Generative Morphologie des Neufranzösischen [Reprint 2017 ed.] 9783111372846, 9783484500617


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German Pages 119 [120] Year 1973

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Verzeichnis der Regeln
Verzeichnis der Symbole
Teil 1. Einleitung
Teil 2. Flexionsmorphologie
Anmerkungen zu Teil 1
Anmerkungen zu Teil 2
Bibliographie
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Generative Morphologie des Neufranzösischen [Reprint 2017 ed.]
 9783111372846, 9783484500617

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Romanistische Arbeitshefte

2

Herausgegeben von Gustav Ineichen und Christian Rohrer

Perene Kiefer

Generative Morphologie des Neufranzösischen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1973

Dem Andenken meiner Mutter

ISBN 3-484-50061-1 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1973 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie] zu vervielfältigen. Printed in Germany

INHALT

V

Vorwort Verzeichnis der Regeln Verzeichnis der Symbole Teil

- L1 IX

XII

1 : Einleitung 1. Morphologie und generative Grammatik

3

2. Gesprochene und geschriebene Sprache

8

3. Syntaktische Voraussetzungen

10

4. Phonologische Voraussetzungen

13

Teil 2: Flexionsmorphologie 1. Die Flexion der Verben

21

2. Die Morphologie der Substantive

79

3. Die Morphologie der Adjektive

94

Anmerkungen zu Teil 1

102

Anmerkungen zu Teil 2

105

Bibliographie

107

V O R W O R T

Das vorliegende Buch versucht, ausgehend vom gegenwärtig erreichten Stand der generativen Grammatik, die morphologischen Prozesse des heutigen Französisch relativ umfassend darzustellen. D e r Schwerpunkt der Darstellung liegt jedoch auf der Methodologie und nicht auf der Vollständigkeit. Dieses Buch kann daher die Standardwerke der französischen Grammatik wie etwa den Traité von P. Fouché und das umfassende Werk von Grévisse, Le bon usage, höchstens ergänzen, aber nicht

ersetzen.

Die generative Grammatik liefert nicht nur eine neue Technik zur Beschreibung der linguistischen Fakten, sondern gewährt auch neue Einsichten in das Funktionieren der Sprache und in ihre innere Struktur. Das vorliegende Buch soll durch eine neue Darstellung von wohlbekannten Fakten, dieselbe Aufgabe erfüllen. Es werden — soweit dies möglich ist — keine Kenntnisse über die generative Grammatik vorausgesetzt, obwohl solche Kenntnisse zum besseren Verständnis unserer Darstellung wesentlich beitragen können. Die Morphologie ist ein Teil eines

einheitlichen

Grammatikmodells. Eine generative Morphologie ist ohne Bezugnahme auf die syntaktische und phonologische Struktur der zu beschreibenden Sprache nicht denkbar. Die generative Darstellung der morphologischen Prozesse ist besonders abhängig von der vorausgesetzten Phonologie, da letztere nicht nur die Form der zugrundeliegenden Repräsentationen (die phonologische Form der Lexikoneinträge) bestimmt, sondern in bedeutendem Masse auch die der morphologischen Regeln. Die Morphologie des Französischen kann deshalb kaum ohne die Kenntnis der französischen Lautstruktur verstanden werden. Mit den in dieser Arbeit vertretenen Prinzipien der Morphologie schliessen wir u n s den Arbeiten der Arbeitsstelle Struktu—

VIII relle Grammatik (Berlin) (insbesondere den Arbeiten von M. Bier— wisch und W.U. Wurzel) an und führen damit auch die Grundsätze meiner Swedish Morphology weiter. Die Einleitung der Arbeit skizziert die allgemeinen Prinzipien der "morphologischen Komponente" sowie die zur Darstellung der morphologischen Prozesse notwendigen phonologischen und syntaktischen Voraussetzungen. Die Flexionsmorphologie enthält drei Kapitel. Das umfangreichste Kapitel ist der Morphologie der Verben gewidmet. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man den Reichtum an Formen betrachtet, den die Verben des Französischen aufweisen. Die anderen zwei Kapitel behandeln die Morphologie der Substantive und die Morphologie der Adjektive. Statt eine einzige Norm gelten zu lassen, nehmen wir in dieser Arbeit ein, dass es zwei Normen gibt: die Norm der gesprochenen und die Norm der geschriebenen Sprache. Mit anderen Worten, wir nehmen an, dass zunächst nur die Norm der gesprochenen Sprache existiert (Sprache L^), die dann durch das Erlernen des Schreibens ("graphemische Komponente"), durch eine Art von "Rückkopplung" in die der geschriebenen Sprache entsprechenden Norm (Sprache L^) überführt wird. Ein derartiges Modell kann durch eine Reihe von linguistischen Argumenten motiviert werden. Die Darstellung der Wortbildungsmorphologie fehlt in dieser Arbeit. Sie würde nicht nur über den Rahmen einer Einleitung in die generative Morphologie weit hinausgehen, sondern auch eine Reihe von Problemen aufwerfen, die bisher noch in keiner Grammatik befriedigend gelöst wurden. An dieser Stelle möchte ich Herrn Traugott Schiebe für seine hilfreichen Kommentare

meinen Dank aussprechen. Frau Siv Ceder-

lund und Frau Siv Elny Lindblom danke ich herzlich für ihre unermüdliche Hilfe bei der Herstellung des Manuskripts. Zänka (Ungarn), Sommer 1972 Ferenc Kiefer

V E R Z E I C H N I S DER

REGELN

Regel R2(8) R3(S) R( E l i s i o n ) R(Tc) R( S t a m m b i l d u n g ) R( I n f i x ) R(Präsens) R(Imperfekt) R(yod-Bildung) R'( I m p e r f e k t ) R(Konjunktiv) R(Infinitiv) R(Futur) R(Tr) R(e-Hebung) R(Futur—Personalendung) R(Kondit i o n a l ) R(Partizip) R ( A l t e r n a t i o n e : e ) oder r ( a ^ ) R ( A l t e r n a t i o n C:CC) o d e r R ( A 2 ) R(Diphthongierung) R(Glide—Ableitung) R^(Diphthongierung) R(n—Eins c h i e b u n g ) R(d—Stammbildung) R ( A l t e r n a t i o n usjii) o d e r R(A^J) R_(Diphthongierung)

X Regel Diphthongierung)

Seite 45

R(r—Stammbildung)

45

R(l«j) R^ (Präsens)

47

MTd> R(d:n)

50

R'(Td)

52

R' ( Palatalisierung)

52

H(T d ) R(Palatalisierung) R(v—Stamm) R(e:y) Redundanzregeln für die Morphologie der Verben Stammbildungsregel für das Präteritum

48 50

53 53 54 55 64 75

Personalendungen für das Präteritum

75

Stammbildungsregel für das Konjunktiv Imperfekt

76

Infix—Regel

76

Stammbildungsvokal im Präteritum R.

77 78

GPK—Regeln

70-73

R' (Präsens)

74

Redundanzregeln für die Genera der Substantive

80

Phonologische Redundanzregeln für die Genera der Substantive

82

Semantische Redundanzregeln für die Genera der Substantive

82

Morphologische Interpretations— regeln für die Genera der Sub s t ant ive

85-86

Pluralregeln für Substantive

89-91

GPK—Regel für den Plural der Substantive

92

R(Artikel)

94

XI Regel

Seite

Genus)

96

R2(Genus)

96

R^ Plural)

97

R2(Plural)

97

R(Suppletiv)

98

R(k:s)

98

R(Verdopplung)

100

GPK-Regeln f ü r A d j e k t i v e

101-102

VERZEICHNIS

DER

SYMBOLE

#

Morphemgrenze

##

Wortgrenze

C

Konsonant

V

Vokal

/ /

zugrundeliegende

(

)

fakultatives

[

J

Merkmal

keine Paranthesen N.B.

graphemische

(pl^onologische)

Form

Element

Form

Wenn k e i n M i s s v e r s t ä n d n i s

entstehen kann,

werden

d i e p h o n o l o g i s c h e n S e g m e n t e ohne Klammern a n g e g e b e n in

Regeln).

auch

(z.B.

TEIL 1

EINLEITUNG

1. MORPHOLOGIE UND GENERATIVE GRAMMATIK Nach der herkömmlichen Definition beschäftigt sich die Morphologie oder Formenlehre mit der formalen Struktur der Wörter, d.h. wie diese aus den kleinsten syntaktischen Einheiten, aus den sogenannten Morphemen zusammengesetzt werden. Das Vokabular einer Sprache enthält im Grunde genommen Morpheme. Diese Morpheme können selbst Wörter sein: ciel, garoon, langue, et, beau, diligent sind Grundelemente des Vokabulars, d.h. Morpheme der französischen Sprache, sie sind aber auch Wörter, da sie selbständig, ohne Hinzufügung anderer Morpheme gebraucht werden können. Dagegen können Morpheme wie —ons, — ai, -able, —eur, —euse, —eresse nur im Zusammenhang mit einem anderen Morphem, dem Stammorphem, gebraucht werden. Das Morpheminventar einer Sprache kann demnach in (a) Stammorpheme und (b) Affixe eingeteilt werden. Die Affixe lassen sich wiederum in (c) Flexionsmorpheme (Flexive) und (d) Derivationsmorpheme

(Derivative) einteilen. Mit Hilfe v o n

Flexionsmorphemen können die verschiedenen Formen desselben Wortes erzeugt werden: gareon-garcons,

diligent-diligente-diligents-

diligentes, chante-chantes-chantons usw.

Durch das Hinzufügen

von Derivationsmorphemen entstehen neue Wörter: mangeable, manteur, manteuse, enchanteur, enchanteresse. Neue Wörter können auch durch Wortzusammensetzung entstehen: arc-en-ciel, chemin de fer, machine a laver. Je nachdem ob eine morphologische Regel eine neue Wortform (aber kein neues Wort) oder ein neues Wort erzeugt, gehört sie zu der Flexionsmorphologie oder zu der Wortbildungsmorphologie. Die Flexionsmorphologie enthält demnach die Regeln, die die verschiedenen Formen eines Wortes bestimmen. Die Wortbildungsmorphologie dagegen befasst sich mit der Beschreibung der Regeln, die

4 die Bedingungen festlegen, unter welchen aus einem oder mehreren Stammorphemen und aus Ableitungsmorphemen neue Wörter entstehen können. Falls das neue Wort nur ein einziges St^mmorphem enthält, spricht man üblicherweise von Ableitung, wenn es dagegen wenigstens zwei Stammorpheme enthält, heisst das entstandene Gebilde Zusammensetzung. Die Wortbildungsmorphologie besteht demnach aus zwei Teilens aus einem Teil, der Wortableitungen, und aus einem anderen, der Wortzusammensetzungen erzeugt. Im weiteren beschränken wir uns auf die Fragen der Flexionsmorphologie.^ Eine generative Morphologie unterscheidet sich von der herkömmlichen Morphologie in zwei wesentlichen Punkten. Einerseits begnügt sich die generative Morphologie nicht mit dem Aufzählen der Paradigmen und mit einer Klassifizierung der verschiedenen Formen, sondern sie stellt sich die Aufgabe, die Zusammenhänge zwischen Stamm- und Flexionsmorphemen durch explizite Regeln anzugeben. Andererseits nimmt man in der generativen Morphologie im allgemeinen an, dass die morphologischen Prozesse ebensowenig autonom sind, wie die phonologischen oder semantisehen. Mit anderen Worten, die Morphologie einer Sprache kann nur im Rahmen eines Gesamtmodells adäquat beschrieben werden. Die verschiedenen Ebenen (Syntax, Semantik, Phonplogie, Morphologie) der Sprachbeschreibung können nicht voneinander unabhängig sein. Wir brauchen hier nicht auf die strittige Frage über die Zusammenhänge zwischen Syntax und Semantik einzugehen; es genügt für unsere Zwecke, wenn wir festhalten, dass eine adäquate Morphologie ohne Berücksichtigung der syntaktischen und phonologischen Struktur 2 der Sprache nicht möglich ist. Die Morphologie war bis unlängst ein vernachlässigtes Gebiet der generativen Grammatik. Die morphologischen Regeln, wenn solche überhaupt behandelt wurden, wurden als Teil der Phonologie betrachtet. Es gibt jedoch gute Gründe, eine selbständige morphologische Komponente anzusetzen: 1) Es gibt keine Sprache ohne Wortstruktur. Wenn es auch Sprachen gibt, die keine Flexionsmorpheme besitzen, wurde bisher keine Sprache gefunden, die keine Derivationsmorphologie besässe. Die morphologische Struktur ist demnach ebenso eine universelle sprachliche Erscheinung, wie die syntaktische, semantische und

5

phonologische. 2) Die morphologische Struktur unterscheidet sich von der syntaktischen vor allem darin, (a) dass syntaktische Zusammenhänge morphologisch unausgedrückt bleiben können, wie z.B. die Kasusmarkierung im Französischen; (b) dass dieselbe syntaktische Struktur morphologisch verschiedenartig realisiert werden kann je nachdem, zu welcher idiosynkratischen morphologischen Kategorie das Stammorphem gehört; so wird z.B. im Französischen der syntaktisch definierte Zusammenhang [+V, +Präs, +Sing, +1.Person] als Stamm + Stamm + ausbuchstabiert je nachdem, ob der Stamm zur ersten oder zur zweiten Konjugation gehört, dazu kommen dann noch unregelmässige Formen wie reçois, meurs. viens, usw. und Suppletivformen wie vais. ai, suis, faux usw. Es kann ausserdem noch darauf hingewiesen werden, dass (c) die Reihenfolge der Morpheme innerhalb eines Wortes mit der eigentlichen syntaktischen Struktur nicht unbedingt zu tun hat. Der syntaktisch-semantisch definierte Merkmalkomplex [+Adj, +Fem, +Plural] könnte nach der Einsetzung der entsprechenden Morpheme ebenso als intelligent ff _sff_e wie als intelligent ff e_ ff und der Merkmalkomplex [+V, -f-Futurum, +Plural, +1.Person] ebenso als parle ff ons ff r wie als parle ff r ff ons erscheinen. Die Tatsache, dass es die leteteren, aber nicht die e rs teren Formen gibt, kann nur durch die morphologische Struktur des Französischen erklärt werden. ( 3 ) Die morphologische Struktur unterscheidet sich auch von der phonologischen. Es gibt im Französischen z.B. eine phonologische Regel, die nach bestimmten Konsonantenkombinationen ein £ setzt. Auf diese Weise entstehen z.B. aus den lexikalischen (zugrundeliegenden) Formen /pari/, /cendr/, /hurl/ die Formen parle, cendre, hurle. Diese phonologische Regel wird allein von dem phonologischen Kontext bedingt. Dagegen ist die Regel, die ein e^ nach Adjektive im Kontext [+Fem] einführt, von grundsätzlich anderer Natur. Diese Regel muss auf syntaktische und morphologische Merkmale Bezug nehmen. Wenn der Merkmalkomplex [+Adj, +Fem] lexikalisiert werden soll, müssen ausser phonologischen auch morphologische und semantische Merkmale mit berücksichtigt werden: fort-forte, grandgrande , léger—légère und menteur—menteuse. trompeur-trompeuse,

