Geophysik und Geologie: Band 1, Heft 1 [Reprint 2022 ed.]
 9783112619582, 9783112619575

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Geophysik und Geologie Geophysikalische Veröffentlichungen der Karl-Marx-Universität Leipzig Herausgegeben von Prof. Dr. sc. nat. R. Lauterbach Dritte Serie Band I, Heft 1 mit 54 Abbildungen und 11 Tabellen

A K A D

Geophys. Veröff. K M U • Leipzig

E M I

Bd. I

E -VE R L A G

H. 1



B E R L I N

S. 1 - 1 4 5

1974

Die Geophysikalischen Veröffentlichungen der Karl-Marx-Universität sind die Fortsetzung zweier Schriftenreihen

1. Veröffentlichungen des Geophysikalischen Instituts, gegründet 1913 v o n V. Bjerknes 2. Geophysik und Geologie, gegründet 1959 von R. Lauterbach

Sie bringen Beiträge und Berichte aus dem Bereich Physik der Erde, die mit einschlägigen Arbeiten der Karl-Marx-Universität in Zusammenhang stehen. Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren allem verantwortlich.

Anschrift des Herausgebers und der Redaktion: Karl-Marx-Universität, Fachbereich Geophysik, 701 Leipzig, Talstr. 35 Redaktion: Oberass. Dipl.-Geoln. M. Meißner

Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Straße 3 — 4 © Akademie-Verlag, Berlin, 1974 Lizenznummer: 202 • 100/565/74 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus ; ) Maxim G o r k i " , 74 Altenburg Bestellnummer: 761 906 2 (2018/1/1) • LSV 1435 Printed in G D R EVP 2 5 , -

Inhalt Seite Vorwort R.

5

LAUTERBACH

Zum Problem der Wechselbeziehungen zwischen den geophysikalischen Teildisziplinen P.

7

HUPIER

Über den mittleren Wärmehaushalt der ufernahen Zone der westlichen Ostsee G . SCHMAGER u n d P .

11

HUPFER

Beitrag zur Kenntnis der kurzwelligen Reflexstrahlung im Übergangsgebiet zwischen Land und Meer

21

H . - U . LASS

Erste Ergebnisse über das Strömungsfeld in der ufernahen Zone eines quasi-gezeitenlosen Meeres und die damit zusammenhängenden Transportprobleme von Beimengungen P.

39

HUPFER

Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes in der ufernahen Zone der westlichen Ostsee

59

G. NEUBERT

Über den Einsatz automatischer hydro-meteorologischer Bojen in Küstennähe

91

TH. FOKEN

Punktförmige Temperaturmessung L u f t und Wasser

mit

Perlthermistoren

in 103

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen im 100-km-Niveau über Mitteleuropa im Sonnenfleckenmaximum 1968 bis 1970 113 Buchbesprechungen

1*

141

Anschriften der Verfasser

stud. met. T H . F O K E N , 9 5 Zwickau, Friedrich-Staude-Str. 3 3 Dozent Dr. habil. P E T E R H U T F E R , Sektion Physik, Fachbereich Geophysik der Karl-MarxUniversität, 701 Leipzig, Talstr. 35 Dipl.-Phys. D. KÜRSCHNER, Geophysikalisches Observatorium der Karl-Marx-Universität, 7261 Collm über Oschatz Dr. H.-U. LASS, Maritimes Observatorium der Karl-Marx-Universität, 2385 Zingst, Müggenburger Weg 5 Prof. Dr. sc. R . LAUTERBACH, Sektion Physik, Fachbereich Geophysik, der Karl-MarxUniversität, 701 Leipzig, Talstr. 35 Ing. GOTTTHER NETJBERT, Sektion Physik, Fachbereich Geophysik der Karl-Marx-Universität, 701 Leipzig, Talstr. 35 Dipl.-Met.

G E R H . SCHMAGER, 1 5 5 1

Berge, Schulstr.

4

Dr. habil. R. SCHMINDER, Geophysikalisches Observatorium der 7261 Collm über Oschatz

Karl-Marx-Universität,

Vorwort Diese Veröffentlichungen der Karl-Marx-Universität Leipzig fassen folgende zwei Schriftenreihen zusammen: 1. Veröffentlichungen des Geophysikalischen Institutes, begründet 1913 von V. BJERKNES.

2. Geophysik und Geologie, Schriftenreihe zur Synthese zweier Wissenschaften, begründet 1 9 5 9 von R . L A U T E R B A C H . Das geophysikalische Potential der Karl-Marx-Universität wurde in ihrer Sektion Physik nach Auflösung des Geophysikalischen Institutes und Überführung der Fachrichtung Meteorologie an die Humboldt-Universität Berlin zusammengefaßt. So bestehen gegenwärtig folgende vier Arbeitsgruppen in der Sektion Physik: — physikalische Ozeanologie und maritime Meteorologie mit dem Maritimen Observatorium in Zingst — Observatorium Collmberg mit seismologischem, erdmagnetischem und vor allem Ionosphären-Beobachtungsdienst (sowie Forschungsarbeiten) — Erdkruste und oberer Erdmantel (Struktur und Stoff) — Seismik (mit Signal- sowie Zeitreihenanalyse). Die Veröffentlichungen des Geophysikalischen Institutes haben unter Federführung von V. B J E R K N E S , R . W E N G E R , L. W E I C K M A N N , W . H E S S E , M . R O BITZSCH, C . S C H N E I D E R - C A R I T J S und F. K O R T Ü M aus allen Bereichen der Geophysik Beiträge von z. T. grundlegender Bedeutung gebracht. Diese Tradition soll fortgesetzt werden, d. h., es sollen wichtige Arbeiten aus dem Bereich der Physik des Erdkörpers, der Hydrosphäre und der Atmosphäre publiziert werden. Die zur Veröffentlichung gelangenden Publikationen werden zu unserer Arbeit in unmittelbarer Beziehung stehen. Die Schriftenreihe Geophysik und Geologie des ehemaligen Institutes für Geophysikalische Erkundung und Geologie der Karl-Marx-Universität sollte die Tradition der grundlegenden Arbeiten H. C R E D N E R S (U. a. des Begründers des seismologischen Landesdienstes am Anfang des Jahrhunderts) und F. KossMATS, des Mitherausgebers der Zeitschrift für Geophysik, fortsetzen. Von dieser Schriftenreihe soll das Bestreben übernommen werden, auf das Wesentliche gekürzte Arbeiten in reicherer Auswahl zu bringen. Dabei wird trotzdem jeweils

6

Vorwort

eine Schwerpunktbildung angestrebt. Wir sind ferner bemüht, die Berichte und Referate aus der letztgenannten Schriftenreihe weiterzuführen. Dabei ist beabsichtigt, auch aus der Arbeit der geophysikalischen Arbeitsgruppen der Sektion Physik, ferner von Gastvorträgen, wie bisher aber auch von den für unsere Arbeit besonders bedeutsamen literarischen Neuerscheinungen zu berichten. Die Geophysikalischen Veröffentlichungen der Karl-Marx-Universität werden bestrebt sein, Beiträge zu der umfassenden Rolle der physikalischen Geowissenschaften zu veröffentlichen, wie z. B. aus den Aufgabenbereichen — der physikalischen Aufschließung von Energie- und mineralischen Rohstoffen; — der Erforschung des Erdinneren; — der Ozeanologie, Hydrologie und Hydrogeophysik; — der Physik der Atmosphäre, vor allem auch mit Bezug auf ihre Entwicklung (Dynamik der Paläoatmosphäre); — der Umweltwissenschaften (in gesamt-geophysikalischer Beziehung); — der Biogeophysik (Bioklimatologie, Biometeorologie, Balneologie, geophysikalische Biorhythmen, biologische Wirkung der physikalischen Felder des Erdkörpers); — der Ingenieurgeophysik (Baumaterial, Baugrund, Massenrohstoffe, Verhütung von Naturkatastrophen, Wasserbauten, Atmosphäre und Nachrichtentechnik); — der Paläogeophysik (geologische Entwicklung der geophysikalischen Felder und Prozesse der Erde in Abhängigkeit von ihrer geophysikalischen Evolution) ; — Entstehung und Entwicklung der Erde und Vergleich mit den Nachbarplaneten (kosmische und planetare Physik) u. a. m. Die mit einer Studien- und Prüfungsordnung vor mehr als 30 Jahren für das zuvor einheitlich gelehrte Gebiet Physik der Erde eingeleitete Trennung in Spezialdisziplinen hat — von der Praxis her gesehen — auch heute noch überwiegend gute Gründe. Ein im Wetterdienst tätiger Physiker der Atmosphäre (Meteorologe) hat nun einmal ganz andere Aufgaben als z.B.ein Geophysiker bei der Lager Stättenerkundung. Die Begrenztheit des Le&ewsraumes Erde, die Einheitlichkeit unserer Methoden für alle Teildisziplinen, die Verflechtung derselben bei der Aufklärung der Erdentwicklung oder der Erforschung der Nachbarplaneten und nicht zuletzt das weitgehend identische mathematisch-physikalische Rüstzeug bedingen aber doch eine gesunde integrative Rückentwicklung. Sie ist auch in den Spezialorganisationen und der gesamten Gliederung z. B. der KAPG oder der IUGG deutlich. Einige weitere Gedanken zu dieser Problematik bringt der erste Beitrag. R . LAUTERBACH

Zum Problem der Wechselbeziehungen zwischen den geophysikalischen Teildisziplinen von R.

LAUTEEBACH

Das Problem der Wechselbeziehungen von Teildisziplinen der Geophysik, also der Physik der Atmosphäre, der Physik der Hydrosphäre und der Physik des Erdkörpers ist mindestens in dreifacher Hinsicht von Bedeutung: 1. Hinsichtlich des Auseinanderdriftens einer ursprünglich einheitlichen, aus der angewandten Physik hervorgegangenen Disziplin, bewirkt durch die gesellschaftlich relevanten Anwendungsgebiete (Wetterdienst, Rohstoffsuche, Nutzung der Meere u. a.), begleitet von einer gewissen wechselseitigen Entfremdung. 2. Die Veränderung der Ausbildungspläne der Hochschulen innerhalb der letzten 40 Jahre in Richtung auf eine immer stärkere Spezialisierung, die der wissenschaftlichen Potenz der Absolventen förderlich, wie z. T. auch abträglich war. 3. Nunmehr eine Rückläufigkeit dieser Entwicklung im Bereich der physikalischen Geowissenschaften, die teils gesellschaftlichen Bedürfnissen entspringt, teils aus neuen wissenschaftlichen und technischen Einsatzgebieten resultiert. Die Spezialisierung war also weniger die Folge von Gesetzmäßigkeiten, die dem Wissenschaftsgebiet selbst immanent waren, als vielmehr praktischen „äußeren" Gesichtspunkten. Nur fünf skizzierte Beispiele sollen diese Entwicklung andeuten.

1. Beispiel: Interkosmosforschung und Satellitentechnik Der Einsatz der modernen extraterrestrischen und interplanetaren Technik hat Bedeutung gleichzeitig für die Erforschung aller Geosphären, wie hier nicht ausführlich dargelegt werden muß. Im Wetterdienst und in der Meeresforschung gehört der tägliche Einsatz schon zum Routineprogramm. Für die Physik der festen Erde ergeben sich völlig neue Perspektiven für die Erdfigurbestimmung, die Erforschung der Potentialfelder der Erde, aber auch der Kruste wie des Erdmantels. Mehr noch: Die Erforschung von Mond, Venus und Mars wirft auf dem Gebiet der Planetenphysik Fragen parallel und analog zu denen des Spezialgebietes Geophysik auf, die gleichzeitig eng verflochtene Probleme der festen, flüssigen wie atmosphärischen Bestandteile — soweit vorhanden — betreffen. Analoges gilt für die interplanetare Forschung und die Wechselwirkung zwischen Planeten und Sonne. Dieser Bereich ist in den letzten zwei Jahrzehnten aus

8

R . LAUTERBACH

einer mehr lexikalischen, hypothesenreiehen „Anonymität" in das Stadium einer hoch aktuellen, reichlich mit Spezialmaterial versehenen konkreten Existenz übergewechselt. 2. Beispiel:

Umweltforschung

Die Erforschung der physikalischen Eigenschaften der natürlichen Umwelt des Menschen und ihrer künstlichen — bereits jetzt oder evtl. später z. T. irreversibel —, schädlichen Veränderungen kann praktisch nicht umhin, die Wechselbeziehungen der physikalisch unterscheidbaren Geosphären zu einem wesentlichen Untersuchungsgegenstand zu machen. Die Entwicklung der für die Menschheit so kostbaren Atmosphäre ist ohne die Einbeziehung der Hydrosphäre in das Gesamtsystem ebenso wenig möglich wie ohne die feste Erde. Die zahlreichen hydrologisch-wasserwirtschaftlichen Probleme lassen sich ebenso nur durch gemeinsame Anstrengungen der Physik des Erdkörpers, der Physik der Hydro- und Atmosphäre lösen. Die Biosphäre hat sich über sehr lange Zeit an alle physikalischen Umweltwirkungen angepaßt entwickelt. 3. Beispiel:

Planetenphysik

Die Untersuchung der inneren Planeten führt vergleichend zu Ergebnissen, die nur im genetisch notwendigen gesamtplanetaren Maßstab erfolgreich interpretiert werden können. Das heißt für die Erde aber die intensive Beachtung der Wechselwirkung aller Geosphären. Während zunächst die Planetenoberflächen, dann die Atmosphären und — soweit vorhanden — Hydrosphären einer besonderen Betrachtung unterzogen wurden, kommen nun auch die Ergebnisse bzw. Modelle von Substanz und Struktur des Inneren der Planeten hinzu. 4. Beispiel:

Paläogeophysik

Die außerordentliche Verbesserung physikalischer und chemischer Methoden, wie z. B. der Isotopenanalyse, hat dazu geführt, daß über Spekulationen hinaus bereits sehr konkrete Daten zur Paläogeophysik aller Geosphären (in Wechselwirkung mit der Biosphäre) vorliegen. Galt dies zunächst für die allgemeine Tendenz des Paläoklimas, so kamen die paläometeorologischen und Fragen der Paläoatmosphäre, ihrer Zusammensetzung, Dynamik und Entwicklung hinzu. Die 1 6 0: 1 8 0-Methoden ermöglichten eine Paläotemperaturanalyse der alten Ozeane. Desgleichen ist die Entwicklung der Ozeane in letzter Zeit immer deutlicher geworden. Schließlich hat für den Erdkörper der Paläomagnetismus Nachbargebiete in der Paläorotation, Paläogeodäsie u. a. erhalten. Alle diese Teilgebiete werfen mit ihren Ergebnissen aber Konsequenzen für sämtliche Geosphären auf, so daß mit diesen die Kosmo- und Geogonie konkret ergänzenden Teildisziplinen eine weitere Triebfeder für die Gesamtbetrachtung und -analyse aller Teilbereiche der Erde entstanden ist.

Wechselbeziehungen zwischen den geophysikalischen Teildisziplinen

9

5. Beispiel: Biogeophysik Bei der Untersuchung der biologisch-medizinischen Auswirkung geophysikalischer Felder und ihrer (z. T. rhythmischen) Änderungen summieren sich die Wirkungen der einzelnen Geosphären nach Ansicht der hierfür spezialisierten Mediziner, vor allem der Physiologen und der Biophysiker. Zu dieser Arbeitsproblematik gehören u. a. die Bioklimatologie, die Biometeorologie, die Meteoropathologie, Teile der Balneologie, spezielle Fragender Ozeanologie; alle jene Disziplinen, die sich mit den Einflüssen der Potentialfelder auf biologische Systeme befassen (Teile der Raumfahrtmedizin — primäres Fehlen der geophysikalischen Umwelt), die Physiologie geophysikalischer Felder (darunter Magnetfeld, tellurische Ströme u. a.) und die Biophysik des Erdkörpers (magnetisches und Schwerefeld, Auswirkung der geophysikalisch-geochemischen Verhältnisse in Tiefenbruchzonen), Probleme der Wechselwirkung geophysikalischer Felder und Insekten- sowie Vogelflug (neuerdings auch Wanderung von Fischschwärmen), Biorhythmologie u. v. m. Das biologische System vermag zwischen den einzelnen Anteilen des Einflusses, den die verschiedenen Geosphären beisteuern, nicht zu trennen. Das wird bei verschiedenen physiologischen Problemen deutlich, z. B. bei der gegenwärtig so wichtigen Frage der Biorhythmen, ihrer Ursachen und Auswirkung. Es scheint nach medizinischer Ansicht sicher zu sein, daß die Milliarden Jahre dauernde Anpassung der in Entwicklung begriffenen Biosphäre eine wichtige Rolle spielt. Die Ursachen bestimmter Vorzugsfrequenzen der Biorhythmen liegen anscheinend ebensosehr im atmosphärischen, magnetosphärischen, tellurischen wie mikroseismischen Bereich. Es ist selbstverständlich, daß es noch zahlreiche weitere, ja selbst viel bessere Beispiele gibt, um die sich effektiv rückvollziehende Teilintegration der geophysikalischen Disziplinen zu untersuchen. An Hand der obigen Fälle sollten nur einige Probleme aufgezeigt werden, die gerade den Leipziger Fachbereich Geophysik mit seinen Physikern der Atmosphäre, der Hydrosphäre, des Erdkörpers und den Geologen, als Bearbeitern der erdgeschichtlichen Randbedingungen, beschäftigen. Wie überall in den modernen Naturwissenschaften ist dieser Prozeß der zunehmenden Integration mit einer rasch im Sinne einer Spezialisierung fortschreitenden Vertiefung der Teildisziplinen verknüpft.

Über den mittleren Wärmehaushalt der ufernahen Zone der westlichen Ostsee von P . HUPFER

Zusammenfassung Auf der Grundlage klimatologischer Werte werden mittlere Monatssummen der Komponenten des Wärmehaushaltes für die ufernahe Zone der westlichen Ostsee abgeschätzt und für Flachwasser von 1 m Wassertiefe die mittlere monatliche Wärmespeicherung aus Temperaturdaten sowie der mittlere monatliche advektive Wärmetransport als Restglied berechnet. Strahlungsbilanz sowie die Ströme fühlbarer und latenter Wärme passen sich in Betrag und Gang bei deutlichen landbürtigen Einflüssen den maritimen Verhältnissen an. Die hohen Beträge des advektiven Wärmetransportes stellen eine typische Besonderheit der ufernahen Zone des Meeres dar. Die zuverlässige Berechnung von Tages- oder Tagesteilsummen der langwelligen Strahlungsbilanz und besonders der turbulenten Wärmeströme in der Kontaktzone zwischen Land und Meer ist ein vorerst noch ungelöstes Problem.

1.

Einleitung

Die Arbeiten des Maritimen Observatoriums Zingst der Karl-Marx-Universität Leipzig zu Problemen des thermischen und dynamischen Verhaltens der ufernahen Zone der westlichen Ostsee (bei Zingst) gaben Veranlassung, das mittlere Wärmehaushaltsregime in der Randzone dieses gezeitenarmen Meeres einer Abschätzung zu unterziehen. Für eine Wassersäule vom Einheitsquerschnitt und der Tiefe z ist die Wärmehaushaltsgleichung QS-QR

+

QG-QA-

QRL

± Q V ± Q K ± Q B ±

QAäv =

Qsp•

(1)

Dabei bedeuten Qs QR QG QÄ QRL Qv QK QB

— die kurzwellige Sonnen- und Himmelsstrahlung (Globalstrahlung), die die Meeresoberfläche erreicht; — die gesamte reflektierte kurzwellige Strahlung; — die langwellige atmosphärische Gegenstrahlung; — die langwellige Ausstrahlung der Meeresoberfläche; — die langwellige reflektierte Strahlung; — den latenten Wärmestrom (Verdunstung) zwischen Meeresoberfläche und Atmosphäre; — den konvektiven (fühlbaren) Wärmestrom zwischen Meeresoberfläche und Atmosphäre; — den Wärmestrom durch den Meeresboden;

12

P . HUPFER

QÄiv — den mit der mittleren und turbulenten Wasserbewegung verbundenen Wärmestrom („Advektion") in der Wassersäule; Qsp — den Wärmegewinn oder -Verlust der Wassersäule (Saldo), der in der Änderung ihrer mittleren Temperatur zum Ausdruck kommt. Weitere Wärmehaushaltskomponenten, wie die Wärmeumsätze durch Dissipation von Bewegungsenergien, chemisch-biologische Prozesse u. a. sowie durch Zuflüsse, Niederschläge und Eisbildung bzw. -schmelze, können wegen ihres geringen Anteils am Gesamtwärmehaushalt vernachlässigt werden oder spielen nur unter speziellen, hier nicht betrachteten Bedingungen eine ins Gewicht fallende Rolle. 2.

Bestimmungsmethoden

2.1. Mittlere

Strahlungsbilanz

Die Strahlungsbilanz QSB der Meeresoberfläche ist gegeben durch QSB =QS-QR+QG~QA-

QRL •

(2)

Die Globalstrahlung Q s ist im wesentlichen von der Sonnenhöhe, der atmosphärischen Trübung und den Bewölkungsverhältnissen abhängig. Für längere Mittelungszeiträume kann diese Größe mit hinreichender Genauigkeit durch empirische Beziehungen berechnet werden (siehe z. B . M. S T U R M 1963). Für die vorliegende Untersuchung wurde von einer rechnerischen Abschätzung Abstand genommen, und dafür wurden die von H. M A T Z K E 1953 mitgeteilten mittleren Monatssummen der Globalstrahlung der Periode 1930/49 für Greifswald als repräsentatives Gebietsmittel benutzt. Das erschien gerechtfertigt, da die von M. S T U R M 1970 berechneten mittleren monatlichen Globalstrahlungssummen für Fehmarnbelt (1957/61) von den Greifswalder Werten nur relativ wenig abweichen. Die kurzwellige Reflexstrahlung QR wurde nach der von G . S C H M A G E R und P . H U P F E R 1 9 7 4 für die ufernahe Zone bei Zingst empfohlenen Beziehung Qu = 0,093 Qs [cal cm- 2 Tag" 1 ]

(3)

aus den mittleren monatlichen Tagessummen der Globalstrahlung ohne Berücksichtigung von Seegangskorrekturen berechnet. Für die Bestimmung der atmosphärischen Gegenstrahlung QG gibt es eine Anzahl von Beziehungen (siehe T. L A E V A S T U 1 9 6 0 , M. S T U R M 1 9 6 3 ) . Für das Untersuchungsgebiet haben H . M. B O L Z und G. F A L C K E N B E R G 1 9 4 9 für die Berechnung von Mittelwerten die Form Qg = aTL* (0,820 - 0,250 • ICH'095«)

[cal cm" 2 min- 1 ]

mit a = 0 , 8 2 6 • 1 0 - 1 0 cal c m - 2 m i n - 1 grad~ 4 (BoLTZMANN-Konstante),

Th = Lufttemperatur in K (Hüttenniveau), e = Dampfdruck in mb (Hüttenniveau) angegeben.

(4)

Wärmehaushalt der ufernahen Zone der westlichen Ostsee Der Einfluß der Bewölkung wurde durch den von H . M. nen F a k t o r zur Gl. (4) (1 + k C 2 - 5 ) mit C k Die wurde

BOLZ

13 1949 gefunde(4 a)

— Bedeckungsgrad (0 < C < 1) und = von der Wolkenart abhängiger F a k t o r (im Mittel 0,22) berücksichtigt. mittlere monatliche langwellige Ausstrahlung der Meeresoberfläche QA nach dem STEPHAN-BoLTZMÄNNschen Gesetz QA = eo-TV

[cal/cm- 2 min- 1 ]

(5)

mit TW = Oberflächenwassertemperatur in K (benutzt wurde die „konventielle" Oberflächentemperatur, die für die ersten Dezimeter repräsentativ ist) und e = Emissionsvermögen des Wassers (0,96) abgeschätzt. Das langwellige Reflexionsvermögen (1 — e) der Meeresoberfläche wurde als Strahlungsbilanzkomponente durch QRL =

erfaßt.

0,04

(6)

QG

Tabelle 1. Mittlere Monatssummen der Komponenten des Wärmehaushaltes der ufernahen Zone der westlichen Ostsee Die Daten beziehen sich auf eine Wassertiefe von 1 m und haben die Dimension Kcal cm - 2 Monat -1 . Positives (negatives) Vorzeichen bedeutet, daß dem Wasser Wärme zugeführt (entzogen) wird. Als charakteristische Wassermasse wird „Trübes Küstenwasser" (nach T . LAEVASTU 1 9 6 0 ) a n g e n o m m e n .

Monat

Jan. Febr. März April Mai Juni Juli August Sept. Oktober Nov. Dez.

QS

+ 1,19 + 2,44 + 6,32 + 9,73 +13,91 +15,06 +14,29 +11,91 + 7,78 + 4,26 + 1,53 + 0,89

QB

QE

QA

-0,11 - 0,23 -0,59 -0,90 -1,29 -1,40 -1,33 -1,11 -0,72 -0,40 -0,14 -0,08

+17,00 +15,40 +17,63 +17,93 +20,16 +20,66 +22,17 +22,22 +20,34 +20,00 +18,17 +18,06

-20,21 -18,07 -20,27 -20,58 -22,74 -23,30 -24,86 -24,93 -23,44 -23,09 -21,11 -20,81

QRL

QSB

- 0 , 6 8 - 2,81 - 0,62 - 1,08 - 0 , 7 0 + 2,39 - 0 , 7 2 + 5,46 - 0 , 8 1 + 9,23 - 0 , 8 3 +10,19 - 0 , 8 9 + 9,38 - 0 , 8 9 + 7,20 - 0 , 8 1 + 3,15 - 0 , 8 0 - 0,03 - 0 , 7 3 - 2,28 - 0 , 7 2 - 2,66

QV

-1,75 - 0,67 -0,46 -0,95 -1,71 -2,55 -3,30 -3,94 -3,70 -4,00 -3,04 -2,22

QK

Q„

QADV

QSP

-1,76+0,19 +5,99-0,14 - 0,82 + 0,15 + 2 , 3 8 - 0 , 0 4 +0,04 + 0 , 1 0 - 1 , 8 2 +0,25 - 0 , 3 8 - 0 , 0 1 -4,48 +0,40 +0,48 - 0 , 1 0 -7,47 +0,43 +0,32 - 0 , 1 6 - 7 , 4 8 +0,32 +0,34 - 0 , 1 9 - 6 , 1 1 +0,12 -0,32 -0,15 -2,88 -0,09 -0,76 -0,10+1,14 -0,27 - 2 , 1 1 +0,01 +5,77 - 0 , 3 6 - 2 , 2 6 +0,10 +7,13 - 0 , 3 5 - 2 , 1 6 +0,16 +6,61 -0,27

Mittlere Jahres- +89,31 - 8 , 3 0 +229,74 - 2 6 3 , 4 1 - 9 , 2 0 +38,14 - 2 8 , 2 9 - 8 , 6 3 + 0 summe

-1,22 + 0

14

P . HUPFER

Für die Lufttemperatur, den Dampfdruck und den Bedeckungsgrad wurden langjährige Monatsmittel von Wustrow/Fischland (1881/1930) und für die Wassertemperatur Mittelwerte des Jahrzehnts 1953/62 von Darßer Ort verwendet. Die Ergebnisse sind Tab. 1 zu entnehmen. 2.2. Turbulente Wärmeströme Für die den Energieaustausch zwischen Wasser und Luft bestimmenden turbulenten Ströme fühlbarer und latenter Wärme wurden nach T. L A E V A S T U 1960 (s. a. M. STURM 1971) folgende Beziehungen verwendet: Qv = [4,55(0,98^ - e)v + 15,36(0,98^ - e)],

(7)

QK = [3,00(ijy - tL)v + 1 0 , 1 4 ^ - l £ )] für tw — tL > 0

(8)

bzw. Q k = 3 , 0 0 ^ - tL)v

(8 a)

für tw — tL < 0. Die mittlere monatliche Windgeschwindigkeit v (m/s) wurde Beobachtungswerten von Darßer Ort (1922/38) entnommen, von der gleichen Station (1953/62) stammen die Werte für den mittleren monatlichen Sättigungsdampfdruck der Luft (mb) bei der Wassertemperatur tw (°C). Die Lufttemperatur- und Dampfdruckwerte stammen von der benachbarten Station Wustrow (wie oben). 2.3. Weitere Komponenten der Wärmebilanz Der Wärmestrom durch den Meeresboden QB wurde unter der Annahme abgeschätzt, daß die Monatsmittel der Wassertemperatur in der Bodenschicht (bzw. der ganzen flachen Wasserschicht in der ufernahen Zone) gleich denen der Bodenoberfläche sind und daß deren jährlicher Gang durch eine reine Sinusschwingung hinreichend gekennzeichnet ist. Dann ergeben sich aus der Wärmeleitungsgleichung unter Annahme plausibler bodenphysikalischer Parameter und eines vernachlässigbaren horizontalen Wärmestromes im Boden die gesuchten Werte Q B . Diese wurden mit den oben erwähnten Wassertemperaturdaten für die Bodenschicht 0—10 m errechnet und in Tab. 1 verzeichnet. Das die Temperaturänderungen in der betrachteten Wassersäule hervorrufende Wärmesaldo QSP kann aus den gemessenen Schichtmitteltemperaturen (in der ufernächsten Zone genügt die Messung in einer Tiefe) erhalten werden Qsp = cqAtw • z

[cal cm- 2 ].

