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German Pages [328] Year 2002
Andrea Esmyol Geliebte oder Ehefrau?
BEIHEFTE ZUM ARCHIV FÜR KULTURGESCHICHTE IN VERBINDUNG MIT KARL ACHAM, GÜNTHER BINDING, EGON BOSHOF, WOLFGANG BRÜCKNER, KURT DÜWELL, WOLFGANG HARMS, GUSTAV ADOLF LEHMANN HERAUSGEGEBEN VON
HELMUT NEUHAUS HEFT 52
GELIEBTE ODER EHEFRAU? Konkubinen in frühen Mittelalter
von
ANDREA ESMYOL
§ 2002
BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Gedruckt mit Unterstützung der Wolfgang-Ritter-Stiftung, Bremen
Esmyol, Andrea: Geliebte oder Ehefrau?: Konkubinen im frühen Mittelalter / von Andrea Esmyol. - Köln ; Weimar ; Wien : Böhlau, 2002 (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte; H. 52) Zugl.: Bremen, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-412-11901-6 Umschlagabbildung: Liebespaar, Stuttgarter Bilderpsalter, Illustration zu Psalm 118,52-53, Saint-Germain-de Prés, um 830, fol. 135v © 2002 by Böhlau Verlag G m b H & Cie, Köln Ursulaplatz 1, D-50668 Köln Tel. (0221) 91 39 00, Fax (0221) 91 39 011 [email protected] Alle Rechte vorbehalten Druck und Bindung: MVR Druck GmbH, Brühl Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 3-412-11901-6
Inhalt
Vorwort
I.
Einleitung 1. Das frühmittelalterliche Konkubinat in der Geschichtsforschung 2. Zur Terminologie der Forschungsliteratur: Konkubinat - ,Kebsehe' - ,Friedelehe' 3. Die Entdeckung der ,Friedelehe' 4. Herbert Meyers ,Friedelehe' - ein Konstrukt?
IX
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TEIL 1 - D A S KONKUBINAT BIS ZUR MITTE DES 8. JAHRHUNDERTS
1.
Zum Einfluß des römisch-rechtlichen Konkubinats 1. Das römische Konkubinat 2. Rechtliche Verbindungslinien zum Frankenreich
37 38 41
2.
Außer- und nebeneheliche Beziehungen bei den Merowingern und Langobarden 44 1. Die Konkubinen der Merowinger 45 2. Konkubinen - ein Vorrecht der Herrscher? 55 3. Zur Herkunft der Konkubinen 56 4. Die ,Ehre' der Frauen 58 5. Langobardische Verhältnisse 60
3.
Beziehungsformen zwischen Personen freien Standes im Spiegel juristischer Aussagen 1. Zum Moralkodex und Handlungsspielraum von Frauen freier Herkunft 2. Außereheliche Beziehungen und Muntverhältnisse im langobardischen Recht 3. Zum nebenehelichen Konkubinat: Der gesellschaftliche Ehebruchbegriff.
62 70 73
V
4.
5.
6.
7.
Kirchliche Stellungnahmen zum Konkubinat und zur außerehelichen Sexualität von Freien 1. Zu den sittlichen Verhältnissen der gallo-romanischen und der frühen fränkischen Kultur 2. Dogmen einzelner Kirchenvertreter 3. Richtlinien des christlichen Sexual- und Eheverhaltens 4. Berührungspunkte zwischen Kirchenrecht und christlicher Lebenswelt 5. ,Erbauliches und Belehrendes' zum Konkubinat in der Hagiographie Der Muntaspekt: Frauenraub und Entführung 1. Der Schutzaspekt der Munt 2. Zur Existenz der ,Entführungsehe' - Sanktionen des Frauenraubs 3. Kirchliche Stellungnahmen zum Frauenraub
75 76 81 84 92 101 106 107 111 118
Außereheliche Beziehungen zwischen Personen unfreier Herkunft und zwischen Standesungleichen 1. Das Recht der Herren - Mägde als Konkubinen 2. Zur Rechtslage der Mägde 3. Die Einflußnahme der Kirche auf das ,Herrenrecht' 4. Verbindungen zwischen ingenuae und servi - eine gesellschaftliche Unmöglichkeit ? 5. Außereheliche Beziehungen zwischen Personen unfreien Standes
134
Zum Wesen des Konkubinats bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts
137
120 125 130 132
TEIL 2 - D A S FRÄNKISCHE KONKUBINAT VON DER MITTE DES 8. BIS ZUM ENDE DES 9. JAHRHUNDERTS
1.
Das 8. Jahrhundert - eine Zeit des Wandels
140
2.
Außer- und nebeneheliche Beziehungen zwischen Personen freien Standes 1. Die Konkubinen der Karolinger 2. Das Konkubinat König Lothars II
142 159
VI
3. Zur Herkunft der Konkubinen 4. Konsequenzen außerehelicher Aktivitäten freier Frauen
170 172
3.
Beziehungsformen zwischen Personen freien Standes im Spiegel juristischer Aussagen 1. Lockerung der Sitten oder Verschärfung der Munt ? 182 2. Eingriffe in das ,Privatleben' im Zusammenspiel von Kirche und Herrscher 184 3. Sittliche Reformen unter Ludwig dem Frommen 188 4. Der Ehebruchbegriff als Indiz nebenehelicher Konkubinate 196
4.
Zur Wirkung des kirchlichen Einflußes auf außereheliche Beziehungen bis zum Ende des 9. Jahrhunderts 1. Stellungnahmen einzelner Kirchenvertreter 2. Gescheiterte Bemühungen? Zum Niederschlag der Forderungen einzelner Kirchenvertreter in das Kirchenrecht... 3. Zum Einfluß der pseudoisidorischen Fälschungen auf Eherecht und Konkubinat 4. Der Zugriff der Kirche auf das Sexualleben der Freien 5. Konsequenzen außerehelicher Sexualität
197 202 206 209 213
5.
Frauenraub und Entführung: Muntverhältnisse im 9. Jahrhundert 1. Der Frauenraub bei den Karolingern 216 2. Muntmißachtung in der Rechtsprechung 220 3. Zur Verschärfung kirchlicher Reaktionen auf den Frauenraub 224
6.
Außereheliche Beziehungen zwischen Personen unfreier Herkunft und Standesungleichen 1. Mägde als Konkubinen der Karolinger 2. Konkubinate mit Mägden außerhalb des Königshauses 3. Zur Rechtslage der Mägde 4. Einschränkungen des Mägdekonkubinats seitens der Kirche... 5. Beziehungen freier Frauen zu unfreien Männern 6. Zum Reglement von Konkubinaten zwischen Unfreien
228 229 235 236 239 244
Zum Wesen des fränkischen Konkubinats von der Mitte des 8. bis zum Ende des 9. Jahrhunderts
246
8.
VII
II.
Ergebnisse 1. Zum Einfluß des römisch-rechtlichen auf das frühmittelalterliche Konkubinat 248 2. Wandel und Kontinuität in den außerehelichen Beziehungen vom 5. bis zum Ende des 9. Jahrhundert 249
III. Anhang 1. Abkürzungsverzeichnis 2. Quellenverzeichnis 3. Literaturverzeichnis 4. Personen-, Sach- und Quellenregister
VIII
256 258 266 306
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im November 1999 vom Fachbereich Geschichte an der Universität Bremen als Dissertation angenommen und für die Drucklegung geringfügig verändert. Das Kolloquium fand am 2. Februar 2 0 0 0 statt. Mein besonderer Dank gebührt meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dieter Hägermann (Bremen), der diese Arbeit nicht nur anregte und durchgehend wissenschaftlich betreute, sondern ihr Entstehen und ihre Durchführung durch persönliches Engagement überhaupt ermöglichte und in jeder Hinsicht unterstützte. Der zweiten Gutachterin, Frau PD Dr. Brigitte Kasten (Bremen), danke ich ebenfalls sehr herzlich, auch für viele wertvolle Hinweise. Die Wolfgang-Ritter-Stifitung Bremen finanzierte durch ein Stipendium die Erstellung dieser Dissertation und ermöglichte die Drucklegung in äußerst großzügiger Weise. An dieser Stelle sei auch Herrn Dr. Karl Mahlert für die Vermittlung des Stipendiums und des Druckkostenzuschusses von Herzen gedankt. Herrn Prof. Dr. Egon Boshof (Passau) gilt mein Dank für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe der Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte.
A. Esmyol
Bremen, im Dezember 2001
IX
I. Einleitung „[...] König Cunincpert führte Hermelinda aus dem Stamm der Angelsachsen als Ehefrau heim. Als diese im Bad Theodote sah, ein Mädchen aus edelstem römischen Geschlecht, von eleganter Gestalt und bis zu den Füßen mit wallendem Blondhaar geschmückt, lobte sie vor ihrem Mann, dem König Cunincpert, deren Schönheit. Der verbarg, wie gern er dies von seiner Frau hörte und entbrannte in großer Leidenschaft (amor) zu dem Mädchen. Ohne Verzug Stadtwald und befahl seiner machte er sich auf zur Jagd in den sogenannten Frau Hermelinda, mit ihm zu kommen. Des Nachts ging er von dort fort, eilte nach Pavia, ließ Theodote zu sich kommen und lag mit ihr zusammen. Gleichwohl schickte er sie nachher ins Kloster [...]. "'
Diese Episode aus dem Leben des Langobardenkönigs Cunincpert (688700), der die unvorsichtigen Äußerungen seiner Ehefrau Hermelinda über die Schönheit der Theodote zum Anlaß für ein sexuelles Abenteuer nahm, erhellt die aus moderner Sicht komplexen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des frühen Mittelalters, innerhalb derer sich ein so schwer greifbares Phänomen wie das menschliche Gefühlsleben abspielte. Als Mann freien Standes in einer patriarchalischen Gesellschaft besaß Cunincpert die Vormundschaft über seine Ehefrau und befahl über ihren Verbleib, ohne ihr im Gegenzug Rechenschaft über das eigene Verhalten ablegen zu müssen. Ihre angelsächsische Herkunft deutet eine dynastische Verbindung an, die politische Vorteile verschaffte. Als Langobarde gehörte Cunincpert zur herrschenden Volksgruppe in Italien, als König verfügte er über die Untertanin: Obwohl Theodote von edler Abkunft war, brauchte der König keine Reaktion ihrer Familie zu furchten. Als Mann nahm er sein Vorrecht der sexuellen Freiheit in Anspruch, der die absolute Irrelevanz der Wünsche Hermelindas und Theodotes gegenüberstand. Amor bezeichnet in diesem Zusammenhang die Glut der Leiden1
Pauli Historia Langobardorum, Liber V, c. 37: „[...] Cunincpert rex Hermelinda ex Saxonum Anglorum genere duxit uxorem. Quae cum in balneo Theodotem, puellam ex nobilissimo Romanorum genere ortam, eleganti corpore et flavis prolixisque capillis usque ad pedes decoratam vidisset, eius pulchritudinem suo viro Cunincperto regi laudavit. Qui ab uxore hoc libenter audire dissimulans, in magnum tamen puellae exarsit amorem, nec mora, venatum in silvam quam Urbem appellant perrexit secumque suam coniugem Hermelindam venire praecepit. Qui exinde noctu egrediens, Ticinum venit, et ad se Theodotem puellam venire faciens, cum ea concubuit. Quam tamen postea in monasterium, [...] misit." MGH SS rer. Lang., S. 157. Der Langobarde Cunincpert war um 680 von seinem Vater Perctarit zum Mitkönig erhoben worden (J. Jarnut, Geschichte der Langobarden, Stuttgart u.a. 1982, S. 62), von 688 bis 700 herrschte er allein, ein „gewaltiger Krieger und überaus populärer König", ebd. S. 64.
1
schaft, im Gegensatz ebenso zur Caritas, der liebevollen Fürsorge zwischen Eheleuten 2 wie zur romantischen Liebe. 3
Forschungsaspekte Von Bedeutung für die Qualität sexueller und ehelicher Beziehungen sind die Machtverhältnisse zwischen Mann und Frau. In der frühmittelalterlichen Gesellschaft war die rechtlich institutionalisierte Geschlechtsvormundschaft (Munt) freier Männer über freie Frauen ein wesentlicher Faktor, der über Lebensplanung und Sexualität von Frauen entschied. Welchen Einschränkungen die Befugnisse eines Muntinhabers unterworfen waren und in welcher Form die Mißachtung der Muntverhältnisse (,Unzucht', Entführung, Frauenraub) geahndet wurde, erlaubt Rückschlüsse auf den Handlungsspielraum, der freien Frauen zugestanden wurde. In einer hierarchischen Gesellschaft bestimmen Besitzverhältnisse das Miteinander von Personen verschiedenen Standes. Es fragt sich, wie weit das Verfugungsrecht eines Herrn über seine Magd, einer Herrin über ihren Knecht auch in sexueller Hinsicht reichte. In diesem Zusammenhang steht auch die Frage nach der Haltung eines Herrn gegenüber den sexuellen Beziehungen zwischen seinen Unfreien, soweit dies in den Quellen überhaupt greifbar ist.
2
Caritas, die zwischen Ehegatten herrschen soll, beschreiben Scheidungsbriefe (libelli repudii), die in den Formelbüchern des 7. und 8. Jahrhunderts erscheinen, beispielsw e i s e bei Marculf II, 30: „Dum et inter ilio et coniuge sua ilia non Caritas secundum Deum, sed discordia regnai, et ob hoc pariter conversare minime possunt, placuit utrisque voluntas, ut se a consortio [coniugali] separare deberent; [...]" M G H Form. S. 94; rezipiert in: Form. Turonenses 19 (MGH Form., S. 145f); Cartae Senonicae 4 7 ( M G H Form., S. 206). Zum Forschungsstand: U. Nonn, Art.: ,Formel, -Sammlungen, -biicher. III. Frühmittelalter', in: L e x M A Bd. 4 (1989), Sp. 648f. Zum Eherecht in den Formelsammlungen: H. Heinritz, D i e eherechtlichen Bestimmungen in den Formelsammlungen der fränkischen Zeit, Würzburg 1959. Auch der Terminus dilectio kann in dieser Bedeutung stehen, so beispielsweise in der Synode von Metz 863: ,,[...] affectu ac dilectione conjugali [...]." Annales Bertiniani ad 864, F. Grat u.a. (Hg.), Paris 1964, S.110.
3
Zum Problem der Kompatibilität des n e u z e i t l i c h e n ' Gefühlslebens mit dem früherer Epochen, siehe P. Dinzelbacher, Liebe im Frühmittelalter. Zur Kritik der Kontinuitätstheorie, in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, Jg. 19 (1989), Heft 74, S. 12-38.
2
Die Völker germanischer Herkunft lebten nicht isoliert. Der Kontakt mit der romanischen Welt und dem Christentum bedingte gesellschaftliche Entwicklungen auch auf,privatem' Gebiet. Eine mögliche Einflußnahme auf die außerehelichen Beziehungen der Franken und anderer Völker germanischer Herkunft könnte durch das in der Antike rechtlich institutionalisierte römische Konkubinat 4 erfolgt sein. Ein weiterer wichtiger Forschungsaspekt ist die Frage nach der Durchsetzbarkeit der kirchlichen Ehe- und Sexualmoral, selbst tendenzielle Nuancen können viel Aufschlußreiches über Wesen, Ausmaß und Entwicklung außerehelicher Beziehungen unter kirchlichem Einfluß enthüllen. Von Bedeutung ist dies beispielsweise hinsichtlich eines Wandels des gesellschaftlichen Ehebruchverständnisses für Männer, das ihnen entweder lediglich das Brechen einer fremden oder zudem auch das Brechen der eigenen Ehe verbot. Sämtliche Erscheinungsformen außerehelicher Beziehungen im Untersuchungszeitraum sollten Beachtung finden, zugleich auch deren Abgrenzung zur Ehe und die Frage ihrer Qualifizierung als rechtmäßige' Form des Zusammenlebens von Mann und Frau im Verständnis weltlicher und kirchlicher Zeitgenossen. Um diesen Aspekt, die Legitimität oder Illegitimität von Geschlechtsbeziehungen analysieren zu können, war eine definitorische Abgrenzung zwischen Ehe und Konkubinat erforderlich. Hier ergab sich sehr schnell ein gravierendes Problem: Wo zwischen diesen beiden Formen des Zusammenlebens ist die sogenannte ,Friedelehe' anzusiedeln, die einen festen Platz in der Forschung einnimmt, seitdem sie erstmalig 1927 von Herbert Meyer als institutionalisierte Eheform eingeführt wurde? 5 Die Auseinandersetzung mit den Meyerschen Thesen wurde als Voraussetzung für eine Untersuchung des dargestellten Themenbereiches erkannt.
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5
Der Diktion der neueren Forschungsliteratur folgend, wird im weiteren auf concubinatus als Neutrum, ,das' Konkubinat, referiert, hierzu auch: C. Schott, Lebensgemeinschaft zwischen Ehe und Unzucht - ein historischer Überblick, in: A. Eser, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, Paderborn u.a. 1985, S. 13-32, bes. S. 14. Herbert Meyer, Friedelehe und Mutterrecht, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung Bd. 47 (1927), S. 198-286; ders., Ehe und Eheauffassung der Germanen, in: Festschrift Ernst Heymann, Bd. I: Rechtsgeschichte; Weimar 1940, S. 1-51.
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Methode und Darstellungsform Bislang wurde das Ehe- und Sexualleben frühmittelalterlicher Menschen lediglich zu einzelnen Forschungsaspekten untersucht. Diese Arbeiten, zumeist aus rechtshistorischer, kirchenrechtlicher oder moraltheologischer Sicht, beschränkten sich zudem häufig auf einzelne Personengruppen wie Herrscherdynastien oder Menschen unfreien Standes. In der Vergangenheit führten solch einseitige Topoi oft zu ebenso einseitigen, sich je nach Forschungsansatz sogar widersprechenden Ergebnissen. So will die vorliegende Untersuchung Einzelaspekte gebündelt analysieren und darstellen, um einen möglichst umfassenden Eindruck außer- und nebenehelicher Beziehungsformen in der frühmittelalterlichen, respektive der fränkischen Gesellschaft zu erhalten. Der untersuchte Zeitraum reicht schwerpunktmäßig vom Ende des 5. Jahrhunderts bis zum Ende des 9. Jahrhunderts und umfaßt das merowingische und das karolingische Reich, außerdem die langobardischen Gesellschaftsverhältnisse. Um eventuelle Verbindungslinien zur antiken römischen Rechtsinstitution concubinatus zu untersuchen, erwies sich mitunter ein Rückgriff auf Quellen der römischen Kaiserzeit als notwendig. Ebenso wurden grundlegende kirchenrechtliche Stellungnahmen zum Thema auch des beginnenden 5. Jahrhunderts berücksichtigt. Um eine Vergleichsbasis für Veränderungen und Entwicklungstendenzen in einzelnen Aspekten wie auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht zu erhalten, wurde eine Darstellungsform gewählt, in der die Quellenaussagen aller genannten Aspekte einmal bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts und ein weiteres Mal bis zum Ende des 9. Jahrhunderts zu jeweils einem Gesellschaftsbild zusammengefugt werden. Insbesondere die Frage nach dem zunehmenden kirchlichen Einfluß auf das Beziehungsverhalten frühmittelalterlicher Menschen soll durch diese Form der Gegenüberstellung Beantwortung finden. Die Analyse des komplexen Verhaltens der Menschen in Liebesbeziehungen wird sich kaum in bestimmte moderne Schemata - geschweige denn Konstrukte - pressen lassen. In der Gemengelage der verschiedenen Interessenssphären (Kirche, Familien, Dynastien, persönliches Gefühlsleben) wird vielmehr nach Tendenzen, Gewichtungen und Einflußnahmen gesucht werden müssen, aus denen letztendlich das spezifische gesellschaftliche Konglomerat resultiert, dessen Bild es zu zeichnen gilt. Übermäßige Generalisierungen führten in der Vergangenheit schon zu häufig zu Grobrastern, durch deren Maschen viele Eigenarten und Nebenaspekte fielen. Anhand offiziöser Texte kann zwar die Idealvorstel-
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lung der Mächtigen relativ genau skizziert werden, in größerer Detailgenauigkeit soll der Blick auf das, ,was möglich war', jedoch unverstellt bleiben, auch auf Kosten der Eindeutigkeit einer Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse. Ist es nicht genau die Schilderung einzelner, aus dem Rahmen fallender Lebensschicksale, die eine zeitlich so entfernte Gesellschaft lebendig erscheinen läßt? Gerade die Abweichung läßt zudem, auf der Suche nach der Lebensrealität vergangener Zeiten, die zugrundeliegende Ordnung oft um so deutlicher erkennen.
Die Quellen Insbesondere in der oft einseitigen Quellenauswahl - beispielsweise durch Rechts- oder Kirchenhistoriker - liegt die Gefahr, einer falschen gesamtgesellschaftlichen Gewichtung von Forschungsergebnissen zu unterliegen. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Arbeit die Quellenauswahl so breitgefächert wie möglich gehalten. Nur relativ wenige Schriftbelege nehmen explizit Stellung zum Konkubinat. Umso wichtiger gestaltete sich die Suche nach indirekten Aussagen, beispielsweise des geltenden kirchlichen und weltlichen Eherechts, das historische Beispiele in ihren gesetzlichen Rahmen stellt. Rechtstexte (Leges, Kapitularien, Formeln, Urkunden; für den kirchlichen Bereich Konzilsbestimmungen und Kanonessammlungen) erlauben zudem den Blick auf den Lebensbereich freier Frauen, auf ihre durch germanische, römische und christliche Vorstellungen modifizierte rechtliche Stellung und auf den ihnen zugestandenen Handlungsspielraum, auch hinsichtlich ihrer Sexualität. Die zeitgenössische Geschichtsschreibung (Annalistik, Herrscherviten) erfaßt am detailliertesten die Lebensumstände von Frauen aus einflußreichen Familien, insbesondere die mit Herrschern im Konkubinat oder in der Ehe verbundenen Frauen. Das Sexualverhalten frühmittelalterlicher Menschen und der Versuch, dieses kirchlicherseits zu beeinflussen, läßt sich besonders gut anhand der Bußbücher und der Stellungnahmen einzelner Kirchenvertreter untersuchen. Ebenfalls Quellen kirchlicher Provenienz wurden für die noch wenig erforschten Lebensumstände unfreier Frauen, insbesondere zum , Herrenrecht' der sexuellen Inanspruchnahme von Mägden zu Rate gezogen. Als aufschlußreich erwiesen sich hinsichtlich dieser Problematik Traditionsurkunden, in denen die Versorgung unfreier Konkubinen und ihrer Kin-
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der Erwähnung findet. Heiligenviten berichten zudem von Frauen des einfachen Volkes und deren Schicksal - zwar religiös überhöht, aber dennoch einen Spiegel der Zeit bietend.
I. 1 Das frühmittelalterliche Konkubinat in der Geschichtsforschung Das Konkubinat fand früh innerhalb der weltlichen und kirchlichen Eherechtsforschung Erwähnung, so bereits bei den Rechtshistorikern des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Als Konkubinat bezeichneten Andreas HEUSLER und Karl VON A M I R A das informelle Zusammenleben eines Freien mit einer Sklavin.6 Nach Joseph FREISEN konnte ein Konkubinat unter bestimmten Umständen als Ehe mit gewissen Rechtsfolgen verstanden werden und Konkubinenkinder erbberechtigt sein, das Verhältnis im nachhinein legitimiert werden.7 Neben der rechten Ehe existierte als weitere Form der geschlechtlichen Verbindung Siegmund HELLMANN zufolge nur das Konkubinat als kurzfristiges Verhältnis, das sich von der rechten Ehe durch fehlende Dotierung und der Illegitimität der Kinder unterschied, die allerdings ein subsidiäres Nachfolgerecht - falls keine ehelichen Erben vorhanden waren besitzen konnten.8 Nur sehr wenige Abhandlungen befaßten sich in diesem Jahrhundert, bis in die jüngste Zeit hinein, exklusiv mit der Geschichte des Konkubinats.9 Gesamthistorische Abrisse aus rechtsgeschichtlicher Sicht gehen 6
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A. Heusler, Institutionen des deutschen Privatrechts, 2. Bd., Leipzig 1886, S. 28 lf; K. von Amira, Grundriss des germanischen Rechts, Straßburg 1913, S. 180. J. Freisen, Geschichte des Canonischen Eherechtes bis zum Verfall der Glossenliteratur, Paderborn 2 1893 (Erstausgabe 1888), S. 54f. Die Kirche dagegen kannte nur eine erlaubte Verbindung, die Ehe. Alles andere war nach christlicher Einschätzung als A n zucht' verboten. Diese Einschätzung entstammt dem jüdischen Recht, während das römische Recht, mit dem die Kirche konfrontiert wurde, das Konkubinat als Nichtehe rechtlich anerkannte. In der Auseinandersetzung hiermit ließ die Kirche das Konkubinat als monogame und unauflösliche Verbindung zunächst zu, ebd. S. 67. S. Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, in: ders., Ausgewählte Abhandlungen, H. Beumann (Hg.), Weimar 1961, S. 293-391 (Erstabdruck in: Festgabe K.Th. Heigel, München 1903, S. 1-99), S. 360. Nicht exakt das Konkubinat behandelt E. Hoyer - zeitlich noch vor Meyer - in seiner viel kritisierten Arbeit „Die Ehen minderen Rechts in der fränkischen Zeit". Er kommt zu dem Schluß, daß alle Verbindungen außer der rechtlich anerkannten Muntehe „Nichtehen" seien (ders., Die Ehen minderen Rechts in der fränkischen Zeit, Brünn 1926, bes. S. 33), später bezeichnet er sie jedoch widersprüchlich sehr wohl als Ehen,
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nur sehr kurz zusammenfassend auf das frühmittelalterliche Konkubinat ein.10 Auch sie vernachlässigen entschieden alle anderen Aspekte außerhalb des rechtsgeschichtlichen Ansatzes. Die Eindeutigkeit der Aussagen der älteren Rechtshistoriker ist indessen einer allgemeinen definitorischen und terminologischen Verwirrung gewichen. Die Konkubine ist immer eine Unfreie (LÖWENSTEIN), 1 1 das Konkubinat ist eine Eheform und identisch mit der ,Kebsehe' ( B E C K E R , 1 2 S C H W A B ) . 1 3 Die ,Kebsehe' (ebenso wie die ,Friedelehe') ist seit der Merowingerzeit eine legitime Ehe, die nur fälschlicherweise, in Ermangelung einer entsprechenden lateinischen Begrifflichkeit, in den lateinischen Quellen als Konkubinat bezeichnet wird ( S C H O T T ) . 1 4 Das Konkubinat wird mit der ,Friedelehe' gleichgesetzt ( S C H W A B ) . 1 5 Einer weiteren Definition zufolge ist das Konkubinat im germanischen Recht verboten ( B R U N D A G E ) . 1 6 Individuelle Definitionen führten auch LÖWENSTEIN und H E L M H O L Z an. Während Löwenstein behauptet, der Ausdruck concubina stünde für ,Friedel', die Kebse dagegen würde pellex genannt,17 erklärt Helmholz das mittelalterliche Konkubinat als im großen und ganzen rö-
wenn auch minderen Rechts, ebd. S. 80. Rezensionen hierzu: H. Planitz, ZRG.GA 47 (1927), S. 774-779; H. Meyer, Deutsche Literaturzeitung 1927, Sp. 477-481. 10 E. M. Löwenstein, Die Bekämpfung des Konkubinats in der Rechtsentwicklung, Strafrechtliche Abhandlungen, Heft 200, 1919; L. Nardi, Cenni storici del concubinato, in: Archivo penale 1963, S. 108- 123; H. Vandenberghe, De juridische Betekenis van het Concubinaat, Diss. Leuven 1970, S. 3-27; H.J. Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft (Konkubinat) in der Rechtsgeschichte, in: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, G. Landwehr (Hg.), Göttingen 1978, S. 13-38; D. Schwab, Eheschließungsrecht und nichteheliche Lebensgemeinschaft (Konkubinat) - eine rechtsgeschichtliche Skizze, in: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (1981) Heft 12, S. 1151-1156; C. Schott, Lebensgemeinschaft zwischen Ehe und Unzucht (wie Anm.4); J.A. Brundage, Concubinage and Marriage in Medieval Canon Law, in: Journal of Medieval History 1 (1975), S. 1-17. 11 Üblich waren Verbindungen wohlhabender Männer mit ihren eigenen Mägden, Löwenstein, Die Bekämpfung des Konkubinats, S. 8f u. 38. Vor der Erlangung der Rechtsfähigeit für Sklaven im Frankenreich des 8. Jahrhunderts waren alle Sklavenverbindungen ebenfalls Konkubinate, ebd. S. 12f. 12 Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 20. 13 Schwab, Eheschließungsrecht, S. 1152. 14 Schott, Lebensgemeinschaft zwischen Ehe und Unzucht, S. 19. 15 Schwab, Eheschließungsrecht, S. 1152. 16 Brundage, Concubinage, S. 3. 17 Löwenstein, Die Bekämpfung des Konkubinats, S. 17f.
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mischer Provenienz, das unter Bewahrung eines eigenen rechtlichen Raumes in Abgrenzung ebenso zur Ehe wie zur Prostitution existierte. 18
Stellung der Kirche Relative Einstimmigkeit herrscht in der Beurteilung der kirchlichen Toleranzhaltung gegenüber dem Konkubinat. 19 Die Kirche beteiligte sich nach allgemeiner Auffassung an der sozialen Aufwertung des spätantiken römischen Konkubinats, 20 und widmete sich im 8. bis 10. Jahrhundert ausschließlich der Bekämpfung nebenehelicher Verhältnisse. 21 Eine anfängliche Akzeptanz der Kirche wird in maßgeblichen Lexika und Handbüchern bestätigt, über den Zeitpunkt des Einsetzens einer Ablehnung des Konkubinats ist man uneinig. Schon seit merowingisch-fränkischer Zeit sei das Konkubinat von der Kirche bekämpft worden. 22 Nach anderer Interpretation soll durch den Einfluß der Kirche erst unter den Karolingern die dotierte Muntehe in Abgrenzung zum Konkubinat zur ,rechten Ehe' transformiert worden sein,23 beziehungsweise habe nach anfänglicher kirchenrechtlicher Akzeptanz - unter der Voraussetzung der Monogamie und des Inkaufnehmens der Kindererzeugung - eine Bekämpfung und Ablehnung des Konkubinats unter der Ausbildung der christlichen Ehedoktrin erst im hohen Mittelalter eingesetzt. 24 An anderer Stelle wird die ambivalente Haltung der Kirche, die einerseits das Konkubinat zunächst kaum von der Ehe differenzierte, dann aber mittels ihrer Forderung des Konsenses als hauptsächlicher Eheschließungsvoraussetzung die Entwicklung des Konkubinats in Richtung Ehe beförderte, hervorgehoben. 25
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R.H. Helmholz, Art. ,Concubinage, Western', in: Dictionary o f t h e Middle Ages, vol. 3, N e w York 1983, S. 529f. Löwenstein, Die Bekämpfung des Konkubinats, S. 8f; Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 17f; nur Schwab geht von einer konsequent-ablehnenden Haltung aus, Schwab, Eheschließungsrecht, S. 1152. Schott, Lebensgemeinschaft zwischen Ehe und Unzucht, S. 17. Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 18. D. Giesen, Art. .Konkubinat, in: HRG 2 (1978), Sp. 1074. R. Schulze, Art. ,Eherecht', in: RGA 6. Bd. ( 2 1986), S. 481. H.J. Becker, Art. Konkubinat', in: LexMA 5 (1991), Sp. 1335. Dem widersprachen die strikten Ansichten z.B. von Augustinus und Papst Leo I., allein die gesetzliche Ehe als einzig akzeptable Form einer geschlechtlichen Verbindung anzuerkennen, R.H. Helmholz, Art. ,Concubinage, Western', in: Dictionary of the Middle Ages, vol. 3, N e w York 1983, S. 529f.
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1.2 Zur Terminologie der Forschungsliteratur: Konkubinat-, Kebsehe'-, Friedelehe' Es konnte keine einheitliche Definition der relevanten Begrifflichkeit (Konkubinat, ,Friedelehe', ,Kebsverhältnis' / ,Kebsehe') ausgemacht werden. Denn während die lateinischen Quellen zur Bezeichnung außerehelicher Beziehungen lediglich die concubina26 oder (seltener) die pellex21 kennen und zwischen concubinatus /pellicatus oder im pejorativen Sinn adulterium / fornicatio (Ehebruch / Unzucht) differenzieren, haben sich in der Forschung zur genaueren Definition der Verhältnisse Termini germanischen Ursprungs wie ,Friedel / Friedelehe', ,Kebse / Kebsehe' eingebürgert. Sowohl der Begriff der ,Friedel' wie auch der ,Kebse' - zurückzuführen auf die nur erschlossenen ahd. Lexeme friudila / friudilin, bzw. kebis / kebisa - stehen in der Bedeutung Geliebte, Konkubine, Buhlerin. 28 Auch nach Grimm ist ahd. friudila eine Bezeichnung für Konkubinen in der Bedeutung ,Liebste, Geliebte', als Kosewort durchaus unter Eheleuten üblich. 29 Meyer zufolge bezeichnet ,Friedel', sprachlich zu ,Freund' und ,freien' gehörend, noch im Mittelhochdeutschen die Gatten, Mann und
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Von lat. concubitus, das Zusammenliegen, der Beischlaf. Zu pellex, siehe unten, S. 39, Anm. 12. Friudila ist auch in der Bedeutung Heldin (virago), kebis auch als Prostituierte (meretrix) belegt, die wenigen Textzeugen beider Begriffe sind Glossen des 9. bis 11. Jahrhundert, G. Köbler, Taschenwörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, Paderborn u.a. 1994, S. 95 u. 198; ders., Althochdeutsches-neuhochdeutsches-lateinisches Wörterbuch, Gießen-Lahn, Teil 1, M991, S. 291 u. 532; R. Grosse (Hg.), Althochdeutsches Wörterbuch Bd. 3, Berlin 1971, Sp. 1273. Terminolgisch stammt die Kebse von ahd. chebis, kebis; mhd. keb(e)s(e), entzieht sich jedoch der eindeutigen Etymologisierung, läßt sich aber vielleicht auf altnord. kefsir = Sklave, und ags. cefes/ cyfes = Magd zurückfuhren. Im Sachsenspiegel erscheint keves kint im Unterschied zu echt kint (Ssp. I 51 § 2). H.W. Strätz, Art. ,Kebsehe, -kind\ in: HRG Bd. 2 (1978), Sp. 695f. J. Grimm, Deutsche Rechtsalthertümer I. Bd., Leipzig 4 1899 (Erstausgabe 1828; Nachdruck Darmstadt 1974), S. 606. Grimm bezeichnete das Eingehen eines Konkubinats hier scheint er sich an das römische Recht anzulehnen - als ,Ausweg' für standesungleiche Paare unter Umgehung von Verlobung, Brautgabe und Mitgift, „[...] mithin keine wahre und volle Ehe, dennoch ein rechtmäßiges Verhältnis [...]." (Ebd. S. 606). Weitere Bezeichnungen für die Konkubine seien ahd. chepisa, mhd. Kebse, frilla aus dem Altnordischen sowie ahd. friudila. In Anlehnung an Grimm fügt Giesen dem Konkubinatsbegriff das Kebsverhältnis (unter den Merowingem als ,Kebsehe') und die Meyersche ,Friedelehe' hinzu. D. Giesen, Art. .Konkubinat', HRG 2 (1978) Sp. 1074f.
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Frau.30 Dies belegt er anhand zweier Textstellen aus dem Nibelungenlied31 und dem spätmittelalterlichen Purgoldtschen Rechtsbuch.32 Außer den von Meyer angeführten Belegen konnten weitere im mittelhochdeutschen Heldenepos der Kudrun33 und in der Tageliederdichtung34 ausfindig gemacht werden, im Nibelungenlied wird Siegfried noch an zwei weiteren Stellen Kriemhilds ,vriedeP genannt.35 Alle angeführten Textstellen beschreiben jedoch den Aspekt der gefühlsmäßigen Bindung, nicht den Rechtscharakter einer Beziehung. Ebenso wie Kriemhild ihren 30
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Meyer, Friedelehe, S. 225f. Müller/Zarncke übersetzen vriedelinne mit ,Geliebte, Gattin, Braut (Dies., (Hg.), Mittelhochdeutsches Wörterbuch, 3. Bd. Leipzig 1861, S. 407), ebenso M. Lexer (Hg.), Mittelhochdeutsches Wörterbuch, 3. Bd. Leipzig 1878 (Nachdruck Stuttgart 1970), Sp. 514. „Do sprach diu vrouwe Kriemhilt: , ir möhtet mich läzen gän. ich erziugez mit dem golde, daz ich an der hende hän: daz brähte mir min vriedel do er erste bi iu lac. ' " ed. Das Nibelungenlied (Deutsche Klassiker des Mittelalters). Nach der Ausgabe von Karl Bartsch, Helmut de Boor (Hg.), Mannheim, 22. Aufl. 1988, Vers 847, S. 143; siehe auch Vers 1103, ebd. S. 18: „dä man begruob ir vriedel" (gemeint ist wiederum Siegfried) und Vers 2372, ebd. S. 370: „so will ich doch behalten daz Sifrides swert. Daz truoc min holder vriedel". E. Loerzer untersuchte die Kudrun aus germanistischer Sicht und konstatierte, daß die dichterische Freiheit von den Rechtshistorikern zu wenig beachtet wurde. Der Rechtsformalismus in den Quellen unterliege der dichterischen Behandlung und lasse kaum direkte Aussagen zu, auch nicht hinsichtlich des Problems der auftretenden Häufung von Rechtsakten bei der Eheschließung. Richtig ist, daß als Teilaspekt der Konsens stark hervorgehoben wird, dies lasse aber die Konstruktion einer Konsens- oder ,Friedelehe' für das gesamte Mittelalter kaum zu. Nicht zu vergessen ist, daß insbesondere das Nibelungenlied nicht nur sprachlich-stilistisch, sondern auch kulturhistorisch archaisiere, wobei man von einer bewußten Verfremdung ausgehen muß, ders., Eheschließung und Werbung in der Kudrun, München 1971, S. 144f. Das Rechtsbuch Johannes Purgoldts (auch: Die Düringische Chronik des Johann Rothe), kompiliert zu Beginn des 16. Jahrhunderts, enthält eine Sammlung von Rechtstexten des 14. Jahrhunderts, Fr. Ortloff, Sammlung deutscher Rechtsquellen 2, Das Rechtsbuch Johannes Purgoldts, Jena 1860, S. lf. Einige der aufgeführten Rechtssätze lehnen sich an biblische Aussagen an, so die von Meyer zitierte Textstelle, in der es um die Tugenden einer - ausdrücklich rechtmäßigen - Ehefrau geht, die ihrem ,fridel' gegenüber nicht ungehorsam sein soll, ebensowenig, wie Eva ihrem .fridel' Adam gegenüber. Des weiteren wird die Ehefrau zur rechten Liebe zu ihrem ,friedel' (diesmal in anderer Schreibweise) ermahnt, Buch I, cap. VIII, ebd. S. 25. „ Der einer sprach zem recken: , iu ist also verseit, ez habe einen friedel diu herliche meit, den si in herzen minne...'" Karl Bartsch (Hg.), Kudrun, Berlin / Stuttgart 1885, S. 115, 775. In der Bedeutung ,Geliebter' bei Dietmar von Aist (vermutl. 12. Jh.), Släfest du, vriedel ziere? .... in: Tagelieder des deutschen Mittelalters, M. Backens /A.Wolf (Hg), Stuttgart 1992, Reclamnr.: 8831, S. 84; siehe auch den Kommentar S. 239, ebd. Nach W. Müller / F. Zarncke (Hg.), Mittelhochdeutsches Wörterbuch, 3. Bd. Leipzig 1861, S. 407 ,vriedel': Das Nibelungenlied 1043, 1 und 2309, 3.
Siegfried liebte, werden Ehefrauen in Purgoldts Rechtsbuch dazu angehalten, ihre Ehemänner zu lieben, wie einst Eva den Adam. Meyer hat insofern recht, als ,Friedel', bzw. die sprachgeschichtlichen Vorgänger des Begriffs, durchaus auf Ehegatten angewendet zu finden ist - warum sollten sich Ehepaare, unter denen eine Liebesbeziehung zumindest zu vermuten ist, auch nicht mit Koseworten benennen? Nichts deutet allerdings aus sprachhistorischer Sicht darauf hin, daß ,Friedel' eine Frau bezeichnet, die dem Mann in der Ehe gleichgestellt ist.36 Der von Meyer für die Beschreibung frühmittalterlicher spezifischer Geschlechtsbeziehungen gewählte Begriff ,Friedelehe' korrespondiert nicht mit dem Begriffsinhalt des lediglich erschlossenen ahd. Lexems friudila. Des weiteren erscheint es als unverständlich, warum der so selten belegte mhd. Terminus friedel, der erstmalig in dieser Form im hohen Mittelalter auftritt, zur Benennung von Verhältnissen viel früherer Zeiten herangezogen wurde. Methodisch zu kritisieren ist zudem die von Meyer vernachlässigte Problematisierung der Quellen, denen der Terminus entnommen ist. Es erwies sich als unabdingbar, die den Begriffen ,Friedelehe' und ,Kebsehe' inhärenten Sachverhalte hinsichtlich der verschiedenen Formen möglicher (außer-) ehelicher Geschlechtsverbindungen zu untersuchen, um sie von den als ehelich geltenden Beziehungen abzugrenzen. Waren schon die Stellungnahmen zum Konkubinat alles andere als einhellig, so herrscht bei der Beurteilung der ,Kebsverhältnisse' wie auch der ,Friedelehe' in den maßgeblichen Handbüchern und Lexika bis auf den heutigen Tag geradezu eine babylonische Sprachverwirrung. Das ,Kebsverhältnis' / die ,Kebsehe' wird zum einen als eheliches Verhältnis interpretiert, herbeigeführt durch die einseitige Verfügung des Mannes über seine unfreie Magd (Schott),37 an anderer Stelle zu den Konkubinaten gezählt (Ogris, Schulze).38 Die Friedel'ehe' sei eine auf gegenseitigem Konsens beruhende Eheform, die sich zwar von der sogenannten Vertragsehe durch das Fehlen der eheherrlichen Munt unterschied, aber doch die Frau zur echten Ehe-
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So Meyer, Ehe und Eheauffassung, S. 26. C. Schott, Art.: , E h e \ LexMA Bd. 3 (1986), Sp. 1629f. Gleichermaßen als eheliche Verbindungen beurteilt Schott die Muntehe und die ,Friedelehe'. Das Konkubinat demnach außerehelich - erwähnt er nicht. C. Schott, Art. ,Ehe', B VI: Germanisches und deutsches Recht, in: LexMA, Bd. 3 (1986), Sp. 1629f. W. Ogris, Art. ,Friedelehe', in: HRG Bd. 1 (1971), Sp. 1293f; R. Schulze, Art. ,Eherecht', in: RGA 6. Bd, 2 1986, S. 481.
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frau und Herrin der Hauses machte.39 Der Unterschied zur Kebs'ehe' und anderen lockeren Geschlechtsverbindungen liege in der Publizität des Verhältnisses,40 herbeigeführt durch Heimfiihrung, Beilager und Morgengabe.41 Teilweise wird jedoch unter dem nichtehelichen Konkubinatsbegriff auch die FriedePehe' und die Kebs'ehe' subsumiert (Giesen).42 Der Unterschied zwischen ,Kebse' und ,Friedel' wird einerseits als derjenige zwischen persönlich unfreier beziehungsweise freier Herkunft gedeutet (Schulze),4 andererseits wird eingeräumt, daß auch die ,Kebse' mitunter in der Bedeutung ,Friedel' stehe (Ogris).44 Eine weitere - wenn auch ältere - Definition Rietschels besagt, unter dem lateinischen Begriff concubina seien ebenso freie wie unfreie Beischläferinnen zu zählen, wobei die nordgermanische Bezeichnung für Konkubine ,Friedel' (ahd. fridelinna), das westgermanische Begriffsäquivalent ,Kebse' sei.45 Auch neuere einschlägige Abhandlungen rechtshistorischer Provenienz sorgen nicht für Aufklärung: Die ,Friedelehe' war eine Minderehe (Löwenstein),46 eine rechtsgültige Vollehe (Becker47, Schott48), ein Konkubinat (Schwab).49 Paul Mikat kommt zu folgender Einschätzung:50 Kebsverhältnisse, Konkubinate und Nebenehen konnten durchaus Ehen darstellen, wenn es sich hierbei um eine „[...] rechtmäßige, eine dauernde Lebens- und Rechtsgemeinschaft begründende Geschlechtsverbindung von Mann und Frau 39
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W. Ogris, Art. ,Friedelehe', in: HRG Bd. 1 (1971), Sp. 1293f; R. Schulze, Art. .Eherecht', in: RGA 6. Bd, 2 1986, S. 480f. Dies steht im Widerspruch zu Strätz, der als maßgebliches Kriterium auch für die ,Kebsehe' die Öffentlichkeit der Eheschließung sieht, ders., Art. ,Kebsehe, -kind', in: HRG Bd. 2 ( 1 9 7 8 ) , Sp. 695f. W. Ogris, Art. ,Friedelehe', in: HRG Bd. 1 (1971), Sp. 1293f. D. Giesen, Art. .Konkubinat', in: HRG Bd. 2 (1978), Sp. 1074. R. Schulze, Art. ,Eherecht', in: RGA 6. Bd, 2 1986, S. 481 u. 488f. W. Ogris, Art. .Friedelehe', in: HRG Bd. 1 (1971), Sp. 1293. S. Rietschel, Art. .Beischläferin', in: RGA, Bd. 1, (1911-1913), Sp. 214-216. Einen Bedeutungsunterschied in Richtung frei/unfrei kann er nicht festzustellen. Jedoch hätte die Beischläferin durchaus in einem Rechtsverhältnis, einer Minderehe mit familienrechtlichen Konsequenzen gestanden, ebd. S. 214f. Löwenstein, Die Bekämpfung des Konkubinats, S . l l . Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschft, S. 20. Schott, Lebensgemeinschaft zwischen Ehe und Unzucht, S. 19, so auch: Th. Bauer, Rechtliche Implikationen des Ehestreites Lothars II.: Eine Fallstudie zu Theorie und Praxis des geltenden Eherechts in der späten Karolingerzeit; in: ZRG.KA 111 (1994), S. 41-87, bes. S. 56. Schwab, Eheschließungsrecht, S. 1152. P. Mikat, Art. ,Ehe', in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 809-833.
[...]" handelte. 51 Er trennt somit die Sachverhalte von ihrer Begrifflichkeit und erkennt für das germanische Recht eine Vielzahl verschiedener Beziehungsformen, „[...] über deren Bedeutung abschließende Einigung noch nicht erzielt ist [...]."52 Mikat differenziert die dotierte Muntehe, den Frauenraub bzw. die Entfuhrung (aus denen teilweise eine Ehe entstehen konnte), die ,Friedelehe' (als Hauptform einer muntlosen Ehe, die zwar insbesondere bei den Nordgermanen nachzuweisen ist, jedoch auch zur Zeit Karls des Großen noch üblich war) sowie zuletzt die Eheschließung durch einseitige Verfugung des Herrn über seine Unfreie. Dieses Kebsverhältnis oder concubinatus konnte schon unter den Merowingern zur eheähnlichen Verbindung, zur ,Kebsehe' werden. 53 Während die ältere Forschung sich in groben Zügen über Wesen und Ausmaß ehelicher wie außerehelicher Beziehungen dahingehend einig war, daß es neben der üblichen Muntehe nur das außereheliche Konkubinat in unterschiedlicher Ausprägung gab, akzeptiert seit 1927 fast die gesamte, auch die neueste einschlägige Forschungsliteratur die ,Friedelehe' als weitere Beziehungsform und bezieht sich hierbei ausschließlich und zudem mehr oder weniger unkritisch auf Herbert Meyers Publikationen von 1927 und 1940.54 Die Rezeption der Forschungsgeschichte zur frühmittelalterlichen Beziehungslandschaft kann daher nicht an diesem Punkt abbrechen, sondern die ,Entdeckung der Friedelehe' und ihre weitere Rezeption ist ein wesentlicher Teil derselben.
I. 3 Die Entdeckung der ,Friedelehe' Schon Siegmund HELLMANN kannte 1903 die Vorläufer der FriedelehenTheorie Meyers, die keineswegs so originell ist, wie häufig angenommen. Die Thesen Julius FICKERS zu einer ursprünglich gleichberechtigten Friedelschaft unter Freien, die als Relikt eines einstigen Matriarchats die Frau gleichberechtigt ließ,55 verwarf Hellmann allerdings für den von ihm untersuchten Zeitraum. 56 51 52 53 54 55
Ebd. Sp. 809. Ebd. Sp. 810. Ebd. Sp. 817f. Siehe oben, S. 3, Anm. 5. J. Ficker, Untersuchungen zur Erbenfolge der ostgermanischen Rechte, 4 Bde. Innsbruck 1891-1896, steht hier ganz in der Tradition des Mutterrechtlers Lothar Dargun,
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Schon die erste Veröffentlichung Meyers zum Thema im Jahre 1927 wurde von namhaften Rechtshistorikern nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch kritisiert, so wertete der Rechtshistoriker Rudolf HÜBNER Meyers Thesen in Teilen als „gewaltsame und nicht überzeugende Konstruktion."57 Trotzdem eroberte sich die These vom Eheformendualismus der germanischen' Welt schnell einen festen Platz in der Forschung. Karl FRÖLICH 5 8 half bereits 1928, Meyers Friedelehe wissenschaftlich zu etablieren. Er bezeichnete Meyers Arbeit als Wendepunkt der Forschung, die „[...] das Auge auf den Gesamtkomplex der auftauchenden Fragen richtet und ihn unter Ausschöpfung eines umfassenden, nicht nur juristischen, sondern auch literarischen, sowie volkskundlichen Stoffes und auf breitestem rechtsvergleichenden Hintergrunde durchleuchtet [,..]"59 und: „An den Hauptergebnissen Herbert Meyers [...] wird [...] kaum zu rütteln sein."60 Kritische Stimmen verhallten anscheinend ungehört: So räumte Hübner zwar ein, es habe - abgesehen von Liebschaften - neben der rechten Ehe formlosere Verbindungen gegeben. Als ,Kebse' werde in diesem Zusammenhang die unfreie Beischläferin, als ,Friedel' die freie Frau - oft in den Quellen als concubina auftauchend - bezeichnet. Diese Verhältnisse standen jedoch in der sozialen Wertung hinter der rechten Ehe zurück,61 die ,rechte' Ehe war die übliche Eheform. Gegen eine gleichberechtigte Stellung der Friedel spreche vieles. „Der Germane wird schwerlich ein weibliches Wesen, das er sich zur Friedel nahm, höher gewertet haben als
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Mutterrecht und Raubehe und ihre Reste im germanischen Recht und Leben (Untersuchungen zur Deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, Otto Gierke (Hg.), Bd. 16) Breslau 1883. S. Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, S. 360. Auch Heinrich Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte, 1. Bd., Berlin 2 1961 (Neudruck von 2 1906) greift diese schon von Ficker entdeckte „Friedelschaft" auf, die er als Konkubinat mit einer Freien definiert, ebd. S. 97, Anm. 31. R. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, Leipzig 5 1930 (Neudruck Aalen 1969), S. 623 u. 641. Hübner spricht Meyers Argumentation die innere Glaubwürdigkeit ab (ebd. S. 641f) und erklärt die Forschungsergebnisse Meyers für kühne Hypothesen (ebd. S. 643). K. Frölich, Die Eheschließung des deutschen Frühmittelalters im Lichte der neueren rechtsgeschichtlichen Forschung, Ergebnisse und Ausblicke; in: Hessische Blätter für Volkskunde, Bd. 27 (1928), S. 144-194 u. S. 285f. Ebd. S. 164. Die Benutzung der Heldenepen für die Rechtsgeschichte kritisierte hingegen bereits 1924: E. Schröder, ,Herzog' und ,Fürst'. Über Aufkommen und Bedeutung zweier Rechtswörter. ZRG.GA 44 (1924), S. 1-29, v.a. S. 21f. Frölich, Die Eheschließung, S. 183. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 618f.
