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German Pages 106 Year 2018
Ines-Jacqueline Werkner Gerechter Frieden
Perspektiven. Essays aus der FEST | Band 1
Editorial Die Reihe »Perspektiven« versammelt wissenschaftliche Essays zu aktuellen gesellschaftlichen Themen aus der laufenden Arbeit der interdisziplinären Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg. Jeder Band führt anhand eines zentralen Begriffes in ein wissenschaftliches Gebiet ein. Geboten wird mehr als eine schlichte Präsentation von Fakten. Vielmehr wird Wissenschaft als Denkbewegung vorgestellt, die zum Nachvollzug, auch zum Widerspruch anregt. Die Reihe wendet sich an die interessierte Öffentlichkeit, an Akteurinnen und Akteure aus Politik, Kirchen und Zivilgesellschaft sowie an Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Reihe wird herausgegeben von Klaus Tanner, Thomas Kirchhoff, Thorsten Moos und Ines-Jacqueline Werkner.
Ines-Jacqueline Werkner (PD Dr. rer. pol.) ist Friedensund Konfliktforscherin an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST) in Heidelberg und Privatdozentin am Institut für Politikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. Sie publiziert u.a. zu militärsoziologischen und friedensethischen Fragen sowie dem Verhältnis von Politik und Religion.
Ines-Jacqueline Werkner
Gerechter Frieden Das fortwährende Dilemma militärischer Gewalt
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Inhalt 1. Einleitung | 7 2. Was heißt Frieden? | 11 3. Zum Begriff des gerechten Friedens | 21 4. Gerechter Frieden versus gerechter Krieg | 35 5. Gerechter versus ungerechter Frieden | 49 6. Konzeptionen des gerechten Friedens | 55 6.1 Das neue Leitbild in der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland | 57 6.2 Die Etablierung des Konzeptes im Weltkirchenrat | 64
7. Kontroversen um die internationale Schutzverantwortung und die Anwendung militärischer Gewalt | 71 8. Ausblick | 85 Literatur | 89
1. Einleitung
Frieden gilt als hohes, wenn nicht sogar höchstes Gut. Er gehört zu den tiefsten Wünschen unseres Menschseins. Dennoch sind Krieg und Gewalt allgegenwärtig. Bestanden mit dem Ende des Kalten Krieges zunächst Hoffnungen auf eine neue Weltfriedensordnung, wurden diese durch die Anschläge vom 11. September 2001, den transnationalen Terrorismus und die Situation in Afghanistan schnell wieder zunichte gemacht. Aber auch die aktuellen Krisen und Konflikte – sei es der bewaffnete Konflikt in der Ukraine, der Bürgerkrieg in Syrien oder das Aufkommen des sogenannten Islamischen Staates – fordern die internationale Gemeinschaft heraus. Schließlich sind es die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft selbst – die humanitär begründeten militärischen Interventionen der 1990er Jahre oder auch die Einsätze, die im Namen der internationalen Schutzverantwortung geführt werden –, die Gefahren einer Entgrenzung von Gewalt bergen. Wie lässt sich unter diesen Konstellationen dem Krieg begegnen und für Gerech-
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tigkeit sorgen? Ist Frieden überhaupt möglich oder bleibt er eine Utopie? Mit dem Konzept des gerechten Friedens versuchen christliche Kirchen verschiedener Konfessionen – auf internationaler Ebene insbesondere der Weltkirchenrat (= Ökumenischer Rat der Kirchen, ÖRK), aber ebenso andere religiös basierte NGOs sowie der Vatikan –, darauf eine auch über den kirchlichen Bereich hinausgehende Antwort zu geben. Ausgehend von Psalm 85,11 »dass Gerechtigkeit und Frieden sich küssen« sowie Jesaja 32,17 »der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit ewige Stille und Sicherheit« werden Frieden und Gerechtigkeit wechselseitig aufeinander bezogen. In prägnanter Weise formuliert der katholische Theologe Thomas Hoppe (2011: 63) das diesem Terminus zugrunde liegende Verhältnis beider Begriffe: »Wo die Gerechtigkeit verletzt wird, steht auch der Friede auf dem Spiel – wo umgekehrt der Friede verloren wird, herrschen rasch auch Verhältnisse tiefer Ungerechtigkeit.« Damit verbunden ist ein Perspektivenwechsel: Es gilt nicht mehr das Prinzip des si vis pacem para bellum (wenn du den Frieden willst, rüste dich zum Krieg). An seine Stelle tritt die Maxime si vis pacem para pacem (wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor). Auf diese Weise geht der gerechte Frieden über die traditionelle Lehre vom gerechten Krieg hinaus. Das neue Konzept umfasst weitaus mehr als den Schutz vor ungerechtem Einsatz von Gewalt; es schließt soziale Gerechtigkeit, Rechts-
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Einleitung
staatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Sicherheit für alle Menschen mit ein (vgl. ÖRK 2011b: Ziff. 10). Dennoch bleibt die Frage der Anwendung von Waffengewalt von zentraler Bedeutung. So erweist sich militärisches Handeln, das auch im Konzept des gerechten Friedens – zumindest von den meisten Vertretern – nicht kategorisch ausgeschlossen wird, als per se problematisch, denn es »ist durch das, was unter Menschen nicht sein soll, bestimmt: Gewalt« (Ebeling 2006: 9). Gerade die militärischen Interventionen und die Forderung nach einer internationalen Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P) sowie der damit verbundene Zielkonflikt zwischen dem Schutz bedrohter Menschen und der angestrebten Gewaltfreiheit lassen Spannungen und Widersprüche offen zutage treten. An diese Problematik anknüpfend widmet sich der Band1 dem Konzept des gerechten Friedens im Lichte der aktuellen friedensethischen Kontroversen um die internationale Schutzverantwortung: Wie wird die Responsibility to Protect im Rahmen des neuen friedensethischen Leitbildes reflektiert? Kann sie als Anhaltspunkt für eine Ethik des gerechten Friedens dienen oder ist eher zu konstatieren: »Menschen geschützt – gerechten Frieden verloren?«. 1 | Dieser Band stützt sich in Teilen auf Werkner (2016, 2017a, 2017b), Hoppe/Werkner (2017) sowie Werkner/Rademacher (2013).
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Einleitend wendet sich der Band dem Begriff des Friedens (Kapitel 2) und seiner Spezifikation, dem des gerechten Friedens (Kapitel 3), zu. Es erfolgt eine Verortung dieses Konzepts: in Abgrenzung zur Lehre vom gerechten Krieg (Kapitel 4), aber auch in seiner Entgegensetzung zu einem ungerechten Frieden (Kapitel 5). Nach dieser begrifflichen Klärung werden in einem weiteren Schritt zentrale Stationen skizziert, die die Etablierung und Umsetzung des gerechten Friedens als neues friedensethisches Konzept veranschaulichen (Kapitel 6). Im Zentrum dieser exemplarischen Betrachtungen stehen die Entwicklungen der beiden großen Kirchen in Deutschland sowie des Weltkirchenrates, dem heute fast 350 Mitgliedskirchen mit mehr als 500 Millionen Christen angehören, womit er die repräsentativste ökumenische Organisation weltweit darstellt. Vor diesem Hintergrund werden abschließend die im Rahmen des Konzepts des gerechten Friedens bestehenden Kontroversen um die internationale Schutzverantwortung und die Anwendung militärischer Gewalt in den Blick genommen und diskutiert (Kapitel 7).
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2. Was heißt Frieden?
Der Begriff des Friedens ist allgegenwärtig: in der Politik, in den Medien und in öffentlichen Debatten. Nach dem Politikwissenschaftler Dolf Sternberger (1986: 76) nimmt Frieden einen zentralen Stellenwert ein, er ist »der Grund und das Merkmal und die Norm des Politischen, dies alles zugleich«. Und auch für den norwegischen Friedensforscher Johan Galtung (2007: 15) ist Frieden so elementar wie die Gesundheit eines Menschen (parallel dazu korrespondiere Gewalt mit der Krankheit eines Menschen). Dennoch ist die Frage, wie Frieden inhaltlich zu fassen ist, nach wie vor umstritten. Einige Friedensforscher und -forscherinnen verzichten sogar ganz darauf, den Begriff des Friedens näher zu bestimmen. Auch die mittlerweile gängige Formel »Frieden ist mehr als kein Krieg« (Rittberger 1977) bleibt diffus, hinterlässt sie doch Fragen nach dem, was dieses »Mehr« ausmacht. Für die Friedensforscher Thorsten Bonacker und Peter Imbusch (2006: 130) dagegen stellt der ungeklärte Friedensbegriff gar kein Manko dar, sondern
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ist eher Ausdruck einer lebendigen und offenen fachlichen Debatte. Als zentral kann die auf Galtung zurückgehende Unterscheidung zwischen negativem und positivem Frieden gelten. Er leitet den Friedensbegriff vom Gewaltbegriff ab. Ausgangspunkt ist der »Doppelaspekt« der Gewalt (Galtung 1975: 32), bei dem Galtung zwischen personaler (direkter) und struktureller (indirekter) Gewalt differenziert. Die personale Gewalt zielt unmittelbar auf die Schädigung, Verletzung und in extremer Form auf die Tötung von Personen. Sie ist personal und direkt, insofern es einen Akteur gibt, der die Folgen der Gewalt beabsichtigt. Strukturelle Gewalt umfasst dagegen all jene Arten von Gewalt, die aus systemischen Strukturen resultieren. Dazu zählen insbesondere Repression und Ausbeutung. Beide sind nicht notwendigerweise beabsichtigt und auch nicht mehr individuell zurechenbar, können aber ebenso töten: durch Verelendung, Hunger und Krankheit (vgl. Galtung 2007: 17; auch Bonacker/Imbusch 2006: 86). Für Galtung greift der eng gefasste personale bzw. direkte Gewaltbegriff zu kurz. Auf diese Weise bleibe die von inakzeptablen Gesellschaftsordnungen ausgehende Gewalt weitgehend außen vor. Vor diesem Hintergrund plädiert er für den erweiterten strukturellen Gewaltbegriff. Frieden fasst Galtung (1975: 32) als Negation von Gewalt. So findet sich der Doppelaspekt der Gewalt auch im Friedensbegriff wieder: Frieden als Abwesenheit personaler
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Was heißt Frieden?
Gewalt (negativer Frieden) und Frieden als Abwesenheit struktureller Gewalt (positiver Frieden). So korrespondiert der negative Frieden mit der Abwesenheit von Krieg. Die primäre Friedensaufgabe im Sinne dieses eng gefassten Friedensbegriffes stellt dann die Verhinderung oder zumindest Eindämmung bewaffneter Konflikte dar. Anders beim positiven Frieden: Er hat seine Entgegensetzung nicht im Krieg, sondern im Unfrieden. Als Abwesenheit struktureller Gewalt drückt der positive Frieden einen Zustand aus, in dem die Verwirklichung des Menschen ohne Repression und Ausbeutung möglich wird. Dabei steht der positive Frieden insbesondere für soziale Gerechtigkeit. Ende der 1990er Jahre ergänzte Galtung (2007: 341 ff.) seine Unterscheidung zwischen direkter und struktureller Gewalt um eine dritte Komponente: die kulturelle Gewalt. So wird auch vom Galtungschen Gewaltdreieck gesprochen. Unter kultureller Gewalt werden all jene Aspekte einer Kultur verstanden, die dazu dienen, direkte oder strukturelle Gewalt zu rechtfertigen bzw. zu legitimieren. Galtung führt dafür Beispiele aus sechs Kulturbereichen auf: Religion in Form eines rigiden Monotheismus, Ideologien wie Nationalismus, Sprache etwa als Sprachsexismus, Kunst durch den Transport stereotyper Vorurteile, empirische Wissenschaft in Form einer neoklassischen Ökonomik sowie formale Wissenschaft etwa durch den Entweder-Oder-Charakter der Mathematik. Zudem verweist er auf kulturelle Gewalt in Bereichen wie Recht, Medien und Erziehung (vgl. Galtung
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2007: 18). Mit der Einführung des Konzeptes der kulturellen Gewalt erweitert sich auch der Friedensbegriff: »Friede = direkter Friede + struktureller Friede + kultureller Friede« (Galtung 2007: 458), wobei unter kulturellem Frieden die Abwesenheit kultureller Gewalt verstanden wird. Das beinhaltet die Überwindung von Einstellungen und Verhaltensmustern, die die Anwendung von Gewalt rechtfertigen bzw. legitimieren – von den Akteuren selbst häufig aber gar nicht mehr als solche wahrgenommen. Die Bedeutung eins kulturellen Friedens zeigen gerade religiös konnotierte Konflikte auf, die nicht selten mit einer Nichtanerkennung religiöser Minderheiten einhergehen. Für die Friedensforschung ist Galtungs Unterscheidung zwischen negativem und positivem Frieden grundlegend geworden; sie prägt bis heute maßgeblich die Diskurse um den Friedensbegriff. Dabei bewegen sich die Debatten stets um die eine, aber doch zentrale Frage, wie eng bzw. weit der Friedensbegriff gefasst werden sollte: Ist Frieden mehr als die Abwesenheit von Krieg? Einerseits lässt sich in der Friedensforschung »ein gewisses Unbehagen an einem ›bloß‹ auf die Negation des Krieges bezogenen Friedensbegriff« (Brock 2002: 96) feststellen. Dieses Unbehagen resultiert aus der Zeit der Ost-West-Konfrontation, in der Krieg durch nukleare Abschreckung vermieden werden sollte – für den Friedenforscher Dieter Senghaas (1972) ein Zustand »organisierter Friedlosigkeit«: ohne Krieg, jedoch stets kurz vor der Katastrophe und der Zerstörung des gesamten europäi-
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schen Kontinents. Genau diese Situation hatte Galtung bei seiner Konzeption des erweiterten Gewalt- und Friedensbegriffs im Blick. So blende der negative Friedensbegriff die herrschaftlichen und sozialen Dimensionen des Friedens aus; mehr noch, er trage mit dazu bei, ungerechte Verhältnisse auf der Suche nach Frieden zu zementieren. Andererseits mehren sich aber auch die kritischen Stimmen gegenüber dem positiven Friedensbegriff. Diese gliedern sich in verschiedene Argumentationsstränge: methodische, ethische sowie empirische. Methodisch wird gegen den positiven Friedensbegriff seine Weite und Unbestimmtheit in Anschlag gebracht. Unklar bleibe, was konkret der Gegenstand des Friedens sei und wo die Abgrenzungen der Friedensproblematik gegenüber anderen gesellschaftlichen Großthemen liegen. Ein Friedensbegriff, der von der Verhinderung und Eindämmung des Krieges über die Schaffung sozialer Gerechtigkeit bis hin zum Umweltschutz alles umfasse, verliere die Fähigkeit »zur unterscheidenden Beschreibung« (Müller 2003: 211); damit könne Frieden dann letztlich alles und nichts bedeuten (vgl. Brock 1990: 78). Deshalb fordern Kritiker eine Trennung von Friedensbegriff und Friedensursachen. Aus ethischer Sicht wird befürchtet, dass das Konzept des positiven Friedens zur Legitimation von Gewalt missbraucht werden könne. Werde Gerechtigkeit als wesentliches Moment des positiven Friedens in den Friedensbegriff hineingenommen, stoße man – so der Friedensforscher