6 ¿metteur—¿mmetrice, producteur-productrice wobei die Ableitung mit -trice vor allem für technische Termini gilt. Würde man eine solche Regel in der Phonologie zulassen, dann müsste unsere bisherige Vorstellung von den Aufgaben einer phonologischen Theorie völlig aufgegeben werden. Der Unterschied zwischen Morphologie und Phonologie kommt auch dann zum Vorschein, wenn man ältere Sprachstufen mit dem gegenwärtigen Sprachstand vergleicht. In vielen Sprachen, so auch im Französischen, sind einst phonologisch bedingte Prozesse durch die Sprachentwicklung "morphologisiert" worden. Die alternierenden Verbformen .je tiens — nous tenons, tu tiens - vous tenez können dadurch erklärt werden, dass im Latein der Akzent

entweder

auf den Stamm fiel /äm-o/ oder auf die Endung /am-ämus/. Die betonten Silben entwickelten sich anders als die unbetonten. Auf einer bestimmten Stufe des Französischen gab es daher eine phonologische Regel, die diese Alternationen voraussagen konnte. In der späteren Sprachentwicklung sind jedoch die meisten Alternationen verschwunden. Es hat sich entweder der eine oder der andere Stamm durchgehend durchgesetzt (wir haben

'aime aber auch

nous aimons statt nous amons und nous trouvons, .je trouve statt .je treuve). Die alternierenden Formen werden heute meist als unregelmässige Formen empfunden, die kaum ohne Bezugnahme auf idiosynkratische morphologische Merkmale erzeugt werden können. Mit anderen Worten, eine einst phonologische Regel ist zu einer morphologischen Erscheinung geworden. Würde man dennoch versuchen, die obengenannten alternierenden Formen durch eine phonologische Regel zu erklären, so würde man dadurch diesen wesentlichen Unterschied vertuschen.

3 Aufgrund dieser Erwägungen

können wir annehmen, dass es in

der generativen Grammatik eine selbständige morphologische Komponente gibt. Da - wie bereits erwähnt - die morphologischen Prozesse von den syntaktischen und phonologischen nicht unabhängig sein können, muss noch die Stelle im Gesamtmodell bestimmt werden, wo die morphologischen Regeln einsetzen. Es ist nun völlig sinnlos, die Beschreibung einer Sprache mit der phonologischen Ebene zu beginnen, da in diesem Fall höchstens die Wortstämme phonologisch beschrieben werden könnten, da der phonologischen

7 Komponente nur diese zur Verfügung stünden. Die Sätze werden erst durch, die syntaktische Komponente erzeugt. Um eine vollständige

k

phonologische Interpretation

sämtlicher Sprachelemente geben zu

können, müssen die Sätze der Sprache mit ihren Strukturbeschreibungen bereits gegeben sein. Aber auch die morphologische

Struktur

kann bei der phonologischen Interpretation nicht übergangen werden, denn eine Reihe von phonologischen Regeln müssen auf die Wortstruktur Bezug nehmen können (z.B. die Akzentregeln). Es scheint daher angemessen, im Gesamtmodell folgende Struktur anzunehmen:

Abb.1.

Wir lassen hier die Frage offen, ob die Basiskomponente mit der syntaktischen Struktur auch gleich die semantische erzeugt oder ob es noch eine semantische Komponente gibt, da diese Frage für !t unsere weiteren Überlegungen nicht v o n Belang ist. Z u r inneren Struktur der morphologischen Komponente ist folgendes z u bemerken. Da auch derivierte und zusammengesetzte Wörter Flexionsendungen erhalten können, muss angenommen werden, dass die Derivationsmorphologie der Flexionsmorphologie vorausgeht. Ausser den eigentlichen morphologischen Regeln, werden auch sogenannte Ausgleichsregeln benötigt (vgl. Chomsky-Halle S. 10),

8 die überflüssige Strukturteile tilgen, gewisse Strukturen umstrukturieren und sogenannte phonologische Phrasen einführen. Abb.2. Vereinschaulicht die innere Struktur der morphologischen Komponente.

Abb. 2.

2. GESPROCHENE UND GESCHRIEBENE SPRACHE Bevor wir auf einige Aspekte der syntaktischen und phonologischen Struktur eingehen, die für die Beschreibung der Morphologie des Französischen notwendig sind, müssen wir kurz das Problem der gesprochenen und geschriebenen Sprache diskutieren. Seit dem Aufkommen des Strukturalismus wird in den sprachtheoretischen Arbeiten fast ausnahmslos die gesprochene Sprache beschrieben oder den ii Überlegungen zugrunde gelegt. Dies entspricht jener Annahme des Strukturalismus, dass die gesprochene Sprache gegenüber der geschriebenen Sprache primär sei (vgl. z.B. Lyons, S. 38—^2). Diese Annahme wurde auch von der generativen Sprachtheorie übernommen. Die gesprochene Sprache ist selbstverständlich kein einheitliches Gebilde. Im Zusammenhang mit der liaison bemerkt Delattre: "La liaison dépend du style. Elle se fait d'autant moins que le style est plus familier. On peut distinguer au moins quatre styles: 1. la conversation familière 2. la conversation soignée

9 3. la conférence 4. la récitation des vers Dans la conversation familière, on ne fait pas ou presque pas de liaisons facultatives: Des_hommes/illustres/ont/attendu. Dans la conversation soignée, on en fait une petite proportion: Des_ hommes/illustres/ont^attendu. Dans la conférence, on en fait la majorité: Des_hoirimes_illustres/ont_attendu. Dans la récitation des vers, on les fait toutes:

Des_hommes_illustres_ont_attendu."

(Delattre, S. 26-27.) Was Delattre in bezug auf die liaison feststellt, könnte auch verallgemeinert werden. Demgemäss könnte man im Neufranzösischen wenigstens

vier Stilschichten unterscheiden.

Einfachheitshalber

werden wir jedoch hier nur von zwei Stilschichten sprechen. Stilschicht A , die wir kurz als Sprache L^ bezeichnen werden, kennt keine fakultativen liaisons, keine Fragesätze mit Inversion (statt Que fais-tu? heisst es in L^ Tu fais quois?), und kein passé simple. Sprachschicht B, kurz Sprache L^, dagegen, kennt sämtliche fakultativen liaisons « die Inversion bei Fragesätzen und auch das passé simple. Wir nehmen weiterhin an, dass L^ mit der Umgangssprache identisch ist und L^ mit der unter Einfluss der geschriebenen Sprache entstandenen Hochsprache. Ein französisches Kind würde zuerst die Sprache L^ erlernen und erst im Schulalter, parallel mit der Aneignung der Schriftbilder der bereits bekannten Wörter, wird zu L^ auch noch L^ dazugelernt. Dass das Erlernen des Schriftbildes auf das bereits vorhandene phonologische System zurückwirken kann oder sogar ein neues phonologisches System hervorbringen kann, ist eine interessante theoretische Annahme."' Diese Annahme hätte u.a. zur Folge, dass die fakultative liaison durch das Einwirken des Schriftbildes auf das phonologische System erklärt werden könnte. Die Veränderung des phonologischen Systems bringt natürlich auch eine Veränderung im morphologischen Bereich der Sprache mit sich. Sprache L^ ist morphologisch viel einfacher als Sprache L^ und das nicht nur im Hinblick auf die drei definierenden Faktoren. L^ kennt z.B. auch keinai Plural für die Substantive (ausser den Fällen, wo Suppletivformen vorhanden sind), die meisten Verben haben im Präsens Singular keine Endungen oder dieselben Endungen,

10 usw. Das Reduzieren der Mannigfaltigkeit der Sprachschichten auf L ^ und L 2 trägt natürlich den sprachlichen Tatsachen nicht Rechnung. Diese Vereinfachung ist jedoch dazu geeignet, zu zeigen, wie eine Sprache, in unserem Falle L^, von einer anderen Sprache, in unserem Falle L^, überlagert wird. Die Annahme, dass Lg under dem Einfluss des Schriftbildes entsteht, hat zur Folge, dass wir auch eine graphemische Komponente ansetzen müssen (vgl. dazu Bierwisch). Zwischen den phonemischen Segmenten von L^ und den Graphemen des Französisehen gibt es bestimmte Korrespondenzregeln, die das Erlernen der geschriebenen Sprache erleichtern. Um zu Lg kommen zu können, müssen dann weitere

Korrespondenzregeln

dazugelernt werden. Dieser Prozess kann schematisch wie in Abb.3. dargestellt

werden.

Abb.3.

3. SYNTAKTISCHE VORAUSSETZUNGEN Es wird hier vorausgesetzt, dass die Basiskomponente (s. Abb.1.) die syntaktischen Regeln des Französischen enthält urid alle und n u r die Sätze des Französischen mit deren strukturellen Beschreibungen generiert. Wir können hier natürlich auf die Einzelheiten

11 nicht eingehen und werden uns lediglich mit einigen Bemerkungen begnügen. Wir nehmen an, dass die Lexikoneinträge durch phonologische, morphologische, syntaktische und semantische Merkmale charakterisiert sind. Schematisch sieht jeder Lexikoneintrag folgendermassen aus (1)

(D, C)

(vgl. dazu Chomsky, S. 84-97)» wobei D die den Eintrag charakterisierende phonologische Matrix und C ein Komplex verschiedener Merkmale darstellt. D kann einfach als zugrundeliegende Form angesprochen werden. Sämtliche Merkmale sind binär, d.h. ihr Wert ist entweder + oder - . Die Merkmale, die bereits im Lexikon vorhanden sind, heissen lexikalische oder inhärente Merkmale. Inhärente Merkmale sind z.B. die morphologischen Merkmale, die die Zugehörigkeit des Eintrags zu einer Deklinationsklasse angeben. Syntaktische Merkmale sind Merkmale wie [+Verb], [+Adj], [+Verb transitivj usw. Ein Merkmal kann bei einer Wortklasse ein inhärentes Merkmal sein, bei einer anderen ein 'erzeugtes'. So sind z.B. die Genus-Merkmale im Französischen lexikalisch-inhärent für die Substantive, nicht inhärent dagegen für die Adjektive. Viele syntaktische Merkmale werden durch die Basisregeln eingeführt. Die semantische Struktur des Satzes wird u.a. durch Merkmale wie [1PluralJ

, [iDefinit], [+Präsens], [+Perfekt], [+Futur],

[+Indikativ] usw. bedingt. Wie die Basiskomponente auch strukturiert sein mag, unterliegt es keinem Zweifel, dass die Merkmale, die die semantische Struktur beeinflussen, bereits in der tiefsten Stufe der Basiskomponente eingeführt werden müssen. Die Merkmale dagegen, die von einem Lexikoneintrag auf einen anderen durch Vermittlung von Kongruenzregeln übertragen werden, bedanken ihr Dasein späteren Regeln, die die Bedeutung der Sätze unverändert lassen. Wir können demnach von semantisch relevanten und semantisch nicht relevanten Merkmalen sprechen. Morphologische Merkmale sind diejenigen Merkmale, die nur in morphologischen Regeln eine Rolle spielen. Die morphologischen Merkmale sind bei Substantiven lexikalisch-inhärent, hei Verben lAtvd Adjektiven können sie auch nicht lexikalisch sein (in diesem

12 Fall werden sie durch Kongruenzregeln eingeführt). Zusammenfassend erhalten wir daher folgende Klassifizierung der Merkmale: 1. Phonologische Merkmale

(2)

2. Syntaktische Merkmale 3. Semantische Merkmale 4. Morphologische Merkmale 1. Lexikalisch inhärente Merkmale

(3)

2. Nicht lexikalische Merkmale 1. Semantisch relevante Merkmale

(M

2. Semantisch nicht relevante Merkmale Wenn wir annehmen, dass die Basiskomponente auch ein ent-

sprechendes Lexikon enthält, dann enthalten die Ausgabeketten dieser Komponente auch sämtliche Merkmale, die die morphologische Komponente zu ihrem Operieren benötigt. Wir werden die einzelnen Merkmale während der Darstellung der morphologischen Prozesse des Französischen eingehender diskutieren. Wie bereits erwähnt, enthält die Syntax des Französischen Kongruenzregeln, die bestimmte Merkmale des Substantivs auf das Adjektiv übertragen. Vorausgesetzt, dass beim Operieren dieser Regeln sämtliche Adjektive dem Substantiv nachgestellt sind, liesse sich eine solche Kongruenzregel folgendermassen formulieren +N (5)

aPlural

V - [+Adj] - W

ßMaskul

aPlural ßMaskul

-INP

- Y

13 wobei et und ß die Werte + oder — haben können. Die Regel ( 5 ) ist derart formuliert, dass sämtliche dem Substantiv nachgestellte Adjektive die Merkmale [a Plural] und [ß Maskul] bekommen. Die Regel wird so oft angewendet, bis alle Adjektive abgearbeitet sind Enthält ein Satz mehrere Nominalphrasen, dann operiert die Regel ( 5 ) in jeder NP gesondert. Die Symbole X, Y, U, V, ¥ stehen für beliebige syntaktische Kategorien oder Sequenzen von Kategorien. Die Regel ( 5 ) ist eigentlich eine gewöhnliche Transformationsregel, Die Ziffern 1, 2, 3> usw. sind lediglich Abkürzungen, sie stehen für die entsprechenden Symbole auf der linken Seite der Regel. Ausser der Kongruenzregel ( 5 ) enthält die Syntax des Französischen auch andere Kongruenzregeln wie z.B. eine Kongruenzregel für das Perfekt—Partizip. Diese Kongruenzregeln sind späte Regeln in der Syntax, deren Aufgabe lediglich darin besteht, die im Satz enthaltenen Morpheme mit einer entsprechenden Merkmalspezifizierung zu versehen. Wenn die morphologische Komponente einsetzt, sind sämtliche Merkmale vorhanden, die zum richtigen Operieren dieser Komponente vonnöten sind.

k. PHONOLOGISCHE VORAUSSETZUNGEN Eine vollständige Morphologie des Französischen würde eigentlich eine vollständige Phonologie des Französischen voraussetzen. Die Form und die Anzahl der morphologischen Regeln hängen in bedeutendem Masse davon ab, welche zugrundeliegende Formen wir für die einzelnen Lexikoneinträge ansetzen und welche Alternationen wir als phonologisch bedingt betrachten. Da in dieser Hinsicht die Vokale eine weit wichtigere Rolle spielen als die Konsonanten, werden wir uns hier begnügen, kurz das unserer Analyse zugrundeliegende Vokalsystem zu charakterisieren. FouchÄ (S. 2^) unterscheidet 12 Mundvokale (voyelles orales) und vier Nasalvokale (voyelles nasales), die im folgenden Schema dergestellt sind.