(9)

Dabei sind c = spezifische Wärme des Wassers, Q = Wasserdichte, Atw = Änderung der Schichtmitteltemperatur im Berechnungszeitraum und z = Wasser tiefe in cm.

Wärmehaushalt der ufernahen Zone der westlichen Ostsee

15

Für die Rechnungen wurde z = 100 cm gewählt, wobei im Mittel eine volle vertikale Durchmischung bestehen soll (siehe P . H U P F E R 1 9 7 4 ) . Zur Bildung der mittleren Temperaturdifferenzen Monatsanfang—Monatsende wurden die erwähnten Daten von Darßer Ort herangezogen. Die Wärmemenge QAdV, die durch die mittlere Strömung und den turbulenten Wärmetransport der betrachteten Wärmesäule im Berechnungszeitraum (hier immer Monat) zugeführt oder entzogen wird, kann nunmehr als Restglied berechnet werden: QÄ*

=

Qsp

-

(QSB

-

QV

± Q K ±

QB) •

(10)

Die hier verwendeten Bestimmungsmethoden für die Komponenten des Wärmehaushaltes der ufernahen Zone sind Näherungsverfahren, und die erzielten Ergebnisse (Tab. 1) sind entsprechend zu werten, zumal heterogene Klimadaten verwendet werden mußten. 3. Diskussion der Ergebnisse Die Strahlungsbilanz ist in den Monaten November bis Februar negativ mit dem Minimum von —2,8 Kcal cm - 2 Monat - 1 im Februar und in der übrigen Jahreszeit positiv mit dem Maximum von + 1 0 , 2 Kcal cm - 2 Monat - 1 im Juni, wobei ein mittlerer jährlicher Wärmegewinn von 38,1 Kcal resultiert. Wegen der relativen Invarianz der langwelligen Strahlungsbilanz ist der Gang von QSB eng mit dem von QS verbunden (s. L. W. GAY 1971). Für die verwendeten bzw. erhaltenen Mittelwerte besteht die Beziehung

QSB = 0,92 QS — 120

[cal cm- 2 Tag- 1 ]

(11)

mit einer mittleren Abweichung von nur ¿ 6 cal cm - 2 Tag - 1 . Beziehung (11) kann nach Stichprobenmessungen in Zingst in erster Näherung auch für die Berechnung von Tagessummen der Strahlungsbilanz herangezogen werden, wenn Meßwerte der Globalstrahlung zur Verfügung stehen. Die Streuung ist dann jedoch beträchtlich höher. Der Gang der Strahlungsbilanz der Wasseroberfläche der ufernahen Zone wurde mit entsprechenden Gängen für die zentrale Ostsee und für grasbewachsenen Boden der Binnenstation Eberswalde verglichen. Für die zentrale Ostsee standen dazu die Werte zur Verfügung, die K. S. P O M E R A N E C 1964 für die Periode 1928/38 und 1947/55 berechnet hat, und für Eberswalde von F . K O R T Ü M 1965 für 1931/44 berechnete Daten (Abb. 1). Die zentrale Ostsee weist mit einer Jahresbilanz von + 4 7 , 9 Kcal cm - 2 J a h r - 1 die höchsten, Eberswalde mit + 3 5 , 1 die niedrigsten Werte auf. Die ufernahe Zone unterscheidet sich von der zentralen Ostsee zwischen August und März nur wenig, während in der Zeit von April bis Juli die Küstenwerte deutlich niedriger liegen. So hat die Strahlungsbilanz der ufernahen Zone Übergangscharakter zwischen Meer- und Landgebieten. Der während des ganzen Jahres vom Wasser zur Atmosphäre gerichtete latente Wärmestrom QV weist einen ausgeprägten Jahresgang mit Minimalwerten im

16

P. HUPFER

April und Höchstwerten zwischen August und Oktober auf. Der Vergleich mit dem Gang von Q v über dem Meer und über einer Landfläche macht auch hier den Übergangscharakter der ufernahen Zone deutlich. In Abb. 1 sind langjährige Mittelwerte für die Belt-, Arkona- und Bornholmsee (W. BROGMUS 1952) sowie

SB Ufernahe Zone Zentrale Ostsee Eberswalde

¡¿v westl.Ostsee

Qk FS Gedser ßev

Abb. 1. Mittlerer Jahresgang von Wärmehaushaltkomponenten der ufernahen Zone im Vergleich mit den Verhältnissen auf See und im Binnenland für eine Grasfläche bei Eberswalde (F. KOSTÜM 1965) zusammen mit den für die ufernahe Zone ermittelten Werten dargestellt. Mit einer gewissen Verschiebung der Hauptextreme um einen Monat sind die Kurven der westlichen Ostsee und der ufernahen Zone ähnlich, während sich das Land mit dem Maximum im Mai/ Juli und dem Minimum im Winter von diesen erheblich unterscheidet. Bis auf April bis Juni liegen die Ostsee-Werte höher als die Uferwerte, so daß der mitt-

Wärmehaushalt der ufernahen Zone der westlichen Ostsee

17

lere latente Wärmestrom in der Uferzone stets zu den Landwerten hin von den Q(/-Werten des vorgelagerten Seegebietes abweicht. Auf die Übergangsverhältnisse am Ufer deuten auch die Jahreswerte hin (Ostsee 36,7; Uferzone 28,3; Eberswalde 22,4 Kcal cm"2 Monat- 1 ). Gegenüber Qv tritt der fühlbare Wärmestrom QK durch geringere Beträge zurück. Diese Größe durchläuft in der ufernahen Zone einen einfachen Jahresgang mit maximalen Werten im Herbst und Winter für den Wärmestrom Wasser/Luft und maximalen Werten des Wärmestroms Luft/Wasser im Frühjahr. Zum Vergleich wurden nach der gleichen Methode berechnete Qir-Mittelwerte für Gedser Rev für die Periode 1901/60 (außer Kriegsjahren) nach S. H E L B I G und P. H U P F E E 1970 sowie wiederum die Eberswalder Berechnungen von F. K O R T Ü M 1965 herangezogen. Die Unterschiede zwischen Meer und ufernaher Zone (Abb. 1) sind verhältnismäßig gering. Die Werte von Oktober bis Februar sind in der ufernahen Zone erhöht, was auf die dort stärker vom Land beeinflußten Lufttemperaturen zurückzuführen sein dürfte. Das äußert sich in einem höheren Jahresbetrag der Abgabe fühlbarer Wärme an die Atmosphäre in der ufernahen Zone (8,6 gegenüber 7,3 Kcal cm - 2 Monat -1 ). Bedingt durch das unterschiedliche Verhalten von Landund Wasserflächen weist der QK-Gang für Eberswalde einen entgegengesetzten Verlauf mit bedeutend höheren Beträgen des Wärmestroms in den einzelnen Monaten auf (Jahreswert 12,7 Kcal). Der Wärmestrom durch den Meeresboden ist in den Monaten Oktober bis März positiv, d. h. in das Wasser gerichtet, und in den Monaten April bis September negativ, wobei jedoch 200 cal cm - 2 Monat - 1 nicht überschritten werden. In den meisten Monaten macht das nur einen geringen Prozentsatz von Qs aus, so daß diese Größe, die zu einer geringen Phasenverschiebung von QSp und QÄdv führt, im allgemeinen vernachlässigt werden kann. Die Wärmespeicherung QSp ist gegenüber den anderen Wärmehaushaltsgrößen mit Ausnahme von QB durch sehr niedrige Beträge gekennzeichnet und weist

Kcal/cm2 °

'j'f'M'/l'M'j'j'/i's'o'/v'i

1

Abb. 2. Mittlerer Jahresgang der Beträge des advektiven Wärmetransportes in der ufernahen Zone für eine Wassertiefe von 1 m 2

Lauterbach

18

P . HUPFEH

einen einfachen, die jährliche Erwärmungs- und Abkühlungsphase wiedergebenden Jahresgang auf. Die als Restglied berechnete Wärmeadvektion QAdv spielt in der flachen ufernahen Zone eine entscheidende Rolle. In der Zeit von September bis Februar bewahrt eine ständige Wärmezufuhr vom offenen Meer durch Strömungen und turbulenten Austausch die ufernahe Zone vor einer extremen Abkühlung, während in der Zeit von März bis August eine advektive Wärmeabfuhr für den Ausgleich der Wärmebilanz in der ufernächsten Zone sorgt. Die Beträge sind im Mai/Juni und im November am größten und in der Zeit der thermischen Umstellung im März und September am geringsten (Abb. 2). Die sich ergebende negative Jahressumme von etwa 1,2 Kcal ist verhältnismäßig gering und deutet unter Berücksichtigung des Fehlerintervalls der für die Abschätzung verwendeten Methoden eher auf eine ausgeglichene Gesamtwärmebilanz der ufernahen Zone hin (vgl. M. STÜRM 1968, 1970 für Fehmarnbelt). Da die monatlichen Änderungen der Schichtmitteltemperaturen seewärts der hier betrachteten ufernächsten Zone von gleicher Größenordnung sind, nehmen die (¡^¿„-Beträge mit zunehmender Wassertiefe rasch ab. Die Wärmehaushaltskomponente QAdv prägt den Charakter der Wärmebilanz des ufernahen Meeres und führt zu charakteristischen Besonderheiten des Wassertemperaturfeldes in dieser Zone (s. P. HUPFER 1974). 4. Zur Frage der Bestimmung der Wärmehauhaltskomponenten Mittelungszeiträume

für kurze

F ü r b e s t i m m t e A n w e n d u n g e n (sieheH. U . LASS 1972, P . HUPFER u n d H . U.LASS

1971) ist es notwendig, Tages- oder Tagesteilsummen der Hauptkomponenten des Wärmehaushaltes der Oberfläche der ufernahen Zone des Meeres zu kennen. Stehen keine Messungen der Strahlungsbilanz im Untersuchungsgebiet zur Verfügung, so ist jedoch mindestens die Messung bzw. Registrierung der Globalstrahlung zu empfehlen, was im allgemeinen leicht möglich sein dürfte. Beschränken sich die Untersuchungen auf die ufernahe Zone bis etwa 103 m Küstenabstand, so kann man annehmen, daß das Strahlungsfeld statistisch hinreichend homogen ist und mit ausreichender Genauigkeit durch in unmittelbarer Ufernähe an Land durchgeführte Globalstrahlungsmessungen beschrieben werden k a n n (s. E . HAGEN, P . MARTENS u n d G . SCHMAGER 1971).

Die kurzwellige Reflexstrahlung kann nach Beziehungen berechnet werden, wie sie f ü r Zingst von G. SCHMAGER u n d P . HUPFER 1972 gefunden wurden.

Zur Ermittlung der langwelligen Strahlungsbilanz kann für die Bedingungen von Zingst — wie Stichprobenmessungen ergeben haben — die angegebene Beziehung (4) mit dem Wolkenfaktor (4 a) näherungsweise auch für die Bestimmung von Tagessummen verwendet werden, ebenso wie (5) für die langwellige Ausstrahlung aus der gemessenen Wassertemperatur. Die Fehler für die so berechneten Werte der Strahlungsbilanz für kurze Mittelungszeiträume sind jedoch ziemlich groß, und man kann daher einfacher die Beziehung (11) verwenden, die die Kopplung zwischen Globalstrahlung und

Wärmehaushalt der ufemahen Zone der westlichen Ostsee

19

Strahlungsbilanz beschreibt und für Zingst getestet wurde. Detaillierte Untersuchungen stehen jedoch noch aus. Die ufernahe Zone unterscheidet sich von dem offenen Meer vor allem durch die Existenz starker horizontaler Gradienten der Luft- und Wassertemperatur sowie des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft in der Nähe der Grenzfläche Luft/Wasser und durch charakteristische Veränderungen des Seegangsfeldes mit zunehmender Verringerung der Wassertiefe. Daher können in der ufernahen Zone des Meeres die homogene Verhältnisse in der Ebene voraussetzenden parametrisierten Beziehungen zur Berechnung aktueller Werte der turbulenten Wärmeströme nur mit großen Vorbehalten angewendet werden. Annähernd homogene Verhältnisse sind in der ufernahen Zone nur bei auflandigem Wind zu erwarten; unter diesen Bedingungen wurden für Zingst die von L . HASSE 1968 angegebenen Formeln zur Berechnung von QK- und Q 7 -Tagesgängen benutzt. Grundsatzuntersuchungen über das Verhalten der Wärmeströme in der ufernahen Zone des Meeres stehen noch aus.

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20

P . HTJPFER

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Beitrag zur Kenntnis der kurzwelligen Reflexstrahlung im Übergangsgebiet zwischen Land und Meer v o n G . SCHMAGEK, u n d P . H Ü P F E R

Zusammenfassung Verhalten und küstennormale Veränderungen der kurzwelligen Albedo in der ufernahen Zone der westlichen Ostsee werden auf der Grundlage von im Sommer 1970 am Maritimen Observatorium Zingst durchgeführten Registrierungen für Tage mit unterschiedlichen Bewölkungs- und Seegangsverhältnissen diskutiert. Für Beispieltage durchgeführte Albedoberechnungen stimmen befriedigend mit gemessenen Werten überein. Statistisch gesicherte Beziehungen für die Tagessummen der Reflexstrahlung bzw. die Tageswerte und den Gang der Albedo werden angegeben, deren Anwendung die Kenntnis der Globalstrahlung bzw. der Global- und diffusen Himmelsstrahlung sowie des jeweiligen Zustandes der ufernahen Zone des Meeres erfordern. Mit mittleren Tageswerten der Albedo von 9 —10% unter normalen Bedingungen zeichnet sich die untersuchte Region durch eine etwas höhere Albedo als das offene Meer aus. Bei Brandung wurden Maximalwerte der Albedo bis 20% festgestellt.

1. Einführung Infolge des sich an der Uferlinie einer Küste vollziehenden Überganges zwischen fester und flüssiger Erdoberfläche mit ihren jeweils sehr unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften zeigt das Verhalten der meisten meteorologischen Größen im Übergangsgebiet zwischen Land und Meer charakteristische Besonderheiten. Davon sind die kurz- und langwelligen Strahlungsströme nicht ausgenommen, wobei die von den Eigenschaften der Oberfläche entscheidend abhängige kurzwellige Reflexstrahlung den stärksten Veränderungen ausgesetzt ist. Als Voraussetzung für das Studium des Strahlungs- und Wärmehaushaltes der ufernahen Zone des Meeres sind daher fundierte, leicht anwendbare Kenntnisse über den reflektierten Anteil der Globalstrahlung notwendig. Im folgenden verstehen wir unter dem Begriff Albedo A % das in Prozent ausgedrückte Verhältnis des gesamten reflektierten Anteils der Globalstrahlung zu der an der Meeres- oder Erdbodenoberfläche einfallenden Globalstrahlung QS, bezogen auf eine horizontale Fläche. Den Reflexanteil der Globalstrahlung QR kann man aufspalten in die Komponente QRH als den von der direkten Sonnenstrahlung herrührenden Anteil und in die Komponente QRI), die von der Reflexion der diffusen Himmelsstrahlung hervorgerufen wird. Neben diesen Komponenten der „äußeren" Reflexion muß man bei Wasser als einem lichtdurchlässigen Medium noch die „innere" Reflexion berücksichtigen. Dabei handelt es sich um die kurzwellige Rückstrahlung aus

22

G . SCHMAGEK u n d P . H U P F E K

dem Wasser QRR als Folge der Streuung der in das Wasser eindringenden Strahlung an den Wassermolekülen sowie den gelösten oder suspendierten Wasserinhaltstoffen und bei flachen Gewässern — so auch in der ufernahen Zone des Meeres — um die Reflexion am Boden des Gewässers QRB. Damit kann man das Reflexionsvermögen des Wassers R durch ß

_

QrH

+

+ QRR + QRB

QRD

/j,

Q~s

und die Albedo A % durch

A % = R •

100

(2)

ausdrücken. Albedountersuchungen im Küstenbereich sind — von sporadischen Messungen abgesehen — noch selten. Die grundlegenden Verhältnisse verdeutlichen die bei Hubschrauberflügen senkrecht zur Küste des Schwarzen Meeres durchgeführten Messungen

von

T. V. KIRILLOVA u n d

S. P . MALEVSKIJ-MALEVIÖ

1964.

Aus

Abb. 1 geht hervor, wie rasch der Übergang von den hohen Land- zu den niedrigen Seewerten erfolgt. Charakteristische Zahlen zum Übergangsgebiet, die Untersuchungen an der Morecamb-Bay (Irische See) entstammen, wurden von V. C. BENDELOW 1969 mitgeteilt. Es ergaben sich folgende mittlere A %-Werte: Trockener Sand 35,4, Feuchter Sand 17,0, A%

Nasser Sand Wasser (trüb)

15,9, 10,8.

S c h w a r z e s M e e r , Sept.1962 (nach T.V. Kirillova u.S.P.Malevskij-Malevic)

20

wolkenlos ( K - ' t O 0 ) bedeckt (Seegang 3- I t)

10

Uferlinie Land

1

2

3

t km

Meer

Abb. 1. Die Veränderung der kurzwelligen Albedo beim Übergang Land—Meer (nach R. V. KIRILLOVA u n d S . P . MALEVSKIJ-MALEVIC 1 9 6 4 )

Diese Werte liegen wesentlich höher als die aus Abb. 1 zu ersehenden, stimmen aber gut mit später diskutierten Ergebnissen dieser Untersuchung überein. Speziell von den Küsten der Ostsee sind keine Albedo-Untersuchungen bekannt geworden. Für das Meer selbst werden Mittelwerte von 7% (Mai bis September) und 1 0 % (Oktober bis April) angegeben ( H . SIMOJOKI 1949). Bei B . A. BUZOVKIN

Beitrag zur Kenntnis der kurzwelligen Reflexstrahlung

23

1957 sind Schiffswerte aus der Ostsee in Abhängigkeit von Sonnenhöhe, Bewölkung und Seegang zu finden. Aus verschiedenen Untersuchungen geht hervor, daß die für ein bestimmtes Gebiet gefundenen Ergebnisse nicht ohne weiteres verallgemeinert werden können.

Abb. 2. Meßpunkt „M" (der Ausleger mit dem Albedometer ist nach Süden gerichtet)

2. Zur Berechnung der Albedo-Komponenten Die Komponente Q RH läßt sich aus den bekannten FRESNELSchen Gleichungen für das Reflexionsvermögen glatter Wasseroberflächen bei unpolarisiert einfallender Strahlung berechnen, wenn man die Sonnenhöhe h kennt (s. z. B . F. L A U S C H E R 1952). Eine gute, auf B O G U E R zurückgehende Näherung der FRESeNELschen Gleichungen (zitiert bei F. L A U S C H E R 1952) stellt die Form R„(h) = 0,020 + 0,28(1 - sin h)3 + 0,30(1 - sin h)6 + 0,40(1 - sin hf

(3)

dar. In Abhängigkeit von der Mittagszenitdistanz zM lassen sich Tagesmittelwerte für RH bzw. ÄFF % angeben (aus F . L A U S C H E R 1 9 5 2 ) : mittl.

zM



15°

30°

45°

60°

75°

85

AH %

3,30

3,49

4,11

5,87

10,98

28,72

63,81

Hieraus folgt die Tagessumme der reflektierten direkten Sonnenstrahlung zu QRH = ^i/mitu. 10-2Qs

[cal cm-2 Tag-*].

(4)

Die so ermittelten Werte gelten jedoch nur für glatte Wasseroberflächen, wie sie in der Natur nur selten vorkommen. Der Welleneinfluß auf die Albedo der

G. SCHMAGER und P. HüPFEB

24

direkten Sonnenstrahlung wurde sowohl unter der Annahme, daß die Struktur der Meeresoberfläche durch eine einfache periodische Funktion angenähert werden kann (z. B . H . GRIESSEIBE. 1953), als auch realistischer unter Berücksichtigung des statistischen Charakters der Meeresoberfläche (z. B. W. V. BURT 1954, J Ü . A. R . MULLAMAA 1968) untersucht. Die Albedo der direkten Sonnenstrahlung ist bei einem der Windgeschwindigkeit 10 m/s entsprechenden Seegang wie folgt (aus K . S. S I F R I N und Y . J U . KOLOMIJZOV 1968):

z AH % AH %

0° 2,7 2,0

20° 2,8 2,1

40° 3,4 2,4

60° 6,4 5,9

80° 22,0 34,9

bei Seegang ohne Seegang

Ab einer Zenitdistanz z = 60° ergibt sich eine geringe Erhöhung der Albedo, darunter eine stärkere Abnahme, wobei jedoch der Einfluß auf Tagesmittelwerte ziemlich gering ist. In dieser Arbeit erfolgende Abschätzungen von AH% berücksichtigen diesen Effekt daher nicht. Die Reflexion der mit unterschiedlicher Intensität aus allen Teilen des Himmelsgewölbes kommenden diffusen Himmelsstrahlung liefert einen wesentlichen Beitrag zur Gesamtreflexion. Zu deren Berechnung ist die Kenntnis der Intensitätsverteilung JD der diffusen Himmelsstrahlung notwendig. Außerdem muß die Polarisation der Himmelsstrahlung berücksichtigt werden, die jedoch nur bei hohen Sonnenständen von Bedeutung ist und im weiteren hier vernachlässigt wird. Die Berechnung des Reflexionsvermögens einer glatten Wasseroberfläche für die Himmelsstrahlung erfolgt nach K

2n V J d

S-Werte bei 70 m/Oberfläche und 115 m/Boden sowie teilweise bei 115 m/Oberfläche auf, was durch den an diesem durch einen beträchtlichen Tagesgang gekennzeichneten Tag intensiveren Austausch in Ufernähe erklärbar erscheint. Die hier nicht graphisch wiedergegebenen normierten Kohärenzen der TemS

Abb. 10. wie Abb. 7 für Bodentemperaturen 7. 8. 1969

Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes

73

peraturschwankungen zwischen Oberfläche und Boden sowie zwischen den Meßstellen (siehe ab H. U. LASS 1972) sind im niederfrequenten Bereich ab Perioden 40 bis 60 min fast überall von Null signifikant verschieden und weisen nur geringe Phasendifferenzen auf. Gleichzeitige Schwankungen an allen Meßstellen in diesem Bereich können mit korrespondierenden Schwankungen der Globalstrahlung oder küstenparalleler Advektion in Verbindung stehen. Im sicher erfaßten mittelfrequenten Abschnitt herrschen wechselnde, meist niedrige Kohärenzwerte vor. In horizontaler Richtung sind an beiden Tagen über große Teile des Spektrums hohe Kohärenzwerte zwischen den Meßstellen 280 und 390 m am Boden gegeben, was den Schluß erlaubt, daß dort die Turbulenzkörper am Boden ungestört driften können, was zwischen den übrigen Meßstellen nicht der Fall ist. Die allgemein niedrigen Kohärenzen zwischen Oberflächen- und Bodentemperaturen weisen trotz der geringen Wassertiefen auf voneinander unabhängige Turbulenzkörper in der Boden- und Oberflächenschicht hin. Weitere Untersuchungen dieser Art erscheinen notwendig. 4. Die Wirkung der lokalen

Windverhältnisse

Der für die ufernahe Zone charakteristische turbulente Wärmetransport und damit die Dynamik des Temperaturfeldes werden durch die lokale Windrichtung und -geschwindigkeit nachhaltig beeinflußt. Die Wassertemperatur reagiert sehr empfindlich auf Windrichtungsänderungen, wobei die Effekte um so größer sind, je größer die Temperaturunterschiede in der ufernahen Zone ausgebildet sind. Allgemein gilt, daß bei auflandigen Windrichtungen in der warmen Jahreszeit das allgemeine Temperaturniveau in der ufernächsten Region relativ höher ist als bei ablandigen und küstenparallelen Winden, wobei der Tagesgang sehr extrem sein kann (bis 8 Grad beobachtet). Da der Temperaturverlauf weiter seewärts zu einem entgegengesetzten Verhalten tendiert, kommt es bei auflandigem Wind zu den größten beobachteten horizontalen Temperaturgradienten. Auflandige Winde hemmen in der warmen Jahreszeit den turbulenten Wärmeabfluß vom Ufer, ablandige Winde fördern ihn. Der resultierende Effekt wird von der Richtung der uferparallelen Strömung und der dieser aufgeprägten charakteristischen Zirkulation bestimmt (siehe H . U. LASS 1974). So betrugen die Differenzen der mittleren Tagesschwankungen für den Zeitraum Mai bis August 1965 zwischen den Meßstellen 52 und 249 m bei auflandigem Wind 1,3 Grad, bei ablandigem Wind dagegen nur 0,4 Grad, die mittleren horizontalen Gradienten 1 7 1 0 0 m bzw. 0,5 O /100 m .

Die mittleren Verhältnisse an Strahlungstagen mit auf- und ablandigem Wind sind bei P. HUPFER 1970 dargestellt. Es sei erwähnt, daß sich die Lufttemperatur gerade entgegengesetzt verhält; während bei auflandigem Wind die Tagesschwankung der Lufttemperatur häufig beträchtlich unter der Wassertemperatur in der Zone des extremen Temperaturverhaltens bleibt, können an Strahlungstagen mit ablandigem Wind die Differenzen zwischen Wasser- und Lufttemperatur 15 Grad und mehr erreichen.

74

P.

HUPFER

Der Windeffekt auf das Wassertemperaturfeld wird in umgekehrter Weise auch in der kalten Jahreszeit beobachtet. Windrichtungsänderungen führen auch im Einzelfall zu spontanen Änderungen des Verhaltens der Wassertemperatur. Ein Beispiel zeigt Abb. 11. An diesem 5.9.196¥

Tag herrschte bis gegen 12,30 Uhr der Typ des Strahlungstages mit ablandigem Wind. Während sich die Lufttemperatur extrem verhält, weisen die Wassertemperaturen bei einem geringen Tagesgang nur wenig Unterschiede auf. Gegen 13 Uhr kommt es in Verbindung mit einem von Regenschauern begleiteten Kaltfrontdurchgang zur Winddrehung. Während die Lufttemperatur rasch abfällt, steigt die Wassertemperatur bei der Meßstelle 25 m um 2 Grad und später bei der Meßstelle 93 m ebenfalls. In 249 m Uferentfernung sieht man nach einer vorübergehenden Abkühlung infolge advektiver Einflüsse kaum eine Änderung. Wenn anhaltende ablandige Winde in der warmen Jahreszeit durch auflandige abgelöst werden, kommt es zu einem Zurückfließen des warmen Oberflächenwassers (Abb. 12). Am Beispieltag erfolgte die Winddrehung nach 16 Uhr. Deutlich sind die zeitlich unterschiedlichen Einsätze (E) der Erwärmung an der Oberfläche zu sehen, was zu einer beträchtlichen Verstärkung der vertikalen Schichtung führt. Die Bodentemperaturen bleiben zunächst unberührt, nur im Bereich des Riffs wird der Effekt verzögert auch am Boden wirksam. Bei so deutlichen

Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes

75

Einsätzen der Temperaturänderungen läßt sich durch eine geeignete Dreiecksanordnung der Meßstellen die Geschwindigkeit und Richtung der Wasserkörperverlagerung bestimmen. In Fällen wie dem beschriebenen liegen die Geschwindigkeiten häufig zwischen 1,0 und 2,5 m/min. Die erläuterten Windeffekte machen deutlich, daß die auch im Untersuchungsgebiet vorkommende lokale Land-Seewind-Zirkulation nicht nur die klimatischen Verhältnisse des Strandes und weiteren Küstengebietes in charakteristischer Weise zu beeinflussen vermag, sondern auch das Wassertemperaturfeld der ufernahen Zone. Wie schon eine sehr flache und nur kurze Zeit andauernde Seebrise das Wassertemperaturfeld beeinflussen kann, vermittelt das Beispiel auf Abb. 13. An diesem Tag kam es bei einer SSE-Grundströmung nach 12 Uhr 20.5.im

Abb. 12. Oberflächen- und Bodenwassertemperaturverlauf am 20. 5. 1964, 14 bis 19 Uhr, Zingst

76

P.