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die Frau, mit der er eine rechte Ehe eingehen wollte. Und warum soll gegenseitige Achtung und auch innige Liebe in der Muntehe unmöglich und nur in der Friedelehe anzutreffen gewesen sein?"62 Das Fazit Hübners: „Somit nötigt nichts, die Grundlagen der herrschenden Lehre zugunsten der kühnen Hypothesen Meyers aufzugeben und den Begriff einer,Friedelehe' einzuführen [...]."63 Gerda MERSCHBERGER, einer bekennend nationalsozialistischen und noch immer zitierten (Literatur-)Wissenschaftlerin zufolge 64 hat Meyer die Friedelehe zu individualistisch beurteilt, vielmehr seien Eheschließungen immer von der „Sippe" beschlossen worden und stünden unter deren Schutz. Merschberger bezweifelt einen Unterschied zwischen Friedel- und Muntehe. Sie setzt die Muntehe inhaltlich der ,Friedelehe' gleich, da die Frau sich auch in der Muntehe in keinerlei Gewaltverhältnis befand, sondern, immer im Interesse ihrer eigenen „Sippe" handelnd, hochgeachtet gewesen sei. 65 Auch Hans Walter KLEWITZ66 und Paul KOSCHAKER übernahmen im wesentlichen die Theorien Meyers. Letzterer ist mit Meyer der Meinung, 62
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Ebd. S. 642. Ähnlich betont Gustav Neckel in seiner Apologie der guten sittlichen Moral der Germanen, daß die germanische Ehefrau eine geachtete Stellung besaß und nicht rechtlos war (ders., Liebe und Ehe bei den vorchristlichen Germanen, Leipzig 1932. S. 40f). Die Existenz von ,freien Ehen' nach Dargun (ebd. S. 37) und ,Friedelehen' nach Meyer (ebd. S. 45, siehe dazu auch Neckeis Vorwort) negiert er, dies seien keine Ehen, sondern Verhältnisse, die gesellschaftlich deutlich geringer geachtet wurden (ebd. S. 46). Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 643. G. Merschberger, Die Rechtsstellung der germanischen Frau, Leizig 1937. Ihre Arbeit wendet sich gegen jede „liberalistische" Interpretation der Germanengeschichte als eines „primitiven Naturvolkes". Sie verwirft eine Sichtweise der „Germanenfeinde", die das römische Recht idealisieren. Das germanische Recht bezeichnet sie als dem Rechtsgefuhl der Volksgemeinschaft angeboren, in „Sippe und Stamm" wurzelnd: „Der Germane betrachtet sein Recht als die von der Gottheit verliehene, heilige und unverbrüchliche Ordnung der Dinge. Beherrscht wird sie von den sittlichen Forderungen: Treue und Ehre" (ebd. S. 1). Das „römische Kaisertum" Karls d. Gr. bezeichnet sie als „absolutistische, orientalische Herrschergewalt" (ebd. S. 2). Zu den Leges: „Die Germanen verrieten darin ein ausgeprägtes Rassegefuhl, das später in steigendem Maße von fremden Einwirkungen überwuchert wurde" (ebd.). Ebd. S. 41. Dazu Koschaker, Die Eheformen bei den Indogermanen, in: Deutsche Landesreferate zum 2. Internationalen Kongress für Rechtsvergleichung in Haag, Berlin 1937, S. 77-140: „Die Verf. fühlt sich verpflichtet, die Germanen gegen den Vorwurf der Primitivität zu verteidigen, und ist geneigt, ihnen sowohl die Geschlechtsvormundschaft [...] und erst recht die Kaufehe [...] abzusprechen, die zu vertreten sie als ,rassefeindlich' denunziert [..]" (ebd., S. 81, Anm. 3). H. W. Klewitz differenziert Konkubinate, die mit Unfreien und Friedelehen, die mit freien und sogar edlen Frauen geschlossen wurden. Dies sei eine weitverbreitete Sitte
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die Muntehe sei von der ,Friedelehe' her hinsichtlich der Stellung der Frau entschieden beeinflusst worden: „Steht die Frau bei der Muntehe im Eigentum des Mannes [...], so hat ihre Behandlung als vollbewußte Individualität ihre Wurzeln in der freien Ehe ,"67 Die zweite, leicht veränderte Veröffentlichung Meyers zur Friedelehentheorie von 1940 erfuhr kaum noch Kritik. Hier wirkte sich der Zeitgeist der nationalsozialistischen Germanenidealisierung sicherlich nicht negativ aus, befreite die ehrenvoller als ein Konkubinat empfundene ,Friedelehe' die verehrten Karolinger doch vom Stigma der sexuellen Ausschweifung und der Ausübung schlichter Gewaltverhältnisse, zu denen auch die rechte Ehe gerechnet wurde. Bereits Rudolf Hübner zitierte eine markante Stelle Meyers, die diese Grundhaltung charakterisiert: „Alles das, was uns die altgermanische Ehe in der historischen Überlieferung menschlich schön und gesittet erscheinen läßt, das stammt von der Friedelehe her. Die sogenannte rechte Ehe muß in der Urzeit das nackte und bare Herrenrecht des Mannes verkörpert haben."68 Meyers Forschungsergebnisse wurden dann auch von bekennend nationalsozialistisch beeinflußten Wissenschaftlern begeistert aufgenommen.69 Ernst H E Y M A N N , gleichzeitig Bewidmeter der Festschrift, in der Meyers Abhandlung erschien und Rezensent, urteilt: „Herbert Meyers überzeugende Ausfuhrungen bilden fortan eine epochemachende Grundlage
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(germanischen Ursprungs) unter den Vornehmen gewesen, ders., Germanisches Erbe im fränkischen und deutschen Königtum, in: ders., Ausgewählte Aufsätze zur Kirchenund Geistesgeschichte des Mittelalters, Aalen 1971 (Erstabdruck 1941), S. 62. Koschaker, Die Eheformen bei den Indogermanen, S. 128f. Die ,freie Ehe' und ihre Einflußnahme auf die Muntehe fuhrt er - und folgt hierin Meyer - problemlos bis auf den Codex Hammurabi und auf hethitische Gesetze zurück. Die Nähe der ,freien Ehe' zum Konkubinat erkennt Koschaker nur im Zusammenhang mit der Schließung einer ,Zeitehe', ebd. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 641 f. So neben G. Merschberger auch Richard von Kienle, Germanische Gemeinschaftsformen, Stuttgart 1939. Auch bei Meyer ist ein nationalsozialistisch geprägter Forschungsansatz erkennbar. Dies wird belegt durch Veröffentlichungen wie „Rasse und Recht bei den Germanen und Indogermanen", Weimar 1937 und „Das Wesen des Führertums in der germanischen Verfassungsgeschichte", veröffentlicht in: NS-Rechtswahrerbund, Wien 1938. Meyer war von 1918 bis 1939 in Göttingen tätig, davon 1929/30 als Rektor (Nachruf auf Herbert Meyer von Ernst Heymann, in: ZRG.GA 62 (1942), S. XI1I-XXX, bes. S. XVI). In nationalsozialistischen Kreisen anerkannt, galt er als konservativ (M. Groß, Die nationalsozialistische „Umwandlung"..., in: Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus, H. Becker u.a. München 1987, S. 142-168, bes. S. 156; F. Halfmann, Eine „Pflanzstätte bester nationalsozialistischer Rechtsgelehrter", in: Ebd. S. 88141, bes. S. 105).
für die Erkenntnis der Eherechtsentwicklung bei allen Völkern europäischer Kultur."70 Hans THIEME, ein weiterer Rezensent, bemerkte zwar die widersprüchliche Quelleninterpretation Meyers, der beispielsweise die Tacitus-Stelle zur germanischen Eheschließung (Tacitus, Germania 13, 14) einmal als Beleg für die Muntehe, ein anderes Mal für die Existenz der ,Friedelehe' heranzog, führte dies aber auf inhaltliche Überlappungen der Eheschließungsfomen zurück.71 Zu sehr paßte die ehrenhafte ,Friedelehe' in das Bild vom edlen Germanen und seinem hohen Sittenstand. Eine grundlegende Auseinandersetzung blieb aus, schnell war die ,Friedelehe' institutionalisiert, so daß von diesem Zeitpunkt an auch Historiker, die nicht einem nationalsozialistisch geprägten Geschichtsbild folgten, die Meyerschen Thesen nicht mehr hinterfragten. Fast alle namhaften Rechtshistoriker übernahmen seit den 40er Jahren kritiklos die Friedelehen-Theorie, so Claudius von SCHWERIN,72 Rudolf KÖSTLER,73 Karl HAFF,74 Heinrich MITTEIS,75 Hermann CONRAD76 und Hans PLANITZ / Karl August ECKHARDT.77 Teilweise wurden eigene The70
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E. Heymann, Rezension zu Herbert Meyer, Ehe und Eheauffassung der Germanen, in: Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 13, (1940), S. 260f, bes. S. 261. H. Thieme, Deutsche Literaturzeitung, Heft 51/52 (1941), Sp. 1232-1234. C. von Schwerin, Germanische Rechtsgeschichte, Berlin 21944. Von Schwerin nimmt auch für die ,Friedelehe' einen vertraglichen Abschluß an, indem die Muntübergabe an den Ehemann ausdrücklich ausgeschlossen wird, ebd., S.17. R. Köstler, Raub-, Kauf- und Friedelehe bei den Germanen, in: ZRG.GA 63 (1943), S. 92-136. Erst „spät" floß die Friedel- mit der „Unehe", der außerehelichen Verbindung zusammen, durch die sie sich durch die Offenkundigkeit des Verhältnisses unterschied und wurde daraufhin der Bußfalligkeit unterstellt, ebd. S. 129f. Bei K. Haff, Institutionen des deutschen Privatrechts, Bd. II: Familienrecht, Stuttgart 2 1947 erscheint die Friedelehe als Vertrags'ehe' mit Gleichberechtigung der Frau in Abgrenzung zum Konkubinat, ebd. S. 14. Er kritisiert jedoch einzelne Interpretationen Meyers und vermutet, daß die ,Friedelehe' originär dem römischen und kirchlichen, weniger dem ,urgermanischen' Recht entstammt, ebd. S. 11. H. Mitteis, Deutsches Privatrecht. H. Lieberich (Überarb.), München '1981 (Erstausgabe: München 1950, S. 57f). H. Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. I: Frühzeit und Mittelalter, Karlsruhe 2 1962 (Erstausgabe: 1954), bes. S. 35 ff und S. 155. H. Planitz / K.A. Eckhardt (Überarb.), Deutsche Rechtsgeschichte, Graz / Köln 3 1971 (Erstausgabe 1936), S. 55f und 105f. An anderer Stelle hat Eckhardt die Thesen Meyers in Bausch und Bogen abgelehnt, denen er „leider nicht folgen kann" ders., Rezension zu: H. Meyer, Ehe und Eheauffassung bei den Germanen, in: ZRG.GA 61 (1941), S. 283f, bes. S. 284. Eckhardt kritisiert Meyer auch methodisch, so u.a. das ständige Verlassen Meyers des eigenen Fachgebiets der Rechtsgeschichte - von Eckhardt generell methodisch durchaus bejaht - insbesondere die Meyersche Einbeziehung
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sen hinzugefugt, so geht Siegfried REICKE davon aus, daß die Friedelehe erst seit dem 9. Jahrhundert nachweisbar ist, allerdings eine Ausnahmeerscheinung darstellte.78 Korbinian RITZER definierte die ,Friedelehe' als „eigentliches, auf Dauer berechnetes eheliches Verhältnis, das aber ohne Mundübertragung eingegangen wurde."79 Allein Hans THIEME bezieht sich in den Sechzigern noch auf Hübner und stellt die Existenz der ,Friedelehe' in Frage. 80 Auch an den neuesten Auflagen zur deutschen Rechtsgeschichte ist die zwischenzeitlich - wenn auch nur in Ansätzen - aufgekommene Kritik an den Meyerschen Thesen vorbeigegangen. So wird auch von Gerhard KÖBLER 1996 die ,Friedelehe' nach Meyer rezipiert, das Kebsverhältnis von ihr abgegrenzt. Für die germanische Zeit heißt es: „Neben der üblichen Munt-Ehe und der möglichen muntfreien (Friedel-) Ehe steht das Kebsverhältnis, das von vornherein nicht auf die Begründung einer Ehe gerichtet ist."81 Für die fränkische Zeit räumt Köbler jedoch ein, daß vielleicht auch das Kebsverhältnis eine Ehe war.82 Bis auf den heutigen Tag wurde die ,Friedelehe' auch außerhalb der Rechtsgeschichte kaum hinterfragt.83 Christian GELLINEK geht so weit, die Existenz der Friedelehe auf das 11. und 12. Jahrhundert auszudehnen „at least in Southern Germany and probably elsewhere in Europe."84 Wi-
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der Vorgeschichtsforschung und der vergleichenden Sprachwissenschaft, deren wichtigste damalige Forschungsergebnisse Meyer in Unkenntnis der inneren Zusammenhänge - so Eckhardt - „mehr gefühlsmäßig als durch kritische Prüfung" beurteilt, ders., Rezension zu: H. Meyer, Rasse und Recht bei den Germanen und Indogermanen, Weimar 1937, in: ZRG.GA 58 (1938), S. 813-820, bes. S. 814. So merkt Eckhardt an, daß Meyer „etwas unvermittelt [...] die Entstehung der nordischen Rasse in den norddeutschen Raum" stellt, ebd. S. 815. S. Reicke, Geschichtliche Grundlagen des deutschen Eheschließungsrechts, in: Weltliche und kirchliche Eheschließung, H. A. Dombois / F. K. Schumann (Hg.), Gladbeck 1952, S. 27-62, bes. S. 35. K. Ritzer, Formen, Riten und religiöses Brauchtum der Eheschließung in den christlichen Kirchen des 1. Jahrtausends (Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen Heft 38) Münster 1962 (Neudruck Hermann, U. / Heckenbach, W. (Bearb.) Münster 2 1981), S. 156. H. Thieme, Die Rechtsstellung der Frau in Deutschland, in: Recueils de la société Jean Bodin, XII, Brüssel 1962, S. 351-376, bes. S. 355. Kritisch auch: S. Kalifa, Singlarités matrimoniales chez les anciens Germains: Le rapt et le droit de la femme a disposer d'elle-même, in: Revue historique de droit français et étranger, Ser. 4, 48 (1970), S. 199-225. G. Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte, München 5 1996, S. 72. Ebd. S. 88. C. Gellinek, Marriage by consent in Literary Sources of Médiéval Germany, in: Collectanea Stephan Kuttner, Bd. 2 (Studia Gratiana 12), 1967, S. 557-579. Ebd. S. 557. Diese Erkenntnis stützt er auf literarische Zeugnisse.
dersprüche zu den eigenen Quellenstudien werden gelöst, indem man den lateinischen Terminus concubina generell mit ,Friedelfrau' übersetzt.85 So stellt Karl SCHMID erstaunt fest, daß Einhard nur von Konkubinen Karls des Großen berichtet und keine Friedelfrauen kennt, „obschon es solche doch wohl gegeben hat."86 Auch Eugen EWIG fuhrt die fehlenden Quellenhinweise zur ,Friedelehe' auf die mangelnde Differenzierung der Schriftzeugen zurück.87 Er übernimmt zwar die Friedelehen-Theorie, kann ein solches Verhältnis aber nicht eindeutig im merowingischen Königshaus ausmachen. So war Deoteria „wohl in Friedelehe" mit Theudebert I. verbunden, da sie schon vorher verheiratet war und eine Tochter hatte88 - dies wäre eine ganz neue Definition der ,Friedelehe'. Die problematische Differenzierung von ,Friedelehe' und Konkubinat lag Ewig zufolge an Gregor von Tours, der ,Friedelehen' häufig weder vom matri89 monium noch vom Konkubinat unterschieden habe. Auch neuere einschlägige Arbeiten betonen die große Bedeutung der ,Friedelehe',90 bis in die 90er Jahre taucht Kritik nur in Ansätzen auf.91 Edith ENNEN bezweifelt allerdings einen regelrechten Eheformendualis85
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T. Schieffer, Eheschließung und Ehescheidung im Hause der karolingischen Kaiser und Könige, in: Theologisch-praktische Quartalsschrift Bd. 116 (1969), S. 37-43 konstatierte, daß die Differenzierung von ,Friedelehe' (nach Meyer) und Muntehe nicht immer eindeutig ist. Die Konkubinen Karls des Großen interpretiert er als Friedelfrauen, ebd. S. 38. K. Schmid, Heirat, Familienfolge, Geschlechterbewußtsein, in: Il matrimonio nella società altomedievale (Settimane die studio 24 ) Bd. 1, Spoleto 1977, S. 103-137, bes. S. 113. Auch er übersetzt concubina mit Friedelfrau, ebd. E. Ewig, Studien zur merowingischen Dynastie, in: FMST 8 (1974), S. 15-59. Ebd. S. 42, mitAnm. 151. Ebd. S. 42. Auch H. G. Müller-Lindenlauf zufolge sei die Muntehe von der ,Friedelehe' hin zur Konsensehe beeinflußt worden, ders., Germanische und spätrömisch-christliche Eheauffassung in fränkischen Volksrechten und Kapitularien, Diss. Geilenkirchen, 1969, S. 41 f. Munt- und ,Friedelehe' können anhand der Stellung der Frau als Herrin des Hauses vom Konkubinat unterschieden werden, ebd. S. 47. S. F. Wemple, Women in Frankish Society, Marriage and the Cloister 500-900, Philadelphia 1981, bes. S. 12ff; H.-W. Goetz erwähnt die Friedelehe unkritisch: Frauenbild und weibliche Lebensgestaltung, S. 15, in: ders. (Hg.), Weibliche Lebensgestaltung im frühen Mittelalter, Köln 1991; ebenso: ders, Frauen im frühen Mittelalter, S. 44, Grafik 1, Köln 1995; K. Kroj, Die Abhängigkeit der Frau in den Eherechtsnormen des Mittelalters und der Neuzeit als Ausdruck eines gesellschaftlichen Leitbildes von Ehe und Familie, Frankfurt 1988, zitiert fast aussschließlich überholte Literatur und rezipiert sogar noch die Matriarchatsthesen des 19. Jhs., ebd. S. 11 f. C. Schott. Trauung und Jawort. Von der Brautübergabe zur Ziviltrauung, Frankfurt a.M. 21992, erkennt nicht den Widerspruch zwischen der von ihm als wesentlich herausgearbeiteten Munt (ebd. S. 19ff) und der ,Friedelehe', ebd. S. 25f.
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mus bei den Franken.92 So wäre auch die Differenzierung von ,Friedelehe' und Konkubinat in der Merowingerzeit kaum auszumachen und die ,Friedelehe' der fränkischen Zeit wohl eher ein Oberschichtenphänomen. 93 Generell wird noch immer die ,Friedelehe' als Eheform mit einer Freien, die Konkubine als unfreie Beischläferin auch neben einer Ehefrau definiert. 94 Einige wenige neuere Aufsätze wagen trotz einer akzeptierenden Einstellung zu den Meyerschen Thesen die Kritik an einzelnen Aspekten, wenn die Integration eigener Forschungsergebnisse in die ,vorgegebene' Friedelehen-Theorie zu Problemen führte.95 Die ,Friedelehe', so vermutet Thomas BAUER, galt im fränkischen weltlichen Recht „nicht nur als minderwertig, sondern als unrechtmäßig."96 Sie wurde jedoch - trotz Verbots - noch im 9. Jahrhundert „nach altgermanischer Tradition" eingegangen. 97 Einzelne Historiker unterließen einen Integrationsversuch, wenn sich dies mit den eigenen Quellenuntersuchungen nicht vereinbaren ließ und ignorierten schlicht die Meyerschen Thesen. 98 In Einzelfällen wurde an Studien angeknüpft, die vor der Entstehung der Friedelehen-Theorie erschienen waren und diese als , unsaubere' Definition nicht weiter berücksichtigt. Teilweise erkannte 92 93 94
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E. Ennen, Frauen im Mittelalter, München s 1994 (Erstausgabe 1984), bes. S. 35. Ebd. S. 48. P. J. Geary, Before France and Germany. The Creation and Transformation in the Merovingian World, New York / Oxford, 1988, bes S. 106f; M. Rouche, IV.: Abendländisches Frühmittelalter, in: Geschichte des privaten Lebens, Ph. Aries / G. Duby (Hg.), Bd. 1, Frankfurt a. M. 2 1989, S. 389-513, bes. S. 448; A. Angenendt, Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 1997, S. 272f. P. Ketsch, Aspekte der rechtlichen und politisch-gesellschaftlichen Situation von Frauen im frühen Mittelalter (500-1150), in: Frauen in der Geschichte II, Kuhn/Rüsen (Hg.) Düsseldorf 1982, bes. S. 16; R. Kottje, Eherechtliche Bestimmungen der germanischen Volksrechte (5.-8.Jahrhundert), in: Frauen in Spätantike und Frühmittelalter, Affeldt (Hg.); Sigmaringen 1990, S. 211-220, bes. S. 213 u. 218; D. Hellmuth, Frau und Besitz. Zum Handlungsspielraum von Frauen in Alamannien (700 bis 94), Sigmaringen 1998 (Diss. Uni Freiburg i. Br. 1995), S. 95f; außerdem S. 203 u. 230, bleibt bei der klassischen Einteilung Ehe - .Friedelehe' - Konkubinat, sie räumt ein, daß die Abgrenzungen dieser Beziehungsform Probleme aufwirft. T. Bauer, Rechtliche Implikationen des Ehestreites Lothars IL, in: ZRG.KA 111 (1994), S. 41-87, bes. S. 57. Ebd. S. 58. M. Weidemann (Kulturgeschichte der Merowingerzeit nach den Werken Gregors v. Tours Mainz 1982, S. 315) blieb streng am Quellentext und unterschied mit Gregor von Tours matrimonium und Konkubinat. Ebenso erkennt Y. Hen (Culture and Religion in Merovingian Gaul, A.D. 481-751, Leiden u.a. 1995) S. 125 für die Merowingerzeit nur eine vollgültige Eheform, die Muntehe, und stellt die Existenz der ,Friedelehe' in Frage.
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man die Geschlechtsvormundschaft als unvereinbar mit der Stellung der Frau in der ,Friedelehe'. 99 Doch selbst eine ablehnende Haltung führte keinen Historiker zu einer wirklichen Auseinandersetzung mit den Meyerschen Thesen, sie ließen den Widerspruch zu den eigenen Forschungsergebnissen auf sich beruhen. Auch der bedeutende Kenner des frühmittelalterlichen Eherechts, Paul MlKAT, kann sich nicht von Friedelehen-Theorie trennen. 100 Er kritisiert sie jedoch eingehend, besonders den rein rechtshistorischen Forschungsansatz: „[...] so sei doch immerhin soviel noch angemerkt, daß uns die in der rechtsgeschichtlichen Forschung vorwaltende rechtssystematisch-abstrakte Sicht der germanischen Eheformen schwerlich geeignet erscheint, der Lebenswirklichkeit einer Kultur gerecht zu werden, in der mündlich tradiertes Gewohnheitsrecht, Sitte und Brauchtum eng miteinander verwoben sind, und wir gestehen auch, daß wir in der Beurteilung der Friedelehe in den letzten Jahren nicht sicherer, sondern unsicherer geworden sind."101 Er bezweifelt, daß die Friedelehe der Muntehe wirklich ebenbürtig war und sich in der fränkischen Zeit tatsächlich als legitime Eheform nachweisen läßt. 102 Mikat kritisiert Meyers Unkenntnis und Fehleinschätzung des kanonischen Rechts hinsichtlich Konsenserklärung und Ehebenedik-
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S. Konecny (Die Frauen des karolingischen Hauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert, Diss. Wien 1976, S. 11) bezieht sich auf S. Hellmann (Die Heiraten der Karolinger, von 1903). W. Graf (Der Ehebruch im fränkischen und deutschen Mittelalter unter besonderer Berücksichtigung des weltlichen Rechts, Diss. Würzburg 1982) kann nicht die ,Friedelehe' ausmachen, sondern ausschließlich Muntehen und Konkubinate (ebd. S. 172). So lehnt er die ,Friedelehe' nach Meyer aufgrund der fehlenden individuellen Freiheit der Frau, die ja Voraussetzung für das Eingehen einer Friedelehe ist, ab, ebd. S. 117, Anm. 13. 100 P. Mikat, Dotierte Ehe - rechte Ehe. Zur Entwicklung des Eheschließungsrechts in fränkischer Zeit, Opladen 1978, S. 49ff. 101 Ebd. S. 53. 102 Ebd. Mikat stimmt Meyer in dem Punkt zu, daß ,Friedelehen' offenkundig geschlossen werden mußten, um sie von Kebsverbindungen unterscheiden zu können, ebd. S. 74f. 103 Ebd. S. 54f. Die Kirche habe die Forderung des Ehekonsenses nicht gegen die Muntehe durchgesetzt, sondern sie erst allmählich der Muntehe zugefügt. Nicht erst in der Mitte des 9. Jahrhunderts sind durch die Kirche Konkubinat und .Friedelehe' abgewertet worden (durch die pseudoisidorischen Fälschungen), dessen Verwendung durch Meyer er methodisch kritisiert (ebd. S. 66). Mikat verweist auf vielfache Widersprüche Meyers in seiner Interpretation von Quellen kirchlicher Provenienz, die er einmal für seine Beweisführung heranzieht, ein anderesmal als tendenziös ablehnt (ebd. 67). Ein
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Die neuere französische Forschung hinterfragt die ältere deutsche Forschung zur ,Friedelehe' kaum. So kann Jean CHÉLINI den Widerspruch zwischen der starken Geschlechtsvormundschaft und der gesellschaftlichen Toleranz der ,Friedelehe', die für ihn Konkubinat und Polygamie einschließt und die er als „eigengermanisch" charakterisiert, nicht lösen und folgt im weiteren einer eigenen Modifikation der Friedelehen-Theorie.104 Besonders originell ist die Übersetzung Régine LE JANS der ,Friedelehe' als „Friedensehe."105 Sie betont die freie Zustimmung des Mannes und der Frau, die als Friedelfrau aber unter dem Rang einer Ehefrau stehe.106 Zu Beginn des 9. Jahrhunderts habe sich aus der ,Friedelehe' das Konkubinat entwickelt, die Friedelfrau wurde zur Konkubine abqualifiziert.107 Jean GAUDEMET wiederum erkennt die Priorität der Geschlechtsvormundschaft, die einer Frau kaum Entscheidungsfreiheit läßt und damit eine ,Friedelehe' à la Meyer unmöglich macht. Doch kann auch er sich nicht ganz von dieser trennen und setzt die ,Friedelehe' als ehrenvollere Verbindung vom ebenso inoffiziellen Konkubinat ab.108 Anders als die französische verweist die englischsprachige Forschung auf das hartnäckige Festhalten besonders deutscher Historiker an der ,Friedelehe'. So erblickt Pauline STAFFORD im Konkubinat, das in einigen Fällen eine Art loser Ehe darstelle, „the Friedelehe beloved by Ger-
Quellenbeleg zum Poenitentiale des Burchard von Worms fuhrt Meyer fälschlicherweise auf Pseudo-Isidor zurück, ebd. S. 67f. 104 J. Chéiini, L'aube du moyen âge. Naissance de la chrétienté occidentale la vie religreuse des laïcs dans l'Europe carolingienne (750-900), Paris 1991, S. 139. Er differenziert Friedelfrauen von den Konkubinen, den Jugendfrauen der Könige, ebd. S. 174f. Chéiini bezieht sich an deutscher Literatur fast ausschließlich auf H. Fichtenau, Das karolinigische Imperium. Soziale und geistige Problematik eines Großreiches, Zürich 1949. 105 „La Friedelehe, littéralement mariage de paix [...]", R. Le Jan, Famille et pouvoir dans le monde France (Vile - Xe siècle). Essai d'anthropologie sociale (Histoire ancienne et médiévale 33), Paris 1995, S. 271. 106 Ebd. Le Jan geht von einer gewohnheitsmäßigen Polygynie der Oberschicht aus, in der es hierarchisch abgestuft sowohl Munt- als auch ,Friedelehen' gab, ebd. S. 272f. Seit Anfang des 8. Jahrhunderts sei die ,Friedelehe' zwar schon durch Einfluß der Kirche verworfen worden, Himiltrud jedoch war noch Friedelfrau Karls des Großen, ebd. S. 274. 107 Ebd. S. 274 u. 284f. 108 J. Gaudemet, Le mariage en occident. Le moeurs et le droit, Paris 1987, S. 96f.
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man historians." 109 Sie unterscheidet die Ehefrau von der Konkubine, die keinem eigenen Haushalt vorsteht. 110 Philip Lyndon R E Y N O L D S 1 1 1 nimmt deutlicher Stellung zur kritiklosen Übernahme der Thesen älterer deutscher Rechtshistoriker. Die ,Friedelehe' sei nicht eindeutig definiert, aufgrund der Quellensituation sei eine Schematisierung der germanischen Eheformen unmöglich, dies stelle vielmehr „a pattern discerned by modern scholars" dar.112 Einzig eine neue niederländische Untersuchung von Karl HEIDECKER, die sich dem Ehestreit Lothars II. widmet, wagt als Fazit eigener Quellenforschungen den Schritt der vollständigen Ablehnung der ,Friedelehe' als Erfindung moderner Historiker. 113 Einen erheblichen Anstoß zur weiteren Friedelehenkritik lieferte Else E B E L . Sie untersuchte eingehend altnordische Quellen, die Meyer als hauptsächliche Grundlage seiner Beweisführung herangezogen hatte.114 Anhand der Sagatexte für die Zeit vom 9. bis 13. Jahrhundert widerlegt sie die These, eine ,Friedelehe' wäre ein nachweisbarer Ehetypus bei den Nordgermanen und würde sich als gleichwertige Eheform vom Konkubinat abheben. Ebel kritisiert methodisch, daß Meyer die Entstehungszeit der Sagas nicht problematisiert. Die Quellen der Sagazeit (ca. 870 bis 1030), die nur in Fassungen von frühestens um 1200 überliefert sind, beschreiben möglicherweise die Verhältnisse späterer Zeit.115 Meyer bezeichnet das in den altnordischen Quellen dargestellte Eheverhalten umstrittenerweise trotzdem als „ursprünglicher germanisch" als das Eheverhalten im westeuro-
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P. Stafford, Queens, Concubines and Dowagers, London 1983, bes. S. 70. Ebd. Doch selbst dieser Aspekt sei als Unterscheidungsmerkmal bis zum 8. Jahrhundert oft nicht eindeutig zu bestimmen, ebd. S. 62f. P. L. Reynolds, Marriage in the Western Church. The Christianization of Marriage during the Patristic and Early Medieval Periods, Leiden, N e w York, Köln, 1994. Ebd. S. 72. K. Heidecker, Kerk, huwelijk en politieke macht. De Zaak Lotharius II (855-869), Diss. Amsterdam 1997, bes. 239-242. Heidecker untersucht einige der Hauptbelege der Forschung für die ,Friedelehe', so Lex Salica 15, 3; Lex Baiuwariorum 8, 8 und 8, 17, sowie die ,Friedelehen' der Karlstöchter in der Schilderung Einhards. In keinem Fall kann er die ,Friedelehe' verifizieren, ebd. E. Ebel, Die sog. ,Friedelehe' im Island der Saga- und Freistaatzeit (870-1264); In: Festschrift P. Mikat, Staat, Kirche, Wissenschaft in einer pluralistischen Gesellschft; D. Schwab (Hg.), Berlin 1989, S. 243-258; dies., Der Konkubinat nach altnordischen Quellen: Philologische Studien zur sogenannten ,Friedelehe', Berlin u.a. 1993; dies., Art. ,Friedelehe' in: RGA Bd. 9, N e w York 1995, S. 598-600. Ebel, Die sog. ,Friedelehe', S. 245.
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päischen Bereich. 116 In einer erneuten Untersuchung der von Meyer herangeholten Textzeugen bemängelt Ebel mehrfach die selektive Vorgehensweise Meyers, der isolierte Textstellen häufig aus dem Zusammenhang riß, so daß sich ihr Sinn sogar umkehrte. Ebenso unterschlug Meyer Fakten, die seiner Beweisführung entgegenstanden. 117 Sämtliche von Meyer zur Untermauerung der ,Friedelehe' herangezogenen Textzeugen wurden nun von Ebel neu interpretiert, mit folgendem Ergebnis: Es handelte sich durchgehend um Konkubinate höher stehender Männer mit standesungleichen Frauen oder sogar Mägden, 118 die entweder gegen den Willen des Vaters eingegangen wurden, der seine (nicht befragte) Tochter letztendlich an den sozial Höherstehenden abgeben mußte, 119 oder um Raubehen, da ein Eheangebot an den Vater abgelehnt worden war.120 Die Frauen wurden nicht um ihren Konsens gefragt, sondern sogar von Verwandten als Beischläferinnen angeboten. 121 Es läßt sich eine deutliche Abwertung dieser Verhältnisse gegenüber Muntehen feststellen, teilweise konnten sie sogar als regelrecht anrüchig nachgewiesen werden. 122 Diese ,Frillenverhältnisse' waren Konkubinate, die keinen Niederschlag im isländischen Recht fanden, und daher - außerhalb des Rechts stehend - auch keinesfalls als legitime Eheform aufzufassen sind.123 Die widersprüchlichen Forschungsmeinungen trugen nicht zur Aufklärung über das Wesen des frühmittelalterlichen Konkubinats bei. Weiterhin sehr fraglich bleibt, ob die ,Friedelehe' eine Eheform oder ein Beischlafverhältnis (Konkubinat) war, sogar, ob sie überhaupt existiert hat. Die Rezeption der Forschungsgeschichte konnte hier keinen 116 117 118 119 120 121 122 123
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So Ebel, ebd. Beides wird in 5 Fällen nachgewiesen: Ebel, Die sog. ,Friedelehe', S. 247-249. Ebd. S. 248. Ebd. S. 247. Ebd. S. 247f. Ebd. S. 249. Ebd. S. 248, 249, 256. Ebd. S. 258, Eigene Untersuchungen Ebels, die nun auch andere Quellen heranzog (ebd. S. 250-254. 257) belegen, daß es Männer der isländischen Oberschicht und Priester waren, die sich eine oder mehrere frillur hielten, ebd. S. 254. Mit standesgleichen Frauen in Muntehe verheiratet, nahmen sich die Herren Islands Bauern- oder Tagelöhnertöchter zur frilla, häufig Freie, die die Stellung einer Hauhälterin innehatten und deren Kinder als illegitim galten, ebd. S. 255. Über die Zustimmung der Frauen zu diesen Verhältnissen ist nichts bekannt. Es läßt sich kein einziger Beleg der ,Friedelehe' als Einheirat bei einer,Erbtochter' auffinden, der Mann war im Gegenteil immer höheren Standes als die Frau, ebd. S. 256.
Aufschluß bieten. Als wesentliche Voraussetzung eigener Forschungen wurde die Auseinandersetzung mit den Meyerschen Thesen erkannt. Sollte sich die Existenz der ,Friedelehe' erweisen, so konnte sie im weiteren beiseite gelassen werden, wenn es sich bei ihr um eine Eheform handelte. War sie ein außereheliches Verhältnis, musste sie jedoch in der vorliegenden Arbeit Beachtung finden.
1.4 Herbert Meyers ,Friedelehe' - ein Konstrukt ? Hat schon Ebel durch Überprüfung der von Meyer herangezogenen altnordischen Belege der Friedelehen-These die philologische Basis entzogen, so soll im folgenden Meyers weitere Argumentation quellenkritisch untersucht, gleichzeitig seine Quelleninterpretationen mittels ihres historischen Zusammenhangs einer Prüfung unterzogen werden. Eine Konzentration auf die Hauptaspekte seiner ausschweifenden Theorie erwies sich als notwendig. Die beiden umfangreichen Studien Meyers 124 wurden auf ihre Kernaussagen reduziert, die Meyer als Basis für weitere Thesen nahm. Die ,Friedelehe' definierte Meyer als eine urgermanische Eheform unter Gleichberechtigung der Frau,125 geschlossen durch Konsenserklärung des Paares vor Zeugen. 126 Den frühesten Beleg des „auf germanischen Ursprung zurückgehenden Konsensgesprächs" fand Meyer im langobardischen Recht, in einer Formel des Liber Papiensis aus dem 11. Jahrhundert. 127 Eine Witwe namens Maria verklagte vor dem Richter ihren Muntwalt, der ihr eine Wiederhei124
Siehe oben, S. 3, Anm. 5. Meyer, Friedelehe, S. 224. 126 Ebd. S. 228f. Einen Einfluß der Kirche auf das Konsensgespräch der „germanischen Ehe" lehnt Meyer ab, ebd. S. 211. 127 Liber Papiensis Rothari, Formel zu Edictus Rothari 182: „...domne comes, hoc dicit Maria cum Petro tutore suo, quodplures vices reclamavit se ad vos de Alberto suo cognato et suo mundoaldo, qui denegai suam voluntatem, et maritum, quem habet electum, non vult sibi dare. [...] Cum dieta fuerit lex: interroga eum, qui vult ipsam feminam: vis accipere ad coniugium legitimum eam? - Volo, Deo volente. - Et tu, mulier, vis eum accipere ad legitimum coniugium? - Volo, Deo volente. - Et tunc die: es tu paratus ad dandum medietatem de meta heredi prioris mariti? - Sum; 100 solidos dedit, ecce 50 [...]„ MGH Legum 4, S. 333, Z.40-46. Otto Opet zufolge existierte seit dem 11. Jahrhundert eine Konsensbefragung der Verlobten bei den „Germanenstämmen", deren Rechtsordnung keine Geschlechtsvormundschaft kannte, ders., Brauttradition und Konsensgespräch, S.158. 125
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rat verweigerte. Einer Witwe gestand man ein gewisses Mitspracherecht bei ihrer Wiederverheiratung zu, sie durfte sich standesgemäß nach eigener Wahl - unter Zustimmung ihres Muntwalts - verbinden.128 Verweigerte er diese, so stand ihr der Rechtsweg offen. Eine offizielle Heiratserlaubnis seitens ihres Muntwalts oder einer anderen Entscheidungsinstanz war jedoch unabdingbar. Verhandelt wurde eindeutig die Schließung einer Muntehe, einschließlich der zu leistenden Dotierung (meto). Diese Gerichtsverhandlung aus hochmittelalterlicher Zeit zog Meyer, methodisch unzulässig, als Beleg einer „typisch germanischen" Hochzeitszeremonie heran. Einen weiteren Schriftzeugen für die durch Konsengespräch geschlossene ,Friedelehe' führte Meyer in einer späteren Veröffentlichung zum Ruodlieb-Gedicht an,129 einer gegen Ende des 11. Jahrhunderts am Tegernsee entstandenen Erzählung, die als älteste Fiktion des Mittelalters gilt.130 In einem Ehegelöbnis sah Meyer den Beweis für das beidseitige Konsensgespräch.131 Nicht nur die Braut muß mit ihrem Leben Treue schwören, Sic tibi stringo fidem firmam vel perpetualem, Harte servare mihi debes aut decapitari, sondern auch sie selbst verlangt einen Treueschwur, Cur servare fidem tibi deceo, die, meliorem, Quam mihi tu debes? " In diesem Kapitel ist durchgängig ein Ton leichten Spottes erkennbar, an mehreren Stellen werden ironische, übermütige Antworten gegeben. So heißt es nach der scherzhaften Antwort der Braut auf die Anfrage, ob sie den jungen Mann zur Ehe nehmen will: „ T]unc risus magnus 128
So schon in der Lex Saxonum 43, siehe unten, S. 221, Anm. 30. Zu Witwen siehe besonders: M. Parisse (Hg.), Veuves et veuvages dans le haut Moyen Age, Paris 1993. 129 H. Meyer, Die Eheschließung im Ruodlieb und das Eheschwert, ZRG.GA 52 (1932), S. 276-293. 130 B.K. Vollmann, Art. ,Ruodlieb', in: LexMA Bd. 7 (1995), Sp. 1103f. 131 Ruodlieb, XIV (XV), 58- 72: „ EJius at ut matrem cernunt haec non renuentem E]t genus amborum par posseque divitiarum, Discutiunt caute, bene conveniant quod utrimque, Hanc desponsari sibi censent lege iugali SJponsus at extraxit ensem ve piramide tersit; Anulus in capulo fixus fuit aureus ipso, Affert quem sponsae sponsus dicebat et ad se: „Anulus ut digitum circumcapit undique totum, Sic tibi stringo fidem firmam vel perpetualem, Hanc servare mihi debes aut decapitari. " Quae satis astute iuveni respondit et apte: „ ludicium parile decet ut patiatur uterque. Cur servare fidem tibi deceo, die, meliorem, Quam mihi tu debes?" Ruodlieb, ed. Fritz Peter Knapp, Stuttgart 1977, S. 130-132.
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fit ab omnibus atque cachinnus, Tarn praesumptive loquitur quod tarn vel amice. "132 Meyer übersah, daß die Mutter zunächst die Zustimmung gab EJius at ut matrem cernunt haec non renuentem E]t genus amborum par posseque divitiarum,133 und daß es sich um eine passende ebenbürtige Verbindung handelte - Voraussetzung für eine Muntehe. Das für den Hochzeitsritus verwendete Schwert SJponsus at extraxit ensem'34 interpretierte er nicht als Eheschwert, über dem einseitig von der Braut eheliche Treue gelobt wurde und das bei Ehebruch zur Bestrafung der Ehefrau diente, sondern als Gerichts- und Eidschwert.135 Da die Braut den Bräutigam über dem Schwert ebenfalls Treue schwören ließ, handele es sich um eine ,Friedelehe' unter Gleichberechtigten.136 Erstaunlich ist, daß er noch 1927 die feste Auffassung vertrat, daß an dieser Stelle eine Muntehe geschlossen wurde,137 in der die Frau jedoch die Stellung einer ,Friedel' zu beanspruchen versuche.138 „Die Schilderung der Eheschließung im Ruodlieb aber ist für uns ein wichtiger Beleg dafür, daß diese gegenseitige eidliche Bindung gerade bei der Friedelehe aufkommt, der ja, wie ich glaube, überhaupt erst die Hebung der Rechtsstellung der Frau in der Ehe und die Gleichwertung mit dem Mann zu danken ist. Dadurch, daß die Kirche diese Besonderheit der Friedelehe in die rechte Ehe herübergenommen hat, hat sie auch dieser die höhere Weihe verschafft, die die Ehe nach christlicher Auffassung haben soll [,..]." 139 „Die sittliche Höhe und rechtliche Freiheit der germanischen Friedelehe hat sich mit dem christlich-kirchlichen Streben, den Ehebund zu heben, zusammengefunden." 140
Meyer verkannte völlig die jahrhundertealte kirchliche Forderung nach gegenseitiger ehelicher Treue und den Versuch, den Ehebruchbegriff auf Männer zu übertragen, die die eigene Ehe brachen.141 Im 11. Jahrhundert, zur Zeit der Abfassung des Ruodlieb-Gedichts, war jedoch noch keineswegs eine egalitäre Behandlung des Ehebruchs von Mann und Frau er-
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Ebd., S. 130. Siehe Anm. 131. Siehe Anm. 131. Meyer, Ruodlieb, S. 281f. Ebd. S. 281. Meyer, Friedelehe, S. 212ff. Ebd. S. 240. Meyer, Ruodlieb, S. 290. Meyer, Ruodlieb, S. 289. Siehe hierzu unten, Teil 1, Kap. 3.3 und Teil 2, Kap. 3.4.
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reicht.142 Nur scherzhaft konnte die Braut von ihrem zukünftigen Mann Treue verlangen. Einen Rechtsanspruch darauf besaß sie nicht, die einzige Möglichkeit, ihn an sein Versprechen zu binden, war der Schwur. Nicht die Qualität der Beziehungsform, höchstens die beginnende Beschneidung männlicher sexueller Vorrechte, die durch Einfluß der Kirche auch zu einer allmählichen Besserstellung der Ehefrau führte, 143 kann das Ruodlieb-Gedicht belegen. Ein weiteres Mal zieht Meyer einen späten Schriftzeugen für die Verhältnisse früherer Zeiten heran, gleichzeitig leitet er aus unbewiesenen Thesen weitere Behauptungen ab. Schlicht unrichtig und von Meyer auch nicht zu belegen ist die Aussage, die ,Friedelehe' habe zu einer rechtlichen Besserstellung von Frauen gefuhrt, die von der Kirche auf die rechte Ehe übertragen wurde. Unter Kritik stand früh Meyers These vom Konsensgepräch der Brautleute als einzigem friedelehenkonstituierenden Akt. Otto Zallinger arbeitete 1923 anhand des Nibelungenliedes und der Kudrun als Kernstück der Eheschließung das Konsensgespräch heraus. Gegeben wurde diese Zustimmung der Brautleute als ,Akt im Ring' in Anwesenheit der Verwandten. Dieser Akt muß aber nach Zallinger als rechtlich getrennt von der Verlobung als Muntübertragungsgeschäft und von der eigentlichen Trauung bestanden haben, denn diese seien in den beiden Gedichten nicht überliefert. 144 Bereits Richard von Kienle 145 anerkannte zwar das Konsensgespräch als ,gemeingermanische' Erscheinung, kritisierte aber Meyers Einschätzung, dieses entstamme der ,Friedelehe'. Germanische Frauen unterstanden lebenslang der Munt, auch in einer ,Friedelehe', dort nämlich der des Vaters. 146 Eine Mündigkeit der Frauen hätte seinen Niederschlag in den Rechtsbestimmungen finden müssen. 147 Da Frauen nicht rechtsfähig waren, konnten sie auch kein eigenverantwortliches Konsensgespräch führen. Dies war nur mit Erlaubnis des Muntinhabers möglich was die ,Friedelehe' als reine Konsensehe ad absurdum führen würde.
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Nicht vor dem 14. Jahrhundert fand dies Niederschlag im weltlichen Recht, R. Lieberwirth, Art.: ,Ehebruch', in: HRG 1 (1971), Sp. 837. Siehe hierzu R. Kottje, Eherechtliche Bestimmungen der germanischen Volksrechte (5.- 8.Jh.), in: Frauen in Spätantike und Frühmittelalter, W. Affeldt, (Hg.) Sigmaringen 1990, S. 211-220, bes. S. 220. O. Zallinger, Die Eheschließung im Nibelungenlied und in der Gudrun, Leipzig/Wien 1923, bes. S. 46f. R. von Kienle, Germanische Gemeinschaftsformen, Stuttgart 1939. Ebd. S. 64. Ebd. S. 71f.
Methodisch kritisiert auch Kienle die Beweisführung Meyers, gesellschaftliche Phänomene des 12. Jahrhunderts könne man umöglich in die „urgermanische Zeit" projizieren. 148 Das Unterscheidungsmerkmal zwischen einem Konkubinat und einer ,Friedelehe' erblickte Meyer nicht in der Erbfähigkeit der Kinder, sondern im Stand der Frau - war sie eine Freie, handelte es sich um eine ,Friedelehe' 149 . Zur Beweisführung berief sich Meyer auf Rudolf Köstler, der an der angeführten Stelle aber die fehlerhaft eingegangene „Minderehe" zwischen Freien von der ,Kebsehe' eines freien Mannes und einer unfreien Frau differenziert. 150 Diese „Minderehe" definiert Köstler als „bürgerliche Ehe mit geringeren Wirkungen", die durch Raub herbeigeführt wurde und „durch nachträgliche Aussöhnung mit der beleidigten Sippe, Munterwerb (und Dotierung)" in eine rechte Ehe transferiert werden konnte. 151 Es gehört schon viel Phantasie dazu, hieraus die Aussage abzuleiten, eine Friedel sei freien Standes. Die Friedel besaß nach Meyer den Status einer Hausfrau mit Schlüsselgewalt. 152 Den einzigen Quellenbeleg für diese Kernaussage der Friedelehen-Theorie findet Meyer im Jütischen Landrecht von 1241, das bis 1683 für den dänischen Bereich Geltung besaß. 153 Der Wortlaut des Textes benennt genau den zu verhandelnden Sachverhalt: Eine Beischläferin, die die Stellung einer Hausfrau einnimmt, da eine solche nicht existiert, wird nach dreijährigem außerehehelichem Verhältnis zur rechtmäßigen Ehefrau gefordert'. Schon Jacob Grimm erkannte in diesem Rechtssatz
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Ebd. S. 72. Meyer, Friedelehe, S. 227. 150 R. Köstler, Muntgewalt und Ehebewilligung in ihrem Verhältnis zueinander nach fränkischem und nach langobardischem Recht, in: ZRG.GA 29 (1908), S. 78-135, bes. S. 101 mit Anm. 1. 151 Ebd. 152 Meyer, Friedelehe, S. 230. 153 Klaus von See, Das jütische Recht. Aus dem Altdänischen übersetzt und erläutert. Weimar 1960, S 14f. Das jütische Recht, I, 27: „De eine byschleperinne mit sick in sinem have effte in sinem huse hefft, und he geit apenbarlik mit er tho bedde, unde se hefft schlöte unde schlötel in erer vorwaringe, stahn unde gahn apenbarlick tho samende tho dem dische unde van den dische, eten unde drincken mit einander dre Winter (dat is) dre jar, se schal sine echte unde rechte frouwe syn ". Zitiert nach Meyer, Friedelehe, S. 232. Ediert wurde diese mittelniederdeutsche Fassung 1835 von P.G. Thorsen. 149
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die Transformierung eines Konkubinats in eine rechte Ehe.154 Keineswegs ist der Interpretation Meyers zu folgen, eine Friedelfrau habe die Position einer Hausfrau mit Schlüsselgewalt besessen. Methodisch abzulehnen ist die Theorienbildung auf der Grundlage einer einzigen, späten, geographisch in ihrem Geltungsbereich begrenzten Quelle, und ihre Übertragung auf andere, viel frühere Zeiten und Rechtsgebiete. Eine der Kernaussagen der Meyerschen Friedelehen-Theorie basiert einzig auf dieser anfechtbaren Quelle. Die Behauptung, eine Friedelfrau besäße den Rechtsstatus einer rechten Ehefrau 155 ist damit ebenso unhaltbar wie alle weiteren, von ihr abgeleiteten Thesen. Die Aussage, eine Friedel habe Anspruch auf eine Morgengabe besessen, stützt Meyer auf Sekundärliteratur. 156 Rietschel schreibt an der von Meyer zitierten Stelle gerade nicht von der Friedel, sondern von der unfreien Kebse, zu deren Versorgung nach dem Tod des Mannes die Morgengabe „eine Rolle gespielt haben dürfte." 157 Pollock und Maitland, englische Rechtshistoriker des 19. Jahrhunderts, auf die Meyer hier zusätzlich verweist, handeln an der angegebenen Stelle u.a. von den Eheschließungsgewohnheiten der heidnischen Dänen zum Zeitpunkt ihres Einfalls in das angelsächsische England. 158 Obwohl unter ihnen eine Morgengabe bereits üblich war, galt dies in den Augen der Kirche - so Pollock und Maitland - nicht als ausreichender Beweis für die Schließung einer rechten Ehe. Nicht ganz eindeutig ist der zeitliche Bezug der Autoren, die innerhalb eines Absatzes die Zeit vom 7. bis zum 11. Jahrhundert (Knut der Große) abhandeln. 159 Von ,Friedelehen' ist nicht die Rede. Meyer nimmt schlicht an, daß es sich bei den Beziehungen der heidnischen Normannen um solche gehandelt habe. Des weiteren behauptet Meyer, die Tradition der Überreichung einer Morgengabe nach der Hochzeitsnacht sei von der ,Friedelehe' auf die
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J. Grimm, Deutsche Rechtsalthertümer, 1. Bd., S. 607. Meyer, Friedelehe, S. 230. Meyer, Friedelehe, S. 230, mit Anm. 2. S. Rietschel, Art.: .Beischläferin', RGA Bd. 1 (Straßburg 1911-13), S. 214-216, bes. S. 215. J. Ficker, auf den sich Meyer zusätzlich berief, sprach dagegen durchgehend von einer ,Friedelschaft' als Liebschaft zwischen Freien, eben nicht von einem Eheverhältnis, ders., Untersuchungen zur Erbenfolge der ostgermanischen Rechte, Bd. 3, S. 396, S. 41 Iff u.ö. F. Pollock u. F.W. Maitland, The History of English Law before the time of Edward I, Vol. II, 2 1898 (Nachdruck Cambridge 2 1968), S. 366f. Ebd.
Muntehe übergegangen.160 Auch dies ist als reine Vermutung zu bezeichnen, für die Meyer nur widersprüchliche Belege anfuhren kann. Teilweise widerspricht er sich hierin sogar selbst, so bei der Heranziehung des Tacitus bald fiir diese, bald für eine gegenteilige These. Die in der Germania des Tacitus beschriebene Eheschließung der Germanen161 identifizierte er zunächst als Muntehe, später als ,Friedelehe'.163 Die dort erwähnte dos ex marito bezeichnete er zunächst als Gegenleistung für die Munt,164 später als Morgengabe.165 In der Dotierung von Ehefrauen nach sächsischem Recht erkannte Meyer eine Morgengabe, da sie neben dem Brautpreis stehe.166 Wahrscheinlich meinte er damit das Strafgeld, das der Frauenräuber zahlen mußte.167 Nicht im entferntesten besteht ein Bezug zur Morgengabe. Der zur weiteren Beweisführung herangezogene Sachsenspiegel des Eike von Repgow behandelt diese Ehegabe entgegen der Annahme Meyers für die Muntehe.168 Meyers Interpretation: „Es handelt sich hier um die Friedel, die den ,weichenden Erben' heiratet, der für sich selbst einen Hof errichtet oder erwirbt und die Gattin als Stammutter einer neuen Sippensiedlung zur Herrin des Hauses macht."169 Ebenfalls allein auf Projektion zeitlich wie geographisch weit entfernter Sachverhalte beruht seine Interpretation der - nur konstruierbaren, wie er 160
Meyer, Friedelehe, S. 239 u. S. 279f. Tacitus, c. 18: „[...] Dotem non uxor marito, sed uxori maritus offerì. Intersunt parentes et propinqui ac muñera probant, muñera non ad delicias muliebres quaesita nec, quibus nova nupta comatur, sed boves et frenatum equum et scutum cum frames gladioque. In haec muñera uxor accipitur atque invicem ipsa armorum aliquid viro affert: hoc maximum vinculum, haec arcana sacra, hos coniugales deos arbitrantur [ ... ]" Arno Mauersberger (Hg.), Wiesbaden o.J., S. 42. 162 Meyer, Friedelehe, S. 223. 238, Anm. 1. 163 Meyer, Ruodlieb, S. 290f. 164 Meyer, Friedelehe, S. 238. 165 Meyer, Ruodlieb, S. 291. 166 Meyer, Friedelehe, S. 239, Anm. 4. Lex Saxonum 40: „ Uxorem ducturus CCC solidos det parentibus eius; si autem sine volúntate parentum puella tamen consentiente, ducta fuerit, bis CCC solidos parentibus eius conponat. Si vero nec parentes nec puella consenseruntjd est, si vi rapta est, parentibus eius CCC solidos, puelle CCXL conponat, eamque parentibus restituat. " MGH Fontes iuris Bd. 4, S. 27f. 167 Siehe hierzu ausführlich unten, S. 220ff. 168 Ssp. I 20 § 1: „Nu vernemet, wat iewelk man van ridderes art möge geven sime wive to morgengave. Des morgenes, als he mit er to dische geit, vor etene, ane erven gelof so mach he er geven enen knecht oder ene maget, de binnen eren jaren sint, unde tune unde timmer unde veitginge ve. " K.A. Eckhardt (Hg.), MGH Fontis iuris Bd. 1, S. 84. 169 Meyer, Ehe und Eheauffassung, S. 38. 161
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selbst zugibt170 - ,Erbtochterehe' als ,Friedelehe', bei dem der Mann in Haus und Familie der Frau eintrat. In einer solchen Ehe stand die Frau nicht unter der Munt ihres Mannes, sondern war ihm gleichberechtigt. Als Beweis führt Meyer das griechische Recht an, das schon die manusfreie Ehe gekannt habe.171 Er belegt dies anhand von Schriftzeugen des römischen Rechts. 172 Die moderne ,Erbtochterehe', beispielsweise bei reichen Bauern, könne man ohne „Bedenken [...] in die „germanische Urzeit" zurückversetzen." 173 Die griechische ,Erbtochterehe', die Meyer hier zu Beweis fuhrt, war entgegen seiner Definition ganz und gar nicht von Vorteil für die Erbtochter. Weder zeigen sich hier - so Meyer - mutterrechtliche Relikte 174 noch ist die ,Erbtochterehe' auch nur entfernt mit seiner ,Friedelehe' zu vergleichen. Besaß ein Mann keine männlichen Nachkommen, Brüder oder einen noch lebenden Vater, so wurde der Nachlaß auf eine eheliche Tochter übertragen, mit der Auflage, daß der nächste männliche Verwandte sie heiraten mußte. Hierauf besaß dieser einen Rechtsanspruch, sogar, wenn die Erbtochter schon verheiratet war - diese Ehe wurde gelöst. Nicht die Erbtochter erbte, sondern sie wurde ererbt, denn ihr Sohn sollte den fehlenden männlichen Erben ersetzen. Wie bei jeder Erbschaftsfolge, die nicht vom Vater auf den Sohn überging, fand die Vergabe der Erbtochter in einem Gerichtsverfahren statt. Die Frau war reines Verhandlungsobjekt, ihre Interessen wurden weitaus weniger gewahrt als in der germanischen Muntehe. 175 Diese ,Einheiratshypothese' Meyers bezeichnete schon Rudolf Hübner als „gewaltsame und nicht überzeugende Konstruktion." 176 Er bezweifelte einen Ehedualismus, der im Falle der ,Friedelehe' ein Überrest mutterrechtlicher Rechtsformen sei und sich in eine patriarchalisch gewordene Gesellschaft hinübergerettet habe. „Unter jedem System wird das Leben zu Ausnahmen fuhren. Aber wir erblicken doch auch heut in der Ehe jenes einheiratenden Bauern kein Mutterrecht und können es nicht, weil der vaterrechtliche Aufbau unserer Familie in anderen Zügen zweifelsfrei zutage tritt". 177 170 171 172 173 174 175
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Meyer, Friedelehe, S. 251. Ebd. Ebd. Ebd. S. 273. Ebd. S. 272. H. Baltersweiler, Die Ehe im neuen Testament, S. 143f; Th. Thalheim, Art. ,Erbtochter', RE 6, 1907, Sp. 114-117. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 623. Ebd.
Die gleichberechtigte Stellung der Frau in der ,Friedelehe' sei unter anderem an der leichten Scheidbarkeit durch öffentliche Erklärung zu erkennen. Diese Trennung auf gegenseitigem Einverständnis rekonstruierte Meyer - wie er selbst sagt - mittels der „besonders altertümlichen Quelle" des Mühlhauser Reichsrechtsbuchs, einer privaten Überarbeitung des Stadtrechts von Mühlhausen in Thüringen, die nicht älter als der Sachsenspiegel datiert.178 Meyer übersetzt die Redewendung ,JLiet abir ein man bie eimi wibili in Kap. 4.12 mit: „Steht aber ein Mann mit einem Weibe im Geschlechtsverkehr"179 in Kap. 4.1 jedoch folgendermaßen: „Liegt aber ein Mann bei einem Weib (hier: Weibsperson)."180 Das Kap. 4.1 handelt von Vergewaltigung und deren Bestrafung. Die Vergewaltigte sollte sich mit Geschrei und zerrissenen Kleidern den Nachbarn zeigen, damit sie bei einer Anklage auf Zeugen zurückgreifen konnte. Meyers Textbeleg 4.12 dagegen regelt den Fall eines Beischlafverhältnisses, aus dem sich die Frau wiederum mittels Zeugen - auf mehr oder weniger ehrenhafte Weise befreien wollte. Die Zeugen sollten ihr helfen, den weiteren Ansprüchen des .Liebhabers' zu entgehen, der sich bei Zuwiderhandlung einer Vergewaltigung schuldig machen würde, die sie dann wiederum durch ,Gerüfte' kundbar machen mußte. Ohne die Hinzuziehung von Zeugen wäre sie dem Mann auch weiterhin als ,Beischläferin' verpflichtet. Dies spricht nun eindeutig für die starke Autorität des Mannes, von dem sich die Frau eben gerade nicht leicht lösen konnte. Die rechtlose Stellung einer Geliebten, die sich zudem „Schande, Sünde und Leid" aussetzte, kommt hier zur Geltung. Die Redewendung „liegt ein Mann bei einem Weibe" nichts spricht dafür, hier anders zu übersetzen als im Vergewaltigungsparagraphen 4.1 - zeigt ausdrücklich die sexuelle Seite der Beziehung, die
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B. Köhler / H.-J. Becker, Art.: ,Mühlhauser Reichsrechtsbuch', in: HRG Bd. 3 (1984), Sp. 722. 179 Mühlhauser Reichsrechtbuch 4.12: 'Liet abir ein man bie eimi wibi, daz giscien is undi noch gisci mac, mit urin willin undi daz doch nicht elich inis undi wil su dan daz lazi, duch sundi edir durch scandi, edir suarummi iz si so sai su dazu neimi guiti luiti, daz zu selbi dirti sie undi sai un dan bieti, daz he sogitani dine me lazi, wandi da sundi undi scandi ani sie undi leit. Woldi he iz dan nicht lazi, he inteit iz ubir daz, so hetti he eini rechti notnumpht an uri bigein clagit su iz mit giscreigi, undi alsi hie vori biscribin steit, alsi iz recht is. ' Das Mühlhauser Reichsrechtsbuch, H Meyer (Hg.)., Weimar 1934, llOf. 180 Mühlhauser Reichsrechtbuch, 4.1: 'Liet ein man bi einimi wiebisnamin an urin danc undi widir urin willin is uri dan leit, so sai su sich weri mit giscrei undi sai iz danach zu hant cundigi mit zurizzinir wait undi mit giwundin hendin undi mit weniningin oigin undi mit bustrubitemi hairi... ' Ebd. S. 107.