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Harald Müller (2003: 212) – auf zwei Probleme: Erstens können Gewaltfreiheit und Gerechtigkeit in Widerspruch zueinander treten. Gewalt könne zur (Wieder-)Herstellung von Gerechtigkeit in Anspruch genommen werden. Zweitens gebe es verschiedene Gerechtigkeitsvorstellungen, die den positiven Friedensbegriff unbrauchbar machen, abgesehen davon, dass diese auch zu einer neuen Quelle von Gewalt führen können. Schließlich sei der positive Friedensbegriff mit seiner Intention aus der Zeit der Ost-West-Konfrontation empirisch überholt. Angesichts der gegenwärtigen weltpolitischen Lage sei der negative Frieden – die Eindämmung, Beendigung und Verhinderung von Kriegen – wichtiger denn je, während der positive Frieden fast schon anachronistisch erscheine (vgl. Bonacker/Imbusch 2006: 132). Auch gehe mit dem Begriff des negativen Friedens eine qualitative Abwertung einher, die sich empirisch in keiner Weise rechtfertigen lasse. Bereits die Abwesenheit kollektiver Gewaltanwendung sei ein hohes Gut und in ihrer Bedeutung gar nicht zu überschätzen (vgl. Huber/Reuter 1990: 22). Diese Kritik bedeutet aber nicht, sich im Umkehrschluss für den Ansatz des negativen Friedens auszusprechen. Sie führt vielmehr zu einem engen, aber substanziellen Friedensbegriff. Was dieses »Mehr« gegenüber dem negativen Friedensbegriff ausmachen soll, lässt sich allerdings bis heute schwer exakt fassen; und auch die Übergänge sowohl in die eine als auch in die andere Richtung erweisen
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sich als fließend. Übereinstimmung unter den Verfechtern eines engen Friedensbegriffs scheint in der Trennung von Friedensbegriff und Friedensursachen zu liegen. Der Friedensbegriff setze dann auf die »Eliminierung des Krieges« (Czempiel 2002: 84), und zwar im substanziellen Sinne: Er fokussiere auf die Verhinderung des Krieges, einschließlich der Bereitschaft zum Krieg, und auf einen Konfliktaustrag, der durch Gewaltverzicht gekennzeichnet sei. Das mache die Begriffsdefinition, so ähnlich sie zunächst der des negativen Friedens erscheint, voraussetzungsreich. Sie unterscheide sich deutlich von einem »Friedens«-Zustand zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation; hinzu trete ihre zeitliche Dimension: Friede als dauerhafter Friede. Ausgehend von einem eng, aber substanziell gefassten Friedensbegriff wird dann nach den konkreten Bedingungen des Friedens gefragt. Dabei lassen sich verschiedene Zugänge ausmachen: Ansätze auf der individuellen Ebene zielen auf die personalen Bedingungen gewaltfreier Konfliktaustragung und umfassen verschiedene Formen und Mechanismen der Streitbeilegung. Werden Friedensbedingungen auf gesellschaftlicher Ebene in den Blick genommen, spielen Fragen der Demokratisierung und Zivilisierung eine zentrale Rolle. Dieter Senghaas (1995) beispielsweise verweist in seinem »zivilisatorischen Hexagon« auf sechs zentrale Punkte, die für einen innergesellschaftlichen Frieden unerlässlich sind: ein staatliches Gewaltmonopol, Rechtsstaatlichkeit, demokratische Teilhabe, Interdependenz und
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Affektkontrolle, Verteilungsgerechtigkeit und eine gewaltfreie und tolerante Konfliktkultur. Auf internationaler Ebene werden vor allem systemische Bedingungen untersucht. Dazu zählen Ansätze, die auf eine Transformation der Struktur des internationalen Systems zielen wie beispielsweise Verrechtlichung, internationale Organisationen und Regime sowie wirtschaftliche Kooperation und Freihandel. Der Philosoph Georg Picht (1975: 46) vertritt dagegen die These, es gehöre zum Wesen des Friedens, dass er nicht definiert werden könne. Stattdessen fokussiert er auf die Dimensionen politischen Handelns, anhand derer der Friedenszustand realisiert werden müsse, denn – so Picht (1971: 33) – »[w]enn wir Frieden herstellen, definiert er sich selbst«. In diesem Kontext deckt er drei Parameter des Friedens auf, die unauflöslich miteinander zusammenhängen: Schutz gegen Gewalt, Schutz vor Not und Schutz der Freiheit. Senghaas fügt später eine vierte Dimension hinzu: Schutz vor Chauvinismus bzw. positiv formuliert die Anerkennung kultureller Vielfalt (vgl. Senghaas/Senghaas 2017). Nach Picht (1971: 33) müsse jede Ordnung – innergesellschaftlich wie international – friedlos sein, die eine dieser Dimensionen vernachlässige. Auch wenn Picht explizit auf eine Definition des Friedens verzichtet, lässt sich unschwer erkennen, dass Frieden hier inhaltlich weiter als der negative Frieden gefasst wird. Wie realistisch bzw. utopisch ist nun aber ein Frieden, der mehr als die bloße Abwesenheit von Krieg darstellen
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Was heißt Frieden?
soll? Herrscht erst dann Frieden, wenn die Ursachen für Kriege überwunden und diese nicht mehr möglich sind? Wie verhält es sich mit dem »unausweichlich Utopische[n] im Reden über den Frieden« (Brock 2002: 110)? Betrachten wir den positiven Frieden, lässt dieser eine gewisse Nähe zum eschatologischen Friedensbegriff 1 erkennen: Frieden als das Werk der Gerechtigkeit. Das eschatologische Moment ist der Galtungschen Definition eingeschrieben: Wenn strukturelle Gewalt zur »Standardbeschreibung gesellschaftlicher Wirklichkeit« (Müller 2003: 212) wird, fällt ihr Abbau – und als Pendant dazu die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit – in den Bereich dessen, was als »handlungsleitende Utopie« beschrieben werden kann (Czempiel 1971: 126; vgl. auch Bonacker/Imbusch 2006: 128). Aber auch der enge Friedensbegriff kann diese Spannung nicht völlig auflösen. Selbst Frieden im Sinne einer (dauerhaften) Abwesenheit von Krieg scheint unmöglich, solange Gewaltakteure vom Krieg profitieren. Das sind heute nicht in erster Linie Staaten, sondern zunehmend Akteure unterhalb dieser Ebene. Einen Ausweg aus dem »unausweichlich Utopischen« bietet Ernst-Otto Czempiels Formel vom Frieden als dyna1 | Der eschatologische Friedensbegriff versteht sich im prophetischen Sinne. Er orientiert sich in Erwartung eines messianischen völkerumspannenden Friedensreiches an dem »vorbehaltlos positiven« Schöpfungszustand (Schmid 1983: 605).
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mischer Prozess abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit. Czempiel (1998: 65) nimmt die zeitliche Dimension des Friedens in den Begriff mit hinein. Frieden gilt nicht als (Ideal-)Ziel oder Zustand gesellschaftlichen und politischen Handelns, sondern wird als ein historischer Prozess der Zivilisierung von Konflikten, das heißt der Institutionalisierung dauerhafter und gewaltfreier Formen der Konfliktbearbeitung begriffen. Damit lässt sich die Realität von Frieden im historischen Prozess verorten und in Relation zu diesem messen (vgl. Müller 2003: 217).
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3. Zum Begriff des gerechten Friedens
Hat sich bereits der Begriff des Friedens als facettenreich erwiesen, erhöht sich noch einmal die Komplexität mit dem Terminus des gerechten Friedens – und das aus zwei Gründen: Zum einen ist nicht nur der Begriff des Friedens, sondern auch der der Gerechtigkeit vielschichtig und bis heute nicht eindeutig zu definieren. Auf welche Aspekte bezieht sich Gerechtigkeit? Hier gibt es verschiedene Formen und Kriterien von Gerechtigkeit mit einander häufig widerstreitenden Konnotationen. Um an dieser Stelle nur ein gängiges Beispiel, die Verteilungsgerechtigkeit, anzuführen: Allgemein betrachtet wird unter Verteilungsgerechtigkeit die Fairness der Verteilung materieller und immaterieller Güter verstanden. Unter materielle Güter werden vor allem wirtschaftliche Ressourcen gefasst. Aber welche Kriterien werden hier für Fairness konkret in Anschlag gebracht? Erfolgt die Ressourcenverteilung nach der Fähig-
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keit bzw. erbrachten Leistung, nach dem Prinzip »Jeder das Gleiche.« oder richtet sie sich nach der Dringlichkeit bzw. Bedürftigkeit aus? Ist Produktivität, soziale Harmonie oder individuelles Wohlergehen die Zielperspektive? Immaterielle Güter beinhalten den Zugang zur politischen Teilhabe, umfassen aber auch Fragen der Anerkennung, die den Individuen unter anderem durch den ihnen zugewiesenen gesellschaftlichen Status zuteil wird. Und auch hier gibt es unterschiedliche Vorstellungen über die faire Verteilung und Gewichtung der einzelnen Dimensionen. Zum anderen lässt der Begriff des gerechten Friedens verschiedene Interpretationen hinsichtlich des Verhältnisses von Frieden und Gerechtigkeit zu. Dass beide Termini zusammen zu denken und damit interdependent sind, kann als Konsens gelten. Aber was für ein Beziehungszusammenhang besteht konkret? Der Philosoph Jean-Daniel Strub (2010: 44 ff.) führt drei mögliche Interpretationen an: • ein begrifflich-inhaltliches Verständnis, wonach die Verwirklichung von Gerechtigkeit eine Implikation des Friedens darstellt und Gerechtigkeit zu einem Bestandteil des Friedens wird; • ein normativer Zugang, nach dem Gerechtigkeit nicht bereits in den Friedensbegriff hineingenommen wird, sondern als Friedensbedingung fungiert sowie • ein primär instrumenteller Bezug der Gerechtigkeit auf den Frieden im Sinne eines rein funktionalen Zweck-Mittel-
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Verhältnisses, bei dem Gerechtigkeit »als Bedingung der Möglichkeit eines als ›gerecht‹ qualifizierten Friedens und zugleich als Garant für dessen Beständigkeit« (Strub 2010: 45) angesehen wird.
Was unter einem gerechten Frieden zu verstehen ist, soll – die Thesen von Jean-Daniel Strub aufgreifend – folgend anhand von drei Leitfragen diskutiert werden: 1. Wie verhält sich der gerechte Frieden als ein Leitbegriff christlicher Friedensethik zum säkularen Friedensbegriff und seinen Debatten? 2. Was unterscheidet den gerechten Frieden vom biblischen bzw. eschatologischen Friedensbegriff? Worin liegt sein Mehrwert? 3. Welche Reichweite und Geltung kann der christliche Leitbegriff beanspruchen?
Der gerechte Frieden als Leitbegriff christlicher Friedensethik basiert – so formuliert es die Friedensdenkschrift der EKD1 – auf einem »unauflösliche[n] Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit« (EKD 2007: Ziff. 1). Biblischen 1 | Die Verweise erfolgen hier exemplarisch und beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus dem Jahr 2007. Parallele Argumentationen finden sich aber auch im katholischen Bischofswort
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Überlieferungen nach und mit explizitem Verweis auf Psalm 85,11, »dass Gerechtigkeit und Frieden sich küssen«, wird die Einheit von Frieden und Gerechtigkeit als Gegenstand göttlicher Verheißung gesehen (vgl. u. a. EKD 2007: Ziff. 73 f.). Aus ihr folgt die Vision, welche die Bereithaltung von Waffen überflüssig mache und neue Wege des Zusammenlebens der Völker eröffne (Mi 4,1-5, vgl. EKD 2007: Ziff. 74). Sie ordnet sich ein in die biblische Hoffnung, in der alle Gewalt und Feindschaft abgeschafft ist. Wie verhält sich – in Beantwortung der ersten Frage – ein solches Friedensverständnis zu dem im vorhergehenden Kapitel ausgeführten Friedensbegriff? Zunächst ist festzuhalten, dass dieser biblisch begründete Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit friedensethisch eine Abkehr von einem (negativen) Friedensverständnis als bloße Abwesenheit von Krieg impliziert. Das macht die EKD in ihrer Friedensdenkschrift auch explizit deutlich: »Die im sog. ›Konziliaren Prozess‹ für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung entwickelte Grundorientierung am ›gerechten Frieden‹ korrigierte die während des Ost-West-Konflikts und unter den Bedingungen des nuklearen Abschreckungssystems in der nördlichen Hemisphäre vielfach vorherrschende Verständnis von Friedenspolitik als abrüstungsorientierter Kriegs»Gerechter Friede« (2000) sowie im ökumenischen Aufruf zum gerechten Frieden (ÖRK 2011b).
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verhütung, indem sie einerseits die Forderung des Südens nach globaler Verteilungsgerechtigkeit, andererseits den Schutz der Menschenrechte mit der Friedensaufgabe verband.« (EKD 2007: Ziff. 73)
Damit nimmt die EKD-Denkschrift genau jene friedenspolitische Argumentation auf, die Galtung zur Konzeption des positiven Friedensbegriffs veranlasste. Wird allerdings wie bei Galtung von einem begrifflichen Implikat ausgegangen (erste Interpretation bei Strub) und ein konstitutiver Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit dergestalt postuliert, dass es ohne die Verwirklichung von Gerechtigkeit keinen Frieden geben könne bzw. positiv formuliert Frieden stets auch die Verwirklichung der Gerechtigkeit mit einschließe (positiver Frieden = soziale Gerechtigkeit), dann wäre der gerechte Frieden nichts anderes als ein weißer Schimmel (Vergleich von Oberdorfer 2017). In diesem Falle ließe sich – da der Aspekt der Gerechtigkeit bereits im Friedensbegriff enthalten wäre – durch das Attribut »gerecht« nichts Substanzielles mehr hinzufügen. Semantisch näherliegend wäre es, den »Frieden« im Ausdruck »gerechter Frieden« als einen substanziellen Friedensbegriff zu begreifen, der Friedensbegriff und Friedensbedingungen zwar nicht strikt voneinander trennt, aber doch unterscheidet (zweite Interpretation bei Strub). In diesem Sinne wäre die Verwirklichung von Gerechtigkeit kein Bestandteil des Friedensbegriffs, sondern eine Frie-
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densbedingung, sozusagen ein »Qualifikator von (echtem) Frieden« (Polke 2017). Gerechtigkeit diene dann dazu, eine Friedensordnung im normativen Sinne zu legitimieren. Für diesen Ansatz spricht auch das explizite Verständnis des Friedens als Prozess. So heißt es in der EKD-Denkschrift: »Die biblische Sicht stützt ein prozessuales Konzept des Friedens. Frieden ist kein Zustand (weder der bloßen Abwesenheit von Krieg, noch der Stillstellung aller Konflikte), sondern ein gesellschaftlicher Prozess abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit« (EKD 2007: Ziff. 80).