14 Mundvokale a) Simples Postérieures (arrondies)

Antérieures [i ] dans lit

[u] dans cou

[e]

the

[o ]

pot

[e ]

paix

[o]

Port

[a]

patte

[o]

Pâte

b) Composées (arrondies) [y3 dans tu

W\ [œ]

££u peur

[a]

premier

Nasalvokale a) Simples Antérieur

Postérieur (arrondie) [ s ] dans bleuie

[f] dans pain

[5]

bon

b) Composée (arrondie) [S] dans brun

Die vier Nasalvokale sind zweifelsohne abgeleitete Vokale, d.h. sie entstehen aus der Sequenz Vokal + Nasal in wohldefinierten phonologischen Kontexten. Wie die Nasalierung im einzelnen vor sich geht, braucht uns hier nicht zu interessieren. Die Mundvoka— le lassen sich in folgender Tabelle zusammenfassen (vgl. Schane S. 18).

vorder und nicht gerundet

vorder und gerundet

hoch

i

y

mittelhoch

e

mittelniedrig

E

*

niedrig

a Abb.4.

hinter und gerundet u 0

OB

a

(a)

a

15 Es kann jedoch gezeigt werden, dass für die zugrundeliegende

7

Repräsentationen ein System von höchstens neun Vokalen genügt. In der Beschreibung dieses zugrundeliegenden Vokalsystems machen wir von vier distinktiven Merkmalen Gebrauch. Die hohen Vokalen werden durch [+hoch], [-niedrig], die niedrigen Vokale durch [—hoch], [+niedrig], die mittleren durch [-hoch], [-niedrig], die Zentraleft duifch [-vorder], [-rund] definiert. Abb.5. zeigt die distinktive Merkmalmatrix der neun zugrundeliegenden Vokale. i

e

£

a

o

o

u

j

/

y

hoch

+



_

_

_

_

+

_

+

niedrig

-

-

+

+

+

-

-

-

-

vorder

+

+

+

-

-

-

-

+

+

rund

-

-

-

-

+

+

+

+

+

Abb.5. Die Halbkonsonanten [q] wie in lui, pluie, truite, [w] wie in roi, oui, douane, loi, doit und [j] wie in fier, yeux, payer, pied können aus anderen zugrundeliegenden Segmenten abgeleitet werden. Einige

Beispiele für diese Ableitung werden im Zusammenhang mit

der Verbflexion diskutiert. Die in Abb.5. gegebene Analyse kann unter anderem durch folgende Überlegungen motiviert werden. Die zwei A—Laute, das [a] in pâte lind das [a] in patte werden im heutigen Sprachgebrauch nur selten.voneinander unterschieden. Klein bemerkt dazu folgendes: "Sieht man die langen Listen der Phonetiker für Wörter mit [a] und [a] an und vergleicht man die einander oft widersprechenden Ausspracheangaben der Wörterbücher, so kommt man zu dem Ergebnis, dass in Frankreich selbst grosse Unsicherheit im Gebrauch der beiden Typen des A herrscht, die dadurch bedingt ist, dass der Variationsgrad bei den einzelnen Sprechern ausserordentlich verschieden ist." Und später: "Beim Studium der Wortlisten stellt man fest, daâs die Verteilung der [ a ] und [a] -Phoneme vorwiegend historisch bedingt und von der phonetischen Umgebund abhängig ist." (S. 78)» Aus diesen Gründen können die zwei A-Laute in den zugrundeliegenden Formen als ein einziges A repräsentiert werden.

16 In bezug auf die Ö—Laute kann Ähnliches gesagt werden. "Der Ö—Laut kommt als

und als [OB] vor. Ob er geschlossen oder offen

gesprochen wird, hängt im wesentlichen von der Umgebung des Lautes ab.» (Klein, S. 70). Wir repräsentieren den zugrundeliegenden Ö—Laut als Der Schwa—Laut (e instable. e muet) ist ein abgeleiteter Laut. Schaue (S. 30) folgend geben wir ihm folgende Merkmalspezifi— zierung: —gespannt

(6)

+niedrig —vorder —rund

Das Merkmal [—gespannt] charakterisiert den neutralen Charakter des Schwa—Lautes. Schwa kann nicht in einer betonten geschlossenen Silbe vorkommen. Er ist der einzige Laut der nachtonig auftreten kann. Die mit dem Auftreten des e muet verbundenen Regelmässig— keiten gehören mit zu den kompliziertesten Problemen der französischen Phonologie (vgl. z.B. Dell). Für unsere Zwecke genügt es jedoch, wenn wir annehmen, dass Schwa aus einem zugrundeliegenden /e/ entsteht (das ist nicht immer der Fall, s. unten), u.zw. sowohl in vor— als auch in nachtoniger Position. Statt eine einzige Vokalreduktionsregel anzugeben, formulieren wir zwei Schwa— g Regeln, die wir mit R^(s) und Rg^®) bezeichnen.

—hoch

-vorder

+niedrig

-gespannt_

+vorder

R 2 (a)

—hoch +niedrig +vorder

[

/

[+betont]

-vorder "I -gespannt] / [+*.tont] #

#

Die Merkmalspezifierung von /e/ ist der Tabelle in Abb.5. zu entnehmen. Das Merkmal [—rund ] braucht nicht in der Regel erwähnt zu werden, da dieses Merkmal durch die Regel nicht verändert wird.

1? Das Merkmal [-fbetontj weist auf die betonte Silbe. Es sei bemerkt, dass nicht alle Schwa—Laute im Auslaut durch, die Regel R^is) entstehen. In manchen Fällen ist das Schwa epen-». thetisch, z.B. table, arbre, possible. Wörter, die auf Konsonant + Liquida enden, müssen ein "unterstützendes"/s/bekommen. Dieses Schwa ist vollkommen voraussagbar und braucht deshalb in den zugrundeliegenden Formen nicht angegeben zu werden. Wir formulieren die Schwa-Einführungsregel als R^(s)s *3(0

0—

-

s / c c

m

wobei C' für Liquide steht. Diese Regel könnte natürlich auch so formuliert werden, dass sie ein/c/einführt, das dann durch die Regel R^ia) zu Schwa reduziert wird. Der Schwa—Laut wird oft getilgt. In L^ ist die Schwa—Tilgungs— regel generell wirksam bei nachtonigem e muet, d.h. sämtliche durch R^ia) und durch R^(a) eingeführten Schwa werden wieder getilgt. Die Schwa-Tilgungsregel erfasst auch das Schwa, das aus einem Stammbildungsvokal entsteht (s. unten), aber auch andere vortonige Schwa—Laute. Die Bedingungen für die Tilgung des vortonigen Schwa

sind jedoch ebenso kompliziert, wie die Bedingungen

unter welchen ein Schwa in vortoniger Position entsteht (s. Anm. 8). Im Französischen gilt eine Tilgungsregel, die Konsonanten vor einem anderen Konsonanten eliminiert: peti^ camarade peti/ rabbin petijcamarades petijlfs amis Die Regel gilt nicht für Liquide und Glides: eher camarade eher rabbin pareil camarade pareil rabbin Die Tilgungsregel, die wir als Elisionsregel bezeichnen werden, kann daher folgendermassen formuliert werden:

18

Vor Morphemgrenze tilge einen Konsonanten, wenn das folgende Morphem mit einem Konsonanten oder einem Liquidlaut beginnt. Wenn wir die Konsonanten durch. [+konsonantisch] [-silbisch], die Liquide durch [+konsonantisch] [+silbisch] kennzeichnen (vgl. u.a. Schane, S. 3)> dann lässt sich die Elisionsregel folgender— massen formulieren: R(Elision)

r+konsonantisch"| L—silbisch

^ j

^ T+konsonantisch "l

J

(.^silbisch

J

wobei f für + oder — steht. Diese Regel tilgt das /t/ in petit camarade und petit rabbin, das /t/ und das /s/ in petits camarades (petit^s^camarades), das /t/ aber nicht das /s/ in petits amis (petit#s#amis). Es gibt noch eine phonologische Regel, von der wir oft Gebrauch machen werden, die sog. Schlusskonsonanten—Tilgungsregel ( r ( T c ) ) . Wie es Beispiele wie il est peti^ il est granji zeigen, müssen die Konsonanten auch im Phrasenauslaut getilgt werden. Es gibt eine Anzahl von weiteren phonologischen Regeln, auf die wir im späteren Bezug nehmen werden. Um diese Regeln besser erklären zu können, werden wir sie jedoch erst im Zusammenhang mit den zu beschreibenden Phänomenen einführen.

TEIL 2

FLEXIONSMORPHOLOGIE

1. DIE FLEXION DER VERBEN 1.1.

Die französischen Verben werden nach Modus, Tempus, Numerus

und Person konjugiert, wenn wir uns auf die einfachen Formen beschränken. Wenn wir auch die zusammengesetzten Formen mit berücksichtigen wollten, dann müssten wir noch weitere Kategorien ins Auge fassen. Als erste s werden wir die Sprache L^ beschreiben. Zur Beschreibung der Verbflexion sind zunächst folgende Merkmale notwendig: [+Präsens], [+Imperfekt] , [+Futur],

[+Konditional],

[+Infinitiv], [+Konjunktiv], [+Partizip]. Da die zusammengesetzten Formen keine neuen Probleme aufwerfen, können sie hier vernachlässigt werden. Daher bedeutet [+Futur] das Futur I. /futur simple/, [+Konditional] den conditionnel présent,

[+Infinitiv]

den infinitif présent, [+Konjunktiv] den subjonctif présent und [+Partizip] das participe présent. Die Formen des Imperativs werden hier ebenfalls ausser Acht gelassen, da sie mit auf anderem Wege erzeugbare Formen übereinstimmen. Das passé simple existiert in L^ nicht, folglich auch der subjonctif imparfait nicht. Ausser den oben erwähnten Merkmalen für Modi und Tempora werden wir auch von folgenden Merkmalen Gebrauch machen: [±Plural], [+1.Person],[+2.Person], [+3.Person]. Herkönunlicherweise werden die französischen Verben in drei grosse Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe umfasst die Verben mit dem Infinitiv auf —er: aimer, parler, placer, manger, peser, céder, jeter, modeler, créer, assiéger, apprécier, payer, broyer, envoyer. Die meisten Verben gehören zu dieser Gruppe. Die zweite Gruppe, die ungefähr 300 Verben enthält, ist die der Verben mit dem Infinitiv auf -ir: finir, aboutir, affaiblir, agrandir, éblouir, ensevelir, fournir. Gruppe 1 und 2 stellen die produktiven Formen

22 der französischen Verbflexion d a r J

Die dritte Gruppe

enthält

unregelmässige Verben, die mehr oder weniger von der entsprechenden regelmässigen Flexion der 1. und 2. Konjugation abweichen. Diese Gruppe umfasst (a) das Verb aller, (b) eine Reihe v o n Verben mit dem Infinitiv auf —ir aber mit dem Partizip —ant statt dem regelmässigen —issant, (c) sämtliche Verben auf —oir, (d) sämtliche Verben auf —re: (b) z.B. tenir « acquérir, sentir, vêtir, couvrir, cueillir, assaillir, faillir, bouillir, dormir, courir, mourir, servir, fuir, ou'ir (c) z.B. recevoir, voir « pourvoir, savoir, devoir. pouvoir, mouvoir, pleuvoir, falloir, valoir, vouloir (d) z.B. rendre, prendre, battre, mettre, peindre, .joindre , craindre , vaincre , traire , faire , plaire, connaître, naître, croître, croire, boire Wir werden zunächst die regelmässigen und unregelmässigen Verben durch das Merkmal

[iregelmässig] unterscheiden. Worin unter-

scheiden sich die zwei Klassen der regelmässigen Verben? Der Stamm der Verben, die zur 1.Konjugationsklasse gehören, entsteht aus dem Infinitiv durch Weglassen der Endung —er, der der Verben, die zu der 2.Konjugationsklasse gehören, durch Weglassen der Endung —ir: fin/, /pari/, /plas/, ..., /fin/, /abut/, /agrand/... Wir werden das / r / der Infinitivendung als Infinitivmarker betrachten, da es in allen Verben auftritt. Es liegt daher auf der Hand, das / e / bzw. das/i/als Stammbildungsvokale anzusprechen. Das / i / tritt in allen Formen der zur 2. Konjugationsklasse

gehörenden

Verben auf: je finis, je finissais, je finirai usw. Das Auftreten des / e / scheint dagegen mehr beschränkt zu sein. Auf das Vorhandensein dieses Vokals im Futur (und im Konditional) weisen solche Formen wie je pèserai, tu pèseras, ... mit einem stimmhaften Sibilanten /z/, dessen Auftreten nur durch den, in L^ stets latenten, Vokal nach dem / s / des Stammes erklärt werden kann. Wir werden im weiteren annehmen, dass der Stammbildungsvokal / e / im Futur und im Konditional der Verben der 1. Konjugationsklasse durchgehend vorhanden ist. Das in den Konjunktivformen erscheinende / e / ist eher

