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German Pages 914 [898] Year 1984
R E G I N E WITKOWSKI/OTTO PROKOP Genetik erblicher Syndrome und Mißbildungen — Wörterbuch für die Familienberatung — Teil I
GENETIK ERBUCHER SYNDROME UND MISSBILDUNGEN Wörterbuch für die Familienberatung Teil I REGINE WITKOWSKI OTTO PROKOP
3., bearbeitete und erweiterte Auflage
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1983
Doz. Dr. rer. nat. habil. Regine Witkowski Nervenklinik, Abteilung für medizinische Genetik, Bereich Medizin der Humboldt-Universität zu Berlin D D R -1040 Berlin, Schumannstraße 2 0 - 2 1 Prof. Dr. med. habil. Otto Prokop I n s t i t u t f ü r gerichtliche Medizin der Humboldt-Universität zu Berlin DDR -1040 Berlin, Hannoversche Straße 6
Erschienen im Akademie-Verlag, D D R - 1 0 8 6 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Lektor: Christiane Grunow © Akademie-Verlag Berlin 1983 Lizenznummer: 202 • 100/494/82 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus „Maxim Gorki", 7400 Altenburg Einband u n d Schutzumschlag: Karl Salzbrunn Bestellnummer: 762 971 1 (5967) • LSV 2057 P r i n t e d in G D R D D R 9 5 , - M (für Teil I und Teil II)
Geleitwort
I m Rahmen des allgemeinen Fortsehrittes der Naturwissenschaften haben die Biowissenschaften und die medizinische Forschung in den letzten 30—40 J a h r e n f ü r den Menschen ganz besonders bedeutungsvolle Erfolge erzielt. Diese f ü h r t e n u. a. zur Beherrschung ganzer Gruppen von Erkrankungen, wie vieler Infektionskrankheiten, die noch vor nicht allzu langer Zeit eine sozialhygienische Spitzenposition einnahmen. Andere Krankheitsgruppen nehmen heute deren Bedeutung ein. Dazu gehören neben den Herz-Kreislaufu n d Geschwulsterkrankungen in immer stärker hervortretendem Maße die in sich heterogene Gruppe von Erbkrankheiten. D a n k der sich ständig entwickelnden Diagnostik-Verfahren kennen wir heute mehr als 1500 verschiedene genetische Defekte und wissen, daß etwa 4 % aller Neugeborenen Träger eines solchen genetischen Defektes sind. Zu diesen Defekten tragen sowohl Genmutationen als auch numerische und strukturelle Chromosomenaberrationen bei. Die genannte Zahl stellt zweifellos einen Minimalwert dar, da es bek a n n t ist, daß auch zahlreiche selbst nicht genetisch verursachte Krankheitssymptome durch die genetische Konstitution begünstigt werden können. Bereits diese F a k t e n machen die Bedeutung sichtbar, die der Entwicklung der Humangenetik und als ihr Teilgebiet der medizinischen Genetik zukommt. Neben der zielstrebigen Erarbeitung neuer, die Erkenntnisse von Molekulargenetik, Biochemie und anderen Grundlagenwissenschaften nutzender therapeutischer Verfahren, s t e h t wie auf allen Gebieten unserer sozialistischen Gesundheitspolitik auch hier die Prophylaxe im Vordergrund. Eines der wichtigsten I n s t r u m e n t e der Prophylaxe von E r b k r a n k heiten ist ein die gesamte Bevölkerung erreichendes System der genetischen Familienberatung. E s ist das Wesen dieser Beratung, daß ihr Ergebnis den Betroffenen oft vor Entscheidungen stellt, die tief in sein eigenes persönliches Schicksal und das seiner Familie eingreifen. Der Beratende oder das Beraterkollektiv t r ä g t also eine hohe ethisch-moralische Verantwortung, die nur auf der Grundlage eines umfassenden fachlichen und gesellschafts-wissenschaftlichen Wissens wahrgenommen werden kann. Bei der schnellen Heranbildung der notwendigen Anzahl von Spezialisten, die f ü r den A u f b a u eines umfassenden genetischen Beratungsdienstes in der D D R erforderlich sind, sowie bei der Weiterbildung der auf diesem Gebiet bereits tätigen Mediziner mitzuhelfen, 5
ist das Anliegen des vorliegenden Buches. E s besteht kein Zweifel, daß es eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der medizinischen Genetik und der Nutzung ihrer Ergebnisse als Teil des sozialistischen Gesundheitsschutzes spielen wird. Weite Verbreitung und intensiver Gebrauch seien ihm deshalb gewünscht. II. Böhme
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Vorwort
I n der Humangenetik überschneidet sich das große Gebiet der Medizin mit dem der Biologie, und es läßt sich historisch verfolgen, wie die erfreulichen Fortschritte der Humangenetik in den letzten J a h r e n auf einer glücklichen Synthese biologischer u n d medizinischer Forschungsarbeiten beruhen. Die Fragen, die von betroffenen Familien, Erziehern und Ärzten unmittelbar aus der Praxis zur Familienberatung gestellt werden, erfordern deshalb Antworten, die auf biologischem und medizinischem Wissen in gleicher Weise basieren. Unseren Ärzten wird während des Studiums neben dem biologischen auch ein genetisches Grundwissen vermittelt, das jedoch in Anbet r a c h t der geringen Erfahrungen vielfach nicht ausreicht, den weiten Weg von der theoretischen Erkenntnis bis zur praktischen Anwendung zu überbrücken. Hier eine Hilfestellung zu geben, ist eines der Anliegen dieses Buches. Der einführende allgemeine Teil soll dabei weniger ein kurzer Leitfaden der Humangenetik sein — dafür gibt es gegenwärtig ausgezeichnete Monografien —, sondern er ist dazu gedacht, Vergessenes aus der Zeit des Studiums wieder ins Gedächtnis zu rufen und den Umgang mit dem Wörterbuch zu erleichtern. Diesem Zweck dient auch eine Erläuterung von wichtigen genetischen Fachausdrücken auf den letzten Seiten. Bei der Aufstellung und Behandlung des Schemas, unter dem wir jeweils die einzelnen Stichwörter abgehandelt haben, h a t t e n wir sowohl den in der Familienberatung tätigen Spezialisten, der in einer zentralen Stelle ein breites Spektrum von Spezialfällen und -fragen zu behandeln h a t , als auch den ja häufig mit entsprechenden Problemen zuerst konfrontierten Haus- bzw. Spezialarzt der unterschiedlichsten Disziplinen im Auge. Bei Geburt eines Kindes z. B. mit einem bestimmten Mißbildungssyndrom will das Buch neben der Information über Erblichkeit und Erbgang sowie daraus resultierenden Risikoziffern f ü r Verwandte eine Orientierung über den zu erwartenden Krankheitswert u n d damit zusammenhängend die Behandlungschancen (und nur das, es sind weder unter „ K r a n k heitswert" eine vollständige Symptomatik, also eine Hilfestellung zur Diagnosefindung zu erwarten noch unter „Therapiemöglichkeiten" spezielle Therapiehinweise) sowie über die Verbreitung u n d über mögliche genetische Spezialuntersuchungen u n d - m a ß n a h m e n vermitteln, alles Gesichtspunkte, die f ü r den letztlich zu gebenden R a t von entscheidender Wichtigkeit sind. 7
Die Literaturangaben sind aus mehreren Gründen zwangsläufig unvollständig. Bei der Auswahl, die wir treffen mußten, haben wir vor allem Arbeiten berücksichtigt, die in irgendeiner Weise f ü r den familienberaterisch Tätigen hilfreich sein können, nach Möglichkeit Übersichtsarbeiten f ü r den nicht in dem speziellen medizinischen Fachgebiet Eingearbeiteten, sowie unter Vernachlässigung älterer Arbeiten vor allem neuere Literaturstellen, an H a n d derer d a n n erstere aufgefunden werden können. Bei der Fülle der Literatur, die sich über viele Fachzeitschriften verteilt, sind wir sicher an einigen Stellen nicht immer ,,up to d a t e " . Deshalb äußern wir die Bitte, sachkundige Leser mögen uns durch Zusendung ihrer Veröffentlichungen unterstützen oder einen R a t erteilen, wo wir in einer weiteren Auflage erweitern sollten. Von uns aus sind wir auf der anderen Seite gern bereit, Interessenten weitere Spezialliteratur anzugeben. Eine Auswahl m u ß t e auch hinsichtlich der behandelten Krankheitsbilder getroffen werden. Als Grundlage haben wir dafür den Katalog von V. A. MCKUSICK, „Mendelian inheritance in m a n " sowie „Die klinischen Syndrome" von B. L E I B E R und G. O L B R I C H verwendet, zwei Werke, die uns auch in anderer Hinsicht bei der Abfassung des Buches sehr hilfreich waren. Generell nicht berücksichtigt u n d eventuell f ü r eine spätere Auflage vorgesehen haben wir Syndrome oder Mißbildungen, an deren Zustandekommen genetische F a k t o r e n gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen, deren nosologische Abgrenzung noch weitgehend unklar ist oder aus deren Verbreitung hervorgeht, daß sie wahrscheinlich nur bei einer Familie bzw. ganz wenigen Merkmalsträgern aufgetreten sind. I n bezug auf die Nomenklatur haben wir, dem Charakter des Buches als Nachschlagewerk entsprechend, die gebräuchlichsten Benennungen vorgezogen und unter anderen Synonymen bzw. Eponymen jeweils auf die entsprechende Darstellung verwiesen. Der Leser wird das Anliegen dieses Buches rasch und schon beim einfachen Durchblättern erkennen. E s ist völlig frei von utopischen Betrachtungen zur Manipulation des Erbgutes im Sinne einer falsch verstandenen Eugenik, einer Rassen- oder Typenlehre. W e n n der Leser hier oder dort eine gewisse Zurückhaltung beobachtet, etwa hinsichtlich der heterologen Insemination, so kann das n u r als Bemühen angesehen werden, Argumente „ f ü r " oder „gegen" im humanistischen Sinne aufzufangen oder soweit aus dieser Sicht abzuleiten, zur Diskussion zu stellen. Nicht, weil es üblich, sondern weil es uns ein besonderes Anliegen ist, danken wir allen unseren Lehrern und Freunden, die uns in die Gebiete der medizinischen Genetik, der Humangenetik, der P h a r m a kogenetik, Zytogenetik und Serogenetik eingeführt haben. F ü r die Durchsicht, von Manuskriptteilen, wertvolle Verbesserungen u n d Ergänzungen sowie Hinweise sind wir vor allem folgenden Kollegen zu D a n k verpflichtet: Den Herren Professoren G. D Ö R N E R , A . K N A P P , K . N I S S L E R , G. R A B E N D I N G und G. U H L E N B R O C K sowie den Damen u n d Herren Doktoren H . B A R T H E L M E S , D . B I E S O L D , F r a n z i s k a GÖTZ, H . GRYCHTOLIK, K . H A R N A C K , U . H A U S T E I N , F . H . H E R R M A N N , Dorle K E T T N E R , K . F . M A H L E R , V. S T E I N B I C K E R ,
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T . THORMANN, J . W I T T E E . KASTEN u n d S. RINAS.
u n d Rosi Z A B E L wie a u c h d e n H e r r e n
A u c h unseren M i t a r b e i t e r n sagen wir D a n k sowie dem AkademieVerlag, besonders d e n H e r r e n H . PÖCHE u n d K . ABEL, die in subtiler Weise u n d s a c h k u n d i g die M a n u s k r i p t b e a r b e i t u n g u n d Ges t a l t u n g gelenkt h a b e n . Regine Witkowski
Otto Prokop
Vorwort zur zweiten Auflage Vergleicht m a n die vier bisher erschienenen Auflagen des K a t a l o g s mendelnder D e f e k t e beim Menschen v o n MCKTTSICK, so ergibt sich jährlich ein zahlenmäßiger Anstieg v o n e t w a 100 n e u e n t d e c k t e n oder d u r c h genauere gcnetisch-nosologische Aufgliederung abgegrenzte Anomalien bzw. K r a n k h e i t s b i l d e r . E s n i m m t d a h e r n i c h t W u n d e r , w e n n bereits die zweite Auflage dieses W ö r t e r b u c h e s , die reichlich ein J a h r n a c h der ersten erscheint, eine starke E r w e i t e r u n g erf o r d e r t e . So h a t sich — a u c h im Hinblick auf das Erscheinen dieser Auflage im Ausland — die A u f n a h m e v o n etwa 100 neuen Stichw ö r t e r n ergeben. A u s zahlreichen ü b e r e i n s t i m m e n d e n Hinweisen der B e n u t z e r h a b e n wir e n t n o m m e n , d a ß auf G r u n d der Seltenheit die meisten monogen b e d i n g t e n Erbleiden d e m Arzt bereits v o n der Diagnostik h e r in keiner Weise geläufig sind u n d d a ß die Diagnosefindung n i c h t n u r eine Voraussetzung, sondern a u c h einen wesentlichen Bestandteil der erbprognostischen B e r a t u n g darstellt. Deshalb h a b e n wir in der zweiten Auflage v e r s t ä r k t differentialdiagnostische G e s i c h t s p u n k t e bzw. Hinweise u n d schließlich einen A n h a n g m i t einem p e r m u t i e r t e n S y m p t o m e n r e g i s t e r a u f g e n o m m e n . Mit Hilfe des letzteren soll die A u f f i n d u n g eines vorliegenden S y n d r o m s a n H a n d v o n leicht feststellbaren L e i t s y m p t o m e n erleichtert werden. F ü r die A n r e g u n g d a z u u n d f ü r die sehr wertvolle u n d sachkundige Mithilfe beim Erstellen des Registers d a n k e n wir vor allem den H e r r e n Dr. G. T H Y M N I K , Magdeburg, u n d Ch. H A R T M A N N , Berlin. T r o t z der E r w e i t e r u n g e n e r h e b t d a s W ö r t e r b u c h a u c h in der zweiten Auflage noch keinen A n s p r u c h auf Vollständigkeit. Vor allem h a b e n wir noch v e r z i c h t e t auf die verschiedenen, in den letzten J a h r e n m i t Hilfe der B a n d i n g - T e c h n i k n e u festgestellten chromosomal b e d i n g t e n S y n d r o m e , f ü r deren D a r s t e l l u n g u n s d a s vorliegende Material noch zu heterogen erschien. W i r d a n k e n allen denen, die u n s m i t Hinweisen, E r g ä n z u n g e n u n d K r i t i k beim A u s a r b e i t e n der zweiten Auflage geholfen halben, besonders den D a m e n u n d H e r r e n Professoren I . S Y L L M - R A P O P O R T , H . - A . F R E Y E , W . FUHRMANN, G . K O C H , R . A . P F E I F F E R , T . SALAMON u n d R . ZTJHRT, sowie den H e r r e n D o k t o r e n K . H . BATJCH, E . CZIBOR u n d J . L Ü D C K E .
R. Witkowski
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Prokop
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T . THORMANN, J . W I T T E E . KASTEN u n d S. RINAS.
u n d Rosi Z A B E L wie a u c h d e n H e r r e n
A u c h unseren M i t a r b e i t e r n sagen wir D a n k sowie dem AkademieVerlag, besonders d e n H e r r e n H . PÖCHE u n d K . ABEL, die in subtiler Weise u n d s a c h k u n d i g die M a n u s k r i p t b e a r b e i t u n g u n d Ges t a l t u n g gelenkt h a b e n . Regine Witkowski
Otto Prokop
Vorwort zur zweiten Auflage Vergleicht m a n die vier bisher erschienenen Auflagen des K a t a l o g s mendelnder D e f e k t e beim Menschen v o n MCKTTSICK, so ergibt sich jährlich ein zahlenmäßiger Anstieg v o n e t w a 100 n e u e n t d e c k t e n oder d u r c h genauere gcnetisch-nosologische Aufgliederung abgegrenzte Anomalien bzw. K r a n k h e i t s b i l d e r . E s n i m m t d a h e r n i c h t W u n d e r , w e n n bereits die zweite Auflage dieses W ö r t e r b u c h e s , die reichlich ein J a h r n a c h der ersten erscheint, eine starke E r w e i t e r u n g erf o r d e r t e . So h a t sich — a u c h im Hinblick auf das Erscheinen dieser Auflage im Ausland — die A u f n a h m e v o n etwa 100 neuen Stichw ö r t e r n ergeben. A u s zahlreichen ü b e r e i n s t i m m e n d e n Hinweisen der B e n u t z e r h a b e n wir e n t n o m m e n , d a ß auf G r u n d der Seltenheit die meisten monogen b e d i n g t e n Erbleiden d e m Arzt bereits v o n der Diagnostik h e r in keiner Weise geläufig sind u n d d a ß die Diagnosefindung n i c h t n u r eine Voraussetzung, sondern a u c h einen wesentlichen Bestandteil der erbprognostischen B e r a t u n g darstellt. Deshalb h a b e n wir in der zweiten Auflage v e r s t ä r k t differentialdiagnostische G e s i c h t s p u n k t e bzw. Hinweise u n d schließlich einen A n h a n g m i t einem p e r m u t i e r t e n S y m p t o m e n r e g i s t e r a u f g e n o m m e n . Mit Hilfe des letzteren soll die A u f f i n d u n g eines vorliegenden S y n d r o m s a n H a n d v o n leicht feststellbaren L e i t s y m p t o m e n erleichtert werden. F ü r die A n r e g u n g d a z u u n d f ü r die sehr wertvolle u n d sachkundige Mithilfe beim Erstellen des Registers d a n k e n wir vor allem den H e r r e n Dr. G. T H Y M N I K , Magdeburg, u n d Ch. H A R T M A N N , Berlin. T r o t z der E r w e i t e r u n g e n e r h e b t d a s W ö r t e r b u c h a u c h in der zweiten Auflage noch keinen A n s p r u c h auf Vollständigkeit. Vor allem h a b e n wir noch v e r z i c h t e t auf die verschiedenen, in den letzten J a h r e n m i t Hilfe der B a n d i n g - T e c h n i k n e u festgestellten chromosomal b e d i n g t e n S y n d r o m e , f ü r deren D a r s t e l l u n g u n s d a s vorliegende Material noch zu heterogen erschien. W i r d a n k e n allen denen, die u n s m i t Hinweisen, E r g ä n z u n g e n u n d K r i t i k beim A u s a r b e i t e n der zweiten Auflage geholfen halben, besonders den D a m e n u n d H e r r e n Professoren I . S Y L L M - R A P O P O R T , H . - A . F R E Y E , W . FUHRMANN, G . K O C H , R . A . P F E I F F E R , T . SALAMON u n d R . ZTJHRT, sowie den H e r r e n D o k t o r e n K . H . BATJCH, E . CZIBOR u n d J . L Ü D C K E .
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Vorwort zur dritten Auflage I n den acht J a h r e n seit Erscheinen der 2. Auflage dieses Buches gab es auf dem Gebiet der Genetik einen erheblichen Erkenntniszuwachs. Das gilt vor allem für molekularbiologische, biochemische und zytogenetische Gesichtspunkte, die zunehmend alte Probleme wie das der Krebsätiologie einer Lösung näher gebracht haben, unklare genetische Grundlagen anderer Krankheiten aufklären halfen, manche bisherigen Auffassungen als vereinfacht erscheinen lassen und auch neue Ansätze zur Aufklärung in ihrer Ursache und Vererbung unklarer Defekte lieferten. Als eine Vereinfachung wird sich z. B . innerhalb der nächsten J a h r e der bisher postulierte direkte Zusammenhang zwischen Genmutation und Enzymdefekt bei vielen Stoffwechseldefekten erweisen. Gegenwärtige Untersuchungen zeigen, daß vielfach die von uns als Basisdefekt angesehene enzymatische Störung zwar monogen bedingt, aber epigenetisch durch das Produkt anderer Gene verursacht ist. Weiterhin liefern zytogenetische Befunde wie beim Retinoblastom, bei der Chronisch myeloischen Leukose (Philadelphia-Chromosom) oder beim Prader-WilliSyndrom Anhaltspunkte für die Existenz einer bisher noch nicht in dieser Klarheit als Erklärung von Krankheitsursachen angesehenen Art von Mutation: Brüche in der DNA bzw. innerhalb eines Gens, die am Mitose-Chromosom erkennbar werden, vermögen offenbar Punktmutationen zu kopieren. Schließlich dürften einige bisher unklare phänotypische Abweichungen nicht auf Mutationen des Gens selbst, sondern auf einem veränderten Ablesemechanismus etwa im Sinne des Modells der Transkription beim Antikörperpolymorphismus oder auf der Beteiligung variabler Polynukleotidsequenzen beruhen. Hier tun sich neue Perspektiven auf, die sicher in den nächsten J a h r e n auch Konsequenzen bei der Anwendung des im vorliegenden Buch gesammelten Wissens haben werden. Die Auffindung und Abgrenzung neuer Syndrome sowie der Zuwachs an neuer Literatur stellte uns vor die Alternative, entweder Altes zu Gunsten des Neuen wegzulassen oder den Umfang des Buches wiederum stark zu erweitern. Bei der Entscheidung für die zweite Möglichkeit und damit zwangsläufig für einen zweiten Band, war uns daran gelegen, die Handhabung durch den Benutzer so wenig wie möglich zu komplizieren, d. h. vor allem die Folge der behandelten Krankheitsbilder nicht in der Mitte des Alphabetes auseinander zureißen. Deshalb wurde jeweils die Literatur in den Stichworten abgetrennt und zusammen mit dem permutierten Register im 2. B a n d untergebracht. Auch bei der Abfassung der neuen Auflage haben uns zahlreiche Anregungen und Hinweise von Kollegen geholfen. Stellvertretend für viele seien genannt: Die Herren Professoren E . GEISSLER, W . LENZ und H. D. ROTT sowie die Damen und Herren Doktoren E v a ULLRICH, H a n n e l o r e KÖRNER, G . COBET u n d P . PRENZLAU.
Oktober 1982 Regine WITKOWSKI 10
Otto PROKOP
Inhalt Teil I :
Geleitwort Vorwort Vorwort zur 2. Auflage Vorwort zur 3. Auflage Aufgaben, Möglichkeiten und theoretische Grundlagen der genetischen Familienberatung Lexikalischer Teil
5 7 9 10 12 53
Teil I I : Literatur zum lexikalischen Teil 915 Volle Bibliografie der Abkürzungen häufig zitierter Bücher 1321 Zusammenfassende Literatur 1322 Fachworterklärung 1324 Permutiertes Symptomenregister 1331
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Aufgaben, Möglichkeiten und theoretische Grundlagen der genetischen Familienberatung Seitdem es mit Hilfe der Antibiotika in den letzten J a h r z e h n t e n gelungen ist, bakterielle Infektionen des Menschen weitgehend zu beherrschen und d a m i t die Morbidität u n d Mortalität von Infektionskrankheiten stark zu vermindern u n d seitdem auch andere exogen bedingte, vor allem Ernährungskrankheiten auf Grund neuerer Erkenntnisse viel von ihrer Schicksalhaftigkeit verloren haben, treten Erbkrankheiten immer mehr in den Mittelpunkt des ärztlichen Interesses. Moderne statistische Erhebungen ergeben, d a ß in Mitteleuropa ca. 5 % der Kinder mit einem vorwiegend oder teilweise genetisch bedingten Defekt geboren werden, daß ein großer Teil der Todesfälle im Kindesalter durch derartige Schäden verursacht werden und daß unter den Erwachsenen 50% an einer zumindest von genetischen Faktoren mitbedingten Störung leiden. I n d e m es also der modernen Medizin gelang, exogen bzw. im weitesten Sinne umweltbedingte Krankheiten unter Kontrolle zu bringen, blieb ein Komplex von Syndromen u n d Mißbildungen bisher noch wenig beeinflußt, an deren E n t s t e h u n g vorwiegend genetische Faktoren beteiligt sind. Der mit diesen Tatsachen konfrontierte Arzt h a t bereits gelernt, Erbschäden nicht mehr als Schicksal einiger weniger „belasteter" Familien anzusehen, sondern allgemein mit einer genetischen K o m ponente bei vielen der von ihm behandelten K r a n k h e i t e n zu rechnen. J e mehr außerdem in einer modernen humanistischen Gesellschaft jeder Mensch die gleichen optimalen geistigen u n d körperlichen Entwicklungsmöglichkeiten h a t , je mehr also gesellschaftlich-soziale H e m m f a k t o r e n zur Realisierung potentieller Fähigkeiten und Talente wegfallen, desto mehr treten anlagebedingte Besonderheiten u n d Eigenheiten in den Vordergrund. So gesehen gibt es k a u m Entwicklungsstörungen bzw. Krankheitsbilder, bei deren Zustandekommen oder Verlauf genetische F a k t o r e n keine Rolle spielen. Selbst die Heilung extrem umweltbedingter Defekte, wie Traumen oder Knochenbrüche, wird von individuell unterschiedlichen, erblich disponierten Gegebenheiten mitbestimmt. Vorwiegend genetisch bedingte Schäden haben dabei gegenüber anderen, gegenwärtig besonders beachteten Krankheiten, wie HerzKreislauferkrankungen oder Krebs, die Besonderheit, bereits prän a t a l irreversibel gesetzt zu werden u n d sieh häufig bereits im frühsten Kindesalter zu manifestieren, also das gesamte Leben über zu bestehen. Darin liegen die spezifische Problematik und die 12
AARSKOG-Syndrom, Fazial-Digital-Genital-Syndrom Erblicher Mißbildungskomplex auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Faziale Dysmorphien mit antimongoloider Lidspalte, Hypertelorismus, Ptosis, Blepharophimose, Knollennase und hypoplastischen Ohrmuscheln. Rundes Gesicht, kurzer Hals. Minderwuchs. Makrozephalie. Hypoplastische Maxillen. Typisch abnormale Skrotalhaut. Fakultativ kurze, breite Hände und Füße, Kryptorchismus und Hernien, Überstreckbarkeit der Gelenke. Generell leichtere Symptomatik im weiblichen Geschlecht. Therapiemöglichkeiten: Lediglich symptomatische Korrekturen möglich. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1970 mehr als 50 Fälle beschrieben. Sporadisch und familiär in aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Zunächst X-chromosomaler Erbgang vermutet. Von einem Teil der Autoren jedoch auf Grund von zwei Fällen einer Vater-SohnVererbung autosomal dominante Vererbung mit unvollständiger Penetranz und geschlechtsunterschiedlicher Expressivität angenommen. Familienberatung: Auf Teil- bzw. Mikrosymptome bei scheinbar normalen weiblichen Verwandten von Merkmalsträgern muß geachtet werden. 55
AASE-Syndrom s. Daumen, triphalangealer ABDERHALDEN-FANCONI-Syndrom, säurediabetes
Zystinose,
Amino-
Erblicher Stoffwechseldefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt äußert sich in einer Störung des Abbaues (Desaminierung?, Desulfurierung?) von Aminosäuren, vor allem von Zystin. Es kommt zur Ablagerung von Zystinkristallen besonders in der Cornea, im Knochenmark und im retikuloendot.helialen System verschiedener Organe sowie durch unphysiologische Metaboliten zur Nierenschädigung und zur Glukos-, Aminoazid- und Hyperphosphaturie. Krankheitswert : Bei der infantilen Form erste klinische Symptome etwa vom 6. Lebensmonat an. Erbrechen, Mißgedeihen, Wachstumsstillstand, Infektanfälligkeit, Hornhauttrübung, Retinopathie mit Photophobie. Später rachitische Knochenveränderungen. Tod meist infolge einer chronischen interstitiellen Nephritis durch Nierenversagen vor dem achten Lebensjahr. Daneben seltenere, prognostisch und klinisch gutartigere juvenile bzw. adulte Form. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung des gestörten Elektrolythaushaltes. Zystin- und methioninarme Nahrung in Kombination mit anabolen Steroiden und sehr hohen Vitamin-D-Gaben erfolgreich im Sinne einer Lebensverlängerung. Neuerdings Nierentransplantation erfolgversprechend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz etwa 1 : 40000 Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Der klinischen Heterogenität liegt wahrscheinlich multiple Allelie oder Heterogenie zugrunde. Familienberatung : Nachweis mit Hilfe der Nitroprussidnatrium-Reaktion und an H a n d von Zystinkristallen in Leukozyten, Fibroblasten und Biopsien der Conjunctiva. Nach diesem Prinzip auch Heterozygotentest sowie Differentialdiagnose zur adulten Form möglich. Pränatale Diagnostik durch Bestimmung von 35S-1-Cystin in kultivierten Amnionzellen. Frühbehandlung im Kleinkindesalter wichtig. I n Anbetracht der schlechten Prognose besondere medizinisch-genetische Betreuung betroffener Familien notwendig. 56
ABERCROMBIE-Syndrom s. Amyloidosen ABERFELD-Syndrom s. SCHWARTZ-JAMPEL-Syndrom Abetalipoproteinämie, Akanthozytose, BASSEN-KORNZWEIG-Syndrom; Hypobetalipoproteinämie Erbliches Malabsorptions-Syndrom auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einem Fehlen einer Apolipoprotein-Fraktion und einer Verminderung von Cholesterin, Phosphatiden sowie Chylomikronen im Plasma. Ursächlich handelt es sich wahrscheinlich um eine Störung bei der Synthese der Betalipoproteine (Defekt des B-Apolipoproteins durch verminderte Syntheserate des Very-Low-Density-Proteins), die eine Rolle als Carrier f ü r Carotinoide bzw. f ü r Vitamin A sowie beim Transport der Nahrungsfette vom Darm zu den Geweben (Lymphpassage) spielen. Der Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik ist noch nicht vollkommen klar. Der Membrandefekt der Erythrozyten läßt, sich aus der Lipoproteinstoffwechselstörung ableiten. Bei Hypobetalipoproteinämie lediglich verminderter Serum-Betalipoprotein- und Cholesterin-Spiegel. Krankheitswert : Erstmanifestation des Leidens im ersten Lebensjahr. Fettmalabsorption mit Erbrechen und Steatorrhoe, körperlicher Retardation bei normaler geistiger Entwicklung, Akanthozytose mit mäßiger Anämie. Neurologische Ausfallserscheinungen, Muskelatrophie, cerebellare Ataxie. Retinitis pigmentosa, Visusverschlechterung, Nystagmus. Leicht progredienter Verlauf, herabgesetzte Lebenserwartung. Bei der Hypobetalipoproteinämie leichtere Symptomatik ohne Akanthozytose und neurologische Symptome. Wahrscheinlich gegenüber der Normalbevölkerung erhöhte Lebenserwartung (verminderte Arteriosklerose-Neigung). Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung, keine großen Erfolgsaussichten. Fettarme Diät und Substitution mit fettlöslichen Vitaminen (Vitamine A, E und K) und ungesättigten Fettsäuren können zur Besserung von Teilsymptomen führen. Häufigkeit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1950 etwa 50 z. T. Geschwisterfälle, publiziert, davon auffällig viele J u d e n . Androtropie. Etwa die H ä l f t e der Fälle s t a m m t aus Verwandtenehen. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Mutation eines Kontrollgens wird diskutiert. Hypobetalipoproteinämie autosomal dominant vererbt. Allelie? 57
Familienberatung: Differentialdiagnose wichtig: Elektrophoretischer Nachweis der Abetalipoproteinämie (bereits aus Nabelschnurblut möglich). Heterozygotentest nach dem gleichen Prinzip. Ablatio, falciformis, s. Retinaablösung, erbliche
Aborte, Infertilität Spontan- bzw. habituelle Aborte werden induziert 1. allein über den mütterlichen Organismus, 2. durch eine Unverträglichkeit zwischen kindlichem und mütterlichem Organismus (vor allem BlutgruppenUnverträglichkeit, z. B. werden bei ABO-Inkompatibilität etwa 18% der Früchte bereits in der ersten Schwangerschaftshälfte abgestoßen) und 3. durch meist genetisch bedingte Entwicklungsstörungen des Embryos oder Feten. Nach neuesten Erkenntnissen führen wahrscheinlich nur 1 / a der Konzeptionen zur Geburt, wobei etwa die Hälfte der ursprünglich entstandenen Zygoten eine Chromosomenaberration aufweist. 15—20% der bekannten Schwangerschaften enden mit Spontanabort, vorwiegend während des ersten Trimenons. Davon sterben etwa 90% in der 3.—7. Schwangerschaftswoche ab. 66% dieser Aborte lassen sich mit erkennbaren Chromosomenaberrationen erklären. Zwischen der 8. und 10. Woche liegt der Anteil chromosomal bedingter Aborte bei 23%. Vor der 3. Schwangerschaftswoche ist ein entsprechender Nachweis nicht möglich. 97% der chromosomal bedingten Aborte beruhen auf numerischen, nicht familiären Chromosomenaberrationen (Trisomien, Triploidien). So sterben z. B. 49 von 50 Embryonen mit dem Karyotyp 45,X (ÜLLRicTT-TcRNER-Syndrom, s. d.) und etwa 1 / 6 der Embryonen mit dem Karyotyp 47,XX, + 21 oder 4 7 , X Y , + 2 1 (DOWNSyndrom) ab. Beide Eltern haben dabei gewöhnlich einen normalen Karyotyp, die Genommutation entsteht entweder während der Gametogenese (vorwiegend Nondisjunction in der Meiose I) oder während der ersten postzygotischen Kernteilungen. Nur bei strukturellen Chrososomenaberrationen muß mit Familiarität, d. h. Vorliegen der Abberration bei einem Elternteil und weiteren Familienmitgliedern gerechnet werden. Familienberatung
bei wiederholten
Aborten:
Nach Ausschluß gynäkologischer und immunologischer Abortursachen Chromosomenanalyse indiziert: Bei etwa 4 % der Fälle von wiederholten Frühaborten wird bei einem Elternteil eine strukturelle Aberration gefunden. Aus der Art der Aberration läßt sich jeweils erkennen, mit welcher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Aborten, mit der Geburt gesunder oder geschädigter Kinder zu rechnen ist. Bei hohem Risiko für die Geburt geschädigter Kinder sollte eine pränatale Diagnostik in Betracht gezogen werden. 58
Bei einer Form der strukturellen Aberration (balancierte Translokation homologer Chromosomen) ist die Geburt normaler Kinder ausgeschlossen. In diesem Fall ist von weiteren Schwangerschaften abzuraten. ABT-LETTERER-SIWE-Syndrom, Retikuloendotheliose,
hämophagozytäre, maligne, infektiöse; Histiozytose-X-Syndrom; HAND-SCHÜLLER-CHRISTIAN-Syndrom; eosinophiles Granulom, Lipoidgranulomatose, Lipogranulomatose, disseminierte Neoplastische Histiozytose unklarer Ätiologie. Bei dem unter den verschiedenen Krankheitsbezeichnungen beschriebenen Krankheitsbild besteht eine histiozytäre Infiltration bzw. Proliferation in unterschiedlichen Geweben bzw. Organen noch unklaren Charakters (infektiös? neoplastisch? immunologisch? genetisch?). S. a. DuNCAN-Syndrom, Sea-blue-Histiozytose. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im ersten oder zweiten Lebensjahr. Fieberschübe, allgemeine Lymphknotenschwellung. Hepatosplenomegalie. Atembeschwerden, Purpura und Hautveränderungen. Destruktive Skelettveränderungen. Meistens rasch progredient verlaufend und innerhalb weniger Wochen zum Tode führend. Abgrenzung gegenüber dem H A N D - S C H Ü L L E R - C H R I S T I A N - S . klinisch und genetisch umstritten. Eine seltene autosomal rezessive Histiozytose mit Infiltration vor allem des Knochenmarks wird von den einzelnen Autoren unterschiedlich entweder abgetrennt oder als Variante des A. L. S.-Syndrome aufgefaßt („hämophagozytäre Retikulose"). Das gleiche gilt auch für eine teilweise generalisierte, lymphohistiozytäre Form der Infiltration („eosinophiles Knochengranulom") mit wesentlich besserer Prognose. Therapiemöglichkeiten: Bisher keine befriedigende Therapie bekannt. Kortikosteroide, Antibiotika, Strahlenbehandlung und Zytostatika (Vinblastin) mit unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Selten. Meist sporadisch. Gelegentlich bei Geschwistern auftretend. Genetik: Heterogen. Über die Ätiologie besteht noch keine völlige Einigkeit. Die Art des familiären Vorkommens in Geschwisterschaften spricht zunächst nicht gegen die oft vermutete infektiöse Genese. Da das Syndrom jedoch auch bei völlig getrennt aufwachsenden Ge59
schwistern vorkommt, und in Anbetracht einer hohen Konsanguinit ä t der Eltern wird ein autosomal rezessiver, in einigen Familien auch X-chromosomaler Erbgang für wahrscheinlich gehalten. Familienberatung: In Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes besondere medizinisch-genetische Prophylaxe in betroffenen Geschwisterschaften notwendig.
Acanthosis nigricans, benigne Genetisch bedingte Dermatose auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Hauterscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Erstmanifestation bei Geburt oder im Kindesalter bis zur Pubertät. Konfluierende hyperpigmentierte und hyperkeratotische Herde an der Haut vor allem in den Körperfalten, teilweise nur an den Achseln, kann jedoch auch auf den ganzen Körper übergreifen. Verstärkte Erscheinungen während der Pubertät, danach Besserung z. T. bis zur völligen Abheilung. Gutartig. Kombination mit Cutis verticis gyrata; Lipodystrophie (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch konservativ. An exponierten Stellen eventuell Dermabrasio. Häufigkeit und Vorkommen: Etwa 75 eindeutig gesicherte Fälle aus allen Kontinenten beschrieben. Davon etwa die Hälfte familiär. Genetik: Der Erbgang ist unregelmäßig, am besten mit autosomal dominant zu umschreiben. Penetranz unvollständig. Expressivität intraund vor allem interfamiliär variabel. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Formen der Acanthosis (A. n. maligna, Pseudoacanthosis nigricans mit Adipositas und endokrinen Störungen) wichtig. Siehe auch Lipodystrophie, generalisierte, angeborene. Abgrenzung zu Dermatosen mit ähnlichen Hauterscheinungen (Ichthyosis hystrix, Verrucosen usw.) oft schwierig. Die nur mit Karzinomen zusammen (Adenokarzinome) auftretende 60
A. n. maligna unterscheidet sich vor allem durch ein meist späteres Manifestationsalter. Bei ihr wurden nur einmal familiäres Auftreten und keine Anhaltspunkte f ü r Erblichkeit festgestellt.
Achalasie Funktionelle oder anatomisch bedingte Verengung des Mageneinganges unterschiedlicher Ätiologie. Der Basisdefekt bei den genetischen Formen ist unbekannt. Krankheitswert : Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Erwachsenen-, seltener im Säuglings- oder Kindesalter. Kardiospasmus bzw. terminale ösophagusstenose führen zu Erweiterung der Speiseröhre, schwerer Dysphagie und Erbrechen mit Aspirationen und pulmonalen Komplikationen. Lebensbedrohliche Zustände. Therapiemöglichkeiten: Spasmolytika, chirurgische Korrekturen mit gutem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Sporadische und Geschwisterfälle. Genetik: Zumindest f ü r einen Teil der Fälle wird autosomal rezessive Vererbung angenommen. Familienberatung: Rechtzeitige Erkennung wichtig. Nachweis röntgenologisch. Mit Wiederholung innerhalb einer Geschwisterschaft muß vor allem in Verwandtenehen gerechnet werden.
ACHARD-Syndrom, Arachnodaktylie Genetisch bedingte, lokale chondroossäre Hyperplasie der Akren auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Es bestehen pathogenetische, wahrscheinlich aber keine genetischen Beziehungen zum MARFAN-Syndrom. Allgemeine Binde61
gewebsschwache. Spinnenfingrigkeit, Luxationen und Subluxationen sowie laterale Exkursionen der Patellae, Überstreckbarkeit der Hand- und Fußgelenke, Retrognathie. Ohne klinische Bedeutung. Bei einem Teil der Fälle Dysostosen des Hand- und Fußskeletts, der Mandíbula und des Schädelskeletts. Genetik: Unregelmäßig autosomal dominanter Erbgang mit unvollständiger Penetranz oder Polygenie werden angenommen. I n einigen Fällen Arachnodaktylie mit Kontrakturen ebenfalls autosomal dominant vererbt. Familienberatung: Kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken. Differentialdiagnose zu MARFAN- und BEALS-HacHT-Syndrom (s. d.) notwendig.
Acheirie s. Ektrodaktylie Acheiropodie Genetisch bedingte Hand- und Fußlosigkeit auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Anomalien zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Starke Behinderung durch Fehlen von Händen und Füßen. Wahrscheinlich hohe intrauterine Mortalität. Therapiemöglichkeiten: Orthopädische Betreuung. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Fast ausschließlich von 22 Geschwisterschaften mit hoher Konsanguinitätsrate wahrscheinlich portugiesischer Provenienz in Brasilien bekannt (Frequenz 1:200000). Daneben einzelne Fälle auch in Europa und anderen Erdteilen. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Vollständige Penetranz. Familienberatung : Für Europa nur differentialdiagnostisch zu bestimmten Embryopathien (Thalidomidschäden usw.) von Bedeutung. Teilsymptom des HANHABT-Syndrom I I (s. d.). S. a. Peromelie. 62
Achondrogenesis, Anosteogenesis Untier der Bezeichnung Achondrogenesis werden unterschiedliche Mißbildungen beschrieben: A. GRBBE-Chondrodysplasie; Achondrogenesis Typ lianischer Typ, Typ G R E B E - Q U E L C E S A L G A D O ) :
GREEK
(Brasi-
Krankheitswert: Hochgradige Hypoplasie der Extremitäten bei normaler Ausbildung des Rumpf- und Schädelskeletts. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 19S2 mehr als 10 sporadische und Geschwisterfälle vor allem aus Lateinamerika beschrieben. Genetik: Wahrscheinlich heterogen. Auf Grund des Vorkommens in Geschwisterschaften wird autosomal rezessive Vererbung angenommen. Familienberatung: Pränatale Diagnostik durch Ultraschall und Amniofetographie innerhalb des 2. Trimenons möglich. B. Achondrogenesis, letale: Bisher zwei Typen einer schweren Chondrodysplasie grenzt:
abge-
T y p I ( I A ) : T y p PARENTI-FRACCAEO-HOTJSTON T y p I I ( I B ) : T y p FRACCARO-LANGER-SALDINO
Der den Ossifikationsstörungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt (Stoffwechseldefekt der Bindegewebszellen?) Krankheitswert : Totgeburten oder nicht lebensfähige Neugeborene. Minderwuchs, stark verkürzte Extremitäten bei fehlender Verknöcherung vor allem des Achsenskeletts. Kopf größenmäßig normal ausgebildet. Häufig Hydramnion. Diaphysäre Konstriktionen der langen Röhrenknochen bei Typ II. Bei Typ I zusätzlich Ossifikationsstörungen der Schädelknochen, multiple Rippenfrakturen. Kurze, gebogene lange Röhrenknochen. 63
Therapiemöglichkeiten: Unbekannt Häufigkeit
und
Vorkommen:
E t w a 56 Geschwister- und sporadische Fälle, häufig aus Verwandtenehen, beschrieben. Genetik: Heterogen. Jeweils autosomal rezessive Vererbung. Familienberatung: Pränatale Diagnostik durch Ultraschall und Amniofetographie innerhalb des 2. Trimenons möglich. Differentialdiagnose zu schweren Formen der Hypophosphatasie, der Osteogenesis imperfecta, der Achondroplasie und zum thanatophoren Zwergwuchs röntgenologisch wichtig.
Achondroplasie s. PARROT-Syndrom ACTH, Nichtansprechbarkeit auf s. Nebenniereninsuffizienz Acusticus-Neurinom s. Neurofibromatose v. RECKLINGHAUSEN Adaktylie s. Ektrodaktylie ADDISON-Syndrom, s. Nebenniereninsuffizienz, angeborene Adenin-Phosphoribosyltransferase-Mangel Störung des Purinstoffwechsels, die bei Homozygoten zur Urolithiasis (2,8-Dihydroxyadenin) bereits im Kindesalter führt. Bisher nur wenige Fälle beschrieben. Therapie mit Allopurinol und purinarmer Diät erfolgreich. Nachweis enzymatisch und an Hand einer erhöhten Adenin-Ausscheidung im Urin.
Adenoma sebaceum Gutartige Neoplasie der Talgdrüsen unterschiedlicher Ätiologie. Als A. s. (PRINGLE) bezeichnetes Fibroangiom des Gesichtes symptomatisch bei Tuberöser Sklerose (s. d.). Isoliertes Auftreten im 5. bis 6. Lebensjahrzehnt kann auf familiäre Krebsneigung hindeuten: Endometrium-Karzinom, Adeno64
Karzinome oder gastrointestinale Tumoren. Bei diesbezüglich positiver Familienanamnese sollten Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden.
Adenomatöse, endokrine, hereditäre, Typ I, Syndrom, Polyadenomatose Typ I
WERMER-
Genetisch bedingte Adenomatöse bzw. Drüsenhyperplasie auf der Grundlage einer Genmutation. E s entwickeln sich Adenome bzw. Hyperplasien unterschiedlicher hormonaler Aktivität und Lokalisation: Parathyreoidea, Inselzellen, Adenohypophyse, Nebennieren, Mukosa. Der Basisdefekt ist unbekannt. Ob es sich um eine multiple primäre Adenomatöse im Sinne der Störung eines übergeordneten endokrinen Steuerungssystems oder um die Hypersekretion primär eines Organs mit reaktiver Hyperplasie anderer Drüsengewebe handelt, ist noch umstritten. Krankheitswert
:
Erstmanifestation klinischer Erscheinungen meistens im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt, seltener im Kindesalter. Symptome eines Hyperinsulinismus mit Hypoglykämie und/oder eines Hyperparathyreoidismus. Gastrointestinale Beschwerden mit Hyperazidiijät und Ulcera. Hypophyseninsuffizienz und dysregulatorische Ausfallerscheinungen mit Gonadenatrophie. Gesichtsfeldeinengung. Nierenkoliken. Metastasierung selten. Therapiemöglichkeiten
:
J e nach Beteiligung einzelner Drüsensysteme unterschiedliche symptomatische Behandlung bzw. chirurgische Maßnahmen mit meist vorübergehendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 220 Fälle publiziert. Große Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominante Vererbung. Genetische Beziehungen zu klinisch und nosologisch nicht immer eindeutig abgrenzbaren Syndromen (s. ZoLLiNGER-ELLisoN-Syndrom, Hyperparathyreoidismus — oligosymptomatische Formen?) lassen sich z. T. erkennen. Familienberatung
:
Differentialdiagnose zu anderen genetisch bedingten Adenomatösen (s. Typ II), zum Ulcus duodeni und ventriculi anderer Genese, zum ZOLLINGER-JEixisoN-Syndrom und zum primären Hyper5 Witkowski/Prokop
65
parathyreoidismus wichtig. Beginnt meist monoglandulär mit Hyperinsulinismus oder Hyperparathyreoidismus. Mit einer intrafamiliär relativ konstanten Beteiligung verschiedener Drüsen kann gerechnet werden. Bei Auftreten eines Merkmalsträgers sollten auch erscheinungsfreie Verwandte engmaschig prophylaktisch untersucht werden.
Adenomatöse, endokrine, hereditäre, Syndrom
Typ II,
SIPPLE-
Genetisch bedingte Adenomatöse auf der Grundlage einer Genmutation. Es entwickeln sich Adenome bzw. Drüsenhyperplasien unterschiedlicher hormonaler Aktivität und Lokalisation: Schilddrüse, Nebennierenmark (Phäochromozytom), Mucosa (Schleimhautneurome) und Parathyreoidea. Ob es sich um eine multiple primäre Adenomatöse im Sinne der Störung eines übergeordneten endokrinen Steuerungssystems für Drüsengewebe gleichen embryonalen Ursprungs oder zunächst um die Hypersekretion primär eines Organs mit reaktiver Hyperplasie anderer Drüsengewebe handelt, ist noch umstritten. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen meist im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt, seltener im Kindesalter. Symptome eines Hyperparathyreoidismus und/oder einer Hyperthyreose. Z. T. CusHiNG-Syndrom. I n einem Teil der Sippen Assoziation von Schilddrüsen-Ca, Phäochromozytom, Neuromen (besonders der Augenlider und der Zunge). Mit MABFANoidem Körperbau (Arachnodaktylie, Pectus excavatum) und wulstigen Lippen: Typ I I b , identisch mit FEUERSTElN-MiMS-Syndrom? Therapiemöglichkeiterl: Thyreoidektomie und chirurgische Entfernung der Phäochromozytome mit vorübergehendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Über 200 Fälle beschrieben. Sowohl von Typ I I a als auch von Typ I I b Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen bekannt. Genetik: Heterogen. Jeweils autosomal dominanter Erbgang. Genetische Beziehungen zum isolierten Phäochromozytom (s. d.) und zum familiären Schilddrüsenadenom sind noch unklar (oligosymptomatische Formen! Identität?). 66
Familienberatung: Differentialdiagnose zur endokrinen Adenomatöse Typ I an Hand der beteiligten Organe, zum isolierten Phäochromozytom (meist einseitig), zum isolierten, nicht familiären Schilddrüsenadenom (einseitig, später manifest) und zum primären Hyperparathyreoidismus wichtig. Nachweis und Erfassung latenter Merkmalsträger durch Calcitonin-Bestimmung nach Ca-Infusion im Serum möglich. Bei Auftreten eines Merkmalsträgers müssen auch gesunde Verwandte im Hinblick auf prophylaktische Maßnahmen untersucht werden. Prophylaktische Thyreoidektomie schon im Kindesalter wird empfohlen. Mit einer intrafamiliären Konstanz des Untertyps und der klinischen Erscheinungen kann gerechnet werden. Adenosin-Desaminase-Mangel Genetisch bedingte Purinstoffwechselstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einem Pehlen der Adenosindesaminase in blutbildenden und anderen Geweben. Dadurch entsteht ein Stoffwechselblock bei der Umwandlung von Adenosin in Inosin. Der Zusammenhang mit dem Immundefekt und der klinischen Symptomatik ist unklar. Offenbar ist die Reifung vor allem der T-Zellen gestört. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb der ersten Lebenstage oder Wochen. Schweres kombiniertes ImmunmangelSyndrom mit rezidivierenden Infekten, vor allem des Respirationstraktes. Leichte Skelettdysplasien. Sekundär Hypothermie und Hypoglykämie. Tod innerhalb weniger Wochen. Therapiemöglichkeiten: Knochenmarktransplantation aussichtsreich. Eventuell auch Transplantation von fetaler Leber bzw. Thymus erfolgreich. Häufigkeit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung mehrere, z. T. Geschwisterfälle beschrieben. Wahrscheinlich liegt etwa 50% der Fälle mit schwerem kombiniertem Immunmangel-Syndrom eine Adenosin-Desaminase-Defizienz zugrunde. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Heterogen, mehrere Allele bekannt. Familienberatung: Nachweis an Hand der fehlenden Transformierbarkeit der Lymphozyten und der fehlenden Adenosin-Desaminase-Aktivität im 5*
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Erythrozytenhämolysat (Stärkegelelektrophorese oder Spektrophotometrie). Nach dem gleichen Prinzip Heterozygoten-Nachweis und pränatale Diagnostik möglich. Differentialdiagnose zu anderen schweren kombinierten Immundefekten (s. W I S K O T T - A L D E I C H Syndrom, Louis-BAB-Syndrom) wichtig. Screeningtest fluorometrisch aus Blut (Filterpapiermethode). Bei Auftreten eines Merkmalsträgers muß in Anbetracht der schlechten Prognose vor weiteren Schwangerschaften gewarnt werden.
Adenosm-Triphosphatase-Mangel Erblicher Enzymdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Durch eine verminderte Aktivität der ATPase kommt es zu einer Störung der ATP-Spaltung und damit des Energiestoffwechsels (Atmungskette) der Zelle, die sich vor allem an den Erythrozyten auswirkt. Krankheitswert : Chronische nichtsphärozytäre hämolytische Anämie, kaum klinische Erscheinungen. Therapiemöglichkeiten: Meist unnötig, eventuell Splenektomie. Häufigkeit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1964 nur wenige Fälle beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen hämolytischen Anämien notwendig. Familienberaterische Bedenken bestehen nicht, Homozygotie (Verwandtenehen) sollte allerdings vermieden werden. ADIE-Syndrom Genetisch bedingte neurologische Reaktionsstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt und die Art des neurologischen Substrates (umschriebene Degeneration von spinalen Ganglienzellen?) sind noch unklar. 68
Kran kheitswert : Harmlose, stationäre Störung der Pupillen- u n d E x t r e m i t ä t e n reflexe. Hypersensibilität der Pupillen gegenüber cholinergischen Stoffen. Teilweise leichte E r m ü d b a r k e i t u n d Parästhesien. Teils y m p t o m des RlLEY-DAY-Syndroms (s. d.). Therapiemöglichkeiten
:
Keine spezielle Therapie notwendig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
F r a u e n sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer. Vork o m m e n in aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Nichterbliche Fälle umweltbedingt d u r c h T r a u m e n , I n f e k t i o n e n usw. ausgelöst. P r i m ä r e F o r m m i t autosomal d o m i n a n t e m E r b gang. Familienberatung: K e i n Gegenstand familienberaterischer Bedenken.
Adipositas s. Fettsucht Adipositas dolorosa s. DERCUM-Syndrom Adrenogenitale Syndrome, Nebennierenhyperplasie, borene
ange-
Genetisch bedingte E n z y m d e f e k t e auf der Grundlage v o n Genmutationen. Die Gendefekte manifestieren sich in verschiedenen S t ö r u n g e n der Cortisol-I(17-Hydroxycorticosteron)synthese aus 17-Hydroxypregnenolon bzw. Cholesterin. E i n zu niedriger Blut-Cortisolspiegel bedingt eine Gleichgewichtsverschiebving in der h y p o t h a l a m i s c h e n Regulation der H y p o p h y s e n f u n k t i o n . D a d u r c h k o m m t es ü b e r einen feed-back-Mechanismus zur p e r m a n e n t erhöhten Ausscheid u n g von adrenocorticotropem H o r m o n (ACTH), das das Wachst u m u n d die F u n k t i o n der Nebennierenrinde stimuliert. J e n a c h Lage des Syntheseblockes k o m m t es dabei zu einer Ü b e r p r o d u k t i o n u n d A n s a m m l u n g verschiedener Cortisolvorstufen u n d deren K a t a b o l i t e n (Androstendion —> Androgene), wobei auch die Aldosteronsynthese betroffen sein k a n n (s. a. Hypoaldosteronismus). Die klinische S y m p t o m a t i k ergibt sich aus der relativen Nebenniereninsuffizienz f ü r die Cortisol-Synthese bei je n a c h E n z y m 69
d e f e k t unterschiedlicher Beteiligung der Androgen- u n d Aldosteron-Synthese. Krankheitswert: Man unterscheidet klinisch vier H a u p t t y p e n , zwischen denen es jedoch verschiedene Übergangs- u n d K o m b i n a t i o n s f o r m e n gibt. a) Einfache, virilisierende N e b e n n i e r e n ü b e r f u n k t i o n ( D e f e k t der 21-Hydroxylase): Durch vermehrte Androgenausschüttung k o m m t es bei M ä d c h e n zu einem angeborenen P s e u d o h e r m a p h o r o d i t i s m u s f e m i n i n u s m i t Y e r m ä n n l i c h u n g des ä u ß e r e n Genitales v o n d e r leichten K l i t o r i s h y p e r t r o p h i e bis zu f a s t typisch m ä n n l i c h e n F o r m e n . Bei K n a b e n z u n ä c h s t n i c h t auffälliger h y p o g o n a d o t r o p e r H y p o g o n a d i s m u s u n d in d e n ersten L e b e n s j a h r e n beschleunigtes W a c h s t u m u n d Skelettreifung. P s e u d o p u b e r t a s praecox besonders auffällig m i t e t w a 5 J a h r e n . S p ä t e r Minderwuchs d u r c h vorzeitigen E p i p h y s e n s c h l u ß . H ä u f i g ü b e r d u r c h s c h n i t t l i c h e Intelligenz. Bei M ä d c h e n Ausbleiben der B r u s t e n t w i c k l u n g u n d der Menarche. Neigung zu lesbischem Verhalten. Mindestens zwei unterschiedliche Schweregrade m i t u n d ohne schwerem S a l z v e r l u s t s y n d r o m , E r b r e c h e n , H y p o g l y k ä m i e u n d lebensbedrohlichen Z u s t ä n d e n (ADDISOITKrisen) vor allem im Säuglingsalter je n a c h zusätzlichem D e f e k t der Aldosteron-Synthese. b) H y p e r t e n s i v e N e b e n n i e r e n ü b e r f u n k t i o n (Defekt der 11-/3H y d r o x y l a s e ) : D u r c h zusätzlich e r h ö h t e Sekretion v o n Desoxycorticosteron k o m m t es zur Salzretention u n d zu arteriellem Hochdruck. c) Salzverlustsyndrom (Defekt der 3-/?-Hydroxysteroid-Dehydrogenase) : D a v o n d e m Stoffwechselblock a u c h die Testosteronsynthese b e t r o f f e n ist, k o m m t es h ä u f i g n u r zu einer geringen angeborenen Virilisierung bei M ä d c h e n u n d zu H y p o g e n i t a lismus (Hypospadie) bei K n a b e n . I m V o r d e r g r u n d stehen eine S t ö r u n g der Aldosteronsyntjhese u n d d a m i t die p e r i n a t a l h ä u f i g tödlichen Salzverlusterscheinungen ( F o r m des H y p o a l d o s t e r o nismus s. d.). d) Lipoidhyperplasie der Nebennieren ( D e f e k t der 20,21-Desmolase): Schwere klinische E r s c h e i n u n g e n d u r c h S t ö r u n g der 5-Pregnenolon- u n d d a m i t sowohl d e r Cortisol- als a u c h der Androgen- u n d Aldost.eron-Synthese (s. Nebenniereninsuffizienz, angeborene). D a s genetisch b e d i n g t e AGS ist a n g e b o r e n ; E r s t m a n i f e s t a t i o n e n im P u b e r t ä t s a l t e r sind selten (z. B. i n t e r k u r r e n t meist n a c h I n f e k t e n a u f t r e t e n d e s Salzmangelsyndrom). Therapiemöglichkeiten: D a u e r s u b s t i t u t i o n m i t H o r m o n e n v o n cortisolartiger W i r k u n g (Cortison, Hydro-Cortison, Prednison) m i t sehr g u t e m Erfolg. E v e n t u e l l e p r ä n a t a l e Therapie im 3. T r i m e n o n möglich. 70
Häufigkeit und Vorkommen: Meistens im weiblichen Geschlecht beschrieben ( 2 / 3 bis 3 / 4 ), wahrscheinlich da bei SS wesentlich schwerer zu diagnostizieren. Regional offensichtlich unterschiedliche Frequenz. Populationsgenetische Erhebungen in umschriebenen Gebieten erbrachten folgende Inzidenzwerte: USA 1:67000 (Heterozygoten 1:128) Schweiz 1:5000 (Heterozygoten 1:35), Alaska 1:1481 (Heterozygoten 1:20, Genfrequenz 0,026), Isolat der Yupik-Eskimos im Südwesten Alaskas 1:490 (Heterozygoten 1:11, Genfrequenz 0,005). 3 / 4 der Fälle weisen den Haupttyp a auf. Vom Typ b und d nur wenige Fälle bekannt. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang bei allen erblichen Typen. Es handelt sich um Heterogenie, genetische Beziehungen zwischen den einzelnen Typen bestehen also nicht. Familienberatung: Frühdiagnose (z. B. an Hand eines erhöhten Androgenspiegels im Plasma und Urin) wichtig und bei Salzmangelsyndrom meist essentiell für lebenserhaltende Therapie. Geschlechtsbestimmung an Hand des Kerngeschlechts bei Pseudohermaphroditismus femininus in den ersten Lebenstagen für Namensgebung, soziale und juristische Einordnung betroffener Mädchen notwendig. Nachweis und Differentialdiagnose der einzelnen Formen an Hand des klinischen Bildes, radioimmunologisch bestimmter Hormonwerte im Serum und der Hormonausscheidung. Ausschluß eines durch Hormongaben an die Mutter während der Schwangerschaft induzierten Pseudohermaphroditismus femininus wichtig. Heterozygoten bei 21-Hydroxylase-Mangel an Hand der erhöhten Pregnantriol-Ausscheidung nach ACTH-Stimulation erkennbar. Pränatale Diagnostik durch Testosteronbestimmung im Fruchtwasser oder beim 21-Hydroxylasemangel auf Grund der Kopplung mit dem HLA-Komplex durch Bestimmung des HLA-Typs aus Amnionzellen möglich.
Adreno-Leukodystrophie, SIEMERLING-CREUTZFELDTSyndrom, SCHILDER-ADDISON-Syndrom Genetisch bedingte Speicherkrankheit auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Ansammlung unphysiologischer Cholesterolester (hoher Anteil langkettiger Fettsäuren, 4-Methylumbelliferyl-Esterase-Defekt) vorwiegend in Hirn- und Nebennierenzellen. Es kommt zu Demyelination und Zelluntergang, woraus sich die klinische Symptomatik erklärt. 71
Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter. Progrediente spastische Paraplegie und andere neurologische Ausfallserscheinungen. Hyperpigmentierung und andere Symptome des ADDisOiT-Syndroms. Gewöhnlich im 1. oder 2. Lebensjahrzehnt zum Tode führend. Es gibt jedoch auch adulte Formen mit unterschiedlichem Einsetzen der neurologischen und adrenalen Symptome (Adrenomyeloneuropathie). Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. ACTH- und Metropin-resistent. Häufigkeit und Vorkommen: Ausschließlich im männlichen Geschlecht vorkommend. Bisher über 50 Fälle beschrieben, wobei von einzelnen Autoren unterschiedlich die AL. als mit dem bereits länger bekannten S C H I L D E R Syndrom (Sudanophile Leukodystrophie, Encephalitis periaxialis diffusa) identisch oder als eine Sonderform des S C H I L D ER-Syndroms angesehen wird. Genetik: X-chromosomaler Erbgang. Familienberatung: Von einer starken inter- und auch intrafamiliären Variabilität des Auftretens einzelner Symptome muß ausgegangen werden. Differentialdiagnose zu anderen Leukodystrophien enzymatisch sowie an H a n d der klinischen Symptomatik und der Computertomografie. Konduktorinnen am Auftreten einer typischen, großzelligen Fibroblasten-Population zusammen mit normalen Zellen in vitro erkennbar. In Anbetracht der Schwere der Symptomatik sollte in entsprechenden Familien vor Knabengeburten gewarnt werden.
Adynamia episodica hyperkaliämische
hereditaria s. Periodische Paralyse,
Afibrinogenämie, Faktor-I-Mangel Genetisch bedingte einer Genmutation.
Blutgerinnungsstörung
auf
der
Grundlage
Der Gendefekt manifestiert sich in einem fast vollständigen Mangel an Fibrinogen im Blut. Dadurch kann sich kein Fibrin bilden, und die Blutgerinnung unterbleibt. Bis zu einem gewissen Grade kann kompensatorisch ein Wundverschluß durch Thrombozyten erfolgen. S. a. Fibrinogen-Varianten! 72.
Krankheitswert: Von G e b u r t a n h ä m o r r h a g i s c h e D i a t h e s e n : Meläna, Nabelblut u n g e n . Später K o m p l i k a t i o n e n d u r c h v e r s t ä r k t e B l u t u n g aus kleinen W u n d e n , weiterhin n a c h Z a h n e x t r a k t i o n u n d o p e r a t i v e n Eingriffen. I n n e r e B l u t u n g e n bzw. cerebrale H ä m o r r h a g i e n seltener, n o r m a l e r Menstruationsverlauf. L e b e n s e r w a r t u n g herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten: Plasma- u n d B l u t t r a n s f u s i o n e n , Fibrinogeninfusionen wegen Gef a h r der A n t i k ö r p e r b i l d u n g n u r begrenzt möglich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
F r e q u e n z e t w a 1 : 1 0 0 0 0 0 0 . Genfrequenz 1 : 1 0 0 0 . Bisher e t w a 75 Fälle beschrieben. 4 0 % der P a t i e n t e n s t a m m e n a u s V e r w a n d t e n ehen. Genetik: Autosomal rezessiver E r b g a n g . Familienberatung: Differentialdiagnose zu a n d e r e n Blutgerinnungsstörungen, zu Dysfibrinogenämien oder H y p o f i b r i n ä m i e (s. Fibrinogen-Varianten!) u n d z u r erworbenen fibrinoly tischen Afibrinogenämie d u r c h B e s t i m m u n g des Fibrinogenspiegels bzw. der H a l b w e r t z e i t v o n 131 J-Fibrinogen. Bei H e t e r o z y g o t e n nicht immer nachweisbare Verminderung des Fibrinogenspiegels. F r ü h e r k e n n u n g bei G e b u r t d u r c h verlängerte N a b e l b l u t u n g .
Agammaglobulinämie, Antikörpermangelsyndrom Typ BRUTON Genetisch bedingte S t ö r u n g der Serumeiweiß-Synthese auf Grundlage einer G e n m u t a t i o n
der
Der G e n d e f e k t m a n i f e s t i e r t sich in einem Mangel v o n I m m u n globulinen, v o r allem der immunologisch wichtigen y-Globuline IgG, A u n d M u n d der Plasmazellen bei F u n k t i o n s f ä h i g k e i t des t h y m u s a b h ä n g i g e n , zellvermittelten I m m u n s y s t e m s v o m verzögerten T y p . Der Basisdefekt ist noch u n k l a r ( D e f e k t der L - K e t t e n s y n t h e s e , Block der B - L y m p h o z y t e n - R e i f u n g zu P l a s m a zellen?) Krankheitswert
:
Angeboren. Vom 4 . - 6 . L e b e n s m o n a t a n Anfälligkeit v o r allem gegenüber bakteriellen I n f e k t i o n e n , gehäuftes A u f t r e t e n v o n E n t 73
Zündungen der Luftwege, Bronchopneumonien, Otitiden, Arthritiden u. a. Ohne Therapie Tod bereits im Kindesalter. Transitorische und erworbene (meist nach dem 30. Lebensjahr) Formen mit besserer Prognose. Neigung zu Leukämien. Septikämien. Schlechte Heilungstendenzen. Therapiemöglichkeiten: Plasmainfusionen. Antibiotika- und Gammaglobulingaben mit vorübergehendem, gutem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz 1:500000 bis 1 Mill. Vorwiegend im männlichen Geschlecht. Genetik: X-chromosomaler Erbgang. Es wird allgemein angenommen, daß auch die meisten der „erworbenen" Formen auf genetischer Basis entstehen und z. T. nur sich spätmanifestierende Fälle des erblichen Antikörpermangel-Syndroms (s. Hypogammaglobulinämie) darstellen. Familienberatung: Nachweis durch immunelektrophoretische Darstellung der Gammaglobuline und fehlende Isoantikörper (Blutgruppen-Reaktionen). Tuberkulin- und Transplantationsreaktionen normal. Differential diagnose zu symptomatischen Formen wichtig. Knabengeburten sind in betroffenen Familien eventuell zu vermeiden.
Agammaglobulinämie, Typ Schweiz Genetisch bedingte Störung des zellulären und des humoralen Abwehrsystems auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einem Fehlen der lymphoiden Stammzellen, schwerer Lymphopenie mit Ausbleiben der B- und T-Zellfunktion und damit Mangel an Serumglobinen, vor allem der immunologisch wichtigen y-Globuline. Der Basisdefekt ist unklar. Krankheitswert: Angeboren. Die Immunreaktionen sowohl vom Sofort- als auch vom Spättyp sind gestört, dadurch Anfälligkeit gegenüber Virus-, Bakterien- und Pilzinfektionen (Candidiasis). Tod infolge von rezidivierenden Infektionen meistens in den ersten Lebensjahren. I n einigen Fällen klinische Zeichen einer leichten metaphysären Ossifikationsstörung (s. PARROT-Syndrom) sowie ektodermale Dysplasie. Neigung zu Leukosen. 74
Therapiemöglichkeiten: Gamma-Globulin- u n d Antibiotika-Gaben ohne Erfolg. Thymusimplantation oder Knochenmarktransplantation erfolgversprechend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seltener als das X-chromosomale Antikörpermangelsyndrom (s. d.). Bei beiden Geschlechtern vorkommend, bevorzugt allerdings im weiblichen Geschlecht. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Daneben auch bei wenigen Familien mit einer etwas leichteren Lymphopenie auf G r u n d einer Thymusepithel-Hypoplasie X-chromosomale Vererbung nachgewiesen. Offensichtlich Heterogenie. E s wird allgemein angenommen, daß auch die meisten der „erworbenen" Formen auf genetischer Basis entstehen u n d z. T. n u r sich spätmanifestierende Fälle der erblichen A. (s. Hypogammaglobulinämie) darstellen. Eine Neigung zu Chromosomenbrüchen b e r u h t wahrscheinlich auf der Einwirkung von Viren u n d k a n n m i t der Tendenz zur malignen E n t a r t u n g im Zusammenhang stehen. Familienberatung: Nachweis durch immunelektrophoretische Darstellung der yGlobuline, fehlende Isoantikörper (Blutgruppen-Reaktionen), Tuberkulin- u n d Transplantationsreaktionen sowie an H a n d der Lymphopenie. Differentialdiagnose zu anderen F o r m e n eventuell an H a n d der Familienanamnese. I n Anbetracht der schlechten Prognose besondere medizinisch-genetische Prophylaxe in betroffenen Familien notwendig.
Aganglionose s. HIRSCHSPRUNG-Krankheit Aglossie-Adaktylie-Syndrom Mißbildungssyndrom unklarer Ätiologie und Pathogenese. Krankheitswert : Hypoplasie der Zunge unterschiedlichen Grades, meist im Sinne einer Mikrognathie, teilweise Syngnathie mit Hypoplasie der Mandíbula. Zahnanomalien. Schwere Mißbildung der oberen u n d unteren E x t r e m i t ä t e n , beginnend am distalen H u m e r u s bzw. F e m u r . Peromelie bis Fehlen einzelner Strahle, häufig asymmetrisch. Syndaktylien. Normale Intelligenz. Fließende Übergänge zum HANHART-Syndrom I I . 75
Therapiemöglichkeiten:
Prothetische Versorgung und Sprecherziehung notwendig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Erstbeschreibung wahrscheinlich schon 1718. Etwa 30, ausschließlich sporadische Fälle beschrieben. Genetik:
Autosomal dominante Neumutationen oder auf Grund von Konsanguinität der Eltern in mindestens 3 Fällen autosomal rezessiver Erbgang werden vermutet, wobei auch teratogene Ursachen (Medikamente usw.) noch diskutiert werden. Familienberatung:
Differentialdiagnose zum Ankyloglossum-superior-Syndrom, HANHART-Syndrom II, Oro-fazio-digitalen Syndrom sowie zu anderen Formen der Zungenhypoplasie und der Ektrodaktylie (s. d.) unklar. Das Wiederholungsrisiko für Geschwister und Kinder von Merkmalsträgern kann auf Grund des sporadischen Vorkommens bisher bekannter Fälle als gering eingeschätzt werden.
Agranulozytose, infantile, erbliche; KOSTMANN-Syndrom, Infantile erbliche Neutropenie Genetisch bedingte Störung der Granulozytenbildung auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht ein Defekt bei der Granulozytenreifung mit Entwicklungsstop auf der Stufe der Promyelozyten, der in vitro durch Gaben schwefelhaltiger Aminosäuren kompensiert werden kann. Die Abwehrschwäche betrifft nur bakterielle Infektionen. Bei einer anderen Form mit unfassenderem Immundefekt und Störung sowohl der Myelo- als auch der Lymphopoese ist offenbar bereits die Stammzelle betroffen. Krankheitswert:
Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb der ersten Lebenswochen. Neigung zu eitrigen Infektionen der Haut und der Schleimhaut, Furunkulosen, Abszessen, auch der Lungen, Stomatitiden und Blepharitis, Fieberschübe. Schlechte Prognose, Tod in etwa 3 / 4 der Fälle bereits vor Vollendung des dritten Lebensjahres. Therapiemöglichkeiten:
Antibiotikagaben mit unbefriedigendem Erfolg. Plasmatransfusionen. Eventuell Knochenmarktransplantationen erfolgreich. 76
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Selten, seit Erstbeschreibung 1956 sind Geschwisterschaften vor allem aus den skandinavischen Ländern beschrieben. Hohe Konsanguinitätsrate der Eltern. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose zu anderen Neutropenien (s. d.) und exogen bedingten Agranulozytosen sowie hypoplastischen Anämien an H a n d des Blutbildes (meistens völliges Fehlen der Granulozyten bei Monozytose und Eosinophilie) und des Knochenmarkausstriches (Fehlen fast aller Elemente der neutrophilen Reihe). Heterozygoten eventuell an Differenzierungsstörungen der myeloischen Reihe in in-vitro-Knochenmark-Kulturen erkennbar. Bei Auftreten eines Merkmalsträgers sollten die Eltern vor weiteren Kindern gewarnt werden.
Agranulozytose, rezidivierende s. Neutropenie, zyklische Agyrie s. Lissenzephalie Ahornsirup-Syndrom, Leuzinose Erblicher Stoffwechseldefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt äußert sich in einer verminderten Aktivität des a-Ketoacid-Dekarboxylasekomplexes und damit einer Störung der oxidativen Dekarboxylierung beim Abbau der verzweigtkettigen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin. Es kommt zu deren Anreicherung in den Körperflüssigkeiten. Ob dadurch eine toxische Wirkung auf das Zentralnervensystem eintritt oder ein Mangel an bestimmten essentiellen Stoffen (Cerebronsäuren) die cerebralen Ausfälle bedingt, ist noch unklar. Krankheitswert: Beim klassischen A. Manifestation einer schweren zentralnervösen Schädigung der zunächst normal geborenen Kinder in den ersten Lebenstagen. Apathie, Krämpfe, Atemstörungen, Erbrechen, Muskelhypotonie, schließlich Dezerebrationsstarre. Lebenserwartung meistens nur wenige Monate, bei milderen Verlaufsformen auch über 1 J a h r . Neuerdings spätmanifeste, relativ gutartige, intermittierende Variante mit neurologischen Erscheinungen (Ataxie u. a.) nur bei Infekten oder in Streßsituationen mit Gefahr sekundärer Hirnschädigung und lebensbedrohlicher Zustande beschrieben. 77
Therapiemöglichkeiten
:
Diätetische Behandlung mit einer valin-, leucin- und isoleucinarmen Nahrung mit unterschiedlichem Erfolg vom Schweregrad des Stoffwechseldefektes und vom Beginn der Therapie im Neugeborenenalter abhängig. In Notsituationen Infusionen oder auch PeritonealDialyse. Ein Teil der Fälle spricht sehr gut auf Thiamin-Gaben an. Häufigkeit und
Vorkommen:
Wegen des frühen Todes der Kinder wahrscheinlich oft nicht diagnostiziert. Inzidenz auf 1:10000 bis 1:100000 geschätzt. Genetik: Heterogen. Autosomal rezessiver Erbgang. Beim intermittierenden und beim intermediären A.-S. besteht eine Restaktivität für den Abbau von zwei der drei verzweigtkettigen Aminosäuren. Genetische Beziehungen zwischen beiden Typen und weiteren Formen mit leichterem Verlauf bestehen nicht, wahrscheinlich Allelie oder Heterogenie. Familienberatung
:
Diagnose im Neugeborenenalter an Hand des charakteristischen Harngeruches und im GuTHKiE-Test (Screening-Test) ermöglicht sofortige Diättherapie. Nachweis und Differenzierung unterschiedlicher Formen durch Messung der Leucin-Decarboxylase-Aktivität. Nach dem gleichen Prinzip mit Hilfe 14C-markierter verzweigtkettiger Aminosäuren pränatale Diagnostik in kultivierten Amnionzellen möglich. Mindestens drei verschiedene Heterozygotentests bekannt. Medizinische Betreuung und Prophylaxe in betroffenen Familien wichtig.
AICARDI-Syndrom Genetisch bedingter neurologischer Symptomenkomplex auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den Erscheinungen führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Angeboren. Corpus-callosum-Agenesie oder -Hypoplasie mit Hirnheterotopien. Frühkindliche Spasmen, Myoklonien und geistige Retardation. Charakteristische EEG-Auffälligkeiten. Spezifische Chorioretinopathie in Form scharf begrenzter Aussparungen in Pigmentepithel und Retina. Wirbelanomalien. Fakultativ Plagiozephalie und Gesichtsasymmetrie, Mikrophthalmie, Kolobome und andere Augenanomalien. 78
Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Korrekturen mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1965 über 30 weibliche Fälle beschrieben. Vorkommen im männlichen Geschlecht nicht gesichert.. Genetik: X-chromosomal dominante Vererbung mit Letalität der Hemizygoten wird vermutet. Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose (Toxoplasma-Fetopathie, andere Formen der Corpus-callosum-Agenesie) an Hand der Augenhintergrundsveränderungen und des Computertomogrammes. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Merkmalsträgern jeweils um Neumutationen, so daß kein Wiederholungsrisiko in einer Familie besteht.
Ainhum-Syndrom, Dactylolysis spontanea Außerhalb Europas, vor allem bei Negern und auch Indern kommende Spontanamputation der Kleinzehe. Familiäres kommen beschrieben, wahrscheinlich autosomal dominanter gang. Beginnt in den ersten Lebensjahren mit keratotischer dickung der Digitoplantarfurche und endet mit Abschnürung Akroosteolyse der Zehe.
vorVorErbVerund
Akanthozytose s. a. Abetalipoproteinämie Akanthozytose, adulte Genetisch bedingter Membrandefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich wahrscheinlich in einer Strukturanomalie der Erythrozytenmembran, wodurch es bei etwa 15% der peripheren Erythrozyten zu den typischen dornförmigen Formveränderungen kommt. Der pathogenetische Zusammenhang mit den anderen Symptomen ist noch unklar, ein entsprechender Defekt der Nervenzellen ist anzunehmen. Anomalien des Lipidstoffwechsels wie bei der klassischen Akanthozytose (s. Abetalipoproteinämie) liegen offensichtlich nicht vor. 79
Krankheitswert: Erstmanifestation der Symptome im Erwachsenenalter. Neurologische Ausfallserscheinungen mit Muskelatrophien, epileptischen Anfällen, choreatischen Erscheinungsformen und Ataxien. Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Behandlung bekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher nur wenige Familien beschrieben. Genetik: Heterogen. I n den einzelnen Familien unterschiedlich autosomal dominant oder meist autosomal rezessiv vererbt mit unterschiedlichen neurologischen Symptomen. Familienberatung: Differentialdiagnose zur rezessiv vererbten Abetalipoproteinämie (s. d.) an H a n d der Normolipoproteinämie wichtig.
