Geophysik und Geologie: Band 2, Heft 2 [Reprint 2022 ed.]
 9783112619544, 9783112619537

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Geophysik und Geologie Geophysikalische Veröffentlichungen der Karl-Marx-Universität Leipzig Herausgegeben von Prof. Dr. sc. nat. G. Olszak Dritte Serie Band II, Heft 2 Mit 107 Abbildungen und 22 Tabellen

AKADEMIE-VERLAG Geophys. Veröff. KMU • Leipzig

Bd. II

H. 2

• BERLIN

S. 1 - 2 6 7

1980

Die Geophysikalischen Veröffentlichungen der Karl-Marx-Universität sind die Fortsetzung zweier Schriftenreihen: 1. Veröffentlichungen des Geophysikalischen Instituts, gegründet 1913 von V. Bjerknes 2. Geophysik und Geologie, gegründet 1959 von R. Lauterbach Sie bringen Beiträge und Berichte aus dem Bereich Physik der Erde, die mit einschlägigen Arbeiten der Karl-Marx-Universität in Zusammenhang stehen. Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren allein verantwortlich.

Anschrift des Herausgebers und der Redaktion: Karl-Marx-Universität, Fachbereich Geophysik, 7010 Leipzig, Talstraße 35 Redaktion: Dipl.-Geoln. M. Meißner

Erschienen im Akademie-Verlag, DDR -1080 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Lektor: Dipl.-Met. Heide Deutscher © Akademie-Verlag Berlin 1980 Lizenznummer: 202 • 100/447/80 P 309/79 Gesamtherstellung: VEB Druckhaus „Maxim Gorki", 7400 Altenburg Bestellnummer: 762 771 6 (2018/II/2) • LSV 1405 Printed in GDR DDR 4 8 , - M ISSN 0138-9357

Inhalt Laudatio

5

H . - J . TREDER

Uber dieNichtabschließbarkeitdes axiomatischen Aufbaues der Physik und das Verhältnis von Physik und Geophysik . . . .

7

W . ARNOLD u n d J . SCHÖN

Die Verbesserung des Informationsgehaltes von Bohrergebnissen unter Berücksichtigung des intensivierten Zusammenwirkens von Bohrtechnik und Bohrlochgeophysik

15

H . NESTLER

Der Meeresboden zur Zeit des Unter-Maastrichts im R a u m Rügen und seine Seeigelfauna

23

G . OLSZAK

Die Kopplung von Bruch- und Faltentektonik aus plattentektonischer Sicht (Mitteleuropa — „basin and range"-Provinz, USA)

31

L . BAUMANN u n d W . W E B E R

Einige Gesichtspunkte zur Bedeutung von Bruchstrukturen f ü r die Lagerstättenbildung und -Verteilung

43

G. J U S T u n d M . MEISSNER

Die Bestimmung sekundärer Radiumanteile in geologischen Materialien durch y-spektrometrische Messungen

59

F . M . GOLC'MAN

Informationsverhältnisse bei der Erkennung geophysikalischer Objekte .

69

H . RISCHE

Nahseismik, weshalb solch ein Problem?

75

K . PUTZIGER, W . HOLDT u n d G . LÖSER

Methodische Portschritte beim Einsatz der Digitalseismik in der Kohlenwasserstofferkundung

85

U . PATZER u n d ST. PRÖHL

Ein praktisches Beispiel f ü r die Nutzung der Reflexionsseismik zum Direktnachweis von Kohlenwasserstofflagerstätten . . . 107

4

Inhalt S. KNOTH

Seismische Inversionszonen innerhalb der Erdkruste, ihre komplexe Erfassung und Interpretation 117 G. TITTBL u n d H . MERKEL

Fortschritte des seismologischen Meßprogramms am Geophysikalischen Observatorium Collm 129 F . JACOBS u n d J .

KUHNERT

Ein Beitrag zur vertikalen seismischen Gliederung des Erdkörpers unter Verwendung von Monte-Carlo-Methode und direkter Aufgabe 137 M. KOPF

Meßwert-Korrelativwert-Schätzwert in der Petrophysik . . . 145 W . NEUMANN u n d H . RAST

Anwendungsbeispiele der statistischen Analyse von Isolinienkarten 159 CHR. MARLE

Geophysik und subsequenter Vulkanismus (dargestellt am Beispiel des Nordwestsächsischen Vulkanitkomplexes) 173 R . A . K O C H u n d L . STAMMLER

Der Quarzporphyr von Augustusburg am nördlichen Erzgebirgsrand. Ein Beitrag zur vergleichenden statistisch-numerischen Erfassung von Gefügemeßserien 179 G . PORSTENDORFER

Der geschichtete Erdhalbraum in seinem Einfluß auf geothermische bzw. paläogeothermische Variationen. (Geothermische Tiefensondierung) 207 D . KÜRSCHNER u n d R . SCHMINDER

Portschritte bei der Algorithmierung und Standardisierung der automatischen Auswertung von Ionosphärendriftmessungen im Langwellenbereich und ihre Bedeutung f ü r den Aufbau von Meßnetzen zur synoptischen Analyse hochatmosphärischer Windfelder 219 JHR. HANSEL u n d W . v.

HOYNINGEN-HUENE

Untersuchungen zur Trübungswirkung des Aerosols über dem Stadtgebiet von Leipzig und zur inversen Problemstellung der atmosphärischen Optik 229 D . HÄNDEL u n d CHR. HANSEL

Die Windschliffe auf dem Kleinen Berg bei Hohburg (Bezirk Leipzig) und ihre regionalklimatologische Aussage 239 J . J . SMALLEY

The Formation of Loess Material and Loess Deposits: Some Observations on the Tashkent Loess 247 A. REINCKE

Zeitwahrnehmung und Geophysik

259

Geophys. u. Geol.

Geophys. Veröff. d. KMU Leipzig

Bd. II

H. 2

S. 5 - 6

Berlin 1980

Laudatio Akademiemitglied Nationalpreisträger Prof. Dr. sc. nat. Robert Lauterbach 65 Jahre Am 25. Februar 1980 begeht Herr Prof. Dr. Robert L A U T B E B A C H , Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR und Nationalpreisträger, seinen 65. Geburtstag, zu dem ihm von allen Seiten die herzlichsten Glückwünsche und besten Wünsche für Gesundheit und weitere erfolgreiche Arbeit im Interesse von Wissenschaft und Volkswirtschaft überbracht werden. Zum großen Kreis der Gratulanten zählen insbesondere seine Schüler, Mitarbeiter sowie Wissenschaftler verschiedenster Fachdisziplinen, mit denen er im Laufe seiner vielseitigen Arbeiten zusammenwirkte. Die Vielseitigkeit und Ideenfreudigkeit drücken die markantesten Eigenschaften des Wissenschaftlers Robert L A U T E R B A C H aus. Wir finden sie bereits in seinem Studienspektrum an der Universität Leipzig wo er besonders die Fächer Geophysik, Geologie, Mineralogie, Biologie und Astronomie erfolgreich wahrnahm. Und hier wird es sachlich notwendig, auf weitere typische Eigenschaften hinzuweisen, die diesen Gelehrten charakterisieren: Fleiß und Gründlichkeit. Nach dem mit der Promotion zum Dr. rer. nat. verbundenen Hochschulabschluß finden wir Dr. Robert L A U T E R B A C H im Einsatz in verschiedensten Aufgabenbereichen der geologischen Industrie. Im Jahre 1951 zählt er zu den Gründungsmitgliedern und ersten Mitarbeitern des Geophysikalischen Dienstes der DDR, dem heutigen VEB Geophysik Leipzig. Er gehörte ihm als wissenschaftlicher Hauptabteilungsleiter, später als Forschungsleiter und Mitglied der Werkleitung an. Zugleich mit diesen umfangreichen Aufgaben in der Industrie übernimmt er den Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten geowissenschaftlichen Institute an seiner Heimatuniversität. Neben der Funktion als Institutsdirektor wird ihm im Jahr 1953 die Leitung der neu geschaffenen Fachrichtung angewandte Geophysik übertragen. Damit wird an der Karl-Marx-Universität erstmals die Ausbildung von geologisch fundierten Geophysikern eingeleitet, deren Typus im besonderen Maße den Anforderungen der geologischen Industrie entspricht und zugleich Ausdruck der Schule Prof. Robert L A U T E R BACHS und seiner Mitarbeiter ist. Auch die von Prof. R. L A U T E R B A C H gegründete Schriftenreihe „GEOPHYSIK und GEOLOGIE" widerspiegelt diese Synthese beider Fachdisziplinen. Das wissenschaftliche Wirken Prof. R. L A U T E R B A C H S , das Erziehung und Ausbildung mit Forschung organisch verbindet, führte zur Entwicklung und Weiterentwicklung zahlreicher Spezialverfahren und ihrer Überführung in die Praxis geologischgeophysikalischer Erkundung. Dazu zählen u. a. die Mikromagnetik, Gamma-Spektrometrie und neue Wege der regionalen Interpretation geophysikalischer Meßergebnisse. Aus den letzteren Arbeiten sei auf die 1953/1954 vorgelegte erste komplexe Interpretation einer regionalen magnetischen Karte der DDR hingewiesen, die eine echte Pionier-

6

Laudatio

leistung darstellt. Zu weiteren komplexen Wirkungsgebieten des Wissenschaftlers gehören Paläogeophysik, Umweltgeophysik und Grenzfragen von Geophysik und Biologie. Zugleich mit seinen Aufgaben als Hochschullehrer und Forscher nimmt Prof. Robert L A U T E R B A C H verschiedenste Funktionen in Wissenschaft und Gesellschaft wahr. Als Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät (1965—1969) wirkte er an den Arbeiten der 3. Hochschulreform mit. In diesem Zusammenhang übernahm er die Leitung des Fachbereiches Geophysik der Sektion Physik der Karl-Marx-Universität, der er sich nun mit Schwerpunkt der postgradualen Weiterbildung der Geowissenschaftler und der Mitwirkung bei der Ausbildung und wissenschaftlichen Betreuung von Physikstudenten widmet. Die Vielseitigkeit seines Wissens, verbunden mit gesellschaftlicher Aufgeschlossenheit finden wir auch in der regen populärwissenschaftlichen Tätigkeit des Wissenschaftlers wieder, die von Publikationen bis' zu zahlreichen Vorträgen vor allen Bevölkerungsgruppen führt. Auf Grund seiner vielseitigen und erfolgreichen Arbeiten wurde Prof. Dr. L A U T E R BACH in zahlreiche wissenschaftliche und gesellschaftliche Gremien unseres Staates berufen und für seine außergewöhnlichen Leistungen mit verschiedenen hohen staatlichen Auszeichnungen geehrt. Sein umfangreiches Wissen hat Prof. Dr. L A U T E R B A C H bereits an Generationen seiner Schüler weitergegeben, so daß hier im besten Sinne des Wortes von einer Schule L A U T E R B A C H gesprochen werden kann, die sich durch seine Schüler in Wissenschaft und Volkswirtschaft dokumentiert. Sein stets offenes Ohr für die persönlichen Sorgen seiner Schüler und Mitarbeiter trägt dabei wesentlich zu diesen Bindungen bei. Die folgenden wissenschaftlichen Publikationen sind Prof. Dr. Robert L A U T E R B A C H aus Anlaß seines 65. Geburtstages gewidmet. Sie sollen Ausdruck der Verehrung und Achtung der Schüler, Mitarbeiter und Fachkollegen der geologischen Wissenschaften sein, verbunden mit den besten Wünschen für noch lange Zeit währende erfolgreiche Arbeit und persönliches Wohlergehen des Jubilars. G E R D OLSZAK

Geophys. u. Geol.

Geophys. Veröff. d. KMU Leipzig

Bd. II

H. 2.

S. 7 - 1 3

Berlin 1980

Über die Nichtabschließbarkeit des axiomatischen Aufbaues der Physik und das Verhältnis von Physik und Geophysik Herrn Robert Lauterbach zugeeignet H . - J . TREDER1

I. Keine fundamentale physikalische Theorie kann ihre Gültigkeitsgrenzen selbst bestimmen; formal, d. h. als mathematischer Algorithmus, behauptet jede Theorie ihre universelle Gültigkeit. Um den tatsächlichen Gültigkeitsbereich zu definieren, bedarf es einer umfassenderen „Metatheorie", welche die vorgegebene Theorie als Spezialfall oder als Grenzfall enthält. Das Wesen der physikalischen Methode besteht darin, in der „Erscheinungen Flucht" das relativ Unbedingte und Unveränderliche (das relativ Invariante und Invariable) zu erfassen. Aber mit fortschreitender Erkenntnis wird jede Struktur letztlich als nur bedingt gültig erkannt. Die so gefundenen Bedingungen für die Gültigkeit der ursprünglich formulierten Gesetze sind nun aber selbst neue, relativ unbedingte Strukturen, welche dann als die fundamentaleren Naturgesetze anzusehen sind. Aber auch unabhängig von ihrer nur bedingten Gültigkeit ist keine genügend reichhaltige Theorie der Physik in der Lage, alle in ihr legitim formulierbaren Probleme mit ihren eigenen Mitteln allein zu lösen. Auch hierzu bedarf es immer wieder Metatheorien, die mehr enthalten als die primäre Theorie, indem sie die Axiome dieser Theorie ergänzen. Diese Metatheorien heben die Gültigkeit der primären Theorie nicht auf , sondern ermöglichen ihre Anwendung auf mit den Mitteln der primären Theorie allein nicht lösbare Fragen. — Dies zeigt sich sowohl bei den Anwendungen der Quantenphysik oder Relativitätstheorie im Makrokosmos und in der Kosmologie genau so wie bei den Beziehungen der statistischen Physik zur klassischen Thermodynamik. II. Aus der Klassischen Mechanik (KM) folgt die statistische Thermodynamik der Atomistik nur durch die zusätzliche Einführung eines neuen Prinzips, B O L T Z M A N N S „Prinzip der elementaren Unordnung". Dieses Prinzip ist mit den NEWTONsehen Axiomen der KM zwar kompatibel, es ist aus ihnen aber nicht ableitbar. Die Diskussionen über die „Paradoxa" der statistisch-atomistischen Interpretation der Thermodynamik ( L O S C H M I D T S Umkehreinwand, Z E R M E L O S Wiederkehreinwand) zeigen gerade die Unabhängigkeit von B O L T Z M A N N S Prinzip. L O S C H M I D T , P O I N C A R É , P L A N C K und Z E R M E L O nahmen Situationen an, die mit der KM vereinbar sind, aber gegen B O L T Z M A N N S Prinzip verstoßen. B O L T Z M A N N S Anworten an seine Kritiker bewiesen demgegenüber ihrerseits die Kompatibilität seines Prinzips mit N E W T O N S Axiomen und zeigten : Erst die Erweiterung des Axiomen-Systems der K M durch B O L T Z M A N N und G I B B S 1

Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. habil. Dr. h. c. Dr. e. h. H . - J . TBEDER, Zentralinstitut für Astrophysik der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1502 Potsdam-Babelsberg, Rosa-Luxemburg-Str. 17 a.