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Frau war Beischläferin, nicht mehr. Für Meyer belegen diese Rechtssätze „[...] ein Überbleibsel eines versunkenen Rechtsinstituts [...], das naturgemäß nur die Friedelehe sein kann, die später im Mittelalter als uneheliche Verbindung aufgefaßt wurde. 181 Jüngster Fall einer „Friedelehe im alten Sinne" als „außerkirchlich durch Konsensgespräch abgeschlossene Vertragsehe zwischen zwei ständisch gleichstehenden Personen"182 war Meyer zufolge der ,Oberweseler Fall von 1448 aus den Ingelheimer Oberhofprotokollbüchern'.183 Der Auszug aus den Protokollbüchern beinhaltet ein eherechtliches Urteil des geistlichen Richters Johannes von Frankfurt (Offizial des Erzbischofs von Trier) vom 25. Mai 1448:184 Nach Verhandlung und Beweisaufnahme wurde geurteilt, daß zwischen Hanso von Armsheim und Katharina, Tochter von Henno Stark, aufgrund gegenseitiger Einwilligung eine Ehe bestand. Die Beklagte sollte die Ehe in facie ecclesiae ,solemnisieren'. Da die Ehe noch nicht vollzogen war, gestattete man Katharina eine Frist von zwei Monaten zu, um wie beabsichtigt ins Kloster zu gehen. Der urkundliche Beweis für das Bestehen der Ehe erging nach einer Gerichtsverhandlung vor dem Oberhof der Stadt Oberwesel im Juli oder August 1448: Hanso hatte die Ehe mit Katharina erfolgreich eingeklagt. Nicht um eine ,Friedelehe', sondern um eine klandestine Ehe handelt es sich,185 die ganz anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen entsprang.186 Nachdem im 12. Jahrhundert die Kirche die Suprematie in Eherechtsfragen an sich zog - Meyer selbst behauptete, die Kirche habe
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Meyer, Friedelehe, S. 242. Ebd. S. 244. Hugo Loersch, Ein eherechtliches Urtheil von 1448, in: Zeitschrift für Kirchenrecht 1 5 , 4 ( 1 8 8 0 ) S. 407-410. Ingelheimer Oberhofprotokoll: „[...] Noveritis quod pridem, comparentibus coram nobis in iudicio Hansone de Armesheim, actor ex una, et Katherina, filia quondam Hennonis Starken, rea in causa matrimoniali et eius occasione partibus ex altera, idem Hanso dictam Katherinam ream impetens super matrimonio inter ipsum et eandem ream, [...] Quare peciit dictus actor dictam Katharinam per nos sibi in coniugem legitimam adiudicari ipsamque ad solemnizacionem per ipsum actorem ab eadem rea exactam fuisse, sed quod ipsa huiusmodi promissionem et stipulacioni consensum purum non adhibuerit sed allegaverit [...]" Hugo Loersch (Hg.), Ein eherechtliches Urtheil, S. 408. Siehe hierzu Angenendt, Geschichte der Religiosität, S. 277f; Rudolf Weigand, Art.: ,Klandestinehen, in: LexMA 5 (1991), Sp. 1192. Hierzu: R. Lettmann, Die Diskussion über die klandestinen Ehen und die Einführung einer zur Gültigkeit verpflichtenden Eheschließungsform auf dem Konzil von Trient (Münstersche Beiträge zur Theologie, Heft 31) München 1966.
schon seit Pseudoisidor die ,Friedelehe' bekämpft 187 - verursachte sie selbst das Problem der klandestinen Ehen. Unter Betonung des Konsensprinzips lehnte sie die elterliche Ehebewilligung ab, wie überhaupt jedwede säkulare Rechtsprechung innerhalb des Eherechts. Andererseits war die priesterliche Teilnahme bei der Eheschließung noch nicht obligatorisch geworden. Folge war die nicht immer einwandfreie Feststellbarkeit einer legal geschlossenen Ehe.188 Hier wird Meyers Methode deutlich, sich auf der Basis nicht belegter Thesen zu weiteren Konstruktionen hinreißen zu lassen, ohne zu bemerken, daß er sich längst auf imaginärem Boden befindet. Er scheute sich nicht, ein Gedicht von Enrica von Handel-Mazzetti (1871 bis 1955) als vermeintlichen Beweis der Entführungs'ehe' als ,Friedelehe' anzuführen: 189 Ein junger Mann raubt seine verblichene Liebste aus den Fängen des Todes und erweckt sie zu neuem Leben. Den Vollzug des Todesurteils als Strafe für den Raub verhindert die Wiedererweckte, indem sie „nach altdeutschem Recht" ihren Entführer heiratet.190 Auch hier erscheint es als unmöglich, zwischen den beiden Tatbeständen der Entfuhrung und der Sühne für diese einen Hinweis auf die ,Friedelehe' zu finden. Meyers Stellungnahme dazu: „Wir dürfen darin eine weitere wichtige Stütze für unsere Ansicht von der Altertümlichkeit und allgemeinen Verbreitung der Friedelehe erblicken191 [...] Ja selbst für deren Zurückdatierung bis in die indogermanische Urzeit [...]."192 Zur Zeit der Entstehung der Dresdner Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, so Meyer, war die ,Friedelehe' schon abgeschafft, 193 trotzdem beschränkte er er sich hauptsächlich auf Quellen des Hochmittelalters und späterer Zeit, deren zweideutige Aussagen er als Grundlage für eine Konstruktion nahm, die er „ohne Bedenken in die germanische Urzeit" projizierte. Da zeitgenössische frühmittelalterliche Quellen seine Thesen nicht belegen, beurteilte er spätere Schiftzeugen als glaubwürdiger. Der zeitliche Rahmen seiner Quellen vom Codex Hammurabi bis zu Textzeugen
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Meyer, Friedelehe, S. 235. Siehe hierzu: D. Schwab, Eheschließungrecht, S. 1152f. Meyer, Friedelehe, S. 265. „Nimmt sie zur Eh' ihn, nach altdeutschem Recht Geht er der Strafe ledig. " (Zitiert nach Meyer, Friedelehe, S. 265). Meyer, Friedelehe, S. 265. Ebd. Anm. 3. Meyer, Friedelehe, S. 231, d.h. im 14. Jahrhundert. A.H. Benna, Art.: ,Bilderhandschriften', HRG 1 (1971), Sp. 422-424, bes. Sp. 423.
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des 20. Jahrhunderts trägt allerdings wenig zur Glaubwürdigkeit der Friedelehen-Theorie bei.194 Unterzieht man der Beweisführung Meyers einer kritischen Prüfung, so ist sie schon aufgrund methodischer Unzulässigkeit abzulehnen. Allein auf Rückschlüssen, die er aus - strittigen - Quellenaussagen viel späterer Zeit zog, basieren Meyers Kernthesen. Meyer kann nicht damit überzeugen, daß die ,Friedelehe' eine Eheform unter Freien und Gleichberechtigten war, die auf gegenseitigem Konsens beruhte, in der die Frau eine Morgengabe erhielt und den Status einer Hausfrau mit Schlüsselgewalt besaß. Die ,Friedelehe' ist ein Konstrukt. Neben dem herrschenden Zeitgeist der Germanenverherrlichung 195 , besonders um 1940, war ein Grund für die kritiklose Akzeptanz der ,Friedelehe' sicher die Gängigkeit und Regelhaftigkeit der Thesen, die anscheinend besonders gern von Rechtshistorikern angenommen wurde. Gleichzeitig waren sie es, die für eine Institutionalisierung der ,Friedelehe' mittels ihrer Handbücher sorgten. Eine Regel, eine Gesetzmäßigkeit war gefunden und wurde nur zu gern rezipiert.196 Im weiteren werden die vor- und außerehelichen Beziehungen im Sozialund Rechtsgefüge des Frühmittelalters in ablehnender Haltung zur Friedelehen-These untersucht. Zur Vervollständigung der Friedelehen-Kritik werden jedoch diejenigen frühmittelalterlichen Quellenbelege, in denen Meyer und seine Anhänger einen Beweis für die ,Friedelehe' sehen, im Verlauf der Arbeit problematisiert - allerdings innerhalb des quellenkritischen und gesellschaftlichen Zusammenhanges, in den sie gehören. Die vorliegende Studie strebt an, eine neue Diskussionsgrundlage zum Thema zu schaffen, unbelastet vom Friedelehen-Konstrukt.
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Vernachlässigt werden hier viele weitere Ansätze zur Kritik, so die Bedeutung des ,Aktes im Ring' für die Schließung einer ,Friedelehe', und die mutterrechtlichen Ergüsse Meyers, so die Behauptung, die ,Friedelehe' sei die Eheform des Mutterrechts, ders., Friedelehe, S. 242. K. von See, Deutsche Germanenideologie vom Humanismus bis zur Gegenwart, Frankfurt a.M. 1970. Zur Einseitigkeit rechtshistorischer Forschungsmeinung und zur Institutionengläubigkeit von Rechtshistorikern siehe C. Schott, Zur Geltung der Lex Alamannorum, in: Die historische Landschaft zwischen Lech und Vogesen: Forschungen und Fragen, Fried, P. / Sick, W. D. (Hg.), Augsburg 1988, S. 75-105, bes. S. 75-78.
TEIL 1 D A S KONKUBINAT BIS ZUR MITTE DES 8. JAHRHUNDERTS
1. Zum Einfluß des römisch-rechtlichen Konkubinats Der in Südgallien lebende Salvian von Marseille beklagte sich um 445 bitterlich über den Lebenswandel, über Sitte und Moral der Gallo-Romanen.1 Männer, besonders Mächtige, würden sich keineswegs mit ihren Ehefrauen zufriedengeben, sondern gewohnheitsmäßig Konkubinen aufsuchen, die sie insbesondere unter ihren eigenen Hausmägden auswählten. In der Forschungsliteratur wird vereinzelt von einer Beeinflußung der mittelalterlichen außerehelichen Geschlechtsbeziehungen durch das antike römische Rechtsinstitut des Konkubinats ausgegangen. 2 Salvian belegt die Existenz von Konkubinaten auch noch im Gallien des 5. Jahrhunderts, es fragt sich, ob er römisch-rechtliche Verhältnisse beschrieb. Eine der frühen kirchenrechtlichen Stellungnahmen zum Konkubinat, der Kanon 17 des ersten Konzils von Toledo aus dem Jahr 400, 3 ist originär auf den ibero-romanischen Raum zurückzuführen. Dies läßt vermuten, daß eine Verbindung der gallo- und ibero-romanischen Regionen des 5. und 6. Jahrhunderts zur römischen Rechtsinstitution des Konkubinats bestand, die sich im Kirchenrecht niederschlug und auf diesem Wege Eingang in die fränkische Gesellschaft fand. Zu untersuchen ist an dieser Stelle, ob sich - da es sich um ein Rechtsinstitut handelte - rechtliche Verbindungslinien zum frühmittelalterlichen Konkubinat aufzeigen lassen, die einen Einfluß des römischen Konkubi-
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Salvian, De gubernatione Dei IV, 24f: „Nam de concubinis quippiam dici forsitan etiam iniustum esse videatur, quia hoc in comparatione supradictorum flagitiorum quasi gern« est castitatis, uxoribus paucis esse contentum et intra certum coniugum numerum frenum libidinum continere. Coniugum dixi, quia ad tantum res impudentiam venit, ut ancillas sua multi uxoresputent. [...]" M G H A A I, S. 40. Zu Salvian von Marseille und sein Werk De gubernatione Dei, siehe ausfuhrlich unten, S. 76ff. Siehe oben, S. I i , mit A n m 18. Konzil von Toledo I, c. 17: „De eo qui uxorem habet, si concubinam habuerit, ut non communicet. Si quis Habens uxorem fìdelis, si concubinam habeat, non communicet. Ceterum is qui non habet uxorem et pro uxore concubinam habeat, a communione non reppellatur; tamtum ut unius mulieris, aut uxoris aut concubinae, ut ei placuerit sit conjunctione contentus. Alias vero vivens abiciatur donec desinai, et per poenitentiam revertatur. " J. Vives (Hg.) Concilios Visigóticos e hispano - romanos, Textos: vol. I; Barcelona - Madrid 1963, S. 24. Siehe hierzu ausführlich unten, S. 84ff.
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nats, auch über den ,Umweg' kirchlicher Stellungnahmen, möglich erscheinen lassen.
1.1 Das römische Konkubinat Das Konkubinat nach klassisch-römischem Recht galt in der älteren Forschung als ,Ehe-Ersatz' für Personen, die kein matrimonium iustum eingehen konnten oder wollten, als zwar rechtlich tolerierte, aber gesellschaftlich minderwertige Form des Zusammenlebens.4 In neuester Zeit wird die soziale und quantitative Bedeutung des Konkubinats stark relativiert.5 Lediglich für Personen akzeptabel, die einem Eheverbot unterstanden, habe das Konkubinat zur „Aufrechterhaltung der Disparität und zur Verhinderung des Aufstiegs unerwünschter Personenkreise" gedient.6 In diesem Sinn existierte das Konkubinat zur „Perpetuierung der Ausbeutung von Freigelassenen", namentlich der Verfugungsrechte eines patronus an seiner liberta.7 Durch die Sittenreform des Augustus wurden einige außereheliche Verbindungen ins Kriminalrecht aufgenommen.8 Eine Sittlichkeitsverletzung, stuprum, beging nun, wer sich mit einer freien, ,anständigen', unverheirateten oder verwitweten Frau (oder einem Knaben) einließ, während ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau als adulterium bezeichnet 4
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Diese Einschätzung geht zurück auf: P. M. Meyer, Der römische Konkubinat nach den Rechtsquellen und Inschriften. Aalen 1966 (Nachdruck von Leipzig 1895), S. 27ff; siehe auch: C. Nardi, Cenni storici del concubinatu, in: Archivo penale 19 (1963), S. 108123; R. Astolfi, Femina probosa, concubina, mater solitaria in: Studia et documenta historiae et iuris, Pontificium Institutum Utriusque Iuris, Rom, Bd. 31 (1965), S. 15-60; G. C. Caselli, Concubina pro uxore, in: Rivista di storia del diritto italiano 36 (1963), S. 163-220; B. Rawson, Roman concubinage and other de facto marriages, in: Transactions and Proceedings of the American Philological Association 104 (1974), S. 279-305; S. Treggiari, Art.: ,Concubinae', in: Papers of the British School at Rome 49 (1981), S. 59-81; R. Friedl, Der Konkubinat im kaiserzeitlichen Rom, Stuttgart 1996; Der Neue Pauly, Art. ,Concubinatus", Bd. 3 (1997), Sp. 117f. Friedl, Der Konkubinat, S. 271 ff. Ebd. S. 272. Auch die wenigen Hinweise auf Konkubinate zwischen Freien beschreiben weniger die freigeborene, sondern eher die freigelassene Konkubine, ebd. S. 272. Augustus versuchte, die römischen Bürger zu einer bessere Ehemoral und zu vermehrter legitimer Nachkommenschaft zu bewegen, indem er 18 v. Chr. mittels der lex Iuliae de adulteriis et de maritandis ordinibus standeswidrige Ehen verbot und 9 n. Chr. unter Androhung von Vermögenskonfiskationen mit der lex Papia Poppeae eine Ehepflicht einführte, Der Neue Pauly, Bd. Sp. 121; R. Astolfi, Lex Julia et Papia, Padua 1970; A. Mette-Dittmann, Die Ehegesetze des Augustus, Stuttgart 1991.
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wurde. 9 Um Personen, denen ein matrimonium iustum10 untersagt war, die Möglichkeit zu einem rechtlich zulässigen Verhältnis zu gewähren, wurde gleichzeitig das Konkubinat institutionalisiert." Die Geliebte eines Verheirateten hieß nun zur Differenzierungpaelex. u Doch auch die Konkubine eines Unverheirateten zu sein, wird deutlich als wenig ehrenhafter (paulo honestiore) beschrieben. Eine solche Beziehung mußte allerdings monogam sein, um nicht unter das klassische Strafrecht zu fallen. 13 Salvian schildert demnach nicht das römische Konkubinat, wenn er von der Gewohnheit des nebenehelichen Beischlafs freier Männer mit ihren Mägden berichtet. Verhältnisse zwischen einem Freien und einer Sklavin waren zudem im klassischen römischen Recht ausdrücklich nicht als concubinatus sondern als contubernium, Sklavenverbindung, bezeichnet
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Digesta Iustiniani Augusti 48,5,35: „Stuprum committit, qui liberam mulierem consuetudinis causa, non matrimonii continet, excepta videlicet concubina. Adulterium in nupta admittitur: stuprum in vidua vel virgine vel puero committitur. " 10 Eine vollgültige Ehe (matrimonium iustum) schließen konnte, wer sich in der pubertas befand (Mädchen ab 12, Jungen ab 14 Jahren, Käser, Römisches Privatrecht: Studienbuch, München l4 1986, S. 260) und das römische Bürgerrecht besaß. Nach 212 n. Chr. waren dies alle freien Bewohner des römischen Reichs, Weimar, Art. ,Ehe', LexMA Bd. 3, Sp.1621. Ingenui (nicht senatores) war ein matrimonium iustum mit einer Kupplerin, einer Prostituierten und deren Freigelassene verboten, ebenso mit einer überführten Ehebrecherin, einer Verdammten und einer Schauspielerin. Auch Soldaten und Provinzialbeamte unterstanden diesem Verbot. Senatoren konnten keine Freigelassenen heiraten (ingenui war dies erlaubt) und keine Töchter von Schauspielern, Meyer, Der römische Konkubinat, S. 23f. Siehe hierzu: B.Rawson (Hg.), The Familiy in Ancient Rome, 1986; dies., (Hg), Marriage, Divorce and Children in Ancient Rome, 1991. 11 Siehe oben, Anm. 9. 12 Paelex (paelix, pelex, pellex, pallaca; von hebräisch pTlegesch) war in der voraugusteischen Zeit ursprünglich jede, die dauernd mit einem Unverheirateten zusammenlebte, ohne seine uxor zu sein. Seit der Kaiserzeit galt sie als die Rivalin der Ehefrau. Digesta Iustiniani Augusti 50,16,144: „Libro memorialium Massurius scribit ,pellicem' apud antiquos eam habitam, quae, cum uxor non esset, cum aliquo tarnen vivebat: quam nunc vero nomine amicam, paulo honestiore concubinam appelari. [...] pellicem nunc vulgo vocari, quae cum eo, cui uxor sit, corpus misceat: [quosdam] eam, quae uxoris loco sine nuptiis in domo sit, quam pallakae Graeci vocant". Der Terminus concubina ist erstmalig bei Plautus belegt, er bezeichnet dort die griechischen Hetären, die sich aus Sklavinnen rekrutierten, Meyer, Der römische Konkubinat, S. lOf; Friedl, Der Konkubinat, S. 32. 13 Codex Iustinianus 7,15,3,2: „Omnibus etenim uxores habentibus concubinas vel liberas vel ancillas habere nec antiqua iure nec nostra concedunt". Obgleich im Codex Iustinianus von 531 überliefert, handelt es sich hier doch eindeutig um einen klassischen Rechtssatz des 1. und 2. Jahrhunderts, wie viele weitere Rechtsquellen belegen, Friedl, Der Konkubinat im kaiserzeitlichen Rom, S. 217 (mit weiteren Belegen).
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worden. 14 Wenn auch in der römischen Kaiserzeit die Realität sicher nicht immer den rechtlichen Bestimmungen entsprach, 15 so wird doch deutlich, was man unter dem römischen Konkubinat verstand.
Die christliche Kaiserzeit Bereits im 4. Jahrhundert kann von einem Konkubinat als institutionalisierter Verbindungsform nicht mehr die Rede sein. Konstantin der Große, der selbst ein Konkubinenkind war, 16 schaffte die rechtlichen Voraussetzungen des Konkubinats im klassischen Sinn ab, wenn er Beischlafverhältnisse als gesellschaftliche Tatsache auch nicht verhindern konnte. 17 Konkubinate wurden deutlich abgewertet, Konkubinenkinder rechtlich schlechter gestellt, indem man ihren Status dem der spurii, wie man Kinder aus verbotenen und strafrechtlich verfolgten Beziehungen nannte, anglich. 18 So blieben die Ehehindernisse des Augustus zwar bestehen, es entfiel aber das Konkubinat als Alternativ-Institution. 19 Zuwendungen des Mannes an seine Konkubine und deren Kinder wurden in diesem Zusammenhang untersagt. 20 Justinian hob schließlich alle Eheverbote mit Freigelassenen, selbst für Senatoren, auf 21 und ermöglichte die Eheschließung von Personen, die im Konkubinat lebten. Als filii naturales geborene Kinder konnten legitimiert werden. 22 Trotz dieser Maßnahme existierten Konkubinate als nicht eheliche Verhältnisse, die allerdings nun außerhalb des Rechts standen, weiterhin. 23
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Pauli Sententiae 2,19,2 (um 300):[...Jinter servos et tiberos matrimonium contrahi non potest, contubernium potest".
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Dafür sprechen die vielen Bestimmungen über die Rechte, die ein Patronus über seine Freigelassene besaß (Digesta Iustiniani Augusti 23,2,28 u. 29). Hierzu Friedl, Der Konkubinat, S. 176ff, bes. S. 179. 16 Meyer, Der römische Konkubinat, S. 128. 17 Ebd. S. 125. Friedl, Der Konkubinat, S. 33f. 18 Meyer, Der römische Konkubinat, S. 126. "Ebd. S. 128-130. 20 Ebd. S. 130. 21 Alle Bürger und alle freien Frauen haben jetzt das Eherecht (ius conubium) ebd., S. 150. 22 Ebd. S. 149. War eine Verwandlung nicht möglich, konnten durch kaiserliches Reskript die Nachkommen legitimiert werden, ebd. S. 151. 23 Dies zeigt sich darin, daß Konkubinenkinder weiterhin erbrechtlich bedacht wurden und intestata bis zu 1/6 des Vatervermögens erben konnten, ebd. S. 147.
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1.2 Rechtliche Verbindungslinien zum Frankenreich Das spätrömische Recht, das unter den Westgoten für die romanische Bevölkerung Geltung besaß, nimmt lediglich Stellung zum nebenehelichen Konkubinat. 24 Das römische Recht wurde im Frankenreich hauptsächlich in Form dieser bedeutenden Lex rezipiert.25 Ihr ist somit erhebliche Bedeutung für die Tradierung des römischen Rechts bei den Franken zuzusprechen. Nur ein einziger Satz verbietet das nebeneheliche Konkubinat, mit der Begründung, daß eine Konkubine die eheliche Liebe verhindere.26 Einem Mann, der eine Konkubine hat, wird also fehlende affectio maritalis seiner Ehefrau gegenüber nachgesagt. Daß nebeneheliche Konkubinate freier Männer trotzdem Usus waren, belegt eine andere Bestimmung, nach
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Die Lex Romana Visigothorum (Breviarium Alarici(anum)) erließ der westgotische König Alarich II. (484-507) im Jahr 506 als Rechtsordnung für die römische Bevölkerung seines Reiches. Sie besaß Geltung bis zur Promulgation des Uber ludiciorum König Reccesvinths von 654 (Siems, Art.: ,Lex Romana Visigothorum', HRG 2 (1978), Sp.l946f). Zwei Drittel des Gesetzes stellen Extrakte aus 16 Büchern des Codex Theodosianus, von dessen 3400 Konstitutionen 398 aufgenommen wurden, sowie die posttheodosianischen Novellen (von 104 Novellen wurden 33 ausgewählt). Ein Drittel des Gesetzbuchs besteht aus der Epitome Gai, Auszügen aus den Paulussentenzen, dem Codex Gregorianus und dem Codex Hermogenianus sowie einer Stelle aus den Responsen Papinians. Allen Stellen - außer der Epitome Gai - sind dem 5. Jahrhundert entstammende interpretationes beigefügt, ebd. Sp. 1943f. Max Conrat (Cohn), Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts im frühen Mittelalter Teil I, Leipzig 1891 (ND Aalen 1963), bes. S. 41 ff. Karl der Große ließ vermutlich Abschriften der Lex anfertigen, ebd. Sp. 1946. So ist in einer Handschrift (Cod. Ambros. A.46) folgende Bemerkung zu finden: „ haec capitula a Carolo primo et Pipino filius eius inter leges Francorum excerpta etposita sunt. " (zitiert nach: ebd.). Die Rezeption des Breviars in der Rechtspraxis des Frankenreichs ist vielfach in Urkunden und Formeln zu finden (Siems, Art.: ,Lex Romana Visigothorum', Sp. 1947). Bis ins 12. Jahrhundert hinein wurde die Lex Romana Visigothorum als Grundlage für Abhandlungen über das römische Recht in Frankreich, Deutschland und England verwendet, Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 515. Pauli sententia II, 21, 1 (um 300): „Sententia: Eo tempore, quo quis uxorem habet, concubinam habere non potest. Concubina igitur ab uxore solo dilectu separatur. Interpretatio: Qui uxorem habet, eo tem[p]ore [Lücke oder Druckfehler bei Haenel, d. Verf.] concubinam habere prohibetur, ne ab uxore eum dilectio separet concubinae. " G. Haenel (Hg.), Lex Romana Visigothorum, Leipzig 1848 (ND Aalen 1962), S. 368. Die Rezeption dieser Bestimmung bei Benedictus Levita (Liber III, c. 336) belegt die kontinuierliche Tradierung dieser lex Romana in Form der interpretatio, siehe unten, S. 208, Anm. 62.
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der natürlichen - d.h. Konkubinenkindern - neben den ehelichen Nachkommen ein eingeschränktes Erbrecht zugestanden wird.27 Unter dem Aspekt der Angleichung des vorhandenen römischen Rechts an burgundische Verhältnisse entstand die Lex Romana Burgundionum als geltendes Recht für die Bevölkerung romanischer Herkunft im Burgunderreich28. Während die Lex Burgundionum29 keine Stellung zu außerehelichen Beziehungen nimmt, regelt die Lex Romana Burgundionum erbrechtliche Konsequenzen eines solchen Verhältnisses. Zählen die Konkubinenkinder einer Magd zu den Manzipien,30 so wird den Kindern einer freien oder freigelassenen Konkubine nach römisch-rechtlichem Vorbild ein gewisses Erbrecht eingeräumt.31 Das Erbe der legitimen Kinder, zu dem auch die Ehegaben ihrer Mutter gehören, darf jedoch nicht angerührt werden. Eine Beziehung zwischen Personen verschiedenen Standes kann niemals Ehe sein, die Kinder folgen immer der schlechteren Hand.32 Der Terminus concubina erscheint nicht in der Lex Romana Bur27
Novellarum Theodosii II. Titel 11, 1 Interpretatio aus der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts: „Interpretatio: Si quis habuerit legitimos fllios et naturales, id lex ista constituit [...] ut exstantibus legitimis filiis octavam hereditatis naturalibus vel eorum matribus pater, si voluerit, derelinquat f...]" Haenel (Hg.), Lex Romana Visigothorum, S. 270. 28 A. v. Halban, Das römische Recht in den germanischen Volksstaaten, 1. Teil, Breslau 1899, S. 270. Entstanden in der Regierungszeit Sigismunds (516-523), ist die Lex nicht, wie das Breviar Alarichs, als Kompilation spätrömischen Rechts zu bezeichnen, sondern stellt lediglich die wichtigsten Fragen des Rechtslebens im Burgunderreich zusammen (Nehlsen, Art.: ,Lex Romana Burgundionum' in: HRG 2 (1978), Sp. 1931). Die 47 Titel umfassende Lex basiert auf den Codd. des Theodosianus, Hermogenianus, Gregorianus, den Institutionen des Gaius, den Paulussentenzen und den posttheodosianischen Novellen (ebd. Sp.1927 u. 1931). Auch nach der fränkischen Eroberung des Burgunderreichs im Jahr 534 wurde die Lex Romana Burgundionum von den Franken zusammen mit der Lex Romana Visigothorum als römische Rechtsquelle tradiert, Nehlsen, Art.: ,Lex Romana Burgundionum', HRG 2 (1978), Sp. 1933. 29 Siehe hierzu unten, Teil 1, Kap. 3, 1. 30 Lex. Rom. Burg. 37, 3: „Naturales sane, si ex ancilla natifuerint et non manumittuntur a domino, inter hereditaria mancipia conputantur. " MGH LL nat. Germ 2,1, S. 156 31 Lex Rom Burg. 37, 4: „ Quodsi aut de ingenua fuerint naturales aut de liberta aut certe libertina ultra sescunciam matri cum naturalibus filiis dari amplius non licebit, hac ratione, ut donatio nuptialis in hereditatis subputatione non veniat; sed de eo, quod supra donationem nuptialem fuerit, inde sescunciam deputata naturalibus iure debetur. Quod si aliquid ultra aut per donationem aut per testamentum aut per suppositam quamcumque personam Ulis fuerit derelictum, ab herede legitimo legibus revocetur, secundum legem Theodosianum, quae de naturalibus filiis et matribus eorum lata est. " MGH LL nat. Germ 2,1, S. 156 (bezieht sich auf Codex Theodosianus 4,6,3). 32 Lex Rom. Burg. 37, 5: „Inter ingenuum vero et ancillam, sive servum et ingenuam, sicut consensus contubernia facere possunt, ita nuptiae non vocantur, et qui ex his nati fuerint, deteriorem lineam secuti dominis adquiruntur." MGH LL nat. Germ 2,1, S. 156.
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gundionum, obwohl außereheliche Beziehungen von Romanen mit Frauen aus jedem Stand üblich waren. Fraglich ist, ob solche Beziehungen bewußt nicht als Konkubinat bezeichnet wurden, um keine rechtliche Nähe zur antiken Rechtsinstitution aufkommen zu lassen. Nicht die Qualität außerehelicher Beziehungen wird verhandelt, sondern, wie schon im Breviar Alarichs, die notwendigerweise daraus resultierenden Rechtsfragen für die Erbengemeinschaft - insofern ist ein Weiterwirken des römischen Rechtsempfindens zu erkennen. Die klassisch-römische Institution des Konkubinats als alternative Beziehungsform für Personen mit mangelnder Ehequalifikation ist aus den Rechtsschriften verschwunden, das Konkubinat zur Privatsache' geworden. Einzig unerwünscht ist nach der Lex Romana Visigothorum eine nebeneheliche Beziehung. Die Kirche tradierte im Kanon 17 des ersten Konzils von Toledo von 400 lediglich diesen Aspekt des römischen Konkubinats, da er der christlichen Monogamieforderung entsprach. Da das römische Konkubinat als Rechtsinstitution in den Rechtsquellen, mit denen die Völker germanischer Herkunft in Berührung kamen, höchstens noch ansatzweise (Versorgung der Konkubinenkinder) tradiert wurde, kann auf diesem Wege kaum eine Beeinflußung des frühmittelalterlichen durch das römisch-rechtliche Konkubinat erfolgt sein. Die Reglements in den Leges Romanae müssen aber im Einklang mit dem burgundischen und westgotischen Moral- und Rechtsempfinden gestanden haben, denn es waren burgundische und westgotische Könige, die die Leges Romanae kodifizierten und promulgierten. Somit wird es bereits zum Zeitpunkt der Kodifizierung dieser Leges auf Seiten der romanischen wie der germanischen Bevölkerung Konkubinate freier Männer mit Frauen freier wie unfreier Herkunft gegeben haben, ohne daß man von einer gegenseitigen Beeinflußung ausgehen muß. Auch die Franken, die diese Gesetze noch über Jahrhunderte hinweg tradierten, werden sie als vereinbar mit den eigenen gesellschaftlichen Gepflogenheiten empfunden haben. Bedeutsamer für die Akkulturation romanischer und germanischer Gewohnheiten im privaten Bereich war weniger die Rezeption römischer Rechtssätze als vielmehr der nachbarschaftliche Umgang beider Kulturkreise nach der Ansiedlung germanischer Völker auf ehemals römischem Reichsboden, wie die Schilderungen des Salvian von Marseille und anderer vermuten lassen.33
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Siehe hierzu ausfuhrlich unten, Teil 1, Kap. 4, S. 75ff.
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2. Außer- und nebeneheliche Beziehungen bei den Merowingern und Langobarden In den Historiarum libri decem des Gregor von Tours,1 den Chroniken des sogenannten Fredegar2 und dem Uber historiae Francorum3 besitzen wir einzigartige Zeugen der merowingischen Sozialgeschichte, auch wenn hauptsächlich die Belange der Königsdynastie und einiger Großer des fränkischen Reichs geschildert werden. Als ein Leitmotiv des Gregors von Tours4 erkannte Heinzelmann in den ,Zehn Bücher Geschichten' das Eintreten für die Belange der ecclesia,5 der fromme Bischof projiziere seine theologischen Vorstellungen auf die Gesellschaft und das Königtum seiner Zeit und fordere das entsprechende Verhalten ein.6 Wood zufolge beruht die Religiosität Gregors jedoch weniger auf theologischen Theorien, sondern eher auf einer Volksfrömmig1
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Siehe zum Thema besonders: W. Affeldt / S. Reiter, Die Historiae Gregors von Tours als Quelle für die Lebenssituation von Frauen im Frankenreich des 6. Jahrhunderts, in: Frauen in der Geschichte, Bd.7, Affeldt / Kuhn (Hg.) Düsseldorf 1986, S. 192-208; M. Heinzelmann, Gregor von Tours (538-594): „Zehn Bücher Geschichte", Darmstadt 1994; ders., Die Franken und die fränkische Geschichte in der Perspektive der Historiographie Gregors von Tours, in: Historiographie im frühen Mittelalter, Scharer / Scheibelreiter (Hg.) Wien/München 1994, S. 326-344; M. Weidemann, Kulturgeschichte der Merowingerzeit nach den Werken Gregors von Tours, Mainz 1982; J. Weitzel, Strafe und Strafverfahren in der Merowingerzeit, in: ZRG.GA 111 (1994), S. 66-147; S. Hellmann, Gregor von Tours, in: ders., Ausgewählte Abhandlungen, H. Beumann (Hg.) Weimar 1961, S. 57-99 (Erstabdruck 1911); I. Wood, Gregory of Tours, Bangor 1994. I. N. Wood, Fredegar's Fables, in: Historiographie im frühen Mittelalter, Scharer / Scheibelreiter (Hg.), Wien / München 1994, S. 359-366; A. Kusternig, Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts, Einleitung zu den 4 Büchern des sogenannten Fredegar, Darmstadt 1982; Von Fredegar ist wenig bekannt, er schrieb um 659 (ebd. S. 12). Wahrscheinlich war nur ein Autor beteiligt, der vermutlich aus Burgund stammte (ebd. S. 13). R. A. Gerberding, The Rise of the Carolingians and the Liber Historiae Francorum, Oxford 1987. Der Autor ist unbekannt, ebenso seine Herkunft bzw. der Verfassungsort (ebd. S. 146). Bekannt ist nur, daß das Werk 727 in der Gegend nördlich von Paris abgeschlossen wurde (ebd. S. 1). Nach Krusch handelte es sich bei dem Verfasser um einen Neustrier, B. Krusch, MGH SS rer. Mer. 2, S. 215. Zu seinem Leben und Wirken ausführlich: B. K. Vollmann, Art.: .Gregor IV. (Gregor von Tours)'; in: RAC Bd. XII, (1983), Sp. 895-930. Als Sproß einer angesehenen senatorischen Familie 538/539 geboren, wurde Gregor 573 Bischof von Tours, er starb 593/594, ebd. Sp. 895f. Ab 573 schreibt Gregor als Zeitzeuge, ebd. Sp. 912. M. Heinzelmann, Gregor von Tours, S. 180f. Zu Gregors „Komplexität der Lebenssituation" siehe W. Affeldt / S. Reiter, Die Historiae Gregors von Tours, S. 196. Gregor bemängelt u.a. den Hang zur luxuriosa bei Königen (Gregor, Hist. II, 11 und 12), der dann auch meist die Strafe auf dem Fuße folgte, M. Heinzelmann, Die Franken und
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keit. Dies sei die wesentliche Motivation für Stil und Inhalt der Historiarum libri decem, die nicht isoliert von den anderen, hagiographischen Arbeiten Gregors interpretiert werden sollten.7 Diese Art der Religiosität Gregors zeigt sich durchgängig im Glauben an die übernatürliche Kraft Gottes, der im Guten wie im Bösen als direkte Straf- oder Belohnungsinstanz interveniert.8 In antithetischer Darstellung benutzte Gregor das ,guter König schlechter König' - Motiv (Guntchramn/Chilperich), um zu belehren, wie ein christliches Königreich auszusehen habe. Doch sowohl der ,gute' als auch der ,schlechte' König unterschieden sich nicht in ihrem Sexualverhalten10 - die Anzahl der Frauen eines Königs schien für seine herrscherliche Qualität ein eher nebensächliches Kriterium zu sein.
2.1 Die Konkubinen der Merowinger Merowingerprinzen waren schon in sehr jungen Jahren sexuell aktiv, viele hatten bereits mit 15 Jahren Kinder von Konkubinen oder Ehefrauen.11 Eugen Ewig, der die ,Friedelehe' nicht hinterfragt, kann sie zwar im merowingischen Königshaus nicht ausmachen. Dies liege jedoch an Gregors mangelnder Differenzierung, er habe ,Friedelehen' eben begrifflich nicht vom matrimonium unterschieden.12 An anderer Stelle vermutet Ewig hinter einer von Gregor als Konkubinat bezeichneten Verbindung eine ,Friedelehe', wenn die Frau einer vornehmen Familie entstammte.13 Die unkritisch übernommenen Meyerschen Thesen lassen Ewig somit am eindeutigen Wortlaut der Quellen zweifeln. Erwähnt Gregor die Qualität
die fränkische Geschichte in der Perspektive der Historiographie Gregors von Tours, S. 341 (mit Anm. 71). 7 Wood, Gregory of Tours, S. 27 u.ö. 8 So auch Wood, ebd. 9 Heinzelmann, Gregor von Tours, S. 182. Vollmann zufolge will Gregor weniger belehren, als vielmehr „festhalten, was gewesen ist", wobei ihm subjektive Ehrlichkeit zugesprochen wird, er teilweise jedoch Personen gegenüber (Chilperich, Fredegund) voreingenommen ist, ders., Art.: Gregor IV. (Gregor von Tours), RAC Bd. XII (1983), Sp. 895-930 bes. Sp. 907 u. 915. 10 Dies bemerkte u.a. S. Hellmann, Gregor von Tours, S. 79. " E. Ewig, Studien zur merowingischen Dynastie, in: FMST 8 (1974), S. 15-59, bes. S. 27f. 12 Ebd. S. 42. 13 Ewig, Die Namengebung bei den ältesten Frankenkönigen und im merowingischen Königshaus, in: Francia 18,1 (1991), S. 21-69, bes. S. 49.
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einer Beziehung nicht, erkennt Ewig, anders als Meyer, 14 in der Erbberechtigung der Söhne, ob sie einer ,Friedelehe' - als Eheform (matrimonium) - oder einem Konkubinat entstammten. Der Konkubinensohn Childeberts II., Theudebert II., war jedoch neben seinem Halbbruder Theuderich II., den die Königin geboren hatte, erbberechtigt und thronfähig. 15 Viele weitere Beispiele zeigen, daß die Form einer Beziehung bei den Merowingern wenig Einfluß auf die Nachfolge der Söhne hatte.16 Erst allmählich scheinen sich die Merowingerkönige, spätestens ab Dagobert I., dem christlichen Einfluß stärker gebeugt zu haben. Sie beschränkten zwar nicht die Zahl ihrer Konkubinen, beachteten in der Folgezeit aber zunehmend, nur eine regina zu haben. Ewig verneint eine „geschlechtliche Ausschweifung" der Merowinger: „Indessen hat die allgemein verbreitete Auffassung, daß die Dynastie schließlich in geschlechtlicher Ausschweifung entartete, keine Stütze in den Quellen. Diesbezügliche Vorwürfe richteten sich gegen Theuderich II., Chlothar I., Dagobert I. und Chlodwig II. Wie sich die Sitten an den Königshöfen in der Spätzeit von 650 bis 750 entwickelten, erfahren wir nicht." 17
Die frühmittelalterlichen Autoren bezeugen, der Apologie Ewigs zum Trotz, ein schillerndes Ehe- und Sexualleben der königlichen Familie und einiger mächtiger Großer. Konkubinen zu haben, scheint für die Merowingerkönige selbstverständlich gewesen sein, selbst der Bischof von Tours kritisierte diese Verhalten nicht. Das wirkliche Ausmaß des Konkubinats bei den Merowingerkönigen ist nur zu erahnen, da Konkubinen fast ausschließlich nur dann erwähnt werden, wenn sie Söhne hervorbrachten. Dies ist für die Bettgenossinnen 18 19 20 Chlodwigs I., Guntchramns und Childeberts II., bis zu den Gespie-
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Meyer, Friedelehe, S. 227. Lib. Hist. Fr. 37, siehe unten, S. 47, Anm. 20. 16 So Gregor Hist II, 28 u. IV, 25; Fred. Chron. III, 20; IV, 21; IV, 24; IV 59. 17 Ewig, Studien zur merowingischen Dynastie, S. 44. 18 Gregor Hist. II, 28: "[...]Qua visa [Chrodechilde], rex valde gavisus, sua earn coniugio sociavit, habens iam de concubina fìlium nomine Theudericum [...]". MGH SS rer. Mer. 1, 1, S. 90; Fred. Chron. III, 20: „[...] Habebat iam tunc Chlodoveus filium de concubina nomen Theudericum. [...]" MGH SS rer. Mer. 2, S. 101. 19 Gregor Hist. IV 25: "Gunthramnus autem rex bonus primo Venerandam, cuiusdam suorum ancillam, pro concubina toro subiunxit; de qua Gundobadum filium suscepit. [...]" MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 160; Fred. Chron. III, 56: „Guntramnus fuit rex bonus, timens Deum. Accepit primum concupinam nomen Venerandam, de qua habuit filium nomen Gundobadum. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 108. 15
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linnen d e s Brunichilde-Enkels Theuderich II. 21 bezeugt. D a g o b e r t I. 22 konnte sogar mehrere K o n k u b i n e n und K ö n i g i n n e n g l e i c h z e i t i g a u f w e i sen, v i e l l e i c h t der Grund, warum Fredegar v o n ihnen berichtet, o b w o h l nicht v o n S ö h n e n die R e d e ist. Während Fredegar die drei K ö n i g i n n e n Dagoberts namentlich nennt, bemüht er sich nicht, die N a m e n der K o n kubinen einzeln aufzuführen. Beabsichtigte er, das L i e b e s l e b e n D a g oberts zu kritisieren, geschieht dies sehr zurückhaltend. Eine moralische Empörung ist nicht zu erkennen. Der Verfasser d e s Liber historiae Francorum d a g e g e n polemisiert entschieden g e g e n ein s o l c h e s Verhalten und verurteilt C h l o d w i g II., den Sohn Dagoberts I., als üblen Wüstling und Liebhaber der Frauen, Gefräßigkeit und Trunksucht ergeben. 2 3 D i e s ist entweder a u f eine unterschiedliche persönliche Einstellung beider Verfasser zurückzufuhren oder belegt eine Veränderung der g e s e l l s c h a f t l i c h e n Sexualmoral. N i c h t immer w e r d e n die B e t t g e n o s s i n n e n der K ö n i g e Konkubinen 2 4 genannt, „ins Bett holen" ist eine weitere, derbere R e d e w e n d u n g , 2 5 die sehr
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Lib. hist. Fr. 37: „[...] Childebertus rex Auster habebatßlios duos, seniorem ex concubina nomine Theudeberto, iuniorem vero ex regina nomine Theudericum [...]". MGH SS rer. Mer. 2, S. 303. 21 Fred. Chron. IV, 21: „Anno 7. regni Theuderici de concubina fllius nascitur nomen Sigybertus [...]" MGH SS rer. Mer. 2, S. 129; Fred. Chron. IV, 24: „[...] Anno 8. regni Teuderici de concubina nascitur ei ßlius nomen Childebertus [...] Anno 9. regni Teuderici nascitur ei de concubina fllius nomen Corbus [...]" MGH SS rer. Mer. 2, S. 130; Fred. Chron. IV 29: ,,[•••] Eodem anno natus est de concupina Teuderici fllius nomen Meroeus, quem Clotharius se sancto lavacro suscepit. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 132. 22 Fred. Chron. IV 60: „[...] luxoriam super modum deditus, tres habebat maxime ad instar reginas et pluremas concupinas. Reginae vero haec fuerunt: Nantechildis, Vulfegundis et Berchildis. Nomina concubinarum, eo quod plures fuissent, incredivit huius chronice inseri / . . J "MGH SS rer. Mer. 2, S. 151. Die Vita Amandi episcopi I bestätigt die übergroße Schwäche Dagoberts I. zu den Frauen, die aber das Ausbleiben eines Sohnes als Thronfolger als Gottesstrafe nach sich zog. Cap. 17: „Interea Dagobertus rex, amore mulierum plus quam oportebat deditus omnique spurcitia libidinis inflammatus, sobolem minime videbatur habere, sed tarnen ad Domini confugit auxilium depraecabaturque sedule, ut eifllium dare dignaretur, qui post eum regni sui gubernaret sceptra. [...]" MGH SS rer. Mer. 5, S. 440. Amor beschreibt auch hier die libido. 23 Lib. hist. Fr. 44: [...] Fuit autem ipse Chlodoveus omne spurcicia deditus, fornicarius et inlusor feminarum, gulae et ebrietate contentus [...] MGH SS rer. Mer. 2, S. 316. 24 So in: Gregor, Hist. II, 28; IV, 25; Fred. Chron.: III, 20; III, 56; IV, 21; IV, 24; IV, 60; Lib. hist. Fr. 37. 25 Gregor, Hist. IV 9: „Chlotharius rex [...] copulans Vuldotradam, uxorem eius, stratui suo [...]" MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 147; Fred. Chron. IV 59: „[...] Anno 8. regni sui quadam puella nomen Ragnetrudae aestrati suae adscivit de qua eo anno habuit fllium
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deutlich die Funktion der Konkubine beschreibt. Die Romanin Deoteria, die bei der Rückeroberung der Stadt Beziers von den Goten 532 in die Hände der Merowinger fiel, wird nicht ausdrücklich concubina genannt. Theudebert I. gesellte sie „aus Leidenschaft (amor) seinem Lager zu."26 Deoteria war vermutlich mit dem bereits gefangenen Stadtherrn von Beziers verheiratet, da sie es war, die die belagerte Stadt dem Merowinger übergab. Trotz ihrer wohl edlen Abstammung und der Tatsache, daß sie verheiratet war, konnte sie sich als ,Kriegsbeute' ihres Schicksals nicht erwehren. Nachdem Theudebert sich 533 als Nachfolger seines Vaters Theuderich durchgesetzt und Deoteria geheiratet hatte,27 versuchte diese nun mit allen Mitteln, ihre Stellung zu wahren. Sie führte sogar den Unfalltod ihrer schönen Tochter aus erster Ehe herbei, damit sie ihr nicht die Gunst des Königs nahm.28 Sie zunächst als Konkubine gehalten zu haben, trug niemand Theudebert nach, obwohl er bereits seit sieben Jahren mit der Langobardenprinzessin Wisigarde29 verlobt war. Erst, als er statt Wisigarde Deoteria heiratete, rief dies die Franken auf den Plan, die wohl die Chancen einer dynastischen Verbindung mit den Langobarden schwinden sahen oder aber die Reaktion des Langobardenkönigs fürch-
nomen Sigybertumf...]." MGH SS rer. Mer. 2, S. 150; Ähnlich: Gregor, Hist. III, 22; III, 27; IV, 26; VIII, 36; IX, 13; Fred. Chron.: III, 56; IV, 48. 26 Gregor, Hist. III 21: [...] Theudobertus vero usque adBiterrensim civitatem abiens, Dehas Castrum obtinuit atque in praedam deripuit.[...]" III 22: „Erat autem ibidem tunc matrona Deoteria nomen utilis valde atque sapiens, cuius vir aput Biterris urbem concesserat. Quae misit nuntius ad regem, dicens: ,Nullus tibi, domne piisimi, resistere potest. Cognuscemus dominum nostrum; veni et quod bene placitum fuerit in oculis tuis facito'. Theudobertus autem ad Castrum veniens, cum pace ingressus est, subditumque sibi cernens populum, nihil inibi male gessit. Deoteria vero ad occursum eius venit; at ille speciosam eam cernens, amore eius capitur, suoque eam copulavit stratu. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 131. Ein weiteres Beispiel einer solchen ,Kriegsbeute' war die Thüringerprinzessin und spätere Heilige Radegund, die zu einer Ehe mit Chlothar I. gezwungen wurde. Gregor, Hist III, 7: „ Chlothacharius vero rediens, Radegundem, filiam Bertecharii regis, secum captivam abduxit sibique eam in matrimonio sociavit [...]". MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 115. 27 Gregor, Hist. III, 23: „[...] Mittens postea Arvernum, Deoteriam exinde arcessivit eamque sibi in matrimonium sociavit. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 131. 28 Gregor, Hist. III 26: „ Deoteria vero cernens filiam suam valde adultam esse, timens, ne eam concupiscens rex sibi adsumeret, in basterna posita, indomitis bubus coniunctis, eam de pontepraecipitavit; quae in ipso flumine spiritum reddidit [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 132. 29 Tochter des Langobardenkönigs Wacho, Paulus Diaconus, Historia Langobardorum I, 21.
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teten. Obwohl er von Deoteria schon einen Sohn hatte, wurde er gezwungen, sie zu verstoßen und Wisigarde zu heiraten.30 Mehrere rechtmäßige Ehefrauen gleichzeitig besaß neben Dagobert I.31 auch Chlothar I.32 Chlothars erste Ehefrau Ingund war eine Magd. Unterwürfig bat sie ihren Gatten, ihre Schwester Amegund mit einem Ehemann zu versorgen. Chlothar vermählte daraufhin Arnegund mit dem reichsten und weisesten Mann, den er finden konnte - sich selbst. Ingund widersprach nicht.33 Obwohl er Ingund unico amore, in einzigartiger Liebe verbunden war,34 verliebte Chlothar sich in ihre Schwester, in amore Aregundis incedit. Chlothar läßt sich uneingeschränkt von seinen Leidenschaften - in dieser Bedeutung steht auch hier amor - leiten, von Nächstenliebe oder ehelicher Fürsorge kann nicht die Rede sein. 30
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Gregor, Hist. III 27: „Cum iam septimus annus esset, quod Wisigardem disponsatam haberet et eam propter Deuteriam accipere nollet, cuniuncti Franci contra eum valde scandalizabantur, quare sponsam suam relinqueret. Tunc commotus, relicta Deuteria, de qua parvolum filium habebat Theodobaldum nomine, Wisigardem duxit uxorem [..]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 132. Siehe oben, S. 47, Anm. 22. Gregor, Hist. IV, 3: „ Cum iam Ingundem in coniugio accipisset et eam unico amore diligeret, suggestionem ab ea accepit, dicentes: ,Fecit dominus meus de ancilla sua quod libuit et suo me stratui adscivit. Nunc ad conplendam mercide, quid famula tua suggerat, audiat dominus meus rex. Parecor, ut soror meae, servae vestrae, utilem atque habentem virum ordinäre diginimini, unde non humiliter, sed potius exaltatae servire ßdelius possem'. Quod ille audiens, cum esset nimium luxuriosus, in amore Aregundis incedit et ad villam, in qua ipsa resedebat, dirigit eamque sibi in matrimonio sociavit. Quae accepta, ad Ingundem rediens, ait: , Tractavi mercidem illam inplere, quam me tua dulcitudo expetiit. Et requirens virum divitem atque sapientem, quem tuae sorori deberem adiungere, nihil melius quam me ipsum inveni. Itaque noveris, quia eam coniugem accepi, quod tibi diplicere non credo'. At illa: Quod bonum', inquid, videtur in oculis domini mei, faciat; tantum ancilla tua cum gratia regis vivat'. " MGH SS rer. Mer. I, 1, S. 143 . Nach Ewig war Ingund keineswegs aus dem Umfeld Chlothars I. verschwunden, als dieser später Guntheuca, Radegund und Arnegund heiratete. Anhand der angenommenen Geburtsjahre der Kinder Chlothars errechnete Ewig, daß drei Ingundkinder um 520, drei weitere um 535 geboren wurden. Dazwischen lagen die Ehen mit Guntheuca (524) und Radegund (531). Chilperich, Sohn von Arnegund, der Schwester Ingunds, wurde um 537 und der Sohn Chunsinas, Chramn, um 540 geboren. Ewig, Studien, S. 35. Die erste Beziehung zu Ingund könnte ein Konkubinat gewesen sein, ebd. S. 35f. Dies kann aber nicht belegt werden. So sieht auch Ewig unico in der Bedeutung .besonders', nicht .ausschließlich', da Chlothar I. zu diesem Zeitpunkt neben Ingund mit Guntheuca und Radegund bereits zwei weitere Frauen hatte, ders., Die Namengebung bei den ältesten Frankenkönigen, S. 55. Ewig datiert die erste Ehe Chlothars I. mit Ingund auf 516, die zweite mit Guntheuca, der Witwe seines Bruders Chlodomer, auf 524, die dritte Ehe mit Radegund auf 531 und die Eheschließung mit Arnegund auf um 533/534, ebd.
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Die beinahe grenzenlosen sexuellen Vorrechte der Merowinger genießt auch Charibert I., der mit drei seiner bekannten vier Frauen mehr oder weniger ausdrücklich verheiratet war.35 Wie Chlothar I. hatte auch Charibert eine Vorliebe für Mägde. Seine erste Ehefrau Ingoberga verstieß er, um Meroflede, eine Dienerin der Ingoberga, aus Leidenschaft (amorj zu heiraten. Unklar bleibt, ob Charibert auch Meroflede verstieß, bevor er die Tochter eines Webers, Theudogild, nahm - habuit - vielleicht zunächst als Konkubine.36 Ohne sie zu verstoßen, heiratete er Merofledes Schwester Marcoveifa, coniugio copulavit, obwohl sie Nonnenkleider trug. Dies war nun für Bischof Germanus zuviel des Guten. Marcoveifa und Charibert wurden exkommuniziert. Es fragt sich, welche Überschreitung den Anlass gab. Der grammatische Bezug zum vorherigen Satz, pro qua causa, verweist auf den Inzest, nicht auf den polygamen Charakter der Beziehung oder die Nonnentracht Marcoveifas. Kirchlicherseits sanktioniert wurde demnach lediglich der Inzest. Anderer Meinung ist Ewig, der die Kirchenstrafe durch den Schleier Marcoveifas verursacht sieht.37 Weder Chlothars I. (gest. 561) eindeutig inzestuöse Doppelehe mit Ingund und Arnegund noch die Ehe mit der Frau seines verstorbenen Bruders Chlodomer, Guntheuca,38 rief Sanktionen hervor. Von Waldrada/Vuldetrada, Ehefrau seines 555 verstorbenen Großneffen Theudowald, mußte sich Chlothar dagegen nach der Schelte der Bischöfe trennen,39 35
Gregor, Hist. IV 26: "Porro Charibertus rex Ingobergam accepit uxorem [...] Habebat tunc temporis Ingoberga in servitium suum duas puellas pauperis cuiusdam filias, quarum prima vocabatur Marcovefa, religiosa veste habens, alio vero Merofledis; in quarum amore rex valde detenebatur. Erant enim, ut diximus, artificis lanariae filiae. [...] Quod videns, commotus in ira, reliquit ingobergam et Meroßedam accepit. Habuit et aliam puellam opilionis, id est pastoris ovium, filiam, nomen Theudogildem [...]. Post haec Marcoveifa, Merofledis scilicet sororem, coniugio copulavit. Pro qua causa a sancto Germano episcopo excommunicatus uterque (est). [...]" MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 160-162.
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Zumindest später war sie mit Charibert verheiratet, denn nach seinem Tod wird Theudogild, una reginarum eius, auf sehr schmähliche Weise vom (,guten') König Guntchramn als Ehefrau zurückgewiesen, der ihr mit der Begründung das Eigentum nahm, sie sei ,seines Bruders Bettes unwürdig', wohl, weil sie sich Guntchramn - in Inzest zur Ehe anbot. Ihre Schätze zu behalten, scheute er sich nicht (Gregor, Hist. IV, 26, S. 162). Es zeigt sich, wie gefährdet selbst Königinnen waren, wenn sie den Schutz eines Ehemannes verloren. Ihr weiteres Schicksal, das Gregor ausfuhrlich schildert, läßt den Eindruck entstehen, sie habe alles sich selbst und ihrem .ungehörigen' Verhalten zuzuschreiben. Ders., Studien zur merowingischen Dynastie, S. 30. Gregor, Hist. III 6. Gregor, Hist. IV, 9.
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obwohl diese Verbindung gar nicht unter das Inzestverbot fiel. 40 Der Grund für die Intervention war vielleicht die einflußreiche Familie der Waldrada. Als Tochter des Langobardenkönigs Wacho konnte sie nicht ungestraft als Konkubine gehalten werden. Sie dem bereits verheirateten Chlothar in Muntehe zu geben, stand wohl ebenfalls außer Frage. Die anschließende Heirat der Waldrada mit Herzog Garivald bestätigt, daß eine Frau aus einflußreicher Familie standesgemäß behandelt werden mußte.41 Rechtliche Grundlagen für Sanktionen gegen Charibert (gest. 567), Sohn Ingunds und Chlothars, waren in der Mitte des 6. Jahrhunderts bereits reichlich gegeben. Verbote, die Schwester der Frau zu heiraten, finden sich schon in den ersten merowingischen Konzilskanones. Das Konzil von Orléans im Jahr 511, als erste Synode des christlich gewordenen Frankenvolkes, verbietet die Ehe mit der Schwester der verstorbenen Frau.42 Auf zwei Synoden 43 wird der burgundische Fall des königlichen Amtsträgers Stephanus verhandelt, der als Witwer trotz Warnung Palladia, die Schwester seiner Frau, heiratete. Hier zeigt sich die Konkurrenz weltlicher und kirchlicher Ansichten in Ehesachen: Stephanus wird exkommuniziert. 44 Dies versetzte König Sigismund in Wut,45 er forderte auf einem zweiten Konzil die Umwandlung in eine mildere Strafe.46 40 41 42
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Mikat, Die Inzestgesetzgebung, S. 58. Gregor, Hist. IV, 9. Orléans 511, c. 18: „Ne superstes frater torum defuncti fratris ascendat; ne sibi quisque amissae oxoris sororem audeat sodare. Quod si fecerit, ecclesiastica districtione feriantur. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 9f. Nach Mikat (Die Inzestgesetzgebung, S. 95f) bezieht sich dieses Verbot auf die germanische Schwägerehe, deren Verbreitung unterbunden werden sollte. Das gleiche Verbot findet sich im Konzil von Epao von 517, c. 30. Mikat zufolge wendet sich die Kirche auf diesem Konzil ihrem neuen eherechtlichen Hauptanliegen, dem Inzestverbot zu, das sie nun für längere Zeit verfolgen sollte, ebd. S. 96f. Weitere Inzestverbote mit der Schwester der Frau: Orléans 538, c. I l ; Orléans 541, 27 (mit Bezug auf Orléans 538 c. 11 und Epao 517 c. 30); Tours 567, c. 22 (21); Paris 614, c. 16. Doch auch in weltlichen Gesetzestexten erscheint dieser Topos früh, so verbieten die Leges Burgundionum die Verbindung mit einer Verwandten oder Angeheirateten, z.B. der Schwester der Ehefrau (Leges Burgundionum § 36, MGH LL 2, 1, S. 69, mit Bezug auf Conc. Epaonensis 517, c. 30, ebd. Anm. 2); siehe hierzu: J. Gaudemet, Du droit romain tardif aux conciles mérovingiens: Les condemnations de l'inceste, in: ZRG.KA 82 (1996), S. 369-379. Überliefert ist dieser Streitfall durch die Vita des Apolinaris (MGH SS rer. Mer. 3, S. 197-203), die Datierung der Synoden ist umstritten. Die erste soll vor 518 stattgefunden haben (Mikat, Die Inzestgesetzgebung, S. 106), die zweite in Lyon um 518/19 (O. Pontal, Die Synoden im Merowingerreich, S. 47). Vita Apolinaris episcopi Valentinensis cap. 2: „Itaque accidit, ut quidam ex officio régis Sigismundi nomine Stephanus, qui super omnem dominationem fìsci principatum gerebat, defuncta eius coniuge, sororem uxoris suae sibi inlicite coniuga consortio co-
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Verbote, eine Geweihte zur Ehe zu nehmen, existierten im 6. Jahrhundert in der Praeceptio Chlotharii I. (II.),47 erlassen vom Vater Chariberts, in der Collectio Dionysiana, einer Kirchenrechtssammlung des beginnenden 6. Jahrhunderts48 und in den merowingischen Konzilskanones. 49 Die Synode von Tours im Jahr 567 rezipiert sehr ausfuhrlich dieses Verbot. 50 Dieses Konzil fand unter Zustimmung Chariberts I. kurz vor dessen Tod statt.51 Charibert ließ demnach Bestimmungen verkünden, nach denen er sich Zeit seines Lebens selbst nicht richtete.52 Die Existenz des Eheverbots fiir Nonnen erlaubt zwar Ewigs Interpretation, die Exkommunikation Marcoveifas und Chariberts sei aus diesem Grund ausgesprochen worden. Der Wortlaut bei Gregor und der bedeutendere kirchliche Topos des Inzestverbots legt nahe, daß es eher der Inzest war, der nach einer Anhäufung unerlaubter Verhaltensweisen seitens Chariberts eine Reaktion der Kirche auslöste. Die obige Diskussion belegt, daß ein Merowingerkönig eine sehr große persönliche Handlungs-
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pularet. [...] sonodalem institutionem servantes, cum reliquis pontificibus simul in unum congregati ipsum Stephanum sacra communione privari sanxerunt [...]. " M G H SS rer. Mer. 3, S. 198. Vita Apolinaris episcopi Valentinensis cap. 3: „ Tunc rex dirae insaniae furore permotus, beatissimos pontiflces acerrimae insidias praetendendo iuniuriae non desinebat[...]. " B. Krusch (Hg.), M G H SS rer. Mer. 3, S. 198. Konzil von Lyon: „[...] est mitigatio paenitentiae publicae cui Stephanus et Palladio ut incestuosi sese submittere debebant [...]. " De Clercq, CCSL 148A, S. 41, Anm. zu Zeile 55/58. Konzil von Lyon: „Domni quoque gloriosissimi regis sententia secuti id temperamenti praestitemus, ut Stephano praedicto uel Palladiae usque ad orationem plebis, quae post euangelia legitur, orandi in locis sanctis spatium praestarimus[...]. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 41. Chlotharii II. Praeceptio, c. 8: „Sanctimunialis nullus sibi in coniugium audeat sciare. " M G H LL II Cap. I, Nr 8, S. 19. Nach Woll, Untersuchungen und Eigenart der merowingischen Kapitularien, H. Mordek (Hg), Frankfurt a.M. 1995, S. 23 wahrscheinlich um 558 von Chlothar I. promulgiert, wie sie überzeugend darlegt. Anders S. Esders (Römische Rechtstradition und merowingisches Königtum. Göttingen 1997, S. 95ff) der die Praeceptio Chlothar II. zuschreibt. Collectio Dionysiana, c. 194, 16: „ Virginem quae se Deo Domino dedicavit, [...] non licere matrimonio coniungi [...]. " Migne PL 67, Sp. 90 . Orléans 538, 19 (Raub geweihter Jungfrauen); Orléans 549, 19 (freiwillig Geweihte dürfen nicht heiraten); Tours 567, 20; Paris 561/62, 5; Paris 614, 15; Clichy 626/27, 26. Konzil von Tours 567, c. 21 (20), ed. De Clercq, CCSL 148 A, S. 176-199. Konzil von Tours 567: „Quapropter Christo auspice in Toronica ciuitate Consilio concordante iuxta coniuentiam gloriosissimi domni Chariberthi regis adnuentis coadunati [...]. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 176, Z. 17-19. Vielleicht beabsichtigte er, sich kurz vor seinem Tod zu läutern und mit der Kirche auszusöhnen, so Mikat, Die Inzestgesetzgebung, S. 48.