Akatalasie, Akatalasämie; TAKAHARA-Krankheit Erblicher Enzymdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich als Katalasemangel in allen Geweben. I n geringen Mengen noch nachweisbare Katalase zeigt qualitative Unterschiede zu der bei Normalpersonen. Das von Bakterien in der Mundhöhle produzierte H 2 0 2 kann dadurch nicht abgebaut werden und wirkt zersetzend auf Gewebe und Hämoglobin. Krankheitswert: Nur bei der in J a p a n vorkommenden Form kommt es zu klinischen Erscheinungen: Ülcerationen der Mund- und Nasenschleimhaut, Gangrän der Mundschleimhaut (TAKAHABA-Krankheit des Kindesalters). I n Europa meist ohne klinische Erscheinungen. Therapiemöglichkeiten: Wenn nötig erfolgreich. Häufigkeit
und
lokale
Katalasebehandlung
oder
Bluttransfusion
Vorkommen:
Regional sehr verschieden. I n J a p a n Heterozygoten-Frequenz 1:10 000 bis 1:140. I n Europa etwa 1:25 000. Ein Fall in der D D R mit klinischen Symptomen entspricht wahrscheinlich dem T A K A H A R A Typ. 80
Genetik: A u t o s o m a l rezessiver E r b g a n g . E s h a n d e l t Zeit a n g e n o m m e n wurde, u m Regulator-, g e n m u t a t i o n e n . Den bisher b e k a n n t e n klinisch unterschiedlichen V a r i a n t e n liegt Allelie zugrunde.
sieh nicht, wie längere sondern u m S t r u k t u r elektrophoretisch u n d offensichtlich m u l t i p l e
Familienberatung: Nachweis a n H a n d der herabgesetzten K a t a l a s e a k t i v i t ä t ( < 8 % ) in E r y t h r o z y t e n u n d kultivierten F i b r o b l a s t e n . Bei H e t e r o z y g o t e n K a t a l a s e a k t i v i t ä t v e r m i n d e r t bis n o r m a l . I n E u r o p a kein Gegens t a n d familienberaterischer E r w ä g u n g e n , da ohne klinische Symptome.
Akrodermatitis enteropathica, BRANDT-Syndrom Genetisch b e d i n g t e D e r m a t o s e auf der Grundlage einer G e n m u tation. D e r G e n d e f e k t manifestiert sich in einem Zinkmangel auf G r u n d einer S t ö r u n g der gastrointestinalen Z i n k a b s o r p t i o n u n d des Zinkt r a n s p o r t e s . Z u g r u n d e liegt wahrscheinlich der D e f e k t eines zinkb i n d e n d e n Proteins. Die klinische S y m p t o m a t i k e r k l ä r t sich a u s d u r c h d e n Zinkmangel bedingten Enzymdefizienzen u n d einer Thymushypoplasie. Krankheitswert: E r s t m a n i f e s t a t i o n meistens w ä h r e n d des Abstillens. Schubweise schwere H a u t e r s c h e i n u n g e n vor allem a n den K ö r p e r ö f f n u n g e n u n d A k r e n m i t Beteiligung der Schleimhäute u n d S e k u n d ä r i n f e k tionen. Ausfall des K o p f h a a r e s sowie der A u g e n w i m p e r n u n d - b r a u e n . Nagelveränderungen. Periodisch a u f t r e t e n d e D u r c h f ä l l e infolge v o n Colitiden. Psychische u n d physische R e t a r d a t i o n . A t r o p h i e n . Ohne Therapie chronischer Verlauf. Therapiemöglichkeiten: F r ü h e r D a u e r m e d i k a t i o n e n v o n Oxychinolinderivaten. Z i n k g a b e n (Zinksulfat, Zinkoxid) f ü h r e n zur sofortigen völligen Normalisierung. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit E r s t b e s c h r e i b u n g 1942 über 200 Fälle v o n allen E r d t e i l e n u n d großen R a s s e n b e k a n n t . Genetik: A u t o s o m a l rezessiver E r b g a n g . Variable E x p r e s s i v i t ä t . 6 Witkowski/Prokop
81
Familienberatung: Rechtzeitige Diagnose (Zinkbestimmung im Serum) und Therapie wichtig. Differentialdiagnose zur Colitis ulcerosa (s. d.) notwendig.
Akrodysostose Periphere Dysostose (s. d.) unklarer Ätiologie und Pathogenese. Krankheitswert : Angeboren. Faziale Dysostose mit kurzer Nase, Prognathie und offenem Mund. Kurze Hände und Füße. Meistens geistige Retardation. Bei einem Teil der Fälle Schwerhörigkeit. Minderwuchs. Therapiemöglichkeiten: Nicht bekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1968 bzw. Abgrenzung des Syndroms 1971 über 30 ausschließlich sporadische Fälle beschrieben. Genetik: Ätiologie unbekannt. Lediglich das durchschnittliche erhöhte Zeugungsalter der Väter der Patienten könnte auf autosomal dominante Neumutationen schließen lassen. Familienberatung: Differentialdiagnose zum Pseudopseudo- und Pseudohypoparathyreoidismus notwendig. Ein Wiederholungsrisiko innerhalb der Geschwisterschaft eines Patienten besteht nicht.
Akrodysplasia epiphysaria s. THIEMANN-Syndrom Akrofaziale Dysostose Typ NAGER s. NAGER-Syndrom Akrogerie, GOTTRON-Syndrom Erbliche Dermatose auf der Grundlage einer Genmutation. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Schwachform des HUTCHINSON-GILFORD-Syndroms (s. d.). Es besteht eine in ihrer Grundlage noch unklare Störung der Fibroblastenstruktur und -funktion. 82
Krankheitswert: Erstmanifestation in den ersten Lebensjahren. Vor allem an den Akren Hautatrophie mit Schwund des Fettgewebes. Akromikrie. Teilweise Beteiligung der Magenschleimhaut. Lebenserwartung herabgesetzt. Chronischer gutartiger Verlauf. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch-konservative Behandlung. Häufigkeit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1941 etwa 70 Fälle ausschließlich europäischer Provenienz beschrieben, darunter zweimal Geschwister. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang mit starker Bevorzugung männlichen Geschlechts.
des
Familienberatung: In früher Kindheit Differentialdiagnose zum H u t c h i n s o n - G i l f o r d Syndrom und zum EHLEHS-ÜANLOS-Syndrom (s. d.) notwendig. Akrokeratoelastoidosis Palmoplantarkeratose auf der Grundlage einer Genmutation. Der den umschriebenen Veränderungen der elastischen Fasern zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Papulöse, verrucose Hyperkeratose der Handinnenflächen und Fußsohlen, selten auf Hand- und Fußrücken übergreifend. Hyperhidrose. Subjektive Beschwerden gering. Therapiemöglichkeiten
:
Symptomatische Behandlung mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1953 wenige Fälle vor allem aus Südamerika und eine große Sippe mit Merkmalsträgern in vier Generationen aus Mitteleuropa beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit unvollständiger Penetranz und variabler Expressivität. 6*
83
Familienberatung: Differentialdiagnose zu den P a l m o p l a n t a r k e r a t o s e n (s. d.) notwendig. Berufsberatung wichtig.
Akrokeratosis verruciformis (HOPF) Genetisch bedingte Dermatose auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den Hauterscheinungen führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation im Neugeborenen- oder frühen Kindesalter, selten nach der Pubertät. Hyperkeratotische Hornhautpapeln an Hand- und Fußrücken, teilweise auf Unterarme und -Schenkel, seltener bis zu den Knien und Ellenbogen und auf Stirn und Nacken übergreifend. Bei einigen Fällen leichte Intelligenzdefekte. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung mit wenig Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 60 meist familiäre Fälle beschrieben. Genetik: Autosomal variabel.
dominanter
Erbgang.
Expressivität
intrafamiliär
Familienberatung: Abgrenzung zum DARIER-S. schwierig, es bestehen jedoch keine genetischen Beziehungen zwischen beiden Syndromen. A. v. kann auch symptomatisch auftreten, z. B. bei dem bisher nur bei einer Sippe beschriebenen X-chromosomal vererbten V A J T - D E N - B O S C H Syndrom (s. S C H N Y D E R und K L U N K E R ) .
Akromelalgie, erbliche, Restless-legs-Syndrom, WITTMAACK-EKBOM-Syndrom Genetisch bedingte Parästhesie auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Beginn im Pubertätsalter. Auf Grund der Parästhesien in den Beinen unwillkürliche Bewegungen in Ruhelagen. Gutartig. 84
Therapiemöglichkeiten: Sedativa mit gut.em Erfolg. Häufigkeit und
Vorkommen:
Bisher nur wenige, meist familiäre Fälle bekannt. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Familienberatung: In Anbetracht der Gutartigkeit und der Therapiemögl'chkeiten kein Gegenstand familienprognostischer Bedenken. Akroosteolyse, neurogene Genetisch bedingte Akropathie auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt (Paraproteinose?) ist unbekannt. Krankheitswert : Erstmanifestation im späten Kindesalter, selten früher oder später. Gewöhnlich an den Füßen schubweise, meist einseitig beginnende Geschwürbildung mit Zerstörung und Sequestrierung der darunterliegenden Knochen und Defektheilungen führen allmählich zu verschiedenartigen Fußdeformitäten. Bei schweren Formen Schädelknochen mitbetroffen. Oberflächensensibilität und Schmerzempfindung herabgesetzt. Verminderung der Leistungsfähigkeit, keine besonderen subjektiven Beschwerden. Lebenserwartung z. T. herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz etwa 1:2500. Androtropie (2:1). Überwiegend familiäres Vorkommen. Genetik: Heterogenie. Sowohl autosomal dominanter als auch autosomal rezessiver Erbgang kommen vor, wobei die klinische Abgrenzung einzelner nicht neurogener Typen (z. B. HAjDU-CHENEY-Syndrom oder Arthro-dento-osteo-Dysplasie: Bindegewebsschwäche, Ge85
lenkeschlaffheit, früher Zahnverlust, Dolichozephalie, Frakturen, Minderwuchs, charakteristische Fazies, Osteo- und Akro-Pseudoosteolysen; mehr als 20 Fälle beschrieben, autosomal dominanter Erbgang) noch unsicher ist. Bei dominanter Vererbung herabgesetzte Penetranz. Expressivität im weiblichen Geschlecht schwächer, intrafamiliär relativ konstant. S. a. Pyknodysostose; Neuropathie, sensorische. Familienberatung: An Hand familienanamnestischer Daten Feststellung des jeweils vorliegenden Erbganges wichtig. Mit einer familienspezifischen Konstanz der klinischen Manifestationsweise und des Manifestationsalters kann gerechnet werden. Früherkennung vor Erscheinen der ersten klinischen Symptome eventuell röntgenologisch möglich.
Akrozephalopolysyndaktylie s. Akrozephalosyndaktylie Akrozephalosyndaktylie, Akrozephalopolysyndaktylie, APERT-Syndrom Genetisch bedingte Kombination von Akrozephalie und Syndaktylie auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Mißbildungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Kraniofaziale Dysostose meist durch vorzeitigen Schluß der Schädelnähte. Unterschiedlich starke Behinderung durch knöcherne oder häutige Syndaktylien, seltener Polydaktylien. Häufig Schwachsinn. Nach klinischer Ausprägung und weiteren Mißbildungen werden verschiedene Syndrome unterschieden. I.
APKRT-Syndrom- Akrozephalie, schwere Syndaktylie (Löffelhände). Häufigster Typ. I I . APERT-CROUZON-Syndrom, VoGT-Syndrom: Leichtere Form, CROTJZON-artige Schädelkonfiguration. Nur wenige sporadische Fälle bekannt. I I I . , IV. SABTHRE-CHOZEN-Syndrom: Asymmetrischer Schädel, milde Syndaktylien, zahlreiche fakultative Mißbildungen. Mehrere große Sippen mit Merkmalsträgern in bis zu 5 Generationen beschrieben. V. PFEIFFER-Syndrom: Breite Daumen und Großzehen. Mehrere Sippen beschrieben. A kropolysyndaktylien: I. 86
NoACK-Syndrom: Akrozephalie, familiäre Fälle beschrieben.
Polysyndaktylie.
Mehrere
I I . CAKPBNTEB-Syndrom: Akrozephalie, Polydaktylie der Hände, Polysyndaktylie der Füße. Mehrere Geschwisterschaften beschrieben. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrekturen vor allem der Extremitätenmißbildungen mit unbefriedigendem Erfolg. Frühzeitige Korrektur der Kraniostenose (Kraniotomie) wichtig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz etwa 1:100000. überwiegend sporadische Fälle. Die Mutationsrate wird mit 3—4 x 1 0 - 6 angegeben und steigt offenbar mit dem Zeugungsalter des Vaters. Bei leichterer Symptomatik ( P F E I F F E R - S y n d r o m , SAETHRE-CHOZEN-Syndrom, NOACK-Syndrom)
Merkmalsträger in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Außer CARPENTER-Syndrom jeweils autosomal dominant vererbt. CARPENTER-Syndrom autosomal rezessiv. Genetische Eigenständigkeit unsicher. Auf Grund von Überschneidungen in der Symptomatik und gemeinsamem Vorkommen innerhalb einer Sippe werden Einheitlichkeit
von
PFEIFFER-,
NOACK- und
SAETHRE-CHOZEN-
Syndrom sowie von APERT- und VooT-Syndrom angenommen. Etwa l / 5 der daraufhin untersuchten Patienten mit A. wiesen strukturelle — allerdings uneinheitliche — Chromosomenaberrationen auf. Familienberatung
:
Das Risiko für Verwandte von sporadischen Fällen ist gegenüber der Normalbevölkerung kaum erhöhe. Bei leichter Symptomatik werden Merkmalsträger selbst Kinder haben. Dann ist mit einem Risiko von 5 0 % zu rechnen, wobei von einer gewissen intrafamiliären Konstanz der Symptomatik ausgegangen werden kann.
Akrozyanosis, familiäre; meist Teilsymptom des E H L E R S DANLOS-Syndroms, s. d. Alacrimia congenita, angeborene Tränenlosigkeit Mangel bzw. Fehlen von Tränenflüssigkeit unterschiedlicher Ätiologie. Es liegt entweder Aplasie bzw. Hypoplasie der Tränendrüsen, ein Defekt der Sekretionsnerven oder Dysplasie der entsprechenden Kerngebiete zugrunde. Ein Basisdefekt ist unbekannt. 87
Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im ersten Lebensjahr. Meist beidseitiger Tränenmangel, führt sekundär zu Konjunktivitiden, Keratokonjunkliivitiden, Stellungsanomalien der Lider und Wimpern usw. und damit zur Gefährdung des Auges und der Sehfähigkeit. Keine weiteren Sekretionsanomalien. Häufig kombiniert mit Ptosis, Paresen, Di- oder Tristichiasis, Epikanthus und anderen Anomalien des Augenbereiches. Teilsymptom des R I L E Y - D A Y Syndroms und der anhydrotischen ektodermalen Dysplasie (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Schutz des Auges durch lokale Vitamingaben ohne nachhaltigen Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Sehr selten. Über 15 gesicherte Fälle von isolierter A. c. beschrieben. Meistens sporadisch. Genetik: Heterogen. I n einer Geschwisterschaft sprechen Konsanguinität und Mikrosymptome beim Vater für autosomal rezessiv bedingte Fehlanlage der Kerngebiete. Hypoplasie der Tränendrüsen wahrscheinlich autosomal dominant vererbt. Kombination mit Spalthand und -fuß (s. d.). Familienberatung: Ausschluß eines RiLEY-DAY-Syndroms oder einer ektodermalen Dysplasie wichtig (s. d.). Das Risiko für Verwandte ersten Grades eines Merkmalsträgers kann in Anbetracht des überwiegend sporadischen Vorkommens als gering eingeschätzt werden.
Alaktasio s. Laktose-Intoleranz ALBERS-SCHÖNBERG-Syndrom, Osteopetrosis, Osteosclerosis fragilis generalisata, Marmorknochenkrankheit Genetisch bedingte Osteosklerose auf der Grundlage einer Genmutation. E s besteht eine Ossifikationsstörung des präformierten Knochens, wofür der Basisdefekt (hormonell bedingte Kalzium-Stoffwechselstörung, Defekt der Osteoklasten?) noch unklar ist. 88
Krankheitswert: Mindestens zwei klinisch distinkte Typen: 1. Osteopetrosis tarda. Allmählich einsetzende und häufig symptomlos verlaufende, herdförmige Sklerosierung der Knochen bei meist völliger Beschwerdefreiheit. Nur zufällig an Hand von Röntgenaufnahmen festgestellt. Bei einem Teil der Patienten kann es allerdings zu gehäuften Spontanfrakturen, Osteomyelitiden, Anämie, Zahnanomalien und Optikus-Atrophie kommen. 2. Osteopetrosis maligna. Angeboren. Anämie infolge der Knochenmarkdysfunktion, Hepatosplenomegalie. Hohe Knochenbrüchigkeit, Makrozephalie, Verlust der Seh- und Hörfähigkeit. Gehstörungen, Sepsis und Knochennekrosen. Tetanie. Tod im Kindesalter. Therapiemögliehkeiten: Ca- und P-Gaben in Kombination erfolgreich. Bluttransfusionen. Häufigkeit
und,
mit Kortikosteroiden z. T .
Vorkommen:
Weltweit verbreitet. Frequenz 1 : 8 0 0 0 0 bis 1 : 1 0 0 0 0 0 . hundert Fälle publiziert.
Mehrere
Genetik: Heterogen. Allgemein wird angenommen, daß es sich bei den beiden klinischen Typen um zwei selbständige genetische Einheiten mit autosomal dominantem (gutartig) bzw. rezessivem (bösartig) Erbgang handelt. Davon abweichend hat W E I C K E R eine dimere Vererbung mit unterschiedlicher klinischer Expression in Form der beiden Typen angenommen. Familienberatung
:
Beim gutartigen Typ bestehen keine familienberaterischen Bedenken, wobei allerdings nach Möglichkeit Homozygotie, d. h. Ehen zwischen Merkmalsträgern, vermieden werden sollte. Ein Nachweis ist nur röntgenologisch möglich. Differentialdiagnose zu Hyperostosis corticalis generalisata, EuGELMANisr-SyncIrom, PYLE-Syndrom, Pyknodysostosis (s. d.), zu exogen bedingten Osteosklerosen u. a. notwendig. Bei Auftreten eines Falles von bösartigem A.-Sch.-Syndrom ist den Eltern von weiteren Kindern abzuraten.
Albinismus, Gelbtyp s. Albinismus totalis I Albinismus Typ III s. Albinismus totalis I
Albinismas oculi Erbliche, auf das Auge beschränkte Pigmentierungsstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Anomalie zugrunde liegende Basisdefekt (Tyrosinstoffwechselstörung, Defekt der Melanosomenentwicklung?) ist noch unbekannt. Krankheitswert: Herabgesetzte Sehschärfe, Lichtscheu, häufig mit Amblyopie und Nystagmus. Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Therapie bekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Frequenz in Europa etwa 1:20000 — 1:55000. Weltweit verbreitet. Bis auf seltene Ausnahmen nur im männlichen Geschlecht. Genetik: Heterogen. X-chromosomaler Erbgang. Bei weiblichen Heterozygoten abgeschwächte Manifestation in Form von fleckförmigen Pigmentierungsanomalien des Augenhintergrundes Makromelanosomen in Melano- und Keratozyten. Es sind auch, jeweils bei Einzelfamilien, andere Formen des okulären Albinismus mit wechselnden Begleitsymptomen beschrieben worden. Hier handelt es sich offensichtlich um sehr seltene autosomal rezessiv bedingte Fälle oder mit Ausnahme des FOBSIUS-ERIKSSON-Typs (mit Nystagmus, Myopie und normal pigmentierter Iris) um Mutationen anderer X-chromosomaler Loci. Für diese besteht im Gegensatz zu dem klassischen okulären Albinismus keine nachweisbare Rekombination mit dem Xg-Locus. Familienberatung: Heterozygotennachweis auf Grund der Augenhintergrundsanomalien und durchscheinender Irides. Nur bei männlichen Mitgliedern einer Familie auftretender Nystagmus kann als Hinweis auf okulären Albinismus dienen.
Albinismus, partieller; Piebald-Albinismus Genetisch bedingte Pigmentierungsanomalie auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Anomalien zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Für die meisten Formen wird eine Reif ungsstörung der Melano 90
zyten bzw. eine Störung der Migration von Melanoblasten aus der Neuraileiste vermutet. Krankheitswert: Angeborene weiße Haarsträhne, meist median auf dem Vorderkopf. Kombiniert mit pigmentlosen Arealen der Gesichtsmitte, an Brust, Abdomen und Extremitäten als PIEBALD-Albinismus bekannt. Weiße Stirnlocke mit Beteiligung der Augenbrauen und der Nase: Poliosis circumscripta. Seltener Hinterhauptssträhne. Symptomatisch bei einigen Syndromen, z. B. W A A R D E N B U R G - S . , C H E D I A K - H I G A S H I - S . (S. d . ) .
Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und
Vorkommen:
Heterogen. PIEBALD-Albinismus von Negern, aber auch von einzelnen europäischen und indianischen Sippen beschrieben. Andere jeweils spezifische Kombinationsformen sehr selten. Meistens Merkmalsträger in aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Bei den einzelnen Kombinationsformen handelt es sich um jeweils genetisch abgegrenzte Einheiten. Die Hinterhauptssträhne wird autosomal rezessiv oder X-chromosomal vererbt. Kombination von p. A. mit angeborener Taubheit (WooLF-DoLOWiTZ-ALDOUs-Syndrom, ZIPRROWSKI-Syndrom) ebenfalls X-chromosomal vererbt mit Hörminderung bei Heterozygoten. Familienberatung : Außer einer gewissen Sonnenempfindlichkeit leukodermatischer Areale mit Neigung zu Epitheliomen besteht keine Beeinträchtigung und kein Anlaß f ü r familienberaterische Bedenken.
Albinismus totalis I Erblicher Enzymdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einem Mangel an Tyrosinase in den Melanozyten. Dadurch unterbleibt die Oxidation des Tyrosins zum Dihydroxyphenylalanin (Dopa) und weiter zum Dopachinon, so daß kein Melanin gebildet wird. Krankheitswert: Unpigmentierte weiße bis rosa durchscheinende H a u t . Fehlen von Pigment im Auge. Fundus oculi leuchtet bei gewöhnlichem Tages91
licht rot auf. Durch abnorme Transparenz der Iris diffuse Belichtung des Augenhintergrundes, unscharfes Sehen und Lichtempfindlichkeit. Nystagmus. Weißes Haar. Starke Irritabilität der Haut bei UV-Einstrahlung mit entsprechender Karzinom-Neigung. Vereinzelt kombiniert mit thrombopathischen hämorrhagischen Diathesen, verstärkt durch Aspirin, möglicherweise Defekt der Glutathion-Peroxidase oder der 5-HT-Inkorporation in Erythrozyten (HERMAN.SK Y-PuDLAK-Syndrom). Bei einer differentialdiagnostisch zu beachtenden Form von Hypopigmentierung („Gelbtyp", Albinismus totalis III) setzt eine geringe Pigmentierung im ersten Lebensjahr ein. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch prophylaktisch durch Schutz der Haut und der Augen vor Sonneneinstrahlung. Kosmetische Maßnahmen aus psychologischen Gründen wichtig. Häufigkeit und Vorkommen: Regional und rassenbedingt stark unterschiedlich. In Europa etwa 1 : 30000, in Irland 1 : 15000, bei Negern 1 : 40000. Mutationsrate 3,3 — 7 x 10 _6 /Locus/Generation. Vom HEBMANSKY-PUDLAKSyndrom mehr als 20 Fälle beschrieben. Oenetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Seltene Angaben über dominante Vererbung beruhen wahrscheinlich auf Pseudodominanz. Bei dem klinischen Syndrom des Albinismus totalis handelt es sich um Heterogenie, wobei A. t. I und I I (s. d.) die beiden Haupttypen darstellen. Aus Ehen zwischen Merkmalsträgern der beiden Typen gehen überwiegend normale Kinder hervor: Doppelheterozygoten. Aus dieser Erscheinung erklärt sich die hohe Konsangunitätsrate bei A. t. in Gebieten, in denen Typ I und II gemeinsam vorkommen. Genetische Beziehungen zum „Gelb-Typ" noch unklar, (ebenfalls Tyrosinase-negativ, Allelie oder Heterogenie?) Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose zu anderen Typen an Hand des Haarbulbus-Testes: Bei Inkubation des Haarbulbus in einer konzentrierten Tyrosin-Lösung bilden die vorhandenen Prämelanosomen kein Melanin, wohl aber mit Tyrosinase. Heterozygoten meistens an hypopigmentierter, leicht durchscheinender Iris erkennbar. Die Risikoziffern bei Ehen zwischen Homozygoten oder Heterozygoten verschiedenen Typs des A. t. sind gering. Differentialdiagnose zum CHEDlAK-HlGASHl-Syndrom notwendig.
Albinismas totalis II, Albinoidismus Erblicher Defekt des Tyrosin-Stoffwechsels auf der Grundlage einer Genmutation. 92
Die genaue Natur des Stoffwechseldefektes ist noch unklar. Im Gegensatz zum Albinismus I besteht eine normale TyrosinaseAktivität in den vorhandenen Prämelanozyten. Eine abnormale Substrat-Konzentration oder -Affinität wird vermutet. Die Oxidation des Tyrosins zum Dopachinon ist gestört, wodurch eine normale Melaninbildung unterbleibt. Krankheitswert: Klinisch mildere Form als A. t. I. Im frühen Kindesalter Pigmentarmut des Auges, der Haut und des Haares. Allmähliche Pigmentierung, mit steigendem Lebensalter wird Pigmentierung der Pupillenränder und eine leichte Färbung der Haut und der Haare erreicht. Leichter Nystagmus und Photophobie. Häufig Strabismus. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch prophylaktisch durch Schutz der Haut und der Augen vor Sonneneinstrahlung. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Regional und rassenbedingt stark unterschiedlich. Unter Europäern sehr selten, bei Negern etwa 1 : 14000. Hohe Konsanguitätsrate. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Bei dem klinischen Syndrom des Albinismus totalis handelt es sich um Heterogenie, wobei A. t. I (s. d.) und I I die beiden Hauttypen darstellen. Aus Ehen zwischen Merkmalsträgern der beiden Typen gehen überwiegend normale Kinder hervor: Durch diese Erscheinung der Doppelheterozygotie erklärt sich die hohe Konsanguinitätsrate beim A. t. Um eine allele Mutation zum A. I I könnte es sich dagegen bei dem endemischen Albinismus der Cuna-Indianer (Panama) sowie der Angehörigen eines nordamerikanischen Isolates handeln. Die hohe Frequenz (0,7%) dieses A. erklärt sich hier durch einen Heterozygotenvorteil durch höhere Heiratschancen der hellhäutigeren Individuen. Heterozygote zwischen diesem und dem Typ A. I I sind ebenfalls albinotisch mit leichter Pigmentierung und ohne Nystagmus. Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose zum Typ I an Hand des Haarbulbustestes: Bei Inkubation des Haarbulbus in einer konzentrierten Tyrosin-Lösung bilden die vorhandenen Prämelanosomen Melanin. Heterozygote meistens an Pigmentierungsanomalien der Iris erkennbar, vielleicht auch an abnormer Diaphanie der Skleren. Die Risikoziffern bei Ehen zwischen Homozygoten oder Heterozygoten verschiedenen Typs des A. t. sind gering. 93
Albinoidismus s. Albinismus totalis II ALBRIGHT-Syndrom, Polyostotische McCUNE-ALBRIGHT-Syndrom
fibröse
Dysplasie,
Symptomenkomplex unklarer Ätiologie. Der den zunächst nicht in einen pathologischen Zusammenhang zu bringenden Symptomen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt (hypo thalamische Überproduktion oder endokrine Überaktivität der Erfolgsorgane?). Krankheitswert: Erstmanifestation im Kindesalter. Klinische Zeichen einer generalisierten oder lokalen Knochenfibrose. I n der Region der betroffenen Knochen umschriebene Hyperpigmentationen der H a u t . Pubertas präcox ( 5 . - 8 . J.) fast nur im weiblichen Geschlecht. Unterschiedlich starke Beeinträchtigung durch Knochenschmerzen und -brüchigkeit. Therapiemöglichkeiten: Lediglich symptomatische Behandlung möglich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bis auf eine Ausnahme nur sporadisches Vorkommen. Gynäkotropie. Bisher 7 cfcj mit dem Vollbild des Syndroms beschrieben. Genetik: Auf Grund der sektorialen Anordnung der Symptome bei unklarer Ätiologie und spontanem Auftreten wird von L E N Z eine somatische Mutation im Blastozysten-Stadium f ü r möglich gehalten. Diese Mutation würde dann ein Überleben des Embryos bzw. des Föten nur im Mosaik mit normalen Zellen ermöglichen. Familienberatung : Auf Grund der bisher bekannten Fälle ist mit familiärem Vorkommen nicht zu rechnen.
ALBRIGHT-BUTTLER-BLOOMBERG-Syndrom s. Hypophosphatämie ALDERsche Granulozytenanomalie Klinisch harmlose Anomalie der Leukozyten in Form eosinophiler bzw. azurophiler körniger Einschlüsse. 94
Bisher nur wenige Familien beschrieben. Autosomal dominanter Erbgang. Eine morphologische Entsprechung stellt die R E i L L Y s c h e Leukozytenanomalie bei Patienten mit Mukopolysaccharidosen und Lipidosen dar.
ALE-CALO-Syndrom s. Exostosen, multiple, cartilaginäre Alexie s. Dyslexie ALIBERT-BAZIN-Syndrom s. Mycosis fungoides Alkalose, angeborene, mit Diarrhoe; Chloriddiarrhoe Genetisch bedingte Störung des Chloridhaushaltes auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer erhöhten Chloridausscheidung im Stuhl, wahrscheinlich auf Grund einer intestinalen Chloridmalabsorption. Es kommt zu einer schweren Störung des Elektrolythaushaltes im Blut und zur Alkalose. Krankheitswert: Pränatal Hydramnion. Häufig Frühgeburt, kein Mekonium. Anhaltende wasserreiche Diarrhoe unterschiedlicher Schwere, teilweise lebensbedrohlich. Kompliziert durch angeborene Gefäßveränderungen und Hypertonie. Therapiemöglichkeiten: Lebenslange Substitution des Wasser-, NaCl- und KCl-Verlustes, zunächst intravenös, später oral, im Hinblick auf normale körperliche und geistige Entwicklung wichtig und erfolgreich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Mehr als 40 Fälle beschrieben. Wahrscheinlich häufig nicht erkannt. Gehäuft in Finnland. Geschwister- und sporadische Fälle. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang wird vermutet. Familienberatung: Differentialdiagnose zu Alkalosen anderer Genese (s. B A R T T E R Syndrom) durch Chloridnachweis im Stuhl. Früherkennung im Hinblick auf sofortige Therapie wichtig. 95
Alkaptonurie Erblicher Stoffweohseldefekt auf mutation.
der
Grundlage
einer
Gen-
Der Gendefekt manifestiert sich im Fehlen des die Homogentisinsäure abbauenden Fermentes Homogentisinsäureoxidase in Leber u n d Niere. Daraufhin wird die im Phenylalanin-Tyrosin-Abbau anfallende Homogentisinsäure zum großen Teil direkt mit dem Urin ausgeschieden oder in biochemisch noch nicht genau definierter, polymerisierter Form als Pigment in bradytrophen Geweben, vor allem im Gelenkknorpel, abgelagert (Ochronose). Krankheitswert: Erstmanifestation der Ochronose und etwas später einer Arthrose vor allem der Wirbelsäule und der großen Gelenke etwa im 20. bis 30. Lebensjahr. Später oft Osteoporose. Langsam progrediente arthrotische Beschwerden führen zur Leistungsminderung und Invalidität. Lebenserwartung gut. Therapiemöglichkeiten: Diätetische Behandlung im Hinblick auf Verlauf nicht effektiv. Häufigkeit und Vorkommen: Bereits seit mehreren Jahrhunderten bekannt, bisher mehr als 300 publizierte Fälle (ältester Nachweis bei einer ägyptischen Mumie). Frequenz etwa 1 : 200000 bis 1 : 1 Million. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. In einzelnen Familien bietet sich das Bild einer dominanten Vererbung, was möglicherweise als Pseudodominanz infolge Konsanguinität zu deuten ist. Familienberatung: Bisher keine Heterozygotentests bekannt. Diagnose im Kindesalter an Hand der typischen Schwarzfärbung des Urins bei längerem Stehen oder im alkalischen Milieu und durch Nachweis der ausgeschiedenen Homogentisinsäure. Differentialdiagnose zur Ochronose anderer Genese und zu rheumatischen Beschwerden notwendig. Wichtig ist zu wissen, daß A. durch längere Exposition gegen Chinondämpfe (Photoindustrie) vorgetäuscht werden kann.
Alkoholismus Suchtleiden mit Beteiligung genetischer Faktoren. E s besteht eine individuell unterschiedliche Toleranz und Sensibilit ä t insbesondere gegenüber Äthanol (aber auch anderen Alkoholen), 96
die auf einem Polymorphismus der Alkoholdehydrogenasen (ADH) vor allem in der Leber beruht. Die Alkoholdehydrogenase, die bei Männern etwas höhere Aktivität besitzt, zeigt je nach genetischem Typ gegenüber den einwertigen Alkoholen Substratunterschiede. Hauptursache f ü r den Typ des Rauschzustandes, der Intoxikationen, der Folgezustände und der vegetativen Beschwerden ist außer Äthanol selbst dessen Abbauprodukt, Azetaldehyd. Dieses unterliegt selbst einem genetisch gesteuertem Abbau durch mehrere Enzyme. Azetaldehyd entsteht auch auf einem Nebenweg mit Hilfe von Katalase aus Äthanol, so daß je nach genetischen Mustern gewisse Intoleranztypen zu erwarten sind. Therapiemöglichkeiten: Komplexbehandlung (Entziehungskuren insbesondere mit Disulfiram, Psychotherapie, Psychagogie und Soziotherapie) mit oft unbefriedigendem Erfolg und hoher Rückfallquote. Neurologische und internistische Behandlung der Sekundärschäden (Neuritiden, Pankreasschäden, Anaemien usw.) Häufigkeit
und
Vorkommen:
Regional sehr unterschiedlich. J e nach Fassung des Begriffes in Mitteleuropa Frequenz auf 1 — 5 % eingeschätzt. Androtropie. Sehr selten in Ostasien und Mittelamerika. Familiär gehäuft. Genetik: Exposition sowie begünstigende Einflüsse der sozialen Umwelt vermögen zwar starken Alkoholgenuß, jedoch nicht den Übergang zu Abhängigkeit und Sucht zu erklären. Untersuchungen an Zwillingen (Konkordanz bei eineiigen Zwillingen durchschnittlich 45%, bei zweieiigen 25%) sowie bei Adoptivkindern aus Alkoholikerfamilien lassen auf eine genetische Disposition schließen, die neuerdings in Enzympolymorphismen beim Alkoholabbau und unterschiedlichen Stoffwechselreaktionen eine genetisch-biochemische Erklärung findet. Auch die rassen- und geschlechtsunterschiedliche Alkoholtoleranz und Neigung zum Alkoholismus dürften z. T. auf Aktivitätsunterschieden der ADH beruhen. Familienberatung: Früherkennung an H a n d eines erhöhten a-Aminobuttersäure: a-Aminosäure-Verhältnisses im Blut. Erhöhtes Risiko besteht vor allem für männliche Verwandte eines Merkmalsträgers: männliche Verwandte 1. Grades 20—50%, weibliche etwa 5%. Prophylaktische Vermeidung von begünstigenden Umweltsituationen und Alkoholexposition schon im Kindes- und Jugendalter wichtig. Alkoholikerinnen sollten im Hinblick auf Mißbildungen bei den Kindern (s. fetales Alkohol-Syndrom) vor Schwangerschaften gewarnt werden. 7 Witkowski/Prokop
97
Alkohol-Syndrom, embryo-fetales, Alkohol-Embryopathie Embryopathisches Mißbildungssyndrom auf vorwiegend exogener Grundlage. Von der Schwangeren genossener Alkohol gelangt über die Plazenta in den kindlichen Kreislauf, wo er durch Alkoholdehydrogenase in der Leber nur gering abgebaut wird. Es kommt zu Vergiftungserscheinungen im Zentralnervensystem und zu einer Störung der Hirnentwicklung. Außerdem ist offensichtlich die Proteinsynthese in der Leber vermindert. Die klinische Symptomatik läßt sich daraus ableiten. Krankheitswert: Prä- und postnatale Dystrophie unterschiedlicher Schwere, primordialer Minderwuchs. Kardiovaskuläre Anomalien, vor allem Stenosen und Ventrikel-Septum-Defekt in etwa 5 0 % der Fälle. Kraniofaziale Dysmorphie mit Blepharophimose, Epikanthus, Ptosis, Retrognathie, kurzer Nase, schmalen Lippen, Mikrostomie und gewölbter Stirn. Mikrozephalie. Geistige Ratardation. Zahlreiche fakultative Mißbildungen wie Gaumenspalte, Oberkieferhypoplasie, Genitalanomalien, Hämangiome, Mamillenhypoplasie, Hernien u. a. Perinatale Mortalität bis zu 2 0 % . Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1968 zahlreiche Fälle beschrieben. Alkohol gilt gegenwärtig in Europa als bedeutendste teratogene Substanz. Familiäre Häufung. Genetik: Trotz der offensichtlich exogenen Ursache besteht keine enge Korrelation zwischen Menge und Dauer des Alkoholgenusses der Schwangeren und klinischer Symptomatik des Kindes. Als wesentlich hat sich eine Abbauschwäche der mütterlichen Leber für Äthanol erwiesen, die auf Grund einer Vorschädigung oder aber eines genetischen Polymorphismus bestehen kann. Auf diese Weise weisen die Kinder von nur etwa 3 0 % der Alkoholikerinnen das Syndrom auf und zwar mit einer intrafamiliären Konstanz. Familienberatung: Gefahr für Kinder von Alkoholikerinnen besteht nur bei ständigem (100 g/die und mehr) Alkoholgenuß während der Schwangerschaft. Mit wachsender Schwere der Symptomatik innerhalb der Geschwisterfolge muß gerechnet werden. Eine eigentlich genetische Schädi98
gung besteht nicht. Alkoholgenuß des Mannes spielt keine Rolle. Differentialdiagnose zu genetisch bedingten Syndromen und anderen Embryopathien wichtig: E D W A B D S - S y n d r o m , N o o n a n Syndrom, DuBOWiTZ-Syndrom, Röteln-, Hydantoin- und WarfarinEmbryopathie (s. d.). Vor Schwangerschaften bei Frauen mit therapieresistentem Alkoholismus sollte gewarnt werden.
Allergien s. Atopien Alloalbuminämie s. Bisalbuminämie Alopecia areata Haarausfall unklarer Ätiologie. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation in allen Lebensaltern möglich. Plötzlicher vorübergehender, rezidivierender oder permanenter Haarausfall. Meist runde, scharf begrenzte Herde auf dem Kopf. In schweren Fällen totaler Ausfall aller Körperhaare. Teilweise mit Nageldystrophie oder Vitiligo einhergehend. Asymptomatisch, nur kosmetisch störend. Therapiemöglichkeiten: Kortikosteroide und externe lokale Behandlung mit fraglichem Erfolg. Meistens Spontanremissionen. Häufigkeit und Vorkommen: Schwer feststellbar. Frequenz auf 1 : 1000—1 : 5000 eingeschätzt. Etwa 20% der Fälle kommen familiär vor. Von allen Erdteilen beschrieben. Genetik: Der Erbgang ist unregelmäßig autosomal dominant mit starker inter- und intrafamiliärer Variabilität. Es besteht sicher eine Heterogenität. Ob es auch eine erworbene, nicht genetisch bedingte A. a. gibt, ist noch unklar. Familienberatung: Die typische, auf wenige Kopfherde beschränkte A. a. hat eine gute Prognose und ist kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken. Abgrenzung zu verschiedenen Formen der Hypotrichose (s. d. und Alopecia congenita universalis) nicht immer eindeutig. 7*
99
Alopecia congenita unversalis Nur von wenigen Sippen beschriebene angeborene totale Haarlosigkeit. Andere Hautanhangsgebilde, Hautdrüsen und Arrectores pilorum normal. Autosomal dominant vererbt. In einer Sippe Kombination mit Epilepsie, Oligophrenie und Pyorrhoe ebenfalls autosomal dominant vererbt. Für eine weitere Sippe mit ähnlicher Kombination ohne Pyorrhoe autosomal rezessiver Erbgang vermutet.
Alopecia praematura, androgenetische Alopecie, Glatze Genetisch bedingte Haarwuchsstörung unter Beteiligung hormoneller Faktoren. Es besteht eine durch Androgene auslösbare Störung des Haarzyklus (verfrühter Beginn des Kolbenhaarstadiums), die zu einem typisch lokalisierten, irreversiblen Ausfall des Kopfhaares führt. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation unterschiedlich nach der Pubertät. Bei Männern völlige Haarlosigkeit unterschiedlichen Ausmaßes im Temporalund Scheitelbereich. Bei Frauen in dieser Form sehr selten, häufiger als Alopecia diffusa. Nur kosmetisch von Bedeutung. Therapiemöglichkeiten: Ausschließlich prophylaktische Maßnahmen (antiseborrhoische Behandlung, chirurgische Eingriffe) mit zweifelhaftem Erfolg. Häufigkeit und
Vorkommen:
Bei den einzelnen Rassen unterschiedlich. In Europa Inzidenz bei Männern im 5. Lebensjahrzehnt. Meistens bei Seborrhoikern. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. In Abhängigkeit von Androgenen als Realisationsfaktoren unterschiedliche Manifestation in den beiden Geschlechtern. Bei Frauen manifestiert sich die A. als echte Glatze offensichtlich nur im homozygoten Zustand, man kann also insofern von einem autosomal rezessiven Erbgang bei Frauen sprechen. Bei weiblichen Heterozygoten besteht häufig eine diffuse Alopecie (androgenetische diffuse Alopecie, Alopecie vom männlichen Typ), die allerdings auch anderer Ätiologie sein kann. Nach anderer Ansicht X-chromosomale dominante Vererbung oder Polygenie. 100
Familienberatung
:
Keine familienberaterischen Bedenken. Differentialdiagnose zur Ektodermalen Dysplasie (s. d.) wichtig.
Alopezie, androgenetische s. Alopecia praematura Alopezie s. a. Epidermolysis bullosa ALPERS-Syndrom, Poliodystrophia cerebri progressiva Genetisch bedingte Degeneration der Hirnrinde auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den hirnatrophischen Prozessen führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation und klinische Erscheinungen in den ersten Lebensmonaten bzw. -jähren. Krampfanfälle, neurologische Ausfallserscheinungen, Lähmungen als Folge von Veränderungen der grauen Hirnsubstanz. Exitus nach rasch progredientem Verlauf innerhalb von zwei J a h r e n nach Auftreten der ersten Symptome häufig bei völliger Enthirnungsstarre oder im Status epilepticus. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher nur wenige Familien und Einzelfälle beschrieben. Die nosologische Abgrenzung des Syndroms ist noch nicht vollkommen klar. Genetik: Die Art des familiären Vorkommens spricht f ü r autosomal rezessiven Erbgang. Familienberatung: Nachweis durch Hirnbiopsie. J e geringer manifestation der Symptome ist, mit Verlauf ist zu rechnen. Eltern mit einem weiteren Schwangerschaften abzuraten. genetische Betreuung und Prophylaxe in notwendig.
das Lebensalter bei Ersteinem desto schnelleren betroffenen K i n d ist von Besondere medizinischentsprechenden Familien 101
«i-Antitrypsin-Mangel, Lungenemphysem, familiäres Erblicher Serum-Proteindefekt auf der Grundlage einer mutation.
Gen-
Der Gendefekt manifestiert sich in einem Mangel an a ^ Antitrypsin entweder durch Synthese eines ¿^-Antitrypsins mit geringer Aktivität bzw. Stabilität in der Leber oder auf Grund einer silentMutation. Bei der Z-Variante ist wahrscheinlich die Sekretion aus den Hepatozyten gestört. Dadurch können aus Leukozyten und Makrophagen bei Entzündungen in der Lunge freigesetzte Proteinasen voll wirksam werden und das Lungengewebe angreifen. Auf die gleiche Weise oder aus der Ansammlung inaktiven veränderten Enzymeiweißes im endoplasmatischen Reticulum der Hepatozyten erklären sich die Leberveränderungen. Krankheitswert: Es liegt vor allem bei Homozygoten f ü r das Z- und das S-Allel eine Disposition zu degenerativen Veränderungen von Lunge und Leber vor. Wahrscheinlich ausgelöst durch das Rauchen kommt es vor allem bei Männern im 3.—4. Lebensjahrzehnt zu chronischer Bronchitis, Lungenemphysemen und asthmatischen Anfällen, die häufig bereits im 5. Lebensjahrzehnt zum Tode führen. Teilweise Cholestase und Hepatitis schon bei Neugeborenen, unklarer Icterus und Pruritus im ersten Lebensjahr, Lebercirrhose, portaler Hochdruck und intrahepatische Gallenganghypoplasie im Kindesalter. Glomerulonephritis. Neigung zu Hepatomen (vor allem FMHeterozygote). Über die Gefährdung Heterozygoter liegen unterschiedliche Angaben vor. Therapiemöglichkeiten: Vor allem Prophylaxe bronchopneumonaler Entzündungen wichtig: Rauchverbot, Antibiotika. Eventuell Gaben hochgereinigten Rinder-a 1 -Antitrypsins. I n Zukunft Besserung durch Lebertransplantation unklar. Häufigkeit
und,
Vorkommen:
Homozygotenfrequenz 1 : 4000, Heterozygoten-Frequenz in Europa 1 : 10. I n anderen Rassen selten. Genetik: F ü r «-Antitrypsin liegt ein Protein-Polymorphismus vor, wobei sich die einzelnen Varianten kodominant zueinander verhalten. Verschiedene Allele f ü r «i-Antitrypsin-Mangel betreffen offenbar den gleichen Locus. Der Erbgang kann mit autosomal rezessiv umschrieben werden, wobei im heterozygoten Zustand in einzelnen Familien unterschiedlich etwa die Hälfte der normalen Proteinmenge nachzuweisen ist. Uber 25 Allele bekannt. Kopplung mit den Loci für IgG und Gm. 102
Familienberatung: Nachweis bereits im frühen Kindesalter bei Hetero- und Homozygoten an Hand der Trypsin-Inhibitations-Kapazität des Serums oder durch Immunodiffusion möglich. Genaue Aufklärung betroffener Familien, vor allem über die Gefahren des Rauchens wichtig. Screening-Test möglich (s. LIEBERMAÜN et al.)
ALPORT-Syndrom, N e p h r o p a t h i e m i t T a u b h e i t Erbliche Kombination von Nephropathie und Innenohrschwerhörigkeit auf unklarer genetischer Grundlage. Der dem Symptomenkomplex zugrunde liegende Basisdefekt (immunologisch oder stoffwechselbedingte Tubulopathie?) ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im männlichen Geschlecht meistens vom zweiten Lebensjahrzehnt an. Symptome einer Niereninsuffizienz, später Schwerhörigkeit. Teilweise Sehbeschwerden durch Katarakt, Sphärophakie u. a. Augenveränderungen. Progredienter Verlauf, Tod durch Nierenversagen bei Schrumpfniere und Urämie meistens im 3 . - 4 . Lebensjahrzehnt. I m weiblichen Geschlecht leichterer bis subklinischer Verlauf. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung der Nephropathie Dialyse lediglich beschränkt, lebensverlängernd. Häufigkeit und
einschließlich
Vorkommen:
Verbreitet. Große Sippen mit Merkmalsträgern in bis zu sieben aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Vorwiegend im männlichen Geschlecht diagnostiziert. Genetik: Die Art des familiären Vorkommens spricht zunächst f ü r autosomal dominanten Erbgang mit bevorzugter Manifestation im männlichen Geschlecht, wobei allerdings nach Meinung mancher Autoren noch Hilfshypothesen nötig sind, da männliche Merkmalsträger weniger gesunde als befallene Töchter und weniger befallene als gesunde Söhne haben sollen, während bei Frauen mit A L P O R T Syndrom durchschnittlich die Zahl der befallenen Kinder beiderlei Geschlechts die der gesunden übersteigen soll. Eine sichere Erklärung f ü r diese Erscheinung, die allerdings z. T. angezweifelt wird, gibt es noch nicht. Für einige Sippen wird X-chromosomale Vererbung vermutet.
103
Familienberatung : Nachweis an Hand der Nierenbiopsie (Glomerulonephritis, interstitielle Nephritis, Pyelonephritis, charakteristische Schaumzellen). Früherkennung latenter Merkmalsträger und Nachweis klinisch gesunder Merkmalsträgerinnen häufig an Hand einer Hämaturie möglich. Mit einer starken intra- und interfamiliären Variabilität der klinischen Erscheinungen muß gerechnet werden, indem gelegentlich nur Teilsymptome (Nephropathie, Schwerhörigkeit) auftreten. Bei erbprognost.ischen Erhebungen sollten auch klinisch gesunde Verwandte (nephrologisch und audiometrisch) untersucht werden. Merkmalsfreie Überträger kommen vor. Trotzdem ist die Prognose im männlichen Geschlecht generell schlecht, so daß bei sicheren Merkmalsträgern Knabengeburten eventuell vermieden werden sollten. Eine besondere medizinische Betreuung weiblicher Merkmalsträger während der Schwangerschaft sollte vorgenommen werden, da mit einer Verschlimmerung zu rechnen ist. ALSTRÖM-Syndrom Genetisch bedingte komplexe Entwicklungsstörung mit Retinadegeneration auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt (Endorganresistenz gegenüber Peptidhormonen?) ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im frühen Kindesalter. Erblindung durch Pigmentdegeneration der Retina (zentraler Sehverlust). Nystagmus. Sensoneurinale Ertaubung. Adipositas. Insulinresistenter Diabetes mellitus. Hypogonadismus und Hyperurikämie. Leicht progrediente Niereninsuffizienz. Zahlreiche fakultative Symptome. Lebenserwartung herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten : Symptomatische Behandlung mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1959 über zehn männliche, z. T. Geschwisterfälle, besehrieben. Weibliche Merkmalsträger vor allem in Sippen mit nicht ganz klar abgrenzbarer Symptomatik und sicher autosomal
rezessiver V e r e r b u n g (s. z. B. EDWARDS et al. 1976; HANSEN et al. 1976).
Genetik: X-chromosomaler Erbgang wird angenommen, wobei jedoch autosomal rezessive oder dominante Vererbung mit geschlechtsbegrenzter Manifestation im männlichen Geschlecht nicht auszu104
schließen
ist.
Genetische
Beziehungen
BiEDL-Syndrom bestehen offenbar nicht.
zum
LAURENCE-MOON-
Familienberatung: Differentialdiagnose zum UsHER-Syndrom und BARJON-LESTRADETLABANGE-Syndrom (s. d.) und vor allem zum LAURENCE-MOON-
BIEDL-BARDET-Syndrom (keine Oligophrenie und keine Polydaktylie) wichtig. Vor Knabengeburten sollte in Sippen mit einem gesicherten Merkmalsträger gewarnt werden.
ALSTRÖM-HALLGREN-Syndrom s. USHER-Syndrom ALZHEIMER-Syndrom, präsenile Demenz Erbliche präsenile diffuse Hirnatrophie auf der Grundlage einer Genmutation. Der dem Hirnprozeß zugrunde liegende Basisdefekt (cerebrovaskuläre Amyloidose auf immunologischer Grundlage?) ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation intrafamiliärer relativ konstant im 5 . - 6 . Lebensjahrzehnt, teilweise auch wesentlich früher, wobei die nosologische Zuordnung zum A.-S. nicht ganz klar ist. Beginnt mit Gedächtnisstörungen und endet mit völliger Verblödung. Tod etwa 1 bis 15 Jahre nach Auftreten der ersten Symptome meistens bei völligem kachektischem körperlichen Verfall, teilweise Enthirnungsstarre. Chronisch progredienter Verlauf. Therapiemöglichkeiten: Bisher therapeutisch nicht zu beeinflussen. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Wahrscheinlich regional verschieden, schwer einschätzbar, da entsprechende systematische Erhebungen weitgehend fehlen. Nach SJÖGREN u. Mitarb. in Schweden Erkrankungsrisiko etwa 1 : 2500, ungefähr 10 — 1 5 % familiäre Fälle. Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit Modifikatorgenwirkung oder auch polygene Vererbung unter Beteiligung eines dominanten Gens mit Schwellenwerteffekt werden angenommen. Familienberatung: Die Schwierigkeit für erbprognostische Erhebungen besteht in dem späten Manifestationsalter. Früherkennung praktisch nicht 105
möglich. Risikoziffern sollten auf der Grundlage eines autosomal dominanten Erbganges mit unvollständiger Penetranz errechnet werden (empirisches Erkrankungsrisiko für Geschwister: etwa 3%). Eine Androtropie besteht neueren Untersuchungen nach wahrscheinlich nicht, desgleichen hat sich die angenommene Kopplung mit dem MN-Blutgruppenlokus nicht bestätigt. Nachweis durch gehirnbioptische Untersuchung oder neuerdings eventuell einfacher an Hand bestimmter Serumprotein-Verschiebungen (Benham and Feldman).
Amastie, Fehlen der Brustwarzen und -driisen Aplasie der Brust unklarer Ätiologie und Pathogenese. Krankheitswirt: Angeborenes ein- oder beidseitiges Fehlen der Brustwarzen. Symptomatisch bei Pectoralisdefekten, bei anhydrotischer ektodermaler Dysplasie (s. d.) u. a. Therapiemöglichkeiten : Unbekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Sehr selten. Meist sporadisch, jedoch Sippen mit A. in aufeinanderfolgenden Generationen oder in Geschwisterschaften beschrieben. Genetik: Die Art des familiären Vorkommens spricht bei einigen Sippen für autosomal rezessiven oder dominanten (X-chromosomalen?) Erbgang. Meistens wahrscheinlich aber intrauterin exogen bedingt, Familienberatung : Differentialdiagnose zu symptomatischen Formen der A. wichtig. Bei isolierter Amastie bestehen im Hinblick auf die nur geringen Beeinträchtigungen kaum familienberaterische Bedenken.
Amaurosis congenita, Typ Leber I und II Genetisch bedingte, angeborene tapetoretinale Degeneration auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Retinaaplasie zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. 106
Krankheitswert: Angeborene Blindheit oder extreme Schwachsichtigkeit auf Grund von Retinaaplasien. Daneben meist K a t a r a k t und Keratoconus. Nystagmus in 75% der Fälle. Mißbildungen anderer Organe (z. B. Nieren) sowie neurologische Symptome oder Oligophrenie in etwa 30% der Fälle. Therapiemöglichkeiten
:
Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Viele hundert, meist familiäre Fälle beschrieben. 10% aller Fälle von Blindheit im Kindesalter. Genetik: Zumeist autosomal rezessiver, ausnahmsweise auch einmal dominanter Erbgang. Genetisch ist die A. c. uneinheitlich. Es besteht Heterogenie unter Beteiligung von mindestens 7 Loci. Familienberatung: Unterscheidung der verschiedenen Formen nur z. T. an H a n d von Begleitsymptomen möglich. Differentialdiagnose zu anderen Formen der angeborenen Blindheit an Hand der REG-Anomalien schon im frühen Kindesalter wichtig. Auf Grund der Heterogenie können aus einer Ehe von zwei homozygoten Merkmalsträgern normale Kinder hervorgehen. Dabei darf es sich nicht um Mutationen des gleichen Locus handeln (Verwandtenehen).
Amaurotische Idiotien, familiäre Gruppe ursprünglich nur auf Grund der klinischen Symptomatik abgegrenzter genetisch bedingter Lipidosen (s. d.). Nach den Speichersubstanzen unterscheidet man neuerdings Gangliosidosen (s. d.) und Ceroid-Lipofuszinosen (s. d.).
Amelogenesis imperfecta s. Zahnschmelzdefekte Aminoazolaminoazidurie s. Carnosinurie Aminosäurediabetes s. ABDERHALDEN-FANCONISyndrom Amputation, intrauterine s. Schnürfurchenbildungen 107
Amyloidosen, ABERCROMBIE-Syndrom Genetisch b e d i n g t e P r o t e i n d e f e k t e auf der Grundlage von Genmutationen. Der zu den P a r a p r o t e i n o s e n f ü h r e n d e Basisdefekt (immunologische Störung? p r i m ä r e Degeneration der peripheren N e r v e n f a s e r n d u r c h einen D e f e k t des Myelins?) ist u n b e k a n n t . Der Gendefekt m a n i f e s t i e r t sich in einer Ablagerung unphysiologischer ProteinMukopolysaccharid-Komplexe u m die Blutgefäße in unterschiedlichen Organen, wodurch es zur F u n k t i o n s b e e i n t r ä c h t i g u n g dieser Organe u n d zu den verschiedenen klinischen S y m p t o m e n k o m m t . Charakteristische A u g e n h i n t e r g r u n d b e f u n d e (Periarteriitis) helfen in der Diagnostik. Krankheitswert: Bei den einzelnen T y p e n der Amyloidose h a n d e l t es sich u m jeweils regional begrenzt oder n u r bei einer Sippe v o r k o m m e n d e , biochemisch u n d genetisch unterschiedliche K r a n k h e i t s b i l d e r m i t klinisch voneinander abweichender S y m p t o m a t i k . Folgende H a u p t t y p e n sind b e k a n n t : a) Portugiesischer Typ, T y p A N D R A D E : E r s t m a n i f e s t a t i o n zwischen d e m 2. u n d 6. L e b e n s j a h r z e h n t , gewöhnlich bei S S im 4. u n d bei 5 2 im 5. L e b e n s j a h r z e h n t . P o l y n e u r o p a t h i e m i t Analgesie, P a r ästhesien u n d Muskelatrophien v o n den u n t e r e n E x t r e m i t ä t e n ausgehend. H a u t u l z e r a t i o n e n . S t ö r u n g e n der gastrointestinalen und Blasenfunktion. EKG-Anomalien. Glaskörpertrübung. Rasch progredienter Verlauf, Tod etwa n a c h 10 J a h r e n (perikollagene A m y loidablagerungen). b) I n d i a n a - T y p : E r s t m a n i f e s t a t i o n v o m 2. bis 7. L e b e n s j a h r z e h n t . Neurologische Ausfallserscheinungen vor allem a n den oberen E x t r e m i t ä t e n , G l a s k ö r p e r t r ü b u n g , K a r p a l t u n n e l s y n d r o m . Chronisch progredienter Verlauf über mehrere J a h r z e h n t e . Wie auch bei a) leichteres Erscheinungsbild im weiblichen Geschlecht. c) Viszeraler T y p ; I o w a - T y p : E r s t m a n i f e s t a t i o n unterschiedlich im Kindes- oder E r w a c h s e n e n a l t e r . Chronische N e p h r o p a t h i e m i t P r o t e i n u r i e u n d H o c h d r u c k , Hepatosplenomegalie, Ödeme u n d a n d e r e S t ö r u n g e n f ü h r e n e t w a 12 J a h r e n a c h Manifestation der ersten S y m p t o m e zum Tode. A n d e r e klinische T y p e n m i t jeweils regional b e g r e n z t e m u n d auf einzelne Sippen b e s c h r ä n k t e m V o r k o m m e n : K a r d i a l e Amyloidose — D ä n e m a r k , A m e r i k a ; Amyloidose der H o r n h a u t mit Hirnnervenparese — F i n n l a n d ; Amyloidose des Glaskörpers — Mitteleuropa ; Amyloidose der H i r n a r t e r i e n — I s l a n d ; k u t a n e Amyloidose, Liehen amyloidosis (s. d.) — Asien, Amerika, E u r o p a . S. a. H o r n h a u t d y s t r o p h i e , gittrige; MtroKLE-WELLS-Syndrom; Mittelmeerfieber; U r t i c a r i a ; SrppLE-Syndrom. 108
Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Therapie bekannt. Gaben von Resochin oder Methotrexat mit unterschiedlichem Erfolg. Neuerdings Dimethylsulfoxid (DMSO)-Behandlung erfolgversprechend. Häufigkeit und,
Vorkommen:
Typ a : endemisch in einer portugiesischen Provinz und bei Auswandererfamilien von da in Brasilien, einzelne Sippen auch in Mittel- und Nordeuropa sowie in J a p a n . Typ b : in Amerika bei Schweizer und deutschen Auswandererfamilien (zwei Sippen mit > 1 5 0 Merkmalsträgern). Typ c: in Amerika und Europa. Genetik: Die hier beschriebenen Amyloidosen werden gewöhnlich als autosomal dominant vererbte Syndrome von anderen Krankheitsbildern mit Amyloidose (Mittelmeerfieber, Urticaria usw.) abgetrennt. Familienberatung: Für Mitteleuropa unbedeutend. Frühdiagnose für erbprognostische Erhebungen wichtig. Präsymptomatische Erkennung von Merkmalsträgern eventuell an H a n d elektronenoptischer Veränderungen der peripheren Nervenfasern, ScHWANNschen Zellen und MyelinScheiden.
Amylopektinose s. Glykogenose Typ IV Amyotonia congenita s. Muskelatrophie, infantile, progressive, spinale Ânalatresie s. Anus imperforatus Analbuminämie Erblicher Stoffweehseldefekt auf mutation.
der
Grundlage
einer
Gen-
Der Gendefekt manifestiert sich in einem Fehlen des Serumalbumins. Es kommt dadurch zur kompensatorischen Erhöhung der a- und /3-Lipoproteinspiegel. E r h ö h t sind außerdem die Werte für «j-Antitrypsin, Coeruloplasmin, Haptoglobin, a 2 -Makroglobulin, Transferrin und IgM. 109
Krankheitswert : K a u m klinische Symptome. Selten geringe Ödemneigung Ermüdbarkeit bei Frauen.
und
Therapiemöglichkeiten: Unnötig, eventuell Plaamaalbumininfusionen. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bis 1978 14 Fälle beschrieben, davon 9 aus Verwandtenehen. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Heterozygote nicht erkennbar. Auf Grund des subklinischen Verlaufes bestehen keine familienberaterischen Bedenken.
Analgie, angeborene, Insensitivity to pain, Analgesie Genetisch bedingte Schmerzunempfindlichkeit auf der Grundlage einer Genmutation. Es bestehen Störungen in der Funktion der spinalen oder peripheren Nerven (Insensitivität) oder der cerebralen Perzeption (Schmerzindifferenz), für die ein Basisdefekt (Tyrosin-Stoffwechselstörung bei Insensitivität?) unbekannt ist. Krankheitswert: Angeborenes Unvermögen zur Schmerzempfindung führt vor allem im Kleinkindesalter laufend zu Verletzungen, wie Bißwunden, Verbrennungen mit schlechter Heilungstendenz, Gelenküberbeanspruchung, Osteomyelitis, Knochenbrüchen und anderen traumatischen Verstümmelungen. Gefahr durch Ausfall des Schmerzsignals besonders auch bei inneren Erkrankungen. Lebenserwartung generell herabgesetzt, es sind jedoch auch sehr alte Patienten bekannt geworden. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und
Vorkommen:
Bisher etwa 65 gesicherte Fälle beschrieben, meist Geschwister. Etwa 1 / 10 der Patienten s t a m m t aus Verwandtenehen. 110
Genetik: Heterogen. Autosomal rezessiver Erbgang bei Indifferenz. Bei Schmerzinsensitivität spricht Vorkommen in aufeinanderfolgenden Generationen f ü r dominante Vererbung. Eine Chromosomenanomalie (Trisomie Dj-Mosaik) in einer Familie stand mit der A. offenbar nicht in ursächlichem Zusammenhang. Familienberatung: Differentialdiagnose zur symptomatischen A. (sensorische Neuropathien, RILBY-DAY-S., neurogene Akroosteolyse, s. d.) wichtig. Genaue Aufklärung der Patienten vom Kindesalter an über aus der Schmerzunempfindlichkeit. resultierende Gefahren kann die Gewöhnung an bestimmte Vorsichtsmaßnahmen und Verhaltensregeln unterstützen, so daß sich die Gefährdung mit zunehmendem Alter vermindert. Ein Nachweis Heterozygoter an H a n d einer herabgesetzten Schmerzempfindlichkeit ist wegen deren an sich schon großen Variabilität zweifelhaft.
Analphalipoproteinämie s. Tangier-Syndrom Anämie, familiäre, hämolytische s. Sphärozytose Anämie, hämolytische, autoimmunologische Hämolytische Anämie unklarer Ätiologie. Die idiopathische, hämolytische Anämie auf autoimmunologischer Grundlage wird gewöhnlich als nicht, genetisch bedingt angesehen. Vereinzelte Geschwistererkrankungen bei positiven autoimmunologischen Reaktionen in der Elterngeneration (Hypergammaglobulinämie) sprechen jedoch für eine Beteiligung genetischer Faktoren bzw. wahrscheinlicher f ü r die Existenz einer autosomal rezessiven Form. Serologische Untersuchungen bei Verwandten der Probanden sind also anzuraten. Siehe auch Autoimmunkrankheiten; Lupus erythematodes.
Anämie, hämolytische, mit mehrkernigen Erythroblasten; primäre, kongenitale dyserythropoietische Anämie Genetisch bedingte dyserythropoietische Anämie. Der Basisdefekt ist für die drei Typen unterschiedlich (Membrandefekt? Kernspindel-Defekt?). Krankheitswert : Es werden je nach Morphologie der Erythroblasten drei Typen unterschieden: megaloblastoid mit Kernbrücken (I), vielkernig (II 111
oder HEMPAS) sowie vielkernig mit Gigantoblasten ( I I I ) . Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter. Chronische Anämie mit Splenomegalie. Sklerenikterus. Hämochromatose. Therapiemöglichkeiten: Nur bei akuten Zuständen Bluttransfusionen. Bei Typ I und I I eventuell Splenektomie und Phlebotomien. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Von jedem Typ jeweils familiäre und sporadische Fälle, insgesamt über 100, bekannt. Am häufigsten Typ I I beschrieben. Genetik: Typ I und I I autosomal rezessiv, Typ I I I autosomal dominant vererbt. Familienberatung: Nachweis an Hand einer Makrozytose, einer Kernbrückenbildung bzw. mehrkerniger Erythroblasten im Knochenmark und bei Typ I I auch durch Säurehydrolyse der Erythrozyten. Hautzellen normal. Heterozygoten bei Typ I I immunologisch nachweisbar (Lyse mit Anti-I-Antikörpern). Familienberaterische Bedenken in Abhängigkeit von der relativ guten Prognose gering. Anämien, hämolytische (Übersicht) 1.
Enzymopathien,
1.1. 1.2.
Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel, s. d. 6-Phosphor-Glukonat-Dehydrogenase-Mangel, nur bei wenigen Fällen Glutathion-Reduktase-Mangel, s. d. Glutathion-Synthetase-Mangel der Erythrozyten, nur wenige Fälle, .Fa&a-Bohnen induziert. Glutathion-Peroxidase-Mangel, nur wenige Fälle y-Glutamylcystein-Synthetase-Mangel, nur wenige Fälle Hexokinase-Mangel, u. a. bei FANCONI-Anämie, s. d. Glukosephosphat-Isomerase-Mangel, s. d. Phosphofruktokinase-Mangel der Erythrozyten, nur wenige Fälle Triosephosphat-Isomerase-Mangel, s. d. Glyzeroaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase-Mangel, nur wenige Fälle Phosphoglyzerat-Kinase-Mangel der Erythrozyten, nur wenige Fälle 2,3-Diphosphoglyzerat-Mutase-Mangel, wenige Fälle Pyruvat-Kinase-Mangel, s.d. Ribosephosphat-Pyrophosphokinase-Mangel, wenige Fälle
1.3. 1.4. 1.5. 1.6. 1.7. 1.8. 1.9. 1.10. 1.11. 1.12. 1.13. 1.14. 112
nichtsphärozytäre hämolytische Anämien:
1.15. 1.16. 1.17. 1.18.
Adenyl-Kinase-Mangel, wenige Fälle Adenosintriphosphat-Phosphatase-Mangel, s. d. Laktat-Dehydrogenase-Mangel Pyrimidin-5-NukIeosidase-MangeI, s. d.
2.
Hämoglobinopathien:
2.1. 2.2.
Q u a n t i t a t i v e : Thalassämien, s. d. Qualitative: s. Hämoglobine, abnormale, Hämoglobin Zürich, Sichelzell-Anämie
3.
Membrandefekte
3.1. 3.2. 3.3.
Sphärozytose, s. d. Elliptozytose, s. d. A k a n t h o z y t o s e , Abetalipoproteinämie
4.
Porphyrien,
und Gestaltveränderungen
der E r y t h r o z y t e n :
s. d.
Anämie, hypochrome, pyridoxinsensible s. Anämie, hypochrome, sideroblastische Anämie, hypochrome, sideroblastische, erbliche Genetisch bedingte h y p o c h r o m e A n ä m i e auf der Grundlage einer Genmutation. D e r G e n d e f e k t manifestiert sich in einer noch nicht g e n a u b e k a n n t e n S t ö r u n g der H ä m s y n t h e s e (Hämsynthetase-Mangel?). D a d u r c h k o m m t es zu einem erhöhten Bluteisenspiegel u n d zur Ablagerung v o n Eisen in verschiedenen Organen sowie zur k o m p e t i t i v e n H e m m u n g f ü r die B l u t b i l d u n g notwendiger E n z y m e , woraus sich die klinischen S y m p t o m e erklären. Krankheitswert
:
E r s t m a n i f e s t a t i o n klinischer E r s c h e i n u n g e n im f r ü h e n Kindesalter. Chronische Anämie. Klinische S y m p t o m e der H ä m o c h r o m a tose, meist im Kindesalter zum Tode f ü h r e n d . H e p a t o s p l e n o m e g a lie. I n etwa 7 % der Fälle in Leukose übergehend. Therapiemöglichkeiten
:
Vermeidung v o n Eisengaben u n d B l u t t r a n s f u s i o n e n . B e h a n d l u n g der H ä m o c h r o m a t o s e m i t Desferrioxamin, F o l a t e n , A n d r o g e n e n , P y r i d o x i n u n d a n d e r e n V i t a m i n e n sowie d u r c h Aderlaß m i t u n t e r schiedlichem, meist unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Sehr selten. Bisher n u r männliche Merkmalsträger (etwa 65) a u s wenigen Familien beschrieben. 8 Witkowski/Prokop
113
Genetik: X-chromosomaler Erbgang. Familienberatung : Nachweis und Differentialdiagnose zu sekundären oder nicht genetisch bedingten sideroblastischen Anämien (toxische, myelodysplastische) an Hand der Sideroblasten im Knochenmarkpunktat und durch qualitative Hämoglobinbestimmung wichtig. Bei erworbenen sideroblastischen Anämien häufig numerische Chromosomenaberrationen in Knochenmarkzellen. Eine bisher nur in wenigen Fällen gesicherte pyridoxinsensible autosomal rezessive hypochrome Anämie mit Hyperferrikämie läßt sich ex juvantibus auf Grund der guten Ansprechbarkeit auf Pyridoxin ausschließen. Konduktorinnen an einer mikrozytären, hypochromen Erythrozyten-Population erkennbar. Knabengeburten durch Konduktorinnen sind in Anbetracht der schlechten Prognose eventuell zu vermeiden.
Anämie, kongenitale, hypoplastische s. DIAMOND-BLACKFAN-Syndrom Anämie, perniziöse s. Perniziöse Anämie Anämie, s. a. Folatstoffwechselstörungen ANDERSEN-Syndrom, Mukoviszidose, zystische Pankreasfibrose Erblicher Stoffwechseldefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Dysfunktion exokriner Drüsen, deren Produkte pathogenetisch relevante, qualitative Veränderungen (z. B. gesteigerte Viskosität — „Mukoviszidose") aufweisen. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen in den ersten Lebenswochen. Mekoniumileus, schlechtes Gedeihen mit Malabsorptionssymptomen (Verminderung des Trypsingehaltes im Duodenalsaft). Chronische Bronchitis, Neigung zu Infekten, Lebercirrhose, Rektalprolaps. Tod häufig vor dem 6. Lebensjahr an Infekten und kardiopulmonaler Insuffizienz. Überleben bis ins zeugungsfähige Alter selten (intestinaler Typ). Bei männlichen Merkmalsträgern trotz normaler Spermiogenese Sterilität. Häufig Augenhintergrundsveränderungen. Interfamiliär unterschiedliche Schwere der Sympto114
matik: Bei früher Manifestation, vorausgegangenem Mekoniumileus und pulmonalem Typ schwerer, beschleunigter Verlauf. Spätform mit leichtem Verlauf: Chronisch rezidivierende Bronchitiden, Neigung zu Ulcus duodeni, Pankreasunterfunktion, Aspermie, Leberzirrhose, primäre Amenorrhoe. Therapiemöglichkeitsn
:
Symptomatische Behandlung mit Antibiotika, Pankreas- und Jodpräparaten, sekretverflüssigenden Mitteln und spezieller Diät (fettarm, eiweiß-, vitamin- und salzreich) möglichst vor Einsetzen irreversibler Lungenveränderungen lebensverlängernd und mit Teilerfolgen hinsichtlich der allgemein körperlichen Entwicklung. In Notsituationen chirurgische Eingriffe. Häufigkeit
und
Vorkommen:
In Mitteleuropa und unter der weißen Bevölkerung Amerikas häufigste letale hereditäre Krankheit des Kindesalters: Inzidenz 1 : 1000 bis 5000, Genfrequenz ca. 1 : 30, Heterozygotenhäufigkeit 1 : 15. Bei Negern, J u d e n und Asiaten wesentlich seltener, ebenso in Nord- und Südeuropa: Frequenz bei amerikanischen Negern etwa 1 : 17000, in der mongoloiden Rasse 1 : 90000. Die große Häufigkeit trotz Letalität Homozygoter läßt bei der weißen Bevölkerung einen Vorteil Heterozygoter in der Vergangenheit vermuten (erhöhte Resistenz gegenüber Tuberkulose?). Auf Grund der gegenwärtigen Rassenverteilung wird auf Entstehung der Mutation vor über 4000 Jahren, noch vor der indo-europäischen Wanderung in Asien geschlossen. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Heterogenie oder multiple Allelie wird auf Grund unterschiedlicher, familienspezifischer Typen angenommen. Familienberatung: Frühdiagnose und -therapie vor Einsetzen einer schweren klinischen Symptomatik für das Überleben des Säuglings wichtig. Nachweis durch Schweißelektrolytbestimmung. Bisher kein sicherer Heterozygotentest bekannt. Pränatale Diagnostik ebenfalls nicht möglich. Früherkennung der Kranken durch Nachweis erhöhter Albuminkonzentration im Mekonium günstig. Nach diesem Prinzip auch Massenscreening möglich. Von Ehen zwischen Heterozygoten ist abzuraten. Beratung und Prophylaxe in betroffenen Familien wichtig. Schwangerschaften bei Merkmalsträgerinnen (bisher 17 Schwangerschaften bei 14 Patientinnen bekannt) sind wegen des Risikos f ü r die Mutter kontraindiziert.
ANDERSEN-Syndrom s. a. Glykogenose Typ I V 8*
115
Anenzephalie Embryonale Ätiologie.
Hemmungsmißbildung
des Neurairohres
unklarer
Der Defekt entsteht zu Beginn des zweiten Embryonalmonates durch unvollständigen Schluß des Neurairohres. Krankheitswert: Angeborenes Fehlen des Gehirnes. Schädel nur in Fragmenten vorhanden. Häufig mit Spina bifida kombiniert. Es handelt sich meistens um Totgeburten oder nur kurze Zeit lebensfähige Kinder. Therapiemöglichkeiten
:
Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz regional (ethnisch) sehr unterschiedlich, in Irland 6, in Süd-Wales 4,5, in Frankreich 0,5, in J a p a n 0,8, in Australien 0,7 und bei Afrikanern 0,3 auf 1000 Neugeborene, möglicherweise z. T. abhängig von den unterschiedlichen Abortionsraten. Geschlechtsverhältnis bei Lebendgeburten ~ 2 : 1, bei allen Foeten mit A. weiblich: männlich etwa 3 : 2 (später höhere Vulnerabilität weiblicher Früchte?). Inzidenz jahreszeitlich schwankend. Genetik: Beteiligung genetischer Faktoren unklar. Wahrscheinlich polygen bedingt. Diskordanz bei eineiigen Zwillingen, aber übererwartungsgemäß häufige Konkordanz bei zweieiigen Zwillingen macht die Beteiligung intrauteriner Umweltfaktoren (Folsäure-Mangel, Fetus-Fetus-Störungen bei ursprünglich Zwillingsschwangerschaften?) wahrscheinlich. Cytoplasmatische Vererbung nicht ausgeschlossen. Zur Spina bifida bestehen Beziehungen insofern, als beide Mißbildungen häufig gemeinsam in einer Geschwisterschaft oder bei einem Patienten auftreten. Familienberatung: Die Wahrscheinlichkeit für Wiederholungsfälle in Geschwisterschaften wird empirisch mit durchschnittlich 1,9—5% angegeben, wenn bereits ein Merkmalsträger existiert, bei zwei Merkmalsträgern mit 10%. Das Risiko erhöht sich, wenn die Mutter bereits Spontanaborte oder Kinder mit Spina bifida hatte bzw. wenn es sich um einen männlichen Merkmalsträger gehandelt hatte, es vermindert sich mit der Zahl der Normalgeburten. Sorgfältige Beobachtung entsprechender Mütter während der Schwangerschaft notwendig: Frühes Hydramnion läßt auf Neuralrohrdefekt der Frucht schließen. Pränatale Diagnostik durch Ultraschall oder durch 116
Azetylcholinesterase- und a-Fetoprotein-Bestimmung im Fruchtwasser und letztere auch im mütterlichen Plasma (ScreeningMethode!) von der 14.—20. Schwangerschaftswoche an möglich. Die Inzidenz ist unter Erstgeburten offensichtlich am höchsten. Bei familienprognostischen Erhebungen muß auf Mikrosymptome am Neurairohr (Spina bifida occulta) bei klinisch normalen Verwandten geachtet werden.