8

H . - J . TREDER

ermöglicht es, thermodynamische Größen wie „Temperatur" und „Entropie" extensional auf die Atomistik zu reduzieren. — Daher bemerkte PLANCK, daß die BOLTZMANNKonstante k (von PLANCK SO benannt) eine neue universelle Konstante ist, welche die Thermodynamik in die statistische Mechanik von BOLTZMANN und G I B B S überführt. Nur Kollektiven, die in BOLTZMANNS Sinn „elementar ungeordnet" sind (und damit einem „Gleich Verteilungssatz" genügen), sind thermodynamische Funktionen mit Hilfe von k zuordenbar. Der Inhalt der phänomenologischen Thermodynamik wird aber durch seine Reduktion auf Atomistik und Statistik modifiziert. Die Atomistik beruht auf der Erkenntnis der Endlichkeit der LoscHMiDTSchen Zahl N der Molekeln pro Mol. Nach J . BEKNOULLIS Gesetz der großen Zahl ergibt sich eine exakte („dynamische") Gültigkeit der Thermodynamik des 2. Hauptsatzes aber erst im Grenzfall unendlich großer Zahlen n der Molekeln. Bei endlichen n ergeben sich „Schwankungen" ~ « R 1 ' 2 (EINSTEIN, V. SMOLUCHOWski) und „Oberflächen-Erscheinungen" ~ n" 1 ' 3 . Ferner ist aber im Sinne der Mengentheorie CANTORS jede endliche Menge eo ipso „wohlgeordnet". Das heißt, wie auch immer eine endliche Zahl von Molekeln nach Ort und Impuls im großen Phasenraum von G I B B S verteilt ist, es gibt Algorithmen, in bezug auf die dieses Teilchen-Kollektiv „wohlgeordnet" ist; die tatsächliche Verteilungsfunktion der n Molekeln folgt aus diesen Anordnungsvorschriften. Insofern ist kein Ensemble aus endlich vielen Partikeln im Sinne von BOLTZMANN „ungeordnet". — Daher verlaufen tatsächlich in beschränkten Bereichen des Phasenraumes alle Prozesse gemäß POINCARÉS Ergoden-Theorem zyklisch. Allerdings sind die Zyklen-Perioden i. allg. so lang, daß bereits während eines solchen Zyklus alle Schranken des Teilchen-Systems beseitigt worden sein werden. Der Punkt ist hier, daß für endlich viele Teilchen n die NEWTONschen Axiome der KM prinzipiell (bis auf triviale Vorgaben von 6n Anfangswerten und den Kräftefunktionen zwischen den Teilchen) „vollständig" sind. Unentscheidbare Fragen, die zu ihrer Beantwortung ein neues Prinzip benötigen, treten erst bei abzählbar unendlich vielen Partikeln auf. 1 Indem die Atomistik nun das Kontinuum durch eine diskrete Anzahl von Teilchen ersetzt, schreibt sie jedem beschränkten makroskopischen System jedoch eine endliche Anzahl n von Partikeln zu. Daher ist die Thermodynamik atomistisch gerade auf Grund von BOLTZMANNS Prinzip in Strenge nur beim Grenzübergang n oo ableitbar. Denn nur für abzählbar unendlich viele Teilchen bedeutet BOLTZMANNS Prinzip mehr als die bloße Vorgabe von Anfangswerten für das w-Teilchen-Problem der KM. Homolog zu BOLTZMANNS Prinzip bemerkte PLANCK, daß die Theorie der Wärmestrahlung mit KIRCHHOFFS Gesetzen nur dann aus der elektromagnetischen Lichttheorie ableitbar wird, wenn das Licht die „Hypothese der natürlichen Strahlung" erfüllt. Diese Hypothese ist mit den MAXWELLschen Gleichungen kompatibel, folgt aber nicht aus ihnen. Nur bei solchem „natürlichen L i c h t " sind den elektromagnetischen Feldgrößen thermodynamische Größen wie Temperatur und Entropie der Strahlung eindeutig zuordenbar, wobei wieder BOLTZMANNS Konstante k den Schlüssel hierfür liefert. — Für kohärentes Licht z. B . wird die Thermodynamik gegenstandslos (v. LAUE). Bei sehr kleinen Intensitäten treten wiederum Schwankungen auf, die theoretisch zuerst von EINSTEIN hergeleitet wurden. 1

Aus der mathematischen Grundlagenforschung ist wohlbekannt, daß der Übergang von endlichen zu unendlichen Mengen ein neues Axiom erfordert, so z. B. E. ZERMELOS „Unendlichkeits-Axiom" beim axiomatischen Aufbau der Mengentheorie.

Ü b e r die Nichtabschließbarkeit des axiomatischen Aufbaues der Physik

9

III. Auf die Physik (plus Chemie), d. i. auf KM, Atomistik und Quantenmechanik (QM), ist die Biologie extensional nur dann reduzierbar, wenn die Prinzipien der Physik durch ein neues Prinzip erweitert werden. Dieses neue Prinzip erlaubt auch, biologischen Begriffen physikalische Begriffe zuzuordnen. Dieses neue Prinzip, das somit die Lebenserscheinungen erfaßt, ist mit den übrigen Axiomen der Physik kompatibel, folgt aber nicht aus diesen, sondern entscheidet Fragen, die auf Grund der physikalischen Prinzipien allein nicht beantwortbar sind. Das neue Prinzip der Biologie ist DARWINS „natürliche Selection". D A R W I N S Selektionsprinzip ist (wie oft betont) das Gegenstück zu BOLTZMANNS Prinzip. Beide Prinzipien definieren eine Zeitrichtung und damit eine Entwicklungstendenz, was weder KM noch QM allein können. D A B W I N S Prinzip gibt als Zeitrichtung ein „Anwachsen der Ordnung", BOLTZMANNS Prinzip ein „Anwachsen der Unordnung" an. (Den Zusammenhang zwischen D A B W I N S und BOLTZMANNS Prinzipien untersucht PRIGOGINE in seiner „Thermodynamik der dissipativen Strukturen". MONOD spricht von D A B W I N S „natürlicher Auslese" als einer „Maschine zum Rückwärtsgehen in der Zeit".) — DABWINS Prinzip ist die Auflösung von CICEROS Paradoxie, nach der es extrem unwahrscheinlich ist, daß aus „Unordnung Ordnung entsteht". Im Gegensatz zum Vitalismus modifiziert aber die DABWiNsche Biologie nicht die physikalischen Gesetze, sondern ergänzt sie so, daß genuin biologische Problemstellungen mit physikalischen Methoden behandelbar werden. IV. Die Quantenmechanik ergibt nur dann „Teilchen-Bahnen" bei Streuprozessen (und ähnlichen makroskopisch nachweisbaren Effekten) (z. B. Spuren auf Photoplatten oder Nebelspuren in der WILSON-Kammer), wenn H E I S E N B E B G S „Prinzip der Reduktion der Wellenfunktion" eingeführt wird. Diese Reduktion der Wellenfunktionen führt aus dem Konfigurationsraum der ScHBÖDiNGEB-Gleichung auf den dreidimensionalen Raum. H E I S E N B E R G S Prinzip ist mit den dynamischen Prinzipien der QM (in Sonderheit mit dem HEISENBERG-Bild oder dem ScHRÖDiNGEE-Bild) kompatibel, es läßt sich aber nicht auf sie zurückführen. Gerade diese Unabhängigkeit einerseits und die Kompatibilität andererseits wird in den Diskussionen zwischen E I N S T E I N und B O H B geklärt: E I N S T E I N behauptete hier die „UnVollständigkeit der QM" bei deren Anwendung auf makroskopische Vorgänge. E I N S T E I N hat recht, da H E I S E N B E B G S Reduktionsprinzip, das die von E I N S T E I N angeführten Paradoxa der QM auflöst, tatsächlich von den Prinzipien der QM unabhängig ist, diese Prinzipien demnach „unvollständig" sind. — Aber auch B O H B S Position ist berechtigt, denn H E I S E N B E B G S Prinzip ist mit den dynamischen Axiomen der QM kompatibel, so daß keine Modifikationen der QM nötig sind, um E I N S T E I N S Paradoxa aufzuklären. Die Analogie der Stellung von BOLTZMANNS Prinzip in der Atomistik zu der Stellung von H E I S E N B E R G S Prinzip bei der Anwendung der QM auf Makro-Phänomene ist wohl sehr tiefgehend. Wie B O H B hervorhob, erlauben beide Prinzipien erst die makroskopische Anwendung mikroskopischer Theorien, und beide Prinzipien führen statistische Gesetzlichkeiten auf deterministische, die BoLTZMANNsche Stoßgleichung bzw. dieScHRÖDINGEB-Gleichung, zurück.

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H . - J . TREDER

V. Im Makrokosmos ist die Kosmologie, die Globalstruktur der Welt, nicht einfach in den EmsTEiNschen Gravitationsgleichungen (und in den Prinzipien der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) wie EINSTEINS allgemeinem Äquivalenz- und Relativitätsprinzip) enthalten. Entscheidbare Aussagen über die raum-zeitliche Globalstruktur irgendwelcher Gravitationsfelder (in Sonderheit auch der räumlich isotropen) verlangen die zusätzliche Festlegung der Topologie der Raum-Zeit-Welt. — Dies kann nur durch ein neues Prinzip geschehen, da die EiNSTEiNschen Gleichungen selbst streng lokal sind. Ein derartiges globales Prinzip („teleskopisches" Prinzip nach PLANCK) ist etwa das „copernicanische Prinzip" oder WEYLS „kosmologisches Prinzip". Ihnen steht in der Geschichte der A R T das „MASGHsche Prinzip" gegenüber. (Diese Prinzipien stehen untereinander teilweise in Ideal-Konkurrenz.) Die Unvollständigkeit der A R T im Sinne der Nichtentscheidbarkeit globaler, kosmologischer Fragen durch die EiNSTEiNschen Gleichungen allein ist das, was WEYL als „Übermacht des Äthers" in der A R T bezeichnete. Diese „Übermacht des Äthers" besagt eben die Notwendigkeit eines mit EINSTEINS Prinzipien zwar kompatiblen, aber nicht in der A R T enthaltenen Prinzips, welches vom Lokalen zum Globalen führt. EINSTEIN sah seinerzeit dieses neue Prinzip im Sinne der „MACH-EINSTEIN-Doktrin" als Ausdruck der Finitheit des Kosmos an. (Eine ähnliche Rolle wie der „EiNSTEiN-WBYLsche Ä t h e r " bzw. wie MACHS Prinzip in der A R T spielt in HEISENBERGS unitärer Feldtheorie der Elementarteilchen das „strukturierte Vacuum".)

Tl. Tatsächlich wird man allerdings geneigt sein, die kosmologische Vervollständigung der A R T durch ein „teleskopisches Prinzip" wie die MACH-EiNSTEiN-Doktrin mit einer Revision der lokalen EiNSTEiNschen Gravitationsgleichungen selbst zu verbinden. Wir folgen damit wieder EINSTEINS Vorbild; EINSTEIN führte ja seinerzeit (1917), um zu definiten Aussagen über den Kosmos zu kommen, einen neuen Term, das „kosmologische Glied" Agik, in seine Gravitationsgleichungen ein und verband dies mit der Forderung der Gültigkeit des MAOHschen Prinzips. — Gemäß der Bemerkung, daß nach der „MACH-EiNSTEiN-Doktrin" die Allgemeine Relativität mit einem finiten Kosmos, der EiNSTEiN-Welt, verbunden sein sollte, ergibt sich dann eine „teleskopische" (streng makroskopische) Modifikation der A R T . Die Physik wird entsprechend MACH (1883) auf den Kosmos bezogen, derart, daß in dem unendlichen Universum NEWTONS, d. h. für ein divergierendes kosmisches Gravitationspotential — -S- OO, exakt NEWTONS Prinzipien der K M und NEWTONS Gravodynamik gelten. In einem finiten EiNSTEiN-Kosmos C^ 4:71 mit dem wohlbestimmten mittleren kosmischen Potential 0 = = fpR2 3

3

resultieren aber EINSTEINS allgemein-relativistische Korrekturen zur NEWTONschen Theorie. Diese „nach-NEWTONschen" Korrekturen sind also sozusagen „Oberflächen-Effekte", die sich aus der Finitheit des Kosmos ergeben und deren Größenordnung dementM sprechend durch das Verhältnis des lokalen NEWTONschen Gravitationspotentials —/ — r zum mittleren kosmischen Potential 0 gegeben ist. Das heißt, wir erhalten die nachNEWTONschen, EiNSTEiNschen, Effekte in der Himmelsmechanik etc. ihrer Größenord-

Über die Nichtabschließbarkeit des axiomatischen Aufbaues der Physik

11

nung nach durch die Multiplikation der NEWTONschen Ausdrücke mit einem Faktor fM

r \0\

. — Zum Beispiel ist die KEPLER-Ellipse als NEWTONsche Bahn eines Planeten

um einen Zentralkörper der Masse M ~ = r

M

1

.-2 i 1 + e c o s y ) ,

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und diese periodische Bewegung wird durch eine nach-NEWTONsche Perihel-Bewegung d

FF-Zone verschluckt und resorbiert. Beim Abtauchen der Platten treten eine Erwärmung und ein partielles Aufschmelzen derselben ein, bei dem sich kalkalkalische (andesitische) und alkalische (shoshonitische) Teilschmelzen mit einem entsprechend breiten Spektrum struktureller und stofflicher Lagerstättentypen bilden können. In Abhängigkeit vom tektonischen Subduktionsablauf können hier zwei Strukturtypen unterschieden werden (Inselbogentyp, Andentyp) (Abb. 3).

3. Bruchtektonik

und Lagerstättenbildung im großregionalen Bereich (am Beispiel Mitteleuropa)

I m Bereich des postvariszischen Mitteleuropas werden sowohl die geologische Entwicklung als auch die Lagerstättenbildung und -Verteilung sehr stark durch regionale Bruchstrukturen beeinflußt. Insbesondere die minerogenetischen Arbeiten der letzten Jahre haben diese Zusammenhänge in den Vordergrund gerückt. Die Untersuchungen in den Lagerstättendistrikten Mitteleuropas (Erzgebirge, Thüringer Wald, Harz, Sudeten, Rheinisches Schiefergebirge u. a.) führten zu Ergebnissen, die auf eine weitgehende Zweiteilung der endogenen Lagerstätten dieses Gebietes in einen variszischen und postvariszischen (mesozoisch-känozoischen) Zyklus hinweisen ( B A U M A N N 1965a, 1967, 1 9 6 8 ; LEEDER 1 9 6 6 ; BAUMANN u n d RÖSLEB 1 9 6 7 ; BAUMANN u n d LEEDER 1 9 6 9 , u. a . ) .

Bezüglich der Bruchtektonik ist im zentralen Mitteleuropa während des Permosiles eine Aktivierung alter, tiefer Bruchvorzeichnungen zu verfolgen, die z. Z. der variszischen Orogenese weitgehend überspielt worden waren. Neben einer Belebung WNW—ESEorientierter Schollenverbände, vor allem in Annäherung an den Rand der Osteuropäischen Tafel, treten submeridionale Bruchstrukturen besonders in Erscheinung. Der im Perm eingeleitete Stil einer großräumigen Krustenkinematik des Meso- und Känozoikums im außeralpinen Mitteleuropa ist durch zwei grundsätzliche Bewegungstypen charakterisiert ( W E B E R 1977; Abb. 4): — taphrogene Kinematik vor allem an submeridionalen Brüchen, teilweise auch an N W - S E - und N E - S W - R i c h t u n g e n ; — vertikale Schollenbewegungen vor allem an NW—SE-Brüchen (saxonische Schollenbewegungen i. e. S.). Diese Bewegungen verlaufen in enger Abhängigkeit zur rhegmagenen Felderteilung von Kruste und kompetentem Oberen Mantel. In Intensität und Auswirkung beider genannter Bewegungstypen gibt es innerhalb Mitteleuropas zeitliche und regionale Differenzierungen.