HUPFER

zu einer sehr flachen, langsam von See vordringenden Seebrise, die nur bis zum Strand vordrang und zwischen 13 und 14 Uhr zum Erliegen kam. Mit dem Vordringen der Seebrise steigt die Wassertemperaur an den äußeren Meßstellen zunächst an und fällt dann, während die ufernächsten Meßstellen eine deutliche Erwärmung zeigen. Die Rückgangsphase verläuft in umgekehrter Reihenfolge. 17.9.1363

Abb. 13. Oberflächenwassertemperatur und Wind am 17. 9. 1963, 10 bis 16 Uhr, Zingst (Meßst. 1: 45 m; Meßst. 3: 121 m; Meßst. 4: 152 m; Meßst. 6: 259 m)

Ähnliche Effekte rufen auch Windgeschwindigkeitsänderungen bei gleichbleibender Richtung hervor. So kann ein abnehmender auflandiger Wind zu einem deutlich verstärkten und auf den Registrierungen sichtbaren Wärmeabfluß nach dem offenen Meer hin führen, besonders wenn die mittlere strömungsbedingte Zirkulation im gleichen Sinn wirkt. Ein Nachlassen der Windspannung läßt dann warmes ufernahes Wasser in breiter Front nach See abfließen, wobei die zeitlich versetzten Temperaturänderungen an den Meßstellen fast dem Verlauf von Sprungfunktionen ähneln können. An den gleichzeitigen langsam abfallenden Bodentemperaturen erkennt man die Verstärkung der ufernormalen Zirkulation. Windeffekte der beschriebenen Art treten vornehmlich bei geringen bis mittleren Windgeschwindigkeiten in Erscheinung. Hohe Windgeschwindigkeiten fördern die vertikale Durchmischung und führen mit der Zeit auch zur Auflösung der horizontalen Unterschiede. 5. Advektive

Einflüsse

auf das

5.1.

Gezeiten

Temperaturfeld

Bei windschwacher Witterung kommen im Untersuchungsgebiet von der Nordsee herrührende halbtägige Mitschwingungsgezeiten mit einem Tidenhub von etwa 10 cm im Wasserstandsverlauf zur Geltung. Die damit verbundenen Wasser-

Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes

77

Versetzungen können bei differenzierter thermischer Struktur der ufernahen Zone im Temperaturfeld wirksam werden. Für eine Küstenzone mit ausgeprägten Gezeiten konnte dieser Zusammenhang von G. R . RUMNEY 1 9 6 1 , 1 9 6 2 festgestellt werden. Zum Nachweis des vermuteten Effektes auch im Untersuchungsgebiet wurde der Temperaturverlauf einer Auswahl von Tagen mit ungestörten Temperaturverhältnissen und gezeitenbestimmtem Wasserstandsverlauf einer

14. 6. 1966 (430 m), 23. 7. 1966 (83 m) und 22. 10. 1965 (233 m)

78

P . HUPFER

FouRXER-Analyse unterworfen und die halbtägige Temperaturwelle bestimmt. Wie die Beispiele auf Abb. 14 zeigen, existiert an solchen Tagen eine halbtägige Welle im Temperaturgang mit Amplituden c12 von mehreren Zehntel Grad. Diese Welle verläuft unter den Bedingungen in der warmen Jahreszeit invers und in der kalten Jahreszeit parallel zur halbtätigen Gezeitenwelle. Mit fallendem Wasserstand kommt es im Sommer außerhalb der Zone des extremen Temperaturverhaltens zum Temperaturanstieg und nach der thermischen Umstellung im Herbst zum Temperaturrückgang. Dieser Gezeiteneffekt ist jedoch gering und in den meisten Fällen von anderen Einflüssen völlig überdeckt. Das gilt auch für die Auswirkung der im Untersuchungsgebiet vorherrschenden windbedingten Wasserstandsänderungen auf das. Temperaturfeld. 5.2. Auftrieb

von

Tiefenwasser

Zu typischen und häufig markanten Beeinflussungen des ufernahen Temperaturfeldes kommt es, wenn spezifisch schwereres Wasser am Boden in die ufernahe Zone einströmt und dort zum Aufsteigen gezwungen wird. Zu diesen Erscheinungen kommt es, wenn eine entsprechende thermische Sichtung im vorgelagerten Seegebiet vorhanden ist. Die Analyse zahlreicher Fälle dieser Art ergab für die Bedingungen von Zingst, daß anhaltende Winde aus NNE bis S, besonders ab ESE bis SSE, bei geringen mittleren Windgeschwindigkeiten (am häufigsten 1 bis 4 m/s) dem Auftriebsphänomen vorangehen bzw. dieses begleiten. Es besteht ein Jahresgang des Vorkommens mit einem Hauptminimum im Februar/März und einem Nebenminimum im September/Oktober sowie Maxima im Mai/Juni und im November. Dieser Jahresgang ist mit dem der Schichtung im vorgelagerten Seegebiet signifikant korreliert. Nach Terminbeobachtungen wurden für Darßer Ort 95% aller erkannten Auftriebsfälle bei Winden aus N bis SSE mit dem Maximum von 63% bei E N E bis ESE festgestellt, wobei in knapp 80% der Fälle die charakteristischen Windgeschwindigkeiten zwischen Bf 2 bis 4 lagen. Es besteht ein enger Zusammenhang mit der mittleren ufernormalen Zirkulation (H. U. LASS 1972,1974) bei westwärts gerichteter uferparalleler Strömung als notwendiger Voraussetzung, aber auch zu der allgemeinen Strömungsrichtung im vorgelagerten Seegebiet. So wurde für die in Darßer Ort analysierten Fälle gefunden, daß bei Auftriebstagen an der Küste am FS Gedser Rev in 79% der Fälle ganztägig Ausstrom (nach Westen), in 8%. der Fälle wechselnde Strömung und in 13 % der Fälle ganztägig Einstrom herrschte. Dieser Sachverhalt deckt sich mit den bestehenden theoretischen Vorstellungen über die Dynamik der Auftriebserscheinungen. Der Auftrieb ist in der ufernahen Zone fast immer mit einem Salzgehaltsanstieg, der manchmal sehr groß sein kann, sowie mit einem in der Tendenz abnehmenden Wasserstand verbunden. Die Untersuchungen erbrachten Einblick in den Ablauf solcher advektiverErscheinungen in der ufernahen Zone bei Zingst. Bei entsprechenden Wind-

Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes

79

Verhältnissen kommt es mit großer Regelmäßigkeit bei Vorliegen einer Schichtung im vorgelagerten Seegebiet zum Einfließen von kaltem bzw. relativ warmem Tiefenwasser am Boden der ufernahen Zone, was aus den Registrierungen an den äußeren Meßstellen sofort zu erkennen ist. Häufig bleibt das Tiefenwasser vor der Küste stehen, manchmal tagelang. Die allgemeine Entwicklung des Windfeldes bestimmt, ob es zu einem Rückgang ohne Erscheinungen an der Oberfläche oder zu einem echten Auftrieb kommt. Dringt das Bodenwasser zum Ufer hin vor, so bildet die Riffzone ein Hindernis, in dessen Bereich sich die Vordringgeschwindigkeit erheblich verringert bzw. ganz zum Erliegen kommt. Im erfaßten Teil der ufernahen Zone beträgt die ufernormale Vordringgen. 6.196 t

80

P. Hupfer

sohwindigkeit des Tiefenwassers am Boden im Mittel etwa 3 cm/s, kann aber zwischen 0 und 15 cm/s schwanken. Das Emporquellen des Tiefenwassers erfolgt stets in einiger Entfernung vom Ufer, häufig im Bereich der Riffzone. Das küstenbürtige Oberflächenwasser fließt seewärts ab, gefolgt von dem Auftriebswasser, das sich sowohl seewärts wie auch uferwärts ausbreitet. Messungen in der ufernächsten Zone spiegeln den Prozeß nur verzerrt wider. Das seewärtige Abfließen des Auftriebswassers erfolgt wesentlich schneller als das vorangegangene Vordringen am Boden. Während des ganzen Auftriebsvorganges verstärkt sich die vertikale Schichtung in der ufernahen Zone und erreicht am häufigsten Differenzwerte zwischen Oberfläche und Boden von 2 bis 3 Grad, seltener von mehr m 0 1

2 3

50

Wo

¡50

205

250

100m

50

100.

150

200

250

300 m

mO 1 2

3 %

0 1 2

3 u o

Abb. 16. a) Vertikalschnitte der Wassertemperatur am 22. 7. 1964, 01 bis 09 Uhr, Zingst

81

Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes

als 5 Grad. Die Andauer der Erscheinung reicht von wenigen Stunden bis zu einigen Tagen, am häufigsten werden 8 bis 15 Stunden beobachtet. Die Rückgangs- und Auflösungsphase ist äußeren Einflüssen nicht immer eindeutig zuordenbar, meist aber mit einer charakteristischen Änderung der allgemeinen Windrichtung und der Richtung der uferparallelen Strömung verbunden. Die typischen Erscheinungen und Prozesse werden in den folgenden Beispielen erläutert. Abb. 15 zeigt einen relativ kurz andauernden Auftrieb an einem Strahlungstag. Bei Windrichtungen zwischen ENE und S und geringen Geschwindigkeiten dringt kaltes Wasser am Boden in die ufernahe Zone vor. Die Einsätze (E B ) sind an den einzelnen Meßstellen deutlich zu erkennen. Die Bar-

m0 1 2 3

t

m

Abb. 16. b) Vertikalschnitte der Wassertemperatur am 22. 7. 1964, 11 bis 20 Uhr, Zingst Lauterbach

82

P . HUPFER

rierenrolle des Riffs (Meßstellen 93 und 132 m) ist zu bemerken, von 249 m Uferentfernung bis zur Meßstelle 2 in 53 m werden etwa 5 Stunden benötigt. I m flachen Wasser ist die Mächtigkeit des vordringenden Tiefenwassers etwa gleich der Wassertiefe, dort erfolgt der Auftrieb, was charakteristische Änderungen der Oberflächentemperaturen nach sich zieht (E 0 ). Vor der Abkühlung erkennt man an der zeitweiligen Temperaturerhöhung (W) die Abdrift warmen uferbürtigen Oberflächenwassers. I m ufernächsten Gebiet (25 m) kommt es erst nach Durchmischung zur Abkühlung, der Strahlungseinfluß dominiert dort, und advektive Änderungen werden nur undeutlich sichtbar. Nach dem Windrichtungswechsel wird das warme Wasser unter Vermischung zurücktransportiert, und die Schichtung löst sich weitgehend auf. Ein in den Auswirkungen noch markanteres Beispiel wurde von P . HUPFER 1965 beschrieben. Einen Auftriebsablauf in Vertikalschnitten zeigt Abb. 16. Während hier ein rasches Vordringen des Tiefenwassers in der äußeren ufernahen Zone erfolgt (etwa 12 cm/s), ist die Entwicklung in der Riffregion stark verzögert (etwa 0,3 cm/s). Nach der thermischen Umstellung im Herbst kommt es in analoger Weise zum Auftrieb von relativ warmem Tiefenwasser. Abb. 17 zeigt einen solchen Fall vom 24./26. 10. 65, der für etwa 20 Stunden die Temperaturstruktur der ufernahen Zone bestimmte. Nachdem bereits am Abend des 24. 10. das Tiefenwasser bis vor die Riffregion eingeflossen war, kam es am Nachmittag des Folgetages zwischen 52 und 101 m nach einem zeitweiligen Zurückweichen zum Auftrieb mit den schon bekannten Begleiterscheinungen. Ab Meßstelle 101 m erkennt man vor den Einsätzen E0 eine geringe Abkühlung als Folge des Abfließens des kühleren ufernahen Wassers. Den frontartigen Charakter des Vordringens des Tiefenwassers belegt auch Abb. 18, auf der der Verlauf der Bodentemperaturen am 16./17. 11. 65 dargestellt ist. Die Vordringgeschwindigkeit verringert sich in diesem Fall von etwa 6 cm/s im äußeren Teil des erfaßten Gebietes bis auf etwa 2,5 cm/s in Ufernähe. Während auf diese Weise ein sehr detaillierter Einblick in den Ablauf von Auftriebserscheinungen an der Küste bei Zingst gewonnen werden konnte, bleiben die Fragen nach der seewärtigen Erstreckung und der uferparallelen Ausdehnung solcher Erscheinungen vorläufig noch offen. 5.3.

Oberflächenadvektion

Eine andere advektive Beeinflussung des Temperaturfeldes in der ufernahen Zone des Meeres erfolgt, wenn spezifisch leichteres Wasser an der Oberfläche zum Ufer hin vordringt. Dabei handelt es sich um kühleres und salzärmeres Wasser in der warmen Jahreszeit und relativ warmes Wasser in der kühlen Jahreszeit. Eine Voraussetzung f ü r diesen Advektionstyp ist eine uferparallele Ostströmung, die mit einer solche Prozessse begünstigenden ufernormalen Zirkulation verbunden ist. I n 94% der aus dem Temperaturverhalten als Oberflächenadvektion erkannten Fälle bestand ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der ufernormalen Zirkulation und der Temperaturadvektion. Allerdings sind die Beziehungen zur allgemeinen Windrichtung und -stärke hier nicht so

M1S6S

¿5.10.

2610.

Abb. 17. Oberflächen- und Bodenwassertemperaturen am 24. 10. 1965, 17 Uhr bis 26. 10. 1965, 24 Uhr, Zingst 6*

84

P.

HUPFER

16.11.196 5 21 22

°C

5 Uhr

8 -

Bodenwassertemperatur Meßp.

101 m 122 m 137 m

185 m 233 m

«8 m

'21

22

22

0

1

2

3

*

5 Uhr

Abb. 18. Bodenwassertemperaturen am 16. 11. 1965, 21 Uhr bis 17. 11. 1965,05 Uhr, Zingst

L-

8

I

I

70

I

I

72

I

L

1f

I

I

16

1

I

18 Uhn

Abb. 19. Oberflächen- und Bodenwassertemperaturen am 7. 8. 1970, 08 bis 18 Uhr, Zingst

86

P . HUPFER

klar wie bei der Erscheinung des Auftriebes von Tiefenwasser. Die Temperaturadvektion an der Oberfläche hängt von der räumlich und zeitlich veränderlichen Bewegungssituation im vorgelagerten Seegebiet ab, während die Temperaturadvektion durch Auftrieb entscheidend von der mehr konservativen Temperaturschichtung bestimmt wird. Den sommerlichen Ablauf einer solchen Oberflächenadvektion zeigt Abb. 19. Man erkennt, daß die von See her kommende Abkühlung nur die Oberflächenschicht erfaßt, die Bodentemperaturen sinken durch Vermischung zunächst nur in den flachsten Gebieten, während die inverse Schichtung an den äußeren Meßstellen erhalten bleibt, ja sogar am Boden zeitweilige Temperaturerhöhungen zu bemerken sind. Das Oberflächenwasser dringt keilförmig in die ufernahe Zone ein und löst je nach Jahreszeit eine wärmere bzw. kühlere Ausgleichsströmung am Boden in Richtung See aus. Die Verhältnisse sind denen bei Auftrieb gerade entgegengesetzt. Die sich ergebende Schichtung ist in der warmen Jahreszeit nur stabil, wenn das advehierte Wasser salzärmer als das ufernahe Wasser ist. Ein Beispiel dafür zeigt Abb. 20 für eine Aufnahme am 25. 7. 66. Der an der Oberfläche lagernde kühlere Wasserkörper ist erheblich salzärmer. Somit können sich selbst in dem sehr flachen Wasser erhebliche vertikale Temperatur- und Salzgehaltsunterschiede einstellen und über Stunden bis Tage anhalten. Ein abschließendes Beispiel illustriert die Verhältnisse in der kühlen Jahreszeit (Abb. 21). Man erkennt die sprungartige Temperaturerhöhung infolge des im Mittel mit etwa 8 cm/s an der Oberfläche vordringenden wärmeren Wassers, wobei die Bodentemperaturen niedrig bleiben und als Folge der ufernormalen Zirkulation sogar eine Abkühlungstendenz mit Verstärkung der für diese Jahreszeit anomalen Schichtung zeigen. Die Temperaturverhältnisse der ufernahen Zone sind somit während des größten Teiles des Jahres charakteristischen vielfältigen advektiven Einflüssen unterworfen, wobei die sie begleitenden dynamischen Prozesse durch eine geeignete Anordnung der Meßstellen für die Temperatur gut erkannt werden können. 6. Einige

Schlußfolgerungen

Die beschriebenen Untersuchungen haben gezeigt, daß das Wassertemperaturfeld in der ufernahen Zone während des größten Teiles des Jahres ausgeprägte zeitliche und in küstennormaler Richtung auch räumliche Variationen aufweist. Die lokale Wassertemperatur setzt sich aus einem Mittelwert und überlagerten turbulenten Schwankungen zusammen, wobei letztere primär als Ausdruck des sich in ufernormaler Richtung vollziehenden intensiven turbulenten Wärmetransportes zu werten sind. Während der mittlere Jahres- und Tagesgang sich in Abhängigkeit von Küstentyp und Wärmehaushalt ausbilden, wird das aktuelle Bild des Wassertemperaturfeldes in der ufernahen Zone durch lokale Windeffekte sowie fremdbürtige Advektionsprozesse bestimmt, die mit dem Strömungsfeld in direktem Zusammenhang stehen. Unter den Bedingungen von Zingst weisen die ersten 100 m seewärts des Ufers relativ extreme Temperatur-

Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes

87

Verhältnisse auf, wobei die Strahlungsbilanz von entscheidender Bedeutung ist und andere Effekte häufig überdeckt werden. Da die herkömmlichen Terminmessungen der Wassertemperatur an Küstenmeßpunkten gerade in der Zone extremen Temperaturverhaltens durchgeführt werden, kann der Schluß gezogen werden, daß diese Messungen keine repräsentativen Werte für die ufernahe Zone ergeben. Auch diese Routinemessungen

lt. 111965

Abb. 21. Oberflächen- und Bodenwassertemperaturen am 14. 11. 1965, 06 bis 11 Uhr, Zingst

88

P.

HUPFER

sollten außerhalb dieser Region durchgeführt werden, deren Erstreckung je nach Küstentyp experimentell bestimmt werden muß. Die detaillierte Kenntnis des aktuellen Verhaltens der Wassertemperatur in der ufernahen Zone des Meeres ist für Analyse und Vorhersage mesometeorologischer Prozesse, z. B. für lokale Nebelbildungen, aber auch für die Beantwortung bioklimatischer Fragestellungen nützlich. So ist für die balneologische Beratung das Wissen um die erheblichen tageszeitlichen und interdiurnen Veränderungen und die zeitweise starken küstennormalen Gradienten der Wassertemperatur in der warmen Jahreszeit, das ungleiche Verhalten von Wasser- und Lufttemperatur an Tagen mit Meereseinfluß (auflandiger Wind) und Landeinfluß (ablandiger Wind) sowie die damit verbundenen Wassertemperatureffekte bei Land- und Seewindzirkulation sicher von Bedeutung. Es ist falsch, bei Untersuchungen des Strandklimas oder anderer Probleme dieser Art die Wassertemperatur als konservative Größe aufzufassen. Von ozeanologischer Bedeutung sind die aus der Kenntnis der aktuellen Wassertemperaturfelder möglichen Schlüsse auf dynamische Vorgänge im näheren und weiteren Seegebiet. Die starke räumliche und zeitliche Variabilität der Wassertemperatur macht es darüber hinaus möglich, diese leicht meßbare Größe in Zeiten hinreichend großer Beträge der Strahlungsbilanz als speziellen „Tracer" für Austauschuntersuchungen anzusehen, was mit Erfolg durchgeführt worden ist ( H . U. LASS 1972, P . H U P F E E und H . U. LASS 1971). Dabei ist von Bedeutung, daß die ermittelten Austauscheigenschaften der ufernahen Zone auch auf andere austauschbare skalare Größen übertragen werden können, da die Rückwirkung der Wassertemperatur auf das Strömungsfeld vernachlässigbar gering ist. Literatur und L . N. KROPACHEV, Gidrometeorologicheskie uslovija na Cernom More v period MGG. Sbornik Rabot, Gidromet. Obs. No. 44—46, Minsk 1964.

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Über die Eigenschaften des Wassertemperaturfeldes

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Über den Einsatz automatischer hydro-meteorologischer Bojen in Küstennähe v o n G. NEUBERT

Zusammenfassung Ausgehend von der gegebenen Notwendigkeit, zur Lösung verschiedener wissenschaftlicher und praktischer Problemstellungen telemetrische Bojen für die Erfassung hydro-meteorologischer Größen auch in küstennahen Seegebieten einzusetzen, werden die Ergebnisse entsprechender Entwicklungsarbeiten kurz beschrieben und praktische Erfahrungen mitgeteilt. Aufbauend auf dem erfolgreichen Probebetrieb mit relativ einfach gestalteten Prototypen werden die Grundzüge für ein verbessertes Meßsystem dargelegt, das infolge einer weitgehenden Anwendung des standardisierten BMSR-Systems (URSAMAT) günstige Betriebs- und Wartungsbedingungen erwarten läßt. Im Aufbau automatischen meteorologischen Landstationen ähnlich, sind derartige Bojen prinzipiell dazu geeignet, hinsichtlich einiger wichtiger hydro-meteorologischer Größen das meteorologische Beobachtungsnetz schrittweise auf die küstennahen Gebiete des Meeres zu erweitern. 1.

Einleitung

Der Einsatz verschiedenartigster Bojensysteme als Geräteträger in der ozeanischen Forschung hat in den letzten Jahren sowohl in bezug auf die technische Gestaltung als auch im Umfang der bekannt gewordenen Anwendungen bedeutende Fortschritte gemacht. Für eine weltweite Datenerfassung und -Übermittlung aus dem unmittelbaren Bereich zu beiden Seiten der Grenzfläche Ozean/Atmosphäre werden immer häufiger verankerbare, schwimmende autonome Bojensysteme eingesetzt, die meteorologische und ozeanologische Parameter messen, speichern und — für eine Verwendung in der Beratungs- und Vorhersagepraxis unerläßlich — nach einem entsprechenden Programm einer geeigneten Empfangsstation übermitteln. Zusammen mit den Fortschritten der sog. „remote sensing"Technik ist zu erwarten, daß der kombinierte und abgestimmte Einsatz meteorologischer bzw. ozeanologischer Satelliten und verankerter Bojensysteme in absehbarer Zeit eine weltweite Ozeanüberwachung zumindest in dem Maße gewährleisten wird, wie es für die Erfassung der großmaßstäblichen Prozesse in der Atmosphäre und den Oberflächenschichten der Ozeane erforderlich ist (siehe h i e r z u u . a. I O C 1963, W M O 1967, T . KVINGE 1969, I O C 1969, J . E . WESLER 1970).

Parallel zu dieser Entwicklung laufen Bemühungen, die herkömmlichen meteorologischen Landstationen durch automatisch arbeitende Systeme zu ersetzen bzw. mit solchen automatischen Wetterstationen die Netzdichte in schwach

92

G. NEUBEBT

besiedelten oder unzugänglichen Gebieten zu verbessern. Der damit verbundene technische Aufwand ist unter Berücksichtigung der notwendigen Folgeeinrichtungen erheblich (siehe z. B. E . P E T E R S 1968, 1971a, 1971b). Unabhängig von diesen Bemühungen um ein erdumspannendes Meßnetz mit modernen technischen Hilfsmitteln besteht jedoch auch die Notwendigkeit, die raum-zeitliche Informationsdichte in großmaßstäblich bereits „erschlossenen" Gebieten zu verbessern, und zwar stets dann, wenn Aussagen über Prozesse im meso-maßstäblichen Bereich (horizontaler Maßstab etwa 10 1 ... 102 km) erforderlich sind. Das betrifft unter anderem Nebenmeere wie die Ostsee, deren Energieumsatz mit der Atmosphäre zwar die allgemeine atmosphärische Zirkulation kaum modifizieren dürfte, der im meso-scale-Bereich dagegen durchaus zu spezifischen wetterwirksamen Erscheinungen Anlaß geben kann (vgl. R. SOLANTIE 1968, P. H U P F E R 1970). Letztere können weder durch sporadische Schiffsbeobachtungen noch von Land aus durch Wetterradar oder andere Hilfsmittel hinreichend gut erfaßt werden. Hinzu kommt, daß sich Nebenmeere häufig durch eine erhebliche raum-zeitliche Veränderlichkeit der ozeanologischen Oberflächenparameter auszeichnen, wodurch auch von diesem Gesichtspunkt her eine quasikontinuierliche Meßwerterfassung und -Übertragung wünschenswert ist. Die unmittelbare Veranlassung für Entwicklung und Bau telemetrischer Bojen zum Einsatz im küstennahen Gebiet der westlichen Ostsee gaben Arbeiten des Maritimen Observatoriums Zingst der Karl-Marx-Universität zur Untersuchung der thermischen Prozesse in der ufernahen Zone der westlichen Ostsee (P. HtrpFER 1974), in deren Verlauf Bezugswerte aus dem durch kabelgebundene Meßverfahren nicht ohne weiteres erreichbaren vorgelagerten Seegebiet benötigt wurden. Es zeigte sich jedoch bald, daß eine „real-time"-Übertragung von Meßwerten aus dem küstennahen Seegebiet für die Praxis von erheblichem Nutzen sein kann und spezielle Beratungen überhaupt erst ermöglicht (z. B. Nebelprognose). 2. Systemgestaltung

automatischer

fernmeldender

Stationen

Unabhängig vom jeweiligen Einsatzzweck und den Randbedingungen sowie der Meßgrößenauswahl haben sich ziemlich einheitliche Grundlinien der Systemgestaltung für automatische fernmeldende Stationen herausgebildet. Es handelt sich immer um „Meßautomaten", die einen von einem festen Programm gesteuerten internen Funktionsablauf aufweisen. Die dazugehörige Technik war bereits vor mehr als 25 Jahren von den Grundprinzipien her voll entwickelt und wurde in vielen, den Fortschritten der Elektronik und Feinwirktechnik folgenden Variationen beschrieben (z. B. H.-G. M Ü L L E R 1 9 5 7 , V. G. A N B L A G O V , L . N. V A S I L ' E V U. a. 1 9 6 7 , S T . K L E M M 1 9 7 1 ) . Das Rahmenschema, nach dem solche Meßsysteme zwangsweise immer wieder konzipiert werden müssen, zeigt Abb. 1. In den konkreten Ausführungen enthalten sie noch Stromquellen, Auslöseuhr bzw. -empfänger für den Meßzyklus, Umschalter bei Vorhandensein mehrerer Meßwertaufnehmer, mechanische oder elektrische Programmablaufeinrichtungen (Haupt- und Nebenprogramm), Analog-Digital-Wandler, Codier-

Über den Einsatz automatischer hydro-meteorologischer Bojen

93

einrichtungen, Modulationsstufen sowie nach Bedarf Orientierungs- und Sicherheitseinrichtungen. Systeme ohne Netzstromversorgung — so die Bojen — müssen bei minimalem Energieverbrauch eine maximale Zeit betriebsfähig bleiben, wobei die erforderlichen Serviceintervalle entsprechend angepaßt sein sollten. Für die Signalspeicherung müssen Speicher verwendet werden, die nach der Eingabe der Informationen keiner weiteren Energiezufuhr bedürfen. Desgleichen dürfen die peripheren Einrichtungen nur kurzzeitig in Betrieb sein und sonst

i

1 Fühler (Sensor)

nichtelektrische Größe in elektrische. analog oder digital

analog oder digital

drahtlos oder über Leitung

Abb. 1. Einfachstes Schema des Aufbaus automatischer fernmeldender Stationen

stromlos bleiben. Für die meisten praktischen Zwecke genügen diskrete Einschaltungen in Abständen von 60 min oder mehr. J e nach Einsatzzweck und gegebenen Möglichkeiten werden stärker feinwerktechnisch oder rein elektronisch orientierte Technologien bzw. jeweils als optimal erachtete Verknüpfungen beider das konstruktive Bild bestimmen. Unter diesen Aspekten überrascht die Mannigfaltigkeit der in den letzten Jahren bekannt gewordenen Entwicklungen hydro-meteorologischer Meßbojen nicht. 3. Über die Prinzipien

der

,,Küstenfunkbojen"

Den Entwicklungsarbeiten an Küstenfunkbojen, die in den letzten Jahren durch die Arbeitsgruppe Ozeanologie der Sektion Physik der Karl-Marx-Universität Leipzig durchgeführt wurden, lagen von vornherein einige Grundprinzipien zugrunde, die sich aus dem beabsichtigten Verwendungszweck unter Berücksichtigung der einsetzbaren Arbeitskapazität ergeben haben. Die Bojen sollen ausschließlich im Küstenvorfeld (magn 101 km Uferabstand) auf flachem Wasser verankert werden. Es ist keine spezielle Konstruktion eines Bojenkörpers vorgesehen, sondern die Verwendung bewährter Typen von Seezeichentonnen, die durch Umbau den Erfordernissen angepaßt werden. Der Bojenkörper einschließlich der Verankerungseinrichtung muß in nautisch-technischer Hinsicht routinemäßig betreut werden können. Das Meßsystem soll im Interesse einer leichten Wartung und eines ökonomischen Betriebes so einfach wie möglich aufgebaut sein. Dazu kommt die Forderung nach einer multiplen Nutzbarkeit der Einrichtung, die nach einer einfachen Umrüstung auch auf anderen Geräteträgern auf See oder Binnengewässern bzw. an Land arbeiten können soll.

