germania Magna an, deren Namen er allerdings nicht kennt.
(1) Rhenus fluvius (griech. Rhenos potamos): Erster Punkt in der Beschreibung der Germania Magna ist die östliche Rheinmündung, die der IJssel entspricht. Nach den antiken Koordinaten lässt sich diese Rheinmündung nicht einer Transformationseinheit mit den benachbarten Orten in Germania Magna zuordnen, sondern zu den Nachbarorten im entsprechenden Gebiet von Gallia Belgica. (2) Vidrus fluvius (griech. Ouidros potamos): Die Identifizierung des Vidrus fluvius mit der Vecht findet sich bereits bei ZEUSS (S. 13), dem MÜLLER, MEHLIS (1915, S. 324) und STICHTENOTH (S. 31) folgen; die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Gleichsetzung. Nach STECHE (S. 36) handelt es sich beim Vidrus um das Borndiep zwischen den Inseln Terschelling und Ameland, eine versunkene Mündung des Flüsschens Boom. Hinsichtlich der Anordnung der ersten beiden Küstenpunkte in Germania Magna nach der Rheinmündung sind zwei Versionen überliefert: Während die E-Rezension und weitere 34
Handschriften die Reihenfolge Vidrus fluvius - Manarmanis portus (s. Abschnitt 2.3.5, Nr. 3) angeben, erscheint sie in der Q-Rezension umgekehrt. Die erste Version wird jedoch durch die Angabe des Markianos (Per. mar. ext. II, 32) gestützt. , (4) (5) Amisia fluvius (griech. Amasias, Amasos potamos): Die Ems wurde den Römern vermutlich durch eine Flottenexpedition des Drusus im Jahre 12. v. Chr. be kannt, bei der es zu einem Seegefecht mit den Brukterern kam (JOHNE, S. 90f.). Erstmals schriftlich erwähnt wird die Ems in diesem Zusammenhang bei Strabon (VII, 1, 3). Plinius führt sie als Amisis unter den in den Ozean mündenden Strömen Germaniens auf (Nat. hist. IV, 100: amnes clari in oceanum defluunt Guthalus, Visulus sive Vistla, Albis, Visurgis, Amisis, Rhenus, Mosa). Auch die Emsquelle dürfte den Römern bekannt gewesen sein, denn sie befindet sich einerseits in der Nähe der Lippequelle (zur Lippe s. o.), andererseits liegt sie nicht in einem unwegsamen Gebirge und ist deshalb leicht zu erreichen (LENNARTZ, S. 104). Da die überlieferte Längen-Differenz von 3° zwischen Emsmündung und Emsquelle auch nach Berücksichtigung einer maßstäblichen Verzerrung noch zu groß ist, lässt sich anhand der Analyse der antiken Koordinaten ein Schreibfehler bei der überliefer ten Länge annehmen und der mutmaßlich richtige Wert mit 30° angeben. Die überlieferte Breitenangabe zur Emsquelle von 52° korrigiert MÜLLER nach den Angaben von Mar kianos auf 53°. Der Amisia fluvius wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-KhwärizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 108). (7) Visurgis fluvius (griech. Ouisourgis, Ouisorgos potamos)’. Die von Pto lemaios erwähnte Weserquelle wird von STECHE (S. 27) und HANSEN mit der Wer raquelle gleichgesetzt. Es ist jedoch weder wahrscheinlich, dass Ptolemaios Angaben zur Quelle der Werra, noch dass ihm Angaben zur Quelle der Fulda, des zweiten Quellflusses der Weser, zur Verfügung standen. Beide Quellen liegen, so LENNARTZ (S. 104), „verhält nismäßig hoch in nicht leicht zugänglichen Gebirgen“. LENNARTZ (S. 105) nimmt daher an, die ptolemäische Weserquelle bezeichne die Stelle, an der die Weser aus dem Bergland in flacheres Land ströme, und verortet sie deshalb am Flussabschnitt zwischen Bodenwer der und Hameln bzw. an der Porta Westfalica. SCHIRMEISEN (S. 136) und SCHÖNING (S. 28) halten sie für den Zusammenfluss von Werra und Fulda bei Hannoversch-Münden. LANGEWIESCHE (S. 6ff.) identifiziert die Quelle der Oker mit der ptolemäischen Weser quelle. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt jedoch keine der vorgeschlagenen Identifizierungen. Auch eine Gleichsetzung mit der Quelle der Aller ist nach den transfor mierten antiken Koordinaten nicht möglich. (8) , (9) Albis fluvius (griech. Albis, Labis potamos): Nach Ptolemaios liegt die Elbmündung genau nördlich der Wesermündung. HANSEN bemerkt hierzu, dass das heutige Wattenmeer damals vermutlich noch Festland war und die Elbmündung deshalb ungefähr nördlich der heutigen Insel Schärhorn zu verorten sei. Da die Quelle der Elbe im Gebirge liegt, das zur Zeit des Ptolemaios mit dichtem Wald bedeckt war, ist es unwahr scheinlich, dass Ptolemaios genaue Daten zur Lage der Elbquelle besaß. UKERT (S. 142) vermutet daher, die genannte Elbquelle entspreche der Quelle der Moldau. Nach LENN ARTZ (S. 115) handelt es sich bei der Elbquelle um den Austritt der Elbe aus den Sudeten nach Süden, vielleicht nördlich von Hradec Krälove/Königgrätz. Anhand der transformier ten antiken Koordinaten lässt sich die ptolemäische Elbquelle hingegen am Zusammen fluss von Moldau und Elbe bei Melnik lokalisieren. Der Albis fluvius wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-KhwärizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 109). 35
(17) Chalusus fluvius (Lachusus fluvius; griech. Chalousos, Lachousos pota-
mos): Die Lokalisierung des Chalusus fluvius ist ein intensiv diskutiertes Problem, wobei sich eine Tendenz zur Gleichsetzung mit der Warnow zeigt (u. a. MULLER; MEHLIS 1915, S. 324; STECHE, S. 37; HANSEN). Die Analyse der antiken Koordinaten zeigt jedoch, dass die Warnow zu weit westlich liegt und lässt eher an die Recknitz als Identifizierung des Chalusus denken (vgl. BEI DER WIEDEN, S. 255-258; LENNARTZ (S. 119) denkt neben der Warnow ebenfalls an die Recknitz). Zwar mündet die Recknitz nicht direkt in die Ost see, sondern in den Saaler Bodden, jedoch verweist BEI DER WIEDEN (S. 257f.) darauf, dass der Saaler Bodden früher einen Zugang zur Ostsee hatte. Denkbar wäre auch die Identifizierung des Chalusus fluvius mit dem Peenestrom (vgl. BERNECKER, S. 427), der zugleich den westlichen Mündungsarm der Oder darstellt. Den Vorschlag von STICHTENOTH (S. 22), dass der Name Chalusus lautlich in der Bezeichnung „Gellenstrom“ erhalten sei, weist BEI DER WIEDEN (S. 256f.) mit Recht zurück. Der Chalusus fluvius wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-Khwärizmi (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 109). (18) Suebus fluvius (griech. Syebos, Souikos potamos): Nach LENNARTZ (S. 119), STECHE (S. 36f.) u. a. entspricht der Suebus der Swine, der mittleren Oder mündung. STECHE (S. 37) vermutet, die ursprüngliche Form des Flussnamens habe Suinos geheißen. Einen Zusammenhang des Flussnamens Suebus mit dem Stammesnamen der Sueben bestreiten STECHE (S. 36) und HANSEN. Der Suebus fluvius wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-Khwärizmi (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 110). (19) Viadua fluvius (Viadus, Vildrus fluvius; griech. Ouiados, Ouildos po tamos): Der Viadua fluvius ist einer der kleineren Ostseezuflüsse an der pommerschen
Küste zwischen der Oder und der Weichsel. Nach den antiken Koordinaten lässt er sich, wie bereits von GNIRS angegeben, mit der Shipia/Stolpe identifizieren. STECHE (S. 38) hält ihn für die Wieprza/Wipper, LENNARTZ (S. 120) für die Dziwna/Dievenow, den östlichen Mündungsarm der Oder. (20) , (21) Vistula fluvius (griech. Ouistoulas potamos): Die Mündung der Weichsel erscheint bei Ptolemaios nach Osten verschoben (vgl. Abschnitt 2.1.3). In der Tat lag die Hauptmündung der Weichsel in früherer Zeit, wenn in auch nicht in dem von Ptolemaios angegebenen Maße, weiter östlich in einer heute verlandeten Bucht (vgl. NATUNIEWICZ-SEKULA/OKULICZ-KOZARYN). Da die Quelle der Weichsel im Gebirge liegt, das zur Zeit des Ptolemaios mit dichtem Wald bedeckt war, ist es unwahrscheinlich, dass Ptolemaios genaue Daten zur Lage der Weichselquelle besaß. LENNARTZ (S. 109) vermutet deshalb, Ptolemaios bezeichne den Flussabschnitt zwischen Sandomierz und Annapol als Weichselquelle. Nach SADOWSKI (S. 51f.) konnte ein Reisender, der vom pannonischen Carnuntum kommend die Kleinen Karpaten im Westen umging, wenn er die Weichsel das erste Mal an ihrer Biegung zwischen Pruchno und Chyby sah, hier die Quelle der Weichsel vermuten. CUNTZ (S. 61) sieht in der ptolemäischen Weichselquelle die Quelle von San oder Bug, nach SIMEK (s. HANSEN ad loc.) verwechselt Ptolemaios die Weichsel mit der oberen Oder, die bei der Mährischen Pforte aus dem Gebirge austritt. Eine Lokalisierung der ptolemäischen Weichselquelle an hand der antiken Koordinaten ist derzeit nicht möglich. Der Vistula fluvius wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-Khwärizmi (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 110).
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(22) fons (griech. he kephale tou potamou he apo dysmön autes kai epi ton Albin pherousa): Diese „westlich der Weichselquelle gelegene und zur Elbe hin
führende Quelle“ konnte bisher nicht lokalisiert werden. Auffällig ist die topographische Beschreibung durch Ptolemaios, die sonst in dieser Form nirgends erscheint. Weder die Annahme von STECHE (S. 44), es handle sich hierbei um die wirkliche Elbquelle, noch die von LENNARTZ (S. 110) vorgeschlagene Identifizierung mit der Oderquelle oder die Gleichsetzung mit der Quelle der Pilica (SCHÖNING, S. 39) ließ sich durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigen. (23) Danubius fluvius (griech. Danoubios potamos): Als Quelle der Donau lässt sich anhand der antiken Koordinaten der Zusammenfluss von Breg und Brigach bei Donaueschingen angeben. In der Nähe wurde in claudischer Zeit das Kastell von Brigobannis/Hüfingen angelegt. Es bildete das westlichste Kastell einer Reihe von Militärstütz punkten am südlichen Donauufer. Auch SCHÖNING (S. 22) und NIERHAUS (S. 487) lokalisieren die ptolemäische Donauquelle bei Donaueschingen; nach LENNARTZ (S. 113) lag sie am Albdurchbruch der Donau oberhalb von Sigmaringen. Strabon (VII, 1,1) berichtet, Tiberius habe im Jahre 15 v. Chr. während des Alpenfeld zuges in einem Tagesmarsch vom Bodensee aus die Quellen der Donau erkundet. Mögli cherweise gelangte er hierbei zum Platz des späteren Kastells von Hüfingen (NIERHAUS, S. 487). (24) fluvius (griech. potamos): Ptolemaios führt diesen Fluss, dessen Namen er nicht kennt, als ersten aus Germanien kommenden Nebenfluss der Donau an. STECHE (S. 40) und LENNARTZ (S. 113) halten ihn für die Wörnitz, HANSEN identifiziert ihn mit der Wörnitz oder der Brenz, MÜLLER und SCHÖNING (S. 23) setzen ihn mit der Altmühl gleich. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt er sich mit der Brenz identifizieren. (26) fluvius (griech. potamos): Der zweite nördliche Nebenfluss der Donau, dessen Namen Ptolemaios ebenfalls nicht kennt, entspringt nach seiner Angabe im Gabreta-Wald. Dieser Gebirgszug wird auch von Strabon (VII, 1, 5) erwähnt. Nach STECHE (S. 41 und 177) entspricht er dem Brdska vrchovina/Brdywald und der genannte Fluss der Aist (eben so GOETZ/WELWEI, S. 177). HANSEN verortet den Gabreta-Wald im Bergland am süd lichsten Rande Böhmens (Novohradske hory) und in dem sich anschließenden Weinsberger Wald, für den Nebenfluss der Donau gibt er als mögliche Identifizierungen Mühl, Gusen, Aist, Naarn, Krems oder Kamp an. ZEUSS (S. 6), SCHIRMEISEN (S. 135), HOPFNER (S. 3) u. a. halten den Gabreta-Wald für den Böhmerwald, GOETZ/WELWEI (S. 169) für den Bayerischen und den Böhmerwald. Der namenlose Fluss kann nach den transformierten antiken Koordinaten mit der Naarn gleichgesetzt werden. (27) fluvius (griech. potamos): Nach den Angaben des Ptolemaios fließt der dritte nördliche Nebenfluss der Donau, den er erwähnt, am Luna-Wald entlang. Auch der Na me dieses Flusses ist Ptolemaios unbekannt. STECHE (S. 40), MÜLLER, LENNARTZ (S. 112), GOETZ/WELWEI (S. 179), HANSEN u. a. identifizieren ihn mit der March. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Namentlich erwähnt wird die March als Marus von Plinius (Nat. hist. IV, 81) und Tacitus (Ann. II, 63, 6). Der Luna-Wald umfasst nach STECHE (S. 40) die Kleinen und Weißen Karpaten bis zum Wlarapass, HOPFNER (S. 3) setzt ihn dem Manhartsberg gleich, nach SIMEK (s. HANSEN ad loc.) entspricht der Luna-Wald den Pavlovske vrchy/Pollauer Höhen. MÜLLER vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Luna-Wald und dem Ortsnamen Lundenburg (heute
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Breclav). SCHÖNING (S. 23) identifiziert den genannten Nebenfluss der Donau mit dem Regen. (28) Danubius fluvius (griech. Danoubios potamos): Die von Ptolemaios ange gebene Biegung der Donau nach Süden gehört möglicherweise nicht zu dem heute größ ten, südlich der Großen Schüttinsel fließenden Donauarm, sondern, wie es bereits SIMEK (s. HANSEN ad loc.) vermutet hat, zur Kleinen Donau, die bei Bratislava von der Do nau abzweigt und nördlich ungefähr parallel zum Hauptstrom fließt, bei Kolärovo in die Waag mündet und dann nach Süden fließt, um sich bei Komarno wieder mit der Donau zu vereinigen (vgl. STECHE, S. 40f.). Die Breitenangabe von 47°50' folgt einer Konjektur von MÜLLER (vgl. CUNTZ, S. 175f.). (29) Arabo fluvius (griech. Arabön potamos): Als weiteren südlichen Nebenfluss der Donau nennt Ptolemaios die Raab/Raba, die bei Györ in die Moson-Donau, einen Seitenarm der Donau, mündet. Statt der Raab-Mündung könnten sich die von Ptolemaios angegebenen Koordinaten aber auch auf die Mündung der Moson-Donau in den Haupt strom bei Venek beziehen. Die an dieser Stelle erscheinende Namensform Narabo anstatt Arabo ist offenkundig ein Schreibfehler. In anderen antiken Quellen wird die Raab stets Arabo genannt. (30) inflexio prope Curtam (griech. he kata Kourtan kampe): Die hier genann te „Donaubiegung bei Curta11 lässt sich nach HANSEN bei der Donauschleife in der Enge zwischen Szob und Visegräd verorten. Bei Curta könnte es sich um das rö mische Kastell von C'rumerum/Nyergesüjfalu in der Nähe von Gran handeln (CUNTZ S. 170; HOPFNER, S. 3; STECHE, S. 40; LENNARTZ, S. 114; GOETZ/WELWEI, S. 178, Anm. 8). (31) inflexio prope Carpin (griech. he epistrophe kata Karpin): Mit der „Donaubiegung bei Carpis“ ist das Donauknie bei Väc/Waitzen gemeint (HOPFNER, S. 3; STECHE, S. 39; LENNATZ, S. 114; GOETZ/WELWEI, S. 178, Anm. 9; HAN SEN). Carpis entspricht vermutlich der im Itin. Ant. (266, 11) genannten Cirpimansio/Dunabogdäny, die auch in der Notitia dignitatum (Occidens, XXXIII, 37) erscheint (vgl. CUNTZ, S. 165). 2.3.3 Die Kimbrische Halbinsel
Nach den Angaben zur Ems-, Weser- und Elbmündung folgt in Ptolemaios’ Beschreibung der germanischen Küste die Cimbrica Chersonesus (griech. Kimbrike Chersonesos, Kimbrische Halbinsel, heute Schleswig-Holstein und Jütland). Obwohl Ptolemaios sie ben auf der Kimbrischen Halbinsel wohnende Stämme aufzählt (GH II, 11, llf.), nennt er auffälligerweise keine Orte in ihrem Siedlungsgebiet. Der Küstenverlauf hingegen ist durch mehrere Vorsprünge ziemlich detailliert beschrieben, insgesamt zeigt sich allerdings eine starke Verbiegung der Kimbrischen Halbinsel nach Osten. Möglicherweise verwendete Pto lemaios für seine Beschreibung Berichte von Seeleuten, die zwar Entfernungs-, aber keine Kursangaben enthielten. Die Deformation der Kimbrischen Halbinsel dürfte ferner mit der starken Umbiegung Schottlands Zusammenhängen, die sich in Ptolemaios’ Beschreibung von Britannien zeigt. Die vorliegenden antiken Koordinaten sind jedenfalls stark und inhomogen verzerrt, so dass sich die Verzerrungen nicht mittels einer einfachen mathematischen Funktion beschrei ben lassen. (In Abschnitt 2.2 sind daher für die Kimbrische Halbinsel keine transformierten 38
Koordinaten angegeben). Zudem sind die antiken Koordinaten teilweise durch Schreibfeh ler verderbt. So hat beispielsweise der nördlichste Punkt in vielen Handschriften die gleiche geographische Breite wie die vorhergehende Landspitze und der östlichste Vorsprung der Halbinsel hat eine größere Breite als der nördlichste. Sicher bestimmen lassen sich nur die beiden Basispunkte der Halbinsel, d. h. die Elbmündung im Westen und die „Wendung nach Osten“ in der Lübecker Bucht. Für die weiteren von Ptolemaios angegebenen Küstenpunkte der Kimbrischen Halbinsel wurden folgende Identifizierungen vorgeschlagen: (10) post Albim prominentia (griech. he meta ton Albin exoche): Bei dem „Vorsprung nach der Elbe“ könnte es sich um Blävands Huk handeln (STECHE, S. 28; LENNARTZ, S. 117). Nach HANSEN entspricht er der Halbinsel Eiderstedt, die früher aus mehreren Inseln bestand. (11) proxima prominentia (griech. he ephexes exoche): Nach STECHE (S. 28) und LENNARTZ (S. 117) entspricht der „folgende Vorsprung“ Hanstholm. HANSEN iden tifiziert ihn mit Blävands Huk. (12) sequens (prominentia) maxime borealis (griech. he eti ephexes kai arktikötate): Der „darauffolgende und nördlichste“ (ergänze: „Vorsprung“) ist wahrscheinlich
Kap Skagen (STECHE, S. 28; LENNARTZ, S. 117), das von Plinius (Nat. hist. II, 167) als Cimbrorum promunturium erwähnt wird. HANSEN lokalisiert den genannten Vorsprung bei Hanstholm oder Hirtshals. Bei der überlieferten Breitenangabe liegt offensichtlich ein Schreibfehler vor, denn der nördlichste Punkt der Kimbrischen Halbinsel hätte danach eine geringere Breite als der folgende. STECHE (S. 29) vermutet deshalb, ein Abschreiber habe die Breite des nördlichsten (griech. arktikötate) und des östlichsten (griech. anatolikötaton) Punktes vertauscht. Noch auffälliger sind die Abweichungen bei der Längenangabe, denn während die geographische Länge des nördlichsten Punktes nach der Q-Rezension 38°40/ beträgt, ist sie nach der E-Rezension 3° geringer. (13) pars maxime orientalis (griech. to anatolikötaton autes): Der „östlichste Punkt“ der Halbinsel ist nach STECHE (S. 28) Kap Fornäs, nach LENNARTZ (S. 118) eine Spitze Djurslands (Stavnshoved, Gjerrild Klingt oder Kap Fornäs). HANSEN sieht den „östlichsten Punkt“ als den östlichsten Teil des zuvor genannten nördlichsten Vorsprunges an, der die nördlichste Landspitze der Westküste bezeichne, und lokalisiert den „östlichsten Punkt“ am Kap Skagen. (14) prima post prominentiam prominenta (griech. he meta ten exochen pröte exoche): LENNARTZ (S. 118) verortet den „ersten Vorsprung nach dem Vor
sprung“ bei Friedrichshavn, HANSEN bei Friedrichshavn oder dem Vorsprung gegenüber der Insel Laesp. Wegen der auffälligen Beschreibung dieses Küstenpunktes als „erster Vor sprung nach dem Vorsprung“ hat MÜLLER vorgeschlagen, den Ausdruck meta ten exochen („nach dem Vorsprung“) durch meta ten epistrophen „nach der Wendung“ zu ersetzen. (15) proxima prominentia infra hanc (griech. he hypo tauten ephexes): Der „nächste Vorsprung südlich davon“ ist nach LENNARTZ (S. 118) auf der Insel Fünen (Fyns Hoved, Stavres Hoved, Knudshoved) oder am Frankeklint, der Nordspitze von Lan geland, zu suchen, HANSEN hält ihn für das Kap Fornäs auf der Halbinsel Dyrsland, nach STECHE (S. 28) lässt er sich nicht bestimmen.