Die EKD übernimmt hier die Friedensdefinition des Politikwissenschaftlers und Friedensforschers Ernst-Otto Czempiel (1998: 65). Und auch in ihren weiteren Ausführungen finden sich unmittelbare Anleihen aus der (säkularen) Friedens- und Konfliktforschung. So werden in der EKD-Denkschrift vier Dimensionen benannt, die einen gerechten Frieden ausmachen, die sich von denen der Friedensforschung (siehe obige Ausführungen) in keiner Weise unterscheiden: (1) die Vermeidung von und der Schutz vor Gewalt als zentrales Grundelement, (2) die Förderung der Freiheit für ein Leben in Würde, (3) der Abbau von Not durch die Korrektur sozio-ökonomischer Asymmetrien sowie (4) die Anerkennung kultureller Verschiedenheit für eine konstruktive Konfliktkultur (vgl. EKD 2007: Ziff. 78–84). Dabei kann die erste Dimension, der Schutz vor Gewalt, unmittelbar an die
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Feindesliebe und den Gewaltverzicht der Bibel anknüpfen. Das umfasst die personale Ebene, greift aber auch weiter. Auf politischer Ebene gilt insbesondere das staatliche Gewaltmonopol als eine der zentralen zivilisatorischen Errungenschaften. Aktuelle Herausforderungen im Rahmen dieser Dimension stellen zum einen die sogenannten failed states dar, die in der Regel durch eine Privatisierung von Gewalt gekennzeichnet sind. Zum anderen sind es Fragen nach Formen eines Gewaltmonopols auf internationaler Ebene, beispielsweise im Rahmen einer potenziellen Weltinnenpolitik. Auch die zweite Dimension, die Förderung der Freiheit, ergibt sich unmittelbar aus einem umfassenden Friedensbegriff. Inhaltlich ist hier insbesondere die Implementierung der Menschenrechte angesprochen. Auf internationaler Ebene stellen sich dann vorrangig Fragen nach der Bestimmung des Verhältnisses von Staatensouveränität und Menschenrechtsschutz. Die aktuellen Debatten um die internationale Schutzverantwortung verorten sich in genau diesem Kontext. Die dritte Dimension, der Abbau von Not, umfasst vor allem zwei Aspekte: die Verringerung von Ungerechtigkeiten hinsichtlich der Verteilung materieller Güter, einschließlich des Zugangs zu ihnen, wie auch die Bewahrung natürlicher Ressourcen. Das beinhaltet die Notwendigkeit einer Reflexion von Rechten und Pflichten auf globaler Ebene hinsichtlich der Verwirklichung sozialer und ökologischer Gerechtigkeit. Mit der vierten Dimension, der Anerkennung kultureller Vielfalt, wird der Fokus
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auf den Abbau von Asymmetrien in den sozialen Beziehungen und die Etablierung einer toleranten und gewaltfreien Konfliktkultur gelegt. Dabei gilt es, insbesondere diejenigen Stimmen zu stärken, deren Bedürfnisse häufig nicht gehört werden (vgl. Reuter 2007: 178 ff.; Senghaas/Senghaas 2017). Diese vier Dimensionen lassen sich im obigen Sinn als Bedingungen des Friedens lesen; mit ihnen wird in der Friedensdenkschrift der EKD der gerechte Frieden qualifiziert. Dagegen wäre ein rein instrumenteller Bezug der Gerechtigkeit auf den Frieden (dritte Interpretation bei Strub) zu kurz gegriffen. Dieser Interpretation erteilt auch die EKD-Denkschrift (2007: Ziff. 76) eine klare Absage: »Gerechtigkeit und Friede stehen nicht in einem einfachen Mittel-Zweck-Verhältnis zueinander«. So könnten beide Begriffe nicht voneinander getrennt betrachtet werden. Frieden sei »nicht äußerliches Resultat eines davon unabhängigen Handelns«, vielmehr könne »friedenstiftende[s] gerechte[s] Handeln seinerseits nur im Frieden geschehen und aus ihm hervorgehen«. In diesem Sinne müssten bereits die Mittel zum Frieden seinem Zweck entsprechen. Damit weist der Begriff des gerechten Friedens eine große Nähe zum positiven bzw. substanziellen Friedensbegriff auf. Dennoch sind beide Friedensbegriffe nicht identisch; ihre Begründungszusammenhänge sind verschieden. Die Stiftung des Friedens und das Streben nach Gerechtigkeit sind im christlichen Leitbegriff nicht nur unauflöslich mit-
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einander verbunden, sie sind auch Inhalt göttlicher Verheißung. In diesem Sinne bleibt der gerechte Friede »eine die Grenzen des Machbaren transzendierende Gabe« (Körtner 2006: 13) und seine Realisierung dem menschlichen Handeln entzogen. Auch dem positiven bzw. substanziellen Friedensbegriff wohnt wie zuvor ausgeführt zwar ein utopisches Moment inne, dieses ist aber nur zeitlicher, nicht substanzieller Natur. Was unterscheidet nun – und das wäre die zweite Frage – den gerechten Frieden vom biblischen Frieden? Auch wenn die Friedensdenkschrift der EKD, anders als das katholische Bischofswort und der ökumenische Aufruf zum gerechten Frieden, die biblische Botschaft vom Frieden nicht eigens ausführt, ist sein biblischer Bezug unübersehbar. Zuvorderst stehen hierfür der bereits zitierte Psalm 85,11 »dass Gerechtigkeit und Frieden sich küssen« sowie Jesaja 32,17 »der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit ewige Stille und Sicherheit«. Sie gehen auf den alttestamentlichen Friedensbegriff Schalom (hebräisch) zurück, der mit Ganzsein, Wohlsein, Vollkommenheit, Stabilität und Frieden übersetzt werden kann und Aspekte wie Gerechtigkeit, Mitleiden und Wahrhaftigkeit mit einschließt. Dieser ganzheitliche Friedensbegriff findet sich auch im Neuen Testament. Wie Schalom steht Eirene, das griechische und neutestamentliche Wort für Frieden, für »das Heil-, Gesund- und Ganzsein des Menschen […] und schließt die Befriedigung der menschlichen Grundbe-
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dürfnisse mit ein« (Schneider et al. 2017: 60). Diese beiden biblischen Friedensbegriffe aufnehmend formuliert das katholische Bischofswort (2000: Ziff. 163): »In der Bibel sind die Wörter Shalom und Eirene oft viel reicher als unser Wort ›Frieden‹. Sie sind der Inbegriff des von Gott geschenkten Lebens, eines Lebens ohne Krieg und Gewalt, in Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit.«
Und auch die Friedensdenkschrift der EKD verweist auf die biblische Tradition des Friedens als »eine umfassende Wohlordnung, ein intaktes Verhältnis der Menschen untereinander und zur Gemeinschaft, zu sich selbst, zur Mitwelt und zu Gott« (EKD 2007: Ziff. 75). Inhaltlich nimmt der gerechte Frieden die Weite des biblischen Friedensbegriffes im Sinne des alttestamentlichen Schalom auf und scheint sich auf den ersten Blick von diesem nicht zu unterscheiden. Beide Begriffe sind aber nicht deckungsgleich: Der gerechte Frieden ist nicht allein biblisch-theologisch zu denken; er beinhaltet mehr als eine auf die biblische Verheißung orientierte Vision bzw. Idealvorstellung. Der gerechte Frieden vertritt zugleich eine Zielperspektive, auf die hin das Friedenshandeln auszurichten ist und fungiert – zumindest in den Debatten der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland – als politisch-ethisches Leitbild im Hier und Heute. Der Leitbildbegriff, aus der Unternehmenskultur entnommen, steht
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für zentrale Maßstäbe, Vorgaben und Zielvorstellungen sowie für eine Richtschnur individuellen und kollektiven Handelns. Damit beinhaltet der Begriff des gerechten Friedens zwei Dimensionen: Zum einen lässt er sich biblisch erschließen mit Frieden und Gerechtigkeit als göttliche unverfügbare Gabe; zum anderen lässt er sich als sozialethisches Konzept fassen, das politische und gesellschaftliche Handlungsorientierung geben soll und an dem sich das konkrete Entscheiden zu orientieren habe (vgl. auch Senghaas-Knobloch 2009: 137). Beide Dimensionen sind im Titel der Friedensdenkschrift der EKD »Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen« zu erkennen: »Aus Gottes Frieden leben« verweist auf das biblische Ideal, »für gerechten Frieden sorgen« auf die ethische, politische bzw. soziale Verantwortung des Menschen (vgl. Polke 2009: 150). Beide Sphären, die religiöse und die ethische, sind zu unterscheiden. Denn auch wenn die biblische Verheißung des Schalom im Politisch-Ethischen Orientierungskraft entfalten kann und soll, eigne sie sich nicht, so der Theologe Bernd Oberdorfer (2017), zur direkten »Umsetzung in handlungsleitende Normen«. Das führe zur »Gefahr der unrealistischen Überdehnung menschlicher Handlungsoptionen«. Die bisherigen Ausführungen haben – mit Fokus auf den evangelischen Diskurs in Deutschland – den gerechten Frieden als einen christlichen Leitbegriff identifiziert mit dem Anspruch, als politisch-ethisches Leitbild zu wir-
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Gerechter Frieden
ken.2 Inwieweit kann aber ein biblisch und im christlichen Glauben begründetes Konzept Geltung über den Kreis von Christinnen und Christen hinaus beanspruchen? Welche Reichweite – und hier nähern wir uns der dritten Frage an – kommt dem gerechten Frieden zu? Bereits in den Anfängen seiner Entwicklung hieß es, dass eine Lehre vom gerechten Frieden entwickelt werden müsse, »die zugleich theologisch begründet und dialogoffen auf allgemein menschliche Werte bezogen« sei (Ökumenische Versammlung 1989: Ziff. 36). In diesem Sinne konstatiert die spätere EKD-Denkschrift (2007: Ziff. 78): »Die Praxis des gerechten Friedens, die als Merkmal der weltweiten Gemeinschaft von Christinnen und Christen betrachtet werden kann, wird zwar in ihrer spirituellen Tiefenschicht nicht von allen Menschen geteilt und kann keine praktische Friedenspolitik ersetzen. Sie konvergiert aber mit einem mehrdimensionalen Konzept des Friedens, das sich als sozialethisches Leitbild in die politische Friedensaufgabe einbringen lässt.«
2 | Diese Interpretation findet sich auch im katholischen Bischofswort (2000), das dem gerechten Frieden als Leitbild der Kirche einen eigenen Abschnitt widmet. Im Rahmen der Debatten im Weltkirchenrat wird diese Perspektive aber nicht durchgängig mitgetragen. Beispielhaft steht dafür die Russisch-Orthodoxe Kirche, die den gerechten Frieden allein in der religiösen Sphäre verortet.
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Zum Begriff des gerechten Friedens
Und auch der damalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber betont im Vorwort dieser Friedensdenkschrift, dass dort »ein auf christlicher Verantwortung beruhender, sorgfältig geprüfter und stellvertretend für die ganze Gesellschaft formulierter Konsens zum Ausdruck« komme (EKD 2007: 8). Wie wird dieser gesamtgesellschaftliche Anspruch eines christlichen Konzeptes begründet – gerade in Anbetracht der Situation, dass in Deutschland die Konfessionslosen mit 36 Prozent die mittlerweile größte Gruppe darstellen und nur noch 27 Prozent der Bevölkerung der evangelischen und 29 Prozent der katholischen Kirche angehören? Der Theologe Hans-Richard Reuter (2007: 178) macht hier einen »overlapping consensus« geltend. Deutlich gemacht wird dieser, indem die Friedensdenkschrift »stets eine christliche und eine vernunftgemäße Deutung präsentiert« (Anselm 2018: 52). Vor diesem Hintergrund verstehen sich auch die Anleihen aus der säkularen Friedensforschung zum Friedensbegriff und zu den Friedensdimensionen. Dieses Vorgehen ist aber nicht unproblematisch, wächst mit dieser Herangehensweise doch zugleich die Gefahr, dass Argumentationen austauschbar werden und das spezifisch kirchliche Profil christlicher Friedensethik verloren geht. So könne man sich fragen, ob – wenn stets auch vernunftgemäße Deutungen verfügbar sind – sich das Leitbild des gerechten Friedens nicht gänzlich säkular fassen ließe. Und gehen, weiter gefragt, mit derartigen Übersetzungsangeboten nicht auch wichtige religiöse Inhalte und Bezugspunkte verloren?
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4. Gerechter Frieden versus gerechter Krieg
Der gerechte Frieden als ein noch junges Konzept in der christlichen Friedensethik stellt eine Alternative zu etablierten friedensethischen Ansätzen dar. Insbesondere grenzt er sich von der Lehre vom gerechten Krieg (bellum iustum) ab. So ist der gerechte Frieden auch nicht in Abgrenzung zu anderen Friedensbegriffen entstanden, sondern in bewusster Entgegensetzung zum gerechten Krieg. In kirchlichen Dokumenten reicht das von Formulierungen der Ökumenischen Versammlung (1989: Ziff. 36): »Mit der notwendigen Überwindung der Institution des Krieges kommt auch die Lehre vom gerechten Krieg, durch welche die Kirchen den Krieg zu humanisieren hofften, an ein Ende. Daher muss schon jetzt eine Lehre vom gerechten Frieden entwickelt werden […]«
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Gerechter Frieden
über die Friedensdenkschrift der EKD: »Im Rahmen des Leitbilds vom gerechten Frieden hat die Lehre vom bellum iustum keinen Platz mehr.« (EKD 2007: Ziff. 102) bis hin zum ökumenischen Aufruf zum gerechten Frieden, wonach »der Geist, die Logik und die Durchführung von Kriegen« überwunden werden müsse und dadurch die Lehre vom gerechten Krieg »obsolet« werde (ÖRK 2011b: Ziff. 58). Da einige Kirchen gerade im angloamerikanischen Raum bis heute noch an der bellum iustum-Lehre festhalten und diese Formulierung nicht mittrugen, entstand im Weltkirchenrat die Kompromissformel: »[Wir] gehen über die Lehre vom gerechten Krieg hinaus und bekennen uns zum gerechten Frieden« (ÖRK 2011a: 4). Was beinhaltet nun aber die Lehre vom gerechten Krieg? Warum ist sie, gerade in hiesigen Debatten, derart negativ konnotiert? Und was zeichnet das Leitbild des gerechten Friedens gegenüber dieser bellum iustum-Lehre aus? – Mit der Lehre vom gerechten Krieg wurden und werden Maßstäbe zur Bewertung von Kriegen entwickelt. Dabei differenziert die Lehre zwischen dem Recht zum Kriegführen (ius ad bellum) und der rechtmäßigen Kriegsführung (ius in bello). Das ius ad bellum umfasst die Kriterien legitime Autorität, gerechter Grund, rechte Absicht, letztes Mittel, Aussicht auf Erfolg und Verhältnismäßigkeit der Folgen. Das ius in bello beinhaltet die beiden Kriterien Verhältnismäßigkeit der Mittel und Unterscheidung in Kombattanten und Nicht-Kombattanten. Ziel der Lehre vom gerechten
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Gerechter Frieden versus gerechter Krieg
Krieg war es – entgegen mancher Kritik – nie, Kriege zu legitimieren und Herrscher in ihrem kriegerischen Tun zu bestärken, sondern durch das Insistieren auf bestimmte Kriterien – die alle in ihrer Gesamtheit erfüllt sein müssen – dazu beizutragen, Kriege zu begrenzen. So ist der gerechte Krieg auch eher im Sinne eines gerechtfertigten Krieges zu verstehen. Dennoch sind vielfach Kriege unter Missbrauch dieser Lehre in seinem Namen geführt worden. Die Lehre vom gerechten Krieg weist eine über zweitausendjährige Tradition auf.1 Sie ist beständig fortentwickelt worden und hat dabei stets auf konkrete historische Ereignisse und Konstellationen Bezug genommen. Zeitlich reicht die bellum iustum-Lehre bis in die Antike, bis zu Platon und Aristoteles, zurück. Auch wenn Platon (428/427–348/347 v. Chr.) den Begriff des gerechten Krieges selbst nicht verwendete, ging es ihm um eine Humanisierung bzw. Verhältnismäßigkeit der militärischen Auseinandersetzungen innerhalb der Gemeinschaft griechischer Stadtstaaten. Davon unterschied Platon den Krieg gegen die Barbaren. Die1 | Die Darstellung der historischen Genese der Lehre vom gerechten Krieg erfolgt zu wesentlichen Teilen auf der Basis von Werkner/Liedhegener (2009: 10 ff.). Des Weiteren vgl. u. a. Kleemeier (2003) und Gašparević (2010). Einen aktuellen und zugleich detaillierten Überblick über die einzelnen Entwicklungsphasen und Repräsentanten der bellum iustum-Lehre gibt das Handbuch Friedensethik im Teil II, Abschn. 1 (Werkner/Ebeling 2017).