23 als Marker des Konjunktivs denn als Stammbildungsvokal zu betrachten, da es im Konjunktiv sämtlicher Verben auftritt: que j'aime, que .je finisse, que je rende, que je meuve, usw. Auch das /e/ in der 3.Person Präsens Plural ist kein Stammbildungs—e, denn es tritt unabhängig von dem Verbklassenmerkmal des Verbs auf: ils aiment, ils finissent, ils tiennent, ils voient, usw. Wir werden es als eine Personalendung betrachten. Es liegt auf der Hand, die zwei regelmässigen Konjugationsklas— sen durch ein binäres Merkmal zu unterscheiden, das auf die Anwesenheit oder Nichtanwesenheit eines Stammbildungselements weist. 2 Wir werden dazu das Merkmal e—StammbildungJ verwenden. Bevor wir die Stammbildungsregel formulieren, müssen wir uns noch überlegen, ob wir ein e muet nach den Singularformen des Präsens brauchen, bzw. ob wir es unabhängig davon, ob wir die Sprache L^ oder L^ beschreiben, benötigen. Wenn wir darauf eine bejahende Antwort geben, dairn muss die nächste Frage beantwortet werden: Ist dieses e muet als Stammbildungselement oder als Per— sonalendung zu betrachten? Dass e muet in der Sprache L^ in den interessierenden Fällen unentbehrlich ist, unterliegt keinem Zweifel. Was spricht aber dafür, dass wir in L^ statt a im aime schreiben (d.h. statt /em/ /ema/)? Es gibt eine Reihen von Argumenten dafür: (1) In Verben wie peser könnte das stimmhafte/z/in pfese, pfeses, pfesent nur ad hoc erklärt werden. (2) Manche phonologische Regeln können nur unter Berücksichtigung dieses Schwa formuliert werden. Vergleiche dazu die Regeln R (Alternation exe) und R (Alternation C:CC) unten. ( 3 ) Das wichtigste Argument lautet jedoch folgendermassen. Die Schlusskonsonanten—Tilgungsregel R(T ß ) tilgt einen Konsonanten vor der Phrasengrenze. Dass die später getilgten Schlusskonsonanten in den zugrundeliegenden Formen — oft sogar auch in L^ — eingegeben werden müssen, geht aus den Beispielen (1) klar hervor. Die Regel r(T q ) würde bei Nichtanwesenheit einer vokalischen Endung (/e/— /&/) auch den Konsonanten /m/ in /em/ tilgen.

24 trois cahiers

trois_amis

petit camarade

petit_ami

vert - verte (1)

diligent — diligente pesant — pesante mort — morte

Es gibt natürlich einige Ausnahmen von dieser Regel wie avec, sept, sens, clief, sec usw., die dann entsprechend

gekennzeichnet

werden müssen. Die angeführten Argumente führen uns zur Schlussfolgerung, dass das e muet auch in L^ in den interessierenden Fällen vorhanden sein muss. Die Gründe, mit denen wir unsere Schlussfolgerung motivierten, waren alle phonologischer Natur. Das e muet wird in keinen der in Frage kommenden Fällen gesprochen. Venn wir annehmen, dass - wenigstens in L^ - sämtliche Flexionsendungen gesprochen werden oder die Aussprache bzw. Nichtaussprache des Schlusskonsonanten bedingen, dann folgt aus dieser Annahme, dass das e muet, das dem Stammorphem angeschlossen wird, in manchen Fällen als ein Stamm— bildungselement, in anderen dagegen, als Personalendung zu betrachten ist. Wir werden dementsprechend das e muet durch die Stammbildungsregel und durch die Regel für die Personalendungen erzeugen. Wir müssen als nächstes die Frage beantworten, ob das Stamm— bildungs—e ein zugrundeliegendes / e / oder ein zugrundeliegendes / e / ist. Im Infinitiv erscheint es durchgehend als /e/, in allen anderen Fällen wird es zu Schwa reduziert. Dass der Stammbildungs— vokal im Infinitiv als / e / erscheint, kann dadurch erklärt werden, dass er nur in diesem Fall betont ist. Strukturell steht / e / dem Schwa näher als /e/. W i r werden deshalb annehmen, dass der Stamm— bildungsvokal in der zugrundeliegenden Repräsentation als / e / er— scheint In den Verben auf —ir erscheint in manchen Formen ausser dem Stammbildungs—i auch noch ein Infix ss : nous finissons, .je finissais, que .je finisse, usw. W i r werden dieses Infix durch eine Infigierungsregel

einführen.

25 R(Stammbildung) :/[+e-Stairanbildung]/ ( \ [+Infinitiv] •

0

[+Futur]

R(Infix)

/ [ - e - S t a m m b i l d u n g ] ^ I[+Imperfekt]

> [ +Kon junktiv] [+Partizip]

Die Regel R(Infix) muss nach der Regel R(Stammbildung) geordnet werden. Die Sprache L^ weist nun in bezug auf das Konjugationssystem folgende Charakteristika auf. Die in der geschriebenen Sprache (daher auch in L ^ ) vorhandenen konsonantischen Endungen, die nur in der liaison

gesprochen werden, kommen in L^ nicht vor. Die

Flexionsendungen in L^ weisen daher eine einfachere Struktur auf als die in L^. (a) Präsens Die Verben der 1.Konjugationsklasse sowie die der 2.Konjugations— klasse haben im Singular keine Personalendungen. Im Präsens Singu—

26 lar treten lediglich die Stammbildungsvokale auf. Für beide Verb— klassen erscheinen folgende Endungen im Plural: /on/ in der 1.Person, /e/ in der 2.Person und /e/ in der 3«Person. Die Regel lässt sich, leicht formulieren: R(Präsens) ton / [+I.Person] e

/ [+2.Person]

e

/ [+3.Person]

/ [+Plural ]

u

/r+v L+Präsens

(b) Imperfekt Das Imperfekt enthält vor den Personalendungen die Vokale /e/ bzw. /i/. Bei den Verben der 2.Konjugationsklasse folgen diese nach dem Stammbildungsvokal /i/ und dem Infix _s_s: .je finissais /finisse/, nous finissions /finissjon/. Wir können jedoch annehmen, dass der Imperfektmarker durchgehend der Vokal /t/ ist, der vor einer betonter Endung in /j/ überführt wird. R(Imperfekt) [+Imperfekt] R(yod—Bildung)

[+V] Hier steht V für einen beliebigen Vokal, [ + v ] weist darauf hin, dass diese Regel auf Verben beschränkt ist. Für das Imperfekt haben wir folgende zugrundeliegende Formen: Singular en#e

Plural I.Person

2.Person

3.Person

en#s#on

en#e#e

en#e#e

27 Nach der Anwendimg der yod—Regel erhalten wir: £n#'j#on

£n#j#e

Wenn wir annehmen, dass die Präsensendungen

Personalendungen

darstellen, dann gilt folgende Regelordnung: (2)

R(Stanunbildung), R(Infix), R(Tempus), R(Person)

R(Tempus) steht für den Tempusmarker, z.B. R(Imperfekt), R(Person) ersetzt R(Präsens). Die Regelordnung ( 2 ) wird auch durch die weiteren Tempusformen bestätigt. Es sei jedoch bemerkt, dass eine Regel in (2) nur dann angewendet wird, wenn die in der Regel gegebenen Bedingungen erfüllt sind. So kommt z.B. bei den Verben auf —er die Regel R(Infix) nicht zur Anwendung. (c) Konjunktiv Auch im Konjunktiv kann ein Marker /tf angenommen werden. Dadurch wird es möglich den Konjunktiv parallel zu dem Imperfekt zu behandeln. Der Unterschied zwischen den beiden Formen besteht lediglich darin, dass der Imperfektmarker vor einer nicht betonten Personalendung betont wird, der Konjunktivmarker jedoch stets unbetont bleibt und folglich - mit Ausnahme der 1. und 2.Person Plural, wo die yod-Bildungsregel operiert — zu Schwa reduziert wird. Wir werden einfachheitshalber annehmen, dass die Regeln für das Imperfekt und den Konjunktiv einen Hinweis auf die Akzent— Verhältnisse enthalten.

Statt R(Imperfekt) gilt dann die Regel

R'(Imperfekt): R'(Imperfekt) [+Imperfekt ]

— e [+betont]

Für den Konjunktiv gilt entsprechend R(Konjunktiv) [+Konjunktiv]—-

£ [—betont 3

28 (d) Infinitiv Die Regel für den Infinitiv wirft kein besonderes Problem auf. R(Infinitiv) [+Infinitiv J

r

Im Zusammenhang mit der Infinitivregel soll gleich darauf hingewiesen werden, dass das Infinitiv-r bei den zur 1.Konjugationsklasse gehörenden Verben durch eine phonologische Regel getilgt wird. Wie wir bereits sahen, erscheint bei diesen Verben vor dem Infinitiv-r der Stammbildungsvokal /e/. Dieser wird zu /e/, wenn der Akzent auf ihn fällt: j'aime

(/EM#E/ — •

/£m#s/)

aimer

( /em#£ # r/-Vem#e#r/-/ em#e/-

gegenüber

/em#e/, letztere Form ensteht durch die hier nicht diskutierte Regel der Vokal— harmoni s i erung) Nach dem Stammbildungs—i^ wird /r/ nie getilgt. Will man die Til— gungsregel generell formulieren, so müssen auch die unregelmässi— gen Verben mit berücksichtigt werden, aller verhält sich wie aimer, die Verben auf -ir wie finir. Die Verben auf -oir erhalten ihren Diphthong aus einem zugrundeliegenden /e/, das im Infinitiv aus dem Stammbildungs—e entsteht. Das Infinitiv—r bleibt böi diesen Verben beibehalten. Wird die Diphthongierungsregel vor der r—Tilgungsregel angewandt , dann kann letztere Regel bei recevoir nicht mehr operieren, da die Bedingung für das Operieren dieser Regel nicht mehr erfüllt ist. Die r-Tilgungsregel muss auf das Stammbildungs— Bezug nehmen, um nicht auch Verben wie traire /tr£#r/, faire /f{#r/ ( plaire /ple#r/ mit zu erfassen. Nach diesen Bemerkungen können wir nun die Tilgungsregel für das Infinitiv-r folgender— massen formulieren:

29

R(T )

fi

r

[+Inf] Die Regel, die den Stammbildungsvokal /e/ vor /r/ hebt, heisst R(e-Hebung)s [+niedrig]

»- [-niedrig]/

( e) Futur Im Futur erscheint in allen KonjugatioA'stilq.spc,n das Element r. R(Futur) [+Futur ]

r

Ausserdem weichen die Personalendungen des Futurs von denen des Präsens ab. Ohne den Versuch zu machen, beide Formen der Personal— endungen aus einer einzigen abstrakten Form abzuleiten, setzen wir eine besondere Regel für die Personalendungen im Futur an. R(Futur—Personalendung) / [+1.Person]

0

a / e / [+2.Person]

/ [-Plural]

rr+v L+Futur

\ on Hier konnte dadurch eine Vereinfachung erzielt werden, dass wir die Subregel für 2.Person Plural vor die für I.Person Plural stellten. (f) Konditional Der Konditional kann als eine Form charakterisiert werden, die sowohl den Marker für das Futur als auch den für das Imperfekt enthält. Es gilt also folgende Regel:

30 R( Konditional) [+Konditional ]

[+Futur ]

[+Imperfekt J

Diese Regel kann auch als eine Redundanzregel aufgefasst werden. Sie bestimmt u.a. die Regelordnung für den Konditional, denn das Schema (2) enthält keine Instruktion für Fälle, wo zwei Tempusmarker vorkommen. Die Ableitung der Konditionalformen exemplifiziert zugleich die Anwendung der verschiedenen Regeln der Verb— flexion. Stamm

/arriv/ I.Person Sing.

I.Person PI.

arrivi

arrives

R/Tempus/

arriv^e^r

arriv#E^r

R/Tempus/

arri

R/s tammbi Idling/ R/lnfix/

e

arrivi

R/Person/

arriv#E#r^on

yod—Regel

arriv#e#i#j#on

Schwa—Reduktionsregel

arriv#a#r#e

arriv#8#i#j#on

Schwa—Tilgungsregel

arriv#r# e

arriv#i#j#on

Stamm

/fin/ I.Person Sing.

1.Person PI.

fin#i

fin#i

R/Tempus/

fin#i#r

fin#i#r

R/Tempus/

fin#i#r#e

fin#i#i#e

r / Stammbildung/ R/lnfix/

R/Person/

fin#i#i#e#on

yod—Regel Schwa—Reduktionsregel Schwa—Tilgungsregel

Die Schwa—Tilgungsregel ist für den Stammbildungsvokal in L obligatorisch, da dieses Schwa in L

nie gesprochen wird.

31 (g) Partizip Die Partizipendung ist -ant, in L a l s

/ a n / dargestellt. Wir

haben folgende Regel: R(Partizip) 0

ein /[+Partizip]

Mit der Regel für das Partizip haben wir die Morphologie der regelmässigen Verben des Französischen in groben Zügen beschrieben. Bevor wir uns den morphologischen Besonderheiten

zuwenden,

die einige Typen der regelmässigen Verben aufweisen, soll hier darauf hingewiesen werden, dass in den oben diskutierten morphologischen Regeln nirgends das Merkmal

[+regelmässig] vorkommt.

Diese Tatsache ist nicht verwunderlich, da die morphologischen Regeln für Person (Präsens) und Tempus sowohl für die regelmässigen wie auch für die unregelmässigen Verben gelten. Letztere zeichnen sich — wie wir sehen werden — dadurch aus, dass sie nicht voraussagbare Alternationen im Stamm und eine von der der regelmässigen Verben verschiedenen Verteilung der Stammbildungs— vokale und der Infigierung aufweisen. 1.2.

Innerhalb der ersten Konjugationsklasse lassen sich nach

dem Le nouveau Bescherelle dreizehn, innerhalb der zweiten Kon— jugationsklasse zwei Unterklassen unterscheiden. Wir wenden uns nun der Frage zu, wie weit diese Einteilung von unserem Gesichtspunkt aus berechtigt

ist.