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(16) ad aolia ortum inflexio (griech. he proa anatolaa epiatrophe)'. Die „Um wendung nach Osten“ liegt in der Lübecker Bucht bei Travemünde (STECHE, S. 28; HAN SEN). LENNARTZ lokalisiert sie auf Fehmarn oder Wagrin. 2.3.4 Inseln
Westlich, nördlich und östlich der Kimbrischen Halbinsel liegen nach Ptolemaios drei Grup pen von Inseln, von denen er jeweils die Koordinaten ihres Mittelpunktes angibt. Hinsicht lich der Identifizierung dieser Inseln sind derzeit noch keine genauen Angaben möglich. Of fensichtlich sind die überlieferten antiken Koordinaten wie bei der Kimbrischen Halbinsel (Abschnitt 2.3.3) stark und inhomogen verzerrt, so dass die Bestimmung einer Systematik nicht möglich ist. Daher sind die Inseln in der Tabelle des Abschnitts 2.2 nicht aufgeführt. Saxonum inaulae trea (griech. Saxonön neaoi treia): Die drei „Sachseninseln“,
die nach Ptolemaios bei der Elbmündung liegen, sind vermutlich im Bereich der Nordfrie sischen Inseln zu suchen (GOETZ/WELWEI, S. 191, Anm. 49). Von HANSEN werden sie mit Sylt, Föhr und Amrum identifiziert. Die „Sachseninseln“ finden sich auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geograph Al-KhwärizmT (vor 847), der im Gegensatz zu Ptolemaios geographische Koordinaten für jede Insel angibt (WIEBER, S. 92). Allerdings ist wegen unterschiedlicher überlieferter Werte eine genaue Identifizierung danach nicht möglich. Alociae inaulae trea (griech. Alokiai neaoi treia): Die drei A/ociae-Inseln werden von MÜLLER mit den Laesp-Inseln gleichgesetzt, von HANSEN mit Mors, Thyholm und Thyland, wohingegen LENNARTZ (S. 118) und GOETZ/WELWEI (S. 191, Anm. 50) sie für die Südspitze Norwegens halten. Die Aloctae-Inseln erscheinen ebenfalls im Kitab Surat al-Ard des Al-KhwärizmT (s. o.) mit der Angabe geographischer Koordinaten für jede Insel. Nach WIEBER (S. 93) könnte es sich dabei um Laesö, Hornfiskroen und Nordre Rpnner oder Anholt handeln. Nach SVENNUNG (S. 199) entsprechen die Alociae insulae, die Ptolemaios nördlich der Kimbrischen Halbinsel lokalisiert, in Wirklichkeit der Landschaft Hälogaland (Helgeland, heute die Landschaften Nordland Fylke und Troms Fylke). Wegen der dort vorhandenen tiefen Fjorde könnte Norwegen, von Westen aus gesehen, den Eindruck einer Menge von Inseln machen. Auch ALONSO-NÜNEZ (S. 57), äußert die Vermutung, bei den Alociae insulae handele es sich um Inseln vor der Küste von Hälogaland. Noch im 11. Jahrhundert beschreibt Adam von Bremen (Gesta, IV, 38) Hälogaland als Insel. Scandiae inaulae minores trea (griech. Skandiai neaoi treia mikrai): Die drei kleinen Scandiae-Inseln gehören wahrscheinlich zu den dänischen Inseln. Von LENNARTZ (S. 118) werden sie mit Seeland, Lolland und Falster identifiziert, von SVENNUNG (S. 198) mit Seeland, Lolland und Langeland, von ALONSO-NÜNEZ (S. 57) mit Seeland, Fünen und Lolland, von MALONE (S. 370) mit Seeland, Lolland und Fünen. Auch die Scandiae-Inseln sind im Kitab Surat al-Ard des Al-KhwärizmT (s. o.) mit den entsprechenden geographischen Koordinaten für jede Insel verzeichnet (WIEBER (S. 93f.). Scandia inaula maxima (griech. Skandia neaoa megiate): Neben den drei klei nen Scandia-lnsein nennt Ptolemaios eine weitere in der Ostsee liegende Insel dieses Namens. Nach Ptolemaios ist sie die größte und östlichste Insel Scandia. Möglicherweise ist hiermit Schonen (dän. Skäne) im südlichen Teil Schwedens gemeint (LENNARTZ, S. 118;
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GOETZ/WELWEI, S. 191; HANSEN, Anm. 51). Nach GRÜNZWEIG (S. 307) hingegen entspricht sie Gotland. Die Insel Scandia wird von Ptolemaios gegenüber der Weichselmündung und damit zu weit östlich lokalisiert. Möglicherweise besaß er für dieses Gebiet nur ungenaue Informar tionen über einen von der Danziger Bucht nach Skandinavien führenden Handelsweg (vgl. SVENNUNG, S. 199; GOETZ/WELWEI, S. 191, Anm. 51; HANSEN). Die Scandiae-Inseln werden auch von Plinius (Nat. hist. IV, 104) erwähnt, der allerdings über ihre Lage keine genaue Vorstellung hat. Als „berühmteste“ Insel im Ostseeraum nennt er (Nat. hist. IV, 96) die Insel Scatinavia von seinerzeit unerforschter Größe. Sie ist bereits Pomponius Mela bekannt (III, 54) und entspricht vermutlich der großen Scandia-Insel des Ptolemaios. 2.3.5 Orte
Als Hauptorte (poleis episemoi) in Germania Magna werden im achten Buch der „Geo graphie“ (VIII, 6, 3) aufgeführt: (69) Amisia/bei Geimar (unsicher), (77) Zuppia/bei Bernburg a. d. Saale (unsicher) und (133) Eburodunum/Brno (wahrscheinlich). (3) Manarmanis portus (Mararmanis, Mamamanis portus; griech. M. Urn en)’. Auffälligerweise ist der Manarmanis portus der einzige Hafen, den Ptolemaios an der
Nord- und Ostseeküste erwähnt. MÜLLER und ihm folgend STECHE (S. 35) lokalisieren ihn bei dem kleinen Ort de Marne (Marna) am Lauwersmeer nordwestlich von Groningen. STECHE (S. 35f.) bemerkt hierzu: „In die ,Lauwers Zee‘ mündet das Flüßchen Lauwers, das unter dem fränkischen Namen Laubachi und dem friesischen Namen Lagbeki in den karolingischen Geschichtsquellen und dem alten Gesetzbuch der Friesen als die Grenze zwischen Mittel- und Ostfriesland bezeichnet ist; ein Nebenfluß der Lauwers, der heute Reitdiep heißt, kommt von der heutigen Stadt Groningen her. Die Lauwers Zee war also in alter Zeit ein naturgegebener Verkehrsmittelpunkt.“ 2.3.5.1 klima 1
(44) Flevum (griech. Phleoum)’. Dieser Ort wird im Allgemeinen als das bei Tacitus (Ann. IV, 72, 3) erwähnte Römerkastell (castello cui nomen Flevum) angesehen (MÜL LER; STECHE, S. 132; HANSEN). Nach den antiken Koordinaten könnte Flevum bei Appingedam am Ästuar der Ems gelegen haben. STICHTENOTH (S. 32) vermutet Fle vum bei Emmen, nordöstlich von Zwolle. Nach PATZIG (S. 9) bedeutet der Name Flevum „Platz, wo das Wasser spült“. Auffällig ist die lateinische Endung, die der Ortsname im griechischen Text zeigt (-oum statt der sonst üblichen gräzisierten Form -on); dies weist eindeutig auf die Herkunft aus einer römischen Quelle hin. (45) Siatutanda (Siltutanda; griech. Siatoutanda, Siltoutanda): Der Ortsname Siatutanda wird seit dem 19. Jahrhundert (MÜLLER, Hermann: Die Marken des Vaterlan des. Bd. I, Bonn 1837, S. 118-120) für eine falsche Deutung einer Tacitusstelle (ad sua tutanda degressis rebellibus; Ann. IV, 73, 1) gehalten, wobei die Angabe, die von den Römern bedrängten Friesen hätten sich zum Schutz ihrer Habe (ad sua tutanda) zurückgezogen, irrtümlich für einen Ortsnamen Siatutanda gehalten worden sei. Da die topographischen Angaben des Tacitus für Germanien jedoch oft ungenau sind, ist es nicht anzunehmen, dass Ptolemaios oder ein Vorgänger die Annales des Tacitus als Informationsquelle benutzt hat. Auch CUNTZ (S. 66) hält einen Zusammenhang mit der erwähnten Tacitusstelle für „wenig
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wahrscheinlich“. Möglicherweise ist Siatutanda nicht die ursprüngliche Namensform. Die neben Siatutanda und Siltutanda überlieferten Lesarten Setutanda, Setuntada, Siantunda (MÜLLER) zeigen die Unsicherheit hinsichtlich des Ortsnamens. STICHTENOTH (S. 32) sucht Siatutanda bei Rheine, SCHÖNING (S. 109) bei Tettens. Die entzerrten Koordinaten weisen auf die Gegend bei Lathen an der Ems. (46) Tecelia (griech. Tekelia): Dieser Ort wurde u. a. mit Zetel am Jadebusen iden tifiziert (FORBIGER, Bd. 3, S. 275f., Anm. 32; MÜLLER; MEHLIS 1918, S. 77). Die transformierten antiken Koordinaten bestätigen jedoch eher die vorgeschlagene Gleich setzung mit dem Siedlungsplatz bei Elsfleth-Hogenkamp am Zusammenfluss von Weser und Hunte (UKERT, S. 435; MÜLLER; HANSEN), der wegen seiner verkehrsgeographisch günstigen Lage bis in das 6. Jahrhundert n. Chr. genutzt wurde. Möglicherweise steht der Name Tecelia in Zusammenhang mit der sogenannten Tegeler Plate (STECHE, S. 162), einer Sandbank zwischen den Mündungsströmen von Jade und Weser. Es könnte also zu Tecelia auch einen ähnlichlautenden Flurnamen in dieser Region gegeben haben. (47) Fabiranum (griech. Phabiranon): MÜLLER identifiziert Fabiranum mit der von Plinius (Nat. hist. IV, 97; vgl. Strabon VII, 1, 3) erwähnten Insel Burcana/Borken, die die Römer Fabaria („Bohneninsel“) nannten. Unter den vielen im RGA verzeichne ten Lokalisierungsvorschlägen (u. a. Bremen, Bremervörde, Wremen) lässt sich anhand der transformierten Koordinaten die Gleichsetzung mit der Heidenschanze bei Sievern be stätigen. (48) Treva (griech. Treoua): Obgleich die Identifizierung von Treva mit dem heuti gen Treia aufgrund der Namensähnlichkeit naheliegt (vgl. BASEL-AUSGABE 2006, S. 231, Anm. 244), sprechen die Koordinaten gegen diese Gleichsetzung. STICHTENOTH (S. 32) und HANSEN suchen Treva bei Harburg; MÜLLER vermutet einen Zusammenhang mit dem Flussnamen Trave und schlägt deshalb als Lokalisierung Travemünde, Lübeck oder Bad Oldesloe vor. Die letzte Identifizierung konnte durch die Analyse der Koordinaten bestätigt werden. Treva lag somit in einem sehr alten Siedlungsgebiet und war vielleicht ei ne Station an einem Handelsweg zwischen Nord- und Ostsee, der am Fuße der Kimbrischen Halbinsel entlang verlief. STECHE (S. 167) hingegen bestreitet einen Zusammenhang mit dem Flussnamen Trave. (49) Leufana (griech. Leuphana, Lephana): Nach STECHE (S. 180) lag Leufana bei Dömitz (Mecklenburg), STICHTENOTH (S. 32) identifiziert es mit Ratzeburg, SCHÖNING (S. 111) mit Lüdershagen, FORBIGER (Bd. 3, S. 276, Anm. 329) setzt es mit Lüneburg gleich, HANSEN vermutet es in der Altmark, nach der BASEL-AUSGABE 2006 (S. 231, Anm. 245) entspricht Leufana dem in der Tab. Peut. genannten Levefanum/Wijk bij Duurstede, MÜLLER sucht es bei Levenstein. Keine der genannten Identifizierungen konnte jedoch durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Danach lässt es sich vielmehr mit dem bedeutenden germanischen Siedlungszentrum bei Hitzacker identifizieren (NÜSSE). (50) Lirimeris (griech. Lirimeris, Lirimiris): Die entzerrten antiken Koordina ten lassen die Verortung von Lirimeris in Hagenow möglich erscheinen, wo germanische Fürstengräber der älteren Römischen Kaiserzeit entdeckt wurden (VOß 2005 und 2009). SIMEK (s. HANSEN ad loc.) vermutet es in der Gegend südlich des Ratzeburger Sees, STECHE (S. 166) sucht Lirimeris an der Trave bei Lübeck oder weiter stromaufwärts. (51) Marionis (griech. Mariönis): Die überlieferten Breitenangaben weichen stark voneinander ab (54° nach der Q-Rezension und 55°50' nach der E-Rezension). Die Analy
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se der Koordinaten ergab, dass der Wert der E-Rezension hinsichtlich der systematischen Verzerrungen in diesem Gebiet besser zu den Koordinaten der benachbarten Orte passt. Marionis lag somit in der Nähe der von Ptolemaios angegebenen Wendung der Cimbrica Chersonesus (Schleswig-Holstein und Jütland) nach Osten, welche die Lübecker Bucht bei Travemünde bezeichnet. In der Nahe findet sich hier der Fluss Maurine, dessen Na me vielleicht im Zusammenhang mit Marionis steht. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt es sich bei Schönberg an der Maurine, ca. 15 km östlich von Lübeck, verorten. Auch HANSEN sucht Marionis an der Lübecker Bucht, STECHE (S. 177) hin gegen an der Stelle der heutigen Stadt Wismar oder in der Nähe davon, STICHTENOTH (S. 32) vermutet Marionis bei Grevesmühlen oder ebenfalls bei Wismar. (52) Marionis altera (griech. Marionis hetera): Für den zweiten Ort des Nar mens Marionis lässt sich eine Lage bei Lalendorf (Landkreis Güstrow) annehmen. Bei Lalendorf wurde ein germanisches Fürstengrab entdeckt und in die Zeit um 50 n. Chr. datiert (KEILING). Sollte der Ortsname Marionis von der germanischen Wurzel *mar abgeleitet sein, so bezeichnet diese nicht nur das Meer, sondern auch Binnengewässer oder Sümpfe (FINZENHAGEN, S. 42). HANSEN sucht Marionis an der Wismar-Bucht, nach STECHE (S. 178) hat Ptolemaios denselben Ort Marionis zweimal verzeichnet. STICH TENOTH (S. 32) identifiziert das zweite Marionis mit Rostock. (53) Coenoenum (Cenennum; griech. Koinoenon, Kenennon)'. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Coenoenum im Raum von Waren (Mü ritz) lokalisieren. STECHE (S. 181) sucht es bei Pritzwalk oder Kyritz, HANSEN an der unteren Warnow in der Gegend von Rostock. (54) Astuia (Aetuia, Cistuia; griech. Astouia, Aitouia, Kistouia): In Ver bindung mit der Identifizierung Burg Stargard ergab sich der Breitenwert 55’30' der E-Rezension als der wahrscheinlichere. Die Burg in Burg Stargard wurde zwischen 1236 und 1270 anstelle einer alten slawischen Stammesburg neu errichtet. Wie die Lokalisierung von Astuia zeigt, könnte der Platz bereits vor den Slawen in germanischer Zeit genutzt worden sein. MÜLLER sucht Astuia bei Küstrin, STECHE (S. 181) bei Brandenburg. (55) Alisus (griech. Alisos): Dieser Ort könnte bei Temmen gelegen haben, wo um 1890 ein germanisches Gräberfeld entdeckt wurde (LEUBE 1975, S. 150). Nach STE CHE (S. 158) lag Alisus in der Gegend der oberen Havel, etwa zwischen Zehdenick und Fürstenberg; HANSEN vermutet Alisus in einem weiteren Umkreis von Angermünde. (56) Laciburgium (griech. Lakibourgion): Nach Ptolemaios lag Laciburgium süd westlich der Mündung des Suebus/Swine. Es könnte sich also, wie von HANSEN vor geschlagen, um Ueckermünde am Oderhaff handeln. Auch der Name Laciburgium, der vielleicht „Wasserburg“ bedeutet, spricht für diese Identifizierung. MÜLLER nennt eine Lokalisierung bei Wolgast, STECHE (S. 151) verortet Laciburgium an der Peene zwischen Peenemünde und Karnin, STICHTENOTH (S. 32) setzt es mit Lebbin gleich, nach SCHÖ NING (S. 114) lag Laciburgium bei Lauenburg. (57) Bunitium (Munitium; griech. Bounition, Mounition): Der antike Ort Bunitium könnte bei dem heutigen Lubieszewo/Lübsow gelegen haben. Aufgrund der dort am Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten germanischen Fürstengräber, die reich mit römischen Exportwaren ausgestattet sind, wurde dieser Fundort namensgebend für die Prunkgräber der älteren römischen Kaiserzeit in Nord- und Mitteleuropa (SCHUSTER, S. 356f.). STECHE (S. 151f.) und STICHTENOTH (S. 32) verorten Bunitium bei Stettin, 43
SIMEK (s. HANSEN ad loc.) am Jezioro D^bie/Dammschen See, einer Ausweitung der Oder kurz vor ihrer Mündung. (58) Virunum (griech. Ouirounon)'. Die Lokalisierung im Gebiet von Drawsko Pomorskie/Dramburg erfolgte nach den entzerrten Koordinaten. STECHE (S. 152) vermutet Virunum bei Mysliborz/Soldin, HANSEN am Noteeübergang bei Drezdenko/ Driesen. (59) Viritium (griech. Ourition)’. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Viritium bei Czlopa/Schloppe lokalisieren. Viritium lag offensichtlich an einer wichtigen West-Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgiurn), der vom Römischen Reich bis zur Bernsteinküste im Samland führte. MULLER identifiziert Viritium anschei nend aufgrund der Namensähnlichkeit mit Wrietzen, STECHE (S. 152f.) sucht es bei einem Wartheübergang in der Nähe von Gorzöw Wielkopolski/Landsberg an der Warthe, HAN SEN in der Gegend von Grodzisk Wielkopolski/Grätz südwestlich von Poznari/Posen. (60) Rugium (griech. Rhougion): Von vielen Autoren (z.B. MÜLLER; STECHE, S. 147; vgl. RGA) wird Rugium, wohl nicht zuletzt wegen der Namensähnlichkeit und der Annahme, die von Ptolemaios (II, 11, 17) erwähnten Rutiklier seien mit den Rugiern iden tisch, mit Rügenwalde gleichgesetzt. Nach KRATZ (zitiert nach LENNARTZ, S. 119) soll Rügenwalde jedoch erst 1270 durch Fürst Wizlaw II. von Rügen gegründet und nach dessen Heimat benannt worden sein. FORBIGER (Bd. 3, S. 282, Anm. 54) identifiziert Rugium mit Reska/Regenwalde an der Rega. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Rugium im Gebiet von Miastko/Rummelsburg verorten. (61) Scurgum (griech. Skourgon)'. Der Vorschlag von STECHE (S. 148), Scurgum an einem Übergang über die Brda/Brahe bei Chojnice/Konitz zu lokalisieren, konnte durch die Analyse der Koordinaten bestätigt werden. HANSEN lokalisiert Scurgum bei Skdrcz/Skurz, SADOWSKI (S. 57) bei Czersk. Scurgum lag vermutlich an einer wichtigen West-Ost-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgiurn). (62) Ascaucalis (Ascaulis‘, griech. Askaukalis, Aakaulia): Die Lokalisierung von Ascaucalis bei Osielsk (bei Bydgoszcz/Bromberg in Kujawien) findet sich bereits bei SA DOWSKI (S. 41f.), der seinerseits eine ältere Arbeit anführt: „Zur treffendsten Annahme gelangte Voigt, welcher dem Askaukalis des Ptolemäus die Lage des heutigen Osielsk bei Bromberg angewiesen hat. Er liess sich zwar hierbei auch von der Aehnlichkeit des Klanges leiten, da er aber genau mit den physiographischen Eigenthümlichkeiten der pommereller Gegend bekannt war, verzeichnete er den römischen Handelsweg durch die Mündungsge gend der Brahe in die Weichsel hauptsächlich wegen der Bequemlichkeit des Ueberganges an dieser Stelle, welche zwischen unwegsamen Nachbargegenden offen ist.“ Dem schließen sich STECHE (S. 147), RASCH (S. 21) und HANSEN an. Die Analyse der Koordinaten bestätigt die Identifizierung. 2.3.5.2 klima 2 (63) Asciburgiurn (griech. Aakibourgion)’. Bereits Tacitus {Germ. 3, 2) erwähnt den am Rhein liegenden Ort Asciburgiurn („Eschenburg“), der nach der Überlieferung von Odysseus während seiner Irrfahrt gegründet worden sein soll. Ptolemaios hat Asciburgiurn, heute Moers-Asberg (HORN, S. 559-569), irrtümlich auf das rechte Rheinufer verlegt. Asciburgiurn lag der Ruhrmündung gegenüber und war der Beginn des Hellweges, einer wichtigen Verkehrsverbindung, die vom Westen durch Germanien bis ins Samland führte.
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Neben der Lippe war der Hellweg vermutlich auch ein militärischer Einfallskorridor der Römer in das rechtsrheinische Germanien. Zwar wird er erst mit den Sachsenfeldzügen Karls des Großen historisch fassbar, „da er aber durchweg auf der topographisch im weiten Umkreis günstigsten TYasse, auf dem Nordrand des Mittelgebirges verläuft, deren Vorzü ge schon früh bemerkt worden sein dürften, könnte er bereits weit in die Zeit vor Karl dem Großen zurückreichen“ (EGGENSTEIN, S. 73). Auch die „Kleingeldfunde am Hell weg, die nicht als Tauschobjekte der Germanen, sondern als Besitztümer von Fußsoldaten gelten können, sprechen für eine militärische Benutzung der Hellwegtrasse“ (STEPHANMAASER, S. 17). Insgesamt elf der von Ptolemaios in Germania Magna erwähnten Orte lassen sich am Hellweg lokalisieren (s. Abschnitt 2.1.5). Möglicherweise lag Ptolemaios ein Itinerarium des Hellweges vor, in dem Asciburgium als Anfangspunkt eingetragen war. In der Tab. Peut. erscheint es als Asciburgia. (64) Navalia (Nabalia; griech. Naualia, Nabalia): Der wahrscheinlich lateinische Name Navalia (auch als Nabalia überliefert, wobei zur Zeit des Ptolemaios ein griechisches b als w-Laut gesprochen wurde, vgl. MAZAL, S. 102) deutet auf eine Schiffsanlegestel le, eine Werft, ein Schiffslager oder ähnliches hin (vgl. RASCH, S. 116: „Lager am Ufer zum Schutze der auf land gezogenen Schiffe“). Ein zunächst erwogener Zusammenhang von Navalia mit dem Römerlager von Holsterhausen ist allerdings wenig wahrscheinlich. Hols terhausen war als Marschlager offensichtlich nur vorübergehend belegt, auch erscheinen weder die Lippe (vgl. jedoch Abschnitt 2.3.2) noch die Standorte weiterer „Lippelager“ bei Ptolemaios. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Navalia hingegen bei EssenHinsel lokalisieren. Somit könnte es eine Station am Hellweg gewesen sein (s. hier zu Nr. 63 Asciburgium). Hinsichtlich der Bedeutung dieser Verkehrverbindung bemerkt SEIBT (S. 79): „Grabungen entlang des Hellweges in germanischen Siedlungen und Gräber feldern in Essen-Hinsel, Bochum-Harpen, Castrop-Rauxel und Westwick bei Hamm sowie zahlreiche Streufunde mit römischen Waren zeigen, dass der Hellweg ... wohl eine promi nente Rolle als Handelsverbindung ins Innere Germaniens gespielt hat.“ (65) Mediolanium (griech. Mediolanion): Die entzerrten antiken Koordinaten von Mediolanium führen zu der auf einer Fläche von 23 000 m2 ergrabenen germanischen „Händ lersiedlung“ von Borken, die schon im 2. Jahrhundert bestanden haben könnte. Auffällig ist allerdings das Erscheinen des keltischen Ortsnamens Mediolanium im Münsterland. Man hat deshalb vermutet (STECHE, S. 133f.; ebenso HANSEN), der von Ptolemaios er wähnte Ort könnte dem im Itin. Ant. (375, 3) genannten Mediolanum entsprechen, das an einer Straße von Colonia Traiana/Xanten nach Colonia Agrippina/Köln linksrheinisch in Germania Inferior lag. Ptolemaios habe diesen Straßenzug irrtümlich in rechtsrheinisches Gebiet verlegt. Für diese Annahme spricht der Umstand, dass Ptolemaios im Anschluss an Mediolanium den Ort Teuderium erwähnt, der mit dem ebenfalls im Itin. Ant. an derselben Straße genannten Teudurum/Tüddern gleichgesetzt wird (s. u. 66). Der keltische Ortsname Mediolanium bzw. Mediolanum zeigt sich jedoch häufiger, so z. B. als antiker Name der französischen Städte Evreux (GH II, 8, 11), Saintes (GH II, 7,7) und Mälain (von Ptolemaios nicht erwähnt), in Mediolanium/Mailand (GH III, 1, 33), im englischen Mediolanum/Whitchurch (von Ptolemaios nicht erwähnt) sowie in einem weite ren Mediolanium im Südosten von Germania Magna (s. u. Nr. 131). Der Ortsname enthält als ersten Bestandteil das keltische Wort für „Mitte“, die Bedeutung des Elements -lanum 45
ist nach MAIER (S. 89) nicht geklärt; nach RASCH (S. 132) bedeutet Mediolanium „mitten im Feld“ (ebenso KRÄHE 1954, S. 126). Der hier von Ptolemaios erwähnte, anscheinend keltische Ortsname Mediolanium könnte dadurch entstanden sein, dass ein ähnlich klingen der germanischer Name bei der Aufzeichnung an einen den Römern geläufigen Ortsnamen angeglichen wurde. KRÄHE (KRÄHE 1954, S. 126; vgl. UKERT, S. 437) und SCHÖNE (S. 118) setzen, wohl aufgrund der Ähnlichkeit beider Namensformen, Mediolanium mit Metelen (Kreis Steinfurt) gleich. Metelen liegt an der Vechte, die Ptolemaios vermutlich als Vidrus (s. o. Nr. 2) bekannt war. Nach der Analyse der antiken Koordinaten könnte eine Identifizie rung von Mediolanium mit Metelen ebenfalls in Frage kommen. MEHLIS (1918, S. 116) identifiziert Mediolanium mit Almelo. (66) Teuderium (Teuterium; griech. Teuderion, Teuterion): Da im Itin. Ant. (375, 6) die Station Teudurum an einer Straßenverbindung von Colonia Traiana/Xanten nach Colonia Agrippina/Köln erwähnt wird, hat man vermutet, das ptolemäische Teuderi um entspreche jenem Teudurum und Ptolemaios habe den genannten Straßenzug irrtüm lich in rechtsrheinisches Gebiet versetzt (MÜLLER; PATZIG, S. 19; STECHE, S. 133f.; RASCH, S. 96; SCHÖNING, S. 118; HANSEN). Für diese Annahme spricht der Umstand, dass Ptolemaios zuvor den Ort Mediolanium (s. o. Nr. 65) erwähnt, der im Itin. Ant. ebenfalls an der beschriebenen Straße liegt. Die Straßenstation Teuderum des Itin. Ant. wird mit Tüddern im Kreis Heinsberg (Nordrhein-Westfalen) identifiziert (KUNOW 1988, S. 60). Folgt man bei der Lokalisierung jedoch den transformierten antiken Koordinaten, so lässt sich Teuderium bei Beelen verorten. MEHLIS (1918, S. 115) vermutet, wie bereits FORBIGER (Bd. 3, S. 275, Anm. 32), Teuderium bei Dörgen in der Nähe von Meppen, hält aber auch Delden nordwestlich von Enschede im Vechtegebiet als Identifizierung von Teuderium für möglich. (67) Bogadium (griech. Bogadion): Dieser Ort könnte, wie die Analyse der antiken Koordinaten ergeben hat, bei Salzkotten gelegen haben und somit ein Ort am Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen sein. Von WILHELM (S. 130) wurde es mit Münster gleichgesetzt, von MÜLLER und RASCH (S. 29) mit dem im Itin. Ant. (256, 2 und 370, 1) sowie in der Tab. Peut. erwähnten Burginatium/Altkalkar, von SCHÖNING (S. 119) mit Brackwede (Kreis Bielefeld), von LANGEWIESCHE (S. 9) mit Gadderbaum bei Bielefeld, von MEHLIS (1918, S. 70) wie auch bereits von LEDEBUR (S. 327) mit Böckum a. d. Lippe. Zu der Gleichsetzung mit Böckum führt MEHLIS (1918, S. 70) auch die Namens ähnlichkeit an. Weitere im RGA verzeichnete Identifizierungsvorschläge sind Bocholt und Haltern. (68) Stereontium (Streontium, griech. Stereontion, Streontion): Stereontium wurde u. a. von MÄNNERT (S. 556) und WILHELM (S. 130) bei Warendorf an der Ems lokalisiert, von MÜLLER bei Haltern, von LANGEWIESCHE (S. 8-9) bei der Burg Stern berg, von MEHLIS (1918, S. 71) bei Stromberg nordöstlich von Böckum, von STECHE (S. 162) bei Bevergern und von SCHÖNING (S. 119) bei Rinteln, das am linken Weserufer als „fester Platz und Brückenort“ gegründet worden ist. Die Analyse der antiken Koordi naten deutet auf die Gegend von Bad Driburg; somit könnte Stereontium eine weitere Station am Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen sein. (69) Amista: Amisia wird im achten Buch der „Geographie“ unter den drei „bedeu tenden Städten“ Germaniens (poleis episemoi) genannt. Hinsichtlich der Lokalisierung von 46