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freiheit besaß, die ihn über die eigene herrscherliche und über kirchliche Gesetzgebung hinweggehen ließ. Es mußte schon eine Vielzahl an Übertretungen gleichzeitig erfolgen, bis seine Umgebung reagierte. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der sie sich über strenge und eindeutige Inzest- und Nonnenheiratsverbote hinwegsetzten, ignorierten die Merowinger christliche Moralvorstellungen und lebten ihre Sexualität in außer- und nebenehelichen Aktivitäten aus. Scheinbar uneingeschränkt und ungestraft wurden unerwünscht gewordene Ehefrauen verstoßen und in Einzelfällen sogar ermordet. 53 Die Kirche konnte die Merowingerkönige nicht disziplinieren. Selbst starke Persönlichkeiten unter den Kirchenvertretern wie Columban scheiterten. Die in der Vita Columbans auftretende berühmte Verunglimpfung der Söhne Theuderichs II. als ,Hurenkinder' 54 beweist letztendlich nur die Ohnmacht der Kirche in moralischen Angelegenheiten. Brunichilde führte schon ihrem 15jährigen Enkel diverse Konkubinen zu. Vollkommen akzeptiert war der Sexualtrieb von Männern der Königsfamilie, den Brunichilde durchaus in ihrem Sinne zu nutzen verstand. 55 Der Vita zufolge entstammten die Konkubinen dem Bordell. Dies wird wohl kaum der Wahrheit entsprochen haben, vielmehr beabsichtigte Columban, das Halten von Konkubinen mit dem ehrlosen Betreiben eines Lupanars zu vergleichen. Diese Konkubinen werden keine Töchter angesehener Familien gewesen sein, sondern vielmehr Mägde oder eventuell
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Verstoßung einer Ehefrau: Gregor, Hist.: III, 27; Fred. Chron.: III, 38; III, 39; III, 56; IV, 30; IV, 58. Ermordung einer Ehefrau: Fred. Chron. IV 37; Gregor, Hist. IV 28. Jonas schrieb die Vita Columbani 641/642. K.-U. Jäschke, Kolumban von Luxueil, S. 83. Jonas, Vitae Columbani liber I, c. 18: „[...] Theudericus ergo, quia infra terminus regni sui beatum Columbanum haberet, gratulabatur. Ad quem saepissime cum veniret, coepit vir Dei eum increpare, quur concubinarum adulteriis misceretur et non potius legitimi coniugii solamina frueretur, ut regalis prolis ex honorabilem reginam prodiret et non potius ex lupanaribus videretur emergi. [...]" MHG SS rer. Germ. 37, S. 187. Theuderich II. wurde Ewig zufolge 587 geboren (Ders., Die Namengebung bei den ältesten Frankenkönigen und im merowingischen Königshaus, in: Francia 18, 1 (1991), S. 21-69, bes. S. 63, Anm. 46), sein erstes Kind von einer Konkubine (geb. 602, siehe oben, S. 47, Anm. 21) zeugte er bereits mit 14/15 Jahren. Nach der Vita Columbani des Jonas verfolgte sie damit den Zweck, nicht durch eine legitime Gattin Theuderichs von ihrer einflußreichen Position vertrieben zu werden: „[...] Verberatur enim, ne si abiectis concubinis, reginam aulae praefecisset, dignitates atque honoris suae modum amputasset. " MHG SS rer. Germ. 37, S. 187. Auch Ermenberga, zeitweilig Ehefrau Theuderichs II., wurde nach einem Jahr Ehe zurück nach Spanien geschickt, sie war für Brunichildes Stellung am Hof wohl zu bedrohlich geworden - nach Fredegar verhinderte diese sogar den Vollzug der Ehe (Fred. Chron. IV, 30).
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Freie56 von nicht sehr guter Herkunft. Ursula Meinhold bezeichnet die Frauen Theuderichs II. einerseits als Nebenfrauen, die Beziehung als Konkubinat und die Kinder als illegitim,57 erhebt sie aber anschließend zu Friedelkindern.58 Sie begründet dies nicht und zeigt einmal mehr die Schwierigkeit, eigene Forschungsergebnisse mit der Friedelehen-Theorie zu korrelieren. Columbans moralisches Entrüsten, seine Weigerung, die „Hurenkinder" zu segnen, sollte ihn fast Kopf und Kragen kosten. Brunichilde ließ keine Kritik an ihrem und Theuderichs Verhalten gelten. Sie jagte ihn wütend davon.59 Die Akzeptanz von Mägden als Erzeugerinnen legitimen Nachwuchses durch die umgebenden Großen hatte auch dynastische Gründe. Dagobert I. entließ Gomatrude mit Zustimmung der Franken ausdrücklich, weil sie steril war. Er verband sich zunächst mit Nanthild und holte später Ragnetrud in sein Bett, „aus Angst, keinen Sohn mehr haben zu kön-
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Zum Freiheitsbegriff siehe: G. Dilcher, Art.: .Freiheit', HRG 1 (1971) Sp. 1228-33; G. von Olberg, Freie, Zum Freiheitsbegriff im Spiegel volkssprachlicher Bezeichnungen in den frühmittelalterlichen Leges, in: D. Simon (Hg.), Frankfurt /Main, 1987, S. 411425; K. Nehlsen-van Stryk, Die Freien im Frankenreich als ungelöstes Problem der Rechts- Sozial- und Verfassungsgeschichte, in: Ebd. S. 427-441; A. Weber, Miber - ingenuus'. Studien zur Sozialgeschichte des 5.- 8. Jahrhunderts anhand der Leges, Bochum 1983. U. Meinhold, Columban von Luxueil im Frankenreich (Diss.) Marburg 1981, S. 177. Ebd. S. 178. Jonas, Vitae Columbani c. 19: „[...]Cui Brunichildis ait: ,Regis suntfilii; tu eos tua benedictione robora'. At ille: 'Nequaquam', inquid, 'istos regalia sceptra suscepturus scias, quia de lupanaribus emerserunt'. Illa furens parvolus abire iubet. Egrediens vir Dei regiam aulam, dum limitem transiliret, fragor exorta totam domum quatiens Omnibus terrorem incussit nec tarnen misere feminae furorem conpescuit. [...]" MHG SS rer. Germ. 37, S. 188. Für seinen schlechten Stand bei den Franken spielten vermutlich noch andere Faktoren eine Rolle, so Columbans Auseinandersetzungen mit dem fränkischen Episkopat anläßlich der abweichenden irischen Osterfestberechnung. Ewig, Die Merowinger, S. U l f . Gesta Dagoberti, cap. 22: „ [...] ibique Gomatrudem reginam [...] eo quod esset sterilis, cum consilio Francorum relinquens, Nanthildem quandam speciosissimi decoris puellam in matrimonium accipiens, reginam sublimavit.[...]" MGH SS rer. Mer. 2, S. 408. Cap. 24: „ Denique anno octavo regni sui, cum Austriam regio cultu circumiret mestusque esset nimium, eo quod filium, qui post eum regnaret, minime habere posset, quandam puellam nomine Ragnetrudem stratu suo adscivit, de qua eo anno, largiente Domino, habuit filium, multis precibus atque elemosinarum largitionibus adquisitum. [...]" MGH SS rer. Mer. 2, S. 409. Diese Idealisierung Dagoberts I. wurde um 830 vielleicht von Hilduin von St. Denis oder Hinkmar von Reims, vermutlich für Ludwig
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2.2 Konkubinen - ein Vorrecht der Herrscher? Die Frage, ob sich die sittlichen Verhältnisse bei den Merowingern auch auf andere Bevölkerungsschichten 61 außerhalb der königlichen Familie ausdehnten, ist allein anhand der diesbezüglich wenig aufschlußreichen Quellenaussagen der zeitgenössischen Historiographie schwierig zu beantworten. Eulalius, Graf von Clermont, benahm sich wie ein Merowinger. Obwohl er verheiratet war, pflegte er Umgang mit Mägden und Prostituierten.62 Ging Eulalius nach einem Besuch bei seiner Gespielin zu seiner Ehefrau, so quälte er sie mit Schlägen.63 Am Hof von König Childebert II. wurde Magnowald getötet, der nach dem Tod seines Bruders seine eigene Frau ermordet hatte, um die Gattin des Bruders „in sein Bett zu holen." 64 Nicht ersichtlich ist, welche der beiden Taten - die Ermordung der Ehefrau oder der Übergriff auf die Schwägerin - die drastische Sanktion nach sich zog. Der Sohn des Herzogs Beppolen hatte schon zwei Frauen verstoßen.65 Aus , Sinneslust' verabscheute er die rechtmäßige Ehe, cum famulabus accubarit. Sein ausschweifendes Sexualverhalten nennt Gregor fornica^ • 66 tlO.
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den Frommen, verfaßt. J. Prelog, Art. ,Gesta Dagoberti', in: LexMA Bd. 4 (1989), Sp. 1407. Zum Adelsbegriff und zur Diskussion seiner Existenz in der Merowingerzeit: F. Irsigler, Untersuchungen zur Geschichte des frühfränkischen Adels Bonn 1969; Th. Zotz, Adel, Oberschicht, Freie, in: ZGO 125 (1977), S. 3-20; H. Grahn-Hoek, Die fränkische Oberschicht im 6. Jahrhundert, Sigmaringen 1976. Gregor, Hist. X, 8: „[...] Sed cum in domo sua vir ancillarum concubitu misceretur, cortiugem neglegere coepit, et cum ab scorto reverteretur, gravissimis eam plagis saepius adficiebat [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 414. Die Erwähnung der Züchtigung einer Ehefrau ist singulär in Gregors ,Zehn Bücher Geschichten'. Obwohl Frauen unter der Strafbefugnis ihres Mannes standen, scheint das Prügeln von Ehefrauen für Gregor eine verachtenswerte Ausnahmeerscheinung zu sein. Gregor, Hist. VIII, 36: "[...] et uxorem fratris adscisset toro,[...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 351. Gregor, Hist. IX, 13: "[...] qui et ipse duas, iam ut celebre fertur uxores vivas reliquerat. Erat enim levis adque luxuriosus, et dum nimio ardore fornicationis artaretur ac, relicta coniuge, cum famulabus accubarit, exorrens legitimum conubium, aliud expetebat. Sic et secundae fecit et huic, cui tercius copolatus est, ignorans, quod corruptio incorruptionempossidebit. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 370. Dieser Ausdruck für außereheliche Sexualität steht in der Bedeutung ,Unzucht', Prostitution (Niermeyer, S. 447) aber auch wertend im Sinne von stuprum, unerlaubtem Geschlechtsverkehr (Du Cange Bd. 3 (1844), S. 371).
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Ein Franke aus Tournai beschwerte sich um 591 bei dem Ehemann seiner Schwester, weil dieser Umgang mit einer Prostituierten hatte.67 Auch die Großen des Reiches hatten wie die Merowinger eine ausgeprägte Neigung zu Mägden und sogar Prostituierten. Die sittlichen Verhältnisse der Großen waren denen der Herrscherdynastie ähnlich. Es wurde ihnen jedoch bei weitem nicht so viel nachgesehen wie den Merowingern, weder in moralischer Hinsicht - auch Gregor toleriert dies nicht - noch kamen sie ungestraft davon. Doch mußten sich auch bei diesen Männern die Übertretungen häufen, bis es zu Reaktionen kam, ein Mord, Züchtigung der Ehefrau, der häufige Besuch von Prostituierten. Die eigene Magd zu frequentieren, wurde nicht sanktioniert. Strafinstanz war nicht die eingreifende kirchliche Jurisdiktion, sondern - soweit aus den wenigen Belegen ersichtlich - die Herkunftsfamilie der betrogenen und unstandesgemäß behandelten Ehefrau.
2.3 Zur Herkunft der Konkubinen Auffallend viele Konkubinen und Ehefrauen der Merowinger und anderer Großer waren Frauen niedrigen Standes. Veneranda, Konkubine König Guntchramns und Mutter von Gundobad, wird als Magd eines seiner Leute bezeichnet. 68 Der Chilperichsohn Chlodwig II. hatte „ein Auge auf die Tochter einer Magd geworfen." 69 Die Mutter Sigiberts III., Ragnetrud, war eine Magd. 70 Charibert schlief mit seinen Mägden und heiratete sie später.71 Auch der schon erwähnte Eulalius hatte im eigenen Haus Umgang mit seinen Dienerinnen, 72 ebenso der Sohn des Herzogs Beppo-
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Gregor, Hist. X, 27: "Inter Tornacensis quoque Francos non mediocris disceptatio est orta, [...] qui sororem eius in matrimonium acceperat, cum ira saepius obiurgabat, cur, coniuge relieta, scortum adirei. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 438. Gregor, Hist. IV, 25: "Gunthchramnus autem rex bonus primo Venerandam, cuiusdam suorum ancillam, pro concubina toro subiunxit [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 160. Gregor, Hist. V 39: "[...] Nam ipsi concupiscens unius ancillarum tuarum filia [...]puellam, in qua oculus iniecerat Chlodovechus [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 231. Fred. Chron. IV 59. Siehe oben, S. 50, Anm. 35. Gregor, Hist. X, 8: „Sed cum in domo sua vir ancillarum concubitu misceretur [...] Eulalius vero puellam de monasterio Lugduninse diripuit eamque aeeepit. Sed concubinae eius, instigante, [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 414, Z. 27 u. S. 415, Z. lOf.
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len.73 Nicht erwähnt wird die Herkunft der Konkubinen Chlodwigs I.,74 Childeberts II. von Austrien, 75 Theuderichs II.76 und Dagoberts I.77 Die einzige Konkubine nachweisbar freier Herkunft war Deoteria, Konkubine und zeitweilig Ehefrau Theudeberts I.78 Sie besaß jedoch als ,Kriegsbeute' einen Sonderstatus, der sie vielleicht in die rechtliche Nähe einer Unfreien rückte. Unfreier Herkunft waren auch etliche Ehefrauen der Merowinger, so hatten Guntchramn (Austrechild-Bobila), 79 Charibert I. (Theudogild, Meroflede und Marcofeiva), 80 Chilperich I. (Fredegund), 81 Theudebert II. (Bilichild und Theudechild), 82 Chlodwig II. (Balthild) 83 und Dagobert I. (Nanthild) 84 Mägde geehelicht. Als neues gesellschaftliches Phänomen wurde dies nicht nur von Sagittarius festgehalten, 85 auch Sigibert I. beanstandete es und wandte sich bewußt dagegen, indem er die Westgotenprinzessin Brunichilde heiratete.86 Das Aufkommen einer veränderten Ehemoral bestätigt Gregor, wenn er im Zusammenhang mit der Bemerkung des Sagittarius mit ironischem Beiklang betont, daß neuerdings die Herkunft der Mutter irrelevant für die Erbfähigkeit der Königskinder sei.87 Eine traditionell strenge Auffassung des Eheverhaltens, die nur unter standesgleichen Familien geschlossene Muntehen gelten ließ, mißachteten die Merowinger und nahmen für 73
Gregor, Hist. IX, 13. Gregor, Hist. II, 28. 75 Lib. Hist. Fr. 37. 76 Fred. Chron. IV 21, 24. 77 Fred. Chron. IV 60. 78 Gregor, Hist. III 22,23. 79 Gregor, Hist. IV 25, V 20; Fred. Chron. III, 56. 80 Gregor, Hist. IV 26; Fred. Chron. III 56. 81 Gregor, Hist. IV 28, Lib. hist. Fr. 31 : ex familia infima der Audovera. 82 Bilichild: Fred. Chron. IV 35, Theudechild: Ebd. 37. 83 Vita Balthildis 2: „Quam de partibus transmarinis divina Providentia advocans, et vili pretio venundata hue advenit [...] Recepta est a principe Francorum [...] Erchinoaldo quondam, in cuius ministerio ipsa adolescens honestissime conversata est [...]"• MGH SS rer. Mer. 2, S. 483. 84 Fred. Chron. IV 58, 59; Nanthild erscheint auch in einer Urkunde Dagobert I., vermutlich von 630, als „dilecte coniugis nostre reginae Nantildis" , M U B I, Koblenz 1860, Nr. 7, S. 8. 85 Gregor, Hist. V 20: „Sed Sagittarius [...Jdeclamare plurima de rege coepit ac dicere, quodfìlii eius regnum capere non possint, eo quod mater eorum ex familia Magnacharii quondam adscita regis torum adisset, ignorans, quod, praetermissis nunc generibus feminarum, regis vocitantur liberi, qui de regibus fuerantprocreati, f...]" MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 218. 86 Gregor, Hist. IV 27. 87 Siehe oben, Anm. 85. 74
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sich das Vorrecht der sexuellen Uneingeschränktheit in Anspruch, das dem moralischen Anspruch der Kirche und möglicherweise dem des Großteils der Bevölkerung widersprach.
2.4 Die ,Ehre' der Frauen Es fragt sich, ob freie Frauen als Konkubinen überhaupt zur Verfügung standen. Nur sehr wenig Eigenmächtigkeit besaßen Frauen - im Gegensatz zu Männern - in der Wahl ihrer Ehegatten. Lediglich von zwei Sonderfällen, in denen Frauen ihre Ehemänner verließen und sich erfolgreich eigenständig neue Männer suchten, wird berichtet: Basina verließ ihren Ehemann, den Thüringerkönig Bisin, und folgte Childerich I.88 Bereits als Ehefrau des Bisin soll sie mit Childerich adulterium begangen haben. Tetradia, die Gattin des Eulalius, verließ ihren Mann und ging zu Herzog Desiderius. Eulalius war nicht mächtig genug, sie zurückzuholen: Als er sich bei König Guntchramn über das böswillige' Verlassen seiner Frau beschwerte, wurde er verlacht89 - vielleicht, weil er nicht in der Lage gewesen war, dies zu verhindern. Theudogild, die Witwe Chariberts, wurde von Guntchramn, dem sie sich nach dem Tod Ihres Mannes zur Ehe anbot, ausgeraubt und verhöhnt.90 Die Unbotmäßigkeit einer Frau, die ihren Mann verließ, um zu einem anderen zu gehen, fiel auf diesen zurück. Ein Mann, der ein solches Verhalten geschehen ließ, machte sich gesellschaftlich unmöglich. Die überlieferten Ausnahmen, in denen Frauen eine zweite Ehe selbst herbeiführen wollten, gerieten zu Skandalen und belegen, daß es sich selbst für eine Witwe kaum ziemte, in Eheangelegenheiten eigenständig zu handeln. Septimia soll ihren Ehemann Jovius getötet haben, wie sie unter der Folter gestand, aus Liebe zu Droctulf, mit dem sie wie eine Hure (scortum) lebte91. Auch hier beschreibt amor die vom Mann ausgehende sexuelle Leidenschaft - ob amorem Droctulfii. Allein die Tatsache, daß sie nach dem Tod ihres Ehemannes mit ihrem Liebhaber zusammenlebte, 88 89
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Gregor, Hist. II 12; Fred. Chron. III 12; Lib. Hist. Franc. 7. Gregor, Hist. VIII 27: "[...JTunc ibi Eulalius adfuit, quasi pro coniuge, quae eum spreverat et ad Desiderium transierat, causaturus; sed in ridicule et humilitate redactus, siluit.[...]" (um 585) MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 341. Siehe oben, S. 50, Anm. 36. Gregor, Hist. IX 38: "[...] profititur Septimia, virum suum Iovium maleficiis interfecisse ob amorem Droctulfii ipsumque secum scorto miscere [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 392.
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brachte sie vielleicht schon in den Verdacht, die Mörderin ihres Mannes gewesen zu sein. Eine Witwe durfte keineswegs in sexueller Selbstbestimmtheit leben, sie zerstörte sonst ihren guten Ruf und ihre Glaubwürdigkeit. Brach eine Frau die Ehe, konnte ihre Familie zur Rechenschaft gezogen werden.92 Ein Vater sollte die Unschuld seiner Tochter durch Eid der Familie ihres Mannes gegenüber beweisen. Der Fall ging vor das Königsgericht, doch bevor es zum Prozeß kam, erhängte sich die Ehebrecherin. Fredegund beendete die Fehde der Familien, indem sie alle Kontrahenten erschlagen ließ.93 Eine Frau, die ihre Ehe brach, wurde als Hure (meretrix) beschimpft94. Wie es einer Ehebrecherin ergehen konnte, berichtet Gregor von Tours in seinen Wundergeschichten. Eine Frau wurde von ihrem Mann wegen adulterium angeklagt. Da sie dies standhaft leugnete, bemühte man, so Gregor, „ad spectaculum populo" ein Gottesurteil: Mit einem Stein um den Hals wurde sie in die Saöne geworfen. Ein Pfahl im Wasser rettete sie jedoch vor dem Ertrinken. Ihre Verwandten, die ihren Leichnam bergen wollten, fanden sie lebend. Sie wurde nicht mehr belangt.95 Die Öffentlichkeit des Gottesurteils sollte sicherlich eine abschreckende Wirkung auf andere Frauen haben. Der Verdacht auf Ehebruch erscheint bei den Merowingerköniginnen nur in Form von politischer Verleumdung, bezeichnenderweise bei den starken Persönlichkeiten Brunichilde und Fredegund.96 An die Frauen der Merowinger wurde ein sehr viel strikterer Verhaltensmaßstab angelegt, nur bei ihnen galt nebeneheliche Sexualität als Ehebruch und wurde erbarmungslos sanktioniert. Der Vorwurf des Ehebruchs als politisches Druckmittel unterstreicht die Annahme seiner gesellschaftlichen Verwerflichkeit für Frauen. Ein nebeneheliches Konku92 93 94 95
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Gregor, Hist. V 32: um 579. Siehe hierzu: Weidemann, Kulturgeschichte Teil I, S. 304f. Gregor, Hist. VI 13. Gregor von Tours, Liber octo miraculorum, c. 69: "O quantum innocentia praestat, quantum mens pura meretur! Nam simili sortae alia mulier a viro suo adulterii crimen accepit. Quod coram iudice diutissime denegans, cum propria confessione superari non possit, diiudicatur inmergi. Dehinc currente ad spectaculum populo, ad pontem ducitur amnis Ararici, connexumque cum fune lapidem molarem collo eius, praecipitaverunt eam in fumine [...]. Et erant utraque sub aquis, mulier scilicet et petra stili illius lance librata [...]propinqui feminae illius deposcunt a iudice, ut liceret [...] cadaver parentis inquirere [...] intellegentesque esse vivam [...] ne iterum mergi iuberetur a iudice [...]". MGH SS rer. Mer 1, 2, S. 534f. Auch hier begegnet Gregors Aberglaube und Gottvertrauen, Wood, Gregory of Tours, S. 49f. Fred. Chron. IV 24; Lib. Hist. Fr. 35.
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binat zu fuhren, war für eine Frau undenkbar, auf jeden Fall aber lebensgefährlich. Auch die unverheiratete Freie (Septimia), die mit einem Liebhaber lebte, verlor ihren guten Ruf und ihre Ehrbarkeit. Frauen freier Herkunft besaßen eine ,Ehre', die an ihr sexuelles Wohlverhalten gekoppelt war und die sie unter Lebensgefahr bewahren mußten. So konnten Konkubinen freier Abstammung nicht belegt werden. Der Gegensatz zum Verhalten freier Männer, besonders der Herrscherdynastie, könnte nicht größer sein. Unter diesem Aspekt erscheint es sehr fraglich, daß Frauen freier Herkunft als Konkubinen zur Verfügung standen, auch wenn diese Frage allein anhand der zeitgenössischen Historiographie nicht erschöpfend behandelt werden kann. Diese Quellen beschränken sich zu sehr auf die Belange der Herrscherdynastie und nur weniger Großer.
2.5 Langobardische Verhältnisse Auch die Langobardenkönige vergnügten sich ziemlich uneingeschränkt mit den Frauen ihrer Umgebung. König Rothar vergaß das Eheversprechen (sacramentum), seine Frau ehren zu wollen, sperrte Gundeberga fünf Jahre lang ein und amüsierte sich lieber mit Konkubinen.97 Cunincpert nahm sich die edle junge Römerin Theodote, von der ihm seine Frau erzählt hatte, wie schön sie sei.98 Zwar benutzte Cunincpert immerhin seiner Ehefrau Hermelinda gegenüber eine List und bestellte Theodote nicht einfach vor ihren Augen in sein Haus. Die Verfügbarkeit der Theodote, die zuerst,beschlafen' und dann ins Kloster geschickt wurde, besticht jedoch. Die Grenzen königlicher Freiheiten hinsichtlich sexueller Übergriffe zeigt das Schicksal König Rodoalds, der um 653 von einem Langobarden, der ihn auf frischer Tat beim stuprum mit seiner Ehefrau erwischte,
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Fred. Chron. IV, 70: „[...] Quod Chrotharius lebenter consenciens [...] ne umquam Gundeberga postponerit nec de honorem gradis aliquid menuarit, ipsamque uneco amore diligens, in omnebus honorem pristarit condigne. Chrotharius oblitus sacramenta, qua Gundeberga dederat, eamque in unum cubicoli Ticinum in aula palaciae retrudit eamque ad privato habeto vivere fecit. Quinque annus sub ea retrusione tenetur. Chrotharius per concubinas baccatur adsiduae [....]. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 156. Pauli Historia Langobardorum, Liber V, c. 37, siehe oben, Einleitung, S. 1. St. Gasparri, Art.: ,Paulus Diaconus', in: LexMA Bd. 6 (1993), Sp. 1825f; Zu den Langobarden: J. Jarnut, Geschichte der Langobarden, Stuttgart 1982.
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ermordet wurde." Auch ein König durfte die Besitzverhältnisse, denen Frauen unterworfen waren, nicht ganz ignorieren. Die unverheiratete Römerin Theodote jedoch verfugte über einen wesentlich schwächeren rechtlichen Schutz gegenüber dem Ansinnen des Königs als die verheiratete Langobardin. Die Heimlichkeit des Treffens läßt vermuten, daß ein solches - zumindest für Theodote - kein sehr ehrenvoller Vorfall war. Doch kann Cunincpert auch aus Angst vor einer Reaktion der Familie seiner Frau in Heimlichkeit gehandelt haben. Von einem Konkubinat mit einer Freien, zu dem diese zustimmte, kann jedenfalls nicht die Rede sein, schon eher von einem sexuellen Übergriff, herbeigeführt durch die Macht des Herrschers.
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Pauli Historia Langobardorum, Liber IV, c. 48: „Rodoald quoque, ut fertur, dum uxorem cuiusdam Langobardi stuprasset, ab eodem interfectus est, postquam Septem diebus et quinque regnaverat annis. " MGH SS rer. Lang. S. 136.
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3. Beziehungsformen zwischen Personen freien Standes im Spiegel juristischer Aussagen 3.1 Zum Moralkodex und Handlungsspielraum von Frauen freier Herkunft Die Erwartungshaltung der frühmittelalterlichen Gesellschaft an Frauen freier Herkunft, besonders, wenn sie unverheiratet waren, kann die zeitgenössische Historiographie nicht genügend beantworten. Ob Konkubinen freier oder sogar vornehmer Herkunft zum gesellschaftlichen Erscheinungbild gehörten, soll im folgenden anhand des weiblichen Idealbildes untersucht werden, wie es den Männern, die Macht und Einfluß besaßen und Gesetze erließen, vorschwebte. Der Realitätsbezug und die Durchsetzbarkeit der leges Barbarorum wird bis heute kontrovers diskutiert.1 Allein schon aufgrund des verbreiteten Analphabetentums wird ihnen zum Teil eine wirkliche Bedeutung in der Rechtspraxis abgesprochen. 2 Dem widerspricht jedoch vieles, beispielsweise die Nachbesserungen der Lex Salica durch Kapitularien oder die eindeutige Rezeption des westgotischen Rechts im Urkundenwesen auch späterer Zeiten. 3 Die Gesetzgeber erhoben Anspruch nicht nur auf Rechtsbewahrung als Ziel ihrer Bemühungen, sondern auf fortschreitende
' Siehe G. Dilcher, Gesetzgebung als Rechtserneuerung, in: Rechtsgeschichte als Kulturgeschichte H.-J. Becker (Hg.), Aalen 1976, S. 13-25; F. Wieacker, Zur Effektivität des Gesetzesrechts in der späten Antike, in: FS Heimpel, Bd. III, 1977, S. 546-566; H. Nehlsen, Zur Aktualität und Effektivität germanischer Rechtsauffassungen, in: P. G a s sen (Hg.), Recht und Schrift im Mittelalter, Sigmaringen 1977, S. 449-502; C. Schott, Zur Geltung der Lex Alamannorum, in: P. Fried / W.-D. Sick (Hg), Die historische Landschaft zwischen Lech und Vogesen. Augsburg 1988, S. 75-105; W. Sellert, Aufzeichnung des Rechts und Gesetz, in: Ders. (Hg.), Das Gesetz in Spätantike und frühem Mittelalter, Göttingen 1997, S. 67-102; K.S. Bader, Zum Unrechtsausgleich und zur Strafe im Frühmittelalter, in: ZRG.GA 112 (1995), S. 1-63. Während Schmidt-Wiegand z.B. für die Lex Salica eine bedeutende Effektivität aufgrund der Quellenbefunde und der späteren Bezüge auf die Lex Salica herausstellte (Dies., Art.: ,Lex Salica', HRG Bd. 2 (1978), Sp. I959f), bestreitet Nehlsen, daß es sich um ein viel verwendetes „Gerichtsbuch" handelt. Aus diesem Grund beginnt der Überlieferungsstand auch erst im 8. Jahrhundert, ders, Sklavenrecht zwischen Antike und Mittelalter, I. Ostgoten, Westgoten, Franken, Langobarden, Göttingen 1972, S. 449-502. 2 Schott, Geltung, Zur Geltung der Lex Alamannorum, S. 99. 3 Sellert, Aufzeichnung des Rechts, S. 79.
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Rechtsbesserung. 4 Um der Bevölkerung mitgeteilt zu werden, konnte schriftliches Recht zudem durch die missi, die Kapitularien verlasen, eine mündliche Anwendung erfahren.5 So urteilt Sellert: „[...] daß die Aufzeichnungen der Stammesrechte ihrem Schwerpunkt nach nicht zu Demonstrations- und Prestigezwecken erfolgt sein können, sondern vor realpolitischem Hintergrund regelungsbedürfitige Tatbestände bewältigen sollten, [...] mit dem Willen des Herrschers zur verbindlichen Geltung."6 Die Aussagen der Leges im sittlich-eherechtlichen Bereich sollen in diesem Sinne nicht als Abbild der gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern als Einblick auf,Verbesserungswünsche' der Gesetzgeber betrachtet werden, wodurch Rückschlüsse sowohl auf die Motivation der Gesetzgeber als auch auf die zugrundeliegende Lebensrealität gezogen werden können. Auch wenn es nicht unumstritten ist, daß der 65-Titeltext den chlodoweischen Archetyp der Lex Salica darstellt,7 soll doch im ersten Teil der Untersuchung, der gesellschaftlichen Verhältnisse bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts, diese Textklasse A, verglichen mit der Fassung C, die nach Eckhardt für König Guntchramns Teilreich (561-593) bestimmt war, gesondert betrachtet werden. 8
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Ebd., S. 81 vi. 84, so heißt es im Prolog der Lex Salica: „Placuit auxiliante Domino atque convenit Ínter Francos atque eorum proceribus, ut pro servandum inter se pacis Studium omnia incrementa (virtutem) rixarum resecare deberent [...]." MGH LL 4, 1, S. 2. 5 Sellert, Aufzeichnung, a.a.O., S. 87f, zu den Kapitularien: H. Mordek, Karolingische Kapitularien, in: ders. (Hg), Überlieferung und Geltung normativer Texte des frühen und hohen Mittelalters, Sigmaringen 1986, S. 25-51, bes. S. 44ff; F.L. Ganshof, Was waren die Kapitularien ? Darmstadt 1961, S. 35ff; D. Hägermann, Zur Entstehung der Kapitularien, in: Grundwissenschaften und Geschichte. FS Acht, Schlögl/Herde (Hg.), Kallmütz 1976, S. 12-27. 6 Sellert, Aufzeichnungen, S. 91f. 7 Nehlsen, Sklavenrecht, S. 356. Das gesetzgeberische Werk Chlodwigs (481-511) wird auf 507 bis 511 datiert. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Salica', HRG 2 (1978), Sp. 1949f. Zum Forschungsstand: C. Schott, Der Stand der Leges-Forschung, in: FMST 13 (1979), S. 29-55; R. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Salica', HRG 2 (1978), Sp. 1949-1962, Editionenverzeichnis und Literatur; F. Beyerle, Über Normtypen und Erweiterungen der Lex Salica, in: ZRG GA 44 (1924), S. 216-261; H.-A. Roll, Zur Geschichte der LexSalica-Forschung. Untersuchungen zur deutschen Staats-und Rechtsgeschichte Neue Folge Bd. 17, Aachen 1972. 8 Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Salica', HRG 2 (1978), Sp. 1951. Die späteren Redaktionen werden im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit berücksichtigt.
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Die Lex Ribuaria,9 in wesentlichen Teilen noch der merowingischen Zeit,10 vielleicht Dagobert I. (623-639), zuzuordnen, galt als Lex Salica revisa für Personen ribuarischer Abstammung." Zum Teil angelehnt an die Lex Salica,12 zeigt sie auch burgundischen13 und römisch-rechtlichen Einfluß.14 Die hier verwendeten Titel 39-42 entstammen vermutlich der Zeit von 643-662 15 . Die Lex Burgundionum,16 kodifiziert unter Gundobad (um 480-516) und Sigismund (516-523) besaß nicht nur Geltung im Burgunderreich bis zur fränkischen Eroberung im Jahr 534, sondern blieb als Lex Gundobada für das Territorium des ehemaligen Burgunderreichs bis ins 9. Jahrhundert hinein in Gebrauch.17 Die Lex Burgundionum zeigt nach Nehlsen ein „in starker Bewegung befindliches Recht."18 Der Einfluß des römischen Rechts sollte mit den burgundischen Traditionen in Einklang gebracht 9
Zum Forschungsstand siehe Schott, Stand der Leges-Forschung, S. 38f; R. SchmidtWiegand, Art.: ,Lex Ribuaria', in: HRG 2 (1978), Sp. 1923-27; E. Ewig, Die Stellung Ribuariens in der Verfassungsgeschichte des Merowingerreiches, in: ders. (Hg.), Spätantikes und fränkisches Gallien. Gesammelte Schriften I, Zürich - München 1976, S.. 450-503. 10 R. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Ribuaria' HRG 2 (1978), Sp. 1923f. Nach Beyerle ist die Lex Ribuaria anläßlich der Errichtung eines austrasischen Teilreichs für Sigibert III. in den Jahren 633/34 entstanden, F. Beyerle, Zum Kleinreich Sigiberts III., und zur Datierung der Lex Ribuaria; RhVbl 21 (1956), S. 357- 362; so auch Schott, Stand der Leges-Forschung, S. 38; R. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Ribuaria' in: HRG 2 (1978), Sp. 1923f. " Siehe dazu F.-W. Henning, Volksrechte als wirtschafts- und sozialgeschichtliche Quelle, unter besonderer Berücksichtigung der Lex Ribvaria, in: Studien zu den germanischen Volksrechten, G. Landwehr (Hg.), Frankfurt a.M. 1982, S. 35-68, bes. S. 3 6 f . 12 Titel 1-67, Textfassung C, Recensio Guntchramna, Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Ribuaria', HRG 2 (1978), Sp. 1924f. 13 z.B. in Titel 36, 11; 42, 4-6; 46; 65, 3; 70; 74; 81; 88. 14 Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Ribuaria', HRG 2 (1978), Sp. 1924f. 15 Henning, Die germanischen Volksrechte, S. 37. 16 Zum Forschungsstand: Schott, Leges-Forschung, S. 35f; Hermann Nehlsen, Art.: ,Lex Burgundionum', HRG 2 (1978), Sp. 1901-1915; F. Beyerle, Zur Textgestalt und Textgeschichte der Lex Burgundionum, in: ZRG.GA 71 (1954), S. 23-54; K F. Drew, The Germanic Familiy of the Leges Burgundionum, in: Medievalia et Humanística Bd. 15 (1963), S. 5-14. 17 Nehlsen, Art. ,Lex Burgundionum' HRG 2 (1978), Sp. 1913. Nach der Eroberung des Burgunderreiches durch die Franken im Jahr 534 wurde die Lex Burgundionum im Territorium des ehemaligen Burgunderreichs weiterhin verwendet, jedoch nicht mehr novelliert und von den neuen Herrschern weder gesichert noch verbreitet, ebd. 191 lf. Agobard von Lyon verlangte die Abschaffung der Lex, da sie kaum noch angewendet werde und zudem von arianischen Häretikern stamme, H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 497 u. 505. 18 Nehlsen, Art. ,Lex Burgundionum', HRG 2 (1978), Sp. 1908.
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werden. 19 Die Verwendung westgotischer Gesetze als Rechtsgrundlage wurde von Brunner befürwortet,20 von Nehlsen dagegen bestritten.21 Die Entstehungszeit der alemannischen22 Gesetzestexte ist nach wie vor nicht einhellig geklärt. Die Kodifizierung des Pactus Alamannorum wird zumeist (nach Eckhardt) Chlothar II. (584-629) zugeschrieben, erlassen in der Zeit zwischen dem Anschluss Austrasiens an das Reich Chlothars II. ( 6 1 3 ) und der Einrichtung als Teilreich für Chlothars Sohn Dagobert I. im Jahr 623. 2 3 Die Lex Alamannorum hingegen wird mehrheitlich in die Jahre 712-725 datiert, entstanden unter Herzog Lantfrid. 24 Enge Verwandtschaft besteht zwischen der Lex Baiuvariorum und der Lex Alamannorum, ungeklärt blieb, welche Lex die ältere ist. 25 Als Terminus ante quem wird das Jahr 748, die Zeit Odilos, angenommen. 26 Nach der Eroberung des Langobardenreichs fand die L e x Baiuvariorum Verbreitung in Italien.27 Die hier in Frage kommenden Titel 8 und 15 sind nach Hartmann vom westgotischen Recht beeinflußt.28
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Wenn auch kaum einzelne Gesetze römischen Ursprungs in den Lex Burgundionum erkennbar sind, so ist doch eindeutig, daß der Gesetzgeber den Codex Theodosianus benutzt haben dürfte, Nehlsen, Art. ,Lex Burgundionum' HRG 2 (1978), Sp. 1910f. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 505. Nehlsen, Art. ,Lex Burgundionum' HRG 2 (1978), Sp. 1911. Zur Schreibweise alemannisch bzw. alamannisch, siehe D. Geuenich, Geschichte der Alemannen, Stuttgart u.a. 1997, S. 20f. Zur Datierung: C. Schott, Lex Alamannorum. Das Gesetz der Alemannen, Text - Übersetzung - Kommentar, Augsburg 1993, bes. S. 15f; Zum Forschungsstand: Schott, Stand der Leges-Forschung, S. 40; ders., Art. ,Lex Alamannorum', HRG 2 (1978), Sp. 1879-1886, mit Editionenverzeichnis und Literatur; ders., Pactus, Lex und Recht, in: W. Hübener (Hg.) Die Alemannen in der Frühzeit, Bühl/Baden 1974, S. 135-168; F. Beyerle, Das Kulturporträt der beiden alamannischen Rechtstexte: Pactus und Lex Alamannorum, in: Zur Geschichte der Alemannen, W. Müller (Hg.) Darmstadt 1975, S. 126-150 (Erstdruck 1956). Lantfrid starb 730. Schott, Art.: ,Lex Alamannorum', in: HRG 2 (1978), Sp. 1880. D. Geuenich, Geschichte der Alemannen, Stuttgart u.a. 1997, S. 106. Schott, Stand der Legesforschung, S. 40f. Beeinflußt ist die bayrische Lex durch den westgotischen Codex Euricianus, die Lex Salica, die Lex Burgundionum, den Edictus Rothari und sogar durch die Lex Romana Visigothorum, H. Siems, Art.: ,Lex Baiuvariorunm', in: HRG 2 (1978), Sp. 1887-1901, bes. Sp. 1892f. Schott, Stand der Legesforschung, S. 40f. W. Hartmann, Das Recht, in: Die Bajuwaren. Von Severin bis Tassilo 488-788; H. Dannheimer / H. Dopsch (Hg.) 1988, S. 266-272, bes. S. 268f. Ebd. S. 267.
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Eine unverheiratete Frau freier Herkunft29 durfte sich keineswegs selbst einen Mann aussuchen, weder zur Ehe, noch zu einem heimlichen Verhältnis.30 Ein solches Verhalten war in höchstem Maße für sie selbst und ihre Familie entehrend.31 Auf keinen Fall konnte sie in einer solchen Liebschaft verbleiben. Per Verfügung konnte diese Beziehung in eine Muntehe verwandelt werden und die Unterordnung unter die potestas des Mannes sowie die Übergabe der gesamten Besitztümer der Frau an ihn zur Folge haben. 32 Die burgundische Lex schränkte selbst die rechtlich besser gestellte Romanin in ihrer Selbstbestimmung ein, sie konnte sich, obwohl nach römischem Recht mit 25 Jahren sui iuris,33 nur unter Verlust
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Zu den Bezeichnungen für Frauen und Mädchen in den Leges, siehe G. von Olberg, Aspekte der rechtlich-sozialen Stellung der Frauen in den frühmittelalterlichen Leges, in: W. Affeldt (Hg.), Frauen in Spätantike und Frühmittelalter, Sigmaringen 1990, S. 221-235, bes. S. 221 f . 30 Lex Burgundionum 12, 4: „57 vero puella sua sponte expetierit virum et ad domum illius venerit, et ille se cum illa miscuerit, nuptiale pretium in triplum solvat; si autem incorrupta redierit ad domum suam, remota omni calumnia revertatur. " MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 51 ; Lex Burgundionum 61 : „ Quaecumque mulier natione barbara ad viri coitum spontanea voluntate furtim convenerit, nuptiale pretium in simplum tantum eius parentibus dissolvatur; et is, cui adulterii dicitur societate permixta, alterius postmodum coniugio si voluerit societur. " MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 93; Lex Ribvaria 39, 2: „Si quis cum ingenuam puellam moechatus fuerit, quinquaginta solid, culpabilis iudicetur." MGH LL nat. Germ. 3, 2, S. 91; Lex Baiwariorum VIII, 8: „Si quis cum libera per consensum ipsius fornicaverit et nolet eam in coniugium sodare: cum XII sold conponat, quia nondum sponsata nec a parentibus sociatia sed in sua libidine maculata. " E. v. Schwind (Hg.), MGH LL nat. Germ. 5, 2, 1926, S. 357; Pactus legis Salicae, (Recensio Chlodovea, Textklasse A) S. 70, 15, 3: „Si quis ingenua puella spontanea uoluntate ambis conuenientibus [occulte] moechati fuerint [cui adprobatum fuerit], mallobergafìrilasia sunt, MDCCC denarios quifaciunt solidos XLVculpabilis iudicetur. " K.A. Eckhardt (Hg.), Die Gesetze des Karolingerreiches 714 - 911, I. Recensio Pippina, Weimar 1953, S. 39, übersetzt die Malbergische Glosseßrilasina völlig unmotiviert mit ,Friedelschaft\ Die Glosse beschreibt vielmehr eine Straftat, wie aus der nachfolgenden compositio ersichtlich. Warum sollte aber die ,rechtlich und sozial anerkannte Friedelehe' mit einem Strafgeld belegt werden? Bei T. Bauer, Rechtliche Implikationen des Ehestreits Lothars II., S. 57, heißt fìrilasia dann „Friedelehe"! 31 Lex Burgundionum 44, 1: „Si qua Burgundionis ingenuifìlia, priusquam marito tradatur, occulte adulterii se foeditate coniuncxerit, et postmodum ad querimoniam facti processerit, ac sic objecto claruerint, is, qui in eius corruptione fuerit accusatus et, ut dictum est, certa probatione convictus, inlatis XV sol. nullam calumniam patiatur. Illa vero facinoris sui dehonestata flagitio amissi pudoris sustinebit infamiam. " MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 74f. 32 Lex Burgundionum 100: „ Quaecunque mulier Burgundia ve/ Romana voluntate sua ad maritum ambulaverit, iubemus, ut maritus ipse facultatem ipsius mulieris, sicut in ea habet potestatem, ita et de omnes res suas habeat. " MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 113. 33 Lex Romana Burgundionum 22, 6, MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 145.
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des Erbrechts ohne Zustimmung der Eltern mit einem Burgunder verheiraten.34 Das Mittel der Bestrafung für eine ungehorsame, ,unsittliche' Frau war neben dem Verlust des guten Rufes und des Familienschutzes der Vermögensentzug. Folgte eine Frau freiwillig einem Entfuhrer, verlor sie sogar ihre Freiheit.35 Ihr ,Konsens' war irrelevant. Auch die Ehre einer Witwe stand auf dem Spiel, wenn sie sich einem sexuellen Verhältnis hingab.36 Sie konnte sich zwar eigenständig standesgemäß verloben, unterstand aber auch dann einem Moralkodex, den zu mißachten sie Kopf und Kragen kosten konnte.37 Der ,Aunegilde-Skandal', neuerdings untersucht von Clausdieter Schott,38 läßt Einblicke in das Moralverständnis der Zeitgenossen zu. Die Burgunderin Aunegilde, als Witwe nicht mehr unter der Munt stehend,39 34
Lex Burgundionum 12, 5: „Romana vero puella, si sine parentum suorum volúntate aut conscientia se Burgundionis coniugio sociaverit, nihil se de parentum facúltate noverit habituram. " MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 52. Kottje zufolge ist die Ehe trotzdem gültig (Ders., Eherechtliche Bestimmungen, S. 216), dies ist aber m.E. keineswegs eindeutig. 35 Pactus legis Salicae 13, 8: „Si uero ingenua puella [alijquemcumque de Ulis sua uoluntate secuta fuerit, ingenuitatem suam perdat". MGH LL 4, 1, S. 61. 36 Lex Burgundionum 44, 2: „ Quod si mulier vidua cuicumque se non invita, sed libidine vieta sponte miscuerit, et in vocem causantis eruperit, nec statutum percipiet numerum solidorum, nec eum, qui se tali dedecore sociaverit, coniugio ipsius reclamante ea iubemus addici; quia iustum est, ut actuum suorum vilitate confusa, nec matrimonium sit digna nec proemio. " MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 75. 37 Lex Burgundionum 52, 3; "Et quoniam Aunegilde post mariti prioris obitum in sua potestate consistens se antedicto Fredegisclo non solum ex parentum consensu, verum etiam proprio arbitrio et volúntate donaverat, et maiorum nuptialis pretii partem sponso adnumerante perceperat, fidemque placiti libidinis ardore succensa disrumpens ad Baltamodi non tam vota cucurrit, quam ad consuetum flagitium remeavit, atque ob hoc non aliter tantum crimen tantumque dedecus libertatis quam sanguinis sui effusione debuerit expiari, tarnen districtioni publicae dierum reverentiam praeponentes iubemus, ut Aunegilde divino humanoque dehonestata iudicio pretium, hoc est CCC solidos, Fredegisclo coacta dissolvat.f...] Nec Baltamodo [...] precium suum, hoc est centum quinquaginta solidus, Fredegisclo coacta dissolvat. [...]" MGH LL nat. Germ. 2,1, S. 85f. C. Schott, Der Aunegilde-Skandal, in: Alles, was Recht war, FS R. Schmidt-Wiegand, Essen 1996, S. 25-36. 39 Nach Lex Burgundionum 69 müßte sie das zweite Mal verwitwet sein, um selbständig, d.h. auch von den Verwandten des verstorbenen Ehemannes unabhängig werden zu können: "Mulier quae ad secundas nuptias traditur, wittimon eius a prioris mariti parentibus vindicetur. Si vero tertium maritum aeeipere voluerit, wittimon, quod maritus dederit, mulieri proficiat." MGH LL nat. Germ. 2, 1, S. 95f. Während sie bei einer zweiten Eheschließung ihr neues wittimon den parentes des ersten Mannes schuldet diese also noch Verfügungsrechte über sie besaßen - hat sie bei einer dritten Eheschließung selbst Anspruch auf die Ehegabe.
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hatte sich aus freien Stücken und unter Zustimmung ihrer Verwandten auf die auch bei einer Witwenheirat nicht verzichtet werden konnte - mit Fridegisel, dem Vertrauten und Schwertträger des Königs, verlobt. Vor der Heirat begegnete sie aber einem Mann, der ihr besser gefiel. Sie besann sich eines anderen und „lief aus Leidenschaft zu Baldamod". Aunegilde, eine Dame der hohen Gesellschaft, hatte nicht nur das zur Treue verpflichtende Verlöbnis gebrochen,40 sondern sich entehrt, indem sie sich mit einem Mann viel geringeren Standes zusammentat. Aus den Summen, die als Wergeid für Aunegilde und Baldamod angesetzt wurden, ist ersichtlich, daß Aunegilde zum höchsten Stand, den optimates gehörte, während Baldamod zwar frei, aber nicht einmal ein mediocer war.41 Fridegisel, ein Mann ihres eigenen Standes und dazu noch königlicher Würdenträger, wurde durch ihr Verhalten öffentlich gekränkt. Vielleicht war diese Kränkung Auslöser für die Aufnahme des Prozesses gegen Aunegilde. Für Männer galt ein anderer Bewertungsmaßstab: Sie mußten zwar mit einem Bußgeld rechnen, wenn sie sich mit einem freien Mädchen einliessen, waren aber nicht verpflichtet, sie zu ehelichen. Sie konnten sie jederzeit entlassen.42 Die ,Entehrte' hatte keinerlei Anspruch auf eine Ehe, auch dann nicht, wenn sie sich unter falschen Eheversprechungen mitlokken ließ - sie hätte sich eben ordnungsgemäß' durch ihre parentes verheiraten lassen müssen.43 Deutlich heißt es, daß kein Mann ohne Erlaubnis der parentes ein Mädchen unter mundiburdium zu sich nehmen durfte, selbst wenn sie eine ecclesiastica war oder verbo regis stand.44
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Wie ein Ehebruch ist ein Verlöbnisbruch todeswürdig, so in der westgotischen Lex, die der burgundischen nahesteht: Leges Visigothorum III, 1, 2, MGH LL nat. Germ 1,1, S. 122f. Nach burgundischem Recht wird eine Ehebrecherin im Sumpf ertränkt: Lex Burgundionum 34, 1 MGH LL nat. Germ. 2, 1, S. 68. Lex Burgundionum 2, 2. Schott, Der Aunegilde-Skandal, S. 32f. Lex Burgundionum 61, Lex Baiwariorum VIII, 8, Lex Ribuaria 39, 2; siehe oben, S. 66, Anm. 30. Lex Baiwariorum VIII, 17: „Si quis liberam feminam suaserit quasi ad coniugem et in via earn dimiserit, [...] cum XII sold, conponat. " E. v. Schwind (Hg.), MGH Leg. nat. Germ. V, 2, 1926, S. 361. Nach S.F. Wemple, Women in Frankish Society: Marriage and the Cloister: 500 to 900; Philadelphia 1981, S. 34 ist dies ein Beleg für die freie Gattenwahl einer Frau und damit für eine ,Friedelehe'. Lex Ribvaria, 39, 3: „Si quis ingenuam puellam vel mulierem qui in verbo regis vel ecclesiastica est, accipere vel seducere sine parentum voluntatem de mundepurdae abstulerit, bis 30 solid, culpabilis iudicetur. " MGH LL nat. Germ. 3, 2, S. 92. Dieser Paragraph gilt als schwer verderbt, ebd.
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Männer konnten sich sogar aus einer rechtmäßigen Verlobung lösen, wenn sie eine andere Frau bevorzugten. 45 Hier wird die bessere Rechtsstellung der ordnungsgemäß Verlobten deutlich: Sie konnte, wenn der Mann ihre Unbescholtenheit und Schuldlosigkeit beschwor, ehrenvoll aus der Sache hervorgehen. Ihre Familie schützte sie und konnte mit einer Fehde drohen, wenn ihre Rechte nicht gewahrt wurden.
Der kirchliche Einfluß auf die Leges Wilfried Hartmann zufolge ist die moralische Verurteilung der Frau auf den Einfluß der Kirche zurückzufuhren.46 Als vergleichsweise wenig römisch-rechtlich und christlich beeinflusst gilt die Lex Salica, 47 ebenso die Lex Ribuaria,48 Christliche Einflüsse eher allgemeiner Art wurden in der Lex Burgundionum als nur schwach ausgeprägt erkannt, besonders in den Eherechtssachen machte sich dieser Einfluß kaum bemerkbar.49 Die Kirche förderte die Lex Burgundionum daher auch nicht.50 Die Leges Alamannorum weisen dagegen ein vergleichsweise stärkeres kirchliches Engagement auf,51 ebenso die Lex Baiuvariorum.52 45
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Lex Baiwariorum VIII, 15: „Si quis Uber, postquam sponsaverit alicuius flliam liberam legitime, sicut lex est, et eam dimiserit et contra legem aliam duxerit, cum XXIII1 sold. conponat parentibus et cum XII sacramentalibus iuret de suo genere nominatos, ut non per invidiam parentum eius nec per ullum crimen eam dimisisset, sed propter amorem alterius alteram duxerit, et sit finitum inter illos postea filiam suam donet cui vult." MGH Leg. nat. Germ. 5, 2, S. 359f. W. Hartmann, Über Liebe und Ehe im frühen Mittelalter, in: FS Weigand, P. Landau (Hg.), Rom 1996, S. 189-216, bes. S. 197, zu Lex Baivariorum VIII, 8. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Salica', HRG 2, Sp. 1949f. Alle Textklassen zeigen jedoch zumindest den Kontakt mit dem Christentum, vielleicht waren sogar Kleriker bei der Niederschrift beteiligt. Auf dem Gebiet des Sklavenrechts ist kirchlicher Einfluß so gut wie nicht auszumachen, das Herrenrecht nicht eingeschränkt, ebd. Siehe auch: Nehlsen, Sklavenrecht, S. 354f. Nach Schmidt-Wiegand „läßt die LR. den Geist der bonifatianisch-pippinischen Reformen vermissen", so beispielsweise in Witwen- und Waisensachen, Dies., Art.: ,Lex Ribuaria', HRG 2 (1978). Sp. 1925. Ebd. Sp. 191 lf. Ebd. Sp. 1913. Schott, Art.: ,Lex Alamannorum', in: HRG Bd. 2, Sp. 1885. Diese Durchdringung kirchlichen Interesses sieht Schott als Hinweis darauf, daß die Lex Alamannorum weniger ausschließlich regional alemannisch ausgerichtet ist, sondern in geographisch größerem Rahmen den zunehmenden Einfluß der Kirche im gesamten fränkischen Reich aufzeigt. Siehe auch: R. Kottje, Zum Geltungsbereich der Lex Alamannorum, in: Die transalpinen Verbindungen der Bayern, Alemannen und Franken bis zum 10. Jahrhundert, H. Beumann / W. Schröder (Hg.), Sigmaringen 1987, S. 359-377.
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Hartmanns Meinung ist zu widersprechen. Es läßt sich, wie oben dargelegt, in den in größerem Ausmaß christlich beeinflußten Gesetzestexten keine unterschiedliche Bewertung des Handlungsspielraums unverheirateter Frauen feststellen. Auch die Lex Baiuvariorum zeigt weder eine Besser- noch eine Schlechterstellung der Frau in Eheangelegenheiten, den Konsens der Frau als ehestiftendes Mittel ließ keine Lex gelten. Keinesfalls läßt sich auf die Zulässigkeit von Konkubinaten mit freien Frauen schließen.