Die erste Unterklasse ist durch das Verb aimer repräsentiert. Alle anderen Unterklassen der ersten Konjugationsklasse Verben, deren Flexion mehr oder weniger von der

enthalten

"regelmässigen"

ersten Unterklasse abweicht. Die zweite Unterklasse ist durch das Verb placer repräsentiert und enthält sämtliche Verben auf -cer. Diese Verben erhalten eine c^dille unter das £ vor den Vokalen a und jj. Die nächste Klasse umfasst Verben auf —ger: manger, .juger. Diese Verben behalten ihr e nach dem £ vor a und

Es ist

leicht zu sehen, dass diese Eigentümlichkeiten mehr mit der Orthographie als mit der Phonologie oder Morphologie zu tun haben. Keine Unregelmässigkeit

ist zu beobachten bei folgenden Gruppen

32 (jeweils durch ein Verb repräsentiert): créer (hier erscheinen bloss zwei e_ oder sogar drei nacheinander: créée (das participe passé féminin), apprécier (hier erscheinen zwei i^ in manchen Formen: appréciions, appréciiez), payer (hier kaum das ^ vor einem e^ muet durch ein i ersetzt werden). Phonologisch interessante Alternationen weisen nur einige Verbtypen auf, denen wir uns nun zuwenden. Verben, die in der zugrundeliegenden Form auf CEC enden, wobei C einen beliebigen Konsonanten bezeichnet, behalten das offene E vor der Wortgrenze (d.h. in betonter Silbe) und vor dem Stamm— bildungsvokal / e / . Wir haben daher folgende Formen: je pèse

je pèserai

tu pèses

tu pèseras

il pèse (3) x '

(a) v '

nous pesons

(b) v '

il pèsera . nous pèserons

vous pesez

vous pèserez

ils pèsent

ils pèseront

Wir haben bereits die Frage diskutiert, wie ein Schwa entsteht

( s . 16-17). In (3) ist die zugrundeliegene Form des Stammvokals /e/. Dieses /z/ wird nicht zu Schwa reduziert, wenn betont, die erste Schwa—Regel, R^ (s), reduziert jedoch in (3)(a) das / e / in der 1. och 2.Person Plural, da in diesen Fällen die Flexionsendung betont wird. In (3)(b) wird der Stammbildungsvokal / e / zunächst reduziert und dann getilgt. Das / e / des Stammes bleibt jedoch unverändert, da es in der zweiten Silbe vor der betonten Silbe steht. Diese Bedingung muss in der Regel R^(a) angegeben werden. Eine weitere Gruppe bilden die Verben, deren Stamm auf e c ( c ) endet, z.B. céder, accélérer, adhérer, célébrer, concéder. insérer, oblitérer, pécher, piéter, posséder, récupérer. Diese Verben haben ein offenes E vor der Wortgrenze. Das Paradigma is wohlbekannt :

(4)

je cède

noue cédons

tu cèdes

vous cédez

il cède

ils cèdent

33 Diese Alternation findet man auch bei manchen Adjektiven vor: léger—légère, complet—complète. Bei den Adjektiven gibt es jedoch einige Ausnahmen (s. Kapitel 3). Wir können nun festhalten, dass die Alternation /e/s/e/ eintritt, wenn /e/ betont ist und nach dem betonten /e/ ein gesprochener Konsonant folgt. Würde man die zweite Bedingung ausser Acht lassen, so würde die Regel R(Alternation e:e) auch Formen wie thé, fée, nez, léger, assez und chanté, chantées, donner, chantez, donnez erfassen. Es sei auch bemerkt, dass die betreffenden Formen auf ein unbetontes /e/ enden, das notwendigerweise zu Schwa reduziert wird. Wir können daher die Regel folgendermassen formulieren: R(Alternation e:^) e

e /[+betont]c

(c)#e

Die Regel R(Alternation e:e) — kurz R(A^) — ist eine phonologische Regel, die sich auf eine morphologische Klasse bezieht, auf die der Verben. Sie ist aber eine phonologische Regel, da ihr Operieren innerhalb dieser morphologischen Klasse nur von dem phonolo— gischen Kontext abhängt. Ausser den generellen phonologischen Regeln weisen viele Sprachen auch phonologische Regeln mit beschränktem Wirkungsbereich auf. Die Gruppe der Verben auf —eler oder —eter, die das 1. oder jfc vor einem e muet verdoppeln, können auch leicht phonologisch charakterisiert werden. Diese Klasse enthält Verben wie jeter, appeler, renouveler, projeter, parqueter. marqueter, jumeler, harceler. Diese Regel soll sich

nur auf Verben beziehen.

R(Alternation C:CC) C

»- CC / e

wobei C = ^ oder t^ ist. Das zweite /t/ wird notwendigerweise zu Schwa reduziert. In dieser Regel kann im Kontext nicht die Wortgrenze Eingegeben werden, denn die Verdopplung findet nicht nur im Präsens statt (je jette, tu jettes, il jette, ils jettent), sondern auch im Futur und Konditional (je jetterai, tu jetteras, ..., je jetterais, tu jetterais), d.h. in allen Fällen, wo nach dem / E / des Stammes ein Schwa steht. Wir weisen noch einmal darauf

34 hin, dass in h^ der Stammbildungsvokal in unbetonter Silbe stets zunächst zu Schwa reduziert und dann getilgt wird. Das Merkmal [+betont] spielt in der Regel R(Alternation CsCC) - kurz

R

(A2) "

keine Rolle. Die Formen nous .jetons, vous .jetez, .je .jetais, usw. werden von der Schwa—Regel

automatisch erzeugt.

Einige Verben des obigen Typs verdoppeln nicht den Konsonanten _t oder

modeler (.je modèle, tu modèles, . .., .je modèlerai, tu

modèleras, . . . , .je modèlerais, tu modèlerais. . . . ) celer, ciseler, démanteler, geler, peler, acheter, crocheter. Diese Gruppe ist am besten als Ausnahme innerhalb der vorangehenden Gruppe zu betrachten. Die Regel R(A^) gilt nämlich für die überwiegende Mehrheit der Verben auf —eter oder —eler. Technisch würde das einfach heissen, dass wir das Regelmerkmal — R ^ ^ ) in die Merkmalspezi— fizierung der obengenannten Verben eintragen. Die durch das Verb assiéger repräsentierte Gruppe ist mit der Gruppe von céder identisch. Interessant ist die Gruppe der Verben, die einen Diphthong enthalten: employer, noyer, octroyer, ennuyer, appuyer. Da wir die Diphthonge in die Tabelle der zugrundeliegenden Vokale (Abb.5.) nicht aufnahmen, müssen diese irgendwie hergeleitet werden. Wir werden annehmen, dass in den auf Diphthongierung markierten Verb— stammen ein Halbkonsonant (Glide) durch eine phonologische Regel eingeschoben wird. Demnach würde ein Verb wie noyer die zugrundeliegende Form /ne/ haben. Der E—Laut /e/ wird durch die Diphthongierung stets mit dem Glide/w/verbunden, d.h. aus/n^ erhalten wir /nwe/ Eine weitere Regel überführt/we/in/we/( Schane S. 23—24), d.h. wir erhalt en/nw^/. Die Regel, die /we/ in/va/ überführt, scheint ohne Beschränkung zu operieren. Mit anderen Worten, der Diphthong/wa/ entsteht stets aus einem zugrundeliegenden/e/. Das Verb ennuyer hat die zugrundeliegende Form /ennui/; hier wird der Vokal /u/ vor /i/ in den Glide /rç/ umgewandelt. Es entsteht dadurch die Form /ermqi/. Zwar werden wir im Zusammenhang mit den regelmässigen Konjugationsklassen den dritten Glide /j/nicht brauchen, wir werden seine Ableitung aber hier behandeln. Die Form viens des Verbs venir entsteht aus der zugrundeliegenden Form /yen/, vor einem niedrigen E—Laut wird in den entsprechend markierten Stämmen ein /j/ eingeschoben. Wir erhalten dadurch die Form /vjen/. Die drei

35 Diphthongierungsregeln können durch die in (5)—(7) exemplifizierten Alternationen motiviert werden. dois — devons

(5)

/dwa/ — /dgvo/

reçois — recevons

(6)

(7)

/räswa/ — /rssavS/

tue — tuer

/ty/ — /t^e/

pue - puer

/py/ - /pqe/

viens — venons

/vj?/ — /v3nS/

tiens — tenons

/tjï/ - /tenS/

Es gibt im Französischen eine phonologische Regel, die besagt, dass alle unbetonten hohen Vokale zu Glides werden, wenn ihnen ein anderer Vokal folgt (Schane S. 56). Dies ist der Fall in (6). Die Glides in ( 5 ) und (7) entstehen dagegen durch Diphthongierung. Die drei Regeln, die hier von Belang

sind, können zusammen-

fassend folgendermassen dargestellt werden: R(Diphthongx erung) (a)

/e/



(b) R(Glide—Ableitung)

/yv/ —

/qv/

wo V für einen beliebigen Vokal steht. Übrigens kann nicht nur aus /y/ entstehen, sondern auch /j/ aus /i/ und /w/ aus /u/, wie es die unterstehenden Beispiele zeigen.

(8)

(9)

scie — scier

/si/ — / s J e /

étudie — étudier

/etydi/ — /etydje/

joue — jouer

/3U/ — /3we/

loue — louer

/lu/ — /lwe/

Halbkonsonanten können daher entweder durch Diphthongierung oder durch die allgemeine Glide—Ableitungsregel entstehen. Die Glide— Ableitungsregel ist eine phonologische Regel, die ohne Rücksicht

36 auf morphologische oder syntaktische Kategorien wirksam ist. Dagegen braucht man für die Diphthongierung — wenigstens in den uns interessierenden Fällen — ein besonderes Merkmal. Wir werden dieses Merkmal [+Diphthongierung] nennen. Demgemäss müssen die Verben wie employer, noyer, broyer, ennuyer, usw. in ihrer Merkmalspezifizierung das Merkmal [+Diphthongierung] enthalten. Hätten wir die Diphthonge als zugrundeliegende Segmente betrachtet, dann brauchten wir das Merkmal [+DiphthongierungJ in den eben genannten Fällen nicht. Dieses Merkmal wäre jedoch auch weiterhin notwendig, um Fälle wie tiens—tenons, viens—venons zu kennzeichnen. Ausserdem würde die Aufnahme der Diphthonge unter die zugrundeliegenden Segmente zur Einbusse vieler phonologischer Generalisierungen führen. Wir können hier auf die Details nicht weiter eingehen (vgl. dazu vor allem Schane S. 20—30 lind S. 56—

60).5 Wenn wir das Paradigma von broyer näher betrachten, so können wir sehen, dass wir noch einen Punkt zu erklären haben. je broie

nous broyons

tu broies

vous broyez

il broie

ils broient

(10) je broyais, tu broyais, etc. je broierai, tu broieras, etc. je broierais, tu broierais, etc. Wenn einem Diphthong /wa/ ein voller Vokal folgt (alle Vokale ausser Schwa), dann wird zwischen /wa/ und dem Vokal ein /j/ eingeschoben. Dasselbe gilt für den Diphthong /qi/: ennuie — ennuyons. Wir werden diese Regel yod—Einschiebung nennen. Auch diese Regel operiert ohne Rücksicht auf morphologische und syntaktische Kategorien. Sie muss jedoch nach der Schwa—Regel eingeordnet werden, denn sonst würde man im Futur und im Konditional auch ein yod erhalten. Dadurch würden nicht erwünschte Formen entstehen wie etwa ^broyerai. *broyerais. In der zweiten grossen Gruppe der regelmässigen Verben (Paradigmas finir) , wird im Bescherelle das Verb ha'ir als eine selbständige Gruppe behandelt. Da es sich um ein einziges Verb

37 handelt, brauchen wir uns nicht damit eingehender zu befassen. Zusammenfassend stellen wir tabellarisch die morphologischen Typen der regelmässigen Verben dar. [+regelmässig] [+e—Stammbildung] L-R(A 2 )] aimer

[—e—StammbildungJ

[ +Diphthongierung]

modeler

broyer

finir

Die Anzahl der verwendeten Merkmale zeigt zugleich den Komplexität s grad der Verben. Am einfachsten sind die Verben wie aimer und finir. Einen Grad komplexer sind die Verben modeler und broyer. Diese Tatsache kann adäquater beschrieben werden, wenn wir die Theorie der Markiertheit Einwenden. Weiter unten werden wir an einigen Beispielen zeigen, wie dabei vorzugehen ist, hier verzichten wir jedoch auf diese Darstellungsweise. Es gibt daher nur vier morphologische Klassen innerhalb der regelmässigen Verben. Alle anderen Abweichungen vom Paradigma des Verbes aimer sind als phonologische (oder orthographische) Erscheinungen zu betrachten, die durch phonologische (oder orthographische) R»geln erklärt werden können. In allen bisherigen Klassifikationen, von welchen Bescherelle nur ein Beispiel ist, werden die grundsätzlich verschiedenartigen Abweichungen vom regelmässigen Typ nicht auseinander gehalten. So werden orthographische Besonderheiten ebenso als klas— senbestimmende Markmale behandelt, wie phonologische oder morphologische. Das Setzen einer cedille oder eines e_ nach einem g sind einfach orthographische Niederschläge von phonologischen Regelmässigkeiten. Die Alternation /©/ — /%/ kann, wie wir sahen, durch eine generelle phonologische Regel erklärt werden. Bei den Verben des Typs broyer dagegen löst das Merkmal [+Diphthongierung] die Diphthongierung aus. Das Verb creer enthält z.B. nicht dieses Merkmal. Hier haben wir daher eine wesentliche Abweichung vom regelmässigen Typ. Ähnliches gilt für die Verben des Typs modeler.