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Gerechter Frieden
ser war für ihn notwendig, um die Freiheit der Griechen zu verteidigen, und sollte mit aller Härte geführt werden. Auch Aristoteles (384/383–322 v. Chr.) ging es um den Kampf der Griechen gegen die Barbaren. Dabei blieb er in seiner Argumentation hinter Platon zurück. Für ihn gab es Menschen, »die von Natur aus Sklaven sind« und unterworfen werden durften (Ricken 2017: 211; vgl. Kleemeier 2003: 12). In römischer Zeit entwickelten sich erste Kriterien für einen gerechten Krieg. Nach Cicero (106–43 v. Chr.) galt ein Krieg als gerecht, wenn er »auf der Grundlage einer formalen Androhung und Erklärung erfolgt« und »wegen Schadensersatz bzw. Wiedergutmachung geführt wird« (Kleemeier 2003: 12). Nach Cicero beinhaltete dies die Abwehr einer unmittelbaren feindlichen Ungerechtigkeit sowie die Verteidigung der Bundesgenossen Roms – eine durchaus verharmlosende Beschreibung des römischen Expansionsdrangs (vgl. auch Forschner 2017). Entscheidend hat Augustinus von Hippo (354–430) im frühen Christentum die Lehre vom gerechten Krieg geprägt. In seiner Zeit wurde das Christentum zur Staatsreligion erhoben. Lehnten Christen bis dahin den Kriegsdienst ab, entstand nun für ihn die Frage, wann Christen am Krieg ohne Sünde teilnehmen können. Dieser dürfe, so die Ausführungen Augustinus, nur geführt werden, um geschehenes Unrecht zu ahnden, wenn »ein Volksstamm oder eine Bürgerschaft ignoriert […], entweder das von ihren Mitgliedern boshaft Angerichtete zu bestrafen oder
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wiedergutzumachen, was widerrechtlich weggenommen worden ist« (Augustinus, zit. nach Looney 2017: 231). Zum Unrecht kann aber ebenso – und hier unterscheidet sich Augustinus von Cicero – ein Verstoß gegen die göttliche Ordnung gehören. Das heißt, nicht nur materielle Rechtsverletzungen, auch Unglaube oder Häresie rechtfertigen ihm zufolge Kriege. Gleichfalls verweist Augustinus hinsichtlich der Kriegsführung auf die rechte Gesinnung. So dürfe ein Krieg nicht aus Rachsucht, Habgier, Herrschsucht oder Lust an Grausamkeit geführt werden. Für Augustinus ist Frieden mit der von Gott bestimmten Ordnung gegeben, die sowohl das Gott-Mensch-Verhältnis als auch die Beziehungen unter den Menschen beinhaltet, während Krieg die Störung dieser Ordnung darstelle. So müsse jeder gerechte Krieg Frieden zum Ziel haben. Demnach kann es »Frieden ohne Krieg geben, aber nicht Krieg ohne Frieden«; zentral ist die Überzeugung der »Vorrangigkeit des Friedens« (Looney 2017: 225) – ein Gedanke, der durchaus an die Idee des gerechten Friedens anknüpfen kann. Thomas von Aquin (1225/1226–1274) geht es – ähnlich wie Augustinus – um die Frage, ob es einen erlaubten Krieg geben könne und christliche Nächstenliebe mit dem Militärdienst vereinbar sei. Thomas liefert eine erste, wenn auch inhaltlich noch wenig ausgeführte Systematisierung der Lehre vom gerechten Krieg. Er benennt drei Kriterien, die alle zugleich erfüllt sein müssen:
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»Erstens die Vollmacht des Fürsten, auf dessen Befehl hin der Krieg zu führen ist. Denn es ist nicht Sache der Privatperson, einen Krieg zu veranlassen; […] Zweitens ist ein gerechter Grund verlangt. Es müssen nämlich diejenigen, die mit Krieg überzogen werden, dies einer Schuld wegen verdienen. […] Drittens wird verlangt, daß die Kriegsführenden die rechte Absicht haben, nämlich entweder das Gute zu mehren oder das Böse zu meiden« (Thomas von Aquin 1966 [1273]: 2, 40, 1; vgl. auch Fuchs 2017).
Eine Fortentwicklung erfährt die bellum iustum-Lehre mit der spanischen Spätscholastik. Als ein wesentlicher Vertreter dieser Zeit gilt Francisco de Vitoria (1483–1546). Seine Ausführungen stehen im Kontext der expansiven Eroberungs- und Missionspraxis der Europäer. Insbesondere wendet er sich gegen die koloniale Politik und inhumane Kriegsführung Spaniens gegen die Indios, die Ureinwohner Lateinamerikas. Neu ist bei ihm die »Orbis«-Idee, wonach alle Völker – auch die Barbaren – Teil einer Weltgemeinschaft seien, ausgestattet mit denselben Rechten auf Selbständigkeit und Freiheit, einschließlich der freien Wahl ihrer Religion. Damit erklärt Vitoria zugleich Religionskriege, darunter die mittelalterlichen Kreuzzüge, als nicht rechtmäßig. Als gerechter Grund dürfe nach ihm nur die Abwehr eines materiellen Unrechts, nicht aber – und hier distanziert er sich von Augustinus und Thomas von Aquin – religiöse Gesinnungen gelten. Des Weiteren be-
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schäftigt Vitoria die Frage, ob ein Krieg auf beiden Seiten gerecht sein könne. Dies sei, so der spanische Kirchenvater, zwar nicht objektiv, wohl aber subjektiv möglich bei Unkenntnis einer Seite über die Ungerechtigkeit eines Tatbestandes (vgl. auch Bunge/Gillner 2017). Parallel zur spanischen Spätscholastik finden sich entsprechende inhaltliche Ausführungen, allerdings ohne den Terminus des gerechten Krieges selbst zu verwenden, bei den Reformatoren, so auch bei Martin Luther (1483–1546), der exakt zur selben Zeit wie Vitoria lebte. Angesichts der Bauernkriege stellt sich für Luther die Frage, »ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können« (1995 [1526]). Er bejaht dies, dabei dürfe Krieg aber nur Unrecht und Böses strafen, um Frieden zu schaffen. Ein solcher Krieg sei dann nichts anderes als »ein kleiner kurzer Unfrieden« zur Abwehr eines »ewigen, unermesslichen Unfriedens« (Luther 1995 [1526]: 177). Dabei vergleicht Luther das Kriegsamt mit dem Wirken eines guten Arztes: »Man muß beim Kriegsamt nicht ansehen, wie es würgt, brennt, schlägt und fängt usw. Denn das tun die kurzsichtigen, einfältigen Kinderaugen, die dem Arzt nur bis dahin zusehen, wie er die Hand abhaut oder das Bein absägt, sehen aber oder erkennen nicht, dass ihm darum zu tun ist, den ganzen Leib zu retten. Ebenso muss man auch dem Kriegs- oder Schwertamt zusehen mit männlichen Augen, warum es so würgt und greulich handelt: So wird es sich selbst erweisen, dass es ein Amt ist, das an sich selbst gött-
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lich und der Welt so nützlich und nötig ist wie Essen und Trinken oder sonst ein anderes Werk« (Luther 1995 [1526]: 177).
Luther argumentiert strikt sozialethisch: Für sich selbst erleide der Christ Unrecht, es gebiete ihm aber die Nächstenliebe, helfend einzugreifen (vgl. auch Stümke 2017). Mit Hugo Grotius (1583–1645) zeichnet sich eine weitere Entwicklungsphase ab. Er steht am Wendepunkt zwischen der traditionellen bellum iustum-Lehre und dem System des modernen Völkerrechts. Als gerechte Kriegsgründe gelten bei Grotius die Verteidigung, die Wiedererlangung des Genommenen sowie die Bestrafung der Schuldigen (vgl. Grotius 1950 [1625]: 136). Diesbezüglich könne ein Krieg nur auf einer Seite gerecht sein, wobei das »wahrhaft Gerechte« nur »schwer von dem gerecht Scheinenden« zu unterscheiden sei (Grotius 1950 [1625]: 389). Anders verhält es sich auf formaler Ebene: Ein förmlicher, von einer souveränen Gewalt autorisierter und durch eine Kriegserklärung angekündigter Krieg könne auf beiden Seiten objektiv gerecht sein. Hier werde dann nicht mehr auf die Ursache, sondern auf das formale Kriterium des Krieges abgehoben (vgl. Kleemeier 2003: 19 f.). Dieser Gedanke der grundsätzlichen Gleichheit der Kriegsparteien, deren Ansätze sich schon in der spanischen Spätscholastik finden, ist ein wesentliches Kennzeichen des heutigen humanitären Völkerrechts (vgl. auch Stumpf 2017).
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Gerechter Frieden versus gerechter Krieg
Mit der Entwicklung des modernen Völkerrechts und der Vereinten Nationen, die zu einer Ächtung des Krieges und einem allgemeinen Gewaltverbot (Art. 2 Abs. 4 UNCharta) führte, schwindet auch die Bedeutung der bellum iustum-Lehre. So betont der Völkerrechtler Otto Kimminich (1980: 217 f., 221), dass das Völkerrecht die Lehre vom gerechten Krieg nicht nur beerbt, sondern zugleich überwunden habe und dies gar nicht hoch genug veranschlagt werden könne. Zudem, so ein weiterer Kritikpunkt des 20. Jahrhunderts, könne es angesichts der Existenz atomarer Waffen keine gerechten Kriege mehr geben, würden diese doch jeglicher Verhältnismäßigkeit entbehren (vgl. Lienemann 2017). Im angloamerikanischen Raum ist die bellum iustumLehre jedoch nach wie vor präsent und insbesondere seit den 1970er Jahren stetig weiterentwickelt worden. Denn unabhängig von der Debatte um Atomwaffen waren die USA, aber auch Länder wie Großbritannien, bereits in der Zeit des Ost-West-Konflikts durch konventionelle militärische Auseinandersetzungen herausgefordert. In den USA war es vor allem der Vietnamkrieg, der eine kritische Reflexion unter Rückgriff auf die Lehre vom gerechten Krieg auslöste. So wurde die extensive Kriegsführung der US-amerikanischen Armee unter anderem darauf zurückgeführt, die bellum iustum-Lehre mit ihrer kriegslimitierenden Funktion (deshalb auch: Just and Limited War Theory) vernachlässigt zu haben. Dafür steht insbesondere Michael Walzer (geb.
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1935) mit seinem Werk »Just and Unjust Wars« (1977). Neben der Weiterentwicklung der bisherigen Kriterien angesichts aktueller Konstellationen ist inzwischen eine dritte Kategorie eingeführt worden: das ius post bellum. Hier werden Kriterien aufgestellt, die nach einer militärischen Intervention zu einem gerechten Frieden führen sollen. Wie verhält sich nun aber die Just War Theory zum internationalen Recht und zu den Vereinten Nationen? Hier lassen sich in den USA zwei Richtungen ausmachen: Zum einen existiert eine Debatte, die, in Anerkennung der Vereinten Nationen als höchste Autorität, die Lehre vom gerechten Krieg als Ergänzung betrachtet. Denn auch wenn militärische Interventionen nach internationalem Recht möglich sind, halte das Kapitel VII der UN-Charta keinerlei materiale Kriterien bereit, »wann der Einsatz militärischer Zwangsgewalt gerechtfertigt ist, und unter welchen Bedingungen er dann durchzuführen sei« (Haspel 2017: 321). Zum anderen formiert sich ein Diskussionsstrang, der die legitime Autorität weiterhin bei den Nationalstaaten sieht. Argumentiert wird entweder mit der Unzulänglichkeit der Vereinten Nationen, insbesondere mit dem fehlenden possesiven Gewaltmonopol. Danach könne legitime Autorität nur sein, »wer auch über die Möglichkeit des Einsatzes militärischer Mittel verfüge, also, im Gefälle dieser Argumentation, der souveräne Nationalstaat« (Haspel 2017: 321). Oder aber es wird der Amerikanische Exzeptionalismus in Anschlag gebracht – eine Idee, der zufolge die USA eine Sonderstellung in der
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Welt einnehmen, verbunden mit der Verpflichtung und Verantwortung, sich weltweit für Freiheit einzusetzen. Indem sie ihr politisches und wirtschaftliches System auf andere Nationen übertragen, würden sie, so die Überzeugung, Gottes Werk verrichten (vgl. Kinzer 2006). Dieser kursorische Überblick über die mehr als zweitausendjährige Geschichte der bellum iustum-Lehre hat eines deutlich machen können: In allen Entwicklungsphasen haben ihre Vertreter Krieg stets als ein Übel angesehen, nie als »ideale Theorie«. Ein gerechter Krieg stelle aber – bei Einhaltung all seiner Kriterien – häufig »das kleinere von zwei Übeln« (Evans 2005: 10) dar. Seine Zielsetzung, die Etablierung moralischer Standards zur Limitierung und Humanisierung des Krieges (vgl. auch Gašparević 2010: 347), kann aber – auch das haben die Ausführungen aufzeigen können – durch verschiedene Interpretationen der Kriterien und Bedingungen unterlaufen werden. Welche Einwände bringt nun die Friedensdenkschrift der EKD gegen die Lehre vom gerechten Krieg in Anschlag? Auch sie vertritt mit ihrem Konzept des gerechten Friedens keinen radikalen Pazifismus. So seien Situationen denkbar, in denen militärische Gewalt notwendig werden könne. Dann seien dieselben Fragen nach dem hinreichenden Grund, der Legitimierung des Einsatzes, der Zielsetzung etc. zu stellen. Vor diesem Hintergrund konstatiert die Denkschrift:
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»Nicht gegen die Kriterien dieser Art als solche, wohl aber gegen die überkommenden Rahmentheorien des gerechten Kriegs, in die sie eingefügt waren, bestehen prinzipielle Einwände. Denn die Theorien des bellum iustum entstammen politischen Kontextbedingungen, in denen es eine rechtlich institutionalisierte Instanz zur transnationalen Rechtsdurchsetzung ebenso wenig gab wie eine generelle Ächtung des Krieges« (EKD 2007: Ziff. 99).