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Effusivkörper

Lithologische Änderungen, Direktnachweis Abb. 2. Darstellung ausgewählter Erkundungssituationen in den für die Kohlenwasserstofferkundung interessierenden geologischen Teilstockwerken

Dies erfordert nicht nur die Gewinnung methodenspezifischer Primärdaten großer Aussagefähigkeit und Genauigkeit als Basis einer weitreichenden digitalen Bearbeitung, sondern auch die abschließende (möglichst quantitative) komplexe geowissenschaftliche Interpretation. Welche Abschnitte der Informationsgewinnung und -bearbeitung für die ausgewählten Erkundungssituationen wesentliche Aussagefortschritte bringen und wie überlagernde Störeinflüsse unterdrückt werden können, veranschaulicht Abb. 3. Dabei ist zu beachten, daß im rechten Teil der Abb. 3 bei der Feldmethodik Verminderungen von Störeinflüssen dargestellt sind, die real erst im Zusammenhang mit der dazugehörigen Signalbearbeitung erreicht werden. Reflexionsseismische

Feldmethodik

Eine den Aufgabenstellungen speziell angepaßte Feldmethodik erfüllt die Forderung, Primärinformationen, die nach bohrlochgeophysikalischen und bohrkernpetrophysikalischen Ergebnissen zu erwarten sind, zu registrieren und eine erste Verbesserung des Nutz/Stör-Verhältnisses der Signale zu erreichen. Dabei hat die Entwicklung feldmethodischer Spezialverfahren (z. B. scharfgerichtete oder flächenhafte Interferenzsysteme, Unterschießung von Deckgebirgsinhomogenitäten) in den letzten Jahren neue Aussagen ermöglicht. Von besonderem Wert für die geologisch-geophysikalische Aussage im bohrungsnahen Bereich ist die Kombination von oberflächenseismischen und bohrlochseismischen Verfahren.

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Meßwert-Korrelati vwert-Schätzwert in der Petrophysik

147

2. Meßwert in der Petrophysik, Definition: Der Meßwert ist ein Einzel- oder Mittelwert, der mit Hilfe eines direkten Meßvorgangs an einer Probe bzw. an einem Prüfkörper oder durch bohrlochgeophysikalische bzw. feldgeophysikalische Verfahren im bzw. über dem Gesteinsverband ermittelt wird. In der Proben-Petrophysik (die Bohrlochgeophysik und Feldgeophysik hat eigene Gesetzmäßigkeiten, die hier nicht zur Diskussion stehen können) ist die Ermittlung von petrophysikalischen Meßwerten noch die Hauptaufgabe, mit Ausnahme der Raumdichte und der Schallgeschwindigkeit longitudinaler Wellen. Hierbei werden unterschiedliche Verfahren mit unterschiedlichem Fehler (Reproduzierbarkeit) eingesetzt (Tab. 1), der abhängig ist vom personellen Fehler (Ableseungenauigkeit) und vom systematischen Fehler (in der Meßanordnung und Meßmethodik enthalten). Der Meßwert in der Probenpetrophysik ist mit Vor- und Nachteilen behaftet. Vorteil der Meßwerte in der Probenpetrophysik — Eine Erfassung der direkten Abhängigkeit zwischen den petrophysikalischen Daten und den stofflichen bzw. strukturellen Kenndaten einer Gesteinsprobe, die z. B. mit Hilfe chemischer Analysen, Röntgenphasenanalysen, Korngrößenanalysen, Dünnund Anschliffuntersuchungen gewonnen werden, ist möglich. — Gezielte experimentelle Untersuchungen über den Einfluß von Bindemittel, Zement, Umwandlungserscheinungen, Sättigungsflüssigkeit, Sättigungsgrad, Druck und Temperatur auf den jeweiligen petrophysikalischen Parameter können durchgeführt werden. — Anisotropie-Effekte im Maßstab der Gesteinsprobe können erfaßt werden. — Der Meßwert ist Grundlage für die Herstellung von verallgemeinerten Beziehungen zwischen detaillierten petrographischen und petrophysikalischen Daten. Nachteil der Meßwerte in der Probenpetrophysik — Die Messung ist abhängig vom Angebot an Proben sowohl an der Erdoberfläche als auch in der Bohrung bzw. im Schacht. — Mit zunehmender Abnahme des Kernanteils in den Bohrungen nimmt künftig die Anzahl der probenpetrophysikalisch zu untersuchenden Proben und damit der Anteil der probenpetrophysikalisch zu erfassenden Teufenbereiche beträchtlich ab. — Proben von der Erdoberfläche (Steinbrüche, Felsen) können Verwitterungserscheinungen aufweisen, wodurch bei den porositätsabhängigen petrophysikalischen Parametern (z. B. Raumdichte, Geschwindigkeit, Leitfähigkeit) verfälschte Werte beobachtet werden. — Die Messung der petrophysikalischen Werte selbst unter simulierten Teufenbedingungen, d. h. unter Beachtung der jeweiligen Druck-, Temperatur- und Sättigungsverhältnisse kann nur annähernd teufengerecht sein und ist stets mit unterschiedlichen, unsystematischen und systematischen Fehlern behaftet. — Die meßtechnischen Randbedingungen (Schichtwassersättigung, Entsalzung, EntÖlung, Trocknung, Effektivdruck, Temperatur, Frequenz) können oft nicht so eingehalten werden, daß sie den geforderten Genauigkeitsansprüchen genügen. 10*

148

M. KOPF

3. Korrelativwert

in der

Petrophysilc

Definition: Der Korrelativwert ist ein Einzel- oder Mittelwert, der mit Hilfe der korrelativen Abhängigkeit zwischen zwei oder mehreren petrophysikalischen Parametern gewonnen wird. In letzter Zeit nimmt die meist regressionsanalytische Untersuchung der korrelativen Abhängigkeit zwischen den einzelnen petrophysikalischen Parametern beträchtlich zu, wobei als Grundlage sowohl theoretische Überlegungen (J. SCHÖN 1974) als auch statistische Untersuchungen an Gesteinsmaterial (F. M . LJACHOVITZKI und R. F. VOLODARSKI, 1966, M . K O P F und H. CARL, 1975) dienen. Von M . K O P F (1976) wurden auch die korrelativen Beziehungen zwischen probenpetrophysikalisch (Dichte) und bohrlochgeophysikalisch bzw. bohrlochseismisch (Geschwindigkeit) ermittelten Parametern herangezogen, während die Korrelation zwischen bohrlochpetrophysikalischen Parametern untereinander noch relativ selten im Gebrauch ist. Die Verwendung von petrophysikalischen Werten, die mit Hilfe von angewandt-geophysikalischen Oberflächenmessungen bestimmt werden, ist z. Z. nicht möglich, da die feldgeophysikalisch ermittelten petrophysikalischen Daten (z. B. aus der Rx-Seismik oder der Gravimetrie) viel zu wenig detailliert, mit zu vielen unkontrollierbaren, zufälligen und systematischen Fehlern behaftet und im allgemeinen auch nicht häufig im Routineprogramm enthalten sind. Korrelativwerte zwischen den feldpetrophysikalischen Parametern einerseits und den probenpetrophysikalischen und bohrlochpetrophysikalischen andererseits sind also möglich, aber z. Z. nicht genügend untersucht mit Ausnahme verschiedener ingenieurgeophysikalischer Verfahr e n ( U . STÖTZNER 1 9 7 5 )

3.1. P r o b e n p e t r o p h y s i k a l i s c h e r K o r r e l a t i v w e r t Definition: Der probenpetrophysikalische Korrelativ wert ist ein Einzel- oder Mittelwert, der mit Hilfe statistischer Untersuchungen von Meßwerten, die ausschließlich labormäßig an Gesteinsproben gewonnen werden, bestimmt wird. Porositäts-Raumdichte-Korrelation Sehr häufig wird in der Praxis die Porositäts-Raumdichte-Korrelation (Abb. 1) verwendet, indem sie die Grundlage bildet für eine ökonomisch sehr rentable Porositätsbestimmung am Bohrkern sofort nach der Kerngewinnung an der Bohrung (M. K O P F 1973, D . D O R N und R. W E R N E R 1977). Der mittlere Fehler der Porositätsabschätzung mit Hilfe der Porositäts-Dichte-Korrelation beträgt bei Sandsteinen mit PorositätsWerten > 3Por.-% und sehr geringem Tongehalt ± 1 Por.-%. Radioaktivitäts-Suszeptibilitäts-Korrelation Die statistische Auswertung der im VEB Geophysik vorliegenden Radioaktivitäts- und Suszeptibilitätswerte weist für die Gesteinsklasse der Klastite (Tonstein, Schluffstein, Feinsandstein, Mergelstein) in verschiedenen stratigraphischen Bereichen eine enge Korrelation zwischen der Radioaktivität und der Suszeptibilität nach, die sich petrographisch auf den Tonmineralanteil zurückführen läßt. Für die Klastite des Buntsandstein gibt es nur eine korrelative Abhängigkeit (Abb. 2a), während sich in der Unteren Kreide einige

Meßwert-Korrelativwert-Schätzwert in der Petrophysik

149

Abb. i . Korrelative Beziehung zwischen probenpetrophysikalisch ermittelter Nutzporosität und Raumdichte unter Beachtung unterschiedlicher Korndichtewerte (o K ), unterschiedlicher Sättigungsflüssigkeiten (H 2 0, Schichtwasser) und unterschiedlicher Sättigungsgrade (gasgesättigt, flüssigkeitsgesättigt)

Gesteine aus verschiedenen stratigraphischen Teilstufen deutlich von der mittleren Radioaktivitäts-Suszeptibilitätsbeziehung abheben. (Abb. 2b). Dies weist darauf hin, daß korrelative Abhängigkeiten zwischen der Radioaktivität und der Suszeptibilität sowohl petrographisch als auch stratigraphisch sehr detailliert untersucht und, wenn notwendig, auch dargestellt werden müssen. Dichte-Geschwindigkeits-Korrelation Die Korrelation der probenpetrophysikalisch ermittelten Dichte- und Geschwindigkeitswerte ist in der Literatur sehr häufig Gegenstand der Darstellung. Eine Verwendung dieser Beziehung für die Geophysik ist aber nicht möglich, da der unterschiedliche Teufeneinfluß auf die Dichte (vernachlässigbar gering) und Geschwindigkeit (stets zu beachten) zu einem mitunter sehr beträchtlichen Fehler bei der Übertragung auf in situ-Verhältnisse führen kann (M. K O P F 1979). Diese Aussage wird deutlich bei einem Vergleich (Abb. 3) der probenpetrophysikalisch unter Normalbedingungen ermittelten Dichtewerte mit Geschwindigkeitswerten, die sowohl unter Normalbedingungen als auch unter Baxialen Druckbedingungen gemessen sind (M. K O P F und H. C A R L 1975): Nach geringen Porositätswerten nimmt die druckbedingte Differenz der Geschwindigkeit ab, weil der Teufeneinfluß auf die Q-VP-Korrelation von der Porosität abhängt. Darüber hinaus kann

150

M. KOPF

Abb. 2. Korrelative Beziehung zwischen probenpetrophysikalisch ermittelter ß -f y-Aktivität und magnetischer Suszeptibilität a) von Klastiten des Buntsandstein der Norddeutsch-Polnischen Senke, b) von Klastiten der Unteren Kreide der Norddeutsch-Polnischen Senke

mit Hilfe bohrlochseismischer Meßergebnisse bewiesen werden, daß die v p -Werte, die unter simulierten 3axialen Druckbedingungen beobachtet werden mit den « p -Werten im Gesteinsverband nicht übereinstimmen. Die Erfassung der Q-VP-Korrelation nur an Gesteinsproben erweist sich nur dann als nützlich, wenn der Einfluß mineralischer und struktureller Eigenschaften der Gesteine auf die Q-VP-Korrelation bestimmt werden soll. So läßt z. B. die Abb. 4 den Einfluß oder Porosität und der mineralischen Beimengungen (Bindemittel, Zement) auf die g-v p -Korrelation erkennen. 3.2. P r o b e n p e t r o p h y s i k a l i s c h - b o h r l o c h g e o p h y s i k a l i s c h e r

Korrelativwert

Definition: Der probenpetrophysikalisch-bohrlochpetrophysikalische Korrelativwert ist ein Einzel- oder Mittelwert, der auf der Grundlage statistischer Vergleiche von probenpetrophysikalisch, unter Normal- oder unter erhöhten -p/T-Bedingungen gemessenen Werten mit bohrlochgeophysikalisch ermittelten Daten bestimmt wird. Korrelative Beziehungen zwischen bohrlochpetrophysikalischen Werten und probenpetrophysikalischen Werten liegen bisher vor allem in Verbindung mit der bohrloch-

Meßwert-Korrelativwert-Schätzwert in der Petrophysik

151

Abb. 3. Korrelative Beziehung zwischen probenpetrophysikalisch, unter Normalbedingungen ermittelten Dichtewerten (unter Berücksichtigung der Variation der Dichte für bestimmte Geschwindigkeitsklassen) und probenpetrophysikalisch unter Normalbedingungen und unter erhöhten Druckbedingungen gemessenen Geschwindigkeitswerten longitudinaler Wellen

PsCg/cm3) 2,80-

+ 2,70+ (Porosität

+*

< 5 %

_

*

+

*

.

++

2,50I Porosität | (Ausnahme

> 1 0 %

+

+ +

a

X +

°

+

** +

"

Bindemittel

+

V » +

2,40-

+D +

+

++IC-

überwiegend

+

tonig-schlufflg

» x v £ °

kieselig karbonatisch dolomitisch anhydritisch halitlsch

+

2,30-

** +


1 0 °/b (Ausnahme Q )

+

2000

*

+

3000

4000

5 % Vp(ms-l)

S000

6000

Abb. 4. Einfluß der Porosität, des Bindemittels (tonig-schluffig, mergelig) und des Zements auf die p-i! p -Beziehung, wobei die Up-Werte unter Hochdruckbedingungen gemessen werden, die der jeweiligen Lagerungsteufe entsprechen

geophysikalischen Porositätsbestimmung vor, so zwischen der Laufzeit bzw. der Geschwindigkeit aus dem Akustiklog und der Nutzporosität, so zwischen dem Formationsfaktor und der Nutzporosität, so zwischen dem Widerstandsindex und der Nutzporosität. Neuerdings werden die Ergebnisse des Akustiklog und des Gamma-Log zur Ableitung der proben- und bohrlochpetrophysikalisch im Bohrloch nicht zu messenden Parameter Raumdichte und Suszeptibilität genutzt.