Aneurysma, intrakranielles, BERRY-Aneurysma Aneurysmen von Hirngefäßen mit unklarer Beteiligung genetischer Faktoren. Ausdruck eines generellen Bindegewebsdefektes? Krankheitswert: Zunächst und bei geringem Umfang meist symptomlos bestehend. Gefahr der Ruptur vor allem im Erwachsenenalter, arachnoidale oder intrakranielle Hämorrhagien oft mit tödlichem Ausgang. Vorwiegend in der Hirnbasis lokalisiert. Häufig mit Zystenbildung der Niere (und Leber) kombiniert (Teilsymptom des adulten Typs der Zystennieren, s. d. und des EHLERS-DAiTLO.s-Syndroms). Therapiemöglichkeiten: Vor allem vor Durchbruch chirurgisch korrigierbar. Behandlung der Hämorrhagien mit je nach Schwere und Lage unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz auf 1 : 6000 geschätzt. Familiäres Vorkommen gleichartiger Aneurysmen bei Zwillingen, Geschwistern oder in aufeinanderfolgenden Generationen erst in letzter Zeit wiederholt beschrieben. Multiple i. A. häufiger familiär als solitäre. Genetik: Beteiligung genetischer Faktoren am Zustandekommen eines A. auf Grund der Gleichartigkeit von Ausprägung, Lokalisation und Durchbruchsalter bei Verwandten wird diskutiert. Bei einem Teil der Fälle autosomal dominante Vererbung gesichert. Familienberatung: Diagnose angiografisch. Untersuchung gesunder Verwandter eines Merkmalsträgers besonders bei multiplen Aneurysmen und positiver Familienanamnese für familienprognostische Einschätzung und chirurgische Prophylaxe wichtig.
Angiokeratoma corporis diffusum universale (FABRY) s. FABRY-Syndrom 117
Angiomatosis KAPOSI s. KAPOSI-Syndrom Angiomatosis retinocerebellosa s. v.-HIPPEL-LINDAUSyndrom Angioneurotisches Syndrom s. QUINCKE-Syndrom Aniridie, Irisaplasie Genetisch bedingtes partielles oder totales Fehlen der Regenbogenhaut auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Hemmungsmißbildung (11. —12. Embryonalmonat) zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Visusbeeinträchtigung durch Lichtscheu, Blendungserscheinungen, Nystagmus. Meist kompliziert durch Refraktionsanomalien, Hypermetropie, Katarakt, Myopie, Glaukom oder seltener durch Linsenluxation. Häufig kombiniert mit WiLMS-Tumor (s. d.). Weitere beschriebene familiäre Kombinationen: A., intersexuelles Genitale, WiLMS-Tumor und geistige Retardation; A. und Aplasie der Patella, A. und Ptosis. Von partieller Aniridie bis zum Iriskolobom alle Übergänge möglich. Therapiemöglichkeiten: Lediglich palliative Behandlung möglich. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz ca. 1: 95000. Mutationsrate wird auf 4 x 10~6 bis 7 X 10~6 eingeschätzt. Auftreten in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Kombination mit WiLMS-Tumor seit Erstbeschreibung 1953 von über 40 Fällen publiziert. Genetik: Heterogen. In der Mehrzahl der Fälle autosomal dominanter Erbgang mit herabgesetzter (90%) Penetranz und variabler Expressivität. Autosomal rezessive Vererbung selten, Kombination von A. mit Ataxie (GiLLESPiE-Syndrom) wahrscheinlich ebenfalls autosomal rezessiv vererbt. Bei Kombination von A. mit WiLMS-Tumor Chromosomenaberration in Form einer Deletion llp(13). Familienberatung: Familienanamnestische Erhebungen und Chromosomenanalyse wichtig. Bei Vorliegen einer Deletion 11p— sollte auf die mögliche Entstehung eines WlLMS-Tumors geachtet werden. Von einer starken 118
intrafamiliären Variabilität der Schwere der Symptomatik muß ausgegangen werden.
Anodontie s. Zahnunterzahl Anonychie, angeborene Genetisch bedingte Störung des Nagelwachstums auf der Grundlage von Genmutationen. Krankheitswert: Angeborene totale oder partielle Nagellosigkeit an Händen und/oder Füßen, begleitet häufig von Onychatrophie. Weitere Begleitsymptome: Brachydaktylie, Ektrodaktylie, Alopezie, Anomalien der Zähne, Hörverlust u. a. Heterogenes Krankheitsbild. Störend vor allem in kosmetischer Hinsicht. Teilsymptom des HydantoinSyndroms (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Behandlung bekannt. Häufigkeit und
Vorkommen:
Für die einzelnen klinischen Typen sind jeweils nur einzelne bzw. eine geringe Menge von Familien oder Solitärfällen bekannt. Genetik: Heterogenie. Teilweise autosomal dominant, andere Typen autosomal rezessiv oder polygen vererbt. Für die angeborene Anonychie mit Ektrodaktylie möglicherweise Kopplung mit dem LutheranBlutgruppen-Locus. Kombination von Hyponychie, Innenohrschwerhörigkeit und Strabismus convergens ( F E I N M E S S E K - Z E L I G Syndrom) autosomal rezessiv vererbt. Familienberatung : Da sich die einzelnen Typen klinisch wenig unterscheiden, muß bei familienprognostischen Erhebungen besonders auf den jeweils familienspezifischen Erbgang geachtet werden. Differentialdiagnose zum Nagel-Patella-Syndrom (s. d.) und zum Hydantoin-Syndrom wichtig. In Anbetracht der Gutartigkeit bei isolierter A. keine familienberaterischen Bedenken.
Anophthalmie Angeborene Mißbildung heterogener Ätiologie. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. U9
Krankheitswert : Ein- oder beidseitige Augenlosigkeit, meist durch Fehlen ektodermaler Elemente der Augenlage. Kombinationen mit anderen Mißbildungen, vor allem im Kopfbereich sowie mit Muskelhypotonie, Hexadaktylie u. a. Infolge der Begleitmißbildungen Lebenserwartung herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten
:
Lediglich in einzelnen Fällen kosmetisch-prothetische Korrektur möglich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Echte primäre beidseitige Anophthalmie sehr selten, seit dem 16. Jahrhundert etwa 70 Fälle, darunter mehrere Geschwisterfälle, meist bei Konsanguinität der Eltern, beschrieben. Häufig Totgeburten oder nur kurze Zeit lebensfähige Kinder. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. I n seltenen Fällen Chromosomenaberrationen. Familienberatung: Für erbprognostische Erhebungen und Differentialdiagnose zur Mikrophthalmie (häufig dominant, oder X-chromosomal vererbt) wichtig, jedoch intra vitam häufig zweifelhaft: Sind palpatorisch, ultrasonografisch oder röntgenologisch Rudimente erkennbar, die eventuell Bewegungen mitmachen, so gilt das als Mikrophthalmie (s. d.). Als solche ist erbprognostisch auch einseitige Augenlosigkeit einzuschätzen, wenn auf der anderen Seite Mikrophthalmie vorliegt. Eine Embryopathie (Rubeolen, Toxoplasmose der Mutter) muß ausgeschlossen werden. Die erbliche, echte Anophthalmie ist in der Regel beidseitig.
Anorchie, angeborene Angeborene Hodenlosigkeit des Mannes unklarer Ätiologie und Pathogenese. Krankheitswert : Ein- oder beidseitiges Fehlen der Hoden. Normale männliche Geschlechtsdifferenzierung und somatische präpuberale Geschlechtsentwicklung. Therapiemöglichkeiten: Testosteronsubstitution mit gutem Erfolg hinsichtlich reifung und Pubertätsentwicklung. 120
Skelett-
Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz auf 1 : 5000 eingeschätzt, unter Kryptorehismusfallen 1 : 180. Sporadische, selten Geschwisterfälle. Diskordanz bei eineiigen Zwillingen beschrieben. Uni- und bilaterale A. innerhalb einer Geschwisterschaft vorkommend. Genetik: Auf Grund der normalen männlichen Geschlechtsentwicklung nimmt man eine sekundäre Hodenatrophie infolge pränataler Hodentorsion an. In Sippen mit familiären Vorkommen wahrscheinlich Beteiligung autosomal rezessiver oder X-chromosomaler Faktoren. Karyotyp normal 46,XY. Familienberatung: Abgrenzung zur reinen Gonadendysgenesie auf Grund des männlichen Phänotyps. Testosteronsekretion mit HCG nicht stimulierbar. Wird doch Testosteron gebildet, sollte chirurgisch auf Kryptorchismus oder ektopische Leydigzellen untersucht werden. Das Wiederholungsrisiko für Brüder von Merkmalsträgern kann als gering eingeschätzt werden.
Anorexia nervosa Chronische Appetitlosigkeit vorwiegend weiblicher Jugendlicher unklarer Ätiologie. Es besteht eine Störung cerebro-hypothalamo-hypophysärer Regulationsmechanismen unter Einbeziehung von Preß-, Sättigungs- und Freßmotivationszentren im Hypothalamus und Verminderung der Gonadotropin-Ausschüttung der Hypophyse. Ein Basisdefekt sowie die Pathogenese sind unklar. Krankheitswert: Erstmanifestation meist innerhalb des zweiten Lebensjahrzehntes. Starker Gewichtsverlust bis zur Kachexie und lebensbedrohlichen Zuständen durch Verweigerung der Nahrungsaufnahme. Teilweise Heißhungerperioden. Amenorrhoe. Auffällige Lanugobehaarung, Bradykardie. Stimmungslabilität, Antriebsstörungen, gestörtes Trieberleben. Therapiemöglichkeiten : Psychotherapeutische Maßnahmen mit. unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: In Europa Inzidenz unter jungen Mädchen etwa 1 : 200. Sporadisch. 121
Genetik: Heterogen. Eine genetische Komponente läßt sich weder bei den offenbar primär hypothalamisch verursachten noch bei den als neurotisch einzustufenden Formen erkennen. Allerdings kommen bei gonosomal bedingter Gonadendysgenesie (s. U l l r i c h - T u r n e r Syndrom) Anorexia-artige Zustände vor. Familienberatung: Differentialdiagnose zu affektiven Psychosen, Phobien und neurotischen Zwangshaltungen sowie zu durch interne Erkrankungen bedingtem Gewichtsverlust wichtig. Eventuell Ausschluß einer gonosomalen Anomalie durch Chromosomenanalyse notwendig. Mit einem erhöhten Risiko für Verwandte einer Merkmalsträgerin muß nicht gerechnet werden.
Anosmie Fehlen des Geruchssinnes unterschiedlicher Ätiologie. Der erblichen A. liegt eine Aplasie des Bulbus olfactorius zugrunde, für die ein Basisdefekt unbekannt ist. Krankheitswert : Angeborenes Fehlen oder allmählicher Verlust des Riechvermögens, allgemein oder nur für bestimmte Geruchsqualitäten. Sekundär bei intrakraniellen Tumoren, nach Traumen, Intoxikationen oder Infekten. Symptomatisch bei KALLMANN-Syndrom (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Für primäre A. unbekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Selten diagnostiziert, wahrscheinlich oft nicht erkannt. Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Androtropie. Frequenz bei Einbeziehung von Formen partieller A. auf etwa 1 : 15—1 : 20 geschätzt. Genetik: Heterogenie: Autosomal dominanter oder rezessiver Erbgang vermutet, wobei Polygenie nicht auszuschließen ist. In manchen Familien spricht das Auftreten der A. nur im männlichen Geschlecht ohne Vater-Sohn-Vererbung für X-chromosomalen Erbgang. Dabei ist die genetische Abgrenzung gegenüber dem KALLMANN-Syndrom noch unklar. Möglicherweise handelt es sich bei diesem um die Wirkung des gleichen Gens unter Einbeziehung des Hypothalamus. Über eine herabgesetzte effektive Fruchtbarkeit bei Männern mit familiärer A. wird in der Literatur mehrfach berichtet, 122
Familienberatung: Bei sporadischen Fällen müssen exogene Ursachen für die A. ausgeschlossen werden. Differentialdiagnose zum KALLMANN-Syndrom (Hypogonadismus) notwendig. In Anbetracht der Harmlosigkeit der primären, isolierten A. bestehen keine familienberaterisehen Bedenken.
Anosteogenesis s. Achondrogenesis Antikörpermangel-Syndrom s. Agammaglobulinämie Antisyndrome Syndrome, die eine gegensätzliche Merkmalsausprägung jeweils eines anderen Syndroms aufweisen. Der Begriff wurde f ü r Chromosomopathien, speziell für Monosomien konzipiert, die Chromosomen betrafen, von denen bereits ein Trisomie-Syndrom bekannt war. Beispiel: DowN-Syndrom (Trisomie 21) mit mongoloider Lidspalte, Hypotonie, Epikanthus, kleinen Ohren — Anti-Syndrom (Monosomie 21) mit antimongoloider Lidachse, Hypertonie, Blepharochalasis, großen Ohren. Eine solche gegensätzliche Ausprägung läßt sich nicht bei allen Merkmalen und nur in sehr beschränktem Maße bei anderen Trisomie-Monosomie-Paaren erkennen. Die Genotyp-PhänotypBeziehungen sind offensichtlich zu wenig direkt, um zu einer solchen Anti-Symptomatik zu führen.
Antithrombin-Defekte Erbliche Gerinnungsstörungen auf mutation.
der Grundlage einer
Gen-
Die Konzentration aktiven Thrombins im Blut ist infolge eines veränderten Antithrombin-Spiegels (Antithrombin-Faktor I I I , Coferment des Heparins) entweder erhöht oder erniedrigt. Aus der dadurch bedingten vermehrten oder verminderten Fibrinfreisetzung lassen sich die klinischen Erscheinungen erklären. Krankheitswert: Bei erhöhtem Antithrombin-Spiegel verstärkte Blutungsneigung. Verminderte Antithrombin-Aktivität f ü h r t zu Thrombophilie mit rezidivierenden Thrombophlebitiden und Embolie-Gefahr, vor allem nach Traumen, Operationen und Entbindungen vom 2. Lebensjahrzehnt an. 123
Therapiemöglichkeiten: Bei Antithrombin-Mangel prophylaktische Gaben von Heparin und/oder Antikoagulantien der Cumarin-Gruppe mit gutem Erfolg. In Zukunft wahrscheinlich Antithrombinkonzentrate erhältlich. Häufigkeit und
Vorkommen:
Jeweils Vorkommen in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Antithrombin-Mangel wahrscheinlich häufig unerkannt bestehend. Genetik: Heterogen. Meistens bereits bei Heterozygoten klinische Erscheinungen in Sinne eines autosomal dominanten Erbganges. Ob die unterschiedlichen Defekte des Antithrombins auf multipler Allelie oder Heterogenie beruhen, ist unklar. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen familiären hämorrhagischen Diathesen und auch Thrombosen (z. B. bei Plasminogenmangel, Fibrinvarianten, Hypoprothrombinämie, s. d.) und Nachweis an Hand der Antithrombinzeit sowie mit immunologischen Methoden. Frühzeitige Erkennung eines Antithrombin-Mangels kann lebenswichtig sein. Bei Anlageträgern besondere prophylaktische Maßnahmen wichtig. Bei Frauen mit Antithrombin-III-Mangel sind östrogenhaltige Antikonzeptiva zu vermeiden. Gefährdung besonders während der Schwangerschaft (s. a. WARFARIN-Syndrom).
Anus imperforatus, Analatresie Angeborene Hemmungsmißbildung heterogener Ätiologie. Der dem Defekt zugrunde liegende Basisdefekt ist meistens unbekannt. Krankheitswert: Verschiedene Schweregrade von der einfachen Analatresie in Form eines persistierenden häutigen Analverschlusses bis zur Rectumstenose mit fehlender Analmuskulatur und Aftergrübchen. Allgemeine Ileus-Symptomatik führt ohne Behandlung, vor allem im männlichen Geschlecht, innerhalb kurzer Zeit zum Tode des Neugeborenen. Bei Mädchen Überleben durch Recto-VaginalFistel möglich. Häufig weitere Mißbildungen: A . und Iriskolobom s. Katzenaugen-Syndrom. Wirbel (Vertebrale)-Anomalien, A n u s imperforatus, Tracheo-ösophageale Fistel, Ösophagus- (engl. Esophageal) Atresie, Radiusaplasie und Renale Anomalien treten häufig kombiniert auf, sogenannte VATER-Association (s. d.) 124
Therapiemöglichkeiten: Beseitigung des häutigen Verschlusses bzw. chirurgische Korrektur der Atresia recti mit je nach Schwere und anatomischen Gegebenheiten unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Meistens isolierte Fälle. Bei familiärem Vorkommen hauptsächlich Knaben betroffen. Übererwartungsgemäß häufig bei eineiigen Zwillingen (diskordant). Kombinationen mit anderen Mißbildungen vielfach familiär. Genetik: Die Beteiligung genetischer Faktoren am Zustandekommen des isolierten A. läßt sich nur f ü r die Atresia ani simplex nachweisen. Bei dieser Form liegt offensichtlich ein X-chromosomaler, sehr selten ein autosomaler oder polygener Erbgang vor. I n einzelnen Familien im Rahmen von Mißbildungskomplexen z. B. Anus imperforatus, bei $$ Antepositio ani, Mißbildungen des peripheren Extremitätenskeletts und Schwerhörigkeit meist autosomal dominant vererbt. S. a. FG-Syndrom, G-Syndrom. Familienberatung: Jedes Neugeborene mit A. sollte auf weitere Mißbildungen der VATER-Association und auf Augenanomalien (Katzenaugen-Syndrom, s. d.) untersucht werden. Entsprechende Symptome bei Verwandten können für die erbprognostische Einschätzung von Wichtigkeit sein. Bei der isolierten Atresia ani simplex wird die Wahrscheinlichkeit f ü r die Geburt eines Merkmalsträgers in der Geschwisterschaft eines männlichen Probanden empirisch mit 1:10 bis 1:20 angegeben. Handelt es sich um ein Mädchen mit A., liegt das Risiko niedriger.
Aortenbogen-Syndrom, TAKAYASU-Syndrom Vor allem in J a p a n und anderen Teilen Asiens vorkommende obliterierende Arteriitis im Bereich der Aortenbogenäste mit Blutdruckunterschieden zwischen unterer und oberer Körperhälfte und Pulslosigkeit an Armen und Hals. Schlechte Prognose. Therapie mit Kortikosteroiden. Für Europa bedeutungslos. Ätiologie sowie Beteiligung genetischer Faktoren unklar: Autoimmunkrankheit? Tuberkulöser Prozeß? Familiäres Vorkommen beschrieben.
Aortenisthmusstenose Kardiovaskuläre Anomalie unklarer Ätiologie. Es besteht eine Verengung der Aorta vor (präduktaler, infantiler 125
Typ) oder nach Abgang (postduktaler, adulter Typ) des Ductus BOTALLI. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Infantiler Typ angeboren mit schweren Zeichen einer kardiovaskulären Insuffizienz. Lebenserwartung gering. Adulter Typ mit besserer Prognose. Meist kombiniert mit anderen Herzfehlern. Therapiemöglichkeiten
:
Medikamentöse Behandlung, künstliche Beatmung und chirurgische Korrektur mit unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz ca. 0,05%, etwa 1 / 12 aller Fälle mit angeborenem Herzfehler. Teilweise familiär. Auffällige saisonale Häufung. Genetik: Auf Grund des familiären Vorkommens ist eine polygene Vererbung anzunehmen, wobei die jahreszeitliche H ä u f u n g auf eine exogene Komponente (Infektion der Mutter?) schließen läßt. Familienberatung: Das empirische Risiko für Geschwister liegt bei etwa 1:200 und steigt mit jedem Merkmalsträger, wobei auch andersartige Kardiopathien auftreten können. Ausgeschlossen werden müssen chromosomale (45,X; 47,XXY u. a.) und embryopathische Ursachen (Röteln) sowie monogen vererbte Syndrome mit A. als Teilsymptom: MARFAN-Syndrom ELLIS-VAN-CBEVELD-Syndrom, HoLT-OitAM-Syndrom (s. d.).
Aortenstenose, subvalvuläre s. Kardiopathie, familiäre idiopathische Aortenstenose, supravalvuläre, isolierte; WILLIAMS-BEUREN-Syndrom, FANCONI-SCHLESINGER-Syndrom, Hyperkalzämie, idiopathische, Elfin-face-Syndrom Genetisch bedingte kardiovaskuläre Anomalie auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Mißbildung zugrunde liegende Basisdefekt (fetale Hyperkalzämie?, Vitamin-D-Stoffwechselstörung?) ist unbekannt. 126
Krankheitswert: Angeboren. J e nach Ausprägung der Stenose subklinisch bestehend bis zu sehr schwerem Verlauf. Klinische Symptome einer Herzschwäche, teilweise kompliziert durch Pulmonalarterienstenosen (65%) sowie Hypoplasie der Aorta und der Arteria pulmonalis (40%). Herabgesetzte Lebenserwartung, bei einem Drittel der Fälle letal. Typische Kombinationen (20%) von Aortenstenose, kraniofazialen Anomalien („elfin face"), Minderwuchs, Muskelhypotonie, Inguinalhernien, Mißgedeihen, Osteosklerosen, Kalkeinlagerungen in verschiedenen Geweben (Hyperkalzämie) und geistiger sowie körperlicher Retardation (WILLIAMS-BEURENSyndrom, FANCONI-SCHLESINGER-Syndrom) wahrscheinlich infolge einer fetalen Hyperkalzämie (erhöhte Vitamin-D-Sensiblität?) entstehend. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung der Herzschwäche unbefriedigend Chirurgische Korrektur in 8 0 % der Fälle erfolgreich. Häufigkeit und
Vorkommen:
Inzidenz ungefähr auf 1:30000 geschätzt- Über 300 Fälle beschrieben, davon die Hälfte familiär mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen. Über 100 bis auf eine Ausnahme sporadische Fälle sind dem WILLIAMS-BEUREN-Syndrom zuzuordnen. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit herabgesetzter (60%) Penetranz und variabler Expressivität. Bei einem Teil der sporadischen Fälle handelt es sich wahrscheinlich um Neumutationen. Ätiologie der Aortenstenose mit kraniofazialen Mißbildungen und Debilität unklar, intrauterin exogene Ursachen oder autosomal dominante Mutation werden vermutet. Genetische Beziehung zur isolierten s. A. fraglich. Familienberatung: Nachweis angiografisch durch Herzkatheter oder an H a n d eines erhöhten Serum-Ca-Spiegels im Kindesalter. Bei älteren normokalzämischen Patienten durch Conjunctiva-Biopsie (Ca-Einlagerungen). Für erbprognostische Erhebungen Erfassung klinisch unauffälliger Merkmalsträger an Hand leichter Stenosierung wichtig. Ein hohes Risiko f ü r Verwandte 1. Grades von Patienten besteht nur bei der isolierten supravalvulären Aortenstenose, und zwar wird es emprisch f ü r Geschwister sporadischer Fälle mit 1:4, bei positiver Familienanamnese mit 1:3 und für Kinder von Merkmalsträgern mit 1:2 angegeben. WILLIAMS-BETTEEN-Syndrom in den ersten drei Lebensjahren an Hyperkalzämie bzw. entspre127
chender Symptomatik, später vor allem an typischer Fazies erkennbar. Mit großer inter- bzw. intrafamiliärer Variabilität der Merkmalsausbildung m u ß gerechnet werden.
APERT-Syndrom s. Akrozephalosyndaktylie APERT-CROUZON-Syndrom s. Akrozephalosyndaktylie Aphalangie s. Ektrodaktylie Aplasia cutis congenita Angeborener Ektodermdefekt unterschiedlicher Ätiologie. Der der genetisch bedingten A. c. c. zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Umschriebene Epidermisdysplasie unterschiedlichen Ausmaßes, z. T. mit Beteiligung des darunterliegenden Knochens. Meist beidseitig symmetrisch a m Kopf, seltener an den E x t r e m i t ä t e n oder am Stamm. Gelegentlich mit anderen Mißbildungen kombiniert. Therapiemöglichkeiten: Selbstheilungstendenz durch Vernarbung. Eventuell plastische Deckung zur Vermeidung von Blutungen u n d Meningitiden. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 400 Fälle beschrieben. Meist sporadisch, jedoch auch Geschwisterschaften u n d einzelne Sippen m i t Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen bekannt. Genetik: Heterogen. Zum großen Teil wahrscheinlich intrauterin exogen bedingt. Die Art des familiären Vorkommens spricht außerdem in den entsprechenden Sippen f ü r autosomal rezessive u n d ganz selten, vor allem bei Kombination mit anderen Mißbildungen, auch f ü r dominante Vererbung: A. c. c. mit transversalen Extremitätendefekten (Aphalangie, Hemimelie der unteren Extremitäten, s. a. Peromelie); A. c. c., Cutis m a r m o r a t a und dilatierte K o p f v e n e n ; A. c. c., Epidermolysis bullosa u n d Onychodystrophie. JoHANSON-BLizzARD-Syndrom (A. c. c., Anus imperforatus, Mikrozephalie, Aplasie der alae nasi, Malabsorption und Retardation) autosomal rezessiv bedingt. S. a. Epidermolysis bullosa dystrophica dominans. 128
Familienberatung: Ausschluß exogener Ursachen notwendig. Bei stummer Familienanamnese kann das Risiko f ü r Verwandte ersten Grades als gering angesehen werden. Die Beratung in familiären Fällen richtet sich nach der Schwere der Defektes.
APPELT-GERKEN-LENZ-Syndrom s. PseudothalidomidSyndrom Apraxie, okulomotorische, COGAN-Syndrom II Störung der willkürlichen horizontalen Augenbewegung auf unklarer genetischer Grundlage. Der isolierten okulomotorischen Apraxie liegt wahrscheinlich ein umschriebener Hirndefekt unklarer Pathogenese zugrunde. Krankheitswert: Erstmanifestation in den ersten Lebensjahren. Unfähigkeit willkürliche Fixierungsbewegungen des Auges auszuführen. Sekundär Schleuderbewegungen, unsicherer Gang, Leseschwierigkeiten und statomotorische Retardation bei normaler Intelligenz. Davon abgesehen keine Beeinträchtigungen. Nur ausnahmsweise andere Bewegungsstörungen (Nystagmus, leichte Ataxien). I m Erwachsenenalter z. T. Besserung bis Normalisierung. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1952 mehr als 50 Fälle beschrieben, darunter konkordante Zwillinge und mindestens acht Familien mit mehreren Merkmalsträgern in bis zu zwei Generationen. Genetik: Auf Grund der familiären Fälle kann autosomal dominante Vererbung angenommen werden. Familienberatung: Nachweis auf Grund der plötzlichen vom Gegenstand abgewandten Kopfbewegung beim Fixierungsversuch. Familienanamnestische Erhebungen müssen eine Normalisierungstendenz im Erwachsenenalter berücksichtigen, so daß Merkmalsträger retrospektiv nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können. Differentialdiagnose zu erworbenen (Hirnläsionen, nicht isoliert) Formen notwendig. 9 Witkowski/Prokop
129
Aquäduktstenose s. Hydrozephalus Arachnodaktylie s. ACHARD-Syndrom Arachnodaktylie mit Kontrakturen s. BEALS-HECHTSyndrom Argininämie s. Hyperargininämie Argininbernsteinsäure-Syndrom Erblicher Enzymdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einem Mangel an Argininosuccinase (Argininosuccinat-Lyase) in der Leber, Niere, anderen Organen und in Eryhrozyten. Dadurch erfolgt kein Abbau der Argininbernsteinsäure zu Arginin und Fumarsäure (KREBS-HENSELEITZyklus). Ob die klinische Symptomatik durch Ansammlung von Argininbernsteinsäure (schwere Hyperammonämie) und ihrer Metaboliten (Citrullin, Glutamin, Glutaminsäure, Alanin) in den Körperflüssigkeiten und Organen oder durch Argininmangel im Gehirn bedingt ist, kann noch nicht entschieden werden. Die Haarwuchsstörung läßt sich durch Argininmangel erklären, da es normalerweise zu fast 10% im Keratin enthalten ist. Krankheitswert : Manifestation der Krankheit einige Tage bis Monate nach Geburt. Trinkschwäche, Lethargie, präorbitale Ödeme, Hepatomegalie, Schwachsinn, Ataxie, Krampfanfälle, Haardystrophie (Trichorrhexis nodosa, Alopecia areata). Bei Heterozygoten Neigung zu Migräne-Anfällen durch hohen Blutammoniak-Spiegel. Therapiemöglichkeiten: Diätetische Behandlungserfolge mit proteinarmer argininangereicherter Kost. Austauschtransfusionen. Häufigkeit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1958 über 30 Fälle bekannt. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Intrafamiliär konstant unterschiedlich schwere Formen (neonatal maligne, spätmanifest, chronisch) wahrscheinlich auf der Grundlage verschiedener Allele. Familienberatung: Verdachtsdiagnose auf Grund der Haar- und Nageldystrophie. Frühdiagnose durch Argininbernsteinsäure-Bestimmung im Urin. 130
Heterozygoten-Nachweis a n H a n d einer intermediären Argininosuccinase-Aktivität in E r y t h r o z y t e n u n d Fibroblasten u n d einer e r h ö h t e n Argininbernsteinsäure-Ausscheidung im U r i n möglich. P r ä n a t a l e Diagnose d u r c h B e s t i m m u n g der ArgininosuccinaseA k t i v i t ä t (Mikromethode m i t 1 4 C-Citrullin) in kultivierten Amnionzellen sowie d u r c h chromatografische Argininbernsteinsäure-Bes t i m m u n g im F r u c h t w a s s e r .
Arhinenzephalie s. Holoprosenzephalie Arhinie s. Frontonasal Dysplasie ARNOLD-CHIARIsche Mißbildung s. Hydrozephalus Arthritis urica s. Gicht Arthrochalasis multiplex congenita s. Gelenke-Schlaffheit Arthro-Dento-Dysplasie s. Akroosteolyse, neurogene Arthro-Dento-Osteo-Dysplasie s. Akroosteolyse, neurogene Arthrogryposis multiplex congenita, GUfiRIN-STERNSyndrom Multiple, weichteilbedingte G e l e n k k o n t r a k t u r e n Ätiologie.
unterschiedlicher
E s bestehen Anomalien des Kapsel- u n d B ä n d e r a p p a r a t e s sowie m y o p a t h i s c h e oder n e u r o p a t h i s c h e Muskelfunktionsstörungen. E i n Basisdefekt ( E m b r y o p a t h i e n ? , fetale Myopathie?, p r ä n a t a l e Immobilisation?) ist u n b e k a n n t , die nosologische A b g r e n z u n g des S y n d r o m s ist n i c h t einheitlich. Krankheitswert: Angeborene, meist beidseitige Bewegungseinschränkung großer E x t r e m i t ä t e n g e l e n k e bei n u r geringer Restbeweglichkeit, zu Stellungsanomalien unterschiedlicher Schwere f ü h r e n d . S e k u n d ä r H ü f t g e l e n k s v e r ä n d e r u n g e n , S u b l u x a t i o n e n u n d L u x a t i o n e n . Zahlreiche f a k u l t a t i v e Mißbildungen vor allem des S k e l e t t s y s t e m s u n d des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s sowie familiäre S y m p t o m e n k o m b i n a t i o n beschrieben. Leichte bis sehr schwere Beeinträchtigung. S t a t i o n ä r . Therapiemöglichkeiten
:
F r ü h einsetzende (im ersten L e b e n s j a h r ) k o n s e r v a t i v e s y m p t o m a t i s c h e B e h a n d l u n g (Physiotherapie) oder chirurgische K o r r e k t u r e n m i t befriedigendem Erfolg. 9*
131
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz ca. 1 : 1 0 0 0 0 0 . Überwiegend sporadisch. Familiäre Fälle differentialdiagnostisch bzw. im Hinblick auf nosologische Abgrenzung unsicher. Bei Eskimos endemisch ein der A. m. c. entsprechendes Syndrom mit etwas anderer Symptomatik, autosomal rezessiv vererbt (Kuskokwim-Syndrom). Genetik: Anhaltspunkte für eine Erblichkeit der A. m. c. im engeren Sinne existieren nicht, wobei die A. m. c. in den meisten Fällen nur ein Symptom darstellt und die Existenz einer eigenen nosologischen Einheit noch umstritten ist. Symptomenkombinationen unterschiedlich X-chromosomal, autosomal dominant oder rezessiv vererbt Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose gegenüber multiplen Gelenkkontrakturen anderer Art und gegenüber Muskeldystrophien mit spezieller Lokalisation elektromyografisch bzw. dermatoglyphisch (vorwiegend longitudinaler Verlauf der Hautleisten) notwendig: Symptomatisch bei ZELL WE GER -Syndrom, FREEMAN-SiiELDOw-Syndrom, Diastrophischem Zwergwuchs, D u T U Y T R E N S c h e r Kontraktur, Fetalem Alkohol-Syndrom, Gangliosidose, HoLT-ORAM-Syndrom, CoNRADi-HÜNERMANN-Syndrom, RsriEST-Syndrom, L A B S E U Syndrom, C O R N E L I A - D E LANGE-Syndrom (s. d.) u. a. Bei nicht entsprechend einzuordnenden Fällen Risiko für Verwandte 1. Grades eines Merkmalsträgers etwa 5 % .
Arthro-Ophthalmopathie s. MARSHALL-Syndrom ASCHER-Syndrom, Blepharochalasis und Doppellippe Komplex noch nicht miteinander in einen Zusammenhang zu bringender Symptome unklarer Ätiologie. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt (rheumatisch?). Krankheitswert: Erstmanifestation im Kindesalter. Rezidivierende Oberlidschwellung und Oberlippenödeme. Schleimhautduplikation der Oberlippe. Struma ohne nachweisbare endokrinologische Begleiterscheinungen. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrekturen besonders am Oberlid, wenn Ulcera corneae auftreten. Kortikosteroidgaben mit unterschiedlichem Erfolg. 132
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Selten, vielfach familiär. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Variable Expressivität. Familienberatung : In der näheren Verwandtschaft eines Merkmalsträgers können Teilsymptome auftreten.
Aspartylglukosaminurie Erbliche Stoffwechselstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer verminderten Aktivität der lysosomalen N-Aspartyl-/J-Glukosamin-Amidohydroxylase. Dadurch k o m m t es zu einer Störung des Glykoproteinabbaus, zur vermehrten Ausscheidung von Aspartylglukosamin im H a r n und zur Speicherung von Aspartylglukosamin sowie einer unphysiologischen Substanz („Aspartyl-Oligosaccharid") in Leber, Niere und ZNS, woraus sich die klinische Symptomatik z. T. ableiten läßt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im frühen Kindesalter. Psychomotorische Retardation, Mukopolysaccharidose-artige Erscheinungen durch Skelettanomalien (Flachwirbel, Veränderungen der Röhrenknochen) und kraniofaziale Dysmorphien. Infektanfälligkeit. Viszeromegalie. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Endemisch in Pinnland mit einer Inzidenz von 1:3 300. Vereinzelte Beschreibungen auch aus anderen Ländern. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Nachweis und Screening-Tests durch Bestimmung von Aspartylglukosamin im Urin. Differentialdiagnose vor allem gegenüber Mukopolysaccharidosen und Mukolipidosen (s. d.) notwendig. Nachweis u n d Heterozygotentest enzymatisch an Lymphozyten. 133
Aspirin-Überempfindlichkeit Pharmakologischer Defekt, wahrscheinlich auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Störung der hydrolytischen Spaltung des Aspirins durch die Aspirin-Esterase in Salicylsäure und Essigsäure. Dadurch kommt es zu einer verlängerten pharmakologischen Wirkungszeit des Aspirins, das außerdem die Darmschleimhaut angreift und die Blutungszeit verlängert. Krankheitswert: Gastrointestinale Beschwerden nach Einnahme von Aspirin. Pharmakogenetische Wirkung durch Verstärkung der Blutungsneigung beim HERMANSKY-PuDLAK-Syndrom (s. Albinismus totalis I ) , in Form von Bronchospasmen bei Asthmatikern und von Urticaria-Neigung bei Patienten mit Rhinitis vasomotorica. Therapiemöglichkeiten
:
Entfallen Häufigkeit
und
Vorkommen:
Selten festgestellt. Gynäkotropie. Genetik: Autosomal rezessiver oder auf Grund des geschlechtsunterschiedlichen Vorkommens z. T. auch X-chromosomaler Erbgang wird vermutet. Familienberatung: Kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken.
Asplenie-Syndrom s. IVEMARK-Syndrom Asthma bronchiale s. Atopien Ataxie; Heredo-Ataxie, Pierre-MARIE-Syndrom Zentral-nervös bedingte Störung unterschiedlicher Ätiologie.
der
Bewegungskoordination
Es handelt sich entweder um ein Symptom unterschiedlicher Erkrankungen mit Beteiligung des Cerebellums oder um eigenständige Störungen der cerebellaren Funktion bzw. der afferenten und/oder efferenten Leitungsbahnen. Die zugrunde liegende Degeneration 134
kann sich je nach Typ auch auf Pons, Olive und spinale Leitungsbahnen erstrecken. Ein Basisdefekt sowie konstante biochemische Abweichungen sind unbekannt. Eine Typendifferenzierung erfolgt nach neurologischen Gesichtspunkten auf Grund der betroffenen Hirnbezirke. Sie wird durch die große genetisch-ätiologische Heterogenität klinisch relativ einheitlicher Formen erschwert, wodurch es zu Überschneidungen und unscharfen Grenzen zwischen einzelnen Typen kommt. System nach neurologischen Gesichtspunkten: 1. Spinale Symptomatik steht im Vordergrund: F R I E D R E I C H Syndrom (s. d.), MARINESCU-SJÖRGREN-Syndrom (s. d.), Spinocerebellare Ataxie mit Ophthalmoplegie (s. d.), ROTTSSY-LEVYSyndrom (s. d.) 2. Cerebellare (Cortex) Symptomatik steht im Vordergrund: Cerebellare Ataxie Typ H O L M E S (S. d.) Louis-BAR-Syndrom (s. d.) 3. Pontocerebellare und extrapyramidale Symptomatik steht im Vordergrund: Cerebellare Ataxie Typ M E N Z E L und Typ DÉ.TÉRTNE THOMAS (S. d.), Olivopontocerebellare Ataxie Typ B E C K E R ( 1 9 7 1 ) 4. Cerebellare (Nucleus) und exfcrapyramidale Symptomatik steht im Vordergrund: REFSUM-Syndrom (s. d.). Vom genetischen Standpunkt aus sind viele dieser Ataxie-Syndrome wieder heterogen, wobei sich an manchen dominanten Typen mit regionaler Häufung und über viele Generationen zu verfolgenden Verwandtschaftsbeziehungen erkennen läßt, daß sie jeweils auf eine Mutation zurückzuführen und damit sippenspezifisch sind. Für die genetische Beratung sind deshalb genaue familienanamnestische Erhebungen und Vorsicht bei Vergleichen zwischen sicher nicht verwandten betroffenen Sippen geboten. Einzelne, jeweils nur f ü r eine Sippe bzw. Region beschriebene Heredoataxien s. Literatur. Ataxie als Teilsymptom eines komplexen, genetisch bedingten Syndroms s. Abetalipoproteinämie, Akanthozytose, Argininbernsteinazidurie, Ahornsirup-Syndrom, BEHR-Syndrom, B I E M O N D Syndrom, Corpus-callosum-Agenesie, nekrotisierende Enzephalopathie, FLYNN-AIED-Syndrom, Gangliosidosen, Leukodystrophie, Hydrozephalus, Hyperammonämie-Syndrom, Hartnup-Syndrom, HuNT-Syndrom, Kleinhirn-Hypoplasie, Kleinhirnrindenatrophie, MENKES-Syndrom, Mukolipidosen, Muskelatrophien, PELIZAETTSMERZBACHER-Syndrom, Retinitis pigmentosa und UsHER-Syndrom.
Ataxie, spastische Nosologisch noch nicht genau abgegrenzte, genetisch bedingte Formen der spinocerebellaren Ataxie, bei der eine Spastizität der Beine im Vordergrund steht. Gehbeschwerden, Dysarthrie, geistiger Verfall. Infantiler T y p autosomal rezessiv, spätmanifester 135
( 5 . - 6 . Lebensjahrzehnt) autosomal dominant vererbt. Mehrere Sippen beschrieben. Differentialdiagnose zur multiplen Sklerose wichtig.
Ataxie-Teleangiektasie-Syndrom s. LOUIS-BAR-Syndrom Athetose, idipathische, doppelseitige s. VOGT-Syndrom Athyreose, Schilddrüsenagenesie Defekt der embryonalen licher Ätiologie.
Schilddrüsenentwicklung
unterschied-
Das partielle oder totale Fehlen von Schilddrüsengeweben kann auf der Wirkung mütterlicher Antikörper oder auf einer fetalen Thyreotropinresistenz der Schilddrüsenanlagen beruhen, wobei andere pathogenetische Mechanismen nicht auszuschließen sind. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen bei Geburt. J e nach vorhandenem Schilddrüsengewebe leichte Zeichen einer Hypothyreose bis zu schwerstem Kretinismus. Kein Kropf. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Meist sporadisch. Familiäres Auftreten selten. Gynäkotropie. Genetik: Heterogen. Bei sporadischen Fällen kein Anhaltspunkt f ü r genetische Grundlage. In einzelnen Sippen jedoch autosomal rezessiv oder X-chromosomal vererbt (DEBRE-SEMELAIGNE-Syndrom?). Familienberatung : Sofortige Erkennung bei Geburt und Therapie wichtig. Das Risiko für Geschwister eines Merkmalsträgers kann in Anbetracht des meist sporadischen Vorkommens als gering angesehen werden, wenn sich bei der Mutter keine Schilddrüsen-Antikörper nachweisen lassen.
Atopien; Neurodermitis; Ekzem, endogenes; Asthma; Rhinitis pollinosa Erbliche Disposition zu erhöhter IgE-Bildung nach Provokation mit bestimmten Allergenen. Bei Sensibilisierung mit Allergenen meist über die Schleimhäute des Eespirationstraktes k o m m t es zu einer erhöhten Produktion 136
von IgE durch die Immunoblasten (z. T. bei IgA-Mangel). Das auf Mastzellen und Granulozyten fixierte TgE verbindet sich mit dem Allergen. Dieser Vorgang f ü h r t zu einer Freisetzung von Histamin, Serotonin und anderen H-Substanzen und damit zu Spasmen an den Bronchien sowie Gefäßerweiterungen und Ödemen. Krankheitswert : Verschieden« klinisch und genetisch verwandte und kombiniert auftretende Typen: Neurodermitis disseminata, Asthma bronchiale, konstitutionelles Kinderekzem Urticaria, sowie Rhinitis allergica bzw. pollinosa und vasomotorica. Erstmanifestationsalter unterschiedlich im 1.—2. Lebensjahrzehnt. Chronischer Verlauf. Verminderte Leistungsfähigkeit und Beeinträchtigung des Wohlbefindens. Bei Asthma bronchiale herabgesetzte Lebenserwartung. Therapiemöglichkeiten: Lokale bzw. symptomatische Behandlung und gaben bringen nur vorübergehende Besserung. Häufigkeit
und
Kortikosteroid-
Vorkommen:
Frequenz in E u r o p a : ( S C H N Y D E R 1960 f ü r Zürich)
Asthma bronchiale 2—4:100 Rhinitiden 4-8,6:100 Neurodermitis 0,1 —0,5:100 zusammen 8 — 11%
Häufig kombiniert bei einem Patienten oder einer Familie auftretend (die in der Literatur hierzu angegebenen Werte schwanken zwischen 9 u n d 50%). J e nach Typ leichte Bevorzugung eines Geschlechts. (Asthma androtrop, Ekzem gynäkotrop). Stumme Familienanamnese bei etwa 30% der Fälle. Genetik: Es bestehen genetische Beziehungen zwischen den Atopie-Typen. Wahrscheinlich polygen vererbt mit Schwellenwertefekt, wofür auch die Konkordanzrate eineiiger gegenüber zweieiiger Zwillinge spricht. Die Art der Beteiligung einzelner Loci bestimmt dabei offensichtlich den Typ der Atopien. Eine wichtige Rolle spielen dabei wahrscheinlich Gewebsantigene: Mehr als 80% der Patienten mit atopischem Asthma sind z. B. homozygot f ü r HLA-BW6 (gegenüber einer normalen Frequenz von 30%). Familienberatung: Bei erbprognostischen Stammbaumerhebungen sind alle Typen zu berücksichtigen und zu werten. F ü r Verwandte ersten Grades von Merkmalsträgern werden folgende empirische Risikoziffern angegeben: Bei bestehender Neurodermitis Erkankungswahr137
scheinlichkeit f ü r eine Atopie 1:4, f ü r Neurodermitis 1:6. Bei Asthma 1:8 f ü r Atopien insgesamt, f ü r Asthma 1:12, f ü r Neurodermitis 1:20. Haben beide Eltern Asthma, haben etwa 29% der Söhne und 11% der Töchter ebenfalls Asthma. Nachweis zirkulierender IgE-Antikörper mit Hilfe des RAST (Kadio-AllergoSorbent-Test) in vitro.
Atransferrinämie Erblicher Proteindefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht ein Mangel an dem Glykoprotein Transferrin. Dadurch kommt es zu einer Störung des Eisentransfers in die Erythrozyten, zur Störung des Eisentransportes im gesamten Körper und zur Organ-Siderose, woraus sich die klinische Symptomatik erklärt. Krankheitswert: Unterschiedlich schwere hypochrome Anämie vom Säuglings- oder Kindesalter an. Bei einigen Fällen außerdem Infektanfälligkeit und Entwicklungsretardation. Therapiemöglichkeiten: Parenterale Humantransferrin-Gaben mit vorübergehendem gutem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1961 nur wenige Fälle bekannt. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Auf Grund des unterschiedlichen Transferrinspiegels und damit zusammenhängend der Schwere der klinischen Erscheinungen bei den einzelnen Fällen ist multiple Allelie anzunehmen. Familienberatung: Nachweis und Heterozygotentest durch immunologische SerumTransferrin-Bestimmung. Ausschluß einer Nephrose, die f ü r Hypotransferrinämie ursächlich sein kann sowie anderer Hämochromatosen (s. TBOisiBR-HAiroT-CHAUFFABD-Syndrom) notwendig. Die familienberaterische Einschätzung muß die Schwere der Erscheinungen in der jeweils vorliegenden Sippe berücksichtigen.
Atrophia bulborum hereditaria s. NORRIE-Syndrom 138
Atrophia gyrata chorioideae et retinae FUCHS Genetisch bedingte Atrophie der Chorioidea und der Retina sowie des Pigmentepithels auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den Veränderungen führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter. Nachlassen der Sehschärfe, Gesiehtsfeldeinengung, Kurzsichtigkeit und Hemeralopie. Langsam progredient durch allmähliche Ausbreitung der ringförmigen Atrophie unter Aussparung des hinteren zentralen Augenabschnittes. Therapiemöglichkeiten: Antikoagulantien Erfolg. Häufigkeit
und
sowie Vitaminpräparate
ohne befriedigenden
Vorkommen:
Sehr selten, meist sporadische oder Geschwisterfälle. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Eine genetische Beziehung zur ALDEBSchen Granulationsanomalie der Leukozyten, wie vorübergehend angenommen, besteht offenbar nicht. Das vereinzelte Vorkommen der Atrophie in zwei aufeinanderfolgenden Generationen kann als Ausdruck einer variablen Expressivität oder als Pseudodominanz gedeutet werden. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Augenhintergrundveränderungen notwendig. Berufsberatung wichtig.
Atrophodermia vermiculata Genetisch bedingte Hautveränderungen auf der Grundlage von Genmutationen. Der den Hauterscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation im Kindesalter. Harmlose, nävoide furchige Hautveränderungen auf den Wangen mit verschiedenen Begleitsymptomen: Pseudocomedonen, Pigmentflecken, Follikulitiden. K o m m t symptomatisch beim v. RECKLINGSHAUSEN-Syndrom, EiSENMENGEB-Syndrom und angeborenen Herzfehlern vor. 139
Therapiemöglichkeiten: Behandlung mit geringem Erfolg. Häufigkeit: Selten. Genetik : Autosomal rezessiver Erbgang. Das Vorkommen in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen bei einzelnen Familien spricht allerdings auch für die Existenz einer autosomal dominanten Form. Familienberatung: In Anbetracht der Gutartigkeit keine familienberaterischen Bedenken.
AUDRY-Syndrom s. Cutis verticis gyrata Australia-Antigen, Australia-Serum-Hepatitis (AuSH, HBs) Spezielle Form der Virus-Hepatitis, wahrscheinlich auf der Grundlage einer genetisch mitbedingten Disposition. Im Serum entsprechender Patienten finden sich elektronenmikroskopisch nachweisbare Virus-like Partikel, für die früher auch eine vertikale Infektion (diaplazentarer Übergang von der Mutter auf das Kind) vermutet wurde. Krankheitswert: Hepatitis, die bei „Homozygoten" zur Chronifizierung neigen soll. Gefahr der Lebercirrhose. Nicht selten subklinisch verlaufend. Therapiemöglichkeiten
:
Zur Zeit keine. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Regional sehr unterschiedlich. Au-Träger in Europa bis etwa 1 % . 1964 erstmalig in Australien nachgewiesen. In tropischen Gegenden teilweise endemisch (Frequenz bis 1:20). Genetik: Ursprünglich autosomale Vererbung vermutet. Neuerdings wird eine autosomal rezessive Störung eines bestimmten Immunsystems angenommen, die eine Infektanfälligkeit gegenüber einem verursachenden Hepatitis-Virus (Hepatitis-B-Antigen, HBAg) be140
dingt. Dafür spricht auch, daß andere Krankheiten, von denen eine besondere genetische Basis oder Disposition bekannt ist, z. B . DowN-Syndrom, Leukämien oder Lymphogranulomatose, zur AuSH disponieren: „Australia affinity group". Die Erkenntnis, daß Au(SH) allgemein durch Blut, Speichel und Urin übertragen werden kann, läßt die genetische Hypothese jedoch wieder in den Hintergrund treten. Familienberatung
:
Nachweis mit Anti-AuSH-Seren von Menschen, die den Antikörper nach der Australia-Hepatitis gebildet haben oder mit. Heteroseren vom Pferd bzw. Kaninchen durch Präzipitationsmethoden, der empfindlicheren Komplementbindungsmethode oder am besten Radioimmunoassay (RiA). Zur Frage, ob Frauen das Antigen (Virus-like-Partikel) oder gar das Virus diaplazentar übertragen können, fehlen noch größere Untersuchungen, doch scheint dies nicht der Fall zu sein. Infektionsschutz in der Umgebung von Patienten notwendig.
Autismus (unter Mitarbeit von ERNST, Berlin) Heterogene Gruppe von Psychosen des Kindesalters auf multifaktorieller Grundlage. Zugrunde liegen wahrscheinlich unterschiedliche hirnorganische Vorschädigungen oder partielle Hirnreifungsstörungen, wobei auch schwere Informationsdefizite und schwere Vernachlässigung mit Reizarmut der Umgebung zum Zustandsbild des Autismus führen können. Ein biologischer Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Sensorische Teilleitungsschwäche (optisch, emotional, sozial, akustisch) mit Kontaktarmut im Verhalten. Spracharmut und Sprachstörungen. Im Laufe des Kindesalters Symptomenwandel: Angst- und Erregungszustände, Übergang in depressive Psychose oder Schizophrenie. Teilweise aber auch Normalisierung. Häufig Oligophrenie. Grenze zur kindlichen Schizophrenie unscharf. Therapiemöglichkeiten: Psychotherapie und medikamentöse Behandlung einzelner Symptome mit unterschiedlicher Prognose. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz am Ende des ersten Lebensjahrzehntes etwa 1:2000. Selten familiär, wobei jedoch bei Verwandten von Merkmalsträgern gehäuft Sprachdefekte bzw. Retardation der Sprachentwicklung vorkommen. 141
Genetik! Heterogen. Genetische Faktoren im Sinne einer polygenen Disposition spielen eine je nach Typ unterschiedliche Rolle, die bei hirnorganisch bedingtem und endogen-psychotischem A. als am größten eingeschätzt wird und bei der autistischen Neurose weitgehend in den Hintergrund tritt. Familienberatung : Differentialdiagnose zur Schizophrenie wichtig. Das Risiko für Verwandte eines Merkmalsträgers kann in Anbetracht des meist sporadischen Auftretens empirisch als gering eingeschätzt werden.
Autoimmunkrankheiten, autoallergische Krankheiten E s liegt eine Störung im Immunsystem vor entweder in Form einer Reaktion auf körpereigene Stoffe, denen gegenüber keine Toleranz besteht, (organspezifische Autoimmunität, z. B. ADDisoN-Syndrom, v. BASEDOW-Syndrom, HASHIMOTO-Syndrom) oder eine falsche Reaktion auf Stoffe, gegen die der Organismus normalerweise tolerant ist (nicht organspezifische Autoimmunität, z. B. Anämie, hämolytische). Beteiligt sind entweder humorale oder zellständige Antikörper. Obwohl eine Tendenz zu familiärem Auftreten bei den meisten A. erkennbar ist, besteht über die Art der Vererbung noch weitgehend Unklarheit. Siehe a. Lupus erythematodes sowie Endomyokardfibrose, Endokrinopathie juvenile, familiäre, Polycythaemia rubra vera, Polyarthritis rheumatica und idiopathische Purpura, SJÖGREN-Syndrom.
AXENFELD-Syndrom s. RIEGER-Syndrom Azidose, renale, tubuläre I Genetisch bedingte Störung auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht eine verminderte Ausscheidung von Anionen durch die Nieren. Der genaue Charakter der Störung (durch einen Enzymdefekt bedingte verminderte aktive Ausscheidung?, Defekt bei der Rückresorption der Kationen?) ist noch unklar. Es kommt zu Hypokaliämie und Hypokalzämie sowie Hyperkalziurie und entsprechenden klinischen Erscheinungen. Krankheitswert: Erstmanifestation vom Säuglingsalter an. Erbrechen, Exsiccose, Polyurie, Fieber, Dystrophie. Später Osteomalazie mit Verbiegung der großen Röhrenknochen. Nephrokalzinose. Neigung zu hypokalzämischen tetanischen Anfällen. 142
Therapiemöglichkeiten! Frühzeitige diätetische Behandlung mit basischen Speisen sowie Ausgleich mit Gaben von Na-Citrat. im Sinne einer Prophylaxe klinischer Erscheinungen erfolgreich. Bei bereits manifesten Nierenund Skeletterscheinungen nur noch unbefriedigende symptomatische Behandlung. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Selten. Mehrere große Familien mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Heterogen. Es gibt auch leichtere Formen der autosomal dominanten r. t. A., die bis auf einen Minderwuchs kaum klinische Erscheinungen zeigen. Familienberatung: Nachweis an H a n d der Kationenausscheidung im Urin und der hohen Serum-Chlorid-Werte. Differentialdiagnose zur transitorischen alimentär bedingten A. der Neugeborenen notwendig. Feststellung latenter Fälle und besondere medizinische Betreuung entsprechender Familien im Hinblick auf Frühdiagnose und Therapie wichtig.
Azidose, renale, tubuläre II (LIGHTWOOD-ALBRIGHTSyndrom) Genetisch bedingte Störung der Nierenfunktion auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht eine verminderte Ausscheidung von Anionen durch die Nieren. Der genaue Charakter der Störung ist noch unklar (s. A. r. t. I). Autoimmunerkrankung? Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen vom Kindesalter an. Erbrechen, Exsiccose, Polyurie, Fieber. Später Osteomalazie mit Pseudorachitis, Anorexie. Neigung zu hypokalzämischen paroxysmalen Lähmungen, Nierensteinen und durch Nephrokalzinose bedingte Niereninsuffizienz. Minderwuchs. Therapiemöglichkeiten: Frühzeitige diätetische Behandlung mit basischen Speisen im Sinne einer Prophylaxe klinischer Manifestationen erfolgreich. Später nur noch unbefriedigende symptomatische Behandlung. 143
Häufigkeit und Vorkommen: Selten, teilweise Geschwisterfälle. Androtropie. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang fraglich. Kombination von r. t. A. mit sensoneurinaler Schwerhörigkeit autosomal rezessiv vererbt. Familienberatung: Nachweis an Hand der Kationenausscheidung im Urin und der hohen Serum-Chlorid-Werte. Differentialdiagnose zur A. r. t. I an Hand des Erbganges. Besondere medizinische Betreuung entsprechender Familien im Hinblick auf Frühdiagnose und Therapie wichtig. BAKWIN-EIGER-Syndrom s. H y p e r o s t o s i s corticalis deformans juvenilis Balkan-Nephropathie Chronisches Nierenleiden unklarer Ätiologie. Es besteht eine Schädigung der Nierentubuli, die auf die Glomerula übergreifen kann. Krankheitswert: Erstmanifestation im Erwachsenenalter. Progrediente insuffizienz. Lebenserwartung herabgesetzt.
Nieren-
Therapiemöglichkeiten: Nieren bzw. Urämiebehandlung Eventuell Nierentransplantation.
mit
unbefriedigendem Erfolg.
Häufigkeit und Vorkommen: Endemisch in benachbarten Gebieten Bulgariens, Rumäniens und Jugoslawiens. Familiär gehäuft. Genetik: Beteiligung genetischer Faktoren unklar. Die familiäre Häufung wird auf allgemeine Umweltbedingungen, Lebensgewohnheiten oder eine Virusinfektion zurückgeführt. Familienberatung: Eine B N braucht nur in der entsprechenden Balkanregion differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Es besteht, eine Prolinurie. Mit einem erhöhten Risiko für Verwandte von Merkmalsträgern muß gerechnet werden.
144
Häufigkeit und Vorkommen: Selten, teilweise Geschwisterfälle. Androtropie. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang fraglich. Kombination von r. t. A. mit sensoneurinaler Schwerhörigkeit autosomal rezessiv vererbt. Familienberatung: Nachweis an Hand der Kationenausscheidung im Urin und der hohen Serum-Chlorid-Werte. Differentialdiagnose zur A. r. t. I an Hand des Erbganges. Besondere medizinische Betreuung entsprechender Familien im Hinblick auf Frühdiagnose und Therapie wichtig. BAKWIN-EIGER-Syndrom s. H y p e r o s t o s i s corticalis deformans juvenilis Balkan-Nephropathie Chronisches Nierenleiden unklarer Ätiologie. Es besteht eine Schädigung der Nierentubuli, die auf die Glomerula übergreifen kann. Krankheitswert: Erstmanifestation im Erwachsenenalter. Progrediente insuffizienz. Lebenserwartung herabgesetzt.
Nieren-
Therapiemöglichkeiten: Nieren bzw. Urämiebehandlung Eventuell Nierentransplantation.
mit
unbefriedigendem Erfolg.
Häufigkeit und Vorkommen: Endemisch in benachbarten Gebieten Bulgariens, Rumäniens und Jugoslawiens. Familiär gehäuft. Genetik: Beteiligung genetischer Faktoren unklar. Die familiäre Häufung wird auf allgemeine Umweltbedingungen, Lebensgewohnheiten oder eine Virusinfektion zurückgeführt. Familienberatung: Eine B N braucht nur in der entsprechenden Balkanregion differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Es besteht, eine Prolinurie. Mit einem erhöhten Risiko für Verwandte von Merkmalsträgern muß gerechnet werden.
144
Balken-Agenesie s. Corpus-callosum-Agenesie BARJON-LESTRADET-LABANGE-Syndrom, Optiko-otodiabetisches Syndrom Genetisch bedingter Symptomenkomplex auf der Grundlage einer Genmutation. Der den hypothalamischen Funktionsstörungen (VasopressinMangel?) zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert
:
Erstmanifestation klinischer Erscheinungen unterschiedlich innerhalb des ersten Lebensjahrzehntes. Visusverschlechterung auf 1 / 1 0 0 — 1 / 3 0 „ durch Opticusatrophie, sensoneurinal bedingte Schwerhörigkeit und juveniler Diabetes mellitus. Bei einem Teil der Fälle außerdem noch Diabetes insipidus mit Polyurodipsie und Schwerhörigkeit (DIDMOAD). Starke Beeinträchtigung des Wohlbefindens und der Leistungsfähigkeit. Lebenserwartung unterschiedlich stark herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1938 bzw. Abgrenzung des Syndroms 1964 über 100 Geschwister- und sporadische Fälle beschrieben. Frequenz unter juvenilen Diabetikern 1:150. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung wird angenommen. Familienberatung: Differentialdiagnose zu klinisch ähnlichen Syndromen mit Hörund Visusverlust (UsHER-Syndrom, ALSTRÖM-Syndrom s. d.) an Hand des Diabetes und des Erstmanifestationsalters wichtig. Heterozygote vielfach an Teil- oder Mikrosymptomen (juveniler Diabetes mellitus) erkennbar. In Anbetracht der Schwere der Erscheinungen sollte bei Auftreten eines Merkmalsträgers vor weiteren Kindern gewarnt werden. Mit interfamiliärer Variabilität, des Erstmanifestationsalters und der Ausprägung der Symptome ist zu rechnen.
BARRAQUER-SIMONS-Syndrom s. Lipodystrophie, generalisierte, angeborene 10 Witkowski/Prokop
145
de-BARSY-Syndrom, de-BARSY-MOENS-DIERCKXSyndrom Genetisch bedingter Bindege websdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Degeneration elastischer Fasern, für die ein Basisdefekt u n b e k a n n t ist. Krankheitswert: Erstmanifestation im ersten Lebensjahr. Cutis laxa, Greisengesicht. H o r n h a u t t r ü b u n g . Allgemeine Dystrophie mit psychomotorischer Retardation, Hypotonie und Athetose (EBG-Anomalien). Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung einzelner Symptome mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1967 vier sporadische und zwei Geschwisterfälle publiziert. Genetik: Auf Grund der Geschwisterfälle ist autosomal dominante Vererbung zu vermuten. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Symptomenkombinationen Cutis laxa (s. d.) notwendig.
mit
BARTTER-Syndrom Wahrscheinlich genetisch bedingte Funktionsstörung der Nierentubuli. E s besteht eine Hyperplasie der interstitiellen renomedullären Zellen und damit, eine stark vermehrte Prostaglandin-Synthese. Dadurch k o m m t es zur Hypokaliämie und Alkalose m i t erhöhter Plasma-Benin-Aktivität, woraus sich die klinische S y m p t o m a t i k erklärt. Krankheitswert: Erstmanifestatjon klinischer Erscheinungen im ersten Lebensjahr. Polyurie und Polydipsie, Erbrechen, Mißgedeihen, Hypotonie, Kachexie. 146
Therapiemöglichkeiten
:
Kaliumchloridinfusionen und andere Maßnahmen zur Korrektur der Hypokaliämie mit unterschiedlichem Erfolg. Gaben von Aspirin, Indomethacin und anderen ProstaglandinsynthetaseHemmern führen zur biochemischen und klinischen Normalisierung. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1962 mehrere Geschwisterschaften sporadische Fälle beschrieben, vorwiegend von Negern.
und
Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang wird vermutet. Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose zu anderen Alkalosen an Hand einer erhöhten Prostaglandinausscheidung im Urin, des Hyperaldosteronismus bei normalen Blutdruckwerten und der Hypokaliämie. Früherkennung im Hinblick auf sofortige Therapie und Vermeidung irreversibler Schäden wichtig.
Basalzellnaevus-Syndrom, GORLIN-GOLTZ-Syndrom Genetisch bedingter einer Genmutation.
Fehlbildungskomplex
auf
der
Grundlage
Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation vom 2. Lebensjahrzehnt an. Multiple nävoide Basalzellepitheliome der Haut und z. T. auch anderer Organe. Odontogene Kieferzysten, Wirbel- und Rippenmißbildungen. Augenanomalien. Brachymetakarpie, zystische Veränderungen an den Phalangen. Teilweise Skoliose. Fakultativ weiterhin Corpuscallosum-Agenesie, kraniofaziale Mißbildungen, Hypogenitalismus, Schwachsinn. Meistens starke Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und des Wohlbefindens. Herabgesetzte Lebenserwartung. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch-konservative Behandlung mit unbefriedigendem Erfolg. Neuerdings Gaben von Fluorouracil erfolgversprechend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bevorzugt im weiblichen Geschlecht vorkommend. Bisher über 250 Fälle beschrieben. Frequenz der Neumutationen mit Alter des Vaters ansteigend. 10'
147
Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. In einigen Familien auch rezessiv? In kultivierten Zellen gehäuft unspezifische Chromosomenaberrationen (Brüche usw.) Familienberatung: In Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes ständige Betreuung und Prophylaxe in den betroffenen Familien notwendig.
Y. BASEDOW-Syndrom, GRAVES-Syndrom, kosis, Hyperthyreoidismus
Thyreotoxi-
Schilddrüsenüberfunktion unter Beteiligung genetischer Faktoren. Es besteht eine Hypersekretion der Schilddrüse von Thyroxin und Trijodthyronin bei gestörtem Feedback-Mechanismus mit der Hypophyse. Der Charakter der Störung ist noch ungeklärt (Autoimmunreaktion auf Schilddrüsengewebe? Wirkung eines immunologisch wirksamen long acting thyroid stimulator — LATS?) Krankheitswert
:
Erstmanifestation meistens im 5 . - 6 . Lebensjahrzehnt. Struma, Exophthalmus, Tremor mit Übererregbarkeit, Tachykardie bis zur Herzmuskelschwäche. Starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und der Leistungsfähigkeit. Maligne Entartung selten. Therapiemöglichkeiten
:
Thyreostatika in Verbindung mit kleinen Dosen von Schilddrüsenhormonen mit Erfolg. Eventuelle Thyreoektomie oder Radiotherapie. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Meist sporadisch, Vorkommen in Geschwisterschaften und aufeinanderfolgenden Generationen sowie konkordant bei eineiigen Zwillingen jedoch beschrieben. Gynäkotropie (6:1). Genetik: Die Art der Beteiligung genetischer Faktoren ist noch unklar und läßt sich am besten mit einer autosomal rezessiv (seltener dominant) bedingten erblichen Disposition bei unvollständiger Penetranz und geschlechtsunterschiedlicher Expressivität umschreiben. Als beeinflussend bzw. auslösend können weitere hormonale Faktoren (Klimakterium) sowie physische und psychische Reize und Belastungen angesehen werden. Heterogen, verschiedene Formen zeigen unterschiedliche Assoziationen zu HLA-Typen. 148
Familienberatung: Differentialdiagnose zu Hyperthyreose bei Adenomen oder Thyreoiditis nötig. Teilweise lassen sich bei klinisch gesunden, euthyreoten Verwandten von Merkmalsträgern Anomalien des Schilddrüsenstoffwechsels nachweisen. Bei Verwandten 1. Grades g e h ä u f t LATS, Schilddrüsenantikörper u n d Schilddrüsenerkrankungen. Familiäres Vorkommen des Vollbildes des Syndroms selten. Mit. verminderter Fertilität und erhöhter Abortrate bei Merkmalsträgerinnen muß gerechnet werden. Prophylaktische Gaben von Steroiden in den letzten zwei Schwangerschaftsmonaten bei erhöhtem IgG-Spiegel der Mutter ist anzuraten. Sofortige perinatale medikamentöse Therapie bei angeborenem B.-S. notwendig. Eventuell Austauschtransfusion. Risiko f ü r Verwandte ersten Grades von P a t i e n t e n wird nicht höher als 1:10 eingeschätzt.
BASSETi-KORNZWEIG-Syndrom s. Abetalipoproteinämie BATTEN-Syndrom s. Ceroid-Lipofuszinose Bauchdcckenaplasie-Syndrom, Prune-belly-Syndrom Mißbildungskomplex im Bereich des Abdomens unklarer Ätiologie u n d Pathogenese. Krankheitswert: Dünne Bauchdecken infolge angeborener Abdominalmuskelaplasie Hydroureter u n d Hydronephrose. Blasendilatation. K r y p t o r chismus. F a k u l t a t i v noch Mißbildungen des Neuralrohres u. a. Stark herabgesetzte Lebenserwartung: 2 0 % der bekanntgewordenen Fälle waren Totgeburten oder starben in den ersten Lebenswochen, 5 0 % innerhalb der ersten zwei J a h r e meistens infolge rezidivierender Harnwegsinfektionen. Uberleben bis in Erwachsenenalter jedoch möglich. Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Behandlung b e k a n n t ; Prophylaxe aufsteigender Infektionen wichtig, chirurgische Korrekturen vereinzelt möglich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 200 Fälle beschrieben, davon n u r 8 selten Geschwisterfälle.
Meist sporadisch,
Genetik: Die Beteiligung genetischer Faktoren ist unklar. Autosomal domin a n t e (isolierte Fälle — Neumutationen), autosomal rezessive 149
(Geschwisterschaften) oder X-chromosomale (Androtropie) Vererbung werden diskutiert, wobei auch die Möglichkeit einer nicht genetisch bedingten, intrauterinen Entwicklungsstörung (Virusembryopathie?) noch offen ist. Bei zwei Fällen mit weiteren Mißbildungen wurde ein kleines Extra-Chromosom gefunden. Wahrscheinlich heterogen. Familienberatung : Das Risiko einer Wiederholung in einer betroffenen Familie bzw. Geschwisterschaft ist niedrig einzuschätzen. Knabengeburten sind eventuell zu vermeiden.
BBB-Syndrom, Hypertelorismus-Hypospadie-Syndrom Genetisch bedingte Kombination kraniofazialer und Mißbildungen auf der Grundlage einer Genmutation.
genitaler
Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Angeboren. Telecanthus, Hypospadie, kraniale Assymmetrie. Geistige Retardation und neurologische Auffälligkeiten. Breite, hohe Nasenwurzel, Ohrmuscheldysplasie, Strabismus. Kryptorchismus. Rectumdiastase. Spaltbildungen im Lippen-KieferGaumenbereich. I m weiblichen Geschlecht wesentlich leichtere Symptomatik, meistens lediglich Telecanthus und Hypertelorismus. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrekturen einzelner Mißbildungen mit befriedigendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 30 Fälle, z. T. aus Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: X-chromosomaler Erbgang oder auf Grund einer Vererbung autosomal dominante Vererbung mit unterschiedlicher Manifestation werden vermutet.
Vater-Sohngeschlechts-
Familienberatung: Differentialdiagnose zum G-Syndrom (s. d.) an H a n d eines hohen Nasenrückens und der fehlenden tracheo-ösophagealen Symptomatik möglich. In betroffenen Familien sollte vor Knabengeburten durch Merkmalsträgerinnen gewarnt werden. 150
BEALS-HECHT-Syndrom, Arachnodaktylie mit K o n t r a k t u ren, CCA-Syndrom Genetisch bedingtes Bindegewebssyndrom. Der den Bindegewebsanomalien zugrunde liegende ist unbekannt.
Basisdefekt
Krankheitswert: Angeboren. Arachnodaktylie mit progredienten Flexionskontrakturen. Faltige Verformung der Ohrmuscheln. Kyphoskoliose. Intelligenz normal. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Therapie, vor allem physiotherapeutische Maßnahmen, unbefriedigend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Mehr als 25 Familien mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Wahrscheinlich gehören viele früher als MABFAIR-Syndrom beschriebene Fälle, darunter auch der Originalpatient von M A R F A N (1896) zu diesem Syndrom. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Familienberatung: Differantialdiagnose zum ACHAKD- und zum MABFAIR-Syndrom (s. d.) an Hand fehlender Arthrochalasis, kardiovaskulärer und okulärer Symptome sowie der normalen Intelligenz wichtig. Ein hohes Risiko besteht nur für Kinder von Merkmalsträgern. B E A R E - D O D G E - N E V I N - S y n d r o m s. Cutis verticis g y r a t a v. B E C H T E R E W - y . S T R Ü M P E L L - M A R I E - S y n d r o m s. S p o n dylitis ankylopoetica B E C K W I T H - W I E D E M A N N - S y n d r o m , s. W I E D E M A N N Syndrom BEHCET-Syndrom Chronisch rezidivierende Entzündungen der Augen sowie Mund- und Genitalregion unklarer Ätiologie.
der 151
Als Basis für die primär wahrscheinlich nicht infektiösen Entzündungen werden immunologische (autoimmunologische?) Störungen angenommen. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Erwachsenenalter. Schmerzhafte Irido-Zyklitiden, auf Fundus, Glaskörper und Tränendrüsen übergreifend, in 80% der Fälle zu schwerem Visusverlust bzw. Blindheit führend. Aphthen an Mund- und Genitalschleimhaut. Erytheme und Hämorrhagien der Haut. In etwa 20% der Fälle durch Lungenbeteiligung, interne Hämorrhagien, Thrombophlebitiden und Meningoenzephalitis zum Tode führend. Therapiemöglichkeiten: Antiinflammatorische Behandlung mit geringem, vorübergehendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Sporadische Fälle überwiegen. Familiäres Auftreten über mehrere Generationen einer besonders schweren Form mehrfach beschreiben. Dabei besteht eine Assoziation mit HLA-B5. Gehäuft in Südeuropa. Androtropie. Genetik: Es besteht offensichtlich eine genetische Disposition, zu der bestimmte Gewebsantigene (HLA-B5, HLA-Bw35) beitragen könnten. Eine vertikale Übertragung erfolgt vorwiegend über Frauen, die merkmalsfrei und HLA-B5-negativ sein können. Familienberatung: Familienanamnestische Erhebungen wichtig. Ein Risiko besteht vor allem bei positiver Familienanamnese für Nachkommen weiblicher Familienmitglieder.
BEHB-Syndrom; Optikusatrophie, komplizierte, hereditärfamiliäre Genetisch bedingter neurologischer Symptomenkomplex auf der Grundlage einer Genmutation. Der den degenerativen Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt (StoffWechselstörung?) ist unklar. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen vom dritten Lebensjahr an. Visusverschlechterung und Gesichtsfeldeinengung durch 152
Optikusatrophie, Skotome und Makulaveränderungen, selten zur vollkommenen Erblindung führend. Reflexanomalien, leichte Ataxie und Spastizität. Blasenschwäche. Oligophrenie. Zunächst progredient, später stationär. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch konservative Behandlung durch Physiotherapie und Medikamente unbefriedigend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1909 etwa 40 Fälle gesichert. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Dominante Vererbung in einzelnen Familien unsicher (leichte Manifestation bei Heterozygoten). Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Optikusatrophien an Hand der neurologischen Erscheinungen wichtig. Ein zu beachtendes Risiko besteht nur für Geschwister von Merkmalsträgern. Heterozygote eventuell an Mikrosymptomen erkennbar. BELL-Syndrom s. Fazialisparese B E R A R D I N E L L I - S E I F - S y n d r o m s. Lipodystrophie, generalisierte, angeborene BERLIN-Syndrom s. N A E G E L I - S y n d r o m (Claude) BERNARD-HORNER-Syndrom s. H O R N E R Syndrom BERNARD-SOULIER-Syndrom, Thrombozytendystrophie, kongenitale Genetisch bedingte Blutgerinnungsstörung einer Genmutation.
auf der
Grundlage
Der Gendefekt manifestiert sich in einem Glykoprotein-Defekt der Thrombozytenmembran, wodurch die Reaktion mit dem Faktor VIIT-von WILLBBRAND-Protein und damit die Thrombozytenaggregation und -adhäsivität gestört ist. Die klinische Symptomatik läßt sich davon ableiten. 153
Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im frühen Kindesalter. Blutungsneigung der H a u t und Schleimhäute, des Magendarmtraktes, der Nieren und anderer innerer Organe sehr unterschiedlicher Schwere, z. T. zum Tode führend. Therapiemöglichkeiten: Unterschiedlich schwere Formen entweder therapieresistent, auf Plasmatransfusion ansprechend oder nicht behandlungsbedürftig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Selten. Sporadische und Geschwisterfälle beschrieben. Genetik: Wahrscheinlich autosomal rezessiver Erbgang. Den klinisch unterschiedlichen schweren Formen liegt offenbar multiple Allelie zugrunde. Familienberatung: Nachweis an H a n d der Riesen-Thrombozyten und verschiedener Gerinnungstests. Differentialdiagnose zum v. W I L L E B R A N D - J Ü R GENS-Syndrom und anderen Thrombozytopathien (s. d.) wichtig. Die Beratung richtet sich nach der Schwere der Erscheinungen bei dem Probanden.
BERNDORFER-Syndrom s. Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte mit Spalthand und -fuß BERNHEIMER-SEITELBERGER-Syndrom liosidose
s.
GM2-Gang-
BESNIER-BOECK-SCHAUM ANN-Syndrom s. Morbus BOECK BESSEL-HAGEN-Syndrom s. Exostosen, multiple cartilaginäre BEST-Syndrom s. Makuladegeneration, familiäre BICKERS-ADAMS-Syndrom s. Hydrozephalus infolge einer Aquäduktstenose 154
BIDS-Syndrom Bisher nur aus einem Isolat in Nordamerika (Amish) beschriebene Symptomenkombination von Haaranomalien, leichtem Schwachsinn, Subfertilität und Minderwuchs: Brittle hair, Intellectual impairment, Decreased fertility, Short stature. Autosomal rezessiv vererbt.
BIEDL-BARDET-Syndrom s. LAURENCE-MOON-BIEDLBARDET-Syndrom BIEMOND-Syndrom s. Myopathia distalis tarda hereditaria BIERMER-Syndrom s. Perniziöse Anämie Bisalbuminämie Klinisch bedeutungsloses Auftreten einer Albuminvariante im Serum. Es handelt sich u m eine v o n mehreren bekannten (Alloalbumine, Paralbumine), die sich zueinander kodominant verhalten und einen Polymorphismus bilden. Zugrunde liegt multiple Allelie. Da keine klinischen Symptome bestehen, handelt es sich bei den bisher festgestellten Merkmalsträgern jeweils u m Zufallsbefunde. Die Frequenzen sind deshalb unklar. Eine H ä u f u n g besteht offenbar bei bestimmten Indianerstämmen.