In der Folge führt die EKD die für sie weiterhin gültigen Kriterien der bellum iustum-Lehre explizit auf: Erlaubnisgrund, Autorisierung, richtige Absicht, äußerstes Mittel, Verhältnismäßigkeit der Folgen, Verhältnismäßigkeit der Mittel, Unterscheidungsprinzip. Dieses Vorgehen mag zumindest aus zwei Gründen überraschen: Zum einen kann auch die Friedensdenkschrift einem möglichen Missbrauch nicht entgehen; dieser ist – wie bei der bellum iustum-Lehre – vor allem den verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten der Kriterien sowie dem nur selektiven Rückbezug auf diese geschuldet. Zum anderen lässt sich das Argument, die Lehre vom gerechten Krieg beruhe auf vorneuzeitliche Voraussetzungen und sei somit heute obsolet, durchaus infrage stellen. So hat der kursorische Überblick aufzeigen können, dass die bellum iustum-Lehre – gerade im angloamerikanischen Raum – bis in die heutige Zeit hinein stetig fortentwickelt und auf aktuelle Konstellationen angepasst worden ist. Und auch der in diesem Kontext erhobene Vorwurf, das moderne Völkerrecht habe die Lehre vom gerechten Krieg
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aufgehoben (vgl. EKD 2007: Ziff. 102), lässt sich kritisch hinterfragen, ist damit doch zugleich die These verbunden, das Recht mache ethische Betrachtungen überflüssig. Mit dieser Sichtweise besteht jedoch die Gefahr, das Recht zum Dogma zu erheben. So mag Ethik sich auf das Recht beziehen, aber auch das Recht ist zu seiner Fortentwicklung auf ethische Diskurse verwiesen (zu diesen und weiteren Einwänden gegen die bellum iustum-Lehre und ihre Verteidigung vgl. Haspel 2009: 73 ff.). Schwerer wiegt das Argument des Perspektivenwechsels: vom si vis pacem para bellum (wenn du den Frieden willst, rüste dich zum Krieg) zur Maxime si vis pacem para pacem (wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor). Dieser weitet den Blick auf den Frieden: nicht nur auf einen Frieden als bloße Abwesenheit von Krieg, sondern auf einen im umfassenden Sinne verstandenen Frieden. Damit rücken die Bedingungen des Friedens in den Fokus der Betrachtung, einschließlich Fragen der Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung. Ein solches gewaltpräventives Handeln kann und soll dann genau jene Situationen umgehen, in denen nur noch inakzeptable, das heißt militärische Alternativen möglich sind (vgl. Hoppe 2011: 62). Ist nun aber dieser Perspektivenwechsel hin zu einem Leitbild des gerechten Friedens gleichbedeutend mit der Ersetzung der Lehre vom gerechten Krieg? Die zitierten kirchlichen Dokumente lassen diese Schlussfolgerung zu bzw. sind explizit auch in diesem Sinne zu lesen. Beide Begriffe
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Gerechter Frieden
bzw. Konzepte schließen sich aber per se erst einmal nicht aus. So plädiert der Theologe Bernd Oberdorfer (2017: 9) auch dafür, im Konzept des gerechten Friedens der Lehre vom gerechten Krieg im Hinblick auf die ethische Bewertung militärischer Zwangsmaßnahmen eine begrenzte, untergeordnete Rolle einzuräumen. Aufgegeben werden sollte aber die »plakative Gleichordnung« beider Begriffe (Oberdorfer 2017: 9). Denn während der gerechte Frieden eine Zielperspektive darstellt und als Leitbild im positiven Sinne den Horizont für politisch-gesellschaftliches Handeln öffnet, ist der gerechte Krieg »kein anzustrebendes Handlungsziel, sondern markiert Bedingungen, unter denen ein als solches nicht bejahtes und angestrebtes Handeln ethisch verantwortet werden kann« (Oberdorfer 2017: 5). In diesem Sinne lässt sich der gerechte Krieg auch nicht in positiver Konnotierung fassen, sondern nur als gerechtfertigter Krieg verstehen.
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5. Gerechter versus ungerechter Frieden
Auch wenn der christliche Leitbegriff des gerechten Friedens von seiner Genese her in Abgrenzung zur Lehre vom gerechten Krieg entstanden ist, impliziert er noch eine weitere Entgegensetzung: gerechter versus ungerechter Frieden. Und auch der letztgenannte Terminus mag – in ähnlicher Weise wie der Ausdruck des gerechten Krieges – auf den ersten Blick irritieren, drückt diese Wortkombination eines positiv konnotierten Begriffs mit einem negativ besetzten Attribut eine inhärente Spannung aus. Aber weder führt Ungerechtigkeit zwingend zum Krieg noch bringt Frieden notwendigerweise Gerechtigkeit mit sich. Im ersten Fall können entweder die Kosten eines Krieges, befürchtete Opfer und Schäden, den vorhersehbaren Nutzen übersteigen oder die Adressaten von Ungerechtigkeit greifen nicht zu militärischer Gewalt, da sie Krieg an sich ablehnen oder aber nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügen,
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Gerechter Frieden
ihn aussichtsreich zu führen. Im zweiten Fall kann Frieden, verstanden als Abwesenheit von Krieg, auf ungerechten Verhältnissen wie Repression und Ausbeutung beruhen (vgl. die Debatte um den engen und weiten Friedensbegriff in Kapitel 2; auch Merle 2016: 45). Im Gegensatz dazu beansprucht der gerechte Frieden, mit seinem weiten und mehrdimensionalen Friedensverständnis über die auf Kriegsbegrenzung angelegte Lehre vom gerechten Krieg deutlich hinauszugehen, insofern es nunmehr gilt, die Bedingungen des Friedens zu bestimmen und herzustellen. Dabei bietet die inhaltliche Verknüpfung von Frieden und Gerechtigkeit den Ausgangspunkt für eine Kritik an bestehenden Gewaltverhältnissen, auch struktureller Art: »Soziale Gerechtigkeit tritt Privilegierungen entgegen, wirtschaftliche Gerechtigkeit dem Reichtum, ökologische Gerechtigkeit dem Konsum und politische Gerechtigkeit Macht an sich« (ÖRK 2013b: 1). Insofern besteht zwischen Frieden und Gerechtigkeit »ein konstitutiver Zusammenhang« (Brock 2017: 732). Dieser Perspektivenwechsel impliziert aber zugleich eine prinzipielle, dem Konzept des gerechten Friedens inhärente Spannung: So gehen gute Dinge nicht immer zusammen (vgl. Müller 2013). Auch wenn Frieden und Gerechtigkeit normativ unauflösbar zusammengehören, können sie in der politischen Realität auseinanderfallen. Das ist immer dann der Fall, wenn Gewaltanwendung zum Schutz elementarer Menschenrechte alternativlos erscheint
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Gerechter versus ungerechter Frieden
oder die Aufrechterhaltung des Friedens mit zentralen Gerechtigkeitsforderungen kollidiert. Und genau das bietet, so der Politikwissenschaftler und Friedensforscher Lothar Brock (2013: 23 f.), »einen moralisch attraktiven Grund für Rebellion und Krieg und andere Formen kollektiver Gewalt«. Diese Konsequenz ist auch aus westlicher Perspektive nicht unproblematisch, gelten gerade die humanitär begründeten militärischen Interventionen der letzten Jahre als wenig erfolgreich. Lässt sich diesbezüglich also eher mit Cicero entgegnen: »Ich, meines Orts, höre nicht auf, zum Frieden zu ermahnen: denn sogar ein ungerechter Friede ist nützlicher, als der gerechteste Krieg« (in Wieland 1814: 90)? Dieses Dilemma zeigt sich ebenso bei der Debatte um die internationale Schutzverantwortung, scheinen sich gerade hier das friedenspolitische Ziel der Gewaltminimierung und die Gewaltanwendung zum Schutz bedrohter Menschen angesichts schwerster Menschenrechtsverletzungen diametral gegenüberzustehen. Wie lässt sich in diesem Zusammenhang ein Vorrang der Gewaltanwendung ethisch begründen? Widerspruchsfrei kann dies prinzipiell nur gelingen, »wenn Grundnormen der Gerechtigkeit dort, wo ihre Durchsetzung mit dem Ziel des Friedenserhalts in Konflikt gerät, als fundamentaler und ethisch dringlicher angesehen werden als der Verzicht auf Gewaltanwendung« (Hoppe/Werkner 2017: 353). Damit nicht jede Spannung zwischen Frieden und Gerechtigkeit zulasten der Friedens-
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Gerechter Frieden
norm geht, sind ethisch enge Grenzen notwendig. So kommt auch die internationale Schutzverantwortung ausschließlich bei schwersten Menschenrechtsverletzungen zum Tragen. Auch der Friedensforscher Johan Galtung ist sich der Gefahr bewusst, dass bei einem weiten Friedensverständnis Gewaltfreiheit und Gerechtigkeit in Widerspruch zueinander treten können: »Anstrengungen, sowohl personale als auch strukturelle Gewalt zu vermeiden, können leicht dazu führen, eine von beiden oder gar beide zu akzeptieren. Wenn man also die Wahl zwischen der Korrektur eines sozialen Übels mit Hilfe personaler Gewalt und dem Nichtstun hat, kann letzteres in der Tat bedeuten, daß man die Kräfte unterstützt, die für die Ungerechtigkeit verantwortlich sind. Und umgekehrt: der Gebrauch personaler Gewalt kann leicht dazu führen, daß man weder langfristige Abwesenheit von Gewalt noch Gerechtigkeit erreicht.« (Galtung 1975: 34)
Dieses Dilemma führt bei Galtung aber nicht zur Verwerfung des positiven Friedensbegriffs, sein Plädoyer lautet vielmehr, beide Ziele in gleicher Weise zu verfolgen, alles andere sei »eine Art intellektueller und moralischer Kapitulation« (Galtung 1975: 36). In diesem Sinne lässt sich auch der gerechte Frieden lesen. Verlangt sind Strategien, die in der Lage sind, die Spannung zwischen Frieden und Gerechtigkeit, wenn diese auch nicht aufgehoben werden kann, doch zumindest abzumildern. Es gilt, »die Ungerechtigkeit
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Gerechter versus ungerechter Frieden
einer Lösung, bei der das Eine auf Kosten des Anderen erreicht werden soll, zu minimieren« (Brock 2017: 734). Das ist nicht einfach und wird dadurch erschwert, dass sehr unterschiedliche Gerechtigkeitsvorstellungen existieren, die unter Umständen konträr zueinander stehen, zu Konflikten ausarten und Gewalt sogar noch befördern können. Der Friedensforscher Christopher Daase (2013: 173) macht diesbezüglich fünf Arten von Gerechtigkeitskonflikten geltend: • Anwendungskonflikte infolge unterschiedlicher Sichtweisen über die Anwendung ein und desselben Prinzips, beispielsweise bei der Verteilung materieller Ressourcen; • Prinzipienkonflikte, die auftreten, wenn verfolgte Prinzipien in Widerspruch zu Gerechtigkeitsforderungen geraten, zum Beispiel wenn religiös motivierte Verteilungsforderungen der gleichberechtigten politischen Teilhabe von Frauen entgegenstehen; • Wertekonflikte zwischen gerechtigkeitsbezogenen und anderen – davon unabhängigen – gemeinwohlorientierten Ansprüchen, wenn beispielsweise die im Rechtssystem etablierte retributive, strafende Gerechtigkeit der auf Versöhnung und Konfliktdeeskalation ausgerichteten restaurativen Gerechtigkeit zuwiderläuft; • Präferenzkonflikte, bei denen Gerechtigkeitsforderungen mit Eigeninteressen kollidieren, wie sie sich unter anderem bei Verhandlungen zum Klimaschutz zeigen, sowie
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Gerechter Frieden
• Anerkennungskonflikte, die entstehen, wenn Gerechtigkeitsforderungen anderer prinzipiell nicht anerkannt bzw. berücksichtigt werden, wofür der Status von Individuen oder NGOs im staatenzentrierten Völkerrecht ein Beispiel ist.
So treten nicht nur Frieden und Gerechtigkeit zueinander in Spannung, sondern auch die verschiedenen Formen von Gerechtigkeitskonflikten können zu einer Quelle von Gewalt werden und sich hemmend auf den Frieden auswirken, ihn gegebenenfalls sogar gänzlich verhindern.
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6. Konzeptionen des gerechten Friedens
Als christlicher Leitbegriff und friedensethisches Konzept begann sich der gerechte Frieden Ende der 1980er Jahre zu etablieren. Das lässt sich insbesondere an den Entwicklungen innerhalb der beiden großen Kirchen in Deutschland sowie im Weltkirchenrat festmachen, die folgend exemplarisch näher in den Blick genommen werden. Dabei weisen beide Diskurse gemeinsame Wurzeln auf: In der Hochphase des Ost-West-Konflikts, in einer Zeit hitziger Debatten um den NATO-Doppelbeschluss und die Stationierung nuklearer Marschflugkörper in Westeuropa, schlug die Delegation der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ein gesamtchristliches Friedenskonzil vor, so wie es Dietrich Bonhoeffer bereits 1934 gefordert hatte. Da die Einberufung eines ökumenischen Konzils nicht absehbar war, einigte man sich auf einen »konziliaren Prozess gegenseitiger Verpflichtung auf Gerechtigkeit, Frieden und
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Gerechter Frieden
Bewahrung der Schöpfung«. In den Jahren 1988 und 1989 versammelten sich Christinnen und Christen aus der DDR zu ökumenischen Versammlungen in Dresden und Magdeburg. Dort verwiesen sie auf die Notwendigkeit eines radikalen Umdenkens in Fragen von Krieg und Frieden und sprachen erstmals von einer Lehre vom gerechten Frieden (vgl. Ökumenische Versammlung 1989: Grundlegung Ziff. 36).1 Mit ihrer Forderung nach einem Ende der Lehre vom gerechten Krieg und einem Perspektivenwechsel hin zur Entwicklung einer Lehre vom gerechten Frieden hat die Ökumenische Versammlung in der DDR die weitere friedensethische Diskussion maßgeblich geprägt. In den Folgejahren machten sich sowohl die katholische und evangelische Kirche in Deutschland als auch der Weltkirchenrat und etliche seiner Mitgliedskirchen den Begriff zu eigen und etablierten den gerechten Frieden als neuen friedensethischen Ansatz.