3.2 Außereheliche Beziehungen und Muntverhältnisse im langobardischen Recht Nicht übergangen werden darf in diesem Zusammenhang das langobardische Recht, das gerade Fragen der Geschlechtsvormundschaft ausfuhrlich behandelt und dem, zu seinem großen Einfluß auf die Entwicklung der kontinentalen Rechtskultur, die „besondere Bewahrung des germanischen Charakters" nachgesagt wird.53 Im langobardischen Gesetz finden sich klare Aussagen zur Geschlechtsvormundschaft:54 Keine freie Frau durfte ,selbmündig' sein, das heißt, selbstbestimmt leben.55 Ihr Vater und nach dessen Tod ihr Bruder konnten sie als ihr Muntwalt verheiraten, an wen sie wollten - es mußte sich nur um einen Freien handeln.56 War ein anderer männlicher Verwandter ihr Vormund, durfte dieser sie nicht gegen ihren Willen verheiraten. Bei Mißbrauch konnte sie sich aus der Gewalt
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Siems, Art.: ,Lex Baiuvariorum', HRG 2 (1978), Sp. 1894. G. Dilcher, Art.: ,Langobardisches Recht', in: HRG Bd. 2 (1978), Sp. 1607-1618, bes. Sp. 1607. Da die Kodifizierung und die weiteren Redaktionen in das 7. und frühe 8. Jahrhundert datieren (ebd. Sp. 1609 u. 1613), werden sie chronologisch an dieser Stelle bearbeitet, obwohl das langobardische Recht auch nach der Eroberung durch Karl d. Gr. für Personen langobardischer Herkunft seine Geltung behielt (ebd.); H. Schmidinger, Das byzantinisch-langobardische Italien (568-751), in: Handbuch der europäischen Geschichte, T. Schieder (Hg.), Bd. 1, Stuttgart 1976, S. 372-385; J. Jarnut, Geschichte der Langobarden, Stuttgart 1982. Zur Geschlechtsvormundschaft bei den Langobarden siehe Ruth Schmidt-Wiegand, Der Lebenskreis der Frau im Spiegel der volkssprachlichen Bezeichnungen der Leges barbarorum, in: Frauen in Spätantike und Frühmittelalter, W. Affeldt (Hg.), Sigmaringen 1990, S. 195-209. Edictus Rothari 204: „Nulli mulieri liberae sub regni nostri ditionem legis Langobardorum viventem liceat in sui potestatem arbitrium, id est selpmundia vivere [...]. " MGH Legum 4, S. 50. Liutprand 119: „Si quis filiam suam aat sororem sponsare voluerit, habeat potestatem cui voluerit, libero tarnen hominem[...]. " MGH Legum 4, S. 156f.
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ihres Muntinhabers befreien.57 Auch vor Mißhandlung und sexuellen Übergriffen durch ihren Vormund wurde eine Frau geschützt.58 Zog eine unverheiratete oder verwitwete freie Langobardin ohne Zustimmung der Verwandten zu einem Mann, so wurde dieser doch Ehemann und sie Ehefrau genannt.59 War mit der Aufnahme einer Lebensgemeinschaft eine Ehe beabsichtigt, wurde sie mit einer solchen verglichen: Mann und Frau lebten ,wie ein Ehepaar' zusammen. Sie verstanden sich als ein solches, obwohl sie keines waren. Es handelte sich lediglich um ein tatsächliches Verhältnis, das zwar ein längerfristiges und monogames war, aber nicht mit dem Terminus Konkubinat bezeichnet wird. Vielleicht wurde der Terminus bewußt vermieden, um keine Verbindung zum zwar untergegangenen, aber noch bekannten römisch-rechtlichen Konkubinat aufkommen zu lassen. Gewünscht war zudem kein Konkubinat, sondern eine Ehe. Eine Beziehung in dieser Form herbeizufuhren, war jedoch ganz und gar illegal. Für eine solche Straftat mußte der Mann doppelt zahlen, einmal für die Muntmißachtung und ein weiteres Mal, um einer drohenden Fehde mit der Familie der Frau vorzugreifen. Eine solche Verbindung war verboten und bedeutete Gefahr für Leib und Seele. Ein Mann, der nicht durch ordnungsgemäße Verlobung und Dotierung die Munt seiner Frau erwarb, hatte zudem keinerlei Anspruch auf ihr Frauengut - klarer Ausdruck der rechtlichen Zugehörigkeit einer Frau. Aus einer solchen Rechtsübertretung jedoch eine wirkliche rechtliche Alternative zu konstruieren (,Friedelehe'), ist unzulässig.60 Das Wohlverhalten der Frauen war auch bei den Langobarden ein wesentlicher Bestandteil der Familienehre, ja sogar der Ehre der langobardischen gens. Trieb eine Frau fornicatio, war es die Pflicht ihrer parentes, sie zu bestrafen.61 War das Verhalten der Frau von Bedeutung für die 57
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Edictus Rothari 195: „Si quis mundium de puella libera aut mutiere potestam Habens, excepto pater aut frater, et in animam ipsius puellae aut mulieris insidiatus fuerit, aut alii invitam ad maritum tradere voluerit [...] amittat mundium ipsius [...]. " MGH Legum 4, S. 47. Ebd. Edictus Rothari 188: „Sipuella libera aut vedua sine voluntatem parentum ad maritum ambolaverit, libero tarnen tunc maritus qui earn accepit uxorem, conponat anagrip solidos viginti et propter faida alius viginti; [...] ideo perdat maritus res mulieris, ei quod mundium facere neglexit. " MGH Legum 4, S. 45; Siehe auch Liutprand 114. So Meyer, Friedelehe, S. 225, mit Anm. 3 u.ö. Edictus Rothari 189: „Sipuella aut mulier liberam voluntariae fornicaverit, cum libero tarnen homine, potestatem habeant parentes in earn dare vindictam. Et si forte ambarum partium steterit, ut ille qui fornicavit earn tollat uxorem, conponat pro culpa, id est anagrip solidos viginti; et si non convenerit, ut earn habeat uxorem, conponat solidos centum, medietatem regi, et medietatem ad quem mundius de ea pertenuerit. Et
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Ehre der gesamten Familie, so wird sie gewiss entsprechend erzogen und bewacht worden sein. Aus der Not eine Tugend zu machen und einer Heirat mit dem Verfuhrer zuzustimmen, ließ die Familie vielleicht nach außen hin das Gesicht wahren und wurde als Ausweg zugelassen. Bestraften die Verwandten eine unzüchtige Frau nicht, übernahm dies der königliche Gastalde oder Schultheiß, so sehr war das Wohlverhalten freier Frauen von öffentlichem Interesse. Langobardische Familien, die auf ihr gesellschaftliches Ansehen hielten, werden ihre Töchter nicht in ein Konkubinat gegeben haben. Die einzig akzeptable Verbindung für eine freie Frau war die durch ihre Familie herbeigeführte Muntehe, in der sie allein einen Rechtsanspruch auf Versorgung und ehrenvolle, standesgemäße Behandlung besaß - wenn auch die Realität, wie im Falle Gundebergas, dem nicht immer entsprochen haben mag. 62 Die Leges Langobardorum differenzierten Unzucht und illegale Lebensgemeinschaft, darunter fiel auch die fehlerhaft eingegangene Muntehe. Dies bestätigen die Bestimmungen zum Frauenraub. 3 Ruth Schmidt-Wiegand unterstreicht den Zusammenhang zwischen sozialem Stand und der Munt, ebenso die große Abhängigkeit auch der unverheirateten Frau, die sie in die Nähe des rechtlichen Standes einer Unfreien rückte: 64 Nicht nur die verheiratete, auch die unverheiratete Frau war keineswegs ,selbmündig'. Das Nebeneinander der Begrifflichkeiten mundium (Geschlechtsvormundschaft) und selpmundia (der in Eigenmunt lebenden Frau) im langobardischen Recht belegt die Existenz, bzw. das Streben nach diesen Lebensumständen. 65 Die vielen Paragraphen der Leges Langobardorum, die Übertretungen der Munt ahnden, bestätigen, daß die Rechtsnorm nicht immer mit den Wünschen Einzelner konform ging - dies hatte entsprechende Sanktionen zur Folge.
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si parentes neglexerint aut noluerint in ipsa dare vindictam, tunc liceat gastaldium regis aut sculdahis ipsam ad manum regis tollere et iudicare de ipsa, quod regi placuerit. " MGH Legum 4, S. 45. Im Unterschied zur Aufnahme der oben beschriebenen längerfristigen, als Ehe geplanten Beziehung, beschreibt der Terminus fornicatio entweder die einmalige Unzucht oder den Umgang mit verschiedenen Partnern (siehe auch oben, S. 55, Anm. 66). Parentes sind nach Du Cange die Verwandten im weiteren Sinne, nicht nur die Eltern (Ders., Bd. 5 (1845), S. 94). Siehe oben, S. 60f. Liutprand 12; 31. Schmidt-Wiegand, Der Lebenskreis der Frau, S. 206. Dies legt auch die noch immer bestehende sprachliche Verwandtschaft z.B. der Begriffe Magd - Mädchen nahe, ebd. Ebd. S. 209.
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Partnerwahl und Sexualität von Frauen ist den Leges zufolge eine Muntfrage, keinesfalls durften sie selbstbestimmt leben. Der positive Aspekt der Munt, der Schutz von Frauen gegen äußere Gefahr, war an das Wohlverhalten der Frauen gekoppelt. Eine außereheliche Beziehung gegen den Willen der parentes war für freie Frauen undenkbar. Es konnte sie nur mit deren Einverständnis geben. Eltern werden ihre Töchter aber kaum in derart ,unehrenhafte' Beziehungen gegeben haben, wenn sie etwas auf sich hielten. In den Leges werden Konkubinate nicht explizit genannt, einen rechtlichen Raum besaßen sie nicht. Während das Wohlverhalten freier Frauen sehr wohl von öffentlichem Interesse war, standen Konkubinate generell wohl außerhalb des Eherechts, sie waren Privatangelegenheiten'. Die gesellschaftlichen Parallelen zwischen dem Langobarden- und dem Frankenreich sind deutlich. Hier wie dort wird über Frauen, ihre Verfügbarkeit und ihr Verhalten im allgemeinen nur dann berichtet, wenn es um ihre rechtliche und sexuelle Zugehörigkeit oder um das Übertreten des Sittenkodex geht. Nur wenn eine freie Frau sich ,wohl verhielt' war sie gesellschaftlich akzeptiert und vor Gefahren von außen geschützt. All dies legt nahe, daß für Konkubinate andere Personengruppen in Frage kamen.
3.3 Zum nebenehelichen Konkubinat: Der gesellschaftliche Ehebruchbegriff 66 Männer übertraten nach dem Verständnis der Leges Ehegesetze, wenn sie in eine fremde Ehe einbrachen.67 Selbst der Versuch, sich der Ehefrau eines anderen Mannes zu nähern, wurde sanktioniert.68 Die Zustimmung der Frau zum Ehebruch war lediglich für die Bemessung des Strafgeldes
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Hierzu grundlegend: W. Graf, Der Ehebruch im fränkischen und deutschen Mittelalter unter besonderer Rücksicht des weltlichen Rechts (Diss.), Würzburg 1982. 67 Lex Salica 15, 1: „Si quis[...] uxorem alienam tulerit [...Jsolidos CC culpabilis iudicetur. " Ebd. S. 70, ebenso: Lex Ribuaria 39 (35), MGH LL nat. Germ. 3,2, S. 91; Lex Alamannorum 50, 1, MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 109. 68 Lex Baiuvariorum 8, 1: „ Si quis cum uxore alterius concubuerit libera, conponat hoc marito eius cum suo uuerogeldo, id est CLX sold. Et si in lecto cum illa interfectus fuerit, pro ipsa conpositione quam debuit solvere marito eius, in suo scelere iaceat sine vindicta. Et si in lectum calcaverit uno pede et prohibetur a mulieri et amplius nihil fecerit, cum XII solidis conponat, eo quod iniuste in extraneum calcavit thorum ". MGH LL nat. Germ. 5, 2, S. 353f.
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relevant. 69 Die Aufnahme dieses ,privaten' Delikts in die Gesetzgebung sollte vermutlich Gewalttaten und Fehden eindämmen, die aus einem solchen Konflikt resultieren konnten. Das Bestrafungsrecht des ,gehörnten' Ehemannes wurde in den Leges jedoch nicht gänzlich verboten. Auf ,handhafter' Tat erwischt, konnte der Ehemann die Ehebrecher straflos töten. 70 Die Bestrafung der Frau oblag ohnehin dem privaten Strafbefugnis des Ehemannes als Muntinhaber. Es ließen sich keine Hinweise auf eine gerichtliche Anklage finden.71 Die Straftat bestand in der Verletzung der Rechte eines anderen Freien, die Gesetzgebung beabsichtigte nicht den Schutz der Ehe als christlichen Wert. Bonifatius berichtet in seinem Brief an den angelsächsischen König Aethelbald von 746 über die Sitten des sächsischen Volkes. Er bestätigt, daß die Ehre eines Mannes vom Wohlverhalten seiner Frau und Tochter abhing. 72 Der Bruch, die Verletzung, bestand neben dem Ehrverlust für die Frau weniger in der Mißachtung der fremden Ehe, sondern vielmehr in dem Bruch der Ehre eines anderen freien Mannes. Der Familienstand des Mannes, der sich mit einer fremden Ehefrau einließ, war nicht von Belang. 73 Solange ein freier Mann nicht in den Machtbereich eines anderen Freien geriet, war auch ein Verheirateter in seiner außerehelichen Sexualität kaum eingeschränkt. Konkubinate neben einer Ehe zu führen, war gesellschaftlich keinesfalls verboten. Ein kirchlicher Einfluß, der dem Mann auch das Brechen der eigenen Ehe untersagte, ist in den Leges nicht zu entdecken. 74
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Lex Alamannorum 56: „[...] Si autem ab ea fornicaverit contra voluntate eius, 40 solidos conponat. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 115, Cod. A. Lex Baiuvariorum 8, 1, siehe Anm. 68; Lex Burgundionum 68,1: „Si adulterantes inventi fuerint, et vir ille occidetur et femina. " MGH LL nat Germ. 2,1, S. 95. So auch Graf, Ehebruch, S. 196. Bonifatius an Aethelbald: „ [...] Nam in antiqua Saxonia, si virgo paternam domum cum adulterio maculaverit vel si mulier maritata perdito foedere matrimonii adulteriumperpetraverit [...]" MGH Epp. Selecta 1, Nr. 73, S. 150. So auch Kottje, Eherechtliche Bestimmungen, S. 217. So auch Graf, Ehebruch, S. 162.
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4. Kirchliche Stellungnahmen zum Konkubinat und zur außerehelichen Sexualität von Freien Mit der Übernahme des Christentums durch Chlodwig und andere fränkische Fürsten begann erst die eigentliche, innere Missionierung, nicht nur der Oberschicht, sondern insbesondere auch der ländlichen Bevölkerung. 1 Die Bekehrung der Franken zum Christentum war kaum auf eine erfolgreiche Germanenmissionierung zurückzufuhren, sondern stellte vielmehr zunächst einen reinen Bekenntniswechsel dar, der ohne große Wirkung auf das Rechtsempfinden der getauften Franken blieb.2 Generell trennten die Franken Recht und Religion, eine Tatsache, die zusammen mit der bereits schwindenden Bedeutung des heidnischen Kults3 für die reibungslose Annahme des Christentums sorgte.4 Die Lebensgewohnheiten der Franken, besonders der von ihnen als familiäre Angelegenheit behandelte Bereich des Eherechts und des Sexualverhaltens änderte sich zunächst kaum5. Die sexuellen Vorrechte der fränkischen Männer - vor allem der Großen - wurden nicht in Frage gestellt. 6 Trotz des jahrhundertealten nachbarschaftlichen Kontaktes sei der Einfluß der christlichromanischen Welt auf das germanische Rechtsleben eher als gering zu bewerten. 7 Wesentlich bedeutungsvoller für die Veränderung in den moralischen und eherechtlichen Anschauungen der Franken waren nach
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P. Mikat, Zu den Voraussetzungen der Begegnung von fränkischer und kirchlicher Eheauffassung in Gallien, in: Diaconus et ius. Festschrift Heinrich Flatten, Paderborn-Wien 1973, S. 1-26; bes. S. 2ff; hierzu auch: E. Ewig/K. Schäferdieck, Christliche Expansion im Merowingerreich, in: Kirchengeschichte als Missionsgeschichte II, 1, Freiburg 1978, S. 116-145; J.M. Wallace-Hadrill, The Frankish Church, Oxford 1983; E. Zöllner, Geschichte der Franken bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts, München 1970, S. 57ff; C. Nolte, Conversio und Christianitas. Frauen in der Christianisierung vom 5. bis 8. Jh., Stuttgart 1995; P. Chaunu / E. M. Rigau, Baptême de Clovis, baptême de la France de la religion d'État à la laicité d'État, Paris 1996.
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So zeigt sich die Lex Salica noch unbeeinflußt, Mikat, Zu den Voraussetzungen, S. 4. Die germanisch-heidnische Religion befand sich schon seit der Völkerwanderungszeit „in einem Verfallsprozeß" und war durch den Wodanskult ersetzt worden (Mikat, Zu den Voraussetzungen, S. 4). Schon lange vor dem Kontakt mit der römisch-christlichen Welt sei es zu einem „innergermanischen Sittenverfall" gekommen, ebd. S. 12f. Von größerer Bedeutung als die Taufe Chlodwigs sei die A n n a h m e des katholischen anstelle des arianischen Glaubens gewesen. Dies begründete eine „fränkisch-romanische Glaubensgemeinschaft", ebd. S. 8f u. S. 11. Ebd. S. 6 u. S. 9. Th Schieffer, Winfried-Bonifatius und die christliche Grundlegung Europas, Freiburg i.Br. 1954 ( N D Damstadt 1972), S. 57f. Ebd. S. 58f. Mikat, Zu den Voraussetzungen, S. 10.
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Mikat „die tatsächlichen sittlichen Zustände" in den eroberten Gebieten. 8 Nur in dem Ausmaß, in dem die Kirche ihre Auffassungen bereits vor der fränkischen Ansiedelung durchgesetzt hatte, konnte sie entsprechendes Verhalten auch von den Franken einfordern.
4.1 Zu den sittlichen Verhältnissen der gallo-romanischen und der frühen fränkischen Kultur Die mediterrane Gesellschaft im Spannungsfeld des Zusammentreffens verschiedener Kulturen schildert eindringlich und mit großem, christlich geprägten Engagement Salvian von Marseille. 9 Salvian wurde um 400 im nördlichen Gallien geboren. 10 Er siedelte um 425 - nach Auflösung seiner Ehe - nach Südgallien um und trat im Umkreis des Klosters Lerins auf.11 In seiner auch literarisch bedeutsamen 12 Arbeit De gubernatione Dei, verfaßt zwischen 439 und 451,13 beschrieb Salvian gesellschaftskritisch die unruhigen Zeiten der Konfrontation gallisch-romanischer und germanischer Kulturen. Seine moralische Kritik galt vornehmlich dem Lebenswandel der romanischen Bevölkerung, genauer demjenigen der Bewohner Aquitaniens, der Novempopulana und der iberischen Halbinsel. 14 Als besonders verwerflich beanstandete Salvian die Angewohnheit der Herren, sich ihrer Mägde auch sexuell zu bedienen und innerhalb ihres Hauses und ihrer familia in „Hurerei" zu verfallen. 15 Salvian klagt glei8
Ebd. S. 11. Jan Badewien, Geschichtstheologie und Sozialkritik im Werk von Salvian von Marseille, Göttingen 1980; J.Vogt, Kulturwelt und Barbaren. Zum Menschheitsbild der spätantiken Gesellschaft, Wiesbaden 1967; H-J. Diesner, Zwischen Antike und Mittelalter: Salvian von Massilia als Historiker und Geschichtsdenker, in: ders., Kirche und Staat im spätrömischen Reich, Berlin 1963, S. 149-154; E. Maass, Zum Germanenbild des Salvianus von Massilia: Altertum 30 (1984), Heft 1, S. 54-56. 10 Sein Geburtsort kann nur grob in Belgica I oder Germania II lokalisiert werden, Badewien, Geschichtstheologie, S. 14. 11 Ebd. S. 15f. 12 Ebd. S. 19. 13 Die Hunnenschlacht wird nicht mehr erwähnt, ebd. S. 18. 14 De gubernatione Dei VII, 13 - 25 und VII, 26-28; siehe hierzu Badewien, Geschichtstheologie, S. 93f. 15 De gubernatione Dei IV, 24-26: „Quotus enim quisque est divitum conubii sacramenta conservans, quem non libidinis furor rapiat in praeceps, cui non domus ac familia sua scortum sit, et qui non, in quamcumque personam cupiditatis improbae calor traxerit, mentis sequatur insaniam ? [...] Quid enim aliud quam de se dictum hoc probat, qui 9
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chermaßen die Mißachtung der „heiligen ehrwürdigen Ehe" wie auch die Überschreitung der Standesgrenzen an. Nur wenige Männer gaben sich mit einer Ehefrau zufrieden, sie betrachteten Konkubinate als erlaubte ,Eheerweiterung'. Ein solches Familienoberhaupt war Salvian zufolge seiner Stellung nicht würdig, da er doch für das sittliche Verhalten seiner familia verantwortlich war. 6 Wenn schon der Herr sich unmoralisch verhielt, wie war es dann erst um die Sklaven des Hauses bestellt? Auch gegen die Prostitution wetterte Salvian. Er verurteilte Ehemänner, die zu Prostituierten gingen, da sie den Bund der eigenen Ehe brachen, während die Prostituierten, obwohl der Unkeuschheit schuldig, als Unverheiratete keinen Ehebruch begingen. Besonders schlimm seien die Zustände in Aquitanien. Die ganze Region sei einem Bordellbetrieb ähnlich, in dem besonders die Mächtigen und Reichen „im Sumpf sexueller Begierde lebten".17 Den sittenlosen Romanen setzte er die bessere Moral der Goten entgegen, die sich in ihren Gesetzen um Keuschheit bemühten.18 Die Polemik in Salvians Schrift läßt an deren Wahrheitsgehalt zweifeln,19 sie erscheint als kaum zu verifizierende Provokation. totum pervadere vult concubitu quicquid concupierit aspectu? Nam de concubinis quippiam dici forsitan etiam iniustum esse videatur, quia hoc in comparatione supradictorum flagitiorum quasi genus est castitatis, uxoribus paucis esse contentum et intra certum coniugum numerum frenum libidinum continere. Coniugum dixi, quia ad tantum res impudentiam venit, ut ancillas sua multi uxores putent. [...] Illud magis taetrum ac detestabile, quod quidam matrimonia honorata sortiti alias sibi rursum servilis status coniuges sumunt, deformantes sancii conubii honorem per degeneris contubernii vilitatem, non erubescentes maritos se fieri ancillarum suarum, praecipitantes fastigio nobilium matrimoniorum in cubilia obscena servarum, digni prorsus etiam illarum statu, quorum se putant dignos esse consortio. " MGH AA 1,1, S. 40. 16 De gubernatione Dei VII, 19: „[...] quantum servorum illic corruptelam, ubi dominorum tanta corruptio? Morbido enim capite nil sanum est, neque ullum omnino membrum officio suo fungitur, ubi quod principale non constat. [...]" MGH AA 1,1, S. 87. 17 De gubernatione Dei, VII, 15f: „[...] Et quid dicam de lupanaribus? minoris quippe esse criminis etiam lupanar puto. Meretrices enim, quae illic sunt, foedus coenubiale non norunt ac per hoc non maculant quod ignorant: impudicitiae quidem piaculo sunt obnoxiae, sed reatu tamen adulterii non tenentur. Adde hue, quodpauca ferme sunt lupanaria et paucae, quae in his vitam infelicissimam adamavere meretrices. Apud Aquitanicas vero quae civitas in locupletissima ac nobilissima sui parte non quasi lupanar fuit? Quispotentum ac divitum non in luto libidinis vixit? [...]" MGH AA 1,1, S. 86. 18 De gubernatione Dei VII, 24: „[...] Inter pudicos barbaros impudici sumus. [...] Esse inter Gothos non licet scortatorem Gothum: soli inter eos praeiudicio nationis ac nominis permittuntur impuri esse Romani. [...] lmpudicitiam nos diligimus, Gothi execrantur; puritatem nos fugimus, illi amant: fornicatio apud illos crimen atque discrimen est, apud nos decus.[...]" MGH AA 1,1, S. 88 19 Badewien, Geschichtstheologie, S. 127ff.
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„Wir müssen uns daher begnügen, die Provokationen, die der Text enthält, zu analysieren. Die Barbarendarstellung enthält eine dreifache Provokation: als kulturbewußter Römer preist Salvian unzivilisierte Barbaren, als Bürger des Imperium Romanum eindringende Feinde, die den Bestand des Staates gefährden, als orthodoxer Katholik häretische Arianer." 20
Salvians sehr undifferenziertes, plakatives Bild von den Goten läßt vermuten, daß er nicht unbedingt intendierte, eine realitätsgetreue Charakterisierung zu zeichnen, sondern eher, seinen Landsleute allgemein bessere Sitten vor Augen zu halten. Die Germaneninvasion erscheint als verdiente Strafe für das sich so unchristlich verhaltende Volk der Römer. 21 Ziel Salvians war die Beeinflußung seiner Landsleute hin zu einer rechten Lebensführung nach seiner - christlichen - Vorstellung. 22 Wer so detailliert die Sünden seiner näheren Umgebung beschreibt, mag zwar übertreiben, muß aber wegen der leichten Überprüfbarkeit seiner Behauptungen glaubwürdig bleiben. Die gewerbliche Prostitution und das Herrenrecht über die eigenen Mägde werden als gesellschaftliche Phänomene existiert haben. Ein weiterer deutlicher Hinweis auf voreheliche sexuelle Aktivitäten von Männern, dem der kirchlicherseits erhobene Anspruch auf keusches Verhalten gegenübersteht, findet sich bei Caesarius von Arles (ca. 470 bis 542), der ebenfalls im südgallischen Spannungsfeld zwischen Romanen, Goten, Franken und Burgundern lebte.23 Er forderte vehement die Enthaltsamkeit selbst von unverheirateten Männern und bezeichnete voreheliche24 wie nebeneheliche 25 Konkubinate als adulterium. Konkubinen wa20 21
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Ebd. S. 128. E. Maaß, Zum Germanenbild des Salvianus von Massilia, S. 54. Salvian betrachtete die Germanen als Werkzeug Gottes zur Bestrafung der sittenverdorbenen Römer, ebd. Badewien, Geschichtstheologie, S. 137f. Siehe hierzu: R. J. H. Collins, Art.: 'Caesarius von Aries', in: TRE 7 (1981), S. 531536. Caesarius von Arles, Sermo 32, c. 4: "Si te non potes continere, audi apostolum dicentem: Melius est nubere quam uri. Cum enim uxorem ducere liceat, et concubinas habere vel adulterium perpetrare non liceat, [...] Si enim nullus vir est qui sponsam suam velit ante nuptias adulterinum habere concubitum, sed omnes homines virgines uxores accipere volunt, qua fronte, qua conscientia ante nuptias concubinas habere noch erubescunt? Qua fronte uxorem integram vult invenire, cum ipse sit corruptus? [...]" De Clercq, CCSL 103, S. 141f. Caesarius von Arles, Sermo 42, c. 5: „[...] quia sive ante uxorem, sive post uxorem, quicumque sibi concubinam adhibuerit, adulterium committit; et ex hoc peiorem adulterium, quia, cum nulla ratione liceat, publice hoc sine ulla verecundia quasi ex lege committit. Denique etiam ex hoc agnoscimus non leve esse peccatum, ut quoscumque ipsae concubinae conceperint, non liberi, sed servi nascantur. Unde etiam post accep-
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ren für Caesarius wie selbstverständlich Unfreie, ihre Kinder nach römischem Recht nicht erbberechtigte servi. Wie schon Salvian, kritisiert auch Caesarius das Verhalten der römischen Christen, nicht der Germanen. Das (römisch-rechtliche?) Konkubinat sei in diesen christlichen Zeiten nicht mehr erlaubt, und zwar, wie Caesarius ausdrücklich betonte, nach iure caeli, dem himmlischen Recht, während es das iure fori, das weltliche Recht, gestatte.26 Ja - wie er voce libera beklagt - wer vor einer Ehe eine Konkubine hatte, war ein schlimmerer Sünder als derjenige, der seine Ehefrau mit einer anderen betrügt: Denn immerhin würde sich der untreue Ehemann seiner Taten schämen und sie nach Möglichkeit nicht an die Öffentlichkeit tragen, während das voreheliche Konkubinat öffentlich in aller Schamlosigkeit geführt wurde. 27 In diesem Sinne beklagte sich auch Sidonius Apollinaris (ca. 430480), 28 ein „typischer Vertreter der spätantik-gallischen Bildungstradition" 29 in einem Brief an einen Bischof Ambrosius. 30 Er bat ihn um Zurechtweisung eines jungen Mannes aus seiner Verwandtschaft, dessen Namen Sidonius nicht nannte, den der Bischof aber erkennen sollte und der allzu losen Sitten verfallen war.31 Der junge Mann hatte sich zunächst tarn libertatem hereditatem patris nulla lege et nullo ordine accipere permittuntur. [ . . . ] " De Clercq, C C S L 103, S. 188. 26 Caesarius von Arles, Sermo 43, c. 4: „[...] et praecipue temporibus christianis concubinas habere numquam licuit, numquam licebit. Sed quod peius est, faciunt hoc multi viri iure fori, non iure caeli [...]. " De Clercq, C C S L 103, S. 191f. Caesarius könnte sich hier auf das erste Konzil von Toledo aus dem Jahr 400, c. 17 beziehen, siehe unten, S. 84ff. 27 Caesarius von Arles, Sermo 43, c. 4: ,,[...] Pro qua re Herum atque iterum voce libera clamo, quia, qui ante legitimas nuptias concubinam sibi adhibere praesumit, peius peccatum facit, quam qui adulterium committit: quia, qui adulterat, adhuc tarn grave malu m secrete vult agere, in publico autem aut metuit aut erubescit committere; ille vero, qui publice concubinam habere voluerit, fronte inpudentissima rem execrabilem toto populo vidente licenter se putat admittere. " De Clercq, C C S L 103, S. 192. 28 F.-M. K a u f m a n n , Studien zu Sidonius Apollinaris, Frankfurt /M. 1995, S. 41 u. 63. 29 Ebd. S. 35. Geboren in Lugdunum (Lyon) und aus sehr angesehener Familie stammend, heiratete er wahrscheinlich um 452 die Tochter des späteren Kaisers Avitus, Papianilla. Mit ihr hatte er drei Töchter und einen Sohn (ebd. S. 43f). Sidonius Apollinaris ging mit seinem Schwiegervater 456 nach Rom. Auch unter Majorian blieb er einflußreich, wurde 4 6 8 zum praefectus urbi Romae. U m 470 wurde Sidonius Bischof von Arvernum (Clermont-Ferrand), galt aber keineswegs als sehr geistlich eingestellt, ebd. S. 55. 30 Nicht identifiziert, ebd. S. 277; der Brief datiert wahrscheinlich auf ca. 479, ebd. 31 Sidonius Apollinaris, Epistola et carmina, liber IX, 6: „ Viguit pro dilectissimo nostro (quid loquar nomen personam? tu recognoscens cuncta) apud Christum tua sanctitas intercessionis effectu; de cuius facilitate iuvenali saepe nunc arbitris palam adscitis conquerebare, nunc tacitus ingemiscebas. igitur hic proxime abrupto contubernio ancillae propudiosissimae, cui se totum consuetudine obscena vinctus addixerat, patri-
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mit einer „schamlosen" Dienerin verbunden und drohte mit dieser „Charybdis" das Familienerbe auszugeben. Später war er zu Verstand gekommen und hatte eine Jungfrau geehelicht. Nun sollte er mit Hilfe des Bischofs dazu angehalten werden, nicht die unerlaubten (außerehelichen) Freuden den erlaubten (ehelichen) vorzuziehen - die eheliche Treue eines Mannes wurde nicht sehr hoch gehalten. Die Ermahnungen sollten den jungen Mann dazu bringen, die Liebe der ehrenhaften Frau zu achten und den Lockungen seiner Konkubinen zu entsagen. Auf sittliche Verhältnisse dieser Ausprägung in den höheren gesellschaftlichen Schichten der Gallo-Römer trafen die Franken. Ob sich die Sitten der Franken wirklich in dem Ausmaß von denen der Romanen unterschieden, wie es Salvian schildert, läßt sich mangels Quellen für die Zeit um 400 nicht belegen. Zwischen den Schilderungen des Caesarius von Arles (gest. 542) und den „Zehn Bücher Geschichten" des Gregor vor Tours liegt jedoch lediglich eine Generation. Die Merowinger stehen Gregor zufolge den Romanen in ihren außerehelichen sexuellen Aktivitäten kaum nach. Es entsteht bei Gregor von Tours nicht der Eindruck, daß dies Verhalten neu oder von den Romanen übernommen sei. Die Franken werden die sexuelle Inanspruchnahme ihrer Mägde kaum erst erlernt haben müssen. Eine neue Entwicklung scheint nach Gregor lediglich die Eheschließungen der Merowinger mit ihren unfreien Konkubinen gewesen zu sein.32
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monio posteris famae subita sui correctione consuluit. [...] quantum de bonusculis avilis paternisque sumptuositas domesticae Charybdis abligurisset, quamquam sero resipiscens [...]puellamque, prout decuit, intactam vir laudandus in matrimonium adsumpsit [...] abstineat de celerò licitis, qui inlicita praesumpsit. namque et coniuges ipsi, quamquam nupti nuper, his moribus agunt, hac verecundia, vere ut agnoscas, si semel videris, plurimum esse quod différât Ule honestissimus uxorius amor figmentis inlecebrisque concubinalibus. [•••]"• MGH AA Vili, S. 153f. Siehe oben, S. 57.
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4.2 Dogmen einzelner Kirchenvertreter Augustinus betrachtete das Konkubinat als dauerhafte, treue Verbindung außerhalb der Ehe zum sexuellen Genuß,33 nicht primär zur Kinderzeugung.34 Dennoch verteufelte er Konkubinate nicht per se. War eine außereheliche Beziehung lebenslang, treu und wurde die Zeugung von Kindern nicht verhindert, tolerierte er sie.35 Nahm der Mann sich nur zeitweise eine Beischläferin, bis er eine würdige Ehefrau fand, war er dagegen ein adulter,36 Eine Frau, die auf ein Konkubinat einging, um Kinder zu bekommen und den Geschlechtsverkehr nur erduldete, verhielt sich Augustinus zufolge sittlicher als eine Ehefrau, die sich „in der Glut der Begierde" ihrem Mann hingab,37 denn ausschließlich zur Kindererzeugung und nur in einer monogamen Beziehung war der Beischlaf erlaubt. Augustinus belegt die gesellschaftliche Tatsache von Konkubinaten und ein Sexualverhalten von Männern, die keineswegs zu einem Verzicht auf voreheliche Sexualität zu bewegen waren. 33
Augustinus Verständnis vom Konkubinat war noch römisch-rechtlich geprägt, auch er hatte in seiner Jugend eine Konkubine. Zur Bewertung der Sexualität bei den Kirchenvätern siehe J. E. Salisbury, The Latin Doctors of the Church on Sexuality, in: Journal of Medieval History 12 (1986), S. 279-289; R. Radford Ruether, Misogynism and Virginal Feminism in the Fathers of the Church, in: Dies. (Hg.), Religion and Sexism, New York 1974, S. 150-183; J.A. Brundage, „Alias! That Evere Love Was Synne". Sex and Medieval Canon Law, in: Ders. (Hg.), Sex, Law and Marriage in the Middle Ages, Aufsatz II, S. 1-13; ders., „Better to Marry than to Burn?", ebd., Aufsatz III, S. 194216. 34 Augustinus, De bono coniugali c. V, 5: „Solet etiam quaeri, cum masculus et /emina, nec ille maritu, nec ilia uxor alterius, sibimet non filiorum procreandorum, sed propter incontinentiam solius concubitus causa copulantur, ea fide media, ut nec ille cum altera nec illa cum altero id facial, utrum nuptiae sint uocandae. et potest quidem fonasse non absurde hoc appellari conubium, si usque ad mortem alterius eorum id inter eos placuerit et prolis generationem, quamuis non ea causa coniuncti sint, non tamen uitauerint, ut uel nolint sibi nasci filios, ve/ etiam opere aliquo malo agant ne nascantur. [...]" Zycha, C C S L 4 1 , S. 193. 35 So auch J. Peters, Die Ehe nach der Lehre des hl. Augustinus, Paderborn 1918, bes. S. 31. 36 Augustinus, De bono coniugali c. 5: "[...] etenim si aliquam sibi uir ad tempus adhibuerit, donec aliam dignam uel honoribus vel facultatibus suis inueniat [...] ipso animo adulter est. " Zycha, CCSL 41, S. 193. 37 Augustinus, De bono coniugali c. 5: „[...] iam vero si ex ilio concubito, quantum ad ipsam attinet, non nisi filios uelit et, quidquid ultra causam procreandi patitur inuita patiatur: multis quidem ista matronis anteponendo est quae tametsi non sunt adulterae, uiros tamen suos plerumque etiam continere cupientes ad reddendum carnale debitum cogunt non desiderio prolis, sed ardore concupiscientia ipso suo iure intemperanter utentes [...]. " Zycha CCSL 41, S. 194.
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Die Bemühungen von Kirchenvertretern dieser Zeit, eigene moralische Vorstellungen hinsichtlich außerehelicher Beziehungen durchzusetzen, blieben nicht immer im Ansatz stecken. Das berühmte Responsum Papst Leos des Großen an Bischof Rusticus von Narbonne aus dem Jahr 458/9 38 wurde als Papstdekretale in die frühmittelalterlichen Kanonessammlungen aufgenommen und besaß über Jahrhunderte hinweg durchaus rechtsverbindlichen Charakter. 39 Es ist somit als wesentliche Aussage der Kirche zum Konkubinat anzusehen. Der Brief Leos des Großen erging auf die Frage des Rusticus, wem ein Kleriker seine Tochter (!) zur Ehe geben dürfe. Allein auf das Verhalten der ,eigenen' Leute versuchte die Kirche zunächst, eherechtlichen Einfluß zu nehmen. Wer (als Kleriker) 40 seine Tochter einem Mann zur Ehe gab, der eine Konkubine hatte, mußte nicht annehmen, daß er sie gewissermaßen einem Verheirateten gab, es sei denn, jene Frau wurde zur Freien gemacht, dotiert und durch öffentliche Eheschließung geehrt. Erst dann galt das Verhältnis als Ehe. Auslöser der Anfrage des Rusticus könnte die Angst vor der Sünde der doppelten Eheschließung gewesen sein. Der Antwort des Papstes zufolge war dies nicht gegeben, wenn eine der Frauen eine Konkubine war. Das nebeneheliche Konkubinat wird hier anscheinend toleriert.
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Leo an Rusticus: „XVIII. Non omnis mulier viro juncta uxor est viri, quia nec omnis ßlius haeres est patri. Nuptiarum autem foedera inter ingenuos sunt legitima, et inter aequales, et multo prius hoc ipsum Domino constituente, quam initium Romani juris existeret. itaque, aliud est uxor, aliud concubina: sicut aliud ancilla, aliud libera. [...] ubi dicitur Abraham: Ejice ancillam, et filium eius, non enim haeres erit fdius ancillae cum füio meo Isaac. Unde cum societas nuptiarum ita ab initio constituía sit, ut praeter sexuum conjunctionem, quae haberet in Christi et Ecclesiae sacramentum, dubium non est eam mulierem non pertinere ad matrimonium, in qua docetur nuptiale non fuisse mysterium. Igitur cuiuslibet loci clericus, si filiam suam viro habenti concubinam in matrimonium dederit, non ita accipiendum est, quasi earn conjugato dederit, nisi forte illa mulier et ingenua facta, et dotata legitime, et publicis nuptiis honestata videatur. Paterno arbitrio viris junctae carent culpa, si mulieres, quae a viris habeantur, in matrimonio non fuerunt, quia aliud est nupta, aliud concubina. XIX. Ancillam a toro abjicere, et uxorem certae ingenuitatis accipere, non duplicatio conjugii, sed profectus est honestatis. [...]" Migne 67, Sp. 288/9. 39 Collectio Dacheriana, Liber I, c. 62 u. 63 (d'Achery (Hg.), S. 525f); Paenitentiale Martenianum, c. 36 (Wasserschieben, Bußordnungen, S. 290); Hrabanus Maurus, Paenitentiale ad Otgarium, c. 8 (Migne 112, Sp. 1409 B-D); Konzil von Meaux-Paris 845/46, c. 65 (MGH Conc. III, Nr. 11, S. 115); Konzil von Mainz 852, c. 12 (MGH Conc. III, Nr. 26, S. 249); Regino von Prüm, Libri duo II, 181 (Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 284); Konzil von Tribur 895, c. 38 (MGH Cap. II, Nr. 252, S. 235), siehe unten, S. 239, Anm. 44. 40 Die späteren Rezeptionen ließen diesen Zusatz weg.
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In aller Deutlichkeit wird die Freie mit der Ehefrau und die Magd mit der Konkubine identifiziert. 41 Leo intendierte neben der Differenzierung von rechter Ehe und Konkubinat hauptsächlich die Wahrung der Standesschranken. Konnte eine Unfreie nur Konkubine sein, stand im Umkehrschluß eine Freie nicht für ein Konkubinat, sondern ausschließlich für eine Ehe zur Verfügung. Leo der Große unterscheidet rechtlich und moralisch deutlich zwischen Ehefrau und Konkubine. Äußere Zeichen für eine legitime Ehe waren freier Stand und Dotierung der Frau sowie eine öffentliche Hochzeit. Diese Voraussetzungen sollten den Status einer Frau als Ehefrau sichern. Geschützt wurde die Frau in ökonomischer Hinsicht durch die Dotierung42 und in rechtlicher durch die öffentliche Eheschließung, denn diese wurde im Kreis von Verwandten, Freunden und Honoratioren 43 geschlossen, die im Streitfall bezeugen konnten, daß die Frau Ehefrau war und nicht Konkubine 4 4 Dies legt nahe, daß freie Frauen (unzulässigerweise) sehr wohl zu Konkubinen gemacht wurden. Als ,ehrenhafte' Frau galt sie jedoch nur in Muntehe verheiratet, publicis nuptiis honestata. Ganz anders die Unfreie: Sie qualifizierte sich nach kirchlicher Meinung nicht zur Ehe. Allein die Funktion der Konkubine blieb ihr, ohne daß dies einen ,unehrenhaften' Beiklang hatte - in diesem Sinne besaß eine Unfreie keine ,Ehre'. Die Möglichkeit zur Legitimation eines Konkubinats mit einer Magd bestand jedoch, ihr Herr konnte sie freilassen und rechtmäßig ehelichen. Durch Anlehnung an ein Zitat aus der Heiligen Schrift (Gen 21,10 und Gal 4,30) wird aber der ,ehrenhaftere Weg' aufgezeigt: Die Magd sei aus dem Bett zu verjagen und eine Ehefrau von sicherer Ingenuilität zu nehmen. Diese Alternativen verneinen die Toleranz eines nebenehelichen Konkubinats, wenn dies auch nicht explizit verboten wird. Inhalt des Responsums war die Differenzierung von Konkubinat und rechter Ehe, gleichzeitig die Wahrung der Standesunterschiede. Papst Leo verdammte das Konkubinat nicht per se, er wertete es aber moralisch deutlich geringer als eine rechte Ehe.
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Schott und Becker zufolge will Leo weniger das matrimonium als einzig mögliche Form einer Vollehe aufzeigen, sondern tritt vielmehr für eine sehr realitätsbezogene Akzeptanz des Konkubinats unter bestimmten Voraussetzungen ein (Schott, Lebensgemeinschaft zwischen Ehe und Unzucht, S. 17; Becker, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 171). Siehe hierzu grundlegend: P. Mikat, Dotierte Ehe - rechte Ehe, Opladen 1978. Siehe hierzu unten, S. 186f. So auch Opet, Die Anordnung der Eheschließungspublizität, S. 252ff.
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Während Augustinus das Sexualverhalten der Gläubigen regulieren und erzieherisch' darauf hinwirken will, daß Sexualität allein zur Zeugung von Nachkommenschaft gestattet, die Beziehungsform demgegenüber aber eher zweitrangig ist, argumentiert Leo entgegengesetzt. Die Beziehungsformen sind gesellschaftlich ebenso zu wahren, wie die Funktionen' der verschiedenen Bevölkerungsschichten. Genau hier schien Klärungsbedarf zu bestehen, dies läßt auf die wahren Zustände schließen, die vielleicht den Schilderungen des Salvian von Marseille und des Caesarius von Arles entsprachen. Hinsichtlich des Sexualverhaltens freier Männer kann nur geschlossen werden: Es wurde innerhalb der Ehe und außerhalb dieser in Konkubinaten ausgelebt. Leo versuchte gar nicht erst, hier einzuwirken. Sein Ansatz war sehr bescheiden. Er verlangte lediglich, die Unterscheidungsmerkmale zwischen Ehe und Konkubinat zu beachten. Es entsteht die Frage, ob diese Stellungnahmen die generelle Haltung der Kirche zum Konkubinat entscheidend prägen konnten. Die Effektivität der Forderungen einzelner Kirchenvertreter läßt sich anhand ihrer Aufnahme in das Kirchenrecht beurteilen - soweit in den Jahrhunderten, die auf Augustinus und Leo I. folgten, schon von einem kodifizierten kanonischen Recht die Rede sein kann.
4.3 Richtlinien des christlichen Sexual- und Eheverhaltens Eine für die Position der Kirche zum Konkubinat bedeutende und bis hin zur Aufnahme in das Corpus Iuris Canonici einflußreiche Konzilsbestimmung findet sich im Kanon 17 des ersten Konzils von Toledo aus dem Jahre 400, einer vorgotischen Synode.45 Konkubinen werden äus45
Konzil von Toledo I, c. 17: „De eo qui nxorem habet, si concubinam habuerit, ut non communicet. Si quis habens uxorem fìdelis, si concubinam habeat, non communicet. Ceterum is qui non habet uxorem et pro uxore concubinam habeat, a communione non reppellatur; tamtum ut unius mulieris, aut uxoris aut concubinae, ut ei placuerit sii conjunctione contentus. Alias vero vivens abiciatur donec desinai, et per poenitentiam revertatur. " J. Vives (Hg.) Concilios Visigóticos e hispano - romanos, Textos: vol. I; Barcelona - Madrid 1963, S. 24. Rezipiert wird dieser Kanon in der Collectio vetus Gallica c. XLIX, 7f (ed. Mordek, Kirchenrecht, S. 562); Collectio Hispana c. XLV1 (ed. Migne PL 84, 331 D); Dacheriana I, cap. 81 (ed. D'Achery, S. 528); Halitgar, De poenitentia Liber IV, cap. 12 (ed. Migne PL 105, Sp. 683 B); Hrabanus, Paenitentiale ad Otgarium c. 10 (ed. Migne, PL 112, Sp. 1410 B); Pseudo-Isidor Toledo I, cap. 17 (ed. Hinschius, Sp. 436); Regino von Prüm, Libri duo de synodalibus ... Liber II c. 99 (ed. Wasserschieben, S. 252); Konzil von Mainz 852, cap. 15 (MGH Conc. III, Nr. 26, S. 250); Paenitentiale Pseudo-Theodor IV 33 (ed. Wasserschieben, Bußordnungen, S. 583); Ostersynode 1059, c. 12 (MGH Const. I, Nr. 384, S. 548); Ivo von Chartres, De-
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drücklich geduldet, wenn sie die einzigen Frauen sind. Kein Hinweis findet sich auf den Status der Konkubine als frei oder unfrei. Das gleichzeitige Vorhandensein von Konkubinen und Ehefrauen wird bei Exkommunikation verboten, ebenso aber auch, mehrere Konkubinen zu halten. Hier nun lassen sich Hinweise auf das Wesen des Konkubinats finden. Bezeichnend für den Status der Konkubine ist, daß der Mann sie ohne Aufhebens fortschicken kann. Konkubinen sind der Willkür des Mannes ausgesetzt und - anders als Ehefrauen - in keiner Weise in ihrer Position geschützt. Mit keinem Wort werden die Konkubinen den Mägden gleichgesetzt. Die Tatsache, daß ihr persönlicher Stand nicht erwähnt wird, zeigt, daß er in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung war. Ob freie oder unfreie Konkubine - sie konnte schlicht und einfach entlassen werden. Hätte eine einflußreiche Familie eine Familientochter diesem Schicksal ausgesetzt? Gian Carlo Caselli sieht eine enge Verbindung dieses Kanons zum römischen Recht. Nicht jede Konkubine sei gemeint, sondern nur diejenige, die aufgrund mangelnder Ehequalifikation (nach römischem Vorbild) nicht Ehefrau werden konnte und sich mit dem Status der concubina, die pro uxore gehalten wurde, begnügen muß. Trotz vorhandener affectio maritalis war keine Ehe möglich. 46 Noch Justinian unterschied das monogame und dauerhafte Konkubinat von den concubinas fornicantes.47 Raymund Kottje ist der Meinung, daß es sich weniger um eine generelle Stellungnahme zum Konkubinat handelt, sondern allein um die Aussage, daß ein Mann, der mehr als eine Frau gleichzeitig hatte, nicht zur Kommunion zugelassen wurde. 48 Nicht die weitaus härtere Strafe der Exkommunikation sei gemeint und damit auch kein allgemeines Urteil über Konkubinate abgegeben. Kottje bezieht sich hier auf den Ausdruck „repeliere a communione", der auch in anderen Zusammenhängen als Zurückweisung von der Eucha-
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cretum VIII 64 (Migne PL 161, Sp. 597 C); Gratian, Decretum, Distinctio 34, c. 4 (E. Friedberg, Corpus iuris canonici, Bd. I: Decretum magistri Gratiani, Leipzig 1979 (Nachdruck Graz 1995, S. 126); zur Aufnahme von Toledo I, 17 ins Decretum Gratiani: Schott, Lebensgemeinschaft zwischen Ehe und Unzucht, S. 17; Schwab, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 17; Löwenstein, Bekämpfung des Konkubinats, S. 17. G.C. Caselli, Concubina pro uxore. Osservazioni in merito al c. 17 del primo concilio di Toledo, in: Rivista di storia del diritto italiano 36 (1963), S. 163-220, bes. S. 192f. Meyer, Der römische Konkubinat, S. 154. R. Kottje, Konkubinat und Kommunionwürdigkeit im vorgratianischen Kirchenrecht, in: Annuarium Historiae Conciliorum 7 (1975), S. 159-165, bes. S. 160 u. 162ff.
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ristie überliefert ist.49 Er kommt zu dem Schluss, daß die Kirche durchaus Nebenfrauen tolerierte und keineswegs Konkubinate - auch keine nebenehelichen - mit wirklich harten kichlichen Sanktionen belegte. Es sollte lediglich daraufhingewirkt werden, daß Männer nur eine Frau haben. Die Beziehungsform, ob in rechter Ehe oder im Konkubinat, war der Kirche mehr oder weniger gleichgültig. 50 Toledo I, 17 könnte tatsächlich eine ,Nachlese' zum römischen Konkubinat darstellen, das nun mit den christlichen Moralvorstellungen in Einklang gebracht werden mußte. Mehr als eine Minimalforderung nach monogamen Verhältnissen konnte sich die Kirche noch nicht leisten. Kottjes Vorschlag, die Sanktion als relativ milden Ausschluss von der Eucharistie zu interpretieren, kann in diesem Sinne zugestimmt werden. Da Ehen zwischen Personen verschiedenen Standes nicht möglich waren - so noch über 50 Jahre später im Leo-Brief an Rusticus - konnte eine Konkubine, die pro uxore mit einem Mann zusammenlebte, kirchenrechtlich an Stelle einer Ehefrau gehalten werden. Mit diesem ,Trick' wertete die Kirche Verhältnisse auf, die sie sonst en masse hätte verbieten und bekämpfen müssen - hierzu fehlte ihr der Einfluß. Auf die gesellschaftlichen Verhältnisse der Gallo-Romanen übertragen, kam als concubina pro uxore nur eine Frau niederen Standes in Betracht, Salvian von Marseille und Caesarius von Arles zufolge war dies üblicherweise die eigene Magd. 51 Diese Sichtweise tradierte auch die Kirche, wie im Brief Leos an Rusticus ersichtlich. Leo definiert genau die unterschiedlichen Beziehungsformen, die auf die Standesunterschiede zurückzuführen sind. Dieses Rechtsverständnis scheint auch - in zeitlicher Nähe - Augustinus, dessen Akzeptanz des monogamen Konkubinats demnach noch römisch-rechtlich war, geprägt zu haben. Auch nach dem Untergang des römischen Konkubinats als Rechtsinstitution existierten Konkubinate als außer- und nebeneheliche Beziehungsformen weiterhin. Keineswegs waren freie Männer nach der Übernahme des christlichen Glaubens zu bewegen, ihre Konkubinen aufzugeben. Auf diesen Tatbestand innerhalb der römischen Gesellschaft mußte die Kirche reagieren und versuchen, sie in Einklang mit der christlichen Forderung monogamer Verhältnisse zu bringen.
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Ebd. S. 162f; so z.B. auf einer irischen Synode, Synodus II S. Patricii c. 4, Bieler (Hg.), The Irish Penitentials, Dublin 1963, S. 186, ein Text aus dem 7. Jahrhundert; außerdem bei Pseudo-Egbert II, 9, Wasserschieben, Bußordnungen, S. 325. Kottje, Konkubinat, S. 163f. Siehe oben, S. 76ff.
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In den merowingischen Konzilskanones findet das Konkubinat keine Erwähnung. Obwohl die sich auf ehemals römischem Reichsgebiet etablierenden germanischen Königreiche kirchliche Organisationsformen - soweit diese bestanden - übernahmen, mußte sich die Kirche den veränderten politischen und sozialen Gegebenheiten anpassen. 52 Eine wichtige Funktion besaß sie darin, nicht nur christliche, sondern auch antike Traditionen weiterzugeben. Ein Ausdruck der schwierigen Lage der Kirche findet sich in den Kirchenprovinzen überschreitenden Synoden, auf denen sich Bischöfe und neue Herrscher gegenüber standen.53 In den neuen Königreichen der Westgoten, Burgunder und Franken erfuhr die Kirche eine jeweils spezifische Ausprägung. So besaß sie im Frankenreich die Aufgabe, neben der Missionierung der Bevölkerung auch eine kirchliche Organisation auszubauen und zu etablieren. 54 Die traditionelle Form der Provinzialsynoden nahm an Bedeutung zugunsten überregionaler Synoden ab, die von den merowingischen Königen als politische Beratungsgremien der weltlichen Gesetzgebung in den einzelnen Teilreichen instrumentalisiert wurden. 55 Auf den von den Königen einberufenen Synoden wurden die Konzilskanones im Sinne der Herrscher erlassen 56 und ersetzten teilweise die weltliche Gesetzgebung. Dies geschah erstmals unter Chlodwig auf dem Konzil von Orléans im Jahr 511.57 Die Tatsache, daß die Kirche ihre Bemühungen um Einflußnahme an den gesellschaftlichen Prämissen ausrichten musste, zeigt sich Mikat zufolge darin, daß sie es im Merowingerreich aufgab, die Unauflöslichkeit 52
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O. Pontal, Die Synoden im Merowingerreich, Paderborn 1986, S. 3; Siehe hierzu: H.E. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte. Die katholische Kirche, Köln 5 1972. Pontal, Synoden , S. 3 Ebd. Ebd. S. 4f. Anders Mordek, nach dem die Merowinger im Gegensatz zu den Karolingern wenig Einfluß auf die Abfassung der Konzilsbeschlüsse nahmen und das kanonische Recht sich selbst überließen, ders., Das kirchliche Recht im Übergang von der Antike zum Mittelalter, in: Akten des 26. Dt. Rechthistorikertages 1986, D. Simon (Hg.), Frankfurt/Main, 1987. S. 455-464, bes. S. 461. Bedenkt man die Minimalforderungen im sittlichen Bereich, die auf den Konzilien beschlossen wurden, so spricht dies deutlich für einen herrscherlichen Einfluß. Mikat, Zu den Voraussetzungen, S. 16; Pontal, Synoden, S. 5f. Als gesamtfränkische Konzilien werden Orléans 533, 541 und 549, ab 534 mitsamt Burgund und, seit 536, der Provence gewertet. Die Synoden Orléans 538 und Paris 552 galten nur für diese beiden Teilreiche, während Clermont 535 ausschließlich das Reich Theudeberts umfaßte, ebd. S. 9.
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der Ehe durchzusetzen. Dies sei an der konziliaren Gesetzgebung abzulesen.58 So wurde das Verbot der Scheidung nach dem westgotischen Konzil von Agde 506 59 nur noch einmal, auf dem gesamtfränkischen Konzil von Orléans 533,60 rezipiert. Hingegen setzte sich die Kirche verstärkt für das Verbot von Inzestehen ein, da dies als schlimmeres Vergehen verstanden wurde. Erst im 8. Jahrhundert nahm Bonifatius den Kampf gegen die Scheidung wieder auf.61 Neben dem Kampf gegen die Inzestehen 62 wurden in den Konzilskanones hauptsächlich sittliche Verfehlungen des Klerus geahndet 63 - einschließlich des Klerikerkonkubinats. 64 Einen weiteren Stein des Anstoßes sah man im Frauenraub. 65 Dies waren aus Sicht der Kirche die wichtigsten Mißstände, die zu bekämpfen Aussicht auf Erfolg besaß. Vom Reglement anderer sittlicher und eherechtlicher Bereiche hielt sie sich zurück, Ehebruch, vor- oder nebeneheliche Konkubinate von Laien, Prostitution und Vergewaltigung fanden keine Erwähnung. Muntrechtlich interessant ist der Kanon 22 des gesamtfränkischen Konzils von Orléans 541.66 Verboten wurde die eigenmächtige Heirat einer Freien ohne Einwilligung der parentes. Nicht einmal ein königlicher Befehl konnte diese umgehen. Hier stand die Kirche in Einklang mit den Leges und merowingischen Kapitularien. 67 Es ist in den Konzilien mit keinem Wort von der Einforderung des Konsenses der Frau die Rede, die Kirche unterstützte in der Mitte des 6. Jahrhunderts explizit die Muntehe. 58 59
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Mikat, Zu den Voraussetzungen, S. 24f. J. Sirmond, Concilia Antiqua Galliae, Tom. I, Paris 1629 (Nachdruck Aalen 1970), S. 170, c. 25. Konzil von Orléans 533, c. 11, C C S L 148 A, S. 100. Mikat, Zu den Voraussetzungen, S. 26. Epao 517 c. 30; Orléans 511 c. 18; Lyon 518/9 c. 1. 3; Orléans 533 c. 10; Orléans 541 c. 27; Clichy 626/27 c. 10. Orléans 511 c. 13. 29; Epao 517 c. 20. 32; Orléans 533, c. 11; Clermont 535 c. 16; Orléans 538 c. 2. 4. 8; Orléans 541, c. 17. 29; Orléans 549 c. 3; Eauze 551 c. 2; Tours 567 c. 10. 13(12). 2 0 ( 1 9 ) ; Mäcon 581/3, c. 1. 11; Lyon 583, c. 1 ; Auxerre nach 585 c. 20. 21. 22; Chalón 647/53 c. 3; Saint-Pierre-de-Granon 673/5 c.3. Konzil von Orléans 538, c. 10 (9). Orléans 511 c. 2. 18; Orléans 541 c. 22; c. 24; Clermont 535 c. 12; Orléans 538c. 19: Orléans 541c. 22; Paris 561/62 c. 5. 6; Clichy 626/7 c. 26. Zum Frauenraub siehe unten, Kapitel 5. Konzil von Orléans 541, c. 22: „ Vi nullus per imperium potestatis filiam conpetere audeat alienam, ne coniugium, quod contra parentum uolumtate impiae copulatur, uelut captiuitas iudicetur. Sed si, quod est prohibitus, admittitur, in his, qui perpetrauerint, excommunicationis seueritas pro modo pontificis inponatur. " De Clercq, C C S L 148 A, S. 137f. Siehe oben, Kapitel 3.1 und unten, S. 116, Anm. 41.