BJÖRNSTAD-Syndrom s. Pili torti BLACKFAN-DIAMOND-Syndrom s. DIAMONDBLACKFAN-Syndrom Blausinnstörung s. Farbenblindheit, partielle Blepharochalasis und Doppellippe s. ASCHER-Syndrom Blindheit s. Amaurose BLOCH-SULZBERGER-Syndrom, Incontinentia pigmenti Genetisch bedingter ektodermaler Symptomenkomplex auf Grundlage einer Genmutation.
der
Der den verschiedenen Symptomen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. 155
Krankheitswert: Erstmanifestation im Neugeborenenalter. Netz- und streifenförmige Pigmentierungsanomalien nach vorausgegangenen entzündlicherythematösen Effloreszenzen der Haut besonders an Stamm und Extremitäten, nach dem 2. Lebensjahrzehnt abblassend. Bei ca. 1 / i der Fälle Haar- und Nagelwachstumsstörungen und/oder Visusminderung durch Augenveränderungen (Strabismus, Pseudogliom, Katarakte usw.). Anomalien der Zahnstellung und -entwicklung. In ca. der Hälfte der Fälle Beteiligung des ZNS: Schwachsinn, Lähmungen, Krampfanfälle. Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Therapie bekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Frequenz ca. 1:75000, Spontanmutationsrate 0,6 — 2 x 10~6/ Locus/Generation. Bis 1975 355 9 ? und 6 $ (bis 1978 17 S S ) Fälle beschrieben. Genetik: X-chromosomaler Erbgang mit Letalität der Hemizygoten oder autosomal dominanter Erbgang mit geschlechtsbegrenzter Manifestation im weiblichen Geschlecht werden angenommen. Die statistischen Auswertung der bekannten Fälle läßt beide Möglichkeiten offen. Die spezifische Anordnung der Pigmentflecken auf der Haut entspricht den Vorstellungen der Lyonhypothese über die phänotypische Manifestation X-chromosomaler Gene im homogametischen Geschlecht, kann aber auch mit anderen Vererbungshypothesen erklärt werden. Bei früher beschriebenen männlichen Fällen handelt es sich wahrscheinlich zum großen Teil um ein NAEGELi-Syndrom (s. d.), um Patienten mit. K L I N E F E L T E R Syndrom oder um eine Incontinentia pigmenti achromians ITO (s. d.). Fälle, für die das nicht zutrifft, können bei Ausschluß einer X-chromosomalen Anomalie als „Durchbrenner" angesehen werden, wobei Halbchromatiden-Mutation während der Gametogenese als Ursache diskutiert wird (ausschließlich mit negativer Familienanamnese). Neben dem klassischen Vererbungsmodus wird von einigen Autoren eine zytoplasmatische Vererbung elektronenmikroskopisch erkennbarer virusartiger Partikel als Ursache des B. S.-S. erwogen. Familienberatung: Für erbprognostische Erhebungen Differentialdiagnose zum autosomal dominant vererbten NAEGELi-Syndrom (s. d.) notwendig. Mit starker intrafamiliärer Variabilität der Schwere der klinischen Erscheinungen bei Uniformität der Symptome ist zu rechnen, so daß Merkmalsträgerinnen meistens Töchter mit schwerer Sympto156
matik haben, da nur für Frauen mit leichteren klinischen Erscheinungen Heiratschancen bestehen. Da die Pigmentanomalien nach dem 20. Lebensjahr verschwinden und außerdem auch vorher nicht bei allen Patientinnen bestehen, müssen andere Symptome, vor allem die Gebißanomalien, als diagnostische Kriterien herangezogen werden. Bei männlichen Fällen sollte eine Gonosomenanomalie ausgeschlossen werden (X-Chromatinuntersuchung). I n betroffenen Familien sind eventuell die Geburten v o n Mädchen zu vermeiden.
BLOOM-Syndrom Erbliche, polytope Entwicklungsstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Die Art des zu den klinischen Erscheinungen führenden Basisdefektes (Enzymdefekt? Störung im Immunsystem?) ist noch unbekannt. Krankheitswert : Niedriges Geburtsgewicht und Minderwuchs. An Lupus erythematodes erinnernde teleangiektatische Hauterscheinungen mit hochgradiger Fotosensibilität. Mikrozephalie, Vogelgesicht. Neigung zu Leukosen und Neoplasmen, auch bei gesunden Heterozygoten Infektanfälligkeit (vor allem IgA und IgM-Titer erniedrigt). Hypogonadismus. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch-konservative Behandlung, Gaben v o n Wachstumshormon unbefriedigend. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1954 bis 1976 71 Fälle bekannt, vor allem bei Juden (Aschkenasim) vorkommend der Fälle). Androtropie (4:1). Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Es besteht eine auffällige Neigung zu Chromosomenbrüchen und Schwesterchromatidaustausch (SCE) in kultivierten Lymphozyten und Knochenmarkzellen („Chromosomenbruch-Syndrom", s. a. Louis-BAR-Syndrom und F A N C O N I Anämie). Familienberatung: Differentialdiagnose im frühen Kindesalter an H a n d des geringen Geburtsgewichtes und der Photosensibilität möglich. Bei den Patienten und deren Verwandten muß die Neigung zu Leukosen und Tumoren beobachtet werden. Charakteristische Chromosomenbrüche teilweise auch bei Heterozygoten feststellbar. 157
BLOUNT-Syndrom s. Tibia vara Blue-diaper-Syndrom, Indikanurie Genetisch bedingtes Malabsorptions-Syndrom auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Störung der intestinalen Tryptophanresorption. Dadurch kommt es zum bakteriellen Abbau des Tryptophans und durch Kondensation der Kataboliten zur Bildung von Indikanfarbstoffen, die die Windeln blau färben. Gleichzeitig besteht eine Hyperkalzämie und Nephrokalzinose, die wahrscheinlich auch resorptionsbedingt sind. Krankheitswert: Erstmanifestation im Neugeborenenalter. Unklare Fieberschübe, Infektneigung, Obstipation, Mißgedeihen. Tod innerhalb weniger Tage oder Wochen. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und
Vorkommen:
Bisher seit Erstbeschreibung 1964 nur wenige Fälle bekannt. Genetik: Wahrscheinlich autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Diagnose und Differentialdiagnose auf Grund der Windelfärbung. I n Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes besondere medizinische Betreuung und Prophylaxe in betroffenen Familien wichtig.
Blue-Rubber-Bleb-Nävus-Syndrom Genetisch bedingte Genmutation.
Hämangiomatose
auf der Grundlage einer
Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Multiple angeborene Hämangiome unterschiedlichen Ausmaßes der Haut, des Intestinaltraktes und im Zentralnervensystem. Eine dadurch bedingte Neigung zu intestinalen, häufig okkulten Blutungen kann zu sekundären Anämien und lebensbedrohlichen Zuständen führen. 158
Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung der Hämangiome und der Blutungen. Häufigkeit und Vorkommen: Bisher nur wenige spontane Fälle und mehrere Familien mit dem Syndrom in 3 bzw. 5 aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit unvollständiger Penetranz. Familienberatung: Differentialdiagnose zum OsLER-Syndrom (s. d.) notwendig. Ständige Betreuung betroffener Familien zur Prophylaxe und Behandlung der Blutungen wichtig. Eventuell ist von Schwangerschaften in Ehen von Merkmalsträgern abzuraten.
Blutgruppenunverträglichkeit, Icterus gravis neonatorum, Morbus haemolyticus neonatorum Auf einer immunologischen Unverträglichkeit von Blutgruppen des Kindes und der Mutter beruhende Fetopathie. E s handelt sich um keinen genetischen Defekt, sondern um eine Immunisierung der Mutter während der Schwangerschaft durch normal ausgeprägte Blutgruppenantigene des Kindes. Dabei erfolgt eine Bildung von Antikörpern — meist vom Typ IgG, seltener vom Typ IgA, sehr selten IgM —, die diaplazentar oder über das Fruchtwasser in den kindlichen Organismus übergehen und hier eine Neugeborenen-Erythroblastose auslösen. Krankheitswert: J e nach Schwere der einsetzenden Immunreaktionen, die sich mit jeder blutgruppenunverträglichen Schwangerschaft steigert, unterschiedliche Symptomatik einer Erythroblastosis fetalis: 1. Fehlgeburt, Partus praematurus, ohne anatomischen Befund. 2. Mazeration. 3. Hydrops universalis congenitus mit Mazeration ante oder kurz post partum 4. Hydropisches, aber lebendes Kind. 5. Icterus gravis mit subkutanen Schleimhautblutungen, Hepatound Splenomegalie, Kernicterus und neurologischen Störungen. Blutbildveränderungen. 6. Anaemia neonatorum, oft erst einige Tage post partum. 7. Icterus neonatorum „praecox". 8. Spätere zerebrale Störungen (in 12% der Fälle nach Kernikterus). Ursache ist das Bilirubin, das eine starke Affinität 159
9. 10. 11. 12.
zu den Ganglienzellen vorwiegend des Pallidums, aber auch anderer Regionen hat: Opisthotonus, Tonuswechsel der E x tremitäten, Krampfanfälle, Grimassieren, Somnolenz, Cricérébral, Nystagmus, Atemstörungen. Cirrhosis hepatis infantum. Hepatomegalia bzw. Splenomegalia infantum. Pankreasfibrose. Restzustände: Schwachsinn verschiedenen Grades, choreatische Zustandsbilder, spastische Lähmungen, Erethismus, Hörstörungen, epileptische Anfälle.
Therapiemöglichkeiten : Milderung oder Verhinderung der Symptomatik durch intrauterine Transfusion oder Austauschtransfusion bei Neugeborenen. Prophylaktische Gaben von Immungammaglobulin IgG-Anti-D an die Mutter innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt des ersten Rhpositiven Kindes inhibieren die Anti-Rh 0 -Bildung durch eine Art Immunoparalyse (negativer Feedback-Mechanismus) und verhindern damit erhöhte Gefahren für das nächste Kind. Vorsicht bei rh-Frauen im Falle von Bluttransfusionen (stets rh-Blut) ! Häufigkeit und
Vorkommen:
Inzidenz in Abhängigkeit von den R h + / R h — ( h r ) oder anderen inkompatiblen Paarungen in der Bevölkerung ca. 4 : 1 0 0 0 . Eine entsprechende Konstellation, Ehemann R h + , Ehefrau rh— liegt in Mitteleuropa in ca. jeder 6.—7. Ehe vor, zu einer manifesten Erythroblastose kommt es jedoch nur in etwa 5 % solcher Paarungen. Genetik: Rhesus-System (klassischer Faktor Rh„): In der überwiegenden Zahl der Fälle ist die Mutter rh-negativ (cde/cde). Das Kind ist in jedem Fall heterozygot, R 2 r (cDE/cde), R x r (CDe/cde), R 0 r (cDe/ cde), R z r (CDE/cde) usw. Rh-Untergruppen (sehr selten antigen) : Immunisierung der Mutter durch Faktoren R h ' (C) oder R h " (E) oder durch R h t (CD) bzw. durch Faktor R h 2 (DE), wobei die Mutter rh-negativ oder Rhpositiv sein kann: z. B . CDe/cde-Mutter kann Anti-E (Rh") bilden. E s ist auch eine Immunisierung der Mutter durch die Faktoren hr' (c) oder hr" (e) möglich. Solche Fälle werden auch als Hr-Fälle bezeichnet, da die Mutter nun Rh-positiv ist, während der Vater des Kindes negativ oder positiv sein kann (Hr-Symbol zur Charakterisierung der Umkehrung der klassischen Rh-Konstellation). ABO-System: Eine Immunisierung kann stattfinden, wenn die Mutter die Blutgruppe 0 und das Kind die Blutgruppe A haben, wobei die Mutter dann Immunanti-A bildet. Auf die gleiche Weise ist auch eine Immunisierung gegen B möglich. Die übrigen Systeme, wie K E L L , D U F F Y , K I D D , L T J T H E R A N U. a. spielen eine geringe Rolle. Wichtig ist, daß die Immunisierung durch mehrere Faktoren 160
möglich ist, z. B . R h und Kell, R h und F y , ABO und R h usw. Im Rh-System können mehrere Faktoren, etwa C und D, gemeinsam immunisieren. Familienberatung : Früherkennung wichtig. Dazu bereits intrauterine Diagnostik bei Verdachtsfällen im dritten Trimenon und eventuell intrauterine Transfusion notwendig. Therapeutische Maßnahmen spätestens bei Neugeborenen (Austauschtransfusion) können Spätsymptome verhindern. Bei Blutgruppengleichheit oder -Verträglichkeit von Mutter und Kind im ABO-System ist mit einer verstärkten RhImmunisierung zu rechnen; ABO-Unverträglichkeit mildert oder verhindert letztere in der Regel. Diagnostik während der Schwangerschaft: Antikörperbestimmung im Serum der Mutter nach verschiedenen Testverfahren und Diagnostik aus dem Fruchtwasser („spezifische" photometrische Absorption bei 450 nm und Antikörpernachweis). Diagnostik nach der Geburt: Bestimmung freier Antikörper im Nabelschnurserum, direkter bzw. modifizierter (ABO-System) CooMBS-Test an den kindlichen Blutzellen, Bilirubinbestimmung, Titerbestimmung des maternalen Anti-A in NaCl und SupplementTests. Prophylaxe (s. Therapiemöglichkeiten) bei Geburt eines entsprechenden Kindes für weitere Schwangerschaften wichtig. Hat die Mutter bereits Antikörper, und ist der Ehemann heterozygot (z. B . R ^ ) , kann das nächste Kind R h + (geschädigt) oder rh— (ungefährdet) sein. Von einer erneuten Schwangerschaft muß also nicht abgeraten werden, eine genaue Überwachung ist jedoch notwendig. Bei Homozygotie des Ehemannes sind nur gefährdete Kinder zu erwarten. Entsprechende Beratung bzw. Anwendung aller therapeutischen Möglichkeiten notwendig. Antikörper niedrigen Titers im Rh-System können eventuell (!) durch IgG-AntiRh-Präparate deprimiert oder beseitigt werden. Spezialisten sind als Berater zuzuziehen.
Bluthochdruck, Hypertension, Hypertonie, arterielle, essentielle Erhöhter Blutdruck unterschiedlicher Ätiologie. Die Pathogenese des B . ist sehr heterogen, von verschiedenen endogenen und exogenen Faktoren beeinflußt, wobei der kausale Zusammenhang mit gefundenen anatomisch-pathologischen Substraten häufig noch nicht geklärt werden kann. Krankheitswert : Erstmanifestation klinischer Erscheinungen meist im Erwachsenenalter. Subjektive Beschwerden durch Schwindelanfälle, Kopfschmerz usw. Beeinträchtigung der Lebenserwartung und der 11
Witkowski/Prokop
161
Leistungsfähigkeit durch Sekundär- oder Begleiterscheinungen: Niereninsuffizienz, Herzversagen, Apoplexie-Neigung, Augenhintergrundsveränderungen, Gefäßveränderungen usw. Therapiemöglichkeiten: J e nach Art des B. sehr unterschiedliche Therapiemaßnahmen mit ebenso unterschiedlichen Erfolgschancen. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Regional unterschiedlich. Erkrankungswahrscheinlichkeit in Mitteleuropa auf 30% eingeschätzt, dabei ist zu beachten, daß die Übergänge zur Normotension fließend und die Abgrenzung unscharf sind. Genetik: Auf Grund des familiären Vorkommens und der Ergebnisse von Zwillingsuntersuchungen und Untersuchungen an Adoptivpersonen nehmen die meisten Autoren eine polyfaktorielle Disposition an, wobei die verschiedensten Umwelteinflüsse (Streß-Situationen, Ernährungsfehler, Lebensgewohnheiten) sowie endogene Faktoren (Endokrinium, Nierenerkrankungen, Schwangerschaft, Altersabnutzungen) eine auslösende bzw. den Verlauf beeinflussende Rolle spielen. Eine monogene (autosomal dominante) Vererbung, wie von verschiedenen Autoren auf Grund bestimmter Beobachtungen postuliert wird, ist bei der Heterogenität des Krankheitsbildes und seiner Ätiologie für einzelne Eamilien nicht auszuschließen. Familienberatung: Aus Tabelle 3, einer Aufstellung japanischer Autoren (MIYAO et al.), lassen sich ungefähre Risikoziffern ableiten. Tabelle 3 Blutdruck der Eltern
Anzahl der Familien
Anzahl der Kinder
davon hypertensiv
normal x normal hypert. X normal hypert. x hypert.
248 153 70
308 218 91
54 72 41
Eamilienberaterische Konsequenzen ergeben sich daraus jedoch nur selten, da sich der B. meist erst nach dem Heiratsalter manifestiert. Für erbprognostische Erhebungen müssen Primärerkrankungen (z. B. Nierenschäden, Gicht, Endokrinopathien) ausgeschlossen werden. 162
Bluthochdruck, pulmonaler primärer; primäre pulmonale Hypertonie Erhöhter Blutdruck in den Lungengefäßen unterschiedlicher Ätiologie. Es bestehen angeborene Dysplasien der Lungen bzw. Lungengefäße oder erworbene Gerüsterkrankungen der Lunge. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen beim essentiellen p. p. B. meist im Kindesalter. Atemnot bei Belastung, wachsende Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Klinische Zeichen eines Lungenödems. Innerhalb weniger Monate oder J a h r e zum Tode führend. Therapiemöglichkeiten: Keine effektive Therapie bekannt. Behandlung der Dekompensation ohne nachhaltigen Erfolg.
kardialen
Häufigkeit und Vorkommen: Familiärer p. p. B. selten, jedoch mehrere Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen oder in einer Geschwisterschaft beschrieben. Genetik: Das familiäre Vorkommen spricht für die Existenz eines autosomal dominant vererbten Typs des p. p. B. Ob es sich bei den Geschwisterfällen mit Tod im frühen Kindesalter um einen besonders bösartigen, autosomal rezessiv vererbten Typ handelt, ist unklar. Meist jedoch multifakteriell bedingt. Familienberatung : Nachweis a n H a n d der Druckerhöhung in der Lunge, Herzkatheter und Lungen-Arteriographie. Ausschluß einer erworbenen Gerüsterkrankung der Lunge (z. B. durch Appetitzügler), eines sekundären pulmonalen Hochdrucks (bei Kardiomyopathien, Koronar sklerose, Mitralstenose, Ventrikelseptumdefekt u. a. Vitien) sowie bei gleichzeitig bestehenden Skelett-Anomalien eines Herz-HandSyndroms (s. d.) notwendig. Von einer intrafamiliär relativ konstanten Schwere der Symptomatik kann ausgegangen werden. Eltern eines sporadischen, frühmanifesten Falles sollte von weiteren Kindern abgeraten werden.
BOECKsche Sarcoidose s. Morbus BOECK 11«
163
Van BOGAERT-BERTRAND-Typ s. Spongiöse Degeneration des ZNS Bohoroor s. Spastische Paraplegie BOICHIS-Syndrom s. Renal-retinale Degeneration BONNAIRE-Syndrom s. Foramina parietalia permagna BONNET-BLAUE-DECHAUME-Syndrom s. Hemihypertrophie BÖÖK-Syndrom s. Ergrauen des Kopfhaares van den BOSCH-Syndrom s. Akrokeratosis verruciformis (HOPF) van den BOSCH-Syndrom s. Chorioideremie BOURNEVILLE-Syndrom s. Tuberöse Sklerose BRACHMANN-de-LANGE-Syndrom s. CORNELIAde-LANGE-Syndrom Brachydaktylie Genetisch bedingte Mißbildungen des distalen Extremitätenskeletts auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Verschiedene klinisch und röntgenologisch unterscheidbare Typen der Kurzfingrigkeit (Klassifikation nach B E L L 1 9 5 1 ) : AJ:
A2: A3: A4: A5: 164
( F A R A B E E , D R I K K W A T E R I ) : Die Grundphalangen von Daumen und Großzehe sowie die Mittelphalangen aller anderen Finger und Zehen verkürzt. Andere leichte Skelettmißbildungen, Minderwuchs. Mesophalangen nur des Zeigefingers bzw. der 2. Zehe verkürzt. Brachymesophalangie und Klinodaktylie des Kleinfingers. Brachymesophalangie des 2. und 5. Fingers und einiger Zehen. Mesophalangen 2 —5 fehlen
B:
Schwerste Form (MACKIND ER-Typ): An Händen und Füßen Mittel- und Endphalangen stark verkürzt, teilweise fehlend. Syndaktylie. Nageldysplasien. C: Verschiedenartige Mißbildungen der Finger- und Zehenknochen, vor allem des 2. und 3. Strahles. D : Verkürzung und Verbreiterung der Endphalangen von Daumen und Zehen. Meist symptomatisch (RuBisrsTEm-Syndrom, HoLT-ORAM-Syndrom usw.). E : Brachymetacarpie und -tarsie unter stark variierender Beteiligung der einzelnen Strahle. Minderwuchs, Oligophrenie. Belastend für den Patienten ist vor allem der Typ B sowie durch die schweren Begleitsymptome der Typ E. Inzwischen ist die Klassifikation von T E M T A M Y auf 45 Typen erweitert worden, die meistens nur in einer Sippe in Assoziationen mit unterschiedlichen anderen Mißbildungen vorkommen. Therapiemöglichkeiten
:
Spezifische Behandlung unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Verbreitet und von unterschiedlichen Rassen und Erdteilen beschrieben sind vor allem Typ A 1( A 3 und D. Die anderen wurden nur bei einzelnen Familien beobachtet. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit vollständiger Penetranz bei allen Typen; es bestehen jedoch keine genetischen Beziehungen zwischen diesen. FARABEE erkannte 1903 in dem Typ A, zum ersten Mal eine dominant vererbte Anomalie beim Menschen. Symptomenkombinationen mit B in einzelnen Familien auch autosomal rezessiv oder exogen (s. Warfarin-Syndrom) bedingt. Familienberatung: Die Beratung hat sich nach der Schwere des jeweils vorliegenden Typs zu richten. Bedenken bestehen nur bei Typ B und E. Differentialdiagnose zur Osteodystrophia hereditaria ALBRIGHT, Pyknodysostose, Zustand nach intrauteriner Amputation, Akroosteolyse, Hydantoin- und Warfarin-Syndrom (s. d.) wichtig.
Brachymetakarpales Zwergwuchs-Syndrom s. Osteodystrophia hereditaria ALBRIGHT BRAILSFORD-Syndrom s. Dysostose, periphere 165
Branchio-oto-renale Dysplasie Kombination von Mißbildungen des äußeren und Innenohrs (Cochlea), Präaurikular- mit Halsfisteln und Zystennieren bzw. anderen Nierenmißbildungen. Schwerhörigkeit. Autosomal domin a n t vererbt.
BRANDT-Syndrom s. Akrodermatitis enteropathica Brenztraubensäureschwachsinn s. FÖLLING-Syndrom Bronchiektasien, angeborene, WILLIAMS-CAMPBELLSyndrom, Bronchomalazie Dysplasie der Bronchien unklarer Ätiologie. Es besteht eine Entwicklungsstörung des Bronchialknorpels, wodurch es zu den Bronchiektasien und zum Kollabieren der Bronchien bei Expiration kommt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb des ersten Lebensjahres. J e nach Beteiligung unterschiedlicher Bronchienäste asthmaartige Respirationsstörungen mit Erstickungsgefahr. Symptomatisch bei Mukoviszidose, Yellow-nail-Syndrom und Kartagener-Syndrom (s. d.). Tod häufig innerhalb der ersten Lebensjahre, später bessere Prognose. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung der Atemschwierigkeiten mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Offenbar heterogen. Bisher familiäres Vorkommen nur in wenigen Geschwisterschaften beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang wird vermutet. Familienberatung: Differentialdiagnose zum Bronchialasthma notwendig. Bei der angeborenen Bronchomalazie muß mit Wiederholung innerhalb einer Geschwisterschaft gerechnet werden.
Bronchomalazie s. Bronchiektasien, angeborene 166
BROOKEsche Tumoren s. Epithelioma adenoides cysticum Brustkrebs, Mammakarzinom Krebs der Brustdrüse unterschiedlicher Ätiologie. Es lassen sich deutlich sporadisch vorkommende von familiären Formen unterscheiden. F ü r letztere wird ein auslösendes exogenes Agens (Viren?) angenommen, dessen Wirksamkeit von genetisch gesteuerten, endokrinologischen (z. B. Östrogen-Rezeptoren) und/ oder immunologischen Faktoren abhängt. Krankheitswert: Erstmanifestation von Tumoren beim familiären B. durchschnittlich eher, als bei der sporadischen Form, d. h. häufig bereits im 4. Lebensjahrzehnt. Vorwiegend beidseitig mit starker Tendenz zur Metastasierung. Überlebenschancen auch bei Früherkennung und Behandlung dadurch geringer als bei sporadischem B. Therapiemöglichkeiten: Bei lokalen Prozessen chirurgische Behandlung. Bei darüber hinausgehendem Geschehen radiologische und medikamentöse Nachbehandlung lebensverlängernd. Häufigheit und
Vorkommen:
Erkrankungswahrscheinlichkeit f ü r Frauen in Mitteleuropa und Nordamerika etwa 0,5%, hier zwischen dem 34. und 54. Lebensjahr bei Frauen häufigste Todesursache. Seltener in Asien und Afrika mit Ausnahme hochzivilisierter Länder. Sporadisch oder auffällig familiär gehäuft. Bei Männern wesentlich seltener als bei Frauen. Genetik: Heterogen. Die Art des familiären Vorkommens spricht in den einzelnen Familien unterschiedlich für autosomal dominante, polygene, X-chromosomale oder auch autosomal rezessive Vererbung. Bei einem Teil der Fälle läßt sich eine genetische Beziehung zum Ovarial-Ca und Corpus-Ca oder zum Prostata-Ca erkennen: gemeinsames Vorkommen in einer Familie oder bei einem Patienten. In sogenannten „Krebsfamilien" Kombination auch mit Sarkomen, Leukose, Hirntumoren, Larynx- und NebennierenKarzinom (s. a. Adenomatöse, endokrine, hereditäre). Familienberatung: Bei negativer Familienanamnese Risiko für Verwandte 1. Grades eines Merkmalsträgers 2 —3fach (prämenopausisch, unilateral) bzw. 8—9faeh (prämenopausisch, bilateral) erhöht. Das Risiko für Töchter von Merkmalsträgerinnen mit positiver Familien167
anamnese liegt bei etwa 3 0 % . Sind Mutter und Schwester betroffen, ist die Erkrankungswahrscheinlichkeit gegenüber der Durchschnittsbevölkerung auf das 50fache erhöht. Bei gemeinsamen Vorkommen von B. und Ovarial-Ca wird X-chromosomale Vererbung über gesunde Männer vermutet. Hier muß von einem Risiko von 5 0 % f ü r Töchter v o n Merkmalsträgerinnen ausgegangen werden. Erkennung entsprechender familiärer Typen im Hinblick auf besondere prophylaktische Maßnahmen u n d engmaschige Vorsorgeuntersuchung wichtig.
Brustwarzen und -drüsen, Fehlen der s. Amastie van BUCHEM-Syndrom s. Hyperostosis corticalis generalisata Bulbärparalyse, progressive, infantile; Syndrom
FAZIO-LONDE-
Paralyse motorischer Hirnnerven unklarer Ätiologie. E s besteht eine Atrophie der motorischen Anteile der Kerne des Hypoglossus, Vagus, weniger des Fazialis und Trigeminus, wofür ein Basisdefekt unbekannt ist. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter, Sprachverfall, Schluck-, Kau- u n d Atembeschwerden bei Atrophie der entsprechenden Muskulatur. Muskelzittern. I n einigen Familien Hörverlust. Innerhalb weniger J a h r e zum Tode führend. Therapiemöglichkeiten
:
Keine wirksame Therapie bekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Meist sporadisch, vereinzelt in Geschwisterschaften oder aufeinanderfolgenden Generationen. Wegen der Heterogenität des K r a n k heitsbildes oder der schweren Abgrenzbarkeit unterschiedlich eingeschätzt. Genetik: Heterogen. J e nach Vorkommen wird f ü r einzelne Familien autosomal rezessive oder dominante Vererbung angenommen. Sporadische Fälle unklar. Da sich die Patienten gewöhnlich nicht fortpflanzen, ist autosomal dominante N e u m u t a t i o n nicht ausgeschlossen. Die Grenzen zur Amyotrophischen Lateralsklerose (s. d.) m i t vorwiegend bulbärer S y m p t o m a t i k sind klinisch un168
scharf, genetische Beziehungen bestehen jedoch o f f e n b a r n i c h t . Bei der a d u l t e n B., der B. m i t Ophthalmoplegie (autosomal domin a n t ) u n d der B. m i t T a u b h e i t (autosomal rezessiv), dem T y p F A Z I O - L O N D E (autosomal rezessiv) sowie der X - c h r o m o s o m a l vere r b t e n B . ( J a p a n ) h a n d e l t es sich wahrscheinlich u m eigene nosologische E i n h e i t e n jeweils einer oder weniger Familien. Familienberatung: G e n a u e Differentialdiagnose (Neoplasmen, A m y o t r o p h i s c h e Lateralsklerose) u n d familienanamnestische E r h e b u n g e n zur Feststellung des E r b g a n g e s notwendig. Bei sporadischen Fällen ist d a s Risiko f ü r V e r w a n d t e als gering einzuschätzen. Von K i n d e r n sollte jedoch Merkmalsträgern a b g e r a t e n werden.
Buphthalmus s. Glaukom, kongenitales BÜRGER-GRÜTZ-Syndrom s. Hyperlipoproteinämie Typ I BURKE-Syndrom s. SHWACHMAN-Syndrom BURKITT-Lymphom NonHoDGKiN-Lymphom mit virologischen und zytogenetischen Auffälligkeiten. I n den L y m p h o m z e l l e n l ä ß t sich regelmäßig EPSTEIN-BAR-VirusA k t i v i t ä t (EBV) nachweisen, so d a ß eine Virusgenese des L y m p h o m s a n g e n o m m e n wird. A u ß e r d e m b e s t e h t bei einem großen Teil der Fälle eine Chromosomenaberration in den Lymphomzellen in F o r m einer Verlängerung des langen A r m e s des Chromosoms 14 (14 q + ), die wahrscheinlich auf einer Translokation vorwiegend m i t d e m Chromosom 8 (8q—) b e r u h t . Der kausale Z u s a m m e n h a n g zwischen EPSTEIN-BAK-Virus, C h r o m o s o m e n a b e r r a t i o n u n d L y m p h o m - E n t s t e h u n g ist u n k l a r . Krankheitswert: E r s t m a n i f e s t a t i o n v o n L y m p h o m e n meistens bereits im Kindesalter. B e t r o f f e n sind Kieferknochen, Leber, Milz, Gastrointestinaltrakf,, Urogenitalsystem, R e s p i r a t i o n s t r a k t , Urogenitalsystem, Mesenterium u. a. Schlechte Prognose vor allem bei Beteiligung v o n K n o c h e n m a r k u n d ZNS. Therapiemöglichkeiten: Z y t o s t a t i k a g a b e n ( E n d o x a n ) in Anfangsstadien k ö n n e n zur volls t ä n d i g e n Remission f ü h r e n . Bei Befall v o n K n o c h e n m a r k u n d Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m n u r geringe Erfolge. 169
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Endemisch in feuchtwarmen Gebieten des tropischen Afrika. In Amerika und Europa sehr selten. Das „weiße" B L . unterscheidet sich vom afrikanischen durch ein späteres Erstmanifestationsalter (11. —12. Lebensjahr, Afrika: 7 . - 9 . ) , durch Überwiegen der abdominellen Symptomatik, durch den EBV-Titer und durch die Häufigkeit der 14q +-Chromosomenaberration. Genetik: Kein Anhaltspunkt, für Erblichkeit. Familienberatung
:
Zur Differentialdiagnose kann die Chromosomenanalyse der Lymphomzellen herangezogen werden. Der EPSTEIN-BAR-VirusTiter ist bei afrikanischen Fällen generell höher als bei amerikanischen und europäischen.
BUSCHKE-OLLENDORFF-Syndrom, Dermatofibrosis lenticularis disseminata mit Osteopoikilie Genetisch bedingte Form der Osteopoikilose mit Hautbeteiligung auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht ein allgemeiner Bindegewebsdefekt, von dem vor allem die elastischen Fasern der Haut betroffen sind. Der zugrunde liegende Basisdefekt (Störung in der Kollagen-Synthese?) ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation vom 2. Lebensjahrzehnt an. Gruppierte, hautfarbene flache Papeln der Haut an Stamm und Extremitäten. Symptomlos bestehende herdförmige Verdichtungen im Knochen fast des gesamten Skeletts. Therapiemöglichkeiten: Nicht notwendig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Etwa 50 familiäre und sporadische Fälle beschrieben. Familien mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen bekannt. Genetik: Autosomal dominante Vererbung. 170
Famüienberatung: Differentialdiagnose zum Pseudoxant.homa elasticum (s. d.) und zu verschiedenen Formen von Xanthomen an Hand der röntgenologischen Knochenveränderungen wichtig. In Anbetracht des Pehlens subjektiver Beschwerden kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken. BYLER-Syndrom s. Gallengang-Aplasie, i n t r a h e p a t i s c h e {¡-Syndrom Frühkindlich letaler Symptomenkomplex mit Herzfehler, Trigonozephalie, primordialer Minderwuchs und Arthrochalasis. Bisher nur bei I i Fällen beschrieben. Wahrscheinlich autosomal rezessiv vererbt. C5-Mangel-Syndrom s. L E I N E R - S y n d r o m Cafe-au-lait-Flecken s. N a e v i pigmentosi CAFFEY-Syndrom s. H y p e r o s t o s i s corticalis infantilis Calcinose, tumoröse s. Lipoidocalcinosis progrediens
CALVfi-LEGG-PERTHES-Syndrom, Osteochondrosis d e f o r m a n s coxae juvenilis, Coxa p l a n a Vorwiegend exogen bedingte Epiphysennekrose des Femur. Als Ursache für die familiäre Osteochondrosis werden eine mangelhafte vaskuläre Versorgung von Femurkopf und Schenkelhals oder Dauerbrüche im Kindesalter durch Überbelastung oder verminderte Belastbarkeit in dieser Region angenommen. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Erstmanifestation im Kindesalter. Allmählich einsetzende, bei der familiären Form meist beidseitige Einschränkung der Beweglichkeit im Hüftgelenk. Hinken. Zunehmende Gehschwierigkeiten. Therapiemöglichkeiten: Orthopädische Behandlung in frühen Stadien mit gutem Erfolg. 171
Famüienberatung: Differentialdiagnose zum Pseudoxant.homa elasticum (s. d.) und zu verschiedenen Formen von Xanthomen an Hand der röntgenologischen Knochenveränderungen wichtig. In Anbetracht des Pehlens subjektiver Beschwerden kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken. BYLER-Syndrom s. Gallengang-Aplasie, i n t r a h e p a t i s c h e {¡-Syndrom Frühkindlich letaler Symptomenkomplex mit Herzfehler, Trigonozephalie, primordialer Minderwuchs und Arthrochalasis. Bisher nur bei I i Fällen beschrieben. Wahrscheinlich autosomal rezessiv vererbt. C5-Mangel-Syndrom s. L E I N E R - S y n d r o m Cafe-au-lait-Flecken s. N a e v i pigmentosi CAFFEY-Syndrom s. H y p e r o s t o s i s corticalis infantilis Calcinose, tumoröse s. Lipoidocalcinosis progrediens
CALVfi-LEGG-PERTHES-Syndrom, Osteochondrosis d e f o r m a n s coxae juvenilis, Coxa p l a n a Vorwiegend exogen bedingte Epiphysennekrose des Femur. Als Ursache für die familiäre Osteochondrosis werden eine mangelhafte vaskuläre Versorgung von Femurkopf und Schenkelhals oder Dauerbrüche im Kindesalter durch Überbelastung oder verminderte Belastbarkeit in dieser Region angenommen. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Erstmanifestation im Kindesalter. Allmählich einsetzende, bei der familiären Form meist beidseitige Einschränkung der Beweglichkeit im Hüftgelenk. Hinken. Zunehmende Gehschwierigkeiten. Therapiemöglichkeiten: Orthopädische Behandlung in frühen Stadien mit gutem Erfolg. 171
Häufigkeit und
Vorkommen:
Inzidenz etwa 1 : 4000. Überwiegend sporadisch, Geschwisterschaften und Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen jedoch beschrieben. Androtropie. Oenetik: Offensichtlich heterogen. Die Art des familiären Vorkommens spricht für Beteiligung genetischer Faktoren (Polygenie), wobei ein einheitlicher Erbgang jedoch nicht erkennbar ist. Von einem Teil der Autoren wird jede genetische Ursache verneint und die Familiarität auf gleichartige Umweltbelastungen innerhalb der Sippe zurückgeführt. Familienberatung: Ausschluß exogener Ursachen notwendig: Vorausgegangene Frakturen, Hüftluxationen, Hormonbehandlungen. Differentialdiagnostisch müssen auch monogen bedingte Hüftgelenkserkrankungen (Epiphysiolysis capitis femoris, s. d., u. a.) ausgeschlossen werden. Das empirische Risiko wird in Abhängigkeit von den diagnostischen und nosologischen Kriterien unterschiedlich eingeschätzt: Risiko unabhängig von Geschlecht bei Einseitigkeit für Kinder nicht erhöht, wenn nur ein Elternteil erkrankt ist, bei Beidseitigkeit nur leicht erhöht. Risiko für Geschwister bei Beidseitigkeit: für Brüder und Schwestern einer Probandin 7 , 3 % bzw. 1 , 6 % und für Brüder und Schwestern eines männlichen Probanden 5 , 9 % resp. 1.4%-
CAMURATI-ENGELMANN-Syndrom s. ENGELMANNSyndrom CANAVAN-Syndrom s. Spongiöse Degeneration des Zentralnervensystems Candidiasis, chronische, mucocutane, Moniliasis Chronische Candidiasis auf Grund einer genetisch bedingten Resistenzschwäche gegenüber Candida albicans. Der genetisch bedingten chronischen C. können unterschiedliche Basisdefekte zugrunde liegen: a) Agammaglobulinämie (s. Agammaglobulinämie Typ Schweiz) b) Störung des zellvermittelten Immunsystems im Rahmen der juvenilen familiären Endokrinopathie (s. d.) c) Störung der Leukozytenfunktion durch einen Defekt der Nicotin-Adenin-Dinukleotid (NADH)-Oxidase (s. letale Granulomatose des Kindesalters). 172
d) Störung der Leukozytenfunktion durch einen D e f e k t der Myeloperoxidase. Autosomal rezessiv vererbt, bisher nur wenige Fälle beschrieben. e) Störungen der Thymusfunktion b z w . Thymusaplasie (s. DI GEORGE-Syndrom). f ) Dystrophie des oralen Epithels durch einen latenten Gewebeeisen-Mangel unklarer Genese. Meistens ohne Anämie. A u t o somal rezessiv vererbt? Korrigierbar durch per- und parenterale Eisengaben. g ) Störung der L y m p h o z y t e n f u n k t i o n durch D e f e k t e der Transformation, durch Lymphokin-Mangel u. a. Jeweils Einzelbeobachtungen, wahrscheinlich autosomal rezessiv vererbt.
Canities praematura s. Ergrauen des Kopfhaares CAPDEPONT-Syndrom, Dentinogenesis imperfecta Genetisch bedingte Zahndysplasie auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den Erscheinungen führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Zahnschmelz- und Dentin-Defekt in beiden Dentitionen f ü h r t zum Abbrechen des Schmelzes, Verfärbung, schnellem A b k a u e n und schließlich vorzeitigem Verfall der Zähne. Pulpa-Obliteration. Teilweise symptomatisch bei Osteogenesis imperfecta v o r k o m mend. Therapiemöglichkeiten: K e i n e spezifische Behandlung bekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Heterogen. Frequenz ca. 1 : 6000 bis 1 : 7000 Merkmalsträger in bis zu sechs aufeinanderfolgenden Generationen. Bisher ein H o m o z y g o t e r bekannt. Oenetik: Autosomal dominanter Erbgang. Variable Expressivität. Familienberatung
:
Familienberaterische Bedenken bestehen in Anbetracht der prothetischen Möglichkeiten nicht. Ständige stomatologische Betreuung und Ausschöpfung prophylaktischer Möglichkeiten in betroffenen Familien wichtig. S. a. Dentinhypoplasie.
CAPUTE-RIMOIN-KONIGSMARK-Syndrom s. Lentigines 173
Carnitin-Mangel-Myopathie, Lipidspeicher-Myopathie Genetisch bedingter Carnitin-Mangel auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einem Mangel an Carnitin (y-Trimethyl-Amino-jS-Hydroxybutyrat) in der Muskelzelle. Es handelt sich entweder um einen Biosynthesedefekt des Carnitins in der Leber oder um eine Transportstörung in die Muskelzellen. Das Carnitin ist beim Transport der Fettsäuren aus dem Zytoplasma durch die Mitochondrienmembran beteiligt. Bei seinem Fehlen unterbleibt die /J-Oxidation vor allem der Iangkettigen Fettsäuren innerhalb der Mitochondrien. Es kommt zur Bildung von Lipidvakuolen (Triglyceride) in den Muskelfasern (Typ I), zur Erhöhung des Fettsäurespiegels im Plasma und auf klinischer Ebene zu myopathischen Erscheinungen. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb der ersten Lebensjahre. Langsam progrediente Muskelschwäche, z. T. auch Herzmuskel beteiligt. Hepatomegalie. Azidose. Tod ohne Therapie meist innerhalb des 2. oder 3. Lebensjahrzehnts. Therapiemöglichkeiten: Carnitingaben, spezielle Triglycerid-Diät (mittellangkettige Fettsäuren) oder Prednison-Gaben je nach Basisdefekt bei den einzelnen Patienten mit unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher etwa 10 Fälle beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Heterogen. Familienberatung: Nachweis histochemisch an Hand der Lipidspeicherung und der Carnitinwerte in der Muskelbiopsie bei erhöhtem Fettsäurespiegel im Plasma sowie elektronenoptisch an Hand vergrößerter Mitochondrien, der Lipidvakuolen und einer Atrophie von Muskelfasern (Typ I). Heterozygoten an verminderten Carnitin-Werten im Muskel erkennbar. Differentialdiagnose zum frühkindlich systemischen Carnitin-Mangel wichtig.
Carnitin-Palmityltransferase-Mangel, LipidspeicherMyopathie Genetisch bedingter Enzymdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. 174
Der Gendefekt manifestiert sich in einem Mangel an CarnitinPalmityltransferase. Dadurch kommt es zu einer Störung des Carnitin-vermittelten Transportes langkettiger Fettsäuren vom Zytoplasma in die Mitochondrien der Muskelzellen, zur Ablagerung von nicht oxidierten Triglyceriden in Plasmavakuolen und zur Störung der Energiebilanz der Muskelzellen, aus der sich die klinische Symptomatik ableitet. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter. Muskelkrämpfe und -schmerzen, besonders nach Anstrengung oder Fasten, gefolgt von Myoglobinurie. Atemstörungen. Therapiemöglichkeiten
:
Hochkalorische, kohlehydratreiche, fettarme Diät und Vermeidung von Hungerzuständen sowie starker körperlicher Anstrengung mit sehr gutem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1970 mehrere sporadische und Geschwisterfälle beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Den unterschiedlich schweren Formen liegt wahrscheinlich multiple Allelie bzw. Heterogenie zugrunde. Familienberatung: Nachweis an Hand der Palmityltransferase-Aktivität in Muskelbiopsien. Nach dem gleichen Prinzip eventuell HeterozygotenNachweis möglich. Eine interfamiliär unterschiedliche, intrafamiliär jedoch relativ konstante Schwere der Erscheinungen kann vorausgesetzt werden.
Carnosinurie, Carnosinämie, Aminoazolaminoazidurie Erbliche Störung des Histidinstoffwechsels auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer verminderten CarnosinaseAktivität im Serum, dadurch kommt es zur Ausscheidung der Dipeptide Carnosin und Anserin (Histidin-Stoffwechsel) im Harn. Der Zusammenhang zwischen der Stoffwechselstörung und der klinischen Symptomatik ist noch nicht klar. Es besteht eine hohe Homocarnosin-Konzentration im Liquor. 175
Krankheitswert: Erstmanifestation im frühen Kindesalter. Schwere progrediente zerebrale Ausfallserscheinungen mit Schwachsinn und myoklonischen Krampfanfällen sowie Augenhintergrundsveränderungen. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1967 nur wenige sporadische und Geschwisterfälle beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Heterozygote eventuell an erhöhter Carnosinausscheidung erkennbar. CARPENTER-Syndrom s. Akrozephalosyndaktylie CARRARO-Syndrom s. T a u b h e i t (Tabelle) Cataracta s. K a t a r a k t CATEL-HEMPEL-Syndrom s. S C H W A R T Z - J A M P E L Syndrom Cat-eye-Syndrom s. K a t z e n a u g e n - S y n d r o m Catlin-Mal s. F o r a m i n a parietalia permagna CCA-Syndrom s. B E A L S - H E C H T - S y n d r o m Cebozephalie s. Holoprosenzephalie CENANI-Syndrom, C E N A N I - L E N Z - S y n d r o m Genetisch bedingte Mißbildung des peripheren Extremitätenskeletts auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt sowie die Pathogenese sind unbekannt. 176
Krankheitswert: Starke Behinderung durch totale Syndaktylie der Hände m i t Fusionen der Metacarpalia. S t a r k e Verkürzung und Synostose von R a d i u s und Ulna. Untere E x t r e m i t ä t e n weniger stark betroffen. Therapiemöglichkeiten
:
K a u m chirurgische K o r r e k t u r möglich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Ca. 15 sporadische und Geschwisterfälle beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Differentialdiagnose zur Akrozephalosyndaktylie an H a n d der normalen Schädelkonfiguration wichtig. Pränatale Diagnostik ultrasonographisch oder amniofetographisch möglich.
Central core disease, Zentralfibrillen-Myopathie Genetisch bedingte Myopathie auf der Grundlage einer Genmutation. Der der pathologischen Veränderung zentraler Myofibrillen in der Muskelfaser zugrunde liegende Basisdefekt (enzymatische Störung?) ist unbekannt. Krankheitswert: Angeboren. Muskelschwäche und -hypotonie (Amyotonia congenita, „floppy b a b y " ) , vor allem der E x t r e m i t ä t e n , auf andere Muskelgruppen übergreifend. S t a t i o n ä r oder sehr langsam progredient. Verspätetes Laufenlernen, Gehbeschwerden, Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Therapiemöglichkeiten
:
Bisher keine effektive Therapie b e k a n n t . Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1956 etwa 3 0 Fälle beschrieben. Merkmalsträger in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Das familiäre Vorkommen spricht für autosomal dominanten E r b gang, wobei unregelmäßige Dominanz m i t klinisch normalen Über12 Witkowski/Prokop
177
trägern nicht ausgeschlossen ist. Die genetischen Beziehungen zu anderen Muskelhypotonien sind noch unklar. Gemeinsames Vorkommen von 0. c. d. u n d Nemaline Myopathie (s. d.) in einer Familie beschrieben. Wahrscheinlich bestehen genetische Beziehungen zwischen beiden. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen angeborenen Myopathien (an H a n d der verminderten Phosphorylaseaktivität der Muskeln und des histologischen Bildes in Muskelbiopsien) notwendig. Biochemische Anomalien auch bei klinisch gesunden Familienangehörigen nachweisbar. Hyperthermiegefahr bei Anästhesie m u ß beachtet werden!
Cephalo-Polysyndafetylie-Syndrom s. GREIG-Syndrom Ceraniid-Lactosid-Lipidose s. DAWSON-Syndrom Cerebellare Ataxie Typ THOMAS-Syndrom
DEJERINE-THOMAS,
D ß
JFIRINE-
Olivo-ponto-cerebellare Atrophie unklarer Ätiologie. Krankheitswert: Erstmanifestation im 5 . - 6 . Lebensjahrzehnt, schnell ad exitum führend. Cerebellare Ataxie entsprechend der vom T y p M E N Z E L (s. d.), allerdings ohne Symptome einer spinalen Beteiligung. Therapiemöglichkeiten
:
Symptomatisch-konservative Behandlung unbefriedigend. Häufigkeit und Vorkommen: Nach B E C K E R bis 1 9 6 6 2 0 gesicherte Fälle beschrieben, davon zweimal Geschwister. Genetik: Unklar, Ätiologie möglicherweise heterogen: Exogene Ursachen, autosomal rezessiver Erbgang oder Polygenie werden diskutiert. Familienberatung: Die Schwierigkeit liegt in der Differentialdiagnose zu anderen cerebellaren Ataxien, besonders zum T y p MENZEL, die autosomal dominant vererbt werden. Abgrenzung an H a n d des klinischen 178
Bildes, des durchschnittlich späteren Manifestationsalters und des sporadischen Auftretens unsicher. Bei eindeutigen Fällen bestehen kaum Bedenken für Kinder von Merkmalsträgern.
Cerebellare Ataxie, Typ HOLMES Kleinhirnrindenatrophie auf der Grundlage einer Genmutation. Der Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert
:
Erstmanifestation der klinischen Erscheinungen im 3 . - 4 . Lebensjahrzehnt. Cerebellare Ataxie mit Unsicherheit der Geh- und Handbewegungen. Sprachstörungen, Reflexanomalien, Fußdeformitäten. Parästhesien. Langsam progredienter Verlauf mit allmählicher Intelligenzminderung und Wesensänderung. Therapiemöglichkeiten
:
Symptomatisch-konservative Behandlung unbefriedigend. Häufigkeit und Vorkommen: Mehrere 100 Fälle, teilweise aus großen Sippen mit Merkmalsträgern aus bis zu vier aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Weiteren familiären, jeweils in einer Sippe autosomal dominant auftretenden spinocerebellaren Ataxien mit unterschiedlichen Begleitmißbildungen liegen wahrscheinlich Mutationen anderer Loci zugrunde. Familienberatung
:
S. Typ MENZEL
Cerebellare Ataxie, Typ MENZEL Genetisch bedingte olivo-ponto-cerebellare Atrophie auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Atrophie zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Erstmanifestation im 3 . - 5 . Lebensjahrzehnt, selten früher oder später. Stark variables klinisches Bild, wahrscheinlich in Abhängigkeit von Ausmaß und Lokalisation der Atrophie. Cerebellare Ataxie mit Gangstörungen, Sprechstörungen, Nystagmus, Akinesen, Störung der Blasenfunktion. Es können auch Muskelatrophien und spastische Erscheinungen im Vordergrund stehen. Allmählich 12*
179
Verlust der Gehfähigkeit und der Sprache. Tod innerhalb weniger J a h r e bis Jahrzehnte. I n einigen Fällen mit Retina-Degeneration kombiniert. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch-konservativ, unbefriedigend. Häufigkeit und Vorkommen: Neben differentialdiagnostisch gegenüber dem DEJERINE-THOMASSyndrom (s. d.) nicht genau abgrenzbaren sporadischen Fällen 13 größere gesicherte Sippen aus Europa und den USA beschrieben. Genetik: Heterogen. Autosomal dominanter Erbgang. Die bei einigen Familien beobachtete Kombination von C. A. M. und Retinadegeneration bildet offensichtlich eine eigenständige, ebenfalls autosomal dominant vererbte Einheit. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen cerebellaren Ataxien (Typ HOLMES) klinisch oft sehr schwierig. Sporadische Fälle können im Hinblick auf ihre mögliche Zuordnung zum DILJEBINE-THOMAS-Syndrom (s. d.) familienprognostisch günstig beurteilt werden. Cerebellare Ataxie und Photo-Myoklonie s. Myoklonusepilepsie T y p HÄRTUNG. Bei Familien mit mehreren Merkmalsträgern ist besondere medizinisch-genetische Betreuung und Prophylaxe notwendig.
Cerebraler (Jigantismus, SOTOS-Syndrom Komplex multipler Abartungen unklarer Ätiologie. Der zugrunde liegende Basisdefekt (dienzephale Endokrinopathie?) ist unbekannt. Somatomedin- und Prolactin-Sekretion normal. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb des ersten Lebensjahres. Hohes Geburtsgewicht, Dolichozephalie, Megalozephalie, Hypertelorismus. Gigantismus mit Akromegalie, akzeleriertes Knochenwachstum und vorzeitiger Knochenreife. Geistige Retardation nicht obligat (83%). Therapiemöglichkeiten
:
Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher über 120, überwiegend sporadische Fälle publiziert. I n einer Familie Mutter-Kind-Vererbung beschrieben. 180
Genetik: Unklar. Von einigen Autoren auf Grund des Auftretens bei Geschwistern und eineiigen Zwillingen autosomal rezessive Vererbung vermutet, von anderen wird autosomal dominanter Erbgang angenommen. Familienberatung: Differentialdiagnose zum Gigantismus bei Hypophysentumor an H a n d des klinischen Bildes notwendig. Das Risiko f ü r Verwandte eines Merkmalsträgers k a n n als gering eingeschätzt werden.
Cerebralparese s. LITTLE-Syndrom Cerebro-costo-mandibuläres Syndrom, Rippen-LückenSyndrom Genetisch bedingter Mißbildungskomplex auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Geistige Retardation, Wachstumsverzögerung bei niedrigem Geburtsgewicht, Mikrozephalie. Charakteristische Öffnung im harten Gaumen bei Fehlen des weichen Gaumens und der Uvula. Glossoptosis, Mikroretrognathie. Lückenartige Rippendysplasie und Wirbelanomalien (Skoliose) bedingen zunehmende Respirationsinsuffizienz und Herzfunktionsstörungen. Tod meistens bereits innerhalb der ersten Lebensjahre. Therapiemöglichkeiten
:
Antibiotische und chirurgische Behandlung der Ateminsuffizienz sowie Sondenernährung mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Abgrenzung des Syndroms 1966 20 sporadische und Geschwisterfälle bekannt. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung. Z. T. auch autosomal dominante Neumutation vermutet. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen spondylocostalen Dysostosen (s. d.) notwendig. Bisher kein Anhaltspunkt f ü r Erkennbarkeit von Heterozygoten an H a n d von Teil- oder Mikrosymptomen. 181
Cerebro-hepato-renales Syndrom (ZELLWEGER), ZELLWEGER-Syndrom Genetisch bedingtes Mißbildungssyndrom auf der Grundlage einer Genmutation. Der den klinischen Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt (Störung des Pipecolsäure-Stoffwechsels?) ist unbekannt. Krankheitswert: Angeboren. Allgemeine neurogen bedingte Hypotonie, Hepatosplenomegalie. Zystennieren. Lungenhypoplasie. In einigen Fällen kardiovaskuläre Mißbildungen oder Thymusdysplasie. Epileptiforme Anfälle. Charakteristischer mongoloider Gesichtsausdruck. Schwere psychomotorische Retardation. Hämosiderose. Tod innerhalb der ersten Lebensmonate. Therapiemöglichkeiten : Unbekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1964 über 35 Fälle, darunter mehrere Geschwisterschaften, beschrieben. Nosologische Beziehungen zum SMiTH-LEMLi-OpiTZ-Syndrom (s. d.) noch unklar. Inzidenz auf 1: 100000 eingeschätzt. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Heterogen. Familienberatung: Nachweis an Hand eines erhöhten Serum-Pipecolsäure-Spiegels. Bei Auftreten eines Merkmalsträgers sollten die Eltern in Anbetracht der Schwere der Schädigung vor weiteren Kindern gewarnt werden.
Cerebro-okulo-faziales Syndrom, COFS-Syndrom Genetisch bedingter Mißbildungskomplex auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt sowie die Pathogenese sind unbekannt. Krankheitswert: Angeboren. Mikrozephalie. Partielle Corpus-callosum-Agenesie mit entsprechenden neurologischen Ausfallerscheinungen. Faziale Dys182
morphie durch Mikrophthalmie, Blepharophimose, z. T. Katarakt, vorspringende Nase, große Ohren und Mikroretrognathie. Kamptodaktylie. Flexionskontrakturen im Sinne einer Arthrogryposis multiplex. Klumpfüße (rocker-bottom-Füße). Kyphose, Osteoporose. Hypotonie, Mißgedeihen. Nierenfunktionsstörungen und wahrscheinlich pränatal Hydramnion. Therapiemöglichkeiten: Außer symptomatischen Korrekturen nichts bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1974 über 20 sporadische und Geschwisterfälle — meistens aus Verwandtenehen — beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung : Differentialdiagnose zu anderen Dystrophie-Syndromen wichtig. In Anbetracht der Schwere der klinischen Erscheinungen in betroffenen Familien spezielle Betreuung und Prophylaxe notwendig. Ceroid-Lipofuszinosen, neuronale Amaurotische Idiotien Gruppe genetisch bedingter Lipidosen jeweils auf der Grundlage einer Genmutation. Es handelt sich um Nichtgangliosid-Speicherkrankheiten der Neuronen. Der Gendefekt manifestiert sich in einer generellen Akkumulation sudanophiler, autofluoreszierender, unlöslicher Lipopigmente, deren Zusammensetzung aus Ceroid und Lipofuszinen noch unklar ist. Der jeweils zugrunde liegende Basisdefekt (Störung der Peroxidation ungesättigter Fettsäuren?) ist unbekannt. Die klinische Symptomatik leitet sich aus dem Tesaurismus in den betroffenen Geweben ab. Krankheitswert: Nach dem klinischen Erstmanifestationsalter und der Art der Symptome unterscheidet man vier Typen: a) Infantiler Typ ( S A N T A V T J O B I - H A L T I A ) : Granuläre Lipopigmentablagerungen in Neuronen, Skelettmuskelzellen und Monozyten. Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb der ersten beiden Lebensjahre mit psychischer Retardation, Ataxie, Hypotonie, Visusverfall und myoklonischen Anfällen. Sekundäre Mikrozephalie. Kontrakturen. Tod durchschnittlich im 7. Lebensjahr unter vollkommenem geistigen und körperlichen Verfall. 183
b) S p ä t i n f a n t i l e r
Typ
(DOLLINGER-JANSKY-BIELCHOWSKY) :
Kur-
vilineare Ceroid-Lipofuszin-Ablagerungen in Neuronen, anderen neuroektodermalen Zellen, Lymphozyten und Muskelzellen. Erstmanifestation klinischer Erscheinungen zwischen dem 3. u n d 6. Lebensjahr. Epileptiforme Anfälle. Zerebromuskuläre Degeneration. Tod nach 4 — 8 J a h r e n . c) Juveniler Typ (BATTEN-SPIELMEYER-VOGT-SJÖGREN-) : „Fingerp r i n t " - u n d kurvilineare Ablagerungen in Neuronen und anderen neuroektodermalen Zellen (Störung des LinoleinsäureStoffwechsels?) Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im 6. bis 10. Lebensjahr. Visusverfall, Wesensänderung, epileptoide Anfälle. Kyphoskoliose. Progredienter Verlauf. d) Adulter Typ (KUFS): Kurvilineare Ceroid-Lipofuszin-Ablagerungen wie bei T y p b. Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im 2 . - 4 . Lebensjahrzehnt. Neurologische Ausfallserscheinungen, Gangstörungen, Visusverlust, geistiger Verfall. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
T y p a): Seit Erstbeschreibung 1973 mehr als 50 Fälle vorwiegend aus Skandinavien beschrieben. Typ b): E t w a 50 Fälle beschrieben. Abgrenzung zur generalisierten Gangliosidose (s. d.) retrospektiv bei einigen Fällen nicht gesichert. H ä u f u n g auf Neufundland (Kanada). T y p c): Über 200 Fälle vor allem aus Nordeuropa beschrieben. I n Schweden Inzidenz etwa 1 : 40000, Heterozygotenfrequenz 1 : 100. T y p d ) : Seit Erstbeschreibung 1925 mehr als 30 Fälle beschrieben. Genetik: Jeweils autosomal rezessive Vererbung. Genetische Beziehungen zwischen den Typen c und d sind noch nicht ganz auszuschließen. Bei T y p d auch autosomal dominanter Erbgang beschrieben. Familienberatung
:
Nachweis, Differentialdiagnose und bei spätmanifesten Typen auch Frühdiagnose elektronenmikroskopisch an H a n d der Hirnbiopsie oder spezifischer Ceroid-Lipofuszin-Ablagerungen in Muskel-, Nerven- oder Hautbiopsiezellen und Lymphozyten sowie an H a n d typischer EEG-Anomalien. Lipidvakuolen in Lymphozyten teilweise auch bei Heterozygoten nachweisbar. I n Anbetracht der Schwere der Erscheinungen muß in betroffenen Familien vor weiteren Schwangerschaften gewarnt werden. 184
CERVENKA-Syndrom s. Hyaloideo-retinale Degeneration Typ WAGNER Cervico-oculo-acusticus-Syndrom s. WILDERVANCKSyndrom CHANDS s. Wollhaare CHARCOT-MARIE-TOOTH-Syndrom s. Muskelatrophie, neurale CHARCOT-Syndrom s. a. Lateralsklerose, amyotrophische CHiDIAK-HIGASHI-Syndrom Genetisch bedingter Stoffwechseldefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der dem Syndrom zugrunde liegende Basisdefekt (Membrandefekt?, Defekt der Lysosomen?, Phagozytose-Defekt der Granulozyten mit mikrotubulärer Funktionsstörung?) ist noch unklar. E s findet eine normale Melaninsynthese in abnormalen Melanozyten s t a t t . Krankheitswert: Partieller Albinismus mit Photophobie und Nystagmus. Allgemeine Hyperhidrose, Hepatosplenomegalie. Neigung zu I n f e k t e n durch zunehmende Abwehrschwäche der Leukozyten u n d zu malignen Lymphomen. Anämie. Periphere Neuropathie. Lebenserwartung stark herabgesetzt. Tod meist im mittleren Kindesalter (Sepsis). Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Therapie vor allem der Infekte mit Antibiotika ohne gute Prognose quoad vitam. Gammaglobulin- u n d Kortikosteroid-Gaben mit unterschiedlichem Erfolg. Eventuell Knochenmarktransplantation erfolgreich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher ca. 65 Fälle vorwiegend Provenienz beschrieben.
europäischer
oder
japanischer
Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. 185
Familienberatung: Nachweis an H a n d spezifischer Anomalien des Blutbildes und lysosomaler, peroxidasepositiver granulärer Einschlüsse in Leukound Lymphozyten. Heterozygoten lassen sich an Granula in kultivierten Lymphozyten erkennen. Pränatale Diagnostik eventuell durch Nachweis metachromatischer Einschlüsse in kultivierten Amnionzellen. Auf Grund der schlechten Prognose familienberaterische Prophylaxe in den betroffenen Familien notwendig.
CHfiDIAK-STEINBRINCK-HIGASHI-Syndrom s. CHfiDIAK-HIGASHI-Syndrom Chemotaxisstörung der Neutrophilen s. Neutrophilen-Funktionsstörung CHENEY-Syndrom s. Akroosteolyse, neurogene Cherubismus Genetisch bedingte fibröse Dysplasie der Kieferknochen auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Veränderungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation gewöhnlich im zweiten Lebensjahr. Fibröse Auftreibungen vor allem der Unter- weniger der Oberkieferknochen bedingen eine charakteristische Facies und können zu Funktionseinschränkungen im Kieferbereich führen. Teilweise Anomalien der Zahnstellung und vorzeitiger Zahnverlust. Nach 2- bis 3jähriger Progredienz Stillstand und allmählich Normalisierung der klinischen Erscheinungen. Keine Beeinträchtigung im Erwachsenenalter. Therapiemöglichkeiten: Bei Funktionseinschränkungen Stomatologische Betreuung. Häufigkeit
und
chirurgische
Knochenkorrektur.
Vorkommen:
Bis 1969 91 Fälle beschrieben, möglicherweise werden leichte Fälle häufig gar nicht auffällig. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit variabler Expressivität. 186
Familienberatung: Differentialdiagnose zu Neoplasmen (s. Kieferdysplasie, fibroostotische) und zur infantilen Hyperostose (s. d.) wichtig. Kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken. Teilweise röntgenologische Mikrosymptome in der Aszendenz feststellbar.
CHILD-Syndrom s. Chondrodysplasia punctata Chloriddiarrhoe s. Alkalose Choanalatresie Angeborener Verschluß der Choanalöffnung unklarer Ätiologie und Pathogenese. Krankheitswert: Ein- oder beidseitiger Verschluß der Choane führt zu Atemschwierigkeiten bei Neugeborenen. Es kann zu Asphyxien und vor allem bei doppelseitigem Defekt während der Nahrungsaufnahme zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen. Auffällig häufig kombiniert mit anderen Mißbildungen, teilweise symptomatisch, z. B. bei chromosomalbedingten Symptomenkomplexen, Akrozephalos y n d a k t y l i e , LENZ-MAJEWSKi-Syndrom,
FKANCESCHETTi-Syndrom
(s. d.) oder bei der Thalidomid-Embryopathie. Sekundäre Anosmie. Häufig noch weitere Mißbildungen vorhanden, s. a. VATER-Assoziation. Therapiemöglichkeiten: Im Neugeborenenalter bei schweren Fällen Magensonde und andere Maßnahmen zur Gewährleistung der Mundatmung oft lebenserhaltend. Nach wenigen Wochen haben sich die Kinder an Mundatmung gewöhnt. Später chirurgische Freilegung des Atemweges durch die Nase. Häufigkeit und Vorkommen: Inzidenz etwa 1: 5000 bis 1 : 2500. 2 / 3 der Fälle einseitig. Meist sporadische Fälle, zwölfmal familiäres Vorkommen, davon fünfmal in 2 oder 3 aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Gynäkotropie. Genetik: Ätiologie wahrscheinlich heterogen. Die Art des familiären Vorkommens spricht bei den meisten Sippen für autosomal rezessiven Erbgang, bei anderen für autosomal dominante Vererbung mit herabgesetzter Penetranz, wobei Pseudodominanz nicht auszuschließen ist. Expressivität variabel. 187
Familienberatung: Früherkennung bei unklaren Asphyxien lebenswichtig. Nachweis durch Sondierung und Rhinoskopie. Entsprechende Informationen sollten in betroffenen Familien gegeben und bei Geburten therapeutische Vorbereitungen getroffen werden. Ansonsten wegen der guten Therapiemöglichkeiten kein Gegenstand ernsthafter familienberaterischer Bedenken.
Cholestanolose, cerebro-tendinäre s. Xanthomatose, cerebrotendinäre Cholestase, intrahepatische s. Gallengang-Aplasie, intrahepatische Cholesterolester-Speicherkrankheit s. WOLMAN-Syndrom (Pseudo-) Cholinesterase-Mangel s. SuccinylcholinÜberempfindlichkeit Chondrocalcinosis, Kalzium-Gicht Genetisch bedingte Gelenkerkrankung auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den Gelenkerscheinungen führende Basisdefekt ist unbek a n n t ; wahrscheinlich handelt es sich nicht um eine Störung des Kalzium- oder Phosphatstoffwechsels. E s liegt eine Anomalie der Knorpelgrundsubstanz vor mit Kalkeinlagerungen in den fibrösen u n d hyalinen Gelenkknorpeln und Kalziumpyrophosphatkristallen in der Synovialflüssigkeit. Dadurch k o m m t es zu synovialen Reizerscheinungen nach Art eines „Pseudogichtsyndroms". Krankheitswert: Erstmanifestation im 3 . - 5 . Lebensjahrzehnt. Langjähriger, chronisch-progredienter Verlauf. Schweregrad sehr unterschiedlich von leichten, nur ein Gelenk betreffenden gichtartigen Arthralgien über schubweise a u f t r e t e n d e schwere exsudativ arthritische Formen bis zur Generalisation. I m späteren Leben durch degenerative Knorpelveränderungen in Arthrosis deformans ausmündend. Meist Invalidisierung notwendig. Therapiemöglichkeiten: Symptomatisch konservative Behandlung (Zytostatika, Kortikosteroide, Phenylbutazon usw.) mit unterschiedlichem Erfolg. 188
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher über 250 familiäre Fälle aus 33 Sippen publiziert mit regionaler Häufigkeit in Isolaten (Founder-Effekt). Familiäres Vorkommen in über acht Generationen beschrieben. Genetik: Wahrscheinlich autosomal dominanter Erbgang mit unregelmäßiger Penetranz und variabler Expressivität, selten autosomal rezessiv. Familienberatung: Nachweis röntgenologisch an Hand der den Gelenkkonturen folgenden, innen parallelen Kalkschatten, besonders an den Menisci und anderen großen Gelenken sowie der doppelbrechenden Kalziumpyrophosphatkristalle in der Synovialflüssigkeit. Mit Frühinvalidität muß gerechnet werden. Sporadische Fälle mit generell leichterem Verlauf.
Chondrodysplasia metaphysaria s. Knorpel-Haar-Hypoplasie Typ McKUSICK Chondrodysplasia punctata, CONRADI-HÜNERMANNSyndrom, Chondrodystrophia calcificans congenita Genetisch bedingte Osteochondrodysplasie auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Störung der Knorpel- und Knochenentwicklung zugrunde liegende Basisdefekt (Mukopolysaccharid- oder Kalkstoffwechselstörung?) ist unbekannt. Krankheitswert
:
Klinische Zeichen einer epiphysären Dysplasie, vor allem an den Extremitäten mit Verkürzung und Bewegungseinschränkungen von Geburt an. Kontrakturen. Anomalien des Gesichtsschädels. In 3 0 % der Fälle Cataracta congenita, hyperkeratotische Hautveränderungen, Vitium cordis congenitum. Prognose im ersten Lebensjahr schlecht, später leichte Besserung der Symptomatik. Es werden mehrere Typen unterschieden. Beim rhizomelen Typ schwere Symptomatik mit Infektneigung und Tod meist innerhalb des ersten Lebensjahres. Typ CONRADI-HÜNERMA.NN : Häufig nur geistige Reterdation. Minderwuchs und typische Facies mit Sattelnasa. Kann unauffällig bestehen. Z. T. mit ichthyosiformer Erythrodermie. Therapiemöglichkeiten
:
Symptomatische Korrekturen in beschränktem Umfang möglich. 189
Häufigkeit
und
Vorkommen:
E t w a 200 Fälle beschrieben, darunter mindestens sieben Geschwisterschaften. Vom rhizomelen Typ bisher über 45 Fälle publiziert. Fälle mit Ichthyosis fast nur bei $9Genetik: Den verschiedenen klinischen Erscheinungsformen können wahrscheinlich unterschiedliche Mutationen im Sinne einer Heterogenie zugrunde liegen. Die hohe Konsanguinitätsrate der Eltern (etwa 50% der Fälle) spricht beim rhizomelen Typ für autosomal rezessive Vererbung. Bei generell leichterer Symptomatik (Typ CONKADIHÜNEP.MANN) dominanter Erbgang. In Kombination mit ichthyosiformer Erythrodermie X-chromosomal dominant vererbt, ebenso wahrscheinlich die unilaterale Form (CHILD-Syndrom). Auffällige Ähnlichkeit in der klinischen Symptomatik im Sinne einer Phänokopie zeigt die Warfarin-Embryopathie (s. d.). Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen chondrodysplastischen Mißbildungen (z. B. Cerebro-hepato-renales Syndrom, Warfarin-Embryopathie, s. d.) wichtig. Nachweis an H a n d kleinster, röntgenologisch erfaßbarer Kalkeinlagerungen in Knorpelgeweben (gut sichtbar im Calcaneus bei seitlicher Rö-Aufnahme des Fußes) möglich. Für erbprognostische Erhebungen ist die familienanamnestische Sicherung des jeweiligen Erbganges von Wichtigkeit. Auf Grund von Überschneidungen können die beiden H a u p t t y p e n häufig nicht eindeutig differenziert werden. Auf Mikro- und Teilsymptome in der Aszendenz muß besonders geachtet werden.
Chondrodysplasie s. Metaphysäre Chondrodysplasie Chondrodysplasie s. PARROT-Syndrom Chondroektodermale Dysplasie s. ELLIS-van-CREVELDSyndrom Chorea HUNTINGTON s. HUNTINGTON-Syndrom Chorioidea-Dystrophie, gyrierte, Hyperornithinämie Genetisch bedingte chorio-retinale Degeration auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einem Mangel an OrnithinKetoazidaminotransferase in der Mitochondrienmatrix. Es kommt zu einer Störung des Ornithin-Stoffwechsels und zu einer 10- bis 190
20fachen Erhöhung des Ornithinspiegels in den Körperflüssigkeiten. Der Zusammenhang mit der Augensymptomatik ist noch unklar. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im 2 . - 3 . Lebensjahrzehnt. Nachtblindheit. Progrediente Gesichtsfeldeinengung durch fleckförmige, scharf begrenzte chorio-retinale Degeneration. Therapiemöglichkeiten: Proteinarme Diät und/oder Vitamin-B 6 -Gaben führen zur biochemischen Normalisierung und klinischen Besserung. Häufigkeit und Vorkommen: Bei mehr als 30 sporadischen und Geschwisterfällen mit Aderhautdystrophie Hyperornithinämie nachgewiesen. Klinische Erstbeschreibung 1939. Heterogen. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung. Heterogen, wahrscheinlich verschiedene Allele. Familienberatung: Diagnose und Differentialdiagnose (s. Hyaloideo-retinale Degeneration) an H a n d der Hyperornithinämie und der gesteigerten Ornithin-Synthese in transformierten Lymphozyten. Nach dem gleichen Prinzip Heterozygotentest und pränatale Diagnostik möglich. Differentialdiagnose zu anderen Formen der Hyperornithinämie auf Grund der fehlenden klinischen Hyperammonämie-Symptomatik (s. Hyperammonämie).
Chorioidea-Sklerose Sklerose der Aderhaut unterschiedlicher Ätiologie. Der den sklerotischen Veränderungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Visusverschlechterung vom späten Kindesalter an durch zentrale, peripapilläre oder generalisierte Sklerose der Aderhaut. Progredienz je nach T y p unterschiedlich. Therapiemöglichkeiten: Keine wirksame Therapie bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Die nicht altersbedingte Ch.-S. ist sehr selten. Bei generalisierter Ch.-S. Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Gene191
rationen und bei zentraler Ch.-S. vor allem Geschwisterschaften neben sporadischen Fällen beschrieben. Genetik: Offensichtlich heterogen. Die Art des familiären Vorkommens der zentralen und der peripapillären Ch.-S. spricht gewöhnlich f ü r autosomal rezessive, seltener dominante Vererbung, während die generalisierte Ch.-S. autosomal dominant vererbt wird. Die Existenz eines X-chromosomalen Typs ist wegen der unsicheren differentialdiagnostischen Abgrenzung zur Retinitis pigmentosa (s. d.) und zur Chorioideremie (s. d.) noch unklar. Familienberatung: Nachweis u n d Differentialdiagnose gegenüber der Retinitis pigmentosa durch Elektroretinografie und Adaptometrie oft unsicher. Eine B e r a t u n g muß von dem in der entsprechenden Familie jeweils vorliegenden T y p ausgehen. Heterozygote eventuell an subklinischen Symptomen erkennbar.
Chorioideremie, Tapeto-chorioidale Degeneration, progressive Genetisch bedingte Dystrophie der Chorioidea auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Auf G r u n d der bald nach Geburt einsetzenden Retina- und Chorioidea-Atrophie progrediente Visusverschlechterung. Nachtblindheit und Gesichtsfeldeinengung im männlichen Geschlecht. I n einer Familie Kombination von Ch. mit geistiger Retardation, Akrokeratosis verruciformis, Skelettanomalien und Anhydrosis: VAN DEN BoscH-Syndrom (X-chromosomal). Therapiemöglichkeiten
:
Nichts b e k a n n t . Häufigkeit
und
Vorkommen:
Sehr selten, Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren Generationen b e k a n n t . Gehäuft in einem Isolat in Lappland. Genetik: X-chromosomaler Erbgang mit abgeschwächter bis subklinischer Manifestation (periphere Pigmentveränderungen des Augenhinter-
g r u n d e s meistens ohne B e e i n t r ä c h t i g u n g des Sehvermögens) bei H e t e r o z y g o t e n . I d e n t i t ä t m i t Chorioideremie u n d X-chromosomaler R e t i n i t i s pigmentosa v o n einigen A u t o r e n v e r m u t e t . Familienberatung: Heterozygotennachweis u n d F r ü h e r k e n n u n g fluoreszenzangiografisch auf G r u n d der A u g e n h i n t e r g r u n d s v e r ä n d e r u n g e n . K n a b e n g e b u r t e n sind in d e n b e t r o f f e n e n Familien eventuell zu vermeiden.