Amisia bemerkt MEHLIS (1918, S. 94): „Trotz der klaren Positionsangabe haben die Au toren sich verleiten lassen, Amisia im Norden in Emden an der Emsmündung, im Süden in Ems (= Bad Ems) an der Lahn zu suchen. Unnötige Raumverschwendung und unnöti ger Zeitverlust!“ Für die Verortung von Amisia an der Ems sind u. a. HANSEN und die BASEL-AUSGABE 2006 (Bd. 1, S. 231, Anm. 248), die Gleichsetzung mit Bad Ems fin det sich beispielsweise bei MÜLLER, PATZIG (S. 19) und REICHERT (S. 282). MEHLIS selbst (1918, S. 95) identifiziert Amisia mit Oberense im Kreis Soest, SCHÖNING (S. 120) sucht es bei Hameln. Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Amisia bei Geismar (Ortsteil von Fulda) lokalisieren. Die Siedlung von Geismar war seit dem letzten Jahrhundert v. Chr. besiedelt (THIEDMANN) und entspricht wahrscheinlich dem Ort Gaesmere, bei dem Bonifatius im Jahre 723 die Donareiche fällte {Vita Bonifatii 6). (70) Munitium (griech. Mounition): Der Name Munitium deutet auf einen latei nischen Ursprung und könnte von munire („befestigen, verschanzen, Befestigungen bau en“) bzw. munitio („Befestigung, Verschanzung“) abgeleitet sein. Dazu passt die Tatsache, dass die entzerrten Koordinaten in die Nähe der Römerlager von Hedemünden am Zu sammenfluss von Fulda und Werra führen. MÜLLER vermutet Munitium bei Göttingen, WILHELM (S. 136) bei Bielefeld, STECHE (S. 165) bei Minden, SCHÖNING (S. 120) bei Holzminden. MEHLIS (1918, S. 72) lokalisiert Munitium auf dem Tönsberg bei Örlingshausen, von wo aus man mit der „hier vorhandenen ältesten Befestigungsanlage“ den Örlinghauser Pass beherrschte. (71) Tulifurdum (griech. Touliphourdon): Die Lokalisierung bei Hannover er folgte nach den entzerrten Koordinaten. MÜLLER nennt als Lokalisierungsvorschläge Ver den, Doehlberg an der Weser und Minden, MEHLIS (1918, S. 75-76) nimmt ebenfalls Verden an, wo sich „ein wichtiger Straßenkreuzungspunkt zur Wesermündung nach NW, zum Elbästuar nach NO“ befand. Davon ausgehend, dass der Name Tulifurdum auf eine Furt hindeutet, identifiziert STECHE (S. 166) den Ort mit Dörverden an der Weser, dessen zweiter Namensbestandteil ebenfalls das Wort „Furt“ enthält. Er vermutet eine alte Na mensform „Durifurd“ oder „Thurifurd“, die Ptolemaios unter den Einfluss des kurz darauf folgenden Ortsnamens Tulisurgium als Tulifurdum wiedergibt. (72) Ascalingium (griech.: Askaliggion oder Askalingion): Von den zahlrei chen Identifizierungsvorschlägen zu Ascalingium (vielleicht germ. „Eschental“) - Hildes heim oder Schulenburg a. d. Leine (HANSEN), Essel (STECHE, S. 168), Limburg (vgl. RGA), Rinteln oder Hameln (MÄNNERT, S. 557), Lassahn im Kreis Greifswald (SCHÖ NING, S. 121), Minden (WILHELM, S. 168), Ahlken bei Bremen (FORBIGER, Bd. 3, S. 276, Anm. 33), Linsburg südöstlich von Nienburg (MEHLIS 1918, S. 76-79) - konnte durch die Analyse der antiken Koordinaten die Lokalisierung bei Hildesheim als zutref fend ermittelt werden. Dies deutet darauf hin, dass Ascalingium eine Station des Hellweges (s. Nr. 63 Asciburgium) gewesen ist. (73) Tulisurgium (griech. Toulisourgion): Im Jahre 1671 gab Ferdinand von FÜRSTENBERG, der Fürstbischof von Paderborn, das Werk Monumenta Paderbomensia ex historia romana, francica, saxonica eruta heraus, worin er (S. 40f.), ausgehend von der Ortslage und dem Namensschriftzug, zu der Ansicht gelangt, die griechische Form Touli sourgion sei eine Verschreibung für Teutibougion. Dieser Ansicht folgt u. a. ZEUSS (S. 7, Anm. **). Im Anschluss daran vertritt MEHLIS (1918, S. 57ff.) die Auffassung, Ptolemai os habe aus dem Teutoburgiensis saltus, der durch Tacitus {Ann. I, 60) und anderweitige Quellen den alten Geographen bekannt war, einen Ortsnamen Teutoburgion (lat. Teuto47
burgus) rekonstruiert. Die Lokalisierung von Tulisurgium bei Braunschweig geht auf den Kartographen Petrus Apian (1495-1552) zurück (zitiert bei HOFMANN, S. 665). Sie wird durch die transformierten Koordinaten bestätigt. Tulisurgium könnte somit eine Station an einer bedeutenden West-Ost-Verbindung, am Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium), gewesen sein. (74) Feugarum (griech. Pheugaron): Die Lokaliserung bei Osterode erfolgte nach den transformierten antiken Koordinaten. STECHE (S. 170) und HANSEN suchen Feugarum am Werraknie bei Vacha, MULLER bei Paderborn. (75) Canduum (griech. Kandouon): Die Lokalisierung bei Eisenach erfolgte nach den transformierten Koordinaten. HANSEN identifiziert Canduum mit der Steinburg auf dem Kleinen Gleichberg, nach BAHN (S. 159) handelt es sich um den Öchsen bei Völkers hausen, 3 km südlich von Vacha an der Werra. (76) Tropaea Drusi (griech. Tropaia Drousou)-. Bei den Tropaea Drusi handelt es sich offensichtlich um das Siegesdenkmal, das Drusus im Jahre 9 v. Chr. nach dem Er reichen der Elbe errichten ließ (Cassius Dio LV, 1,3). Die Erwähnung dieses Monumentes könnte ein Indiz dafür sein, dass Ptolemaios hier ältere Aufzeichnungen aus der Zeit der Germanenkriege von 12 v. Chr. bis 16 n. Chr. verwendete. Nach den entzerrten antiken Koordinaten lagen die Tropaea Drusi jedoch nicht, wie von MÜLLER angenommen, direkt an der Elbe, die Drusus möglicherweise an ihrem westlichsten Punkt bei Magdeburg er reicht hat, sondern bei Halberstadt. Vielleicht markieren sie den Ort, an dem Drusus auf seinem Rückzug starb und der nach der Angabe Strabons (VII, 1, 3) zwischen Saale und Rhein lag. Andere Lokalisierungsvorschläge sind der Herkenberg bei Fuhlen an der Weser (MEHLIS 1918, S. 88), die Gegend bei Höxter (FORBIGER Bd. 3, S. 295, Anm. 80) oder die Gegend bei Stendal (SCHÖNING, S. 35). Die von HANSEN vorgeschlagene Gleich setzung mit dem Siegesdenkmal, das der jüngere Drusus (Germanicus) nach der Schlacht bei Idistaviso im Jahre 16. n. Chr. errichten ließ, ist unwahrscheinlich. Das Schlachtfeld lag in Wesernähe, nach JOHNE (S. 189) „auf dem rechten Ufer zwischen Minden und Rinteln nördlich oder südlich der Porta Westfalica“, und somit zu weit westlich für die angegebenen Koordinaten. Ferner spricht sich STECHE (S. 136) gegen die Gleichsetzung des von Ptolemaios genannten Siegesdenkmals des Drusus mit dem ebenfalls von Germa nicus im Jahre 16 n. Chr. errichteten Drususaltar (ara Drusi-, s. Tacitus Ann. II, 7, 2) aus. (77) Luppia (griech. Louppia): Die Lokalisierung bei Bernburg a. d. Saale er folgte nach den transformierten antiken Koordinaten. Luppia wird im achten Buch der „Geographie“ (VIII, 6, 3) nach Amisia von Ptolemaios als zweite „bedeutende Stadt“ (polis episemos) in Germania Magna genannt. MÜLLER und RASCH (S. 66) lokalisieren Luppia bei Lippstadt, MEHLIS (1918, S. 92) hingegen schließt einen Zusammenhang mit der Lip pe aus; in der BASEL-AUSGABE 2006 (Bd. 1, S. 233) wird er erneut erwogen. MEHLIS (1918, S. 93) identifiziert Luppia mit Luppenstede in der Diözese Hildesheim, einem Ort, der nach MEHLIS (a. a. O.) im Jahre 1274 erwähnt wird, jedoch „seither verschollen“ ist. SCHÖNING (S. 124) sucht Luppia bei Lindow in Ruppin, HANSEN vermutet eine Ver bindung zu dem ursprünglich bei Merseburg in die Saale mündenden Fluss Luppe westlich von Leipzig. (78) Mesuium (Mersuium; griech. Mesouion, Mersouion)-. Nach STECHE (S. 180) war Mesuium ein Handelsplatz der Angeln an der Elbe, gegenüber Wittenberge oder weiter südlich. HANSEN sucht es an der Elbe zwischen Torgau und Dessau, WIL
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HELM (S. 286) identifiziert Mesuium mit Madgeburg. Die Analyse der antiken Koordina ten bestätigt eine Lokalisierung an der Elbe; danach könnte es, wie bereits von MÜLLER erwogen, bei Burg an der Elbe gelegen haben. Mesuium lag an einer bedeutenden WestOst-Verbindung, dem Hellweg (s. Nr. 63 Asciburgium), der bei Burg die Elbe überquerte. (79) Aregelia (Areletia): Die Lokalisierung bei Leipzig erfolgte nach den transfor mierten antiken Koordinaten. Nach STECHE (S. 181) war Aregelia ein Cheruskerort in dem „Landstrich an der Mulde oder der Elster“, HANSEN (nach SIMEK) vermutet Arege lia bei Teplice/Teplitz; weitere Identifizierungsvorschläge sind Egeln, Artern, Torgau und Halberstadt (RGA); SCHÖNING (S. 125) setzt es bei Arensdorf (Kreis Lebus) und damit zu weit östlich an. (80) Calaegia (Galaegia; griech. Kalaigia, Galaigid)'. Anhand der transformier ten antiken Koordinaten lässt sich Calaegia an der Elbe bei Riesa verorten. Nach STE CHE (S. 181) lag Calaegia auf dem linken Elbufer, eine genauere Lokalisierung gibt er jedoch nicht an. UKERT (S. 438) schlägt eine Lage am Zusammenfluss von Saale und Elbe vor, MÜLLER gibt eine Gleichsetzung mit Halle an der Saale an. (81) Lupfurdum (griech. Loupphourdon): Bei Lupfurdum handelt es sich offen sichtlich um einen Flussübergang, worauf das germanische Grundwort -furd- („Furt“) hin weist (vgl. RASCH, S. 160). Nach den antiken Koordinaten lässt sich ein Elbübergang im Raum Dresden oder etwas südlicher annehmen. Hier zeigt sich eine große Dichte germanischer Fundstellen (vgl. SCHURBEIN, Abb. 7). Bereits MÜLLER verortete Lupfurdum in Elbnähe bei Lovosice. FÖRSTEMANN (S. 151) hingegen vermutete, es handele sich um einen Ort an der Luppe, vielleicht um Lübenwerda; nach WILHELM (S. 199) lag es in der Gegend von Leipzig. (82) Susudata (Susudana; griech. Sousoudata, Sousoudana): Susudata lässt sich anhand der antiken Koordinaten bei Fürstenwalde lokalisieren, wo die Spree schiff bar wird. Ähnliches vermutet STECHE (S. 158): „Susudana oder Susudata war ein Han delsplatz der Semnen und lag zwischen den Breitengraden von Berlin und Lübbenau. Die südliche Lage ist weniger wahrscheinlich; wahrscheinlich war der Ort ein Spreeübergang, etwa in der Gegend von Köpenick oder weiter östlich“. Im Jahre 1938 wurden in Fürsten walde Reste einer germanischen Siedlung gefunden (LEUBE 1975, S. 83). PATZIG (S. 24) erklärt den Ortsnamen als germ. susutin („Saulache, Saustall“, mhd. Sudde). Susudata war vermutlich eine Station an einer Verkehrsverbindung (Hellweg), die vom Westen bis ins Samland führte. (83) Colancorum (griech. Kolankoron, Kolankoron): Die bisher vorgeschlage nen Lokalisierungen von Colancorum weichen stark voneinander ab. Während HANSEN es im Kessel von Liberec sucht, vermuten MÜLLER und RASCH (S. 43) Colancorum bei Sulechöw/Züllichau, KVET/REHÄK (S. 52) bei Zittau und SCHÖNING (S. 126) bei Lsjde/Lanken in Polen. PATZIG (S. 19) identifiziert Colancorum mit der auf einer Spreein sel gelegenen Stadt Cölln, die später mit Berlin vereint wurde. Nach STECHE (S. 158) lag Colancorum „in der heutigen Niederlausitz zwischen den Breitengraden von Spremberg und Lübben“. Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann es bei Kostrzyn/Küstrin an der Mündung der Warthe in die Oder lokalisiert werden. Colancorum lag somit vermut lich an einer Straßenverbindung (Hellweg), die vom Westen bis ins Samland führte. Bei der Namensform Colancorum könnte es sich um einen lateinischen Genitiv Plural handeln. (84) Lugidunum (griech. Lougidounon): Nach UKERT (S. 438) und MÜLLER ist Lugidunum mit Legnica/Liegnitz gleichzusetzen (ebenso SCHÖNING, S. 126), HAN 49
SEN sucht es bei Mladä Boleslav, KVET/REHÄK (S. 50) lokalisieren es an der Kreuzung zweier Wege bei Bakov nad Jizerou/Bakow an der Iser. Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Lugidunum am Oderübergang bei Krosno Odrzanskie/Krossen. (85) Stragona'. Wie bereits von STECHE (S. 158) angenommen, könnte es sich bei Stragona um einen Ort an der Neiße handeln. Anhand der transformierten antiken Koordi naten lässt es sich bei Görlitz lokalisieren. HANSEN und KVET/REHÄK (S. 51) hingegen suchen es bei Dobfichov/Dobrichowitz (südwestlich von Podebrady/Podiebrad), MÜLLER und SCHÖNING (S. 126) sprechen sich für eine Gleichsetzung mit Strzegom/Striegau aus. (86) Limis lucus (Limiosaleum; griech. Limios alsos, Limiosaleon): Da die ptolemäische Namensform des Ortes Limios alsos bzw. Limiosaleon lautet, vermutete man in ihrem zweiten Bestandteil das griechische Wort alsos, lat. lucus (’’Hain”), und deutete den Namen als „Hain von Limis“ (so z. B. BASEL-AUSGABE 2006, Bd. 1, S. 233). STE CHE (S. 153) hält es jedoch für „unwahrscheinlich, daß die römischen Händler mit ihren Lasttieren heilige Haine besuchten und dort Handel trieben“. Sollte der griechische Namens bestandteil alsos in der Tat die Übersetzung des lateinischen Wortes lucus sein, das sich vielleicht in einem römischen Itinerarium fand, so könnte dieses vielmehr eine germanische Form wiedergeben, die etymologisch etwa „Lichtung im Wald“ bedeutet (FINZENHAGEN, S. 25). Anhand der transformierten antiken Koordinaten lässt sich Limus lucus bei Sierakow/Zirke lokalisieren und könnte somit ein alter Übergang über die Warthe gewesen sein. STECHE (a. a. O.) vermutet Limis lucus an einem Flussübergang über die Szprotawa/Sprotte in der Nähe von Szprotawa/Sprottau. Eine ältere Identifizierung setzt Limis lu cus mit Leszno/Lissa gleich (vgl. UKERT, S. 438), das jedoch eher Leucaristus entsprechen dürfte (Nr. 88). Nach HANSEN könnte der Ort am Oderübergang von Wroclaw/Breslau oder weiter nördlich bei Trzebnica/Trebnitz gelegen haben. Im RGA findet sich als weite rer Lokalisierungsvorschlag Sobötka/Zobten am Berge, nach KVET/REHÄK (S. 52) lag Limis lucus bei Klodzko/Glatz. (87) Budorigum (griech. Boudorigon): Nach den transformierten antiken Koordi naten lässt sich Budorigum bei Glogöw/Glogau verorten. In Nosocice, das zur Gemeinde Glogöw/Glogau gehört, wurden germanische Brandgräber gefunden, in Glogöw im Jah re 1830 ein Münzschatz mit Denaren der Kaiser von Vespasianus bis Commodus (TIR M-33). Weitere Identifizierungsvorschläge für Budorigum sind Brieg (vgl. UKERT, S. 438; MÜLLER; RASCH, S. 34), die Gegend von Klodzko/Glatz (HANSEN), Hradec Krälove/Königgrätz (KVET/REHÄK, S. 52), Bautzen und Nachod (vgl. RGA). (88) Leucaristus (griech. Leukariatoa): Die Lokalisierung bei Leszno/Lissa er folgte nach den transformierten Koordinaten. STECHE (S. 153) vermutet Leucaristus bei Krosno Odrzanskie/Krossen, MÜLLER bei Wroclaw/Breslau oder Lutynia/Leuthen. Der Ortsname Leucaristus ist illyrischen Ursprungs und wird von einem Personennamen Leukaros abgeleitet (KRÄHE 1954, S. 102; vgl. Abschnitt 1.2.4). (89) Arsonium (griech. Arsonion, Araenion): Die Lokalisierung bei Ostrzeszow/Schildberg erfolgte nach den transformierten Koordinaten. MÜLLER vermutet Arsonium bei Wieruszöw an der Prosna. (90) Calisia (griech. Kalisia): Die Gleichsetzung von Calisia mit Kalisz/Kalisch wird in der Forschung schon seit längerem als relativ sicher angesehen (UKERT, S. 439; SADOWSKI, S. 57; MÜLLER; STECHE, S. 147; HANSEN, SCHÖNING, S. 140). Calisia ist wahrscheinlich eine Station an der Bernsteinstraße gewesen (vgl. KULAKOV, Fig. 8); es liegt an einem „uralten naturgegebenen Übergang über die Prosna“ (STECHE, S. 147) auf
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„dem bequemsten Wege, welcher zum Durchgänge zwischen den Morästen der Warthe bei Konin führt“ (SADOWSKI, S. 57f.). Zusätzlich zu der Namensähnlichkeit wird die Identifi zierung des ptolemäischen Calisia mit Kalisz durch die Entzerrung der antiken Koordinaten bestätigt. Der Ortsname weist einen illyrischen Ursprung auf (KRÄHE 1954, S. 102). (91) Setidava (Getidava; griech. Setidaua, Getidaua): Der Name Setidava oder Getidava scheint dakischen Ursprungs zu sein (ZEUSS, S. 762; HANSEN; RASCH, S. 213; dagegen STECHE, S. 148). HANSEN lokalisiert den Ort in der Gegend des Warteübergan ges bei Konin, was durch die Analyse der Koordinaten bestätigt wurde. Setidava/Konin ist vermutlich eine Station der Bernsteinstraße gewesen, die von hier aus am Goplo-See vor bei entlang der Notec nach Inowroclaw zur Weichsel und weiter ins Samland geführt haben könnte (HENSEL, S. 171). SADOWSKI (S. 57) identifiziert Setidava mit Znin, STECHE (S. 148) sucht es bei Golina. 2.3.5.3 klima 3
(92) Alisum (griech. Alison): Nach der Angabe des Ptolemaios liegt Alisum etwas
östlich von Köln. Die transformierten antiken Koordinaten weisen auf die Gegend von Bergisch Gladbach. Bei der dort befindlichen Ringwallanlage könnte es sich um eine Höhenbefestigung der Sugamber handeln (HORN, S. 354). Da die Nutzung dieser Anlage jedoch in die erste Hälfte des 1. Jh. v. Chr. datiert wird, war Alisum vielleicht eine in der Nähe gelegene Siedlung. MEHLIS (1918, S. 80) sieht einen Zusammenhang mit dem Fluss namen Als — Els und lokalisiert Alisum, ausgehend von der Entfernung zu Vetera/Xanten, bei Alsum (heute Stadtteil von Marxloh in Duisburg) am Einfluss des Eisbaches in den Rhein. Möglich ist auch ein Zusammenhang zwischen Alisum und dem von Tacitus (Ann. II, 7) erwähnten Aliso, dem einzigen namentlich bekannten Römerlager im rechtsrheinischen Gebiet, oder mit dem von Dio Cassius (LIV, 33) erwähnten Fluss Elison, einen Nebenfluss der Lippe (vielleicht die Alme oder die Liesens, vgl. FORBIGER, Bd. 3, S. 239, Anm.*). (93) Budoris (griech. Boudoris): WILHELM (S. 311) setzt Budoris mit Monheim bei Köln gleich, MÜLLER mit dem linksrheinischen Büderich, MEHLIS (1918, S. 112f.) mit Burscheid. HANSEN lokalisiert Budoris zwischen Bonn und Siegburg. STECHE (S. 135) gibt aufgrund der stark abweichenden Breitenangaben (51° nach der Q-Rezension und 49° nach der E-Rezension) keine Identifizierung an. Die Analyse der antiken Koordinaten ergab, dass hinsichtlich der systematischen Verzerrungen in diesem Gebiet der Wert der Q-Rezension besser zu den Koordinaten der benachbarten Orte passt. Danach lässt sich Budoris am Drachenfels bei Bad Dürkheim verorten. WOLTERS (S. 61) vermerkt hierzu: „Das Ufer rechts des Rheins wurde von den römischen Soldaten als Übungsgelände und Viehweide genutzt. In der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts wird dort sogar eine römische Ziegelei bekannt, und Bodenschätze, wie Trachytsteine vom Drachenfels, wurden ebenfalls abgebaut.“ (94) Mattiacum (griech. Mattiakon): Die transformierten antiken Koordinaten lassen für Mattiacum eine Lokalisierung in der Gegend von Lahnau-Waldgirmes zu, wo seit 1993 die Reste einer römischen Zivilsiedlung ausgegraben und untersucht werden, die möglicherweise als künftiges Verwaltungszentrum einer geplanten römischen Provinz Ger mania dienen sollte. Die Stadt wurde jedoch noch in ihrer Gründungsphase wahrscheinlich im Jahre 9 n. Chr. im Zusammenhang mit der Niederlage im Teutoburger Wald aufgegeben (zu Lahnau-Waldgirmes u. a. BECKER/RASBACH). Daher könnte es sich bei Mattiacum 51
um eine germanische Siedlung in der Nähe von Lahnau-Waldgirmes handeln (eine Übersicht über die germanischen Fundstätten in diesem Gebiet bei SCHNURBEIN, Abb. 6 und 8); denkbar wäre z. B. Naunheim. Vielleicht lag Mattiacum in dem von Tacitus (ann. XI, 20) erwähnten ager Mattiacus, dem Gebiet der germanischen Mattiaci, in dem die Römer nach Silberadern suchen ließen. (95) Artaunum (griech. Artaunon): In Friedberg, wo sich Artaunum anhand der transformierten antiken Koordinaten lokalisieren lässt, befindet sich ein Limeskastell mit einem vicus von „überdurchschnittlicher Größe“ (BAATZ/HERRMANN, S. 307) sowie ein gallo-römischer Tempel. Der Ort lag an einem Knotenpunkt, an dem die Straßen aller wichtigen Kastelle der nördlichen Wetterau zusammenliefen und in die Verbindungsstraße zur Provinzhaupstadt Mogontiacum/Mainz mündeten (BAATZ/HERRMANN, S. 306ff.). Möglicherweise ist der Name Artaunum eine Verschreibung für Ad Taunum, was der Name dieses Kastells gewesen sein könnte. Nach BACH (Bd. II/l, S. 23) ist die überlieferte Namensform eine Verderbnis von An Taunon. Bereits UKERT (S. 444) bringt Artaunum mit dem Taunus in Verbindung. Neben Friedberg kommt auch Bad Nauheim1 für eine Lokalisierung von Artaunum in Frage. PATZIG (S. 27f.) identifiziert Artaunum mit der Saalburg. (96) Novaesium (griech. Nouaision, Nauaision): Gegen eine Gleichsetzung die ses Ortes mit dem römischen Legionslager von Neuß bei Düsseldorf am linken Rheinufer (so CAPELLE, S. 449; SCHÖNING, S. 131; HANSEN u. a.) sprechen die von Ptolemai os angegebenen Koordinaten. Beispielsweise beträgt die Längen-Differenz zu Köln fast 4°. UKERT (S. 444) verortet Novaesium deshalb nordöstlich von Marburg oder bei „Schloß Nienhus an der Mönne bei Neheim“. Diesem letzten Vorschlag folgt MEHLIS (1918, S. 110) und setzt Novaesium mit Neheim an der Vereinigung von Mohne und Ruhr gleich, wobei er auch einen namentlichen Zusammenhang vermutet; STECHE (S. 161) sucht es bei War burg an der Diemel. Bereits MÄNNERT (S. 566) lokalisiert Novaesium an der Fulda, wohin auch die transformierten antiken Koordinaten weisen; nach ihnen könnte es bei Melsun gen an der Fulda (Schwalm-Eder-Kreis) gelegen haben. Das Tal der Fulda war „ein alter naturgegebener Verkehrsweg“ (STECHE, S. 160). Neben der Namensform Nouaision, die dem lat. Novaesium entspricht, ist auch die Les art Nauaision überliefert. Möglicherweise ist dies die ursprüngliche Namensform, die im Zusammenhang mit dem im Schwalm-Eder-Kreis mehrfach erscheinenden Ortsnamen Nau sis stehen könnte. So lässt sich das ptolemäische Novaesium anhand der transformierten antiken Koordinaten auch bei dem Spangenberger Ortsteil Nausis verorten (vgl. PATZIG, S. 29). Die auffallende Namensgleichheit des von Ptolemaios erwähnten germanischen Ortes mit dem linksrheinischen Römerlager Novaesium/Neuß könnte ihre Ursache darin haben, dass bei der schriftlichen Fixierung des germanischen Ortsnamens seitens der Römer eine Anlehnung an einen ihnen bekannten Namen erfolgte (vgl. Abschnitt 1.2.4). Ähnliches kann auch durch einen späteren Abschreiber des Ptolemaios-Textes geschehen sein. Nach KRÄ HE ist der Ortsname von Novaesium/Neuß vielleicht von einem Personennamen abgeleitet (KRÄHE 1954, S. 126). (97) Melocabus (griech. Melokabos): Ebenso wie Novaesium (Nr. 96) könnte Melo cabus ein Ort an einem Verkehrsweg im Fuldatal gewesen sein, wo es sich bei Bad Hers feld lokalisieren lässt. PATZIG (S. 29) verweist auf den dicht bei Bad Hersfeld liegenden rZu dieser Identifizierung danken wir für einen Hinweis Herrn Dr. Frank Ausbüttel (Frankfurt a. M.).
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kleinen Ort Malkuß, dessen Name von Melocabus abgeleitet sein könnte (STECHE S. 160). Auch SCHÖNING (S. 132) lokalisiert Melocabus in der Nähe von Bad Hersfeld, bei Meklar an der Fulda. (98) Gravionarium (Gavonariurrv, griech. Grauionarion, Gauonarion): Die
von STECHE (S. 161) vorgeschlagene Gleichsetzung mit dem an der Kinzig gelegenen Schlüchtern ließ sich durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigen. Die Kinzig wurde bereits zur Römerzeit als Verkehrsweg genutzt, denn sie war für kleinere, flache Transportkähne schiffbar (BAATZ/HERRMANN, S. 468). Flussaufwärts von Schlüchtern liegt das römische Limeskastell von Rückingen, wo sich sicherlich eine Anlegestelle am Kinzigufer befand (BAATZ/HERRMANN, S. 468). PATZIG (S. 29) vermutet wegen der Namensähnlichkeit einen Zusammenhang von Gravionarium mit Grebenau (etwa 26 km nordwestlich von Fulda). Auch MEHLIS (1918, S. 104-106) verortet Gravionarium bei Gre benau. Er erwähnt (S. 104) die günstige Lage dieses Ortes, da sich hier „die natürlichen Straßen zur Wetterau nach SW, zur Fulda und Kinzig nach O und SO, gen Niederhessen und den Winkel zwischen Fulda und Schwaben nach N scheiden und vereinen“. Nach den transformierten antiken Koordinaten wäre eine Lokaliserung von Gravionarium bei Gre benau ebenfalls möglich. Die von SCHÜTTE (1952, S. 250) vorgeschlagene Gleichsetzung von Gravionarium mit dem in der Tab. Peut. verzeichneten Ort Grinario, das mit Köngen identifiziert wird (vgl. PLANCK, S. 149), lässt sich nicht bestätigen, da Grinario/Köngen zu weit südlich liegt. (99) Locoritum (griech. Lokoriton): Die häufig vorgeschlagene Identifizierung mit Lohr an der Mündung der Lohr in den Main (z. B. MÜLLER; RASCH, S. 65; MAIER, S. 88) kann durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Möglich wäre danach aber auch eine Lokalisierung bei Neustadt am Main2. Nahe Neustadt befindet sich auf dem Gaiberg eine vorgeschichtliche Abschnittsbefestigung sowie eine Furt über den Main. STECHE (S. 160) hingegen vermutet in Locoritum einen „Handelsplatz und Grenzübergangsort“ am Main zwischen Wörth und Aschaffenburg; SCHÖNING (S. 133) verortet Locoritum bei Rothenburg ob der Tauber, MENHOFER setzt es mit Forchheim gleich. Der Ortsname Locoritum enthält das keltische Element ritu- („Furt“; KRÄHE 1954, S. 125). (100) Segodunum (griech. Segodounon): Die römische Siedlung Bad Wimpfen, mit der sich Segodunum identifizieren lässt, war vermutlich der Hauptort der civitas Alisinensium (vgl. PLANCK, S. 23). Bereits STECHE (S. 159) lokalisiert Segodunum in um mittelbarer Nähe von Bad Wimpfen bei dem römischen Kastell von Heilbronn-Böckingen (vgl. PLANCK, S. 120f.) oder bei dem Kastell von Bad Cannstatt (vgl. PLANCK, S. 327331). PATZIG (S. 27) identifiziert Segodunum mit Siglingen an der Jagst. Der keltische Ortsname Segodunum bedeutet „Siegburg“ (RASCH, S. 132; vgl. MAIER, S. 109). Ein wei teres Segodunum findet sich im südfranzösischen Segodunum/Rodez (GH II, 7, 21) sowie in dem von Ptolemaios nicht erwähnten Segodunum/Suin (Bourgogne) und in der Form Segedunum als Name des römischen Kastells von Wallsend in Northumberland. (101) Devona (griech. Deouona): Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann Devona bei Crailsheim an der Jagst verortet werden. Aufgrund der Namensform identifizieren MÜLLER, RASCH (S. 47) und MAIER (S. 46f.) Devona mit Dewangen bei Aalen. Die Analyse der antiken Koordinaten lässt auch diese Identifizierung möglich 2Zu dieser Identifizierung danken wir für einen Hinweis Herrn Klaus Weyer (Neustadt am Main).