38 1.3 Die dritte grosse Gruppe der französischen Verben, die der sogenannten unregelmässigen Verben, ist dadurch charakterisiert, dass (1) die aufgrund der Form des Infinitivs erwartete Stammbildung nicht eintritt, oder dass sie durch eine andere Stammbildung ersetzt wird; (2) die Stammbildung nicht alle Formen erfasst, die in der regelmässigen Konjugation auftreten, sondern von Verbtyp zu Verb— typ unterschiedliche Verteilung aufweist; ( 3 ) das Merkmal [+Diphthongierung], das bei den regelmässigen Verben des Typs broyer sämtliche Verbformen charakterisiert, auf bestimmte Verbformen beschränkt ist; (4) zusätzliche (von morphologischen Merkmalen abhängende) phonologisclie oder morphologische Regeln wirksam sind; ( 5 ) die Verbformen nicht aus einer einzigen Stammform abgeleitet werden können, d.h. dass Suppletivformen auftreten. Ein unregelmässiges Verb kann mehr oder weniger unregelmässig sein je nachdem, in wieviel Merkmalen es vom entsprechenden Typ der regelmässigen Konjugation abweicht. Wir können hier nicht alle unregelmässigen Verben eingehend beschreiben. Wir werden lediglich an einer Reihe von Beispielen zeigen, wie dieseVerben in dem bisher entwickelten Rahmen charakterisiert werden können. (a) Die Verben tenir, venir und ihre Zusammensetzungen unterscheiden sich von der regelmässigen Verbklasse (Paradigma:finir) in folgenden Merkmalen: die [—e—Stammbildung] tritt nur im Infinitiv auf, im Futur und Konditional erscheint dagegen ein neues Stammbildungselement d: je tiendrai, tu tiendra,...je tiendrais, tu tiendrais, etc. Das Merkmal [+Diphthongierung^ ist auf die Formen des Futurs, des Konditionals, des Präsens Singulars und der 3-Person Präsens Plural beschränkt. Die Merkmalspezifizierung dieser Verben muss deshalb kontextabhängige morphologische Merk— n

male enthalten. Das Diphthongierungsmerkmal würde etwa heissens [+DiphthongierungJ wenn (l) Stamm betont ^ ^

(2) vor dem Stammbildungselement /d/

39 Bedingung (1) würde dann die diphthongierten Formen des Präsens und des Konjunktivs erklären (je tiens, ils tiennent versus nous tenons, vous tenez und que je tienne, qu'ils tiennent versus que nous tenions, que vous teniez), Bedingung ( 2 ) dagegen die Diphthongierung im Futur und Konditional. Es ist jedoch auch möglich, die Diphthongierungsregel etwas eleganter zu fo mulieren, wenn wir beachten, dass die Diphthongierung nur dann eintritt, wenn das dem Stamm folgende Morphem mit einem nichtvokalischen Segment anfängt. Für die verschiedenen Formen der Verben tenir und venir haben wir die zugrundeliegenden Repräsentationen (l2)(a) und (b). In (l2)(a) tritt die Diphthongierung ein, in (l2)(b) dagegen bleibt sie aus. je /ten/ (I2)(a)

nous /t€n#on/

que je /t e n#n#e/ je /ten#d#e#i#e/

(b)

je /t e n# e / /t e n# e #on/ nous

que

Die Diphthongierungsregel lasst sich daher wie folgt formulieren. R^(Diphthongierung) V

^

[+Diphthong]/

#/C/

Was an tenir und venir idiosynkratisch ist, ist die Einschie bung eines /n/ bei gewissen Formen. Wäre dieses /n/ nicht vorhanden, würde die Kontextbedingung für die Diphthongierungsregel nicht erfüllt und die Diphthongierung würde nicht eintreten. Es handelt sich hier lediglich um die 3.Person Präsens Plural und um das Konjunktiv Singular sowie um die 3»Person Konjunktiv Plural. R(n—Eins Chi ebung)

£

n

j

[+3.Person] / | [ + P r ä s e n s ] ) ( [+Konjunktiv] j [-Plural]

oder

/

[+Konjunktiv]

40 0

— —

n / [+betont]

n

Die gegebene Formulierung für die Diphthongierungsregel R.J ( Diphthongierung) ermöglicht es, durch sie auch weitere un— regelmässige Verben zu erfassen (s. unten). Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die entsprechenden Verben im Hinblick auf die Diphthongierungsregel markiert werden müssen. Auch die Stammbildungsmerkmale müssen kontextabhängig angegegen werden, ungefähr so: [—e—Stammbildung] wenn [+Infinitiv] (13)

[+e—Stammbildung] wenn [+Futur] oder [+Konditional] [+d—Stammbildung] wenn [+Futur] oder [+Konditional]

Diese Spezifizierung löst dann das Operieren von idiosynkrati— sehen Stammbildungsregeln aus. Dass die [—e-Stammbildung] auf den Infinitiv beschränkt ist, blockiert die Anwendung der bildungsregel

¿—Stamm—

für andere Fälle als die mit [+Infinitiv] spezi-

fizierten. Für die [+d—Stammbildung] muss eine neue Regel formuliert werden. R(d—Stammbildung)

ff

ci /

[+Futur]

)

[+KonditionalJ1

Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die zugrundeliegenden Formen der Verben tenir und venir /ten/ und /ven/ sind und dass die Diphthongierung durch die Einschiebung eines yod vor /e/ erfolgt. (b) Das Verb quérir und seine Zusammensetzungen (acquérir. conquérir, s'enquérir, reconquérir, requérir) unterscheidet sich von Gruppe (a) darin, dass die Diphthongierung nur dann eintritt, wenn der v Stamm betont ist ( ,j ' acquiers, nous acquérons, que •# . ' « .1 acquiere. que nous acquérions aber ' acquerrai, nous acquerrons, .j 'acquerrais . nous acquerrions).

kl

Für quérir brauchen wir jedoch keine neue Diphthongierungsre— gel, denn das Ausbleiben der Diphthongierung im Futur (und im Konditional) lässt sich einfach durch die Tatsache erklären, dass hier die Kontextbedingung für die Regel R^(Diphthongierung) nicht erfüllt ist. Nach dem Stamm tritt hier nämlich das Stammbildungselement /e/ auf. Die [—e—Stammbildung] ist auch hier auf den Infinitiv beschränkt. Im Futur (und im Konditional) erscheint jedoch statt des erwarteten Stammvokals / e / der Vokal /e/. Vergleiche die Formen des Imperfekts mit dem des Futurs: j'acquérais (l4)

j'acquerrai

tu acquérais

tu acquerras

nous acquérions

nous acquerrons

Diese Alternation ist dieselbe wie bei den Verben des Typs céder, d.h. auch hier kann die Regel R(A^) angewendet werden. Wir müssen bloss darauf achten, dass diese Regel nach der Diphthongierungsregel angewendet wird, sonst würde sie u.a. auch im Präsens Singular operieren, was zu falschen Ergebnissen führen würde. Für die Erzeugung der verschiedenen Formen v o n quérir brauchen wir daher keine neuen Regeln: Die bereits formulierten Regeln erfassen auch den Fall von quérir. (c) Die Verben wie sentir, mentir, partir, se repentir, sortir und ihre Zusammensetzungen haben folgende Charakteristika. Die [—e—Stammbildung] ist auf den Infinitiv, das Futur und den Konditional beschränkt, im Präsens, Imperfekt und Konjunktiv bleibt sie dagegen aus (je sens, je sentais, que je sente aber je sentirai, je sentirais). Die zugrundeliegende Form des Präsens Singular ist /sent/, das/t/wird durch die Tilgungsregel für die Schlusskonsonanten

eliminiert.

(d) Das Verb vêtir und seine Zusammensetzungen werden ebenso konjugiert wie (c). (e) Die Verben couvrir, ouvrir, offrir, souffrir und ihre Zusammensetzungen haben [—e—Stammbildung] im Futur, Konditional und Infinitiv und keine Stammbildung im Präsens und im Imperfekt. Das Schwa im Präsens Singular dieser Verben (je c ouvre, tu couvres, il couvre) ist kein Stammbildungselement. Es ist ein "unterstützendes" Schwa und wird durch die Regel R„(s) eingeführt.

k2

Diese Gruppe fällt daher mit (c) zusammen. (f) Das Verb cueillir (wie auch accueillir, recueillir) hat nur im Infinitiv [-e—Stammbildung], sonst wird es nach dem Muster von aimer konjugiert, d.h. es hat [+e—Stammbildung] in allen anderen Fällen, wo aimer diese Stanunbildung aufweist. Die zugrundeliegende Form ist /k/i/. (g) Wir können für das Verb dormir die zugrundeliegende Form /dorm/ ansetzen. Wir erhalten damit im Präsens Singular .je dorm, tu dorm, il dorm. Das m wird durch die

Schlusskonsonanten—Tilgungs—

regel eliminiert. Es sei jedoch bemerkt, dass diese Regel Liquiden und Glides nicht erfasst. Sonst verhält sich diese Gruppe genauso wie (c). (h) Das Verb courir weist

[-e—Stammbildung] lediglich im In-

finitiv auf. Die [+e—Stammbildung] kommt nicht vor. Von den Verben auf —ir betrachten wir nur noch zwei Gruppen. (i) Das Verb servir samt seinen Zusammensetzungen (mit Ausnahme von asservir, das wie finir konjugiert wird) wird von Be— schereile als selbständige Gruppe betrachtet. Nimmt man jedoch an, dass die zugrundeliegende Form /serv/ ist, dann fällt diese Gruppe mit (g) bzw. (c) zusammen. (j) Komplizierter ist die Flexion des Verbs mourir. Die [—e—StammbildungJ ist auch hier auf den Infinitiv beschränkt. Im Futur und im Konditional erscheint ein Stammbildungs—e: die Formen je mourrai, nous mourrons , . . . , entstehen aus /mur#e#:r$e/ bzw. /mur#£#r$on/. (S. auch Gruppe (k).) Bis auf diesen Punkt stimmt die Flexion von mourir mit jener von courir überein. Im Präsens und Konjunktiv erscheint jedoch auch noch eine Alternation des Stammvokals: .je meure — nous mourons, que je meure — que nous mourions. Diese Alternation hängt offensichtlich mit dem Akzent zusammen. Ist der Stamm betont, so ist der Stammvokal /j^/> fällt dagegen der Akzent auf die Flexionsendung, daxin ist der Stammvokal /u/, d.h. er stimmt mit dem Vokal der zugrundeliegenden Form / m u r / überein. Da aus /kur/, der zugrundeliegenden Form für courir unter keinen Umständen /k/r/ wird, muss mourir im Hinblick auf diese Alternation markiert werden. Das geschieht am besten durch ein Regelmerkmal,z.B. [+R(A^)} Diese Regel kann folgender— massen formuliert werden:

43 R(Alternation u:^) oder kurz R(A_) hoch

+hoch —vorder



+vorder

/

J

+betontl +V

Auf diese Regel werden wir im späteren noch Bezug nehmen. Wir wenden uns nun der Gruppe von Verben zu, die auf —oir enden. (k) Das Verb recevoir (^uch apercevoir, concevoir, décevoir, percevoir) hat folgende Charakteristika. Der Stamm ist zweifelsohne /resev/. Der Infinitiv hat die zugrundeliegende Form /rtsev#£^r/.

Wir weisen wiederholt darauf hin, dass das /r/ des

Infinitivs nach einem Diphthong, d.h. nach einem Vokal, der einem Diphthong zugrundeliegt, erhalten bleibt. Das Futur und der Konditional ( .je recevrai — nous recevrons, .je recevrais — nous recevrions ) werden aus /r£sey^s#iWe/ gebildet. Würde man hier im Futur »and im Konditional keinen Stammbildungsvokal annehmen, käme man bei der Ableitung der Oberflächenformen zu einem falschen Ergebnis. (l5)(a) zeigt die richtige, (l5)(b) die falsche Ableitung. Das unbetonte Stammbildungs—e wird auch hier getilgt.

(I5)(a)

1.Person Sg.

1.Person PI.

Stamm

re sev

r e sev

Stammbi1dung

rcsev^E

resev#£

Futur

resev#E#r

resev#e#r

Personalendung

resev#e#r#e

resev#E#i#on

Elisionsregel

(b)

Stammbildungsvokal— resev#r#e Tilgungsregel

r£sev#r#on

Stamm

resev

resev

Futur

res ev#r

res ev#r

Personalendung

resev#r#e

Elisionsregel

*rese#r#e

resev#r#on ion *rese#r#c

44 Die Diphthong!erungsregel R.^(Diphthongierung) erfasst auch diese Fälle: ¿e /resev/ wird, zu _ie /reswev/ und dann zu je /rtswav/. Die Schlusskonsonanten—Tilgungsregel ergibt daraus /reswa/; ils /rtsev^e/ wird zu ils /reswav# E /, die Schlusskonso— nanten—Tilgungsregel kann nicht angewendet werden, die Endung der 3.Person Präsens Plural wird zu Schwa reduziert: ils /reswav#s/. Im Futur und im Konditional kann die Diphthongierungsregel nicht angewendet werden, da in diesen Formen nach dem Auslautkonsonanten des Stammes /v/ durchgehend der Stammbildungsvokal /e/ erscheint . Die Regel R^(Diphthongierung) erfasst jedoch nicht den Infinitiv. Da im Infinitiv nicht ein Stammvokal, sondern der Stamm— bildungsvokal diphthongiert wird, scheint es zweckmässig, für diesen Fall eine andere Diphthongierungsregel anzusetzen. Rg(Diphthongi erung) e

[+Diphthong] / #

#r

[+betont] Wollte man die Regel R^(Diphthongierung) auf betonte Vokale beschränken, dann könnte man nicht die Diphthongierung bei den Verben tenir, venir, etc. mit dieser Regel beschreiben. Würde man andererseits R^(Diphthongierung) genereller formulieren, etwa e

[+Diphthong] / [+betont]

dann würde man die durch die Regel R^(Diphthongierung) gewonnene Generalisierung verlieren. Die Regel R^(Diphthongierung) bezeichnet eine Verbklasse, nämlich die Klasse der Verben, die im Infinitiv auf —oir (/war/) enden. Wird das Infinitiv—e diphthongiert, folgt daraus noch keinesfalls, dass auch die finiten Verbformen Diphtongierung aufweisen: savoir — je sais, pouvoir — je peux, mouvoir — je meus, vouloir — je veux, etc. (l) Für das Verb voir ist folgende zugrundeliegende Form anzusetzen: /ver/. Wir erhalten durch die Diphthongierungsregel die Form /vwe/ und daraus /vwa/. Das /r/ in voir ist ebenso wie in den bisherigen Fällen die Flexionsendung des Infinitivs. Die Diphthongierung erscheint im Präsens, im Imperfekt und im Kon—

45 junktiv durchgehend: .je vois . nous voyons , . . . , .je voyais , nous voyions , . . . , que .je voie, que nous voyions. Hier scheint die Diphthongierung vor der Wortgrenze und vor einem mit Vokal beginnenden Morphem einzusetzen: je /ve/, je /ve^e/, nous

on/

aber nicht im Futur: je verrai, tu verras, . . . , je verrais, tu verrais, ... Der Glide im Imperfekt, in der 1. und 2. Person Präsens Plural und im Konjunktiv entsteht durch die bereits diskutierte phonologische Regel, die zwischen einen Diphthong und einen vollen Vokal ein yod einschiebt. Wir brauchen daher eine dritte Diphthongierungsregel R^(Diphthongierung), um auch diesen Fall erfassen zu können. R^(Diphthongierung) [+Diphthong] /

|

Das Erscheinen eines zweiten fr/ im Futur und im Konditional verlangt eine idiosynkratische Regel, etwa eine r-Stammbildungsregel, die in diesen .Tempora wirksam ist. R(r—Stammbildung) * *

r /

H+FUtUrl J l[+KonditionalJJ

(m) Das Verb pourvoir unterscheidet sich von voir darin, dass die Diphthongierung bei pourvoir durchgehend in allen Formen erscheint. Es heisst also je pourvoirai, tu pourvoiras ... (statt +

j e pourverrai,

... (statt

+

+

t u pourverras) und je pourvoirais, tu pourvoirai^

j e pourverrais,

+

t u pourverrais).