Chorio-retinale Degeneration s. a. Hyalvideo-retinale Degeneration CHOTZEN-Syndrom s. Akrozephalosyndaktylie Christmas-Krankheit s. Hämophilie B CHRIST-SIEMENS-TOURAINE-Syndrom s. Ektodermale Dysplasie, anhydrotische Chromosomopathien, chromosomal bedingte Syndrome Genetisch bedingte komplexe Mißbildungen oder Normabweichungen auf der Grundlage einer numerischen oder s t r u k t u r e l l e n Chromosomenaberration. W ä h r e n d die Anzahl der bei Lebendgeborenen möglichen verschiedenen numerischen A b e r r a t i o n e n begrenzt ist, g i b t es eine u n ü b e r s c h a u b a r e Vielfalt s t r u k t u r e l l e r Aberrationen. E r s t e r e entstehen d u r c h N o n d i s j u n c t i o n v o n Chromosomen w ä h r e n d der Gametogenese (Meiose) oder a u c h bei den ersten Teilungen d e r Zygote (Genommutationen), letztere d u r c h Chromosomenbrüche u n d -Umstrukturierungen (Chromosomenmutationen). U r s a c h e n f ü r die Mutationen in der K e i m b a h n sind u n b e k a n n t . Der größte Teil der chromosomal a b e r r a n t e n F r ü c h t e stirbt bereits w ä h r e n d der E m b r y o n a l p e r i o d e a b (s. Aborte). E i n Überleben bis zur G e b u r t ist n u r bei numerischen A b e r r a t i o n e n b e s t i m m t e r Chromosomen u n d bei strukturellen A b e r r a t i o n e n geringen U m f a n g s oder genetisch nicht essentieller C h r o m o s o m e n a b s c h n i t t e möglich. Auf klinischer E b e n e manifestieren sich Chromosomenaberrationen in einem K o m p l e x vorwiegend unspezifischer D e f e k t e , deren Diagnose bis auf wenige A u s n a h m e n immer der Chromosomenanalyse bedarf. Numerische C h r o m o s o m e n a b e r r a t i o n e n : Autosomal:
Trisomie Trisomie Trisomie Trisomie
13 Witkowski/Frokop
8 (s. d.) 13 (D 1 ; s. PATAU-Syndrom) 18 (s. EDWABDS-Syndrom) 21 (s. D o w u - S y n d r o m ) 193
Gonosomal:
Monosomie X (s. UmtiCH-TuRNER-Syndrom) Polysomie X (s. T r i p l o - X - F r a u e n ; P e n t a - X - P r a u e n ) X X Y - G o n o s o m e n s t a t u s (s. KxiNEFELTER-Syndrom) Polysomie Y (s. Y Y - S y n d r o m )
Strukturelle C h r o m o s o m e n a b e r r a t i o n e n : Aus der Fülle der in d e n letzten J a h r e n b e k a n n t g e w o r d e n e n , teilweise sippenspezifischen A b e r r a t i o n e n manifestieren sich n u r wenige in einer f ü r eine s y n d r o m a t i s c h e Abgrenzung ausreichend spezifischen S y m p t o m e n k o m b i n a t i o n e n : Partielle Monosomie 4 p (s. Deletions-Syndrom des k u r z e n Armes eines Chromosoms N r . 4) Partielle Monosomie 5 p (s. Cri-du-chat-Syndrom) Partielle Trisomie 9 p (s. S y n d r o m der partiellen Trisomie des Chromosoms Nr. 9) Partielle Monosomie 18 (s. Deletions-Syndrome des Chromosoms N r . 18) Familienberatung: E i n e Risikoeinschätzung setzt i m m e r die d u r c h Chromosomenanalyse gewonnene K e n n t n i s des C h r o m o s o m e n s t a t u s ( K a r y o t y p ) beim P r o b a n d e n v o r a u s , d a a u c h klinisch diagnostizierbaren Chromosomopathien verschiedene, in ihrem Risiko unterschiedliche Chromosomenaberrationen z u g r u n d e liegen k ö n n e n (s. z. B . DOWNSyndrom). D a s S p e k t r u m der klinischen Auswirkung der verschiedenen Chromosomenaberrationen reicht v o m schweren letalen Mißbildungskomplex bis zu unauffälligen psychischen u n d / o d e r somatischen Abweichungen. E n t s p r e c h e n d weit s p a n n t sich die I n d i k a t i o n f ü r die Chromosomenanalyse. Eine Chromosomenanalyse sollte d u r c h g e f ü h r t w e r d e n : a) bei allen b e k a n n t e r m a ß e n chromosomal bedingten S y n d r o m e n z u m Ausschluß familiärer F o r m e n , sofern eine e r b p r o g n o s t i s c h e Fragestellung b e s t e h t : K i n d e r w u n s c h der E l t e r n oder n a h e r Verwandter. b) a u s diagnostischen G r ü n d e n bei u n k l a r e n Mißbildungskomplexen, R e t a r d a t i o n e n , I n t e r s e x u a l i t ä t s f o r m e n , Genitalmißbildungen sowie Sterilität oder I n f e r t i l i t ä t u n b e k a n n t e r Ursache. E i n e Chromosomenanalyse erübrigt sich bei nachgewiesenen monogen bedingten S y n d r o m e n u n d S t ö r u n g e n sowie bei umschrieb e n e n D e f e k t e n eines Organs oder Körperteils. Wiederholungsrisiko f ü r numerische A b e r r a t i o n e n s. e n t s p r e c h e n d e S y n d r o m e . Ein Wiederholungsrisiko m u ß vor allem bei Vorliegen einer strukturellen A b e r r a t i o n in B e t r a c h t gezogen werden. Die H ö h e des Risikos r i c h t e t sich n a c h der A r t der A b e r r a t i o n u n d m u ß jeweils individuell a u s d e m K a r y o t y p e r m i t t e l t werden. S t r u k t u relle Aberrationen k ö n n e n über N o r m a l p e r s o n e n in balancierter F o r m vererbt werden. Die U n t e r s u c h u n g gesunder F a m i l i e n a n gehöriger ist deshalb notwendig. 194
Citrullinurie- Syndrom, Citrullinämie Erblicher Stoffwechseldefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt äußert sich in einer stark verminderten Aktivität (Substrataffinität) der Argininbernsteinsäure-Synthetase in Fibroblasten und Blutzellen, wodurch es zur Ansammlung von Citrullin im B l u t und H a r n u n d nach Eiweißaufnahme zu einer Hyperammonämie k o m m t . Letztere wirkt wahrscheinlich toxisch auf das Zentralnervensystem. Sekundär entsteht durch Störung der renalen Rückresorption eine Aminoazidurie. Krankheitswert: Erstmanifestation des Leidens in den ersten Lebenswochen. Epileptiforme und komatöse Anfälle, Brechattacken, fortschreitende Retardation und Schwachsinn. Lebenserwartung herabgesetzt. K a n n jedoch auch klinisch unauffällig verlaufen. Therapiemöglichkeiten: Leichte Besserung durch eiweißarme Diät. In Krisensituationen Rehydratations-Therapie. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1962 nur Wahrscheinlich oft nicht erkannt.
wenige
Einzelbeobachtungen.
Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Heterogen, mit unterschiedlicher Restaktivität der allelen Formen. Familienberatung: Frühdiagnose an H a n d des Nachweises von Citrullin in Urin und Blut. Heterozygotentest wahrscheinlich auf die gleiche Weise nach Eiweißbelastung möglich. Pränatale Diagnostik durch Enzymbestimmung in kultivierten Amnionzellen. Früheinsetzende diätetische Behandlung wichtig.
CLARKE-Syndrom s. Keratose, palmoplantare, mit Ösophaguskarzinom COCKAYNE-Syndrom Genetisch bedingter Komplex von Entwicklungsstörungen auf der Grundlage einer Genmutation. Die Art des zu den klinischen Erscheinungen führenden Basisdefektes (UV-Repair-Defekt?) ist noch unbekannt. 13*
195
Krankheitswert: Erstmanifestation des Leidens im zweiten Lebensjahr nach bis dahin normaler Entwicklung. Disproportionierter Zwergwuchs mit Skelettdeformitäten, Mikrozephalie und Kachexie. Retinitis pigmentosa, Taubheit, Oligophrenie, Fotosensibilität der Haut. Hypogonadismus. Neigung zu Karies. Vorzeitiges Altern mit Atherosklerose. Vollbild der Krankheit meistens bis zum 10. Lebensjahr entwickelt, Tod gewöhnlich im zweiten Lebensjahrzehnt. Therapiemöglichkeiten: Außer symptomatisch konservativer Behandlung nichts bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Bisher über 40 Fälle aus 23 Familien beschrieben, davon etwa 2 / 3 Knaben. Alle bisher bekannten betroffenen Familien stammen aus Europa (vorwiegend England). Expressivität bei beiden Geschlechtern gleich. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Heterozygote bisher nicht erkennbar. In Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes medizinische Betreuung und Prophylaxe in den betroffenen Familien besonders wichtig.
COFFIN-Syndrom, COFFIN-LOWRY-Syndrom Genetisch bedingter Bindegewebsdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Primordialer Zwergwuchs, schwere physische und psychomotorische Entwicklungsstörung, kraniofaziale Dysmorphie mit vorgewölbter Stirn und Hypertelorismus, große tiefsitzende Ohrmuscheln. Hypotrichose. Große Hände mit Trommelschlegelfingern. Spastische Tetraplegie. Epileptoide Anfälle. Infektanfälligkeit. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Abgrenzung des Syndroms 1968 über 20 z. T. familiäre Fälle beschrieben. 196
Genetik: Autosomal dominanter oder — auf Grund der generell leichteren Symptomatik im weibliehen Geschlecht — X-chromosomaler Erbgang werden vermutet. Familienberatung: I n Anbetracht der Schwere der Erscheinungen sollte bei Auftreten eines Merkmalsträgers vor weiteren Kindern gewarnt werden.
COFS-Syndrom s. Cerebro-okulo-faziales Syndrom COGATv-Syndrom II s. Apraxie, okulomotorische Colitis ulcerosa Chronische Dickdarmentzündung unklarer Ätiologie und Pathogenese (immunologische Vorgänge in der Darmschleimhaut?). Krankheitswert: Erstmanifestation im Erwachsenen- seltener im Kindesalter. Abdominalschmerz, Diarrhoen. Anämie. Starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und der Leistungsfähigkeit. Chronischprogredient. Gefahr unterschiedlicher Komplikationen und der Malignisierung (50% der Patienten haben nach 25 Jahren Malignome). Therapiemöglichkeiten: Konservative Therapie unbefriedigend. Neuerdings Zytostatika erfolgversprechend. Häufigkeit und Vorkommen: Selten. 15—20% der Fälle familiär. Konkordantes Vorkommen bei eineiigen Zwillingen wiederholt beschrieben. Genetik: Auf Grund gleichartiger Symptome bei Verwandten bzw. Zwillingen wird eine polygene Disposition angenommen. Familienberatung: Das Risiko für Verwandte eines erwachsenen Merkmalsträgers wird mit 1:100 angegeben. Es steigt mit sinkendem Erstmanifestationsalter (Kinder 1:50). Gemeinsames Vorkommen von C. u. und CROHN-Syndrom (s. d.) in einer Familie läßt auf genetische Beziehungen zwischen beiden Krankheitseinheiten schließen. 197
Complement-System, Defekte Die Proteine des Complement-Systems im P l a s m a spielen in F o r m einer k a s k a d e n a r t i g e n R e a k t i o n v o n 9 H a u p t k o m p o n e n t e n eine entscheidende Rolle beim F u n k t i o n i e r e n der A b w e h r m e c h a n i s m e n gegen Fremdeiweiß (vor allem B a k t e r i e n u n d Viren) im R a h m e n b e s t i m m t e r Antigen-Antikörper-Reaktionen. Genetisch bedingte Defizienzen einzelner K o m p o n e n t e n f ü h r e n deshalb zu Abwehrschwächen oder zu klinischen S y m p t o m e n , die bei Autoagressionsk r a n k h e i t e n v o r k o m m e n . Bisher sind noch nicht v o n allen K o m p o n e n t e n Störungen m i t klinischer Auswirkung b e k a n n t : C j : D e f e k t des I n a k t i v a t o r s f ü r Cx s. QUINCKE-Syndrom. Mangel a n der U n t e r e i n h e i t C^r, a u t o s o m a l rezessiv v e r e r b t , f ü h r t e in einer Geschwisterschaft zu c u t a n e n u n d N i e r e n s y m p t o m e n eines L u p u s e r y t h e m a t o d e s (LE), s. d. C 2 : Bei Mangel keine klinischen Erscheinungen oder S y m p t o m e v o n L E , SCHÖNLEIN-HENOCH-Syndrom, Polymyositis und Glomerulonephritis. Autosomal rezessiv v e r e r b t , wenige Homozygote b e k a n n t . C 3 : N u r wenige P a t i e n t e n m i t a u t o s o m a l rezessivem Mangel u n d I n f e k t n e i g u n g beschrieben. C 4 : L E - S y m t o m a t i k . Autosomal rezessiv. C 5 : L E - S y m p t o m a t i k u n d Anfälligkeit gegenüber B a k t e r i e n d u r c h gestörte Opsonisation bei H o m o z y g o t e n f ü r C 5 -Mangel (LEINERS y n d r o m , s. d.). C 6 : C 6 -Mangel: Dermatomyositis, Meningitiden C7: I m m u n s c h w ä c h e C 8 : Neigung zu bakteriellen I n f e k t i o n e n u n d L E - S y m p t o m a t i k bei autosomal rezessiv v e r e r b t e m C 8 -Mangel.
CONRADI-HÜNEBMANN-Syndrom s. Chondrodysplasia punctata CORI-Syndrom s. Glykogenose Typ III Cornea plana Genetisch bedingte fetale Entwicklungsanomalie im H o r n h a u t bereich auf der Grundlage einer G e n m u t a t i o n . Der der a b n o r m geringen K r ü m m u n g der H o r n h a u t zugrunde liegende Basisdefekt ist u n b e k a n n t . Krankheitswert: Angeboren. Visusminderung d u r c h R e f r a k t i o n s a n o m a l i e n , e x t r e m e Hyperopie. Arcus senilis. Teilweise Sklerocornea u n d H o r n h a u t trübung. 198
Therapiemöglichkeiten: Wenn nötig, Keratoplastik. Häufigkeit und
Vorkommen:
Etwa 50 Fälle aus Finnland beschrieben. Außerhalb Skandinaviens nur außerordentlich selten. Genetik: In zwei finnischen und einer mitteleuropäischen Familie autosomal dominante Vererbung einer klinisch relativ milden Form. Sonst autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Familienanamnestische Feststellung des jeweils vorliegenden Erbganges wichtig. In Anbetracht guter Erfolge der Keratoplastik muß auch bei erhöhtem Risiko nicht unbedingt von Kindern abgeraten werden.
CORNELIA-de LANGE-Syndrom, BRACHMANN-de LANGE-Syndrom, Status degenerativus Amstelodamensis Komplex multipler Fehlbildungen unklarer Ätiologie. Krankheitswert: Charakteristische Facies durch Anomalien des Schädels, Überbehaarung, mongoloiden Lidachsenverlauf, starke Augenbrauen, tiefsitzende Ohren u. a. Mißbildungen des distalen Extremitätenskeletts, angeborener Minderwuchs. Schwachsinn. Weiter fakultative Skelettmißbildungen. Entwicklungsstörungen. Lebenserwartung stark herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten: Nur symptomatisch, keine spezielle Behandlung bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Über 200 Fälle publiziert. Teilweise familiär, vor allem in Geschwisterschaften. Frequenz etwa 1:150000. Genetik: Es wird angenommen, daß es sich um ein uneinheitliches, polyätiologisches Mißbildungssyndrom handelt. Die Geschwisterfälle sprechen f ü r autosomal rezessiven Erbgang. Sporadische Fälle können als dominante Neumutationen gedeutet werden. Allerdings ist eine nicht genetische Ursache für eine embryonale Entwick199
lungsstörung beim C. noch nicht auszuschließen. Bei etwa 1 / 1 der daraufhin untersuchten Fälle wurden Chromosomenanomalien, Extrachromosomen oder strukturelle Aberrationen, festgestellt. Diese Anomalien waren bei den einzelnen Patienten unterschiedlich und kamen teilweise auch bei normalen Verwandten vor. Der Zusammenhang mit den klinischen Erscheinungen ist noch unklar. Schwer erkennbare Deletionen als Ursache für die Entstehung des C. oder aber eine Prädisposition zu Chromosomenanomalien bei Bestehen eines C. werden diskutiert. Familienberatung : Genaue familienanamnestische Erhebungen notwendig. Dabei ist auf Mikrosymptome (Spina bifida occulta) in der Aszendenz zu achten. Das empirische Risiko für Geschwister eines Merkmalsträgers liegt bei etwa 2—5%. Sind mehr als zwei Merkmalsträger in einer Geschwisterschaft, ist von weiteren Schwangerschaften abzuraten. Bei den Patienten sollte eine Chromosomenanalyse durchgeführt werden. Differentialdiagnose zum TrimethadionSyndrom (s. d.) wichtig. Coronar-Insuffizienz; Herzinfarkt Insuffizienz der Herzkranzgefäße auf meist polyfaktorieller Grundlage. Es liegt eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße durch atherosklerotische, spastische, altersbedingte oder thrombotische Lumenverengung vor. Genetische Faktoren spielen vor allem bei der atherosklerotischen C. vorwiegend im Zusammenhang mit einer Beeinflussung des Lipoproteinspiegels im Serum eine Bolle (s. Hyperlipoproteinämie Typ I I ; Abetalipoproteinämie). Krankheitswert : Meistens jenseits des dritten, selten bereits während des 1. oder 2. Lebensjahrzehnts Herzbeschwerden, Angina pectoris. Gefahr des Herzinfarktes und plötzlichen Herztodes. Androtropie. Therapiemöglichkeiten: J e nach Typ unterschiedliche, konservative bzw. medikamentöse Maßnahmen mit befriedigendem Erfolg. Prophylaxe vor Einsetzen klinischer Erscheinungen wichtig. Häufigkeit und
Vorkommen:
Schwer einschätzbar. Anzahl der Herzinfarkte pro 1000 Einwohner und J a h r regional unterschiedlich etwa 12 — 18, Männer über 20 Jahre ungefähr 29. Familiär gehäuft, vor allem bei jugendlichen Formen. Hier auch Zusammenhang mit dem SerumcholesterolSpiegel und dem Blutdruck. 200
Genetik: Allgemein wird eine polygene erbliche Disposition für die C. angenommen, auf deren Grundlage exogene Faktoren wie Streß, Rauchen, Bewegungsarmut, Überernährung oder Begleitkrankheiten (Diabetes, Hochdruck) auslösend wirken. Monogen bedingte Hypercholesterinämie mit Coronarsklerose und Infarktneigung s. Hyperlipoproteinämie Typ I I . Familienberatung: Genetische Faktoren spielen vor allem bei der frühmanifesten C. und im weiblichen Geschlecht eine Rolle (s. Hyperlipoproteinämie Typ II), während bei höherem Manifestationsalter alterungsbedingte und umweltforcierte Gefäßveränderungen im Vordergrund stehen. Auf Grund der trotzdem erkennbaren genetischen Dispositionen muß in entsprechenden Familien auf eine gesunde Lebensund Ernährungsweise orientiert werden. Für Verwandte 1. Grades von Infarktpatienten besteht ein um 100% erhöhtes Infarktrisiko.
Corpus-callosum-Agenesie, Balken-Agenesie Genetisch bedingte Mißbildung des Gehirns auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Aplasie zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation im frühen Kindesalter. Klinisch sehr unterschiedlich. Schwere Schädigung der Kinder durch Störung der geistigen und körperlichen Entwicklung mit neurologischen Ausfallserscheinungen, Ataxien, Hypothermie und Krampfanfällen bis nahezu völlige Symptomenlosigkeit möglich. Meistens kombiniert mit anderen Mißbildungen. Oft symptomatisch, z. B. bei Anomalien der Chromosomen 8,13 oder 18. S. a. MENKES-Syndrom, AiCABDi-Syndrom. Therapiemöglichkeiten: Keine spezielle Behandlung bekannt. Häufigkeit und
Vorkommen:
Selten, meistens bei Geschwistern beobachtet. Spezieller Typ mit Quadriparese, Brachycephalie, Ptosis und Strabismus in einer Region in Kanada. Oenetik: Autosomal rezessiver Erbgang. 201
Familienberatung: Nachweis d u r c h P n e u m e n z e p h a l o g r a m m oder Computer-Tomographie. F ü r sporadische Fälle wird die Risikoziffer f ü r weitere Merkmalsträger in der Geschwisterschaft m i t 1 : 1 0 angegeben. Differentialdiagnose zu s y m p t o m a t i s c h e n F o r m e n wichtig.
Costovertebrale Dysplasie s. Dysostose, spondylocostale COVESDEM-Syndrom s. Dysostose, spondylocostale COWDEN-Syndrom, Hamartome, multiple Genetisch bedingte H a m a r t o s e auf der Grundlage einer G e n m u tation. Der G e n d e f e k t manifestiert sich in multiplen H a m a r t o m e n . E i n Basisdefekt ist u n b e k a n n t . Krankheitswert: E r s t m a n i f e s t a t i o n im 1. bis 3. L e b e n s j a h r z e h n t : Progrediente, z u n ä c h s t unauffällige verrucöse, papulöse oder lichenoide H a u t u n d S c h l e i m h a u t v e r ä n d e r u n g e n . F i b r o a d e n o m e der B r u s t (nur bei F r a u e n , Gefahr der Malignisierung) u n d der Schilddrüse. G u t a r t i g e Polypose des Gastrointestinaltraktes. D a s Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m k a n n beteiligt sein: geistige R e t a r d a t i o n , T r e m o r , EEG-Auffälligkeiten, Meningiome. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische A b t r a g u n g störender T u m o r e n m i t im Hinblick auf Rezidive v o r ü b e r g e h e n d e m Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Wahrscheinlich häufig übersehen. Seit Erstbeschreibung 1963 mehrere Sippen mit Merkmalsträgern in bis zu vier Generationen, z u s a m m e n etwa 30 Fälle beschrieben. Genetik: Autosomal d o m i n a n t e Vererbung. Familienberatung: Differentialdiagnose zu Verrucae vulgares u n d Verrucae planae, sowie zur F i b r o m a t o s e des Zahnfleisches, zu a n d e r e n F o r m e n d e r Thyreoiditis sowie Polyposis intestinalis (s. d.) wichtig. Die H a m a r t o m e selbst sind als g u t a r t i g anzusehen, wobei bei weiblichen Merkmalsträgern jedoch wegen der Gefahr eines M a m m a - C a r c i n o m s eine engmaschige Vorsorgeuntersuchung a n g e b r a c h t ist. 202
Coxa plana s. CALVÉ-LEGG-PERTHES-Syndrom CREUTZFELDT-JAKOB-Syndrom; Pseudosklerose, spastische; disseminierte Enzephalopathie; Kortiko-striato-spinale Degeneration Spongiforme Enzephalopathie, wahrscheinlich auf der Grundlage einer subakuten Virusinfektion (slow virus). Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen meistens zwischen dem 3. und 8. Lebensjahrzehnt. Schwäche bis Starre der unteren Extremitäten. Myoklonien, Amyotrophie. Sprech- und Schluckbeschwerden. Verschiedenartige andere neurologische Ausfallerscheinungen. Persönlichkeitsverfall, Demenz. Progredienter Verlauf, Tod innerhalb weniger Monate oder J a h r e . Therapiemöglichkeiten: Antiviröse Therapie (Amantidin u. a.) mit noch unklarem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Selten. Überwiegend sporadische Fälle. Wenige Geschwisterschaften und eine Sippe mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Als Virusinfektion nicht erblich. Die ätiologische Einheitlichkeit (Virusgenese) der unterschiedlichen klinischen und pathologischen Typen ist jedoch noch umstritten. Bei den wenigen familiären Fällen bleibt unklar, ob es sich um ein nosologisch abzugrenzendes Krankheitsbild oder um eine genetisch bedingte Neigung zu bestimmten Virusinfektionen handelt. Familienberatung: Frühdiagnose an H a n d typischer EEG-Veränderungen möglich. Das Risiko für Verwandte eines Merkmalsträgers k a n n bei stummer Familienanamnese im Hinblick auf das meistens sporadische Vorkommen als gering angesehen werden.
Cri-du-chat-Syndrom, Katzenschrei-Syndrom, LEJEUNESyndrom Mißbildungskomplex mutation.
auf
der
Grundlage
einer
Chromosomen203
Es liegt eine Deletion (Stückverlust) am kurzen Arm eines Chromosoms Nr. 5 und damit partielle Monosomie dieses Chromosoms vor. Die Ursache für die Deletion sowie der pathogenetische Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik sind noch unklar. Kra/nkheitswert: Geburtsuntergewicht. Kraniofaziale Dysplasie mit Mikrozephalie und Hypertelorismus. Schwere Retardation der psychischen und motorischen Entwicklung. Charakteristisches katzenartiges Schreien im frühen Kindesalter. Zahlreiche andere fakultative Anomalien. Überleben bis ins Erwachsenenalter möglich. Therapiemöglichkeiten
:
Bis auf geringe symptomatische Korrekturen nichts bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Wahrscheinlich oft nicht erkannt. Frequenz auf 1:50000 geschätzt. Gynäkotropie (5:1). In 1 0 % der Fälle liegt eine balancierte Chromosomentransiokation bei einem Elternteil vor. Genetik: Die Deletion besteht entweder in einem einfachen Stückverlust (46, 5 p-, 9 0 % der Fälle), der sekundär in seltenen Fällen zur Ringbildung führt (46, r(5)), oder in Form einer Translokation des B-Chromosoms mit einem anderen Chromosom, besonders der Coder der G-Gruppe. Eine solche Translokation ist gewöhnlich ursprünglich reziprok und balanciert, d. h. es findet ein Stückaustausch zwischen zwei Chromosomen statt ohne Stückverlust und ohne Wirkung auf den Phänotyp. Erst wenn während der Reifeteilung die beiden Translokationschromosomen getrennt weitervererbt werden, wird die Balance gestört, und es kommt zum effektiven Stückverlust. Da die Patienten mit Cri-du-chat-Syndrom selbst nicht fortpflanzungsfähig sind, kann eine Vererbung des Syndroms nur im Falle einer Translokation, und zwar über klinisch normale Träger einer balancierten Translokation stattfinden. Ausschlaggebender Abschnitt des Chromosoms :5pl5. Familienberatung
:
Nachweis durch Chromosomenanalyse. Bei einfacher Deletion oder bei Vorliegen eines Ringchromosoms B besteht kein erhöhtes Risiko für weitere Geschwister eines Merkmalsträgers. Im Falle einer Translokation ist das Risko nur erhöht, wenn sich diese auch bei einem Elternteil nachweisen läßt. Es sollte dann vor weiteren Schwangerschaften abgeraten oder eine pränatale Diagnostik durchgeführt werden. Häufig läßt sich bei klinischer Verdachtsdiagnose die Chromosomenanomalie nicht nachweisen. Das kann daran liegen, daß vor allem bei älteren Kindern, in Ermangelung
204
charakteristischer Symptome die klinische Diagnose immer unsicher ist. Klinisch normale Kinder aus Familien mit einer Translokation sollten im Hinblick auf eigene Nachkommenschaft ebenfalls zytogenetisch untersucht werden.
CKIGLER-NAJJAR-Synärom, congenitaler, nichthämolytischer Ikterus Typ I und II Erblicher Enzymdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich als Mangel an lysosomaler GIucuronyltransferase in der Leber, wodurch die für die Ausscheidung des Bilirubins notwendige Konjugation von Bilirubin mit Glucuronsäure unterbleibt. Die klinische Symptomatik erklärt sich aus einer starken Konzentration des Bilirubins im Serum und aus dessen toxischer Wirkung auf das Zentralnervensystem. Krankheitswert: Erstmanifestation des Leidens in den ersten Lebenstagen in Form eines starken, persistierenden Ikterus (Bilirubinwerte: 20 bis 30 mg %). In den nächsten Wochen oder Monaten auftretende schwere, in etwa 70% der Fälle sehr schnell zum Tode führende neurologische Symptomatik infolge Kernikterus (Typ I). Bei Manifestwerden der zentralnervösen Störung jenseits des ersten Lebensjahres Überleben und leichterer Verlauf möglich (Typ I I , Bilirubinwerte: 9 — 17 mg %). Therapiemöglichkeiten
:
Wiederholte Austauschtransfusionen im Neugeborenenalter bei einer Hyperbilirubinämie ab 20 mg % notwendig. Erfolg jedoch nur vorübergehend. Phenobarbitalgaben und Phototherapie (Blaulichtbestrahlung) erfolgreich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 100 Fälle von allen Erdteilen beschrieben. Androtropie (3:2). Genetik: Heterogen. Autosomal rezessiver (Typ I) oder dominanter (Typ II) Erbgang. Familienberatung : Frühdiagnose auf Grund des Ikterus durch Bestimmung der Konzentration ungekoppelten Bilirubins im Serum bei normaler Leberfunktion und der Glucoronyltransferase-Aktivität. Zur Differentialdiagnose und Bestimmung des Types weitere Tests nötig. Bei Typ I I Senkung des Serum-Bilirubinspiegels nach Phenobarbital205
gaben. Heterozygotennachweis an H a n d einer herabgesetzten Salizylglucuron-Bildung nach Natriumsalizylat-Belastung. Medizinische Betreuung und Prophylaxe in Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes in den betroffenen Familien besonders wichtig.
CROHN-Syndrom, Iliitis ulcerosa Chronische Enteropathie im Bereich des Ileums, seltener des Duodenum, J e j u n u m und Colon, unklarer Ätiologie und Pathogenese (Autoimmunkrankheit?, Virus-Infektion, Mykobakterien? Infektion? Sarkoidose? Nahrungsmittelallergie?). Krankheitswert: Erstmanifestation im Erwachsenen-, seltener im Kindesalter. Abdominalschmerzen, Diarrhoen. Fieber, Anämie. MalabsorptionsSymptome. Gefahr der Fistelbildung. Chronisch progredient. Besserung mit zunehmendem Alter. Therapiemöglichkeiten
:
Konservativ. Zytostatika-Gaben, kalorien-, eiweiß-, mineralstoffund vitaminreiche Diät, V.B 1 2 -Substitution, Kortikoide mit unsicherem Erfolg. Bei Fistelbildung chirurgische Eingriffe. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Meist sporadisch. Mehr als 70 familiäre Fälle und konkordantes Vorkommen bei eineiigen Zwillingen beschrieben. Frequenz ca. 1:10000. Genetik: Auf Grund der gleichartigen Symptome bei Verwandten bzw. Zwillingen wird eine polygene Disposition angenommen. Genetische Beziehungen zur Colitis ulcerosa (s. d.). Familienberatung: Nachweis röntgenologisch und angiographisch. Das empirische Risiko f ü r Verwandte eines Merkmalsträgers liegt unter 1:100. E s bestehen genetische Beziehungen zur Colitis ulcerosa (s. d.).
CRONKHITE-CANADA-Syndrom, Polyposis gastrointestinalis Symptomenkomplex kannter Ätiologie.
mit
intestinaler
Drüsenhyperplasie
unbe-
Der Basisdefekt f ü r die einzelnen zunächst nicht in einen pathogenetischen Z u s a m m e n h a n g zu bringenden Symptome ist unklar. 206
Krankheitswert
:
Erstmanifestation im Kindesalter. Pigmentierungsanomalien der Haut- und Schleimhaut. Nageldystrophie, Haarausfall. Klinische Zeichen einer generalisierten schweren gastrointestinalen entzündlichen Drüsenhyperplasie mit entsprechenden Sekundärerscheinungen und Beschwerden. Schlechte Prognose, herabgesetzte Lebenserwartung. Therapiemöglichkeiten: Wirksame nahmen. Häufigkeit
Therapie und
unbekannt,
eventuell
chirurgische
Maß-
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1955 12 sporadische Fälle publiziert. Genetik: Auf Grund des bisher festgestellten ausschließlich sporadischen Vorkommens kein Anhaltspunkt für Erblichkeit. Eine autosomal dominante Mutation ist nicht auszuschließen. Familienberatung
:
Differentialdiagnose zu autosomal dominant vererbten gastrointestinalen Polyposen (s. d.) wichtig. Erbprognostische Bedenken beim Auftreten eines Merkmalsträgers bestehen nicht.
CROSS-Syndrom s. Fibromatose des Zahnfleisches CROUZON-Syndrom, Dysostosis craniofacialis Genetisch bedingte kraniofaziale Dysostose auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Mißbildungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Infolge prämaturer Nahtsynostosen Turmschädel und charakteristisches Aussehen der Patienten. Fortschreitende Augenmißbildungen, Exophthalmus und Kompressionsatrophie des N. opticus können zur Erblindung führen. Hypoplasie des Oberkiefers, Papageienschnabelnase. Zunehmende Symptome intrakranieller Drucksteigerung: Kopfschmerzen, epileptoide Anfälle usw. Teilweise Oligophrenie. 207
Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung einzelner Erscheinungen bzw. chirurgische Korrekturen vor dem 6. Lebensjahr (Shunt-Operation) unbefriedigend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Neben sporadischen Fällen (40%) eindrucksvolle Sippen mit zahlreichen Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen aber auch isolierte Geschwisterschaften beschrieben. Neumutationen nehmen mit dem Zeugungsalter des Vaters zu. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang, variable Expressivität. Existenz eines autosomal rezessiv vererbten Typs noch fraglich. Familienberatung: Auf Grund der unterschiedlichen Expressivität scheinbar normale Merkmalsträger oft an Mikrosymptomen erkennbar. Nachweis solcher Mikrosymptome für erbprognostische Erhebungen in betroffenen Familien oder bei Auftreten sporadischer Fälle wichtig. Lassen sich bei den Eltern eines sporadischen Merkmalsträgers keine Anomalien feststellen, kann von einem Risiko von 1 : 3 0 für weitere Kinder mit C. ausgegangen werden. Früherkennung und sofortige Operation notwendig.
Cryoglobulinämie, essentielle; MELTZER-Syndrom Genetisch bedingte Kälteintoleranz auf der Grundlage einer Genmutation. Im Serum lassen sich unphysiologische IgG-, IgM- und teilweise auch IgA-Globuline (Cryoglobuline) feststellen, die bei Kälte präzipitieren. Die klinische Symptomatik läßt sich davon ableiten. Der Basisdefekt (Complementstörung?, Induktionsanomalie der Immunoglobuline?, persistierende Antigene oder Immunkomplexe?) ist unklar. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Symptome vom Kindesalter an. An exponierten Haut- und Schleimhautpartien urticarielle Erscheinungen, Purpura, Hämorrhagien, Nekrosen und Ulzerationen. Teilweise Nierenfunktionsstörungen mit Proteinurie und arthritische Beschwerden. Symptomatisch bei Endokarditis, rheumatischem Fieber, Myelomen und lymphatischen Leukosen. Therapiemöglichkeiten: Prophylaktische Vermeidung von Kälteexpositionen einschließlich kalter Speisen und Getränke mit befriedigendem Erfolg. 208
Häufigkeit und
Vorkommen:
Wenige Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominante Vererbung. Familienberatung: Differentialdiagnose zur symptomatischen C. (klinisch kein Unterschied), zur Kälte-Urticaria (s. d.) und zur Kälte-Hämoglobinurie notwendig. In Anbetracht der meist guten Prognose keine ernstlichen familienberaterischen Bedenken.
Cutis l a x a ; Elastolyse, generalisierte, Dermatochalasis Genetisch bedingte Elastolyse der Haut auf der Grundlage einer Genmutation. Die Art des zu dem Defekt der elastischen Fasern führenden Basisdefektes (Elastin-Synthesestörung? verminderte Aktivität eines Elastase-Inhibitor infolge einer Kupferstoffwechselstörung?) ist noch unbekannt. Krankheitswert: Meistens symptomatische bei verschiedenen Syndromen auftretend
(ULLRICH-TURNER-S.,
EHLERS-DANLOS-S.
idiopathischen Form drei Typen unterscheidbar:
usw.).
Bei
der
1. Frühinfantile Cutis laxa (generalisierte Elastolyse): Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Säuglingsalter. Außer der schlaffen Haut Lungenemphysem, Hernien, kardiovaskuläre Anomalien, Divertikel des Gastrointestinaltraktes, durch varifiziertes subkutanes Gewebe vorstehende Oberflächenvenen. Tod häufig bereits innerhalb der ersten Lebensjahre. 2. Gutartige, spätmanifeste Cutis laxa: Erstmanifestation im Kindes- oder Erwachsenenalter. Isolierte Cutis laxa ohne Beteiligung anderer Organe. 3. Cutis laxa mit Störungen der Skelettentwicklung: Erstmanifestation im frühen Kindesalter. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und
Vorkommen:
Selten, von den beiden Typen jeweils etwa 25 Fälle beschrieben. 14
Witkowski/Prokop
209
Genetik : T y p 1 autosomal rezessiv, T y p 2 d o m i n a n t vererbt. Variable P e n e t r a n z u n d Expressivität. C. 1. mit S y m p t o m a t i k des Leprechaunismus (s. d.) sowie C. 1. m i t Störungen der Skelettentwicklung ebenfalls autosomal rezessiv vererbt. Familienberatung: Die A r t des Erbganges m u ß aus der Familienanamnese e r m i t t e l t werden. Das Risiko f ü r Gesehwistererkrankungen sporadischer Fälle wird mit 1 : 8 angegeben. Differentialdiagnose zum E H L E R S DANLOS-Syndrom u n d z u m F a l t e n h a u t - S y n d r o m (s. d.) notwendig. S. a . DE B A R S Y - S y n d r o m , L E N Z - M A J E W S K I - S y n d r o m .
Cutis verticis gyrata, AUDRY-Syndrom Erbliche H a u t a n o m a l i e auf der Grundlage einer G e n m u t a t i o n . Krankheitswert: Verdickung u n d F u r c h u n g der H a u t , vor allem im Bereich des b e h a a r t e n Kopfes. Idiopathisch, sekundär n a c h b e s t i m m t e n H a u t k r a n k h e i t e n oder s y m p t o m a t i s c h in Verbindung mit a n d e r e n Fehlbildungen v o r k o m m e n d : C. m i t Schwachsinn bei genereller U n t e r entwicklung des Gehirns u n d E E G - A n o m a l i e n , C. mit Akromegalie u n d L e u k o m der Cornea (RosENTHAL-KLÖPEER-Syndrom), C. mit Akanthosis nigricans u n d anderen Anomalien (BEARE-DODGENEVIN-Syndrom). E r s t m a n i f e s t a t i o n erst im Erwachsenenalter. Lebenserwartungen nicht herabgesetzt. Keine Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Von jeder F o r m jeweils n u r wenige Fälle beschrieben. Wahrscheinlich nicht sehr selten. Genetik: I n Verbindung mit Schwachsinn autosomal rezessiver E r b g a n g . Seltener X-chromosomale Vererbung (in K o m b i n a t i o n m i t Schwachsinn u n d Schilddrüsenaplasie, A K E S S O N ) . Beim R O S E N T H A L KLÖPFER-S. autosomal d o m i n a n t e r E r b g a n g . Familienberatung: Die A r t der Konsultation h ä n g t von der jeweils a u f t r e t e n d e n F o r m u n d von der Schwere der Begleitsymptome ab. 210
Cyklopie Polyätiologische Mißbildung des Mittelgesichtes. Ausschließlich bei Totgeburten oder nicht lebensfähigen Neugeborenen. Bei einem Teil der Fälle mit weiteren Mißbildungen bestehen eine Trisomie D j (s. PÄTAU-Syndrom) oder andere Chromosomenanomalien (Translokationen mit Deletionen, Monosomie-G-Mosaik). Die Ursachen für C. bei normalem Karyotyp sind noch unklar: Unerkannte Chromosomenaberrationen bzw. -Mosaike, Genmutationen, nichtgenetische Faktoren? S. a. Holoprosenzephalie. Bisher nur bei sporadischen Fällen oder Zwillingen beschrieben. Die Familienprognose muß sich auf den Chromosomen-Befund stützen.
Cylindrome s. Epithelioma adenoides cysticum Cystathioninurie Erblicher Stoffwechseldefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt äußert sich in einer Verminderung der Cystathioninaseaktivität, die durch eine Veränderung des Coenzyms Pyridoxal-5-Phosphat bedingt ist. E s kommt dadurch zu einer Anreicherung von Cystathionin und Methionin in den Körperflüssigkeiten und zu einer Cystathioninausscheidung im Harn bis zu täglich 1 / 2 g. Der Zusammenhang des Stoffwechseldefektes mit der klinischen Symptomatik ist noch unklar. Krankheitswert: Leichte kongenitale Defekte sowie Intelligenzminderung. Thrombopenie, Urolithiasis. Lebenserwartung wahrscheinlich nicht oder nur gering herabgesetzt. Teilweise auch ohne klinische Symptome verlaufend. Therapiem
öglichkeiten:
Methioninarme Diät. Pyridoxingaben per os beseitigen die Cystathioninausscheidung im Urin. Über Beeinflussung der klinischen Symptomatik ist wenig bekannt. Neuerdings wurde auch eine Vitamin-B 6 -resistente Form beschrieben. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit der Erstbeschreibung 1959 sind etwa 20 Fälle bekannt geworden. Frequenz in Mitteleuropa ca. 1 : 1 8 0 0 0 . Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Heterogen. 14»
211
Famüienberatung: Heterozygotennachweis auf Grund einer herabgesetzten Methionintoleranz. Pränatale Diagnostik durch Bestimmung der Cystathioninase-Aktivität in kultivierten Amnion-Zellen. Früherkennung durch Nachweis der Cystathioninausscheidung mit Nitroprussidnatrium und nachfolgende papierchromatografische Trennung im Kleinkindesalter möglich. Ausscheidung von Cystathionin im Urin ist allerdings auch eine Begleiterscheinung anderer Krankheitsbilder (Glykogenosen, Hepatom usw.).
Cystinose s. ABDERHALDEN-FANCONI-Syndrom Cystinurie Genetisch bedingte Resorptionsstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Eine Störung der tubulären Rückresorption neben einer fehlenden oder verminderten intestinalen Resorption von Cystin, Lysin, Arginin und Ornithin bedingt die Vermehrung dieser Aminosäuren im Urin (Tagesausscheidung bis zu mehreren g). Dabei kommt es in Zeiten größerer Harnkonzentrierung (besonders nachts) zum Ausfall der am wenigsten wasserlöslichen Aminosäure Cystin und dadurch zur Steinbildung. Ein Carrier-Protein-Defekt wird angenommen. Nach dem Permeationsmuster der Aminosäuren lassen sich drei Typen unterscheiden. Krankheitswert: Cystinsteine bereits im Kindesalter oder auch wesentlich später nach langer Beschwerdefreiheit bei etwa 7 0 % der Personen mit Cystinurie. Komplikationen durch entsprechende Sekundärerscheinungen : Infektionen der ableitenden Harnwege, Nierenkoliken usw. Teilweise geringer Minderwuchs und Intelligenzminderung. Lebenserwartung herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten: Erfolgreiche Prophylaxe der Steinbildung durch große Trinkmengen, Alkalisierung des Urins, methioninarme Diät. Gaben von Penicillamin bzw. dessen Derivaten in Kombinationen mit Vitamin B 6 und neuerdings Mercapto-Propionyl-Glycin mit Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Eine der häufigsten bekannten monogenen Stoffwechselkrankheiten. Frequenz etwa 1:600 — 1:1000. Typ 1 am häufigsten. 212
Genetik: Den drei Typen liegt multiple Allelie eines Genortes zugrunde. T y p 1: Autosomal rezessiver E r b g a n g . T y p 2 u n d 3: Unvollständig rezessiver Erbgang (Teilmanifestation bei Heterozygoten). W ä h r e n d bei T y p 1 die intestinale Resorption f ü r die vier genannten Aminosäuren fast völlig fehlt, ist sie bei T y p 2 f ü r Cystin auf 1 / 3 und bei T y p 3 auf 2 / 3 der Norm vermindert. Heterozygote sind sowohl zwischen allen drei Typen untereinander als auch mit dem Normalallel bekannt. Familienberatung: Nachweis an H a n d der Aminosäure-Ausscheidung im Urin. Die einzelnen Typen lassen sich biochemisch nur an den Heterozygoten unterscheiden. Heterozygotennachweis nur bei T y p 2 u n d 3 an H a n d einer vermehrten Ausscheidung von Cystin u n d Lysin (bei T y p 2 mehr als bei T y p 3) möglich. Dabei m u ß bei diesen Formen auch bei Heterozygoten mit Cystinsteinbildung gerechnet werden. Früherkennung (halbautomatischer chromatografischer Screeningtest s. MÖNCH U. SIEMENS) und ärztliche Betreuung betroffener Familien im Hinblick auf prophylaktische Behandlung wichtig.
Daktylosis spontanea s. AINHUM-Syndrom DANDY-WAIKER-Syndrom s. Hydrozephalie DARIER-Syndrom s. Keratosis follicularis D A R I E R Darmatresien Atresien verschiedener Ätiologie.
Dünndarmabschnitte
unterschiedlicher
Es besteht eine Atresie oder hochgradige Stenose von Teilen entweder des Duodenums (z. T. Pylorus beteiligt) oder des J e j u n u m s oder des Ileums oder von Ileums und J e j u n u m . Die Unterbrechung ist entweder membranös oder komplett mit oder ohne bindegewebige Verbindung. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Pathogenetisch gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Krankheitswert
:
Vor der Geburt Hydramnion. Erbrechen, Meteorismus, Stuhlverhaltung vom ersten Lebenstag an. Häufig noch andere Mißbildungen. 213
Genetik: Den drei Typen liegt multiple Allelie eines Genortes zugrunde. T y p 1: Autosomal rezessiver E r b g a n g . T y p 2 u n d 3: Unvollständig rezessiver Erbgang (Teilmanifestation bei Heterozygoten). W ä h r e n d bei T y p 1 die intestinale Resorption f ü r die vier genannten Aminosäuren fast völlig fehlt, ist sie bei T y p 2 f ü r Cystin auf 1 / 3 und bei T y p 3 auf 2 / 3 der Norm vermindert. Heterozygote sind sowohl zwischen allen drei Typen untereinander als auch mit dem Normalallel bekannt. Familienberatung: Nachweis an H a n d der Aminosäure-Ausscheidung im Urin. Die einzelnen Typen lassen sich biochemisch nur an den Heterozygoten unterscheiden. Heterozygotennachweis nur bei T y p 2 u n d 3 an H a n d einer vermehrten Ausscheidung von Cystin u n d Lysin (bei T y p 2 mehr als bei T y p 3) möglich. Dabei m u ß bei diesen Formen auch bei Heterozygoten mit Cystinsteinbildung gerechnet werden. Früherkennung (halbautomatischer chromatografischer Screeningtest s. MÖNCH U. SIEMENS) und ärztliche Betreuung betroffener Familien im Hinblick auf prophylaktische Behandlung wichtig.
Daktylosis spontanea s. AINHUM-Syndrom DANDY-WAIKER-Syndrom s. Hydrozephalie DARIER-Syndrom s. Keratosis follicularis D A R I E R Darmatresien Atresien verschiedener Ätiologie.
Dünndarmabschnitte
unterschiedlicher
Es besteht eine Atresie oder hochgradige Stenose von Teilen entweder des Duodenums (z. T. Pylorus beteiligt) oder des J e j u n u m s oder des Ileums oder von Ileums und J e j u n u m . Die Unterbrechung ist entweder membranös oder komplett mit oder ohne bindegewebige Verbindung. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Pathogenetisch gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Krankheitswert
:
Vor der Geburt Hydramnion. Erbrechen, Meteorismus, Stuhlverhaltung vom ersten Lebenstag an. Häufig noch andere Mißbildungen. 213
Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Anastomosierungen innerhalb der ersten Lebenstage mit unterschiedlichem, von der Schwere des Defektes abhängigem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz 1:500 — 1:400. Vorkommen in Geschwisterschaften beschrieben, vorwiegend bei Kindern aus Verwandtenehen. Gehäuft beim DowN-Syndrom. Genetik: Sowohl f ü r die Duodenumatresie wie für Atresien anderer Dünndarmabschnitte läßt sich zumindest bei einem Teil der Fälle autosomal rezessive Vererbung nachweisen. Familienberatung: Nachweis röntgenologisch. Differentialdiagnose zu Stenosen (z. B. bei der Cystischen Pankreasfibrose, s. d.) notwendig. Bei der erbprognostischen Einschätzung muß zunächst von einem autosomal rezessiven Erbgang ausgegangen werden. Pränatale Diagnose mittels Amniofetographie im 2. Trimenon möglich.
Daumen, Syndrom der adduzierten Von einer Inzucht-Sippe in Nordamerika und wenigen sporadischen Fällen beschriebenes Dysmyelinisations-Syndrom des ZNS mit Mikrozephalie, Kraniostenose, Gaumenspalte, Herzfehler und Arthrogrypose, dessen spezifischstes Symptom der schwer reponierbare adduzierte Daumen ist. Tod im frühen Kindesalter. Autosomal rezessiv vererbt.
Daumen, triphalangealer Daumendysplasie unterschiedlicher Ätiologie. Basisdefekt und Pathogenese sind unklar. Krankheitswert: Dreigliedrigkeit eines opponierbaren oder nicht opponierbaren Daumens. Einseitig oder beidseitig. Meistens noch andere Anomalien: präaxiale Polydaktylie, Spalthand. Symptomatisch beim BLACKFAN-DiAMOND-Syndrom und HoLT-OEAM-Syndrom (s. d.). Behinderungen im Hinblick auf die Greiffähigkeit der Hand. Therapiemöglichkeiten : Bei Komplikationen chirurgische Korrektur möglich. 214
Häufigkeit
und,
Vorkommen:
Über 100 Fälle beschrieben. Sporadisch und in aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Triphalangie bei Polydaktylie des Daumens sowie in Kombination mit Anus imperforatus und anderen peripheren Extremitätenmißbildungen autosomal dominant vererbt. Kombination mit angeborener hypoplastischer Anämie und Herzfehler (AASESyndrom) sowie mit angeborener Schwerhörigkeit und Onychodystrophie autosomal rezessiv vererbt. Familienberatung: Isolierte Triphalangie des Daumens bietet keinen Anlaß für familienberaterische Bedenken. Die Beurteilung richtet sich nach der Schwere der Begleitmißbildungen.
DEBRE-SEMELAIGNE-Syndrom s. Athyreose Degeneration, cortico-striato-spinale s. C R E U T Z F E L D T JAKOB-Syndrom Dj-Trisomie s. PÄTAU-Syndrom DEjiRINE-SOTTAS-Syndrom s. Neuropathie, phische, Typ D E J E R I N E - S O T T A S
hypertro-
DiJiRINE-THOMAS-Syndrom s. CerebeUare Ataxie Typ DEjfiRTNE-THOMAS Deletions-Syndrom des kurzen Armes eines Chromosoms Nr. 4, WOLF-Syndrom, WOLF-HIRSCHHORN-Syndrom Mißbildungskomplex mutation.
auf
der
Grundlage
einer
Chromosomen-
E s liegt eine Deletion (Stückverlust) am kurzen Arm eines Chromosoms Nr. 4 und damit eine partielle Monosomie dieses Chromosoms vor. Die Ursache für die Deletion sowie der pathogenetische Zusammenhang mit der uncharakteristischen klinischen Symptomatik sind noch unklar. Krankheitswert: Niedriges Geburtsgewicht. Minderwuchs. Schwere psychomotorische Retardation. Hypotonie der Muskulatur. Kraniofaziale Miß215
bildungen, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Prominente Glabella. Hypospadie im männlichen Geschlecht. Zahlreiche fakultative Mißbildungen. Lebenserwartung herabgesetzt, 34% der Kinder sterben in den ersten beiden Lebensjahren, vorwiegend an Infekten oder kardialer Dekomponsation. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Abgrenzung 1965 über 50 Fälle beschrieben. Wahrscheinlich häufig nicht erkannt. Genetik: Die Deletion läßt sich als einfacher Stückverlust (46,XX,4p- oder 46,XY,4p-) erkennen, der in einigen Fällen auch zur Ringbildung (46,r4) führt. Familiarität ist unwahrscheinlich. Für die klinische Symptomatik ist wahrscheinlich der Abschnitt 4p (14 -> ter) ausschlaggebend. Bei Fällen mit Ringchromosom 4 meistens nur Minderwuchs. Familienberatung : Nachweis durch Chromosomenanalyse. Differentialdiagnose zum Cri-du-chat-Syndrom (s. d.) klinisch (Fehlen des charakteristischen Schreiens) oder durcb zytogenetische Spezialmethoden möglich. Ein erhöhtes Risiko für Verwandte eines Merkmalsträgers besteht nur, wenn die Chromosomenaberration in balancierter Form auch bei einem Elternteil bzw. in der Aszendenz vorliegt.
Delctions-Syndrome des Chromosoms Nr. 18, de GROUCHY-Syndrom Mißbildungskomplexe auf der Grundlage jeweils einer Chromosomenmutation. Es liegen Deletionen (Stückverlust) am kurzen (de G R O U C H Y Syndrom I) oder/und langen (de GitoiJCHY-Syndrom II) Arm eines Chromosoms 18 und damit partielle Monosomien zugrunde. Die Ursache für die Deletion sowie der pathogenetische Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik sind noch unklar. Krankheitswert: Deletion des kurzen Armes (18p-): niedriges Geburtsgewicht, okuläre und orbitale Dysmorphien, große Ohren, Retrognathie, Ptosis, Zahnanomalien. Pectus excavatum. Retardiertes Knochenalter, schwere geistige Retardierung. Deletion des langen Armes (18q-): somatische Hypotrophie, Mikrozephalie, Muskelhypotonie, 216
mongoloide Fazies, Gehörgangsstenose oder -atresie, Augenmißbildungen, spindelförmige Finger, Stellungsanomalien der Zehen. Geistige und körperliche Retardierung. Ringchromosom 18 mit Deletion des langen und des kurzen Armes (rl 8): Kombination von Symptomen bei Deletion des langen und des kurzen Armes. Therapiemöglichkeiten: Nur geringfügige symptomatische Korrekturen möglich. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1964 bzw. 1963 vom (18p-) -Syndrom > 80, vom (18q-) -Syndrom > 30 Fälle beschrieben. Genetik: Die Deletion besteht meist in einem einfachen Stückverlust, seltener in Form einer Translokation des Chromosoms 18 mit einem anderen Chromosom. Eine solche Translokation ist gewöhnlich ursprünglich reziprok und balanciert, d. h. es findet ein Stückaustausch zwischen zwei Chromosomen statt ohne Stückverlust und ohne Auswirkung auf den Phänotyp. Erst wenn während der Reifeteilung die beiden Translokationschromosomen getrennt weitervererbt werden, wird die Balance gestört, und es kommt zum effektiven Stückverlust. Da die Merkmalsträger selbst offenbar nicht fortpflanzungsfähig sind, kann eine Vererbung des Syndroms nur im Falle einer reziproken Translokation, und zwar über klinisch normale Träger einer balancierten Translokation stattfinden. Familienberatung: Nachweis auf Grund der uncharakteristischen klinischen Symptomatik nur durch Chromosomenanalyse möglich. Bei einfacher Deletion und normalem Karyotyp der Eltern oder bei Ringchromosomen 18 besteht kein erhöhtes Risiko für weitere Geschwister eines Merkmalsträgers. Im Falle einer Translokation ist das Risiko nur erhöht, wenn sich diese auch bei einem Elternteil nachweisen läßt. Es sollte dann auf die Möglichkeit der pränatalen Diagnostik bei weiteren Schwangerschaften hingewiesen werden. Klinisch normale Kinder aus Familien mit Translokationen müssen im Hinblick auf eigene Nachkommen ebenfalls zytogenetisch untersucht werden.
DEMARQUAY-RICHET-Syndrom s. Lippen-Kiefer-GaumenSpalte mit Unterlippenfisteln Demenz, präsenile s. ALZHEIMER-Syndrom Demenz, präsenile s. PICK-Syndrom 217
DENT-FRIEDMAN-Syndrom s. Osteoporose Dentindysplasie s. Dentinhypoplasie Dentinhypoplasie, Dentindysplasie Erbliche Zahndysplasie auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu der Dysplasie führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Hypoplasie der Zähne einschließlich der Wurzeln (ohne Verfärbung) führt in beiden Dentitionen zu raschem Zahnverfall und -verlust. B e i bisher vier Sippen braune und durchscheinende Zähne in der 1. und Obliteration der Pulpa durch Dentinhypertrophie in der 1. und 2. Dentition (Dentindysplasie T y p I I ) . Therapiemöglichkeiten: K e i n e spezielle Behandlung b e k a n n t . Häufigkeit
und
Vorkommen:
Sehr selten. Große Sippen m i t Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Heterogen. Autosomal dominante Vererbung. Offenbar heterogen. Genetische Beziehungen zum CAPDEPONT-Syndrom (s. d.) im Sinne einer stärkeren Expressivität des gleichen Gens bestehen wahrscheinlich nicht. Möglicherweise Allelie. Familienberatung: Differentialdiagnostisch sollte ein CAPDEPONT-Syndrom ausgeschlossen werden. Ständige stomatologische B e t r e u u n g betroffener F a m i l i e n notwendig. Familienberaterische Bedenken bestehen in A n b e t r a c h t der guten prothetischen Möglichkeiten nicht.
Dentinogenesis imperfecta s. CAPDEPONT-Syndrom Depressionen s. Manisch-depressive Psychose DERCUM-Syndrom, Adipositas dolorosa Genetisch bedingte Lipomatose auf noch nicht genau b e k a n n t e r genetischer Grundlage. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. 218
Krankheitswert: Erstmanifestation im dritten bis vierten Lebensjahrzehnt. Zirkumskripte Hypertrophie des subkutanen Fettgewebes an Stamm und Extremitäten. Schmerzhaft. Verschiedene Begleiterscheinungen wie Pruritus, Depressionen u. a. Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Behandlung bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Etwa 30 Familien und zahlreiche Einzelfälle beschrieben. 6 / 7 der Fälle sind Frauen. Oenetik: Die Art des familiären Vorkommens spricht für autosomal dominanten Erbgang mit unvollständiger Penetranz und variabler geschlechtsunterschiedlicher Expressivität. Familienberatung: Kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken.
Dermatochalasis s. Cutis laxa Dermatofibrosis lenticularis disseminata mit Osteopoikilie s. BUSCHKE-OLLENDORFF-Syndrom Dermatosis papulosa nigra Chronische Stellung.
Dermatose
unklarer
Ätiologie
und
nosologischer
Krankheitswert: Erstmanifestation im Pubertätsalter. Langsam progredient sich entwickelnde Papeln vor allem auf der Haut der oberen Gesichtshälfte. Keine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und der Lebenserwartung. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Vor allem in der Negerbevölkerung Amerikas und Afrikas. Frequenz hier bis zu 35%. Seltener bei Asiaten und Indianern. Bei Weißen so gut wie gar nicht vorkommend. 219
Genetik: Die Art des familiären Vorkommens in einigen Sippen spricht f ü r autosomal dominanten Erbgang. Exogene Ursachen können jedoch noch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Familienberatung: F ü r Europa bedeutungslos. Nosologische Zugehörigkeit Formenkreis der seborrhoischen Keratosen wird diskutiert.
zum
DERRY-Syndrom s. Gangliosidose, generalisierte, spätinfantile DE TONI-DEBRi-FANCONI-Syndrom, Gluko-AminoPhosphat-Diabetes Genetisch bedingte Tubulopathie auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer (enzymatisch bedingten?) Nierenfunktionsstörung mit histologischem Substrat in den proximalen Tubuli, die vor allem in einer Verminderung der tubulären Rückresorption von Glukose, Aminosäuren und P h o s p h a t besteht, woraus sich die klinischen Symptome ableiten lassen. Krankheitswert : Infantiler T y p : Erstmanifestation im zweiten bis dritten Lebensjahr. Mißgedeihen mit Erbrechen und Fieberschüben. Vitamin-Dresistente Rachitis, Minderwuchs. Tod meist noch im Kindesalter (Niereninsuffizienz). Adulter T y p : Erstmanifestation im Erwachsenenalter bis ins 5. Lebensjahrzehnt. Kein Minderwuchs, klinisch milderer Verlauf als beim infantilen Typ. Therapiemöglichkeiten : Alkali-Substitution und hohe Dosen Vitamin D können lebensverlängernd wirken. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 50 Fälle, vor allem aus Europa, beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang mit variabler Expressivität. Keine genetischen Beziehungen zwischen infantilem und adultem Typ. Genetisch wahrscheinlich heterogen. Nosologisch noch nicht vollkommen abgegrenzt. Familienberatung: Nachweis an H a n d der Glukose- und Aminoazidurie u n d der Vitamin C-resistenten Rachitis. Differentialdiagnose zum ABDER220
HALDEN-PANCONi-Syndrom (s. d.) und zu den symptomatischen Formen notwendig. Heterozygote eventuell an einer geringen Aminoazidurie erkennbar. Besonders beim Infantilen Typ mediziniseh-genetische Prophylaxe in betroffenen Familien notwendig.
Deuteranomalie, Deuteranopie, s. Farbenblindheit, partielle DEVERGIE-Syndrom s. Pityriasis rubra pilaris Diabetes insipidus, hypophysärer Erblicher Hormondefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich als Mangel an antidiuretischem Hormon (ADH, Vasopressin). Es kommt dadurch in der Niere zum Ausbleiben der tubulären Wasserrückresorption und der Urinkonzentrierung, woraus sich die gesamte klinische Symptomatik erklärt. Daneben symptomatischer exogener D. i. durch Zerstörung (Trauma) des Hypothalamus. Krankheitswert: Manifestation des Leidens im Säuglingsalter. Polyurie, Polydipsie, unklare Fieberschübe. Exsiccose häufig lebensbedrohlich. Teilweise Retardation und Schwachsinn. Therapiemöglichkeiten: Diätetische Behandlung zur Minderung der Hyperosmolarität des Plasmas in Form von eiweißarmer, hochkalorischer Nahrung, Zufuhr hypoosmolarer Flüssigkeiten, eventuell durch Infusion. Substitution mit Vasopressin (Hypophysenhinterlappenpräparate, neuerdings synthetisches l-Desamino-8-d-Arginin-Vasopressin, DDAVP). Saluretika. Gute Therapieerfolge Häufigkeit und Vorkommen: Über 100 Fälle publiziert. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Daneben bei einigen Familien X-chromosomale Vererbung vermutet. Farn ilienberatung: Früherkennung durch Polyurie und Durstfieber bei Säuglingen. Nachweis und Differentialdiagnose zum renalen D. i. (s. d.) durch Ansprechen auf ADH. Frühzeitige Einstellung auf therapeutische Maßnahmen wichtig. Wegen der Gefahr lebensbedrohlicher Zustände müssen Behandlungsmöglichkeiten ständig vorhanden sein. Medizinische Überwachung der Neugeborenen in den betroffenen Familien notwendig.
221
Diabetes insipidus renalis Erblicher Defekt der Nierentubuli, wahrscheinlich auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt besteht in einer Nichtansprechbarkeit der Tubuli auf das antidiuretische Hormon (ADH, Vasopressin) der Neurohypophyse. Die Niere verliert dadurch ihre Fähigkeit zur tubulären Wasserrückresorption und zur Urinkonzentrierung, woraus sich die gesamte klinische Symptomatik erklärt. Krankheitswert: Manifestation des Leidens in den ersten Lebenstagen. Unklare Fieberschübe, Polyurie, Polydipsie, Erbrechen, Obstipation, schlechtes Gedeihen, geistige und statische Retardation. Tod meistens im Säuglings- oder Kleinkindesalter. Bei Überleben häufig Oligophrenie. Therapiemöglichkeiten: Diätetische Behandlung zur Milderung der Hyperosmolarität des Plasmas in F o r m von eiweißarmer, hochkalorischer Nahrung, Zufuhr hypoosmolarer Flüssigkeiten eventuell durch Infusionen. Saluretika. Pitressin. Die seltenen weiblichen Patienten sprechen sehr schlecht auf Therapie an. Häufigkeit und Vorkommen: Bisher etwa 200 gesicherte Fälle publiziert. Genetik: F a s t ausschließlich männliche Merkmalsträger beschrieben. Xchromosomaler Erbgang bei variabler Expressivität im weiblichen Geschlecht wird angenommen, weniger gut belegt ist ein autosomal dominanter Erbgang mit Bevorzugung des männlichen Geschlechtes. Familienberatung: Früherkennung durch Polyurie und Durstfieber bei Säuglingen. Nachweis und Differentialdiagnose zum renalen D. i. (s. d.) durch Nichtansprechen auf A D H . Frühzeitige Einstellung auf therapeutische Maßnahmen wichtig. Wegen der Gefahr lebensbedrohlicher Zustände müssen Behandlungsmöglichkeiten ständig vorhanden sein. Medizinische Überwachung der Neugeborenen in den betroffenen Familien notwendig.
Diabetes mellitus, Zuckerkrankheit Erbliche Stoffwechselkrankheit auf heterogener Grundlage. 222
E s besteht ein relativer bzw. absoluter Mangel an Insulin, das wahrscheinlich eine sowohl die Glykogensynthese als auch den intrazellulären Kohlenhydrat- und Eiweißtransport fördernde F u n k t i o n ausübt. Ein Insulinmangel-Diabetes manifestiert sich gewöhnlich bei Kindern oder Jugendlichen, während ein Altersdiabetes auch durch verminderte Ansprechbarkeit der Erfolgsorgane auf Insulin bzw. der Inselzellen auf Sekretionsreiz entsteht. Teilweise lassen sich bei Diabetikern Insulinantagonisten, Autoantikörper gegen Inselzellen bzw. andere endokrine Organe (vor allem beim juvenilen familiären D. m.), ein Insulin-RezeptorMangel, eine Blockierung des Insulin-Rezeptors, eine Inselzellaplasie (angeborener D. m.) oder immunologisch ein physiologisch unwirksames Insulin nachweisen. Die klinische Symptomatik erklärt sich direkt aus der Hyperglykämie und sekundär aus Komplikationen und Zweiterkrankungen. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen a k u t im ersten oder zweiten Lebensjahrzehnt („jungendlicher D.") oder später meist chronisch. Teilweise lange ohne auffällige klinische Symptome bestehend. Polydipsie, Polyurie, Abgeschlagenheit, Mikroangiopathische Veränderungen vor allem an Herz, Niere, Augenhintergrund und E x t r e m i t ä t e n führen sekundär zu Mikroaneurysmen, Retinopathien bis zur Erblindung, Glomerulosklerose (KIMMELSTLEL-WILSON-Syndrom) mit schwerer Niereninsuffizienz, vorzeitiger Arteriosklerose, Polyneuropathien, Gangrän u. a. Schwere klinische Erscheinungen vor allem bei f r ü h manifestem D. Herabgesetzte Leistungsfähigkeit und Lebenserwartung. Mit Frühinvalidität muß gerechnet werden. Kombination mit OptikusAtrophie und progredienter Schwerhörigkeit s. BAK.TON-LESTRAD ET - L A B ANGE - S y n d r o m .
Therapiemöglichkeiten: Speziell eingestellte Diät, körperliche Tätigkeit, Verhinderung von Übergewichtigkeit. Orale Antidiabetika (Sulfonamide, Guanidinderivate) und Insulinsubstitution bei guter Einstellung mit zufriedenstellendem Erfolg. Symptomatische Behandlung der Sekundärerscheinungen unbefriedigend. Häufigkeit und Vorkommen: 1% der Weltbevölkerung leidet an D. Regional sehr unterschiedlich. I n Völkern mit Mangelernährung seltener manifest als bei guter oder Überernährung. Frequenz in Mitteleuropa ca. 2 % , bei Personen unter dem 20. Lebensjahr 0,2%. ErkrankungsWahrscheinlichkeit für das 70. Lebensjahr 5%. Genetik: Heterogen. Erblichkeit im Sinne einer polygen bedingten Disposition. Konkordanzrate bei Zwillingen ca. 0,6:0,12. Besonders 223
Altersdiabetes exogen beeinflußt d u r c h Übergewichtigkeit, Fehle r n ä h r u n g , Streß, I n f e k t e u n d G r a v i d i t ä t . Genetisch wie a u c h biochemisch u n d klinisch heterogen, wobei jedoch z. T. genetische Beziehungen zwischen einzelnen F o r m e n bestehen, indem sie gemeinsam in b e t r o f f e n e n Sippen v o r k o m m e n . Trotz der herabgesetzten effektiven F r u c h t b a r k e i t (ca. 5 0 % ) der M e r k m a l s t r ä g e r h a b e n diese o f f e n b a r in der Vergangenheit m i t h ä u f i g e n H u n g e r perioden einen Selektionsvorteil auf G r u n d einer v e r m i n d e r t e n H y p o g l y k ä m i e n e i g u n g bei U n t e r e r n ä h r u n g g e h a b t . Die Schwere u n d der Beginn mikroangiografischer V e r ä n d e r u n g e n sind w a h r scheinlich d u r c h zusätzliche genetische F a k t o r e n beeinflußt. Monogene F o r m e n : a) Autosomal d o m i n a n t e r leichter Diabetes des J u g e n d a l t e r s (MODY): N i c h t insulinbedürftig, nicht progredient. Leichtere Manifestation im m ä n n l i c h e n Geschlecht. b) Insulinresistenter Diabetes mellitus, H y p e r p l a s i e der H y p o physe, Genitalhyperplasie, Acanthosis nigricans, Z a h n a n o malien, H i r s u t i s m u s : A u t o s o m a l rezessiv. T o d innerhalb des ersten L e b e n s j a h r z e h n t s . Von wenigen Geschwisterschaften beschrieben. c) Lipoatrophischer D i a b e t e s : Lokale Atrophien des s u b k u t a n e n F e t t g e w e b e s a n E x t r e m i t ä t e n u n d S t a m m , Acanthosis nigricans, H y p e r l i p i d ä m i e u n d X a n t h o m a t a . Insulinresistent. Gynäkotropie. A u t o s o m a l oder X-chromosomal d o m i n a n t , s. Lipodystrophie. S y m p t o m a t i s c h e F o r m e n s. LAURENCE-Mooir-BIEDL-BARDET-Syndrom, ALSTITÖM-Syndrom, PKADEB-WiLLi-Syndrom, D y s t r o p h i a myotonica, ScHMiDT-Syndrom, B A R J O N - L E S T R A T > E T - L A B A N G E - S y n drom, Lipodystrophie, generalisierte, angeborene. E s b e s t e h t eine Assoziation m i t b e s t i m m t e n H L A - T y p e n : Beim juvenilen D. m. m i t H L A - B 8 (in J a p a n Bw54, bei A f r i k a n e r n D ß w 3 u n d 4.), bei später m a n i f e s t e m D. m . m i t HLA-Bw35. Bei V e r w a n d t e n von D i a b e t i k e r n m i t den e n t s p r e c h e n d e n H L A - T y p e n l ä ß t sich eine v e r m i n d e r t e Glukose-Toleranz feststellen. Familienberatung:
Nachweis a n H a n d der e r h ö h t e n Glukosewerte in B l u t u n d U r i n sowie auf G r u n d der K e t o n u r i e . Screening-Test m i t Hilfe v o n Teststreifen erfolgreich. A b g r e n z u n g einer nichtdiabetischen verm i n d e r t e n Glukose-Toleranz im Alter, des renalen D. bei J u g e n d lichen, einer transitorischen diabetischen Stoffwechselstörung w ä h r e n d des ersten Lebensjahres sowie des d u r c h KortikosteroidB e h a n d l u n g b e d i n g t e n „ S t e r o i d d i a b e t e s " n o t w e n d i g . F ü r erbprognostische E r h e b u n g e n u n d zur Einleitung p r o p h y l a k t i s c h e r Maßnahmen Erkennung von Merkmalsträgern mit „latentem D i a b e t e s " vor biochemischer u n d klinischer M a n i f e s t a t i o n wichtig, jedoch h ä u f i g schwierig: P r o v o k a t i o n s t e s t s ; K i n d e r diabetischer E l t e r n , M ü t t e r übergewichtiger Neugeborener. D i a b e t i k e r i n n e n sind vor S c h w a n g e r s c h a f t e n zu w a r n e n , da K o m p l i k a t i o n e n n i c h t 224
auszuschließen sind. Besondere geburtshelferische Maßnahmen notwendig. Mit einer erhöhten Mißbildungsrate (3—4mal höher als in der Durchschnittsbevölkerung) muß bei Kindern diabetischer Mütter gerechnet werden, die perinatale Sterblichkeit ist dabei erhöht. Gefährdet sind vor allem Kinder von Müttern mit juvenilem und mit diätetisch nicht zu beherrschendem D. m. Vorsicht mit bestimmten Medikamenten ( z . B . Thiazide, in der DDR Disalunil®), die blutzuckersteigernd wirken. Das empirische Risiko für Geschwister von Merkmalsträgern mit einem juvenilen Diabetes wird mit 1 : 1 0 angegeben und mit 1 : 2 0 für eine Manifestation vor dem 20. Lebensjahr. Das Risiko erhöht sich, wenn noch weitere Merkmalsträger in der Geschwisterschaft oder Verwandtschaft existieren. Leidet ein Elternteil an einem frühmanifesten Diabetes, kann das Risiko für Geschwister von Merkmalsträgern auf 1:10 (jugendlicher D.) bzw. 1 : 5 eingeschätzt werden. Aus einer Ehe zwischen zwei Diabetikern gehen durchschnittlich 20% diabetische Kinder hervor. Bei Verwandten von Merkmalsträgern läßt sich oft eine abnorme Kohlenhydrattoleranz nachweisen, ohne daß es sich dabei mit Sicherheit um einen latenten Diabetes handeln muß. Bei familiär auftretendem Alters-Diabetes liegt die Erkrankungswahrscheinlichkeit für Verwandte eines Merkmalsträgers noch höher, jedoch bestehen kaum familienberaterische Bedenken, es sollte aber auf die Notwendigkeit einer entsprechenden vernünftigen Lebensführung hingewiesen werden.
DIAMOND-BLACKFAN-Syndrom, kongenitale hypoplastische Anämie Angeborene Störung der Erythropoese unklarer Ätiologie. Der der isolierten Erythroblastopenie zugrunde liegende Basisdefekt (Tryptophanstoffwechselstörung, Nichtansprechbarkeit auf Erythropoietin?) ist noch unklar. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb des ersten Lebensjahres. Normozytäre, langsam progrediente Anämie. Appetitlosigkeit. Charakteristischer Gesichtsausdruck mit Hypertelorismus und Stumpfnase. Teilweise Hypogonadismus. Gelegentlich Retardation der geistigen und körperlichen Entwicklung. Lebenserwartung herabgesetzt. Im Erwachsenenalter Neigung zu Leukosen. Therapiemöglichkeiten: Regelmäßige Blut- bzw. Erythrozytentransfusion sowie Gaben von Anabolika mit vorübergehendem guten Erfolg. Eventuell Knochenmarktransplantation. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Über 100 Fälle publiziert. Bis auf wenige Ausnahmen sporadisch. 15
Witkowski/Prokop
225
Genetik: Erbgang unklar. Von den einzelnen Autoren unterschiedlich als autosomal rezessiv, dominant oder als exogen bedingt (postinfektiös) angesehen. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Anämien an H a n d des Blutausstrichs und des Knochenmarkpunktates sowie einer erhöhten Anthranylsäure-Ausscheidung im Urin. Auf Grund des meist sporadischen Vorkommens kann das Risiko f ü r Verwandte eines Merkmalsträgers als gering eingeschätzt werden.
Diaphragmaagenesie s. Zwerchfellagenesie DIDMOAD s. BARJON-LESTRADET-LABANGE-Syndrom Diffuse Sklerose, familiäre, chronische s. PELIZAEUSMERZBACHER-Syndrom DI-GEORGE-Syndrom, Thymusaplasie Aplasie oder Hypoplasie des Thymus wahrscheinlich auf der Grundlage einer Genmutation. Pathogenetisch besteht eine embryonale Entwicklungshemmung des Thymus und der Parathyreoidea (3. und 4. Kiemenbogen), wofür ein Basisdefekt unbekannt ist. Es kommt zur Hypokalzämie und zur Eunktionsunfähigkeit des zellständigen thymusabhängigen Immunsystems der Lymphozyten. Krankheitswert: Schwere Tetanien im Neugeborenenalter. Entwicklungsstillstand. Neigung zu Candidiasis und bakteriellen Infektionen, vor allem Otitiden. Humorales Abwehrsystem intakt. Häufig bestehen kraniofaziale oder kardiovaskuläre Mißbildungen. Tod meistens in den ersten Lebensmonaten. Therapiemöglichkeiten: Kalzium-Substitutionstherapie erfolgreich gegen Tetanie. VitaminD-Gaben. Neuerdings Implantation fetalen Thymusgewebes intramuskulär im Hinblick auf die immunologische Symptomatik erfolgreich. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1965 über 20 Fälle, darunter mehrere Geschwister, beschrieben. 226
Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang mit variabler Expressivitat, partielle Monosomie des Chromosoms 22? Familienberatung: Frühzeitige Differentialdiagnose zu anderen Krampfleiden und Störungen des Abwehrsystems (Agammaglobulinämie, s. d.) sowie Ca-Therapie wichtig. Besondere Vorsichtsmaßnahmen bei Impfungen notwendig, BOG- und andere Impfungen sowie Bluttransfusionen sind zu vermeiden. Vor weiteren Schwangerschaften bei betroffenen Geschwisterschaften muß gewarnt werden.
Dihydrofolat-Reduktase-Mangel s. Folatstoffwechselstörungen Diplegie, spastische infantile s. L I T T L E - S y n d r o m Disaccharid-Intoleranz I s. Saccharose-Isornaltose-Intoleranz Disaccharid-Intoleranz II s. Laktose-Intoleranz Disaccharid-Intoleranz III s. L a k t o s e - I n t o l e r a n z Distichiasis, Tristichiasis Erbliche Anomalien der Wimpernanlagen auf der Grundlage von Genmutationen. Der der Erscheinung zugrunde liegende Basisdefekt ist unklar. Krankheitswert: Hinter der normalen Wimpernreihe entwickelt sich noch eine zweite bzw. dritte. Teilweise Beeinträchtigung durch mechanische Reizung der Augen. Kombination mit Lymphödematose (TOSTSyndrom) bzw. mit Mikroblepharie, Lagophthalmus, Platyonychie, Myopie und Hyperopie beschrieben. Therapiemöglichkeiten: Wenn nötig, chirurgische Korrektur. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Neben isolierten Fällen wiederholt Familien mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. 15*
227
Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Familienberatung: Familienberaterische Bedenken bestehen nicht.