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Kanonessammlungen Das Schweigen merowingischer Konzilskanones zum Konkubinat läßt nach anderen Spuren des kirchlichen Moralverständnisses suchen. Die aufkommenden Kanonessammlungen dieser Zeit bieten eine wertvolle Ergänzung. 68 Diese sind nach Zeit und Raum in ihrem Einfluß zu differenzieren, so besaß beispielsweise die Collectio vetus Gallica, einer um 600 bei Lyon entstandenen Kanonessammlung, große Verbreitung. 69 Die Vetus Gallica als bedeutende Kirchenrechtskompilation ihrer Zeit beeinflußte die weitere Expansion des kirchlichen Rechts. So konnte Hubert Hubert Mordek die Verwendung dieser Sammlung als Quelle der Kapitulariensammlung des Ansegis, des Benedictus Levita und sogar der Reichsgesetzgebung Karls des Großen nachweisen. 70 In der Collectio vetus Gallica nun erscheint der Kanon 17 des ersten Konzils von Toledo. 71 Ohne Probleme wird diese vielleicht noch als ,Nachklang' des römischen Rechtsinstituts entstandene Bestimmung auf merowingische Verhältnisse übertragen, die denen im vorgotischen Spanien sehr ähnlich gewesen sein mußten. Männer romanischer wie fränkischer Herkunft unterhielten demnach auch neben ihren Ehefrauen andere, längerfristige Beziehungen. Diese Konkubinate waren kirchlicherseits unerwünscht, obwohl ein nebeneheliches Konkubinat nicht einmal als Ehebruch bezeich-
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G. May, Art.: ,Kirchenrechtsquellen I: Katholische', in: T R E 19 (1990), S. 1-6; Kanonessammlungen tradierten mangels organisierter Kanonistik seit dem 3.Jh. Konzilsbeschlüsse sowie Papstdekretalen (Verfügungen zu konkreten Disziplinarfragen auf Anfragen), die durch A u f n a h m e in die Sammlungen gesamtkirchliche Geltung erhielten (ebd. S. 3). Ihr Ursprung lag im Ostreich und Afrika (ebd. S. 4) durch ihre Verbreitung wurden erste Ansätze einer kirchlichen Rechtsprechung ermöglicht. Die ersten Kanonessammlungen wurden durch die Dionysiana, der besondere Bedeutung zukommt, ins Frankenreich tradiert. Die Collectio Dionysiana des skythischen M ö n c h e s Dionysius Exiguus (Beginn des 6. Jhs.), ist die erste bedeutende umfassende Sammlung des Abendlandes, von der römischen Kirche in Gebrauch genommen. Sie diente als Grundlage vieler anderer Sammlungen, so der Vetus Gallica, Hadriana, Hispana, Dacheriana, vielleicht sogar der Coli. Hibernenis, H. Mordek, Art.: ,3.Dionysius Exiguus', in: L e x M A Bd. 3 (1986), Sp. 1088-1091, bes. Sp. 1090.
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Hierzu grundlegend: H. Mordek (Hg.), Collectio vetus Gallica, Kirchenrecht und Reform im Frankenreich, Berlin / N e w York 1975, bes, S. 7. H. Mordek (Hg.), Kirchenrecht und Reform, S. 184 ff. Collectio vetus Gallica c. XLIX, 7f: „IN CONCILIO TOLETANO. De eo, qui uxorem habet simul et concubinam. De eo, qui uxorem habet, si concubinam habuerit, non communicet. Ceterum is, qui non habet uxorem et pro uxore concubinam habet, a communione non reppellatur, sed tantum unius uxoris sit conjunctione contentus. Alias vero abiciatur, donec desinat, aut ad poenitentiam revertatur. " ed. Mordek, Kirchenrecht, S. 562.
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net wird. Erst um 600 begann also die Kirche im Frankenreich, nebeneheliche Konkubinate offiziell abzulehnen. Die Übernahme von Toledo I, c. 17 läßt nicht etwa den Einfluß des längst untergegangenen römischen Konkubinats auf das fränkische vermuten. Wie schon in Toledo im Jahr 400 ist es auch hier der Versuch, kirchlicherseits auf vorgegebene gesellschaftliche Verhältnisse Einfluß zu nehmen, der zur Aufnahme des Kanons in das noch immer uneinheitliche Kirchenrecht führte. Diese Uneinheitlichkeit kirchlicher Ansichten zum Konkubinat zeigt ein weiterer Kanon aus der Collectio vetus Gallica.72 Kein Geringerer als Augustinus wird bemüht, um den Gläubigen vehement ins Gewissen zu rufen, daß fomicatio sündhaft ist. Im Sinne seiner oben dargelegten Äußerungen, nur schärfer formuliert, soll auch ein unverheirateter Mann keine Konkubine haben, wenn er sie später entläßt, um eine andere zu ehelichen. In diesem Sinne werden Ehen mit geschiedenen Frauen und Männern, deren erste Gatten noch leben, verboten. Dies ist eine deutliche Aufforderung zur lebenslangen Monogamie. Differenziert wird zwischen irdischem und himmlischem Recht, iure fore und iure celi, ein deutlicher Hinweis auf die Diskrepanz von gesellschaftlichem und kirchlichem Rechtsverständnis in dieser Frage. Gedroht wird mit dem rächenden Gott, eine irdische, gesetzesmäßige Strafe wird nicht verhängt. Die Kanones haben den Charakter von Geboten, nicht von Gesetzen. ,Unzucht', Konkubinate vor und neben Ehen, Scheidungen und Wiederheirat waren Realitäten, denen man nicht viel entgegensetzen konnte. Der egalitäre sittliche Anspruch an Frauen und Männer, der beiden Geschlechtern lebenslange Monogamie auferlegt, wird im weiteren Verlauf desselben Kanons sofort relativiert. Die existierende Doppelmoral wird deutlich, denn allein für Männer war fomicatio ihrer Ehefrauen ein Scheidungsgrund. Die aus Sicht der Kirche notwendigen Zurechtweisungen und Ermahnungen zeigt die Erwähnung eines anscheinend authentischen Falls. Ein Kanon berichtet von einer Ehefrau, die sich „schändlicherweise" weiger72
Collectio vetus Gallica c. XLIX, 3: „[...] Conpetentibus dico fornicare vobis non licebit. Sufficiant vobis uxores, concubinas vobis non liceat habere. Concubinas vobis non licet habere, et, si non habetis uxores, non licet vobis habere concubinas, quas postea demittatis et ducatis uxores; quanto magis dampnatio vobis erit, si volueritis habere et concubinas et uxores ? Non licet vobis habere uxores, quorum prioris mariti vivunt; nec vobis, femine, habere viros licet, quorum prioris uxores vivunt. Adulterio sunt ista coniugio, non iure fore, sed iure celi [...] Solius fornicationis causa licet uxorem adulteram demittere, sed illam viventem non licet alteram ducere [...]" ed. Mordek, Kirchenrecht, S. 555f. Aus Augustinus, Sermo 392 Ad coniugatos, Kap. 2; Migne PL 39, 1710.
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te, zu ihrem Ehemann, den sie verließ, zurückzukehren. 73 Es klingt Verständnis für ihr Dilemma an, denn die Ausschweifungen des Ehemannes werden als Ursache ihres Weggangs scharf kritisiert: Wann immer sie sich ihm verweigerte, ging er zu einer meretrix - eine Bestätigung des merowingischen Sexualverhaltens, das den Männern sexuelle Freiheit zugestand. Die betrogene Ehefrau hatte keine Rechtsmittel gegen ihren Gatten in der Hand. Es wurde erwartet, daß sie ihm verzieh und trotz seines Verhaltens bei ihm blieb. Weitere Kanones bestätigen, daß Frauen gewöhnlich bei ihren untreuen Männern blieben, während Männer sich im umgekehrten Fall von ihren Frauen trennten. Männern schien es zudem fiel leichter zu fallen als Frauen, den Gatten des Ehebruchs zu überführen.74 Frauen waren in höherem Maße an Haus und Hof gebunden und konnten kaum zu Lasten ihrer Männer einen Schuldbeweis erbringen. Zudem hatten Männer natürlich im außerhäuslichen Bereich weitaus mehr Gelegenheiten zu ehebrecherischen Aktivitäten. Ihre Frauen grundlos anzuzeigen, um sie loszuwerden, schien bei Ehemännern häufig beobachtet worden zu sein. Sorgten sie dafür, daß ihre Frauen wegen Ehebruchs exkommuniziert wurden, konnten sie sich von ihnen trennen, denn der Umgang mit Exkommunizierten war kirchlicherseits verboten. 75
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Collectio vetus Gallica c. XLIX, 2a: „Ob quam rem mulierem, de qua indìcastis turpi diliberatione ad maritum redire non velie, videtur mihi etiam nolentem debere restituì, quia apertissime intellegitur ideo non amare coniugem, quia luxoriam plus amavit. Quae, quotiens nagaverit fuisse maritum, profìtetur se totiens meretricem [...]. " ed. Mordek, Kirchenrecht, S. 555. Es handelt sich um ein bischöfliches Antwortschreiben an einen Diakon Maximin, ebd. Collectio vetus Gallica c. XLIX 7c: „Et illud desideratum est sciri, cur communicantes viri cum adulteris uxoribus non conveniant, cum contra uxores in consortio adulterorum virorum manere videantur. Super hoc Christiana religio in utroque sexu pari ratione condemnat, sed viros suos mulieres non facile de adulterio accusant et non haben,t latentia peccata vindictam; viri autem liberius uxores adultéras apud sacerdotes deferre consuerunt; et ideo mulieribus prodito earum crimine communio denegatur; virorum autem latente commisso non facile quisquam ex suspitionibus estimatur, qui utique submovebitur, si eius flagitium detegatur. Cum ergo par causa sit, interdum probatione cessante vindictae ratio conquiescit. " ed. Mordek, Kirchenrecht, S. 561. Die Exkommunikation separierte von der christlichen Gemeinschaft, die nicht mit Exkommunizierten verkehren durfte. Deutlich definiert dies das Konzil von Ver 755: „[•••] Et ut sciatis, qualis sit modus istius excommunicationis: in ecclesia non debet intrare, nec cum nullo christiano cybum vel potum sumere; nec eius munera accipere debet, vel osculum porregere, nec in oratione iungere, nec salutare, antequam ab episcopo suo sit reconciliatus.[...]" MGH Capit. I, Nr. 14, S. 35.
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Auch wenn auf der anderen Seite die Collectio vetus Gallica ein deutliches Bußmaß von sieben Jahren für ehebrecherische Männer setzt,76 ist die Diskrepanz zwischen den kirchlichen Forderungen nach egalitärer Behandlung der Geschlechter in sittlichen Fragen und der Realität frappant. Der Tatbestand des adulterium wird in der Vetus Gallica nicht näher definiert. Für Männer könnte einzig das Eindringen in eine fremden Ehe adulterium bedeuten, nicht aber die Mißachtung der eigenen Ehe. In jedem Fall mißachteten fränkische Männer nicht nur entschieden die kirchlicherseits geforderte eheliche Treue, sie benutzten sogar die Kanones zur Wahrung ihrer Vorrechte. Aus kirchlicher wie auch gesellschaftlicher Sicht waren Konkubinat und unfreie Herkunft aneinander gekoppelt. Der kaum auf Männer angewandte Ehebruchbegriff als Brechen der eigenen Ehe läßt nebeneheliche Konkubinate als verbreitete Gewohnheit erscheinen. Obwohl kirchlicherseits durchaus lautstark ein Wandel der Sitten gefordert wurde, hielten sich die merowingischen Konzilsteilnehmer bei der Regelung außer- und nebenehelicher Beziehungen sehr zurück. Liest man Gregor von Tours „Zehn Bücher Geschichten", so hatten die Kirchenvertreter wohl kaum eine Chance, ihre Dogmen durchzusetzen. Während die merowingischen Konzilien auch Machtinstrumente des Königs waren und gleichzeitig Spiegel des Machbaren, ist in den Kanonessammlungen eher das kirchlicherseits Erstrebte zu erkennen. Doch auch hier findet sich als Reaktion auf die tatsächlichen Lebensgewohnheiten nur der eher zaghafte Versuch, Einfluß zu nehmen.
4.4 Berührungspunkte zwischen Kirchenrecht und christlicher Lebenswelt Im 7. Jahrhundert wurden im fränkischen Reich keine weiteren Kanonessammlungen mehr verfaßt. An ihre Stelle traten die Bußbücher77 als neue 76
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Collectio vetus Gallica c. XLIX, 7a: „ Si cuius uxor adulterata vel si ipse adulterium commiserit, VII annorum penitentia oportet [...]" ed. Mordek, Kirchenrecht, S. 561. Dieses Strafmaß ist schon in der Collectio Dionysiana zu finden und geht auf das Konzil von Ancyra von 314 zurück (Collectio Dionysiana, c. 39, Migne PL 67, Sp. 155). Siehe hierzu C. Vogel/A.J. Frantzen, Les „Libri Paenitentiales" 2 Bde., Turnhout 197885; R. Kottje, Art.: ,Bußbücher', in: LexMA Bd. 2 (1983), Sp. 1118-1123; F. Kerff, Libri paenitentiales und kirchliche Strafgerichtsbarkeit bis zum Decretum Gratiani, in: ZRG.KA 75 (1989), S. 23-57; R. Kottje, Ehe und Eheverständnis in den vorgratianischen Bußbüchern, in: Love and Marriage in the 12th Century; van Hoecke/ Welken-
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Form der Kompilierung von Kirchenvorschriften, die u.a. auch aus der Kanonessammlung der Collectio vetus Gallica schöpften. 78 Seit dem 6. Jahrhundert setzte sich, ausgehend von irischen Klöstern, ein neues Verständnis der kirchlichen Bußpraxis durch. An Stelle eines öffentlichen Sündenbekenntnisses und einer Buße, die nur für große Schuld verhängt wurde, trat eine differenzierteres Bußverständnis, das auch kleinen Sündern eine private Buße und damit die Chance auf Rekonziliation mit der Kirche bot.79 Die Bußleistungen umfaßten, fein abgestuft nach Schwere der Sünde, kulinarischen oder sexuellen Verzicht, Gebete, finanzielle bzw. materielle Entschädigungsleistungen, aber auch Exilierung. Um kein heilloses Durcheinander der Bestimmungen oder deren willkürliche Anwendung hervorzurufen, wurden Bußkataloge als ,Orientierungshilfen' für Kleriker verfaßt, deren Vielfalt keineswegs einheitliche Bewertungsmaßstäbe und Bußmaße an den Tag legte. 80 Für die private Buße fanden die Bußbücher nachweislich seit dem 8. Jahrhundert Verwendung. 81 Die Bußordines geben das Verfahren der paenitentia privata an: Der Priester82 befragte den Gläubigen nach seinen Sünden, nach
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huysen (Hg.), Leuven 1981, S. 18-40; ders., Eine wenig beachtete Quelle zur Sozialgeschichte: Die frühmittelalterlichen Bußbücher, in: VSWG 73 (1986), S. 63-72; ders., Busspraxis und Bussritus, in: Settimane di studio 33, 1, 1987, S. 369-395; Ders., (Hg.), Paenitentialia minora Franciae et Italiae saeculi VIII-IX, CCSL 156, Turnhoult 1994, Einleitung S. VII-XL; P. J. Payer, Sex and the Penitentials. The Development of a Sexual Code 550-1150, Toronto 1984; M. Schwaibold, Mittelalterliche Bußbücher und sexuelle Normalität, in: Ius Commune, Bd. 15 (1988), S. 107- 133; H. Lutterbach, Die Sexualtabus in den Bußbüchern, in: Saeculum 46 (1995), S. 216-248; ders., Intentionsoder Tathaftung? Zum Bußverständnis in den mittelalterlichen Bußbüchern, in: FMST 29 (1995), S. 120-143; P. Browe, Beiträge zur Sexualethik des Mittelalters, Bresslau 1932. So geschehen im Excarpsus Cummeani, Poenitentiale Remense, Poenitentiale Martenianum: H. Mordek, Kirchenrecht, S. 196f. R. Kottje, CCSL 156 Einleitung, S. VII. Ebd. S. VIII. Ebd. S. 33. Kottje zufolge wurde in der Karolingerzeit die Forderung nach der Rückkehr zur alten, öffentlichen Bußpraxis laut, denn das geheime Bußverfahren war weithin üblich geworden. Doch nicht nur im Verfahren der privaten, sondern auch der öffentlichen Buße fanden die Bußbücher praktische Anwendung, d. h. immer dann, wenn das Vergehen öffentlich bekannt war, mußte auch öffentlich gebüßt werden, ders, Busspraxis und Bussritus, S. 370f. F. Kerff, Libri paenitentiales, S. 25f. Diese sacerdotes sollen zunächst besondere Beichtpriester gewesen sein, in der Karolingerzeit besaßen die Priester an den Pfarrkirchen das Beichtrecht, Kerff, ebd. S. 28.
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deren Bekenntnis Gebete und die Auferlegung der Buße folgten. 83 Nach vollbrachter Bußleistung wurde der sündhafte Mensch mit Gott versöhnt. Die Rekonziliation stand nur dem Bischof zu. 84 Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Bußbücher als Instrument, das kirchliche Moralverständnis in der Bevölkerung mit Nachdruck zu verbreiten. Durch das gezielte Nachfragen der Priester wurde Schwaibold zufolge ein spezifisches Unrechtsbewußtsein erst geschaffen und implantiert, mittels einer „generellefn] Politik einer Vermittlung des schlechten Gewissens und ständiger Selbstbezichtigung f...]." 85 Die Kirche ging jedoch vorsichtig bei der Vermittlung ihrer Lehren vor und erweiterte nur sukzessive das Sündenregister. 86 Auch Payer spricht den Bußbüchern eine entscheidende Bedeutung für das entstehende christlich-moralische Empfinden der frühmittelalterlichen Menschen zu. Ausformuliert sei dieser „code of sexual behaviour" bereits in der Mitte des 8. Jahrhunderts gewesen, danach wurde bei der Kompilierung neuer Bußbücher hauptsächlich auf ältere Exemplare zurückgegriffen. 8 7 Den Inhalt der Bestimmungen über abweichendes' Sexualverhalten erkennt Payer als der Realität entnommen, sonst hätten die Paenitentialien niemals Handbücher für den täglichen Einsatz werden können. 88 Das ganze Spektrum bekannter Sexualpraktiken sollte abgedeckt werden, von jeder Abstraktion des Fehlverhaltens wurde Abstand genommen. Keineswegs handelt es sich bei der Aufzählung der Delikte um Phantasieprodukte - auch bei der Schilderung der verschiedenen
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Kottje, Busspraxis und Bussritus, S. 390. Nicht zu vergessen ist die Möglichkeit zur Ablösung der Buße durch Geld- oder Sachleistungen, redemptio oder commutatio genannt, Kerff, Libri paenitentiales, S. 50f. F. Kerff, Libri paenitentiales, S. 29f. Aus diesem Grund bezeichnet Kerff die Libri paenitentiales als Sammlungen für den bischöflichen Jurisdiktionsbereich, ebd. S. 32. Dafür spricht die Tatsache, daß Kleriker, Mönche und Nonnen nur vom Bischof gerichtet werden konnten, Kerff zufolge seit dem 6. Jahrhundert, ebd. S. 48f. Nach Vogel jedoch besaßen die Libri Paenitentiales keine gesetzgeberische oder rechtsprechende Funktion, sondern waren allein für den Gebrauch bei der Beichte bestimmt. Vogel, Les 'Libri Paenitentiales', S. 31. M. Schwaibold, Mittelalterliche Bußbücher und sexuelle Normalität, S. 126. Schwaibold verneint im Gegensatz zu Kerff die kirchenrechtliche Geltung der Bußbücher (ebd S. 113) und ihren Zusammenhang mit der weltlichen Rechtssetzung, ebd. S. 128. So kann Schwaibold ein immer ausdifferenzierteres Bewertungssystem sexuellen Verhaltens und eine allmähliche Erhöhung der Bußsätze im Laufe der Jahrhunderte feststellen, ebd. S. 119 u. 127. Payer, Sex and the Penitentials, S. 116. Ebd. S. 119.
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Diebstahls- und Tötungsvergehen wird diese Interpretation nicht in Erwägung gezogen. 89 Gerade die Schaffung der Bußbücher „aus der Praxis für die Praxis"90 verleiht dieser Quellengruppe denn auch nach Kottje „[...] einen besonderen Wert als Spiegel der tatsächlichen Lebensordnungen und -weisen und damit für uns als Quelle historischer Erkenntnis - der rechtlichen, moralischen und sozialen Ordnungen wie auch der Lebenspraktiken."9' Im Bereich der sittlichen Moral und des Eheverständnisses erlangten die Bußbücher einen erheblichen Einfluß auf eine Weiterentwicklung nach kirchlicher Vorgabe. 92 Die ältesten Anleitungen zur Bemessung der Bußstrafe93 als Arbeitshilfen für Kleriker94 entstanden in Irland und wurden u.a. durch Columban 95 (um 559 bis 616) 96 seit Beginn des 7. Jahrhunderts zunächst im nördlichen Frankenreich, dann in Burgund und Oberitalien verbreitet.97 Neben Columban werden die Namen anderer irischer Mönche wie F(V)innian und Cummean mit ihnen in Verbindung gebracht.98
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Ebd. Kottje, Eine wenig beachtete Quelle zur Sozialgeschichte, S. 64. Kottje, Ehe und Eheverständnis, S. 24. Ebd. S. 40. Die Frage einer Beeinflußung der Leges durch die Bußbücher verneint Kottje, Ebd. S. 37f. Mit ca. 400 bekannten Handschriften stellen die Bußbücher eine bedeutende Quellengruppe dar,, (Kottje, C C S L 156, Einleitung S. XI) Aus quellenkritischer Sicht problematisch sind die zum Teil veralteten und unzuverlässigen Editionen bei Migne, Wasserschieben, Schmitz und Finsterwalder, die zudem die Bedeutung j e d e s einzelnen Textzeugen als für eine bestimmte Zeit und Region geltende, gleichwertige Version verkannten, ebd., S. X. Neue Editionen der Bußbücher sind bis heute nur zum Teil veröffentlicht, so L. Bieler, The Irish Penitentials, Dublin 1963; F.B. Asbach, Das Poenitentiale Remense und der sog. Excarpsus Cummeani (8. Jh.) Regensburg 1975; L. Körntgen, Studien zu den frühmittelalterlichen Bußbüchern, Sigmaringen 1993; Das Editionsvorhaben Kottjes umfaßt die fränkischen, italienischen und spanischen Bußbücher vom 8. bis 11. Jahrhundert in 5 Bänden, Kottje, ebd. R. Kottje, Art. ,Bußbücher', in: L e x M A Bd. 2 (1983) Sp. 1119. Zu Columban siehe: F. Prinz, Frühes Mönchtum im Frankenreich. München / Wien 1965; K.-U. Jäschke, Kolumban von Luxueil und sein Wirken im alamannischen Raum, in: Mönchtum, Episkopat und Adel ..., A. Borst (Hg.) Sigmaringen 1974; U. Meinhold, Columban von Luxueil im Frankenreich, Marburg 1981. Meinhold, Columban, S. 84. Kottje (Hg.), Paenitentialia minora, Einleitung S. VIII; dazu auch: L. Bieler, The Irish Penitentials: Their Religious and Social Background, in: Studia Patristica 8 (1966), S. 329-339. Überliefert sind sie in insgesamt 30 Handschriften vom Ende des 8. bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts. Diese Abschriften stammen aus der Bretagne, aus dem Nordosten des
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Zu den Bußbüchern der merowingischen Zeit gehören die Paenitentialien des F(V)innian," Columban, 100 Cummean 101 und Theodor, 102 sie alle besaßen großen Einfluß auf die späteren Bußordnungen. 103 Jungen Männern, weltlichen pueri, war die ,Unzucht' mit Mädchen verboten, die Bußleistung abgestuft nach dem Grad der Verwirklichung einer solchen Tat. Bei ,Vollendung' - als verbreitete Gewohnheit bezeichnet - drohte Buße für ein Jahr.104 Differenziert wurde das Bußmaß für einen Mann, der mit einer ledigen Frau ,Unzucht' trieb. Ließ er sich mit einer Witwe ein, mußte er ein Jahr büßen, war es eine puella, zwei Jahre. Die Entehrung sollte er zudem
vorkarolingischen Frankenreichs, das Paenitentiale Cummeani aus Fulda und Lorsch, das Paenitentiale Vinniani aus Salzburg, St. Gallen und der Bretagne, das Bußbuch Columbans aus Bobbio. Kottje, Busspraxis und Bussritus, S. 373. Aus Burgund stammen zwei Überlieferungen der Synodus II S. Patricii, alles Orte, in denen Iren gewirkt haben, ebd. S. 374. 99 Das Penitentialis Vinniani ist das älteste irische Bußbuch, denn Columban schreibt Vinnian in seinem wahrscheinlich auf dem Kontinent nach 575 oder nach 591 geschriebenen Bußbuch aus. Das Jahr 591 gilt als terminus ad quem für das Bußbuch V(F)innians, L. Bieler, The Irish Penitentials, Dublin 1963, S. 3f. V(F)innian wird mit St. Finnian of Clonard (gest. 549) oder mit Finnian of Mag-Bile (gest. 579) identifiziert, ebd. S. 4. Zur Diskussion um seine Identität siehe R. Meens, The Penitential of Finnian... Medieval Studies 55 (1993), S. 245ff. Die bußwürdigen Taten umfassen Körperverletzung, Mord, .Unzucht', Ehebruch, Meineid, Diebstahl, Habsucht und Jähzorn, Sakrileg und Aberglaube, differenziert nach Laien und Klerikern, Bieler, The Irish Penitentials, S. 4. 100 Siehe oben, S. 95. 101 Cummean, Autor des Paenitentiale Cummenani, ist wahrscheinlich zu identifizieren mit Cummaine Fota, gest. 662, vielleicht auch identisch mit dem Bischof von Clonfert, Cumineus Longus, ebd. S. 6. Dieses Bußbuch war noch im 8. und 9. Jahrhundert sehr verbreitet auf dem Kontinent. 102 Auf der Grundlage der irischen Bußkataloge sind im 7. Jahrhundert neue Sammlungen verfaßt worden, wie z.B. die Cánones Theodori, auch ludida oder Paenitentiale Theodori genannt (Kottje, Art. .Paenitentiale Theodori', in: HRG Bd. 3 (1984) Sp. 14131416, bes. Sp. 1413), wahrscheinlich vom Erzbischof Theodor von Canterbury (669 bis 690) verfaßt (Kottje (Hg ), CCSL 156, Einleitung, S. VIII). Größte Verbreitung fanden diese Bußbücher vermutlich im nördlichen, mainfränkischen und südwestliche Frankenreich (Kottje, Busspraxis und Bussritus, S. 374). Untersucht wird an dieser Stelle die umfangreichste Sammlung „U", Teil I, als eigentlicher Bußkatalog und ein weiterer Teil II, der rechtliche und sittliche Ermahnungen enthält, Kottje, Art. ,Paenitentiale Theodori', in: HRG Bd. 3 (1984), Sp. 1414. 103 Payer, Sex and the Penitentials, S. 10. 104 Penitentialis Vinniani, c. 4,: „Puer de seculo ueniens cum aliqua puella fornican nitens nec coinquinatus est, XX dies; si autem coinquinatus est, .c. dies; si uero, ut moris est, compleat suam uoluntatem, annum peniteat. " ed. Bieler, The Irish Penitentials, S. 74. Siehe hierzu auch Payer, Sex and the Penitentials, S. 37.
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ableisten, indem er ihren Eltern das pretium zahlte.105 War er unverheiratet, Jungfräulich mit einer Jungfrau verbunden", hatte er die Möglichkeit, dieselbe zur Ehefrau zu nehmen, wenn ihre parentes es wollten. Bevor sie Eheleute werden konnten, mußten sie ein Jahr Buße tun. In ähnlicher Form erscheint ein solcher Tatbestand in den Leges. 106 Auch hier wird die Leistung des pretiums gefordert, um bei den parentes (!) die ,Schande' abzuleisten. Gleichermaßen war deren Zustimmung zur Eheschließung obligatorisch. Zusatz kirchlicherseits war allein die Forderung, daß auch der Mann jungfräulich sein sollte, damit es zu einer Eheschließung kommen konnte. Außereheliche sexuelle Kontakte freier Männer und Frauen werden als gesellschaftliche Tatsache bestätigt. Einem jungen Paar, das sich heimlich traf, wird der - versöhnlich klingende - Weg zugestanden, ihre Beziehung zu legitimieren. Dies scheint ,aus dem Leben gegriffen'. Es blieb aber - nach weltlichem wie kirchlichem Rechtsverständnis - das grundsätzliche Verbot fiir Männer, sexuelle Beziehungen zu freien Witwen oder unverheirateten freien Frauen aufzunehmen. Dies war ganz entschieden unerwünscht. 107 Ein Mann, der die Frau des Nächsten „befleckte" 108 wurde ermahnt, nie wieder Unzucht zu begehen und sich bei Brot und Wasser ein Jahr lang seiner Frau zu enthalten - es handelte sich demnach um einen verheirateten Mann! Verging sich jemand aber an der jungfräulichen Tochter des Nachbarn, vergrößerte sich die Bußleistung auf zwei Jahre. Doppelter Ehebruch erscheint weniger verdammenswert als die Korruption einer 105
Poenitentiale Columbani, cap. IV (XVI): „Si quis autem fornicaverit de laicis cum mulieribus a conjugio liberis, id est viduis vel puellis, si cum vidua, uno anno, si cum puella, duobus annis, reddito tarnen humiliationis ejus pretio parentibus ejus, poeniteat. Si autem uxorem non habuit, sed virgo virgini conjunctus est, si volunt parentes ejus, ipsa sit uxor ejus, ita tarnen, ut anno ante poniteant ambo et ita sint conjugates. " ed. Wasserschieben, Bußordnungen, S. 355. Siehe hierzu auch Payer, Sex and the Penitentials, S. 37. 106 Lex Salica 13, 8; Lex Burg. 12, 61, 44; Lex Ribuaria 39, 2. 107 Payer vermutet, daß sie toleriert wurden, wenn nicht Ehebruch und - bei Priestern und Mönchen - das Übertreten des Zölibats hinzukam, ders., Sex and the Penitentials, S. 37f. 108 Penitentialis Vinniani, c. 36: „Si quis laicus maculauerit uxorem proximi sui aut uirginem, annum integrum peniteat cum pane et aqua et non intret ad uxorem suam propriam et post annum penitentiae tunc recipiatur ad communionem et det elymosinam pro anima sua et non intret amplius fornicari cum extranea femina quamdiu fuerit in hoc corpore; uel si uirginem, duorum penitentia est annorum, primo cum pane et aqua, in alio xlmas ieiunet et abstineat se a uino et a carnibus et det elimosinas pauperibus et fructum penitentie in manu(s) sacerdotis. " ed. Bieler, The Irish Penitentials, S. 86 u. 88.
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jungfräulichen Tochter. Sie durfte keinesfalls eines Mannes Geliebte werden, ob mit oder ohne Zustimmung der Eltern. Bei Cummean heißt es nun, ein Laie, der Ehefrau oder Tochter des Nächsten „befleckte", sollte für beide Vergehen nur ein Jahr büßen. 109 Auch Columban nahm diese Verbote auf.110 Ausdrücklich beging ein Mann Ehebruch, wenn er eine fremde Ehe brach, „das Bett des Nächsten befleckte". Für dieses Vergehen sollte er jetzt drei Jahre büßen, sich von ausschweifenden Gelagen fernhalten und dem betrogenen Ehemann den „Preis der Keuschheit" zahlen. Auch zu dieser Bestimmung finden sich Parallelen in den Leges," 1 nach denen der Räuber einer verheirateten Frau diese beim Ehemann auslösen bzw. ein Strafgeld leisten mußte. Bei dem späteren Theodor wird diese Umkehrung der moralischen Werte noch deutlicher. Der Nachbar, der sich an der Frau seines Nächsten verging, büßte nun vier Jahre, war es die Tochter, ein Jahr.112 Der Einbruch in die fremde Ehe wird nun als schwerere Verfehlung angesehen als die Unzucht mit der Tochter eines anderen Mannes. Aber noch immer ist es gleichgültig, ob der Sünder selbst verheiratet war. Das Scheitern der kirchlichen Forderung nach einem egalitären Ehebruchverständnis bei Mann und Frau wird im weiteren deutlich. Während ein gleiches Bußmaß für unzüchtige Witwen und Mädchen galt, wurde ein härteres für eine verheiratete Frau verhängt. 113 Eine (ledige) Frau sollte 3 Jahre - wie ihr fornicator - büßen," 4 eine verheiratete Frau dagegen 7 Jahre.115
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Paenitentiale Cummeani II, c. 23: „Laicus maculans uxorem uel uirginem proximi sui, .i. anno cum pane et aqua sine uxore propria peniteat. " ed. Bieler, The Irish Penitentials, S. 116, in Anlehnung an Vinnian, c. 36. 110 Poenitentiale Columbani, C. XIV (XXVI): „Si quis laicus de alterius uxore filium genuerit, id est adulterium commiserit, thoro proximi violato, tribus annis poeniteat, abstinens se a cibis succulentioribus et a propria uxore, dans insuper pretium pudicitiae marito uxoris violatae et sic culpa illius per sacerdotem abstergatur. " ed. Wasserschleben, Die BuBordnungen, S. 357 111 Lex Alamannorum 50, 1. 112 Canones Theodori Cantuariensis c. II, 1: „Si quis fornicaverit cum virgine I anno peniteat si cum maritata IVannos [...]" ed. Finsterwalder, Text U, S. 290. 113 Canones Theodori c. II, 14: „Una poenitentia est viduae et puellae; maiorem meruit quae virum habet si fornicaverit. " ed. Finsterwalder, Text U, S. 290. 114 Canones Theodori c. XIV, 15: „Mulier quae se more fornicationis adulterio coniunxerit, III annos peniteat sicut fornicator [...] " ed. Finsterwalder, Text U, S. 308. 115 Canones Theodori c. XIV, 14: „Mulier adultera VII annos peniteat [...]" ed. Finsterwalder, Text U, S. 308.
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Schon der Wunsch nach Unzucht war strafbar,116 bei Knaben erhoffte man durch Züchtigung Besserung. Auch die Häufigkeit des Vergehens bedachte man bei der Bemessung des Bußmaßes.117 Man orientierte sich zwar an bekannten Kanones, suchte sich aber die Buße aus, die angemessen erschien. Die oft nicht einfach zu differenzierenden Bußtatbestände und die sich zum Teil widersprechenden Bußmaße auch innerhalb einer einzigen Redaktion eines Paenitentiale118 ließen einem Beichtvater genug Spielraum, die Schwere der Tat und die Bußleistung individuell zu entscheiden. Bußbücher wurden nicht einfach kopiert, sondern unterlagen einem Wandel, der sein Spiegelbild in der Gesellschaft besessen haben muß und auf ein verändertes sittliches Empfinden zurückzuführen ist. Während bei Finnian, nach der Höhe des Bußmaßes zu urteilen, das größere Verbrechen darin bestand, die jungfräuliche Tochter verfuhrt oder vergewaltigt zu haben, fand bei dem späteren Theodor, der wohl im nördlichen, wie auch im mainfränkischen und südwestlichen Frankenreich verbreitet war' 19 die (fremde) gebrochene Ehe größeres Gewicht. Dennoch läßt sich auch hier kein egalitäres sittliches Empfinden hinsichtlich des Ehebruchs von Mann und Frau finden, nur generell eine höhere Gewichtung der Ehe. Eindeutig war Ehebruch ein Grund für einen Mann, seine Frau zu entlassen,120 einer Frau verbot man dies. War ihr Mann ein fornicator, durfte sie höchstens ins Kloster gehen.121
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Canones Theodori c. II, 10: „Qui concupiscit fomicare sed non potest XL dies vel XX peniteat. Si frequentaverit si puer sit XX dies vel vapuletur. " ed. Finsterwalder, Text U, S. 290. 117 Canones Theodori c. II, 18: „Qui sepe fornicaverit, primus canon indicavit X annos penitere, secundus canon VII, sed pro inßrmitate hominis per consilium dixerunt III annos penitere. " ed. Finsterwalder, Text U, S. 292. 118 Die Höhe der Buße korrespondierte zwar im Prinzip mit der Schwere des Vergehens, Vergleiche zwischen verschiedenen Bußbüchern sind jedoch mit Vorsicht zu handhaben, da die Skalen der Bußsätze zunächst für jedes Bußbuch separat bestimmt werden müßten, bevor es zu einem Vergleich zwischen verschiedenen Bußbüchern kommen kann (siehe hierzu auch Payer, Sex and the Penitentials, S. 129ff). Nicht jedes Bußbuch führt aber ein identisches Inventar an Bußbeständen. 119 Siehe oben, S. 96, Anm. 102. 120 Canones Theodori c. XIV, c. 4: „Si quis vir uxorem suam invenerit adulteram et noluit dimittere eam f...J"ed. Finsterwalder, Text U, S. 307. 121 Canones Theodori c. XII, c. 6: „Mulieri non licet virum dimittere licet sit fornicator nisi forte pro monasterio. [...]" ed. Finsterwalder, Text U, S. 327. Allerdings heißt es im nächsten Kanon. „ Legitimum coniugium non licet separare sine consensu amborum. " ebd. Dies läßt theoretisch die Möglichkeit zur Scheidung zu.
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Die Stellungnahme der Bußbücher zur Sexualität122 scheint eindeutig: Erlaubt war sie nur zwischen Mann und Frau innerhalb einer legitimen Ehe, zu bestimmten Zeiten 123 und nur, wenn eine Empfängnis nicht ausgeschlossen war.124 Die Vermittlung dieser moralischen Grundsätze war ein wichtiger Bestandteil der inneren Christianisierung. Hierzu mußten die unerwünschten Verhaltensweisen genau definiert, nach Schwere abgestuft und entsprechend sanktioniert werden. Instrumente hierfür waren die Bußbücher: „[...] The formation of a code of sexual behaviour went hand in hand with the creation and diffusion of the penitentials f...]."125 Da die Paenitentialien als Reaktion der Kirche auf das (zu modifizierende) Verhalten der Bevölkerung anzusehen sind, legt ihre Auswertung ein lebhaftes Zeugnis davon ab, daß die Gesellschaft weit davon entfernt war, im Sinne der Kirche zu leben. Es gab außereheliche Sexualität unter Freien126 in vielerlei Formen: zwischen Verheirateten, Unverheirateten.... Von besonderer Bedeutung ist auch in den Bußbüchern die Bewahrung der Jungfräulichkeit freier, unverheirateter Mädchen erkennbar. Dies schließt sie als potentielle Konkubinen aus. Da freien Männern hingegen tendenziell sogar das Brechen der eigenen Ehe nachgesehen
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Lutterbach erkennt in den Bußbüchern hinter den Bemühungen der Kleriker zur Implantierung eines sittlichen Verhaltens das Topos der kultischen Reinheit (ders., Die Sexualtabus in den Bußbüchern, S. 232 u.ö). In ihren Bestimmungen lassen die Paenitentialien eine Zäsur im Umgang der Kirche mit der menschlichen Sexualität erkennen, die Einhaltung von Verboten wird kultisch begründet: Nur wer rein ist, darf Gott dienen, wird zur Kommunion zugelassen. Wie schon im Alten Testament, aber nicht im Neuen, wird z.B. der Kontakt mit „Körpersäften" von Männern und Frauen (Menstruationsblut, Samen) überaus streng sanktioniert (ebd. S. 226f u. 234ff). Insbesondere galt dies für Kleriker, Mönche und Nonnen, in den Bußbüchern ebenfalls kultisch-rituell begründet, da die ständige Bereitschaft zum Gottesdienst eine ständige Reinheit des Körpers verlange, ebd. S. 238. Ders., Sexualität im Mittelalter, Köln / Weimar/ Wien 1999. Paenitentiale Cummeani II, c. 30: „Qui in matrimonio, in tribus quadragesimis anni et sabbato et in dominico nocte dieque et in duobus legitimis et concepto semine et in menstruo tempore continens fieri debet usque ad modum sanguinis consummandum. " ed. Bieler, The Irish Penitentials, S. 116. Cánones Theodori c. XII, c. 2: „ Vir abstineat se ab uxore sua XL diebus ante pascha usque in octavas paschae. Inde ait apostolus: ut vacetis orationi. " ed. Finsterwalder, Text U, S. 326. Penitentialis Vinniani, c. 46: „Continentiam esse in matrimonio precipimus et exortamur, quia matrimonium sine continentia non ligitimum sedpeccatum est et non ad libidinem sed causa filiorum /".../"ed. Bieler, The Irish Penitentials, S. 90f. Siehe hierzu Payer, Sex and the Penitentials, S. 115 Ebd. S. 115f Zu den Bestimmungen der Bußbücher über Beziehungen zwischen Standesungleichen und zwischen Unfreien, siehe unten, Kapitel 6. 3.
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wurde, müssen andere Personengruppen für vor- und nebeneheliche Konkubinate zur Verfügung gestanden haben. Konkubinate werden in den Bußbüchern nicht explizit benannt. Geht man davon aus, daß Toledo I, c. 17 das Konkubinat als dauerhafte, monogame Beziehung an Stelle einer legitimen Ehe tolerierte, so behandelten die Bußbücher die Reglementierung der Sexualität. Hier mußte die Differenzierung auf einer anderen Ebene verlaufen als auf der eherechtlichen, beinhaltete sie doch auch das Sexualleben von Eheleuten. An der ,Basis', im direkten Umgang mit dem einzelnen Sünder (Bußbuch) wurde jegliche außereheliche geschlechtliche Beziehung bekämpft. In der offiziösen Rechtsprechung (Konzilien), in der die weltliche Macht auch ein Wörtchen mitzureden hatte, wurden sie unter gewissen Umständen notwendigerweise akzeptiert. Auf der konziliaren Ebene reichte die reale Macht der Kirche nur für die Minimalforderung, daß es kein Konkubinat neben der Ehe geben dürfe. Die verhängten Bußordnungen konnten ein verändertes sittliches Verhalten der Bevölkerung und damit einschneidende gesellschaftliche Veränderungen sicher nicht innerhalb der Geltungsspanne eines Bußbuchs durchsetzen. Nur in der weitergehenden Beobachtung des Wandels in den Bußbücherbestimmungen lassen sich Hinweise auf Erfolge und Mißerfolge der kirchlichen Bemühungen finden.
4.5 ,Erbauliches und Belehrendes' zum Konkubinat in der Hagiographie Die Vermittlung christlicher Werte durch die Verbreitung der Viten 127 war vielleicht erfolgreicher als durch den Kontakt der Gläubigen mit der
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Zum Thema siehe besonders: K. Weber, Kulturgeschichtliche Probleme der Merovingerzeit im Spiegel frühmittelalterlicher Heiligenleben, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens, N.F. Bd. 17 (1930), S. 347-403; F. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger im Reich der Merowinger, Prag 1965; ders. Sozialgeschichtliche Aspekte der Hagiographie der Merowinger- und Karolingerzeit, in: Mönchtum, Episkopat und Adel..., A. Borst (Hg.), Sigmaringen 1974, S. 131-176; F. Lotter, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse aus hagiographischen Quellen, in: HZ 229 (1979), S. 298-356; G. Scheibelreiter, Die Verfälschung der Wirklichkeit. Hagiographie und Historizität, in: Fälschungen im Mittelalter, Teil V; MGH Schriften Bd. 33, V, Hannover 1988; W. Berschin, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, Teil 2, Stuttgart, 1988; P. Fouracre, Merovingian History and Historiography, in: Past and Present 125 (1990), S. 3-38; Arnold Angenendt, Heilige und Reliquien, München 2 1997.
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Heiligen Schrift, denn die Heiligenverehrung ermöglichte einen direkteren und intensiveren Zugriff auf das Seelenleben der Bevölkerung 128 und wurde - wie die Bußbücher - durchaus bewußt als Mittel zum Zweck eingesetzt, dieses zu lenken und zu leiten. Den Auftrag, ein Heiligenleben zu verfassen, gaben zumeist Bischöfe oder Äbte. Gründe für den Wunsch einer Niederschrift lagen in der Verehrung Gottes durch die Heiligen und dem Wunsch nach frommer Erbauung der Zuhörerschaft, aber auch die Erinnerung an ein geliebtes Vorbild oder einen Lehrer, wie es beispielsweise die Vita Hathumodae formuliert.129 Verbreitung fanden die Viten durch Vorlesen, nicht nur in Klosterrefektorien und -gottesdiensten, sondern auch vor einem möglicherweise illiteraten Laien-Publikum. 130 Gerade für die Erforschung der so sparsam belegten Lebenswelt frühmittelalterlicher Frauen ist diese - nicht unproblematische 131 - Quellengattung seit einiger Zeit als von unschätzbarem Wert erkannt worden. 132 Jedoch: „Die Vita will ihrer Intention nach demgemäß vornehmlich die Heiligkeit ihres Protagonisten erweisen; andere Tendenzen - und gerade auch geschlechtergeschichtliche - bleiben demgegenüber sekundär." 133 Weniger die ,wahre' Geschichte des Heiligen als vielmehr allgemein christliche Inhalte gelangten zur Darstellung. 134 Das religiös motivierte Idealbild - männlicher und weiblicher - Heiliger zeigt mitunter geradezu
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C. Leonardi, Art.: ,Hagiographie', B I, L e x M A Bd. 4 (1989) Sp. 1843f. K. Heene, Merovingian and Carolingian Hagiography, in: Analecta Bolandiana 107 (1998), S. 415-428, bes. S. 419-21. Ausschlaggebend war auch die Translation der Gebeine eines Heiligen und der aus diesem Anlaß a u f k o m m e n d e Wunsch nach Informationen über den ,hauseigenen' Heiligen, ebd. Seit dem Ende des 8. Jahrhunderts gibt es Nachweise für die V e r w e n d u n g der Heiligenleben im öffentlichen Gottesdienst, auch als Quelle für Predigten in der Landessprache, Heene, Merovingian and Carolingian Hagiography, S.423f u. 426. Einen weiteren Hinweis gibt Alkuin in einem Brief, der vermutlich an Gundrada und Theodrada (Tochter Karls d.Gr., ab 814 Äbtissin von Argenteuil) gerichtet war, in denen er ihnen das gegenseitige Vorlesen der Viten empfiehlt, M G H Epp. 4, Nr. 279, S. 43 5f; Heene, Merovingian and Carolingian Hagiography, S.425 Siehe hierzu: Scheibelreiter, Die Verfälschung der Wirklichkeit, S. 283. Schulenberg, Saints' Lives, S. 303f; Goetz, Frauen im frühen Mittelalter, S. 125; schon Graus betonte, daß Viten unter Beachtung ihrer literarischen und funktionalen Charakteristika sozialgeschichtlich wertvolle Quellen seien, ders., Volk, Herrscher, Heiliger, S. 197-302. Graus, Volk, Herrscher, Heiliger, S. 126. Ebd.; siehe auch: Schulenburg, Saints'Lives, S. 307
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ein „Gegenbild zur Realität",135 gesellschaftlich atypischen Verhaltensweisen wird in Heiligenleben Vorbildcharakter zugeschrieben.136 Die Darstellung von Frauen in den Viten folgt zwei Mustern: Der Glorifizierung der jungfräulichen Märtyrerin und der verheirateten oder verwitweten Frau.137 Der Jungfrau wird himmlische Belohnung für die Vermeidung jeder Form der Geschlechtsbeziehung in Aussicht gestellt. Höchstes Vorbild ist die Märtyrerin, die in Umkehrung des PaulusWortes lieber brennen als heiraten will.138 Den Viten sind verheiratete, sexuell aktive Heilige unbekannt.139 Die sexuelle Enthaltsamkeit (insbesondere bei bestehender Ehe) scheint notwendige Voraussetzung für die Anwartschaft auf Heiligkeit gewesen zu sein. Als wesentlichen christlichen Wert vermittelten die Heiligenleben den Gläubigen die an jede einzelne Person gerichtete Forderung der Kontrolle menschlicher Sexualität. Jungfräulichkeit als wesentliche Voraussetzung zur Heiligsprechung von Frauen betont einmal mehr das gesellschaftliche Ideal weiblicher Keuschheit. Nur vereinzelt finden sich in den frühen Viten Hinweise auf Konkubinate mit freien Frauen. In der vermutlich von einem Zeitgenossen140 verfassten ältesten Passio Praejecti erleidet Präjectus (gest. 674), Bischof von Clermont unter Childerich II., den Märtyrertod, weil er sich in einen Rechtsstreit mit dem Marseiller Patrizius Hector verstrickt hatte. Hector 135
Goetz, Frauen im frühen Mittelalter, S. 156. Schulenburg, Saints' Lives, S. 307. Ein Problem bildet die nicht selten große Diskrepanz zwischen der Lebenszeit des verehrten Heiligen und der Zeit der Abfassung der Vita oder Passio (hierzu auch: K. Weber, Kulturgeschichtliche Probleme der Merovingerzeit, S. 348). Der Zeitpunkt der Niederschrift einer Vita ist daher ein Hauptkriterium für ihre Interpretation und reflektiert eher die gesellschaftlichen Verhältnisse zur Zeit ihrer Schriftlegung als zu Lebzeiten der heiligen Person. 137 Siehe hierzu: M. Stoeckle, Studien über Ideale in Frauenviten des VII.-X. Jhds., München 1957; M. Glasser, Marriage in Medieval Hagiographie, in: Studies in Medieval and Renaissance Studies, n.s.4, 1981, S. 1-35; J. T. Schulenburg, Saints' Lives as a Source for the History of Women, 500-1100, in: Medieval women and the sources of medieval history, J. Rosenthal (Hg.), Athens, Georgia 1990, S. 285-320; S. Wittern, Frauen, Heiligkeit und Macht: Lateinische Frauenviten aus dem 4. bis 7. Jahrhundert, Stuttgart-Weimar 1994; H.-W. Goetz, Sanctimonialis. Das Frauenbild der fränkischen Heiligenviten, in: ders. Frauen im frühen Mittelalter, Weimar-Köln-Wien 1995, Kap. 3, S. 105-156. 138 1 Kor 7, 9; Marc Glasser, Marriage in Medieval Hagiographie, S. 6. 139 Graus, Volk, Herrscher und Heiliger, S. 117 u. S. 468f. 140 Bruno Krusch, 1. Die älteste Vita Praejecti, in: Neues Archiv 18 (1892-93), S. 629639, bes. S. 629 u. S. 634; Ewig, Die Merowinger und das Frankenreich, S. 165; Zur inhaltlichen Wertung siehe auch: Scheibelreiter, Die Verfälschung der Wirklichkeit, S. 309fT. Der Präjectus-Kult blieb von lokaler Bedeutung, ebd. S. 319. 136
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hatte die Tochter einer gewissen Claudia geraubt, um an das Vermögen der Mutter zu gelangen, das diese per Testament dem Präjectus für die Armen hinterlassen hatte. 14 ' Hector heiratete die Geraubte nicht, sondern „mutete ihr das elende Leben einer Konkubine zu", anscheinend gegen ihren Willen.142 Obwohl nicht ihr Eheherr, übernahm er ihre rechtliche Vertretung und verklagte Präjectus bei König Childerich II. auf Herausgabe der Güter. Selbst eine freie, wohlhabend geborene Frau besaß als Konkubine keinerlei Eigenständigkeit, ihr ,Liebhaber' hatte volle Verfügung über sie. Das Leben einer Konkubine erscheint für eine Frau besserer Herkunft als zutiefst verachtenswert. Dieser in gallo-romanischen Kreisen des Frankenreiches handelnde Vorfall zeigt die schwache Rechtsstellung der Tochter der Claudia, die sich ihres Schicksals nicht erwehren kann, obwohl sie aus einer reichen Familie stammt. Da sie als Alleinerbin anscheinend keine Brüder oder andere männliche Verwandte besaß, entbehrte sie des (männlichen) familiären Schutzes. Dies ist gleichzeitig der bisher einzige bekannte Beleg für den Raub einer Freien mit dem Ziel, sie als Konkubine zu halten. Im weiteren Verlauf der Leidensgeschichte des Präjectus wird die Tochter der Claudia nicht mehr erwähnt. Nicht der Frauenraub und das aufoktroyierte Elend als Konkubine, sondern der Kampf um die Reichtümer und die vermeintlich fälschliche Beschuldigung des Heiligen in spe, sich diese unrechtmäßig angeeignet zu haben, empörte sämtliche Protagonisten, selbst den König. Der Streit führte letztendlich zur Hinrichtung Hectors - wohl auch, weil er sich zusätzlich dem König widersetzte - und zur Ermordung des Präjectus als Racheakt der Parteigänger Hectors. 143 Die Stellungnahmen der Kirche zur außerehelichen Sexualität erwiesen sich als wenig einheitlich. Formulieren einzelne Stimmen (Augustinus) 141
Passio Praejecti episcopi et martyrus Arverne c. 23: "Erat illo in tempore in supradicto territorio Arverno quedam femina Deo dicata nomine Claudia [...] resque suas ex parte inpredicto pontißce vel pauperes, quos ipse regebat, contulit. At non post multum spatium temporis debitum inplevit nature. [...] erat quidam infamis vir Hector nomine, qui aput Massiliam patriciatus honore adeptus fuerat. Qui filiam suprascripte Claudie raptam ex scelere sibi sociaverat, et deinceps concubinarum miseria adorsus, [...]". MGH SS rer. Mer. 5, S. 239. 142 Fouracre räumt ein, daß sich die Tochter eventuell freiwillig mit Hector einließ, damit er ihr bei der Einziehung der Besitztümer ihrer Mutter half, ders., Merovingian History, S. 22. Dies erklärt nicht, warum sich die Tochter einer reichen Familie mit „dem Elend einer Konkubine" zufrieden gab. Sie hätte sich die ehrenhaftere Position einer Ehefrau erkaufen können, Hector wäre als Ehemann ohnehin ihr Vormund in Rechtsund Finanzangelegenheiten. 143 Krusch, Die älteste Vita Praejecti, S. 631 f.
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ebenso wie von ,weltlicher' Einflußnahme weitgehende unabhängige Textzeugen (Bußbücher) Maximalforderungen einer kirchlichen Doktrin, so zeigt die geringe Durchsetzungskraft sittlicher Forderung auf der Ebene der konziliaren Gesetzgebung die große Diskrepanz zur gesellschaftlichen Realität. Das in Umrissen zu erkennende Gesellschaftsbild zeigt inhaltlich das Machtgefalle zwischen den Geschlechtern. Die kirchlicherseits angestrebte Einschränkung der sexuellen Vorrechte (auch verheirateter) freier Männer bleibt Makulatur, die Keuschheit (auch unverheirateter) freier Frauen dagegen war ein bedeutender sozialer Topos nicht nur in Schriftbelegen kirchlicher Provenienz.
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5. Der Muntaspekt: Frauenraub und Entführung Die bisherigen Untersuchungen ergaben nur wenige Hinweise auf die Existenz von Konkubinaten mit freien Frauen. Stellungnahmen zu außerehelichen Verhältnissen regeln diese Beziehungsform zumeist als Angelegenheit von Männern. In diesem Sinne berichtet Gregor von Tours von den Konkubinaten der Merowinger, polemisiert Salvian von Marseille gegen die Sitten von Männern, verbietet das Konzil von Toledo das nebeneheliche Konkubinat - für Männer. Um mehr über das Eingehen außerehelicher Beziehungen aus der Perspektive von Frauen zu erfahren, bietet sich eine Untersuchung der frühmittelalterlichen Muntverhältnisse an. Bereits vielfach erwies sich die Geschlechtsvormundschaft munt1 als bedeutender Faktor für das Eingehen von sexuellen und ehelichen Beziehungen von Frauen freier Herkunft. Wer die Munt über eine Frau besaß, entschied über ihre Eheschließung und wachte über ihr sittliches Wohlverhalten. Wie weit die Verfügungsgewalt eines Muntinhabers über sein Mündel ging, ist noch unklar. Differenzierte die Gesetzgebung zwischen Frauenraub (ohne Zustimmung der Frau) und Entführung (mit Zustimmung der Frau), so war der Konsens der Frau zur Aufnahme einer Beziehung nicht ganz ohne Belang. Sanktionen für unerlaubte Verhältnisse geben Aufschluss darüber, welche Verbindungen für Frauen freier Herkunft innerhalb der Muntverhältnisse zulässig waren. Wurden sie beispielsweise von ihren Muntinhabern in Konkubinate gegeben? Es fragt sich zudem, ob diese Sanktionen Frauen einen gewissen Spielraum ließen, sich gegen einen Vormund aufzulehnen und sich entführen zu lassen, um eine Ehe oder ein Konkubinat zu erzwingen. Die Frage nach der Existenz einer ,Entführungsehe' als legitime Eheform wurde von Herbert Meyer zur Unterstützung seiner Friedelehen' Ahd. munt bedeutet,Schutz'; mhd. munt ,Hand, Schutz, Vormundschaft 1 , verwandt mit lat. manus ,Hand' (Ogris, Art. ,Munt, Muntwalt', HRG Bd. 3 (1984), Sp. 750-761, bes. Sp. 750). Der Muntwalt (Vormund) hält seine Schutzbefohlene ,in der Hand', hält aber auch die schützende Hand vor sein Mündel. Unverheiratete Frauen unterstanden der Munt des Vaters. Die Vatermunt ist die Schutz- und Herrschaftsgewalt über Person und Vermögen des Kindes, d.h. des unmündigen Sohnes und der unverheirateten Tochter. Neben dem Recht auf Verwaltung und Nutzung des Kindesvermögens und der rechtlichen Vertretung des Kindes vor Gericht verfügt der Vater über das Züchtigungs- bis hin zum Tötungsrecht. Ein weiteres Recht war das Verlobungsrecht und - besonders bei den Töchtern - das Recht auf Heiratszwang des Vaters (ebd. Sp. 756). Schutzaspekt und Herrschaftsaspekt bedingen sich innerhalb des Muntbegriffes gegenseitig. Nach außen wird ein Mündel durch seinen Muntwalt gegen Ansprüche Dritter geschützt (auch in rechtlicher Hinsicht), ebd. Sp. 755.