152

M. K o p f

Dichte-Geschwindigkeits-Korrelation Da die o-vp-Korrelation, die sich nur auf probenpetrophysikalisches Datenmaterial stützt, nicht in der Geophysik verwendet werden kann, wurden vonM. K o p p (1976) die teufenunabhängigen, probenpetrophysikalisch beobachteten Dichtewerte mit den teufenabhängigen, durch verschiedene Methoden erfaßten, stets bohrlochseismisch korrigierten Geschwindigkeitswerten korreliert. Dabei wurde erkannt, daß die g-vp-Korrelation sowohl einen linearen (z. B. Magmatite) als auch einen exponentiellen (z. B. Ton-TonsteinTonschiefer, Abb. 5) Verlauf nehmen kann. Während die Abschätzung der Dichte aus der probenpetrophysikalisch ermittelten Geschwindigkeit mit einem Fehler von 10—20% (ca. + 2 5 bis 0,40 gern -3 ) behaftet ist, beträgt der mittlere Fehler der Abschätzung der Dichte aus bohrlochgeophysikalisch gewonnenen bzw. auf Bohrlochseismik korrigierten Geschwindigkeitswerten lediglich ± 3 % (bis zu + 0 , 0 7 gern -3 ).

Abb. 5. Korrelative Beziehung zwischen probenpetrophysikalisch ermittelter, nahezu teufenunabhängiger Dichte und bohrlochgeophysikalisch ermittelter bzw. auf Bohrlochseismik korrigierter, teufengerechter Geschwindigkeit für Tongesteine der Norddeutsch-Polnischen Senke

Suszeptibilitäts-Radioaktivitäts-Korrelation Von M. K o p p , H. C a b l und M.-M. G ü c k e l h o k n (1978) wurde eine korrelative Beziehung zwischen der probenpetrophysikalisch gemessenen Suszeptibilität («) und dem relativen Gammawert (Zlly) des Gamma-Log erarbeitet: x[10" 6 egs] = 15 -

8,9 • Aly + 59 • (zlly) 2 .

Meßwert-Korrelativwert-Schätzwert in der Petrophysik

153

Diese Korrelation wird in der Praxis routinemäßig genutzt, um für die Schichtpakete vom Tertiär bis Buntsandstein, in denen keine Suszeptibilitätswerte vorliegen, aus den Daten des Gamma-Log ein kontinuierliches Suszeptibilitäts-Profil mit einer mittleren Genauigkeit von ¿ 2 0 % zu errechnen, das der Geomagnetik zur Verfügung gestellt werden kann. 3.3. B o h r l o c h p e t r o p h y s i k a l i s c h e r

Korrelativwert

Definition: Der bohrlochpetrophysikalisehe Korrelativwert ist ein Einzel- oder Mittelwert, der mit Hilfe statistischer Vergleiche zwischen zwei oder mehreren bohrlochgeophysikalisch gemessenen petrophysikalischen Parametern ermittelt wird. Die Erfassung korrelativer Beziehungen zwischen petrophysikalischen Parametern, die im Bohrloch gewonnen werden, wird zwar seit längerem durchgeführt, doch ist die Anwendbarkeit noch beschränkt. Spezifische elektrische Widerstand-Geschwindigkeits-Korrelation Die Ableitung der Geschwindigkeit anhand bohrlochelektrischer Meßdaten beruht im wesentlichen auf den Formeln von L.Y.FAUST (1953), die den statistischen Zusammenhang zwischen dem spezifischen elektrischen Widerstand (R), der Teufe (H) und der Geschwindigkeit (vp) wiedergeben, wobei * £

§ .3

'S 8

O O W

m

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Geophys. u. Geol.

Geophys. Veröff. d. K M U Leipzig

Bd. II

H. 2

S. 1 5 9 - 1 7 2

Berlin 1980

Anwendungsbeispiele der statistischen Analyse von Isolinienkarten W . NEUMANN u n d H . RAST 1

Zusammenfassung: Die Anforderungen an eine Nutzung geowissenschaftlicher Karten sind ständig gewachsen, und die Möglichkeiten zur Ausschöpfung des Informationsinhaltes haben sich erheblich erweitert. Methoden der beschreibenden Statistik stehen im Mittelpunkt der Bemühungen um eine Erhöhung des Quantifizierungs- und Objektivitätsgrades. In drei Hauptabschnitten werden Fragen zur Richtungs-, Intensitäts- und Merkmalsvektoren-Statistik behandelt. Einige Beispiele zeigen die Breite der Anwendungsgebiete, die von der Eeldanalyse einfacher Merkmalsparameter bis zur komplexen Interpretation des Karteninhalts reicht.

Vorbemerkungen „Es ist wichtig, nicht nur eine gute Karte zu haben, sondern mit ihr arbeiten zukönnen, indem man von ihr alles erhält, was sie zu bieten hat." Dieses Wort des sowjetischen Kartographen SALISCBV (1967), Vizepräsident und erstes Ehrenmitglied der International Cartographic Association, hat nicht an Aktualität verloren. Im Gegenteil; die gesellschaftlichen Anforderungen an eine Kartennutzung, d. h. an die Darlegung und Anwendung des Karteninhalts, sind ständig gewachsen, was mit der Vielseitigkeit des Zwecks zusammenhängt. Karten dienen nicht nur zur Illustration, als Informationsspeicher und Lehrmittel, sondern bilden eine wichtige Grundlage als Modell oder Abbild der objektiven Realität zur Erforschung von Erscheinungen und Gebieten und zur Planung, Projektierung usw. Die Aufgaben der visuellen und kartometrischen Auswertung sind anspruchsvoller geworden: Verlangt werden von den Operationen der Analyse, des Vergleichs und der Interpretation von Karten quantifiziertere und detailliertere Aussagen und gleichzeitig eine stärkere bewußte Unterdrückung zufälliger, subjektiver Einflüsse des Bearbeiters, ohne die Bedeutung seiner schöpferischen Intuition für die Weiterentwicklung von Methoden und Erkenntnissen grundsätzlich abzuwerten. Diese Feststellung muß nach unserer Meinung besonders für den Fall hervorgehoben werden, in dem die Karten eine Informationsmenge nicht unmittelbar abbilden, also z. B. Tiefenlinienpläne nach reflexionsseismischen Ergebnissen, gravimetrische oder geomagnetische Karten sind. Bei der Interpretation derartiger Daten besteht das Ziel darin, für das Untersuchungsgebiet ein solches konkretes Modell des geologischen Objekts zu entwickeln, das eine eindeutige Zuordnung gefundener Gesetzmäßigkeiten zu Aussagen einer Theorie oder Hypothese erlaubt. Das erfordert eine komplizierte heuristische Arbeitsweise mit dialektischer Anwendung von Informationsanalyse und Modellsynthese. Arbeitsaufwand und Inter1

Anschrift der Verfasser: Dr. sc. nat. W. NJBUMANN, Dr. rer. nat. H. RAST, Sektion Physik, Fachbereich Geophysik der Karl-Marx-Universität Leipzig, 701 Leipzig, Talstraße 35.

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W . NEUMANN u n d H . RAST

pretationsergebnis werden von der Qualität und Quantität der in den ersten Arbeitsetappen vorwiegend analytischen Prozeduren maßgeblich bestimmt sein. Jahrzehntelang hatte man unter geophysikalischer Interpretation vorwiegend die qualitative Erklärung der Ursachen verstanden, hatte die Zurückflihrung der Beobachtungen auf Begriffe der klassischen Physik als hinreichend angesehen. An eine statistische Bearbeitung von Isolinienkarten war — von Einzelfällen einer visuellen Betrachtungsweise abgesehen — vorerst deshalb nicht zu denken, weil die mathematische Statistik in einer Karte sich wiederholende geometrische Figuren zwar aufdecken, sie aber nicht erklären, d. h. ihre Notwendigkeit im mathematisch-physikalischen Sinn unmöglich darlegen kann. Ein grundlegender Wandel dieser Sachlage vollzog sich mit dem Erscheinen der Veröffentlichung „Mikromagnetik — ein Hilfsmittel geologischer Erkundung". R. L A U T E E B A C H (1953/54a) hat in dieser Arbeit den Nachweis erbracht, daß man statistische Maßzahlen von Stichproben durchaus mit Vorteil verwenden kann, um f ü r die geologische Praxis brauchbare und durch den Vergleich mit analogen Situationen gleichzeitig auch physikalisch abgesicherte Aussagen zu gewinnen. Inzwischen hat diese Erkenntnis vielfältigste Anwendung und wiederholt Bestätigung gefunden und sich wohl allgemein durchgesetzt. Die Untersuchungstechnik beschränkt sich längst nicht mehr allein auf die Magnetik und einfache Feldparameter kleiner Testflächen. Durch die erzielten Fortschritte bei der statistischen Kennzeichnung von beliebigen Isolinienkarten ist der ursprüngliche Rahmen gesprengt worden. Hier soll der Schwerpunkt auf die beschreibende Statistik gelegt werden, da diese nach ihrer praktischen Bedeutung in den angewandten GeoWissenschaften und auch historisch an erster Stelle steht. Auf die wichtigen Signifikanztests, die sich jeder Bearbeitung anschließen sollten, und auf die Verfahren der multivariaten Analyse zur Komplexuntersuchung kann hier nur hingewiesen werden.

Richtungsstatistik von Isolinien I n der hier zitierten Pionierarbeit von L A U T E R B A C H wird von der „Mikrotextur" eines geophysikalischen Feldes auf das petropraphische Feingefüge geschlossen. Dieser Schluß gründet sich auf der Erfahrung, daß örtlich eine Erhaltungstendenz typischer geologisch-geotektonischer Einzelheiten besteht, und daß sich diese durch eine Wiederholung bestimmter Anomalienmuster ausdrückt. Das Muster kann durch die geometrische Form der Anomalien, die Richtung der Isolinien, durch Amplitude und Gradient des Störfeldes oder andere Kennzeichen mehr oder weniger vollständig beschrieben werden. Im Gegensatz zu einer „Intensitätsstatistik" führt die Untersuchung der Richtungsverteilung in Isolinien- oder Isanomalenkarten zu leicht deutbaren und sehr anschaulichen Ergebnissen. Grundlegende Arbeiten zur Richtungsstatistik von Isolinienkarten stammen aus den 50er J a h r e n : Die theoretische Begründung erfolgte durch B Ü C H H E I M und L A U T E R B A C H (1953), und die Möglichkeiten der technischen Durchführung und praktischen Anwendung wurden ausführlich von N E U M A N N (1954) dargelegt. T A N G E L S T (1952) hat gezeigt, daß sich im geomagnetischen Isanomalenbild von Ergußgesteinen sogar geologisch-geotektonische Prozesse widerspiegeln; die Isanomalen kennzeichnen nicht nur Umriß und Magnetisierungskontraste eines geologischen Körpers, sondern sind Abbilder „fossiler Spuren weit zurückliegenden geologischen Geschehens".

Anwendimgsbeispiele der statistischen Analyse von Isolinienkarten

161

Von den zahlreichen Arbeiten, die in der Folgezeit zu diesem Fragenkomplex veröffentlicht wurden, können hier nur einige wenige genannt werden. In der ausdrucksvollen Form von Richtungsrosen werden bestimmte petrographische Besonderheiten durch die Ausprägung vorherrschender Isanomalenrichtungen abgebildet: Klüftung, Spaltenbau und Fluidaltextur von sauren und basischen Eruptivgesteinen (LAUTERBACH, 1953/54 b; KOCH, 1 9 6 6 ; KOCH u. a., 1 9 7 2 ) ; Petrogenese

(AIRINEI, 1 9 6 0 ) ; Ablagerungsrichtung

plei-

stozäner und holozäner Sedimente (KLIEWE und LAUTERBACH, 1955/56); Grenze von Gesteinen und Sedimentationsräumen

(MIELECKE, 1 9 5 8 ; LAUTERBACH, 1 9 5 9 ; AIRINEI

und ROMANESCU, 1960). Aufschluß über den vertikalen geologischen Schichtenaufbau kann man durch analoge Auswertung von Isanomalenkarten des Vertikalgradienten eines Felds e r h a l t e n (NEUMANN, 1961).

Die richtungsstatistische Analyse als ein quantitatives Hilfsmittel bei der detaillierten geophysikalischen Kartierung wurde und wird vorrangig in der Geomagnetik eingesetzt, weil sie besonders gute strukturabbildende Eigenschaften aufweist. Aber auch gravimetrische, geoelektrische, radiometrische und andere Felder können unter Umständen mit Erfolg herangezogen werden, vor allem dann, wenn es um die Klärung einer geotek-

tonischen Situation geht (FROST, 1977; LANDY und LANTOS, 1978). Der Kartenmaß-

stab hat unwesentlichen Einfluß auf die Bearbeitungsweise. Dagegen hängen von der Größe einer Karte die Genauigkeit der ermittelten Vorzugsrichtungen und die Sicherheit des Interpretationsergebnisses ab. Bei ausgedehnteren Untersuchungsgebieten besteht die Gefahr, daß die Einzelwirkungen verschiedener geologischer Baueinheiten summarisch erfaßt werden (Verschmierungseffekt). Es ist deshalb rationeller, große Gebiete nach Typen des Feldverlaufs zu unterteilen (NEUMANN, 1977). Im Falle einzelner weniger „Testflächen" spielen deren Anlage und Begrenzung eine entscheidende Rolle, und hier bleibt zunächst immer die Frage offen, inwieweit sich in der Stichprobe die tektonische Struktur des ganzen Gebiets widerspiegelt. Für eine quantitative Erfassung und Darstellung der Richtungsverteilung von Isolinien haben sich verschiedene Techniken bewährt, die Vorzugsrichtungen selbst in solchen Fällen zum Ausdruck bringen, in denen sie bei bloßer Kartenbetrachtung kaum als solche zu erkennen sind. Dadurch sind objektivere Aussagen ermöglicht worden. Ist der Umfang der zu bearbeitenden Karten nicht allzu groß, dann genügen einfache mechanischoptische Hilfsmittel wie etwa die Kurven-Derivimeter (NEUMANN, 1954). Eine größere Produktivität kann mit halbautomatischen Kurven-Analysatoren erreicht werden. Hierbei wird mit einem Stift der Isolinienverlauf nachgezeichnet und das Ergebnis in analoger oder digitaler Form registriert; eine Übersicht hat KA§PAR (1962) gegeben. Diese Geräte eignen sich grundsätzlich auch als Vektor-Analysatoren (CHRT U. a., 1968) zur statistischen Erfassung gerichteter Strecken, wie sie bei der graphischen Darstellung der Bruchtektonik, von Gesteins- und Mineralgängen, generalisierten Flußläufen u. dgl. auftreten. So fand RAST (1966) Übereinstimmungen zwischen Richtungsrosen fließender Gewässer und der Bruchtektonik im mittleren Thüringer Becken. Die Rose muß nicht immer ideal symmetrisch sein; ein solcher Fall tritt z. B. dann auf, wenn die horizontalen Verschiebungsvektoren bei rezenten Erdkrustenbewegungen ausgewertet werden (HARNISCH, 1977). Ein eindrucksvolles Beispiel für die Widerspiegelung der Bruchtektonik ist auch die Richtungsverteilung von Kammlinien und Zonen maximaler Gradienten des Schwerefeldes in einem Rift (RAMBERG U. a., 1978). Wenn bei einer Flußrichtungsstatistik kleiner Gebiete die Richtung des tatsächlichen Abflusses gemessen wird, dann 11