94

G. NEUBERT

Die Küstenf unkbojen müssen in der Art der Datenausgabe und -Übermittlung an die Empfangsstation den bewährten Prinzipien der Beobachtungsnetze an Land angepaßt sein und die Möglichkeiten der heutigen Nachrichtentechnik ausschöpfen. Das zieht die Forderung nach sich, die gemessenen Daten im Seeteil sofort zu digitalisieren und als binäre Signale zu speichern. Beim Senden werden sie dann in einem geeigneten Code, vorzugsweise dem internationalen 5-KanalFernschreibcode nach CCITT, verschlüsselt (vgl. P. GÖHLICH und W. SKARUS 1970). Nur bei dieser Form der Übertragung lassen sich die Vorteile der modernen Nachrichtenübertragungstechnik voll nutzen. Dies eröffnet prinzipiell die Aussicht, die Erkenntnisse der Meßstochastik, die sich mit der Regenerierung von im stochastischen elektronischen Rauschen oder anderen zufälligen Störgrößen verschwindenden Binärsignalen befaßt, anzuwenden (s. F. H. LANGE 1970). Weiterhin soll die Möglichkeit bestehen, verschiedenartige Meßwertaufnehmer (Fühler) mit einer im Routinedienst üblichen Genauigkeit leicht an das System anzupassen. Grundsätzlich ist ein automatischer Betrieb von der Meßwertaufnahme bis zum Ausdrucken der Meßwerte in ihren richtigen Dimensionen vorgesehen. Das verlangt zusammen mit der oben formulierten Forderung nach Anpassung an die Datenübertragung innerhalb des Landnetzes, daß die Empfangsstation auseinemEmpfänger mit Demodulator für Funkfernschreibbetrieb (NF-Umtastung), einer Fernschreibmaschine mit Empfangslocher, Lochstreifensender und anderen peripheren Anlagen sowie bei Bedarf einem Abrufsender zur Auslösung eines Meßzyklus besteht. In der Regel soll jedoch der Meßzyklus in festen Zeitabständen ab 5 Minuten — vorzugsweise 60 Minuten — durch den internen Programmablauf im Seeteil ausgelöst werden. Bei einem Abstand der Meßzyklen von 60 Minuten soll das System etwa 6 Wochen wartungsfrei arbeiten. Da die Boje im vorhergesehenen Einsatzgebiet stets leicht erreichbar ist, werden als Stromquelle zunächst nur Akkumulatorensätze in Betracht gezogen. Die drahtlose Übertragungsstrecke muß durch Feldstärken, die ein gegenüber dem Störpegel starkes Nutzsignal gewährleisten, gesichert sein. Um die mit den Fragen der optischen Reichweite, der Schattenzone, Bandbelegung, Antennenwirkungsgrad, Sendeleistung sowie der möglichst ausschließlichen Verwendung leicht erhältlicher kommerzieller Erzeugnisse verbundenen Probleme zweckentsprechend zu lösen, sollen Frequenzen im UKW-Verkehrsfunkbereich der D D R zwischen 69---87 oder besser 150-•• 174 MHz verwendet werden. Damit erfolgt ebenfalls eine Anpassung an bewährte Verfahren der Datenübermittlung, die den post- und fernmeldetechnischen Bestimmungen genügen. Die Küstenfunkbojen AFB und KFB 1 Als erste gezielte Entwicklung zur Messung der Oberflächentemperatur des Meeres im küstennahen Gebiet wurde 1968 die Anlage A F B zu einem mehrmonatigen Einsatz gebracht (Abb. 2). Die gewonnenen Erfahrungen wurden beim Bau

Über den Einsatz automatischer hydrometeorologischer Bojen

Abb. 2. Die Boje AFB im Einsatz (Foto H. Bürkholz)

96

G. NEUBERT

der Küstenfunkboje K F B 1 (ab 1970) berücksichtigt. Die oben angeführten Prinzipien konnten bei diesen Prototypen teilweise verwirklicht werden. Die Hauptdaten dieser Bojen sind: AFB Tonnenkörper: Masse (ca.) Parameter:

Genauigkeit: (Auflösung): Meßintervall:

Art der Registrierung:

KFB1

umgebaute Seezeichentonne 3 t Oberfl.wassertemp.

5,5 t Oberfl.wassertemp. Lufttemperatur (in zwei auswechselbaren Bereichen) 0,1 °C

60 min

Energiereserve: Sendefrequenz: (quarzstabilis.) Senderleistung: Sendezeit (ca.): Modulation:

I

30 bzw. 60 min 6 Wochen (Bleisammmler)

27,12

85,35 MHz

5 10 100%ig modulierter HF-Träger als Frequenzumtastung im NF-Gebiet

10 Watt 25 s Nullphasenwinkelmodulation mit 6 kHz Frequenzhub bei 1 kHz Modulationsfrequenz, niederfrequenter Umtasthub i 60 Hz zu 800 Hz

Ziffern auf Fernschreibmaschine 1

Beide Bojen bewährten sich hinsichtlich ihrer Funktionstüchtigkeit auch unter schweren Wetterbedingungen. Bei der A F B ergab sich jedoch klar die Notwendigkeit, bei weiteren Typen das Bojeninnere begehbar zu gestalten und sowohl die meßtechnischen Einrichtungen als auch die Stromversorgung dort unterzubringen. Nur von außen zugängliche Behälter verlangen sehr gute Wetterbedingungen für die Wartungsarbeiten, wenn man Schäden an den Anlagen durch Spritzwasser vermeiden will. Eine schematische Darstellung der entsprechend dieser Erfahrungen gestalteten Boje K F B 1 mit der Plazierung der Funktionseinheiten zeigt Abb. 3. Diese Lösung, die sowohl die gewünschte rasche Umrüstung des Meßsystems ermöglicht als auch die voll ausgerüstete Boje im Schlepp auf die Meßposition zu bringen gestattet, hat sich bewährt und wird beibehalten. Die Sendefrequenz wurde durch die Erhöhung auf etwa 85 MHz in einen Bereich

Über den Einsatz automatischer hydro-meteorologischer Bojen

97

gebracht, der bei den vorgesehenen Übertragungsentfernungen stabile Empfangsbedingungen für den automatischen Betrieb sichert. Der Übergang von der Amplitudenmodulation (AFB) zur Schmalbandfrequenzmodulation (KFB 1) entspricht dem internationalen Trend und wurde unter dem Gesichtspunkt durchgeführt, bei späteren Projekten handelsübliche Sende- und Empfangsanlagen einzusetzen. Bei beiden Bojen, die nur Temperaturen messen, wurden als Meßfühler speziell entwickelte, auch für andere Zwecke verwendbare Quecksilberthermometer eingesetzt. Über die Anzahl der Umdrehungen einer Spindelmutter eines gesondert gefertigten Kontaktthermometers wird dabei mittels eines Kontaktdrahtes der der Temperatur umgekehrt proportionale Weg zwischen einem oberen Bezugspunkt und der Hg-Oberfläche gemessen. Die Umdrehungen der Spindelmutter

7

Lauterbach

G. XEUBERT

Abb. 4. Empfangsanlage der K F B 1 (Foto H. Bürkholz)

¡tonnet Lichtstrecke /

Betriebe

Motor

« « Steuerung

Fotowiderstand

HS-Kontaktttiermometerschaft

Halterung Glühlampe

*

Impulsausgatterelais

Abb. 5. Quecksilberkontaktthermometer mit Impulsausgang, ohne Schutzhülle (AFB und K F B 1) (Foto H. Bürkholz)

Über den Einsatz automatischer hydro-meteorologischer Bojen

99

werden auf optischem Weg in Impulse umgewandelt und gezählt (Abb. 5). Diese Meßwertaufnehmer bzw. -Wandler haben sich als robust und zuverlässig erwiesen und sind für einfache Anlagen durchaus geeignet. 5. Grundzüge eines verbesserten Systems Nach den positiven Erfahrungen mit den beschriebenen Varianten befindet sich nunmehr ein weiteres System in Vorbereitung, das den unter 3. formulierten Prinzipien nahezu voll gerecht wird und ausschließlich in Halbleitertechnik aufgebaut ist. Die Zahl der Meßfühler bzw. -wertwandler kann bei dieser Boje bis auf 10 erhöht werden, wobei nach Möglichkeit standardisierte Typen eingesetzt werden (z. B . Platinwiderstandsthermometer P t 100 für alle Temperaturmessungen). Die dabei im allgemeinen erforderlich werdende Analog-Digital-Wandlung übernimmt ein modifizierter Motorkompensator mit Impulsausgang. Die weitere Verarbeitung der Meßwerte erfolgt mit den Baugruppen des BMSRSystems (URSAMAT) der D D R , wobei nur wenige, technisch unumgängliche Modifikationen vorgenommen werden. Das erleichtert die Wartung der See- und Landanlage erheblich. Das URSAMAT-Gefäßsystem sichert den raschen Austausch von Baugruppen wie auch eine einfache Umsetzbarkeit der gesamten Anlage für multiple Anwendungszwecke. Gegenüber der Boje K F B 1 wird die Sendefrequenz des verbesserten Systems etwa verdoppelt, was weitere Vorteile hinsichtlich der Ausbreitungsverhältnisse über See mit sich bringt und eine günstigere Gestaltung der Sende- und Empfangsantennen zuläßt. Damit verbunden ist der Übergang zu einem kleineren Frequenzhub (vom 50-kHz- zum 25-KHz-Kanalraster). I m Gegensatz zu den beschriebenen Varianten wird die Boje K F B 2 die Meßwerte direkt im Fernschreibcode (internationales Telegraphenalphabet Nr. 2 nach CCITT) abstrahlen. Damit läßt sich eine geringere Fehlerquote der übertragenen Werte bei Störungen erreichen. Bei der vorher angewendeten Codierung ging im Fall einer atmosphärischen oder sonstigen Störung auf der Übertragungsstrecke der gesamte vom Zeitpunkt der Störung ab noch zu empfangende Informationsgehalt verloren. Das war ein grundsätzlicher Mangel, wenngleich sich dieser Effekt bei den relativ kurzen Strecken bisher kaum praktisch ausgewirkt hat. Nach dem nun angewendeten Übertragungsverfahren fallen nur diejenigen Zeichen aus, die im Moment der Störung gesendet werden. Eine weitere Verbesserung ist darin zu sehen, daß für die Registrierung der Meßwerte am Empfangsort Fernschreibmaschinen ohne jeglichen Umbau verwendet werden können. Bei Anwendung der vorgesehenen 50 Baud wird die Sendezeit für die Übermittlung eines vollständigen Meßzyklus einschließlich Rufton zur Auslösung der Fernschreibmaschine (vorzugsweise in Stundenintervallen) kürzer. Nach einer geringfügigen Veränderung des Taktgebers kann auch mit einer Schrittgeschwindigkeit von 200 Baud gesendet werden. Als Empfänger können gewöhnliche, auf die Empfangsfrequenz abstimmbare UKW-Empfänger verwendet werden, die um die für die Verarbeitung der frequenzumgetasteten 7*

100

G. NEUBERT

NF-Signale notwendigen Stufen erweitert und dem Frequenzbereich angepaßt sind. So ist der Umfang des Empfangsteils des Meßsystems auf das mögliche Minimum reduziert worden. Die Möglichkeit einer Bojenabfrage (mittels Abrufsender) ist in Vorbereitung. Über Einzelheiten sowie über die mit dem verbesserten System gesammelten praktischen Erfahrungen wird zu gegebener Zeit berichtet. 6.

Scklußbemerkungen

Die beschriebenen Bojenmeßsysteme sind geeignet, Routinemeßaufgaben im küstennahen Meeresraum zu erfüllen. Das nach modernen Gesichtspunkten aufgebaute verbesserte System ist relativ leicht für verschiedene Meßwertwandler anpassungsfähig und kann auch für größere Übertragungsstrecken Verwendung finden. Damit scheint grundsätzlich die Möglichkeit gegeben zu sein, unter Zugrundelegung der genannten Prinzipien das meteorologische Beobachtungsnetz nach und nach nahtlos auf küstennahe Seegebiete auszudehnen. Dabei ist von Vorteil, daß die Anlagen auch vom ökonomischen Gesichtspunkt günstige Eigenschaften aufweisen und Verluste rasch ersetzt bzw. Ausfälle schnell behoben werden können. Die Realisierung eines Beobachtungsnetzes außerhalb der Territorialgewässer bedarf jedoch allgemein noch der Klärung des Rechtsstatus solcher Bojen und entsprechender Vereinbarungen zwischen den Anliegerländern.

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ANBLAGOV,

Über den Einsatz automatischer hydro-meteorologischer Bojen

101

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Punktförmige Temperaturmessung mit Perlthermistoren in l u f t und Wasser v o n TH. FOKEN

Zusammenfassung Eine punktförmige Temperaturmessung wird vor allem für Fluktuations- und Gradientmessungen angewandt. Perlthermistoren in einer Wheatstoneschen Brückenschaltung mit elektrischem Kompensationsbandschreiber sind für diesen Zweck bei einer Auflösung von etwa 1 grd./0,4 mV und einem Fehler von 10% bei relativer Eichung mit linearem Meßbereich gut geeignet. Die Eichung erfolgt nur durch Bestimmung der Energiekonstanten. Es wird eine umfangreiche Fehlerzusammenstellung angegeben und der durch die Trägheit des Thermistors bedingte dynamische Fehler näher untersucht.

1. Einleitung

Temperaturmessungen mit hoher lokaler und zeitlicher Auflösung haben in den letzten 20 Jahren in der Meteorologie und in den angrenzenden Wissenschaften immer mehr an Bedeutung gewonnen. Besonders geeignet sind dafür Perlthermistoren und Thermoelemente. Die Untersuchungen von R . P. BENEDICT 1954 und TH. FOKEN 1971 zeigen, daß den Perlthermistoren der Vorzug zu geben ist. Gründe sind unter anderem robuster Aufbau der Meßanordnung, keine zusätzliche Verstärkung bei hoher Auflösung und ein großer Widerstand, der das Vernachlässigen der Kabelwiderstände erlaubt. Hochempfindliche Draht- und Filmsonden sind nur mit besonderen Verstärkerschaltungen anwendbar. Thermistoren werden in der Meteorologie schon sehr lange und für viele Zwecke eingesetzt (z. B. H . KRAUS 1956 und J . RINK 1961). In der D D R kam meist ein speziell für meteorologische Belange entwickelter Thermistortyp des VEB Kombinat Keramische Werke Hermsdorf zur Anwendung. Bei punktförmigen Messungen fanden Perlthermistoren bislang kaum Verwendung, da diese nur sehr gering belastet werden dürfen und eine Linearisierung der Eichkurve durch Festwiderstände zu einer Minderung der Temperaturempfindlichkeit führt. Statt dessen wurden häufig Thermoelemente verwendet. K. OUVRIER 1968 benutzte Perlthermistoren für Wärmeleitfähigkeitsmessungen in Metallen. Ausgehend von dieser Arbeit wurden ein optimaler Schaltungsaufbau und die notwendigen mathematischen Formeln und Fehlerabschätzungen abgeleitet, um mit einer einfachen Meßanordnung und unkomplizierter Eichung Perlthermistoren für Temperaturfluktuations- und Gradientmessungen in der Luft und im Wasser anwenden zu können.

104

TH. FOKEN

2. Die Eigenschaften des Perlthermistors Wegen der Vielzahl an Literatur (z. B . Keramische Halbleiterwiderstände 1970) sollen hier nur die wichtigsten Eigenschaften und Formeln angeführt werden: Die Perlthermistoren bestehen aus einem keramischen Körper mit 0,3—0,7 mm Durchmesser, der durch Sinterung von Metalloxiden bei 1200°C erhalten wird. Die Anschlußdrähte bestehen aus einer Pt-Ir-Legierung und haben eine Stärke von 0,03 —0,05 mm und eine Länge von 5—8 mm. Die Abhängigkeit des Widerstandes von der absoluten Temperatur wird durch die Gleichung R t n = R n . exp &

_ i-j

(1)

RTN'- Thermistorwiderstand bei der Temperatur T RTb : Thermistorwiderstand bei der Bezugstemperatur Tb beschrieben. Die Energiekonstante b (werkstoffabhängig und sehr gering temperaturabhängig) berechnet sich nach der Formel: h — In

i£i — In _1_ 1

RTN

RTN

(2)

Bei den verwendeten Perlthermistortypen ist die Energiekonstante etwa 2 500 bis 3500 °K und der Thermistorwiderstand R 2 0 ° c 0,68 kQ — 2,2 kQ. Beide Größen weisen beim gleichen Thermistortyp Toleranzen bis 2 0 % auf. Als Temperaturkoeffizient, der Werte von etwa —3 bis —4%/grd. annimmt, bezeichnet man die Ableitung von In RTN nach T: d(ln —

R

T N

)

= d | In

\

¿y

RTH

+



- \

=

T

(JJT

RP 2

rIJV

= _

A. J12

(3)

^'

Für die Erwärmung des Thermistors von auf T2 um AT gibt die Zeitkonstante die Zeit an, in der sich der Heißleiter um (1 — 1/e) • AT, d. h. um 0,63 AT (63%), erwärmt hat. Entsprechendes gilt für die Abkühlung. Die Zeitkonstante berechnet man nach R . P. B E N E D I C T 1954: TTN

In |TBad -

TA I -

In I r B a d — T

.

(4)

Dabei ist TÄ die Anfangstemperatur, TBad eine konstante Badtemperatur (gleichzeitig Endtemperatur), und T ist die Temperatur nach der Zeit t. Die Strom-Spannungs-Kennlinie folgt nur bis zu einer „Grenzleistung ohne Eigenerwärmung" (Widerstandsänderung durch Stromerwärmung kleiner 0 , 3 %

Punktförmige Temperaturmessung mit Perlthermistoren

105

bei 20°C) dem Ohmschen Gesetz. Nur in diesem Bereich ist die Anwendung zur Temperaturmessung möglich. Die Grenzleistung beträgt beim Perlthermistor 10- s Watt. 3. Optimale Schaltungsvariante E s wird bei der vorliegenden Arbeit auf die Wheatstonesche Brückenschaltung zurückgegriffen. Als Meßgerät soll ein elektronischer Kompensationsbandschreiber verwendet werden. E s ist natürlich selbstverständlich, daß jede Schaltung nur eine Kompromißlösung sein kann. Die Auflösung und die Schaltungsempfindlichkeit sollen jedoch größtmöglich sein. Folgende Einschränkungen bestimmen vor allem die Abmessungen der Brücke: — — — —

Zulässige Belastung des Perlthermistors ohne Eigenerwärmung (10 - 5 Watt). Äußerer Grenzwiderstand des eKB-Schreibers (hier: ^ 200 £2). Meßbereich des eKB-Schreibers (hier: 2 mV). Hoher Thermistorwiderstand. Dadurch können Kabelwiderstände weitgehend unberücksichtigt bleiben. — Empfindlichkeit der Brückenschaltung.

Berechnet man den Brückenwiderstand zwischen den Punkten A und B der Abb. 1, so ergibt sich beim Teilverhältnis 1 : 1 (RV\RTN, B1:R2) etwa der sechsfache Widerstand gegenüber dem Teil Verhältnis 1 : 1 0 bei gleichem Thermistorwiderstand. Da beim verwendeten eKB-Schreiber der Brückenwiderstand (äuße-

ti -o U

Abb. 1. Schaltung der Meßbrücke mit Thermistor Tabelle 1. Bestückung der Schaltung Schaltungselement

Abmessungen

1000-1900 Q 100- 200 Q 100- 200 Q 10- 20 Q

E

^

200 Q

~

0,1V

rer Grenzwiderstand des Schreibers) Ra 5S 200 Q sein muß und der Thermistorwiderstand möglichst hoch sein soll, wäre das Teilverhältnis 1 : 1 0 günstig mit einem maximalen Thermistorwiderstand von 1,9 kQ.

T H . FOKEN

106

Die aufgenommene Leistung des Thermistors ist bei RTN 1 kO und E = 0,1 V kleiner 10~6 Watt. Bei Einhaltung dieser Werte wurde keine Eigenerwärmung festgestellt. Die Schaltungsempfindlichkeitsuntersuchung nach W. SCHWERDTEEGER 1949 und R . D R A C H S E L 1968 ergibt bei beiden Teilverhältnissen höchste Empfindlichkeitswerte. Weiterhin sind günstig R2\RTN = 1 : 1 0 und Ra\RTN = 1:10 (hier: 1:5 bis 1:10).

4. Brückenschaltung

mit

Thermistor

Für die Brückendifferenzspannung eB ergibt sich bei den Teilverhältnissen 1 : 1 0 = RI.R2 und RD:RTN = s: e

B

= E - ^ — L .

+ 1)

(5)

Nach C. R . DROMS 1962 ist die Anwendung einer logarithmischen Näherung zur Vereinfachung der Linearisierung des Meßbereiches empfehlenswert, die nach K . O U V R I E R 1968 in folgender Art möglich ist: „ In 10s eB=E~-—.

(6)

Bei Anwendung von (1) folgt daraus die sogenannte Hyperbelgleichung: T=f(eB)= 'KB'

E • b

. „ , 10B D _ {- E • In - 10eB T Ti}

E-b Tb

(7) v '

Eine weitere Näherung, und damit die Linearisierung des Meßbereiches, stellt die Tangentengleichung im Punkt (e B = 0 , T = Tb) dar: 10 T,2 b

E • b

eB + Tb.

(8)

Dabei wurde die Vereinfachung 10i?D = RTb getroffen. Der Anstieg der Tangente ist gleich dem Verhältnis AT/AeB. Es gilt die Beziehung:

AT

10 2 7 '

v

Setzt man AT = 1 grd und berücksichtigt die Gleichung für den Temperaturkoeffizienten (3), so ergibt sich: Mc b | = ^

\ß™\.

Diese Gleichung bildet die Grundlage für die relative Eichung.

(10)

Punktförmige Temperaturmessung mit Perlthermistoren

107

Günstig bei Temperaturfluktuationsmessungen ist die Auslegung von R D als träges Thermometer. Dafür eignet sich ein Thermistor der Typenreihe TNK-4 (VEB Kombinat Keramische Werke Hermsdorf). Die Steilheit der Kennlinie entspricht etwa der der Perlthermistoren (Typ TNS). Die Grenzleistung ohne Eigenwärmung beträgt 1 mW und braucht deshalb nicht berücksichtigt zu werden. Trotz der geringen Unterschiede im 6-Wert und des nicht genauen Einhaltens des Teilverhältnisses 1:10 ist Gl. (10) bei Fluktuationsmessungen mit hinreichender Genauigkeit anwendbar. 5. Untersuchung der austretenden Fehler I m folgenden sollen die auftretenden Fehler hinsichtlich ihrer Größenordnung abgeschätzt werden. Es wird sich dabei zeigen, daß die Fehler bei der absoluten Temperaturmessung mit der angewandten Linearisierung eine unvertretbare Größe erreichen, während die Fehler bei relativer Temperaturmessung verhältnismäßig gering sind. Da Gl. (10) die Grundlage der relativen Eichung bildet, sollen hier besonders die durch ihre Anwendung auftretenden Fehler diskutiert werden. Die logarithmische Näherung (6) gilt nach K. OUVRIER 1968 nur in dem Bereich 0,095 ^ s ^ 0,169 ohne größeren Fehler. Daraus folgt z. B. bei eB = 2 mV (s = 0,125) ein maximaler Fehler von 0,2 mV (0,5 grd.). Es ist deshalb stets 10-Rx) Rtn einzuhalten. Der Fehler durch die Anwendung der TangentengleiTabelle 2. Zusammenstellung der Fehler absolute Eichung

relative Eichung1)

eB [mV]

T [grd.]

eB [mV]

T [grd.]

logarithmische Näherung

0,20

0,5

0,022)

0,052)

Tangentengleichung

0,04

0,1

0,023)

0,053)

gesamte mathematische Näherung

0,16

0,4

0,123) 0,042)

0,33) 0,12)

Empfindlichkeit der Schaltung

0,024)

0,054)

0,0045)

0,015)

Leitungswiderstand

muß korrigiert werden

0,004

0,01

dynamischer Fehler f ^ 5 t

0

0

0

0

Gesamtfehler der relativen Eichung





0,05

0,1

Fehlerursache

Fehler je grd bzw. je 0,4 mV ) 0 mV eB iS 1 mV 5 ) Ansprechempfindlichkeit 0,1% 3

!