(n) Das Verb devoir gleicht in aller Hinsicht dem Verb recevoir. Die zugrundeliegende Form lautet /dev/, für den Infinitiv /dever/. Die Gruppe (n) fällt deshalb mit (k) zusammen. (o) Das Verb mouvoir mit der zugrundeliegenden Form fmuv/ im Stamm und /muver/ für den Infinitiv weist eine [+e-Stammbildung] im Infinitiv, im Futur und im Konditional auf: je mouvrai, nous mouvrons,..., je mouvrais, nous mouvrions. Im Präsens und im Konjunktiv finden wir dieselbe Vokalalternation wie bei mourir : je meus — nous mouvons. que j e meuve — que nous mouvions. Mit

46 anderen Worten, das Verb mouvoir muss u.a. auch das Regelmerkmal R(A^) in seiner MerkmalSpezifizierung enthalten. (p) Die Flexion der Verben pouvoir, savoir, valoir und vouloir kann im heutigen Französisch kaum ohne Hinweis auf Supple— tivformen erklärt werden. Bei pouvoir /puver/ ist die Regel R(A^) auf das Präsens beschränkt (.je peux — nous pouvorts, im Konditional dagegen: que je puisse — que nous puissions). Es sei bemerkt, dass die Regel RiA^) nicht abgeändert werden muss, um die Formen von pouvoir zu erfassen. Da die Stammform für den Konjunktiv (s.unten) nicht die Bedingungen der Regel R(A^) erfüllt, wird diese automatisch blockiert. Das Imperfekt ist regelmässig: je pouvais, tu pouvais, ... Um den Konjunktiv erklären zu können, ist es zweckmässig, in die Grammatik von L^ als Suppletivform von je peux je puis aufzunehmen. Die Form puis ist als /pyiss/ anzugeben. Die Glide— Ableitungsregel erzeugt daraus /pqiss/. Nach der Schlusskonso— nanten—Tilgungsregel erhalten wir dann /pt(i/. Wir brauchen einen Hinweis in der Merkmalspezifizierung von pouvoir, dass der Konjunktiv aus dieser Suppletivform gebildet wird: que je puiss-e, que tu puiss—es, qu'il puiss—e, que nous puiss—ions, que vous puiss—iez. qu'ils puiss-ent. Man würde erwarten, dass das Futur von pouvoir *je pouvrai sei. Das ist jedoch nicht der' Fall. Orthographisch erscheint das Futur als je pourrai, wird jedoch nur mit einem r ausgesprochen, die phonomatische Form ist daher /pure/ und nicht /purre/ (im Gegensatz zu je courrai, je mourrai, wo die phonematischen Formen des Futurs /curre/ bzw. /murre/ sind). Dies legt die Vermutung nahe, das es sich hier eher um eine orthographische Tradition handelt als um ein funktionales Element. Wenn wir annehmen, dass das Verb pouvoir im Futur keinen Stammbildungsvokal enthält, dann lässt sich diese Tatsache leicht erklären. Das /v/ wird nämlich in diesem Fall durch die Elisionsregel getilgt. Wir erhalten nun für das Futur von pouvoir folgende Ableitung:

47 I.Person Sg. zugrundeliegende (16)

1.Person PI.

puv

puv puv^r

Futur—Personalendung

puv#r puv#r#e

Elisionsregel

pu#r

Form Futur—Regel

pu#r#S

Nasalierung

Das Verb savoir /saver/ hat nur im Imperfekt regelmässige Formen. Im Präsens Singular ist statt des erwarteten /sav/ /st/ der Stamm, im Futur /so/, im Konjunktiv /saj"/. Savoir hat folglich vier Stämme. Die [+e—StammbildungJ ist nur im Infinitiv wirksam. Ahnliches gilt für die Verben valoir und vouloir. Valoir hat die zugrundeliegende Form /val/. Das Imperfekt ist regelmässig: .je valais. tu valais, ... Im Präsens Singular ist die Stammform /vo/:

e vaux, tu vaux, ... Dieselbe Stammform kann auch für das

Futur und den Konditional angenommen werden. Hier erscheint auch noch das Stammbildungselement d (wie bei tenir und venir);

e

vaudrai, nous vaudrons. ,je vaudrais , nous vaudrions. Der Konjunktiv weist alternierende Formen auf: que je vaille - que nous valions. /val/ ist der reguläre Stamm, wir brauchen daher eine Regel,die im Konjunktiv betontes /val/ in /vaj/ überführt. Wir formulieren die Regel als R(l:j):

/ r+betont~l L+v

# e #

Statt zwei Stammformen /val/ und /vo/ anzusetzen, kann, man

eine phonologische Regel annehmen, die in gewissen Fällen

/al/ in /o/ überführt. Diese Regel kann auch verwendet werden, um Pluralformen von bestimmten Substantiven (cheval — chevaux, journal — journaux) und Adjektiven (normal - normaux. général — généraux Y zu erzeugen. Wir werden im Zusammenhang mit der Morphologie der Substantive diese phonologische Regel (im weiteren R(al:o)) genauer formulieren. Hier begnügen wir uns mit dem

48 Hinweis, dass die Anwendving dieser Regel die Merkmalspezifizierung des Verbs valoir wesentlich vereinfacht, denn in Ermangelung dieser Regel müsste ausser der Suppletivform auch deren Anwendungsbereich angegeben werden. Bei vouloir haben wir einerseits die Alternation /u/ — f$f: ,je veux — nous voulons, que .je veuille — que nous voulions, andererseits auch /l/ — /j/. Eine Regel überführt /vul/ in /v^fl/, die andere — auf den Konjunktiv beschränkt — /v^l/ in /v^j/. Letztere Regel ist dieselbe wie bei valoir, d.h. R(lsj). Die Alternation /u/ —

wird durch die Regel R(A^j) erklärt. Das

Präsens hat folgende Formens /vjfl/, /vulon/, /vule/. Das Futur und das Konditional können auch aus der Stammform /vul/ abgeleitet werden. Das /l/ vor dem Stammbil/

» ons /

+1.Person —Präterit

Diese Regel ist selbstverständlich nicht unabhängig von /k/. Es wird auch gelernt, dass die entsprechende Endung für die 2.Person Plural nicht /e/ heisst, wie in G^, sondern /es/, für die 3.Person Plural /et/ und nicht ftf usw. Die bisher stummen Schluss— konsonanten erscheinen in der liaison: arrive—t—il?

/ariv(a)til/

arrives-y

/ariv(a)zi/

allez—y

/allezy/

aiment—elles

/emtel/

Diese liaison kann nicht in L^ erklärt werden. Sie wird — gemäss unserer Annahme — zunächst durch das Schriftbild bedingt, wirkt aber bald auf das phonologische und morphologische System von L^ zurück und es entsteht die der Graphemsprache G^ entsprechende Sprache L D i e s e r Vorgang ist natürlich äusserst kompliziert, er kann hier nur skizzenhaft dargestellt werden. 1.5-

hat gegenüber L^ folgende zusätzliche Eigenschaften:

(1) Alle möglichen liaisons werden im phonologischen System berücksichtigt. (2) Die Verbflexion wird durch die Kategorien

[+Präterit]

(passe simple) und [+Konjunktiv—Imperfekt](subjonctif

imperfait)

ergänzt. Wir wenden uns nun kurz den Fragen zu, die im Zusammenhang mit der entstandenen neuen Sprache entstehen. Statt der Regel R(Präsens) müssen wir für L^ folgende Regel ansetzen:

7k R^Präsens) / [-3.Person] y t

i

^plural]

/ [+3.Person]

ons/ [+1.Person] es / [+2.Person] / [+Plural]

/

+Präsens regelmässig

et / [+3.Person] Für die 2.Person Plural würde dann eine GPK—Regel /es/in «sz überführen, für die 3.Person /et/ in ent. Eine kleine Komplikation entsteht dadurch, dass jetzt nur dann die zwei Klassen der regelmässigen Konjugation zusammenfallen, wenn wir auch für den aimer— Typ die Endungen

t^ im Singular ansetzen. Bei finir heisst

es .je finis, tu finis. il finit. Das t^ in il aimet kann durch die liaison in der invertierten Form motiviert werden: aime—t—il? Das Postulieren eines s_ in der I.Person Singular kann nur dadurch motiviert werden, dass dieses £ in anderen Formen auftritt: j 'aimais . .i ' aimerais. Dieselben Personalendungen wie im Präsens (R'(Präsens) ) erscheinen auch im Präsens Imperfekt, im Konjunktiv (auch im Konjunktiv Imperfekt) und im Konditional. Ausserdem gibt es nun keinen Unterschied zwischen den Personalendtingen der 1. und der 2.Konjugationsklasse der regelmässigen Verben einerseits und zwischen denen der regelmässigen und unregelmässigen Verben andererseits. Auf diese Weise wird auch das Merkmal [+regelmässig] in der Regel R^Präsens) überflüssig. Neu Einsichten in das System der Verbflexion des Französischen bringt die Einbeziehung der Formen des Präteritums (passe simple) und des Konjunktiv—Imperfekts (subjonctif imparfait) in das Beschreibungsmodell. Die Verben der 1.Konjugationsklasse weisen im Präteritum folgende Personalendungen auf: ai, as, a, ames, ates. erent. die der 2.Konjugationsklasse dagegen ¿s, is, it^, imes, ites, irent. Die Tatsache, dass in den Personalendungen der 3»Konjugationsklasse durchgehend der Stammbildungsvokal/i/erscheint, legt die Vermutung nahe, dass die Vokale /e/, /a/ auch Stammbildvings— elemente sind. Auf einer abstrakteren Ebene könnte man z.B. den

75 Stammbildungsvokal der 1.Konjugationsklasse durchgehend als /a/ darstellen, und dieses /a/ dann in bestimmten Kontexten tilgen, in anderen wiederum zu Schwa reduzieren oder zu /e/ werden lassen (vgl. dazu Scheine, S. 93—97)« Statt diesen Weg einzuschlagen, werden wir hier annehmen, dass die Formen des Präteritums gesondert gelernt werden müssen und setzen dafür folgende Regeln an: Stammbildungsregel für das Präteritum

[ [

/

+1 .Person"! -Plural

J

+3.Personl +Plural

i

/ [+e—Stammbildung]

J

£+Präteritum] i / [«»e—Stammbildung]

Personalendungen für das Präteritum f

*

3

/ [^.Person])/

t

/

[-plural]

[+3.Person])

mes/ [+1.Person]

/ f+Präteritum ]

tes/ [+2.Person] ^ ret/ [+3.Person]

Im Konjunktiv Imperfekt erscheint durchgehend der Stammvokal /a/b zw./i/und mit Ausnahme der 3•Person Singular das Infix/s^. Es wäre natürlich möglich, die Form der 3»Person Singular aus der zugrundeliegenden Form/Stamm + a + ss + e + t/ abzuleiten. Wir glauben jedoch, dass—trotz der möglichen Motivierung dieser Ableitung — diese Form kaum als eine regelmässige Bildung betrachtet werden kann.