Lauterbach

162

W . NEUMANN u n d H . RAST

N

Abb. 1. Geomagnetisches Isanomalenbild und seine auf optischem Wege erzeugte Richtungsrose (umgezeichnet nach PETZOLD, 1977)

kann die Rose sogar völlig unsymmetrisch sein. So können z. B. bei einer allgemeinen EW—Richtung durchaus mehr von E nach W gerichtete Abflußelemente auftreten als umgekehrt (GEKDS, 1971). Unabhängig von Isolinienkonstruktionen sind die numerischen Methoden, die mit Hilfe der EDV unmittelbar auf Störwertkarten anzuwenden sind. Sie haben den weiteren Vorteil, daß maschinell eine statistische Richtungsfilterung durchgeführt werden kann ( P E S C H E L u n d O L S Z A K , 1 9 7 4 ; P H A M K H O A N U. a., 1976). Sie sind dann besonders rationell einsetzbar, wenn gleichzeitig weitere Parameter des Feldes, wie z.B. Gradient und Krümmung, aus einer umfangreichen Datenmenge berechnet werden sollen. Geht es nicht so sehr um den Nachweis lokaler Strukturen, sondern mehr um regionale Vergleiche, dann leistet die zweidimensionale Autokovarianzanalyse gute Dienste. Die Richtungen maximaler Autokovarianzwerte entsprechen den Vorzugsrichtungen im Isanomalenbild und sind signifikant für Aussagen über tektonische Hauptrichtungen des Untergrundes im Vermessungsgebiet (MÜNDT, 1 9 6 5 ; G O R S K O V A und S I M O N E N K O , 1974). Vorherrschende Isolinienrichtungen ohne jegliche Rechenoperationen unmittelbar

Anwendungsbeispiele der statistischen Analyse von Isolinienkarten

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zu erfassen, ermöglicht eine neue, aus der seismischen Datenbearbeitung übernommene und abgewandelte Methode, die allein optische Hilfsmittel verwendet (PETZOLD, 1 9 7 7 ) . Dabei betrachtet man das Kleinbild-Diapositiv (oder -Negativ) einer Isolinienkarte als ein optisches Beugungsgitter mit örtlich veränderlicher Gitterkonstante. Mit dem parallelen, monochromatischen Licht eines Laserstrahls wird ein Frauenhofersches Beugungsbild erzeugt und mit einer Kleinbildkamera auf Negativfilm festgehalten. Das Beugungsbild ist das spektrale Abbild des Originals und hat mathematisch die Bedeutung einer zweidimensionalen Fouriertransformierten der Isolinienkarte. E s besitzt damit hinsichtlich- der Aussage über die Existenz von Vorzugsrichtungen den gleichen Informationsinhalt wie die herkömmlichen Richtungsrosen. Das in Abb. 1 mitgeteilte Beispiel ist das Untersuchungsergebnis einer Testfläche (15 m X 15 m) zur Bestimmung der lokalen Transportrichtung innerhalb eines Olisthostroms im Gebiet des Unterharzes. Die Richtungsrose wurde durch Nachzeichnen der Konturen des aus Einzelpunkten bestehenden Beugungsbildes graphisch vereinfacht.

Intensitätsstatistik von Isolinienkarten Die Amplitudenverteilung in sog. Potentialfeldkarten hängt sowohl vom tektonischen Bau (der Geometrie) als auch von der Petrogenese (den Stoffeigensehaften) des Untergrunds untrennbar ab. Um verläßliche Aussagen über eine dieser Einflußgrößen machen zu können, muß die andere bekannt oder wenigstens in den zu vergleichenden Situationen ähnlich sein. LAUTEEBACH (1953/54a) hatte eine „Intensitätsstatistik" als zusätzliche Kennzeichnung mikromagnetischer Testflächen vorgeschlagen, die in diesem Sinne durchaus berechtigt ist. Als selbständige Methode hat sie gegenüber der Richtungsstatistik keine weite Anwendung gefunden. Erst durch Einbeziehung zusätzlicher Parameter, wie z. B . des Horizontalgradienten des Feldes oder der Anomalienbreite, wird deutlich, welch großer Informationsgewinn erzielt werden kann. Daß es nicht so sehr auf die Werte in einzelnen Punkten ankommt, sondern vielmehr auf die Relationen zwischen benachbarten Punkten, beweisen die häufig angewendeten Polynom-Trendanalysen, Wellenlängenfilterungen u. dgl., deren Ergebnisse durch Aussonderung von Anomalienklassen eine verbesserte Interpretationsbasis liefern, die hier aber nicht weiter expliziert zu werden brauchen. Diese typischen Rayonierungsarbeiten beruhen auf der örtlichen Erhaltungstendenz geowissenschaftlicher Erscheinungen und sind deshalb als quasistationäre Prozesse zu beschreiben. Dabei ist es unwesentlich, ob nach Gebietsgrenzen oder nach Homogenitätsbereichen rayoniert wird, denn in beiden statistischen Verfahrensweisen gehören Trendberechnungen und Korrelationsanalysen zu ihren Hauptelementen (MÜNDT und WIRTH, 1973). Zur Charakterisierung und einfachen Klassifikation von Isolinien- bzw. Isanomalenkarten oder Kartenteilen mit Hilfe möglichst weniger und leicht zu ermittelnder Feldparameter gibt es quantifizierbare Ausdrücke: Mit „Entropie" bezeichnete SALANSKY ( 1 9 7 5 ) ein Maß für die Komplexität des Informationsinhalts einer Karte, das er aus der Anzahl der in ihr unterscheidbaren Flächeninhomogenitäten bildete. PESCHEL und OLSZAK (1974) verwendeten als numerischen Indikator die Horizontalgradienten des Feldes und definierten den Mittelwert der Beträge als „Reliefintensität". 11*

164

W. NEUMANN u n d H. RAST

10 km A b b . 2. D a r s t e l l u n g e n der Reliefenergie, b e r e c h n e t aus topographischen K a r t e n ; a) Isolinienkarte f ü r die K e n n w e r t e des G r u n d n e t z e s

Sie verglichen diese Werte für ein gleitendes rechteckiges Fenster mit dem Mittelwert der gesamten Karte und führten so eine statistische Intensitätsfilterung durch. KAULFUSS (1975) und KUGLER (1975) befaßten sich mit den in morphologischen Karten dargestellten Reliefeigenschaften und gebrauchten bei ihrer geomorphologischen Rayonierung neben dem Begriff der „Formendichte" (d. i. die Häufigkeit ausgewählter Relieftypen) den der „Reliefenergie". Sie verstanden darunter den maximalen Höhenunterschied je Grundfläche eines quadratischen Netzes einer topographischen Karte. In den Begriffen „Reliefenergie" und „Reliefintensität" spiegelt sich das Bemühen wider, für die genetisch deutbare „Rauhigkeit" des Georeliefs oder eines geophysikalischen Feldes einen zahlenmäßig erfaßbaren Ausdruck zu finden. Die kartenmäßige Darstellung von geologischen und geophysikalischen Daten hat sehr viel Gemeinsames mit der von geomorphologischen Erscheinungen, da in allen diesen Fällen mathematische Funktionsflächen im Raum abgebildet werden. Es ist sicher zulässig, in diesem Sinne ganz allgemein von Formen und Rayons bestimmter Reliefstrukturen zu sprechen. Unter zahlreichen anderen denkbaren Möglichkeiten bietet gerade die Reliefenergie ein gutes Beispiel, Informationen nichtgeophysikalischer Art mit Hilfe von Isolinien

Anwendungsbeispiele der statistischen Analyse von Isolinienkarten

165

darzustellen. Solche Informationen können bei komplexen geowissenschaftliehen Interpretationen zusätzliche Hinweise liefern und deren Aussagekraft erhöhen. Im Rahmen geomorphologischer Untersuchungen (z. B. KAULFUSS, 1973) ist es allgemein üblich, der Datengewinnung zugrunde liegende Karten (meist Meßtischblätter) in kleine Quadrate („Transformationseinheiten") aufzuteilen, die darin enthaltenen größten Niveauunterschiede zu Gruppen zusammenzufassen und diese durch unterschiedliche Raster auszudrücken. Solche Darstellungen sind meist wenig übersichtlich und als Vergleichsmaterial für die mit Hilfe von Isolinien dargestellten Karten geophysikalischer und geologischer Art (z. B. Isogammen-, Isopachen- und Isobathenkarten) wenig nützlich. Deshalb wurden von RAST (1978) die bei der Kartenaufteilung ermittelten maximalen Höhenunterschiede, das sind die Kennziffern der Reliefenergie, in die Mitte der jeweiligen Quadrate eingesetzt und zwischen ihnen Isolinien gezogen. Ein dabei auftretendes Problem ist auch die Frage der Größe der zugrunde gelegten Transformationseinheiten, was verständlicherweise auch vom Verwendungszweck abhängt. So erwies sich z. B. für Vergleiche mit den im Maßstab 1:200000 vorliegenden geologischen und geophysikalischen Karten ein quadratisches Gitternetz mit 2 km Punktabstand sowohl hinsichtlich der Aussagekraft wie auch des Arbeitsaufwandes bei der manuellen Kennwertgewinnung als zweckmäßig. Einen Ausschnitt einer solchen Karte der Reliefenergie aus dem Gebiet

166

W . NEUMANN' u n d H . R A S T

des Vogtlandes zeigt Abb. 2 a. Obwohl in der Karte regionale Strukturen zum Ausdruck kommen, sind zahlreiche lokale Effekte enthalten, welche jene zurückdrängen. Um die regionalen Strukturen besser hervortreten zu lassen, wurde versucht, durch sukzessive Glättung die lokalen Effekte weitgehend zu eliminieren. Eine solche Isolinienkarte 2. Glättung zeigt Abb. 2b. Wesentlich deutlicher treten auf ihr die aus dem Vogtland bekannten tektonischen Hauptrichtungen hervor. Diese Karten lassen sich in vielfältiger Weise verwenden. Da die vertikale Komponente des Reliefs vorrangig durch die Tiefenerosion bestimmt wird, enthalten die Karten u. a. wesentliche Hinweise auf subrezente vertikale Krustenbewegungen. Sie bieten die Möglichkeit des optischen Vergleichs mit Karten des geologisch-strukturellen Baues eines Gebiets nach der Leuchttischmethode und lassen sich mit jeder geophysikalischen und anderen Isoliniendarstellung punktweise mathematisch in Korrelation bringen. Nicht zuletzt erleichtern die Kennziffernkarten die Möglichkeit rechentechnischer Operationen. Mer

km-alsvektoren-Statistik

Man kann erwarten, daß durch gleichzeitige Betrachtung mehrerer Parameter eines Feldes die Beschreibung der betreffenden Situation vervollständigt, der Bereich der Kartennutzung vergrößert und vor allem die Aussage einer kombinierten Informationsanalyse qualitativ und quantitativ verbessert wird. So sind z. B. die Ermittlung des Reliefs des kristallinen Untergrunds oder der Mächtigkeit einer geologischen Schicht aus geophysikalischen Messungen anspruchsvolle Interpretationsaufgaben, die unter Verwendung eines einzigen Feldparameters nicht immer lösbar sind. Am wenigsten gelingt dies für mittelbare Informationsmengen, wie es für geomagnetische und gravimetrische Felder gelegentlich versucht worden ist. Solche Aufgaben erfordern die Einbeziehung begründeter Modellvorstellungen für konkrete Situationen. Demgegenüber kann man bei der kombinierten Informationsanalyse zunächst noch weitgehend auf Voraussetzungen verzichten. Dazu gehören die Konstruktion von Dipolrichtungen in magnetischen Karten, die Feststellung eines Anomalienmusters und seiner Ausdehnung und dieRayonierung nach Anomalienformen oder-dimensionen. Diese Prozeduren können bestimmte Fragen zum tektonischen Bau nur klären helfen, weil hierbei häufig vorwiegend qualitative Merkmale verwendet werden, man also nach dem Augenmaß arbeitet. B A Y E R U. a: (1973) beschränkten sich bei der Bearbeitung einer aeromagnetischen Karte des westlichen Mittelmeeres auf die binäre Wertung zweier Merkmale: Amplitude der Anomalien (groß/klein) und Vorzugsrichtung der Isolinien (vorhanden/fehlend). Nach dem ermittelten Anomalienmuster konnten sie ein geotektonisches Schema aufstellen, das die Bildung des Balearenbeckens durch Schollenbewegung nach dem Vorbild des sea-floor spreading erklärt. Für die Rayonierung erdöl- und erdgashöffiger Gebiete — eine vergleichbar schwierigere Erkundungsaufgabe — hatten Ci-iOLiisr u. a. (1968) die Betrachtung von 19 geowissenschaftlichen Kennzeichen gefordert. Nach den Erfahrungen von Z E Z E L (1974) müssen 9 Merkmale verschiedener geophysikalischer Erscheinungsfelder für die Einschätzung der Erdölhöffigkeit herangezogen werden. ' Derartige Beispiele verdeutlichen, daß mit steigendem Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe die Zahl der zu beschaffenden Merkmale wächst und die Bildung von Merkmalsvektoren aus quantifizierbaren Parametern erforderlich ist, die eine rechentechnische Weiterbearbeitung ermöglichen. Ihr Umfang hängt nicht nur von der Zielfunktion und der Art des Primärmaterials ab, sondern wird auch durch die Größe des Untersuchungs-

Anwendungsbeispiele der statistischen Analyse von Isolinienkarten

167

gebiets und die mehr oder weniger subjektiv gewählten Begrenzungen von Teilgebieten beeinflußt. Die Anforderungen, die an eine zweckmäßige Auswahl der wesentlichen Merkmale zu stellen sind, haben NEUMANN und LANGE (1975) ausführlicher dargelegt. Um Feldwerte aus einer Isolinienkarte ermitteln zu können, denken wir uns diese als Abbild oder Projektion einer Funktionsfläche im euklidischen dreidimensionalen Raum und aus einer endlichen Anzahl von Flächenstücken zusammengesetzt, die sich durch Gleichungen differenzierbarer Funktionen analytisch darstellen lassen. Es kann vorausgesetzt werden, daß für jede hinreichend kleine Umgebung jedes Kartenpunktes eine solche Darstellung möglich ist. Zur numerischen Abtastung der Karte empfiehlt sich ein hexagonales Gitternetz, da jedes Flächenelement jeweils sechs Punkte zur Parameterbestimmung liefert, und damit mehr Merkmale zu erfassen sind als beim quadratischen Netz. Aus der Fülle der sich theoretisch anbietenden statistischen und deterministischen Merkmalsparameter sind die jeweils zweckmäßigsten auszuwählen, damit die Merkmalsmatrix nicht zu umfangreich wird. Die Summe der Merkmalsmatrizen aus allen herangezogenen Isolinienkarten einschließlich der quantifizierbaren Nebenbedingungen bildet das sog. „Merkmalsfeld". Das Merkmalsfeld bezieht sich hiernach immer auf ein bestimmtes Untersuchungsgebiet mit einer der Aufgabenstellung entsprechend aufbereiteten Informationsmenge. Feldfortsetzungen und -transformationen, Trendanalysen und ähnliche Filterungen zur Erfassung eines gewünschten Tiefenbereichs sind also bereits durchgeführt worden. Es ist Ausgangspunkt wichtiger Operationen. Die in dem Blockschema (Abb. 3) dargelegte Arbeitsweise trägt vorwiegend den Charakter einer analytischen Klassifikation. Das Diagramm verdeutlicht, daß die Kartennutzung bei der geologisch-geophysikalischen Interpretation im Wesen eine Transformation ist, bei der aussagekräftige Rayons gebildet werden. Als Ergebnis erscheinen wieder Isolinienkarten oder Symbolausdrucke mit dem gewünschten Rayonierungsinhalt. Hervorgehoben sind zwei Rechenprogramme. G R E I F 3 (HAEFF, 1973) gestattet eine allgemeine Rayonierung von Merkmalsvektoren mit ausgeprägter Erhaltungstendenz. Das Programmsystem umfaßt die Arbeitsetappen einer Ähnlichkeitsanalyse (z. B. mit Hilfe des Korrelationskoeffizienten oder des euklidischen Abstands als Ähnlichkeitsmaße) sowie einer Cluster- und Diskriminanzanalyse. Die ausgegliederten Bereiche besitzen einen hohen Objektivitätsgrad, da diese Arbeitsweise keine präzisierten geologischen Voraussetzungen erfordert. Sind für konkrete Interpretationsaufgaben ganz bestimmte Feldstrukturen nachzuweisen und zu lokalisieren, dann empfiehlt sich die „Methode des gezielten Aufsuchens". Dabei werden mit den Programmen C0MPLEX 1 und SUCH (NEUMANN, BEEMEE und TEEIBMANN, 1975) nacheinander die verschiedenen Isolinienkarten nach der Existenz vorher formulierter, der jeweiligen Aufgabenstellung angepaßter Merkmalskomplexe abgefragt und diskrete Bereiche festgelegten Ähnlichkeitsgrades konstruiert. Beide Programmsysteme können sich in vorteilhafter Weise ergänzen, wie folgendes praktische Beispiel aus. dem Erkundungsgebiet der NorddeutschPolnischen Senke zeigt. Die Erkundungsaufgabe umfaßte drei Fragen zu den in rund 5 km Tiefe auftretenden Rotliegend-Effusiva, deren Mächtigkeit lokal 1 km übersteigen kann: — Nachweis von Gebieten großer Effusivmächtigkeit, — Lagebestimmung von tektonischen Störungen, — Aussagen über die petrophysikalischen Parameter.