) 1 mV ^ e ä g 2 mV ) Registriergenauigkeit 0,5%

4

108

TH. Foken

chung erreicht maximale Werte von 0,1 grd. (bei eB = 2 mV). Beide Fehler sind entgegengesetzt gerichtet. Nach Auswertung der Fehlerkurven ergibt sich im Bereich 1 mV mV bei der relativen Eichung ein maximaler Fehler von 0,1 grd. Bei der Eichung wird RTN nach Formel (11), siehe Abschnitt 7, berechnet. Bei Fehlern von 1% für E und 0,5% für eB (Registriergenauigkeit) hat man bei Rtn einen maximalen Fehler von 2%. Die Bestimmung von b erfolgt graphisch nach Formel (2), wobei der Fehler kleiner 5% ist. Bestimmt man ßTN für einen Temperaturbereich von 5 grd., so ist der dadurch eintretende Fehler kleiner 3%. Unter Berücksichtigung sämtlicher möglicher auftretender Fehler ergibt sich bei der relativen Eichung nach Gl. (10) ein maximaler Gesamtfehler von 10%. Eine Gesamtübersicht der auftretenden Fehler nach Th. Foken 1971 wird in Tab. 2 angegeben. 6. Praktischer Aufbau der Schaltung und Vorbereitung des Thermistors Die Schaltung entspricht den Angaben in Tab. 1. Als Brückenwiderstände finden Dekadenwiderstände Anwendung (Rl = 20 Q, R2 = 200 Q) und als elektronischer Kompensationsbandschreiber ein 2 mV-Typ (Ra sg 200 Q) vom VEB Meßgerätewerk „Erich Weinert" Magdeburg. An die Anschlußdrähte des Thermistors werden etwa 0,2 mm starke Kupferdrahtstücken angeschweißt und alles entsprechend den Abmessungen der Abb. 2

Abb. 2. Präparation des Thermistors

mit Hilfe einer Gießform in Kaltpolymerisat (Kalloplast) eingegossen. An die Kupferdrähte können die Anschlußkabel gelötet werden. Die Lötstelle wird mit Kaltpolymerisat isoliert. Wenn auch der Einfluß einer Alterung auf die relative Eichung gering ist, bleibt es doch empfehlenswert, die von J. Rink 1970 beschriebene Methode durch Tempern anzuwenden. Dabei werden die zu alternden Thermistoren je lOOmal für 10 Minuten in Temperaturbäder mit einer Temperatur von etwa 20 grd über bzw. unter dem Anwendungsbereich gebracht. 7. Eichung Die Eichung wird in einem Dewargefäß mit Thermometer und Rührer durchgeführt. Der Thermistor wird unmittelbar am Quecksilbergefäß des Thermometers befestigt. Man eicht zweckmäßigerweise im Abkühlungsvorgang und beginnt mit warmem Wasser, welches durch Zugabe von Eis und nach Erreichen von 0 °C durch Kochsalzgaben bis etwa —15 °C abgekühlt werden kann. Es ist zu beachten, daß die Eichtemperaturen, die nicht auf ganze Grade genau sein müssen, sich

Punktförmige Temperaturmessung mit Perlthermistoren

109

während der Messung nicht ändern und der in Abschnitt 5 angegebene Anwendungsbereich eingehalten wird. Zur Auswertung werden aus dem Eichstreifen 10—20 Meßwerte für die Temperatur, den Ausschlag eB und den Vergleichswiderstand RD entnommen (R1 = 20 fll, Ro = 200 ü , E = 0,1 V). Nach der Formel =

E.RD.(Rl

+

R2)

eB • (R, + Bt) + E • R, wird RTN berechnet. Die Bestimmung der Energiekonstanten b erfolgt graphisch auf der Grundlage von Formel (2). Dazu wird auf der Ordinate der gefundene Wert für In RTN und auf der Abszisse der dazugehörige reziproke Wert der absoluten Temperatur 1 ¡T abgetragen. Aus dem Anstieg errechnet sich b. Aus dem Eichstreifen entnimmt man die Temperaturwerte und die dazugehörigen Widerstände RD, bei denen eB = 0 mV ist. Diese Bestimmung braucht nur auf 0,5 grd genau zu sein. Für die ermittelten Temperaturen bestimmt man mit Formel (3) den dazugehörigen Temperaturkoeffizienten ßTN. Mit Gl. (10) erhält man die gesuchte Brückendifferenzspannung pro 1 grd mit einem Fehler von etwa 10%. Die Eichkurve wird dargestellt durch die Abhängigkeit von AeB/l grd von RD (entspricht einer Bezugstemperatur bei eB = 0 mV). Günstig ist die Anwendung von Nomogrammen für die Formeln (3) und (11). 8. Der dynamische Fehler Nach J . R I N K 1961 ergibt sich aus der Strahlungsbilanzgleichung für den Thermistor ein Term, der den Strahlungsfehler darstellt, und ein Glied, welches die Trägheit ausdrückt und durch die Zeitkonstante repräsentiert wird. Der Strahlungsfehler ist kleiner 1,5 grd und muß durch Beschattung des Meßfühlers beseitigt werden. Die Zeitkonstante ermittelt man nach Formel (4). Dafür kann man den Strahlungsfehler ausnutzen, indem man den Thermistor einer Strahlungsquelle aussetzt (T Ä ) und durch Beschatten die Temperatur T B a d erzeugt. F ü r den präparierten Thermistor ergibt sich eine Zeitkonstante von 4—7 sec. I m Wasser dürfte sie über eine Größenordnung niedriger sein. Der dynamische Fehler wird durch die Trägheit des Meßfühlers verursacht. Nach einer Zeit von 2r werden 87% der zu messenden Temperaturdifferenz und nach 3 t 95% angezeigt. Bei Gradientmessungen wird die Sinkgeschwindigkeit (vz) eines Meßfühlers durch die Zeitkonstante (T), den auftretenden Temperaturgradienten (Vz§) und den maximal vertretbaren dynamischen Fehler (z1$max), der dem Fehler der Meßanordnung (0,1 grd) entspricht, bestimmt. Nach K. RÖZDZYNSKI 1968 besteht zwischen diesen Größen folgende Beziehung, die auch in Abb. 3 als Nomog r a m m dargestellt ist: MIQax = F z & - v z - r .

(12)

110

TH. FOKEN

E s ergibt sich danach z.B. bei einer Zeitkonstante von 5 sec und einem zu messenden Temperaturgradienten von 2 grd/m eine maximale Sinkgeschwindigkeit von 1 cm/sec. Bei Annahme eines linearen Temperaturgradienten läßt sich der dynamische Fehler recht einfach korrigieren. Abb. 4 zeigt ein & — ¿-Koordinatensystem, wie Bestimmung

der

maximal

möglichen

Sinkgeschwindigkeit

ohne

dynamischen

Fehler

(AJ-0,1grd)

Abb. 3. Bestimmung der maximalen Sinkgeschwindigkeit bei einem maximalen dynamischen Fehler von 0,1 grd

es auch der Schreibstreifen darstellt. E s sind darin der registrierte Temperaturgradient (V ( '#) und der wahre (nicht mit dem dynamischen Fehler behaftete) Temperaturgradient (V,#) eingetragen. Nach einer Zeit von At ergibt sich ein

Punktförmige Temperaturmessung mit Perlthermistoren

111

dynamischer Fehler von A&. Dabei Ist A'& die Temperaturdifferenz zwischen Ausgangspunkt und Endpunkt nach der Zeit At. Es gelten folgende Korrekturformeln : r ^ vt • [At - T(1 - exp M

=

: . (-At!r))]

(i3)

^ ^ ( 1 - e x p (-AtM) At - t(1 - exp ( - J f / r ) ) "

Kurzperiodische Temperaturfluktuationen an einem festen Ort lassen sich wegen der hohen Zeitkonstante nicht bestimmen, da hier die Korrekturmethoden nicht anwendbar sind. Sie beeinträchtigen wegen der geringen Größe im allgemeinen jedoch nicht die Gradientmessung. Fluktuationen sind bei Perioden größer 30 sec in der Luft gut qualitativ und quantitativ erfaßbar. 9. Anwendung in der Ozeanologie Die Untersuchungen wurden für das Maritime Observatorium Zingst durchgeführt. Daher wurden speziell die Anwendungsmöglichkeiten in der Ozeanologie ins Auge gefaßt. Die Grenzen werden gesetzt durch die Zeitkonstante, den Fehler bei den Messungen und die Ausdehnung des Meßfühlers. Letzteres bedeutet, daß die Auflösung nur bis l m m Schichtdicke möglich ist. Bei den Anwendungen in der Luft ist die Gradientmessung unmittelbar über dem Meer vielversprechend, wie dies über dem Land z. B. von J . R I N K 1960 durchgeführt wurde. Dies ist möglich bis an die Grenzschicht zwischen Meer und Atmosphäre und dient der Messung des Temperaturverlaufes in diesem Bereich. Die wichtigsten Anwendungsmöglichkeiten dürften jedoch Messungen im Wasser sein, da hier die Zeitkonstante mindestens eine Größenordnung niedriger liegt als in der Luft und auch Tempefaturfluktuationen mit kürzeren Perioden (etwa 2 sec) gemessen werden können. Hierfür empfiehlt sich besonders die Benutzung der in 4. beschriebenen Methode mit trägem Thermistor. Aber auch Gradientmessungen sind von Interesse, u. a. an thermischen Sprungschichten. Der Anwendungsbereich ist aber keineswegs auf die Ozeanologie beschränkt,

Abb. 5. Kurve einer Gradientenmessung

112

TH. FOKEN

denn punktförmige Temperaturmessungen besitzen auch eine sehr große Bedeutung für andere Zweige der Meteorologie (z. B. Technische Meteorologie, Mikroklimatologie, Bioklimatologie usw.) und darüber hinaus auch für viele technische Anwendungen, wie dies von K. O U V R I E R 1968 schon gezeigt wurde. Verwendet man die Näherungen bei der relativen Eichung nicht, so sind auch bei herkömmlicher Eichung (siehe z. B. J. R I N K 1961) absolute Temperaturmessungen möglich. In dieser Arbeit wurden eine einfache Schaltung und eine Eichmethode, die unabhängig vom Meßplatz und der Meßschaltung durchgeführt werden kann, angegeben, um den Perlthermistor für Temperaturmessungen in Luft und Wasser benutzen zu können. Bei guter Präparation des Thermistors sind sogar gleichzeitige Messungen in beiden Medien möglich, wie dies in Abb. 5 gezeigt wird. Literatur BENEDICT, R. P., Thermistors vs Thermocouples for Temperature Measurements. Electrical Manufacturing 54 (1954) No. 2, 1 2 0 - 1 2 6 . D R A C H S E L , R . , Grundlagen der elektrischen Meßtechnik. V E B Verlag Technik, Berlin 1 9 6 8 . D R O M S , C . R . , Thermistors for Temperature Measurements. Temperature, Its Measurements and Control in Science and Industry, Volume 3 P a r t 2, New York 1962, 139 — 146. F O K E N , TH., Temperaturmessung mit Perlthermistoren in L u f t und Wasser. Unveröff. Manuskripft, Zwickau 1971. Keramische Halbleiterwiderstände, V E B Kombinat Keramische Werke Hermsdorf, Hermsdorf/Thür. 1970. K R A U S , H . , Untersuchungen und Entwicklungsarbeiten mit Thermistoren. Wiss. Mitteilungen des Met. Inst, der Univ. München Nr. 3 (1956) 3 0 - 5 7 . OUVRIER, K., Anwendung von Perlthermistoren f ü r Temperaturmessungen bei Wärmeleitfähigkeitsbestimmungen. Hermsdorfer Technische Mitteilungen H e f t 21 (1968) 653—659. RINK, J., Fernregistrierung des Temperatur- und Feuchtegefälles in der bodennahen Luftschicht (80 m). Z. f. Met. 14 (1960) H . 5/6, 1 1 3 - 1 2 0 . RINK, J., Thermistore und ihre Anwendung in der Meteorologie. Abhandlungen des MHD der D D R Nr. 68 (1961). RINK, J., Erfahrungen mit Thermistoren (Langzeitstabilität). Z. f. Met. 21 (1970) H. 9/10, 296-299. R Ö Z D Z Y I ^ S K I , K . , Über die Bedeutung des dynamischen Fehlers bei ozeanographischen Temperaturmessungen. Beiträge zur Meereskunde H e f t 22 (1968) 41—51. SCHWERDTFEGER, W., Elektrische Meßtechnik, Teil 1, Gleichstrommeßtechnik. C. F. Winter'sche Verlagsbuchhandlung, Füssen 1949.

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen im 100-km-Mveau über Mitteleuropa im Sonnenfleckenmaximum 1968 bis 1970 v o n R . SCHMINDEE u n d D .

KÜRSCHNER

1. Einleitung Am Geophysikalischen Observatorium Collm (51°18.6'N; 13°00.3'E) werden seit 1959 ionosphärische Driftmessungen auf vorzugsweise 272 kHz durchgeführt. Der benutzte Langwellensender Öeskoslovensko befindet sich in einer Entfernung von 400 km. Als mittlere nächtliche Reflexionshöhe kann 95 km angenommen werden. Der Reflexionspunkt liegt bei 50°N und 15°E. Infolge der hohen Tagesdämpfung der Raumwellen in der D-Schicht sind die Messungen auf die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang beschränkt. In den Jahren 1968 bis 1970 erfolgten die Messungen täglich und in dem angegebenen täglichen Meßzeitraum quasikontinuierlich (mit Ausnahme der Sendepause). Das Zeitintervall zur Gewinnung eines Mittelwertes betrug 30 Minuten. Ziel der durchgeführten Messungen war die Gewinnung eines detaillierten Bildes der mittleren ungestörten Zirkulation im Reflexionsniveau und ihrer zeitperiodischen Variationen bei gleichzeitiger Erkennung und geophysikalischer Zuordnung von kurz- und langzeitigen Störungsperioden. Außerdem sollte bewiesen werden, daß die Bevorzugung der ,,similar-fades"-Auswertemethode gegenüber den Korrelationsmethoden die Möglichkeit eröffnet, relativ einfache, weitgehend wartungsfreie und präzise funktionierende programmierte automatische Meßanlagen mit digitaler Werteausgabe zum Einsatz zu bringen, die bei Vorhandensein eines hinreichend dichten regionalen Meßnetzes synoptische Analysen der Windverhältnisse in der unteren Ionosphäre nicht nur retrospektiv, sondern mit keiner größeren Zeitverzögerung zu bestimmen gestatten würden, wie es heute die meteorologischen Dienste für die Troposphäre und die untere Stratosphäre bieten. Erste Versuche zur Realisierung solcher Vorstellungen, wenn auch auf etwas anderer Grundlage, hat es in Obninsk bereits im Dezember 1 9 6 8 ( P E T B O S J A N T Z U. a. 1 9 6 9 ) gegeben. Das in der vorliegenden Arbeit verwendete Material umfaßt 6550 in der üblichen Weise nach der ,,similar-fades"-Methode mit der Hand ausgewertete Halbstundenregistrierungen auf 272 kHz aus den Jahren 1968—70, aus denen 73000 Zeitdifferenzenpaare entnommen wurden. Der Anteil der zur Auswertung tauglichen Registrierungen hatte im Mittel 60% betragen, so daß also insgesamt über 10000 Registrierungen durchgeführt worden waren (5000 Stunden Meßzeit). 8

Lauterbach

114

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

Abb. 1 gibt einen Überblick über die jahreszeitliche Verteilung des Prozentsatzes auswertbarer Registrierungen (a), der Anzahl der ausgewerteten Halbstundenregistrierungen (b) und der Anzahl der ausgewerteten Zeitdifferenzenpaare (c). Der Vergleich von (b) und (c) läßt erkennen, daß die mittlere statistische Sicherung der Ergebnisse keine jahreszeitlichen Unterschiede aufweist. Der Verteilungen in (b) und (c) variieren naturgemäß annähernd mit der Länge

Abb. i. Angaben zum Meßvolumen bei ionosphärischen Driftmessungen auf 272 kHz am Observatorium Collm, 1 9 6 8 - 7 0 a) Jahresgang des Prozentsatzes P auswertbarer Driftregistrierungen (Ausbeute) b) Jahresgang der Anzahl A auswertbarer Driftregistrierungen c) Jahresgang der Anzahl 8 ausgewerteter Zeitdifferenzenpaare

des nächtlichen Meßzeitraumes, doch hat die Auswerterate in (a) ein deutliches Minimum im März, zur Zeit der Frühjahrsumstellung der hochatmosphärischen Zirkulationssysteme. Dieser Umstand ist der Untersuchung der Vorgänge, die sich in diesem Zeitraum abspielen, besonders im Hinblick auf die in Abschnitt 4. behandelte Frage, ob die Umstellung in der prevailing-Komponente früher als in der Gezeitenkomponente erfolgt oder nicht, sehr hinderlich. Abb. 2 zeigt die Verteilung der Zeitdifferenzenpaare,' gibt also einen Überblick über die statistische Sicherung der Ergebnisse. Es ist zu sehen, daß in 6 5 % aller Fälle zur Bildung der Mittelwerte 10—20 Einzelwerte verwendet werden konnten.

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

115

Damit schneiden in dieser Beziehung die Driftmeßmethoden nicht schlechter ab als die Radar windmessungen. Die relative Streuung des Halbstunden wertes der Geschwindigkeit liegt bei 50%. Aus dem Jahre 1970 liegen ferner simultane Messungen mit der automatischen Anlage vor, mit insgesamt 4500 Halbstundenmittelwerten aus 56000 Zeitdifferenzenpaaren. Außerdem wurden aus allen drei Jahren zeitweise (1300 Halbstundenregistrierungen) durchgeführte Driftmessungen auf 185 kHz (Deutschlandsender, Entfernung 170 km) zur Untersuchung herangezogen. Für die Vergleiche der Collmer Driftmessungen mit den Messungen des Observatoriums für Ionosphärenforschung Kühlungsborn der AdW wurden die dort regelmäßig auf 185 kHz durchgeführten Registrierungen entsprechend den Angaben in „Geophysikalische Beobachtungsergebnisse" (1968—70) benutzt. Bei der Analyse des Driftmeßmaterials der Stationen Irkutsk und De Bilt wurde ebenfalls auf die veröffentlichten Meßreihen dieser Institutionen zurückgegriffen. %

fO-i 30" 20" 10"

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~i i i i i i i i i i r • 0 5 10 15 20 25 30 35 t5

E Abb. 2. Verteilung der Anzahl E der Einzel werte pro Mittelwert bei ionosphärischen Drift messungen auf 272 kHz am Observatorium Collm, 1968—70, auf der Grundlage von 6550 Mittelwerten (Halbstundenregistrierungen)

An einzelnen Stellen werden die Ergebnisse von „temporal" Korrelationsanalysen verwendet. Es handelt sich hier um etwa 700 Korrelationsanalysen über im Mittel 20 Minuten Registrierlänge, vorzugsweise auf 272 kHz, aber auch auf einer ganzen Reihe anderer Frequenzen (185 kHz; 227 kHz [Warschau, Entfernung560 km]; 245 kHz [Kaiundborg,Entfernung 500 km]) aus den Jahren 1965—67. Driftmessungen auf diesen Frequenzen gehören auch heute noch zum erweiterten Meßprogramm am Observatorium Collm. 2. Meß-

und

Auswertemethoden

Die Driftmessungen wurden nach der „closely-spaced receiver"-Methode mit Hilfe einer 4-Punkt-Anlage durchgeführt. 3 Meßpunkte davon bilden ein rechtwinklig-gleichschenkliges, mit den Katheten nach N und E weisendes Dreieck 8*

116

R. SCHMINDER und D. KÜRSCHNER

von 300 m Seitenlänge. An jedem Meßpunkt ist ein Satz von drei LangwellenPeilempfängern aufgestellt (Goniometerpeiler vom VEB Funkwerk Köpenik, Schiffspeiler vom VEB Funkwerk Zittau, Eigenbau-Langwellen-FestfrequenzPeilempfänger), so daß simultane Messungen auf drei verschiedenen Frequenzen möglich sind. Die Signalspannungen werden über Erdkabel an eine zentrale Registrierstation geleitet und dort sowohl speziellen 4-Schleifenoszillographen (Galvanometer Typ A5, VEB Geophysikalischer Gerätebau Brieselang) zur Gewinnung der herkömmlichen Fadingregistrierungen als auch einer vollautomatischen Registrieranlage nach KÜRSCHNER (1971) zugeführt, die die unmittelbare digitale Ausgabe der gewünschten Final werte (Abschnitt 3) ermöglicht. Die Fadingregistrierungen erfolgen auf Photopapier (Breite 12 cm, Papiervorschub 6 cm/min, aber auch wahlweise 3 cm/min oder 12 cm/min), wobei durch eine besondere Schrägspiegelanordnung die doppelte Streifenbreite nutzbar gemacht wird. Die Kennzeichnung der vier Fadingspuren, die zur Gewährleistung einer exakten Zeitdifferenzenablesung auf einem Photopapierstreifen (durcheinanderlaufend) registriert werden, wird durch Kodierungen in Form kurzer Lichtstrahlabdeckungen (0,2 s, propellergesteuert) in gestaffelten Zeitabständen vorgenommen. Gleichzeitig wird alle 15 s eine als Strich über die ganze Streifenbreite laufende Zeitmarke eingeblendet. Zur Auswertung der Fadingregistrierungen wird die von uns eingeführte Variante der ,,similar-fades"-Methode benutzt, die von den aus jedem einzelnen Zeitdifferenzenpaar berechneten Driftvektoren ausgeht, wobei zur Gewinnung von Mittelwerten über vorgegebene Zeitintervalle die zonalen und meridionalen Geschwindigkeitskomponenten vorzeichengerecht gemittelt und aus diesen Mittelwerten schließlich die mittleren Driftvektoren (v, 0) abgeleitet werden. Ein kleiner Teil des Materials. ist einer „füll temporal correlation analysis" unterzogen worden. Dabei hat sich gezeigt, daß diese Methode zwar interessante Informationen über die Struktur der ionosphärischen Irregularitäten und ihre außerordentlich stabile Orientierung im Erdmagnetfeld liefert, im Hinblick auf die Gewinnung geophysikalisch interpretierbarer Werte besonders für die Driftgeschwindigkeit v ungeachtet der Berücksichtigung der Formveränderlichkeit des Amplitudenmusters aber nicht die dominierende Bedeutung besitzt, die man ihr ursprünglich zugesprochen hatte. Die Schwierigkeiten, die bei den Versuchen sichtbar wurden, bei der Anwendung der ,,similar-fades"-Auswertung die aus der Korrelationsanalyse bekannte Größe vc in physikalisch begründbarer Weise abzuleiten oder geeignete, praktisch gangbare Verfahren anzugeben, den turbulenten Anteil klein zu halten und den in v enthaltenen Fehler abzuschätzen, haben fast zwei Jahrzehnte hindurch zu einer im Grunde ungerechtfertigten und in ihren Folgen sehr bedauerlichen Diskriminierung dieser Methode geführt, noch dazu bei Vergleichen zwischen den aus beiden Verfahren resultierenden Ergebnissen für die Geschwindigkeit aus nach heutiger Sicht eigentlich unbegreiflichen Gründen blieb meist völlig unberücksichtigt, daß in der Regel verschiedenen Fadingperioden zuzuordnende Werte miteinander verglichen wurden. Sorgt man

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

117

durch geeignete mathematische Hochpaßfilter (praktisch durch übergreifende Mittelung mit möglichst individuell für jede einzelne Registrierung ausgewähltem Mittelungsintervall) dafür, daß die Größe 6T0>5 (das ist wegen cos 60 ° = 0,5 das Sechsfache der Zeit, zu der die kosinusförmige Autokorrelationsfunktion einer sinusförmigen Fadingregistrierung auf 0,5 abgefallen ist) annähernd der für die „similar-fades"-Auswertung benutzten Fadingperiode entspricht (SCHMINDER 1968), so kommen die Geschwindigkeitswerte einander sehr nahe. Da die ,,similar-fades"-Ergebnisse auch bei weitgehender Beschränkung auf möglichst formähnliche Extrema einen gewissen Turbulenzanteil einschließen, müßte die aus der Korrelationsanalyse erhaltene Geschwindigkeit stets etwas größer bleiben als der aus unserer Variante der ,,similar-fades"-Methode abgeleitete Geschwindigkeitswert. I m allgemeinen sorgen mangelnde Anpassung der Filter an das vorhandene Fadingspektrum und ein Auswahleffekt, der darin besteht, daß der Auswerter bei der ,,similar-fades"-Methode die Zeitdifferenzenpaare des dominierenden Vorzeichens gegenüber den Zeitdifferenzenpaaren abweichenden Vorzeichens mit dem Argument besserer Formähnlichkeit der Fadingextrema bevorzugt, für eine Umkehrung dieses Verhältnisses. Dieses Problem interessiert jedoch im Grunde genommen nur dann, wenn man die Ergebnisse der Korrelationsanalyse als absoluten Vergleichsmaßstab gelten läßt. Auch die „temporal correlation analysis" ist aber auf eine Reihe dem Verfahren immanenter Vorbedingungen angewiesen, die keineswegs immer und a priori erfüllt zu sein brauchen. Hinzu kommen hohe Anforderungen an die technische Qualität der Registrierungen und an die Genauigkeit der Amplitudenablesung sowie der Berechnung und Auswertung der Korrelationsfunktionen, besonders bei stärkerer Anisotropie. Selbst die „spatial correlation analysis (BRIGGS 1968), die durch ihre separate Bestimmung des v und vc die besonders einschneidende Voraussetzung der übereinstimmenden Formen für die Kreuz- und Autokorrelationsfunktionen vermeidet, ist durch ihre direkte Ausmessung des Amplitudenmusters am Erdboden mit Hilfe einer ausgedehnten Array-Anlage zwar ein interessantes Instrument zur Untersuchung einiger Fragen von grundsätzlicher Bedeutung (Entscheidung zwischen Interferenz- und „random-screen"Modell, Bestätigung des Faktors 2 [ F E L G A T E 1 9 7 0 ; B U R K E 1 9 7 0 ] ) , selbst aber sowohl methodisch durch die Gewinnung von Momentanwerten als auch technisch ebenfalls nicht problemlos. (Das erforderliche Antennenfeld müßte bei Messungen im Langwellenbereich eine Ausdehnung von etwa 5 x 5 km haben, um nur annähernd mit der Buckland-Park-Anlage [BRIGGS U. a. 1 9 6 9 ] vergleichbar zu sein.) Wir möchten vielmehr aus den zahlreichen Vergleichen mit den Ergebnissen direkter Windmessungen, die es in den letzten Jahren gegeben hat, vorzugsweise mit den Radarmeteorwindmessungen (SPRENGER, SCHMINDER 1966, 1 9 6 7 ; SCHMINDER 1 9 6 8 , MÜLLER 1968), den Schluß ziehen, daß die „similar-fades"Methode zuverlässige Werte auch für die Geschwindigkeit liefert. Beim Einsatz einer auf dem Algorithmus dieser Methode aufbauenden automatischen Anlage, die die Fadingextrema nach nur wenigen programmierten Bedingungen zur Sicherung der zuverlässigen Erfassung zusammengehöriger Extrema in den ein-

118

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

zelnen Fadingspuren und zur Eliminierung von Störimpulsen aussucht, erhält man darüber hinaus einen reellen Wert für die Streuung a der Einzelwerte, der es nach Analogschlüssen zum Formalismus der Korrelationsanalyse ( S P R E N G E R , S C H M I N D E R 1 9 6 9 a) gestattet, durch die zusätzliche Bestimmung der scheinbaren Geschwindigkeit v', wie sie sich aus der Mittelung der Zeitdifferenzen über ein vorgegebenes Zeitintervall ergibt, nach vc = v]/v'[v — 1 den Wert von vc abzuschätzen. Voraussetzung zur praktischen Durchführung des Verfahrens ist die Verwendung der auch aus anderen Gründen vorteilhaften Medianwerte; bei Benutzung von arithmetischen Mittelwerten ergeben sich in gewissen cr-Bereichen Schwierigkeiten, die zwar analytisch zu beherrschen sind, das Verfahren aber unnötig komplizieren. Die in der Literatur in beträchtlicher Vielfalt bekanntgewordenen Verfahren, die Berechnung der Korrelationsfunktionen zur Trennung von v und vc in irgendeiner Weise durch Zeitdifferenzenverteilungen zu ersetzen, bieten keine echten Alternativen. Bezüglich der Driftrichtungen hat es auch früher nach Angaben der meisten Autoren keine größeren Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Korrelationsanalyse und der ,,similar-fades"-Methode gegeben. Das ist insofern ohne weiteres verständlich, als die Richtung aus dem Quotienten zweier Größen gebildet wird, für die der durch das vc hineingebrachte absolute Fehler und die Fehlerverteilung als annähernd gleich angesehen werden können. Bleibt noch zu sagen, daß auch die FOURIER-Analysen von Fadingregistrierungen zum Nachweis einer positiven Dispersion der scheinbaren Driftgeschwindigkeit v' seit J O N E S und M A U D E ( 1 9 6 5 ) immer wieder in den Kreis der Betrachtung gezogen wurden, obwohl die Ergebnisse einer Reihe von Arbeiten bei Annahme der Interpretation der Autoren einen zur Vorsicht mahnenden hohen Wellenanteil erkennen ließen. Eigene Untersuchungen auf der Basis des von M C G E E ( 1 9 6 6 ) vorgeschlagenen Tests auf der Grundlage von 300 Korrelationsanalysen ergaben für dasselbe Meßvolumen, das bei Behandlung mit FoüRiER-Analysen eine deutliche Zunahme von v' mit der Fadingrate erkennen ließ, keinerlei Hinweise auf das Vorhandensein einer Wellenkomponente. Das Problem kann nun wohl mit der Untersuchung von F E L G A T E und G O L L E Y ( 1 9 7 0 ) als abgeschlossen gelten, die zeigten, daß sich bei dem verwendeten Verfahren eine positive Dispersion notwendigerweise immer dann ergibt, wenn v während des Registrierintervalls variiert — und das dürfte der Normalfall sein.