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erscheinen. Nach MAIER (a. a. O.) handelt es sich bei dem keltischen Ortsnamen Devona ursprünglich wohl um die Bezeichnung einer Quelle oder eines Flusses. Ähnliche Namens formen finden sich auch beim schottischen Ort Devana (GH II, 3, 15; Identifizierung un sicher) sowie beim südwestfranzösischen Ort Dwona/Cahors (GH II, 7, 11). HANSEN setzt Devona dem oppidum von Finsterlohr gleich, STECHE (S. 174) lokalisiert Devona am Südende der Mainschleife bei Marktbreit und Ochsenfurt, SCHÖNING (S. 134) bei Donauwörth. (102) Bergium (griech. Bergion): Die Analyse der antiken Koordinaten spricht für die vorgeschlagene Gleichsetzung von Bergium mit dem Schwanberg bei Iphofen (s. RGA). Möglich wäre jedoch auch eine Lokalisierung bei Marktbreit. An einer Mainfurt gelegen, befand sich bei Marktbreit das östlichste Römerlager im rechtsrheinischen Germanien (WÄMSER 1991; CZYSZ, S. 475-479). Bergium könnte entweder der Name dieses Lagers sein, den Ptolemaios in den Aufzeichnungen der Feldzüge aus augusteischer Zeit gefunden hat, oder eine germanische Siedlung in der Nähe dieses Lagerstandortes. MÜLLER und HANSEN vermuten Bergium bei Bamberg, nach STECHE (S. 174) ist eine Gleichsetzung mit einem heutigen Ort nicht möglich, SCHÖNING (S. 134) verortet Ber gium bei Nürnberg. Ob der Name Bergium germanischen oder keltischen Ursprungs ist, lässt sich nach RASCH (S. 192f.) nicht entscheiden. (103) Menosgada (Menostada; griech. Menosgada, Menostada): Der erste Namensbestandteil wird mit dem antiken Flussnamen des Mains, Moenus, in Verbindung gebracht (RASCH, S. 214; vgl. MEHLIS 1915, S. 325: Menostada „Mainstadt“) und daher eine Identifizierung von Menosgada mit dem keltischen oppidum auf dem Staffelberg bei Staffelstein vorgeschlagen (REINECKE, S. 36). HANSEN vermutet Menosgada am Zu sammenfluss von Weißem und Rotem Main. Gegen eine Lokalisierung am Main spricht sich STECHE (S. 175f.) aus, der in Menosgada einen Egerübergang, vielleicht in der Nähe von Eger, sieht (S. 175f.; ebenso KVET/REHÄK, S. 51). Der Main wird von Ptolemaios nicht erwähnt. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Menosgada bei Hallstadt am Main lokalisieren. (104) Bicurgium (griech. Bikourgion): Die Identifizierung von Bicurgium gestaltet sich äußerst schwierig, denn die überlieferten Breitenangaben weichen stark voneinander ab: 51’15' (fi-Rezension) und 49° (E-Rezension). Der erste Wert ergab sich bei Analyse der antiken Koordinaten in Verbindung mit einer Verortung von Bicurgium im Raum von Jena als der wahrscheinlichere. Östlich von Jena liegt Bürgel, das PATZIG (S. 30) für Bicurgium hält. MÜLLER vermutet Bicurgium bei Erfurt. Nach GRASSELT (S. 154) sind mit dem Namen Bicurgium die beiden Gleichberge bei Römhild in Südwestthüringen bezeichnet. Auf dem Kleinen Gleichberg befindet sich die Steinsburg, eine befestigte Höhensiedlung, die jedoch bereits kurz nach der Mitte des 1. Jh. v. Chr. aufgegeben wurde (GRASSELT, S. 155). Ferner wird Bicurgium mit dem oppidum Houbirg bei Happurg identifiziert (RGA). (105) Marobudum (Marobunum\ griech. Maroboudon, Marobounon): Ähn lich wie bei Bicurgium (s. Nr. 104) ist die Lokalisierung von Marobudum äußerst schwierig; auch hier sind unterschiedliche Breitenwerte überliefert, und zwar in umgekehrter Reihen folge wie bei Bicurgium: 49’ (Q-Rezension) und 51’15' (E-Rezension). Marobudum wurde mit dem Namen des berühmten markomannischen Herrschers Marbod in Verbindung ge bracht (UKERT, S. 444) und deshalb in Böhmen gesucht; nach UKERT (S. 444; ebenso FORBIGER, Bd. 3, S. 303, Anm. 99) lag es bei Ceske Budejovice/Budweis, nach MÜLLER, MEHLIS (1915, S. 325) und KVET/REHÄK (S. 51) bei Prag oder Plzen/Pilsen. STECHE
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(S. 175) hingegen bestreitet einen Zusammenhang mit dem Namen Marbods und vermutet, dass es sich bei Marobudum um einen Handelsplatz im Vogtland gehandelt haben könnte; SCHÖNING (S. 136) verortet es bei Meerane in Sachsen. Auch die Entzerrung der antiken Koordinaten spricht gegen eine Lage in Böhmen. Danach könnte Marobudum bei Am berg gelegen haben. Nach BERGER (S. 37) entstand Amberg „in karolingischer Zeit als Kaufmannssiedlung am Übergang der Fernhandelsstraße Nürnberg-Prag über die damals schiffbare Vils“. Möglicherweise befand sich an diesem Flussübergang bereits in älterer Zeit ein Handelsplatz. (106) Redintuinum (Redinguinum; griech. Rhedintouinon, Rhedingouinon):
Nach den transformierten antiken Koordinaten könnte Redintuinum bei Louny/Laun an der Eger gelegen haben. MÜLLER verortet es bei Brandys nad Labem-Stara Boleslav/Brandeis; SIMEK (s. HANSEN ad loc.) identifiziert Redintuinum mit dem oppidum Trisov nördlich von Cesky Krumlov/Böhmisch Krumau oder mit der Siedlung bei Prest’ovice westlich von Strakonice/Strakonitz. (107) Nomisterium (griech. Nomiaterion): Die Lokalisierung bei Litomefice/ Leitmeritz an der Elbe gegenüber der Mündung der Eger erfolgte nach den transformier ten antiken Koordinaten. MÜLLER vermutet Nomisterium bei Mimon/Niemes, SIMEK (s. HANSEN ad loc.) bei Zaluzany, 65 km südlich von Prag. (108) Meliodunum (griech. Meliodounon): Die Identifizierung von Meliodunum (kelt. vielleicht „dunkle Burg“) mit Pisek erfolgte nach den transformierten antiken Ko ordinaten. Danach wäre auch eine Lokaliserung bei Prest’ovice möglich, wo sich germa nische Siedlungsspuren befinden (TIR M-33, S. 179). STECHE (S. 155) sucht es in der Nähe von Pardubice/Pardubitz, „wo der von Norden her an der Elbe entlang laufende Weg den Fluß verließ und nach Süden weiterging“. Nach FREISING (Karte), der versucht, den Verlauf der Bernsteinstraße anhand der für die Straßentrassierung günstigen Faktoren zu rekonstruieren, lag Meliodunum an der Mährischen Pforte, nach HANSEN im Gebiet von Brno/Brünn, nach KVET/REHÄK (S. 51) bei Sobeslav/Sobieslau. (109) Casurgi8 (griech. Kaaourgia): Nach den transformierten Koordinaten lässt sich Casurgis bei Prag lokalisieren. Das Gebiet um Prag ist reich an römischen und germanischen Funden (vgl. TIR M-33). MÜLLER und RASCH (S. 39) vermuten Casurgis bei Cäslav/Caslau, STECHE (S. 158) bei Dvür Krälove nad Labem/Königinhof an der Elbe, KVET/REHÄK (S. 52) bei Rataje nad Säzavou/Rattay. (110) Strevinta (Strevintia; griech. Streouinta, Streouintia): Die Lokalisierung bei Hrimezdice/Wermeritz an der Moldau erfolgte nach den transformierten antiken Koordinaten. Nach STECHE (S. 155) lag Strevinta bei Jaromef/Jermer, wo die Mettau in die Elbe mündet, nach FREISING (Karte) bei Olava/Orlau. HANSEN lokalisiert es entwe der bei Skalice nad Svitavou/Skalitz an der Zwittawa, 30 km nördlich von Brno/Brünn, bei dem keltischen oppidum Stare Hradisko oder bei Chornice. KVET/REHÄK (S. 51) identi fizieren Strevinta mit Velky Blanik. Der Ortsname Strevinta ist illyrischen Ursprungs und deutet auf die Lage an einem Wasserlauf hin (KRÄHE, 1954, S. 103). In Hfimezdice selbst wurde bisher ein Denar aus der Zeit Vespasians an einer Brücke gefunden (TIR M-33, S. 149). (111) Hegitmatia (Hegetmatia, Egitmatia, Iligmatia)-. Bei Ohnist’any, wo
sich Hegitmatia lokalisieren lässt, wurden germanische Brandgräber entdeckt (TIR M-33, S. 171). Möglich wäre auch die von MÜLLER vorgeschlagene Identifizierung mit Jicin/ Gitschin. Nach KVET/REHÄK (S. 51) entspricht Hegitmatia Koufim/Gurim.
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(112) Budorgis (griech. Boudorgis): Die Lokalisierung bei Kolin erfolgte nach den transformierten Koordinaten. Der BARRINGTON-ATLAS gibt für Kolin eine Siedlung in römischer Zeit an. Nach KVÉT/REHÁK (S. 52) lag Budorgis zwischen Cáslav/Tschaslau und Ronov nad Doubravou/Ronow an der Doubrawa, MÜLLER und RASCH (S. 34) ver muten es bei Pardubice/Pardubitz, im RGA finden sich als weitere Lokalisierungsvorschläge u. a. Podmokly-Décin/Bodenbach, Wroclaw/Breslau, Nachod und der Iglauer Berg an der Sázava. SADOWSKI (S. 63) hält Budorgis für Havlicküv Brod/Deutsch Brod an der Sázava. Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRÄHE 1954, S. 102). (113) Eburum (griech. Ebouron)-. Von MÜLLER, RASCH (S. 49) und HANSEN wird der Ortsname für eine Doublette von Eburodunum (Nr. 133) gehalten und ange nommen, die unterschiedlichen Namensformen und Positionsangaben für denselben Ort stammten aus verschiedenen Itinerarien. Da aber keltische Ortsnamen mit dem Bestand teil Eburo- häufiger sind (vgl. SIMS-WILLIAMS: Eburum, Eburacum, Eburodunum, Eburobriga, Eburomagus etc.), ist eine derartige Annahme nicht notwendig. Nach den trans formierten Koordinaten lag Eburum bei Hrádek/Erdberg, wo eine germanische Siedlung nachgewiesen werden konnte (TIR M-33, S. 149). Anhand der Koordinaten ist auch eine Lokalisierung bei Prosimefice/Projßmentz möglich, wo sich ebenfalls eine germanische Siedlung befand (TIR M-33, S. 179). Nach KVÉT/REHÁK (S. 52) entspricht Eburum Blucina oder Brno/Brünn. Weitere Identifizierungsvorschläge sind Vehrad (an der March), Hostyn/Hostein, Óvár (an der Waag) und das Gebiet von Predmost (RGA). (114) Araicua (griech. Araikoua): Die Analyse der antiken Koordinaten hat erge ben, dass Arsicua bei Mistelbach an der Zaya gelegen haben könnte. SIMONYI lokar lisiert es bei Oszlány/Ohreslahn, KVÉT/REHÁK (S. 52) bei Nitra (s. a. RGA), weitere Identifizierungsvorschläge sind Zitava und Kremnica/Kremnitz (RGA). (115) Parienna: Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Parienna bei Breclav/Lundenburg. SIMONYI lokalisiert es bei Nitrianske Pravno (Slowakei; unga rische Namensform Nemetprona), STECHE (S. 145) bei Vsetin/Wesetin oder Valasské Mezirící/Wallachisch Meseritsch, KVÉT/REHÁK (S. 52) bei Topol’cany/Topoltschan im oberen Nitratal (Slowakei) oder bei Bánovce nad Bebravou/Banowitz (Slowakei). (116) Setuia (Setovia; griech. Setouia): Komofany/Kommern ist als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit und als germanische Siedlung (1./2. Jh.) belegt (Archeologicky Atlas, Karte 47; TIR M-33). Anhand der transformierten antiken Koordinaten ließe sich Setovia auch bei Ménin lokalisieren; in Ménin wurde ein germanisches Gräberfeld ge funden (TIR M-33, S. 164). Nach KVÉT/REHÁK (S. 52) entspricht es Trencin/Trentschin, SIMONYI sucht es in der Nähe von Kysucké Nové Mesto/Kischützneustadt, STECHE (S. 145) im Waagtal (weitere Identifizierungsvorschläge bei FORBIGER, Bd. 3, S. 301, Anm. 94). Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRÄHE 1954, S. 102), ein weiteres Setouia gibt es in Dalmatien (heute Susanj bei Sinj, BARRINGTON-ATLAS). (117) Carrodunum (griech. Karrodounon): Die Lokalisierung von Carrodunum (kelt. „Wagenburg“) bei Rymafov/Römerstadt an der Straße von Olomouc/Olmütz nach Racibörz/Ratibor folgt einem Vorschlag von SADOWSKI (S. 61). Ob der deutsche Nar me „Römerstadt“ in einem Zusammenhang mit einer antiken Siedlung steht, bleibt offen. Weitere Lokalisierungsvorschläge sind: Krapkowice/Krappitz (MÜLLER; RASCH, S. 38), Hostyn (HANSEN; KVÉT/REHÁK, S. 52); Zarnowice (FORBIGER, Bd. 3, S. 299, Anm. 91; MÜLLER). SCHÖNING (S. 140) sucht Carrodunum zu weit östlich bei Czeladz. Wei tere Orte des Namens Carrodunum/Karrodounon erwähnt Ptolemaios in Vindelicia (GH
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II, 12, 8), Pannonia Superior (GH II, 14, 5) und im europäischen Sarmatia (GH III, 5, 30). (118) Asanca (Osanda; griech. Asanka, Osanda): Kojetin, wo sich Asanca lokalisieren lässt, ist als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit (1./2. Jh.) belegt (Archeologicky Atlas, Karte 47). Von MÜLLER, SADOWSKI (S. 61) und RASCH (S. 78) wird Asanca mit Olomouc/Olmütz gleichgesetzt, von KVET/REHÄK (S. 52) mit Uherske Hradiste/Ungarisch Hradisch. STECHE (S. 145) lokalisiert Asanca bei Trencin/lYentschin im mittleren Waagtal (Slowakei). Die griechische Transkription des Ortsnamens als Asanka, die eine dem Lateinischen -nc- entsprechende Konsonantenfolge -nk- (-i'«-) anstatt der im Griechischen üblichen Schreibung mit Nasallaut -gk- (-7/t-) aufweist, deutet darauf hin, das der Ortsname einer römischen Quelle entnommen ist. 2.3.5.4 klima 4 (119) Tarodunum (griech. Tarodounon, Taroudönon): Die bis in die Jahre zwi schen 1815 und 1818 (s. NIERHAUS, S. 479, Anm. 13) zurückreichende Gleichsetzung von Tarodunum mit Zarten (so auch STECHE, S. 163; RASCH, S. 95), die aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit des Namens erfolgt ist, konnte durch die Analyse der Koordinaten nicht bestätigt werden. Diese deuten vielmehr auf Riegel am Kaiserstuhl. Riegel lag an der Kreuzung zweier Verkehrsrouten, von denen die eine rheinabwärts führte, die andere von Gallien an die obere Donau; in der Nähe befanden sich zwei Rheinübergänge. Riegel war Standort römischer Militärlager und nach Abzug des Militärs eine Siedlung, die im frü hen 2. Jh. vermutlich zum Hauptort einer civitas wurde (PLANCK, S. 275). Spuren einer früheren keltischen Besiedlung könnten den keltischen Namen Tarodunum erklären. Der heutige Ortsname von Riegel wird in Verbindung mit der Existenz eines kleinen, spätantiken Verwaltungsbezirkes (regula) gebracht (PLANCK, S. 278). (120) Arae Flaviae (griech. Bömoi Phlauioi): Mit der Erwähnung von Arae Fla viae/RottweW, das im Jahre 73/74 angelegt wurde, ist ein terminus post quem und damit ein Hinweis gegeben, dass Ptolemaios auch Informationen aus flavischer (oder späterer) Zeit verwendet hat. (121) Riusiava (griech. Rhiousiaoua): Dieser Ort könnte in Zusammenhang mit dem Heidengraben bei Grabenstetten im Kreis Reutlingen stehen (vgl. NIERHAUS, S. 493), worauf auch die Analyse der antiken Koordinaten hindeutet. Allerdings wurde dieses oppidum, das zu den größten keltischen Siedlungen Mitteleuropas gehörte, wohl im 1. Jahrhundert v. Chr. aufgegeben. SCHÖNING (S. 145) lokalisiert Riusiava bei Reutlin gen; dort in der Nähe verlief die römische Straße von Sumelocenna/Rottenburg nach Grinano/Köngen (PLANCK, S. 267). Weitere Identifizierungsvorschläge für Riusiava sind das Kastell Rißtissen wegen angenommener Namensähnlichkeit zwischen Riusiava und der Riß (vgl. NIERHAUS, S. 491) sowie die Gegend von Nördlingen (MÜLLER; RASCH, S. 84). SIMEK (s. HANSEN ad loc.) vermutet, dass es sich bei Riusiava um Vindonissa/Windisch an der Einmündung der Reuß in die Aare handeln könnte. Der Umstand, dass Vindonis sa/Windisch südlich der Donau liegt, Riusiava nach den Angaben des Ptolemaios jedoch nördlich davon, wäre hierbei insofern erklärlich, als dass Ptolemaios den obersten Lauf der Donau nach Süden verschoben hat.
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(122) Alcimoennis (Helcimoennis; griech. Alkimoennia, Helkimoennia): Be reits ZEUSS (S. 13) und danach MÜLLER und STECHE (S. 173) nahmen einen Zusam menhang zwischen dem Ortsnamen Alcimoennis und dem Flussnamen der Altmühl an, der allerdings erst seit 793 als Alcmona belegt ist (EGLI, S. 30). Daher wurde Alcimoennis mit dem oppidum auf dem Michelsberg bei Kelheim identifiziert (NIERHAUS, S. 493ff.). SIMEK (s. HANSEN ad loc.) hält Alcimoennis für das spätkeltische oppidum Gelbe Bürg bei Dittenheim am Rande des Altmühltals, nahe dem Kastell Gunzenhausen. Durch die Analyse der antiken Koordinaten ließen sich diese Identifizierungen jedoch nicht bestätigen. Ferner macht der Umstand, dass der Ortsname auch in der Form Helcimoennis überliefert ist, einen Zusammenhang mit der Altmühl nicht zwingend erforderlich. Nach den trans formierten antiken Koordinaten könnte Alcimoennis vielmehr Sontheim an der Brenz entsprechen. Hier wurde um 100 an der römischen Fernstraße, die die Provinzhauptstädte Augusta Vindelicorum (Augsburg) und Mogontiacum (Mainz) verband, eine Straßenstati on angelegt, deren Siedlung in der Folge mehrfach erweitert wurde. In der Mitte des ersten Jahrhunderts begann in der Nähe der Abbau von Kalkstein (PLANCK, S. 321ff.). Fraglich bleibt, ob der Ortsname Alcimoennis vom lateinischen Wort moenia „Mauern, Befesti gung“ abgeleitet ist (vgl. HANSEN). Vielleicht ist eher an einen Zusammenhang mit dem in Gewässernamen auftretenden Suffix -mana, -mannia, -menni(a), -minni u.ä. zu denken (vgl. BACH, Bd. II/l, S. 156). (123) Cantioebis (griech. Kantioibia): Cantioebis wird von MÜLLER mit dem Limeskastell von Gunzenhausen gleichgesetzt (s. a. RGA), STECHE (S. 173) vermutet, dass es sich um einen dicht bei Gunzenhausen liegenden „Handelsplatz des ersten freien Germanenstammes“ handeln könnte. Nach den transformierten antiken Koordinaten lag Cantioebis bei Aalen, wo sich das größte Steinkastell am obergermanisch-rätischen Li mes befand. Allerdings wird eine Entstehungszeit um 160 angenommen (BAATZ, S. 257; PLANCK, S. 16), so dass Ptolemaios, sollte es sich bei Cantioebis um Aalen handeln, hier seinerzeit sehr aktuelle Informationen verwendet haben müsste. Da auch der moderne Name Aalen möglicherweise vom Namen der dort stationierten ala milliaria (tausend Mann starkes Reiterregiment) abgeleitet ist (BAATZ, S. 257; PLANCK, S. 16), handelt es sich bei Cantioebis vielleicht um eine Siedlung in der Nähe des Kastells von Aalen. (124) Bibacum (griech. Bibakon): Die Lokalisierung bei Finningen erfolgte nach den transformierten Koordinaten. Finningen liegt an einer römischen Straße, die Augus ta Vindelicorum/Augsburg und Mogontiacum/Mainz verband (CZYSZ, S. 367). SIMEK (s. HANSEN ad loc.) identifiziert Bibacum mit dem Limeskastell von Theilenhofen, nach STECHE (S. 173) war es ein römisches Grenzkastell zwischen Gunzenhausen und Treucht lingen. MÜLLER identifiziert Bibacum mit dem römischen Kastell von Biburg (Pförring). (125) Brodeltia (Prodentia, Brodentia): Die Lokalisierung in der Gegend von Donauwörth erfolgte nach den transformierten Koordinaten. Donauwörth liegt an der Via Claudia Augusta und an einem alten Flussübergang (vgl. CZYSZ, S. 532). HANSEN vermutet Brodeltia in der Gegend von Cham am Zusammenfluss von Chamb und Regen, ebenso KVET/REHÄK (S. 51). (126) Setuacotum (griech. Setouaköton)'. Die Lokalisierung erfolgte nach den transformierten Koordinaten. In Treuchtlingen finden sich Spuren römischer und even tuell keltischer Besiedlung (BIERL, S. 523f.; CZYSZ, S. 524f.). HANSEN vermutet es an der Einmündung der Schwarzach oder der Pfreimd in die Naab, STECHE (S. 176) etwa in der Mitte des Naabtals. Nach SCHÜTTE (1952, S. 251; vgl. RASCH, S. 219) handelt
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es sich bei dem Ortsnamen um eine verderbte Form, die dem Septemiacum der Tab. Peut. entspricht. (127) Usbium (Vebium; griech. Ouabion, Ouebion): Die Gegend von Linz ist seit keltischer Zeit besiedelt, das dort befindliche römische Kastell (erstmals in der Notitia dignitatum, Occidens XXXIV, 33, als Lentia erwähnt) wurde zur Zeit der Marko mannenkriege angelegt, um die Verbindung über die Donau zu sichern. Usbium könnte in der Nähe von Linz, Steyregg oder Mauthausen gelegen haben (vgl. STECHE, S. 176; KVET/REHÄK, S. 51). Nach SIMEK (s. HANSEN ad loc.) war es an der Mündung der Aist, auf der germanischen Seite eines Donauüberganges, der Anfangsort eines Verkehrs weges. (128) Abiluum (griech. Abilouon, Abilounon)-. Durch Transformation der antiken Koordinaten ergab sich die Verortung bei Freistadt, wo es auch KVET/REHÄK (S. 51) lokalisieren. Nach HANSEN lag es an der Naarn bei Perg. (129) Furgisatia (Frurgiaatia; griech. Phourgisatis, Phrourgisatis)’. Die Loka lisierung bei Ceske Budejovice/Budweis erfolgte durch Transformation der antiken Koor dinaten. HANSEN vermutet F(r)urgisatis an der Wasserscheide zwischen Naarn und Kamp am Weinsberger Wald, nach KVET/REHÄK (S. 51) entspricht es dem oppidum Tfisov (vgl. RGA), STECHE (S. 181) gibt nur allgemein eine Lage an der Moldau an. (130) Coridorgia (Condorgis; griech. Koridorgia, Kondorgia): Die Lokalisie rung in der Gegend von Jihlava/Iglau erfolgte durch Transformation der antiken Koor dinaten. HANSEN verortet Coridorgis etwas weiter westlich, d. h. an der oberen Luznice/Lainsitz, KVET/REHÄK (S. 51) ähnlich bei Sevetin an der Luznice. Der Ortsname ist illyrischen Ursprungs (KRÄHE 1954, S. 102). (131) Mediolanium (griech. Mediolanion, Medoalanion): Nach KVET/REHÄK (S. 52) lag Mediolanium (zum Ortsnamen vgl. Nr. 65) bei Korneuburg, wofür auch die transformierten antiken Koordinaten sprechen. Möglich wären auch die von MULLER und STECHE (S. 155) erwogene Identifizierung mit Wölkersdorf am Nordrand der Donauaue und die von HANSEN vorgeschlagene Gleichsetzung mit dem keltischen oppidum auf dem Oberleiserberg. Trifft die letzte Annahme zu, deutet dies auf eine Nutzung des Platzes durch Germanen oder Römer im 1. oder 2. Jahrhundert hin. (132) Felicia (griech. Phelikia, Philekia, Philikia): Anhand der transformierten antiken Koordinaten kann Felicia bei Vyskov/Wischau verortet werden; möglich wäre auch eine Lokalisierung bei Dobrockovice, wo die Reste einer germanischen Siedlung sowie ein Schatzfund römischer Goldmünzen entdeckt wurden (TIR M-33). FREISING (Karte) sucht Felicia aufgrund seiner Untersuchung zur Straßentrassierung ebenfalls in dieser Region, d. h. bei Olomouc/Olmütz an der March. KVET/REHÄK (S. 52) identifi zieren es mit Horn in Österreich; RASCH (S. 123) vermutet, dass das ptolemäische Felicia mit dem Ort Loco felicis des Itin. Ant. (234, 3 und 248, 6) identisch sein könnte und des halb auf das südliche Donauufer nach Noricum versetzt werden müsste; MULLER hält Felicia für Policka/Politschka, STECHE (S. 155) vermutet es in der Nähe von Havlicküv Brod/Deutsch Brod; HANSEN führt die Identifizerung mit Musov/Muschau an, das heute jedoch durch einen Stausee überflutet ist. Nach PATZIG (S. 39) ist zu dem Ortsnamen Felicia das lateinische Wort castra zu ergänzen; danach handelte es sich bei Felicia um ein römisches Militärlager; STECHE (S. 155) hingegen hält die Lesart Philikia für die richtige Form des Ortsnamens und bestreitet einen lateinischen Ursprung. 59
(133) Eburodunum (griech. Ebourodounon, Rhebourodounon, Rhobodounon):
Dieser Ort wird im achten Buch der „Geographie“ unter den drei „bedeutenden Städten“ Germaniens (poleis episemoi) genannt. STECHE (S. 127 u. ö.) favorisiert die Namens form Rhebourodounon, auch CUNTZ (S. 69) hält sie für die möglicherweise korrekte Les art. Von MEHLIS (1915, S. 325), STECHE (S. 155), RASCH (S. 49) und FREISING (Karte) wird Eburodunum mit Brno/Brünn gleichgesetzt, das als germanische Siedlung der frühen Kaiserzeit belegt ist (vgl. DROBERJAR) und vermutlich eine Station an der Bernsteinstraße gewesen ist (vgl. KULAKOV, Fig. 8). SIMEK (nach HANSEN ad loc.) lokalisiert Eburodunum auf der mährischen Seite der Weißen Karpaten, nordöstlich von Uhersky Brod/Ungarisch Brod, wo das Gebirge über den VlärarPass überschritten werden kann. Weitere Identifizierungen für Eburodunum sind u. a. Musov/Muschau, das Gebiet von Drosing, Hradisch an der March, der Stillfried und der Oberleiserberg (RGA). (134) Anduaetium (griech. Andouaition): RASCH (S. 179) sieht in dem Orts namen Anduaetium ein illyrisches Grundelement andu-, nach Krähe (KRÄHE 1954, S. 102) gehört er zu einem illyrischen Personennamen. Auffällig ist das mehrfache Auftreten von Ortsnamen mit dem Bestandteil And- in der Region von Nitra (Nitriansky kraj) in der Slowakei, z. B. Andovce (ungarisch: Andöd) und Andac. Bei dem erstgenannten Ort lokar lisiert deshalb PATZIG (S. 34) das antike Anduaetium. Die Analyse der antiken Koordi naten spricht ebenfalls für diese Lokalisierung. (136) Singone (griech. Singone)'. Nach den transformierten antiken Koordinaten lässt sich Singone bei Sarovce am Hron/Gran (Slowakei) lokalisieren, das als Fundstätte zur älteren Römischen Kaiserzeit (1./2. Jh.) belegt ist (Archeologicky Atlas, Karte 47). SIMONYI sucht es bei Nyitraivänka, HANSEN am Lauf der Zitava. Die griechische Tran skription des Ortsnamens Singone, die eine dem Lateinischen -ng- entsprechende Konso nantenfolge (-1/7-) anstatt der im Griechischen üblichen Schreibung mit Nasallaut (-77-) aufweist, deutet darauf hin, das der Ortsname einer römischen Quelle entnommen ist. Auch die Endung -one, bei der es sich um eine lateinische Ablativform handeln könnte, spricht für die Herkunft aus einem römischen Itinerarium. (137) Anabum (Anavum-, griech. Anabon, Anauon): Die Lokalisierung bei Komarno erfolgte nach den transformierten antiken Koordinaten. HANSEN vermutet Ana bum bei Szob an der Eipelmündung; ferner wurde eine Gleichsetzung mit dem pannonischen Azao/Almäsfüzitö (Itin. Ant. 246, 3; 263, 2; 265, 3) erwogen (RGA).