168

W . NEUMANN u n d H. RAST

X M

o TS o FI PI

"w bB ®-a S3 O 3 13°/oo (Abb. 13). Die Fallwertverteilung bei den Bärengartenklippen und dem Schellenbergbruch gestaltet sich infolge der Überschneidung der vielfältigen Absonderungskörper recht kompliziert. Bei den Bärengartenklippen besitzt das Fallen Werte von 40° bis 90°, und nur im SW-Quadranten fallen die Werte steil von 75° bis 90° ein. Fall werte von 50° bis 90° treten auch in allen Quadranten der Lagenkugeln desSchellenbergbruches auf. Hier zeichnet sich im SW in dem Richtungsintervall 210° bis 240° ein starkes Fallmaximum von 40° bis 70° ab. Die steilsten Fall werte bei geringen bis mäßigen Dichtebesetzungen treten in den nördlichen Richtungen mit 70° bis 90° innerhalb des Richtungsintervalls 310° bis 50° auf. In den östlichen Bereichen des Augustusburger Quarzporphyrs (Schloßbergweg, Nickel-Hoffmann-Klippen) vereinheitlichen sich die Kluftfallverhältnisse etwas. Vor allem fallt die gürtelartige Fallverteilung vom Streich wert 5° an bis zum Wert 225° mit sich von Intervall zu Intervall ändernden Winkeln in beiden Aufschlüssen auf. Die Fallwinkel betragen 40° bis 90°, sind aber so angeordnet, daß sie im SO-Quadranten am flachsten sind (meist 40° bis 65°), im NOund SW-Quadranten dagegen steilere Stellungen einnehmen. Weiterhin treten in geringem Maße in beiden Aufschlüssen steile Fallwinkel von 50° bis 90° in der Nähe von W auf. 6. Zielstellungen eines quantitativen

Kluftrosenvergleichs

Die optischen Darstellungsmittel — wie Kluftrosen, Lagenkugeln und Summenpolygone — geben zwar bereits ein gutes Bild von der Kluftsituation; doch ist es trotz aller Vorteile derartiger optischer Betrachtung auch für den Fachmann oft nicht einfach, Unterschiede oder Übereinstimmungen der Darstellungsbilder benachbarter Aufschlüsse, geschweige weiter entfernt liegender, festzustellen. Daher entsteht die Forderung, geeignete Kennwerte rechnerisch zu ermitteln, die bestimmte Abweichungsparameter von Aufschlüssen quantitativ fixieren. In den Abschnitten 7 bis 9 wird eine methodische Beschreibung zur Gewinnung derartiger Parameter gegeben. Bei ihrer Definition wurde Wert darauf gelegt, daß sie in einer Weise mit geometrisch-statistischen Hilfsmitteln mathematisch fundiert sind, die ihre Anwendung zur Kluftbauanalyse rechtfertigt. Im einzelnen sind folgende Vergleichsmaße entwickelt worden: Als erstes wird für je zwei Kluftrosen eine Gesamtabweichung A definiert. Sie dient als zusammenfassende quantitative Prozentangabe darüber, wie stark die beiden Kluftrosen in ihrer Häufigkeitsverteilung insgesamt gesehen voneinander abweichen. Diese Gesamtabweichung wird, gegebenenfalls noch besser dadurch verwendbar, daß man ihrer Gewinnung ein Verfahren zum Ausscheiden von Streuklüften vorschaltet; die danach gebildete Gesamtabweichung ohne Streuklüfte wird mit A* bezeichnet. Noch vollständiger werden wir die Werte A bzw. A* als absolute Gesamtabweichung (mit Streuklüften bzw. ohne Streuklüfte) bezeichnen und sie dadurch von der weiter zu definieren-

Der Quarzporphyr von Augustusburg am nördlichen Erzgebirgsrand

195

den relativen Gesamtabweichung Arel bzw. A*el unterscheiden; diese soll für Kluftrosen verwendet werden, bei denen man der Abweichungsberechnung einen Prozeß des Normierens auf gleiche Kluftzahl vorgeschaltet hat. Man erhält dadurch auch zwischen Kluftserien mit verschiedener Größenordnung der Gesamtkluftzahl ein Abweichungsmaß, in das diese Verschiedenheit ihrer Gesamtkluftzahlen nicht eingeht, das also vor allem die strukturellen Abweichungen erfaßt. Eine zweite Zielstellung besteht darin, die Gesamtabweichung A in eine Überlagerungskomponente U und eine Trennungskomponente T zu zerlegen. Diese sollen widerspiegeln, wie stark das (durch A gemessene) Abweichen der beiden Kluftrosen voneinander mehr solche Richtungsintervalle betrifft, die in beiden Kluftrosen mit Klufthäufigkeiten besetzt sind (U), oder mehr solche Richtungsintervalle, in denen nur eine der beiden Rosen eine von Null verschiedene Klufthäufigkeit aufweist (T). So vermitteln U und T — über die Kenntnis von A hinaus — eine erste Information über das Ausmaß richtungsmäßiger Übereinstimmung bzw. Abweichung zwischen den beiden Kluftrosen. Wie A kann man auch die Überlagerungs- und die Trennungskomponente als Werte U*, T* ohne Streuklüfte gewinnen. Die Maße U, T, U*, T* nennen wir (ebenfalls, wie dies bei A erläutert wurde) absolut und unterscheiden sie von den relativen Maßen frei» i'rei) ü* d , ^'rei> z u deren Gewinnung wieder die Normierung auf gleiche Kluftzahl vorzunehmen ist. — Die Definitionen von A, U und T werden in Abschnitt 7 angegeben, die (wahlweise vorzuschaltenden) Prozesse des Ausscheidens von Streuklüften bzw. des Normierens dagegen in Abschnitt 8. Als drittes quantitativ auswertbares Hilfsmittel wird in Abschnitt 9 definiert, wie man zu einer Kluftrose das Summenpolygon gewinnt. Im Unterschied zu mechanischen Deutungen, die das Summenpolygon in anderen Anwendungsbereichen gestattet, hat es für den hier zu beschreibenden Zweck vorrangig geometrisch-statistische Relevanz. Man entnimmt ihm die Richtung der Hauptachse als Angabe einer Schwerpunktrichtung („Massenwinkel") der Kluftrose. Dadurch schafft man sich weitere Möglichkeiten einer quantitativen Erfassung von Winkelabweichungen zwischen Kluftserien. Auch zeigt das Summenpolygon in seinem Verhältnis Hauptachse : Nebenachse, welcher Grad von Ausgeprägtheit ( H A : N A > 1) oder Streuung (HA:NA ^ 1) der durch die Hauptachse fixierten Richtung zukommt. Am Beispiel der Aufschlüsse von Augustusburg wird in Abschnitt 10 die Wirksamkeit dieser Kennzahlen erläutert werden. Es sei jedoch auch vermerkt, daß diese quantitativen Methoden sich weithin durch Universalität der Einsatzmöglichkeiten auszeichnen. So existieren auch für Lagenkugeln passende Varianten derartiger Vergleichsverfahren; doch soll in vorliegendem Rahmen hierauf nicht mehr eingegangen werden.

7. Gesamtabweichung, Überlagerungs- und

Trennungskomponente

Zur Ermittlung der Zahlen A, U, T schreibe man vorbereitend jede Kluftserie in Form einer Tabelle. Als Eingangsspalte erhält sie einen von 1 bis n = 36 laufenden Index i. Jeweils einem Indexwert i wird das Richtungsintervall zugeordnet, das zwischen den Gradzahlen (i — 1) • 5° und i • 5° liegt. Ferner wird dem Indexwert i der Häufigkeitswert Wi zugeordnet. Dieser sei als die Anzahl derjenigen Klüfte definiert, die (in der vorliegenden Kluftserie) ihre Streichrichtung innerhalb des genannten Richtungsintervalls haben. Diese Zuordnung der w, zu den i charakterisiert die Kluftrose R. 13*

196

R . A . K O C H u n d L . STAMMLEE

Sind zwei Kluftrosen R^), i?(2) miteinander zu vergleichen, so nennen wir ihre Häufigkeitswerte w i(1 j bzw. Wj(2). Mit (ji bzw. ki bezeichne man den größeren bzw. kleineren der beiden Werte w,-(i)> Sodann berechne man der Reihe nach die in den folgenden Definitionen angegebenen Zahlen: di = 9i — ki

(i = 1, ..., n),

D = Edit i=1

G=i 0. Bei Betrachtung dieser Werte zeigt sich nun eine gleichartige Differenzierung wie bei den A- und A*-Werten. Die Vergleiche Bärengartenklippen — Schellenbergbruch und Schloßberg-

Der Q u a r z p o r p h y r v o n A u g u s t u s b u r g a m nördlichen Erzgebirgsrand

199

weg — Nickel-Hoffmann-Klippen liefern die kleinsten Werte (U* unter 40%, T* unter 25%), die übrigen Vergleiche stets höhere Werte. Auffällig ist dabei, daß die Trennungskomponenten stets unterhalb der Überlagerungskomponenten bleiben und daß sie alle sechs enger beieinander liegen als die weitaus stärker differenzierten Überlagerungskomponenten. Diese Beobachtungen zeigen, in welchem Maße der Kluftrosenvergleich durch den ,,Überlagerungs"-Anteil, also durch einen hohen Anteil „richtungsdiffuser" Kluftverteilung bestimmt wird, der auch nach dem Entfernen der Streuklüfte ein deutliches Übergewicht gegenüber scharfem Richtungs-,,Trennen" behält. Der Übergang von den absoluten zu den Telativen Weften A U ' / T r e i , ^rei» ^rei» T*ei (Tabellen 3 und 4) bewirkt genau bei denjenigen Vergleichen eine spürbare Verkleinerung der Gesamtabweichung, bei denen Kluftrosen mit stark unterschiedlichen Gesamtkluftzahlen beteiligt sind. Das sind diejenigen vier Vergleichsfälle, in denen einer der Aufschlüsse Bärengartenklippen, Schellenbergbruch (Gesamtkluftzahlen 888 bzw. 795 mit Streuklüften, 841 bzw. 765 ohne Streuklüfte) mit einem der Aufschlüsse Schloßbergweg, Nickel-Hoffmann-Klippen (Gesamtkluftzahlen 452 bzw. 436 mit Streuklüften, 436 bzw. 415 ohne Streuklüfte) gegenübergestellt wird. Am stärksten ist diese Verkleinerung beim Vergleich Schellenbergbruch — Nickel-Hoffmann-Klippen ohne Streuklüfte, wo der absolute Wert A* = 59,1% auf den relativen Wert A*ei = 29,3% zurückgeht. Von dieser Ausnahme abgesehen ist jedoch auch beim Vergleich der sechs ^4 rel -Werte (Tabelle 3) untereinander und beim Vergleich der sechs A *ei-Wevte (Tabelle 4) untereinander festzustellen, daß die zwei Aufschlußpaare aus jeweils der gleichen (östlichen oder westlichen) Hälfte des Vorkommens wiederum kleinere Arel- und ^4*el-Werte aufweisen als die vier Aufschlußpaare aus unterschiedlichen Hälften. Diese Feststellung gilt also (mit der einen bemerkten Ausnahme) ebenso wie für die absoluten Gesamtabweichungswerte. Auch für den Einfluß des Ausscheidens der Streuklüfte (Übergang von Tabelle 3 zu Tabelle 4) können wir dieselben Beobachtungen machen wie bei den absoluten Kennzahlen (Übergang von Tabelle 1 zu Tabelle 2) ; denn man stellt fest: Der Übergang von A K l zu A*el bedeutet — wieder mit der genannten Ausnahme — eine Vergrößerung ; die U*eh T* el -Werte werden (im Gegensatz zu den Werten UTPl = Arel und Trel — 0) informativ, es bleibt jedoch stets T*ei < t/*el. Die aus diesen Beobachtungen bei den absoluten Kennzahlen gezogenen Schlüsse erweisen sich also auch nach dem Normieren auf gleiche Kluftzahl als gültig; das Übergewicht der „richtungsdiffusen" Kluftverteilung gegenüber scharfem Richtungs-„Trennen" kam nicht etwa durch (zufällig anfallende) unterschiedliche Größenordnung der gemessenen Kluftserien zustande, sondern deutet auf real vorliegende Verteilungsstrukturen hin. Für den mehrfach erwähnten Ausnahmefall (Schellenbergbruch — Nickel-Hoffmann-Klippen) sind diese Konsequenzen jedoch nicht ohne weiteres stichhaltig; hier erweisen sich weitere Analysenwerte als erforderlich, wie dies etwa die nun folgende Betrachtung der Summenpolygone zeigt. An den Summenpolygonen tritt vor allem der Unterschied zwischen den stärker geregelten, ellipsenförmigen Polygonen der Aufschlüsse Bärengartenklippen, Schellenbergbruch und den mehr quadrat- oder kreisförmigen der Aufschlüsse Schloßbergweg, Nickel-Hoffmann-Klippen hervor. Zahlenmäßig sichtbar (Tabellen 5 und 6) wird dieser Unterschied an den vergleichsweise großen Achsenverhältnissen (zu 1,3:1) der erstgenannten Polygone gegenüber den fast bei I n l i e g e n d e n Achsen Verhältnissen der letztgenannten. Besonders für die Nickel-Hoffmann-Klippen bedeutet dies eine recht hohe Unbestimmtheit in der Festlegung der Hauptachsenrichtung (Massenwinkelangabe).