3. Prinzip

und Funktionsweise

der automatischen

Driftregistrieranlage

In diesem Abschnitt soll eine kurze Beschreibung der Funktionsweise der von ( 1 9 7 2 ) entwickelten automatischen Driftregistrieranlage gegeben werden. Das Gerät eignet sich für eine permanente und kontinuierliche ÜberKÜRSCHNER

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

119

wachung der Zirkulation im Reflexionsniveau der verwendeten Funkwellen, wobei eine unmittelbare Einspeisung der erhaltenen Windparameter als Mittelwerte über einstellbare Integrationszeiten in den Datenfluß zentraler Auswertungsstellen im Sinne eines Beitrages zur Meteorologie der Hochatmosphäre möglich ist. Entsprechend den momentanen Anforderungen am Observatorium Collm erfüllt das Gerät folgende Funktionen: — Direkte Verarbeitung der drei von den zur Messung benutzten Langwellenpeilempfängern abgegebenen feldstärkeproportionalen Signalspannungen und Bestimmung der Größe und der Vorzeichen von Zeitdifferenzenpaaren zwischen korrespondierenden Fadingminima aus deren Verlauf nach einem Algorithmus, der einer modifizierten „similar-fades"Analyse entspricht. Anschließend werden jedem einzelnen Zeitdifferenzenpaar vorzeichenrichtig die entsprechenden rechtwinkligen Geschwindigkeitskomponenten zugeordnet. — Ausgabe ,der nach Komponenten (zonal, meridional) und Vorzeichen aufgeschlüsselten Summen der Einzelzeitdifferenzen und der Geschwindigkeitskomponenten sowie deren Anzahl in einstellbaren Zeitintervallen (Integrationszeit) digital über einen Meßwertdrucker. Der gesamte Vorgang ist vollautomatisiert, das Gerät kann über Zeiträume von Tagen oder Wochen unbeaufsichtigt arbeiten.

Bei der Konzipierung eines einfach automatisierbaren Auswertealgorithmus wurde davon ausgegangen, daß im Einzelfall sicher stets dann korrespondierende Fadingminima vorliegen, wenn sich in einer sinnvoll abgegrenzten Umgebung dieser Werte jeweils drei charakteristische, auf den als Gesamtheit betrachteten zeitlichen Verlauf der Fadingsignale bezogene Intervalle angeben lassen: eine Phase t v in der die zeitlichen Differentialquotienten aller drei Fadingsignale negativ sind, eine Phase t2, während der die Fadingsignale die Minimalwerte beschreiben, und eine Phase t3, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sich die Pegel aller drei Fadingsignale gleichzeitig stetig vergrößern (positive Differentialquotienten) . Wird zusätzlich gefordert, daß im Einzelfall — die Phasen t1 und t3 eine bestimmte Mindestgröße aufweisen (Stetigkeitsforderung), — nur dann Zeitdifferenzen gemessen werden, wenn sich die Fadingminima hinreichend exakt zeitlich fixieren lassen (Forderung an die „Steilheit" des Signalverlaufes in einer Umgebung des Fadingminimums), — jedes Fadingsignal während der Phase i 2 nur einen Minimalwert beschreibt (Eindeutigkeitsforderung) und — die während der Phase i 2 gemessenen scheinbaren Geschwindigkeitskomponenten v' einen oberen Grenzwert nicht überschreiten (Ausschließung gegen Null gehender Zeitdifferenzen zur Eliminierung von Störimpulsen, die gleichzeitig in allen drei Fadingsignalen auftreten,

so verfügt man über eine Anzahl von Kriterien, mit deren Hilfe eine wirksame Selektion der gesuchten Werte aus dem Fadingverlauf möglich ist, und die sich, da sie einfache logische Entscheidungen beinhalten, leicht automatisieren lassen. Ausgehend von diesen Forderungen wurde die im folgenden skizzierte Grundkonzeption des Automaten realisiert.

120

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

In der Eingangsstufe werden die von den drei Empfängern abgegebenen feldstärkeproportionalen NF-Signale mit einem automatisch geregelten NF-Selektivverstärker mit dem Ziel verstärkt, den Einfluß großperiodischer Feldstärkeschwankungen und langzeitiger absorptionsbedingter Feldstärkeänderungen auszuregeln und eine für die Folgestufen des automatischen Meßgerätes optimale Signalabbildung zu gewährleisten. An die Verstärkung schließt sich eine Gleichrichtung der NF-Signalspannungen an. Die dabei entstehenden pulsierenden Gleichspannungen werden zur Abtrennung von Modulationsresten und kurzperiodischen Störsignalen mit Tiefpässen (BuTTERWORTH-Tiefpässe 3. Ordnung) gefiltert. In den Folgestufen findet eine elektronisch analoge Differentiation der Fadingsignale mit quasiexakt arbeitenden Differentiatoren statt. Jedes der drei differenzierten Signale steuert zwei Funktionsformer, die binäre Zeitfunktionen X(t) und Y(t) erzeugen. Der jeweils erste dieser beiden Funktionsformer (X(t)) ordnet positiven Differentialquotienten und solchen, die meßtechnisch nicht mehr erfaßbar sind, die Binärziffer „0", negativen Differentialquotienten dagegen die Ziffer „1" zu. Die zweite Gruppe von Funktionsformern ( Y ( t f j ordnet dann und nur dann die Binärziffer „1" zu, wenn die Beträge der Differentialquotienten kleiner als eine vorgegebene Schranke sind. Damit beschreiben die Funktionen Xj, X2 und X3(t) die zeitliche Lage der Fadingminima (1—O-Sprünge), und aus dem Verlauf der Funktionen F 1( Y 2 und Yz(t) läßt sich ein Maß für die Genauigkeit ableiten, mit der sich die Fadingminima zeitlich fixieren lassen (Breite der 1Signale). Die von den Funktionsformern erzeugten binären Zeitfunktionen stellen die Eingangskonstituenten einer logischen Sequenzschaltung dar, die die oben angeführten logischen Entscheidungen ausführt und die Größe und das Vorzeichen der Einzelzeitdifferenzenpaare durch die Bildung von 2 x 2 Inhibitfunktionen I u , I12 {X1 , X2 ) und I31, I?J2{XX, X3) ableitet (je eine Inhibitfunktion beschreibt Zeitdifferenzen einer Komponente und eines Vorzeichens). Diese Inhibitfunktionen werden mit Torschaltungen in zeitlich begrenzte, die gesuchten Meßwerte repräsentierende Impulsfolgen umgewandelt und von vier Binärzählern digital erfaßt. Da jeweils erst am Ende des Intervalls t3 alle erforderlichen logischen Entscheidungen vorliegen, erfolgt zu diesem Zeitpunkt, ausgelöst durch ein von der sequentiellen Logik abgegebenes Steuersignal, die Übertragung der in den vier Binärzählern enthaltenen Informationen in einen ebenfalls aus vier gleichen Zähleinheiten bestehenden Hauptzähler; danach werden die Zwischenzähler gelöscht. Der Hauptzähler summiert alle einlaufenden Werte und wird schließlich nach erfolgter digitaler Werteausgabe am Ende jedes voreingestellten Meßintervalls gleichfalls gelöscht. Zur Ableitung der Geschwindigkeitskomponenten aus jedem einzelnen Zeitdifferenzenpaar sind die Ausgänge der Zwischenzählereinheiten über Kodiermatrizen mit einem Festwertspeicher verbunden. Die aus diesem Speicher ausgelesenen Geschwindigkeitswerte werden, wieder unter der Voraussetzung, daß im Einzelfall alle Auswahlkriterien erfüllt wurden, in eine weitere Hauptzählereinheit übertragen und summiert.

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

121

Die Anzahl der von der sequentiellen Logik im Meßzeitraum Übertragungsbefehle stellt die Anzahl der summierten Einzelwerte zusammen mit den anderen Finalwerten ausgegeben. Die beschriebene Anlage hat sich im praktischen Dauereinsatz torium Collm sehr gut bewährt. Ihre technische Funktionssicherheit, |

17

1

18

18

1

19

19

1

1

20

21

20

21

1

22

22

23

1

1 2b

01

1

23

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01

1

02

1

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03

1

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am Observaihr Verhalten

1 i

05

0H

abgegebenen dar. Sie wird

06 MEZ

08

06 MEZ

Abb. 3. Gegenüberstellung der Ergebnisse von Gezeitenanalysen ionosphärischer Driftmessungen auf 272 kHz am Observatorium Collm nach der Handauswertung (stark ausgezogene Linie, volle Punkte) und nach der Automatic-Auswertung (dünne Linie, offene Punkte) für die 2. Septemberhälfte 1970 (14.-30. 9. 70). a) Zonalkomponente, Handauswertung:

v0=

- 1 m/s, v2 = 32 m/s, Tz = 5.30 MEZ

Automatic:

v„ =

- 3 m/s, »2 = 31 m/s, T2 = 5.30 MEZ

b) Meridionalkomponente Handauswertung:

v0 =

—3 m/s, v2

14 m/s, T 2 = 4.30 MEZ

Automatic:

v0 = —13 m/s, v2

14 m/s, T2 = 4.00 MEZ

Bezeichnungen wie in Tab. 1

122

R. Schminder und D. Kürschner

bei der Verarbeitung der verschiedenartigsten Fadingtypen und ihr Regelverhalten bei Signalspannungsänderungen bis zu 40 dB wurden bei einjährigen Parallelregistrierungen durch die Handauswertung herkömmlicher Fadingregistrierungen überprüft. Abb. 3 zeigt eine Gegenüberstellung der Ergebnisse von Gezeitenanalysen der 2. Septemberhälfte 1970 ( 1 4 . - 3 0 . 9 . 7 0 ) auf 272 kHz nach der Hand- und der Automatic-Auswertung; ihre Diskussion erfolgt im nächsten Abschnitt. Die eingezeichneten Mittelwerte stützen sich bei der Handauswertung auf 150 Einzelwerte zu 14 Meßterminen pro Tag und bei der Automatic-Messung auf 230 Einzelwerte zu 20 Terminen. Die verbleibenden Differenzen liegen weit unterhalb der methodischen Unsicherheiten beider Verfahren. 4. Ergebnisse der Driftmessungen im Hinblick auf die ungestörte Zirkulation unteren Ionosphäre 1968—70 4.1.

inder

Allgemeines

Ziel dieses Abschnittes ist es, aus den Ergebnissen täglicher Driftmessungen durch eine Abtrennung von prevailing-Anteil und halbtagsperiodischer Gezeitenkomponente eine Vorstellung über den Tages- und Jahresgang der wichtigsten Parameter der ungestörten Zirkulation im 100-km-Niveau zu gewinnen. Dabei wird vorausgesetzt, daß die Driftmessungen echte Massenbewegungen der ionisierten Komponente des hochatmosphärischen Gases wiedergeben, die ihrerseits mit dem „Neutralwind" identisch sind. Der mögliche Einfluß von „gravity waves" wird im Spektralbereich bis zu 30 Minuten durch Mittelung innerhalb einer Registrierung und im Spektralbereich über 30 Minuten durch die Bildung von Mehrtagesmitteln für jeden Meßtermin zumindest so weit vermindert, daß keine Maskierung der gesuchten Zirkulation zu erwarten ist. Die ganztagsperiodische Gezeitenkomponente wird vernachlässigt, da sie einerseits während des größten Teiles des Jahres infolge des zu kurzen nächtlichen Meßzeitraumes nicht exakt bestimmbar wäre und da andererseits bekannt und auch aus unseren Driftmessungen ersichtlich ist, daß sie in der geographischen Breite und in der Höhe unseres Meßpunktes (50° n.B., 100 km) unter ungestörten Bedingungen nicht von Bedeutung sein dürfte. Die Bildung von Monatsmitteln verfolgt den Zweck, die bei dem vorliegenden indirekten und zahlreichen Beeinträchtigungen ausgesetzten Meßverfahren unvermeidbare Streuung zu vermindern und zu klaren Aussagen zu kommen. Die Monatsbegrenzungen werden jedoch dabei nur insoweit eingehalten, als das zwanglos möglich ist, ohne dem Meßmaterial Gewalt anzutun. I n jedem Fall werden die Mittelungsintervalle von der Homogenität des einzubeziehenden Materials bestimmt. Dabei kann es zur Aufteilung von Monaten und zur Verkürzung der Mittelungsräume auf 14 Tage bei genauer Angabe von Stichtagen kommen. Der hier deutlich zutage tretende Vorteil täglicher und tageszeitlich dichter Messungen f ü h r t auf ein Problem, dessen Lösung für den Aufbau eines wünschenswerten globalen Meßnetzes zur permanenten Überwachung der Zirkulation der

Ergebnisse ¡onosphärischer Driftmessungen

123

Hochatmosphäre von entscheidender Bedeutung sein dürfte. In den vergangenen 20 Jahren sind an etwa 90 Stationen Strömungsmessungen in der Hochatmosphäre durchgeführt worden, die Anzahl der Veröffentlichungen hat die Tausend überschritten. Daran gemessen, sind unsere bisherigen Kenntnisse insbesondere im Hinblick auf eine komplexe Einbeziehung der erhaltenen Details in ein Gesamtbild der Dynamik der Hochatmosphäre als gering zu bezeichnen. Das hat zum Teil seine Ursache in den unterschiedlichen Auffassungen von der Art und Weise, wie solche Untersuchungen durchzuführen wären. In vielen Fällen waren im Grunde genommen nur sekundär geophysikalische Gesichtspunkte maßgebend. Die Arbeiten galten in erster Linie dem Aufbau der Apparatur und dem Nachweis der prinzipiellen Funktionsfähigkeit von Gerät und Meßmethodik. So wurden an Stelle der erforderlichen langjährigen, geophysikalisch verwertbaren Meßreihen meist nur kurzzeitige Meßserien über Tage, Wochen oder bestenfalls Monate durchgeführt. Weniger als 10% der einmal tätig gewesenen Stationen verfügen über mehrjährige Meßreihen. Außerdem werden an den meisten Stationen selbst innerhalb langzeitigerer Meßserien infolge der häufig notwendigen Aufwandsbeschränkungen nur an wenigen Tagen (5—10) pro Monat Messungen durchgeführt. Diese Verfahrensweise, die in den Internationalen Geophysikalischen Jahren durch Benennung besonderer Welttage und Geophysikalischer Intervalle noch gefördert wurde, ist für das angestrebte Ziel sehr nachteilig gewesen, noch dazu lassen die bodengebundenen Meßverfahren aus den verschiedensten objektiven Gründen keine gleichmäßige Meßdichte an den vorausgewählten Tagen erwarten. Die Ionosphäre ist kein Labor, in dem alle die geplante Messung störenden Faktoren eliminiert und die Messungen beliebig oft wiederholt werden können. Die regulären und für einen gesuchten Prozeß typischen Vorgänge schälen sich häufig erst aus einem dichten Material nach wiederholter Messung unter ähnlichen Bedingungen heraus. Es ist ohne weiteres möglich, retrospektiv in jedem Monat einige Tage zu finden, die bei alleiniger Betrachtung auch über längere Zeit keinen zutreffenden Einblick in die Verhältnisse gestatten würden. In diesem Abschnitt sollen ungestörte Verhältnisse betrachtet werden. Bei den möglichen Störungen kann es sich um echte Zirkulationsstörungen handeln, wie sie beispielsweise von November bis Februar im Zusammenhang mit StratoSphärenerwärmungen auftreten, oder um Störungen in Verbindung mit erdmagnetisch-ionosphärischen Stürmen, bei denen sich als wahrscheinlich dominierender Effekt die Höhe des Reflexionsniveaus ändert. Ferner gibt es vereinzelt Perioden abweichenden Zirkulationsverhaltens, für die noch keine näherliegende Erklärung möglich scheint. 4.2.

Ergebnisse

In Tab. 1 sind die Ergebnisse der Zerlegung der Monats- und Teilmonatsmittel auf 272 kHz für die Jahre 1968—70 in einen prevailing-Anteil und die halbtagsperiodische Gezeitenkomponente wiedergegeben. In der jeweils zweiten Zeile sind die Ergebnisse der Kühlungsborner Messungen auf 185 kHz aufgeführt (Geo-

124

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNEE

Tabelle 1. Allgemeine ungestörte Zirkulation in 100 km Höhe über Mitteleuropa 1968 — 70 (mittlere Sonnenfleckenrelativzahl Ii = 100) nach täglichen Langwellendriftmessungen am Geophysikalischen Observatorium Collm (272 kHz, Senderentfernung 400 km, Kennbuchstabe C) und am Observatorium für Ionosphärenforschung Kühlungsborn (185 kHz, Senderentfernung 190 km, Kennbuchstabe K), S bedeutet Meßstation, J Jahr. Umfaßt das Mitteilungsintervall nicht den ganzen Monat, ist das in der Spalte Meßintervall angegeben. Fehlende Monatsabschnitte sind als zirkulationsgestört zu betrachten. v0 — prevailing-Komponente, in m/s, positiv nach E und N v2 = Amplitude der 12h-Gezeitenkomponente, in m/s T 2 = Phase (Zeitpunkt der Maxima in den Richtungen E und N) der 12 h -Gezeitenkomponente, in Ortszeit (15° E) X = unzureichende Meßdichte zonale Komponente Monat

Meßintervall

Januar

01.01.-11.01. 01. 0 1 . - 1 1 . 01. Februar

07. 0 2 - 2 8 . 02. März I

01.03.-11.03. 01.03.-12. 03.

März I / I I

meridionale Komponente

S-J

«0

«2

T2

"o

C68 K68

+30 +47 + 11 +27 +24

01 05 29 28 07

21.15 23.30 20.30 21.15 18.30

+09 + 10 +01 -03

03 12 10 16

-01

05

X

X

X

X

X

X

C68 K68

+24 + 34

07 05

22.00 21.00

+07 +09

04 18

17.30 19.30

C69 K69

+ 17 + 16 +25 +28 +27

10 22

22.30 21.30

-01 -10

05 07

19.45 20.00

05 05

22.00 22.30 20.00

+06 +06

12 12

21.00 19.45 19.00

C69 K69 C70 K70

C70 K70 C68 K68 C69 K69

05

T*

19.15 19.30 20.00 19.30 17.45

±00

10

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

30

20.45

-20

07

20.15

18 32

20.15 20.30

-05 -11

14 18

19.30 19.15

26 16

07.30 07.15

-02 -04

08 20

03.30 02.15

0 1 . 0 3 . - 2 9 . 03.

C70 K70

März I I

12. 0 3 . - 0 7 . 04. 13.03.-31.03.

C68 K68

-01 +07 +01 -18 -15

April

08. 0 4 . - 3 0 . 04.

C68 K68

-26 -25

05 15

06.15 06.30

-08 -10

04 15

04.00 04.00

C69 K69

-29 -22

09 12

08.00 07.00

-05 -19

05 00

04.15

C 70 K70

-16 -16

12 20

05.30 07.30

-13 -15

06 05

04.30 04.30

30. 0 3 . - 3 0 . 04.



125

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen 1. Fortsetzung Tabelle 1 zonale Komponente

meridionale Komponente

Monat

Meßintervall

8-J

»0

«2

t2

»o

z2

Mai

12 Tage 18 Tage

C68 C68 K68

-03 -05 -08 -10 -17 +04 -05

34 28 27 32 26

±00 -05 -15

25 27

22.00 04.15 06.45 00.45 08.00 06.15 07.30

04 10 10 07 05 18 21

+05 +08

20 22

+ 16 + 12

15 21

+26 +21 +28 +20

Mai

C69 K69 C70 K70

Juni

C68 K68 C69 K69 C70 K70

Juli

C68 K68 C69 K69 C70 K70

September I I

05.15 0.515

X

X

X

-16

12

06.00

-03 -07

11 20

06.45 04.45

05 03

06.45 07.15 07.00 07.00 08.00 08.30

-06 -02

15 15

05.00 05.30

03 11

07.30 07.00

-02 -14

12 14

05.15 04.15

28 30

07.00 07.00

-04 -15

12 11

05.30 06.00

06.00 06.45

17 11

07.00 06.45 05.30 06.00

±00 -09 -03 -14

11 16

05.00 04.15 05.15 05.00

-05 -14

17 14

04.30 03.45

06.15 07.00

-08 -14

19 15

05.00 05.15

C68 K68 C69 K69 C70 K70

+08 + 17 + 15 +27

01.09.-13.09. 01.09.-13.09.

C69 K69

+20 + 17

26 28

06.30 06.00

-10 -04

12 27

04.30 04.00

01.09.-13.09. 01.09.-13.09.

C70 K70

+ 11 +25

25 20

06.00 06.15

-10 -08

18 17

04.00 04.00

01. 0 9 . - 3 0 . 09. 01.09.-30.09. 14. 0 9 . - 3 0 . 09. 14.09.-30. 09.

C68 K68

+05 31 (31) ( + 11) ±00 36 +08 43 -02 31 +05 54

05.30 (06.15)

+02 (-09)

20 (26)

03.15 (04.30)

05.45 05.45

-11 -17

04.00 03.45

05.30 05.15 05.00 05.30 04.30 04.30

-11 -04 -14 -13 -01 -13

16 17 14 25 12 12

14.09.-30. 09. 14. 0 9 . - 3 0 . 09. Oktober I

-05 -05

02.00 06.00

11 08 26 23 33 26 29 20

August

September I

+ 10 + 13 +23 +30

-05 -18

14.00 03.15 06.00

01. 1 0 . - 1 4 . 01. 10.-14. 01. 1 0 . - 1 1 . 01. 10.-13.

10. 10. 10. 10.

C69 K69 C70 K70 C68 K68 C69 K69

+ 16 +22

-06 -01

34 30

-01 -02

32 37

18 16

04.15 03.00 03.30 03.45 03.15 04.00

126

E . SCHMINDÉR u n d D . K Ü R S C H N E R

2. Fortsetzung Tabelle 1 zonale Komponente Meßintervall

S-J

01. 1 0 . - 1 2 . 10. 01. 1 0 . - 1 2 . 10.

C70 K70

Oktober I / I I

12. 1 0 . - 2 7 . 10. 14. 1 0 . - 3 1 . 10.

Oktober I I

Monat

November

meridionale Komponente

H

T2

%

«2

T2

±00 -11

24 28

05.30 05.30

-14 -15

05 14

03.15 03.15

C69 K69

+06 ±00

20 20

05.30 06.30

-05 -20

06 10

05.15 05.30

15. 1 0 . - 3 1 . 10. 15. 1 0 . - 3 1 . 10.

C68 K68

+ 16 +26

11 12

21.45 24.00

+02 +02

05 11

21.00 21.15

13. 1 0 . - 3 1 . 10. 13. 1 0 . - 3 1 . 10.

C70 K70

+ 17 +21

08 12

20.00 20.00

+01 -11

06 13

20.45 20.45

01. 1 1 . - 1 7 . 11. 01. 1 1 . - 1 7 . 11.

C68 K68

+ 16 +30

13 08

21.15 22.45

+04 +04

09 18

20.30 19.15

28. 1 0 . - 3 0 . 11.

C69 K69

+26 +30

02 05

19.45 23.00

+04 +01

04 12

19.00 19.45

C70 K70

+ 14 + 19

12 23

21.00 21.00

+05 +01

08 26

19.00 18.45

C68 K68

+ 12 + 17

25 31

21.15 21.30

-03 -12

10 19

20.00 19.45

17. 1 2 . - 3 1 . 12. 18. 1 2 . - 3 1 . 12.

C69 K69

+ 11 + 13

23 30

20.45 21.45

-03 -05

13 20

19.00 18.45

01. 1 2 . - 1 9 . 12. 01. 1 2 . - 1 9 . 12.

C70 K70

+06

18

19.30

+01

12

18.15

X

X

X

X

X

X

Dezember

Anmerkung: Die Rechnung der Gezeitenanalysen erfolgte in der Sektion Rechentechnik und Datenverarbeitung der KMU Leipzig (ZRA 1 und R 300).

physikalische Beobachtungsergebnisse 1968, 1969, 1970). Die gegenseitige Entfernung der beiden Reflexionspunkte beträgt 400 km und liegt damit in der Größenordnung, wie sie für die Netzdichte zur permanenten Überwachung der Zirkulation der Hochatmosphäre zu fordern wäre. In Abb. 4 sind die Analysenergebnisse auf 272 kHz für 1968 dargestellt, da uns dieses Jahr typisch für ein sonnenfleckenmaximumnahes Jahr mit allen Zügen einer weitgehend ungestörten hochatmosphärischen Zirkulation zu sein scheint. Außerdem enthält die Abbildung die Ergebnisse einjähriger uc-Messungen auf 272 kHz (1970) mit Hilfe der in Abschnitt 3. beschriebenen automatischen Meßanlage und einen mit v bezeichneten Wert, der aus den Monatsmedianen aller gemessenen Geschwindigkeitswerte der Jahre 1968—70 gebildet wurde. 4.2.1. Die zonale prevailing-Komponente. Aus Tab. 1 und Abb. 4 ist folgendes zu entnehmen: Die Zonalkomponente der prevailing-Drift hat einen wohldefinierten Jahresgang. Sie ist von Mitte Oktober bis Ende Februar nach E, während

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

127

zweier von SPRENGER (1958) bereits früher als „Frühjahrsanomalie" und „Herbstanomalie" bezeichneter Zeiträume von Mitte oder Ende März bis Ende April jedoch mit ungefähr gleichem Betrag (20 m/s) nach W gerichtet und von Anfang

Abb. 4. Jahresgang einiger dynamischer P a r a m e t e r der unteren Ionosphäre nach ionosphärischen Driftmessungen auf 272 k H z am Observatorium Collm, 1968—70 • —• Zonalkomponente, o-o Meridionalkomponente, A—A Totalvektor a) b) c) d) e)

Phase der 12 h -Gezeitenkomponente (1968) vc nach Automatic-Messungen (1970) Monatsmittelwert aller gemessenen Driftgeschwindigkeiten v (1968 — 70) prevailing-Komponente v0 (1968) Amplitude v2 der 12 h -Gezeitenkomponente (1968)

128

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

oder Mitte September bis Mitte Oktober annähernd Null. Nimmt man die Erfahrungen seit 1965 hinzu, kann man sagen, daß die Frühjahrsanomalie entweder zu Mitte (1965,1966,1967,1968,1972) oder Ende März (1969, 1970,1971) beginnt, wobei sich in letzterem Falle während des ganzen Monats ein Übergangsstadium erhält, in dem die zonale prevailing-Komponente verschwindet. Die Anomalie endet in der Regel Ende April, selten im Mai (1971: 11. 5.). Der Mai weist sich durch eine verschwindende oder in den einzelnen Jahren mit geringer Amplitude nach W gerichtete Zonaldrift wieder als Übergangsmonat aus, gehört aber dem Typ nach in den meisten Jahren noch zur Frühjahrszirkulation (1966, 1967, 1968 [18 Tage], 1970, 1972; Zonalkomponente: !)0 = - 0 2 m / s , v2 = 18 m/s, T2 = 04.30), obwohl alle Zwischenstadien (1969, 1971 [1. —11.], 1973; Zonalkomponente : v0 = —04 m/s, v2 = 33 m/s, T2 = 02.00) bis zum Sommertyp (1968 [12 Tage], 1971 [12.—31.]) vorkommen. Dieser Monat läßt in besonders augenfälliger Weise die sonst zu beobachtende großräumige Gleichförmigkeit der Gezeitenwindsysteme vermissen (1969). Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß bereits W I E S E (1954) auf Abweichungen im Jahresgang der SqVariationen im Mai hinwies, die er auf die Umstellung der allgemeinen nichttagesperiodischen Zirkulation in Höhen der Dynamo-Region zurückführte. Es scheint aber so, als ob auch die Phasenlage der 12 h -Komponente in diesem Monat besonders labil wäre. Die Herbstanomalie beginnt Anfang oder Mitte September mit einer Verringerung der zonalen prevailing-Komponente, die bis auf Null zurückgehen und in der 1. Oktoberhälfte vorübergehend mit geringem Betrag nach W gerichtet sein kann (1966,1968, 1969,1971). In manchen Jahren setzt die Herbstanomalie in mehreren Etappen ein, wobei die erste Etappe bereits Mitte August beginnen kann. Ein gutes Beispiel hierfür boten die Verhältnisse 1967. Während vom 1. —17. 8.67 die prevailing-Komponente noch bei + 3 0 m/s lag, verringerte sie sich vom 1 8 . - 3 1 . 8. 67 auf + 1 0 m/s und vom 1 . - 1 6 . 9. 67 auf 0 m/s. Obgleich die Variationsbreiten für das Eintrittsdatum des Endes der Herbstanomalie (10.—30. 10.) und des Beginns der Frühjahrsanomalie (10.—30. 3.) annähernd gleich groß sind, ist das Ende der Herbstanomalie in der Regel schärfer begrenzt. Auch hier kann es zu Übergangsperioden kommen, doch sind diese meist präzise abgrenzbar und nach ihren Ergebnissen der Herbstanomalie nicht mehr zurechenbar (27. 10. —13. 11. 65; 1 2 . - 2 7 . 10. 69). In Tab. 2 sind die Daten für den Beginn der Frühjahrsanomalie und das Ende der Herbstanomalie seit 1965 zusammengestellt. Tabelle 2. Beginn der Frühjahrsanomalie und Ende der Herbstanomalie seit 1965 nach Messungen auf 272 kHz am Geophysikalisehen Observatorium Collm

Frühjahr Herbst

1965

1966

1967

1968

1969

1970

1971

1972

17.03. 26.10.