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67
3 Gallia Belgica, Germania Inferior, Germania Superior 3.1 Allgemeines Das von Ptolemaios beschriebene Gebiet von Gallia Belgica ist ein landschaftlich sehr unterschiedlich gestaltetes Gebilde, das sich von der Nordsee bis zu den Alpen erstreckt. Es umschließt in Ptolemaios’ Darstellung nicht nur die eigentliche Provinz Gallia Belgica, sondern auch die Provinzen Germania Inferior und Germania Superior. Die territoriale Gestaltung dieses Gebietes geht auf die Verwaltungsreform des Augustus zurück, der das ganze von Caesar unterworfene Gallien, die Gallia Transalpina, vermutlich in den Jahren 16-12 v. Chr. (WOLFF, S. 17) in drei Provinzen einteilte, von denen jene nördlich der Seine Gallia Belgica war. Zu Gallia Belgica gehörten zunächst auch die am Rhein gelegenen Mili tärbezirke Germania Inferior und Germania Superior. Unter Domitian wurden sie dann in den Jahren 83-85 (BECHERT 1999, S. 191) in selbständige Provinzen umgewandelt. Hauptorte der drei Provinzen waren Durocortorum/Reims {Gallia Belgica), Colonia Agrip pina bzw. Agrippinensis/Köln {Germania Inferior) und Mogontiacum/Mainz {Germania Superior). Die Provinz Gallia Belgica umfasste das heutige Nordfrankreich und einen großen Teil Belgiens. Zu Germania Inferior gehörten die westlich des Rheins gelegenen Teile der Nie derlande und Deutschlands sowie ein Teil Belgiens. Die Grenze zu Gallia Belgica im Westen umschloß vermutlich bereits seit der Einrichtung von Germania Inferior in frühdomitianischer Zeit auch das Gebiet der civitas Tungrorum mit dem Hauptort Atuatuca/Tongeren (BECHERT 2007, S. 28). Im Süden grenzte Germania Inferior ebenfalls an Gallia Belgica sowie an Germania Superior. Die Grenze zur Germania Magna bildete der Rhein bzw. im Norden der mittlere Mündungsarm des Rheins, der heutige Oude Rijn (BECHERT 1982, S. 23). Grenzpunkt zur Provinz Germania Superior am Rhein war die Mündung des Vinxtbaches, der von Ptolemaios Obrincas genannt wird. Germania Superior umfasste Teile der heutigen Schweiz und Frankreichs, seit dem Aus bau des Obergermanisch-Rätischen Limes, der unter Domitian begann, dann auch rechts rheinische Gebiete, d. h. die Wetterau, das Neckarland, den Odenwald und den Schwarz wald. Von der erwähnten Grenzmarke der beiden germanischen Provinzen am Rhein, der Einmündung des Vinxtbaches, bog die Grenze von Germania Superior nach einem Stück gemeinsamen Verlaufes mit der Grenze von Germania Inferior dann in Richtung Mosel ab und überschritt den Fluss zwischen Bad Bertrich und Cochem. Darauf überquerte sie die Fernstraße zwischen Mogontiacum/Mainz und Augusta Treverorum/Trier, verlief dann durch den Pfälzer Wald, folgte dem mons Vosegus/Vogesen bis ins Quellgebiet der Mosel, bog hier nach Westen ab und umschloss die Gebiete von Andematunnum/Langres und Di bio /Dijon; anschließend wandte sie sich nach Süden, erreichte kurz vor Genava/Gent die Rhône und dann den Lemannus lacus/Genfer See, verlief vermutlich an dessen Nordufer, dann am Kamm der Berner Alpen entlang bis zum Grimselpass, weiter durch das Reusstal zum Oberalppass, richtete sich darauf wieder nach Norden, durchquerte die Glarner Al pen und zog zwischen Zürichsee und Walensee hindurch bis sie schließlich bei Tasgaetium/
68
Eschenz den Rhein erreichte (BECHERT 1999, S. 193). Im Westen grenzte Germania Supe rior an Gallia Belgica und Gallia Lugdunensis, im Süden an Gallia Narbonensis und Alpes Graiae et Poenianae, im Südosten an Raetia. Östlich der Provinz lag Germania Magna. In der Darstellung des Ptolemaios weist das gesamte Gebiet von Gallia Belgica zahl reiche Unstimmigkeiten auf. So hatte Ptolemaios offensichtlich keine genaue Vorstellung vom Verlauf des Rheines, der nach seinen Angaben zu sehr in einer geraden Süd-NordRichtung fließt (s. Abschnitt 2.1.3). Nebenflüsse, die auf westlicher Seite in den Rhein münden, wie die Mosel, fehlen, einzig der Vinxtbach als Grenzfluss wird erwähnt. Das eigentliche Quellgebiet des Rheines, d. h. des Vorder- und des Hinterrheines in den Alpen, nennt Ptolemaios nicht, vielmehr liegt seine Rheinquelle westlich in der Nähe des Lacus Brigantinus/Bodensees, der auffälligerweise in der „Geographie“ nicht erscheint. Seine An gaben zum Rheindelta sind ziemlich genau, während er von den für die geographischen Verhältnisse in Germania Inferior bedeutsamen Wasserläufen von Maas und Schelde anscheindend nur sehr ungenaue Vorstellungen hatte. Im rechtsrheinischen Territorium von Germania Superior fehlen der Nicer/Neckar und der Moenus/Main sowie die bereits Cae sar als mons Vosegus (BG IV, 10, 1) bekannten Vogesen. In der Beschreibung von Germania Magna wird das Neckargebiet als „Einöde der Helvetier“ bezeichnet (GH II, 11, 10). Die Städte im Gebiet von Gallia Belgica sind teils recht genau lokalisiert, teils völlig falsch positioniert. Am Rhein werden mehrere Legionsstandorte angegeben, jedoch ist die Aufzählung keineswegs vollständig. Ferner ist die Reihenfolge der am Rhein liegenden Städte in Germania Superior augenscheinlich verdreht. Unklar bleibt, ob Germania Inferior und Germania Superior von Ptolemaios bereits als selbständige Provinzen erfasst sind, denn außer dem Grenzpunkt beider Gebiete am Obrincas/Vinxtbach werden ihre oben beschriebenen Grenzen gegenüber Gallia Belgica nicht angegeben. Der obergermanische Limes als Reichsgrenze fehlt gänzlich, als Ostgrenze entlang der Germania Magna wird der Rhein genannt. Daher liegen einige zur römischen Provinz Germania Superior gehörende Orte wie Arae Flaviae/Rottweil bei Ptolemaios im Gebiet von Germania Magna (s. dort). Das Kastell von Hüfingen wiederum wird von ihm Raetia zugerechnet. Wenngleich die Antwort auf die Frage, was die Ursache jeder einzelnen Unstimmigkeit in den ptolemäischen Angaben zu Gallia Belgica ist, spekulativ bleiben wird, lassen sich generelle Fehlerquellen annehmen. Arbeitsgrundlage ist für Ptolemaios sicherlich die Karte des Marinos gewesen, die vermutlich den Zustand vor dem Ausbau des Limes wiedergab, vielleicht aus der Zeit des Claudius. Darauf könnte der Umstand hindeuten, dass die erst unter Nero eingerichtete Provinz Alpes Graiae et Poeninae an der Südgrenze nicht genannt wird. Ptolemaios hat wahrscheinlich die Vorlage des Marinos durch neuere Materialien ergänzt. Die Erwähnung des Legionsnamens Ulpia sowie von Traiana einerseits, das Fehlen von Namen wie Forum 7/adriom/Voorburg-Arentsburg andererseits deuten darauf hin, dass die jüngste Quelle des Ptolemaios aus der Zeit Trajans stammt.
69
Gallia Bélgica, Germania Inferior, Germania Superior
70
3.2 Koordinaten und Identifizierungen der antiken Orte und Geländemarken Nr. Antiker Name
1 Sequana fluvius (Mü)
A
*
20’00'
siw
Moderner Name
A
A-Â
TE
S
Q
-0’01'
49’28'
16'
-02'
B3
8
ii.si
A
Seine
0’15' 49’26'
2 Frudis fluvius (Mü)
21’45' 52’20'
Bresle
1’23'
50’04'
l^O1
50’08'
03'
-04'
B3
8
3 Itium promontorium
22’00'
53’30'
Cap Gris Nez
1’35'
50’52'
1’31'
51’04'
04'
-12'
B3
W
Q.il
4 Gesoriacum navale
22’30'
53’30'
Boulogne-sur-Mer
1’37'
50’43'
1’55'
51’04'
-18'
-21'
B3
8
e.ü
5 Tabula fluvius
23’30' ss’so7
IJzer
2’44'
öl^
2’41'
51’04'
03'
05'
B3
u
n,n
6 Mosa fluvius (Mü)
24’40'
Wester-Schelde
3’30'
51’25'
3’35'
51’04'
-05'
21'
B3
u
q.e
7 Lugdunum Batavorum
26’30'
KatwjikBrittenburg
4’25'
52’12'
4’25'
52’07'
00'
05'
Bl
8
n,n
8 Rhenus fluvius (Mü)
26’45'
53’20'
Rhein bei Rotterdam
4’30'
51’55'
4’37'
52’07'
-07'
-12'
Bl
u
n,n
9 Rhenus fluvius (Mü)
27*00'
53’ IO7
Oude Rijn
4’34'
52’08'
4’48'
51’59'
-14'
09'
Bl
u
il,il
10 Rhenus fluvius (Mü)
28’00'
54’00'
IJssel
52’35'
5’34'
52’39'
15'
-04'
Bl
u
ti.si
-01'
RI
u
ii,ii
11
Rhenus fluvius (Qu)
53’30'
29’20' 46’00'
Koblenz (Aargau)
8’14' 4T3&
8’12' 47*37'
02'
Vinxtbach
no' 50’30'
ri6' 50’07'
03'
23'
B2
8
ii,ii
8’48'
46’33'
8’33' 46’38'
15'
-05'
B9
u
ii.ii
W 46’50'
6’21' 46’46'
09'
04'
B8
8
ii,n
8’48'
8’33' 46’38'
15'
-05'
B9
U
o,ii
12 Obrincas fluvius
28’00'
so’oo7
13 Adulas mons
29’30'
45’15' am Lukmanierpass
14 Iurassus mons
26’15'
46’00'
15 communis Alpium et Adulae terminus
29’30' 45’15' am Lukmanierpass
16 Metacum
22’00'
51’00'
17 Caesaromagus
22’30'
öl^O7 Beauvais
18 Samarobriva
22’15' 52’10'
Jura
46’33'
1’29' 49’06'
1’31' 49’04'
-02'
02'
B3
u
o,ii
2’05' 49’26'
1’55' 49’20'
10'
06'
B3
8
n,fi
Amiens
2’18' 49’54'
1’43'
50’00'
35'
-06'
B3
8
n.E
18 Samarobriva
23’15' 52’10' Amiens
2’18' 49’54'
2’29'
ÖO’OO'
-11'
-06'
B3
8
A,E
19 (Gesoria)
22’40' 53’15'
IW 50’51'
2’02'
50’52'
-03'
-01'
B3
u
N.N
20 Thxvanna
23’20' 52’50' Thérouanne
2’15'
50’38'
2’33'
50’32'
-18'
06'
B3
8
n,n
3’04'
50’38'
3’04'
50’40'
00'
-02'
B3
U
N.N
21
(Bruges)
24’00' ÖSW
Vernon
Ardres
bei Lille
22 Atuatucum
24’30'
52’20' -
23 Casteilum
25’00'
52’15'
-
-
il,il
Bl
u
il,il
-
8
B4
W
il.il
8
il,il
A,il
-
-
-
-
-
-
Aardenburg
3’24'
51’16'
3’16'
51’15'
08'
01'
Bavay
3’48'
50’18'
-
-
-
-
2’15' 49’22'
2’20'
49’32'
-05'
-10'
49’51'
4’31'
49’32'
-74'
19'
B4
24 Bagacum
25’15'
si^o7
25 Ratomagus
22’40'
so^oo7 Hermes
26 Augusta Viromanduorum
25’30'
50’00'
26 Augusta Viromanduorum
23’30' 50’00'
27 Augusta Vessonum
23’30' 48’45' Soissons
28 Durocottorum
23’45' 48’30'
29 Augusta TYeverorum
26’00' 48’30' THer
30 Divodurum
25’30' 47’20'
Metz
6’11' 49’07'
6’07'
48’59'
31 Tullum
26’10' 47’00' Toul
5’54' 48’42'
6’38' 48’43'
31 Tullium
25’10' 47’00' Toul
5’54' 48’42'
5’52' 48’43'
32 Nasium
24’50' 46’40' Naix-aux-Forges
5’23' 48’38'
5’37' 48’27'
33 Batavodurum
27*15'
52’30' Nijmegen
5’52'
ölW
34 Vetera, Legio XXX Ulpia
27’30'
si’so7 near Birten
6’29'
51’38'
Saint-Quentin
3’17'
S.Quentin
3’17' 49’51'
2’59' 49’32'
18'
19'
B4
8
3’20' 49’23' 4’02'
Reims
71
3’28' 49’39'
-08'
-16'
B5
8
il,E
49’15'
49’27'
23'
-12'
B5
8
il.il
49’45'
ö’SO' 49’55'
09'
-10'
B6
8
il.il
04'
08'
B6
8
il,il
-44'
-01'
B6
8
E,il
02'
-01'
B6
8
A,il
-14'
11'
B6
8
il.il
-
-
-
-
8
il,il
6’53' 51’35'
-24'
03'
B2
8
il.il
-
Nr. Antiker Name
A
*
A
4
TE
S
Q
35 Agrippinensis
27’40'
51’10'
Köln
6’57'
50’56'
7*01'
51’03'
-04'
-07'
B2
8
il.M
36 Bonns, Legio I Minervia
27’40'
50’55'
Bonn
7*06'
50’44'
7*01'
50’51'
05'
-07'
B2
S
n,n
37 TYaiana Legio XXII
27*30'
50’35'
Remagen
ri4'
50’35'
6’53'
50’35'
21'
00'
B2
U
il.fi
38 Mocontiacum
27*20'
50’15'
Mainz
8’16'
so’oo'
8W 49’59'
07'
01'
B7
8
n.ii
39 Noviomagus
2T4Ü 49’50' Speyer
8’26' 49’18'
8’24' 49’39'
02'
-21'
B7
8
ii.ii
39 Noviomagus
27’50' 49’25'
Speyer
8’26' 49’18'
8’32' 49’19'
-06'
-01'
B7
8
A.A
40 Rufiniana
2140' 49’30'
Rheingönheim
8’25' 49’26'
8’24' 49’23'
01'
03'
B7
W
fi,=
41 Borbetomagufi
27’50' 49’50' Worms
8’22' 49’38'
8’32' 49’15'
-10'
23'
B7
8
il.il
41 Borbetomagus
27’40' 49’50' Worms
8’22' 49’38'
8’24' 49’39'
-02'
-01'
B7
8
A,A
42 Argentoratum, Legio VIII Augusta
27*45'
Strasbourg
7*45'
48’35'
rso* 48’38'
15'
-03'
B8
8
il.il
43 Breucomagus
2150' 48’20'
Brumath
7*43' 48’44'
7*34'
48’38'
09'
06'
B8
8
il,=
43 Breucomague
27’50' 48’30' Brumath
7’43' 48’44'
7*34'
48’46'
09'
-02'
B8
8
il,A
44 Elcebus
28’00' 48’00'
Ehl
137' 48’22'
7’42'
48’22'
-05'
00'
B8
W
45 Augusta Rauricorum
28’00' 47’10'
Augst
7*43' 47’32'
7*42'
47"42'
01'
-10'
B8
8
il.il
46 Argentovaria
27’50' 47*40'
BiesheimOedenburg
7*33' 48’02'
7*34'
48’04'
-01'
-04'
B8
W
il.il
47 Andematunnum
26’15' 46’20'
Langres
ö^O7 47’53'
-
-
-
-
-
8
il,il
48 Ganodurum
28’10'
Solothurn
7*31' 47*14'
rso7 47’10'
-19'
04'
B8
U
il.il
49 Forum Tiberii
28’00' 46’00'
Studen
ns' 4107'
7*23' 4114'
-05'
-07'
B9
U
Q,ÎÎ
50 Dittatium
25’10' 45’40'
Pontoux
5’06' 46’55'
5’13' 46’58'
-07'
-03'
B9
u
il,il
51 Visontium
26’00' 46’00'
Besançon
6’02' 4114'
5’51' 47'14'
11'
00'
B9
8
fi.il
52 Equestris
27’00' 45’40'
Nyon
6’14' 46’23'
6’02' 46’34'
12'
-11'
B10
8
il,fi
53 Aventicum
28’00'
Avenches
7*03'
7*23' 46’50'
-20'
03'
B9
8
n.ii
48’20'
46’30'
45’30'
Moderner Name
46’53'
&
Â
A-Â
3.3 Anmerkungen zu den Identifizierungen Als Hauptorte (poleis episemoi) in Gallia Belgica werden im achten Buch der „Geograr phie“ (VIII, 5, 6) aufgeführt: (4) Gesoriacitm/Boulogne-sur-mer und (28) Durocortorum (Durocottorum)/Reims.2 3*5 (2) Frudis fluviua: Gegen eine Gleichsetzung des nur von Ptolemaios und Markianos
(per. mar. eit. II, 29) erwähnten Frudis mit der Somme (bereits bei TSCHUDI, S. 50; vgl. auch MULLER ad loc.) spricht der Name dieses Flusses. Obgleich die Somme von den antiken Autoren nicht direkt erwähnt wird, lässt sich ihr keltischer Name Samara aus dem Ortsnamen 5omaro6nva/Amienserschließen, der „Brücke über die Samara“ bedeutet. Bei dem Frudis könnte es sich vielmehr um die 20 km südwestlich der Somme mündende Bresle handeln (MÜLLER ad loc.\ HANSEN, S. 557). (3) Itium promontorium: Dieses Kap dürfte mit dem von Caesar erwähnten Portus Itius (BG V, 2, 3 und 5, 1) in Verbindung stehen, von dem aus er sich nach Britannien einschiffte. Die genaue Lage dieses Hafens ist umstritten (Boulogne, Sangatte, Wissant, Calais, La Tour d’Ordre; s. TIR M-31), als Kap kommt in dieser Gegend jedoch nur das Kap Gris Nez bei Calais infrage. Allerdings positioniert Ptolemaios die Hafenstadt Gesonacum/Boulogne (Nr. 4) irrtümlich östlich des Itium promontorium/Kap Griz Nez, anstatt südlich davon. (5) Tabula (Tabuda) fluviua: Da der Name Tabul(a) eine im Mittelalter gebräuch liche Bezeichnung der Schelde war, hat bereits TSCHUDI (S. 53) angenommen, bei dem 72
von Ptolemaios genannten Tabula fluvius handle es sich um die Schelde (vgl. MÜLLER ad loc.] TIR M-31; HANSEN, S. 557). In anderen antiken Quellen (Caesar, BG VI, 33, und Plinius, Nat. hist. IV, 98. 105. 106) wird die Schelde als Scaldis erwähnt, der Name Ta bula hingegen erscheint dort nicht. Nach Caesar mündete die Schelde in die Maas (flumen Scaldim, quod influit in Mosam, BG VI, 33, 3), d. h. sie besaß wahrscheinlich über einen Nebenfluss eine Verbindung zum Helinium, wie Plinius das Mündungsdelta von Waal und Maas nennt (Nat. hist. IV, 101). Der Hauptstrom der Schelde jedoch „verlief weiter südlich und mündete wohl mit zwei Armen ins Meer, von denen der eine etwa dem heutigen Verlauf der Oosterschelde entsprach, während der andere seinen Weg durch Süd-Bevoland nahm“ (BECHERT 1982, S. 23). Allerdings lokalisieren die antiken Koordinaten die Mündung des Tabula fluvius weiter westlich. Sofern keine falsche Verortung durch Ptolemaios oder ein Schreibfehler vorliegt, lässt sich der Tabula fluvius deshalb nach der Analyse der antiken Koordinaten mit der IJzer (Yser) identifizieren. (6) Mosa fluvius: Der Mosa fluvius/Maas bildete einen wichtigen Wasserweg der Pro vinz Gallia Belgica. Die von Ptolemaios angegebenen Koordinaten lokalisieren die Mün dung der Maas, die sich mit dem Waal, dem Hauptarm des Rheindeltas, vereint, jedoch viel zu weit westlich von Lu^dunum/Katwijk-Brittenburg (Nr. 7). HANSEN (S. 557) vermutet deshalb, Ptolemaios habe die Mündung der Maas mit der Wester-Schelde verwechselt; die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Vermutung. (7) Lugdunum: Die Überreste des römischen Flottenstützpunktes von Lugdunum/ Katwijk-Brittenburg im Gebiet der Bataver liegen heute zwischen 500 m und 2 km vor der Nordseeküste (BECHERT/WILLEMS, S. 96f.). (8) , (9), (10) Rhenus fluvius/Rheinmündungen: Ptolemaios gibt, ebenso wie Pli nius (Nat. Hist. IV, 101), drei Mündungsarme des Rheins an. Die westliche Mündung ent spricht wahrscheinlich der Mündung von Waal und Maas, dem Hauptarm des Rhein deltas, der nach Plinius Helinium hieß. Tacitus nennt sie os immensum („unermesslich große Mündung“; Ann. II, 6). Die mittlere Rheinmündung, heute „Oude Rijn“ genannt, behielt dagegen ein kleineres Flussbett sowie den Namen Rhenus bei (modicum nomini suo custodiens alveum, Plinius, Nat. hist. IV, 101) und besaß eine starke Strömung (Tacitus, Ann. II, 6). Die östliche Mündung wird von Plinius Flevum genannt; sie ergoss sich in den Flevum lacus/IJsselmeer (Tacitus, Ann. IV, 72) und entspricht nach den Angaben des Ptolemaios der IJssel. (11) Rhenus /Zuvius/Rheinquelle: Die Quelle des Rheins wird von Ptolemaios süd westlich von Taxgaetium/Eschenz (s. Raetia Abschnitt 4), also südwestlich des Bodensees lokalisiert. Da dort jedoch in Wirklichkeit nicht das Quellgebiet des Rheines liegt, hat Ptolemaios möglicherweise den Zusammenfluss von Rhein, Aar und Wutach bei Koblenz (Aargau) als Anfangspunkt des Rheines angesehen. In ähnlicher Weise lässt sich die von ihm angegebene Donauquelle als Zusammenfluss von Brigach und Brege und die Moldau quelle als Zusammenfluss von Elbe und Moldau bestimmen. LENNARTZ (S. 115) vermutet die ptolemäische Rheinquelle eventuell am Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee. Die antiken Koordinaten der Rheinquelle weisen zu starke Verzerrungen gegenüber denen ihrer Nachbarorte auf, um sie mit zufälligen Koordinatenfehlern (antike Messgenauigkeit) erklären zu können. Jedoch passen sie zu denen der nächstgelegenen Orte im Gebiet von Raetia, so dass sie sich durch eine mit diesen Orten gemeinsame systematische Verzerrung erklären lassen.