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Theorie gestellt. Eine solche Beziehung, die gegen den Willen des Muntinhabers, aber unter Zustimmung der Frau herbeigeführt wurde, war für Meyer eine ,Friedelehe'. 2 Letzendlich ist auch der positive Aspekt der Munt, die Pflicht des Muntinhabers, sein Mündel gegen äußere Gefahr, Raub und Vergewaltigung zu schützen, aufschlußreich.
5.1 Der Schutzaspekt der Munt Ihre politische Macht zu sexuellen Übergriffen auf Ehefrauen und Töchter anderer Herren zu mißbrauchen, wurde Herrschern und anderen Großen nicht nachgesehen, sondern unterbunden oder zumindest gerächt. Kaiser Avitus 3 vergewaltigte die Frau des Lucius, die er durch eine List zu sich gelockt hatte. Als er Lucius nach der Tat auch noch verhöhnte, übergab dieser als Racheakt die Stadt Trier den Franken zur Plünderung. 4 Der Ehemann rächte seine Frau, die zu schützen er nicht imstande war. Childerich I. war Gregor von Tours zufolge ein Wüstling. Er wurde von den fränkischen Großen vertrieben, als er deren Töchter mißbrauchte. Er mußte nach Thüringen fliehen. 5 Die einflußreichen Väter ließen sexuelle Übergriffe nicht zu. Um 589 begehrte Herzog Amalo ein freies Mädchen. Betrunken schickte er, nachdem er die Ehefrau vom Hof geschafft hatte, seine Diener aus, das Mädchen zu entführen und in sein Bett zu legen. Doch die junge Frau leistete Widerstand und mußte mit Gewalt in die Wohnung des Amalo geschleppt werden. Die Diener schlugen sie, bis ihr das Blut aus der Nase strömte. Der Herzog beteiligte sich an der Gewalttat, umarmte sie und schlief ein. Doch das Mädchen ergriff Amalos Schwert und schlug ihm im Schlaf den Kopf ab - wie Judith dem Holofernes. Wundersamerweise wurde sie unter Königsschutz gestellt und entging einer 2 3 4
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Meyer, Friedelehe, S. 258f. Flavius Eparchus Avitus, weströmischer Kaiser 455-456. Fred. Chron. III, 7: „[...] Cumque uxor venisset Lucio, vim ab Avito oppressa fuisset, in crostino surgens de stratu Avitus dixit ad Lucio: 'Pulcras termas habes, nam frigido labas. ' Haec indignante Lucio, suae /actione derepta est civetas et incensa a Francis. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 94. Gregor, Hist. II, 12: „Childericus vero cum esset nimia luxoria dissolutus et regnaret super Francorum gentem [...], coepit ßlias eorum stuprose detrahere. Illique ob hoc indignantes, de regnum eum eieciunt. Conperto autem, quod eum etiam interficere vellent, Thoringampetiit [...]" MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 79f.
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Strafe. 6 S c h o n E m i l H. Walter erkannte, daß Gregor „die schrecklichsten Grausamkeiten ohne den geringsten A n s c h e i n moralischer Entrüstung erzählt". 7 In seiner wundergläubigen Frömmigkeit vertraute er auf die G e rechtigkeit des strafenden Gottes - in einer gewalttätigen W e l t Selbstschutz und Rettung d e s e i g e n e n Seelenheils. 8 O b w o h l Gregor V e r g e w a l tigungen selten erwähnt, e m p f a n d er sie sehr w o h l als Verbrechen, denn er ließ Gewalttäter durch Gott bestrafen. Gregors Stellungnahme zu einer Tat ist genau in dieser göttlichen Bestrafung zu finden. D i e A h n d u n g v o n Übergriffen a u f freie Frauen stand j e d o c h nicht im ö f f e n t l i c h e n Interesse, v i e l m e h r galten sie als P r i v a t s a c h e ' v o n Familien und Ehemännern, die ihre Töchter und Frauen zu schützen und g e g e b e n e n f a l l s zu rächen hatten. Entfiel dieser Schutz, konnte nur ein ,Wunder' Rettung bringen. Ein Mann n a m e n s Pappolenus entführte um 5 8 2 seine Liebste gleich z w e i m a l . Er hatte sich g e g e n den W i l l e n ihres Verwandten, des mächtig e n B i s c h o f s F e l i x v o n N a n t e s , mit ihr verlobt. 9 Mit H i l f e seiner Freunde entführte er sie und nahm Zuflucht in der Basilika d e s Hl. A l b i n u s , obw o h l s c h o n das K o n z i l v o n Orléans 511 das Kirchenasyl für Frauenräu-
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Gregor, Hist. IX, 27: "Amalo quoque dux, dum coniugem in alia villa pro exercenda utilitate dirigit, in amorem puellolae cuiusdam ingenuae ruit. Et facta node, crapulatus a vino, misit puerus, ut detrahentes puellolam earn toro eius adscirent. fila quoque repugnante et violenter in eius mansione deducta, dum ea alapis caedunt, sanguinis unda ex narium meatibus decurrente perfunditur. Unde factum est, ut ipse quoque stratus ducis antedicti hoc rivo cruentaretur. Quam et ipse pugnis, colaphis aliisque ictibus verberatem ulna suscepit, et statim oppressus somno dormire coepit. At ilia, extensa manu trans capud viri, gladium repperit; quo evaginato, capud ducis ac velut Iudith Olofernis ictu virili libravit [... ] Tunc Rex misericordissimus non solum ei vitam donavit, verum edam praeceptionem tribui iussit, ut in verbo suo posila, a nullo umquam parentum defuncti illius in aliquo molestiam pateretur [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 382f. M. Weidemann, Kulturgeschichte Teil I, S. 305. Emil H. Walter, Hagiographisches in Gregors Frankengeschichte, in: Archiv für Kulturgeschichte 48 (1966), S. 291-310, bes. S. 308. Ebd.; siehe auch: I. Wood, Gregory of Tours, Bangor 1994. Gregor, Hist. VI, 16: „Audiens autem Pappolenus eius obitum, neptem illius, de qua separates fuerat, recepii. Ante hoc autem tempus disponsatam earn habuerat; sed dissimolante de nuptiis Filici epìscopo, hic cum magna cohortem veniens, ab oraturio puellam abstraxit et in basilica beati Albini confugit. Tunc Felix episcopus ira commotus, circumventam puellam dolis a marito separavit; mutataque veste, apud Vasatensem urbem in monastirio posuit. Sed illa occultos pueros nuntius dirigit, ut scilicet earn ereptam a loco, in quo posita erat, aeeiperet. Quod ille non abnuens, adsumptam de monastirio puellam suo coniugio copolavit, regalibusque munitus praeeeptionibus, timere parentum distulit moenas. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 259.
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ber verbot.10 Bischof Felix aber überlistete die beiden und schickte seine Nichte ins Kloster. Erst nach dem Tod des Bischofs wagte Pappolenus, sie ein zweites Mal zu entfuhren, diesmal mit Erfolg. Die Rache ihrer übrigen Verwandtschaft fürchtete er nicht, da er sich eine königliche Erlaubnis verschafft hatte, obwohl auch dies bereits 541 im Konzil von Orléans ausdrücklich untersagt worden war.11 Niemand durfte sich durch eine königliche Verfugung eine Ehe gegen den Willen der parentes erschleichen. Es scheint eine reine Machtfrage gewesen zu sein, wer sich in einem Entführungsfall durchsetzen konnte. Alle zur Verfügung stehenden Mittel waren - zumindest versuchsweise - erlaubt. Die Flucht eines Frauenräubers und seiner ,Beute' in eine Kirche untersagten die Kapitularien und Konzilien in gleichem Maße wie die Eheschließung mit einer ehemaligen Nonne - nicht von Belang war, ob der Klostereintritt gezwungenermaßen erfolgte.12 Auch der schon erwähnte Eulalius, Graf von Clermont, der wie ein Merowinger trotz Ehefrau Umgang mit Mägden und Prostituierten hatte, raubte ein Mädchen aus dem Kloster und wurde für diese Tat anscheinend nicht zur Rechenschaft gezogen.13 Ein weiterer Entführungsversuch scheiterte an der energischen Mutter des Mädchens. Um 590 gelang es Chuppa, dem Marschall Chilperichs I., nicht, die Tochter Bischof Badigisils von Le Mans zur Ehe zu entfüh-
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Konzil von Orléans 511, c. 2: „De raptoribus autem id custodiendum esse censuimus, ut, si ad ecclesiam raptor cum rapta confugerit et /emina ipsa violentiam pertulisse constiterit, statim liberetur de potestate raptoris et raptor mortis ve/ poertarum inpuntate concessa aut serviendi conditione subiectus sit aut redimendi se liberam habeat facultatem. Sin vero quae rapitur patrem habere constiterit et puella raptori aut rapienda aut rapta consenserit, potestati patris excusata reddatur et raptor a patre superioris conditionis satisfactione teneatur obnoxius. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 5. 11 Konzil von Orléans 541, c. 22: „ Ut nullusper imperiumpotestatis filiam conpetere audeat alienam, ne coniugium, quod contra parentum volumtate impiae copulatur, velut captivitas iudicetur. Sed si, quod est prohibitum, admittitur, in his, qui perpetraverint, excommunicationis severitas pro modo pontificis inponatur. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 137f. Ähnlich in cap. 6, Konzil v. Paris 556-573, De Clercq, CCSL 148 A, S. 144. 12 Die Nichte des Pappolenus hatte eventuell nicht den Schleier genommen, sondern stand lediglich unter Hausarrest. Weidemann schließt, daß eine Entführung mit Heiratsabsicht straflos blieb, (Weidemann, Kulturgeschichte Teil I, S. 305) und eine königliche Heiratserlaubnis die Zustimmung der Eltern ersetzte, ebd. S. 313. Zur gesetzlichen Lage (siehe unten, das folgende Kapitel) nimmt sie nicht Stellung. 13 Gregor, Hist. X, 8: "[...] Eulalius vero puellam de monasterio Lugduninse diripuit eamque accepit". MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 415, Z.lOff.
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ren.14 Der Bischof und seine Frau waren fiir ihre Machtgier und Grausamkeit bekannt. 15 Gregor schildert einen Versuch, mittels des Arguments, bei der Eheschließung die Zustimmung der parentes umgangen zu haben, die Auflösung der Ehe zu erreichen. So entscheidet sich eine Frau nach 30jähriger Ehe, Heber zu ihrer Mutter ins Kloster zu gehen. 16 Ihr Plan scheiterte zwar, doch ist ein weiteres Mal die einzig rechte Form der Eheschließung bezeugt. Ein weiteres Raubopfer erscheint in der Vita Rusticula. Die flinQ ährige spätere Heilige, deren Vater am Tag ihrer Geburt gestorben war, 17 wurde vom edlen Cheraon geraubt, der sie zu ehelichen gedachte, sobald sie alt genug war. Er ließ sie von seiner Mutter aufziehen. 18 Ihn hinderte niemand an seinem Vorhaben. Waren Frauen ohne männliche Familienmitglieder höher gestellten Männern gegenüber vollkommen schutzlos? Nur in einem einzigen nachweisbaren Fall ließ sich also eine Frau, die wahrscheinlich keine näheren männlichen Verwandten mehr besaß, von ihrem Verlobten entführen. Sie kannte ihn und zog ihn dem aufgezwungenen Klosterleben vor. Eine verbreitete Gewohnheit, durch Entführung eine Ehe gegen den Willen des Muntinhabers zu erzwingen, muß nach Aussage der Quellen in Frage gestellt werden. Vielmehr betonen die wenigen Schriftbelege die vehemente Gegenwehr von Muntinhabern, die 14
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Gregor, Hist. X, 5: „[...] Ipsi quoque Chuppa [...] filiam Badigysili [...] diripere sibi in matrimonio voluit. Inruens autem nocte cum coneo sociorum in villam Maroialensi, ut voluntatem suam expleret, praesensit eum dolumque Magnatrudis matrisfamilias, genetrix scilicet puellae; eggressaque cum famulis contra eum, vi reppulit [...]. " MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 413. Gregor, Hist. VIII, 39. Hier wird Weidemann widerlegt, denn auch Chuppa hatte Heiratsabsichten. Er war allerdings zuvor nicht mit dem Mädchen verlobt gewesen und besaß keine königliche Erlaubnis. Gregor, Hist. IX, 33: „ [...] Quia sine consilioparentum eam coniugio copolasti; non erit uxor tua'. Erant enim iam fere triginti anni, ex quo coniunctipariter fuerant. [...]" MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 388. Vita Rusticulae sive Marciae abbatissae Arelatensis c. 1: „[...] Valeriano et dementia coniugibus Romanis, [...] dedil eis Dominus hanc sacramentissimam prolem Rusticulam [...] Contigit autem, ut eadem die quae haec nata estpater eius de hac luce migraverit. " MGH SS rer. Mer. 4, S. 340. Vita Rusticula, c.3„lgitur cum esset haec virgo annorum quinque rapta est a quodam viro nobili nomine Cheraonio. Cumque eam ad domum suam perduxisset, genitrici suae eam obtulit enutriendam, ut cum ad legitimam pervenisset aetatem, sibi eam matrimonio copularet. [...]" MGH SS rer. Mer. 4, S. 341. Rusticula starb wahrscheinlich um 622, Goetz, Frauen im frühen Mittelalter, S. 129. Die Vita verfasste vermutlich ein Priester namens Florentius um 630, Wittern, Frauen, Heiligkeit und Macht, S. 16.
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ihre Verheiratungsbefugnisse mißachtet sahen. Vermutlich - soweit aus den spärlichen Belegen ersichtlich - waren Frauen ohne nahe männliche Verwandtschaft, die vor Ort als Beschützer auftraten, Übergriffen relativ hilflos ausgesetzt. Die Abwesenheit eines ,Bewachers' bedeutete natürlich auch eine größere Selbstbestimmtheit von Frauen, die auch die Braut des Pappolenus für sich nutzte. Entführung und Raub sind in den dargelegten Schriftzeugen an den Ehewunsch gekoppelt, ein Konkubinat war in keinem Fall beabsichtigt.
5.2 Zur Existenz der ,Entführungsehe' - Sanktionen des Frauenraubs Kottje zufolge wird in den Leges eine durch Raub herbeigeführte Ehe insofern anerkannt, als sie bestehen bleibt, Mann und Frau als Eheleute gelten, und kein Konkubinat vorliegt. 19 Obwohl in strafwürdiger und verachtenswerter' Weise eingegangen, wird auch nach Köstler nicht die Auflösung dieser rechtlich benachteiligten „Minderehe" verlangt. 20 Lediglich die Leges Alamannorum sollen hierin eine Ausnahme bilden. Ohne - nachgelieferte - Zustimmung des Muntinhabers sei die Raub'ehe' nach alemannischem Recht ungültig.21 Köstler sieht in dieser Verfügung eine neue Entwicklung. Anstelle der älteren, formellen Muntübertragung, deren Fehlen aber nicht eine geschlossene Ehe ungültig machte, trat die neuere formlose, ehebedingende Bewilligung, ebenfalls durch die Muntinhaber. Der Einfluß der Kirche, die den ,Konsens' der Muntinhaber unabdingbar machte, taucht Köstler zufolge erstmalig in dieser Form in einer Lex auf. 22
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Kottje, Eherechtliche Bestimmungen, S. 218. Köstler, Ehebewilligung, S. 35f; ders., Raub- Kauf- und Friedelehe bei den Germanen, in: Z R G . G A 63 (1943) S. 115ff „Schloß sich an Raub und Entführung eine offenkundig eingegangene dauernde Haus- und Geschlechtsgemeinschaft an, so war die Ehe volksrechtlich gegeben. Es war das aber dann keine Ehe, die durch Raub oder Entfuhrung herbeigeführt oder geschlossen worden wäre, sondern sie entstand unabhängig davon, ihm oder ihr zum Trotz. Man kann daher auch nicht sagen, daß Raub oder Entf ü h r u n g ehebegründende Kraft gehabt hätten." ebd. S. 116. Ebd., S. 53. Auch Heinritz zufolge war nur nach alemannischem Recht eine durch Raub begründete Ehe unmöglich, weshalb es auch keine Formeln zur Heilung von Raubehen aus dieser Region gebe. Die fehlende Ehebewilligung des Gewalthabers konnte nicht nachträglich erworben werden, eine Raubehe blieb ungültig, ders., Die eherechtlichen Bestimmungen, S. 38f. Köstler, Ehebewilligung, S. 54f.
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Dieser Auffassung ist zu widersprechen, denn wer eine unverheiratete Freie raubte, wurde auch in den anderen Leges mit einem Strafgeld belegt.23 Die zum Teil sehr hohen Bußzahlungen stellen den erhöhten Brautpreis des Mädchens dar,24 kehrte sie ,unversehrt' zurück, verringerte sich der Betrag.25 Zahlte der Räuber nicht, wurde er den Eltern des Mädchens überlassen, zur Bestrafung nach deren Belieben. 26 Streng bestraft wird somit nicht nur die heimliche außereheliche Verbindung mit Zustimmung der Frau, sondern auch die versuchte Eheschließung unter offener Mißachtung der elterlichen Zustimmung. Beim Raub wird der Willen der Frau mit dem der parentes identifiziert. 27 Die Zahlung des erhöhten Brautpreises galt als nachträglicher Munterwerb. Aufschlußreiches über das Wesen der Geschlechtsvormundschaft bietet das alemannische Recht. 28 Ein Frauenräuber sollte die unverlobte 23
Lex Salica 13, 1: „Si quis tres homines ingenuam puellam de casa aut de screona rapuerint, [...] tricenos solidos Uli tres cogantur exsolvere. " MGH LL nat. Germ. 4, 1, S. 59. Aus diesem und den folgenden 3 Paragraphen schließt Siegmund in Übereinstimmung mit archäologischen Quellen, daß es aufgrund der Inzestbestimmungen und der geringen Bevölkerungsdichte für junge Männer schwierig war, geeignete Ehefrauen zu finden. Dieses Problem umgingen sie mit dem in Banden ausgeführten Frauenraub. Die Versuche, die Schließung einer Muntehe zu umgehen, wurden nicht toleriert, sondern hart bestraft, das Strafgeld in Höhe einer Existenzgrundlage angelegt. Hintergründig wurden hier jedoch die Familien gezwungen, sich über die Ehezahlungen zu einigen. Verweigerten sie dies, wurde der Frauenraub als Ausweg gewählt. F. Siegmund, Über den Frauenraub in der Merowingerzeit, in: FMST 32 (1998), S. 101-123, bes. S. 102f u. S. 123. 24 Leges Burgundionum 12, 1: „Si quis puellam rapuerit, pretium, quodpro puella daturus erat, in novigildo cogatur exsolvere, et multae nomine solidos XII" MGH LL nat. Germ. 2, 1, S. 51. Nach Köstler, Ehebewilligung, S. 45 heißt novigildo 'neunfach'. 25 Leges Burgundionum 12, 2: „Si vero puella, quae rapta est, incorrupta redierit ad parentes, sexies puellae pretium raptor exsolvat, multae autem nomine sollidos XII. " MGH LL nat. Germ. 2, 1, S. 51. Über die Höhe des Brautpreises gibt ein anderer Paragraph Auskunft (Leges Burgundionum 101,1, MGH LL nat. Germ. 2, 1, S. 114). Abgestuft nach gesellschaftlichem Status, beträgt der Brautpreis für „obtimates" und „mediocres" 50 Sol., für „leudes" 15 Sol. Zu den Bezeichnungen der Gesellschaftsschichten siehe Olberg, Zum Freiheitsbegriff. 26 Leges Burgundionum 12,3: „Quod si raptor solutionem suprascriptam unde solvere non habuerit, puellae parentibus adsignetur, ut faciendi de eo quod ipsi maluerint habeant potestatem. " MGH LL nat. Germ. 2, 1, S. 51. 27 Lex Baiwariorum VIII, 6: „Si quis virginem rapuerit contra ipsius voluntatem et parentum eius, cum XL solidis conponat, et alios XL cogatur in fisco. " MGH Leg. nat. Germ. 5, 2, S. 356. 28 Nach D. Hellmuth, Frau und Besitz. Zum Handlungsspielraum von Frauen in Alamannien (700 bis 94), Sigmaringen 1998, S. 77ff, galt die Vormundschaft über Mädchen wie über Jungen - auch bei den anderen germanischen Stämmen - jedoch nur bis zum Mündigkeitsalter. Unmündige Mädchen durften sich im Gegensatz zu unmündigen
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Tochter eines anderen zurückgeben und die Straftat beim Vater mit 40 Solidi sühnen.29 Behielt er sie aber mit Zustimmung des Vaters, mußte er bei diesem die Munt durch eine Zahlung von 400 Solidi auslösen. Die Summe bezeichnet genau den Wert der dos.30 Erwarb der Räuber die Munt nicht, unterstanden seine Kinder rechtlich dem Vater der Frau. Die Munt mußte in jedem Fall auch dann erworben werden, wenn ein Mann die Ehefrau eines anderen zur Ehe raubte, sonst verblieb die Frau weiterhin in der Vormundschaft des vorherigen Ehemannes.31 Auch hier erscheint wieder der zu zahlende Betrag von 400 Solidi, wenn die Frau nicht zum ersten Mann zurückging. Die Kinder aus einer (zweiten) muntlosen Verbindung unterstanden ebenfalls muntrechtlich dem ersten, in Muntehe geheirateten Mann.32 Auch diese unrechtmäßigen BeziehunJungen nicht selbständig verheiraten. Hellmuth konstatiert, daß eine Geschlechtsvormundschaft über Mädchen nach dem Mündigkeitsalter nicht nachgewiesen werden kann, ebd. S. 81. Dem widersprechen entschieden die oben aufgeführten Bestimmungen, in denen das Alter einer geraubten Frau nicht relevant ist. 29 Lex Alamannorum 53, 1: „Si quis filiam alterius non sponsatam acciperit sibi ad uxorem, si pater eius eam requirit, reddat eam et cum 40 solidis eam conponat. 53, 2: Si autem ipsa femina post illum virum mortua fuerit, antequam illo mundio aput patrem adquirat, solvat eam ad patrem eius 400 solidis; et sifilios aut fllias genuit ante mundium, et omnes mortui fuerint, unicuique cum wirigildo suo conponat ad illum patrem feminae. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 111. 30 Lex Alamannorum 54, 1:,,[...] Dotis enim legitima 400 solidis constat aut in auro aut in argento aut mancipia aut qualecumque habet ad dandum. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 112. Weitere Varianten der Lesart sind CCC und XL. Nach Schott, Lex Alamannorum, 1993, S. 122 (Edition des Cod. Sangall. 731) istXXXX die .richtigere' Lesart. Für die Variante 400 solidi als Wert der Dos sprechen weitere Paragraphen. Die unterlassene Rückgabe einer schon verlobten geraubten Frau wird mit 400 Solidi ausgelöst und somit nachträglich die Munt erworben: Lex Alamannorum 51: „Si quis sponsatam alterius contra legem acciperit, reddat eam et cum 200 solidis conponat. Si autem reddere noluerit, solvat eam cum 400 solidis, [...]." MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 110. Nach Beyerle (Das Kulturporträt der beiden alamannischen Rechtstexte Pactus und Lex Alamannorum, S. 126-150) handelt es sich in 53, 1 und 2 bei den 400 Sol. um das Frauenwergeld (ebd. S. 137), während er als Summe der dos 40 Sol. vermutet. Er bemerkt selbst, daß sonst die dos wertgleich mit dem bei dem Frauenraub zu zahlenden Betrag wäre, (ebd., S. 139, mit Anm. 9). Mit dem in § 53, 2 erwähnten wirigildo ist jedoch nicht das Wergeid der Mutter, sondern vielmehr das der Kinder gemeint. Dies hatte der Kindsvater dem Vater der Frau zu zahlen, falls die Kinder starben, bevor der Kindsvater die Munt erwarb. 31 Lex Alamannorum, 50, 1: „Si quis liber uxorem alterius contra legem tullerit, reddat eam et cum 80 solidis conponat. Si autem reddere noluerit, apud 400 solidos eam solvat, et hoc si maritus prior voluerit. Et si antea mortua fuerit, antea quod ille maritus eam quaesierit, cum 400 solidis conponat. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 109. 32 Lex Alamannorum 50, 2: „Si autem ille raptor, qui eam accepit sibi uxorem, ex ea fllios aut filias, antea quod eam solvit, habuit, et ille filius mortuus fuerit aut illa filia,
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gen wurden als Ehen bezeichnet, es wird wohl die Aufnahme des Hausstandes und die Absicht der Eheschließung beschrieben. Einer durch Raub herbeigeführten Verbindung hafteten immense Nachteile an: Der Mann konnte seine Kinder nicht als die eigenen beanspruchen, sie waren rechtlich einem anderen zugeordnet und demnach für ihn als Erben wertlos. Keineswegs läßt sich hier auf eine institutionalisierte, ausdrücklich anerkannte ,Friedelehe' schließen, ebensowenig, wie aus einem ungesühnten Diebstahl geschlossen werden kann, daß ein solcher rechtens ist. Und doch erkennt Beyerle hier den Einfluß der ,Friedelschaft'. 33 Es handelt sich aber eindeutig um die Negierung einer allein auf dem Konsens von Mann und Frau beruhenden ,freien Beziehung'. Vielmehr werden die gesetzlichen Muntrechte der verschiedenen Parteien definiert, denen sich alle Beteiligten unterzuordnen hatten. Entgegen den Auffassungen Köstlers zeigen auch die Leges Alamannorum die Unabdingbarkeit einer formellen Muntübertragung - nicht nur eines informellen Konsenses - für die Schließung einer ,rechten Ehe'. Keineswegs ist eine Tendenz in Richtung einer ,Konsensehe' auszumachen, denn der zentrale Aspekt sämtlicher Paragraphen zum Frauenraub ist die ordnungsgemäße Regelung der Muntzugehörigkeit durch Bestellung einer dos, die die Versorgung einer Witwe sicherstellen sollte.34 Die dos verblieb bis zum Tod im Besitztum des Mannes, erst danach konnte eine Frau sie fordern. Widersprach ihr der nächste Angehörige des verstorbenen Mannes, so konnte sie mittels Schwur oder Zweikampf die Herausgabe erzwingen. 35 Da nun die Eltern kein eigenes finanzielles Interesse an der Veräußerung der Munt über ihre Tochter hatten, konnte ihr einziger Beweggrund für die Beachtung der ordnungsgemäßen Bestellung einer dos als Gegenleistung für den Munterwerb nur die Absicherung der Tochter im Witwenfall sein. Eltern wollten ihre Kinder versorgt wissen.
ad illum pristinum maritum illum filìum eum wirigildum solvat. Si autem vivi sunt, non sint Uli, qui eos genuit, sed ad illum priorem maritum mundio perteneat. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 109f. 33 Beyerle, Kulturporträt, S. 139. 34 Lex Alamannorum 54, 1 : „ Si quis liber mortuus fuerit, reliquit uxorem sine filios aut filias, et de illa hereditate exire voluerit, nubere sibi alium coaequalem sibi, sequat eam dotis legitima [...]. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 112 35 Lex Alamannorum 54, 2: „Si autem proximus mariti defuncti contradicere ipsam dotem ad illam mulierem voluerit, quod lex non est, illa sequat cum sacramento cum nominatos quinque aut cum spala tracia pugna duorum [...]. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 113. Auch die Auszahlung der ihr zusätzlich zustehenden Morgengabe im Wert von 12 Sol. konnte sie durch Schwur einfordern (Lex Alamannorum 54, 3).
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Bei Eheschließungen war es die Pflicht des Vaters, den Anspruch der Braut auf eine standesgemäße ökonomische Absicherung zu wahren. Dies läßt daran zweifeln, daß Eltern ihre Töchter in Konkubinate gaben, in denen sie weder rechtlichen Schutz noch eine finanzielle Versorgung zu erwarten hatten. Wurde eine Konkubine verstoßen oder starb ihr Liebhaber, so blieb ihr nichts anderes übrig, als zurück zu ihren Eltern zu gehen, um nicht verhungern zu müssen. Auch dies stand sicher nicht im Interesse der Eltern. Diejenigen westfränkischen Formelsammlungen, die mehr oder weniger eindeutig in die Zeit bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts datieren, 36 bestätigen den Eindruck der Leges und belegen gleichzeitig deren Anwendbarkeit und Effektivität. Eine Formel aus Angers beschreibt den gewöhnlich eingehaltenen Vorgang der Eheschließung, 37 zu der unbedingt das Verlobungsrecht der Brautverwandten gehörte. Nur sie konnten die Munt übertragen. 38 Wie wurde nun eine nicht legal geschlossene Verbindung definiert, wurde sie als Konkubinat oder als Ehe bezeichnet, hatte sie Bestand? Dies ist aus den Kompositionsformeln Marculfs zum Frauenraub ersichtlich. 39 Es zeigt sich, daß eine Ehe beim Raub beabsichtigt war, nicht das Eingehen eines Konkubinats. Das Strafmaß war nicht den Leges, sondern dem Kapitular Childeberts II.40 entnommen, das somit aktueller war. In diesem Kapitular wurden die Frauenraubstrafen der Leges wesentlich verschärft, Entfuhrung und Frauenraub kompromißlos verdammt, Räuber und - zu36
U. Nonn, Art.: "Formel,-Sammlungen, -bücher, III. Frühmittelalter", LexMA, Bd. 4 (1989) Sp. 648f: Formulae Andecavenses aus Angers, Ende 6. Jh. und Formulae Marculfi, Ende 7. Jh. ebd. 648. 37 Siehe hierzu: H. Heinritz, Die eherechtlichen Bestimmungen in den Formelsammlungen, S. 59f. 38 Formulae Andecavenses 1 c,: „[...] Et qua, propicio Domino, iuxta consuetudinem una cum volumtate parentum tuorum spunsavi, proinde cido tibi de rem paupertatis meae, tarn pro sponsaliciae quam pro largitate tuae, hoc est [...] et in omnia superius nominata, dulcissima sponsa mea, ad diae filicissimo nupciarum tibi per hanc cessione dileco adque transfundo, ut in tuae iure hoc recepere debias [...]. " MGH Form. S. 5. Auch nach einer Formel Marculfs war die Dotierung üblich: Form. Marc. II, 15. 39 Form. Marc. II, 16: „[...] Dum et te per volontatem parentum tuorum habui disponsatam, et absque tua vel parentum tuorum volontate rapto scelere meo coniogio sodavi, [...] unde vitaepericulum incurrere debui, sed, intervenientes sacerdotes vel bonis hominibus, vitam obtenui, sie tarnen, ut quod tibi in tanodo vel in dotis titulum ante die nupciarum, si te disponsatam habuissem, conferre debueram, per hanc epistolam conposcionalem[...] firmare deberim [...]. " MGH Form. S. 85. 40 Zum Forschungsstand siehe Ingrid Woll, Untersuchungen zu Überlieferung und Eigenart der merowingischen Kapitularien, Frankfurt a.M. 1995, bes. S. 17ff.
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stimmende - Entführte mit drakonischen Strafen belegt.41 Durch das Engagement von sacerdotes und boni homines42 konnte den Formeln zufolge die Todesgefahr abgewendet werden. Zur Verhandlung stand nun noch das Nachholen der Dotierung, um eine vollgültige Ehe zu erreichen. Die Dotierung wurde bei der Verlobung versprochen. Blieb die ordnungsgemäße traditio aus, erfolgte die Übergabe der dos nicht - auch hier die Verknüpfung von Muntübergabe und Dotierung. Nur die eigentliche Eheschließung fand bei Form. Marc. II, 16 unerlaubterweise ohne den Willen der Braut und ihrer Eltern statt, vielleicht, weil sie es sich mit dieser Eheschließung anders überlegt hatten. Trotz ordnungsgemäßer Verlobung, der die Eltern ja zugestimmt haben mußten, genügte die übereilte Eheschließung und damit die unterlassene Dotierung und Muntübergabe, um den Bräutigam in Lebensgefahr zu bringen. Die frühen westfränkischen Formeln bestätigen die Aussagen der Leges: Es gab dotierte Muntehen und unvollkommen eingegangene Verbindungen, die zumindest von den ,Eheleuten' als Ehen eingegangen und angesehen wurden. Denn der Bräutigam bezeichnet die Aufnahme der häuslichen Gemeinschaft als coniugio sociavi, er beabsichtigte kein Konkubinat. Allerdings scheint dies seine subjektive Auffassung gewe41
Decretio Childeberti II., c. 4: „[...] ut admodo quicumque praesumpserit raptum facere, unde impiissimus vitius adcreverit, vitae periculum feriatur; et nullus de optimatibus nostris praesumat pro ipso precare, sed unusquisque admodum inimicum Dei persequatur. Qui vero edictum nostrum ausus fuerit contempnere, in cuiuslibet iudicis pago primitus admissum fuerit, ille, iudex collectum solatium ipsum raptorem occidat, et iaceat forbatutus. Et si ad ecclesiam confugium fecerit, reddendus ab episcopo, absque ulla precatione exinde separentur. Certe si ipsa mulier raptori consenserit, ambo pariter in exilio transmittantur. Et siforas ecclesia capti fuerint, ambo pariter occidantur, et facultates eorum parentibus legitimis, et quod fìsco nostro debetur adquiratur. " MGH Leg II, Cap. I, Nr. 7, S. 16. Woll zufolge um 596 erlassen (dies., Untersuchungen, S. 37f), stand das Dekret inhaltlich unter dem Einfluß des burgundischen und römischen Rechts, ebd. S. 252, 98 u. 113f. Nach Köstler zeigt sich hier kirchliches Interesse, denn schon im Konzil von Orléans 511 (c. 2, siehe unten, S. 118, Anm. 46) wurde der Raub zum Ehehindernis erhoben, die Geraubte muß zurückgebracht werden, ders., Ehebewilligung, S. 84f.
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Siehe hierzu: K. Nehlsen-van Stryk, Die boni homines des frühen Mittelalters, Berlin 1981. Nach Nehlsen-van Stryk waren die boni homines ein Personenkreis, „ [...] der in der Funktion von gerichtlichen Beisitzern, bzw. Urteilern, Gerichtszeugen, Schiedsrichtern und Schlichtern auftritt [...]." Dies., Die Freien, S. 435. Weniger eine spezielle soziale Schicht als vielmehr ein unbescholtener Ruf schien das wesentliche Merkmal der urkundundenspezifisch boni homines genannten Personen zu sein, ebd. S. 436. „Sie bezeichnen - insofern müssen freier Stand und Grundbesitz als regelmäßige Voraussetzungen betrachtet werden - die testes idonei, Personen uneingeschränkter Zeugnisfähigkeit, wobei entsprechend der fränkischen Gerichtsverfassung im Frühmittelalter die Urteilerfähigkeit hinzutrat." Nehlsen-van Stryk, Die boni homines, S. 348.
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sen zu sein, denn eine Strafverfolgung wäre absurd, wenn er als Ehemann anerkannt worden wäre. Um aber die Beziehung zu legalisieren, mußten - und dies ist der springende Punkt - Dotierung und Muntübergabe, die ja nur mit Zustimmung der parentes möglich waren, nachgeliefert werden. Kottje ist zu widersprechen, eine durch Raub herbeigeführte Beziehung war nur dann eine Ehe und hatte Bestand, wenn die erforderlichen Ehevoraussetzungen (Dotierung und Muntübergabe) nachgeholt wurden. Es existierte keine ,Raub-' oder ,Entführungsehe' als anerkannte Eheform. 43 Der Raub oder die Entführung einer Frau war eine Straftat, der weitere Bestand einer solchen Verbindung zunehmend verboten. In den Bestimmungen zum Frauenraub einen Beleg für die muntfreie ,Friedelehe' zu sehen, geht auf Meyer zurück.44 Die vielen Aussagen zur obligatorischen Zahlung des erhöhten pretium widerlegen dies. Erwarb ein Räuber mit dieser Zahlung nachträglich die Munt (Leges Alamannorum), wurde der Raub eben in eine Muntehe transformiert und nicht in eine ,Friedelehe'. Handelte es sich um eine Sühnezahlung ohne Munterwerb, ist davon auszugehen, daß die Frau zurückgegeben wurde. Die Existenz von Frauenraub und Entfuhrung führt per se die FriedelehenTheorie ad absurdum, denn sie belegt gerade die gesellschaftliche Indifferenz gegenüber dem Konsens der Frau zu einer Eheschließung. Ein Friedelehen-Konstrukt ist nicht notwendig, um zu verstehen, daß es die Norm (rechte Ehe) und die Abweichung der Norm (Raub) gab, aber Versuche existierten, das Ersehnte zu erzwingen und sich über Konventionen und Gesetze hinwegzusetzen. Die Familie schützte ihre Frauen und rächte deren verletzte Ehre. Die gesetzlichen Bestimmungen sollten auch hier Fehdehandlungen einschränken und als Alternative eine unblutige Strafverfolgung anbieten. Mißachteten Frauen persönlich Recht und Sitte (Entführung), waren sie es, die die Familienehre beleidigten und dementsprechend mit Bestrafung rechnen mußten. Frauen wurden nicht für ein Konkubinat geraubt oder entführt, intendiert war, soweit aus den Quellen ersichtlich, immer die Eheschließung.
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Anders Kottje, Eherechtliche Bestimmungen, S. 213. So Meyer, Friedelehe, S. 258.
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5.3 Kirchliche Stellungnahmen zum Frauenraub Den merowingischen Kapitularien zufolge war der Raub ein Ehehindernis.45 Es fragt sich, ob die Kirche, die doch den Konsens der Frau gefordert haben soll und aus diesem Grund zwischen Raub und Entfuhrung differenzieren müßte, mit dieser Meinung konform ging. Nicht nur die merowingischen Konzilien, als Bestandteil des herrscherlichen Rechts, auch die Kompilatoren der Kanonessammlungen verboten den Frauenraub. Ein Kanon des Konzils von Orléans aus dem Jahr 511,46 demzufolge keinem Frauenräuber oder -entführer Kirchenasyl gewährt werden durfte, wurde wörtlich in die Vetus Gallica übernommen.47 Der Frauenräuber war hart zu bestrafen, wurde zum Tode verurteilt oder versklavt, wenn er sich nicht freikaufen konnte. Hatte eine Frau sich entführen lassen, sollte sie zurückgegeben werden und sich beim Vater entschuldigen, nur ihm gegenüber war sie Rechenschaft schuldig. Raub und Entführung führten nicht zur Ehe, wie es auch das Dekret Childeberts II. promulgierte. Die Formeln übernahmen die Todesstrafe als Strafmaß, zeigten gleichzeitig aber eine Möglichkeit zur Aussöhnung.48 Sie stellen ein Konglomerat der Rechtsprechung dar, denn sie verbanden die Bestimmungen der Leges, inklusive ihrer aktuellen Neuerungen, mit der Rechtsprechung der Kirche. Zwei merowingische Konzilien betonen nochmals deutlich die Verfügungsgewalt der parentesi Auch das Wort des Königs, als erschlichene Heiratserlaubnis, sollte nicht über den Wünschen der parentes stehen. Vehement verbot auch die Vetus Gallica den Frauenraub, an ihm betei-
45
Decretio Childeberti II., siehe oben, S. 116, Anm. 41. Konzil von Orléans 511, c. 2,: „De raptoribus autem idcustodiendum esse censuimus, ut, si ad ecclesiam raptor cum rapta confugerit et femina ipsa violentiam pertulisse constiterit, statim liberetur de potestate raptoris et raptor mortis vel poenarum inpunitate concessa aut serviendi conditione subiectus sit aut redimendi se liberam habeat facultatem. Sin vero quae rapitur patrem habere constiterit et puella raptori aut rapienda aut rapta consenserit, potestati patris excusata reddatur et raptor a pâtre superioris conditionis satisfactione teneatur obnoxius. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 5. 47 Vetus Gallica c. XLVIII, 3 Canon Aurilianinsis hira II, ed. Mordek, S. 552f. 48 Siehe oben, S. 115f. 49 Konzil von Orléans 541, c. 22: „Ut nullus per imperium potestatis filiam conpetere audeat alienam, ne coniugium, quod contra parentum volumtate impiae copulatur, velut captivitas iudicetur. Sed si, quod est prohibitum, admittitur, in his, qui perpetraverint, excommunicationis severitas pro modo pontificis inponatur. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 137f. Ähnlich in cap. 6, Konzil v. Paris 556-573, De Clercq, CCSL 148 A, S. 144. 46
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ligte Kleriker verloren ihren Weihegrad. 50 Bereits verlobte Frauen sollten ihren rechtmäßigen Verlobten zurückgebracht werden, auch wenn sie die „Blume der Keuschheit" verloren hatten. 51 Keinesfalls engagierte sich die Kirche für die Stärkung des Konsenses, der Zustimmung der Frau zur Ehe, sondern forderte, strikter noch als das herrscherliche Recht, allein den Konsens der Muntinhaber. Erwähnen die Rechtstexte die Zustimmung der Frau zu einem Raub, ist dies lediglich für ihre Mitbestrafung relevant. Die auch kirchlicherseits streng geforderte Einhaltung der Muntverhältnisse bestätigt, daß freie Frauen kaum Einfluß auf die Wahl eines Gatten besaßen. Sie werden sich folglich nicht straflos ohne Zustimmung der Muntinhaber in Konkubinate begeben haben können. Da die Erzwingung eines Konkubinats gegen den Willen der Muntinhaber nicht in den rechtlichen Bestimmungen zum Frauenraub erwähnt wird, stand die Sanktion einer solchen Tat außerhalb des öffentlichen Interesses. Denn sie zog, wie eine Vergewaltigung, keine eherechtlichen Konsequenzen nach sich, anders als eine (erzwungene) Eheschließung, die als verwandtschaftliche Verbindung zweier Familien die Weitergabe von Macht und Besitz an kommende Generationen zur Folge hatte. Ein erzwungenes Konkubinat bedeutete jedoch den Verlust der Jungfräulichkeit einer Frau und damit eine Minderung ihrer Heiratschancen. Ein solches zu verhindern, stand somit sehr wohl im Interesse der Familien und wird, wie eine Vergewaltigung, innerhalb dieser verhindert worden sein, indem man Frauen und Mädchen schützte und bewachte. Kam es dennoch zu einer solchen Tat, werden männliche Verwandte sie geahndet haben.
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Vetus Gallica c. XLVIII, 1 Canon Calcidonsis hira XXVII, ed. Mordek, S. 551 f. Vetus Gallica c. XLVIII 2 Canon Anciritani hira XII: „Disponsatas puellas et postea ab aliis raptas placuit erue et his reddi, quibus fuerant ante disponsate, etiamsi eas a raptoribus ßorem pudoris amisisse contigerit. " ed. Mordek, S. 552. Beide Canones gehen auf das Konzil von Ancyra 314 zurück, überliefert durch die Collectio Dionysiana (Cap. CCV.-27, Migne PL 67, Sp. 94 und Cap. XXXI.-l 1, Migne PL 67, Sp. 52).
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6. Außereheliche Beziehungen zwischen Personen unfreier Herkunft und zwischen Standesungleichen 6.1 Das Recht der Herren - Mägde als Konkubinen Die noch wenig erforschte Lebenswelt frühmittelalterlicher Mägde untersuchte kürzlich Monika Obermeier. 1 Sie kommt zu der Schlußfolgerung, daß die Anerkennung legitimer Geschlechtsbeziehungen für ancillae und servi vom 6. bis ins 8. Jahr hundert als problematisch zu bezeichen ist, da der Bestand einer Unfreienehe vom Grundherrn abhing und erst allmählich, durch Bestreben der Kirche, geschützt wurde. Die Besitzverhältnisse in ,sozialen Mischehen' oder Beziehungen von Unfreien verschiedener Herren regelten die domini noch lange Zeit unter sich. Die Kirche selbst als größter Grundherr wollte in dieser Frage auch nur ungern die eigenen Interessen beschneiden. 2 Ein beständiges Familienleben unter Unfreien desselben Herrn wurde durch die Grundherrschaft begünstigt. Servi casati besaßen im Einvernehmen mit den Interessen ihres dominus eher die Möglichkeit, dauerhafte Ehen zu schließen, die gleichzeitig als „Arbeitsgemeinschaften" erwünscht waren. 3 Die Hofmagd habe demgegenüber eine wesentlich schwächere Position besessen. Sie blieb unverheiratet, 4 da ihre flexible Einsetzbarkeit von Vorteil für den Grundherrn war. 5 Allein sexuelle Beziehungen zwischen freien Männern und Mägden anderer Herren sanktionierte die Rechtsprechung. Die vielen Hinweise auf sexuelle Verhältnisse zwischen dominus und ancilla im eigenen Haus legen nahe, daß die Hofmagd Übergriffen in erheblichem Ausmaß ausgesetzt war. Doch auch der verheiratete servus konnte sexuelle Kontakte
' M. Obermeier, „Ancilla". Beiträge zur Geschichte unfreier Frauen, Pfaffenweiler 1996. Zur Analyse ihres Familien- und Geschlechtslebens greift sie hauptsächlich auf Quellen weltlicher Provenienz zurück, ebd. S. 24 bis 37; siehe auch C. Koehne, Die Geschlechtsverbindungen der Unfreien im fränkischen Recht, Bresslau 1888; Ch. Verlinden, Les „mariages" des esclaves, in: Il matrimonio nella società alto medievale (= Settimane di studio 24) Spoleto 1977, Bd. 2, S. 569-593; S. Mosher Stuard, Ancillary Evidence for the Decline of Medieval Slavery, in: Past and Present 149 (1995), S. 4-28. 2 Obermeier, „Ancilla", S. 107; hierzu: H. Hoffmann, Kirche und Sklaverei im frühen Mittelalter, in: D A 42 (1986), S. 1-24. 3 Obermeier, „Ancilla", S. 95 u. S. 261. 4 Ebd. S. 94. s Ebd, S. 96f.
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zwischen seiner Frau und seinem Herrn nicht verhindern. 6 Allerdings diese Einschätzung ist nicht neu - konnte das sexuelle Interesse des Herrn an seiner ancilla auch Freilassung, matrimonium legitimum und damit den sozialen Aufstieg für die Magd bedeuten. Diese Möglichkeit besaßen Knechte nicht.7 „Sexuelle Ausbeutung und gesellschaftlicher Aufstieg bis zur Königin sind die beiden Extrempositionen, zwischen denen das Verhältnis von Magd und Grundherrn angesiedelt werden muß." 8 Vielfach belegen die frühmittelalterlichen Historiographen die Sitte der Merowinger und anderer Großer, sich der eigenen Mägde als Konkubinen zu bedienen. Die Schilderungen Salvians von Marseille, die Briefe des Caesarius von Arles und des Sidonius Apollinaris bestätigen das sexuelle Verfügungsrecht eines Herrn über seine Unfreie in der gallo-romanischen Bevölkerung. Heiligenlegenden, in denen Lebensbeschreibungen der quellenmäßig sonst kaum greifbaren Bevölkerungsschicht der unfreien Frauen verwoben sind, berichten von Mägdekonkubinaten. Die Heilige Margarethe von Antiochien (gest. um 300) sollte von dem Heiden Olibrius gezwungen werden, sich mit ihm einzulassen. Olibrius verlangte Margarethes persönlichen Stand zu wissen, denn nur als Freie hätte er sie geheiratet, als Unfreie qualifizierte sie sich lediglich zu seiner Konkubine. 9 Obwohl die Heilige in der Spätantike lebte, wird an dieser Stelle nicht unbedingt ein römisch-rechtliches Konkubinat beschrieben. Da die Vita wahrscheinlich im 6. Jahrhundert verfaßt wurde, 10 mußten die Schilderungen der gesellschaftlichen Umstände auch für Menschen des 6. Jahrhunderts zumindest nachvollziehbar sein. Die Bedeutung des persönlichen Standes einer Frau für ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt wird deutlich: Nur eine Freie kam als Ehefrau in Betracht. Eine Magd, die die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich zog, qualifizierte sich lediglich zur Konkubine. Wie auch im Leo-Brief an Rusticus erkennbar, bestand zwischen den Positionen einer
6
Ebd. S. 132ff. Ebd. S. 138f. 8 Ebd. S. 139. 9 Passio S. Margaritae cap. 1, 10: „Haec igitur inter omnes incredibili pulchritudine speciosa videbatur. Quamobrem concupiscentia superatus praeses jussit ministris suis, dicens: ¡te quantocius & diligenter inquirite puellam illam. Si libera est, amantissime earn in coniugio sociabo: si autem servitutis conditione retinetur annexa, dignum pretium pro ea tribuam; & erit en concubinali jure sodata [...]. " AA SS 20. Juli S.35. Siehe hierzu Glasser, Marriage in Medieval Hagiography, S. 8f. 10 Ebd. S. 9. 7
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Ehefrau und einer Konkubine ein ebensolches soziales Gefälle wie zwischen dem Freien- und dem Unfreienstand. Von einem hochgestellten Mann, der sich seine Magd als Konkubine hielt, berichtet Gregor von Tours.11 Trofima, die eines Prokonsuls namens Lisbius Konkubine gewesen war, wurde nach Beendigung des Verhältnisses an einen der Leute des Prokonsuls verheiratet.12 Damit hätte die Episode zu Ende sein können, wäre des Prokonsuls Ehefrau nicht sehr eifersüchtig gewesen. Weil Trofima weiterhin das Haus ihres Herrn aufsuchte, um sich dort in der Heiligen Schrift unterweisen zu lassen, erweckte sie den Argwohn ihres Mannes, der nichts besseres zu tun wußte, als zur Ehefrau des Prokonsuls zu gehen. Diese unterstellte ihrem Mann, er sei ihr wegen der neuentflammten Beziehung zu Trofima schon seit sechs Monaten ferngeblieben und verkaufte die Magd kurzerhand an ein Bordell. Trofima bekam nun Gelegenheit, ihren neuerworbenen christlichen Glauben unter Beweis zu stellen. Jeder, der sich ihr nähern wollte, wurde durch die Macht Gottes - und ein an die Brust gedrücktes Evangelium - daran gehindert. Einem besonders aufdringlichen jungen Mann erschien ein Engel des Herrn, worauf er tot umfiel, später jedoch wiedererweckt wurde. Die Frau des Prokonsuls entging nicht ihrer verdienten Strafe: Als sie sich im Bad befand, erschien ihr ein schrecklicher Dämon, der sie erschlug. Diese Geschichte Gregors beleuchtet nicht nur die Ge-
" Gregor von Tours, Liber de miraculis B. Andreae Apostoli cap. 23: „Igitur Trofimae, quae quondam concubina proconsulis fuerat et alio iam viro sodata erat, reliquid virum suum et adherebat apostolicae doctrinae et ob hoc plerumque in domo proconsulis veniebat, in quam iugiter docebat apostolus. Iratus autem vir eius venit ad dominam suam, dicens: 'Trofima recolens scortum, quod cum domino meo proconsule agere consueverat, ei nunc iterato commiscetur '. At ilia succensa felle, ait: 'Idcirco ergo me reliquid vir meus et iam sex mensibus non coniungitur mihi, eo quod diligat ancillam suam '. Et vocato procuratore, iussit eam scorto damnari. Nec mora, deducitur ad lupanar ac lenoni donatur. Sed nihil horum Lisbius sciebat, requirens tarnen eam, ab uxore deludebatur. At ilia ingressa lupanar, orabat assidue, cumque venissent qui eam contingerent, ponebat euangelium quod secum habebat ad pectus suum, et statim omnes vires perdebant accedens ad eam. Quidem vero inpudicissimus veniens, ut inluderet ei, resistente autem ea, disrupit vestimento eius, et cecidit euangelium ad terra. Trofimae vero lacrimans, extensis ad caelum manibus, dixit: 'Ne patiaris me, Domine, poilui, ob cuius nomine diligo castitatem '. Et statim apparuit ei angelus Domini, et iuvenis caecidit ante pedes eius et mortuus est. At ilia confortata, benedicebat et glorificabat Dominum, qui non permiserat eam deludi. Sed postmodum in nomine Iesu Christi resuscitava puerum, et omnis civitas cucurrit ad hoc spectaculum. Uxor vero proconsulis abiit ad balneum cum procuratore suo. Cumque lavarentur simul, apparuit eis daemon teterrimus, a quo percussi ambo ceciderunt et mortui sunt. [...]" MGH SS rer. Mer. 1,2, S. 839. 12 Hier ist nun schon fur das 6. Jahrhundert eine Unfreienehe bezeugt.
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wohnheiten mächtiger Herren, sondern auch die keineswegs machtlose Position einer Ehefrau. Der unfreie Ehemann der Trofima blieb ebenfalls nicht zähneknirschend mit seinem Verdacht zu Hause sitzen, sondern zog empört los, um den vermeintlichen Mißstand abzustellen. Trofima wird als Hure ( s c o r t u m ) bezeichnet und für die Beziehung zu dem Prokonsul verantwortlich gemacht, obwohl sie wohl keinen Einfluß auf die Wiederaufnahme des Konkubinats gehabt hätte. Nicht nur in der gallo-romanischen, sondern auch in der christlichkeltischen Gesellschaft erscheint die Magd als Konkubine ihres Herrn, die vielleicht sogar zum Zwecke des Beischlafs eingekauft wurde. Die Vita der irischen Heiligen Brigida von Kildare13 (geb. ca. 433 in Irland) gibt ebenfalls einen sehr lebensnah wirkenden Einblick in das Leben einer Konkubine und - wie beim Schicksal der Trofima - einen deutlichen Hinweis darauf, daß Ehefrauen durchaus Möglichkeiten besaßen, sich gegen das Vorhandensein einer Beischläferin zur Wehr zu setzen. Die auch im Frankenreich verbreitete Vita S. Brigidae14 schildert, wie sich der dux Dubtach eine Magd namens Broseach kaufte und sich wegen ihrer Schönheit und „guten Sitten" in sie verliebte.15 Als Broseach mit der späteren Heiligen Brigida schwanger wurde, verlangte die Ehefrau des Dubtach, die Magd zu verkaufen, damit es keine Komplikationen mit ihren eigenen Kindern gebe. Obwohl dieser sich weigerte, konnte sich die Ehefrau mit Hilfe ihrer mächtigen Brüder durchsetzen. Dubtach verkaufte zwar Broseach, aber nicht ihre Leibesfrucht, an einen poeta. 13
Mit 14 wurde Brigida Nonne im Kloster Meath. Sie gründete verschiedene Klöster, unter anderem Kildare, sie starb ca. 523. L.Torsy, Lexikon der deutschen Heiligen, S. 96; J.E. Stadler, Vollständiges Heiligenlexikon Bd. I, Augsburg 1858, S. 513. 14 Die älteste Vita Brigidae des Cogitosus, entstanden vielleicht im 7. Jahrhundert in Irland (ed. Migne PL 72, Sp. 775-790 und AA SS Feb. T. 1, 1658, S. 135-141), und die hier zitierte Vita des Anonymus sind ungefähr gleich alt, Berschin, Biographie und Epochenstil, Bd. II, S. 233f. 15 Vita Brigidae IV, auctore Anonymus cap. 3: „[...] De quibus fuit dux quidam magnus & potens, nomine Dubtachus, qui emit ancillam, quae vocabatur Broseach: ipsa erat multum formosa & moribus honesta. Amans eam Dominus Dubtachus, fecit earn concubinam suam, & dormuit cum ea, & concepit ilia ab eo. Hoc sciens propria uxor Dubtachi, contristata est valde, & dixit viro sua: Vende ancillam tuam Broseach, quam fecisti concubinam tuam: timeo enim si progenies ipsius superauerit progeniem meam. Sed Dominus Dubtachus noluit hoc facere, valde amans eam: [...] cap. 6: Ipsa iam irata cum fratribus suis, qui erant viri fortes & potentes, vigebant valde Dubtachum, ut venderet aemulam suam in regionem longinquam. Tunc quidam poeta de Aquilone Hibernae, nutu Die, venit & timens Dux Dubtachus iram uxoris suae, quae erat nobilis, & fratrum eius furorem, consensu vendere illam: [...] Et poeta praedictus emit illam feminam in ancillam. Sed Dubtachus non vendidit partum illius. [...]" AA SS Febr. T. 1, 1-6, S. 156.