20.03. 16.10.

13.03. 17.10.

12.03. 14.10.

01.04. 11.10.

30.03. 12.10.

01.04. 26.10.

15.03. 28.10.

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

129

4.2.2. Die meridionale prevailing-Komponente. Die Meridionalkomponente der prevailing-Drift h a t eine geringere Amplitude als die Zonalkomponente. Sie ist im Winter vorzugsweise nach N und im Sommer nach S gerichtet. Die Übergänge erfolgen kurz vor Beginn der Frühjahrsanomalie und kurz nach dem Ende der Herbstanomalie. 4.2.3. Die zonale halbtagsperiodische Gezeitenkomponente. Die Zonalkomponente der halbtagsperiodischen Gezeitenwelle zeigt zwei dominierende Maxima von der 2. Märzhälfte bis Mai und von August bis zur 1. Oktoberhälfte sowie ein schwächeres Maximum im Dezember. Dazwischen liegen Minima im J a n u a r bis zur 1. Märzhälfte, im Juni/Juli und von der 2. Oktoberhälfte bis November. Da im März und Oktober sowohl bei der prevailing-Drift als auch bei der 12 h -Komponente kleine Amplituden auftreten können, finden wir in diesen Monaten die absoluten Windminima des im übrigen sehr ausgeglichenen Jahresganges der direkt gemessenen Windgeschwindigkeit (v in Abb. 4). Es muß betont werden, daß die aus Abb. 4 ersichtlichen Relationen zwischen dem prevailing-Anteil und der 12 h -Komponente sowie die winterlichen N-Richtungen der prevailing-Komponente nur für sonnenfleckenmaximumnahe Jahre gelten. I n sonnenfleckenminimumnahen Jahren wächst die Amplitude der 12hKomponente auf Kosten des prevailing-Anteiles, und die Verhältnisse kehren sich, zumindest im Winter, um ( S P R E N G E R , S C H M I N D E R 1969b), außerdem bleibt die Meridialkomponente der prevailing-Drift das ganze J a h r über nach S gerichtet. Im April wurde der Meßwert in Abb. 4 im Vergleich zu Tab. 1 korrigiert. Es besteht Grund anzunehmen, daß die zonale 12h-Komponente im April wesentlich größer ist, als sich bisher aus unseren Analysen ergab. Die Ursache hierfür liegt in einer unvorteilhaften Beziehung zwischen Meßzeitraum und Phasenlage der 12h-Komponente in dieser Zeit. 4.2.4. Die meridionale halbtagsperiodische Gezeitenkomponente. Die Amplitude der meridionalen Komponente des 12 h -Gezeitenwindes ist im Winter mit derjenigen der Zonalkomponente vergleichbar, bleibt aber im Sommer deutlich geringer. Die Jahresgänge ähneln sich zwar von August bis zur 1. Märzhälfte, doch fehlen dann in der Meridionalkomponente das Maximum von März bis Mai und das folgende Mittsommerminimum. 4.2.5. Die Phase der halbtagsperiodischen Gezeitenkomponente. Der Phasengang der 12 h -Komponente ist immer noch ein umstrittenes Problem. Wir glauben aus einer Reihe sorgfältiger Studien des Verhaltens von einzelnen Tagen und Tagesgruppen in den Übergangszeiten sowie von statistischen Untersuchungen sagen zu können, daß sich die Eintrittszeiten der E-Maxima in der Zonalkomponente und der N-Maxima in der Meridionalkomponente im Sommer und Winter nur scheinbar ähneln, und daß im Gegenteil in der in Abb. 4 dargestellten Weise nach dem Beginn der Frühjahrsanomalie (meist Anfang April) und zum Ende der Herbstanomalie innerhalb weniger Tage ein Phasendurchlauf um fast 2n stattfindet. Bemerkenswert ist dabei, daß die Phasendifferenz zwischen Zonal- und Meridionalkomponente bei großen Schwankungen signifikant von 90° abweicht. Sie liegt in Collm und Kühlungsborn zwischen 45—60°, also zwischen l 1 / 2 und 2 Stunden. 9

Lauterbach

130

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

4.2.6. Die Ergebnisse der v„-Berechnungen. Abb. 4 zeigt, daß der Jahresgang von vc, berechnet aus den Ergebnissen der Automatic-Messungen 1970 auf 272 kHz, die höchsten Werte im Sommer und Minima im März/April und September/Oktober aufweist. Dieser Befund stimmt überein mit den Ergebnissen der vc-Berechnungen aus 600 Korrelationsanalysen der Jahre 1964—66 ( S C H M X N D E R 1966). Daß darüber hinaus die Mittelwerte aus der in Abschnitt 2. dargelegten (v, i/)-Methode nur um 5 m/s größer sind als die Mittelwerte aus der vollständigen Korrelationsmethode, wird als Hinweis auf die Anwendbarkeit des neu eingeführten Verfahrens angesehen. I n Tab. 3 sind die aus den Korrelationsanalysen erhaltenen Werte für vc, die Mittelwerte für die Größen der charakteristischen Ellipsen (Korrelationsellipse bei g = 0,5) und die Automatic-Mittelwerte für vc, zusammengestellt. Tabelle 3. Ergebnisse für wc(m/s) und die Größe der charakteristischen Ellipse aus 600 vollständigen Korrelationsanalysen auf 272 kHz nach Messungen am Geophysikalischen Observatorium Collm 1964—66 im Vergleich mit den vc-Werten aus den Automatic-Messungen 1970 auf derselben Frequenz. a(m) = große Halbachse der Ellipse, 6(m) = kleine Halbachse der Ellipse, c(m) = Kathete des Meßdreiecks, F(s) — Fadingperiode; die Fehlergrenzen stellen die Quartile dar. Korrelationsanalyse-Werte:

a b c v r

Mittel Mittel

F >90 F si90 Mittel

Frühjahr

Sommer

Herbst

Winter

Jahr

770 ± 200 390 + 100

820 ± 250 400 + 100

730 ± 250 360 + 100

800 ± 200 410 + 100

780 390 300 24 37 27

20 ± 28 ± 23 ±

05 10 07

26 ± 40 ± 32 ±

08 12 11

23 ± 27 ± 24 ±

06 06 06

26 ± 46 ± 30 ±

07 09 10

± 230 + 100 ± ± ±

07 12 09

Automatic-Werte: »e

Mittel

30

39

29

35

35

Als Deutung des Jahresganges von vc wird angenommen, daß das Reflexionsniveau der verwendeten Langwellen in den Äquinoktien, für die in Höhen zwischen 80—90 km ausgeprägte Minima der Elektronenkonzentration nachgewiesen worden sind, höher liegt als in den Solstitien und damit in die Nähe der Turbopause bei 105 km Höhe kommt, über der die Turbulenz weitgehend verschwindet. Bei den Angaben über die Größe der Strukturellipse ist zu beachten, daß bei einer vorgegebenen Größe des Meßdreieckes das Spektrum der erfaßbaren Amplitudenmuster nach unten und oben beschnitten ist, und daß wir lediglich aus der Einhaltung der Bedingung, daß die kleine Achse der Strukturellipse größer sein sollte als die Hypotenuse des Meßdreieckes (2b > c, Tab. 3), prüfen können, inwieweit dem Korrelationsverfahren immanente Vorbedingungen nicht verletzt und die erhaltenen vc-Werte zumindest unter diesem Aspekt repräsentativ sind.

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

131

Es wurde auch geprüft und bestätigt gefunden, daß das Achsenverhältnis a: b von annähernd 2 die realen Verhältnisse richtig wiedergibt und nicht etwa dadurch zustande kommt, daß während des Mittelungsintervalls von etwa 20 Minuten eine Vielzahl stärker gestreckter Amplitudenmuster regelloser Orientierung über das Empfangsnetz hin weglaufen und so eine geringe Elliptizität nur vortäuschen: Der mittlere Orientierungswinkel der Strukturen aus allen 600 Analysen war bemerkenswert konstant (Quartile ¿ 2 5 ° ) , und selbst bei kreisförmigen Strukturen konnte kein PÜTTER-Effekt nachgewiesen werden. Die Deutung von vc als Turbulenzgeschwindigkeit (z. B. GROSSKOPF 1961) ist nicht unumstritten. Die Skala der Erklärungen reicht von einer Deutung im Sinne von Wellenphänomenen bis zur Rückführung auf eine reine Rechengröße, die lediglich den Variationsbereich der Driftgeschwindigkeit wiedergibt. Sieht man die Auffassung als bewiesen an, daß die Fadingerzeugung durch ein Interferenzmodell erklärt werden kann (SCHMINDEK 1964, 1968; BÜRKE 1970), so kommt man für ve zwangsläufig auf statistische isotrope Geschwindigkeitsänderungen, die zumindest der definierten Turbulenzgeschwindigkeit proportional sein sollten (WEIGHT, PLYWASKI, FEDOR 1971). D e r A b s o l u t w e r t v o n vc s t i m m t z u d e m m i t

aus Meteorwindmessungen ermittelten Turbulenzgeschwindigkeiten (z. B. ROPER 1966) sehr gut überein. Ganz anders verhält es sich dagegen mit den i>c-Werten, die sich nach demselben (v, w')-Verfahren aus den Ergebnissen der Handauswertung ergaben. Hier lag, ebenfalls auf 272 kHz, der Jahresmittelwert bei nur 13 m/s, wobei die Monatsmediane in 80% aller Fälle nur um ± 1 m/s abwichen. Das beweist noch einmal, daß die Streuung bei der Handauswertung durch subjektive Faktoren zu klein herauskommt und weder als Streuungsmaß noch als weiterführender statistischer Rechenparameter verwendet werden kann. 5. Vergleich der Gollmer und Kühlungsborner Analysenergebnisse Tab. 1 zeigt, daß zwischen den Collmer und Kühlungsborner Analysenergebnissen zwar im Mittel eine gute Übereinstimmung besteht, daß im Einzelfall aber beträchtliche Differenzen auftreten. Selbst wenn man von völlig herausfallenden Ergebnissen absieht, wie sie z. B. im Mai und November 1969 bezüglich der Phase der zonalen 12h-Komponente auftraten, ergeben sich doch Abweichungen bis zu 23 m/s in der Geschwindigkeit und mehr als 2 Stunden in der Phase. I m Mittel kommt sowohl die prevailing-Komponente als auch die 12h-Gezeitenkomponente in Collm um mehrere Meter pro Sekunde kleiner heraus als in Kühlungsborn, und die Phase der zonalen 12h-Komponente ist in Kühlungsborn gegenüber Collm um etwa eine halbe Stunde verzögert (das hat zur Folge, daß die Phasendifferenz zwischen Zonal- und Meridionalkomponente in Collm noch etwas kleiner ist als in Kühlungsborn). Als Ursache für diese Differenzen kann jedoch nur z. T. auf echte Unterschiede in der Zirkulation geschlossen werden. Es sind vielmehr Faktoren in Betracht zu ziehen, die in der Vergangenheit viel zu wenig beachtet worden sind, die auch bei den bisherigen sehr überschlägigen 9*

132

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

Vergleichen zwischen den Analysenergebnissen derartiger oder ähnlicher Messungen nur eine geringe Rolle spielten, die aber mit der Herausarbeitung von Details und bei künftigen Versuchen einer synoptischen Analyse mit dem Material regionaler Meßnetze wesentlich werden müssen, und die in ihrer Wirkung völlig ausreichen, die vorhandenen Abweichungen auch bei übereinstimmenden Zirkulationsverhältnissen vorzutäuschen. Stehen hier auch an erster Stelle diejenigen Unterschiede, die sich aus der Anwendung ganz verschiedener Meßverfahren ergeben (Driftmeßmethode, Radarmeteormethode, incoherent-scatter, Raketenmethoden), sehr verschiedene Ursache haben und sehr schwierig aufzuklären oder zu reduzieren sind, so wären doch bereits innerhalb des bei uns verwendeten Driftmeßverfahrens folgende registrier- und auswertetechnischen Faktoren zu nennen: — der Auswahleffekt beim Heraussuchen der auswertbaren Registrierungen oder Zeitabschnitte, — der Auswahleffekt beim Heraussuchen der Zeitdifferenzenpaare in den als auswertbar angesehenen Registrierungen oder Zeitabschnitten, — die unterschiedliche Art der Gewinnung der Zeitdifferenzen (Handauswertung; maschinelle Auswertung, bei letzterer sehr verschiedene Variationen von P H I L L I P S 1 9 5 5 , H A B N I S C H MACHER 1 9 6 1 , V E S S E U R 1 9 7 0 b i s K Ü R S C H N E R

1972),

— die unterschiedliche Genauigkeit in der Bestimmung der Größe der Zeitdifferenzen, — die Unterschiede in der Art der Mittelbildung, — die Unterschiede im täglichen Meßzeitraum, besonders im Hinblick auf die Lage der Meßlücken relativ zur Phasenlage der zeitperiodischen Driftvariationen, — längerandauernde Einschränkungen der Messungen an einem Ort, so daß als Monatsmittel Mittelwerte sehr verschiedener Repräsentanz miteinander verglichen werden; ganz allgemein unterschiedliche Meßdichte.

Dazu kommen bereits ganz am Anfang dieser Kette Unterschiede in der Signaldarstellung durch die Spezifik der Registrierinstrumente. Um in Zukunft zu vergleichbaren und interpretierbaren Ergebnissen zu gelangen, dürfte es vorteilhaft sein, bei Ionosphärendriftmessungen nach der csr-Methode spezielle genormte Anlagen (Abschnitt 3.) einzusetzen, die vom Empfängerausgang bis zum Meßwertdrucker einen geschlossenen Kreis bilden und damit ein Höchstmaß an Ökonomie der Datenverarbeitung mit an objektiven Kriterien orientierter Datenauswahl vereinen. 6.

Zirkulationsstörungen

Unter Zirkulationsstörungen wollen wir alle signifikanten Abweichungen von dem uns bekannten Normalverhalten in den großräumigen Zirkulations- und Gezeitenwindsystemen verstehen, wobei eingeräumt werden muß, daß bei der momentanen Meßdichte am einzelnen Ort und der Weitmaschigkeit der vorhandenen Meßnetze nur markante, länger andauernde Störungen auffällig werden, während bei kurzzeitigen Störungen, besonders dann, wenn keine zusätzichen Anhaltspunkte über andere simultane geophysikalische Ereignisse zur

133

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

Verfügung stehen, nicht auszuschließen ist, daß sie häufig der Streuung zugerechnet werden. Hinzu kommt, daß das indirekte Verfahren der funktechnischen Ionosphärendriftmessungen empfindlich auf Raumwellenausbreitungsstörungen reagiert. So ist anzunehmen, daß die Abweichungen in den gemessenen Windwerten während erdmagnetischer Stürme im wesentlichen durch eine Verlagerung des Reflexionsniveaus in etwas größere Höhen mit naturgemäß anderen Zirkulationsverhältnissen Zustandekommen. Dabei ist eine quantitative Darstellung der auftretenden Abweichungen schwierig, da in den meisten Fällen extrem hohe Fadingraten oder starke Dämpfung der Raumwellen im Langwellenbereich die Messungen behindern, und in denjenigen Zeitabschnitten des Jahres, in denen erdmagnetische Stürme gehäuft auftreten, in den Äquinoktien, die jahreszeitlichen Zirkulationsumstellungen die Bestimmung eines als Bezugsniveau notwendigen Ausgangszustandes erschweren. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Störung hängt überdies nicht nur von der Stärke des erdmagnetischen Sturmes, der Eintrittszeit der Hauptphase und der Jahreszeit, sondern offenbar noch von einer Reihe anderer, aeronomischer Parameter ab. Die Störung besteht, falls sie beobachtet werden kann, in einer Verringerung der zonalen prevailing-Komponente von -6 -5

-U -3 -2-10

ho •30 - 20 / -10/ /v (m/s) --10 --20 --30 Nr20



• /

-10 \-20 -6-5-6-3-2-1

—,

/



\

\ \ • \ \

-10 / v (m/s)

9 10 11 12 13 AT2 (Stunden)

1 23

• \

J . / • /

v0 = - OOm/s. V2 - 33 m/s Ah = -23/hStd.

»

V

\

^

' / •^V*

%

v0

' + 05 m/s V2 = 20 m/s AT2 * - 1 Std-

0 I 2 3 U 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Abb. 5. Zirkulationsstörung während starker erdmagnetischer Stürme nach Driftmessungen auf 272 kHz am Observatorium Collm. Bezeichnungen wie in Tabelle AT% ist die Abweichung der Phasenlage der 12h-Gezeitenwindkomponente an den gestörten Tagen relativ zum Normalverlauf

134

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

Ausgangswerten um 15—20 m/s auf Werte nahe Null und in einer Vorverlagerung der Phase der Zonalkomponente des 12h-Gezeitenwindes um fast 3 Stunden. Beide Merkmale stützen die Annahme einer Zunahme der Reflexionshöhe, die sich bei Zugrundelegung einer vertikalen Wellenlänge derl2 h -Gezeitenwindkomponente von X = 40—80 km zu 10—20 km ergäbe. Abb. 5 zeigt darüber hinaus, daß der Phasenvorlauf der Meridionalkomponente mit nur 1 Stunde wesentlich geringer ist, so daß die sich aus unseren Messungen im Normalfall zu l 1 / 2 —2 Stunden ergebende Phasendifferenz zwischen Zonal- und Meridionalkomponente praktisch verschwindet. Was das bedeutet, ist noch unklar. Ebenfalls in der Regel mit erdmagnetischen Störungen verbunden ist das gelegentliche kurzzeitige (maximal 1 Stunde) Auftreten von schnellem quasiperiodischem Fading in den Feldstärkeregistrierungen selbst. Bei 50 Effekten in den Jahren 1968—72 wurden unabhängig von der Tages- oder Jahreszeit NWRichtungen (300°) und mit über 50 m/s Geschwindigkeiten beobachtet, die annähernd doppelt so groß sind, wie sie Abb. 4 als Mittel für v ausweist. Hier dürfte es sich um Wellenvorgänge handeln, doch liegt der Periodenbereich ( < 3 0 s ) unterhalb der der „internal gravity waves". Von größerem Interesse für die Analyse der Zirkulation der Hochatmosphäre sind nun aber Abweichungen, die auf echte Zirkulationsstörungen schließen lassen. Wir kennen drei verschiedene Typen, die im Winter und Frühjahr auftreten und eine mittlere Dauer von bis zu 2 Wochen haben. Der erste Typ führt in der 2. Novemberhälfte (1966, 1968) oder 1. Dezemberhälfte (1969) zu einer Vorverlagerung der Phase des 12 h -Gezeitenwindsystems, wobei in der Größe der Verschiebung und im Verhalten der anderen Parameter möglicherweise Unterschiede zwischen November und Dezember bestehen. In Tab. 4 sind die drei bisher beobachteten Fälle im einzelnen beschrieben. Tabelle 4. Zirkulationsstörungen im Zeitraum 2. Novemberhälfte/l. Dezemberhälfte nach Driftmessungen auf 272 kHz am Observatorium Collm. Bezeichnungen wie in Tabelle 1. Klassifikation

Zeit

zonale Komponente «2 T2 «0

meridionale Komponente t>2 t2 «0

Störungsperiode normal

1 9 . - -30. 11. 66 0 1 . - -18. 11. 66

±00 ±00

30 25

19.15 22.30

-07 -10

20 20

18.15 20.15

Störungsperiode normal

1 8 . - •30. 11. 68 0 1 . - •17. 11.68

+ 11 + 16

27 13

18.30 21.15

-01 +04

05 09

18.30 20.30

Störungsperiode normal

0 1 . - -16. 12. 69 1 7 . - 31. 12. 69

+29 + 11

06 23

19.15 20.45

+02 -03

06 13

18.00 19.00

Der zweite Typ ist mit den bekannten Stratosphärenerwärmungen korreliert. Die hochatmosphärische Zirkulationsstörung zeigte dabei in allen analysierten 10 Fällen einen ähnlichen Verlauf: Sie beginnt in ihrer Vorphase mit einer Häufung gestörter Einzelwerte zu derselben Tageszeit aufeinanderfolgender Tage, ohne daß der Tagesgang im übrigen bereits beeinträchtigt wäre. I n einem Fall (Winter 1972/73) konnte unmittelbar im Anschluß an diese Vorphase in einer

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

135

Zwischenphase eine kurzzeitige Verstärkung der normalen, in Sonnenfleckenminimumnähe schwachen Zonalzirkulation um das Mehrfache beobachtet werden. Die darauf folgende Hauptphase zeichnet sich primär durch eine stets eintretende Umkehrung der Zonalzirkulation von E-Drift auf W-Drift aus. Auch die Meridionalkomponente ändert ihr Vorzeichen. I n der Hälfte der untersuchten Fälle kam es gleichzeitig zu einer merklichen Vergrößerung (bis Verdoppelung) der Amplitude der 12 h -Gezeitenwindkomponente. Tab. 5 gibt je ein Beispiel für das Vorhandensein und das Fehlen dieses sekundären Störungsmerkmals. In einer Nachphase findet schließlich die graduelle Rückbildung der Störung statt. Es darf hier noch darauf hingewiesen werden, daß die 24 h -Gezeitenwindkomponente, die in mittleren Breiten im Bereich von 80—100 km in ihrer Amplitude mit der Höhe so abnimmt, wie diejenige der 12 h -Gezeitenwindkomponente anwächst, während dieser Zirkulationsstörungen eine größere Rolle zu spielen scheint. Es ergaben sich für die Amplitude Werte zwischen 10—30 m/s und für die Phasenlage (Maximum nach E) Eintrittszeiten zwischen 03—08 Uhr Ortszeit. Die Berechnung der 24 h -Gezeitenkomponente aus dem vorliegenden Meßmaterial ist aber schwierig und vermutlich mit großen Fehlern behaftet. Obwohl die Herstellung einer zeitlichen Korrelation mit den beobachteten Stratosphärenerwärmungen auch bei Einbeziehung hemisphärischer Darstellungen der interessierenden meteorologischen Parameter der Stratosphäre in der Art der täglichen synoptischen Karten bestimmter Druckflächen (z. B. 10 mb), wie sie in den Meteorologischen Abhandlungen des Instituts für Meteorologie und Geophysik der Freien Universität Berlin veröffentlicht werden, nicht ganz problemlos ist, und die Störungen des wirksamen mesosphärischen Temperaturregimes mitunter nach oben und unten nicht in gleicher Weise durchgreifen, fallen in der Regel die Hauptphase der Zirkulationsstörung in der oberen Mesopausenregion und der Zusammenbruch der Zonalzirkulation (Umkehr) in der 10-mb-Fläche annähernd zusammen. Besonders eindrucksvoll war das bei der herausragenden Stratosphärenerwärmung des Winters 1962/63 zu sehen. Abweichende Beobachtungen zeigen die Schwierigkeiten der Interpretation. So hatte es vom 31. 1. —13. 2. 67 nach unseren Messungen eine hochatmosphärische Zirkulationsstörung gegeben, die sich in ihrem Erscheinungsbild in keiner Weise von zur gleichen Zeit in anderen Jahren beobachteten Störungen unterschied, während der stratosphärische Polarwirbel zu dieser Zeit außerordentlich stabil blieb. Am 13./14. 12. 67 trat zusammen mit den ersten gemeldeten Temperaturzunahmen in 5 mb über NW-Europa eine deutliche Driftanomalie auf, doch blieb danach die Zirkulation im 100-km-Niveau ungestört, obwohl sich ein stratosphärisches „major event" anschloß. Ähnliche Verhältnisse wurden am 15. 2. 69 bei einem „minor event" beobachtet. Der dritte Störungstyp ist in die „Frühjahrsanomalie" eingebettet und läßt eine bemerkenswerte Analogie zu den mittwinterlichen Störungen erkennen. Er ist mit dem „final spring warming" verknüpft. Während im Winter eine Umkehrung von E-Drift auf W-Drift erfolgt, findet in diesen Fällen das umgekehrte statt. Die während der „Frühjahrsanomalie" normalerweise nach W

136

R . SCHMINDEK u n d D . KÜBSCHNEE

Tabelle 5. Zirkulationsstörungen im Winter und Frühjahr im Zusammenhang mit Änderungen des stratosphärisch-mesosphärischen Temperaturregimes nach Driftmessungen auf 272 kHz am Observatorium Collm. Bezeichnungen wie in Tabelle 1. zonale Komponente Zeit

Stadium

Zeitraum

Winter Ausgangszustand 01. 01. - 2 7 . 01. 1971/72 Vorphase 28. 01. - 2 9 . 01. Hauptphase 29. 01. - 1 1 . 02. 11.02.-- 1 6 . 0 2 . Nachphase Normalzustand 16. 02.-- 2 8 . 02. Winter Ausgangszustand 01.01. - 3 0 . 01. 30. 01. - 0 1 . 02. 1972/73 Vorphase Zwischenphase 01. 02. - 0 4 . 02. Hauptphase 04. 02. - 0 9 . 02. Nachphase 09. 02. - 1 1 . 0 2 . Normalzustand 12. 02. - 2 8 . 02. Frühjahr 1972

Ausgangszustand Hauptphase Normalzustand

13. 03. - 2 9 . 03. 30. 03. - 1 4 . 04. 15. 04. - 2 7 . 04.

«0

«2

T2

+20 + 18 -08 -01 +20 +03 +03 +22 -14 +08 + 10 -25 + 10 -25

19 27 50 35 20 25 31 18 21 22 19

19.45 20.30 19.45 20.00 20.00 20.45 20.45 16.15 20.45 20.45 19.45

06 31 06

00.15 19.00 00.15

meridionale Komponente v0

«2

+02

15

18.00

-09

25

17.15

+02

21

18.45

+03 -02 + 16 -08 + 10 +09

16 22 07 19 22 12

19.30 18.30 18.30 20.00 19.45 20.15

-14 -06 -14

00 11 00

18.15

gerichtete Zonalkomponente schlägt vorübergehend für ebenfalls etwa zwei Wochen nach E um; gleichzeitig verstärkte sich in dem einen gemessenen Fall (1972) die Amplitude des 12h-Gezeitenwindes, in dem anderen Fall (1966) war das nicht beobachtet worden. Tab. 5 enthält die Analysenwerte für die Zirkulationsstörung im April 1972 (1966 war sie vom 18.—30. 4. aufgetreten). I m Sommer ist die Zirkulation wesentlich stabiler. Hier auftretende Abweichungen werden gegenseitigen Höhenänderungen von Reflexionsniveau und Obergrenze des mesosphärischen W-Driftsystems zugeschrieben, die das Reflexionsniveau, das im allgemeinen über dieser Grenzschicht in einem eingelagerten E-Driftband liegt, unter die Grenzschicht geraten lassen können. 7. Vergleiche mit Ergebnissen

von Driftmessungen

in Irkutsk

und De Bilt

Bei der Analyse der Irkutsker Driftmessungen wurde von uns das ursprüngliche Meßmaterial (Irkutsk 1971) benutzt. Es handelt sich um Messungen aus den Monaten März, Juni, September und Dezember der Jahre 1968 und 1969, wobei der Dezember 1968 wegen zu großer Streuung verworfen wurde. Die Bezugshöhe liegt zwischen 105 und 130 km. Eine Aufteilung des Materials in auch nur zwei Höhenstufen erwies sich als nicht möglich. Tab. 6 gibt die Ergebnisse der Gezeitenanalysen. Sie zeigen, daß derartige Messungen, die auf 2,2 MHz durchgeführt worden waren, mit den Ergebnissen von Langwellendriftmessungen nicht mehr vergleichbar sind. Insbesondere weisen die Ergebnisse von Dezember 1969 darauf hin, daß das Reflexionsniveau im Winter bereits in dem W-Driftband liegt, das sich nur wenig oberhalb unseres

137

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

Tabelle 6. Ergebnisse von Gezeitenanalysen ionosphärischer Driftmessungen in Irkutsk 1968 und 1969 im Höhenbereich von 105—130 km. N = Anzahl der Terminmittelwerte, T in Ortszeit (105° E), Bezeichnungen wie in Tabelle 1, vv T1 = Amplitude und Phase der 24 h -Komponente. zonale Komponente Monat

J

N

März

1968 1969

104 139

+23 +08

Juni

1968 1969

183 323

+35 +43

48 46

Sept.

1968 1969

165 142

-30 -23

Dez.