1 | Dabei ist der Begriff des gerechten Friedens nicht neu. In den USA wurde der Ausdruck bereits 1941 mit der Gründung der »Kommission für einen gerechten und dauerhaften Frieden« eingebracht. Seit 1985 bezeichnet sich auch die United Church of Christ (UCC) offiziell als Kirche des gerechten Friedens (UCC 1985). Sie hat sich dann auch aktiv für die Umsetzung dieses Konzeptes im Weltkirchenrat eingesetzt.
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6.1 Das neue Leitbild in der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland Der deutsche Diskurs ist stark durch die Erfahrungen zweier Weltkriege und der damit verbundenen Verantwortung geprägt. So stellt Frieden auch ein zentrales Thema der beiden großen Kirchen dar. Davon zeugen ihre Hirtenworte, Denkschriften und Verlautbarungen im öffentlichen Raum, gleichfalls in friedensethischen Debatten. Die römisch-katholische Kirche hat den Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit bereits 1963 in ihrer Enzyklika »Über den Frieden unter allen Völkern« (Pacem in terris) theologisch entwickelt. Die deutschen Bischöfe haben diese Überlegungen in »Gerechtigkeit schafft Frieden« (1983) fortgeführt und das friedensethische Konzept des gerechten Friedens im Hirtenwort »Gerechter Friede« (2000) dargelegt. In der Evangelischen Kirche in Deutschland entwickelte sich das Konzept des gerechten Friedens in Fortführung friedensethischer Überlegungen der Denkschriften »Frieden wahren, fördern und erneuern« (1981), »Schritte auf dem Weg des Friedens« (1994) sowie ihrer Zwischenbilanz »Friedensethik in der Bewährung« (2001). In der bereits zitierten Friedensdenkschrift von 2007 entfaltet die EKD ihre Konzeption des gerechten Friedens. Beide Texte gehören – auch im Vergleich zum ökumenischen Kontext weltweit – zu den ausführlichsten Papieren zum gerechten Frieden. Dabei weisen beide Dokumente weitgehende Übereinstim-
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mungen auf (vgl. auch Hoppe 2008). In Hirtenwort und Friedensdenkschrift lassen sich drei gemeinsame Grundorientierungen festmachen: (1) den Vorrang ziviler und gewaltpräventiver Konfliktbearbeitung, (2) das Verständnis einer Friedensordnung als Rechtsordnung sowie (3) die Beschränkung militärischer Gewalt auf die Rechtsdurchsetzung (vgl. hierzu Hoppe/Werkner 2017: 349 ff.). (1) Vorrang ziviler und gewaltpräventiver Konfliktbearbeitung: Dieser Grundsatz bildet den Kern des Konzepts des gerechten Friedens. Sein Ziel besteht darin, den friedensethischen Fokus zu weiten und über die Frage der Legitimation militärischer Gewaltanwendung hinauszugehen. So heißt es im Bischofswort: »Unter den veränderten weltpolitischen Bedingungen erweist sich die Suche nach Wegen gewaltvermeidender und gewaltvermindernder Konfliktbearbeitung als vorrangige Verpflichtung« (Die deutschen Bischöfe 2000: Ziff. 66). In der Friedensdenkschrift findet sich eine fast identische Passage: »Im Rahmen des Konzeptes des gerechten Friedens ist zivile Konfliktbearbeitung eine vorrangige Aufgabe« (EKD 2007: Ziff. 170). Bemerkenswert ist allerdings, dass diese »vorrangige Aufgabe« in der EKD-Denkschrift erst relativ spät zur Sprache kommt. Im Bischofswort sind die friedensethischen Prioritäten deutlich erkennbarer. Für die zivile Konfliktbearbeitung erweisen sich zwei Phasen als zentral: der Beginn einer krisenhaften Entwick-
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lung (Konfliktvorbeugung) und der Zeitraum nach Beendigung kriegerischer Kampfhandlungen. Dabei diene die Konfliktnachsorge zugleich der Prävention neuer Konflikte. Ferner gelte es, die verschiedenen Aktivitäten zu vernetzen. Dazu gehören nach der Friedensdenkschrift die Unterstützung und der Aufbau von zivilen Strukturen in Konfliktregionen, die Förderung und der Ausbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen, eine Verständigung über Werte und Maßstäbe gesellschaftlichen Zusammenlebens, die Einflussnahme auf politische Prozesse der Meinungsund Entscheidungsbildung, Maßnahmen zur Deeskalation gewaltförmiger Konflikte, die Netzwerkbildung und Förderung von Friedensallianzen, bildungspolitische Maßnahmen, die Beachtung genderspezifischer Aspekte sowie die Demobilisierung und Reintegration ehemaliger Kombattanten (vgl. EKD 2007: Ziff. 177). Auch das Bischofswort beschreibt ein breites Repertoire von Aufgaben ziviler und gewaltpräventiver Konfliktbearbeitung, »von der Frühwarnung über Verfahren der Streitschlichtung bis zum militärisch gestützten Krisenmanagement« (Die deutschen Bischöfe 2000: Ziff. 66). Dies umfasse unter anderem Mindestgarantien für die Menschenwürde, Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit, soziale und wirtschaftliche Entwicklung sowie die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, aber auch Aspekte wie internationale Zusammenarbeit, Konfliktnachsorge und Friedensarbeit in der Zivilgesellschaft (Die deutschen Bischöfe 2000: Abschn.
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II.3–II.6). In beiden Schriften ist das Aufgabenspektrum extrem weit gefasst. Damit wird ein Bewusstsein für die Vielfalt der notwendigen Bedingungen des Friedens geschaffen. Zugleich fördert es die Gefahr, auf einer relativ allgemeinen und unverbindlichen Ebene zu verbleiben. (2) Verständnis einer Friedensordnung als Rechtsordnung: Dieser rechtsethische Zugang zum gerechten Frieden ist ein Spezifikum des deutschen Diskurses. Nach der Friedensdenkschrift setzt der gerechte Frieden einen Ausbau der internationalen Rechtsordnung voraus (vgl. EKD 2007: Ziff. 196). Laut Bischofswort »ergibt sich die Forderung einer internationalen Rechtsordnung mit Strukturen, die es ermöglichen, das Recht durchzusetzen« (Die deutschen Bischöfe 2000: Ziff. 64). Dabei müsse »[d]as nationalstaatliche Modell […] zunehmend zugunsten pluraler und föderaler Formen staatlichen Lebens zurücktreten« (Die deutschen Bischöfe 2000: Ziff. 87). Wenngleich beiden Schriften diese rechtsethische Dimension eigen ist, unterscheiden sie sich diesbezüglich, zumindest in ihrer Fokussierung. Das Leitbild des gerechten Friedens protestantischer Prägung ist durch einen unmittelbaren Rechtsbezug gekennzeichnet. Es wird an die Herrschaft des Rechts gebunden, in der Friedensdenkschrift überschrieben mit »Friede durch Recht«. Dieser Terminus findet sich im katholischen Text nicht. So sei der gerechte Frieden »zu seiner Verwirklichung auf das Recht angewiesen« (EKD 2007: Ziff. 85). Das Leitbild
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setzt auf eine Institutionalisierung und Verrechtlichung der internationalen Beziehungen und damit auf multilaterale und universelle Regelwerke. Perspektivisch liege, so die Friedensdenkschrift (2007: Ziff. 86), dem gerechten Frieden eine »kooperativ verfasste Ordnung ohne Weltregierung« mit einem System kollektiver Sicherheit zugrunde. Auf diese Weise kommt den Vereinten Nationen auf dem Weg zu einem gerechten Frieden eine besondere Bedeutung zu. Dieser rechtsethische Leitgedanke »Friede durch Recht«, aus dem sowohl die Gewaltprävention als auch das Gewaltverbot abgeleitet wird, ist aber nicht unproblematisch. So verweisen die Unzulänglichkeiten des Systems der Vereinten Nationen – und dazu zählen unter anderem die partikulare Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrates, seine fehlende Durchsetzungskraft oder auch Doppelstandards bei der Rechtsdurchsetzung – zugleich auf die Grenzen eines solchen Zugangs. (3) Beschränkung militärischer Gewalt auf die Rechtsdurchsetzung: Ausgehend vom rechtsethischen Grundsatz und mit Verweis auf die UN-Charta ergibt sich ein grundsätzliches Gewaltverbot. Vor diesem Hintergrund wird der Lehre vom gerechten Krieg eine klare Absage erteilt. Dennoch verbindet sich mit dieser Aussage kein radikaler Pazifismus. So sei das Recht »auf Durchsetzbarkeit angelegt« (EKD 2007: Ziff. 98), womit es Situationen geben könne, die einen Gewaltgebrauch nicht ausschließen. In der Frie-
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densdenkschrift der EKD steht dafür der Terminus der »rechtserhaltenden Gewalt«, die sich – wie im Kapitel 4 ausgeführt – zwar nicht auf die bellum iustum-Lehre, aber auf ihre Kriterien stützt. Auch das Bischofswort (2000: Ziff. 150) thematisiert die Anwendung militärischer Gewalt als Gegengewalt. Dabei könne »[d]as Ziel, Gewaltanwendung aus der internationalen Politik zu verbannen, […] mit der Pflicht kollidieren, Menschen vor fremder Willkür und Gewalt wirksam zu schützen«. Die Ethik rechtserhaltender Gewalt bzw. die Sicht, militärische Gewalt gegebenenfalls als letztes Mittel zur internationalen Rechtsdurchsetzung einsetzen zu müssen, gehört sowohl innerhalb der evangelischen als auch in der katholischen Kirche zum Mainstream. Dennoch finden sich auch prinzipielle Einwände gegen diese Position. Dafür zeugen beispielsweise die friedensethischen Diskussionen und Stellungnahmen der Evangelischen Landeskirche in Baden der letzten Jahre. Auf ihrem Weg, eine Kirche des gerechten Friedens zu werden, spricht sich diese explizit für einen Ausstieg aus der militärischen Option aus: »Krieg scheidet als Mittel der Politik aus und darf nach Gottes Willen nicht sein! Daher muss der Tendenz gewehrt werden, den Krieg wieder als normales Mittel der Politik anzusehen […]. In der Konsequenz bedeutet dies, auf militärische Einsätze zu verzichten« (EKiBa 2013: 10).
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In der Auseinandersetzung um die Bewertung militärischer Gewalt stellt sich zugleich die Frage der Legitimität nuklearer Abschreckung. Hier unterscheidet sich die Friedensdenkschrift der EKD vom ansonsten in großen Teilen kongruenten Bischofswort der katholischen Kirche. Für die katholischen Bischöfe (2000: Ziff. 2) hat die Strategie der nuklearen Abschreckung aus der Zeit des Ost-WestKonflikts angesichts der nach wie vor verfügbaren großen Atomwaffenarsenale »nichts von ihrer Gültigkeit verloren«. Ausgangspunkt dieser Bewertung war das Bischofswort von 1983, wonach die nukleare Abschreckung nur befristet und verbunden mit der Pflicht zur Suche nach alternativen Strategien toleriert wurde. Parallel dazu hat sich die EKD zu Zeiten des Kalten Krieges auf die Heidelberger Thesen (1959) berufen. Obwohl diese an sich kein kirchenoffizielles Dokument darstellen, wurden sie zum wesentlichen Bezugspunkt evangelischer Friedensethik. Danach müsse die Kirche sowohl den Waffenverzicht als auch die Beteiligung, in dem Versuch, durch das Dasein von Atomwaffen einen Frieden in Freiheit zu sichern, als eine heute noch mögliche Handlungsweise anerkennen (Thesen 6–8). Von diesen Thesen distanziert sich die Friedensdenkschrift von 2007: »Aus der Sicht evangelischer Friedensethik kann die Drohung mit Nuklearwaffen heute nicht mehr als Mittel legitimer Selbstverteidigung betrachtet werden« (EKD 2007: Ziff. 162). Dahinter stehen mögliche Szenarien kontrollierter nuklearer Kriegsführung. Offen bleiben jedoch bis
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heute die friedenspolitischen Konsequenzen dieser Aussage, gerade angesichts Deutschlands als NATO-Mitglied. So setzt die NATO in ihrer Strategie nach wie vor auf eine Politik der Abschreckung auf der Grundlage ihrer konventionellen und nuklearen Fähigkeiten. Dabei seien die nuklearen Kräfte des Bündnisses »der oberste Garant für die Sicherheit der Bündnispartner« (NATO 2010: Pkt. 17 f.).