DOLOWITZ-ALDOUS-Syndrom s. Albinismus, partieller DONOHUE-Syndrom s. Leprechaunismus DOWN-Syndrom, Morbus LANGDON-DOWN, Mongoloidismus Symptomenkomplex mit Schwachsinn auf der Grundlage einer numerischen Chromosomenanomalie. Es liegt eine Trisomie des Chromosoms 21 (Trisomie 21 ;47, + 2 1 ) zugrunde, die durch Nondisjunction (Niehtauseinanderweichen homologer Chromosomen) während einer mitotischen oder meiotischen (meistens Meiose I) Kernteilung entsteht. Die Ursachen für das Nondisjunction sowie der Zusammenhang der Merkmalsausprägung mit der Trisomie sind noch unklar. Krankheitswert: Bereits bei Geburt an charakteristischem Aspekt erkennbar: Makroglossie, Epikanthus, schräge Lidachsen, Kurzschädel, breiter Nacken, clownartige Rötung der Wangen, Anomalien der Ohrmuschel. Hypotonie der Muskeln und Überstreckbarkeit der Gelenke. Im männlichen Geschlecht Hypogenitalismus. Häufig angeborene Herzfehler. Neigung zu Infekten. In etwa 7 5 % der Fälle Imbezillität, in 2 0 % Idiotie, in 5 % Debilität. Neigung zu Leukosen (kindliche Leukosen, besonders akute Leukose, bei Patienten mit D.-S. 20mal häufiger als bei normalen Kindern). Lebenserwartung herabgesetzt: Etwa 5 0 % Patienten überleben das 10. Lebensjahr. Zahlreiche fakultative Symptome. Therapiemöglichkeiten: Durch besondere Förderung und Ausnutzung der vorhandenen Bildungsfähigkeit kann eine Sonderschulreife erreicht werden. Infektionsschutz. Medikamentöse Behandlung z. B. mit 5-Hydroxytryptophan und Vitaminen kann körperliche Symptome gering beeinflussen, bleibt aber offensichtlich ohne Wirkung auf die intellektuellen Fähigkeiten. Zelltherapie ohne Effekt. 228
Häufigkeit und Vorkommen: Inzidenz in Europa etwa 1:700. Geringe Androtropie. Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen oder in Geschwisterschaften selten. Genetik: Die Patienten haben anstatt der normalerweise 46 Chromosomen 47, wobei ein zusätzliches Chromosom in der Gruppe G, nach internationaler Übereinkunft als Nr. 21 bezeichnet, vorhanden ist. Diese reguläre Trisomie liegt in etwa 9 4 % der Fälle vor. Bei etwa 2 % der Patienten setzt sich der Körper aus Zellen mit 47 Chromosomen und solchen mit normalem Karyotyp zusammen: Mosaik. In 4 % der Fälle besteht eine Translokation des überzähligen Chromosoms mit einem anderen Autosom (meistens in Form einer Fusion in der Zentromerregion akrozentrischer Chromosomen, ROBERTSONTranslokation), vorwiegend der G- oder der D-Gruppe. Es sind dann zwar scheinbar nur 46 Chromosomen vorhanden, wobei jedoch eine funktionelle bzw. effektive Trisomie 21 besteht. Vererbt werden kann die reguläre Trisomie 21 nur durch Merkmalsträger selbst, und zwar durch weibliche, da bei männlichen Patienten offenbar Infertilität besteht. Das theoretische und empirisch ermittelte Risiko für Kinder von Frauen mit D.-S. liegt bei 50%. Tatsächlich haben von den bekanntgewordenen 24 Kindern solcher Frauen 9 ein DowN-Syndrom. Besteht bei einem klinisch normalen Elternteil ein Mosaik, so können je nach dessen quantitativer Zusammensetzung mehrere Kinder eine Trisomie haben. Familiarität tritt außerdem bei Translokationstrisomie auf, wobei theoretisch je 1 / i der Kinder eines phänotypisch normalen Trägers einer balancierten Translokation (45 Chromosomen, wovon eins aus einem Chromosom G und einem anderen Autosom besteht) trisom, monosom, normal oder wiederum Träger einer balancierten Translokation sind. Die empirischen Werte weichen jedoch stark von diesem Verhältnis ab, da Monosomie immer und Trisomie offensichtlich in mehr als 5 0 % der Fälle bereits in frühen Stadien der Keimesentwicklung letal wirken. Neben diesen bereits gut durchschaubaren Vererbungsmodi läßt sich in einigen wenigen Familien eine ihrer Natur noch nicht geklärte Neigung (autosomal rezessiv ererbt? eventuell durch einen ebenfalls erblichen erhöhten Schilddrüsenantikörper-Spiegel bedingt?) zum Nondisjunction und damit zu Trisomien bzw. zu Mosaiken erkennen. Familienberatung: (s. a. Einführung). Klinische Diagnostik vor allem bei Neugeborenen unsicher. Eine Beratung muß von den zytogenetischen Befunden der Chromosomenanalyse ausgehen. Liegt bei einem sporadischen Fall eine reguläre Trisomie 21 und bei den Eltern ein normaler Karyotyp vor, so ist das Risiko für Geschwister und andere Verwandte nur gering gegenüber Kindern anderer Eltern des gleichen Alters erhöht. Es steigt lediglich mit dem Alter der Eltern, und 229
zwar signifikant vom 35. Lebensjahr bei der Mutter (Tab. 4) u n d vom 45. Lebensjahr beim Vater an. Besteht in der Elterngeneration oder bei den Probanden ein Mosaik, so unterscheidet sich das empirische Risiko k a u m von dem bei regulärer Trisomie. Die Translokations-Trisomie zeigt in ihrer Inzidenz keine Abhängigkeit vom Alter der Eltern, so daß sie unter Kindern junger Eltern relativ häufiger a u f t r i t t als unter denen von Spätgebärenden. Deshalb ist beim Auftreten eines Kindes mit Trisomie 21 eine Chromosomenanalyse vor allem dann notwendig, wenn es sich u m junge Eltern handelt u n d noch weiterer Kinderwunsch besteht. I m Falle einer Translokation D/G haben die Eltern in ca. 50% u n d G/G in Tabelle 4 Alter der Mutter im Vergleich zum Risiko (nach
REDDING
und
HIRSCHHORN)
Alter der Mutter
Risiko f ü r Geburt eines Kindes mit D.-S.
Risiko f ü r weitere Kinder mit D.-S.
2 0 - 3 0 J. 3 0 - 3 5 J. 3 5 - 4 0 J. 4 0 - 4 5 J. über 45 J .
1 1 1 1 1
1 : 500 1 : 250 1 : 200 1 : 100 1 : 20
: : : : :
1500 750 600 300 60
80—90% der Fälle einen normalen K a r y o t y p . Diese sogenannten De-novo-Translokationen erhöhen das Risiko f ü r weitere Geschwister nur ganz gering. Auf ein erhöhtes Risiko sollte aber hingewiesen werden, wenn sich auch bei einem Elternteil eine Translokation nachweisen läßt. H a n d e l t es sich u m eine Translokation D/G oder 21/22, so liegt das empirische Risiko f ü r Kinder bei etwa 15—20%, wenn die Mutter, und bei 2 — 3 % , wenn der Vater Translokationsträger ist. Klinisch normale Kinder solcher Eltern sollten ebenfalls zytogenetisch im Hinblick auf eigene Kinder auf eine balancierte Translokation untersucht werden. Liegt eine Translokation 21/21 vor, so werden alle Kinder Träger einer effektiven Trisomie 21 und d a m i t eines D.-S. sein. Zusammenfassend ergibt sich, daß ein erhöhtes Risiko nicht besteht, wenn es sich bei dem Probanden u m eine reguläre Trisomie handelt, die Familienanamnese stumm ist, bei beiden Eltern eine Chromosomenanomalie (Mosaik) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durch Chromosomenanalyse ausgeschlossen werden k a n n und die Mutter das 34. Lebensjahr noch nicht überschritten hat. Liegt das Risiko höher als 1%, sollte bei eingetretener Schwangerschaft eine pränatale Diagnostik durchgeführt werden. Sogenannte mongoloide Stigmata (Mikrosymptome) bei ansonsten normalen E l t e r n u n d Verwandten können nicht als Hinweis auf Familiarität gewertet werden. I m Falle eines Mosaiks bei dem P r o b a n d e n ist nicht immer 230
mit klinisch milderer Symptomatik zu rechnen. Das zytogenetisch feststellbare Verhältnis von trisomen zu normalen Zellen korreliert nur ganz grob mit der Schwere der Symptome.
Drepanozyten-Anämie s. Sichelzell-Anämie DRESBACH-Syndrom, Elliptozytose, Ovalozytose Erbliche Anomalie der Erythrozyten auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Abweichung der Erythrozytenform, verbunden mit herabgesetzter Widerstandsfähigkeit und Lebensdauer der Erythrozyten. Der zugrunde liegende biochemische Defekt ist noch unbekannt. Krankheitswert: Homozygotie wirkt offensichtlich letal. Bis auf ganz wenige Ausnahmen nur heterozygote Merkmalsträger bekannt. Hinsichtlich des Schweregrades drei intrafamiliär konstante und genetisch abgrenzbare Formen: a) ohne klinische Symptomatik verlaufend (über 8 0 % der Fälle), b) Leichte Hämolyse mit Gelbsucht, Ovalozytose, c) Hämolytische Anämie, die besonders im frühen Kindesalter bedrohlich werden kann. Teilweise Schädeldeformitäten, Zahnstellungsanomalien, Ulcus cruris u. a. Therapiemöglichkeiten : Nur bei Form c) notwendig, Bluttransfusionen und Splenektomie erfolgreich. Häufigkeit Frequenz schrieben. gegenüber
und Vorkommen: etwa 1 : 2 5 0 0 — 5000. Von allen größeren Rassen beIn Malariagebieten teilweise gehäuft: Erhöhte Resistenz Plasmodien?
Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Heterogenie. Für die Form a) konnte eine Kopplung mit dem Rh-Blutgruppensystem nachgewiesen werden. Familienberatung: Nachweis an Hand des Blutausstriches. Bei den Formen a) und b) bestehen in Anbetracht der geringen klinischen Symptomatik keine familienberaterischen Bedenken, wenn nicht noch andere hereditäre Blutkrankheiten vorliegen. Bei Form c) ist eine besondere Betreuung der Familie anzuraten. Ehen zwischen Heterozygoten sind nach Möglichkeit zu vermeiden.
231
Drusen, hereditäre, der Netzhaut s. Retinadegeneration Typ DOYNE Di-Trisomie s. PÄTAU-Syndrom DUANE-Syndrom s. STILLING-TÜRK-DUANE-Syndrom DUBIN-JOHNSON-Syndrom, konstitutioneller, nichthämolytischer Ikterus, Hyperbilirubinämie I I Erbliche Stoffwechselstörung der Leberzellen auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer herabgesetzten Exkretionsfähigkeit der Leber f ü r bestimmte Stoffe, vor allem für konjugiertes Bilirubin und andere Farbstoffe. Diese gelangen dadurch ins Plasma und in den Harn. Ein braunes, nicht genauer bekanntes Pigment reichert sich außerdem in den Leberzellen an. Krankheitswert: Erstmanifestation meistens im Kindes- oder Jugendalter. Gutartiger Ikterus mit wenig subjektiven Beschwerden, z. T. paroxysmale Abdominalschmerzen. Teilweise Verschlimmerung in der Schwangerschaft. Übererwartungsgemäß häufig kombiniert mit Faktor-VII-Mangel (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Keine spezielle Therapie bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Angrenzung 1954 etwa 150 Fälle publiziert. Vor allem bei persischen J u d e n und in einem japanischen Inzuchtgebiet vorkommend. Wahrscheinlich häufiger, selten diagnostiziert. Inzidenz regional unterschiedlich, bis 1:1300. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Nachweis durch Leberbiopsie und an H a n d einer erhöhten Koproporphyrin-I-Ausscheidung im Urin (32%). Heterozygoten eventuell am Anteil von Koproporphyrin I an der Koproporphyrin-Ausscheidung u n d an klinischen Mikrosymptomen erkennbar. Berücksichtigung geringerer Belastbarkeit bei medizinischen Eingriffen, Warnung vor Alkoholabusus, Kontrazeptiva usw. notwendig. I m Hinblick auf die günstige Prognose bestehen keine familienprognostischen Bedenken. 232
DUBO WITZ -Syndrom Erbliches Mißbildungssyndrom auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Primordialer Zwergwuchs, kraniofaziale Dysmorphien mit Mikrozephalie, Hypertelorismus, breitem Mund, Mikro-Retrognathie, Epicanthus, Blepharophimose, breiter Nase und großen, tiefsitzenden abstehenden Ohren. Gelenkeschlaffheit, Syndaktylie der Zehen. Fakultativ ekzematische oder ichthyosiforme Hautveränderungen in den großen Beugefalten und im Gesicht. Hyperaktivität, geistige Retardation. Teilweise Polydaktylie. Therapiemöglichkeiten: Nur symptomatische Korrekturen mit unbefriedigendem Erfolg möglich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1065 15 Fälle, darunter 8 Geschwisterfälle beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Differentialdiagnose vor allem zum BLOOM-Syndrom und zur Alkoholembryopathie (s. d.) wichtig.
DUCHENNE-Syndrom s. Muskeldystrophie, infantile, progressive, Typ DUCHENNE Ductus arteriosus (BOTALLI), offener Persistieren der Verbindung zwischen Arteria pulmonalis und Aorta unterschiedlicher Ätiologie. Ein Basisdefekt für die Hemmungsmißbildung beim isolierten offenen D. B O T A L L I ist unbekannt. Krankheitswert : Angeboren. Klinische Leistungsfähigkeit.
Zeichen eines Herzfehlers.
Verminderte 233
Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrektur bzw. Verschluß durch Katheter mit gutem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Häufig nach Rötelnembryopathie, bei Chromosomenanomalien (ÜLLRiCH-TuRNER-Syndrom, EDWARDs-Syndrom, Dowir-Syndrom) oder anderen erblichen Syndromen (NooNAN-Syndrom, H O L T ORAM-Syndrom u. a.). Isolierter offener D. B O T A L L I meist sporadisch, jedoch Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Gynäkotropie (2:1). Genetik: Das familiäre Vorkommen in einigen Sippen macht f ü r diese eine autosomal dominante Vererbung wahrscheinlich. I n anderen Fällen besteht möglicherweise eine polygen bedingte Disposition. Familienberatung: Nachweis an H a n d typischer Herzgeräusche bzw. angiografisch. Das Risiko für Geschwister eines sporadischen Falles mit isoliertem offenen D. B O T A L L I wird empirisch auf 1 : 4 0 eingeschätzt. Es liegt etwas höher f ü r Kinder von männlichen Merkmalsträgern oder wenn bereits ein Fall in der Familie existiert. Sind zwei Geschwister oder ein Elternteil und ein Kind betroffen, erhöht sich das Risiko f ü r weitere Kinder auf 1:10.
Duhamel-Anomalie s. Sirenomelie DUNCAN-Syndrom s. Lymphoproliferatives Syndrom Duodenum-Atresie s. Darmtresien DUPUYTRENsche Kontraktur s. DUPUYTREN-Syndrom DUPUYTREN-Syndrom, DUPUYTRENsche Kontraktur Genetisch bedingte Palmarfibrose auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht eine Fibrose der Aponeurosis palmaris. Der Basisdefekt f ü r diese Erscheinung ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation gewöhnlich im Erwachsenenalter. Fixierte Beugehaltung mehrerer Finger (bevorzugt 4 und 5), meist symme234
trisch an beiden Händen. Häufig Korrelation mit fibrösen Fingerknöchelpolstern („Knuckle Pads"), teilweise auch mit P E Y R O N I E Syndrom (s. d.) und Neigung zu Keloiden. Keine Beeinträchtigung der Lebenserwartung. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrektur erfolgreich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Unter Einbeziehung milder Formen etwa 1:6 bei älteren Männern. Bei Frauen seltener (Geschlechtsverhältnis 6:1). Familiar gehäuft. Genetik: Wegen der hohen Frequenz Erbgang schwer feststellbar, autosomal dominante Vererbung wird angenommen. Herabgesetzte Penetranz und variable Expressivität mit relativer Begrenzung der Manifestation auf das männliche Geschlecht. Die genetischen Grundlagen für Korrelationen mit anderen Symptomen sind unklar. Familienberatung: Differentialdiagnose zu erworbenen Hohlhandschwielen, posttraumatischen sowie neurogenen Veränderungen und Tumoren notwendig. In Anbetracht des geringen Krankheitswertes und der guten Korrigierbarkeit kein Anlaß für familienberaterische Bedenken.
DYGGVE -MELCHIOR- CLAUSEN-Syndrom, PseudoMORQUIO-Syndrom Typ I Wahrscheinlich genetisch bedingte Mukopolysaccharidose auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht eine Störung des Glykoprotein-MukopolysaccharidStoffwechsels auf Grund eines Sulfatase- und/oder Pronase-Mangels mit erhöhter Hyaluronsäureausscheidung, was mit der an die Mukopolysaccharidose I V erinnernden Symptomatik im Zusammenhang stehen dürfte. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im ersten Lebensjahr. Disproportionierter Minderwuchs. Platyspondylie. Beeinträchtigung vor allem durch Anomalien des Achsenskeletts und verminderte Beweglichkeit der großen Gelenke. Klauenfinger. Progrediente geistige Retardation. Neuerdings Form mit normaler Intelligenz als SMiTH-McCoRT-Syndrom abgegrenzt. 235
Therapiemöglichkeiten: Nur symptomatische Korrekturen möglich. Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1958 bzw. 1962 über 35 vor allem skandinavische Fälle beschrieben, darunter eine Geschwisterschaft aus einer Onkel-Nichte-Ehe. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung. Heterogen. Familienberatung: Röntgenologische Differentialdiagnose zu anderen Mukopolysaccharidosen und spondyloepiphysären Dysplasien notwendig. In betroffenen Familien besondere medizinisch-genetische Betreuung notwendig. Dysautonomie s. R I L E Y - D A Y - S y n d r o m Dyschondroplasie s. Knochenchondromatose Dyschondrosteose s. L f i R I - W E I L L - S y n d r o m Dyschromatose Bisher ausschließlich von japanischen Patienten beschriebene Pigmentierungsanomalien. Wahrscheinlich drei unterschiedliche Typen, autosomal dominant und rezessiv vererbt. Dysencephalia splanchnocystica s. M E C K E L - S y n d r o m Dysequilibrium-Syndrom s. Fazialis-Parese Dysfibrinogenämie s. Fibrinogen-Varianten Dysgammaglobulinämie Typ I Genetisch bedingtes Antikörpermangelsyndrom auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht ein isolierter, seinem Basisdefekt nach unbekannter Mangel an Immunoglobulinen vom Typ IgG und IgA bei erhöhtem IgM-Titer (Defekt bei der Reifung der B-Lymphozyten?) Die 236
klinische Symptomatik erklärt sich aus dem Pehlen wirksamer Antikörper. Krankheitswert: I m Säuglings- oder Kindesalter manifest werdende Abwehrschwäche mit Neigung zu Infekten und lokalen Infektionen. Rezidivierende Otitiden, Pneumonien und Entzündungen der Luftwege. Schwere Beeinträchtigung mit lebensbedrohlichen Erkrankungen. Keine Isoantikörper. Therapiemöglichkeiten: Antibiotika und Gammaglobulingaben guten Erfolg.
mit
vorübergehendem
Häufigkeit und Vorkommen: Bisher über 10 sporadische oder Geschwisterfälle gesichert. Androtropie. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Frühzeitige Erkennung und Differentialdiagnose zum A N D E K S E N Syndrom (s. d.) und anderen Antikörpermangelkrankheiten (s. Agammaglobulinämie, Hypogammaglobulinämie) wichtig.
Dysgammaglobulinämie Typ II, IgA-Mangel Antikörper-Mangel unklarer Ätiologie. Es besteht ein seinem Basisdefekt nach unklarer isolierter Mangel am Immunoglobulinen vom Typ IgA und z. T. auch IgM bei normalem oder erhöhtem IgG-Titer. Krankheitswert : Heterogen. Überwiegend ohne klinische Erscheinungen bestehend. Bei verschiedenen Krankheitsbildern besteht ein Mangel an IgA, ohne daß bis jetzt ein einheitlicher kausaler Zusammenhang erkennbar ist: Zöliakie, Perniciöse Anämie, rezidivierende Infekte, Atopien. Therapiemöglichkeiten : Unnötig. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz etwa 1:500. Sporadische Fälle sowie Vorkommen bei Geschwistern oder in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Häufigster Immundefekt des Menschen. 237
Genetik: Kein einheitlicher Erbgang erkennbar, polygene Vererbung wird angenommen. D. läßt sich auch bei verschiedenen Chromosomenaberrationen, vor allem bei Patienten mit Deletionen des Chromosoms 18 feststellen. Familienberatung: Ausschlaggebend sind nicht der nachgewiesene Mangel oder das Fehlen von IgA, sondern die Schwere der bei den Patienten bestehenden klinischen Erscheinungen. Dysgammaglobulinämie Typ I I I s. L O U I S - B A R - S y n d r o m Dyskeratosis congenita s. Z I N S S E R - E N G M A N - C O L E Syndrom Dyskeratosis follicularis D A R I E R DARIER
s. K e r a t o s i s
follicularis
Dyskeratosis intraepithelialis benigna hereditaria Im Kindesalter beginnende Erkrankung der Konjunktiva der Augen (Red eye disease) mit dyskeratotischen Mundschleimhautveränderungen. Wahrscheinlich auf ein Isolat in Nordcarolina (USA) beschränkt, für Europa bedeutungslos. Krankheitswert gering, z. T. Erblindungsgefahr. Autosomal dominanter Erbgang.
Dyskranio-Pygo-Phalangie-Syndrom s. U L L R I C H - F E I C H TIGER-Syndrom Dyslexie, spezifische (Lesestörung), A l e x i e Legasthenie (Schreib-Leseschwäche)
(Wortblindheit)
Lese- und Schreibschwäche Ätiologie.
unterschiedlicher
bzw. -Unfähigkeit
Der Basisdefekt sowie bei Legasthenie auch das neurologische bzw. anatomisch-pathologische Substrat sind unbekannt. Eine Alexie (Symbolagnosie) bei ausreichendem Sehvermögen kann durch Störung der Bahnen zwischen Sehsphäre und Schläfenlappen (linker Gyrus angularis) angeboren oder erworben sein. Dyslexie entwickelt sich gewöhnlich durch linksseitige Parietalerkrankung. 238
Krankheitswert: Unfähigkeit verschiedenen Ausmaßes, Silben und Worte zu lesen und meistens auch zu schreiben. Intelligenz nicht beeinträchtigt. Teilweise korreliert mit Linkshändigkeit oder Sprachstörungen. Meist leichtere Formen, die bei Erwachsenen intelligenzmäßig kompensiert und nur durch Spezialprüfungen erkennbar werden. Gefahr von Minderwertigkeitsgefühl und sekundären Neurosen im Schulalter. Therapiemöglichkeiten: Intensives Üben eventuell in Spezialklassen kann erfolgreich sein. Häufigkeit und Vorkommen: J e nach Fassung der Begriffe unterschiedlich mit 1:5 bis 1:5000 angegeben (durchschnittlich 1:10). Häufiger im männlichen Geschlecht festgestellt. Konkordanz bei eineiigen Zwillingen 84%, bei zweieiigen 29%. Genetik: Offensichtlich heterogen, wobei die Einteilung in Dyslexie, Alexie und Legasthenie nur von einem Teil der Autoren anerkannt wird. Die Art des familiären Vorkommens in den meisten Sippen spricht für autosomal dominanten Erbgang der kongenitalen Legasthenie. Wahrscheinlich polygene Vererbung unter Beteiligung dominanter Hauptgene. Variable Expressivität. Erworbene Alexie oder Dyslexie meistens exogen bedingt. Familienberatung: Differentialdiagnose zu unspezifischen bzw. sekundären Formen der Leseunfähigkeit bei Schwachsinn bzw. Neurosen notwendig. Früherkennung und entsprechende schulische Erziehung und Berufsberatung wichtig. Familienberaterische Bedenken bestehen nicht.
Dysmorphia mandibulo-oculo-facialis s. HALLERMANNSTREIFF-Syndrom Dysosteosclerose Genetisch bedingte Anomalie der Knochenstruktur auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Symptome im Kindesalter. Minderwuchs durch Platyspondylie. Knochenbrüchigkeit. Teilweise Hirn239
nervenparese mit Erblindung. Bei einem Teil der Fälle Hautatrophien, Nagelanomalie, Zahnschmelzdefekte und psychomotorischer Entwicklungsstillstand (Osteo-dermo-neurologisches Syndrom). Therapiemöglichkeiten
:
Symptomatische Korrekturen mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Etwa 15, vorwiegend Geschwisterfälle beschrieben. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. In einer Sippe mit ausschließlich männlichen Merkmalsträgern wahrscheinlich X-chromosomal vererbt. Familienberatung: Differentialdiagnose zum AiBERS-ScHÖNBERG-Syndrom, zur Pyknodysostose und zur kranio-metaphysären Dysostose (s. d.) wichtig. In Anbetracht der Schwere der Erscheinungen sollte bei Auftreten eines Merkmalsträger vor weiteren Kindern gewarnt werden. Dysostose, enchondrale, T y p N I E R H O F F - H Ü B N E R , NIERHOFF-HÜBNER-Syndrom Schwere, letale Dysostose des Neugeborenenalters, wahrscheinlich zum Typ a) der Hypophosphatasie gehörig (s. d.!). Dysostose, mandibulo-faziale s. F R A N C E S C H E T T I Syndrom Dysostose, multiple, polytope s. L E R I - S y n d r o m Dysostose, spondylocostale; spondylocostale Dysplasie, spondylothorakale Dysplasie, costovertebrale Dysplasie, COVESDEM-Syndrom, JARCHO-LEVIN-Syndrom, occipito-facio-cervico-thoraco-abdomino-digitale Dysplasie, Polydysspondylie Heterogene Gruppe von spino-costalen Segmentierungsanomalien vorwiegend auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. 240
Krankheitswert: Angeboren. Meistens ist die g e s a m t e Wirbelsäule b e t r o f f e n . Vor allem H e m i - u n d Blockwirbelbildungen m i t Skoliose oder K y p h o s k o liose, disproportioniertem Minderwuchs, k u r z e m , in der Beweglichkeit eingeschränktem Hals, k u r z e m , p r o m i n e n t e m T h o r a x u n d a b s t e h e n d e n S c h u l t e r b l ä t t e r n sowie anderen Sekundärerschein u n g e n unterschiedlicher Schwere. R i p p e n u n t e r z a h l u n d -fusionen. Gewöhnlich keine neurologischen S y m p t o m e . Respirationsinsuffizienz k a n n schon im Säuglingsalter z u m Tode f ü h r e n . I n a n d e r e n Fällen L e b e n s e r w a r t u n g k a u m herabgesetzt u n d relativ geringe B e e i n t r ä c h t i g u n g . Assoziation v o n costovertebralen SegmentationsD e f e k t e n m i t Mesomelie u n d spezifischer Fazies: COVESDEMS y n d r o m : wahrscheinlich eigenständiges S y n d r o m . Therapiemöglichkeiten: Behandlung Erfolg.
der
Sekundärerscheinungen
mit
unbefriedigendem
Häufigkeit und Vorkommen: Seit E r s t b e s c h r e i b u n g 1938 zahlreiche Geschwisterschaften u n d Sippen m i t Merkmalsträgern in m e h r e r e n aufeinanderfolgenden Generationen sowie sporadische Fälle beschrieben. Genetik: H e t e r o g e n . E s läßt sich eine a u t o s o m a l rezessive (meist als spondylocostale bzw. spondylothoracale D. oder JARCHO-LEVIN-Synd r o m bezeichnet) von einer a u t o s o m a l d o m i n a n t e n (costovertebrale D.) F o r m unterscheiden. Klinisch sind die Grenzen zwischen beiden unscharf, wobei die schweren, im f r ü h e n Kindesalter z u m T o d e f ü h r e n d e n Fälle meist der a u t o s o m a l rezessiven F o r m z u z u o r d n e n sind. Die Ätiologie sporadischer Fälle ist unklar, d a a u c h exogene U r s a c h e n (Phänokopie) noch diskutiert werden. COVESDEM-Synd r o m a u t o s o m a l rezessiv v e r e r b t . Familienberatung: Differentialdiagnose zur Skoliose a n d e r e r Genese u n d z u m KLIPPEL-FEIL-Syndrom wichtig. S. a. Cerebro-costo-mandibuläres Synd r o m . G e n a u e familienanamnestische E r h e b u n g e n f ü r Risikoeins c h ä t z u n g notwendig. Von einer intrafamiliär relativ k o n s t a n t e n M e r k m a l s a u s p r ä g u n g k a n n ausgegangen werden.
Dysostosen, periphere; periphere Dysplasie; BRAILSFORDSyndrom Genetisch bedingte epiphysäre Dysostosen der P h a l a n g e n auf der Grundlage einer G e n m u t a t i o n . Der d e n K n o c h e n w a c h s t u m s s t ö r u n g e n zugrunde liegende Basisd e f e k t ist u n b e k a n n t . 16
Witkowski/Prokop
241
Krankheitswert : Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im 4. bis 6. Lebensjahr. Verformung der Finger und Zehen mit Zapfenepiphysen und entsprechender Verformungen der Metaphysen der Interphalangealgelenke an Händen und Füßen. Wenig schmerzhaft, außer Bewegungseinschränkungen keine Beeinträchtigung. Unterschiedliche Schwere mit fließenden Übergängen zum Normalen. 1968 wurde die Akrodysostose (s. d.) als eigene nosologische Einheit abgetrennt. Therapiemöglichkeiten : Keine kausale Therapie bekannt. Häufigkeit und Vorkommen: Symptomatisch bei mehreren Syndromen (Tricho-Rhino-Phalangie-S., E L L I S - V A N - C E E V E L D - S . U. a.). Isolierte p. D. selten. Merkmalsträger in aufeinanderfolgenden Generationen und auch Geschwisterschaften vorkommend. Subklinische p. D. häufig (Frequenz etwa 1:20). Genetik: Heterogen. Autosomal dominanter oder rezessiver Erbgang. Familienberatung: Starke intra- und interfamiliäre Variabilität der Merkmalsausbildung muß beachtet werden. Differentialdiagnose zum T H I E MANN-Syndrom röntgenologisch und auf Grund des späteren Manifestationsalters notwendig.
Dysostosis craniofacialis s. CROUZON-Syndrom Dysostosis enchondralis metaphysaria (Murk JANSEN) s. Metaphysäre Chondrodysplasie JANSEN Dysplasia cleidocranialis, SCHEUTHAUER-MARIESAINTON-Syndrom Genetisch bedingte Ossifikationsstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den Störungen der Knochenbildung führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Angeborene, quoad vitam harmlose Skelettanomalien: Totale oder partielle Aplasie der Schlüsselbeine, Ossifikationsstörung der 242
Schädelknochen mit persistierender Fontanelle, Hypoplasie des Oberkiefers und Dentitionsanomalien, Anomalien des Achsenskeletts mit Minderwuchs und klaffender Symphyse, Gelenkeschlaffheit, Neigung zu Kyphoskoliose und Trichterbrust. Therapiemöglichkeiten: Orthopädisch und stomatologisch konservative Behandlung ausreichend. Häufigkeit und Vorkommen: Über 600 Fälle beschrieben, teilweise aus großen Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen. 1 j 3 der Fälle wird als Neumutationen angesehen. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit variabler Expressivität. In seltenen schweren Fällen wahrscheinlich autosomal rezessive Vererbung. Familienberatung: Das Syndrom wird als relativ harmlos angesehen, so daß im Hinblick auf die meist normale Intelligenz der Merkmalsträger und die Prognose kaum familienberaterische Bedenken bestehen. Bei Merkmalsträgerinnen häufig Schnittentbindungen notwendig. I m Säuglingsalter Differentialdiagnose röntgenologisch vor allem zur Osteogenesis imperfecta und verschiedenen Rachitisformen wichtig.
Dysplasia diaphysaria hereditaria progrediens s. ENGELMANN-Syndrom Dysplasia epiphysealis multiplex, multiple epiphysäre Dysplasie, Spondylo-epiphysäre Dysplasie Typ RIBBINGF AIRBANK, RIBBING-FAIRBANK-Syndrom Genetisch bedingte Ossifikationsstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt sowie biochemische Auffälligkeiten sind nicht bekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter. Einschränkung der Bewegung und Schmerzen in den Gelenken durch Dysplasie der Epiphysen. Vor allem Hüft-, Knie-, Hand-, Fußund Fingergelenke betroffen. Progredient, zu Gehbeschwerden und schließlich Gehunfähigkeit mit Coxarthrose führend. Häufig Rückenschmerzen und Kyphose durch Wirbelanomalien. Minderwuchs nicht obligat. 16'
243
Therapiemöglichkeiten: Physiotherapeutische Maßnahmen können den Verlauf protrahieren. Später Arthroplastik oder Hüftprothesen notwendig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Häufigste der spondylo-epiphysären Dysplasien. Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Oenetik: Wahrscheinlich heterogen. Autosomal dominanter Erbgang. Familienberatung: Differentialdiagnose zur Hypothyreose, zu anderen spondyloepiphysären Dysplasien, zu angeborenen Hüftluxation und zum CALVE-LBGG-PERTHES-Syndrom (s. d.) röntgenologisch an Hand der typischen multiplen Epiphysen-Dysplasien und relativ leichten Wirbelveränderungen sowie auf Grund der meist positiven Familienanamnese notwendig. Von einer interfamiliären Variabilität der Schwere (milde Form: Typ RIBBING; schwerere Form: Typ FAIBBASTK) und verschiedener Begleitsymptome bei weitgehender intrafamiliärer Konstanz der Symptomatik kann ausgegangen werden. Frühe Erkennung im Hinblick auf Einleitung adäquater therapeutischer Maßnahmen wichtig. Bei der Berufsberatung sollte auf geringe körperliche Beanspruchung orientiert werden.
Dysplasia renofacialis, POTTER-Syndrom I Mißbildungskomplex unklarer Ätiologie. Als primär wird die Nierena- oder -dysplasie angesehen, aus der sich die anderen Symptome ableiten lassen. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Nierena-, -dys- oder -hypoplasie bzw. Zystennieren. Hypoplasie der Lungen. Typische faziale Dysmorphic (PoTTER-Gesicht). Teilweise Skelettmißbildungen der unteren Extremitäten mit fließenden Übergängen zur Sirenomelie (s. d.), Tatzenhände. Zahlreiche andere fakultative Begleitmißbildungen. Totgeburten oder in Abhängigkeit von der Nieren- und Lungensymptomatik meist nicht lebensfähige Lebendgeburten. Ein- oder beidseitige Nierenagenesie kann Teilsymptom anderer Syndrome sein. Therapiemöglichkeiten Unbekannt. 244
:
Häufigkeit und Vorkommen: I'nzidenz etwa 1 : 3 0 0 0 . Mindestens 10 Geschwisterschaften mit bilateraler Nierenagenesie b schrieben. Unilaterale Nierenagenosie häufig unauffällig, I n z i d e n t auf 1 : 1 5 0 0 geschätzt. Androtropie (3:1). Uni- u n d bilaterale Nierenagenesie in einer Familie vorkommend. Genetik: Unklar, wahrscheinlich heterogen. Die Geschwisterfälle sprechen f ü r autosomal rezessive Vererbung. I n anderen Familien m i t uniu n d bilateraler Nierenagenesie in aufeinanderfolgenden Generationen autosomal d o m i n a n t e Vererbung v e r m u t e t . X-chromosomaler E r b g a n g bei mindestens einer Sippe wahrscheinlich. Das Vorkommen von Nierendysplasien bei gesunden Verwandten von Merkmalsträgern spricht bei einem Teil der Fälle f ü r Polygenie mit Schwellenwerteffekt. Familienberatung: Verdachtsdiagnose auf G r u n d des typischen PoTTER-Gesichtes mit Lidwinkel-Wangenfalte, Hypertelorismus, R e t r o g n a t h i e u n d eines Oligo- bzw. A n h y d r a m n i o n . R u d i m e n t ä r e s Nierengewebe teilweise n u r histologisch nachweisbar. F ü r erbprognostische Einschätzung g e n a u e familienanamnestische E r h e b u n g e n notwendig. Klinisch gesunde V e r w a n d t e sollten auf Mikrosymptome (Pyelopathien) u n t e r s u c h t werden. Bei bilateraler Nierenagenesie b e s t e h t ein erhöhtes Risiko f ü r Geschwister. P r ä n a t a l e Diagnostik d u r c h U l t r a s c h a l l a u f n a h m e n a n H a n d eines Oligohydramnions u n d auf Grund erhöhter O S
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533
Lipidose, neuroviszerale s. Gangliosidose, generalisierte, infantile Lipidspeicher-Myopathie s. Carnitin-PalmityltransferaseMangel, Carnitin-Mangel-Myopathie, Pyruvatdecarboxylase-Mangel Lipodystrophie, generalisierte, angeborene, SEIP-Syndrom, BERARDINELLI-Syndrom Erblicher Stoffwechseldefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Bs besteht eine Hypertriglyzeridämie bei Diabetes mellitus. Die Konzentration freier Fettsäuren im Plasma ist normal. Der Basisdefekt ist unbekannt. Ein Defekt der peripheren Triglyzerid-Clearance oder der Hypothalamus-Funktion wird angenommen. Im Urin lassen sich Substanzen mit gewebefettmobilisiercnden Eigenschaften sowie Insulinantagonisten nachweisen. Krankheitswert: Angeboren. Allgemeine Dystrophie des Fettgewebes. Insulinresistenter Diabetes mellitus, Muskelhypertrophie, Hepatomegalie. Hypertrichose, Akromegalie. Nierenversagen. Retardation der geistigen und körperlichen Entwicklung. Lebenserwartung stark herabgesetzt. Teilweise mit Akanthosis nigricans. Therapiemöglichkeiten: Kalorien- und kohlenhydratarme Diät lebenserhaltend, eventuell in schweren Fällen Hypophysektomie nach der Pubertät hilfreich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Etwa 45 Geschwister- und sporadische Fälle bekannt. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Genetisch und nosologisch abzutrennen sind eine im Pubertätsalter manifest werdende, nicht familiäre Lipodystrophie (erworbener, lipoatrophischer Diabetes mit Hepatosplenomegalie bzw. Lebercirrhose, Acanthosis nigricans und Hyperlipidämie — LAWRENCE-Syndrom) sowie die partiellen Lipodystrophien bzw. der lipoatrophische Diabetes mit jeweils autosomal dominanter Vererbung (betroffen sind in einzelnenJSippen unterschiedliche Körperteile: Gesicht; Extremitäten; Gesicht I und Stamm, zephalothorakale L. BARRAQTTER-SIMONS; Extremitäten und Stamm). 534
Familienberatung
:
Nachweis an Hand der Triglyzeridämie. Differentialdiagnose zur partiellen L. mit späterer Manifestation und dominantem Erbgang sowie zu nicht familiären Formen wichtig. In Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes ist bei Auftreten eines Merkmalsträgers eventuell von weiteren Schwangerschaften abzuraten. Lipodystrophie, partielle s. Lipodystrophie, generalisierte, angeborene Lipofuszinose s. Ceroid-Lipofuszinose Lipogranulomatose, disseminierte s. A B T - L E T T E R E R S I W E -Syndrom Lipogranulomatose F A R B E R s. F A R B E R - S y n d r o m Lipoidgranulomatose s. A B T - L E T T E R E R - S I W E - S y n d r o m Lipoidocalcinosis progrediens, Lipokalzinogranulomatose, Calcinose, tumoröse, T E U T S C H L Ä M D E R - S y n d r o m Genetisch bedingte Bindegewebstumoren auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in schnell wachsenden verkalkenden Bindegewebstumoren und einer Hyperphosphatämie (erhöhte Nierenschwelle für Phosphat) bei normalen Kalzium-Werten im Serum. Basisdefekt, Pathogenese sowie biochemische Zusammenhänge sind unklar. Krankheitswert
:
Erstmanifestation der Tumoren zwischen frühem Kindes- bis Jugendalter. Heterotope, tumoröse Verkalkung des Bindegewebes, vorwiegend periarticulär von den Schleimbeuteln ausgehend oder subkutan. Polytop, gutartig. Streifenförmige Kalkeinlagerungen in der Retina. Teilweise auch Verkalkung großer Gefäße. Schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens. Komplikation durch Verdrängungserscheinungen in den entsprechenden Körperregionen. Besserung nach der Pubertät. 535
Therapiemöglichkeiten: Nicht auf Parathormon ansprechend. Gaben von Aluminiumhydroxid und phosphorarme Diät mit fraglichem Erfolg. Chirurgische Abtragung störender Tumoren. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Zahlreiche Geschwisterschaften vorwiegend von der schwarzen Rasse beschrieben. Regionale Häufung in bestimmten Gegenden Zentralafrikas. In Mitteleuropa nur vereinzelt beschrieben. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung. Familienberatung: Differentialdiagnose zur Osteodystrophia hereditaria A L B R I G H T und zum PseudoXanthoma elasticum notwendig. Früherkennung vor Auftreten der ersten Tumoren an Hand der Hyperphosphatämie möglich.
Lipoidproteinose, URBACH-WIETHE-Syndrom, Hyalinosis cutis et mucosae Genetisch bedingte Stoffwechselstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Ablagerung von Paraproteinen in mesenchymalen Geweben. Die Ursache dafür ist noch nicht klar. Störungen des Lipid-, Kohlenhydrat- oder Mukopolysaccharidstoffwechsels und bindegewebige Degenerationen werden diskutiert. Die klinischen Erscheinungen erklären sich aus degenerativen Veränderungen in Haut, Schleimhaut und Zentralnervensystem. Krankheitswert: Erstmanifestation im frühen Kindesalter mit Heiserkeit. Papulöse und keratotische Hautveränderung, narbig abheilend. Atemschwierigkeiten und gastrointestinale Beschwerden durch Beteiligung der Schleimhäute. Geistige Retardation und epileptiforme Anfälle. Zahnanomalien. Allmählich progredienter Verlauf mit vorübergehenden Remissionen. Therapiemöglichkeiten: Keine spezifische Therapie bekannt, eventuell Gaben von Vitaminen der B-Gruppe. Kosmetische Besserung durch Dermabrasio. 536
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Regional verschieden. Vor allem von Weißen beschrieben. I n Südafrika häufig, von einem deutschen Siedler des 17. J a h r h u n d e r t s eingeführt, auch auf H o t t e n t o t t e n übertragen. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Das Vorkommen in aufeinanderfolgenden Generationen in einigen Sippen läßt sich auf Grund von K o n s a n g u i n i t ä t mit Pseudodominanz erklären. Familienberatung: Frühdiagnose schon im Säuglingsalter auf Grund der Heiserkeit beim Schreien möglich. Nachweis bioptisch an H a n d der Ablagerungen in H a u t - und Schleimhautbiopsien. Bei Heterozygoten eventuell Mikrosymptome erkennbar. Mit lebensbedrohlichen Zuständen durch Ersticken ist zu rechnen. I n A n b e t r a c h t der Schwere des Krankheitsbildes ist bei Auftreten eines Falles vor weiteren Schwangerschaften zu warnen.
Lipokalzinogranulomatose s. Lipoidocalcinosis progrediens Lipomatose des Pankreas s. SHWACHMAN-Syndrom Lipomatose, multiple, symmetrische, MADELUNG-Syndrom, Fetthals Genetisch bedingte lokale diffuse Hypertrophie des subkutanen Fettgewebes auf der Grundlage einer Genmutation. Ein Basisdefekt ist u n b e k a n n t . Krankheitswert: Erstmanifestation im 3. bis 4. Lebensjahrzehnt. Symmetrische erbsen- bis hühnereigroße Fettansammlungen entweder nur am Hals (Lipomatosis cervicalis) oder bevorzugt a n oberen E x t r e m i t ä t e n , S t a m m u n d Nacken (multiple L.). Gutartig, im Gegensatz zum ÜERCUM-Syndrom selten schmerzhaft. Androtropie. Therapiemöglichkeiten: Unnötig, Lipome.
eventuell chirurgische Abtragung einzelner
Häufigkeit
und
störender
Vorkommen:
Neben sporadischen Fällen etwa 52 Familien mit Merkmalsträgern in bis zu vier Generationen beschrieben. 537
Genetik: Die A r t des familiären V o r k o m m e n s spricht in d e n meisten Fällen f ü r a u t o s o m a l d o m i n a n t e Vererbung. Familienberatung: E r n s t h a f t e familienberaterische B e d e n k e n bestehen in A n b e t r a c h t der G u t a r t i g k e i t des K r a n k h e i t s b i l d e s nicht. Nachweis bioptisch.
Lipomukopolysaccharidose s. Mukolipidose I Lippen-Kieler-Gaumen-Segel-Spalte Man u n t e r s c h e i d e t gegenwärtig n a c h K o m b i n a t i o n m i t a n d e r e n Mißbildungen (ca. 6 % der Fälle) bzw. isoliertem A u f t r e t e n ca. 135 verschiedene E r s c h e i n u n g s f o r m e n der Spaltbildung im LippenKiefer-Gaumen-Bereich. Die Ätiologie ist uneinheitlich, es lassen sich T y p e n m i t einfach a u t o s o m a l d o m i n a n t e r , rezessiver, X-chrom o s o m a l e r oder polygener V e r e r b u n g unterscheiden v o n solchen, f ü r die eine i n t r a u t e r i n exogene U r s a c h e f e s t s t e h t oder v e r m u t e t wird. Die F a m i l i e n b e r a t u n g wird individuell in j e d e m Fall von einer g e n a u e n Feststellung des K o m b i n a t i o n s t y p s u n d , w e n n keinerlei weitere S y m p t o m e existieren, v o n d e r F a m i l i e n a n a m n e s e ausgehen müssen. Auf diese Weise lassen sich die o f t n u r sehr allgemeinen Risikoziffern f ü r eine Wiederholung in der Familie eines Merkmalst r ä g e r s h ä u f i g präzisieren oder bei b e k a n n t e n S y m p t o m e n k o m p l e x e n a u s einem gesicherten E r b g a n g ableiten. Genetische Beziehungen zur G a u m e n s p a l t e (s. d.) m i t i n t a k t e n L i p p e n u n d K i e f e r bestehen n u r bei einem geringen Teil der Fälle.
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte mit Bronchialmißbildungen, Labio-maxillo-palato-bronchiales Syndrom, SCHARKOFFSyndrom F e h l b i l d u n g s k o m b i n a t i o n unklarer Ätiologie u n d Pathogenese. Krankheitswert: I m V o r d e r g r u n d s t e h t die kosmetische B e e i n t r ä c h t i g u n g d u r c h die S p a l t b i l d u n g im Lippen-Kiefer-Gaumenbereich. A u ß e r d e m ergeben sich E r n ä h r u n g s s c h w i e r i g k e i t e n im Säuglings- u n d f r ü h e n Kindesalter. W e i t e r h i n bestehen D o p p e l u n g e n (Spaltungen) v o n L a p p e n bronchien, zusätzliche aberrierende Bronchien (z. B . Bronchus cardiacus superior) sowie B r o n c h i e k t a s e n , z. T. s e g m e n t ä r auf die O b e r l a p p e n der L u n g e begrenzt. K o m p l i k a t i o n e n unterschiedlich schwer. 538
Therapiemöglichkeiten: Chirurgische K o r r e k t u r der Spaltbildung und der Bronchiektasen mit gutem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bei etwa 3 0 % der Spaltträger lassen sich Anomalien der Bronchien feststellen. Überwiegend sporadisch. Genetik, Familienberatung s. Lippenspalte mit oder ohne Spaltgaumen.
Lippen-Kiefer-Gau men-Spalte mit Spalthand und -fuß, BERNDORFER-Syndrom, RÜDIGER-Syndrom Fehlbildungen auf unklarer genetischer Grundlage. Der Basisdefekt f ü r die zunächst nicht miteinander in einen pathogenetischen Zusammenhang zu bringenden Fehlbildungen ist unbekannt. Krankheitswert
:
Neben der Spaltbildung schwere Anomalien des H a n d - und/oder Fußskeletts sowie z. T. ektodermale Dysplasie mit feinem dünnen Haar, fehlenden Wimpern, kleinen, kegelförmigen Zähnen u n d Hypohidrose: Ectrodactylie, Ektodermale Dysplasie Spalten (Clefting): EEC-Syndrom. Meistens Entwicklungsrückstand. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische K o r r e k t u r einzelner Mißbildungen mit unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher über 70 z. T. familiäre Fälle beschrieben, davon ca. 30 mit EEC-Syndrom. Genetik: Ätiologie wahrscheinlich heterogen. Autosomal dominante Vererbung mit variabler Expressivität. Familienberatung
:
Erbprognosen müssen jeweils bei jedem Fall spezifisch aus den Familiendaten erhoben werden. Schwere sporadische Fälle mit stummer Familienanamnese wiederholen sich erfahrungsgemäß nicht innerhalb einer Geschwisterschaft bzw. Sippe. Von leichteren, 539
nicht letalen Formen sind S t a m m b ä u m e bekannt mit vollständiger Penetranz, wobei die Söhne von Merkmalsträgerinnen übererwartungsgemäß häufig ebenfalls das Syndrom aufweisen.
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte mit Syndaktylic Genetisch bedingte Fehlbildung auf der Grundlage einer Genmutation. Der Basisdefekt f ü r die zunächst nicht miteinander in einen pathogenetischen Zusammenhang zu bringenden Fehlbildungen ist unbekannt. Krankheitswert: I m Vordergrund steht die kosmetische Beeinträchtigung durch die mediane Spaltbildung. Außerdem ergeben sich dadurch E r n ä h rungsschwierigkeiten im Säuglings- und f r ü h e n Kindesalter. Therapiemöglichkeiten
:
Chirurgische Korrektur der Spaltbildung und der Syndaktylie mit zufriedenstellendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Bisher nur wenige isolierte oder familiäre Fälle beschrieben. Oenetik: Autosomal dominanter E r b g a n g mit herabgesetzter Penetranz u n d variabler Expressivität. Ob es sich bei den Anlagen f ü r die Spaltbildung einerseits und f ü r die Syndaktylie andererseits u m eng gekoppelte Loci oder um eine pleiotrope Genwirkung handelt, ist noch nicht geklärt. Familienberatung: Bei familienprognostischen Erhebungen ist auf Teil- bzw. Mikros y m p t o m e bei nahen Verwandten zu achten. Es muß mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in Geschwisterschaften oder bei K i n d e r n von Merkmalsträgern gerechnet werden als bei L.-K.-G.Spalte ohne Syndaktylie (20 — 40% gegenüber höchstens 6%).
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte mit Unterlippenfisteln; van der WOUDE-Syndrom; DEMARQUAY-RICHET-Syndrom; FE VRE-LANGUEPIN-Syndrom, Kniepterygium-Syndrom Genetisch bedingte Fehlbildung auf der Grundlage einer Genmutation. 540
Der Basisdefekt für die zunächst nicht miteinander in einen pathogenetischen Zusammenhang zu bringenden Fehlbildungen im Lippen-Gaumen-Bereich ist unbekannt. Krankheitswert
:
Im Vordergrund steht die kosmetische Beeinträchtigung durch die meist doppelseitigen Spaltbildungen. Außerdem ergeben sich dadurch Ernährungsschwierigkeiten im frühen Kindes- und Säuglingsalter. Die Unterlippenfisteln in der ansonsten intakten Unterlippe sind selten kosmetisch störend, geben jedoch häufig Anlaß für Stasen und Infektionen. Beim DEMARQUAY-RiCHET-Syndrom (D. R . S.) Hypodontie der ersten und oft Ausbleiben der zweiten Dentition, typische Fazies mit Sattelnase, Infantilismus, Herz- und andere Mißbildungen. Beim PivBE-LANGUEPiN-Syndrom (P. L. S.) Gehbehinderungen und Genitaldysplasien durch Flügelfellbildung in Kniekehlen und Perinealgegend, Ankyloblepharon, Symblepharon, Syndaktylien, Hypoplasie der Phalangen und verschiedene andere Mißbildungen. Therapiemöglichkeiten
:
Kosmetisch befriedigende Korrektur der Spaltenbildungen möglich und notwendig. Die Unterlippenfisteln erfordern meistens keine Behandlung. Bei anderen Mißbildungen chirurgische Korrekturen mit unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Frequenz etwa 1 :50 000. Unterlippenfisteln können auch isoliert auftreten, Frequenz ca. 1 : 35—40000. Bisher etwa 70 Sippen mit rund 500 Merkmalsträgern aus allen Kontinenten beschrieben, darunter mehrere Sippen mit D. R. S. in bis zu 5 Generationen und mindestens 32 Familien mit F. L. S. Genetik: Bei einfachen Unterlippenfisteln und Kombination von LKGSSpalte mit Unterlippenfisteln und D. R. S. autosomal dominanter Erbgang mit 100 bzw. 8 0 % Penetranz und sehr variabler Expressivität. Ob es sich bei den Anlagen für die Unterlippenfisteln einerseits und für die Spaltbildung andererseits um eng gekoppelte Loci oder um eine pleiotrope Genwirkung handelt, ist noch unklar. Diskordante klinische Manifestation bei eineiigen Zwillingen läßt auf Beteiligung exogener Faktoren während der Embryonalentwicklung schließen. Beim F. L. S. Erbgang unsicher. Die Art des familiären Vorkommens spricht in den einzelnen Sippen unterschiedlich für autosomal dominanten (mit leichterer Symptomatik und normaler Intelligenz) oder rezessiven (mit Intelligenzdefekten und Hornhautaplasie) Erbgang. Genetische Beziehungen zwischen beiden Syndromen bestehen offensichtlich nicht. Allelie? 541
Familienberatung: E t w a 1% der Fälle mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte weist zusätzlich die Unterlippenfisteln auf, teilweise auch isoliert bei näheren Verwandten. Die Erbprognose ist in dieser Kombination wesentlich ungünstiger als bei einfacher Lippen-Kiefer-GaumenSpalte, weshalb eine Differenzierung wichtig ist. Während bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung in einer Geschwisterschaft oder bei Kindern von Merkmalsträgern nicht höher als 6 % ist, muß bei der Kombination mit Unterlippenfisteln mit einer Wahrscheinlichkeit von 20—50% gerechnet werden, auch wenn die Fisteln nicht bei dem Probanden selbst, sondern nur in dessen näherer Verwandtschaft auftreten. Die sehr variable Expressivität äußert sich darin, daß Teilsymptome (nur Unterlippenfisteln, Spaltbildungen oder Fisteln mit Gaumenspalte usw.) isoliert über mehrere Generationen vererbt werden können. Die klinisch und kosmetisch bedeutungslosen Unterlippenfisteln sind deshalb als Hinweis auf die Gefahr f ü r das Auftreten von Spaltbildungen in den betreffenden Familien anzusehen. Andererseits muß bei familienprognostischen Erhebungen vor allem auf das Vorkommen von Fisteln in der Unterlippe in der Aszendenz der Probanden geachtet werden. Das gleiche gilt f ü r andere Teilsymptome (Pterygium usw.).
Lippenspalte mit oder ohne Spaltgaumen Genetisch bedingte Fehlbildung auf polygener Grundlage. Der den Spaltbildungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: I n etwa 1 / t der Fälle symptomatisch f ü r meist rezessiv vererbte oder durch Chromosomenanomalien bedingte Syndrome. Bei der isolierten Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte steht die kosmetische Beeinträchtigung im Vordergrund. Außerdem ergeben sich durch die Mißbildungen des Mundhöhlendaches Ernährungsschwierigkeiten, besonders im Säuglings- und frühen Kindesalter. Verminderte effektive Fruchtbarkeit. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrektur mit gutem kosmetischem Erfolg. Teilweise Sprachschulung notwendig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz 1 : 500 bis i : i 000, Knaben doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. In Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten Erhöhung der Inzidenz um fast 50% ohne bisher erklärbare bzw. erkennbare Ursache. 542
Genetik: Ätiologie der isolierten Spaltbildung heterogen. Offenbar multifaktoriell bedingt unter Beteiligung vor allem rezessiver Gene (relativ hohe Konsanguinitätsrate), die eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Teratogenen bewirken sollen. Die Ergebnisse mancher Untersuchungsreihen werden unter Einbeziehung aller in Frage kommenden Mikrosymptome (z. B. bei Verwandten Dentitionsstörungen, Zahnaplasien oder -stellungsanomalien im Spaltbereich) im Sinne einer unregelmäßig autosomal dominanten Vererbung mit variabler Expressivität interpretiert. Familienberatung: Die Wahrscheinlichkeit für eine Wiederholung innerhalb einer Geschwisterschaft liegt bei etwa 6%, wenn ein Kind eine Spalte hat und die Eltern normal sind, wobei aus der erwähnten Anisotropie folgt, daß weibliche Merkmalsträger häufiger Geschwister mit L.-K.-G.-Spalte haben als männliche. Wenn außerdem noch ein Elternteil betroffen ist, erhöht sich das Risiko innerhalb einer Geschwisterschaft erfahrungsgemäß auf etwa 14%. Kinder von Merkmalsträgern sind mit 2—3,5%, Onkel, Tanten, Nichten und Neffen mit weniger als 1% und Vettern und Basen ersten Grades mit weniger als 0,5% Wahrscheinlichkeit betroffen. Differentialdiagnose und familienanamnestische Erhebungen sind im Hinblick auf symptomatische Fälle mit anderen Erbgängen wichtig. Die verschiedenen Ausmaße der Spaltbildungen (Lippenspalten verschiedener Schwere, Lippengaumenspalte usw.) sind als Ausdruck einer interfamiliär variablen Expressivität aufzufassen. Intrafamiliär weist die Mißbildung eine relative Konstanz auf. Eine leichte Zunahme der Häufigkeit von L.-K.-G.-Spalten mit dem Zeugungsalter des Vaters ist wiederholt beobachtet worden, wobei die Geburtenordnung offenbar keine Rolle spielt. Lissencephalie, Agyrie Hemmungsmißbildung des Gehirns unklarer Ätiologie. Es besteht eine partielle oder vollkommene Windungslosigkeit des Gehirns. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Angeborene Idiotie. Schwere neurologische Ausfallserscheinungen, epileptiforme Anfälle. Meist verschiedenartige Begleitmißbildungen. Lebenserwartung gering. Therapiemöglichkeiten: Außer geringen symptomatischen Behandlungsmöglichkeiten keine Therapie bekannt. 543
Häufigheit und
Vorkommen:
Sehr selten. Mehrfach Geschwisterschaften beschrieben. Genetik: Klinisch und genetisch heterogen. Für Geschwisterfälle und Kinder aus Verwandtenehen wird autosomal rezessiver Erbgang angenommen, wobei in einzelnen Fällen auch eine Virusfetopathie (Cytomegalie) diskutiert wird. Familienberatung: Intra vitam nicht nachweisbar. Empirisches Risiko f ü r Wiederholung in einer Geschwisterschaft bei sporadischen Fällen 1 : 50, bei Existenz von mehr als einem Merkmalsträger oder bei Konsanguinität der Eltern 1 : 4. LITTLE-Syndrom; D i p l e g i e , s p a s t i s c h e i n f a n t i l e ; z e r e b r a l e Kinderlähmung, Tetraplegie, Cerebralparese, spastische I n der überwiegenden Mehrzahl der Fälle durch exogene intrauterine, perinatale oder frühkindliche Hirnschädigung hervorgerufenes Krankheitsbild, bei dessen Zustandekommen genetische Faktoren gewöhnlich keine Rolle spielen. Es gibt jedoch einige wenige Mitteilungen über das Vorkommen von L.-S. bei Geschwistern ohne erkennbare exogene Ursache, so daß für diese Familien ein autosomal rezessiver Erbgang vermutet wird. Das Risiko für Verwandte eines Merkmalsträgers kann trotzdem auf Grund des vorwiegend sporadischen Auftretens bei stummer Familienanamnese als gering eingeschätzt werden. LOBSTEIN-Syndrom s. O s t e o g e n e s i s i m p e r f e c t a , T y p L O B STEIN LOUIS-BAR-Syndrom, A t a x i e - T e l e a n g i e k t a s i e - S y n d r o m , Dysgammaglobulinämie Typ I I I Erbliche Entwicklungsstörung mutation.
auf
der
Grundlage
einer
Gen-
Die Art des zu den klinischen Erscheinungen führenden Basisdefektes ist noch unbekannt. Es besteht ein kombinierter Immundefekt mit einer Störung der T-Zell-Differenzierung und niedrigen IgA-, IgG- und IgE-Werten. Bei einem Teil der Fälle ließ sich ein Enzymdefekt im Exzisions-Repair-Mechanismus f ü r y-Strahleninduzierte DNA-Schäden nachweisen. 544
Krankheitswert: E r s t m a n i f e s t a t i o n in den ersten L e b e n s j a h r e n u n t e r d e m Bild einer progredient verlaufenden cerebellaren Ataxie. Sprachstörungen, D e f e k t e der Augenraotorik. Allmählich einsetzende geistige R e t a r dation. Teleangiektasien. Neigung zu I n f e k t e n ( D y s g a m m a globulinämie T y p I I I : IgA s t a r k vermindert oder fehlend) u n d Neoplasmen. Tod meistens im zweiten L e b e n s j a h r z e h n t . Überleben bis ins 4. u n d 5. J a h r z e h n t jedoch b e k a n n t . Therapiemöglichkeiten: S y m p t o m a t i s c h e B e h a n d l u n g . Antibiotika u n d Gammaglobuline m i t unbefriedigendem Erfolg. Eventuell T h y m u s t r a n s p l a n t a t i o n aussichtsreich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Ü b e r 250 Geschwister- u n d sporadische Fälle aus Amerika, E u r o p a u n d Australien b e k a n n t . Genetik: A u t o m a l rezessiver E r b g a n g . Bei einem Teil der P a t i e n t e n l ä ß t sich eine Neigung zu Chromosomenbrüchen in kultivierten L y m p h o z y t e n u n d Knochenmarkzellen nachweisen. („ChromosomenbruchS y n d r o m " , s. a. BLOOM-Syndrom u n d FANCONI-Anämie). A u ß e r d e m besteht in 2 — 5 % der L y m p h o z y t e n u n d auch in F i b r o b l a s t e n eine strukturelle Aberration des langen Armes des Chromosoms 14. Möglicherweise besteht ein Z u s a m m e n h a n g mit der Neigung zu Leukosen, da auch bei BURKITT-Lymphom (s. d.) u n d anderen L y m p h o m e n eine 14q-Aberration a u f t r i t t ( 1 4 q + ) . Familienberatung: Bei den P a t i e n t e n u n d a u c h Heterozygoten ist auf eine Prädisposition zu Leukosen u n d a n d e r e n Blastomatosen zu a c h t e n . Heterozygote eventuell an Mikro- u n d Teilsyndromen e r k e n n b a r . I n Anb e t r a c h t der schlechten Prognose medizinische B e t r e u u n g u n d P r o p h y l a x e in den betroffenen Familien besonders wichtig.
LOWE-Syndrom, Okulo-zerebro-renales Syndrom Erbliche Schwachsinnsform mutation.
auf
der
Grundlage
einer
Gen-
Die S y m p t o m a t i k ähnelt der bestimmter Stoffwechselstörungen (Galaktosämie, Azidose, Aminoazidurie). Eine verursachende E n z y m o p a t h i e , die s e k u n d ä r zu einer t u b u l ä r bedingten Proteinu n d Aminoazidurie f ü h r t oder eine primäre t u b u l ä r e u n d intestinale T r a n s p o r t s t ö r u n g vor allem f ü r basische Aminosäuren u n d Cystin werden v e r m u t e t . 35
Witkowski/Prokop
545
Krankheitswert: Klinische Manifestation der Krankheit in den ersten Lebensmonaten. Schwachsinn, schwere Sehstörungen durch Katarakte, Glaukom und Buphthalmus, Skelettdeformitäten und nephrogene Rachitis, Hypotonie der Muskulatur mit Fehlen der Sehnenreflexe. Geistige Retardation. Kryptorchismus, Nystagmus. Lebenserwartung herabgesetzt, die meisten Patienten sterben im ersten Lebensjahr. Therapiemöglichkeiten
:
Symptomatische Behandlung der Azidose und der Augendefekte. Hohe Dosen Vitamin D mit unbefriedigendem Erfolg. Galaktosearme Diät f ü h r t zur biochemischen und sehr bedingt auch zur klinischen Besserung. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1952 bis 1967 etwa 50 männliche Fälle bekannt, inzwischen sind auch sechs Mädchen mit L.-S. beschrieben. Sippen mit Merkmalsträgern in bis zu vier aufeinanderfolgenden Generationen bekannt. Genetik: X-chromosomaler Erbgang. Ob eine starke Variabilität der Symptomatik durch multiple Allelie oder unterschiedliche Expressivität bedingt ist, konnte noch nicht geklärt werden. Daneben wird ein autosomal rezessiver Typ diskutiert. Die Mädchenerkrankungen lassen sich jedoch auch mit einer ungleichmäßigen, vorwiegend das intakte X-Chromosom betreffenden Lyonisation erklären. Familienberatung: Konduktorinnen teilweise an punktförmiger Linsentrübung bzw. K a t a r a k t sowie an Aminoazidurie nach Belastung erkennbar. Früherkennung an H a n d der allgemeinen Symptomatik. Auf Grund der Schwere des Krankheitsbildes medizinische Betreuung und Prophylaxe besonders wichtig. Bei bekannten Konduktorinnen sind eventuell Knabengeburten zu vermeiden. Differentialdiagnose zur Renal-retinalen Dysplasie (s. d.) wichtig.
LOWRY-Syndrom s. Mikrozephalie
LUBS-Syndrom s. Eunuchoidismus, familiärer Lungenemphysem s. «-Antitrypsin-Mangel 546
Lungenfibrose, familiäre, diffuse Genetisch bedingte, interstitielle Bindegewebshyperplasie der Lunge auf unterschiedlicher genetischer Grundlage. Der der diffusen Fibrose zugrunde liegende Basisdefekt (Dysproteinämie?) ist u n b e k a n n t . Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Erwachsenen-, seltener im Kindesalter. Zeichen einer Lungeninsuffizienz. Dyspnoe, Zyanose u n d sekundär eines Cor pulmonale. Trommelschlegelfinger. Progredient, innerhalb von J a h r e n zum Tode führend. Therapiemöglichkeiten: Kortikosteroide mit gutem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Auffällige Androtropie. Gewöhnlich Merkmalsträger in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Wahrscheinlich erbt.
heterogen.
Meistens autosomal
dominant
ver-
Familienberatung: Differentialdiagnose zu exogen bedingter (Silikose, nach Infektionen, Bestrahlung, bestimmten Medikamenten) oder symptomatischer (bei Kollagenosen, M. BOECK U. a.) Lungenfibrose sowie zum L-BARDET-Syndrom, UsHEE-Syndrom, FLYNN-AIRD-Syndrom, CocKAYNE-Syndrom, ALSTRÖM-Syndrom (s. d.) u. a. Kompliziert teilweise durch K a t a r a k t oder Glaukom. Häufig Hörstörungen. I n Kombination mit spinocerebellarer Ataxie, geistiger Retardation und Verhaltensstörungen vor allem aus Skandinavien beschrieben, HALLGRENoder v. GRAEFE-SjÖGREir-Syndrom (G. S. S.). 754
Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung ohne Erfolg. Dunkelbrillen. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz etwa 1 : 20000. Genetik: Heterogenie. Ca. 70% der Fälle autosomal rezessiv, 4—9% dominant und ca. 2 0 % X-chromosomal (chorioidoretinale Degeneration) vererbt. Wahrscheinlich sind die Typen mit gleichem Erbgang in sich jeweils nochmals heterogen. G. S. S. autosomal rezessiv vererbt. Mehrere, meist sippenspezifische Kombinationen mit anderen Symptomen mit unterschiedlichen Erbgängen beschrieben. Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose zur Chorioideremie (s. d.) sowie anderen tapetoretinalen Degenerationen an H a n d der typischen Augenhintergrundsveränderungen. Frühdiagnose vor ophthalmoskopischer Manifestation und prognostische Aussagen sowie Unterscheidung einzelner Formen meistens im E R G möglich. Ausschluß symptomatischer Formen wichtig. Der schwerste Verlauf ist bei autosomal rezessiver R . p. zu erwarten, während bei dominanter Vererbung mit späterer Erblindung bzw. mit der Erhaltung eines geringen zentralen Sehvermögens zu rechnen ist. Bei der X-chromosomal vererbten R. p. lassen sich die klinisch meist normalen Konduktorinnen an der verlängerten Dunkeladaptationszeit und an typischen Augenhintergrundbefunden erkennen: Glitzernde Streifen und Flecken („tapetal reflexes") radiär um die Makula. Ein Heterozygoten-Nachweis gelingt auch in einem Teil der Familien mit autosomal rezessiver R . p. I n Anbetracht der Schwere der Erscheinungen besondere genetisch-ophthalmologische Betreuung betroffener Familien notwendig.
Retinoblastom
Bösartiger neuroektodermaler Tumor der Netzhaut, auf unklarer genetischer Grundlage entstehend. Die bisher einleuchtendste Erklärung f ü r die Tumor-Entstehung gibt das Zwei-Mutationen-Modell von KNUDSON. Danach sind zwei Mutationen zur Retinoblastom-Entwicklung nötig, die entweder beide somatisch eintreten (sporadische Fälle) oder auch die Keimbahn betreffen können. Wird nur eine der Mutationen über die Keimbahn vererbt, bedeutet das eine genetische Disposition, die bei einer weiteren, somatischen Mutation Tumorwachstum bedingt. Die bei einem Teil der Patienten gefundene ChromosomenDeletion 13(ql4) könnte ein Hinweis auf eine der Mutationen sein. 48*
755
Krankheitswert: Ein- oder beidseitig (*/4 bis 1 j 3 der Fälle) auftretender Tumor, der rasch zum Verlust des Sehvermögens und zur Zerstörung des Auges führt. E r kann exophytisch nach vorn ausbrechen oder infiltrativ wachsen, in Siebbein, Nasen- und Kieferhöhle einbrechen, metastasieren und ohne Behandlung rasch zum Tode führen. I n etwa 1 0 % bereits bei Geburt, in 5 0 % der Fälle im ersten Lebensjahr nachweisbar. Nach dem 6. Lebensjahr kaum mehr zu erwarten. Bis etwa l / 4 der Fälle mit Daumen-Dysplasien. Gehäuft auch Mikrozephalie, Mikrophthalmie, Mißbildungen des Skeletts und des Urogenitaltraktes, Gaumenspalte. Bei Fällen von beidseitigem R . Neigung zu anderen Primärtumoren, bes. Osteosarkomen. Therapiemöglichkeiten: Lichtkoagulation, Kryotherapie. Bei fortgeschrittenem Tumor Zytostatika-Gaben, nur noch selten Bestrahlung. Enukleation des Auges. Chirurgische Entfernung des Tumorgewebes. Erfolgschancen von Früherkennung und Lokalisation abhängig. Spontanheilung selten (bisher von etwa 50 Fällen beschrieben). Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz etwa 1 : 20000. 4 % der Fälle familiär (meist mit beidseitigem Tumor). Mutationsrate mit 6 — 7 X 10~ 5 /Locus/Generation eingeschätzt. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit 8 0 % Penetranz. Bei einseitigem R . läßt sich nur in 15—20% der Fälle eine Erblichkeit nachweisen, der Rest wird entweder als Phänokopien oder als durch somatische Mutationen bedingt angesehen. Beid- und einseitiger R . können jedoch gemeinsam in einer Familie und auch diskordant bei eineiigen Zwillingen auftreten. Bei einem Teil der Patienten läßt sich in Zellen des Tumorgewebes eine Deletion eines kurzen Abschnittes des langen Armes eines Chromosoms Nr. 13 mit der Bande 13(ql4) feststellen. Kinder mit angeborener Deletion 13q— zeigen eine deutliche Disposition zu Retinoblastom ( 5 0 % der Fälle). Familienberatung
:
Frühdiagnose ophthalmoskopisch ultrasonographisch und computertomographisch. F ü r erbprognostische Erhebungen ophthalmologische Untersuchung klinisch normaler Verwandter im Hinblick auf Merkmalsträger mit Restnekrosen nach Spontanheilung notwendig. Die Schwierigkeit bei der familienprognostischen Einschätzung des R . liegt vor allem darin, daß es außer der genetischen keine weitere Unterscheidungsmöglichkeit zwischen erblichem und nicht erblichem einseitigen R . gibt. Folgende empirische Risikoziffern liegen vor (nach F U H R M A N N und V O G E L 1968 sowie S T E V E N SON und D A V I S O N 1970): Bei beidseitigem R . für Kinder eines 756
Merkmalsträgers 40%, ebenso bei einseitigem R., wenn noch weitere Merkmalsträger in der Familie bekannt sind. I s t bei einseitigem R. Familiarität nachgewiesen (mehrere Merkmalsträger in einer Sippe) oder liegt beidseitiges R . vor, so liegt das Risiko f ü r Nachkommen gesunder Geschwister oder Kinder von Merkmalsträgern zunächst bei 6,5% und sinkt mit jedem normalen Kind. Stellt sich jedoch bei letzteren ein Fall von R. heraus, erhöht sich das Risiko für weitere Geschwister auf 40%. Bei sporadischen Fällen einseitigen Retinoblastoms besteht f ü r Kinder ein Risiko von 6 — 8%, das wiederum mit jedem nachweislich normalen Kind (über 6 Jahre) sinkt und mit jedem Retinoblastomfall auf 4 0 % steigt. F ü r Geschwister eines sporadischen Falles wird das Risiko auf 5 % (einseitig) bzw. 10% (beidseitig) eingeschätzt, da auch Geschwisterfälle vorkommen, deren Eltern und Verwandte alle gesund waren. Erhöhtes Risiko besteht auch bei einseitigem R., wenn der P a t i e n t noch typische assoziierte Mißbildungen aufweist. Liegen die Risikoziffern höher als 10%, sollte von Schwangerschaften abgeraten werden. I n betroffenen Familien ist eine ständige ophthalmologische Überwachung aller Kinder unter 6 J a h r e n f ü r eine Früherkennung und rechtzeitige Therapie wichtig.
Retino-hepato-endokrines Syndrom s. Farbenblindheit, totale Retinoschisis, juvenile Genetisch bedingte Retinopathie auf der Grundlage einer Genmutation. Es bestehen pseudozystische Veränderungen der Retina, die zur Spaltung, Ablösung, Atrophie und Sklerose der inneren Lager führen. Ein Basisdefekt ist u n b e k a n n t . Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im späten Kindesalter. Chronische Visusminderung (0,1—0,6) bis zur Erblindung. Daneben unterschiedliche weitere Komplikationen. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung der Netzhautablösung (Lichtkoagulation, chirurgisch) mit unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Über 400 Fälle beschrieben, etwa die H ä l f t e davon aus einem Inzuchtgebiet in Finnland (Region von Pori). Genetik: X-chromosomaler Erbgang (juvenile R.). Bisher eine weibliche homozygote Merkmalsträgerin bekannt. Siehe auch Hyalo-retinale Degeneration, Retinaablösung, erbliche. 757
Familienberatung: Früherkennung vor klinischer Manifestation im E R G möglich. Differentialdiagnose zum STAEGARDT-Syndrom (s. d.), zur Retinaablösung, zur Periphlebitis retinae im Kindesalter sowie zur hyaloretinalen u n d Makuladegeneration (s. d.) notwendig. Teilweise Mikrosymptome (Myopie, Pigmentierungsanomalien des Augenhintergrundes) bei Konduktorinnen, zur Feststellung von Heterozygoten jedoch wegen der starken Variabilität und der Altersabhängigkeit der Erscheinungen ungeeignet. Nach anderer Ansicht fehlte bei Konduktorinnen jedes diagnostische Zeichen (SORSBY).
REYE-Syndrom Klinisch relativ einheitliche, akut enzephalitische Erkrankung des frühen Kindesalters, die sich als ätiologisch heterogen erwiesen hat. Offensichtlich kann sowohl eine Stoffwechselstörung (s. Hyperammonämie), als auch eine Virusinfektion (z. B. Influenza-B-Viren) als auch eine Intoxikation (Aflatoxin B x ) zu den Symptomen des RBYE-Syndroms führen.
Rheumatisches Fieber s. Rheumatismus verus Rheumatismus verus; rheumatisches Fieber; akute Polyarthritis, Gelenkrheumatismus Allergisch-hyperergische Mesenchymerkrankung auf polyfaktorieller Grundlage. Es besteht eine Überempfindlichkeit gegen Streptolysin der AStreptokokken. Die hyperergisch-allergische Reaktion läuft vorzugsweise in den Gelenken, am Herz u n d den serösen Häuten ab. Krankheitswert : Erstmanifestation klinischer Erscheinungen vorzugsweise im zweiten und dritten Lebensjahrzehnt, eine bis drei Wochen nach einer Streptokokkeninfektion (Angina, Rhinitis, Pharyngitis). Letztere kann auch primär klinisch unauffällig verlaufen sein. Fieber, schmerzhafte Rötung und Schwellung verschiedener Gelenke, vorzugsweise der Knie- und Fußgelenke. I n 60—70% der Fälle Herzbeteiligung: Peri-, Myo- und Endokarditis mit Gefahr persistierender Herzklappenveränderungen. Lebensbedrohliche Zustände bei Pankarditis. Tachykardie. An der H a u t Erythema annulare. Chorea minor (8%). I n den letzten J a h r e n infolge therapeutischer Fortschritte generell leichterer Verlauf. Mortalität 23%. Therapiemöglichkeiten: Gaben von Kortikosteroiden, Antibiotika und ACTH mit je nach Einsetzen unterschiedlichem, befriedigendem Erfolg. Focus-Sanie758
rung. Rezidiv-Prophylaxe durch Penicillin. Antiphlogistika und Analgetika. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz unterschiedlich mit 1 : 200 bis 1 : 70 angegeben, regional stark unterschiedlich abhängig von Jahreszeiten, Wohnverhältnissen u n d anderen die Streptokokkeninfektion beeinflussenden Faktoren. I n den letzten Jahrzehnten in Europa rückläufig. Genetik: F ü r die hyperergisch-allergische Reaktion wird eine polygene Grund läge angenommen, wobei Umweltverhältnisse (Klima, soziale bzw. Wohnbedingungen) die Manifestation beeinflussen. Nach Ansicht anderer Autoren einfach autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Nachweis an H a n d der Streptokokkenantikörper. Frühdiagnose und sofortige Therapie wichtig. Mit einer relativen intrafamiliären Konstanz der Manifestationsart kann gerechnet werden. Das empirische Risiko f ü r Verwandte ersten Grades eines Merkmalsträgers ist gegenüber der Durchschnittsbevölkerung etwa um das Vierfache erhöht. I n entsprechenden Familien ärztliche Überwachung sowie abhärtende Maßnahmen und eventuell Umweltsanierung wichtig.
Rheumatoide Polyarthritis s. Polyarthritis, primärchronische BhnU]i-Krankheit Erbliche Amorphie für R h auf unklarer genetischer Grundlage. E s kann weder ein Genprodukt der C-Reihe (C, c, C w ) noch der E-Reihe (E, e) und auch nicht D nachgewiesen werden. Symbol in der CDE-Nomenklatur: / oder R h n u l l . Der Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik bzw. mit der Schwäche der Erythrozytenmembran (Veränderungen der Membraneigenschaften, Störung des Na+-K + -Transportes) und die molekulargenetische Basis (primäre Unfähigkeit der Erythrozytenmembran zur Synthese von Rh-Gruppen?, Deletion? silent-Mutationen) sind unklar. Krankheitswert : Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter. Anämie mit hämolytischen Krisen. Ikterus. Therapiemöglichkeiten: Konservative Behandlung. Milzexstirpation aussichtsreich.