73
(12) Obrincas fluvius: Die Mündung des Obrincas fluvius in den Rhein wird von Pto lemaios als Grenzpunkt zwischen Germania Inferior und Germania Superior angegeben. Diese Grenzmarke lässt sich an der Mündung des Vinxtbaches bei Schloss Rheineck gegenüber von Rheinbrohl lokalisieren. Beiderseits der Mündung gab es einen römischen Straßenposten, von denen der nördliche dem Statthalter von Germania Inferior, der süd liche dem Statthalter von Germania Superior unterstand. An diesem Grenzpunkt wurde den Nymphae fines ein Altar geweiht; der moderne Name Vinxtbach hat sich aus der rö mischen Ortsangabe Ad fines entwickelt (BECHERT 1982, S. 27). Noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts diente der Vinxtbach als Grenze der beiden Erzbistümer Köln und Trier (BECHERT/WILLEMS, S. 29, Anm.). Ptolemaios lokalisiert den Obrincas fluvi us /Vinxtbach jedoch fehlerhaft südlich von Mogontiacum/Mainz anstatt nördlich, wo die Provinzgrenze verlief. Ferner würde seine Breitenangabe besser zur Mündung der Mosel passen, die er auffälligerweise nicht erwähnt. Möglicherweise ist die bei Markianos (per. mar. ext. II, 28) überlieferte antike Namens form Abrinkas, die das keltische Wort *aber („Mündung“) enthalten könnte, der Lesart der Ptolemaios-Handschriften vorzuziehen. Der Obrincas fluvius wird auch im Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“) des arabischen Geographen al-KhwärizmT (vor 847) erwähnt (WIEBER, S. 97). (13) Adulas mons: Dieser Gebirgszug liegt nach Ptolemaios an der Ostgrenze von Gallia Belgica bzw. Germania Superior zu Raetia. Nach STAEHELIN (S. 112, Anm. 1) entspricht der Name Adulas dem „Gotthardmassiv im weitesten Sinne“. Bei den von Pto lemaios angegebenen topographischen Punkten in den damals schwer zugänglichen Alpen könnte es sich um Passübergänge handeln. Da der Gotthardpass selbst erst im späten 12. Jahrhundert erschlossen wurde, als es gelang, die Schöllenenschlucht zu überwinden (PAULI, S. 221), lag der von Ptolemaios genannte Punkt vielleicht am Lukmanierpass (1916 m), der das Vorderrheintal mit dem Tessin verbindet. Zwar war er in römischer Zeit nicht als Fernstraße ausgebaut, wurde aber sicherlich als Saumpfad unterhalten (PAULI, S. 254; OSTER, S. 36). Im Süden des Passes liegt die römische Siedlung von Biasca. (15) communis Alpium et Adulae terminus: Die ptolemäischen Koordinaten des „gemeinsamen Endes der Alpen und des Adulas-Gebirges“ an der Südgrenze von Gallia Belgica entsprechen denen des zuvorgenannten Punktes im Adulas-Gebirge (Nr. 13), der am Lukmanierpass gelegen haben könnte. (16) Origiacum (Metacum): Der Name dieser Stadt der Atrebaten wird in abwei chender Form überliefert; während sie nach der Q-Rezension Origiacum heißt, lautet der Ortsname nach der E-Rezension Metacum. Diese Namensform führte zu der Annahme, es handele sich um eine verschriebene Form für Nemetacum und der betreffende Ort entspre che daher Arras (MULLER ad loc.). Nemetacum/Arras wird im Itin. Ant. (377, 8; 378, 10; 379, 2) sowie in der Tab. Peut. erwähnt. Nach der ersten Form Origiacum hingegen wurde der Ort mit Orchies identifiziert (FORBIGER, Bd. 3, S. 189, Anm. 5; vgl. MÜLLER ad loc.). Jedoch passen weder Orchies noch Arras zu der von Ptolemaios angegebenen Lage von Origiacum. Nach GRÖHLER (S. 274) geht ferner der Ortsname Orchies auf eine Form *Orciacas zurück. Folgt man den antiken Koordinaten und der Angabe des Ptolemaios, das Gebiet der Atrebaten, zu denen Origiacum gehört, erstrecke sich entlang der Seine ins Landesinnere (GH II, 9, 7), so lässt sich Origiacum bei Vernon lokalisieren. Dort befand sich ein keltisches oppidum sowie ein römisches Lager (TIR M-31; BIERL, S. 135). Ver gleicht man nun die Lage von Origiacum/Vernon etwa mit der des Hauptortes von Gallia
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Belgica, Durocortorum/Reims, stellt man fest, dass Origiacum/Vernon ebenso wie die an deren Orte dieses Gebietes von Ptolemaios zu weit nördlich lokalisiert ist. Nach CUNTZ (S. 113-115) ist dies darauf zurückzuführen, dass der zu weit nördlich angesetzte Hafen Gesoriacum einer der „Hauptausgangsorte für die Rechnungen des Ptolemäus gewesen ist“ (STECHE, S. 21). (18) Samarobriva: Für die antike Länge von Samarobriva/Amiens wurde der Wert von 23° 15' aus der Ulmer Ptolemaios-Ausgabe als Alternative eingesetzt, die sich nach der Analyse der antiken Koordinaten als passend ergab. (19) Gesoria: Dieser Ort erscheint nur in der Ausgabe von NOBBE. Anhand der dort angegebenen Koordinaten könnte er bei Ardres gelegen haben. Nach dem BARRING TON-ATLAS ist Ardres der Endpunkt einer von Tarvanna/Therouanne und Nemetacum/Arras kommenden römischen Straße. (21) Bruges: Dieser Ort erscheint nur in der Ausgabe von NOBBE. Anhand der dort angegebenen Koordinaten lässt er sich bei Lille lokalisieren. (22) Atuatucum: Der Hauptort der Tungrer ist nach den überlieferten Koordinaten grob falsch lokalisiert; vergleicht man die Position von Atuatucum/Tongeren beispielswei se mit der von Colonia Agrippinensis/Köln (Nr. 35), so ist die Breiten-Differenz zu groß; auch die ptolemäische Verortung nördlich von Köln entspricht nicht der Wirklichkeit. Des halb konnte Atuatucum/Tongeren keiner Transformationseinheit zugeordnet werden (zu Atuatucum/Tongeren s. TIR M-31). Möglicherweise hat Ptolemaios das Atuatucum der Tungrer mit der von Caesar erwähnten Festung Atuatuca im Land der Eburonen ver wechselt (BG, VI, 32, 3), deren Lokalisierung umstritten ist (vgl. TIR M-31); ein neuerer Identifizierungsvorschlag (VANVINCKENROYE, S. 63ff.) setzt Atuatuca mit der Höhen schanze von Caster bei Kanne (Provinz Limburg/Belgien) gleich. (23) Castellum: Von den meisten Autoren wird der Ort Casteilum mit jenem Castellum gleichgesetzt, das im Itin. Ant. (376, 5; 377, 2 und 6) als Station der Straße von Gesoriacum nach Bagacum sowie in der Tab. Peut. als Castello Menapiorum erwähnt und mit dem nordfranzösischen Ort Cassel, 25 km südlich von Dünkirchen, identifiziert wird (MÜLLER ad loc.- STECHE, S. 25f.; TIR M-31, HANSEN, S. 558; BEDON, S. 134). Der ptolemäische Ort Castellum befindet jedoch nach den antiken Koordinaten weiter östlich. Sofern kein Schreibfehler vorliegt, lässt sich dieser Ort bei Aardenburg, dem Standort eines römischen Kastells, lokalisieren. Der Bau dieses Militärstützpunktes wird zwar erst als Reaktion auf den Chaukeneinfall des Jahres 175 angesehen, jedoch ist auch die Anlage eines Flottenstützpunktes vor dieser Zeit vorstellbar (BECHERT/WILLEMS, S. 98; vgl. van ES, S. 91; BECHERT 2007, S. 29, Karte). Allerdings könnte Ptolemaios Castellum auch falsch platziert haben, weil er den Menapierort Castellum in deren altes Siedlungsge biet westlich des Niederrheins anstatt in die Region westlich der Schelde gesetzt hat, wohin die Menapier offensichtlich umgesiedelt worden waren. (24) Bagacum: Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist Bagacum/Bavay so wohl hinsichtlich der Länge als auch der Breite falsch lokalisiert. Deshalb konnte Baga cum /Bavay keiner Transformationseinheit zugeordnet werden; ob ein Schreibfehler vor liegt oder eine falsche Verortung durch Ptolemaios, lässt sich nicht ermitteln (zu Bagacum/Bavay S. TIR M-31; BEDON, S. 98-100). (25) Ratomagus: Dieser Hauptort des von Ptolemaios Subanekten genannten Volkes wird mit Augustomagus/Senlis gleichgesetzt (MOREAU, S. 354; BEDON, S. 294; WIGHT MAN), das im Itin. Ant. (380, 5) und der Tab. Peut. erwähnt wird. MÜLLER (ad loc.)
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hingegen lässt offen, ob Ratomagus ein älterer Name von Augustomagus, eine andere Stadt, eine Textverderbnis oder ein anderer Fehler ist. Im BARRINGTON-ATLAS wird Ratoma gus mit Hermes identifiziert (vgl. TIR M-31). Diese Identifizierung konnte durch die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt werden. Der antike Name des römischen vicus von Hermes ist durch eine Inschrift überliefert (VIC(O) RATVM[agensiu]M?, vgl. TIR M-31). (26) Augusta Viromanduorum: Nach den überlieferten Koordinaten liegt Augus ta Viromanduorum/Saint-Quentin (BEDON, S. 289) zwei Grad östlich vom folgenden Ort Augusta Suessionum/Soissons, in Wirklichkeit weisen beide Orte jedoch fast dieselbe geographische Länge auf. Sofern Augusta Viromanduorum nicht fehlerhaft von Ptolemaios verortet worden ist, kann ein Schreibfehler angenommen werden; die richtige Länge müsste demnach einen Wert von 23°30' (anstatt 25°30') haben. (31) Tullum (Tullium): Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist einerseits die Längen-Differenz zwischen 7W/uni/Toul (BEDON, S. 305) und Nasium/Naix-aux-Forges zu groß, andererseits befindet es sich danach ca. 1° östlich von Divodurum/Metz, während es in Wirklichkeit westlich davon liegt. Sofern Tullum nicht fehlerhaft von Ptolemaios verortet worden ist, lässt sich ein Schreibfehler vermuten; die richtige Länge müsste einen Wert von 25° 10' (anstatt 26° IO7 bzw. 26°30') haben. (33) Batavodurum: Der Hauptort der Bataver, den Ptolemaios als erste Stadt in Ger mania Inferior nennt, wird mit dem heutigen Nijmegen identifiziert (MOREAU, S. 313; TIR M-31; BOGAERS/RÜGER, S. 76; BECHERT 2007). Die dort nach dem Bataveraufstand 69/70 am Südufer der Waal entstandene und westlich der heutigen Stadt gelegene Siedlung war die Nachfolgerin des in tiberianischer Zeit gegründeten Batavodurum, das im Hügelgelände im Nordosten der heutigen Stadt lag und wahrscheinlich dem von Tacitus (Hist. V, 19) erwähnten oppidum Batavorum entspricht (BOGAERS/RÜGER, S. 76-78). Anfangs wurde die neue Siedlung vielleicht ebenfalls Batavodurum genannt, seit Trajan, der der Siedlung das ius nundinarum (Recht der Wochenmärkte) verlieh, lautete ihr Na me offiziell Ulpia Noviomagus Batavorum (BOGAERS/RÜGER, S. 78; BECHERT 2007, S. 49). Um 200 erhielt sie das Stadtrecht und den offiziellen Namen Municipium Batavorum (TIR M-31; BOGAERS/RÜGER, S. 78). Der von Ptolemaios genannte Ortsname Batavodurum stellt eine Mischform dar, denn zum germanischen Stammesnamen der Batavi tritt das keltische Element -durum („Stadt“). RASCH (S. 138, vgl. S. 157) zieht deshalb in Erwägung, dass es sich hierbei um die keltische Bezeichnung eines vielleicht anders benannten germanischen Ortes handeln könnte. Eine ältere Identifizierung setzt Batavodurum mit Batenburg gleich (vgl. STE CHE, S. 22). Die überlieferten antiken Koordinaten von Batavodurum passen nicht zu den systematischen Verzerrungen der benachbarten Orte. (34) Vetera Legio XXX Ulpia: Das Lager der Legio XXX Ulpia befand sich bei Birten, südlich von Xanten (HORN, S. 619-650). In der Handschrift X der E-Rezension findet sich statt des Beinamens Ulpia der Legio XXX der Name der hier in den Rhein einmündenden Luppza/Lippe mit den gleichen Koordinaten wie Vetera. (37) Traiana Legio XXII: Die bei Ptolemaios überlieferte Angabe von Traiana als Standort der zweiundzwanzigsten Legion südlich von Bonn ist unverständlich. Gegen eine Gleichsetzung mit der Colonia Ulpia Traiana (Kurzform Traiana), dem heutige Xanten, spricht die angegebene Lage, denn Xanten befindet sich nördlich von Bonn. Die erwähn te Legio XXII, die u. a. den Beinamen Primigenia trug, wurde im Jahre 39 von Caligula
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aufgestellt und in Mogontiacum/Mainz stationiert. Im Jahre 71 kam sie zwar in das Lager Vetera II bei Xanten, kehrte aber zwischen 92 und spätestens 96 wieder nach Mogon tiacum/Mainz zurück. Ihr folgte kurzzeitig die Legio VI victrix, die zwischen 119 und 121/122 nach England verlegt wurde, worauf die von Trajan aufgestellte Legio XXX Ulpia victrix in Vetera II stationiert wurde (HORN, S. 625). Da die Legio XXII als einzige der vier von Ptolemaios am Rhein erwähnten Legionen keinen Beinamen trägt, hat MULLER (ad Zoc.) vermutet, Traiana sei ihr Beiname zur Zeit Trajans gewesen. Ptolemaios habe, so MÜLLER, diesen Beinamen irrtümlicherweise als Namen eines Legionslagers aufgefasst und dieses mit entsprechenden Koordinaten versehen. Möglicherweise ist die Form Traiana auch erst durch einen Kopisten entstanden, der einen unleserlichen Namen seiner Vorlage mit der Colonia Traiana in Verbindung brachte. MÜLLER (ad loc.) und CUNTZ (S. 54) führen als Namensvarianten Traîne, Tragianê, Tranianë und Traniakê an. Nach den transformierten antiken Koordinaten könnte der angegebene Legionsstandort mit dem Kastell von Rigomagus/Remagen identifiziert werden. Hier wurden u. a. eine Ehreninschrift für Trajan (CIL XIII 11981) sowie Ziegel mit den Stempeln der Legio I Minervia gefunden, ein Aufenthalt der Legio XXII lässt sich in Rigomagus/Remagen al lerdings nicht nachweisen. Der Ortsname Rigomagus selbst ist erst in spätantiken Quellen belegt (Ammian. Marc. XVI, 2; Tab. Peut.-, Geographus Ravennas IV, 24 und 30). (39) Noviomagus: Die Reihenfolge der am Rhein liegenden Orte in Germania Supe rior ist augenscheinlich gestört. Gemäß den überlieferten Angaben läge danach Novioma gus/ Speyer entgegen seiner tatsächlichen Position nördlich von Borbetomagus/Worrns. Nach der Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Ortsnamen, die durch einen Überlieferungsfehler im Ptolemaiostext bedingt ist. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER. (40) Rufiniana: Ptolemaios gibt die am Rhein gelegenen Orte offensichtlich in ihrer Abfolge von Norden nach Süden an, so dass Rufiniana zwischen Noviomagus, das mit Borbetomagus/Worms vertauscht worden ist (s. o.), und dem umgekehrt mit Borbetomagus verwechselten Noviomagus/Speyer (s. u.) liegen muss. Da nach dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER für Borbetomagus/Worms eine antike Breitenangabe von 49’50' und für Noviomagus/Speyer eine antike Breitenangabe von 49’25' angenommen werden kann, muss folglich für Rufiniana der in der E-Rezension angegebene Wert 49’30' verwendet werden. Somit lässt sich Rufiniana mit Rheingönheim identifizieren (MOREAU, S. 356; HANSEN, S. 559). In Rheingönheim, einem Stadtteil von Ludwigshafen, befand sich ein Auxiliarkastell, das vermutlich unter Claudius gegründet wurde. Um 74 zog das Militär ab, eine Besiedlung lässt sich jedoch bis ins späte 4. Jh. nachweisen (CÜPPERS, S. 455-457). (41) Borbetomagus: Gemäß den überlieferten Angaben läge Borbetomagus/'Worms entgegen seiner tatsächlichen Position südlich von Noviomagus/Speyer. Nach der Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Ortsnamen. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER. (42) Argentoratum: Die elsässische Hauptstadt Strasbourg erscheint als Argentorate (Tab. Peut.) oder Argentoratum (z. B. Hin. Ant. 239, 2; 252, 5; 350, 3; 354, 5; 372, 2; 374, 8) in zahlreichen antiken Quellen (zu Argentoratum/Strasbourg s. BEDON, S. 300ff.). (43) Breucomagus: Gemäß den überlieferten Angaben läge Breucomagus/Brumath entgegen seiner tatsächlichen Position südlich von Argentoratum/Strasbourg. Nach der 77
Annahme von ZANGEMEISTER handelt es sich hierbei um eine Vertauschung beider Orte. Die in der Tabelle angegebenen antiken Koordinaten folgen dem Korrekturvorschlag von ZANGEMEISTER (zu Breucomagus bzw. Brocoma^us/Brumath s. BEDON, S. 126f.). (44) Elcebus'. Dieser Ort ist vermutlich identisch mit der Straßenstation Helvetum, die im Hin. Ant. (252, 4; 350, 2; 354, 4) zwischen Anjentorate/Strasbourg und Mons Brisiacus/Breisach bzw. Anjentcwana/Biesheim-Oedenburg aufgeführt und mit dem Dorf Ehl bei Benfeld im Elsaß identifiziert wird (MÜLLER, ad. loc.; ZANGEMEISTER, S. 192; HOWALD/MEYER, S. 99; MOREAU, S. 336; HANSEN, S. 559; BARRINGTON ATLAS). In der Tab. Peut. erscheint der Ort als Hellelum. (46) Argentovaria: Dieser auch im Itin. Ant. (354, 3) und in der Tab. Peut. genannte Ort (Argentaria bei Ammianus Marc. XXXI, 10, 8; Argentarium bei Aurelius Victor, ep. de Caes. 47) wurde von zahlreichen Autoren (ZANGEMEISTER, S. 192; STECHE, S. 22-24; HOWALD/MEYER, S. 101; SCHÖNING, S. 101; HANSEN, S. 559; LIEB, S. 107 u.a.) mit Horbourg bei Colmar im Elsaß identifiziert. HOLDER (Bd. 1, Sp. 213) lokalisierte Argentovaria bei Grussenheim. Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt jedoch die vorgeschlagene Identifizierung mit dem römischen Ruinenfeld bei Biesheim-Oedenburg (KERN, S. 59-65; FELLMANN, Arculiana, S. 293f.; BARRINGTON-ATLAS). (47) Andematunnum: Nach den überlieferten antiken Koordinaten ist das auch im Itin. Ant. (385, 6; 386, 1), in der Tab. Peut. sowie zahlreichen anderen Quellen genannte An dematunnum /Langres sowohl hinsichtlich der Länge als auch der Breite falsch lokalisiert. Deshalb konnte es keiner Transformationseinheit zugeordnet werden. Ob ein Schreibfeh ler vorliegt oder eine falsche Verortung durch Ptolemaios, lässt sich nicht ermitteln (zu Andematunnum/Langres s. BEDON, S. 103f.). (48) Ganodurum: Die Helvetierstadt Ganodurum lag vielleicht an der Straße von Aventicum/Avenches nach Augusta Baunca/Augst. In diesem Falle könnte der sonst un bekannte Ortsname Ganodurum eine Verschreibung für Salodurum sein und der Ort somit dem heutigen Solothurn entsprechen (MÜLLER ad loc.-, STAEHELIN, S. 310, Anm. 1). Jedoch ist auch eine Identifizierung mit Bern möglich, wo zahlreiche römische Überreste entdeckt wurden (DRACK/FELLMANN, S. 363ff.). (49) Forum Tiberii: Wie der Name angibt, wurde diese Helvetierstadt von Tiberi us als Marktflecken gegründet. STAEHELIN (S. 166) weist darauf hin, dass fora häufig mit den großen Heerstraßen angelegt wurden. Ebenso wie Ganodurum (Nr. 48) könnte auch das sonst nicht erwähnte Forum Tiberii an der Straße von Aventicum/Avenches nach Augusta Raurica/Augst gelegen haben. Daher wurde vorgeschlagen, Forum Tiberii mit der Straßenstation Petinesca am Studenberg bei Biel zu identifizieren (MÜL LER ad loc.-, HOWALD/MEYER, S. 101, Anm. 3; STAEHELIN, S. 167, Anm. 3). Die Analyse der antiken Koordinaten bestätigt diese Identifizierung. Der Name Petinesca wird im Itin. Ant. (353, 1) und in der Tab. Peut. erwähnt (zur Straßenstation Petinesca S. DRACK/FELLMANN, S. 519-523). Andere Identifizierungsvorschläge sind Vindonissa/Windisch (vgl. STAEHELIN, S. 167, Anm. 4), Tenedo/Zurzach (TSCHUDI, S. 136), Kaiserstuhl (MOREAU, S. 333), Oensingen (BRUNNER, S. 419) und die Insel Reichenau (vgl. MÜLLER ad loc.)-, nach einer anderen Hypothese ist Forum Tiberii identisch mit Aventicum / Avenches (RAPIN). (50) Dittatium (Diatavium): Nach MÜLLER (ad loc.) könnte es sich bei Dittavium um eine fehlerhafte Schreibweise des Namens Luxovium handeln, das dem heutigen Luxeuilles-Bains entspricht (vgl. BEDON, S. 200f.; namentlich erwähnt wird Luxovium in der 78
Vita Columbani des Jonas von Bobbio, 7. Jh.). Dieser Identifizierungsvorschlag konnte jedoch durch die Analyse der antiken Koordinaten nicht bestätigt werden. Danach lässt sich Dittatium mit der Straßenstation Pons Dubis gleichsetzen, die in der Tab. Peut. verzeichnet ist. Dieser Übergang über den Doubs befand sich bei Pontoux (MOREAU, S. 352). Möglich ist auch die Lokalisierung von Dittatium bei Vieux Seurre (bei Seurre) (s. FORBIGER, Bd. 3, S. 172, Anm. 54).
3.4 Literatur BARRINGTON-ATLAS: s. TALBERT
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79
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81
4 Raetia et Vindelicia 4.1 Allgemeines Die römische Provinz Raetia, benannt nach den Alpenstämmen der Raeti, umfasste die oberbayerisch-schwäbische Hochebene, die östliche Schweiz, das Nordtessin, Tirol und ur sprünglich auch das Wallis. Ihre östliche Grenze verlief entlang des Inns, der Raetia von Noricum trennte, und schloss das Gebiet zwischen dem Reschen-Scheideck-Pass und dem Brenner ein; die südliche Grenze zu Italien lag etwa auf der Linie der Alpenpässe Stilfser Joch, Maloja, Septimer, Splügen und umfasste weiter südwestlich das Tessin und das nörd liche Piemont. Der Verlauf der Westgrenze ist weniger sicher; sie folgte nach der Abtren nung des Wallis vermutlich der Linie der Pässe Simpion, Furka und Oberalp, verlief dann durch das Tal der Reuss, passierte den Vierwaldstätter See, überquerte den Rhein bei Stein a. Rh., zog westlich am Bodensee entlang und erreichte etwa bei Tuttlingen die Do nau (vgl. BECHERT, S. 152f.). Im Westen stieß Raetia an die Provinz Germania Superior. Die Nordgrenze bildete zur Abfassungszeit der „Geographie“ des Ptolemaios (um 160) der Rätische Limes mit dem nördlichsten Punkt bei Gunzenhausen. Jenseits des Limes lag Germania Magna. Die Eroberung des Alpenraumes begann im Jahre 25 v. Chr. mit der Unterwerfung der Salasser im Aostatal. Hierdurch erlangten die Römer die Kontrolle über die Alpenpässe des Großen und Kleinen St. Bernhard. Um den Zugang zu diesen Pässen zu überwachen, wurde die Stadt Augusta Praetoria / Aosta gegründet. In dem Alpenfeldzug des Jahres 15 v. Chr. nahmen dann die Adoptivsöhne des Augustus, Drusus und Tiberius, den zentralen Alpenraum in Besitz. Zu Ehren dieses Sieges wurde 7/6 v. Chr. bei La Turbie (Departement Alpes-Maritimes/Südostfrankreich) ein 50 m hohes Denkmal errichtet, das die Namen von 46 unterworfenen Alpenstämmen aufführte, darunter auch die der Vindelici. Dieses kel tische Volk, zu dem die vier Stämme der Cosuanetes, Rucinates, Licates und Cattenates gehörten, siedelte im Gebiet der schwäbisch-bayerischen Hochebene zwischen Donau, Inn und Alpen, das nach ihnen Vindelicia genannt wurde. Die unter Augustus durchgeführten militärischen Operationen gegen die Alpenvölker dienten vorrangig dem Schutz Italiens und der festeren Anbindung Galliens an Italien. Au gustus’ Nachfolger Tiberius stellte dann die weitere Offensive ein, legte Rhein und Donau als vorläufige Reichsgrenzen fest und ließ zur Kontrolle des eroberten Alpenvorlandes Mili tärstationen wie z. B. in Bregenz, Kempten, Epfach oder Gauting errichten. Nicht geklärt ist die Frage, welchen Status das eroberte Gebiet, welches das eigentliche Kernland Raetia, Vindelicia und zunächst auch die Vallis Poemna/Wallis umfasste, zu dieser Zeit hatte. Vermutlich wurde es unter Tiberius oder Caligula zur eigenen Provinz (DIETZ, S. 51f.). Der Sitz des Statthalters war möglicherweise zunächst Cambodunum/ Kempten, später dann Augusta Vindelicorum/Augsburg (BECHERT, S. 152; DIETZ, S. 51). Unter Clau dius wurde die Vallis Poenina/Wallis abgetrennt und mit der Alpenregion nördlich und südlich des kleinen St. Bernhard zur Provinz Alpes Graiae et Poeninae vereinigt. (Die Alpes Cottiae wurden unter Nero zur Provinz mit der Hauptstadt Segusio/Susa, die Alpes Mari82
timae zur Provinz mit der Hauptstadt Cemenelum/Cimiez wahrscheinlich unter Claudius.) Unter Claudius wurde auch die Via Claudia Augusta ausgebaut, die von Altinum/Altino an der Lagune von Venedig bzw. von Hostilia/Ostiglia am Po bis an die Donau bei Submuntorium/Burghöfe führte und somit als wichtige Verkehrsverbindung Oberitalien mit dem nördlichen Alpenvorland und der Donaugrenze verband. Der ungünstige Grenzverlauf am Basler Rheinknie und die dadurch bedingte lange Front linie gegen Germanien führte schließlich seit Vespasian zu einer neuen Gestaltung der Gren ze von Obergermanien und Raetia. Im Jahr 74 wurde der Rhein bei Argentorate/Straßburg überschritten und eine Straße durch das Kinzigtal und den Schwarzwald zu dem neu er richteten Kastell von Arae FYaviae/Rottweil und weiter zur oberen Donau gebaut, wodurch die Verbindung zwischen Obergermanien und Raetia beträchtlich verkürzt wurde. Unter Domitian wurde dann die Grenze über die Donau auf die Höhen der Schwäbischen Alb (Alblimes) vorgeschoben. Trajan ließ diese Linie weiter ausbauen. Die endgültige Nord grenze der Provinz Raetia, der rätische Limes, wurde schließlich unter Hadrian erreicht und unter Antoninus Pius dauerhaft befestigt. Ptolemaios hat für seine Beschreibung von Raetia offensichtlich verschiedene Quellen zusammengestellt. Sofern seine Grundlage die Karte des Marinos war, dürfte diese den Zustand vor der Zeit des Claudius gezeigt haben. Darauf weist der Umstand hin, dass Ptolemaios zu Raetia noch das Gebiet der Vallis Poemna/Wallis zählt; außerdem trennt er in seiner Beschreibung Raetia und Vindelicia. (NOBBE führt Vindelicia sogar als eigenes Kapitel an.) In ähnlicher Weise findet sich die gesonderte Nennung dieser drei Teile auch in älteren Titelformulierungen für die Verwaltung des Alpengebietes (DEGEN, S. 13). Ferner erscheinen die unter Claudius und Nero eingerichteten Alpenprovinzen Alpes Graiae et Poeninae, Alpes Cottiae und Alpes Maritimae bei Ptolemaios nicht als eigenständige Gebiete, sondern werden teils noch zu Raetia, teils zu Gallia Narbonensis, teils zu Italien gerechnet. Als nördliche Grenze von Raetia gibt Ptolemaios nur die Donau an, wohingegen er den Raetischen Limes als Grenzlinie nicht nennt. Andererseits erwähnt er in der Beschreibung von Germania Magna den Ort Arae PZainoe/Rottweil. Dies deutet auf eine weitere Quelle aus flavischer Zeit hin. Auch andere Orte nördlich der Donau, die er ebenfalls zu Ger mania Magna zählt, obwohl sie nach der Grenzerweiterung durch Domitian zur Provinz Raetia gehörten, lassen sich mit römischen Militäranlagen bzw. Zivilsiedlungen identifizie ren (Alcimoennis/Sontheim a. d. Brenz, Cantioebis / Aalen, Bibacum/Finningen, Brodeltia/Donauwörth, Setuacotum/Treuchtlingen). Alles in allem zeigen sich also Widersprüche in der Darstellung von Raetia, die aus der Zusammenstellung von Quellen unterschiedlicher zeitlicher Herkunft resultieren könnten. Die Inbesitznahme der Alpen durch die Römer bedingte auch die topographische Erfas sung dieses Gebietes. „Denn Hand in Hand mit dem Vormarsch der römischen Kampftrup pen erfolgte in großartiger Pionierleistung die geographisch-strategische Erschließung des Alpenraums durch die Anlage von Straßen“ (CZYSZ, S. 29). Die Bedeutung der Provinz Raetia für die Römer lag gerade darin, dass es eine „eigentliche Straßenprovinz“ war (WAL SER 1983, S. 7), d. h. hier verliefen die wichtigen Nord-Süd-Linien über die Alpen. Daraus ergibt sich, dass für die Identifizierung der antiken Orte besonders die Straßenverbindungen im Alpen- und Alpenvorland berücksichtigt werden müssen.