6.2 Die Etablierung des Konzeptes im Weltkirchenrat Frieden gehört auch zu den zentralen Themen der Ökumene. Dabei steht das Wort Ökumene (oikoumene, griechisch) für »den ganzen bewohnten Erdkreis« und beinhaltet all das, »was mit der ganzen Aufgabe der ganzen Kirche zu tun hat, nämlich: das Evangelium der ganzen Welt zu verkündigen« (ÖRK 1997: Ziff. 2.3). Im Bemühen um die weltweite Einheit der Christen wird unter diesem Begriff heute vorrangig der Dialog und die Zusammenarbeit der Kirchen verschiedener Konfessionen gefasst. Der Weltkirchenrat (World Council of Churches) – zugleich wird auch vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) gesprochen – ist ein institutioneller Rahmen dieser Bestrebungen. Er stellt die umfassendste und repräsentativste ökumenische Organisation dar. Ihm gehören heute 345 Mitgliedskirchen mit mehr als 500 Millionen Christen aus über 110 Ländern aus allen
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Kontinenten an, darunter die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen, zahlreiche anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische und reformierte Kirchen sowie viele vereinigte und unabhängige Kirchen. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland und ihre Landeskirchen sind Mitglied im Weltkirchenrat. Die römisch-katholische Kirche gehört dem ÖRK nicht an. Dies ist dem Selbstverständnis der katholischen Kirche und ihrem Status als Völkerrechtssubjekt geschuldet. Sie unterhält aber enge Beziehungen zum Rat und entsendet Vertreter zu ÖRK-Konferenzen, den Tagungen des Zentralausschusses und den Vollversammlungen des ÖRK. Zudem tagt jährlich eine gemeinsame Arbeitsgruppe. Bereits die Gründung des Weltkirchenrates war von dem Willen der Kirchen geprägt, Krieg zu überwinden. Davon zeugt der viel zitierte Satz aus seiner Gründungsversammlung 1948 in Amsterdam: »Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein«, er ist »Sünde wider Gott und eine Entwürdigung des Menschen« (ÖRK 1948: 260 f.). Auch der gegenwärtige ÖRK-Generalsekretär Olav Fykse Tveit (2013) betont als vorrangige Aufgabe: »Der Weltkirchenrat muss in Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens und der Bewahrung der Schöpfung als starker Fürsprecher auf der Weltebene auftreten, auch gegenüber internationalen Gremien und Organisationen.« Diese Forderung nach Weltverantwortung, die nicht von allen Mitgliedskirchen in gleicher Weise geteilt wird, stützt sich institutionell. Der Weltkirchenrat verfügt
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über den allgemeinen und damit höchsten Konsultativstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC). Damit wird er zu UN-Konferenzen eingeladen, kann an UN-Sitzungen teilnehmen, Themen für die ECOSOC-Agenda vorschlagen, hat Rederecht und darf schriftliche Statements in den Umlauf bringen. Einen Meilenstein auf dem Weg zum Konzept des gerechten Friedens bildete die Vollversammlung des Weltkirchenrates in Harare/Simbabwe im Jahr 1998. Dort wurde – parallel zur Dekade der Vereinten Nationen für eine Kultur des Friedens – eine Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001–2010) ausgerufen. Ein zentrales Anliegen dieser Dekade bestand darin, Geist, Logik und Ausübung von Gewalt zu überwinden, auf jede theologische Rechtfertigung von Gewalt zu verzichten und stattdessen auf die Spiritualität von Versöhnung und aktiver Gewaltlosigkeit zu setzen (vgl. ÖRK 1999). Zum Abschluss der Dekade zur Überwindung von Gewalt versammelten sich dann nahezu 1.000 Teilnehmende aus mehr als 100 Ländern in Kingston/Jamaika zu einer Internationalen ökumenischen Friedenskonvokation, in deren Mittelpunkt ein ökumenischer Aufruf zum gerechten Frieden stand. Dieser Aufruf (ÖRK 2011b: Ziff. 30–41) zeigt vier große Kontexte auf, die einen gerechten Frieden ausmachen:
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• Frieden in der Gemeinschaft, »damit alle frei von Angst leben können«, denn viele Gemeinschaften sind gespalten nach Klasse, Rasse, Hautfarbe, Kaste, Religion und Geschlecht; • Frieden mit der Erde, »damit das Leben erhalten wird«, nachdem Habgier, Egoismus und der Glaube an grenzenloses Wachstum Ausbeutung und Zerstörung gebracht haben und der Klimawandel als Folge menschlicher Lebensstile zu einer weltweiten Gefährdung geworden ist; • Frieden in der Wirtschaft, »damit alle in Würde leben können« in einer Welt, die durch Armut, die Ausweitung der sozioökonomischen Kluft in und zwischen Nationen sowie globale Wirtschafts- und Finanzkrisen geprägt ist, sowie • Frieden zwischen den Völkern, »damit Menschenleben geschützt werden«, so sind Fremdenfeindlichkeit, Gewalt zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Kriegsverbrechen und Völkermord weiterhin präsent und werden »verstärkt durch den skrupellosen Einsatz von Wissenschaft, Technik und Kapital«.
Damit nimmt der ökumenische Aufruf zum gerechten Frieden – parallel zum Bischofswort und zur Friedensdenkschrift – einen mehrdimensionalen und umfassenden Friedensbegriff auf, der nicht nur die Abwesenheit von Krieg und bewaffneten Konflikten beinhaltet, sondern auch soziale, ökonomische und ökologische Perspektiven mit be-
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rücksichtigt. Das Verhältnis zwischen gerechtem Frieden und der Anwendung von Waffengewalt gilt auch hier als problematisch. So könne es Extremsituationen geben, »in denen der rechtmäßige Einsatz von Waffengewalt als letzter Ausweg und kleineres Übel notwendig werden kann, um gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen, die unmittelbaren tödlichen Gefahren ausgesetzt sind«. Zugleich sei dies aber ein »Zeichen schwerwiegenden Versagens« und ein »zusätzliches Hindernis auf dem Weg zu einem gerechten Frieden« (ÖRK 2011b: Ziff. 22). Auf der Vollversammlung des Weltkirchenrates 2013 in Busan/Südkorea wurde dieser neue friedensethische Ansatz noch einmal bekräftigt: »Der Weg des gerechten Friedens ist ein grundlegender Bezugsrahmen für kohärente ökumenische Reflexion, Spiritualität, Engagement und die aktive Friedensarbeit« (ÖRK 2013b: 2). Statt aber den ökumenischen Aufruf zum gerechten Frieden zu verabschieden, beschloss der Weltkirchenrat in Busan einen ökumenischen »Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens« (ÖRK 2013a: Abschn. 6). Damit sollte ein neuer Weg des ökumenischen Zusammenseins beschritten werden. So unterstreiche die Rede vom Pilgerweg den Prozesscharakter, bei dem das »Unterwegssein« im Vordergrund stehe. Er mache deutlich: »Wir sind nicht alleine unterwegs und gehen die Themen nicht im Alleingang an« (EKiBa o. J.). Zudem hebe die Metapher des Pilgerweges – so Ioan Sauca (2015: 33), stellvertretender Generalsekretär des
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Weltkirchenrates und rumänisch-orthodoxer Priester – die spirituelle Bedeutung und tiefgreifenden theologischen Implikationen des gemeinsamen ökumenischen Weges hervor und beuge einer Reduktion des gerechten Friedens auf ein gesellschaftspolitisches Ziel vor. Mit der Metapher des Pilgerweges konnten zumindest zwei Kontroversen zwischen den Kirchen im ÖRK umgangen werden: Augenfällig ist zum einen, dass mit der Rede vom ökumenischen Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens der Ausdruck des gerechten Friedens gemieden wird. Diese Tatsache mag man als semantisch zufällig deklarieren. Im ökumenischen Diskurs wurden aber Befürchtungen – gerade von Kirchen der südlichen Hemisphäre – laut, wonach dieser Terminus für ein hierarchisches Verhältnis stehe, bei dem Frieden als vorrangiger und Gerechtigkeit als nachgeordneter Begriff gefasst werde. Zum anderen wird im Weltkirchenrat der gerechte Frieden sehr viel stärker theologisch und im innerkirchlichen Kontext verortet. Ein Verständnis des gerechten Friedens als politisch-ethisches Leitbild, das politische Handlungsorientierung geben soll, ist zwar im deutschen Diskurs präsent, wird aber in der Ökumene von etlichen Kirchen – insbesondere von den orthodoxen Kirchen – nicht mitgetragen. So findet sich der Leitbildbegriff auch nicht in ökumenischen Texten.
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7. Kontroversen um die internationale Schutzverantwortung und die Anwendung militärischer Gewalt
Die bisherigen Ausführungen haben die Kontroversen um die Anwendung militärischer Gewalt bereits angedeutet. Diese stehen – entgegen der eigentlichen Intention des Konzeptes des gerechten Friedens, den Blick zu weiten und auf die Verwirklichung eines umfassenden Friedens zu richten – nach wie vor im Fokus der Debatten. Das ist zum einen der auch öffentlichen Aufmerksamkeit für militärische Auseinandersetzungen geschuldet, zum anderen scheiden sich gerade hier die Positionen. Das lässt sich insbesondere an Kontroversen um die internationale Schutzverantwortung festmachen. Das Konzept der Responsibility to Protect wurde durch die von der kanadischen Regierung eingesetzte unabhängige Kommission International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS 2001) entwickelt. Ausgangs-
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punkt waren die Massaker in Ruanda 1994 und Srebrenica 1995, verbunden mit Überlegungen, Menschenrechtsverletzungen stärker in den Fokus des ansonsten stark staatsbezogenen Völkerrechts zu rücken. Im Mittelpunkt des Kommissionsberichts steht die Neubestimmung des Souveränitätsbegriffs. Staatliche Souveränität beinhalte nicht allein die Unabhängigkeit (Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten) und Selbstbestimmung von Staaten, sondern müsse sich zugleich an der Souveränität seiner Bürger messen lassen. Das schließe den Schutz der Bevölkerung mit ein. Sind Staaten nicht in der Lage oder willens, dem Schutz ihrer eigenen Bevölkerung nachzukommen, gehe diese Verantwortung an die internationale Gemeinschaft über. Mit diesem Zugang wird das Individuum mit seinen Rechten in den Mittelpunkt internationaler Politik gerückt. Der ICISS-Bericht sieht drei Teilverantwortlichkeiten vor: die Prävention (Responsibility to Prevent), die Reaktion (Responsibility to React) und der Wiederaufbau (Responsibility to Rebuild). Im Gegensatz zu den humanitären militärischen Interventionen wird ein weiter Ansatz der Krisen- und Konfliktbearbeitung verfolgt. Auch wenn öffentliche Debatten eher selten darauf Bezug nehmen, gilt Gewaltprävention als die vorrangige Aufgabe und Verpflichtung. Auch im Falle der Responsibility to React, die erst eintritt, wenn die Prävention versagt hat, sind zunächst Zwangsmaßnahmen jenseits militärischer Gewalt vorgesehen wie finanzielle Sanktionen, Zugriffssperren, das Ein-
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frieren von Bankkonten oder auch Waffenembargos und die Einstellung militärischer Unterstützungsprogramme. Militärische Interventionen sieht das Konzept der internationalen Schutzverantwortung nur in Ausnahmesituationen – bei Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnischen Säuberungen – vor. Die Responsibility to Protect hat in kurzer Zeit Eingang in die internationale Politik gefunden: Auf dem Weltgipfel der Vereinten Nationen 2005 haben die Staats- und Regierungschefs die R2P einstimmig verabschiedet (A/RES/ 60/1 vom 24.10.2005). Zudem gibt es seit 2008 durch den UN-Generalsekretär eingesetzte Sonderberater für die R2P (zu den inhaltlichen Differenzen zwischen dem ICISSBericht und der UN-Resolution vgl. Werkner/Rademacher 2013: 6 f.). Im unmittelbaren Nachgang der Annahme der internationalen Schutzverantwortung durch die Vereinten Nationen verabschiedete der Weltkirchenrat eine Erklärung zur Schutzpflicht. In dieser unterstützen die Mitgliedskirchen explizit die in der Entstehung begriffene internationale Norm der Schutzpflicht und befürworten den dort vorgenommenen Perspektivenwechsel, der die Rechte der Menschen in den Mittelpunkt rückt, verbunden mit der Pflicht der Staaten, für den Schutz ihrer Bürger zu sorgen. Dabei betonten sie die Prävention als zentrales Instrument und Anliegen der Kirchen. Offen blieb allerdings weiterhin die
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Antwort auf die ethische Frage der Anwendung militärischer Gewalt. Denn wenngleich die Erklärung zur Schutzpflicht von der Vollversammlung des ÖRK im Konsens gebilligt wurde, stehen dort gegensätzliche Positionen unvermittelt nebeneinander: »Kirchen mögen einräumen, dass Gewaltanwendung zum Schutz der Bevölkerung unter bestimmten Umständen eine Option darstellt, die den Erfolg nicht garantieren kann, die aber genutzt werden muss, da die Welt bisher weder in der Lage war, noch ist, irgendein anderes Instrument zu finden, um Menschen in aussichtslosen Situationen zu Hilfe zu kommen. Es ist allerdings festzuhalten, dass innerhalb der Kirchen auch Gruppierungen bestehen, die Gewalt kategorisch ablehnen. Sie vertreten eine Pflichterfüllung durch konsequente Prävention und – wie hoch der Preis auch sein mag – als letztes Mittel das Risiko gewaltloser Intervention bei gewalttätigen Auseinandersetzungen einzugehen. Beide Ansätze können erfolglos bleiben, sind aber in gleicher Weise als Ausdruck christlicher Pflichterfüllung zu respektieren.« (ÖRK 2006: Ziff. 14)
Das heißt, während die einen in der R2P ein Instrument sehen, bedrohte Menschen zu schützen, und vor diesem Hintergrund die Anwendung militärischer Gewalt als letztes Mittel nicht ausschließen bzw. sogar explizit mit einschließen, befürchten andere eine Aushöhlung des in der UN-Charta festgeschriebenen Gewaltverbots. Für
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letztere stellt sich die Frage, inwieweit die Mitgliedskirchen damit noch der Zielsetzung ihrer Dekade, Geist, Logik und Ausübung von Gewalt zu überwinden, entsprechen oder letztlich nicht doch der Logik des Krieges verhaftet bleiben (vgl. hierzu auch Enns 2012: 220 ff.). Diese Spannungen setzten sich auch in den nachfolgenden Debatten fort. So wurden in der abschließenden Botschaft der Friedenskonvokation (ÖRK 2011a) der ÖRK und seine Mitgliedskirchen gebeten, im Ringen um die Frage, wie unschuldige Menschen vor Ungerechtigkeit, Krieg und Gewalt geschützt werden können, ihre Haltung zum Konzept der internationalen Schutzverantwortung zu klären. Diese Forderung wurde auf der Vollversammlung des Weltkirchenrates 2013 in Busan noch einmal wiederholt. Insbesondere forderten die Teilnehmer eine kritische Analyse des Konzeptes, seines Verhältnisses zum gerechten Frieden sowie seiner missbräuchlichen Nutzung zur Legitimierung militärischer Interventionen ein (ÖRK 2013b: 5). Die Kontroversen um die internationale Schutzverantwortung und die Anwendung militärischer Gewalt bestehen bis heute unverändert fort. Diese resultieren auch aus den jeweiligen kirchlichen Traditionen, politischen Situationen und kontextspezifischen Gegebenheiten. Dabei lassen sich vier zentrale Argumentationslinien ausmachen: (1) eine christlich-pazifistische, (2) eine auf den unbedingten Schutz der Menschenrechte abzielende, (3) eine auf
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dem gerechten Krieg basierte sowie (4) eine – nicht konträre, aber differente – orthodoxe Position (vgl. hierzu auch Werkner 2016: 36 ff.). (1) Eine christlich-pazifistische Position vertreten vor allem die historischen Friedenskirchen: die Mennoniten, die Quäker und die Kirche der Brüder (Church of the Brethren). Wehrlosigkeit und Gewaltfreiheit zählen zu den zentralen Merkmalen ihrer kirchlichen Identität. Im Hinblick auf die internationale Schutzverantwortung unterstützen sie ausschließlich zivile, nichtmilitärische Interventionen. Das von den Friedenskirchen verfolgte Ethos der Gewaltfreiheit leitet sich aus dem Glauben an Gott, dem Gebot der Nächstenliebe und dem Tötungsverbot ab. So könne Gewalt niemals als Mittel zum Zweck gerechtfertigt werden, auch nicht zum Schutz anderen Lebens. Auf diese Weise würde man sich anmaßen zu richten, welches Leben zu schützen sei und welches geopfert werden könne. Das widerspreche der christlichen Überzeugung, nach der menschliches Leben unverfügbar sei. Zudem werden politische Argumente in Anschlag gebracht. Die Erfahrung lehre, dass eine Politik, die auf das militärische Instrument als – wenn auch letztes – Mittel setzt, der Gewaltlogik verhaftet bleibe. So gehe mit dem Militär notwendigerweise eine Legitimierung der Waffenproduktion, der Entwicklung neuer Technologien sowie des Waffenexports einher. Auch begrenze das militärische Instrument die ernsthafte
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Suche nach alternativen gewaltfreien Möglichkeiten. Das Ethos der Gewaltfreiheit beschränkt sich aber nicht auf die Ablehnung militärischer Gewalt. Damit verbunden ist das aktive Eintreten für Gerechtigkeit, dieses gelte als Voraussetzung zur Friedensstiftung. Die Friedenskirchen betreiben eine aktive Friedensarbeit mit dem Ziel, Gewaltlogiken zu durchbrechen, Konflikte gewaltfrei zu bearbeiten und eine Kultur des Friedens aufzubauen (vgl. Enns 2017; VDM 2009). (2) Eine auf den unbedingten Schutz der Menschenrechte abzielende Argumentation schließt Gewalt als letztes Mittel zum Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen nicht kategorisch aus. Zu den Vertretern und Vertreterinnen dieser Position gehören unter anderem die katholische und evangelische Kirche in Deutschland, die Friedensordnung als Rechtsordnung verstehen und auf den Zusammenhang von Frieden, Recht und Gerechtigkeit rekurrieren. In der EKD steht dafür insbesondere das Konstrukt der rechtserhaltenden Gewalt. Andere protestantische Kirchen weisen diesen engen Rechtsbezug nicht auf. Beispielsweise kritisiert die United Church of Christ (UCC), die argumentativ näher an den Friedenskirchen ist, insbesondere die innere Logik und Dynamik, die mit dem Militär als Mittel der Außenpolitik häufig verbunden ist, nämlich Streitkräfte bereits einzusetzen, noch bevor alle anderen Mittel wie Diplomatie oder Sanktionen ausgeschöpft sind. Letztlich könne
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es aber – so auch die UCC – Ausnahmesituationen geben, in denen zum Schutz von Zivilisten im Sinne der internationalen Schutzverantwortung eine militärische Reaktion gerechtfertigt sein könne.1 (3) Die Lehre vom gerechten Krieg wird nach wie vor von etlichen Kirchen im angloamerikanischen Raum vertreten. Hier lassen sich verschiedene Argumentationen ausmachen: Die anglikanische Kirche in England oder auch die American Baptist Churches (ABC) in den USA bejahen durchaus den Vorrang gewaltfreier Lösungen. Vertreter der American Baptist Churches beispielsweise entwickelten Kriterien für ein konstruktives Peacemaking (Stassen 1998) und setzen sich aktiv für gewaltfreie Wege der Konfliktbearbeitung und die Bekämpfung der Gewaltursachen wie den Kampf gegen Armut ein. In ihrem Grundsatzpapier zum Frieden wird zudem die Notwendigkeit von Kooperation und Zusammenarbeit betont. Auf kirchlicher Ebene bedeute das eine enge Zusammenarbeit in ökumenischen, aber auch interreligiösen Kontexten. Im Politischen gelte es, die Vereinten Nationen zu stärken. Diese müsse mit hinreichender Autorität ausgestattet sein, um Frieden zu erhalten und zu schaffen (ABC 1985/2007). Wenn al1 | Interviews mit Michael Neuroth, Policy Advocate for International Issues in the UCC’s Justice and Witness Ministries’ Office, vom 31. August 2012 und 31. Januar 2017.