759
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Frequenz auf 1 : 6 Mill. bis 1 : 100 Mill. einzuschätzen. Nur wenige Fälle, darunter Geschwister, beschrieben. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung. Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose zu anderen hämolytischen Defekten auf Grund des Fehlens aller Rh-Rezeptoren, wobei gelegentlich auch eine Schwäche im MNSs-System besteht. Heterozygote (z.B. CDe/ oder cDE/ z. T. durch Dosisbestimmung erkennbar. RIBBING-FAIRBANK-Syndrom s. Dysplasia epiphysialis multiplex RIBBING-Syndrom s. E N G E L M A N N - S y n d r o m RICHARDS-RUNDLE-Syndrom s. Taubheit (Tabelle) RICHNER-HANHART-Syndrom s. Keratosis palmoplantaris circumscripta R I E G E R - S y n d r o m , Irido-dentale-Dysplasie, A X E N F E L D Syndrom Genetisch bedingte mesodermale Hemmungsmißbildungen auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Angeborene Irisdysplasien in Form von Lochbildungen, Kolobomen, Hypoplasien mit langgezogener Pupille und Synechien. Dadurch und durch Verdickungen im Kammerwinkel-Bereich (ScHWALBEscher Grenzring) Glaukom. Unterschiedliche andere Anomalien der vorderen Augenkammer, seltener Mikrophthalmie. Zahnanomalien: Oligodontie, Mikrodontie, sekundär Stellungsanomalien und Hypoplasie des Oberkiefers. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Korrekturen mit unbefriedigendem Erfolg. 760
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Meist familiär in aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Autosomal dominante Vererbung. Heterogen und interfamiliär sehr variabel. Intrafamiliär konstant bestehen teilweise nur die Augensymptomatik ( R l E G E R S c h e Anomalie) oder zusätzliche weitere Anomalien: Myotonische Dystrophie; Faziale Dysmorphien; Endokrinopathien; Schwerhörigkeit; geistige Retardation; Analstenose u. a. Familienberatung: Differentialdiagnose zum Katzenaugen-Syndrom (s. d.) eventuell durch Chromosomenanalyse notwendig. Genaue familienanamnestische Erhebungen zur Feststellung des Erbganges und des Krankheitswertes wichtig. Von einer relativen Konstanz der Merkmalsausprägung kann ausgegangen werden.
Riesenzellhepatitis, neonatale s. Hepatitis neonatorum, familiäre Riesenzellhepatitis s. TROISIER-HANOT-CHAUFFARDSyndrom RILEY-DAY-Syndrom, Dysautonomie Genetisch bedingte Dysautonomie auf der Grundlage einer Genmutation. Es wird angenommen, daß sich der Gendefekt in einem Mangel an Dopamin-/?-Hydroxylase manifestiert und daß die klinische Symptomatik durch eine Störung des Katecholaminstoffwechsels und der Synthese eines Nervenwachstumsfaktors bedingt wird, die sich auf das vegetative Nervensystem auswirkt. Krankheitswert: Erstmanifestation des Leidens im Kindesalter. Periphere sensorische Neuropathie mit herabgesetzter Schmerzempfindlichkeit. Stark verminderte Tränensekretion, Speichelfluß und Neigung zu starkem Schwitzen. Hypertension. Hautveränderungen. Psychomotorische Retardation, emotionelle Labilität, Schwachsinn. Lebenserwartung herabgesetzt. Therapiemöglickkeiten: Medikamentöse Behandlung (Azetylcholin, Bethanechol, Urecholin) kann zur Besserung führen. Vorsicht mit Anästhetika! 761
Häufigkeit und Vorkommen: Mit wenigen Ausnahmen nur bei J u d e n (Ashkenasim) vorkommend. Bei diesen Frequenzen etwa 1 : 20000, Genfrequenz 1%. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Leichte Manifestation bei Heterozygoten im Alter. Familienberatung: Differentialdiagnose zur den peripheren Neuropathien und zur angeborenen Analgie notwendig. Nachweis a n H a n d einer verminderten Vanillin-Mandelsäureausscheidung im Urin. Nach dem gleichen Prinzip Heterozygotentest möglich. Pharmakogenetische Besonderheiten bei der Applikation bestimmter Medikamente, vor allem von Katecholaminen, sind zu beachten.
Ringelhaar s. Pili annulati Rippen-Lücken-Syndrom s. Cerebro-costo-mandibuläres Syndrom ROBERTS-Syndrom s. Pseudothalidomid-Syndrom ROBIN-MILLER-BENSIMON-Syndrom s. Taubheit (Tabelle) ROBINOW-Syndrom, Fetal-face-Syndrom Genetisch bedingter Komplex multipler Mißbildungen auf der Grundlage einer Genmutation. Der den zunächst nicht in einen pathogenetischen Zusammenhang zu bringenden Mißbildungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Während der ersten J a h r e manifest werdender Minderwuchs. Mesomele Verkürzung vor allem der oberen Extremitäten. Skoliose durch Wirbelanomalien: Hemivertebrae, Wirbel- und Rippenfusionen. Hypoplastisches Genitale bei normaler Fortpflanzungsfähigkeit. Relativ zur Körpergröße, Makrozephalie. Hypertelorismus, dreieckiger Mund und kleine Nase. Therapiemöglichkeiten: Lediglich symptomatische Korrekturen möglich. 762
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1969 über 15 z. T. familiäre Fälle beschrieben. Genetik: Wahrscheinlich autosomal dominanter Erbgang. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen mesomelen Zwergwuchs-Syndromen und zum AARSKOG-Syndrom (s. d.) röntgenologisch wichtig. Ein Teil der Fälle hat charakteristische Spaltbildungen terminaler Phalangen an Fingern und Zehen.
ROBINSON-MILLER-WORTH-Syndrom s. Tricho-dentoossäres-Syndrom ROMANO-WARD-Syndrom s. Taubheit mit Störung der Herzfunktion v. ROMBERG-Krankheit s. Hemiatrophia faciei ROSENTHAL-Syndrom s. Faktor-XI-Mangel ROSENTHAL-KLÖPFER-Syndrom s. Cutis verticis gyrata ROSENWATER-Syndrom s. Eunuchoidismus, familiärer Rotblindheit s. Farbenblindheit, partielle Röteln-Embryopathie, GREGG-Syndrom Embryopathisches Mißbildungssyndrom auf vorwiegend exogener Grundlage. Eine Rötelninfektion der Schwangeren mit Virämie kann in Abhängigkeit von der Schnelligkeit der Antikörperbildung zur Infektion der Placenta und weiter über die Blutbahn des Embryos fähren. Es kommt zu Zellteilungsstörungen und zu entzündlichen Reaktionen in den betroffenen Organen bzw. Organanlagen. Die späteren Mißbildungen entstehen in Abhängigkeit von der Lokalisation und vom Stadium der Organogenese. 763
Krankheitswert: Angeboren. Katarakt, Mikrophthalmie und andere Augenanomalien. Ohrmißbildungen mit Innenohrschwerhörigkeit oder Taubheit. Hemmungsmißbildungen des Herzens, vor allem Ventrikel-SeptumDefekt. Zahnanomalien. Mikrozephalie, geistige Retardation, epileptoide Anfälle. Häufig Aborte oder Totgeburten. Hohe Letalität innerhalb des ersten Lebensjahres. Therapiemöglichkeiten: Prophylaxe wichtig. Symptomatische Korrekturen mit unterschiedlichen Erfolg. Rehabilitationsmaßnahmen aussichtsreich. Häufigkeit und Vorkommen: Sporadisch. Inzidenz von Frequenz der Rötelnerkrankungen abhängig. Genetik: Eine Einflußnahme genetischer Faktoren ist bisher nicht bekannt. Familienberatung: Das Risiko für das Kind ist abhängig vom Antikörpertiter der Mutter und vom Schwangerschaftsstadium bei Infektionen. Erfahrungsgemäß weisen 3 5 % der Kinder schwere Mißbildungen auf, wenn die Mutter innerhalb des ersten Trimenons an Röteln erkrankt. Eine Erkrankung während des zweiten Trimenons führt in 1 0 % der Fälle zu Hördefekten und geistiger Retardation. Während des dritten Trimenons ist keine Schädigung des Kindes mehr zu erwarten. Die Auswirkungen einer Rötelninfektion unmittelbar vor der Konzeption sind unklar. Eine Sicherheitsspanne von 2 bis 4 Monaten wird deshalb empfohlen. Bei Rötelnkontakt Frühschwangerer sollte sofort eine Rötelnantikörper-Bestimmung (Hämagglutinationstest) durchgeführt werden: Immunität besteht bei einem Mindesttiter von 1 : 16. Unterhalb dieser Grenze können Gammaglobuline gegeben werden, wobei der Erfolg im Hinblick auf die Verhinderung einer Embryopathie nicht sicher ist. Nachweis und Differentialdiagnose bei Säuglingen durch Virusnachweis aus Rachenabstrich, Liquor oder Gewebe sowie an Hand von Rubella-IgM-Antikörpern im Serum bzw. Nabelschnurblut. Prophylaxe durch Rötelnschutzimpfung aller Mädchen ist zu empfehlen (nicht während der Schwangerschaft!). Pränatale Diagnostik eventuell durch Virusnachweis und Immunoglobulinbestimmung im Fruchtwasser möglich.
Rothaarigkeit, Rutilismus Genetisch bedingte Haarfärbung mit ungeklärtem Erbmodus. E s liegt eine Besonderheit der Zusammensetzung des Haarpigmentes vor, für die die biochemischen Grundlagen noch unbekannt sind. 764
Krankheitswert : Angeborene Rothaarigkeit, teilweise später nachdunkelnd. Häufig kombiniert mit Epheliden. Lediglich kosmetische Beeinträchtigung möglich, die regional und kulturgeschichtlich sehr unterschiedlich empfunden wird. Therapiemöglichkeiten: Keine kausale Behandlung möglich. Häufigkeit und Vorkommen: I n den einzelnen Bassen verschieden. In Europa Frequenz etwa 1 - 2 : 100. Genetik: Die Genetik der Haarpigmentierung ist noch weitgehend unklar. Polygenie? F ü r ein Pigment für R. wird Allelie mit anderen Farbtönen (braun, schwarz) angenommen. Die Art des familiären Vorkommens läßt sich vollkommen weder mit autosomaler Dominanz noch Rezessivität vereinbaren, so daß entweder rezessiver Erbgang mit gelegentlicher Manifestation bei Heterozygoten oder (wahrscheinlicher) dominanter Erbgang mit epistatischer Wirkung der Gene f ü r schwarzes und braunes Pigment diskutiert wird. Familienberatung: Familienberaterische Bedenken bestehen nicht.
ROTHMUND-THOMSON-Syndrom, ROTHMUND-Syndrom, THOMSON-Syndrom Genodermatose auf der Grundlage einer Genmutation. Die Art des zu den klinischen Erscheinungen führenden Basisdefektes ist noch unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation der Hauterscheinungen (Atrophie, Pigmentanomalien, Teleangiektasien) im ersten Lebensjahr. Ergrauen und Ausfall des Haares, Nageldystrophien, Hypogonadismus, primäre Amenorrhoe. Frühzeitige Arteriosklerose, Minderwuchs. Das RoTHMUND-Syndrom unterscheidet sich vom THOMSON-Syndrom vor allem durch im 4. bis 6. Lebensjahr auftretende K a t a r a k t e und eine angeborene Sattelnase. Die Grenzen verwischen sich jedoch vielfach, so daß beide Syndrome meistens zu einem zusammengefaßt werden. Lebenserwartung leicht vermindert. Beim Typ T H O M S O N Neigung zu Malignomen. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung, unbefriedigend. 765
Häufigkeit und Vorkommen: Mehr als 80 Fälle in der Literatur beschrieben, von denen die meisten europäischer Herkunft sind. Für einen Teil der amerikanischen Familien mit dem Typ ROTHMUND läßt sich eine Abstammung von Walsertaler Mennoniten nachweisen, zu denen auch die ursprünglich von ROTHMUND ( 1 8 6 8 ) beschriebene Familie gehörte. Genetik: Heterogen. Autosomal rezessiver Erbgang. Gynäkotropie: Geschlechtsverhältnis der Patienten 2 : 1 . Wahrscheinlich herabgesetzte Penetranz im männlichen Geschlecht. Expressivität bei beiden Geschlechtern gleich variabel. Von einigen Autoren wird eine von W O D N I A N S K Y beschriebene Kombination von Poikilodermie in Kombination mit Skelettanomalien, Minderwuchs und geistiger Retardation in zwei Generationen als 3. Typ zum R O T H MUND-THOMSON-Syndrom gestellt.
Familienberatung: Gelegentlich in den Familien auftretende Teilsymptome (Minderwuchs) können nicht als Anhaltspunkte für Heterozygotie gewertet werden. Besondere medizinische Betreuung betroffener Familien ist notwendig.
ROTOR-Syndrom, idiopathische Hyperbilirubinämie Typ ROTOR, Hyperbilirubinämie Typ I I I Genetisch gedingte Stoffwechselstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht angeborene Hyperbilirubinämie ohne abnorme Hautpigmentierung wie beim DuBiir-JoHirsoN-Syndrom (s. d.). Im Unterschied zum R. kommt beim DUBIN-JOHKSON-S. ein lipochromes braunes Pigment in der Leber vor, was allerdings auch temporär fehlen kann. Krankheitswert: Nichthämolytischer Ikterus (konjugiertes Bilirubin im Blut S—8 mg %), verstärkt durch Infektionen. Keine weiteren subjektiven Beschwerden. Therapiemöglichkeiten: Keine spezielle Therapie notwendig. Häufigkeit und Vorkommen: Bisher nur wenige Fälle publiziert. 766
Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Diagnose und Differentialdiagnose s. KNAPP. Nachweis u n d Heterozygoten-Test an H a n d einer erhöhten Koproporphyrinausscheidung im Urin. I m Hinblick auf die günstige Prognose kein Gegenstand familienprognostischer Bedenken.
ÄOUSSY-LEYY-Syndrom, areflektorische Dystasie Spinocerebellare Ataxie auf der Grundlage einer Genmutation. Der zu den klinischen Erscheinungen führende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation meist schon im frühen Kindesalter. Leichte cerebellare Ataxie mit Unsicherheit im Gehen. Reflexanomalien. I m Erwachsenenalter stationär bis auf eine leichte Muskelatrophie vor allem an den Unterschenkeln (Peronaeus), der neuralen Muskelatrophie (s. d.) vergleichbar. Hohlfuß. I m Vergleich zu anderen Ataxien wenig Beeinträchtigung. Lebenserwartung k a u m herabgesetzt. Nosologische Abgrenzung gegenüber dem D E J B R I N E SoTTAS-Syndrom (s. d.) nicht ganz klar. Gutartige Form? Therapiemöglichkeiten: Medikamentös mit AntiCholinesterase-, Aminosäure- u n d VitaminB-Präparaten. Außerdem physikotherapeutische u n d orthopädische Maßnahmen zufriedenstellend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Außer sporadischen Fällen etwa 25 größere Familien beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Ataxien, Neuropathien u n d Muskelatrophien (s. d.) wichtig, meist schon auf Grund der positiven Familienanamnese in Kombination mit dem niedrigen Erstmanifestationsalter und dem klinischen Bild möglich.
ROWLEY-Syndrom s. Schwerhörigkeit, angeborene 767
RUBINSTEIN-TAYBI-Syndrom Entwicklungsstörung, für deren Entstehung die Rolle genetischer und exogener Faktoren noch unklar ist. Krankheitswert: Angeborene kraniofaziale Dysmorphie mit antimongoloider Lidachsenstellung. Breite Daumenendglieder und Großzehen. Retardation der Entwicklung, Oligophrenie. Bisher mit Ausnahme eines 62jährigen Mannes nur kindliche bzw. jugendliche Patienten beobachtet. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Korrektur einiger Mißbildungen möglich. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1963 über 225 Fälle bekannt. Genetik: Die Frage nach der Ursache des Syndroms ist noch offen. Die meisten Fälle treten sporadisch auf. Geschwistererkrankungen sind selten. Konkordante, wahrscheinlich eineiige Zwillinge beschrieben. Blutsverwandtschaft der Eltern bestand in einigen Fällen. Autosomal rezessiver Erbgang ist nicht auszuschließen. Keine Chromosomenanomalien in der Mitose erkennbar, von einigen Autoren wird eine zugrunde liegende kryptische Chromosomenaberration vermutet. Familienberatung: Gelegentlich Mikrosymptome (charakteristische Morphologie der Daumen, Oligophrenie) in der Verwandtschaft. Erbprognostisch ist das Syndrom als günstig zu beurteilen. Risiko für Geschwister gering.
RUD-Syndrom Genetisch bedingte neuroektodermale Dysplasie auf der Grundlage einer Genmutation. Das Krankheitsbild gehört zum Formenkreis der Neuroichthyosen. Wahrscheinlich handelt es sich primär um eine Enzymopathie, deren Natur noch ungeklärt ist. Beziehungen zum S J Ö G R E N LABSSOIR-Syndrom (s. d.) ebenfalls unklar, teilweise wird Identität angenommen. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen innerhalb des ersten Lebensjahres. Ichthyosis, Pseudoacanthosis nigricans. Epileptische 768
Anfälle, Idiotie, Hypophysenfunktionsstörung mit Eunuchoidismus, Hypogonadismus und partiellem Riesenwuchs. Leichte Muskelatrophien. Therapiemöglichkeiten: Außer symptomatischer Behandlung nichts bekannt. Häufigheit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1927 nur wenige Familien, publiziert. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Allelie mit dem S j o g r e n - L a r s s o k Syndrom (s. d.)? Familienberatung: Differentialdiagnose zum REFSTJM-Syndrom, zum S j ö g r e n LARSSON-Syndrom und anderen Formen der Ichthyosis wichtig. Über Heterozygotennachweis nichts bekannt. Medizinische Betreuung und Prophylaxe in Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes in den betroffenen Familien notwendig.
RUSSELL-Syndrom s. SILVER-Syndrom RUTHERFORD-Syndrom s. Zahnunterzahl Rutilismus s. Rothaarigkeit Saccharose-Isomaltose-Intoleranz, Disaccharid-Intoleranz I Kombiniert vererbte Enzymdefekte auf noch nicht geklärter genetischer Grundlage. Der genetische Defekt manifestiert sich in einem Mangel mehrere] 1 intestinaler Disaccharidasen (Maltasen bzw. Saccharasen, Invertase, Isomaltase). Dadurch können aus der Nahrung stammende Saccharose sowie geringe Mengen beim Stärkeabbau entstehende Isomaltose nicht weiter abgebaut und resorbiert werden. Es kommt zur bakteriellen Zersetzung und damit durch Reizung der Darmschleimhaut zu den klinischen Erscheinungen. Krankheitswert : Erstmanifestation am Ende der Stillzeit. Diarrhoe, Gedeihstörungen. Wachstumsretardation. Malabsorptionssymptome. Vom vierten Lebensjahr an spontane Besserung bis zur Normalisierung. Bei einem spätmanifesten Typ leichterer Verlauf mit Diarrhoe im Erwachsenenalter bei Belastung. 49 Witkowski/Prokop
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Anfälle, Idiotie, Hypophysenfunktionsstörung mit Eunuchoidismus, Hypogonadismus und partiellem Riesenwuchs. Leichte Muskelatrophien. Therapiemöglichkeiten: Außer symptomatischer Behandlung nichts bekannt. Häufigheit und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1927 nur wenige Familien, publiziert. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Allelie mit dem S j o g r e n - L a r s s o k Syndrom (s. d.)? Familienberatung: Differentialdiagnose zum REFSTJM-Syndrom, zum S j ö g r e n LARSSON-Syndrom und anderen Formen der Ichthyosis wichtig. Über Heterozygotennachweis nichts bekannt. Medizinische Betreuung und Prophylaxe in Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes in den betroffenen Familien notwendig.
RUSSELL-Syndrom s. SILVER-Syndrom RUTHERFORD-Syndrom s. Zahnunterzahl Rutilismus s. Rothaarigkeit Saccharose-Isomaltose-Intoleranz, Disaccharid-Intoleranz I Kombiniert vererbte Enzymdefekte auf noch nicht geklärter genetischer Grundlage. Der genetische Defekt manifestiert sich in einem Mangel mehrere] 1 intestinaler Disaccharidasen (Maltasen bzw. Saccharasen, Invertase, Isomaltase). Dadurch können aus der Nahrung stammende Saccharose sowie geringe Mengen beim Stärkeabbau entstehende Isomaltose nicht weiter abgebaut und resorbiert werden. Es kommt zur bakteriellen Zersetzung und damit durch Reizung der Darmschleimhaut zu den klinischen Erscheinungen. Krankheitswert : Erstmanifestation am Ende der Stillzeit. Diarrhoe, Gedeihstörungen. Wachstumsretardation. Malabsorptionssymptome. Vom vierten Lebensjahr an spontane Besserung bis zur Normalisierung. Bei einem spätmanifesten Typ leichterer Verlauf mit Diarrhoe im Erwachsenenalter bei Belastung. 49 Witkowski/Prokop
769
Therapiemöglichkeiten : Saccharosefreie Diät im frühen Kindesalter. Später normale Nahrung meist möglich. Stärke in normalen Mengen wird vertragen. Häufigkeit und Vorkommen: Sporadische und Geschwisterfälle. Gehäuft bei Eskimos (Frequenz regional bis 1 : 10). Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Das kombiniert, monomer vererbte Fehlen mehrerer Enzyme ist genetisch verschieden zu interpretieren (gemeinsamer Hemmfaktor? Fehlen einer gemeinsamen Komponente? Blockmutation?), ohne daß in diesem Fall schon zugunsten einer Erklärungsmöglichkeit entschieden werden kann. Wahrscheinlich heterogen. Familienberatung: Nachweis an Hand der Blut-Fruktose-Kurve nach SaccharoseBelastung. Früherkennung, sofortige Ernährungsumstellung und Aufklärung notwendig. In Anbetracht der guten Prognose kein Gegenstand familienberaterischer Bedenken. SAETHRE-CHOZEN-Syndrom s. Akrozephalosyndaktylie Sakrokokzygeale Agenesie s. K a u d a l e Dysplasie SALDINO-NOONAN-Typ der Thoraxdystrophie s. Thoraxdystrophie-Polydaktylie-Syndrom SANFILIPPO-Syndrom s. Mukopolysaccharidose T y p I I I Sarcoidose s. Morbus B O E C K Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum KAPOSI s. K A P O S I - S y n d r o m SC-Syndrom s. Pseudothalidomid-Syndrom Scaphozephalie s. Kraniostenose 770
SCHERESCHWESKIJ-TURNER-Syndrom s. ULLRICHTURNER-Syndrom SCHEUTHAUER-MARIE-S AINTON-Syndrom s. Dysplasia cleidocranialis Schiefhals s. Torticollis Schilddrüsenadenom, familiäres s. Adenomatöse, endokrine, Typ II Schilddrüsenagenesie s. Athyreose SCHILDER-Syndrom s. Adrenoleukodystrophie Schizophrenie (unter Mitarbeit von ZERBIN-RÜDIN, München) Auf genetischer Grundlage, u n t e r Beteiligung von U m w e l t f a k t o r e n e n t s t e h e n d e endogene Psychose. Der W e g v o m genetischen D e f e k t bis zur klinischen S y m p t o m a t i k d e r Schizophrenien ist noch u n k l a r . E n z y m a t i s c h e u n d i m m u n o logische B e f u n d e geben Hinweise auf eine biochemische P a t h o genese. Krankheitswert: Heterogenes K r a n k h e i t s b i l d , dessen U n t e r g r u p p e n (hebephrene, k a t a t o n e , paranoide u n d Simplex-Formen) sich zwar hinsichtlich S y m p t o m a t i k , E r k r a n k u n g s a l t e r , Verlauf u n d Schwere u n t e r scheiden, sich aber doch n i c h t klar voneinander abgrenzen lassen. E r s t m a n i f e s t a t i o n meist zwischen dem 15. u n d 40. L e b e n s j a h r . Beginn allmählich oder a k u t , Verlauf chronisch, progredient oder schubweise. S y m p t o m a t i k variabel, Schwere unterschiedlich. Vollremissionen k o m m e n vor, Teilremissionen sind n i c h t selten, besonders zu A n f a n g der E r k r a n k u n g , bei e t w a 2 5 % der K r a n k e n Ausgang in schweren psychischen D e f e k t z u s t a n d . L e b e n s e r w a r t u n g herabgesetzt. Suicidgefahr. Therapiemöglichkeiten: Medikamentöse B e h a n d l u n g (Neuroleptica, besonders P e r p h e n a z i n e u n d B u t y r o p h e n o n e ) . P s y c h o t h e r a p i e allein n u r selten, als u n t e r s t ü t z e n d e M a ß n a h m e jedoch erfolgreich. R e h a b i l i t a t i v e Maßn a h m e n , Arbeitstherapie. 49»
771
Häufigkeit und
Vorkommen:
Eine der häufigsten Geisteskrankheiten. Erkrankungswahrscheinlichkeit in der Durchschnittsbevölkerung etwa 0,85 — 1%, in Isolaten z. T. wesentlich höher. Effektive Fruchtbarkeit auf 1 / t bis 1 / 3 des Durchschnitts herabgesetzt; in den letzten Jahren Verringerung dieser Differenz infolge besserer Therapieerfolge, weniger restriktiver Behandlungsmethoden oder auch seltenerer Anwendung der Geburtenkontrolle durch die Schizophrenen. Genetik: Trotz der unstreitig vorhandenen nicht-genetischen Einflüsse haben die Schizophrenien eine genetische Grundlage. So liegt die Schizophreniehäufigkeit bei den Kindern von Merkmalsträgern ungefähr 20mal höher als es dem Durchschnitt entspricht. Besonders evident wird der Erbeinfluß aus den Zwillings- und Adoptionsstudien. Die EZ haben mit 50—60% eine weit höhere Konkordanzrate als die ZZ mit 10 — 15%. Es darf nicht vergessen werden, daß ein „gesunder" Zwillingspartner Mikrosymptome aufweisen kann, die eine Schizophreniediagnose nicht rechtfertigen oder überhaupt übersehen werden, oder daß er mitunter erst viele Jahre später erkrankt. Diese Fehlerquellen können die Konkordanzraten zu niedrig erscheinen lassen. Die Tatsache, daß bei Schizophrenen, die in frühester Kindheit adoptiert worden waren, Schizophrenie nur in den biologischen Familien vermehrt vorkommt, nicht aber in den Adoptivfamilien, stützt die Erbtheorie. Ein monomerer Erbgang läßt sich in der Mehrzahl der Sippen nicht erkennen. Trotzdem wird spekuliert, ob ein dominantes Gen mit unvollständiger Penetranz in Frage kommt, oder ob für die klinische Manifestation Homozygotie (also Rezessivität) angenommen werden sollte. Die Mehrzahl der Erbpsychiater nimmt heute allerdings Polygenie an. Vermutlich liegt Heterogenie vor. Sie bezieht sich auf die Schizophrenien insgesamt und nicht auf die klinischen Unterformen, die genetisch nicht zu trennen sind; trotz einer gewissen intrafamiliären Homotypie können sie in einer Familie gemischt vorkommen. In Anbetracht der Variabilität des klinischen Bildes, des schubweisen Verlaufes und der wiederholten Remissionen ist der genetische Defekt in einem Regulationsmechanismus zu vermuten, z. B. in einer genetisch bedingten Abweichung der Produktion oder der Verteilungsmuster von Neurotransmittern. Familienberatung : Feststellung latenter Anlageträger durch Test noch nicht möglich, obwohl entsprechende Personen in psychologischen und biochemischen Tests Auffälligkeiten aufweisen sollen. Risikoziffern s. Tabelle 17, nach ZEBBIN-RÜDIN. Das empirische Risiko für Kinder von Merkmalsträgern liegt bei 9 — 16% (auch wenn die Kinder adoptiert worden und getrennt von ihren schizophrenen Eltern aufgewachsen sind!), sind beide Eltern erkrankt, bei etwa 40%. 772
Tabelle 17 Erkrankungsrisiko an Schizophrenie, zusammengestellt aus den wichtigsten Untersuchungen verschiedener Autoren (aus ZERBIN-RÜDIN 1 9 7 1 ) .
Verwandtschaftsgrad zu einem Schizophrenen
Erkrankungswahrscheinlichkeit (korrigierte Prozentziffern)
Eltern Kinder Geschwister ZZ EZ Kinder zweier erkrankter Eltern Halbgeschwister Stiefgeschwister Enkel Vettern und Basen Neffen und Nichten Onkel und Tanten Großeltern Durchschnitt
5 - 1 0 9 - 1 6 8 - 1 4 5 - 1 6 20-75 40-68 1 - 7 1 - 8 2 - 8 2 - 6 1 - 4 2 - 7 1 - 2 0,85
(6,3 ± (13,7 ± (10,4 ±
0,3) 1,0) 0,3)
(3,5 ±
1,7)
(3,5 (3,5 (2,6 (3,6 (1,6
0,7) 0,4) 0,3) 0,3) 0,5)
± ± ± ± ±
In Klammern stehen die aus allen verfügbaren Untersuchungen errechneten Mittelwerte.
Alter
[Jahre]
Abb. 5. A-posteriori-Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung an Schizophrenie nach dem Alter bei vier verschiedenen A -priori-Risiken, berechnet mit Hilfe des BAYES-Theorems nach SLATEB und C o m 1971 (aus PROPPING 1980)
773
Die E r k r a n k u n g s w a h r s c h e i n l i c h k e i t f ü r V e r w a n d t e 2. Grades (Enkel, N e f f e n , Nichten) liegt bei 2 — 6 % . Diese Ziffern k ö n n e n im individuellen Fall noch etwas genauer spezifiziert w e r d e n : z. B. ist die E r k r a n k u n g s w a h r s c h e i n l i c h k e i t f ü r die K i n d e r von T r ä g e r n schwerer u n d f r ü h a u f t r e t e n d e r Schizophrenieformen (Hebephrenie u n d K a t a t o n i e ) größer als f ü r die K i n d e r von p a r a n o i d e n u n d s p ä t e r k r a n k t e n Schizophrenen. F e r n e r erhöhen sich die jeweiligen K r a n k h e i t s r i s i k e n , wenn mehrere Fälle in der F a m i l i e vorliegen. Bei aller Schwierigkeit der P r o b l e m a t i k im Einzelfall, k a n n generell etwa folgendes geraten w e r d e n : I s t einer der P a r t n e r schizophren, sollte m a n v o n K i n d e r n a b r a t e n , besonders w e n n der a n d e r e P a r t n e r schizoide Züge aufweist. Wollen gesunde Geschwister oder N a c h k o m m e n v o n Schizophrenen ein K i n d , u n d ist a u c h der P a r t n e r gesund, so b r a u c h t m a n n i c h t a b z u r a t e n . Allerdings h a b e n die Geschwister u n d N a c h k o m m e n eines Schizophrenen selbst noch ein gewisses E r k r a n k u n g s r i s i k o vor sich, dessen H ö h e sich n a c h der L ä n g e der noch nicht d u r c h l a u f e n e n Risikoperiode r i c h t e t , also v o m Lebensalter a b h ä n g i g ist. Sind die R a t s u c h e n d e n n o c h sehr jung, h a b e n also erst einen geringen Teil der Gefährdungsperiode d u r c h l a u f e n , wird m a n vorschlagen, die F o r t p f l a n z u n g aufzuschieben, e t w a bis z u m 30. L e b e n s j a h r , d a zu diesem Zeitp u n k t über 5 0 % aller Schizophrenen e r k r a n k t sind (Abb. 5). Bei V e r w a n d t e n e h e n ist Vorsicht a n z u r a t e n , wenn in der Sippe m e h r f a c h Schizophrenien a u f g e t r e t e n sind, a u c h w e n n beide E h e p a r t n e r als gesund imponieren. I s t eine Schizophrene schwanger u n d n a c h G u t a c h t e n eines erfahrenen P s y c h i a t e r s zur A b g a b e einer rechtsgültigen E r k l ä r u n g (Wunsch einer Schwangerschaftsu n t e r b r e c h u n g ) fähig, so k a n n einer I n t e r r u p t i o z u g e s t i m m t , bzw. je n a c h Lage des Falles dazu g e r a t e n werden.
SCHMID-Syndrom s. Metaphysäre Chondrodysplasie Typ SCHMID SCHMID-FRACCARO-Syndrom s. Katzenaugen-Syndrom SCHMIDT-Syndrom s. Nebenniereninsuffizienz, angeborene Schneidezähne, Fehlen der Erbliche F o r m der H y p o d o n t i e (s. Z a h n u n t e r z a h l ) auf der G r u n d lage einer G e n m u t a t i o n . Der der Aplasie der Z a h n a n l a g e n zugrunde liegende Basisdefekt ist u n b e k a n n t . Krankheitswert
:
Fehlen oder Hypoplasie meist der oberen seitlichen, seltener der u n t e r e n m i t t l e r e n Schneidezähne. Gelegentlich a u c h H y p o p l a s i e 774
anderer Zahnanlagen. Vor allem 2. Dentition betroffen, wobei entsprechende Milchzähne bis ins Erwachsenenalter persistieren können. Therapiemöglichkeiten : Kieferorthopädische Behandlung sowie symptomatisch-prothetische K o r r e k t u r kosmetisch und im Hinblick auf die Vermeidung von Zahnstellungsanomalien erfolgreich. Häufigkeit und Vorkommen: Fehlen der oberen seitlichen Schneidezähne regional unterschiedlich. Frequenz mit 1 : 200—1: 20 angegeben. Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Isoliertes Fehlen der unteren mittleren Schneidezähne nur von einzelnen Familien, vorwiegend japanischer Provenienz, bekannt. Genetik: Heterogenie. Jeweils autosomal dominanter Erbgang mit herabgesetzter Penetranz und variabler Expressivität. Bei bisher einer Familie X-chromosomaler Erbgang f ü r Fehlen der mittleren Incisivi v e r m u t e t (s. a. Zahnunterzahl). Familienberatung : Bei familienprognostischen Erhebungen m u ß auf durch die variable Expressivität des Gens bedingte Mikromanifestationen in F o r m hypoplastischer Schneidezähne geachtet werden. Familienberaterische Bedenken bestehen bei isoliertem Fehlen von Schneidezähnen nicht.
Schnürfurchenbildungen, Amputationen, intrauterine Angeborene Abschnürungen von intrauterin mechanischer Ursache.
Körperteilen
wahrscheinlich
Krankheitswert: Zirkuläre Einschürungen der Weichteile und häufig auch des darunterliegenden Knochens bis zur Amputation. Vorwiegend a n Fingern, Zehen oder anderen Extremitätenpartien, seltener a n Brust, Abdomen, Gesicht (Spaltbildungen) und Kopf. S y n d a k t y lie abgeschnürter Phalangen, K l u m p f u ß . Meistens multipel aber ohne andersartige Mißbildungen oder röntgenologische Auffälligkeiten. J e nach Lokalisation und Art der Abschnürung keine bis schwere Beeinträchtigung. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrekturen und prothetische Versorgung mit friedigendem Erfolg.
be775
Häufigkeit
und
Vorkommen:
Inzidenz 1 : 1 5 0 0 0 bis 1:10000. Familiäres Vorkommen außerordentlich selten, vorwiegend bei differentialdiagnostisch unsicheren Fällen. Genetik: Keine unmittelbaren genetischen Ursachen. Die Entstehung wird erklärt durch Ruptur des Amnions und Austritt entsprechender Teile des Föten durch die sich bildende Öffnung. Bei deren Kontakt mit der äußeren Amnionoberfläche kommt es zur Bildung von fibrösen Strängen und zu Umschlingungen. Familiäres Vorkommen wäre denkbar auf Grund einer genetisch bedingten verminderten Festigkeit des Amnions. Familienberatung: Differentialdiagnose zu Schnürfurchen (NocKEMANir-Syndrom, AiNHUM-Syndrom, Mal de Meleda s. d.) und Amputationen (Akroosteolyse, s. d.) anderer Ursache an Hand der Asymmetrie, bei Geburt dem betroffenen Körperteil anhaftender fibröser Stränge, fehlender zentralnervöser Symptome und fehlender Progredienz. Mit einer Wiederholung bei Verwandten eines Merkmalsträgers muß nicht gerechnet werden.
SCHOLZ-BIELSCHOWSKY-HENNEBERG-Syndrom s. SCHOLZ-Syndrom SCHOLZ-Syndrom s. Leukodystrophie, metachromatische Schreib-Lese-Schwäche s. Dyslexie Schulterblatt-Hochstand, SPRENGELsche Deformität Entwicklungsstörung im Bereich des Schulterblattes unklarer Ätiologie. E s liegt offensichtlich eine Störung des Descensus scapulae während der Embryonalentwicklung vor, wofür ein Basisdefekt unbekannt ist. Krankheitswert
:
Angeboren. Überwiegend (ca. 9 0 % der Fälle) einseitiger Schulterblatthochstand, meist kombiniert mit Anomalien der Wirbelsäule, Kyphoskoliose, Spina bifida, Schiefhals, Wirbelanomalien. Bewegungseinschränkung im entsprechenden Schultergelenk, Asymmetrien im Schädelbereich. Bippen- und Muskeldefekte. Mißbildungen und Hypoplasien der Extremitäten. 776
Therapiemöglichkeiten: Rechtzeitige chirurgische Korrektur mit gutem, symptomatischorthopädische Behandlung mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz 1 : 2000— 1 : 3000. Vorwiegend spradisch. Einzelne Sippen mit Merkmalsträgern in Geschwisterschaften oder aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Mehrere hundert Fälle publiziert. Genetik: Ätiologie wahrscheinlich heterogen. Erblichkeit noch unklar. Bei familiärem Vorkommen wird in entsprechenden Sippen autosomal rezessiver oder dominanter Erbgang vermutet. Intrauterin exogene Ursachen lassen sich bei sporadischen Fällen nicht ausschließen. Familienberatung: Differentialdiagnose zur Myotonia congenita und zur Dystrophia myotonica (s. d.) an Hand des Vererbungstypes, der typischen klinischen Symptomatik und des Röntgenbefundes wichtig. Bei Auftreten eines Merkmalsträgers sollte vor weiteren Schwangerschaften gewarnt werden.
Schwachsinn s. Intelligenzdefekte Schwammniere s. Zystenniere, medulläre SCHWANN-Syndrom s. Fingerknöchelpolster SCHWARTZ-JAMPEL-Syndrom, CATEL-HEMPELSyndrom, Myotonische Chondrodystrophie, ABERFELDSyndrom, Spondylo-epi-metaphysäre Dysplasie mit Myotonie, Osteo-ehondro-muskuläre-Dystrophie mit Myotonie, Chondrodystrophia myotonica Genetisch bedingte Chondrodystrophie mit Myotonie auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt (gestörter Na-K-Haushalt der Zelle infolge eines Membrandefektes?) ist noch unklar. Krankheitswert: Angeboren. Generelle myotonische Schwäche und Aplasie der Muskulatur mit Hypomimie, Urininkontinenz und Gehbeschwerden. 777
Typische Fazies bei Blepharophimose und Myopie. Minderwuchs, Gelenkekontrakturen, Pectus carinatum, Lordose oder Kyphose, angeborene Hüftluxation. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Korrekturen. Procainamidgaben Besserung der Muskelsymptomatik.
führen
zur
Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1962 mehr als 20 Geschwister- und sporadische Fälle beschrieben. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung. Familienberatung: Differentialdiagnose zur Myotonia congenita und zur Dystrophia myotonica (s. d.) an H a n d des Vererbungstypes, der typischen klinischen Symptomatik und des Röntgenbefundes (generelle Platyspondylie, epimetaphysäre Dysplasie, Deformation des Thorax-Skeletts) wichtig. Heterozygote eventuell im EMG erkennbar. Bei Auftreten eines Merkmalsträgers sollte vor weiteren Schwangerschaften gewarnt werden.
Schwerhörigkeit und Präaurikularfisteln Erbliche Hörstörung auf der Grundlage einer Genmutation. Es liegt entweder eine Innenohrschwerhörigkeit bis -taubheit (FouRMAir-FouRMAN-Syndrom) oder eine kombinierte konduktive (abnorme Stapes-Fixation) und sensoneurinale Hörstörung (RowLEY-Syndrom) vor. Der Zusammenhang mit den anderen Symptomen sowie ein Basisdefekt sind unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation des Hörverlustes im frühen Kindes- oder Erwachsenenalter. Präaurikular- und teilweise unilaterale Halsfisteln. Fakultativ große deformierte Ohrmuscheln. I n einer Sippe auch Nierenbeteiligung beschrieben. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Maßnahmen nur bei Begleitsymptomen aussichtsreich. Häufigkeit und, Vorkommen: Jeweils nur wenige, z. T. große Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. 778
Genetik: Wahrscheinlich heterogen. Autosomal dominanter Erbgang mit stark variierender Expressivität und unvollständiger Penetranz. Es wird angenommen, daß dem Symptomenkomplex jeweils die pleiotrope Wirkung eines einzigen Gens zugrunde liegt. Ob ein genetischer Zusammenhang zwischen den interfamiliär etwas differierenden Syndromen oder Identität besteht, ist noch unklar. Genetische Beziehungen werden auch zur Dysplasia renofacialis (s. d.) vermutet. Familienberatung: Bei erbprognostischen Erhebungen muß von der variablen Expressivität ausgegangen werden. Innerhalb einer Sippe können die Teilsymptome getrennt vererbt werden, wobei z. B. Personen mit Fisteln als Merkmalsträger einzuschätzen sind.
Schwerhörigkeit s. a. Taubheit Scimitar-Syndrom Kardiopulmonale Mißbildung unklarer Ätiologie. Es besteht eine Gefäßanomalie in Form einer Lungenvene, die das Blut aus der rechten Lunge in die Vena cava inferior zurückleitet. Diese Vene bildet sich krummsäbelförmig („Scimitar") auf Thoraxaufnahmen als Schatten rechts neben dem Herzen ab. Der pathogenetische Zusammenhang mit verschiedenartigen anderen Mißbildungen im Herz-Lungen-Bereich (Lungenhypoplasie, Gefäß- und Bronchialanomalien, Positionsanomalien des Herzens) ist noch umstritten. Krankheitswert: Erstmanifestation je nach Ausmaß der Mißbildung in jedem Lebensalter möglich. Zeichen einer Lungen- und Herzinsuffizienz mit Cyanose, Dys- und Tachypnoe. Infektion der Atemwege. Mißgedeihen und später verminderte Leistungsfähigkeit. Tod teilweise schon perinatal oder im Kindesalter. Kann jedoch auch symptomlos bleiben. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrekturen durch Gefäßplastik mit zufriedenstellendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Etwa 150 Fälle beschrieben, familiäres Vorkommen selten. 779
Genetik: Unklar. Das Auftreten von Merkmalsträgern in zwei oder drei Generationen bei wenigen Sippen läßt autosomal dominante oder polygene Vererbung vermuten. Familienberatung: Nachweis und Differentialdiagnose röntgenologisch oder angiokardiographisch. Das Risiko f ü r Verwandte eines Merkmalsträgers k a n n in Hinblick auf das meist sporadische Vorkommen als gering eingeschätzt werden.
Sclerosteose Genetisch bedingte kraniotubuläre Hyperostose auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Knochenwachstumsanomalien zugrunde liegende Basisdefekt (Stoffwechselstörung?) ist u n b e k a n n t . Krankheitswert : Angeborene häutige oder knöcherne Syndaktylie des 2. und 3. Fingers mit Nageldystrophie und Radialabweichung der Endphalangen. Ab 6. Lebensjahr beginnende Hyperostose des Schädeldaches, der Schädelbasis und vor allem des Unterkiefers f ü h r t zur Gefäß- und Hirnnervenkompression mit Hörverlust, Fazialisparese und schweren Hirndruckzeichen (therapieresistente Kopfschmerzattacken). Teilweise Erblindung. Monströser Gesichtsausdruck. Hyperostose u n d diaphysäre Dysplasie der langen Röhrenknochen. Tod meistens innerhalb des zweiten Lebensjahrzehntes. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische K o r r e k t u r nachhaltigen Erfolg. Häufigkeit
und
der
Kompressions-Symptomatik
ohne
Vorkommen:
E t w a 30 Fälle gesichert, davon 25 südafrikanische Weiße niederländischer Abstammung. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: F r ü h e r k e n n u n g bei Geburt u n d Differentialdiagnose zur Hyperostosis corticalis generalisata, zu den kraniodia- u n d kraniometaphysären Dysplasien und zum ALBEKS-ScHÖlTBEEG-Syndrom (s. d.) vor allem an H a n d der Syndaktylie sowie später der Lokalisation 780
der Hyperostosen möglich. Bei Auftreten eines Merkmalsträgers sollte den Eltern in Anbetracht der schlechten Prognose von weiteren Kindern abgeraten werden.
Sea-blue-Histiozytose Genetisch bedingte Speicherkrankheit der Histiozyten auf der Grundlage einer Genmutation. Es lassen sich vor allem im Knochenmark aber auch vereinzelt in verschiedenen anderen Geweben spezielle Makrophagen mit charakteristisch blau färbbaren Sphingolipideinschlüssen erkennen. Ein lokaler enzymatischer Defekt des Lipidstoffweehsels wird als Basisdefekt vermutet. Pathogenetische Beziehungen bestehen wahrscheinlich zum Plasma-Lecithin-Cholesterol-AcyltransferaseMangel, bei dem ebenfalls Sea-blue-Histiozyten auftreten. Krankheitswert: Erstmanifestation im Erwachsenenalter. Splenomegalie. Durch Hypersplenismus bedingte Thrombozytopenie mit hämorrhagischer Diathese und Purpura. Teilweise Leukopenie und Infektneigung. Vereinzelt Hepatomegalie, gastrointestinale Symptome, Lungeninfiltrate oder Beteiligung des Zentralnervensystems mit Ataxie, Demens und Anfällen. Kann jedoch auch vollkommen symptomlos bestehen. Keine oder nur geringe Progredienz. Therapiemöglichkeiten: Wenn nötig Splenektomie mit fraglichem Erfolg. Häufigkeitkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1947 über 70 sporadische und Geschwisterfälle, teilweise aus Verwandtenehen, publiziert. Häufung in Malariagebieten? Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Nachweis an Hand der Sea-blue-Histiozyten im Knochenmark. Nach dem gleichen Prinzip kann auch Heterozygoten-Nachweis versucht werden. Sea-blue-Histiozyten treten allerdings auch bei anderen hämatologischen Erkrankungen (Leukosen, Anämien) und beim Plasma-Lecithin-Cholesterol-Acyltransferase-Mangel auf.
SECKEL-Syndrom s. Vogelkopf-Zwergwuchs 781
SEIP-Syndrom s. Lipodystrophie, generalisierte SEITELBERGER-Syndrom, neuro-axonale Dystrophie im Kindesalter; spastische amaurotische axonale Idiotie (Typ SEITELBERGER) Genetisch bedingte degenerative E n z e p h a l o p a t h i e auf der G r u n d lage einer G e n m u t a t i o n . Der zu den Degenerationserscheinungen f ü h r e n d e Basisdefekt (Lipidstoffwechselstörung?) ist u n b e k a n n t . Krankheitswert
:
E r s t m a n i f e s t a t i o n klinischer E r s c h e i n u n g e n in den ersten Lebensj a h r e n . N a c h n o r m a l e r E n t w i c k l u n g im Säuglingsalter psychomotorische u n d physische R e t a r d a t i o n . Allgemeine H y p o t o n i e . Neurologische Ausfallserscheinungen m i t O p t i k u s a t r o p h i e , E r blindung u n d Verlust des H ö r v e r m ö g e n s . Reflexanomalien. Epileptoide Anfälle. P r o g r e d i e n t e spastische Parese. Tod i n n e r h a l b weniger J a h r e bei v o l l k o m m e n e m geistigen u n d körperlichen Verfall. Neuerdings wird v o n diesem klassischen, infantilen T y p der neuroaxonalen D y s t r o p h i e ( T y p S E I T E L B E R G E R ) außer d e m H A L L E R voRDEN-SPATZ-Syndrom (s. d.) noch ein juveniler T y p (Typ ROZDITSKY) m i t E r s t m a n i f e s t a t i o n im 2. L e b e n s j a h r z e h n t u n d schwerer Myoklonusepilepsie abgegrenzt. Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Selten. Seit E r s t b e s c h r e i b u n g Zwillingsfälle beschrieben.
1952
ca. 76
Geschwister-
bzw.
Genetik: Heterogen, jeweils a u t o s o m a l rezessiver E r b g a n g . Familienberatung: Nachweis histologisch (Autopsie- oder Hirnbiopsiematerial) a n H a n d der Schwellung u n d Degeneration v o n Achsenzylindern im Gehirn u n d R ü c k e n m a r k sowie v o n t y p i s c h e n eisenpositiven P i g m e n t a b l a g e r u n g e n im P a l l i d u m u n d in n e u r o m u s k u l ä r e n Biopsien (Späroid-Körper, a x o n a l e r Provenienz). Beim juvenilen T y p f e h l t diese H y p e r p i g m e n t i e r u n g im P a l l i d u m . I n A n b e t r a c h t der Schwere des K r a n k h e i t s b i l d e s m u ß bei A u f t r e t e n eines Merkmalst r ä g e r s von weiteren K i n d e r n a b g e r a t e n werden. 782
S E N I O R - L O K E N - S y n d r o m s. R e n o - r e t i n a l e D e g e n e r a t i o n Septum-Opticus-Dysplasie s. O p t i c u s a t r o p h i e Short-rib-Polydaktylie-Syndrom s. T h o r a x d y s t r o p h i e Polydaktylie-Syndrom SHWACHMAN-Syndrom, P a n k r e a s - I n s u f f i z i e n z , e x o k r i n e ; L i p o m a t o s e des P a n k r e a s Genetisch bedingte Pankreas-Insuffizienz auf der Grundlage einer Genmutation. E s besteht eine angeborene exokrine Pankreasinsuffizienz sowie, damit zunächst noch nicht in einen pathogenetischen Zusammenhang zu bringen, eine Neutropenie. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen in den ersten Lebenswochen. Symptome einer exokrinen Pankreasinsuffizienz: Fettstühle, Diarrhoe, Mißgedeihen. Infektneigung. Bei einem Teil der Fälle charakteristische metaphysäre Dysplasien des Hüftbereichs bzw. der Extremitäten mit Minderwuchs und Respirationsinsuffizienz durch sehr kurze Rippen (BuRKE-Syndrom). Knochenmark hypoplasie mit Neutropenie. Ohne Therapie Lebenserwartung infolge der Ernährungsstörungen und sekundärer Komplikationen herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten: Substitution mit Pankreasenzymen beseitigt die Ernährungsstörungen. Antibiotika-Gaben. Symptomatisch-orthopädische Behandlung der Knochendysplasien. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Wahrscheinlich nicht sehr selten, da seit Erstbeschreibung 1963 bis 1972 bereits 44 Einzel- und Geschwisterfälle gesichert wurden. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung: Nachweis durch Bestimmung der Pankreasenzyme nach einer Testmahlzeit. Differentialdiagnose zum ANDERSEN-Syndrom (s. d.) 783
a n H a n d der n o r m a l e n S c h w e i ß - E l e k t r o l y t - K o n z e n t r a t i o n notwendig. Besondere medizinisch-genetische B e t r e u u n g betroffener F a m i l i e n im Hinblick auf F r ü h d i a g n o s e u n d sofortige T h e r a p i e wichtig.
Sialidosen s. Mukolipidosen Sichelzell-Anämie, Hämoglobin-S-Krankheit, Drepanozyten-Anämie, HERRICK-Syndrom Genetisch bedingter S t r u k t u r p r o t e i n d e f e k t auf der G r u n d l a g e einer Punktmutation. Der G e n d e f e k t m a n i f e s t i e r t sich in einem f e h l e r h a f t e n E i n b a u von Valin a n s t a t t G l u t a m i n s ä u r e in Position 6 der ^ - K e t t e n des H ä m o globinmoleküls. D a d u r c h k o m m t es zu einer S t ö r u n g der L a d u n g s verhältnisse a n der Oberfläche des Hämoglobin-A-Moleküls, zur Bild u n g linearer Aggregate u n d d a m i t zu einer h e r a b g e s e t z t e n Löslichkeit dieses H ä m o g l o b i n S besonders bei niedrigem Sauerstoffd r u c k . Diese V e r ä n d e r u n g e n f ü h r e n vor allem in d ü n n e n Venen u n d K a p i l l a r e n zu der charakteristischen Sichelform d e r E r y t h r o z y t e n u n d zur Blockierung d u r c h T h r o m b e n b i l d u n g , die ihrerseits wiederum die S a u e r s t o f f z u f u h r noch m e h r h e m m t . Die klinische S y m p t o m a t i k e r k l ä r t sich aus d e m d a r a u s resultierenden herdförmigen Gewebezerfall u n d einer Minderwertigkeit der E r y t h r o z y t e n . K o m p e n s a t o r i s c h k a n n H b F gebildet werden, was die klinische S y m p t o m a t i k mildert. Krankheitswert: E r s t m a n i f e s t a t i o n klinischer E r s c h e i n u n g e n in den ersten Lebensj a h r e n . Chronische hämolytische A n ä m i e m i t L y m p h k n o t c n schwellung, Hepatosplenomegalie u n d h ä m o l y t i s c h e n Krisen. Neigung zu abdominalen Schmerzanfällen, E m b o l i e n , Gefäßthromben und Augenhintergrundsveränderungen. Turmschädel. Schwellungen, besonders a n H a n d - u n d F u ß r ü c k e n . Gelenkergüsse, I n f a r k t e verschiedener Organe (Nieren usw.). Osteomyelitis, Osteoporose, charakteristische Nekrosen des F e m u r k o p f e s . Ülcera. L e b e n s e r w a r t u n g gering. T o d meistens noch im K i n d e s a l t e r . I n Fällen m i t H b F - P e r s i s t e n z leichterer Verlauf. Therapiemöglichkeiten: Blut-, P l a s m a - u n d E r y t h r o z y t e n t r a n s f u s i o n e n sowie Kortikosteroide in K r i s e n s i t u a t i o n e n . W e i t e r h i n m e d i k a m e n t ö s e s y m p t o matische B e h a n d l u n g ohne e n t s c h e i d e n d e n Erfolg. P r o p h y l a k t i s c h V e r m e i d u n g v o n S a u e r s t o f f m a n g e l (hohe Berge, Fliegen in größeren H ö h e n ) . I n Z u k u n f t möglicherweise regelmäßige e x t r a c o r p o r a l e K a r b a m y l i e r u n g bzw. andere die S a u e r s t o f f a f f i n i t ä t des H b S steigernde M a ß n a h m e n erfolgreich. 784
Häufigkeit und Vorkommen: Vor allem bei Negern aus Malariagebieten (Mittel- und Ostafrika), weniger bei Asiaten. Für andere Regionen bedeutungslos. Heterozygotenfrequenz in einigen Gebieten Afrikas bis zu 4 4 % . Diese hohe Frequenz trotz Letalität bei Homozygoten wird auf Grund der Verbreitung mit einem Heterozygotenvorteil in Form einer erhöhten Malaria-Resistenz erklärt. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang der S.-A. Das Allel für das HbS verhält sich zu dem für normales HbAj kodominant, so daß Heterozygote einen HbS-Anteil von 20—45% und Homozygote von 60 — 9 9 % am Gesamt-Hb besitzen. Die starke Schwankung in den HbS-Werten auf Grund des unterschiedlichen HbF-Anteils steht offensichtlich mit der jeweiligen Aktivität des y-Ketten-Locus im Zusammenhang. Familienberatung: Nachweis elektrophoretisch oder an Hand des Sichelphänomens (tritt nur in vivo auf!). Nach dem gleichen Prinzip Heterozygotennachweis möglich. Pränatale Diagnostik im 2. Trimester durch Hb-S-Bestimmung im Plazentarblut und durch Restriktiensanalyse aus kultivierten Amnionzellen. Screening auf Homo- und Heterozygote bereits aus dem Nabelschnurblut möglich und für Länder mit hoher Inzidenz wichtig. Für Mitteleuropa bedeutungslos. Ehen zwischen Heterozygoten sind zu vermeiden.
SIEMENS-Syndrom s. Keratosis follicularis spinulosa decalvans cum ophiasi SIEMERLING-CREUTZFELDT-Syndrom s. Adrenoleukodystrophie SILVER-Syndrom, SILVER-RUSSELL-Syndrom Zwergwuchs mit lateraler Asymmetrie unklarer Ätiologie. Der den Anomalien zugrunde liegende Basisdefekt und die Pathogenese (Endokrinopathie?, Mosaizismus bzw. Chimärismus von Zellen unterschiedlicher Wachstumsrate?) sind unbekannt. Krankheitswert: Angeborener Minderwuchs mit mehr oder weniger stark ausgeprägter genereller oder lokaler lateraler Asymmetrie. Beschleunigte Sexualentwicklung bei Verzögerung des Knochenalters. Kraniofaziale Dysmorphie (dreieckige Gesichtsform, nach unten weisende Mundwinkel, Asymmetrie), Hypoglykämie-Neigung. Variante mit 50
Witkowski/Prokop
785
höchstens angedeuteter Asymmetrie als RussELL-Syndrom bekannt. Intelligenz meistens normal. Kann im Erwachsenenalter abgesehen vom Minderwuchs nahezu unauffällig bestehen. Therapiemöglichkeiten: Gaben von Wachstumshormon ohne Erfolg. Vermeidung hypoglykanischer Zustände wichtig. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Etwa 150 Fälle, vor allem aus Europa und Amerika, beschrieben. Meist sporadisch, nur wenige Geschwisterfälle bekannt. Genetik: Auf Grund von Teilsymptomen bei Verwandten von Merkmalsträgern autosomal dominanter Erbgang mit variabler Expressivität oder autosomal rezessive Vererbung vermutet. Ob es sich bei den sporadischen Fällen um dominante Neumutationen oder um ein nicht genetisch bedingtes Syndrom handelt, kann noch nicht entschieden werden. Familienberatung: Diagnostik wegen der Heterogenität und der unsicheren nosologischen Abgrenzung des Syndroms schwierig. Fälle mit intersexem Genitale und Fälle mit Chromosomenanomalien (z. B . Mosaik mit Trisomie 13) sollten dem Syndrom nicht zugerechnet werden. Das Risiko für Geschwister sporadischer Merkmalsträger kann als gering angesehen werden, wobei bei familienanamnestischen Erhebungen auf Teilsymptome (Minderwuchs, Gesichtsform u. a.) zu achten ist.
SIPPLE-Syndrom s. Adenomatöse, hereditäre Sirenomelie, Symmelie, Sympodie Sireniforme Mißbildung unklarer Ätiologie und Pathogenese. Krankheitswert: Es handelt sich fast ausschließlich um Totgeburten oder um nicht lebensfähige Neugeborene. Sympodie verschiedenen Grades bis zur Monopodie bei unterschiedlich starker Beteiligung der Beckenknochen und der kaudalen Wirbelsäule sowie Defektbildungen der Weichteile bzw. der inneren Organe. Analatresie. Nierenagenesie, fließende Übergänge zum PoTTER-Syndrom I (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Unbekannt. 786
Häufigkeit und Vorkommen: Etwa 330 Fälle publiziert. Überwiegend sporadisch auftretend. Übererwartungsgemäß häufig bei eineiigen Zwillingen, wobei jedoch von 23 Zwillingsgeburten nur 2 konkordant waren. Genetik: Anhaltspunkte für Erblichkeit oder das Vorliegen primärer Chromosomenanomalien gibt es nicht. Chromosomen-Analysen von Zellen aus dem Mißbildungsbereich erbrachten strukturelle Anomalien, besonders Brüche, die aber wahrscheinlich sekundär entstanden sind. Auf Grund von Tierexperimenten werden intrauterine lokale Hypoxien als Ursachen für S. vermutet. Familienberatung: Ein Risiko für Geschwister und Verwandte von Merkmalsträgern besteht praktisch nicht. S J Ö G R E N - S y n d r o m
Bindegewebserkrankung unklarer Ätiologie. Es besteht offenbar eine nicht organspezifische Autoimmunität mit erhöhten Gamma-Globulin-Werten und nachweisbaren antinukleären und Rheumafaktoren. Pathogenetische und klinische Beziehungen zu anderen Autoimmunkrankheiten, besonders zum HASHIMOTO-Syndrom, lassen sich erkennen. Der Zusammenhang mit der allgemeinen Drüsen-Atrophie ist unklar. Krankheitswert: Erstmanifestation im Erwachsenen-, ganz selten im Kindesalter. Beschwerden durch allgemeine Trockenheit der Schleimhäute: Keratokonjunctivitis, Rhinitis, Pharyngitis, Bronchitis und Vaginitis sicca. Klinische Symptome einer Achylie. Xerostomie. Ichthyosiforme, ekzematische und pellagroide Hautveränderungen. Chronische Arteriitis. Rheumatische Polyarthritis. Bei einem Teil dei Fälle interstitielle Nephritis mit verschiedenen Nierenfunktionsstörungen. Therapiemöglichkeiten: Röntgenbestrahlung, Kortikosteroide sowie immunosuppressive Behandlung mit Zytostatika oder Antilymphozyten-Serum ohne befriedigenden Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Überwiegend sporadisch, nur wenige Geschwisterfälle beschrieben. Ausgeprägte Gynäkotropie. 50'
787
Genetik: Die wenigen familiären Fälle lassen auf nur geringe Beteiligung genetischer Faktoren am Zustandekommen des S. schließen. Siehe auch Autoimmunkrankheiten. Familienberatung: Mit einer großen Variabilität der Merkmalsausprägung und einem beträchtlichen Anteil di- und monosymptomatischer Formen kann gerechnet werden. Das Risiko für Verwandte eines Merkmalaträgers ist in Anbetracht des überwiegend sporadischen Vorkommens gering. S J ÖGREN-L ARSSON-Syndrom Erbliche neuroektodermale Dysplasie auf der Grundlage einer Genmutation. Das Krankheitsbild gehört zum Formenkreis der Neuroichthyosen. Wahrscheinlich handelt es sich primär um eine Enzymopathie (Lipidstoffwechselstörung?), deren Natur noch unklar ist. Siehe auch Run-Syndrom. Krankheitswert : Erstmanifestation des Leidens im ersten Lebensjahr. Ichthyosiforme Erythrodermie, später einsetzende neurologisch-psychiatrische Störungen mit Demyelinisierung- und Degenerationserscheinungen im Zentralnervensystem, spastische Diplegie oder Tetraplegie mit Muskelatrophie, Sprachdefekte. Retinitis pigmentosa. Debilität bis Idiotie. Minderwuchs. Gewöhnlich progredienter Verlauf. Lebenserwartung um etwa 50% herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung und spezielle Triglyzerid-Diät (ungesättigte Fettsäuren) aussichtsreich. Häufigkeit und Vorkommen: Endemisches Vorkommen in einer schwedischen Provinz mit einer Heterozygotenhäufigkeit von etwa 2%; alle diese Fälle auf eine einzige Mutation vor mehreren hundert Jahren zurückführbar. Daneben Einzelbeobachtungen in verschiedenen Völkern. Seit Abgrenzung des Syndroms 1957 über 120 Fälle publiziert. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Allelie mit dem RuD-Syndrom (s. d.)? Familienberatung: Differentialdiagnose zum RuD-Syndrom, REFSUM-Syndrom und anderen Formen der Ichthyosis notwendig. Über Heterozygoten788
nachweis nichts bekannt. Medizinische Betreuung und Prophylaxe in Anbetracht der Schwere des Krankheitsbildes in den betroffenen Familien wichtig.
Skelettreifung, akzelerierte s. MARSHALL-SMITH-Syndrom Sklerocornea Genetisch bedingte Differenzierungsstörung des vorderen Augenpols auf der Grundlage einer Genmutation. Die Grenze zwischen Sklera und Cornea ist verwischt. Dadurch kommt es zur peripheren Hornhauttrübung bzw. Mikrocornea. Seltener ist der gesamte Hornhautbereich betroffen. Krankheitswert: Angeboren. Herabgesetzte Sehschärfe und Refraktionsanomalien. Symptomatisch bei Cornea plana (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Keratoplastik mit in Abhängigkeit von der Schwere unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Sowohl Geschwisterschaften sowie auch Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Heterogen. Schwere Form autosomal rezessiv, prognostisch gutartige partielle Form autosomal dominant vererbt. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Hornhautdystrophien und -Leukomen notwendig. Von einer intrafamiliären Konstanz der Schwere der Erscheinungen kann ausgegangen werden.
Sklerose, familiäre, diffuse s. PELIZAEUS-MERZBACHERSyndrom Sklerose, multiple Polyätiologische, ihrer Natur nach unklare Erkrankung des Zentralnervensystems. 789
Familienberatung : Direkte genetische Ursachen konnten für die m. S. an H a n d von Zwillingsserien und auf Grund des sporadischen Vorkommens weitgehend ausgeschlossen werden. Trotzdem dürfte eine gewisse erbliche Disposition im Sinne einer Anfälligkeit gegenüber den bisher noch nicht völlig aufgeklärten, verursachenden Faktoren (Viren, slow virus, autoimmunologische bzw. allergische Prozesse usw.) vorliegen: Genetisch bedingte Anfälligkeit gegenüber einem spezifischen neurotropen Virus?, Lymphozytendefekt?, Komplement-Defekt? Stoffwechselstörung ungesättigter Fettsäuren? Hyperergische Reaktion auf Masernvirus? Das drückt sich in einem gegenüber der Normalbevölkerung etwas vermehrten Vorkommen von leichten neurologischen Anomalien und seniler Demenz unter den Verwandten von Patienten mit m. S. aus. Mit einer Exazerbation während der Schwangerschaft muß gerechnet werden. Das Risiko für Verwandte ersten Grades eines Merkmalsträgers ist empirisch auf das 5 — 20fache gegenüber der Normalbevölkerung erhöht.
Sklerose, multiple, diaphysäre s. ENGELMANN-Syndrom Sklerose, tuberöse s. Tuberöse Sklerose Skoliose, idiopathische Seitliche Verbiegung der Wirbelsäule unklarer Ätiologie und Pathogenese. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Es haben sich weder endokrine Ursachen noch Anomalien des Knorpelwachstums der Zwischenwirbelscheiben noch der Kollagenzusammensetzung der Wirbelligamente feststellen lassen. Möglicherweise ist die Elastizität der Zwischenwirbelscheiben infolge einer lokalen GlukosaminoglykanStoffwechselstörung verändert. Krankheitswert : Erstmanifestation im Kindesalter. Wirbelsäulenverkrümmung unterschiedlicher Schwere und Progredienz. Herabgesetzte Leistungsfähigkeit durch Sekundärerscheinungen wie Ateminsuffizienz usw. Schwere Skoliose t r i t t in 90% der Fälle symptomatisch, z. B. bei etwa 40 genetisch bedingten Syndromen auf. Therapiemöglichkeiten
:
Orthopädische Frühbehandlung mit unterschiedlich gutem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz der Skoliose allgemein unter Einbeziehung leichter Formen auf etwa 1: 20 geschätzt, davon 20% sporadische Fälle. Hohe 790
K o n k o r d a n z sowohl bei ein- als a u c h bei zweieiigen Zwillingen. G y n ä k o t r o p i e (etwa 9 : 1 ) . Genetik: Offensichtlich heterogen. D a s V o r k o m m e n von M e r k m a l s t r ä g e r n in m e h r e r e n aufeinanderfolgenden Generationen spricht in d e n einzelnen Sippen unterschiedlich f ü r autosomal d o m i n a n t e Vere r b u n g m i t unvollständiger P e n e t r a n z u n d Gynäkotropie, f ü r X-chromosomale oder polygene Vererbung. Familienberatung: Differentialdiagnose zu s y m p t o m a t i s c h e n (z. B. A t a x i e n , neurom u s k u l ä r e E r k r a n k u n g e n , PRADER-WiLLl-Syndrom, LARSEN-Synd r o m , Spondylocostaler Dysplasie, MABFAN-Syndrom, EHLERSDANLOS-Syndrom, s. d., u. a.) u n d exogen bedingten ( t r a u m a t i s c h , rachitisch, statisch) F o r m e n notwendig. Genaue f a m i l i e n a n a m n e stische E r h e b u n g e n f ü r die E r m i t t l u n g v o n Risikoziffern wichtig. Generell ist die Wahrscheinlichkeit einer Vererbung über F r a u e n größer als über Männer. Ständige Vorsorgeuntersuchungen v o n Risikokindern bzw. kindlichen V e r w a n d t e n von M e r k m a l s t r ä g e r n sowie Einleitung orthopädisch-gymnastischer M a ß n a h m e n ist anzuraten.
Skoliose s. a. Dysostose, spondylocostale SLY-Syndrom s. Mukopolysaccharidose Typ VII SMITH-LEMLI-OPITZ-Syndrom Genetisch bedingtes Mißbildungssyndrom auf noch unklarer genetischer Grundlage. Der d e n klinischen E r s c h e i n u n g e n zugrunde liegende Basisdefekt ist u n b e k a n n t . Krankheitswert: Angeborene Anomalien des Schädel- u n d E x t r e m i t ä t e n s k e l e t t s m i t Zahnstellungsanomalien u n d Mikrozephalie. Hypogenitalism u s u n d -gonadismus im m ä n n l i c h e n Geschlecht. Augenanomalien. Schwere geistige (Polymikrogyrie) u n d körperliche R e t a r d a t i o n , F e h l e n der Sprachentwicklung. T o d meistens innerhalb der ersten Lebensjahre. Teilweise Pylorusstenose, Zystenniere u n d Cholelithiasis. Therapiemöglichkeiten: K e i n e wirksame Therapie b e k a n n t . 791
Häufigheit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1964 mehr als 50 Fälle publiziert, vorwiegend Knaben, da offensichtlich im weiblichen Geschlecht schwerer diagnostizierbar. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang wird angenommen. Einige Autoren vermuten auch eine zugrunde liegende kryptische Chromosomenaberration. Nosologische und genetische Abgrenzung gegenüber dem Ullrich-FMCHTiNGEK-Syndrom (s. d.) noch unsicher. Familienberatung: Differentialdiagnose vor allem zum Fetalen Alkoholsyndrom (s. d.) und zu Trisomien des Chromosoms Nr. 13 (s. PÄTAtr-Syndrom) notwendig. Bei Auftreten des Syndroms muß vor weiteren Schwangerschaften der Mutter gewarnt werden.
SMITH-McCORT-Syndrom s. DYGGVE-MELCHIORCLAUSEN-Syndrom SOTOS-Syndrom s. Cerebraler Gigantismus Spaltfuß s. Spalthand Spalthand, mit oder ohne Spaltfaß Genetisch bedingte Mißbildung des distalen Extremitätenskeletts auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Mißbildungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Angeboren. Zwei Haupttypen: 1. Fehlen der Zentralstrahle; Ektrodaktylie (s. d.), Syndaktylie und Opponierbarkeit der restlichen Handhälften (Hummern-Klaue), entsprechend auch an Füßen vorkommend. 2. Fehlen der radialen Strahle mit Monodaktylie gewöhnlich nur des 4. und/oder 5. Strahles. Einzelne Extremitäten sehr unterschiedlich (auch intrafamiliär) betroffen. Verschiedene Abstufungen und Übergangsformen zwischen den Haupttypen vorkommend. In einigen Familien kombiniert mit Lippen-KieferGaumen-Spalte (s. d.), Taubheit (s. d.) sowie anderen Mißbildungen. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrektur gewöhnlich zwecklos. 792
Häufigkeit und Vorkommen: Inzidenz ca. 1 : 100000. Bis 1965 etwa 70 größere Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen sowie auch isolierte Geschwisterfälle aus Ehen gesunder, nicht verwandter Eltern beschrieben. Einseitige Sp. meist sporadisch. Genetik: Heterogen. Spalthand in Kombination mit Spaltfuß wie auch mit Taubheit wird autosomal dominant vererbt mit unvollständiger Penetranz, wobei die Söhne von Merkmalsträgern übererwartungsgemäß häufig (über 50%) ebenfalls Merkmalsträger sind. Spalthand mit nur gelegentlicher Spaltbildung des Fußes wird unregelmäßig dominant vererbt. Expressivität (unterschiedliche Beteiligung der Metakarpalia und -tarsalia) variabel. Zwischen beiden Typen bestehen genetische Beziehungen, indem sie gemeinsam in einer Familie bzw. bei einer Person auftreten können. Ungeklärt ist noch das häufige Vorkommen bei Geschwistern, deren Eltern normale Extremitäten haben. (Ausdruck variabler Expressivität?, Halbchromatidenmutation?, Gonadenmosaik?.) Familienberatung: Feststellung des Typs und des familienspezifischen Erbganges ist Voraussetzung, wobei möglichst viele Verwandte auf Mikrosymptome untersucht werden sollten. Mit mehreren Merkmalsträgern in einer Geschwisterschaft normaler Eltern muß trotz der dominanten Vererbung gerechnet werden. Sporadische Fälle, bei denen nur eine Extremität betroffen ist, und atypische Formen sind gewöhnlich nicht erblich, das Risiko für Geschwister und Nachkommen ist also sehr gering. Die Schwere und die Inzidenz der Mißbildungen wachsen in den betroffenen Familien mit dem Gebäralter der Mutter bzw. mit der Geburtenordnung.
Spalt-Larynx, Larynx-Spalte Angeborene Hemmungsmißbildung unklarer Ätiologie. Es besteht eine Spaltbildung, die nur den Ringknorpel betreffen, aber auch bis zur Trachea bzw. Carina reichen kann (persistierende Ösophagus-Trachea). Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Neugeborenenalter. Respirationsschwierigkeiten und Cyanose während der Nahrungsaufnahme mit lebensbedrohlichen Zuständen durch Aspiration. Stridor. Stimmabnormalitäten. Neigung zu Pneumonien. Häufig bestehen noch weitere Mißbildungen. S. a. Ösophagus-Atresie. 793
Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrekturen möglich, Erfolg von der Größe des Spaltes, den Begleitmißbildungen und Komplikationen abhängig. Ernährung vor der Operation durch Gastrostomie. Tracheotomie in Notsituationen. Häufigkeit und Vorkommen: Bis 1975 38 Fälle beschrieben, wahrscheinlich häufig nicht diagnostiziert. Überwiegend sporadisch. Eine Sippe mit 6 Merkmalsträgern in zwei Geschwisterschaften beschrieben. Genetik: Autosomal rezessive Vererbung wird angenommen. Familienberatung: Differentialdiagnose röntgenologisch oder chirurgisch zur Choanalatresie (Nasen-Katheter) und zur Tracheo-Ösophagus-Fistel (s. d.) notwendig. In Familien mit einem oder mehreren Merkmalsträgern sollten bei Geburten Möglichkeiten zu einem chirurgischen Eingriff vorhanden sein. Spastische Paraplegie s. Spinalparalysen, spastische Spätrachitis, Vitamin-D-resistente s. Hypophosphatämische familiäre R a c h i t i s Sphärophakie-Brachymorphie-Syndrom s. W E I L L MARCHESANI-Syndrom Sphärozytose, M I N K O W S K I - C H A U F F A R D - G Ä N S S L E N S y n d r o m , familiärer hämolytischer I k t e r u s Erbliche Anämie auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer Anomalie der Erythrozyten, die vor allem in einer herabgesetzten osmotischen Resistenz besteht. Als Basisdefekt wird eine Membrananomalie (Defekt der Membranpioteine oder -lipide?, der membrangebundenen Proteinase oder des Kalziumtransportes?) diskutiert. Es wird ungenügend ATP gebildet, so daß die intrazelluläre K-Konzentration nicht aufrechterhalten werden kann, wodurch es zur Hämolyse kommt. Mangel an Phosphofruktokinase, Enolase und Transketolase läßt sich nachweisen. Die kugelförmigen Sphärozyten haben eine herabgesetzte Überlebenszeit und werden vorzeitig in der Milz abgebaut. 794
Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter, häufig bereits im ersten Lebensjahr. Anämie mit hämolytischen Krisen, Ikterus, Splenomegalie und Hämochromatose. Neigung zu Infekten. Häufig Anomalien des Schädel- und Extremitätenskeletts, Zahnstellungs- u n d Augenanomalien, Schwerhörigkeit. Lebenserwartung u n d effektive Fruchtbarkeit nicht herabgesetzt. Therapiemöglichkeiten : Milzexstirpation vom zweiten bis f ü n f t e n Lebensjahr an mit gutem Erfolg. Bluttransfusionen während aplastischer Krisen, weiterhin Vitamin-B 1 2 -Gaben in hohen Dosen und Vermeidung von StreßSituationen erfolgreich. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz etwa 1 : 5000 bis 1 : 20000, ca. 1 / i der Fälle sporadisch. Mutationsrate wird mit 2,2 x 10~ 5 /Locus/Generation angegeben. Sippen mit Merkmalsträgern in bis zu 6 Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit herabgesetzter und stark variabler Expressivität.
Penetranz
Familienberatung: Nachweis u n d Differentialdiagnose zu anderen hämolytischen Anämien sowie Hämoglobinopathien und Ikterusformen an H a n d des Blutbildes, der verminderten osmotischen Resistenz der Erythrozyten u n d der Vermehrung des direkten Bilirubins im Blut. Auf Grund der unterschiedlichen Expressivität ist mit klinisch erscheinungsfreien Merkmalsträgern in der Aszendenz von Patienten zu rechnen. Homozygotie wirkt wahrscheinlich letal.