200

R . A . K O C H u n d L . STAMMLEE

Nochmals wird diese Erscheinung auch an der erheblichen Änderung deutlich, die der Massenwinkel des Nickel-Hoffmann-Klippen-Summenpolygons durch das Weglassen der Streuklüfte erfährt (Übergang von Tabelle 5 zu Tabelle 6), während dieser Übergang sich bei den anderen Aufschlüssen kaum bemerkbar macht. Aufschlußreich ist es ferner, die Hauptachsenrichtung des Summenpolygons mit der Lage der maximalen Klufthäufigkeit zu vergleichen, wie sie sich direkt an den Kluftrosen ablesen läßt. Während bei den Bärengartenklippen immerhin eine — wenn auch grobe — Richtungsnähe (Abweichung unter 30°) und beim Schellenbergbruch sogar eine gute Übereinstimmung vorliegt, unterstreichen die bei den beiden anderen Aufschlüssen vorliegenden erheblichen Abweichungen nochmals deren Richtungsdiffusität. Der oben festgestellte, die A*-, U*und T*-Werte gleichsam „nivellierende" Effekt des Normierens (Übergang zu A*,b U*el, 1rei) bei dem Kluftrosenpaar Schellenbergbruch — Nickel-Hoff mann-Klippen kann somit als Ausdruck eines real vorhandenen starken Richtungsstreuens der Kluftverteilung in der Region der Nickel-Hoffmann-Klippen gewertet werden. Bei der Betrachtung aller hiermit diskutierten Vergleichsparameter kann man abschließend einschätzen: Die genannten Kennzahlen gestatten numerisch fundierte und zugleich individuell differenzierte Bestätigungen bzw. Präzisierungen qualitativer Aussagen über die Klüf tungsstruktur. Deutlich unterstreichen die oben genannten Relationen der A-, U-, T-Werte und der Summenpolygone die Gliederung des Augustusburger Porphyrvulkans in eine östliche und eine westliche Zone diesseits bzw. jenseits der Ausbruchsspalte. Jede dieser Zonen gehört genetisch enger zusammen und unterscheidet sich merklich von der anderen. Insbesondere belegen die ermittelten Unterschiede bezüglich des Diffusitäts- bzw. Regelungscharakters der einzelnen Regionen eine Möglichkeit, zwischen der gleichmäßiger erstarrten östlichen Zone und der westlichen Zone zu unterscheiden, die dynamischeren Bewegungsvorgängen während der Erstarrung unterworfen war. 11. Tabellen Tabelle 1. Absolute Werte A, U, T mit Streuklüften Objekte

A

U

T

Bärengartenklippen — Schellenbergbruch

38,6%

38,6%

0,0%

Bärengartenklippen — Schloßbergweg

55,0%

55,0%

0,0%

Bärengartenklippen — Nickel-Hoffmann-Klippen

59,2%

59,2%

0,0%

Schellenbergbruch — Schloßbergweg

47,8%

47,8%

0,0%

Schellenbergbruch — Nickel-Hoffmann-Klippen

53,6%

53,6%

0,0%

Schloßbergweg - Nickel-Hoffmann-Klippen

31,2%

31,2%

0,0%

Der Quarzporphyr von Augustusburg am nördlichen Erzgebirgsrand Tabelle 2. Absolute Werte A*, U*, T* ohne Streuklüfte Objekte

A*

ü*

T*

Bärengartenklippen — Schellenbergbruch

44,3%

38,9%

21,2%

Bärengartenklippen — Schloßbergweg

62,5%

54,0%

31,5%

Bärengartenklippen — Nickel-Hoffmann-Klippen

65,0%

58,2%

28,9%

Schellenbergbruch — Schloßbergweg

54,6%

47,6%

26,7%

Schellenbergbruch — Nickel-Hoffmann-Klippen

59,1%

49,7%

32,0%

Schloßbergweg — Nickel-Hoffmann-Klippen

37,5%

28,5%

24,4%

Tabelle 3. Relative Werte AIe], U!ei, r r e l mit Streuklüften Objekte

Ael

tfrel

^rel

Bärengartenklippen — Schellenbergbruch

39,3%

39,3%

0,0%

Bärengartenklippen — Schloßbergweg

41,4%

41,4%

0,0%

Bärengartenklippen — Nickel-Hoffmann-Klippen

48,6%

48,6%

0,0%

Schellenbergbruch — Schloßbergweg

40,5%

40,5%

0,0%

Schellenbergbruch — Nickel-Hoffmann-Klippen

43,6%

43,6%

0,0%

Schloßbergweg — Nickel-Hoffmann-Klippen

29,3%

29,3%

0,0%

201

202

R. A. KOCH u n d L.

Tabelle 4. Relative Werte

A*el,

STAMMLEE

U*el,

r * e l ohne Streuklüfte m* A

Objekte

A*

Bärengartenklippen — Schellenbergbruch

43,2%

37,6%

21,3%

Bärengartenklippen — Schloßbergweg

52,5%

39,7%

34,4%

Bärengartenklippen — Nickel-Hoffmann-Klippen

51,9%

38,6%

34,7%

Schellenbergbruch — Schloßbergweg

48,3%

39,7%

27,5%

Schellenbergbruch — Nickel-Hoffmann-Klippen

29,3%

21,2%

20,2%

Schloßbergweg — Nickel-Hoffmann-Klippen

39,7%

28,9%

27,2%

U%

i

rel

Tabelle 5. Summenpolygone mit Streuklüften; Kluftzahlmaxima Objekt

Verhältnis Hauptachse zu Nebenachse

Intervall maximaler Kluftzahl

83°

1,28:1

55°

130°

1,34:1

135°

56°

1,10:1

20°; 105°

162°

1,03 :1

15°

Richtung der Hauptachse (Massenwinkel)

Bärengartenklippen Schellenbergbruch Schloßbergweg Nickel-Hoffmann-Klippen

Tabelle 6. Summenpolygone ohne Streuklüfte; Kluftzahlmaxima Objekt

Richtung der Hauptachse (Massenwinkel)

Verhältnis Hauptachse zu Nebenachse

Intervall maximaler Kluftzahl

82°

1,39 :1

55°

129°

1,34:1

135°

Schloßbergweg

54°

1,099:1

20°; 105°

Nickel-Hoffmann-Klippen

54°

1,01 :1

15°

Bärengartenklippen Schellenbergbruch

Der Quarzporphyr von Augustusburg a m nördlichen Erzgebirgsrand

203

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Der Quarzporphyr von Augustusburg am nördlichen Erzgebirgsrand

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Geophys. u. Geol.

Geophys. Veröff. d. K M U Leipzig

Bd. I I

H. 2

S. 2 0 7 - 2 1 7

Berlin 1980

Der geschichtete Erdhalbraum in seinem Einfluß auf geothermische bzw. paläogeothermische Variationen (Geothermische Tiefensondierung) G. PORSTENDOREER1

Zusammenfassung: E s ist das Verdienst v o n R . L A U T E R B A C H ( 1 9 7 5 ) , eindringlich darauf hingewiesen zu h a b e n , d a ß moderne Geophysik zugleich Paläogeophysik zu sein h a t . D a ß dies auch f ü r die A n g e w a n d t e Geophysik gilt, soll a m Beispiel der A n w e n d u n g paläogeothermischer V a r i a t i o n e n f ü r E r k u n d u n g s v o r h a b e n gezeigt werden. D a z u wird z u n ä c h s t der m-Schichtenfall u n t e r dem E i n f l u ß extraterrestrisch erzeugter W ä r m e s t r o m v a r i a t i o n e n ganz allgemein theoretisch b e h a n d e l t . Ein Ü b e r t r a g e n der E r f a h r u n g e n der Magneto-Tellurik auf geothermische Variationen war dabei hilfreich. Als amplitudenunabhängige Bodenkenngröße erweist sich der Quotient aus W ä r m e f l u ß u n d Temp s r a t u r , der über die Beziehung

X

= Wärmeleitfähigkeit,

K

= Temperaturleitfähigkeit,

1 ^ 1 = A m p l i t u d e der W ä r m e s t r o m Variation, = A m p l i t u d e der T e m p e r a t u r v a r i a t i o n , T

= Periode der geothermischen Variation,

die B e s t i m m u n g der sog. „geothermischen Trägheit P" z u l ä ß t . Als F u n k t i o n der Periode aufget r a g e n , e r l a u b t sie die B e s t i m m u n g v o n S o n d i e r u n g s k u r v e n , die m i t magneto-tellurischen Musterk u r v e n a u s g e w e r t e t Werden k ö n n e n . F ü r die K a r t i e r u n g s z w e c k e interessant erscheint das V e r h a l t e n einer g u t oder schlecht wärmeleitenden Basis im geothermischen Feld einer Variation, deren Wellenlänge bis zu h u n d e r t f a c h größer ist als die Deckschichtmächtigkeit. F ü r diesen Fall ist eine u n m i t t e l b a r e K o p p l u n g zwischen der in einem N i v e a u gemessenen T e m p e r a t u r a m p l i t u d e u n d der Schichtmächtigkeit gegeben, wobei im Falle einer gutleitenden Basis eine direkte, im Falle der schlechtleitenden Basis eine indirekte P r o p o r t i o n a l i t ä t a u f t r i t t . F ü r E r k u n d u n g s t i e f e n u m 100 m sind die P a l ä o k l i m a v a r i a t i o n e n v o n B e d e u t u n g , denen wir seit der letzten Eiszeit u n t e r w o r f e n sind. Sie b e s t i m m e n über ihre Augenblicksamplitude das T e m p e r a t u r v e r h a l t e n in B o h r u n g e n > 20 m u n d letztlich a u c h die T e m p e r a t u r m i t t e l w e r t e a n der Erdoberfläche, d e n e n die stündlichen, täglichen u n d jährlichen V a r i a t i o n e n aufgesetzt sind. Auf Beispiele v o n T e m p e r a t u r m e s s u n g e n in v e r f ü l l t e n seismischen S c h u ß b o h r u n g e n im Erzgebirgsraum u n d auf eine mögliche B e d e u t u n g bei I R - g e o t h e r m i s c h e n A u f n a h m e n von Satelliten aus wird hingewiesen. 1

A n s c h r i f t des Verfassers: Prof. Dr. habil. G. PORSTENDORFER, Sektion Geowissenschaften der Bergakademie Freiberg, 92 Freiberg, Zeunerstraße

208

G . PORSTENDORFER

Die Erdkruste ist den verschiedenartigsten Wärmeströmungen ausgesetzt, die ihre Ursache teils innerhalb, teils außerhalb der Erde haben. Dem aus dem Erdinnern aufsteigenden, als konstant vorausgesetzten Wärmestrom sind Wärmestromvariationen aufgesetzt, die ihre Ursache meist außerhalb der festen Erde haben. Neben kurzzeitigen Änderungen der Sonneneinstrahlung durch Bewölkungseinflüsse gibt es die täglichen und jährlichen Variationen, aber auch Klimaschwankungen, die sich innerhalb von Jahrhunderten, Jahrtausenden (Beispiel Eiszeiten des Quartärs) oder gar Jahrmillionen (Beispiel Tertiär/Kreide) vollziehen. Das Eindringen solcher Variationen in das Erdinnere hat u. a. CERMAK (1976) unter der Voraussetzung eines homogenen Halbraumes untersucht, um zu Korrekturbeziehungen für die exakte Messung des aus dem Erdinnern stammenden Wärmestromes zu gelangen. In der nachfolgenden Untersuchung soll geprüft werden, inwieweit sich diese Variationen zur Feststellung struktureller und petrophysikalischer Parameter eines geschichteten Erdhalbraumes (Abb. 1) ausnutzen lassen. d0

c0

1

K

Ai

Am • er"™* + Bm • e+k™z

m

km

(16)

' Am • e~km'z — Bm • e+km'z'

Bei Bildung dieser Größe an der Oberkante (zm~i) und Unterkante (zm) derselben Schicht m können die Unbekannten Arn und Bm eliminiert werden und man erhält

q ^ )

=

_ (cm • dm) • ico coth K

I I

\

m

K

_

_

arcQth

(17)

Cm-dm- ico/

So kann man die Größe Iz^l in allen Schichten unter Berücksichtigung ihrer Stetig&{z)

Der geschichtete E r d h a l b r a u m

211

keit an den Grenzflächen bestimmen, indem man in der untersten (w-ten) Schicht beginnt. Für diese Schicht muß wegen des angrenzenden homogenen Halbraumes gelten B n = 0. Für die Erdoberfläche erhält man dann mit einigen Umformungen =

&{z0 = 0) Dabei ist

= )

Q0.

VT

i

2n P2 , / 2n h2 A1 — coth — 1 — i) \AJJi, (1 — i) + arcoth P, U/Ä! A2

+ ... arcoth i ü i l coth / J ^ L hzl Al. (1 _ i) Pn-2 U A K /!„_, 2

'

4

P B _! 2

+

(19)

arcoth

|Qo| =-|/ J Re(Qo) +/m(e o ) . $ = 0

(18)

8

(20) J2e(Q0)

(21) '

V

Führt man nun über dem inhomogenen Medium eine „scheinbare geothermische Trägheit" Ps ein, so gilt für das experimentell bestimmte Ä ^ O ) = ei

(2l)

2

W*i)l A

= —arctan [|g2(gi)l I |0(zi)l Ai

m

(46) (47)

Aus diesen Beziehungen ist sichtbar, daß die vertikale Dämpfung der Amplitude gegenüber dem homogenen Fall über einer wärmeleitenden Basis (A„ stärker und gegenüber einer schlecht wärmeleitenden Basis (2n schwächer, d. h. praktisch kaum vorhanden, ist. Die Phasenverschiebung zwischen der im Niveau 2 = 0 und 2 = 2, gemessenen Temperatur ist im homogenen Fall am größten und nimmt für den schlecht wärmeleitenden Untergrund (A„ ab. Für den sehr gut wärmeleitenden Untergrund (.ln a{) ist sie praktisch zu vernachlässigen. Die Beziehung (51) zeigt, daß zur Ermittlung von -—- aus vertikalen Temperatur&(z) quotientenmessungen die Kenntnis von Au d. h. wegen (4a) die Kenntnis der Temperaturleitfähigkeit Kx des Mediums, in dem sich die Bohrung befindet, nötig ist. Eine geothermische Sondierung leidet gegenüber anderen Sondierungsverfahren unter einem entscheidenden Nachteil. Sieht man von ganz oberflächennahen Inhomogenitäten ab, benötigt man sehr lange Variationsperioden, um die benötigten, gegenüber den Schichtmächtigkeiten großen Wellenlängen zu erzeugen. Zur Aufnahme von vollen Amplituden einer Variation fehlt praktisch die Zeit, wenn man von solchen Stationen wie Potsdam absieht, wo Z O R N (1977) Frequenzanalysen der Temperaturbeobachtungen in 1 m Teufe über einen Registrierzeitraum von ca. 100 Jahren durchgeführt hat. Dennoch ist es auch mit solch langen Analysen kaum möglich, Aufschlüsse über Teufen > 10 m zu geben.