83
Raetia
Trans formatkmseinheiten •
NI
•
Bll
•
RI
> 2000 m •
R2
•
R3
500-2000 m 150-500 m
= 11’10'. Addiert man diesen Wert zur Breite von Marseille, 4> = 43’05' + 11’10', ergibt sich eine Breite, die in etwa der von Cantium promontorium/South Foreland von — 54’00' entspricht. 6.2.2 Die geographische Länge von Thule
Nach Ptolemaios beträgt die geographische Länge des Mittelpunktes von Thule 30’20' (GH II, 3, 32). Identifiziert man Thule mit der Insel Smpla und setzt deren Länge in Bezug zu einem ausgewählten Ort Britanniens, kann auch für die ptolemäische Längenangabe eine relativ hohe Genauigkeit festgestellt werden (siehe Tabelle 6.3). Referenzort ist dabei wegen der starken Verzerrung Schottlands nach Osten und des Fehlens der Shetland-Inseln in Ptolemaios’ Darstellung Cantium promontorium/South-Foreland. Aufgrund Ptolemaios’ Unterschätzung des Erdumfanges liegt global eine maßstäbliche Verzerrung der ptolemäischen Längenangaben vor. Mit dem für die Orte Britanniens er mittelten empirischen Entzerrungsfaktor mm 0.7 erhält man für die Differenz der Längen beider Orte: AÄ = m • AA = 0.7 • 8’20' = 5’57' ~ 6’35' = AA
und damit einen Fehler von (AÄ - AA) cos = (6’35' - 5’57') cos 57° = 21' « 40 km .
108
Tabelle 6.3: Geographische Länge von Cantium promontorium und Thule insula topographischer Punkt
Lokalisierung
(nach Ptolemaios)
A
A
(Ptol.)
(modern)
Cantium promontorium
South-Foreland
22’00'
1’25'
Thule insula (Mitte)
Smola
30’20'
8’00'
8’20'
6’35'
Differenz
Dies ist ein Fehler in der Länge von einer halben Tagesfahrt für die Distanz vom Cantium promontorium/South Foreland nach Thule/Smpla. 6.2.3 Die Entfernung Britannia - Thule
Eine wichtige Information über die Lage von Thule, durch die die Koordinaten des Pto lemaios überprüft werden können, ist die überlieferte Angabe zur Entfernung zwischen Britannien und Thule. Sowohl Strabon (I, 4, 2) als auch Plinius (Nat. hist. II, 187), deren Aussagen auf Pytheas zurückgehen, berichten, dass Thule eine Seefahrt von sechs Tagen nach Norden von Britannien entfernt liege (Strabon: apo men tes Brettanikes hex hemerön ploun apechein; Plinius: sex dierum navigatione in septentrionem a Britannia distante.) „Tagesfahrten“ bzw. „Tag-und-Nacht-Fahrten“ waren im Altertum gebräuchliche Entfer nungsangaben für Seerouten (LELGEMANN 2010, S. 81f.). Nach Eratosthenes entspricht eine „Tag-und-Nacht-Fahrt“ einer Strecke von 1000 Stadien (Strabon X, 4, 5), ebenso gibt Ptolemaios die Länge einer „Tag-und-Nacht-Fahrt“ (nychthemeron) mit 1000 Stadien an (GH I, 9, 4 und I, 17, 8ff.). Daneben wurde mutmaßlich die nautische Einheit „Tagesfahrt“ benutzt, die die Hälfte einer „Tag-und-Nacht-Fahrt“, d. h. 500 Stadien, bezeichnet. Legt man das Stadion des Eratosthenes zu 600 Gudeafuß bzw. 158.73 m als Längeneinheit zu grunde (LELGEMANN 2010, S. 77ff.), ergeben sich für eine „Tag-und-Nacht-Fahrt“ ca. 160 km, für eine „Tagesfahrt“ ca. 80 km. Mit dem Stadion Italikon (Censorinus XIII, 2) zu 600 attischen Fuß bzw. 185.2 m erhält man für eine „Tag-und-Nacht-Fahrt“ ca. 185 km, für eine „Tagesfahrt“ ca. 92.5 km. Bei der von Strabon und Plinius angegebenen Entfernung zwischen Britannien und Thule handelt es sich um sechs „Tagesfahrten“, nicht um „Tag-und-Nacht-Fahrten“. Dies ergibt sich aus dem sprachlichen Vergleich mit der entsprechenden Stelle bei Solinus (s. Abschnitt 6.3), an der er für eine Reise von den Ebudes-lnseln nach Thule eine Entfernung von fünf Tag-und-Nacht-Fahrten {quinque dierum ac noctium navigatioi) angibt. Während Plinius und Strabon also den Begriff „Tagesfahrten“ gebrauchen, spricht Solinus ausdrücklich von „Tag-und-Nacht-Fahrten“. Deutlich ergibt sich daraus die Unterscheidung beider Begriffe. Da Plinius Flottenkommandant in Misenum war, wo in der Kaiserzeit die stärkste römische Kriegsflotte lag, verfügte er über nautische Kenntnisse. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die von ihm gemachten Entfernungsangaben für Seerouten korrekt formuliert sind. Plinius {Nat. hist. IV, 104) berichtet ferner davon, dass man nach Thule von der Insel Berrice aus fuhr {ex qua in Tylen navigetur). Sie wird als die “größte von allen“ {marimamque omnium Berricen) bezeichnet und könnte den Shetland-Inseln bzw. Mainland,
109
der größten der Shetland-Inseln, entsprechen. Tatsächlich verläuft eine Schiffsroute von den Shetland-Inseln zur norwegischen Küste bei Krakenes und weiter längs der Küste bis zur Insel Smöla nahezu auf einem Großkreis. Hierbei ergeben sich die in Tab. 6.4 angegebenen Entfernungen. Tabelle 6.4: Entfernungen Shetland - norwegische Küste - Insel Smöla Ort
Unst
Krakenes Smöla
0
60’45'
62’02'
63’25'
A
40
AA
Entfernung
Stadion d.
Tages
Stadion
Tages
Eratosth.
fahrten
Italikon
fahrten
-0’55'
1’17'
5’55'
2170
4 1/3
1860
3 3/4
1’23'
S’OO'
1370
2 3/4
1175
2 1/3
5’00'
s’oo' Summe:
«7
«6
Als Ergebnis erhält man zum einen mit dem Stadion des Eratosthenes, ungefähr in Übereinstimmung mit der Angabe des Pytheas, ca. 7 „Tagesfahrten“ bzw. 3,5 „Tag-undNacht-Fahrten“. Zum anderen ergeben sich mit dem Stadion Italikon ca. 6 „Tagesfahrten“ bzw. 3 „Tag-und-Nacht-Fahrten“ in Übereinstimmung mit der Angabe des Pytheas. Nicht nur die aufgezeigten Berechnungen bekräftigen die Identifizierung von Thule mit Smpla, sondern auch bronze- und eisenzeitliche Funde auf Smöla, die auf eine frühe Besied lung der Insel hinweisen (HORST ROSEMAN). HENNIG (1925, S. 133) bemerkt hierzu, „daß eine von Nordschottland auf Norwegen laufende Fahrt nahezu zwangsläufig in den breiten Meeresarm hinter der Insel Smölen hineinmünden mußte, der sich dann unmittelbar in die große Trondheimer Bucht öffnet, die einzige Stelle in Norwegen, wo eine große und leidlich fruchtbare Ebene zum Landen, aber auch zu früher Besiedlung verlocken mußte“. Möglicherweise wurde die gesamte Region der TYondheimer Bucht Thule genannt (s. Ab schnitt 6.4). Dies würde die Angaben des Ptolemaios erklären, nach denen die Insel Thule eine Ausdehnung von 2°40' in der Länge und von 35' in der Breite hat. Da es keine der artige Insel vor der norwegischen Küste gibt, beziehen sich diese Angaben vermutlich auf die Region an der Trondheimer Bucht, die Ptolemaios irrtümlich für die Koordinaten einer Insel gehalten hat. Importfunde aus der römischen Kaiserzeit in dieser Region weisen auf einen regen Han del mit dem Mittelmeerraum hin (vgl. LUND, Karte 14). Bereits zur Zeit des Pytheas dürfte die Trondheimer Bucht ein Handelplatz gewesen sein (s. Abschnitt 6.4), der für die Kaufmannsgilde in Afassafoa/Marseille von großem Interesse war. Es war dieses Interesse, das Pytheas nach Thule führte wie anschließend zur Deutschen Bucht, wo im Altertum Bernstein gefunden wurde. An der Fahrt des Pytheas gibt es somit nichts Mystisches; rein praktische Handelsinteressen lagen dieser Route zugrunde, ebenso wie später der Route des Columbus, die ihn nach Amerika führte. Handel und militärische Logistik sind die
110
Triebfedern, die wie im Altertum so auch in der Neuzeit den geographischen Vermessungs arbeiten zugrunde liegen.
6.3 Der Bericht des Solinus Während nach den Angaben des Strabon und des' Plinius Thule sechs Tagesfahrten von Britannien entfernt liegt, findet sich hinsichtlich der Entfernung und der Seeroute nach Thule eine abweichende Darstellung bei Solinus, der im 3. Jahrhundert eine Erdbeschrei bung (Colloctanea rerum memorabilium) verfasst hat. Darin berichtet er (XXII, 12), dass die T/iu/e-Fahrer am Calidoniae promuntorium in See stächen, nach zwei Tagen (bidui navigatio) zu der Inselgruppe der fünf Ebudes gelangten, dann zu den drei Orchades, die von den Ebudes sieben „Tag-und-Nacht-Fahrten“ entfernt seien (septem dierum totidemque noctium cursu), und von dort schließlich in fünf „Tag-und-Nacht-Fahrten“ nach Thule (quinque dierum ac noctium navigatio). Offensichtlich geht dieser Bericht nicht auf die Pytheastradition zurück. Nach NANSEN (S. 172) ist er ein Zusatz eines irischen Mönches des 8. Jahrhunderts. Trifft dies zu, könnte der Ausgangspunkt der angegebenen Route Irland gewesen sein, von wo aus man zunächst zu den ETmdes/Hebriden fuhr und dann weiter zu den Färöer-Inseln, die vermutlich um 625 von irischen Mönchen entdeckt wurden und mit den Orchades gemeint sein könnten. Von dort aus segelte man schließlich nach Thule. Da irische Mönche den Namen Thule später auf Island übertrugen (s. Abschnitt 6.4), beschreibt der genannte Abschnitt vermutlich eine Fahrt von Irland nach Island und hat somit nichts mit der Reise des Pytheas gemein.
6.4 Norwegen Die Frage, ob Pytheas bei seiner Abfahrt in Massalia/Marseiile bereits Kenntnis von Thule hatte, lässt sich nicht beantworten. Da er sich, wie wir von Strabon (II, 4, 1) erfahren, wäh rend seiner Reise auch in Britannien aufgehalten hat, könnte er dort durch die Einwohner die Kunde davon erhalten haben. Möglicherweise bestand damals ein Handelsverkehr zwi schen den Einwohnern Britanniens und Thule. Die sicherlich auf Pytheas zurückgehende Angabe des Plinius, dass „man von Berrice aus nach Thule fährt“, deutet jedenfalls auf einen häufigeren Schiffsverkehr hin. HENNIG (1944, S. 169) bemerkt hierzu, der Umstand, dass sich Pytheas mit den Einwohnern von Thule offensichtlich verständigen konnte (wie sich aus der unten erwähnten Geminos-Stelle ergibt), lasse auf die Existenz von Dolmet schern schließen. Dies wiederum, so HENNIG (a. a. O.), bedeute, dass es eine Verbindung gegeben haben müsse. Pytheas hatte als Geograph sicherlich ein Interesse daran, die nördliche Ausdehnung der oikumene zu erfassen. Wie in Abschnitt 6.2.3 beschrieben, führte Pytheas’ Route wahr scheinlich von Britannien aus über die Shetland-Inseln zur Insel Smpla und in die TYondheimer Bucht. In dieser Region nahm er vermutlich eine Messung der geographischen Breite vor, die er später in seinem Werk Peri Okeanu oder einer anderen Schrift als Breite von Thule verzeichnete. Auch wird er bei seinem Aufenthalt dort erfahren haben, dass sich das Land noch weiter nach Norden ausdehnt. Hierfür sprechen die Angaben, die sich bei Geminos und Pomponius Mela finden. Höchstwahrscheinlich ist Pytheas jedoch selbst nicht bis in die Region am Polarkreis vorgedrungen. 111
Besonders wertvoll ist in diesem Zusammenhang das Zeugnis des Geminos, weil sich bei ihm als einzigem antiken Autor ein Originalzitat aus dem Werk des Pytheas erhalten hat. An der betreffenden Stelle (Eisagöge, 6, 8f.) heißt es, Pytheas berichte in seinem Buch Peri Okeanou, die Einwohner hätten ihm die Stelle gezeigt, „wo sich die Sonne schlafen legt“; dort sei die Nacht (zur Sommersonnenwende) nur zwei oder drei Stunden lang. NANSEN (Bd. 1, S. 57f.) bemerkt hierzu: „Falls der längste Tag des Jahres durch direkte Beobachtung der Richtungen des ersten Sichtbarwerdens und des letzten Verschwindens der Sonne an Stellen mit freiem Horizont nach Norden hin bestimmt worden war, werden Längen von 21 und 22 Stunden in jener Zeit 63’39' und 64’39' nördlicher Breite entsprechen. Nach dem Sonnenmittelpunkt und ohne Berücksichtigung der Refraktion theoretisch berechnet, werden es 64’32' und 65’31' nördlicher Breite sein.“ Pomponius Mela schreibt, dass es in Thule zur Zeit der Sommersonnenwende keine Nächte gebe, weil die Sonne nicht nur ihren Abglanz, sondern sich selbst zum größten Teile noch zeige (per solstitium vero nullae (noctes), quod (sol) tum iam manifestior non fulgorem modo, sed sui quoque partem maximam ostentat-, III, 57). Diese Beschreibung ist die älteste Erwähnung der Mitternachtssonne und geht vielleicht ebenfalls auf Pytheas zurück. Unklar bleibt allerdings die Angabe des Pomponius Mela (III, 57), Thule liege dem Gestade der Belcer vorgelagert, bei denen es sich um skythische Stämme (III, 36) handele. Ferner wird berichtet, eine Tagesreise von Thule entfernt befinde sich das „träge und gefrorene Meer“ (pepegyia thalatta nach Strabon I, 4, 2; mare concretum nach Plinius Nat. hist. IV, 104; pigrum et concretum mare nach Solinus XXII, 11; congelatum mare nach Dicuil 7, 13). Nach dem schwedischen Ozeanographen Walfrid EKMAN (zitiert von SVENNUNG, S. 27) könnte es sich dabei um eine besonders in norwegischen Gewässern auftretende Erscheinung handeln: „In einem engen Meerbusen, z. B. einem norwegischen Fjord, wo eine Schicht von leichtem Süsswasser das schwerere Meerwasser überdeckt, kann ein Schiff mit schwacher Treibkraft in eine Art Stillwasser hineingeraten, so dass es fast ganz seine Fahrt verliert und sich nicht steuern lässt. Die Ursache ist folgende Tatsache: An der Grenze zwischen dem leichten und dem schweren Wasser werden (für die Seeleute unsichtbare) Schlagwellen gebildet“. Weiterhin erwähnt NANSEN (S. 69) den sog. Eisbrei, „wie er sich längs des Randes des Treibeises über weite Strecken hin bildet, wenn dieses durch den Wellenschlag zerquetscht wird“. Nicht entscheiden lässt sich die Frage, ob Pytheas unter dem Namen Thule nur die Insel Smpla verstanden hat, oder die Region an der Trondheimer Bucht oder vielleicht bereits ganz Norwegen bzw. Skandinavien. Zumindest in späterer Zeit hatte die Bezeichnung Thule offensichtlich diese Bedeutung. Dies wird deutlich aus der Beschreibung von Thule, die der Historiker Prokopios von Kaisareia (ca. 500 - ca. 565) in seinem Werk über den Gotenkrieg (de Bello Gothico; II, 15) gibt. Danach ist Thule eine sehr große Insel, über zehnmal größer als Britannien und liegt nördlich davon. Ähnlich äußert sich auch Solinus, der Thule als ein reiches, weitläufiges und an Obst ertragreiches Land bezeichnet (XXII, 12). Möglicherweise beziehen sich der Bericht des Prokopios und der des Solinus, sofern es sich dabei um einen späteren Zusatz handelt (s. Abschnitt 6.3) aber auch bereits auf Island. Denn als am Ende des 8. Jahrhunderts irische Mönche als Anachoreten nach Island kamen, übertrugen sie den Namen Thule auf diese Insel, wie sich aus der 825 verfassten Beschreibung des Dicuil entnehmen lässt (7, 11-13). Jedoch könnte Island auch schon vorher erreicht worden sein, denn am Anfang des 5. Jahrhunderts berichtet Orosius (Hist. adv. pag. I, 2, 79), Thule liege im nordwestlichen Ozean, ebenso im 6. Jahrhundert Jordanes (cap. 1) und 112
im 7. Jahrhundert Isidorus von Sevilla (Etym. XIV, 6, 4) sowie der Geographus Ravennas (V, 32). Eindeutig beschreibt dann Adam von Bremen im 11. Jahrhundert Island als Thule: Haec Thyle nunc Island appellatur (Gesta IV, 36). Fraglich ist schließlich, ob Pytheas selbst Thule als Insel bezeichnet hat. Zumindest spricht Strabon, der Thule an acht Stellen seines Werkes erwähnt, nur an einer Stelle von Thule als Insel, wobei er in diesem Zusammenhang gerade seinen Mangel an genauer Kenntnis ausdrückt (II, 5, 8). Sollte andererseits Pytheas Norwegen als Insel angesehen haben, wäre dies durchaus zu erklären, denn NANSEN (S. 63) verweist darauf, dass Py theas den ganzen bottnischen Meerbusen hätte hinauffahren müssen, um zu erkennen, dass Thule mit dem Festland zusammenhängt. Letztlich war jedoch keinem der antiken Geographen bekannt, dass Skandinavien in Wirklichkeit eine Halbinsel ist. Die erste Er wähnung einer Verbindung Schwedens mit dem Festland findet sich bei Adam von Bremen im 11. Jahrhundert, der Kunde davon hatte, dass Leute von Schweden auf dem Landwege ins Byzantinische Reich gelangt seien (Asserunt etiam periti locorum a Sueonia terrestri via permeasse quosdam usque in Graeciam. Gesta IV, 15). Auch der arabische Geograph Al-KhwärizmI (vor 847) verzeichnet Thule in seinem Kitab Surat al-Ard („Buch vom Bild der Erde“). Allerdings verwendet er auch nicht von Ptole maios stammendes, neueres kartographisches Material. Insgesamt erscheint Thule größer als bei Ptolemaios und der Inselmittelpunkt liegt ca. l°20' weiter westlich. Die Angaben des Al-KhwärizmT könnten eher auf das südliche und südwestliche Norwegen zutreffen (WIEBER, S. 88-91).
In der Neuzeit wurde schon im 19. Jahrhundert durch Leopold von BUCH, Sven NILSSON und andere die Vermutung angestellt, Thule könnte Norwegen sein. Der Polarforscher Fridtjof NANSEN hat dann nicht nur deutlich dargelegt, dass jenes Thule, das Pytheas einst erreicht hatte, weder Island noch eine der Shetland-Inseln gewesen sein kann, son dern dass es an der norwegischen Küste gelegen hat (Bd. I, S. 47-76). Wie die vorliegende Untersuchung gezeigt hat, ist es wahrscheinlich die Insel Smpla gewesen, wo Pytheas als erster Grieche den Boden Norwegens betreten hat.
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114
Anhang: Transformationsparameter In der folgenden Tabelle sind die Parameter der Transformation der ptolemäischen Koor dinaten (A, 4>) in moderne Koordinaten (A, ) für die einzelnen Transformationseinheiten (TE) angegeben. Die entzerrende Transformation lautet (vgl. Abschnitt 1.2.2.2) Ao
Ai — 0i
—
771$ 4*i + 00
mit den Maßstabsparametern und m$ sowie den TYanslationsparametern Ao und 0oWie in der Tabelle ersichtlich, wurden in den einzelnen Regionen Germania, Gallia Belgica, Raetia und Noricum unterschiedliche Maßstabsparameter zugelassen, innerhalb einer jeden Region jedoch einheitliche Maßstabsparameter angesetzt. Des Weiteren sind in der Tabelle Mittelwerte für die Standardabweichungen der (maß stäblich unverzerrten) antiken Koordinaten angegeben, die sich nach der Ausgleichung in den einzelnen Transformationseinheiten ergaben1. Die ermittelten Transformationsparameter sorgen lokal für eine möglichst beste Anpas sung der ptolemäischen an die modernen Koordinaten, sind jedoch weniger anschaulich. Für eine bessere Veranschaulichung der Verschiebungen (Verzerrung) der einzelnen Transfor mationseinheiten gegeneinander wurden die Differenzen ihrer Translationen (vgl. Abschnitt 1.2.2.2, Formel (1.1)) bezüglich der Translationen AOr und 4*or einer ausgewählten Trans formationseinheit bestimmt: A Ao = Ao — Ao h
A4>0 = 4*o ~ $or •
Die Transformationseinheiten und die relativen Translationen sind in den folgenden Ab bildungen dargestellt (Stereographische Azimutalprojektion, TYansformationseinheiten in Form von konvexen Hüllen). Wie ersichtlich, überlagern sich Transformationseinheiten zum Teil. Es ist also anzunehmen, dass in solchen Regionen Ortsgruppen unabhängig vonein ander lagemäßig bestimmt wurden.
'Für die Mittelung der Standardabweichungen wurden die in die Ausgleichung eingehenden Größen der Standardabweichungen und nicht ihre Schätzwerte verwendet, wenn die Einheitsvarianz a posteriori nach der Ausgleichung kleiner als die Einheitsvarianz a priori ausfiel, da andernfalls möglicherweise die Genauigkeit unrealistisch unterschätzt worden wäre.
115
TE
Entzerrungsparameter Translation Maßstab
Anz.
A
Pkt.
$
A
1
0 Standardabw. A
$
Germania Magna (8 km)
9'
(17 km)
0.714
7' 11'
(12 km)
8'
(15 km)
0.690
0.714
7'
(8 km)
7'
(13 km)
14’01'
0.690
0.714
7'
(8 km)
5'
(9 km)
-12’17'
13’47'
0.690
0.714
11'
(13 km)
10'
(19 km)
16
-12’12'
14’17'
0.690
0.714
10'
(12 km)
7'
(13 km)
G7
10
-12’04'
14’38'
0.690
0.714
8'
(10 km)
7'
(13 km)
G8
11
-12’25'
14’22'
0.690
0.714
8'
(10 km)
6'
(11 km)
G9
10
-12’38'
14’13'
0.690
0.714
9'
(11 km)
11'
(20 km)
G10
10
14’43'
0.690
0.714
7'
(13 km)
6
13’28'
0.690
0.714
107 IO7
(12 km)
Gil
-O’öO7 -12’11'
(12 km)
7'
(13 km)
G12
12
-10’09'
13’43'
0.690
0.714
13'
(16 km)
10'
(19 km)
Gl
12
-12’56'
14’06'
0.690
0.714
G2
14
-12’32'
13’54'
0.690
G3
13
-12’107
14’20'
G4
4
-12’07'
G5
7
G6
Gallia Bélgica Bl
6
-15’58'
9’27'
0.769
0.800
12'
(14 km)
9'
(17 km)
B2
5
-14’16'
10’07'
0.769
0.800
16'
(19 km)
10'
(19 km)
B3 B4
13
-15’24'
8’16'
0.769
0.800
12'
(14 km)
9'
(17 km)
5
-15’06'
9’32'
0.769
0.800
107
(12 km)
18'
(33 km)
B5
6
-14’37'
10’39'
0.769
0.800
15'
(18 km)
14'
(26 km)
B6
5
-13’30'
11’07'
0.769
0.800
107
(12 km)
13'
(24 km)
B7
4
-12’53'
9’47'
0.769
0.800
IO7
(12 km)
8'
(15 km)
B8
12
-13’50'
9’58'
0.769
0.800
13'
(16 km)
8'
(15 km)
B9
9
-14’09'
10’26'
0.769
0.800
13'
(17 km)
6'
(11 km)
B10
5
-14’44'
10’02'
0.769
0.800
& (12 km)
11'
(20 km)
Bll
5
-16’00'
9’31'
0.769
0.800
19'
(25 km)
13'
(24 km)
RI R2
11
-12’02'
14’46'
0.690
0.714
107
(12 km)
6'
(11 km)
6
-11’26'
14’36'
0.690
0.714
15'
(19 km)
7'
(13 km)
R3
5
-11’53'
14’22'
0.690
0.714
107
(13 km)
6'
(11 km)
Raetia
116
TE
Anz.
Pkt.