Sphingomyelinlipidose s. NIEMANN-PICK-Syndrom SPIEGLER-BROOKEsche Tumoren s. Epithelioma adenoides cysticum SPIEGLERsche Tumoren s. Epithelioma adenoides cysticum SPIELMEYER-VOGT-Syndrom s. Ceroid-Lipofuszinose 795
Spina bifida Embryonale Hemmungsmißbildung des Neurairohres unklarer Ätiologie. Der Defekt entsteht zu Beginn des zweiten Embryonalmonats durch unvollständigen Schluß des Neurairohres. Die Pathogenese ist unbekannt (Störung durch Trophoblast-Material eines Zwillings oder eines vorausgegangenen Aborts?). Krankheitswert: Angeborene Spaltwirbel. Sehr unterschiedlich schwere Formen von der klinisch teilweise unauffälligen Sp. b. occulta über Sp. b. cystica (Meningomyelocele) bis zur letalen Sp. b. aperta (Rhachischisis). Lebenserwartung in den letzten Jahren durch verbesserten Infektionsschutz gestiegen, nahezu 5 0 % der Kinder (abgesehen von Sp. b. occulta) überleben das erste Lebensjahr. Teilweise kombiniert mit Anenzephalie (s. d.), ARNOLD-CHIARI-Mißbildung bzw. Hydrozephalus (s. d.). Häufig neurologische Ausfallserscheinungen, Lähmungen sowie Störungen im Bereich des Urogenitaltraktes und des Darmes mit entsprechenden Sekundärerscheinungen. Herabgesetzte effektive Fruchtbarkeit. Therapiemöglichkeiten: Symptomatische orthopädische Behandlung, Teilweise operative Korrektur notwendig.
Infektionsschutz.
Häufigkeit und Vorkommen: Inzidenz regional (ethnisch) und zeitlich sehr unterschiedlich, durchschnittlich etwa 1 : 1000. In Europa relativ häufig in Irland, selten in Süd-Frankreich. Selten außerdem bei J u d e n und Afrikanern. Gynäkotropie. In betroffenen Familien fällt eine Häufung von Aborten auf. Genetik: Beteiligung genetischer Faktoren unklar. Polygen bedingte Disposition unter starker Einwirkung anderer Einflüsse (jahreszeitliche bzw. sozialökonomische Unterschiede in der Inzidenz lassen z. B. auf vorausgegangene Fehlernährung der Mutter schließen) wird vermutet. Diskordanz bei eineiigen Zwillingen sowie eine niedrige Konsanguinitätsrate widersprechen einfach autosomal rezessivem Erbgang. Cytoplasmatische Vererbung nicht ausgeschlossen. Es bestehen Beziehungen zur Anenzephalie, indem beide Mißbildungen häufig gemeinsam in einer Geschwisterschaft auftreten. Familienberatung: Die Wahrscheinlichkeit f ü r Wiederholungsfälle in Geschwisterschaften wird empirisch mit durchschnittlich 5 % angegeben, wenn ein Merkmalsträger existiert, bei zwei Merkmalsträgern mit 10%. 796
Das Risiko erhöht sich, wenn die Mutter bereits Spontanaborte, Totgeburten oder Kinder mit Anenzephalie oder Hydrozephalus hatte bzw. wenn es sich um männliche Merkmalsträger gehandelt hat. Es vermindert sich mit der Zahl der Normalgeburten. Sorgfältige Beobachtung entsprechender Mütter während der Schwangerschaft notwendig: Frühes Hydramnion läßt auf Neuralrohrdefekt der Frucht schließen. Pränatale Diagnostik vor der 20. Schwangerschaftswoche mit Hilfe der a-Fetoproteinbestimmung im Fruchtwasser und Screening durch semiquantitative a-Fetoproteinbestimmung aus dem Blut Schwangerer möglich. Die Inzidenz zeigt offensichtlich eine Abhängigkeit von der Geburtenordnung, relativ am wenigsten sind Kinder aus der zweiten bis vierten Schwangerschaft betroffen, wobei eine Abhängigkeit vom Gebäralter der Mutter nicht besteht. Bei familienprognostischen Erhebungen muß auf Mikrosymptome (Sp. b. occulta) bei klinisch normalen Verwandten geachtet werden.
Spinalparalysen, spastische; Spastische Paraplegie; ERB-CHARCOT-Syndrom, v. STRÜMPELL-LORRAINSyndrom, ERB-CHARCOT-v. STRÜMPELL-Syndrom Gruppe genetisch bedingter spastischer Spinalparalysen auf der Grundlage jeweils einer Genmutation. Es besteht eine vom Lumbaimark ausgehende Degeneration der Pyramidenbahn, die auf andere Stränge übergreifen kann. Ein Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen unterschiedlich, von den ersten Lebensjahren bis ins Alter möglich. Leichte Ermüdbarkeit und schließlich Spastik der unteren Extremitäten führen zu Gehbeschwerden und später z. T. zu Gehunfähigkeit. Sekundär Beugekontrakturen. Obere Extremitäten gelegentlich beteiligt. Reflexanomalien. Fakultativ andere neurologische Symptome und epileptische Anfälle. Sehr langsam progredient oder stationär. Lebenserwartung kaum herabgesetzt, z. T. Frühinvalidität. Therapiemöglichkeiten: Medikamentöse, orthopädische und physiotherapeutische Behandlung mit unterschiedlichem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Weltweit verbreitet. Über 80 Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen und mindestens ebenso viele Geschwisterschaften beschrieben. Geringe Androtropie. Genetik: Autosomal dominanter, rezessiver oder X-chromosomaler Erbgang. Den verschiedenen interfamiliär hinsichtlich des Erstmanifesta797
tionsalters und der Begleitsymptomatik stark variierenden, intrafamiliär aber relativ konstanten klinischen Typen liegt offensichtlich Heterogenie bzw. multiple Allelie zugrunde. Bestehen klinische Zeichen einer Degeneration lediglich der Pyramidenbahn bei relativ leichter Symptomatik, liegt meist autosomal dominante Vererbung, teilweise mit unvollständiger Begrenzung der Manifestation auf das männliche Geschlecht, vor. Innerhalb der rezessiv vererbten S. lassen sich ein infantiler, ein juveniler und ein seltener adulter Typ erkennen. Der Verlauf ist dabei generell weniger protrahiert, wobei intrafamiliär relativ konstant Begleitsymptome wie Retinadegeneration, Schwachsinn u. a. auftreten können. Ein X-chromosomaler Erbgang hat sich nur bei ganz wenigen differentialdiagnostisch eindeutigen Sippen sichern lassen. Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen Syndromen mit S. oft schwierig: Leukodystrophie, zerebrale Diplegien, LESCH-NYHAsr-Syndrom, PELIZAEUS-MERZBACHER-Syndrom, Amyotropische Lateralsklerose u. a. Genaue familienanamnestische Peststellung des vorliegenden Erbganges wichtig. Bei Manifestation im frühen Kindesalter Verdacht auf autosomal rezessive Form. Bei sporadischen Fällen müssen exogene Ursachen, wie Tumoren, Myelitis und andere Rükkenmarkerkrankungen ausgeschlossen werden. Von einer relativen intrafamiliären Konstanz der Symptomatik und des Erstmanifestationsalters (besonders in Geschwisterschaften) kann ausgegangen werden. Die Beratung muß sich nach dem klinischen Typ richten. Berufsberatung im Hinblick auf eine zu erwartende Gehunfähigkeit wichtig.
Spino-cerebellare Ataxie mit Ophthalmoplegie Heredoataxie auf der Grundlage einer Genmutation. Der den klinischen Erscheinungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Dem FitiEDEEiCH-Syndrom (s. d.) entsprechende Ataxie kombiniert mit Ophthalmoplegie unterschiedlichen Typs, Manifestationsalters und Verlaufs. In einzelnen Familien unterschiedliche weitere Symptome: Epilepsie, PARKiNsoirismus, Optikusatrophie. Therapiemöglichkeiten: S. F R i E D R E i C H - S y n d r o m .
Häufigkeit und Vorkommen: Bisher nur wenige, hinsichtlich der Augenerscheinungen differierende Geschwisterschaften beschrieben. 798
Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Die genetische Grundlage für die Kombination des rezessiv vererbten FRIEDREICH-Syndroms mit der Ophthalmoplegie ist unklar (Allelie?, Blockmutation?). S. a. Ataxien. Familienberatung
:
S. FMEDRjiiCH-Syndrom.
Spino-cerebellare Ataxie s. a. Ataxien Spondylitis ankylopoetica, v. BECHTEREW-
v. STRÜMPELL-MARIE-Syndrom
Chronische Entzündung und Verkrümmung der Wirbelsäule auf noch nicht genau bekannter genetischer Grundlage. Der den Veränderungen zugrunde liegende Basisdefekt (rheumatisch?) ist unbekannt. Es besteht eine Assoziation mit dem Histokompatibilitäts-Antiegen HLA-B 27: 9 2 % der Patienten (bei Negern 48%) sind HLA-B 27-positiv (Durchschnittsbevölkerung 4%), wobei 0,8 — 1,7% aller Personen mit HLA-B 27 eine S . a . aufweisen. Krankheitswert : Erstmanifestation vom 2. Lebensjahrzehnt an. Fortschreitende Wirbelsäulenversteifung mit starker Kyphose des Brustbereiches. Neuralgien. Teilweise Beteiligung der Schulter- und Hüftgelenke. Erschwerte Atmung. Häufig chronische Iridozyklitis. Starke Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und des Allgemeinbefindens. Heterogenes Krankheitsbild. Im weiblichen Geschlecht leichtere Erscheinungen. Therapiemöglichkeiten : Symptomatisch-konservative orthopädische und medikamentöse Behandlung sowie östrogengaben mit mäßigem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Starke Androtropie. Frequenz unter Erwachsenen ca. 1 : 2 0 0 0 . Häufig familiär. Genetik: Autosomal dominante Vererbung einer Disposition wird angenommen, wobei entzündliche Vorgänge offenbar auslösend wirken. Die geringe Penetranz (10% für Frauen, 70% für Männer) spricht jedoch in vielen Sippen eher für Polygenie, wobei der HLA-B-Locus eine Rolle spielen dürfte. 799
Familienberatung
:
Röntgenologische Frühdiagnose an Hand von Veränderungen der Wirbelkörper mit Rückenschmerzen vor klinischer Manifestation möglich. Prognostische Voraussagen bei klinisch gesunden Verwandten von Merkmalsträgern an Hand der H L A - B 27-Assoziation: Das Risiko für HLA-B 27-negative Personen ist gering, bei H L A - B 27-Antigenität um das 90fache erhöht. Orthopädischprophylaktische Maßnahmen wichtig. Erbprognostische Erhebungen haben in Abhängigkeit von familienanamnestischen Daten meistens von einem autosomal-dominanten Erbgang auszugehen, wobei das Erkrankungsrisiko für Verwandte weiblicher Merkmalsträger wesentlich höher ist ( 5 0 % für Verwandte ersten Grades) als männlicher. Bei Verwandten 1. Grades läßt sich in 1 0 % der Fälle eine asymptomatische Sakroilitis nachweisen. Von einer intrafamiliären Konstanz des Erstmanifestationsalters kann ausgegangen werden. S p o n d y l o c o s t a l Dysplasie s. D y s o s t o s e , s p o n d y l o c o s t a l Spondylo-epi-metaphysäre Dysplasie mit Myotonie s. S C H W A R T Z - J A M P E L - S y n d r o m Spondylo-epiphysäre Dysplasie Typ R I B B I N G - F A I R B A N K s. D y s p l a s i a epiphysialis m u l t i p l e x Spondylo-metaphysäre Dysplasie s. D y s p l a s i a spondylometaphysaria ( K O Z L O W S K I ) S p o n d y l o t h o r a c a l Dysplasie s. D y s o s t o s e , s p o n d y l o c o s t a l e Spongiöse Degeneration des Zentralnervensystems (VAN B O G A E R T - B E R T R A N D ) , CANAVAN-Syndrom Genetisch bedingte Degeneration der Hirnsubstanz auf der Grundlage einer Genmutation. Der der spongiformen Degeneration zugrunde liegende Basisdefekt (Stoffwechselstörung?) ist unbekannt. Krankheitswert: Erstmanifestation klinischer Erscheinungen etwa ab sechstem Lebensmonat nach bis dahin normaler Entwicklung. Stillstand der psychischen und motorischen Entwicklung. Allgemeine Hypo800
tonie, in zunehmende Spastizität übergehend. Tonisch-klonische Krämpfe. Progrediente, neurologische Ausfallserscheinungen, Optikus-Atrophie, Verlust der Hörfähigkeit. Relativ großer Kopf. Nystagmus. Tod gewöhnlich innerhalb der ersten Lebensjahre an zentraler Atemlähmung. Überleben bis ins spätere Kindesalter selten. Therapiemöglichkeiten:
Unbekannt. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Endgültige Abgrenzung 1 9 6 7 durch V A N B O G A E R T und B E R T R A N D . Ca. 100 Fälle bekannt, vorwiegend europäischer, arabischer bzw. ostjüdischer Herkunft. Sporadische oder Geschwisterfälle. Hohe Konsanguinitätsrate der Eltern. Genetik:
Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung:
Diagnose intra vitam an Hand des relativ einförmigen klinischen Bildes, Nachweis nur durch Hirnbiopsie möglich, wobei die spongiforme Degeneration auch unspezifischer Ausdruck einer anderen Grundkrankheit sein kann. Biochemische Differentialdiagnose zu den Gangliosidosen, Adrenoleukodystrophie und Leukodystrophien (s. d.) wichtig. I n Anbetracht der schlechten Prognose ist den Eltern bei Auftreten eines Merkmalsträgers von weiteren Schwangerschaften abzuraten.
SPRANGER-WIEDEMANN-Syndrom s. Dysplasia spondyloepiphysaria congenita SPRENGELsche Deformität s. Schulterblatthochstand STARGARDT-Syndrom, Makula-Degeneration, juvenile, familiäre Genetisch bedingte tapetoretinale Degeneration im Bereich der Macula lutea auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Netzhautveränderungen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert:
Erstmanifestation klinischer Erscheinungen im Kindesalter (8 bis 15 J.). Ausfall der zentralen Sehschärfe, Zentral-Skotome. Farb51 Witkowski/Prokop
801
Sehstorungen. Außerdem Symptome einer Öptikus-Atrophie. Progredient zur Erblindung führend. Häufig Oligophrenie. Teilweise mit Symptomen einer spinocerebellaren Ataxie. Therapiemöglichkeiten : Keine wirksame Therapie bekannt. Häufigkeit
und
Sehr selten. fällen.
Vorkommen: Überwiegend
in
sporadischen
oder
Geschwister-
Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. In einzelnen Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren Generationen St.-S. differentialdiagnostisch nicht sicher. Kann kombiniert mit Fundus flavimaculatus (s. d.) vorkommen, genetische Beziehungen unklar (eng gekoppelte Gene? Identität?). Familienberatung: Differentialdiagnose zur Retinitis pigmentosa und zu anderen Typen der Makuladegeneration wichtig. Typische Augenhintergrundveränderungen (gelbliche Infiltrate, weißliche Flecken, unregelmäßige Pigmentierung) schon vom frühen Kindesalter an, lange vor Einsetzen klinischer Erscheinungen funduskopisch, fluoreszenzangio- und elektroretinografisch erkennbar. Nach dem gleichen Prinzip eventuell auch Heterozygote nachweisbar. Für erbprognostische Erhebungen müssen auch normalsichtige Familienangehörige untersucht werden.
Status degenerativus Amstelodamensis s. CORNELIAde-LANGE-Syndrom Status marmoratus s. VOGT-Syndrom Steatocytoma multiplex Genetisch bedingte Hautzysten auf der Grundlage einer Genmutation. Der der Zystenbildung zugrunde liegende Basisdefekt sowie die Pathogenese sind noch unklar. Krankheitswert: Erstmanifestation im Kindesalter. Multiple (100—2000) kleine, mit Lipiden gefüllte Zysten in der Haut des Stammes, der Extremi802
täten, der Axillen, seltener des behaarten Kopfes, der Handinnenflächen und der Fußsohlen. Lediglich kosmetisch störend. Gutartig. Therapiemöglichkeiten: Eventuell chirurgische Entfernung einzelner störender Zysten. Häufigkeit und Vorkommen: Selten. Neben sporadischen Fällen Sippen mit Merkmalsträgern in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Charakteristische Kombination mit Pachyonychia congenita (s. d.) ebenfalls autosomal dominant vererbt. Familienberatung: Letalität bei Homozygotie wird auf Grund von Todesfällen bei Kindern von zwei Merkmalsträgern vermutet. Davon abgesehen bestehen keine familienberaterischen Bedenken.
STEINERT-Syndrom s. Dystrophia myotonica STEIN-LEVENTHAL-Syndrom Endokrinopathie unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese. Es besteht eine Störung des Reglerkreises zwischen Hypothalamus und Ovar unterschiedlichen Charakters. Krankheitswert: Oligo- bis sekundäre Amenorrhoe bzw. anovulatorische Blutungen und Sterilität. Hirsutismus. Hyposexualität. Unterschiedliche somatische Symptome des ULLRiCH-TuRNER-Syndroms. Therapiemöglichkeiten: Behandlung mit Hormonen (Gonadotropine, Clomiphen) oder Keilexzisionen der Ovarien können zu vorübergehender Menses und zur Fertilität führen. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz bei Frauen etwa 1 : 100. Teilweise nicht diagnostiziert. Familiarität selten beschrieben. Genetik: Heterogen. J e nach Genese der hypothalamisch-ovariellen Regulationsstörung existieren offenbar ätiologisch unterschiedliche Typen: 51'
803
mit und ohne Beteiligung der Nebenniere, Synthesestörung einzelner Hormone durch Enzymmangel usw. Davon abhängig und nach der Art des familiären Vorkommens in den einzelnen Sippen kann man bei einigen Fällen auf autosomal dominante oder rezessive Vererbung schließen. Familienberatung : Differentialdiagnose zu anderen Formen des Hyposexualismus bzw. der Virilisierung endokrinologisch oder laparoskopisch (polyzystische Ovarien). Bei Verwandten von Merkmalsträgern lassen sich gelegentlich Mikro- oder Teilsymptome feststellen: Oligomenorrhoe, Hirsutismus. Genaue Familienanamnese und Untersuchung auch äußerlich normaler Verwandter von Merkmalsträgern zur Ermittlung des Erbganges notwendig.
Sterilität Heterogene, polyätiologische Gruppe von Defekten, die bei der Frau und/oder beim Mann zur Unfruchtbarkeit führen. Krankheitswert: Isoliert oder in Kombination mit anderen Defekten bestehende Unfruchtbarkeit. Abgesehen von der meistens unerwünschten Kinderlosigkeit werden die Beeinträchtigungen durch vielfältige Begleiterscheinungen bestimmt. Therapiemöglichkeiten: J e nach Ursache der Unfruchtbarkeit sehr Maßnahmen mit unterschiedlichem Erfolg.
verschiedenartige
Häufigkeit und Vorkommen: Trotz körperlich scheinbar gesunder Partner bleiben mindestens 10% aller Ehen in Mitteleuropa kinderlos. Ca. 50% davon sind durch Sterilität oder Infertilität (Zeugungsfähigkeit vorhanden, es kommt jedoch nicht zu einer normal entwicklungsfähigen Frucht) des Mannes bedingt. 5—10% der männlichen Sterilitätsfälle lassen sich durch sichtbare Chromosomenanomalien und 10% durch mono- oder polygene Erkrankungen erklären. Genetik: Beteiligung genetischer Faktoren je nach Ätiologie unterschiedlich: a) Exogen bedingt durch Infektionen (Gonorrhoe, Tbc., Parotitis epid., Mycoplasma u. a.), Traumen (Sport usw.), Operationen, Medikamente, Intoxikationen (Alkohol, Nikotin usw.) .Narben, Infiltrate, Verschlußaspermien usw. b) Allergisch durch offenbar erworbene „Spermafeindschaft" der Frau. 804
c) Bei gonosomalen Chromosomenanomalien, s. K L I N E F E L T E R Syndrom, ÜLLRICH-TURNER-Syndrom, Gonadendysgenesie usw. oder durch frühembryonales Absterben der Frucht infolge autosomaler Defekte (Infertilität). Letztere können familiär auftreten (s. Trisomien; Deletions-Syndrome; Aborte). d) Symptomatisch bei Systemerkrankungen und monogen vererbten Syndromen. Familienberatung: Die Beratung richtet sich nach der jeweils vorliegenden Ursache der St. und nach der Diagnose des Gynäkologen bzw. Andrologen. Eventuell donogene Insemination hilfreich (s. Einleitung). I n aussichtslosen Fällen ist Adoption anzuraten. Steroidhormon-Synthese, Störungen der 1. 2 0 , 2 1 - D e s m o l a s e 2. 3-jS-HydroxysteroidDehydrogenase 3. 21-Hydroxylase 4. 11-Hydroxylase 5. 1 8 - H y d r o x y l a s e 6. 18-Dehydrogenase 7. 2-CorticosteronMethyloxidase 8. 1 7 « - R e d u k t a s e 9. 17(%-Hydroxylase 1 10. A 4 -5oc-Reduktase
s. Adrenogenitale Syndrome
s. Hypoaldosteronismus s. Testikuläre Feminisierung ^ , , , S" P s e u d o h e r m a p h r o d i t i s m s
Steroidsulfatase-Mangel der P l a z e n t a Genetisch bedingter Enzymdefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer verminderten Aktivität der 3/7-OH-Steroidsulfatasen in der Plazenta und anderen Geweben (Chorionzotten, Amnion). Dadurch ist der Östriol-Spiegel in Plasma und Urin der Schwangeren erniedrigt. Die Schwierigkeiten beim Geburtsvorgang lassen sich davon ableiten. Krankheitswert: Verzögert einsetzende und schwache Wehentätigkeit. Kindern später Ichthyose (s. Ichthyosis vulgaris).
Bei
den
Therapiemöglichkeiten: Den Geburtsvorgang unterstützende bzw. einleitende Maßnahmen ausreichend. 805
Häufigkeit und Vorkommen: Nur bei Knabengeburten. Mehrere Geschwisterschaften beschrieben. Genetik: X-chromosomal vererbt. Beziehungen zur Ichthyosis vulgaris (s. d.) Familienberatung : Besondere Vorkehrungen bei schwangeren Konduktorinnen für die Geburt notwendig. STICKLER-Syndrom s. MARSHALL-Syndrom STILLING-TÜRK-DUANE-Syndrom, DUANE-Syndrom Genetisch bedingte Augenmuskellähmung auf der Grundlage einer Genmutation. Es besteht eine Funktionsstörung der seitlichen geraden Augenmuskeln, für die ein Basisdefekt unbekannt ist. Krankheitswert: Angeboren. Strabismus infolge meist völlig fehlender Abduktionsund verminderter Adduktionsfähigkeit des Auges. Erweiterung der Lidspalte bei Abduktions- und Verengung mit Bulbusretraktion bei Adduktionsversuchen. Häufig noch weitere Mißbildungen des Auges, sowie Korrelation zum Klippel- FEIL-Syndrom (s. d.) und zur angeborenen Taubheit (s. WlLDERVANCK-Syndrom). Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Korrektur mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Gynäkotropie (etwa 65% der Fälle sind 29). Der Anteil an allen Strabismusfällen liegt bei ca. 1%. Mehrere hundert Fälle publiziert, 10% familiär, darunter Sippen mit Merkmalsträgern in bis zu vier aufeinanderfolgenden Generationen. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang mit unvollständiger und geschlechtsabhängiger Penetranz. Weibliche Merkmalsträger haben mehr betroffene Kinder als männliche. Offensichtlich heterogen, auch teratogen bedingt (Thalidomidembryopathie usw.) und von der Wirkung exogener Faktoren beeinflußt. Über Korrelation zu KLIPPEL-FEIL-Syndrom und Taubheit s. a. Wilder VANCK-Syndrom. 806
Familienberatung : Von der Schwere der Begleitmißbildung und von der geschlechtsabhängigen Penetranz muß ausgegangen werden.
STILL-Syndrom s. Polyarthritis, primär-chronische STOCK-SPIELMEYER-VOGT-Syndrom s. CeroidLipofuszinose Stomatozytose Heterogene Gruppe hämolytischer Anämien, jeweils auf der Grundlage einer Genmutation. Den Stomatozytosen liegen verschiedene Membrandefekte der Erythrozyten zugrunde. Es kommt zu Permeabilitätsveränderungen und Elastizitätsverlust, Funktionsanomalien der Kationenpumpe, Erhöhung der Na+-Konzentration in den Erythrozyten und schließlich zu deren verminderter Überlebenszeit. Krankheitswert : Chronische hämolytische Anämie unterschiedlicher Schwere, teilweise bereits im Säuglingsalter. Splenomegalie. Therapiemöglichkeiten
:
Austauschtransfusionen im Neugeborenenalter. Später Bluttransfusionen und Splenektomie mit unbefriedigendem Erfolg. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Seit Erstbeschreibung 1961 zahlreiche, meist familiäre Fälle beschrieben. Genetik: Heterogen. Jeweils autosomal dominanter Erbgang. Bei Heterozygoten teilweise nur leichte, subklinische Anämie. Familienberatung: Diagnose und Differentialdiagnose an H a n d der typischen ovalen, selten elliptischen Erythrozyten mit zentraler, spaltförmiger Aufhellung (Stomatozyten). Von einer intrafamiliären Konstanz der Schwere der Erscheinungen kann ausgegangen werden. Homozygotie (Verwandtenehe) sollte vermieden werden.
807
Strabismus Pathogenetisch und klinisch heterogene Gruppe von Koordinationsstörungen der Augen, vorwiegend auf polyfaktorieller Grundlage. Meistens besteht ein Strabismus concomitans (Begleitschielen), der auf einer Störung des binokularen Sehens und/oder der Augenbewegung beruht. Seltener liegt ein Lähmungsschielen durch Funktionseinschränkung der Augenmuskeln infolge Lähmung oder Fehlinnervation vor (s. a. STiixiNG-TÜBK-DuANE-Syndrom). Krankheitswert: Transitorisch infolge der noch unentwickelten binokulären Sehfähigkeit häufig in den ersten Lebensmonaten. Nachweisbar erst nach dem ersten Lebensjahr. Bei 50% der Fälle bestehen noch andere Augenfehler. Ohne rechtzeitige Behandlung zur Amblyopie führend. Außerdem kosmetische Beeinträchtigung. Therapiemöglichkeiten: Rechtzeitige pleoptische bzw. orthoptische Maßnahmen, eventuell auch chirurgische Korrekturen im Hinblick auf die kosmetische Wirkung und die Prophylaxe der Schielschwachsichtigkeit mit meist gutem Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: Frequenz etwa 1,5—2,5%, unter Schulkindern 3,5—4%. In Anbetracht der Therapieerfolge kann auf eine noch höhere Inzidenz geschlossen werden. Genetik: Heterogen. Die Art des familiären Vorkommens und eine hohe Konkordanzrate bei eineiigen Zwillingen gegenüber zweieiigen sprechen für polygene Vererbung im Sinne einer erblichen Disposition unter Beteiligung von peri- und postnatalen Umweltfaktoren. Abnormales binokulares Sehen, Amblyopie und Refraktionsanomalien können unabhängig vom Str. vererbt werden. Familienberatung : Im Hinblick auf eine erfolgreiche Therapie systematische Früherfassung, vor allem von Kindern betroffener Familien, wichtig. Nachweis im frühen Kindesalter an Hand von Hornhautreflexbildern. Für Verwandte ersten Grades eines Merkmalsträgers mit Str. convergens wird das Risiko mit 1 : 7 angegeben. Sind beide Eltern, zwei Geschwister oder ein Elternteil und ein Kind betroffen, steigt das empirische Risiko für weitere Kinder auf 1 : 2 . Für den Str. divergens liegen die entsprechenden Risikoziffern etwas niedriger: 1 : 10 bzw. 1 : 4. Für familienprognostische Erhebungen Differentialdiagnose zum Lähmungsschielen wichtig. 808
STRASBURGER-HAWKINS-ELDRIDGE-Syndrom s. Symphalangie v. STRÜMPELL-LORRAIN-Syndroin s. Spinalparalysen, spastische Struma lymphomatosa s. HASHIMOTO-Syndrom STUART-PROWER-Defekt s. Faktor-X-Mangel STURGE-WEBER-Syndrom Phakomatose unklarer Ätiologie. Bs bestehen angiomatöse Veränderungen und Mißbildungen vor allem im Gesicht und im Gehirn (mit Beteiligung der Chorioidea und der Meningen), woraus sich die klinische Symptomatik erklären läßt. Basisdefekt und Pathogenese sind weitgehend unbekannt. Krankheitswert: Angeboren. Nävus flammeus, einseitig, vor allem im Trigeminusbereich. Verschiedene Augenmißbildungen mit Glaukom. Epileptiforme Anfälle und andere zentralnervöse Erscheinungen. Hemiparesen. Meistens Schwachsinn. Progredienter Verlauf, herabgesetzte Lebenserwartung. Zum Teil mono- und disymptomatische Formen. Korrelation zum KxiPPEL-TRENAUNAY-Syndrom (s. d.). Therapiemöglichkeiten: Symptomatische Behandlung der Angiome, des Glaukoms und der Anfälle. Eventuell Röntgentherapie, chirurgische Korrekturen (z. T. Exzisionen an den Hirnhäuten); im ganzen unbefriedigend. Häufigkeit
und
Vorkommen:
Von allen größeren Rassen beschrieben. In Europa Inzidenz etwa 1 : 5000. Genetik: Familiarität des Vollbildes des Syndroms bisher noch nicht beschrieben. Vermutungen einer spezifischen Chromosomenanomalie beim St.-W.-S. haben sich bisher nicht bestätigt. Familienberatung: Bei erbprognostischen Erhebungen ist besonders auf mono- und disymptomatische Merkmalsträger sowie auf Mikrosymptome bei 809
klinisch gesunden Sippenmitgliedern zu achten. Das Risiko f ü r Verwandte eines Merkmalsträgers k a n n als gering eingeschätzt werden.
Subaortenstenose s. Kardiomyopathie, familiäre, idiopathische Succinylcholin-Überempfindlichkeit (Pseudo-) Cholinesterase-Mangel Genetisch bedingte, pharmakogenetisch bedeutsame E n z y m d e f e k t e auf der Grundlage von P u n k t m u t a t i o n e n . Die Gendefekte manifestieren sich in einer Verminderung der Serum-Cholinesterase-Aktivität. Normalerweise bestehen keinerlei klinische oder nur ganz geringe myopathische Symptome. Bei der Aplikation von Succinylcholin unterbleibt jedoch dessen sofortige Hydrolyse. Aus der resultierenden protrahierten Wirkung des P h a r m a k o n s erklären sich die schweren Komplikationen. Siehe auch Hyperpyrexie-Syndrom, malignes. Krankheitswert: Schwere Zwischenfälle bei chirurgischer Anwendung des Muskelrelaxans Succinylcholin. Verlängerung des normalerweise n u r 2 — 3 min dauernden Atemstillstandes. Muskellähmung (erschwerte Intubation), Tachykardie mit Herzstillstand, Myoglobinurie und -ämie (Cyanose). Lebensbedrohliche Zustände, die vor allem im Kindesalter in etwa 2 0 % der Fälle letal ausgehen. Therapiemöglichkeiten: Prophylaxe wichtig. Vermeidung von Succinylcholin bei entsprechenden Merkmalsträgern oder vorherige Transfusionen. Bei bereits bestehender Komplikation sofortige Diagnose. Abbruch der Anästhesie und Blut- bzw. Plasma-Transfusionen sowie andere unterstützende Maßnahmen aussichtsreich. Häufigkeit
und Vorkommen,
Genetik:
Multiple Allelie. Mindestens fünf Allele sind bekannt, weitere werden vermutet. Ein zweiter Genort (Ch 2 , E 2 ) determiniert eine elektrophoretische Variante mit um etwa 30% erhöhter Aktivität. Genotypen, deren Frequenz und phänotypische Manifestation s. Tabelle 1 8 ( H A R R I S sowie L E H M A N N u n d L I D D E L L , britische Population). Die Frequenz von E 2 +-Personen liegt in E u r o p a bei etwa 10%, die aller Personen mit verminderten Succinylcholin-Werten bei 1 : 2 8 0 0 . Es besteht eine Kopplung zwischen dem Transferrinu n d dem E 2 -Locus. Die Allele E^, Exa u n d E-J können als kodom i n a n t und E x s als rezessiv angesehen werden. 810
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Familienberatung: Bestimmung der Sensibilität, vor allem in betroffenen Familien, vor Anästhesien wichtig. Vorsicht mit Personen bzw. Familien, bei denen bereits myopathische Symptome aufgetreten sind! Nachweis durch Bestimmung der Esteraseaktivität in vitro. Unterscheidung der einzelnen Typen, Heterozygoten- sowie Screeningteste an H a n d der Empfindlichkeit der Cholinesterase gegenüber bestimmten Inhibitoren (¿^»-resistent gegen Dibucain, ¿^/-resistent gegenüber Fluorid, ¿ ^ - „ s i l e n t " , nur ganz minimale Restaktivität nachweisbar, ¿^"-Normalallel). Bei guter Kenntnis und Unterrichtung der entsprechenden Familien sowie der prophylaktischen Maßnahmen keine familienberaterischen Bedenken. Musterbeispiele eines pharmakogenetischen Defektes, wurde erkannt, nach dem das Succinylcholin vor etwa 20 Jahren breiten Eingang in die chirurgische Anästhesie fand.
Sulfatid-Lipidose s. Leukodystrophie, metachromatische Sulfatidose s. Leukodystrophie, metachromatische SWYER-Syndrom s. Gonadendysgenesie, reine Symmelie s. Sirenomelie Symphalangie Genetisch bedingte Ankylose der Interphalangeal-Gelenke auf der Grundlage einer Genmutation. Der den Gelenkanomalien zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert : Steifheit der Finger (z. T. auch der Zehen), vor allem des 2. und 5. Strahles, infolge einer knöchernen oder fibrösen Ankylose des distalen oder — häufiger — des proximalen Tnterphalangealgelenkes. Teilweise kombiniert mit anderen Skelettanomalien der Extremitäten (z. B. Brachydaktylie, Syndaktylie, Karpalsynostosen, humeroradiale Synostose, Zwergwuchs oder Mittelohrschwerhörigkeit). Behinderung bei manueller Tätigkeit. Therapiemöglichkeiten: Keine effektive Behandlungsmöglichkeit bekannt. 812
Häufigkeit und Vorkommen: Isolierte S. selten, einige größere Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen (TALBOT-Familie) beschrieben. Genetik: Heterogen, jeweils autosomal dominanter Erbgang mit unvollständiger Penetranz. Den einzelnen intrafamiliär konstanten Kombinationsformen liegt wahrscheinlich Heterogenic zugrunde. Kombination von S. mit Taubheit ( S T R A S B U R G E R - H A W K I N S ELDRIDGE-Syndrom) ebenfalls autosomal dominant vererbt. Siehe auch PoLAND-Syndrom. Familienberatung: Familienberaterische Bedenken bestehen bei der isolierten S. nicht. Bei Kombinations-Pormen muß mit einer großen Variabilit ä t der Begleitsymptome gerechnet werden.
Sympodie s. Sirenomalie Syndaktylie Erbliche Anomalie der Pinger und Zehen auf der Grundlage einer Genmutation. Der zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Krankheitswert: Angeboren. Mehrere klinisch und genetisch distinkte Typen unterscheidbar: Typ I (nach MCKUSICK): Zygodaktylie, häutige partielle oder komplette Verwachsung des 3. und 4., selten weiterer Finger, und/oder der 2. und 3. Zehen. Gelegentlich mit Fusion der distalen Phalangen. Typ I I : Synpolydaktylie, vor allem 3. und 4. Pinger sowie 4. und 5. Zehen beteiligt bei Polydaktylie des 4. Fingers und der 5. Zehe. Typ I I I : Gewöhnlich komplette Verwachsung des 4. und 5. Pingers mit Fusion der distalen Phalangen. Kleinfinger verkürzt infolge Hypoplasie der Mittelphalanx. Typ IV: Häutige Polysyndaktylie aller 6 Strahle der Hand. Typ V: Syndaktylie des 3. und 4. Strahles an den Händen und des 2. und 3. Strahles in den Füßen unter Einbeziehung verschiedener Metacarpalia und -tarsalia. Symptomatisch bei Akrozephalosyndaktylie, Okulodento-digitalem Syndrom. Therapiemöglichkeiten: Chirurgische Trennung der Weichteilverwachsungen mit unterschiedlichem Erfolg. 813
Häufigkeit und Vorkommen! Häufigste Handmißbildung des Menschen. Inzidenz 1 : 2 OOÖ bis 1 : 3000. Typ I, Sippen mit Merkmalsträgern in bis zu sechs aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. Bei Typ II, Androtropie, über 300 Fälle publiziert. Von Typ I I I (17% aller Fälle) ebenfalls große Sippen bekannt. Typ IV, nur eine Sippe bekannt. Typ V, wenige Sippen publiziert. Genetik: Heterogen. Autosomal dominanter Erbgang, bei Typ I I I mit auf das männliche Geschlecht begrenzter Manifestation. Keine genetischen Beziehungen zwischen den einzelnen Typen. Jeweils variable Expressivität und unvollständige Penetranz mit merkmalsfreien Überträgern. Generell 5 — 7 % familiär, 48% bilateral, bei 35% auch Füße betroffen. Familienberatung: Mit intrafamiliär sehr unterschiedlichem Ausprägungsgrad muß gerechnet werden. Bei isolierter S. bestehen keine familienberaterischen Bedenken. Merkmalsträger z. T. nur röntgenologisch erkennbar. Syndrom der partiellen Trisomie des Chromosoms 9 Mißbildungskomplex auf der Grundlage einer Chromosomenmutation. Es besteht eine Trisomie des kurzen Armes des Chromosoms Nr. 9, meist auf Grund einer Translokation des entsprechenden Chromosomenabschnittes auf ein anderes Chromosom. Vereinzelt treten auch eine intrachromosomale Duplikation oder ein Extrachromosom Nr. 9 mit deletiertem langem Arm auf. Krankheitswert: Kraniofaziale Dysmorphien mit gewölbter Stirn, antimongoloider Lidspalte, Hypertelorismus, kurzer breiter Nase, Enophthalmus, Mikroretrognathie und dysplastischen Ohren. Geistige Retardation. Minderwuchs. Dysonychie. Urogenital- und Herzmißbildungen. Therapiemöglichkeiten: Lediglich symptomatische Erfolg.
Korrekturen
mit
unbefriedigendem
Häufigkeit und Vorkommen: Seit Erstbeschreibung 1970 über 80 Fälle beschrieben. Häufig familiär. 814
Genetik: D e r überzählige kurze A r m des Chromosoms 9 ist gewöhnlich auf ein anderes Chromosom transloziert. E i n e solche T r a n s l o k a t i o n ist ursprünglich reziprok u n d balanciert, d. h. es f i n d e t ein S t ü c k a u s t a u s c h zwischen zwei Chromosomen s t a t t ohne S t ü c k v e r l u s t u n d ohne W i r k u n g auf den P h ä n o t y p . Zur partiellen Trisomie k o m m t es bei der Reifeteilung, w e n n die beiden Translokationschromosomen g e t r e n n t w e i t e r v e r e r b t werden. Familienberatung: Nachweis a n H a n d der Chromosomenanalyse. D a s Risiko f ü r Geschwister eines P r o b a n d e n ist e r h ö h t , wenn die T r a n s l o k a t i o n bei einem der B i t e r n bereits (balanciert) vorliegt. B e s t e h t weiterer K i n d e r w u n s c h , sollte auf G r u n d des e r h ö h t e n Risikos zu einer p r ä n a t a l e n Chromosomendiagnose g e r a t e n werden. Klinisch gesunde V e r w a n d t e v o n T r a n s l o k a t i o n s t r ä g e r n sollten ebenfalls zytogenetisch u n t e r s u c h t werden.
Synostose, humero-radiale s. Humero-radiale Synostose Synostosen von Hand- oder/und Fußwurzelknochen Verschmelzungen unterschiedlicher H a n d - oder F u ß w u r z e l k n o c h e n untereinander oder m i t angrenzenden Skelettelementen. Heterogen, rheumatisch, t r a u m a t i s c h oder postinfektiös erworben oder angeboren. Bei einem Teil der Fälle läßt sich autosomal d o m i n a n t e Vere r b u n g nachweisen. S y m p t o m a t i s c h beim NiEVEROELT-Syndrom u n d H a n d - F u ß - U t e r u s - S y n d r o m (s. d.).
Syringomyelie Anlagestörung des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s auf genetischer G r a n d l a g e . E s b e s t e h t eine Spalt- u n d H ö h l e n b i l d u n g unterschiedlicher Lokalis a t i o n m i t Gliawucherungen im R ü c k e n m a r k , aus der sich die klinische S y m p t o m a t i k e r k l ä r t . Der Basisdefekt ist u n b e k a n n t . Krankheitswert
:
E r s t m a n i f e s t a t i o n klinischer Erscheinungen im 2. bis 3. Lebensj a h r z e h n t , selten eher. S y m p t o m e je n a c h spinaler Lokalisation unterschiedlich. Sensibilitätsstörungen (Thermanästhesie, P a r ä s t h e sien, Analgesie) u n d a n d e r e neurologische Ausfallserscheinungen, Muskelatrophien, D u r c h b l u t u n g s s t ö r u n g e n , A r t h r o p a t h i e n , A t r o p h i e n im E x t r e m i t ä t e n b e r e i c h , P a r e s e n , Spasmen. P r o g r e d i e n t e r Verlauf, L e b e n s e r w a r t u n g etwa 35 J a h r e . H ä u f i g bestehen weitere Skelettanomalien, z. B. Spina bifida. Therapiemöglichkeiten: P h y s i o t h e r a p i e u n d R ö n t g e n t h e r a p i e der Gliose ohne n a c h h a l t i g e n Erfolg. 815
Häufigkeit und Vorkommen: Regional unterschiedlich, in Nordeuropa seltener als in Mitteleuropa. Androtropie. Meist sporadische Fälle. Geschwisterschaften sowie Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen jedoch beschrieben. Genetik: Autosomal dominante, seltener rezessive Vererbung einer latenten Anlage wird angenommen, wobei zur klinischen Manifestierung die Einwirkung peristatischer Faktoren wie Traumen, Infektionen, Intoxikationen oder schwere körperliche Arbeit notwendig ist. Daraus erklärt sich die Androtropie. Familienberatung: Mit latenten, klinisch gesunden Merkmalsträgern muß bei erbprognostischen Erhebungen gerechnet werden. Bei rezessivem Vererbungsmodus sollen die klinischen Erscheinungen schwerer sein als bei dominantem. Auf Teil- oder Mikrosymptome (Status dysraphicus) bei nahen Verwandten ist zu achten. Differentialdiagnose myelographisch zu den sensorischen Neuropathien (s. d.) und den Amyloidosen (s. d.) notwendig. Auf Grund der schlechten Prognose besondere medizinisch-genetische Betreuung betroffener Familien notwendig.
TABATZNIK-Syndrom s. HOLT-ORAM-Syndrom Tagblindheit s. Farbenblindheit, totale TAKAYASU-Syndrom s. Aortenbogen-Syndrom Talipes equinovarus s. Klumpfuß Tangier-Syndrom, Analphalipoproteinämie Erblicher Defekt des Fettstoffwechsels auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer starken Verminderung des Plasma-Cholesterin- und Phospholipid-Spiegels bei gleichzeitiger Ablagerung von Cholesterin und Cholesterin-Estern in den Geweben verschiedener Organe. Dadurch läßt sich die klinische Symptomatik weitgehend erklären. Ursächlich handelt es sich wahrscheinlich um einen Defekt der für den Lipidtransport verantwortlichen Strukturproteine oder um eine Synthesestörung eines High-density-Apoproteins. 816
Häufigkeit und Vorkommen: Regional unterschiedlich, in Nordeuropa seltener als in Mitteleuropa. Androtropie. Meist sporadische Fälle. Geschwisterschaften sowie Sippen mit Merkmalsträgern in aufeinanderfolgenden Generationen jedoch beschrieben. Genetik: Autosomal dominante, seltener rezessive Vererbung einer latenten Anlage wird angenommen, wobei zur klinischen Manifestierung die Einwirkung peristatischer Faktoren wie Traumen, Infektionen, Intoxikationen oder schwere körperliche Arbeit notwendig ist. Daraus erklärt sich die Androtropie. Familienberatung: Mit latenten, klinisch gesunden Merkmalsträgern muß bei erbprognostischen Erhebungen gerechnet werden. Bei rezessivem Vererbungsmodus sollen die klinischen Erscheinungen schwerer sein als bei dominantem. Auf Teil- oder Mikrosymptome (Status dysraphicus) bei nahen Verwandten ist zu achten. Differentialdiagnose myelographisch zu den sensorischen Neuropathien (s. d.) und den Amyloidosen (s. d.) notwendig. Auf Grund der schlechten Prognose besondere medizinisch-genetische Betreuung betroffener Familien notwendig.
TABATZNIK-Syndrom s. HOLT-ORAM-Syndrom Tagblindheit s. Farbenblindheit, totale TAKAYASU-Syndrom s. Aortenbogen-Syndrom Talipes equinovarus s. Klumpfuß Tangier-Syndrom, Analphalipoproteinämie Erblicher Defekt des Fettstoffwechsels auf der Grundlage einer Genmutation. Der Gendefekt manifestiert sich in einer starken Verminderung des Plasma-Cholesterin- und Phospholipid-Spiegels bei gleichzeitiger Ablagerung von Cholesterin und Cholesterin-Estern in den Geweben verschiedener Organe. Dadurch läßt sich die klinische Symptomatik weitgehend erklären. Ursächlich handelt es sich wahrscheinlich um einen Defekt der für den Lipidtransport verantwortlichen Strukturproteine oder um eine Synthesestörung eines High-density-Apoproteins. 816
Krankheitswert : Manifestation im Kindesalter. Hepatosplenomegalie, Lymphknotenvergrößerung (Tonsillen), Hauterscheinungen. Keine große Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und der Leistungsfähigkeit. Bei Erwachsenen Symptome einer peripheren Neuropathie mit Abschwächung der Kälte- und Schmerzempfindlichkeit und Muskelschwäche. Vorzeitig einsetzende Koronarsklerose. Therapiemöglichkeiten: Nicht notwendig. Häufigkeit und Vorkommen: Bisher etwa 11 Familien bzw. Einzelfälle gesichert. Erstbeschreibung 1961 bei Siedlern der Insel Tangier in der Chesapeake-Bay, inzwischen auch in Europa und den USA festgestellt. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Familienberatung : Elektrophoretischer Nachweis der Analphalipoproteinämie. Heterozygotentest an H a n d eines um 50% herabgesetzten Plasma-Alphalipoproteinspiegels. I n Anbetracht des leichten Krankheitsbildes kaum Gegenstand familienberaterischer Bedenken.
Tapeto-chorioidale Degeneration s. Chorioideremie Tapetoretinale Degeneration s. a. STARGARDT-Syndrom Taubheit; Schwerhörigkeit, zur Ertaubung führend Tabelle 19 Erbliche
Hörstörungs-Typen
Klassifikation nach B. W. K O N I G S M A B K (New Engl. J . Med. 281 (1969) 7 1 3 - 7 2 0 , 7 7 4 - 7 7 8 , 8 2 7 - 8 3 2 und Clin. Delineation of Birth Def. I X . The ear. New York 1971), modifiziert nach McKuSICK, V. A. (Mendelian inheritance in man, 3. Edit., Baltimore, London 1971), von den Autoren erweitert. I. Erbliche Hörstörungen ohne weitere
Anomalien
A) Dominant vererbte angeborene schwere Schwerhörigkeit bzw. Taubheit (s. Taubheit, sensoneurinale) B) Dominant vererbte progrediente sensoneurinale Schwerhörigkeit (s. Taubheit, sensoneurinale) 52 Witkowski/Prokop
817
Tabelle 19 (Fortsetzung) C) Dominant vererbte einseitige Taubheit D) Dominant vererbte Schwerhörigkeit in den unteren Frequenzbereichen (s. Taubheit, sensoneurinale) E ) Dominant vererbte Schwerhörigkeit in den mittleren Frequenzbereichen (s. Taubheit, sensoneurinale) F ) Otosklerose (s. d.) G) Rezessiv vererbte angeborene schwere Schwerhörigkeit bzw. Taubheit (s. Taubheit bzw. Schwerhörigkeit, angeborene, rezessiv vererbte) H ) Rezessiv vererbte, früheinsetzende Innenohrschwerhörigkeit (s. Taubheit) I ) Rezessiv vererbte leichte Schwerhörigkeit* J) X-chromosomal vererbte Schwerhörigkeit bzw. Taubheit mit Stapesfixation (s. Taubheit, sensoneurinale, angeborene) K ) X-chromosomai vererbte, früheinsetzende Schwerhörigkeit (s. Taubheit, sensoneurinale, angeborene) L ) X-chromosomal vererbte progrediente Schwerhörigkeit* I I . Erbliche Hörstörungen des äußeren Ohres
in Kombination
mit
Mißbildungen
A ) Dominant vererbte Schwerhörigkeit mit Präaurikular- und/oder Halsfisteln (s. Schwerhörigkeit) RowLEY-Syndrom, FOURMANFOUKMAN-Syndrom B ) Dominant vererbte abnorme Stapes-Incus-Verbindung mit Ohrläppchenhyperplasie. EscHER-HntT-Syndrom C) Dominant vererbte Schalleitungs-Schwerhörigkeit mit Ohrmuschelmißbildung. FÄBA-CHLUPAÖKOVA-HRIVNAKOVÄSyndrom* D ) Dominant vererbte Schwerhörigkeit bei fazio-zervikaler Dysplasie (s. Okulo-aurikulo-vertebrale Dysplasie) E ) Rezessiv vererbte Mittelohr-Schwerhörigkeit mit tiefansitzenden deformierten Ohrmuscheln. MENGEL-KONIGSMARK-BERLINMcKusicK-Syndrom I I I . Erbliche Hörstörungen in Kombination
mit
Hauterkrankungen
A ) WAARDENBURG-Syndrom (s. d.) B ) Dominant vererbte angeborene Taubheit mit Albinismus (TIETZ-Syndrom)* C) LEOPARD-Syndrom (s. Lentigines) D ) X-chromosomal vererbte Pigmentanomalien mit angeborener Innenohr-Taubheit. WOOLF-DOLOWITZ-ALDOUS-Syndrom. ZrpRKOWSKi-Syndrom (s. Albinismus, partieller) E ) Rezessiv vererbte atopische Dermatitis mit Innenohr-Schwerhörigkeit. KONIGSMARK-HOLLAITDER-BERLIN-SyndrOm* F ) Dominant vererbte Anhidrosis mit progredienter InnenohrSchwerhörigkeit (s. Ektodermale Dysplasie, anhidrotische) HELWEG-LARSEN-Syndrom * bisher nur von einer Sippe beschrieben
818
Tabelle 19 (Fortsetzung) G) Rezessiv vererbte ektodermale Dysplasie mit Entwicklungsstörungen der ektodermalen sensorischen Zellen des CoBTischen Organs H) Dominant vererbte Keratopachydermie, Schnürfurchen an den Fingern und Innenohr-Schwerhörigkeit. NocKEMANN-Syndrom I) Rezessiv vererbte Schwerhörigkeit und Pili torti (s. Pili torti). Bjöknstad-Syndrom J) Dominant vererbte Fingerknöchelpolster, Leukonychie und angeborene Innenohrtaubheit (s. Fingerknöchelpolster). ScHWANN-Syndrom K ) Dominant vererbte Onychodystrophie, kegelförmige Zähne und Innenohrschwerhörigkeit bzw. -taubheit. R o b i n - M i l l e r Bensimon-Syndrom* L) Rezessiv vererbte Onychodystrophie und Innenohr-Schwerhörigkeit bzw. Taubheit. FEiNMESSER-ZELiG-Syndrom* (s. Anonychie) M) Rezessiv vererbte angeborene sensoneurinale Schwerhörigkeit mit Onycho-Osteo-Dystrophie und geistiger Retardation. IV.
Erbliche Hörstörungen
in Kombination
mit
Augenerkranhungen
A) Dominant vererbte Myopie, Sattelnase, K a t a r a k t und angeborene progrediente Schwerhörigkeit bzw. Taubheit (s. MABSHALL-Syndrom) B) Dominant vererbte Myopie, angeborene Innenohr-Schwerhörigkeit bzw. Taubheit, periphere Neuropathie und SkelettAnomalien. F l y n n - A i r d - S y n d r o m * C) Rezessiv vererbte Myopie und angeborene progrediente Schwerhörigkeit. ELDBIDGE-BERLIN-MONEY-MCKUSICK-Syndrom* D) Rezessiv vererbte Retinitis pigmentosa und angeborene Schwerhörigkeit (s. UsHEE-Syndrom) E) Rezessiv vererbte Taubheit, Ataxie und Retinitis pigmentosa (möglicherweiseunterschieden von UsHER-Syndrom). v. G r a e f e SorÖGREN-Syndrom (s. Retinitis pigmentosa) F) REFSUM-Syndrom (s. d.) G) Rezessiv vererbte Retinadegeneration. Diabetes, Fettsucht und progrediente Innenohr-Schwerhörigkeit (s. UsHER-Syndrom). ALSTRÖM-HALLGREN-Syndrom
H) Rezessiv vererbte Retinitis pigmentosa, spastische Diplegie, Skelettanomalien und Schwerhörigkeit I) Rezessiv vererbte Retinopathie, Schwerhörigkeit, Muskelatrophie und Schwachsinn J) Rezessiv vererbte Optikus-Atrophie, progrediente, sensoneurinale Schwerhörigkeit und Diabetes juvenilis (s. B a r j o n LESTRADET-LABAKGE-Syndrom) K) Rezessiv vererbte Schwerhörigkeit mit Polyneuropathie und Optikusatrophie (s. Optikusatrophie; Neuropathie, erbliche radikuläre) * bisher nur von einer Sippe beschrieben 52*
819
Tabelle 19 (Fortsetzung) L) Rezessiv vererbte Degeneration von N. opticus, cochlearis und Nucleas dentatus* M) Rezessiv vererbte Hornhautdystrophie und Schwerhörigkeit (s. Hornhautdystrophie, angeborene, hereditäre) V. Erbliche Hörstörungen in Kombination des Nervensystems
mit
Erkrankungen
A) Dominant erbliche Acusticus-Neurinome (s. Neurofibromatose v. RECKLINGHAUSEN B) Sensorische radikuläre Neuropathie (s. d.) C) Dominant vererbte Photomyoklonie, Innenohr-Schwerhörigkeit, Diabetes mellitus und Neuropathie. HEKRMANN-AGUILARSACKS-Syndrom* D) Rezessiv vererbte Taubheit, Schwachsinn, Ataxie und Hypog o n a d i s m s (RICHARDS, RUNDLE) E) HuRLER-Syndrom (s. Mukopolysaccharidose Typ I) F) HUNTER-Syndrom (s. Mukopolysaccharidose T y p II) G) MAROTEATJX-LAMY-Syndrom (s. Mukopolysaccharidose Typ IV) H) FRIEDREICH-Syndrom (s. d.) I) GREENFIELD-Syndrom (s. d.) J) MoEBius-Syndrom (s. d.) K) Schwerhörigkeit mit Dystonie und Schwachsinn, X-chromosomal vererbt VI. Erbliche Hörstörungen in Kombination
mit
Skelett-Anomalien
A) Proximale Symphalangie und Schalleitungs-Schwerhörigkeit (s. Symphalangie) STRASBTjRGER-HAWKiNS-EuDRiDGE-Syndrom B) CROUZON-Syndrom (s. d.) C) TREAOHER-CoLLINS-FRANCESCHETTI-Syndrom (s. FRAKGESCHETTi-Syndrom) D) MoHR-Syndrom (s. d.) E) X-chromosomal vererbtes Oto-palato-digital-Syndrom F) Rezessiv vererbte Tibia-Aplasie und Taubheit G) Rezessiv vererbte Spalthand und -fuß mit Taubheit (s. Spalthand) H) ENGELMANN-Syndrom (s. d.) I) PAGET-Syndrom (s. d.) J) Hyperostosis corticalis generalisata (VAN BUCHEM), S. d. K) Osteopetrosis (s. ALBERS-ScHÖNBERG-Syndrom) L) PyLE-Syndrom (s. d.) M) Kraniometaphysäre Dysplasie (s. d.) N) Osteogenesis imperfecta (s. d.) 0 ) Dominant vererbte sensoneurinale Hörstörung mit Sekelettanomalien und Anus imperforatus (s. Anus imperforatus) P) RLIPPEL-FEIL-Syndrom Q) Dysplasia frontometaphysaria (s. d.) * bisher nur von einer Sippe beschrieben 820
Tabelle 19 (Fortsetzung) VII.
Erbliche Hörstörungen in Kombination
mit
Nierenerkrankungen
A) ALPORT-Syndrom (s. d.)
B) Dominant vererbte Nephritis, Ichthyosis, Schwerhörigkeit und Prolinurie (s. Hyperprolinämie) C) Dominant vererbte Urticaria, Amyloidose, Nephritis und Schwerhörigkeit. MuCKLE-WELLS-Syndrom (s. d.) D) Rezessiv vererbte Nieren-, Genitalanomalien und SchalleitungsSchwerhörigkeit. WiNTER-KoHN-MELLMAN-WAGNER-Syndrom E) Rezessiv vererbte Schwerhörigkeit mit Azidosis renalis (s. d.) VIII.
Erbliche Hörstörungen in Kombination Schädigungen
mit anderen
A) P e n d r e d - S y n d r o m (s. d.)
B) Rezessiv vererbte Kropfbildung, Vermehrung des proteingebundenen Jods, Dystrophia epiphysealis punctata und Taubh e i t * R e f e t o f f - d e W i n d - d e GROOT-Syndrom
C) Taubheit mit Störungen der Herzfunktion. J e r v e l l - N i e l s e n Syndrom (s. d.) D) Dominant vererbte Mineralinsuffizienz, Synostosen undSchalleitungs-Schwerhörigkeit. FoRNEY-RoBiNSON-PASCOE-Syndrom* E) Hydroxyprolinämie (s. d.)
Taubheit bzw. Taubstummheit, angeborene, rezessiv vererbte Genetisch bedingtes Fehlen der Hörfähigkeit auf der Grundlage einer Genmutation. E s handelt sich um eine heterogene Gruppe mit unterschiedlichem und oft unklarem pathologisch-anatomischen Substrat, für das der Basisdefekt jeweils unbekannt ist (s. Tabelle). Krankheitswert: Idiopathische, angeborene Taubheit mit den entsprechenden sekundären Sprachstörungen. Therapiemöglichkeiten: Taubheit therapicresistent. Spezielle Sprachanbildung in Gehörlosenschulen mit Erfolg. Häufigkeit und Vorkommen: E t w a 50% aller Hörstörungsfälle sind genetisch bedingt. Heterozygotenfrequenz in der Normalbevölkerung ca. 6%. Die Homozygotenfrequenz ist auf Grund der Heterogenie im Vergleich dazu unverhältnismäßig niedrig. Ca. 3 / 4 aller Fälle von genetisch bedingter Taubheit werden autosomal rezessiv vererbt. * bisher nur von einer Sippe beschrieben
821
Genetik: Heterogenie, m i n d e s t e n s 32 Loci werden a n g e n o m m e n . Doppelheterozygote h a b e n ein normales H ö r v e r m ö g e n . A u s einer E h e zwischen zwei H o m o z y g o t e n k ö n n e n auf G r u n d der Heterogenic sowohl normale als a u c h t a u b e K i n d e r hervorgehen, w e n n ein P a r t n e r f ü r einen Genort h e t e r o z y g o t ist, f ü r d e n der andere h o m o z y g o t ist. Familienberatung: Auf G r u n d der Spezialerziehung u n d der E i g e n a r t des Leidens sind über 9 5 % der E h e p a r t n e r v o n T a u b e n ebenfalls Merkmalst r ä g e r oder s t a m m e n a u s b e t r o f f e n e n Familien. E s k a n n d a v o n ausgegangen werden, d a ß auf G r u n d der Heterogenic n u r a u s e t w a 1 5 % der E h e n zwischen zwei T a u b e n ausschließlich t a u b s t u m m e u n d a u s 2 / 3 ausschließlich n o r m a l e K i n d e r hervorgehen. H e t e r o z y g o t e sind n i c h t oder n u r m i t audiometrischen Spezialmethoden erkennb a r . Nachweis a u d i o m e t r i s c h . Bei sporadischen Fällen Differentialdiagnose zu n i c h t genetisch bedingten, i n t r a u t e r i n erworbenen T y p e n wichtig (ophthalmologische U n t e r s u c h u n g ) . E i n e Differenzierung der genetisch unterschiedlichen T y p e n gelingt bis auf die A b t r e n n u n g von F o r m e n m i t Begleitmißbildungen (PENDREDS y n d r o m , UsHER-Syndrom usw., s. Tabelle) n u r selten, so d a ß m a n auf eine besonders sorgfältige Familien- u n d Schwangerschaftsa n a m n e s e angewiesen ist. F r ü h e r k e n n u n g im Hinblick auf sofortige S p r a c h t h e r a p i e wichtig. Empirische Risikoziffern: K i n d e r a u s E h e n zwischen einem sporadischen Merkmalsträger u n d einer Normalperson 1 : 30, wenn bereits ein t a u b s t u m m e s K i n d geboren w u r d e 1 : 2. K i n d e r a u s E h e n zwischen zwei M e r k m a l s t r ä g e r n : N u r 2 / 3 der E h e n h a b e n K i n d e r , d a v o n 1 / li n u r t a u b e , 2 / 3 n u r n o r m a l e u n d 1 / 6 durchschnittlich 5 0 % t a u b e . Risiko generell f ü r K i n d e r 2 / „ w e n n ein Elternteil ein sporadischer M e r k m a l s t r ä g e r ist ] / 7 , beide sporadisch 1 / 1 0 , beide familiär 1 / 3 . E x i s t i e r t bereits ein t a u b e s K i n d 2 / 3 , bei zwei M e r k m a l s t r ä g e r n 3 / 4 bei drei 1 (falls keine n o r m a l e n K i n d e r in der Geschwisterschaft v o r h a n d e n sind). D a s Risiko f ü r K i n d e r a u s E h e n v o n n o r m a l e n Angehörigen b e t r o f f e n e r Familien wird niedriger als 1 : 200 eingeschätzt. D a s Risiko f ü r weitere Merkmalsträger in der Geschwisterschaft eines sporadischen Falles u n k l a r e n T y p s wird m i t 1 : 6 angegeben. Bei Verw a n d t e n e h e n ist das Risiko wesentlich höher, da hier n i c h t m i t Heterogenie, sondern m i t einfacher rezessiver V e r e r b u n g gerechnet werden m u ß . Bei m ä n n l i c h e n M e r k m a l s t r ä g e r n u n d s t u m m e r F a m i lienanamnese Differentialdiagnose zur X - c h r o m o s o m a l e n T a u b heit (s. T a u b h e i t , sensoneurinale, angeborene) n o t w e n d i g .
Taubheit-Kropf-Syndrom s. PENDRED-Syndrom
822
Taubheit mit Störungen der Herzfunktion, Syndrom von J E R V E L L und LÄNGE-NIELSEN; ROMANO-WARDSyndrom; QT-Syndrom, pseudohypokaliämisches Genetisch bedingte Kombination von Taubheit und Störung der Herzfunktion auf der Grundlage einer Genmutation. Der den beiden zunächst nicht in einem Zusammenhang zu bringenden Symptomen zugrunde liegende Basisdefekt ist unbekannt. Eine Stoffwechselstörung wird angenommen, auf die vor allem der N. statoacusticus reagiert. Krankheitswert: Angeborene Taubheit mit pathologisch-anatomischen Substrat im Labyrinth. Vom 1. Lebensjahr an besonders nach Streß schwere, gewöhnlich schon im Kindesalter zum Tode führende synkopiale Herzanfälle mit kurzem Bewußtseinsverlust auf der Grundlage charakteristischer EKG-Anomalien (Verlängerung des QT-Intervalls). Bei Überleben des Kindesalters ist mit Besserung bzw. Verschwinden der kardialen Symptomatik zu rechnen. Charakteristisches QT-Syndrom ohne Hörstörung: ROMANO-WARD-Syndrom. Therapiemöglichkeiten : Spezifische Therapie unbekannt. Medikamentöse Behandlung (Propranolol, Digitalis) der kardialen Symptomatik und prophylaktische Einstellung auf ^-Rezeptorenblocker hilfreich. Häufigkeit und Vorkommen: I n England bzw. Nordeuropa Inzidenz — etwa 1 : 100000. Frequenz auf Grund der hohen Mortalität wesentlich geringer. Unter tauben Schulkindern geringer als 1%. Weltweit verbreitet, wahrscheinlich ursprünglich nordeuropäischer Provenienz. Vom ROMANOWARD-Syndrom bisher über 90 vorwiegend familiäre Fälle publiziert. Genetik: Autosomal rezessiver Erbgang. Bei ROMANO-WARD-Syndrom autosomal dominante Vererbung, variable Expressivität. Der genetische Zusammenhang beider Syndrome ist unklar. Allelie? Eng gekoppelte Gene? Familienberatung: Differentialdiagnose zu anderen frühkindlichen Herzleiden an H a n d des EKGs wichtig. Heterozygote an einer leichten Ausdehnung des QT-Intervalls erkennbar. Beim R O M A N O - W A R D Syndrom sollte f ü r erbprognostische Erhebungen auf Verwandte von Merkmalsträgern mit EKG-Anomalien ohne Anfallsanamnese geachtet werden. Nachweis teilweise nur im Belastungs-EKG möglich. 823
Taubheit, sensoneurinale, angeborene Genetisch bedingtes Pehlen der Hörfähigkeit auf der Grundlage einer Genmutation. Es handelt sich um eine neural bedingte Taubheit, für die ein Basisdefekt unbekannt ist. Krankheitswert : Angeborene seltener erst später manifeste idiopathische Taubheit mit entsprechenden sekundären Sprachausfall. Therapiemöglichkeiten: Taubheit therapieresistent, spezielle Sprachanbildung notwendig. Häufigkeit und Vorkommen: Einzelne größere Sippen von allen Erdteilen beschrieben. Etwa 1,5% der genetisch bedingten Fälle von Taubheit zeigen einen X-chromosomalen Vererbungsmodus. Genetik: X-chromosomaler Erbgang. Zu unterscheiden ist eine bisher nur für wenige Familien beschriebene, konduktive Taubheit durch Stapes-Fixation, die eventuell therapeutisch (Stapes-Transplantation) zu beeinflussen ist. Familienberatung: Früherkennung im Hinblick auf rechtzeitig einsetzende Sprechtherapie wichtig. Aus Ehen zwischen einem Merkmalsträger und einer Partnerin mit einem autosomalen Typ der Taubheit sind normale Kinder zu erwarten. Konduktorinnen gelegentlich audiometrisch erkennbar. Für erbprognostische Erhebungen familienanamnestische Sicherung des X-chromosomalen Erbganges deshalb wichtig. Das Risiko für weitere Merkmalsträger in der Geschwisterschaft eines sporadischen Falles unklaren Typs wird mit 1 : 6 angegeben. Taubheit, sensoneurinale; progredienter Höryerlust Genetisch bedingter Verlust der Hörfähigkeit auf der Grundlage einer Genmutation. Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von neural bedingter Taubheit, für die jeweils ein Basisdefekt unbekannt ist. Krankheitswert: Erstmanifestation im Kindesalter nach Erlernung des Sprechens. Bei Ausbleiben einer entsprechenden Erziehung sekundärer Sprach824
Verlust. Beginnend je nach Typ in verschiedenen Frequenzbereichen. Progredienter Verlauf bis zur völligen Taubheit im Erwachsenenalter. Therapiemöglichkeiten: Taubheit therapieresistent. Spracherhaltende Maßnahmen erfolgreich. Häufigkeit und Vorkommen: Von den drei Haupttypen (Hoch-, Mittel- und Niedrig-Frequenz) jeweils mehrere große Sippen beschrieben. Etwa 3 — 8 % der genetisch bedingten Fälle von Taubheit im Kindesalter werden als autosomal dominant vererbt angesehen. Genetik: Autosomal dominanter Erbgang. Den nach Erstmanifestationsalter, Verlauf und Frequenzbereich klinisch unterschiedlichen Typen (s. Tabelle) liegt Heterogenie zugrunde. Familienberatung: Früherkennung und spracherhaltende Maßnahmen wichtig. Für familienprognostische Erhebungen Differentialdiagnose zu exogen bedingten Formen notwendig. Das Risiko für Kinder von Merkmalsträgern ist nicht wesentlich erhöht (1 : 2), wenn der Partner Taubheit eines anderen genetischen Types aufweist. Das Risiko für weitere Merkmalsträger in der Geschwisterschaft eines sporadischen Falles unklaren Typs wird mit 1 : 6 angegeben.
Taubheit s. a. Schwerhörigkeit TAY-SACHS-Syndrom s. GM2-Gangliosidose TDO-Syndrom s. Tricho-dento-ossäres Syndrom Teleangiectasia hereditaria haemorrhagica s. OSLERSyndrom Teratom Angeborene, meist organoide, aus drei Keimblättern bestehende Geschwulst. Gewöhnlich nicht familiär, kein Anhaltspunkt für genetische Grundlage. 825
E i n e spezifische F o r m des p r ä s a k r a l e n T e r a t o m s m i t Anorektalstenose u n d S a k r u m d e f e k t (innere Meningozele) zeigt jedoch eine deutliche familiäre H ä u f u n g . Mehrere Sippen m i t Merkmalst r ä g e r n in aufeinanderfolgenden Generationen beschrieben. A u t o s o m a l d o m i n a n t e r E r b g a n g . Maligne E n t a r t u n g selten. K a n n s y m p t o m l o s bestehen. Chirurgische A b t r a g u n g jedoch aus p r o p h y l a k t i s c h e n G r ü n d e n indiziert. Familienberaterische Bed e n k e n im Hinblick auf die g u t e Prognose besteht n i c h t .
Testikuläre Feminisierung, Hairless women, MORRISSyndrom, MAXWELL-GOLDBERG-Syndrom Genetisch bedingte I n t e r s e x u a l i t ä t s f o r m auf der G r u n d l a g e einer Genmutation. Der G e n d e f e k t m a n i f e s t i e r t sich in einer bereits im E m b r y o n a l s t a d i u m einsetzenden S t ö r u n g der Steroidwirkung auf die Geschlechtsentwicklung. E s b e s t e h t eine N i c b t a n s p r e c h b a r k e i t der Erfolgsorgane auf in d e n m ä n n l i c h e n Gonaden n o r m a l synthetisierte Geschlechtshormone. Z u g r u n d e liegen R e z e p t o r d e f e k t e f ü r die B i n d u n g oder d e n T r a n s p o r t v o n Testosteron u n d ( k o m p l e t t e T . F.) oder (inkomplette T . F.) D i h y d r o t e s t o s t e r o n in d e n K e r n der Zelle der Erfolgsorgane. D a d u r c h u n t e r b l e i b t die n o r m a l e E n t w i c k l u n g männlicher p r i m ä r e r u n d s e k u n d ä r e r Geschlechtsm e r k m a l e , so d a ß das Genitale einen weiblichen T y p zeigt. Krankheitswert: K o m p l e t t e T. F . : Bei G e b u r t klinisch unauffällig weiblicher Aspekt. I m K i n d e s a l t e r teilweise a n Leistenhernien u n d h e r v o r t r e t e n d e n Testikeln e r k e n n b a r . P r i m ä r e A m e n o r r h o e , Sterilität. S t a r k ratifizierte S e k u n d ä r b e h a a r u n g . P s y c h e weiblich. I n k o m p l e t t e T. F . : Kleiner Phallus bzw. „ K l i t o r i s h y p e r t r o p h i e " im Sinne einer pseudovaginalen perineoskrotalen H y p o s p a d i e , Scrotum b i f i d u m , Gynäkomastie. S. a. P s e u d o h e r m a p h r o d i t i s m u s masculinus. Therapiemöglichkeiten: A u ß e r einer psychischen Belastung, die eine besondere psychiatrische F ü h r u n g im 2. L e b e n s j a h r z e h n t bei den meistens überdurchschnittlich intelligenten P a t i e n t i n n e n e r f o r d e r t , keine Beschwerden. E x s t i r p a t i o n der H o d e n n a c h dem zweiten Lebensj a h r z e h n t m i t entsprechender h o r m o n a l e r S u b s t i t u t i o n wird im Hinblick auf o f t b e o b a c h t e t e maligne E n t a r t u n g (Seminome oder t u b u l ä r e H o d e n a d e n o m e jenseits des 30. Lebensjahres) e m p f o h l e n . Häufigkeit
und
Vorkommen:
F r e q u e n z auf 1 : 2000 — 1 : 20000 geschätzt. Ü b e r 200 Fälle publiziert. Familiäre Fälle in Geschwisterschaften oder a u f e i n a n d e r folgenden Generationen beschrieben. 926
Genetik: Heterogen. Jeweils X-chromosomaler E r b g a n g . Allelie? I n größeren Sippen K o p p l u n g m i t X g - B l u t g r u p p e n g e n oder Loci f ü r F a r b e n b l i n d h e i t nicht mit Sicherheit nachweisbar. Familienberatung: Differentialdiagnose des i n k o m p l e t t e n T y p s z u m Pseudoherma p h r o d i t i s m u s masculinus (s. d.) im Kindesalter endokrinologisch u n d familienanamnestisch a n H a n d älterer Merkmalsträger möglich. Bei feststehender Diagnose ist m i t einem eindeutig weiblichen psychosexuellen Selbstidentifizierungsgeschlecht n a c h der P u b e r t ä t zu rechnen, die P a t i e n t e n müssen als weiblich b e h a n d e l t u n d gef ü h r t werden. Heterozygote weibliche K o n d u k t o r i n n e n lassen sich an einer rarifizierten Axillar- u n d S c h a m b e h a a r u n g erkennen. Bei erbprognostischen E r h e b u n g e n müssen weibliche Sippenangehörige zur Feststellung weiterer Merkmalsträger u n t e r s u c h t werden.
Testikuläre Feminisierung, inkomplette, Typ II s. Pseudohermaphroditismus masculinus Tetraplegie s. LITTLE-Syndrom Tetra-X-Frauen; Penta-X-Frauen Mißbildungskombination auf der Grundlage einer Chromosomenanomalie. E s b e s t e h t eine Polysomie des X-Chromosoms ( 4 8 , X X X X oder 4 9 , X X X X X ) , die durch sukzessives Nondisjunction (Nichtauseinanderweichen) der X-Chromosomen während der Gametogenese in der Elterngeneration, wahrscheinlich vorwiegend bei der M u t t e r , oder durch N o n d i s j u n c t i o n bei zygotischen bzw. postzygotischen Teilungen e n t s t a n d e n ist. Die Ursache f ü r das Nondisjunction ist noch unklar, wobei sich eine geringe K o r r e l a t i o n z u m Gebäralter der M u t t e r e r k e n n e n läßt. Der Z u s a m m e n h a n g mit der klinischen S y m p t o m a t i k bleibt noch problematisch insofern, als n a c h der LYON-Hypothese (s. Einführung) alle überzähligen X-Chromosomen genetisch i n a k t i v sind u n d sich deshalb phänotypisch nicht auswirken d ü r f t e n . W e n n das doch der Fall ist, so l ä ß t das auf eine unvollständige oder nicht ständige I n a k t i v i e r u n g beim Menschen schließen. Krankheitswert: Sehr variabel. Meistens Intelligenzdefekte unterschiedlichen Grades. Teilweise Hypogenitalismus u n d -gonadismus m i t Sterilität. E u n u c h o i d e r Hochwuchs m i t leichten Skelettanomalien (vor allem 827
r a d i o u l n a r e Synostosen, Fehlstellung der V. Zehen), m e h r oder weniger typischer Fazies, Kyphoskoliose, G e n u a valga u n d schmalem T h o r a x . H ä u f i g epileptoide Anfälle, S t r a b i s m u s u n d B r a c h y daktylie. Leistungsfähigkeit unterschiedlich s t a r k eingeschränkt. Therapiemöglichkeiten: S y m p t o m a t i s c h e K o r r e k t u r e n z. T. möglich. Häufigheit und Vorkommen: Bisher e t w a 30 Fälle m i t reiner Tetrasomie u n d ca. 12 Fälle m i t P e n t a s o m i e beschrieben. A u ß e r d e m noch verschiedene Mosaiktypen bekannt. Genetik: Die P a t i e n t i n n e n h a b e n a n s t a t t der n o r m a l e n 46 Chromosomen 48 bzw. 49, wobei zusätzliche X-Chromosomen v o r h a n d e n sind. Weist n u r ein Teil der Körperzellen überzählige X - C h r o m o s o m e n u n d der R e s t a n d e r e K a r y o t y p e n auf (Mosaik, z. B . X / X X / X X X , X X X X , X X X X X ) , f ü h r t das p h ä n o t y p i s c h gewöhnlich zu e n t s p r e c h e n d e n Zwischenformen. F a m i l i a r i t ä t X - c h r o m o s o m a l e r Polysomien n u r bei Mosaiken b e k a n n t . Familienberatung: Nachweis zytogenetisch d u r c h X - C h r o m a t i n b e s t i m m u n g (bis zu 3 bzw. 4 X - C h r o m a t i n - P a r t i k e l ) u n d Chromosomenanalyse. E r b prognostische B e d e n k e n bestehen in A n b e t r a c h t des ausschließlich sporadischen V o r k o m m e n s bei reiner Tetrasomie oder P e n t a s o m i e X nicht.
TEUTSCHLÄNDER-Syndrom s. Lipoidocalcinosis progrediens Thalassämie-Syndrome G r u p p e genetisch bedingter H ä m o g l o b i n o p a t h i e n jeweils auf der Grundlage einer G e n m u t a t i o n . Der G e n d e f e k t m a n i f e s t i e r t sich im F e h l e n oder in einer Verm i n d e r u n g der S y n t h e s e r a t e normaler a - ( a - T h a l a s s ä m i e ) , ß-(ßThalassämie) oder ß- u n d « - K e t t e n wahrscheinlich infolge eines Translations- oder T r a n s k r i p t i o n s d e f e k t e s u n d d a m i t in einer S t ö r u n g der H ä m o g l o b i n s y n t h e s e . W e r d e n keine oder n u r verm i n d e r t jS-Ketten gebildet, k a n n n u r oder vorwiegend H ä m o g l o b i n A 2 (a2