216

G . PORSTENDORFER

Die geothermische Kartierung dürfte deshalb gegenüber einer Sondierung eher zum Tragen kommen. Dabei ist es nötig, durch Wahl der Meßteufen jeweils kurzperiodische Temperaturschwankungen zu eliminieren, praktisch wegzufiltern. Bohrlöcher in der Größenordnung von 20 m Tiefe erfassen nur Variationen > 1 Jahr, wobei als markanteste Variationen der letzten Jahrtausende die Eiszeitvariationen zur Verfügung stehen. Sie würden praktisch Informationen über Schichtgrenzen in der Teufe um 100 m geben. Dabei ist es nur möglich, ihre Augenblicksamplitude gegenüber einem noch langzeitigeren, durch Variationen über Jahrmillionen bzw. dem aus dem Erdinnern kommenden Temperaturmittelwert zu messen. Es ist anzunehmen, daß dieses langzeitige Mittel in der Größenordnung von 2 °C in 30 m Tiefe liegt. Die dabei anzutreffenden Situationen im Falle einer sehr gut oder sehr schlecht leitenden Basis in ca. 100 m Tiefe gegenüber dem homogenen Untergrund zeigt Abb. 5. J e nachdem, wo wir uns z. Z. auf der

Abb. 5. Temperaturvariationen über gut- oder schlechtwärmeleitender Basis im Vergleich zum homogenen Halbraum, hervorgerufen durch die Paläoklima-Wärmestrom-Variation qz (T = 105 a, H = 100 m)

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Auswertung von Ionosphärendriftmessungen im Langwellenbereich

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15*

Geophys. u. Geol.

Geophys. Veröff. d. KMÜ Leipzig

Bd. I I

H. 2

S. 2 2 9 - 2 3 8

Berlin 1980

Untersuchungen zur Trübungswirkung des Aerosols über dem Stadtgebiet von Leipzig und zur inversen Problemstellung der atmosphärischen Optik CHE. HANSEL und W . v.

HOYNINGEN-HUENE1

Zusammenfassung: Der integrale Trübungsfaktor (nach LINKE) unter Stadt- und Industrieeinfluß ist nahezu doppelt so groß wie unter natürlichen Bedingungen; er besitzt gegenüber der Umgebung einen inversen Jahresgang mit Maximum im Winter. I n Form des „speziellen Trübungsf a k t o r s " der atmosphärischen Bodenschicht wird deren starke Trübung gezeigt, die im Mittel etwa 15% zur Gesamttrübung der Atmosphäre beiträgt. Aus Messungen der spektralen Extinktion der atmosphärischen Bodenschicht im Wellenlängenbereich 340--1100 nm, des daraus bestimmten Extinktionsanteiles durch Partikeln und unter Annahme eines repräsentativen Brechungsindex (m = 1,5) f ü r ein reales Partikelkollektiv werden Abschätzungen der Partikelgrößenverteilung, des Gesamtvolumens der Partikeln einzelner Größenklassen und der Gesamtmasse pro Volumeneinheit L u f t durchgeführt. Diese Methode der Lösung der indirekten Aufgabe der atmosphärischen Optik, die über ein Faktorisierungs verfahren realisiert wird, ergibt eine Partikelgrößenverteilung mit einem Maximum im Größenbereich r = 0,1 bis 0,16 (j.m und liefert mit anderen Meßmethoden gut übereinstimmende Werte der Gesamtimmission an Partikeln.

1. Vorbemerkungen Neben ihrer Bedeutung für die Kommunalhygiene und für technische Probleme und Prozesse sind die atmosphärischen Partikelimmissionen wegen ihrer Einflüsse auf den atmosphärischen Strahlungshaushalt von unmittelbarem Interesse für die Physik der Atmosphäre. In zahlreichen Modellierungen ist versucht worden, die Auswirkungen der atmosphärischen Partikeln auf das thermische Regime in der Atmosphäre und an der Erdoberfläche abzuschätzen (z. B. A T W A T E R 1971 und 1975, B E B G S T R O M und V I S K A N T A 1973, Liou und S A S A M O R I 1975). Eine Verbesserung und Erweiterung der Aussagefähigkeit solcher Modelle erfordert genauere Kenntnis physikalischer Parameter des realen Aerosols wie Brechungsindex, Absorptionsverhalten, PartikelgrößenVerteilung und Immissionskonzentrationen in Abhängigkeit von Ort und Zeit. Für die Untersuchung dieser Parameter und auch für die Überwachung der Belastung der Atmosphäre mit Partikeln aus natürlichen und anthropogenen Quellen werden Luftproben analysiert und Aerosole aus Luftproben ausgefiltert, oder es werden atmosphärisch-optische „in situ"-Messungen durchgeführt. Die hohen Partikelanreicherungen unter dem Einfluß von Städten und Industriegebieten haben Anlaß gegeben, die notwendigen lufthygienischen Überwachungen der Immissionen mit Forschungsarbeiten zum physikalischen Verhalten der realen Partikel1

Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. sc. nat. C H R . H A N S E L , Dr. rer. n a t . W O L F G A N G V. H O Y N I N G E N - H X J E N E , Karl-MarxUniversität, Sektion Physik, Fachbereich Geophysik, 701 Leipzig, Talstraße 35.

16

Lauterbach

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CHR. HÄUSEL u n d W . v. HOYNINGEN-HUENE

kollektive zu verbinden und andererseits atmosphärisch-optische Eigenschaften zur Beurteilung der verursachenden Immissionen zu nutzen. Unter diesem Gesichtspunkt ist in Leipzig versucht worden, aus integralen und spektralen Trübungsmessungen qualitative und quantitative Informationen über die Partikeln in der atmosphärischen Bodenschicht des Stadtgebietes und über deren Auswirkungen im Strahlungshaushalt zu gewinnen. 2. Atmosphärische Trübungsfaktoren unter Stadteinfluß Unter Nutzung des Hochhauses der Karl-Marx-Universität im Stadtzentrum von Leipzig wurden im Zeitabschnitt zwischen Oktober 1976 und Oktober 1977 an 25 Tagen insgesamt 79 gleichzeitige Aktinometermessungen der direkten Sonnenstrahlungsleistung am Fuße und auf der Plattform des Gebäudes durchgeführt. Damit liegen Informationen über den Trübungsgrad der zwischen beiden Meßpunkten befindlichen, ca. 120 m dicken atmosphärischen Bodenschicht vor. Diese Aktinometermessungen liefern die ,,Gesamttrübungsfaktoren" Tg und die „Kurztrübungsfaktoren" Tk (nach LINKE) für jeden Meßpunkt, wobei sich der Kurztrübungsfaktor auf den kurzwelligen Teil des Sonnenspektrums (A < 620 nm) bezieht und besonders die Trübung durch Partikeln charakterisiert. Aus diesen für die gesamte Atmosphäre gültigen Trübungsfaktoren beider Meßhöhen ergeben sich entsprechende „spezielle Trübungsfaktoren" xg, rk für die Zwischenschicht (s. LINKE 1929, LATJSCHEE 1930), die für relativ dünne Schichten nach der Beziehung r = Tx + (T2 — Tx) — — — bestimmt werden, wobei T, p den Vi ~ Pi Trübungsfaktor und den Luftdruck an oberer (1) und unterer Schichtgrenze (2) darstellen. Aus einer Summenhäufigkeitskurve der Trübungsfaktoren geht hervor, daß das Gesamtkollektiv der Meßwerte keiner Normalverteilung genügt, sondern eine mehrgipflige Verteilung aufweist. Für eine genaue Analyse dieser Verteilung ist der Materialumfang zu gering; aber nach analogen Untersuchungen der S0 2 -Immission (HANSEL 1978) ist auch für Partikeln eine ähnliche Abhängigkeit von der Intensität der natürlichen Verteilungsprozesse der Luftverunreinigungen zu erwarten. Tabelle 1. Medianwerte der Trübungsfaktoren, Leipzig. (Tg, Tk: Gesamt- und Kurztrübungsfaktor der Atmosphäre, rg, rk: spezieller Gesamt- und Kurztrübungsfaktor der Zwischenschicht) Meßpunkt

Heizperiode heizfreie Zeit ges. Jahr

Erdboden

Hochhaus

Zwischenschicht

T 1 9

Tk

T 1 9

T

t9

5,90 5,50 5,90

3,25 2,75 3,20

5,00 5,15 5,10

2,75 2,35 2,70

42

57 50

45 31 37

Tabelle 1 enthält die Medianwerte der Trübungsfaktoren des gesamten Wertekollektives. Die insgesamt sehr hohen Trübungswerte charakterisieren den Verunreinigungsgrad durch die Stadt und die benachbarten Industriezentren. Die an der Erdoberfläche gemessenen Trübungsfaktoren Tg sind während der Heizperiode größer als während der heizfreien Zeit; sie zeigen somit Gegenläufigkeit zum Jahresgang des Trübungs-

Untersuchungen zur Trübungswirkung des Aerosols

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faktors an anthropogen weniger stark beeinflußten Orten, der mit dem atmosphärischen Wasserdampfgehalt ein Maximum im Sommer besitzt. Die Gesamttrübungsfaktoren des oberen Meßpunktes passen sich diesem natürlichen Jahresgang an. Der Kurztrübungsfaktor Tk besitzt im Winter über beiden Meßpunkten höhere Werte als im Sommer, offenbar Ausdruck der zusätzlichen Partikelemission durch die Heizungsanlagen der Stadt im Winter. Die speziellen Trübungsfaktoren xg, r k der atmosphärischen Bodenschicht liegen um eine Größenordnung über den Trübungsfaktoren der gesamten Atmosphäre. Diese hohe Konzentration an Luftverunreinigungen in einer dünnen bodennahen Schicht kommt auch im relativen Trübungsanteil dieser Schicht an der Trübung der gesamten Atmosphäre zum Ausdruck. Aus (T2 - T,)/T 2 ergeben sich mit 0,14 für Te und 0,16 für Tk ca. 15% als Beitrag der dünnen atmosphärischen Bodenschicht zur Gesamttrübung der Atmosphäre. Dieser Anteil zeigt allerdings sehr große Schwankungsbreite; in der vorliegenden Stichprobe liegt sie zwischen der Nachweisgrenze und Extremwerten bei 40%, wobei auch diese hohen Anteile bei relativen Luftfeuchten unter 80% gemessen wurden. Ein solcher Extremwert des Trübungsanteils der atmosphärischen Bodenschicht wurde z. B. am 30. 12. 1976 gefunden (t s = 137, rk = 68); an diesem Tag lag eine deutliche Dunstgrenze dicht unterhalb des oberen Meßpunktes, darüber eine sehr transparente Atmosphäre mit Tg = 2,65, es herrschte Windstille und eine relative Feuchte um 70%. Die kleinsten Anteile der atmosphärischen Bodenschicht an der Gesamttrübung werden in wenig stabiler Kaltluft auf der Rückseite von Tiefdruckgebieten gemessen (z. B. am 12. 9. 1977: rg = 5,1 und xk = 1,4). Die Trübungsfaktoren sind eine bewährte Kenngröße für den optischen Atmosphärenzustand, aber nur ein grob qualitatives Maß zur Beurteilung der Luftverunreinigungen. Dagegen ist aus spektralen Extinktionsmessungen auf der Grundlage der invertierten MiE-Theorie eine quantitative Abschätzung der Partikelgrößenverteilung und über diese der Masse an Partikeln in der Volumeneinheit L u f t möglich. 3. Bestimmung von Partikelgrößenverteilungen

aus spektralen

Extinktionsmessungen

3.1. G r u n d z ü g e d e s V e r f a h r e n s Die optisch-spektrometrischen Verfahren beruhen auf der Untersuchung und Interpretation der spektralen Strahlungsextinktion durch ein Partikelkollektiv. Der Zusammenhang zwischen der spektralen Extinktion durch Partikeln und der Partikelgrößenverteilung wird durch eine FßEDHOLMscbe Integralgleichung 1. Art beschrieben: (1)

Dabei ist sp(X) das Extinktionsspektrum durch Partikeln, das aus Meßergebnissen der direkten Sonnenstrahlungsleistung mit Hilfe von Spektralphotometern gewonnen werden kann, n(r) ist die gesuchte Partikelgrößenverteilung, die die Häufigkeit der einzelnen Radiengrößen r im Partikelkollektiv angibt. Q(r, X, m(A)) ist die Kernfunktion der Integralgleichung. Sie setzt sich aus den individuellen Extinktionsspektren der zu untersuchenden Partikelgrößen mit dem Radius r und dem komplexen Brechungsindex m(X) zusammen, die sich aus der MiE-Theorie (MIE 1908, D E I B M E N D J A N 1969, VAN D E H Ü L S T 1957) ermitteln lassen, wobei X die Wellenlänge des Lichtes kennzeichnet. 16*

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CHE. HANSEL u n d W . v . HOYNINGEN-HUENE

Ohne Berücksichtigung von möglicherweise vernachlässigbaren Mehrfachstreueffekten zwischen den einzelnen Partikeln eines Kollektivs kann entsprechend Gleichung (1) durch die Integration der Wirkungen von Einzelteilchen und deren Häufigkeit theoretisch die Gesamtextinktion durch ein Partikelkollektiv ermittelt werden. Diese Operation läßt sich durch geeignete Inversionsverfahren umkehren, so daß mit Hilfe der MIETheorie aus einem gemessenen Extinktionsspektrum eines Partikelkollektives dessen Partikelgrößenverteilung ermittelt werden kann. Um diesen Weg zu beschreiten, sind die in Tab. 2 schematisch enthaltenen Teilschritte zu lösen: Tabelle 2

Bestimmung der spektralen Extinktionsverteilung s(A) aus spektralen Messungen der direkten Sonnenstrahlung

J

Berechnung der individuellen spektralen Extinktion verschiedener Partikelgrößen nach der MIE- Theorie. Daraus ergibt sich die Kernfunktion der zu lösenden Integralgleichung.

1

Ermittlung des Anteils der Extinktion durch Partikeln sp (\) aus der Gesamtextinktion s(X)

Inversion 1-Art sp (X)

der FREDHOLM sehen

a(r,Ä,m(A)) K(r,Ä,m(Ä)) querschnitte stellt.

Integralgleichung

r

o

= f d(r,A,mM)

n(r)

Annahme oder Bestimmung eines mittleren komplexen Brechungsindex m(X) für das Partikelkollektiv

K(r,Ä,m(X)), in der die Funktion der Extinktionsnach der MIE-Theorie dar-

lgn(r)

dr

r

u und Auflösung nach n(r) liefert Partikelgrößenverteilung.

die

gesuchte

Igr

3.2. M e t h o d e der B e s t i m m u n g der s p e k t r a l e n P a r t i k e l e x t i n k t i o n in der a t m o s p h ä r i s c h e n B o d e n s c h i c h t ü b e r L e i p z i g Die Bestimmung der spektralen Partikelextinktion sp (X) in der für die Kommunalhygiene besonders interessanten atmosphärischen Bodenschicht erfolgt in ähnlicher Weise wie bei den Trübungsmessungen unter Nutzung des Universitätshochhauses. Auf der Grundlage der BEER-LAMBERTschen Beziehung der Strahlungsintensitätsänderung zwischen oberer und unterer Grenze der interessierenden Schicht

In {X) = 70(A) e"5