Entzerrungsparameter Translation Maßstab A 1 $ A 1 $
0 Standardabw. A
Noricum NI
6
-12’45'
12’15'
0.769
0.769
15'
(18 km)
6'
(11 km)
N2
3
-12’59'
12’03'
0.769
0.769
11'
(14 km)
5'
(9 km)
N3
10
-13’52'
11’36'
0.769
0.769
107
(13 km)
107
(19 km)
Relative Translationen in Germania Magna, Referenz-TE: G2
117
Relative Translationen in Gallia Bélgica, Referenz-TE: B2
Relative Translationen in Raetia, Referenz-TE: RI
118
Relative Translationen in Noricum, Referenz-TE: NI
119
Nachwort Der Alexandriner Klaudios Ptolemaios war Mathematiker, der sich - nach heutigem Ver ständnis - vor allem für die angewandten mathematischen Wissenschaften interessierte. Der Astronomie etwa war sein berühmtestes Hauptwerk, die Mathematike syntaiis („Mathe matische Zusammenstellung“), gewidmet, die geometrische Modelle für die Bewegungen der Planeten im antiken Sinn ausarbeitete. Das Werk Harmonika behandelte die Musiktheo rie gemäß den verschiedenen, traditionellen griechischen Systemen. Die Optik, nur in einer fragmentarischen lateinischen Übersetzung der verlorenen arabischen Übersetzung des ver lorenen griechischen Textes erhalten, umfasste vor allem die geometrische Optik, also die Spiegelung und Brechung von Lichtstrahlen. So ist es nur folgerichtig, dass Ptolemaios seine Geögraphike Hyphegesis („Geographi sche Anleitung“) mit einem Lobpreis auf die Mathematik beginnt (GH I, 1). Sie kann dem menschlichen Geist ein Bild der bewohnten Welt durch eine Abbildung vermitteln. Die ptolemäische Geographie benötigte zu einem wesentlichen Teil Mathematik. Denn Geograr phie definierte er als bildliche Darstellung der gesamten bekannten Welt zusammen mit den darin enthaltenen Erscheinungen. Die Betonung liegt auf , gesamt1. Die Chorographie war dagegen für Detaildarstellungen zuständig, ohne Mathematik zu benötigen. Es geht also bei der ptolemäischen Geographie nicht um die Geographie im heutigen Sinn, sondern in erster Linie um Kartographie, eine mathematische Disziplin. Es ist deshalb dem ptolemäischen Verständnis und Vorgehen geschuldet, dass auch heu te mathematisch-geodätische Methoden benötigt werden, um die ptolemäischen Koordi natenangaben durch eine Verzerrungsanalyse zu entzerren und die genannten Orte und topographischen Punkte zu identifizieren: Keine leichte Aufgabe, da das Beispiel Noricum zeigt, wie wenig antike Bezeichnungen heutigen politischen oder geographischen Einheiten zu entsprechen brauchen. Dieser Einsicht verdankt das vorliegende Buch seine Entstehung. In vergleichbarer Weise ist Peter MESENBURG bei seiner Genauigkeitsanalyse der Ger mania-Karte des großen Nachfolgers von Ptolemaios, Gerhard Mercators, vorgegangen. Darauf ist zurückzukommen. Für Ptolemaios verfügte die Mathematik auch über die Beweiskraft, um die Kugelförmigkeit von Land und Wasser zu beweisen (GH I, 2). Sein wichtigster Gewährsmann, Marinos aus Tyros an der phönizischen Mittelmeerküste, dem heutigen Sur im Südlibanon, har be demgemäß geglaubt, durch mathematische Beweise bestimmt zu haben, dass der Orion vor der Sommersonnenwende vollständig für diejenigen sichtbar ist, die unter dem Äquator segeln. Aber, so Ptolemaios, dessen Überlegungen seien unbrauchbar, da sie auf falschen Voraussetzungen beruht hätten, nämlich auf einer zu südlichen Lage der bewohnten Länder (GH I, 7). Insbesondere lehnte Ptolemaios die rechtwinklige Zylinderprojektion des Marinos für die Kartenherstellung ab und vermisste bei jenem Länge und Breite jedes eingetragenen Ortes (GH I, 18). Seine eigenen über 6300 Ortsangaben mit jeweils beiden Koordinaten soll ten genau diesem Missstand abhelfen. Um diesen Schatz an Informationen wissenschafts
120
historisch angemessen auswerten zu können, ist deren Identifizierung unerlässlich, wie es im vorliegenden Buch versucht wurde. Im letzten, 24. Kapitel des ersten Buches schlägt Ptolemaios zwei Projektionen für die kartographische Umsetzung der Daten vor: die einfache Kegelprojektion, die zu geradlini gen Meridianen und konzentrisch gebogenen Parallelkreisen führt, und die abweitungsfreie unechte Kegelprojektion mit weiterhin konzentrischen Parallelkreisen und gekrümmten Meridianen (PAGANI, S. IV). Mercator hat diese konischen Projektionsmethoden wei terentwickelt. Tatsächlich hat die Renaissance auch Ptolemaios und seinem geographischen Werk zu neuem Ansehen verholfen. Dank dem Konstantinopolitaner Manuel Chrysoloras, der um 1391 zum ersten Mal nach Italien gekommen war, wurde der Florentiner Jacopo Angelo da Scarperia in die Lage versetzt, 1406 die erste lateinische Übersetzung der Geögraphike Hyphégésis fertig zu stellen. Durch seine Übersetzung wurde der humanistische Titel Cosmographia geläufig. Jacopo Angelo rechtfertigte - zu Unrecht - seine Entscheidung mit dem angeblichen Vorgehen von Plinius dem Älteren (PAGANI, S. XII Anm. 33): „Nam si Plinius ceterique latini, qui terre situm descripserunt, opus suum cosmographicam appellant et auctores ipsi cosmographici dicuntur, nescio cur Ptolemei opus, quod idem tractat, eodem vocabulo apud nos appellari non debeat.“ „Denn wenn Plinius und die übrigen Lateiner, die die Lage der Erde beschrieben, ihr Werk Kosmographie nennen und die Autoren selbst Kosmographen heißen, dann weiß ich nicht, warum nicht das Werk des Ptolemaios, das dasselbe behandelt, mit derselben Bezeichnung bei uns genannt werden soll.“ Die erste gedruckte lateinische Fassung des Textes, ohne Karten, erschien 1475 in Vicen za. Schon 1477 erschien jedoch in Bologna eine lateinische Ausgabe mit den 27 ptolemäischen Karten (Nachdruck Amsterdam 1963). Rund hundert Jahre später, 1578, ver öffentlichte der bedeutendste Kartograph des 16. Jahrhunderts, Gerhard Mercator, seine Ausgabe der 27 Karten in Köln, denen er eine 28. Karte vom Nildelta hinzugefügt hatte, 1584 eine zweite Ausgabe ebendort zusammen mit dem Text (KROGT, S. 195): „CI. Ptolemaei Alexandrini Geographiae libri octo recogniti iam et diligenter emendati cum tabulis geographicis ad mentem auctoris restitutis ac emendatis. “ „Die acht Bücher der Geographie des Klaudios Ptolemaios aus Alexandria, nunmehr überarbeitet und sorgfältig verbessert mit den im Sinn des Autors wiederhergestellten und verbesserten geographischen Tafeln.“ Die 28 ptolemäischen Karten Mercators wurden 1605 und 1618 nochmals von Jodocus Hondius in Amsterdam herausgegeben, im ersten Fall zusammen mit dem griechisch lateinischen Text, im zweiten Fall als Teil des historischen Atlasses Theatrum geographiae veteris durch Petrus Butius. Eine letzte Ausgabe der 28 Karten erschien im Jahre 1730. Bis weit ins 18. Jahrhundert reichte also der Ruhm des ,Ägypters1 Ptolemaios, wie er von Albrecht Dürer auf dessen Holzschnitt Imagines coeli septentrionales cum duodecim imaginibus zodiaci aus dem Jahr 1515 genannt wird. Sein kongenialer Renaissance-Nachfolger Mercator hatte freilich 1585 damit begonnen, eigene Spezialkarten in Duisburg zu veröffentlichen, zunächst 51 zu Gallia, Belgium und Germania. Die Germania-Karte wurde 1994 von Peter MESENBURG einer mathemati schen Genauigkeitsanalyse unterzogen (MESENBURG 1994). Sie ist für das vorliegende Buch von besonderem Interesse. Das von MESENBURG verwandte geodätische Ausglei chungsverfahren brachte eine verblüffende Genauigkeit an den Tag. Die traditionelle Un121
genauigkeit der ptolemäischen Karten tritt in Mercators Germania-Karte nicht mehr auf, ohne dass jener diesen positiven Befund erklären konnte. In Mercator hatte Ptolemaios sei nen Meister gefunden. Und doch erlaubt die vorliegende Identifizierung eines großen Teils der ptolemäischen Ortsangaben erst jetzt, den reichen Informationsgehalt der Geögraphike Hyphegesis für die historische Geographie, Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte in hohem Maße zu erschließen.
Literatur KROGT, Peter van der: Erdgloben, Wandkarten, Atlanten - Gerhard Mercator kartiert die Erde. In: Stadt Duisburg (Hrsg.): Gerhard Mercator, Europa und die Welt, Begleitband zur Ausstellung „Verfolgt, geachtet, universal - Gerhard Mercator, Europa und die Welt“. Duisburg 1994, S. 81-129
MESENBURG, Peter: Germaniae Universalis - Die Genauigkeit der Darstellung Europas durch Gerhard Mercator im Jahre 1585. In: Stadt Duisburg (Hrsg.): Gerhard Mercator, Europa und die Welt, Begleitband zur Ausstellung „ Verfolgt, geachtet, universal - Gerhard Mercator, Europa und die Welt“. Duisburg 1994, S. 221-234 PAGANI, Lelio: Einführung. In: Ptolemäus, Cosmographia, Das Weltbild der Antike. Stutt gart 1990, S. III-XVI
122
Danksagung Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts, das von der Deut schen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird. Der DFG gilt daher unser Dank für ihre Förderung. Ebenfalls danken wir Herrn Dr. Hans-Jörg Nüsse (Freie Universität Berlin) für zahlreiche Hinweise zur Archäologie Germaniens.
123
Sachverzeichnis Abkürzungen
Bi
Biegung
CC
Cimbrica Chersonesus (Kimbrische Halbinsel)
mhd.
mittelhochdeutsch
Mü
Mündung
Qu
Quelle
Itin. Ant.
Itinerarium provinciarum Antonini Augusti
Tab. Peut.
Tabula Peutingeriana
GH
Geögraphike Hyphegesis
BASEL-AUSGABE 2006
Textausgabe der Geögraphike Hyphegesis von STÜCKELBERGER/GRAßHOFF (s. Abschnitt 1.4)
TE
Transformationseinheit
Erläuterung der lateinischen geographischen Bezeichnungen
fluvius
Fluss
fons
Quelle
inflexio
Biegung, Krümmung, Umwendung
mons
Berg, Gebirge
navale
Ankerplatz
portus
Hafen
prominentia
Landspitze, Landvorsprung
promontorium, promuntu- Kap, Vorgebirge rium
terminus
Grenzpunkt
Formelzeichen
A, 0 Ä, Ao, 0o
moderne Länge und Breite
transformierte ptolemäische Länge und Breite
Translation in Länge und Breite (Transformation von antik nach modern) 124
A, $
ptolemäische Länge und Breite
Ao, o
Translation in Länge und Breite (Transformation von modern nach antik)
777
Maßstäbe in Länge und Breite (Transformation von antik nach modern)
777^, 7770
Maßstäbe in Länge und Breite (Transformation von modern nach antik)
777 a 7
VA, V*
Verbesserungen der ptolemäischen Länge und Breite
125
Index Aalen, 58 Aar, 73 Aardenburg, 75 Abiluum, 59 Abnoba mons, 32 Abrinkas, 74 Acaunus, 90 ad solis ortum inflexio, 40 Adiuvense, 100 Adulas mons, 74 Aenus fluvius, 85 Aguntum, 101 Aislingen, 91 Albis fluvius, 35 Alcimoennis, 58, 83 Alexandria, 3, 22, 88 Alisum, 51 Alisus, 43 Alociae insulae tres, 40 Alpenvorland, 22 Alpes Cottiae, 82, 83 Alpes Graiae, 86 Alpes Graiae et Poeninae, 82, 83, 90 Alpes Maritimae, 83 Alpes Poeninae, 86 Altstätten, 89 Amberg, 55 Amiens, 75 Amisia, 41, 46 Amisia fluvius, 35 Anabum, 60 Andematunnum, 78 Andovce, 60 Anduaetium, 60 Appingedam, 41 Aquileia, 95 Aquincum, 24 Arabo fluvius, 38 Arae Flaviae, 23, 57, 69, 83
Ardres, 75 Aregelia, 49 Arelate, 99 Argentorate, 83 Argentoratum, 77 Argentovaria, 78 Arsicua, 56 Arsonium, 50 Artaunum, 52 Artobriga, 91 Asanca, 57 Ascalingium, 26, 47 Ascaucalis, 44 Asciburgium, 25, 26, 44 Asciburgius mons, 33 Astuia, 43 Atuatuca, 68 Atuatucum, 75 Augsburg, 87, 91 Augusta Rauricorum, 24 Augusta Vindelicorum, 82, 87, 88, 91 Augusta Viromanduorum, 76 Augustomagus, 76
Babia Gora, 32 Bad Driburg, 26, 46 Bad Hersfeld, 52 Bad Nauheim, 52 Bad Oldesloe, 42 Bad Wimpfen, 53 Bagacum, 75 Basel, 24, 25 Batavodurum, 76 Bavay, 75 Bedacum, 101 Bedaium, 101 Beelen, 46 Bergisch Gladbach, 51 Bergium, 54
126
Bern, 78 Bernburg a. d. Saale, 48 Bibacum, 58, 83 Bicurgium, 5, 54 Biesheim-Oedenburg, 78 Bingen, 24 Birten, 76 Bludenz, 89 Bodensee, 24, 69 Bogadium, 26, 46 Borbetomagus, 77 Borken, 45 Boulogne-sur-mer, 72 Bragodurum, 87 Braunschweig, 26, 48 Breclav, 56 Bregenz, 87, 88 Brennerpass, 91 Brenz, 37 Bresle, 72 Breucomagus, 77 Brigantium, 87, 88 Brigobannis, 37, 87 Briloner Wald, 32 Brno, 60 Brocken (Harz), 33 Brodeltia, 58, 83 Bruges, 75 Brumath, 77 Budorgis, 56 Budorigum, 50 Budoris, 51 Bunitium, 43 Burg an der Elbe, 49 Burg Stargard, 43
Casteilum, 75 Casurgis, 55 Celeia, 95, 102 Celje, 102 Ceské Budèjovice, 59 Cetius mons, 98 Chalusus fluvius, 36 Chojnice, 26, 44 Cimbrica Chersonesus, 38 Claudivium, 14, 95, 99 Coenoenum, 43 Colancorum, 26, 49 communis Alpium et Adulae terminus, 74 Coridorgis, 59 Crailsheim, 53 Crumerum, 38 Czlopa, 26, 44
Danubius fluvius, 37, 38 Devona, 53 Dewangen, 53 Dittatium, 78 Döbraberg, 33 Dobrockovice, 59 Dölsach, 101 Donau, 3, 25, 34, 37, 38, 82, 95 Donaueschingen, 37 Donauknie, 24, 25, 38 Donauquelle, 24 Donauwörth, 58 Drachenfels, 51 Dracuina, 88 Drawsko Pomorskie, 44 Dresden, 49 Drusomagus, 90 Durocortorum, 72, 75
Calaegia, 49 Calisia, 50 Cambodunum, 82 Camenelum, 83 Canduum, 48 Cantioebis, 58, 83 Carnuntum, 23 Carpis, 38 Carrodunum, 56, 91 Carvancas mons, 98
Ebodurum, 89 Eburodunum, 41, 60 Eburum, 56 Ectodurum, 90 Eggegebirge, 32 Ehl bei Benfeld, 78 Einöde der Helvetier, 69 Eisack, 86 Eisenach, 48
127
Elbe, 22, 24, 34, 35 Elbmündung, 24 Elcebus, 78 Elsfleth-Hogenkamp, 42 Ems, 34, 35, 41 Emsquelle, 24 Essen-Hinsel, 45
Hannover, 47 Havel, 34 Hedemünden, 47 Hegitmatia, 55 Heidengraben bei Grabenstetten, 57 Heidenschanze bei Sievern, 42 Heiligkreuzgebirge/Göry Swi^tokrzyskie, 33 Hermes, 76 Hildesheim, 26, 47 Hitzacker, 42 Hrädek, 56 Hfimezdice, 55 Hüfingen, 69, 87
Fabiranum, 42 Faeniana, 88 Felicia, 59 Feugarum, 48 Finningen, 58 Flevum, 41 fluvius, 37 fons, 37 Forum Claudii Vallensium, 86, 90 Forum Tiberii, 78 Frankenwald, 33 Freistadt, 59 Friedberg, 52 Frudis fluvius, 72 Fulda, 35 Furgisatis, 59 Fürstenwalde, 26, 49
Idunum, 102 IJssel, 25, 34, 73 IJzer, 73 inflexio prope Carpin, 38 inflexio prope Curiam, 38 Inn, 86, 95 Innmündung, 24 Inutrium, 91 Isarcus, 86 Itium promontorium, 72 Iulium Camicum, 98 Iuvavum, 14, 99
Gabavodurum, 96, 100 Gabreta-Wald, 37 Gabromagus, 100 Ganodurum, 78 Gauting, 91 Geismar, 47 Gesodunum, 96, 101 Gesoria, 75 Gesoriacum, 72, 75 Glogöw, 50 Görlitz, 50 Gotland, 41 Gran, 25 Gravionarium, 53 Grebenau, 53 Großer St. Bernhard, 86 Gurina, 102
Jena, 54 Jicin, 55 Jihlava, 59 Jütland, 22, 38 Kalefeld, 23 Kalisz, 50 Kanarische Inseln, 3 Kandel, 32 Kanzianiberg, 98 Kap Griz Nez, 72 Kap Skagen, 22 Karawanken, 98 Karnische Inseln, 99 Katwijk-Brittenburg, 73 Kimbrische Halbinsel, 24, 38 Kleine Donau, 38 Kleiner St. Bernhard, 86 Koblenz (Aargau), 73
Hagenow, 42 Halberstadt, 48 Hallstadt, 54
128
Kojetin, 57 Kolin, 56 Komarno, 60 Konin, 51 Konstanz, 90 Korneuburg, 59 Kostrzyn, 26, 49 Krosno Odrzanskie, 50
Manarmanis portus, 41 March, 25, 37 Marionis, 42 Marionis altera, 43 Marktbreit, 54 Marne, 41 Marobudum, 54 Mattiacum, 51 Maurine, 43 Mediolanium, 25, 45, 59 Medullum, 91 Melibocus mons, 32 Meliodunum, 55 Melocabus, 52 Melsungen, 52 Mengen-Ennetach, 88 Menin, 56 Menosgada, 34, 54 Mesuium, 15, 26, 48 Metacum, 74 Metelen, 46 Miastko, 44 Mistelbach an der Zaya, 56 Mittelsächsisches Hügelland, 33 Moers-Asberg, 44 Moldau, 35 mons Vosegus, 69 montes Alpibus cognomines, 32 Mosa ftuvius, 73 Mosel, 69, 74 Moson-Donau, 38 Munitium, 47
Laciburgium, 43 Lacus Brigantinus, 69 Lahnau-Waldgirmes, 51 Lalendorf, 43 Lambach, 100 Landeck, 91 Langres, 78 Lathen, 42 Lausitzer Gebirge, 33 Leipzig, 49 Leszno, 50 Leucaristus, 15, 50 Leufana, 42 Lille, 75 Limes, 25, 68, 69, 82, 83 Limis lucus, 50 Linz, 59, 99 Lippe, 34, 35, 76 Lirimeris, 42 Litomefice, 55 Locoritum, 53 Lohr, 53 Louny, 55 Lübecker Bucht, 40 Lubieszewo, 43 Lugdunum, 73 Lugidunum, 49 Lukmanierpass, 74 Luna-Wald, 37 Lupfurdum, 15, 49 Luppia, 41, 48
Naarn, 37 Nauders, 91 Naunheim, 52 Nausis, 52 Navalia, 26, 45 Neckar, 34, 69 Neckarland, 22, 68 Nemetacum, 74 Neustadt am Main, 53 Nijmegen, 76 Nomisterium, 55 Nördlingen, 32 Nordsee, 3
Maas, 69, 73 Magdeburg, 26 Mährische Pforte, 33 Main, 34, 69 Malkuß, 53 129
Rheinmündungen, 73 Rheinquelle, 69, 73 Rhenus fluvius, 34, 73 Rißtissen, 88 Riegel, 57 Riesa, 49 Rigomagus, 77 Riusiava, 57 Rothaargebirge, 32 Rottweil, 57 Rufiniana, 77 Rugium, 44 Rymafov, 56
Nordseeküste, 22 Novaesium, 52 Noviomagus, 77 Oberleiserberg, 59 Obrincas, 68, 69, 74 Ocra mons, 86 Octodurus, 90 Odenwald, 22, 32, 68 Oderske vrchy/Oderberge, 33 Ohnist’any, 55 Origiacum, 74 Osielsk, 44 Osterode, 48 Ostrzeszow, 50 Ostsee, 3, 23 Ostseeküste, 22, 24 Oststeirisches Hügelland, 98 Oude Rijn, 73
Saale, 34 Saint-Quentin, 76 Salodurum, 78 Salzburg, 99 Salzkotten, 26, 46 Samarobriva, 75 Sarmatici montes, 32 Sarntaler Alpen, 86 Sarovce, 60 Saxonum insulae très, 40 Scandia insula maxima, 40 Scandiae insulae minores très, 40 Schärhorn, 35 Schelde, 69, 72 Schemnitzer Berge (Stiavnické vrchy), 32 Schleswig-Holstein, 38 Schlüchtern, 53 Schönberg, 43 Schonen, 40 Schwäbische Alb, 83 Schwanberg bei Iphofen, 54 Schwarzwald, 22, 68 Scurgum, 26, 44 Segodunum, 53 sequens (prominentia) maxime borealis, 39 Setidava, 51 Setuacotum, 58, 83 Setuia, 56 Siatutanda, 41 Sierakow, 50 Singone, 60
Parienna, 56 pars maxime orientalis, 39 Peenestrom, 36 Penneloci, 90 Petinesca, 78 Pisek, 55 Plöckenpass, 99 Pons Dubis, 79 Ponte Gardena, 85 Pontoux, 79 post Albim prominentia, 39 Prag, 55 Prest’ovice, 55 prima post prominentiam prominenta, 39 Prosimefice, 56 proximo prominentia, 39 proximo prominentia infra hanc, 39
Raab, 38 Ratomagus, 75 Recknitz, 36 Redintuinum, 55 Regensburg, 24 Reims, 72 Remagen, 77 Rhein, 3, 22, 24, 25, 34, 68, 69, 73, 82 Rheingönheim, 77 130
Skäne, 40 Solothurn, 78 Sontheim an der Brenz, 58 Spessart, 32 Speyer, 77 St. Peter in Holz, 101 St. Pölten, 100 Stereontium, 26, 46 Steyr, 101 Stragona, 50 Strasbourg, 77 Strass im Zillertal, 101 Strevinta, 55 Studenberg, 78 Sublavio, 85 Sudeti montes, 32, 33 Suebus fluvius, 36 Susudata, 26, 49 Swine, 36 Szob, 38 Slupia, 36
Vac, 24 Vacorium, 101 Vallis Poenina, 82 Vecht, 34 Vernon, 74 Vetera, 34 Vetera Legio XXX Ulpia, 76 Via Claudia Augusta, 83, 90, 92 Viadua fluvius, 36 Vicus, 14, 89 Vidrus fluvius, 34 Vieux Seurre, 79 Vinxtbach, 69, 74 Viritium, 15, 26, 44 Virunum, 44, 95 Visegrad, 38 Vistula fluvius, 36 Visurgis fluvius, 35 Viviscus, 14, 89 Vocarium, 101 Vogelsberg, 32 Vyskov, 59
Tabula, 72 Tamaiae, 90 Tarodunum, 57 Tecelia, 42 Tegeler Plate, 42 Temmen, 43 terminus, 98 Teuderium, 25, 46 Teumia, 101 Tongeren, 75 Toul, 76 Traiana Legio XXII, 76 Treffen, 101 Treuchtlingen, 58 Treva, 42 Tropaea Drusi, 48 Tulifurdum, 15, 47 Tulisurgium, 26, 47 Tullum, 76 Tuttlingen, 88
Waag, 25 Waal, 73 Wallis, 82 Wallsee, 99 Waren (Müritz), 43 Weichsel, 4, 23, 24, 34, 36 Weichselmündung, 25 Werra, 24, 35 Weser, 22, 34, 35 Wester-Schelde, 73 Westkarpaten, 4, 25, 32 Wetterau, 22, 68 Wienerwald, 98 Wölkersdorf, 59 Worms, 77 Wutach, 73 Zuglio, 98 Zuidersee, 24
Ueckermünde, 43 Usbium, 59, 99
131
Germania Magna
Oder
84
13°. "
• 105
\ 133
Eburodunum
Transformationseinheiten
• o •
Gl G2 G3
• G4
• ■
G5 G6
□
• ■
G7 G8 G9
■
G10
▲ Gil A G12
> 2000 m 500 - 2000 m 150-500 m 2000 m £ 500-2000 m 150-500 m ■ < 150 m
Durocottorum Reims
polis episemos (nach Buch VIII) moderner Name Staatsgrenze (modem)
Raetia
49”
48°
47”
46°
45”
Transformationseinheiten • NI
O
Bll
•
RI
•
R2
•
R3
>2000 m 500 - 2000 m 150-500 m < 150 m
Brigantum Bregenz -----------
polis episemos (nach Buch VIII) moderner Name Staatsgrenze (modern)
Noricum
48°
48
47°
47
18
• lulium Zuglio
46
46°
Transformationseinheiten •
NI
O
N2
•
N3
•
R3
> 2000 m 500 - 2000 m 150-500 m < 150 m
Arelate bei Linz ----------
polis episemos (nach Buch VIII) moderner Name Staatsgrenze (modern)
Einbandabbildungen: Ausschnittvergrößerungen aus Olaus Magnus’ »Carta Marina« aus dem Jahr 1539, darunter die Insel Thule, hier als »Tile« verzeichnet. Einbandgestaltung: Peter Lohse, Büttelborn
Andreas Kleineberg, geb. 1970, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geodäsie und Geoinfor mationstechnik der TU Berlin. Christian Marx, geb. 1976, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geodäsie und Geo informationstechnik der TU Berlin.
Eberhard Knobloch, geb. 1943, ist emeritierter Professor für Geschichte der exakten Wissen schaften und der Technik an der TU Berlin und Projektleiter an der Berlin-Brandenburgischen Aka demie der Wissenschaften. Von 2001 bis 2005 war er Präsident des deutschen nationalen Komitees für Wissenschaftsgeschichte. Seit 2006 ist er Präsident der European Society for the History of Sciences.
Dieter Leigemann, geb. 1939, ist emeritierter Professor für astrono mische und physikalische Geodäsie an der TU Berlin. Er beschäftigt sich mit der Geschichte der antiken Geodäsie in den hellenistischen und chinesischen Kulturen. Sein 2009 bei der WBG erschienenes Buch »Die Erfindung der Mess kunst« fand breite Beachtung in der wissenschaftlichen Fachwelt.
»It is one of the most puzzling riddles of antiquity« galt seit 1952 für die Germanienkarte in der »Geographie« des Klaudios Ptolemaios aus dem zweiten Jh. n. Chr. Unzählige Versuche wurden unternommen, um seinen »Atlas der Oikumene« zu entschlüsseln. Doch was ist daran so rätselhaft? Die Schrift des großen Mathematikers und Geographen enthielt mutmaßlich keine Landkarten, wohl aber mehrere Tausend Städtenamen mit Angabe ihrer geographischen Koordinaten, deren heutige Lage bislang weitgehend nicht enträtselt werden konnte. Durch interdisziplinäre Zusam menarbeit zwischen Geodäten und Wissenschaftshistorikern ist es einem Forscherteam der TU Berlin gelungen, die Angaben für »Germania Magna« und der sagenhaften Insel Thule zu decodieren. Das Ergebnis ist nichts weniger als revolutionär, weil sich praktisch Hunderte Verortungen erstmals schlüssig klären lassen. Das Weltbild der Antike muss hierdurch mit völlig neuen Augen betrachtet werden!
www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-23757-9
WBG^ Wissen verbindet