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lerdings Politiker signalisieren, »dass sie die Anwendung militärischer Gewalt in Erwägung ziehen«, dann sei es – so der britische Ethiker David Fisher (Podiumsdiskussion 2013: 71) – »die Aufgabe der Kirchen, sie zu fragen, ob sie denn wirklich alle Bedingungen für einen gerechten Krieg geprüft haben«. In der bellum iustum-Tradition erfährt der gerechte Frieden eine andere Interpretation. Er wird hier als ein Teilaspekt des gerechten Krieges im Sinne der Konfliktnachsorge (ius post bellum) begriffen, verbunden mit der Frage, welche Bedingungen gelten müssen, um einen erneuten Kriegsausbruch zu verhindern. Das lässt Vertreter der American Baptist Churches das Resümee ziehen, der gerechte Frieden sei letztlich nichts anderes als »alter Wein in neuen Schläuchen«.2 Demgegenüber stehen Kirchen wie die Southern Baptist Convention (SBC). Die SBC ist weder Mitglied im Weltkirchenrat noch gehört sie einer anderen ökumenischen Organisation an. Sie gilt als theologisch und politisch konservativ und hat, als einzige Kirche überhaupt, den Irakkrieg als einen gerechten Krieg bewertet. Die Southern Baptists stützen sich zwar auch auf die klassischen Kriterien der bellum iustum-Lehre, verstehen einzelne Kriterien aber dezidiert anders. So gelten bei ihnen beispielsweise nicht die Vereinten Nationen als rechtmäßige Instanz, einen militä2 | Interview mit Dan Buttry, International Ministries der ABC, Berater für Frieden und Gerechtigkeit, vom 23. Dezember 2016.
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rischen Einsatz zu legitimieren, sondern die US-Regierung und der Kongress. Dieser Zugang, gestützt durch den Glauben an eine amerikanische Sonderrolle (American Exceptionalism), rechtfertigt dann auch ein unilaterales Vorgehen. Die Southern Baptist Convention gilt als starker Befürworter der internationalen Schutzverantwortung. Menschen vor massiver Gewalt zu schützen, gehöre zu den zentralen Aufgaben der internationalen Gemeinschaft. Diese wird insbesondere im Sinne der militärischen Reaktion verstanden. Hier gebe es – so die SBC – eine Mitverantwortung: Wenn man eingreifen kann und es nicht tut, mache man sich mitschuldig. Damit verbunden ist eine prinzipielle Kritik am Pazifismus.3 3 | Die Bibel enthalte zwar entsprechend der Argumentation führender Ethiker der SBC wie Russell Moore oder Daniel R. Heimbach die Vision einer Welt ohne Krieg und eines gerechten Friedens. Diese Zeit des Schalom sei allerdings noch nicht angebrochen. So hätten auch die Alliier ten 1945 mit Gewaltfreiheit Deutschland nicht von der Naziherrschaft befreien können. Pazifismus hätte hier nicht Frieden gebracht, sondern zu einem unermesslichen Grauen geführ t. In diesem Sinne könne und müsse die Anwendung von Gewalt zur Ver teidigung von Unschuldigen in der noch unvollkommenen Welt als ein Akt der Liebe interpretier t werden. Der Pazifismus berge hingegen die Gefahr, selbst ungerecht, egoistisch, unverantwor tlich und amoralisch zu werden. Denn so achtbar es für den Einzelnen auch sei, seine Feinde zu lieben, auf Gewalt zu verzichten und
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(4) Orthodoxe Positionen liegen in ihrer Argumentation noch einmal quer zu den obigen drei Ansätzen. Exemplarisch soll diese am Beispiel der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK) aufgezeigt werden, die mit ihrer Sozialdoktrin (2000) erstmals im orthodoxen Raum eine umfassende Soziallehre konzipiert hat. Ausgehend von dem Bösen im Menschen hätten Kriege »die Menschheit in ihrer gesamten Geschichte seit dem Sündenfall begleitet« (ROK 2000: VIII.1). Dabei wird zwar dem Krieg eine klare Absage erteilt: »Der Krieg ist Böses. Der Grund des Krieges, wie überhaupt des Bösen im Menschen, liegt im sündhaften Missbrauch der gottgegebenen Freiheit« (ROK 2000: VIII.1). Mit explizitem Bezug auf die Lehre vom gerechten Krieg heißt es aber auch: »Trotz der Erkenntnis des Krieges als Böses verbietet die Kirche ihren Kindern nicht, sich an Kampfhandlungen zu beteiligen, solange ihr Zweck die Verteidigung des Nächsten sowie die Wiederherstellung verletzter Gerechtigkeit ist. In solchen Fällen gilt der Krieg als unerwünschtes, allerdings unumgängliches Mittel« (ROK 2000: VIII.2). Dabei erfahren Soldaten, die ihr Leben für den Nächsten und das Vaterland geben, in der gegebenenfalls sogar sein eigenes Leben zu opfern, werde es problematisch, wenn diese individuelle Ethik der selbstaufopfernden Liebe auf politisches Handeln, bei dem das Leben und Gut anderer beschädigt oder zerstör t wird, über tragen wird (vgl. u. a. Moore 2016).
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russischen Orthodoxie höchste Wertschätzung. Generell zeichnet sich die Sozialdoktrin durch einen starken Patriotismus aus, der auch innerhalb der Orthodoxie nicht unumstritten ist. Indes äußert sich die Russisch-Orthodoxe Kirche nicht zu aktuellen Krisen und Konflikten, wie es die westlichen Kirchen in ihren politisch-ethischen Stellungnahmen praktizieren. Auch enthält sie sich jeglicher Bewertung des Konzepts der internationalen Schutzverantwortung. Diese »politische Neutralität« lässt sich auf das kirchliche Selbstverständnis orthodoxer Kirchen zurückführen. Im orthodoxen Denken geht es nur mittelbar um den Frieden in der Welt, im Fokus steht der innere Frieden und das Heil des Menschen. Ein äußerer Frieden sei ohne den inneren nicht denkbar. Prinzipiell unterscheidet die Russisch-Orthodoxe Kirche drei Ebenen des Friedens: (1) den Frieden mit Gott als höchstes Ziel, (2) den Frieden des Menschen mit der eigenen Seele und (3) als unterste Stufe den Frieden zwischen den Menschen (vgl. Overmeyer 2006: 122). Das macht den Unterschied zu westlichen Perzeptionen deutlich. So wird auch der gerechte Frieden nicht im Sinne einer politischen Ethik verstanden, sondern vorrangig theologisch gefasst. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die spirituelle Dimension, der Frieden in der Welt ist nachgeordnet. Vor diesem Hintergrund wird der Friedensdienst der Kirche vor allem darin gesehen, das »göttliche Versöhnungsangebot zu verkünden und den Men-
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schen zu ermöglichen, in seinen ursprünglichen Zustand, den Frieden mit Gott, zurück zu gelangen« (Overmeyer 2006: 123).
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8. Ausblick
»Das Leitbild des gerechten Friedens darf wohl als ein – auch ökumenisch bedeutsamer – friedensethischer magnus consensus gelten.« (EKD 2013: 8) – so formulierte es Nikolaus Schneider, der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Inwieweit kann der gerechte Frieden, der sich in Abkehr vom gerechten Krieg und in Entgegensetzung zu einem ungerechten Frieden entwickelt hat, diesem Anspruch aber auch gerecht werden? Und welche Antworten hält das Konzept des gerechten Friedens in Fragen militärischer Gewaltanwendung und speziell der internationalen Schutzverantwortung bereit? Unzweifelhaft haben sich ein weites Friedensverständnis und damit die Sicht, dass Frieden über die bloße Abwesenheit direkter Gewalt hinausgeht und nur zusammen mit Gerechtigkeit zu denken ist, durchgesetzt. Zugleich aber verweisen die kirchlichen Diskurse auf grundsätzliche friedensethische Differenzen. Denn wenn sich auch das Konzept des gerechten Friedens als ein – durchaus gewich-
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tiger – Neuansatz in der Friedensethik etablieren konnte, stellt es noch keinen Konsens in der Ökumene dar. Verschiedene friedensethische Traditionen bestehen bis heute fort. So ist neben dem Konzept des gerechten Friedens die Lehre vom gerechten Krieg nach wie vor präsent, insbesondere im angloamerikanischen Raum. Dabei ist das Verhältnis von gerechtem Krieg und gerechtem Frieden alles andere als geklärt: Die Abkehr von der bellum iustumLehre ist nicht widerspruchsfrei. Das zeigt sich beispielsweise an der Friedensdenkschrift der EKD, die im Rahmen der rechtserhaltenden Gewalt doch wieder auf die Kriterien des gerechten Krieges zurückgreift, ohne diese in einen neuen Begründungszusammenhang zu stellen. Und auch umgekehrt gibt es Kirchen, die sich in der Traditionslinie des bellum iustum befinden und ohne diese aufzugeben die Zielperspektive eines gerechten Friedens teilen. Kontroversen um die Legitimität militärischer Gewaltanwendung bestehen jedenfalls unvermindert fort. Hier finden sich Differenzen sowohl innerhalb der in der Tradition des gerechten Krieges stehenden Kirchen, wie die diametral entgegengesetzten Positionen der Southern und American Baptists zeigen, als auch im Rahmen des gerechten Friedens bei Debatten um militärische Interventionen und die internationale Schutzverantwortung.1 1 | Im Hinblick auf die Bewertung militärischer Gewalt können aber auch – so der britische Friedensethiker Charles Reed (Inter-
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Dabei müssen sich Vertreter des Konzeptes des gerechten Friedens auch fragen lassen, inwieweit dieses noch zu sehr der Logik des Krieges verhaftet bleibt. Diese Anfragen stellen sich insbesondere im Kontext der Responsibility to Protect: »Soll die noch weiter zu klärende Norm der Schutzverantwortung als Anhaltspunkt für eine Ethik des gerechten Friedens dienen, dann muss sich erweisen, ob es in diesem Rahmen möglich ist, ›Geist, Logik und Praxis‹ des Krieges zu überwinden« (Raiser 2015: 256). Letztlich wird die grundlegende Paradoxie einer Friedensethik, die zur Gewalteinhegung Kriterien für die Legitimation von Gewalt bietet, unauflösbar bleiben. Diesbezüglich erweist sich gerade die im gerechten Frieden verankerte Verknüpfung von Frieden und Gerechtigkeit als Herausforderung, birgt sie die Gefahr, militärische Gewalt allenfalls noch zu befördern. Auf die in Anlehnung an Cicero zu stellende Frage, ob ein ungerechter Frieden besser als der gerechteste Krieg sei, lässt sich keine befriedigende Antwort geben. Diese Spannung bleibt unauflösbar. Sie muss aber auch nicht einfach nur ausgehalten werden, lässt sich die militärische ultima ratio durch eine gezielte Förderung ziviler und gewaltpräventiver Ansätze sukzessiviews vom Juli 2012 und 29. März 2017) – die an den Kriterien des gerechten Krieges orientierten Kirchen zu ganz ähnlichen Schlüssen kommen wie die an der Konzeption des gerechten Friedens ausgerichteten Stellungnahmen.
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Friedens- und Konfliktforschung utb L 2017. 316 Seiten. Kart. 24,99 € (D), 25,70 € (A) ISBN 978-3-8252-8699-6 eISBN 978-3-8385-8699-1 Was ist mit den Begriffen Krieg und Frieden gemeint? Haben sich die Akteure, Dynamiken und Austragungsformen von Kriegen in den letzten Jahren gewandelt? Welche Rolle spielen demgegenüber Demokratieförderung, Sicherheitsdiskurse, humanitäre Interventionen oder Peacebuilding-Maßnahmen in Friedensprozessen?
Das Buch leistet eine systematische und gut verständliche Einführung in die Friedensund Konfliktforschung. Dabei werden theoretische Grundlagen ebenso behandelt wie Konflikt- und Friedensursachen und die Formen und Dynamiken gewaltsamer Konflikte. Das Buch reflektiert dabei nicht nur den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung, sondern liefert auch Praxisbeispiele, Literaturtipps und Selbstkontrollaufgaben.
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