1969

161

-32

meridionale Komponente «2

T2

87 52

06.15 06.00

-30 -16

22.30 21.00

48 35

04.45 04.15

±00 +02

20 24

51 28

02.45 03.30

21 24

04.15 02.30

-01 -09

17

03.45

18

14.30

-23

%

Tx

Tx

»2

T2

69 52

02.45 04.15

17.30 19.15

50 43

03.00 03.00

25 19

03.15 01.45

29 57

02.15 01.00

16

21.15

58

13.30

Die Rechnung der Gezeitenanalysen erfolgte in der Sektion Rechentechnik und Datenverarbeitung der KMU Leipzig (R 300)

Reflexionsniveaus anschließt. Die Juni-Werte lassen eine quantitative Abschätzung des mittleren Höhenunterschiedes beider Reflexionsniveaus der Phasenlage der 12 h -Gezeitenkomponente zu und führen bei Annahme eines Phasengradienten von 6°/km auf 10—15 km. Bei der Analyse des De-Bilter-Materials konnte auf vorgegebene mittlere monatliche Tagesgänge der Driftgeschwindigkeit (De Bilt 1971) zurückgegriffen werden. Auch hier lag die Bezugshöhe für die Einzelwerte bei 100—130 km. Die Ergebnisse der Gezeitenanalyse zeigt Tab. 7. Es fällt auf den ersten Blick auf, daß die mittleren Geschwindigkeiten bemerkenswert klein sind, besonders, wenn man sie mit den Irkutsker Werten vergleicht, die annähernd für dieselbe Höhe gelten. Es ist anzunehmen, daß das eine Folge der sehr verschiedenen Auswerte verfahren ist. In Irkutsk wird die „similar-fades"-Methode in ihrer früher empfohlenen Form (Mittelung der Zeitdifferenzen), in De Bilt dagegen ein spezielles Korrelationsverfahren benutzt, das mit Yorzeichenfunktionen arbeitet. Wir sehen dadurch unsere Auffassung bestätigt, daß es künftig in erster Linie auf eine Normierung und Standardisierung der Meßverfahren, und innerhalb der Meßverfahren der Auswerteverfahren ankommt, wenn man zu tatsächlich vergleichbaren Werten gelangen will. Die Phasenlagen werden durch dieses Problem weniger berührt. Die Phase der zonalen 24 h -Gezeitenkomponente ist im Sommerhalbjahr (April bis Oktober) ziemlich konstant (11.45 Ortszeit), doch ist der Gezeitenvektor linksdrehend und das Periodogramm stark elliptisch. Die Phase der zonalen 12 h -Gezeitenkomponente liegt im Sommer und Winter bei 5.15 Ortszeit, und in den Äquinoktien treten, wie bei uns, Phasenänderungen auf. Die Interpretation dieser Phasenänderungen wurde in Tab. 7 unseren Vorstellungen gemäß vorgenommen (SPRENGER, S C H M I N D E R 1967), obwohl auch eine eigene nochmalige Durchsicht der De Bilter

138

R . SCHMINDER u n d D . KÜRSCHNER

Tabelle 7. Ergebnisse von Gezeitenanalysen ionosphärischer Driftmessungen in De Bilt 1969 und 1970 im Höhenbereich von 100—130 km. N = Anzahl der Terminmittelwerte, T in Ortszeit (5° E), Bezeichnungen wie in den Tabellen 1 und 6. Tx

«2

T2

«9

»i

T!

«a

T%

20 17

00.00 22.45

20 26

17.15 16.45

12 07

22.15 21.00

16 16

17.00 14.30

-06 +06

26 04

01.00 20.30

19 04

16.30 18.30

+02 -11 -02 -08

14 08

00.00 00.00

15.30 16.15

-08 +04

07 08

00.30 09.15

20.30 03.15

+01 -11

17 05

09.00 01.30

16.45 03.30

+06 +08

09 11

12.15 09.00

11 01 07 06

12 09 22 10

20.15 05.45

+08 -03

05 05

17 02

19.00 05.45

+ 14 06 + 14 06 + 12 09 + 0 8 09

12.00 09.00 11.45 12.45

15 06

05.45 05.15 05.15 07.45

08 03 12 06

04 07 04 05

05.45 05.30

+ 16 03 + 12 11

10.15 11.45

03 08

05.30 06.15

01 08

11.15 11.00 15.30 14.45

03 01 05 06 05 06

+ 11 +03 +07 +02

14.30 13.00 11.15 08.45

02 05

04.45 05.00

+ 0 6 01 + 0 3 10 + 0 3 02 + 0 1 08 + 0 3 05 - 0 6 08

+ 13 04 + 0 6 05

11.45 12.00

03 02

20.45 22.00

+02 -07

02 03

12.30 14.00

1969 494 + 17 04 1970 250 + 0 5 15 1969 354 + 0 6 04 1970 312 + 0 5 02

05.15 17.15

05 09

16.00 18.15

+04 -08

08 07

08.00 10.30

03 14

15.30 16.45

-08 -07

10 08

Monat

J

Jan.

1969 272 1970 410

-07 -14

Eeb.

1969 1970

158 413

März

1969 259 1970 491 1969 370 1970 431 1969 789 1970 369 1969 797 1970 891 1969 778 1970 799 1969 513 1970 554

Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.

N

1969 712 1970 448 1969 647 1970 437

»0

+ 14 +11 + 12 +05

06.30 06.30

13.00 13.30 11.30 12.00 (20.45) 11.45 23.15 14.30

01 07 02 06 04 08

06.00 06.30 02.45 05.45 02.30 05.45 03.45 02.45 18.00 16.30

23.45 17.00

03 03 14 13

16.30 15.45

03.00 07.30

14 15

15.15 15.15

Die Rechnung der Gezeitenanalysen erfolgte in der Sektion Rechentechnik und Datenverarbeitung der KMU Leipzig (R 300)

Tageswerte zu den aus unseren Messungen heraus gefundenen Zeitpunkten der „Anomalien" keine entsprechenden Vorgänge erkennen ließ. Die Phasendifferenzen zwischen den De Bilter und den Collmer Messungen (Tab. 1 und 7) entsprechen im Sommer mit Werten zwischen 0—13/4 Stunden für De Bilt ebenfalls der Annahme eines nur wenig über 100 km liegenden Reflexionsniveaus. Im Winter sind die Differenzen größer und übersteigen teilweise 6 Stunden. Hinzu kommt, daß die mittleren Phasendifferenzen zwischen Zonal- und Meridionalkomponente in De Bilt noch geringer sind als in Collm/Kühlungsborn. So scheint uns bei allen Problemen, die zweifellos noch in der Frage der Vergleichbarkeit derartiger Messungen stecken, wesentlich und auch signifikant zu

139

Ergebnisse ionosphärischer Driftmessungen

sein, daß die zonale prevailing-Drift weder im Frühjahr noch im Herbst negativ wird, sich also die Erscheinung, die wir „Frühjahrs-" und „Herbstanomalie" genannt haben, offenbar streng auf ein Gebiet wenig unter und um 100 k m Höhe beschränkt. Auch die meridionale prevailing-Drift weist mit ihren sommerlichen N-Richtungen und den winterlichen S-Richtungen ein entgegengesetztes Verhalten auf. Zusammenfassend ist zu diesen beiden Vergleichen festzustellen, daß ungeachtet eines relativ dichten und umfangreichen Meßmaterials der Zweck nicht erreicht wurde. Die Messungen sind quantitativ nicht vergleichbar. Abgesehen davon, daß die Meßhöhen unterschiedlich waren (Collm/Kühlungsborn sS 100 km, Irkutsk und De Bilt 2g 100 km), ist die Ursache in hohem Maße in den unterschiedlichen Auswerteverfahren zu suchen. Es dürfte eine vordringliche Aufgabe der Zukunft sein, durch Beiträge zur Standardisierung von Meß- und Auswerteverfahren diesen Zustand zu verändern. Danksagung Wir danken den Herren Prof. Dr. K. S P R E N G E R , Observatorium für Ionosphärenforschung Kühlungsborn im ZISTP der AdW der DDR, Prof. Dr. H. J . A. V E S S E U R , Koninklijk NederlandsMeteorologischInstituut De Bilt, und Dr E . S. K A Z I M I R O W S K Y , SIB-IZMIRAN Irkutsk, für die freundliche Überlassung von Drift-Meßwerttabellen. Die Arbeit wurde im Rahmen eines Forschungsauftrages als Nachauftragnehmer des ZISTP der AdW der D D R durchgeführt.

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KALOW, Über die Gewinnung aktueller Schnellinformationen über die Windverhältnisse in der Hochatmosphäre mit Hilfe der Radiometeormethode (russ.). Meteorol. Gidrol. 8 (1969) 3 - 7 . PHILLIPS, G. J., An apparatus for recording time-delays between radio fading characteristics. J . Atmosph. Terr. Phys. 6 (1955) 1 2 4 - 1 2 8 . R O P E R , R . G., Atmospheric turbulence in the meteor region. J . Geophys. Res. 71 (1966) 5785-5792. SCHMINDER, R., Ionosphärische Driftmessungen im E-Schichtniveau am Geophysikalischen Observatorium Collm — Ein Beitrag zur Zirkulation der Hochatmosphäre —. Veröff. Geophys. Inst. KMU Leipzig, Akad. Verl. Berlin, 2. Serie, Band X V I I I (1964) H. 2, 7 9 - 2 7 5 . —, Geophysikalische Meßreihen des Geophysikalischen Observatoriums Collm, Serie Ionosphärenmessungen. Jahresband 1966, 134 S. —, Beiträge zur Problematik funktechnischer Driftmessungen in der unteren Ionosphäre. Habilitationsschrift, Univ. Leipzig, 1968, 164 S. SPRENGER, K., Ionosphärendriftmessungen im Langwellenbereich als Beitrag zum Problem der allgemeinen Zirkulation der Hochatmosphäre. Z. Meteor. 12 (1958) 211—218. SPRENGER, K., R . SCHMINDER, Vergleich von Ionosphärendriftmessungen im Langwellenbereich an zwei 300 km voneinander entfernten Stationen. Kleinheubacher Berichte 11 (1966) 7 9 - 8 7 . —, — Results of ten years' ionospheric drift measurements in the l.f. range. J . Atmosph. Terr. Phys. 29 (1967) 1 8 3 - 1 9 9 . —, — On some relationships between correlation analysis and similar-fade analysis results of drift measurements in the lower ionosphere. J . Atmosph. Terr. Phys. 31 (1969), 1085 — 1098. (a). —, — Solar cycle dependence of winds in the lower ionosphere. J . Atmosph. Terr. Phys. 31 (1969) 2 1 7 - 2 2 1 . (b). VESSEUR, H . J . A., A correlation apparatus for the measurement of the drift in the ionosphere by the spaced receiver method. J . Atmosph. Terr. Phys. 32 (1970) 829—835. WIESE, H., Anomalien des täglichen Ganges im Erdmagnetismus und ihr Zusammenhang mit den Windströmungen in der tiefen Ionosphäre. Z. Meteor. 5, (1951) 373—377. W R I G H T , J . W . , W . P L Y W A S K Y , L . S . F E D O R , Development of a system for remote sensing of ionospheric motions and microstructure: The Kinesonde in France, 1970. NOAA Techn. Mem. ERLTM-OD6, Boulder, J a n . 1971, 104 S.

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General Climatology 2 (World Survey of Climatology, Yol. 2). Elsevier Publishing Company, Amsterdam—London—New York 1969. 266 Seiten, 137 Abbildungen, 36 Tabellen, Preis 9 5 , - Dil. Der vorliegende Band wurde als erster des mit 15 Bänden konzipierten und insgesamt von H. E. LANDSBEKG herausgegebenen Werkes „World Survey of Climatology" veröffentlicht. Von den ersten 3 Bänden dieses Werkes, die unter dem Titel „General Climatology 1, 2 bzw. 3 " von H. F L O H N herausgegeben werden, liegt dieser 2 . Band zur Beurteilung vor. Er umfaßt 5 Hauptabschnitte: 1. Mechanism of the general circulation of the troposphere ( H . R I E H L ) , 2. Physical processes near the surface of the earth (E. R. DEACON), 3. Topoclimates ( R . GEIGER),

4. Local wind systems ( H . FLOHN) 5. Climatic fluctuations (H. H. L A M B ) . Das 1. Kapitel liefert einen Querschnitt durch die Probleme des troposphärischen Mechanismus der allgemeinen Zirkulation, wobei nach Erörterung der „klassischen" Darstellungen und der Fultzschen Modellexperimente der Schwerpunkt auf den Mechanismen der meridionalen und vertikalen Impuls-, Wärme- und Feuchtigkeitstransporte sowie der Erzeugung und Erhaltung kinetischer Energie liegt. Absehließend werden einige Prozesse im Bezugssystem der langen Wellen dargestellt. Die Problematik des Zirkulationsmechanismus wird als konzentrierte Querschnittsinformation auf nur 37 Seiten abgehandelt; eine größere Ausführlichkeit dieses grundlegenden Themas, auch ein umfangreicheres Quellenverzeichnis, würde wohl von der Mehrzahl der fachorientierten Leser begrüßt werden. Diesem Wunsche kommen die Ausführungen des 2. Kapitels, Prozesse in der erdoberflächennahen Atmosphäre, näher (66 Seiten). Die Glieder der Wärmehaushaltgleichung der Erdoberfläche werden unter Bezugnahme auf grundlegende Literatur dargestellt, wobei der klimatologischen Arbeitsweise entsprechend vorwiegend halbempirische Beziehungen diskutiert werden. Der im Anschluß an die Strahlungsströme und die Wärmeleitung im Boden behandelte turbulente Wärmeübergang Boden—Atmosphäre wird durch Beschreibungen und Darstellungen seiner Beziehungen zum Windprofil und über dieses zu Stabilität und Temperaturprofil fortgesetzt. Nach entsprechenden Ausführungen zur Verdunstung schließt der Abschnitt mit tagesperiodischen Temperatur- und Feuchtevariationen und Nebelbildungen. Anlage und Inhalt dieses Kapitels vermitteln mit der Fülle einzelner, aber stets zur Synthese geführter Teilprobleme nicht nur Kenntnisse über die Prozesse an der Hauptwärmeumsatzfläche, sondern in gleicher Weise wertvolle methodische Hinweise zu ihrer Erfassung. Die Darstellung des Topoklimas im 3. Kapitel, das die Beziehungen zwischen Geländeform und Lokalklima beschreibt, beginnt mit Relationen zwischen Hangneigung und Besonnung einschließlich der Erfassung von Abschattungen durch die Form des Horizontes sowie den Anteilen der direkten und diffusen Strahlung unter verschiedenen Bedingungen. Der Hauptanteil des Kapitels gilt der Geländeform als Klimafaktor und stellt dies in bezug auf Bewölkung, Wind und Niederschlag sowie auf die Differenzierung des Lokalklimas dar. Methoden der Klimadarstellung runden den informationsreichen Querschnitt ab. Den lokalen Windsystemen wird ein Hauptkapitel (4) zugemessen. Es beschreibt spezielle Land—Seewind-Zirkulationen und erläutert deren Mechanismus an empirischen Untersuchungsergebnissen und an Modellvorstellungen. In analoger Weise werden lokale Wind-

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systeme im Gebirge nach Ursache und Wirkung dargestellt. Eine kurze Erörterung der Hinderniswirkung von Gebirgen ergänzt die Interpretation lokalklimatisch bedeutungsvoller geländegebundener Windsysteme. Der relativ größte R a u m ist dem Kapitel 5, Klimaschwankungen, gewidmet (77 Seiten). Den eigentlichen Ausführungen gemäß der Definition des Begriffs Klimaschwankungen stellt der Verfasser einen gedrängten Abriß der Klimageschichte voran, die mit dem Quartär beginnt und weiter die Hauptklimaphasen des Postglazial beschreibt. Ausführlich sind die aus Messungen der letzten 2 Jahrhunderte analysierten Pendelungen und Trends von Luft- und Wassertemperaturen, von Vereisungen der Ozeane und Festländer, von Niederschlägen, See- und Flußpegelständen, Schneeverhältnissen und Wind wiedergegeben. Zusammen mit den folgenden Darlegungen über Erfassungsmethoden und Ergebnisse der Variationen der atmosphärischen Druckfelder seit 1750 liefern sie ein umfassendes Bild gegenwärtigen Wissens um diese Probleme. Aus Witterungsschilderungen vorangehender Jahrhunderte abgeleitete Klimapendelungen in Europa ergänzen diese Ausführungen, die durch eine Zusammenfassung potentieller Wirkfaktoren auf Klimaschwankungen abgeschlossen werden. Der vorliegende Band ist ein ausgezeichneter Leitfaden der Klimatologie, der bei Fachwissenschaftlern, Studenten sowie einem breiten Kreis von Fachinteressenten sehr geschätzt sein wird. Ein Mangel besteht aber zweifellos in der Unausgewogenheit der verarbeiteten Literatur, die dem internationalen Stand der Wissenschaften von der Erde nicht gerecht wird (im 1. Kapitel überhaupt kein Literaturzitat aus der UdSSR). Der mustergültige Druck und die ansprechende äußere Form des Bandes verdienen besonders hervorgehoben zu werden. CHE. HANSEL

GEEFFITHS, J . F . : Glimates of Africa (World Survey of Climatology, Vol. 10). Elsevier Publishing Company Amsterdam—London—New York 1972. 604 Seiten, 205 Abbildungen, 368 Tabellen. Preis: 225,— Dfl. Aus dem von H. E . L A N D S B E K G herausgegebenen lobändigen Werk „World Survey of Climatology" liegt nunmehr auch der Band 10, Climates of Africa, vor. Neben dem Herausgeber J . F. GRIFFITHS, dem Autor der meisten Abschnitte des Bandes, zählen zu den Verfassern: F . B U L T O T , R . R A N A I V O S O N , B . R . S C H U L Z E , K . I I . SOLIMAN und J . D . T O R R A N C E . Nach dem einleitenden Kapitel mit einer Übersicht über die Klimate des gesamten Kontinentes Afrika folgen in 14 Abschnitten regionale Klimatographien in etwa übereinstimmenden Darstellungsformen: Genese der Klimate und die Klimafaktoren, Klimacharakteristika in Form regionaler und zeitlicher Verteilungen der Hauptklimaelemente mit ihren Veränderlichkeiten und besonderen Klimaerscheinungen, Quellennachweise und als Anhang zu jedem Abschnitt Klimatabellen. Die Klimatabellen umfassen f ü r die jeweiligen Beobachtungsorte Monatsmittelwerte und zum Teil Extrema von Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchte, Niederschlag, Windgeschwindigkeit mit Hauptwindrichtung und (teilweise) Wolkenbedeckungsgrad, Sonnenscheindauer sowie Verdunstung. Die thesenhaft kurzgefaßten Texte der einzelnen Abschnitte werden durch sehr zahlreiche Abbildungen (zum größten Teil Verteilungskarten oder Diagramme der Klimaelemente) und weitere Tabellen ergänzt und liefern sehr konzentrierte, inhaltsreiche Informationen. Durch diese Darstellungsweise und die übersichtliche Untergliederung wird der Band zu einem wertvollen Nachschlagewerk. Er schließt eine Lücke in der internationalen klimatologischen Fachliteratur und wird nicht nur von Geowissenschaftlern begrüßt werden, sondern

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sich darüber hinaus als unentbehrlicher Helfer für alle jene erweisen, die in irgendeiner Form mit der natürlichen afrikanischen Umwelt in Berührung kommen. CHR. HANSEL

Orbital geography for geologic studies Special Issue von Photogrammeina (Official Journal of the International Society of Photogrammetry), Volume 24, Nr. 3/4, June 1969, Elsevier Publishing Company, Amsterdam. Dieses Heft der Zeitschrift Photogrammetria enthält drei für Geologen wie auch Geophysiker gleich bedeutsame Arbeiten: 1. Geologie orbital photography: experience from Gemini program (Geologische Satellitenfotografie, Erfahrungen des Gemini-Programms) von P. D . L O W M A N jr. 2 . Environmental studies using earth orbital photography (Umweltstudien unter Verwendung der Satellitenfotografie) von F. V. W O B B E R . 3 . Geological interpretation of hyperaltitude photographs from Gemini spacecraft. (Geologische Interpretation von Fotografien aus übergroßen Höhen mit Gemini Raumflugsonden) von H . E. C . V A N D E R M E E R / M O H R . Die Satelliten-Bildtechnik hat für die geologische, geophysikalische und Landschafts-Strukturforschung eine sehr große Bedeutung erlangt. Dies liegt an der Kombination von Informationen mit sehr hoher Dichte über große, gleichzeitig erfaßte Flächen (übrigens bei sehr geringen Kosten pro Flächeneinheit). So wird es möglich, geringe Effekte z. B. in der Morphologie zu erfassen, wenn diese nur über große Distanzen aushalten, und somit eine „optische Filterung" vorzunehmen. Damit lassen sich aber auch Fragen der großgeologischen und tektonischen Struktur oder Probleme des Küstenbaues klären. Das vorliegende Heft gibt einen sehr guten Überblick über viele interessante Ergebnisse, aber auch über die einschränkenden und problematischen Fragen. Neben geologischen und tektonischen Großstrukturen werden auch genetisch typische Landschaften gezeigt, wie glaziale, fluviatile, Küsten- und küstennahe wie Deltabildungen, Inselgruppen. Es wird aber die Satellitenaufnahme auch als Mittel geologischer Kartierung gezeigt. Dieses Heft, reich bebildert und mit ausführlichen Analysen der Bilder versehen, kann jedem Fachkollegen zum eingehenden Studium empfohlen werden. R . LAUTERBACH

Geophysical Studies on the evolution of the eartKs deep interior. Edited by S . K. R U N C O R N , D. W . COLLINSON. Proceedings of a symposium held jointly by the International Association of Seismology and Physics of the Earth's interior and the International Association of Geomagnetism and Aeronomy at Madrid, September 1969. Organised by Dr. E. A. LUBIMOVA. North-Holland Publishing Company, Amsterdam. Preis Hfl. 2 4 . Dieser Bericht über die Madrider Sitzung der IASPEI und der IAGA vom Jahr 1969 enthält folgende Beiträge: J. A. J A C O B S : The origin of the Earth's core. T. NAGATA : Palaeomagnetic data in connection with the evolution of the Earth's core. E. V . A R T Y U S H K O V : Density differentiation on the core-mantle interface and gravity convection. A . N . TICHONOV, E. A . L J U B I M O V A und V . K . VLASSOV: On the evolution of melting zones in the thermal history of the Earth.

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H. W. K . LEE : On the variations of terrestrial heat-flow. K . E. B U L L E N und R . A . W . H A D D O N : Evidence from seismology and related sources on the Earth's present internal structure. J . O L I V E R : Structure and evolution of the mobile seismic belts. V . A. M A G N I T S K I J : Temperature gradient and the evolution of the Earth's mantle. A. N. CHRAMOV: Horizontal movements in the Earth's crust and palaeomagnetism. M. M. IVANOV, A. M. K A R A S I K , T. N. SIMONENKO und A. N. P U S C H K O V : Anomalous magnetic fields over the world's oceans. V. I. B A G I N , S. JTJ. B R O D S K A J A , D. M. P E C H E R S K I J und G. N. P E T R O V A : The distribution of Curie points in basalts from different types of Earth's crust. M. G. R U C H E S T E R : Core-mantle interactions: Geophysical and astronomical consequences. (Abstracts). P. J . L O W E S : Possible evidence on core evolution from geomagnetic dynamo theories. L . K N O P O F F : Models of continental drift. D. C . T O Z E R : Factors determining the temperature evolution of thermally convecting Earth models. Dieser Symposiumsbericht umfaßt die wichtigsten aktuellen Probleme der Physik der festen Erde, wie z. B.: — Entstehung und Entwicklung des Erdinneren, besonders des Erdkerns. — Zeitliche und räumliche Entwicklung der Aufschmelzungsbereiche, Wärmefluß. — Konvektionsprobleme. — Tektonik und Geodynamik der Kruste in Verbindung mit dem oberen Erdmantel. (Plattentektonik, Kontinentaldrift und andere Fragen, die im Internationalen Geodynamikprojekt weiter untersucht werden). Die Publikation bedarf keiner besonderen Empfehlung, ihr Inhalt spricht für sich. R . LAUTERBAOH

G. F I E L D E R , Department of Environmental Sciences, University of Lancaster (Great Britain): Geology and Physics of the Moon. A study of some fundamental problems. 167 S. Dfl. 75,00 (ca. 22 $). Elsevier Publishing Company, Amsterdam—London—New York 1971. Der Fortschritt bei der Erforschung des Mondes beschleunigt sich unaufhaltsam. Die neuen Erkenntnisse wirken auf die Erkundung der Erde und der inneren Planeten zurück. So ist der Bedarf nach einem Buch wie dem vorliegenden sehr groß. Allerdings ist es angesichts fast täglich neuer Informationen auch schwer, sich einer solchen Aufgabe mit Erfolg zu unterziehen. Manche Studien und ihre Schlußfolgerungen sind bereits bei dem Erscheinen überholt. Dies trifft im wesentlichen für das vorliegende Werk nicht zu. Es gibt einen guten Überblick nicht allein über die neueren Resultate der Mondforschung, sondern auch über die Hauptprobleme, die uns dieser Satellit aufgibt. G . F I E L D E R und seine Mitarbeiter haben folgende Themen bearbeitet: 1. Gegenwärtige Erforschung des Mondes (Vulkanismus, Natur des Regolith, Mascons, Entstehung des Mondes). G. F I E L D E R . 2. Lavaströme und der Ursprung der kleinen Krater im Mare Imbrium (Entdeckung der Ströme, Strom f3 und die Entstehung der Mascons, Bedeutung eumorphischer Krater, Entstehung der Krater in diesem Gebiet). G. F I E L D E R & J . F I E L D E R .

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3. Gewundene Rillen (Allgemeines und Verteilung, Ähnlichkeit mit Flußbetten oder Lavafliissen, Alter und stratigraphische Beziehung). B. MURRAY. 4. Zentren magmatischer Aktivität in den Maren (Gesteinsproben, Arten der vulkanischen Zentren in Maren, magmatische Komplexe). J . E. GUEST. 5. Mehrphasige Eruptionen an den Kratern Tycho und Aristarch (Geologie dieser Krater, chemische Analysen, Kraterzählungen, Vergleich der beiden Krater und Interpretation). K . G . STROM & G . F I E I / D E R .

6. Geologie des Rückseitenkraters Ziolkowski (Der Krater, Lava und Auswurf, Kraterboden, Struktur, kleine Krater und Erosion, Stadien der Kraterbildung und der PostKraterformung). J . E. GUEST. 7. Ursprung der Mondkrater (Unterscheidungs-Test: Hochlandverteilung, Mareverteilung, geologisch-morphologische Methoden, statistisch-morphologische und statistische Größenmessungs-Methoden). R . J . F K Y E R . 8. Photometrische Studien (Einführung, Fehlerbestimmung, die Oberflächenporosität und die Funktion der Partikelstreuung). L . WILSON. 9. Polarimetrische Studien (Polarisationskurve des Mondes, Messungen in Mondregionen, polarimetrische Eigenschaften von Erd- und Mondgesteinen und Meteoriten). E. L. G. BOWELL.

10. Chemische Probleme der Oberfläche (Seltene Elemente, Strahlungseinwirkung auf Chemie der Oberfläche, Vulkanismus und Oberflächenchemie). A . P. BROWU & L . WILSON. 11. Thermische Studien (Thermische Eigenarten der Mondoberfläche sowie thermische Anomalien, Wärmeleitfähigkeit von Mondgesteinen im Labor, Ergebnisse). Jedes Kapitel ist mit reichlicher Literatur versehen. Insgesamt ist das Buch hervorragend in Inhalt wie Ausstattung. Es ist so abgefaßt, daß es, beginnend mit den klassischen Methoden und ihren Ergebnissen, das Konvergieren der Schlußfolgerungen aus den Forschungsergebnissen zeigt. Es wird also kaum durch die Flut neuer Ergebnisse gegenstandslos werden, sondern immer weiter ergänzt und weitergeführt. Die beigegebenen Illustrationen sind in der hervorragenden Dmcktechnik bereits jetzt eine wissenschaftliche Fundgrube und Augenweide zugleich. Das Buch kann daher als repräsentativ und maßgeblich für die Synthese der geologischgeochemischen und physikalischen Forschungsrichtung am Objekt Mond empfohlen werden und zwar sowohl dem Fachmann wie auch dem interessierten Naturwissenschaftler. R . LAUTERBACH

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