76 Stammbildungsregel für das Konjunktiv Imperfekt 'a

/

[+e—StammbildungJ / l+Konjunlctiv— "1 L Imperfekt J

i

Infix—Regel

/

e—Stammbildung ]

p

ji / ["+3.Person"! •Plural

i

I /

r+Konjunktiv—1 L Imperfekt J

Das Konjunktiv Imperfekt erhält auch noch die Endungen des Konjunktivs. Die Struktur dieser Formen ist an den untenstehenden Beispielen exemplifiziert. /em+a+ss+e+s/

(22)

/em+a+e+t/

^

/em+a+ss+e+ons/

» /em+a+ss+(s)/ • /em+a+(t)/

aimasse

aimât

» /em+a+ss+j+o(s)/

aimassions

Die unregelmässigen Verben haben dieselben Endungen für das Präteritum und das Konjunktiv Imperfekt. Sie können aber ito Stamm Irregularitäten aufweisen. Bei vielen Verben tritt z.B. /y/ statt /i/ als Stammbildungsvokal auf. In manchen Fällen ist jedoch der Stammbildungsvokal im Präteritum voraussagbar. Das Verb aller verhält sich wie ein Verb auf -«er: j'allai, tu allas. que j'allasse, que tu allasses, usw. Die Verben tenir und venir haben im Präteritum und im Konjunktiv Imperfekt die Suppletivformen tin und vin: je tins, tu tins, usw. que je tinsse. que tu tinsses ... Suppletivformen haben auch die Verben naître und vivre : naqu bzw. véc: je naquis, tu naquis, ... tu vécus, ...

je vécus,

77 Alle Verben, die im Stamm auf /v/ enden und betontes /e/ diphthongieren, verändern den betonten Stammvokal in /y/: recevoir:reçu, savoir:su. devoir;du. pouvoir:pu. mouvoir :mu, pleuvoir :plu, /y/ erscheint im Präteritum auch dann, wenn der Stamm auf /y/ endet s conclure. exclure. inclure und wenn der Stamm auf /l/ endet: valoir. vouloir. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass wenn ein Verb Suppletivformen aufweist, diejenige Form in dieser Hinsicht zählt, die im Präteritum auftritt. Damit ist es zu erklären, dass moudre im Präteritum /y/ aufweist! moulu. während coudre /i/ hat: cousi. Auch Verben mit dem Stamm auf /—ur/ bekommen /y/ im Präteritum: courip und mourir. Die Verben pourvoir (versus voir), lire (versus dire. rire), choir (versus voir). plaire (versus faire). connaître. vivre (versus suivre). Das /y/ ist auch bei croître. croire. boire nicht voraussagbar. Ebenso muss für prendre. mettre. angegeben werden, dass im Präteritum der Stammvokal /i/ ist: /pri/, /mi/. Wir können diese Bemerkungen in folgenden Regeln zusammenfassen. Stammbildungsvokal im Präteritum R. i:

V

4t

+betont

(Diphthong!erung)

-(-Stamm

y # ;+Ri]

+v +Präterit

V

-regelmässig

78 R.: J

+Stammbildung

y //ft

i f +Stannn L-

\

[ >r #1 [_+Stamm J

+V +Präterit —regelmässig Die Regel R^ verändert den betonten Stammvokal, R. den Stamm— bildungsvokal. Rj setzt voraus, dass der Stammbildungsvokal bei den unregelmässigen Verben normalerweise /i/ ist. Dieses /i/ wird in bestimmten Kontexten zu /y/ umgewandelt. Man könnte die Regel auch folgendermassen formulieren:

+Stammbildung

y 3 / '

in den Kontexten von R. J

i /

sonst

+Präterit

Es soll hier jedoch die Frage, welche von diesen Formulierungen angemessener ist, unentschieden bleiben. Wir haben damit die Morphologie der Verben in groben Zügen 7 beschrieben. Wir haben versucht, eine "oberflächennahe11 Charakterisierung der hier involvierten morphologischen Prozesse zu geben und dies nicht nur aus pädagogischen Gründen. Wenn wir die Struktur unseres Modells mit der sprachpsychologischen Realität korrelieren lassen wollen, sind wir ohnehin gezwungen, bestimmte Fakten der Spracheiiernung in Betracht zu ziehen. Wir werden diesen Fakten nur dann gerecht, wenn wir in unserem Beschreibungs— modell zwei Grammatiken entwickeln, die die Sprachen L^ bzw. L^ erzeugen. Das Auseinanderhalten von Phonologie und Graphemik erwies sich auch als eine fruchtbare Methode. Wir haben des öfteren darauf hingewiesen, dass dieses Modell — trotz der

79 offensichtlichen Vorteile gegenüber anderen Beschreibungsmodellen noch immer zu grob ist, um der sprachlichen Realität gerecht zu werden. Das Modell steckt jedoch das Gebiet ab, innerhalb dessen eine adäquatere Beschreibung der Morphologie des Französischen entwickelt werden kann.

2. DIE MORPHOLOGIE DER SUBSTANTIVE 2.1.

Zur Charakterisierung der Substantive braucht man zwei

morphologische Merkmale. Das Genusmerkmal ist ein lexikalischinhärentes Merkmal, das Numerusmerkmal dagegen ist durch die semantisch—syntaktische Struktur gegeben, in welcher das Substantiv erscheint. 2.2.

Im Hinblick auf das Genusmerkmal muss im Französischen, wie

in vielen anderen Sprachen, das semantische Genus vom morphologischen unterschieden werden. In den Fällen, wo man. von der Motiviertheit des morphologischen Genus spricht, kann letzteres vom semantischen Genus abgeleitet werden. Wir werden im weiteren für die Bezeichnung des semantischen Genus das Merkmal [ÄMännlichJ verwenden. Für die Bezeichnung des morphologischen Genus werden wir das Merkmal XÎMask] beibehalten. Für Fälle wie la femme, 1'homme, la fille, le garçon, le coq. la poule, le verrat. la truie gilten demnach folgende Redundanzregeln:

(1)

[+Männlich]

(2)

[—Männlich}

*-

[+Mask] [—Mask]

Die zwei Regeln können in eine einzige Regel zusammengefasst werden: (3)

[oMännlich]

[aMask]

wobei a die Werte + oder — haben kann. Oft i.st das semantische Genus mit einer Derivationsendung verbunden. Da wir uns in dieser Arbeit mit den Fragen der Deri— vationsmorphologie nicht auseinandersetzen wollen, sei hier

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lediglich, darauf hingewiesen, dass die Regel (3) auch für die in (4) exemplifizierten Fälle gilt:

(4)

le chat — la chatte 1'avocat - la avocate le directeur — la directrice 1'hôte — la hôtesse le coiffeur — la coiffeuse

Diese Substantive brauchen deshalb im Hinblick auf das morphologische Genus nicht markiert zu werden. Sie stellen die unmarkierten Fälle dar. I>agegen müssen sämtliche Substantive, die kein semantisches Genus aufweisen, im Hinblick auf das morphologische Genus gekennzeichnet werden. So müssen Substantive wie la table. la chaise, la fenêtre, le fauteuil, le miroir, le rat, la souris, le comité, la bonté usw. in ihrer Merkmalspezifizierung ein morphologisches Genusmerkmal enthalten. Dieses Genusmerkmal kann jedoch in der überwiegenden Mehrzahl von Fällen aus anderen (phonologischen und/oder semantischen) Eigenschaften der Substantive hergeleitet werden. Mit anderen Worten, die eben erwähnten Substantive sind zwar im Hinblick auf ihr morphologisches Genusmerkmal gegenüber den "natürlichen" Fällen markiert, daraus folgt jedoch nicht die Unvoraussagbarkeit dieses Merkmals. Die Regeln (Redundanzregeln), die dieses Merkmal einführen, drücken meist willkürliche Zusammenhänge zwischen dem morphologischen Genus und den anderen Merkmalen aus, d.h. sie belasten die Grammatik ebenso wie ein willkürliches morphologisches Merkmal. Der Unterschied zwischen einem solchen Merkmal und einer Redundanzregel liegt vor allem darin, dass sich die Redundanzregeln - wie alle Regeln - auf eine Klasse von Elementen (Strukturen usw.) beziehen, während ein morphologisches Merkmal nicht Zusammenhänge festlegt, sondern Teil der Merkmalspezifizierung der einzelnen Lexikoneinträge ist. Mel'cuk weist darauf hin, dass es ziemlich einfach ist, Regeln aufzustellen, die für die meisten Substantive das morphologische Genusmerkmal aufgrund der letzten Silbe bestimmen. Er diskutiert drei Varianten, von denen wir hier nur eine anführen werden. Die Regel lautet folgendermassen (2.Variante)s Feminina sind sämtliche Substantive, die auf einen Konsonanten (mit Ausnahme von /r/, /l/

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und /j/) + e muet, auf einen Vokal + e muet, auf —ion /jo/ (mit Ausnahme von avion und camion), auf /zo/, /te/ (mit Ausnahme von été), /tje/ oder /œ:r/ (mit Ausnahme von coeur, bonheur, malheur) enden und die Substantive (a) main, fin, nuit, fois, paix, eau, radio, voix; (b) part, chambre, fenêtre, mort, cour, oeuvre, lettre. Ausnahmen sind auch Substantive, die auf —isme, —um, -age (Ausnahme: page) enden und die Substantive doute, conte, compte, monde. (Vgl. Mel'cuk und auch Rigault.) Was die Zusammenhänge zwischen Bedeutung und morphologischem Genus anbelangt, so ist z.B. bekannt (vgl. z.B. Mauger, S. 7-38), dass die Bezeichnungen für Krankheiten, Wissenschaften, Festtage meistens Feminina sind: la grippe, la typhoide, la bronchite, la médecine. la politique, la Toussaint, la Saint—André. Man weiss auch, dass die Bezeichnungen für Bäume, Metalle, Tage, Monate und Jahreszeiten sowie für Winde meist Maskulina sindî le chêne, le tilleul, le fer, le cuivre, le lundi, un avril pluvieux, un été chaud, le zéphyr, le mistral. Es gehört eher zur Morphologie der Wortbildung als hierher, dass die aus Adjektiven, Adverbien und aus dem Infinitiv gebildeten Substantive das Genusmerkmal [+Mask] erhalten: le bleu, le beau, le français, le dîner, le souvenir, le bien, le mal. In den bisher erwähnten Fällen kann das morphologische Genusmerkmal durch Redundanzregeln eingeführt werden. Auf der linken Seite dieser Regeln stehen phonologische oder semantische Merkmale bzw. Merkmalkomplexe, auf der rechten Seite das entsprechende Genusmerkmal. Z.B. (a)

/j5/

- [—Mask] / [+N]

/te/

[-Mask] / [+N]

[+Obstruent] e## —- [-Mask] / [+N] [+Nasal]

(5) (b)

[Krankheit] — ^ [-Mask] [Baum]

»- [+Mask]

[Wind]

»- [+Mask]

82 Es ist auch ein Wortbildungsproblem, dass bei derivierten Wörtern das Genusmerkmal mit dem Derivationssuffix verbunden ist und nicht mit dem Stamm. Das Derivationssuffix —et mit diminutiver Bedeutung erhält z.B. das Genusmerkmal [+Mask], das Suffix —ine mit ähnlicher Bedeutung das Merkmal [-Mask]: le coffret, le gar— oonnet. la bécassine, la tartine. Das Suffix —ard [+Objekt] ist mit dem Merkmal [+Mask], das Suffix

—aison (mit mehreren Varian-

ten) mit dem Merkmal [—Mask] verbunden: le brassard, le poignard, la guérison, la confusion. Diese Genusmerkmale sind in den Lexi— koneinträgen für die Derivationssuffixe angegeben. Diese Regel— mässigkeiten überschneiden sich mit denjenigen, die Mel'cuk beobachtet hat. Falls die Endung oder die letzte Silbe allein (d.h. deren phonologische Repräsentation) das Genusmerkmal bestimmt, dann sind natürlich die semantischen oder die sonstigen Merkmale der Derivationssuffixe für die Bestimmung des morphologischen Genus überflüssig. Wir können als allgemeines Prinzip gelten lassen, dass die Herleitung eines morphologischen Merkmals aus phonologischen Eigenschaften einer Herleitung aus semantischen oder sonstigen Merkmalen des Lexikoneintrags vorzuziehen

ist.

(Siehe weiter unten.) Es gibt einige Substantive^ die im Plural das Genus.wechseln: l'amour filial — amours orageuses, une hymne sacrée — les hymnes nationaux. Mit dem Genuswechsel geht auch ein Bedeutungswandel einher. Eine Regel, die den Genuswechsel beschreibt, braucht jedoch lediglich die Veränderung in der morphologischen Merkmal— Spezifizierung zu berücksichtigen:

Ein weiteres Problem stellen diejenigen Substantive dar, die je nach Bedeutung

[+Mask] oder [—Mask] sein können. Die meisten

von diesen sind Homonyme, die sprachhistorisch unterschiedliche Herkunft aufweisen: le livre — la livre, un ombre — une ombre, le page — la page. In diesen Fällen handelt es sich einfach um zwei Lexikoneinträge. Bei polysemantisehen Substantiven stossen wir wieder auf das Problem der Wortbildung. Es kann Eingenommen

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werden, dass le chevre aus la chevre, le critique aus la critlque hergeleitet werden kann. In anderen Fällen gehen beide Formen auf eine gemeinsame Form zurück: un garde — une garde, un aide — une aide (wo die gemeinsame Form der Verbstamm ist). Wie dem auch sei, das morphologische Genus wird durch Wortbildungsregeln eingeführt. (S. jedoch die Ausführungen weiter oben, S. 83 .) Die Einzelheiten brauchen uns hier nicht zu interessieren. Die Substantive une sentinelle, une vigie, une recrue, une pstafette bezeichnen im

militärischem Jargon stets männliche Wesen.

Hier wäre daher das zu erwartende morphologische Genus [+Mask], statt dessen haben wir jedoch [—Mask], Wir können nun die bisher diskutierten Typen zusammenfassend darstellen. (S. Tabelle.) fille

garçon

chaise

table

Mask

miroir

comité +

Fem

+

diabète Mask

chêne

été

recrue

+

Fem

+

Die Leerstellen in dieser Tabelle können durch Regeln wie (3) und ( 5 )

ausgefüllt werden.

Aufgrund der bisherigen Charakterisierung der Substantive im Hinblick auf Genus erhalten table « comité, diabète und recrue je ein Genusmerkmal. Wir würden jedoch am liebsten recrue als Ausnahme von der generellen Genusregel betrachten, die das morphologische Genus aus dem semantischen ableitet. Aber auch table, comité und diabète sind als Ausnahmen von Genusregeln zu betrachten. Man würde am liebsten alle diese Ausnahmen auf die Regel be—

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ziehen, von welcher sie Ausnahmen sind. Wir brauchen daher eine adäquatere Beschreibung für das Genus der Substantive. Dazu bietet die Theorie der Markiertheit ein geeignetes Mittel. Nach dieser Theorie werden die Merkmale im Lexikon nicht mit + und — spezifiziert, sondern danach gekennzeichnet, ob sie ihren für einen gegebenen Kontext normalen oder unnormalen Wert haben. Der jeweils normale Wert bleibt unmarkiert, der markierte Fall muss dagegen gekennzeichnet werden. Die allgemeine Form der Interpre— tationskonventionen ("marking Conventions") oder Markierungsre— geln ist [uF] — [ a P ] / X

(7)

Y

wo u für unmarkiert steht, F für ein beliebiges Merkmal,a für + oder — und X, Y stellen die Kontextbedingungen dar. Wenn statt dieser Interpretation der unnormale Fall [—F^j enstehen soll, steht im Lexikon m statt u. Für [mF] ist jedoch keine nette Konvention notwendig, denn m blockiert einfach die normale Interpretation und erhält demzufolge den dem normalen Wert entgegengesetzten Wert. Die Regel

(8)

[mF] — •

[~