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Vielleicht konnte sich die Ehefrau nur mittels ihrer eigenen Verwandtschaft durchsetzen. Diese fühlte sich jedenfalls für die standesgemäße Behandlung ihres Familienmitglieds verantwortlich. Ihr familiärer Hintergrund verschaffte ihr eine starke Position ihrem Mann gegenüber. Das Verhalten Dubtachs, der Broseach einerseits liebte, valde amans eam, sie aber andererseits stückweise verkaufte, zeigt die Besitzrechte eines Herrn an seiner Magd und seinem - ungeborenen - Kind. Auch hier findet der Terminus amor im Sinne sexueller Anziehung Verwendung. Mit keinem Wort wird das Konkubinat mit Broseach als Ehebruch bezeichnet oder auch nur gerügt. Die Ehefrau fürchtete nur die Nachkommen der Magd, die nicht in Konkurrenz zu ihren eigenen Kindern treten sollten. Der Treuebruch ihres Mannes scheint sie nicht zu kümmern. Daß Ehefrauen sich keineswegs immer dem Willen des Eheherrn widerstandslos beugten, wenn dieser sich eine Konkubine nahm, lassen auch die später immer wiederkehrenden kirchlichen Bestimmungen gegen Herrinnen erkennen, die ihre Mägde aus Eifersucht züchtigten oder töteten. Sanktionen einer solchen Tat erschienen schon auf dem Konzil von Elvira 306/309 16 und wurden in den nachfolgenden Jahrhunderten in den Bußbüchern 17 und in den bedeutenden karolingischen Kanonessammlungen, beispielsweise der Dacheriana, 18 rezipiert. Nicht unmittelbar gegen ihren Ehemann gingen die Frauen vor, ihre Wut richtete sich gegen die ihnen hierarchisch untergeordneten Mägde. Das Verbot einer solchen Tat blieb Topos kirchenrechtlicher Bemühungen, seine Durchsetzung ist allerdings fraglich. In herrscherlichen Gesetzgebungen ist dieser
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Concilium Eliberritanum, c. 5: „Si domina per zelum ancillam occiderit. Si qua femina furore zeli accensa flagris uerberauerit ancillam suam ita ut intram tertium diem animan cum cruciatu effundat, eo quod incertum sit uoluntate an casu occiderit, si uoluntate, post post Septem annos; si casu, post quinquenni tempora acta legitima paenitentia ad communionem placuit admitti. [...]" ed. G. M. Diez Mon. Hisp. IV, 1, Madrid 1984, S. 243. Der Versuch einer sexuellen Kontrolle der Gläubigen durch offizielle Kirchengesetzgebung begann mit dem Konzil von Elvira (heute Granada) aus dem Jahre 306/309. Zum Problem der Datierung dieser Synode: E. Reichert, Die Canones der Synode von Elvira. Einleitung und Kommentar, Diss, theol. Hamburg 1990, S. 2Iff. Reichert zufolge ist dieses Konzil im Zusammenhang mit der spätantiken „Grundwertediskussion" innerhalb der spanischen Kirche zu sehen, die auf die diokletianische Refompolitik reagierte (ebd. S. 67). Siehe auch: S. Läuchli, Power and Sexuality. The Emergence of Canon Law at the Synod of Elvira, Philadelphia 1972. 17 Pseudo-Theodor V 13, ed. Wasserschieben, Bußordnungen, S. 587; Halitgar von Cambrai, De paenitentia, Liber IV, c. 5, ed. Migne PL 105, Sp. 682; Hrabanus Maurus, Paenitentiale ad Heribaldum c.3, ed. Migne PL, Sp 471; ders., Paenitentiale ad Otgarium, pars III, c. 14, ed. Migne PI 112, Sp. 1411. 18 Dacheriana, Liber I, c. 103, ed. d'Achery, S. 530.
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Tatbestand nicht zu finden, das Züchtigungsrecht der Herrin nicht eingeschränkt. Konkubinen und Ehefrauen trennte ein großes soziales und rechtliches Gefälle. Ehefrauen, besonders wenn sie von guter Herkunft waren, besaßen durchaus dem Ehemann gegenüber Rechte und konnten auf einer ehrenhaften, standesgemäßen Behandlung bestehen. Ihre Familie wachte über ihre Interessen. Eine Konkubine erscheint dagegen vollkommen rechtlos. Sie wird gekauft, beschlafen, an einen anderen verheiratet oder wieder verkauft. Im Gegensatz zur Ehefrau besitzt die Konkubine keine Stimme. Nirgends wird sie nach ihrem Willen gefragt, kein eigenes Wort einer Konkubine überliefern die Quellen. Der Grund für diese gegensätzliche Rechtsstellung ist im persönlichen Stand der Frauen zu finden: Die Ehefrau ist eine Freie, stammt vielleicht selbst aus einer einflußreichen Familie. Die Konkubine dagegen wird mit der unfreien Magd identifiziert, die ohne jeden rechtlichen Schutz der Willkür ihres Herrn und ihrer Herrin unterstellt war. 19
6.2 Zur Rechtslage der Mägde Nicht nur vor Vergewaltigung, sondern auch vor minderen Übergriffen durch fremde freie Männer wurden Mägde geschützt. 20 Die Höhe des Strafgeldes richtete sich nach dem Wert einer Magd.21 Eine Kleidermagd
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Nehlsen erkannte für das merowingische Frankenreich - im Unterschied z.B. zum römischen und westgotischen Recht - die völlige Rechtlosigkeit der Sklaven. Den Auswüchsen des überkommenen Herrenrechts am Sklaven versuchte die Kirche zu dieser Zeit noch nicht unbedingt erfolgreich entgegenzutreten, Nehlsen, Sklavenrecht, S. 273. Seit Chlodwig I. setzt ein allmähliches Aufweichen des Herrenrechts ein. So wird zunehmend zwischen Herrentat und Sklaventat unterschieden, die Prügelstrafe für Knechtsdelikte nimmt in diesem Sinne zu, ebd. S. 353. Pactus Alamannorum, Fragmentum III, 24: „Si quis alterius puellam de genicio deviolaverit, solvat solidos 6. Et qui in eius solacium ambulat, qui super eam manum mittit, solvat solidos 3; qui eam non tangit, solvat solidos 2. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 25. Lex Salica, 25, 1: „Si quis ingenuus cum ancilla aliena moechatus fuerit et eifuerit adprobatum [...], solidos XVculpabilis iudicetur." MGH LL nat. Germ. 4, 1, S. 93; 25, 2: „Si uero cum regis ancilla moechatus fuerit, [...] solidos XXX culpabilis iudicetur." MGH LL nat. Germ. 4, 1, S. 94. Lex Ribvaria, 61, 17: „Si autem ingenuus cum ancilla moechatus fuerit, 15 solidis culpabilis iudicetur" MGH LL nat. Germ. 3,2, S. 113. Lex Alamannorum 75, 1: "Si quis cum alicuius ancilla vestiaria concupuerit contra voluntatem eius, cum 6 solidis conponat. 75, 2: Et si alia pulicula de genitio priore concupuerit aliquis cum ea contra voluntatem eius, cum sex solidis conponat. 75,3: Si quis de illas alias de genitio contra voluntatem eius concupuerit, cum 3 solidis conpo-
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zu vergewaltigen, kostete 6 Solidi Strafe. Die gleiche Summe war zu zahlen, wenn eine puella aus dem Genitium erstmalig vergewaltigt wurde. Kurios erscheint die Strafsumme in Lex Alamannorum 75, 3: Beschlief ein Mann noch andere Frauen desselben Genitium, bekam er eine Art ,Rabatt'. Explizit heißt es in den drei Paragraphen, daß gegen den Willen der Mägde gehandelt wurde. Eine Magd besaß demnach ein gewisses Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper - zumindest gegenüber fremden Freien - und sie besaß eine persönliche Handhabe gegen Übergriffe, indem sie eine Vergewaltigung anzeigen konnte. Zu Sanktionen auf unerwünschte Belästigungen durch die eigenen Herren schweigen die Rechtstexte. Mägde standen somit vermutlich vollständig zu deren Verfügung. Verboten waren freien Männern auch sexuelle Beziehungen mit fremden Freigelassenen, ob sie verheiratet waren 22 oder nicht.23 Der höhere persönliche Status der Freigelassenen fand in der doppelten (bzw. dreifachen) Zahlung an Herrn, Eltern (und Ehemann) Berücksichtigung. Die Zustimmung der manumissa zu einem sexuellen Akt wird nicht erwähnt. Die christlich beeinflußte Lex Baiuvariorum 24 schützte bereits die Ehen der Unfreien und verbot den Beischlaf mit einer verheirateten und einer jungfräulichen Magd. 25 Obwohl dieser Paragraph nicht explizit die fremde von der eigenen Magd differenziert, scheint es sich doch auch in der bayrischen Lex um das Verbot des Beischlafs mit der fremden Magd zu handeln, denn in den Bestimmungen zum Erbrecht zeigt sich die Selbstverständlichkeit des nebenehelichen Konkubinats mit der eigenen Unfreien.26 Aus Barmherzigkeit sollten die legitimen Kinder mit den unehelichen das Erbe teilen, einen Rechtsanspruch hierauf besaßen die Nach-
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nat. " MGH LL nat. Germ. 5, 1, S. 139f. Codex B und andere Redaktionen des Codex A bringen hier puella statt pulicula, ebd. Lex Baiwariorum VIII, 10: „Si cum manumissa, quam frilaza vocant, et maritum habet, concubuerit, cum XL solidis conponat parentibus vel domino vel marito eius. " E. v. Schwind (Hg.), MGH Leg. nat. Germ. 5, 2, S. 358. Lex Baiwariorum VIII, 11: „Si quis cum virgine quae dimissa est libera, concubuerit, cum VIII sold conponat parentibus vel domino. " MGH Leg. nat. Germ. 5, 2, S. 354. Siehe oben, S. 70f. Lex Baiwariorum VIII, 12: „Si quis cum ancilla alterius maritata concubuerit, cum XX sold conponat domino. " MGH Leg. nat. Germ. 5, 2, S. 358. Lex Baiwariorum VIII, 13: „Si quis cum ancilla virgine concubuerit, cum IUI sold conponat. " MGH Leg. nat. Germ. 5, 2, S. 358. Lex Baiwariorum XV, 9: „Si vero de ancilla habuerit filios, non accipiantportionem inter fratres, nisi tantum quantum ei per misericordiam dare voluerint fratres eius, quia in vetere lege scriptum est: 'Non enim eritßlius ancille cum filio libere'. [...]" MGH Leg. nat. Germ. 5, 2, S. 428f.
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kommen aus einem Mägdeverhältnis jedoch nicht. Leider wird nicht angedeutet, ob die ,Zweitfamilie' mit der Ehefrau und deren Kindern zusammenlebte, auch wird die Beziehung zur Magd nicht Konkubinat genannt. Das Bibelwort von dem Sohn der Magd, der nicht neben dem Sohn der Freien erben soll.27 belegt die in den anderen Leges noch nicht zu erkennende christliche Einflußnahme auf ein Erbrecht, das den natürlichen Sohn bis dato nicht unbedingt vom Erbe ausschloß.28 Ein Franke, der sich mit einer fremden Magd öffentlich verband29 - publice se iunxerit - verfiel ebenso der Knechtschaft wie eine Fränkin, die sich mit einem fremden Sklaven verheiratete30 - in coniugio acceperit. Diese Form der ,Kebsehe' war Freien nach Aussage der Leges verboten.31. Noch in merowingischer Zeit entstand der strafverschärfende Zusatz 69 (98) der Handschriften A 1 und K 17,32 nach dem eine Frau, die sich mit dem eigenen Knecht verband, alles verlor und friedlos wurde33 - nach Nehlsen zeigt sich hier der Einfluß des römischen oder westgotischen Rechts.34 Kein Äquivalent wurde für die sexuellen Beziehungen eines freien Mannes zu der eigenen Magd hinzugefügt, einem solchen Verhältnis keinerlei gesetzliche Schranken auferlegt, sogar eine Eheschließung ist nach ihrer Freilassung nicht ausgeschlossen. So bezeichnet die besonders 27 28
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Gen 21,10. Siehe hierzu: A. Leineweber, Die rechtliche Beziehung des nichtehelichen Kindes zu seinem Erzeuger in der Geschichte des Privatrechts, S. 38. Lex Salica 25, 3: „Si quis uero ingenuus cum ancilla aliena publice se iunxerit, ipse cum ea in seruitiopermaneat" MGH Leg. nat. Germ. 4, 2, S. 94; Lex Ribvaria 61, 15: „Si autem Ribvarius ancillam Ribvarii in matrimonio acciperit, ipse cum ea in servitio perseveret. " MGH Leg. nat. Germ. 3, 2, S. 113. Nehlsen, Sklavenrecht, S. 307ff. Lex Salica, 25, 4: „Similiter et ingenua, si servo alieno in coniugio acceperit, in seruitio permaneat. " MGH Leg. nat. Germ. 4, 2, S. 94. Die Verbindungen zwischen Standesungleichen werden z.B. in der Lex Salica zwar coniugium genannt, ob sie jedoch als legitime Ehen aufzufassen sind, bezweifelt Nehlsen, Sklavenrecht, S. 271. Auch die verbotene und ungültige Eheschließung zwischen einer Freien und ihrem eigenen Sklaven (siehe oben, Anm. 30) wird als coniugio bezeichnet, dies bedeutet, daß zumindest das betroffene Paar sich als Ehepaar verstand und präsentierte, denn sonst wäre das Strafmaß nicht anwendbar. Nehlsen Sklavenrecht, S. 308; R. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Salica', HRG 2 (1978) Sp. 1958f. Lex Salica Capitulare III, c. 98, 1 :„ Si quis mulier, qui cum seruo suo in coniugio copulauerit, omnes res suas ßscus adquirat et illa aspellis faciat. " III, c. 2: Si quis de parentibus eam occiderit, nullus mortem illius nec parentes nec ßscus nullatenus requiratur. Seruus ille pessima cruciatu ponatur, hoc est ut in rota mittatur. Et vero muliere ipsius de parentibus aut quemlibet panem aut hospitalem dederit, solidos XV culpabilisi iudicetur. " MGH Leg. nat. Germ. 4, 1, S. 255. Nehlsen Sklavenrecht, S. 310.
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in der älteren Literatur häufig erwähnte ,Kebsehe' nur diesen speziellen Fall. Ein Herr konnte natürlich eine fremde Magd, die ihm gefiel, erwerben und sie anschließend als seine eigene Magd freilassen und ehelichen, wie das langobardische Recht belegt. 35 Die Standesschranken waren hier durchlässig, sie treten zurück hinter der Wahrung sexueller Freiheiten von Männern. Als wesentlicher sozialer Gegensatz wurde die Selbstverständlichkeit sexueller Beziehungen freier Männer zu ihren eigenen Mägden, der als gesellschaftliche Unmöglichkeit die sexuelle Beziehung einer freien Frau zu ihrem eigenen Knecht gegenüberstand, erkannt.
Verhältnisse bei den Langobarden Wie auch die Munt über freie Frauen, verhandeln die Leges Langobardorum ausfuhrlich die Besitzverhältnisse über Mägde. So lassen sich Hinweise auf das Mägdekonkubinat in den erbrechtlichen Verfügungen finden. Natürliche Söhne waren den ehelichen nachgestellt, es wurde ausdrücklich nicht gestattet, sie gleichzustellen. 36 Ein Mann freien Standes konnte zudem mit einer fremden Magd einen natürlichen Sohn haben, der rechtlich aber dem Herrn der Mutter gehörte, wenn ihn sein Vater nicht freikaufte 37 - ein Beleg für die Existenz der verbotenen Beziehung zu einer fremden Magd, Halbfreien oder Freigelassenen. 38 Auch die erschlichene Besitzergreifung einer fremden Magd, der zum Schein der eigene Sklave oder Aide zum Ehemann gegeben wurde, war verboten. 39 Doch sogar die verheiratete Magd oder Aldin konnte sich ihrem eigenen Herrn zunächst nicht entziehen. 40 Ein solches Verhalten wird nicht gerügt, ob35 36
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Siehe unten, Anm. 42. Edictus Rothari 155: "Nulli sit licentia, naturales fllius aequales aut consimilis facere legitimis filiis[...]. " MGH Legum 4, S. 36, siehe auch Edictus Rothari 154. Edictus Rothari 156: „De filio naturale, qui de ancilla alterius natus fuerit, si pater conparauerit eum, et liberum thingaverit, libertas Uli permaneat. Et si non libertaverit eum, sit serus, cuius et mater ancilla.[...] " MGH Legum 4, S. 36. Edictus Rothari 194: „Si quis cum ancilla gentile fornicatus fuerit, conponat dominus eius solidos viginti; si cum Romana ancilla, conponat sold. Duodicem. " MGH Legum 4, S. 47. Edictus Rothari 207: „Si quis ancillam alienam violentiaverit, conponat solidos uiginti. " MGH Legum 4, S. 51. Siehe auch: ebd, c. 205 u. 206. Liutprand 132: „Si quis fraudolenter tolerit ancillam alienam et dixerit, quod eam servus aut haldius ipsius tolissit ad oxorem, et postea Veritas clarificata fuerit, quod non eam ipse servus aut haldius tolissit [...]. " MGH Legum 4, S. 164. Liutprand 66: „ De liberum hominem, qui oxorem de servo aut de haldione suo vívente ipso marito tolerit, et fllius aut filias exinde nati fuerent, nullatinus ei heredis succe-
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wohl der dominus in eine fremde Ehe einbrach und somit auch nach zeitgenössischem Empfinden Ehebruch beging. Geregelt wurden lediglich die erbrechtlichen Probleme. Mit der eigenen Magd ein sexuelles Verhältnis zu haben, war nicht Ehebruch. Erst in der Mitte des 8. Jahrhunderts erwirkte die Kirche anscheinend eine Änderung im Unrechtsbewußtsein des Gesetzgebers. 41 Unter Berufung auf Gott gilt ein sexuelles Verhältnis mit der Ehefrau seines Knechtes oder Alden nun als Ehebruch {adulterium). Die eigene oder eine fremde Aldin mußte erst - wie auch die Magd freigelassen werden und gleichrangig' sein, bevor ein Freier sie ehelichen konnte. 42 Setzte er sich darüber hinweg und gab vor, sie „wie eine Ehefrau" zu halten, bestand die Bestrafung darin, keine rechtmäßigen Erben, sondern naturales als Nachkommen zu haben. Während ein freier Mann neben Übergriffen auf verheiratete und fremde Mägde, Aldinnen und Freigelasse in sittlichen Dingen lediglich unter dem Verbot des Einbruchs in eine fremde Ehe freier Personen stand,43 wurde ein Sklave, der sich zu seiner Ehefrau eine Magd als Beischläferin nahm, als Ehebrecher bestraft, die Magd zur Abschreckung schwer gezüchtigt. 44 Nur bei ihm war von Belang, daß er selbst verheiratet war.
dant, sed libertatem suam habeant, nec per nullum genio eis de rebus suis aliquit facere possit: quia in dubium venit causam ipsam, cuiusfìlius autfìlia sit [...]. " MGH Legum 4, S. 134. 41 Liutprand 140: „Sì quis homo liber habuerit servum et ancillam, haldium aut haldiam coniucatus, et insticantem inimicum humani generis cum ipsa ancilla, que servus eius maritum habit, aut cum haldia, qui cum haldione eius copulata est, adulterium perpetrauerit; ita statuimus, ut perdat ipsum servum aut haldionem, cuius uxorem adulterava, et ipsa mulier insimul, ut vadant liberi f...]quia non est placitum Deo, ut quilevit homo cum uxore aliena debeatfornicari [...]. " MGH Legum 4, S. 69f. 42 Edictus Rothari 222: ,, Si quis ancillam suam propriam matrimoniare voluerit sibi ad uxorem, sit ei licentiam tarnen debeat earn libera thingare. Tunc intellegatur libera et legetima uxor, et filii qui ex ea nati fuerint legetimi heredes patri efficiantur. " MGH Legum 4, S. 54. Liutprand 106: ,, Si quis aldiane alienam aut suam ad oxorem tollere uoluerit, faciat eam uuiderbora, sicut edictus contenit de ancillam. Nam qui sine ipsa ordinatione eam quasi oxorem habuerit, fìlii, qui ex ea nati fuerent, non sint legetimi, sed naturalis" MGH Legum 4, S. 151. Herbert Meyer schlußfolgert aus dieser Stelle generell: „Die Kebse heißt,quasi uxor'", Meyer, Friedelehe, S. 225, mit Anm. 2. 43 Liutprand 121. 44 Liutprand 104: ,, Si servus cuiuscumque, habens legitimam oxorem, et aliam ancillam super eam duxerit, conponat dominus servi, sicut edicto de adulterio contenit, ei cuius ancillam postea tolit. Ancilla vero ipsa pro inlecita presumptione accipiat talem disciplinam ad dominum suum in presentia de domino servi, ut alia ancillam hoc facere non presumat. " MGH Legum 4, S. 150.
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Auch hier könnte sich eine beginnende kirchliche Einflußnahme auf das Konkubinat, die bei den Unfreien ansetzt, niedergeschlagen haben. Das Hauptanliegen der Leges Langobardorum in den Verfugungen über Mägde bestand nicht in der Wahrung ihrer Rechte, sondern im Reglement der Besitzverhältnisse: Wer besaß welche Rechte über welche unfreie oder halbfreie Frau? Dies betraf gleichermaßen das Herrenrecht über Mägde und Aldinnen, vielleicht in eingeschränkter Weise auch über die Freigelassene. Dieses Herrenrecht beeinhaltete auf jeden Fall die sexuelle Verfügbarkeit der eigenen untergebenen Frauen. Eingeschränkt waren diese Rechte kaum, nur dort, wo sie Machtbefugnisse anderer Gewalthaber berührten. Auf den Punkt bringt dies Liutprand 139: Wer bekam die Buße, wenn eine verheiratete Magd die Ehe brach, deren Herren sich noch nicht über ihre rechtliche Zugehörigkeit geeinigt haben? 45 Der kirchliche Einfluß, den die Leges Langobardorum zum Mägdekonkubinat aufweisen, bestand nicht in einer allgemeinen Eindämmung dieser gesellschaftlichen Gewohnheit, sondern in der allmählichen Stärkung der christlichen Ehe. Hier setzte sie bei der Unfreienehe an.
6.3 Die Einflußnahme der Kirche auf das ,Herrenrecht' Aufschluß über das Verhältnis zwischen Herrn und Magd aus kirchlicher Sicht geben die Bußbücher, die Obermeier nicht konsultiert hat. So heißt es bei Vinnian: Wer zu seiner Magd tritt, soll sie verkaufen und ein Jahr büßen. 46 Wer einen Sohn mit ihr zeugt, soll sie freilassen. 47 Eine Freilassung würde verhindern, daß der nächste Herr diese Magd wiederum zur Konkubine nahm. Die Bußbücher verlangten die Freilassung jedoch nicht als Buße für einen sexuellen Kontakt ohne Folgen, obwohl dies einen weiteren Schritt zur Einschränkung der verhaßten Promiskuität bedeutet hätte. Eine andere Überlieferung (Hs. S) desselben Paenitentiale differen45
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Liutprand 139: „Si haldius cuiuscumque haldiam alienam tulerit, aut servus ancilla, et antequam de ipso coniugio aliquam convenentia domini eorum inter se faciant, contegerit, ut quispiam miser homo ipsam haldiam aut ancilla, qui est uxor alterius, fornicatus fuerit, ita previdimus, ut ei de ipsa culpa debeat subiacaere ille qui hoc malum perpetruerit, cuius uxorem adulteravit [...]. " MGH Legum 4, S. 169. M. Obermeier, ,Ancilla', S. 78ff. Paenitentiale Vinniani, Hs. V 51r, c. 39: „57 quis intrat ad ancillam suam, uenundet earn et annum peniteat. " Bieler (Hg.), The Irish Penitentials, S. 88. Paenitentiale Vinniani, Hs. V 5Ir, c. 40: „Si quis genuerit filium ex ea, liberei earn. " Bieler (Hg.), The Irish Penitentials, S. 88.
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renziert, daß nur ein Laie mit eigener Ehefrau, der gewohnheitsmäßig zu seiner Magd trat, diese verkaufen und sich ein Jahr lang seiner Ehefrau enthalten sollte.48 Für den Unverheirateten wurde keine Bußforderung erhoben. Zeugte der Verheiratete aber Kinder mit seiner Magd, sollte er sie freilassen und nicht verkaufen. Noch einmal wird betont, daß er nicht mehr zu seiner Konkubine treten, sondern sich wieder mit der eigenen Ehefrau verbinden sollte. Die Formulierung „der Herr tritt zu seiner Magd" - si quis intrat ad ancillam suam - beschreibt wohl das Betreten ihrer Kammer oder Schlafstelle. Ehefrau und Konkubine lebten demnach unter einem Dach, uneheliche und eheliche Kinder wuchsen gemeinsam auf. Öffentlich bekannt wurde so ein Verhältnis außerhalb der eigenen vier Wände naturgemäß oft erst dann, wenn sich Nachwuchs einstellte. Auf diesen ,Umstand' könnte die Differenzierung der Sanktionen nach kinderlosen Konkubinaten und solchen, in denen Nachkommen gezeugt wurden, zielen. Verhindern wollte die Kirche hauptsächlich das Zusammenleben eines Mannes mit zwei Familien, als deutlich sichtbares g a l ten' zweier Frauen unter einem Dach. Columban äußerte sich in seinem Paenitentiale nicht zu diesem Tatbestand, vielleicht angesichts der Tatsache, daß die Merowinger gewohnheitsmäßig ihre Mägde zu Konkubinen hatten. Andererseits hatte er aber keine Bedenken, sich mit Brunichilde genau über dieses Thema unter Gefährdung des eigenen Lebens sehr heftig auseinanderzusetzen. 49 Das zeitlich an Columban anschließende Bußbuch Cummeans übernahm dagegen fast wörtlich die Bestimmung des Vinnian (V 5 lr). Meens zufolge ist diese Handschrift V dem späteren Cummean, dessen Paenitentiale nur diese Version tradiert, zuzuschreiben. 50 Im Bußbuch Theodors von Canterbury vom Ende des 7. Jahrhunderts erscheint ebenfalls das Verbot der Mägdeverfuhrung. Wer seine Magd
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Paenitentiale Vinniani, Hs. S, c. 39f: „ 39. Si quis laicus cum uxore propria intrauerit ad ancillam suam et ita debet fieri, ancillam uenundari, et ipse per annum integrum non intrabit ad uxorem suam propriam. 40. Si autem genuerit ex illa ancilla filium unum aut duos vel tres, oportet eum libera fieri ancilla, et si voluerit uenundari eam, non permittatur ei, sed separentur ab inuicem et peniteat annum integrum cum pane et aqua per mensuram; et non intret amplius ad concubinam suam, sed ingatur proproae uxori. " Bieler (Hg.), The Irish Penitentials, S. 88. Vita Columbani Liber I, c. 18 (siehe oben, S. 53, Anm 54) und c. 19 (siehe oben, S. 54, Anm. 59). Paenitentiale Cummeani, II, c. 26 u. 27 Bieler (Hg.), The Irish Penitentials, S. 116. Meens, The Penitential, S. 255. Bieler zufolge ist Vinnian Autor sowohl von Hs. S als auch von Hs. V., er edierte beide Hss. synoptisch.
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frequentierte, sollte sie freilassen und sechs Monate fasten.51 Eine Magd mußte nun, dem Anspruch nach, ihrem Herrn nicht erst Kinder geboren haben, um die Freiheit zu erlangen. Die Bußbücher versuchten, das Recht der Herren an ihren Mägden einzuschränken, an der ,Basis', im direkten Kontakt mit den Gläubigen, ein Unrechtsbewußtsein für diese Gewohnheit zu erwecken. Da die Bekämpfung des Mägdekonkubinats keinen Niederschlag in den Konzilsbestimmungen und Kanonessammlungen fand, ist der Erfolg dieser versuchten Einflußnahme für die Merowingerzeit stark anzuzweifeln.
6.4 Verbindungen zwischen ingenuae und servi — eine gesellschaftliche Unmöglichkeit ? Im Vergleich zu den männlichen sexuellen Freiheiten erscheint der an Frauen gestellte Ehrenkodex sehr streng. Freie oder sogar edle Frauen, die sich mit niedriger gestellten Männern oder sogar mit Unfreien abgaben, wurden hart bestraft. Die Mutter von Guntchramns Ehefrau Marcatrude verband sich nach dem Tod ihres Gatten Magnachar mit einem puer, einem Unfreien, der auf Betreiben Guntchramns und der eigenen Söhne dieser Frau, die ihre Mutter als meretrix beschimpften, getötet wurde.52 Sogar König Guntchramn fühlte sich durch das Verhalten seiner Schwiegermutter so entehrt, daß er Marcatrude verstieß, während er selbst mit einer Magd namens Veneranda 53 den Sohn Gundobad gezeugt hatte. Amalaswintha, Tochter Theoderichs des Großen und Audofledas, der Schwester Chlodwigs, die nach dem Tod des Vaters von ihrer Mutter mit einem Königssohn verheiratet werden sollte, entlief Gregor zufolge mit einem Knecht.54 Als sie nicht auf die Anweisung ihrer Mutter hören 51
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Canones Theodori Cantuariensis, Text U, c. 14, 12: „Si ancilla eius sit liberei earn et VI menses ieiunet. " C. 12 bezieht sich auf c. 11, in dem es heißt: „Sipuellam dei maculaverit [...]", ed. Finsterwalder, S. 308. Gregor, Hist. III 56: ,,[...] Ut Marcitrudis demitteretur, haec fuit occansio. Mater eius post mortem Magnachari di villis hominibus unum ex nutritis Magnicharii acceperat marito, qui, instigantibus Ciuccione et Wiolico ßliis, ab eodem mater iusso Guntramni separatur, et ipse puer occiditur; clamantes fllii negligenter materem herbariam et mere trice m. Haec occansio filiam eiecit de regnum. " M G H SS rer. Mer. 1,1, S. 108. Gregor, Hist. IV 25 (siehe oben, S. 46, Anm. 19) und Fred. Chron. III, 56. Gregor, Hist. III 31 : „ Et quia Theudoricus Italiae Chlodovechi regis sororem in matrimonio habuit, mortuus parvolam filiam cum uxore reliquit. Hic autem cum adulta facta esset, per levitatem animi sui, relieto matris Consilio, quae ei regis filium providebat,
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wollte, ihre edle Herkunft nicht länger zu entehren, den Sklaven zu entlassen und einen Standesgleichen zu heiraten, schickte Audofleda ein Heer gegen sie aus. Traguilan, ihr Liebhaber, wurde mit dem Schwert erschlagen, Amalaswintha gezüchtigt zu ihrer Mutter nach Hause gebracht. Die lockeren Sitten der Rigund im Hause ihrer Mutter Fredegund galten als adulterium 55 Von den Merowingerinnen wurde, im Unterschied zu den männlichen Familienangehörigen, Keuschheit erwartet. Sie durften sich keinesfalls mit Männern niederen Standes oder sogar mit Unfreien sexuell oder ehelich verbinden. Taten sie es doch, empfand ihre Familie dies als zutiefst entehrend, während die männlichen Merowinger Konkubinen unfreien Standes wählten, sie sogar zu Königinnen erhoben.56 Auch die Leges Langobardorum ließen die Eheschließung mit der eigenen Magd nach deren Freilassung ausdrücklich zu.57 Deutlich ist wiederum eine Vorstellungswelt erkennbar, in der die Ehre einer Familie mit dem Wohlverhalten ihrer Frauen einhergeht. Dementsprechend wurde ein Sklave, der sich einer freien Frau näherte, nach der Lex Baiuvariorum den parentes einer Unverheirateten58 oder dem Ehemann einer Verheirateten zur Bestrafung überstellt.59 Die Frau konnte von ihrem Mann ,auf handhafter Tat' getötet werden - ohne Differenzierung des Vorfalls als Verführung oder Vergewaltigung. Der Unfreie war auf jeden Fall des Todes. servum suum Traguilanem nomine accepit et cum eum ad civitatem, qua defensare possit, aufugit. Cumque mater eius contra eam valde frenderet peteretque ab ea, ne humiliaret diutius nobile genus, sed, demisso servo, similem sibi de genere regio, quem mater providerat, deberet accipere, nullatenus voluit adquiescere, Tunc mater eius contra eam frendens, exercitum commovit.At Uli venientes super eos, Traguilanem interfecerunt gladio, ipsam quoque caedentes, in domo matris duxerunt.[...]" M G H SS rer.Mer. 1,1, S. 134f 55 Gregor, Hist. IX 34: „Rigundis autem, filia Chilperici, cum saepius matri calumnias inferret [...] inter easdem inimiciciae vehementius pullulantes, et non de alia causa maximae, nisi quia Rigundis adulteria sequebatur, Semper cum eisdem rixae et caedes erant. " M G H SS rer.Mer. 1,1, S. 389f. 56 M ä g d e als Königinnen: Fred. Chron. III 56; IV, 35; IV, 37; IV, 58. Gregor, Hist. IV, 3; IV, 26; IV, 27; V, 20. 57 Edictus Rothari 222, siehe oben, S. 129, A n m 42. 58 Lex Baiwariorum VIII, 9: „Si servus cum libera fornicaverit et hoc repertum fuerit, ille cuius servus est, reddat illam parentibus eius ad poenam quam meruit, luendam vel ad interflciendum; et amplius nihil cogatur exsolvere, quia talis praesumptio excitat inimicitias inpopulo. " M G H LL nat. Germ. 5, 2, S. 357f. 59 Lex Baiwariorum VIII, 2: „Si servus hoc fecerit et interfectus cum libera in extraneo fuerit thoro, XXsold in suo damno minuetur ipsius coniugis uueragelt [...]" M G H LL. nat. Germ. 5, 2, S. 354.
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6.5 Außereheliche Beziehungen zwischen Personen unfreien Standes Es fragt sich, ob Unfreie untereinander Konkubinate eingehen konnten. Heiraten durfte ein Sklave eine fremde Magd nur mit Einverständnis ihrer beider Herrn,60 andernfalls konnten die Besitzer des Paares das Verhältnis trennen oder sich anderweitig einigen. Sie konnten beispielsweise die Nachkommen des Paares unter sich aufteilen.61 Bei Kastrationsstrafe verboten war einem Sklaven die Vergewaltigung einer fremden Magd mit Todesfolge. 62 Das ribuarische Recht unterschied die erlaubte Ehe von Freigelassenen und Unfreien von der verbotenen Unzucht (moechatus)1.63 In den Leges Langobardorum wurde, wie oben dargelegt, zweierlei Maß an Mägdekonkubinate von Freien und von servi gelegt.64 Nur einem Unfreien war das nebeneheliche Konkubinat untersagt. Vielleicht ist hier ein erster Vorstoß kirchlicher Interessen zu sehen, die bei freien Männern durchzusetzen aussichtslos war. Ein Hinweis auf die Tatsache außerehelicher Verbindungen von Manzipien findet sich in einem Diplom Dagoberts I. aus dem Jahr 637.65 Der König unterwarf die Nachkommen der Manzipien des Klosters Saint De60
Lex Salica 25, 7: „Si seruus ancillam alienarti extra uoluntate domini sui sibi in coniugium sociauerit, [...] solidos III domino ancillae cogatur exsoluere". MGH LL nat. Germ 4, 1, S. 96. Nicht erst im 8. und 9. Jahrhundert werden auch ancillae als coniux, uxor, ihre Geschlechtverbindungen zunehmend als matrimonium oder coniugium bezeichnet, so Obermeier, „Ancilla", S. 261. Siehe auch Lex Baiwariorum VIII, 12. 61 Formule Andecavenses 45: ,,[•••] Non abitur incognitum, qualiter servus nomen illi ancilla ad ilio nomen illa extra volumtate ad coiugium se coniuncxerunt. Sed mod nos una pacis cumcordia convenit, ut de agnacione, qui de ipsis procreati fuerunt, illi ad ancilla sua duas partes recipiat, ergo et illi ad servo suo ilio tertia [...]. " MGH Form. S. 20. 62 Lex Salica, 25, 5: „Si servus cum ancilla aliena moechatus fuerit et ex ipso crimine ancilla mortua fuerit [...] castretur [...]. " MGH LL nat. Germ 4, 1, S. 94f. 63 Lex Ribvaria 61,9: „Si autem tabularius ancillam regiam aut ecclesiasticam seu ancillam tabularii in matrimonium sibi sociaverit, ipse cum ea servus permaneat. Si autem cum ea tantum moechatus fuerit, octavo dimidio solido culpabilis iudicetur, aut cum sex iuret. " MGH LL nat. Germ 3, 2, S. U l f . 64 Siehe oben, S. 128f. 65 Diplom Dagoberts I.: "[...] de copulationibus mancipiorum [...] hanc per hoc nostre dignitatis preceptum constituentes, sancimus ut admodo, per omnia seculi presentis futura tempora, quicumque mancipiorum, sive servorum et ancillarum prefatorum martyrum, sive masculus sive femina, qualicumque pacto, seu legitimo seu furtivo complexu prolem genuerit, inrefragabiliter [...] in jam dicto monasterio Deo servientium ditionemperpetualiter mancipentur [...]" Pardessus, Diplomata, Bd. II; S. 55, Nr. 287.
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nis aus legitimer wie heimlicher Verbindung für alle Zeiten der Abtei. Da es um Besitzverhältnisse ging, konnten auch Kinder Unfreier aus heimlichen Zusammenkünften nicht ignoriert werden. Sie gehörten demnach zum gesellschaftlichen Erscheinungsbild. Gregor von Tours erzählt von den Problemen Unfreier in Liebesdingen.66 Eine Magd und ein Knecht des Rauching, für seinen brutalen Umgang mit Unfreien bekannt, pflegten eine heimliche Liebsbeziehung. Nach zwei Jahren „verbanden sie sich" und flohen in eine Kirche. Rauching forderte sofort seine Untergebenen vom örtlichen Priester heraus. Das Versprechen, ihnen nichts anzutun und ihre Verbindung zu respektieren, wurde ihm abgerungen. Allerdings erfüllte er dieses Versprechen auf grausame Weise: Er ließ das Paar gemeinsam lebendig begraben, damit sie „in Ewigkeit vereint sein konnten". Das Einschreiten des Priesters kam zur Rettung zu spät, Rauching wurde jedoch später durch göttliche Hand bestraft.67 Gregor beschreibt Liebschaften unter famuli, die auch unentdeckt bleiben konnten, als üblich. Dem Engagement der Kirche zur Akzeptanz der Sklavenehen gegenüber stand das Interesse der Herren, die Eheschließungen zwischen Unfreien mitunter verhindern wollten, da sie Komplikationen, beispielsweise bei einem Verkauf, nach sich zogen.68 Der zur Rettung aufgesuchte Priester mußte Rauching zwar erst zur Einhaltung der Kirchengesetze ermahnen, besaß aber doch in seinem Machtbereich die Kraft, die Auslieferung der Unfreien an Bedingungen zu knüpfen. Rauching konnte oder wollte sich nicht einfach über die Autorität des Priesters hinwegsetzen und seine 66
Gregor Hist. V, 3: „[...] Cuius coniugem Rauchingus accepit, [...] qui se ita cum subiectis agebat, ut non cognusceret in se aliquid humanetatis habire [...] quod eo tempore duo de famulis eius, ut sepe contingit, mutuo se amore dilixisse [...] Cumque haec dilectio per duorum annorum aut eo amplius spatio traheretur, coniuncti pariter aeclesiam petierunt. Quod cum Rauchingus conperisset, accedit ad sacerdotem loci [...]. Tunc sacerdos ait ad eum: 'Nosti enim, quae veneratio debeat inpendi aeclesiis Dei; non enim poteris eos accepere, nisi ut fìdem facias de permanente eorum coniunctione; similiter et ut de omni poena corporali liberi maneant repromittas '. [...] Quibus ille acceptis et gratias agens, abscessit ad domum suam. [...] effossamque in altitudine trium aut quattuor pedum humum [...] ¡bique puellam ut mortuam conponens, puerum desuper iactare praecipit, posuitque operturium, fossam humo replevit sepelivitque eos viventes [...] Qui cum sacerdote nuntiata fuissent, cucurrit velociter [...]" MGH SS rer. Mer. 1,1, S. 193f. 67 Gregor Hist. IX, 9. 68 Siehe hierzu: Ch. Verlinden, Le „mariage" des esclaves, in: Il matrimonio nella società alto medievale (= Settimane di studio 24), Spoleto 1977, Bd. 2, S. 569-593, bes. S. 592f.
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Leute gewaltsam an sich bringen. Auf seinem eigenen Hof jedoch konnte er mit ihnen verfahren, wie es ihm beliebte, ohne eine andere Bestrafung als die göttliche furchten zu müssen. Doch auch die Forderung der Unantastbarkeit von Unfreienverbindungen gegen den Willen der Herren konnte sich nicht in der offiziellen Kirchengesetzgebung durchsetzen. Das Konzil von Orléans im Jahr 541 verbot Geistlichen sogar, sich für Unfreie einzusetzen, 69 wenn diese vor ihren Herren in eine Kirche flohen, um eine Ehe zu erzwingen. Die Manzipien und die hilfsbereiten Geistlichen wurden von der Kommunion suspendiert. Kannte Gregor diesen Kanon, ging er offenbar nicht mit ihm konform. Allein schon die immensen Schwierigkeiten von Unfreien, die Anerkennung einer Eheschließung zu erreichen, legt nahe, daß es vielfach zu heimlichen außerehelichen Beziehungen kam. Die Forderung der Kirche nach Achtung der Sklavenehen durch ihre Herren hatte in der Merowingerzeit wohl nur in Ansätzen Erfolg.
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Konzil von Orléans 541, c. 24: „Quaecumque mancipio sub speciae coniugii ad ecclesiae septa confugerint, ut per hoc credant posse fieri coniugium, minime eis licentia tribuatur aut talis coniunctio a clericis defensetur, quia pollutum est, ut, qui sine legitima traditione coniuncti pro religionis statuto tempore se ab ecclesiae communione suspendunt, in sacris locis turpi concubito misceantur. De qua re decernimus, ut, a parentibus aut a propriis dominis, prout ratio poscit personarum, adcepta fide excusati sub separationes promissione reddantur; postmodum tamen parentibus adque dominis liberiate concessa, si eos voluerint propria volumtate coniungere. " De Clercq, CCSL 148 A, S. 138.
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7. Zum Wesen des Konkubinats bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts Neben der Ehe existierte in der merowingischen Gesellschaft im Konkubinat die einzige außer- wie nebeneheliche Beziehungsform. Zufallige sexuelle Kontakte wie Prostitution oder die Straftat der Vergewaltigung können nicht als Beziehungsform gelten. Frauenraub und Entführung dagegen beabsichtigten die Erzwingung einer Ehe. Für ein Konkubinat kamen die eigenen Mägde eines freien Mannes in Betracht. Herbeigeführt wurde das Verhältnis einseitig durch den Mann, der sich von einer Frau niedrigen Standes sexuell angezogen fühlte (.amor). Auf monogam geführte Konkubinate verweisen allein rechtsetzende Schriftzeugen (Toledo I, 17). Keine authentischen Beispiele belegen die Rolle einer Konkubine als Hausfrau. Generell war die Qualität des Konkubinats geprägt vom Statusgefälle zwischen dem freien Mann und der unfreien Frau: So einseitig, wie das Verhältnis herbeigeführt wurde, konnte es beendet werden, indem der Mann seine Gunst entzog. Eine Magd als Konkubine ihres Herrn besaß diesem gegenüber keine Rechte. Die Merowingerprinzen lebten ihre Sexualität von früher Jugend an praktisch ungehindert aus. Gregor von Tours nahm daran wenig Anstoß. Auf politisch motivierte Eheschließungen waren die Merowinger anscheinend nur in geringem Maße angewiesen. Die Merowingerkönige übertraten aus ihrer Machtfülle heraus gesellschaftliche Standesgrenzen und heirateten ihre Mägde. Sie beanspruchten die Mägde anderer Herren, begingen Inzest, heirateten Nonnen und übertraten hierbei nach Gutdünken Gesetze. Die Konkubinen der Merowingerkönige waren Mägde. Nur eine einzige Freie als Konkubine konnte nachgewiesen werden (Deoteria), die allerdings einen Sonderstatus als ,Kriegsbeute' besaß. Nicht ungewöhnlich war der Aufstieg einer unfreien Konkubine zur Königin. In diesem Sinne ,adelte' die Königsnähe. Auch dieses Verhalten schien der Machtfülle der Dynastie zu entspringen. Die Bevölkerungsschicht der freien Männer genoss ebenfalls große sexuelle Freiheiten. Sie nahmen ihre Mägde im eigenen Haus zu Konkubinen, deren Kinder gemeinsam mit den Nachkommen aus legitimer Ehe aufwuchsen. Das ,Herrenrecht' an der Magd war fast uneingeschränkt, nur vor Übergriffen fremder freier Männer war eine Unfreie geschützt. Selbst eine verheiratete Magd konnte sich im Bett ihres Herrn wiederfinden.
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Als unehrenhaft galten außereheliche Beziehungen für Frauen freier Herkunft, besonders aus angesehenen Familien. Eine Freie verhielt sich nur dann ehrenhaft, wenn sie sich jungfräulich in eine dotierte Muntehe geben ließ. Ihr Einverständnis hierzu erscheint in hohem Maße irrelevant. Die Familienehre war an ihr Wohlverhalten in sittlichen Dingen geknüpft, nur dann schützte ihre Familie sie vor Übergriffen von außerhalb. Eine unverheiratete Frau wurde von ihrer Familie schwer bestraft, wenn sie den sittlichen Normen zuwiderhandelte, Vermögensverlust und Schutzentzug waren die Folgen. Dies bedeutete, daß sie kaum noch überlebensfähig war. Besonders deutlich werden die unterschiedlichen moralischen Parameter, die an die männliche und weibliche Sexualmoral gelegt wurden, in dem strikten Verbot für eine Freie, sich auf ein sexuelles Verhältnis mit dem eigenen Knecht einzulassen. War sie verheiratet, unterstand sie der Munt ihres Ehemannes, der sie bei einem Ehebruch sogar straflos töten konnte. Der Ehebruchbegriff beschränkte sich bei verheirateten Männern auf den Einbruch in eine fremde Ehe, dem nebenehelichen Konkubinat eines verheirateten Mannes stand entgegen der kirchlicher Forderung gesellschaftlich nichts im Wege. Während Konkubinen keinerlei Rechtsschutz hinsichtlich Verstoßung und wirtschaftlicher Absicherung besaßen, war die Versorgung der verheirateten Frau rechtlich geregelt. Das Konkubinat stand jedoch außerhalb des herrscherlichen Rechts, es bestand an einem Reglement kein öffentliches Interesse. Es ist in hohem Maße unwahrscheinlich, daß freie Frauen, insbesondere aus einflußreichen Familien, als Konkubinen zur Verfugung standen, denn dies hätte nur mit Zustimmung ihrer Familie geschehen können. Die Familienehre hätte aber niemals ein Konkubinat zugelassen, in der eine Tochter oder Verwandte vollkommen unstandesgemäß wie eine Magd behandelt worden wäre. Nach einer Entlassung aus einem Konkubinat konnte sie nur durch Rückkehr zu ihrer Familie überleben, für eine standesgemäße Ehe wäre sie nicht mehr qualifiziert, da sie keine Jungfrau mehr war. Vorstellbar ist die Vergabe einer Tochter von einer zwar freien, aber gesellschaftlich niedrigstehenden Familie in ein Konkubinat nur aus wirtschaftlicher Not heraus. Für diese frühe Zeit existiert für eine solche Annahme allerdings kein einziger Beleg. Die Großen des Reiches boten keineswegs ihre Töchter dem König an, in der Hoffnung, das Konkubinat würde zu einer Ehe führen. Die Inanspruchnahme von Töchtern angesehener Familien durch einen Herrscher wurde als Machtmißbrauch verstanden und konnte zum Aufstand führen.
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Die Kirche Die Kirche mußte diese gesellschaftlichen Verhältnisse tolerieren. Die Muntverhältnisse und die dotierte Ehe als kirchlicherseits rechte Ehe förderte sie aktiv, denn diese unterstützten die kirchlichen Monogamieforderungen: Innerhalb der Geschlechtsvormundschaft standen zumindest Frauen unter sittlicher Bewachung, das Eingehen einer Muntehe beinhaltete eine gewisse Kontrollmöglichkeit aufgrund der öffentlichen Eheschließung unter Zeugen. Da die Kirche jedoch kaum etwas gegen die sexuellen Freiheiten von Männern ausrichten konnte, gelang es ihr nicht, sich mit ihren Monogamieforderungen durchzusetzen. Ein Konkubinat war auch aus kirchlicher Sicht nur mit einer Magd vorstellbar, als nebeneheliche Beziehung war sie unerwünscht. Diese Aussagen beinhalteten für die Kirche, die gallo-romanische und die fränkische Bevölkerung alles, was es zum Konkubinat zu regeln galt. Ob sich die königliche Familie und andere mächtige Herren daran hielten, stand auf einem anderen Blatt. Den Ehebruchbegriff auf Männer auszudehnen und damit das Verbot des nebenehelichen Konkubinats durchzusetzen, mißlang. Seit der Zeit Dagoberts I., der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts, begannen die Merowinger die Gleichzeitigkeit zweier oder mehrerer Muntehen nebeneinander zu vermeiden. Die sexuelle Aktivität unverheirateter Männer wurde lediglich in der Polemik einzelner Kirchenvertreter angeprangert. Dies fand in den offiziellen Rechtstexten kaum Niederschlag. Der Hauptkampf der Kirche konzentrierte sich in der Merowingerzeit auf die Durchsetzung des Inzestverbots für Laien und des Zölibats für Mönche, Kleriker und Nonnen.
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TEIL 2 D A S FRÄNKISCHE KONKUBINAT VON DER MITTE DES 8. BIS ZUM ENDE DES 9 . JAHRHUNDERTS
1. Das 8. Jahrhundert - eine Zeit des Wandels Das 8. Jahrhundert läutete mit dem Aufstieg der - später so genannten Karolinger Veränderungen von bedeutender Tragweite ein: „Der Übergang von den Merowingern zu den Karolingern geht über die Bedeutung eines Dynastiewechsels weit hinaus: er führt zur Erneuerung des F[rankenreich]s, die seine Erweiterung zum großfränkischen Reich nach sich zieht, in dem Europa zum erstenmal Gestalt gewinnt. Er leitet damit politisch, religiös, sozial und kulturell eine neue Epoche der Weltgeschichte ein [...]."' Erfaßte die Konsolidierung des fränkischen Reiches im 5. Jahrhundert unter dem Zeichen der Taufe Chlodwigs I. zunächst nur die Hinwendung der Großen des Reiches zum Christentum, so ist die beginnende Missionierung der Bevölkerung in den folgenden Jahrhunderten vor allem im Zusammenhang mit dem Engagement der irischen Mission zu sehen. Die Situation der fränkischen Kirche des 8. Jahrhunderts erlebt mit dem Dynastiewechsel zukunftsweisende Veränderungen. Nicht nur die nun einsetzende romverbundene, angelsächsische Mission, auch die Hinwendung Pippins des Jüngeren zum Papsttum - nicht zuletzt zur Legitimierung seines Herrschaftsanspruchs - „bilden den Auftakt zur generationenlangen Neugestaltung des fränkischen Kirchenwesens". 2 Im Zuge der karolingischen Kirchenreform bemühten sich Autoritäten wie Bonifatius auch um ein verändertes Sexualverhalten von Laien.
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J. Fleckenstein, Art.: ,Franken, Frankenreich', B, II. Karolingerzeit, LexMA Bd. 4 (1989), Sp. 703 f. R. Schieffer, Art.: ,Franken, Frankenreich', C: Kirchengeschichte und -Verfassung, LexMA Bd. 4 (1989), Sp. 720. G. Händler, Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger, Berlin (Ost) 1985; F. Prinz (Hg.), Herrschaft und Kirche, Stuttgart 1988; L.E. von Padberg, Mission und Christianisierung. Form und Folgen bei Angelsachsen und Franken im 7. und 8. Jahrhundert, Stuttgart 1995; A. Angenendt, Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 1997; D. Hägermann, Karl der Große, Herrscher des Abendlandes. Biographie, Berlin/München 2000, S. 66ff.
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Bereits König Pippin öffnete sich dem kirchlichen Einfluß, der, entschieden gefördert unter Karl dem Großen, einen Höhepunkt in den ersten Regierungsjahren Ludwigs des Frommen fand. Zu untersuchen ist, wie die gesellschaftlichen Verhältnisse unter der neuen Königsfamilie sich auf das Wesen außerehelicher Beziehungen auswirkten.
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2. Außer- und nebeneheliche Beziehungen zwischen Personen freien Standes 2.1 D i e Konkubinen der Karolinger Die Nachkommen Pippins des Älteren und Arnulfs von Metz standen den Merowingern im Eingehen sexueller und ehelicher Beziehungen wenig nach. Sowohl Pippin der Mittlere als auch sein Sohn Karl Martell waren mit mehr als einer Frau verbunden. So hatte Pippin der Mittlere neben seiner ersten legitimen Gattin Plektrud, Mutter von Drogo und Grimoald dem Jüngeren, mindestens zwei andere Frauen. Über den Status der Chalpaida, Mutter Karl Martells, herrscht Uneinigkeit sowohl in den Quellen, in denen sie einerseits als Ehefrau,3 andererseits als Konkubine 4 tituliert wird, als auch in der Forschung. 5 So war Chalpaida Rudolf Schieffer zufolge Karls „Friedelfrau" vermutlich „von beachtlicher Herkunft".6 Nach anderer Meinung war sie
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Lib. Hist Fr. 49: „[...] habensque Pippinusprefatusprinceps filium ex alia uxore nomine Carlo [...]. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 324. Auch für Fredegar ist sie Ehefrau: Fred. Cont. 6: „[...] Igitur praefatus Pippinus aliam duxit uxorem nobilem et eligantem nomine Chalpaida [...]. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 172. Annales Fuldenses ad annum 714: „ Huius filius Carolus ex Alheida, quam post habita priore coniuge Plichtrude duxit uxorem. " MGH SS rer. Germ. 7, S. 1. So erstmals um 830. Die entscheidende Textstelle bei Erchanbert ist nicht von Pertz in der MGH ediert, sondern von Martin Bouquet: Erchanberti Fragmentum: „[...] Illis temporibus Carlus, filius Pippini ex concubina, in custudia ä Plectrude matrona eiusdem Pippini tenebatur: auxiliante Domino vix evasit. " Recueil des Historiens des Gaules et de la France, t. II., Paris 2 1869 (Nachdruck Farnborough 1967), S. 690. Flodoard von Reims, Historia Remensis ecclesia Liber II, cap. 12: „[...] Hic Karolus ex ancille stupro natus[...]" MGH SS 36, S. 160. Benedicti Sancti Andreae monachi chronicon c. 22: „[...] Fuit primus Pipinus, qui genuit filium ex concubina nomine Carolus [...]" MGH SS 3, S. 707. Zu weiteren Quellen: Joch, Karl Martell - Ein minderberechtigter Erbe Pippins?, in: Karl Martell in seiner Zeit, J. Jarnut / U. Nonn / M. Richter (Hg.), (Beihefte der Francia Bd. 37), Sigmaringen 1994, S. 149-169, bes., S. 152, Anm. 18. Zum Forschungsstand: W. Joch, Legitimität und Integration. Untersuchungen zu den Anfangen Karl Martells (Historische Studien 456), Husum 1999. R. Schieffer, Die Karolinger, S. 35. So auch: E. Hlawitschka, Die Vorfahren Karls des Großen, S. 55; H. Löwe, Deutschland im fränkischen Reich, in: Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte 1: Frühzeit und Karolinger, H. Grundmann (Hg.), Stuttgart '1970, S. 153; E. Ewig, Die Abwendung des Papsttums vom Imperium und seine Hinwendung zu den Franken, in: Handbuch der Kirchengeschichte 3.1, H. Jedin (Hg.), Freiburg 1966, S. 11; U. Nonn, Art.: ,Karl Martell, LexMA Bd. 5 (1991), Sp. 954f.
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neben Plektrud ebenfalls Ehefrau.7 Waltraut Joch konkludiert, daß Chalpaida die Gattin Pippins war und die Verbindung mit ihr rechtlich nicht von der Ehe mit Plektrud zu differenzieren ist.8 Joch spricht von einer späteren Umdeutung der Stellung Chalpaidas als Konkubine im Zusammenhang mit der Übernahme kirchlicher Monogamieforderungen in das weltliche Recht.9 Dieter Hägermann zufolge handelt es sich bei der Verbindung von Pippin und Chalpaida um ein Konkubinat, die Führung einer Doppelehe für diese Zeit sei gänzlich ausgeschlossen. 10 Dafür spricht, daß Plektrud und Chalpaida im Hause Pippins wohl nicht gleichgestellt waren. Bereits Heinrich Brunner wies auf die wichtige Stellung der Hausfrau hin, der sich jede weitere Genossin des Ehemannes unterzuordnen hatte." Eine Frau von der Herkunft und Persönlichkeit Plektruds hätte mit ihrer mächtigen Familie im Hintergrund - wohl kaum eine weitere Ehefrau zugelassen. Vielmehr wies sie der neuen Frau ihren Platz im Haushalt zu. 12 Plektrud und Chalpaida waren nicht die einzigen Frauen 7
Bei Hellmann ist sie die „andere Gemahlin" Pippins, ders., Die Heiraten der Karolinger, S. 297. Ebenso: H. Brunner, Die uneheliche Vaterschaft, S. 3; Th. Breysig, Jahrbücher des fränkischen Reiches 714-741, Leipzig 1869, S. 7, Anm. 3; S. Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 50; Th. Schieffer, Eheschließung und Ehescheidung, S. 39 spricht von ,Nebenehe', er nennt Karl Martell einen ,Friedelsohn'. Während die ältere Forschung tendenziell eher von Doppelehe und ehelicher Geburt ausging, folgte die Forschung nach Meyer zumeist der Friedelehentheorie, während Karl Martells rechtlicher Status dann aber doch eher als illegitim beurteilt wird. Zusammenfassend: W. Joch, Karl Martell, S. 149f. 8 W. Joch, Legitimität und Integration, S. 24 u. 123. Sie begründet die starke politische Stellung Karl Martells mit der Nachfolgefähigkeit aufgrund seiner ehelichen Geburt, ebd. S. 36f. 9 W. Joch, Karl Martell, S. 168. Zur politischen Dimension dieser Angelegenheit: Dies., Legitimität und Integration (wie S. 142, Anm. 5). 10 D. Hägermann, Karl der Große, S. 53. " H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I. S. 109f. So auch D. Hägermann, Karl der Große, S. 53f; B. Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft. Untersuchungen zur Teilhabe am Reich in der Merowinger- und Karolingerzeit, Hannover 1997, S. 76f. Für Plektrud war Chalpaida jedenfalls gefährlich genug, um sie und Karl in großer Heftigkeit zu bekämpfen, ebd. S. 77. 12 Auch Mikoletzky betont, daß Chalpaida sich nicht gegen die ältere und mächtigere Plektrud durchsetzen konnte, ders., Karl Martell und Grifo, in: Festschrift Edmund E. Stengel, Münster u.a. 1952, S. 131 f. Pippin wollte Plektrud nicht verstoßen, vielleicht, um es sich mit ihrer mächtigen Familie nicht zu verderben R. Le Jan, Familie et pouvoir, S. 272f. Plektrud stammte aus einer der einflußreichsten und vermögendsten Familien Austriens, E. Hlawitschka, Die Vorfahren Karls des Großen, S. 75, Anm. 12. Zur Verwandtschaft Plektruds: I. Heidrich, Von Plektrud zu Hildegard, in: RhVbl 52 (1988), S. 1-15; M. Werner, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger, Sigmaringen 1982. Im Gegensatz zu Plektrud tritt Chalpaida quellenmäßig nicht durch eigene Aktivitäten auf, I. Heidrich, Von Plektrud zu Hildegard. Beobachtungen zum Besitz-
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im Leben Pippins des Mittleren. Von einer namentlich nicht bekannten13 weiteren Frau bekam Pippin den Sohn Childebrand.14 Auch Grimoald des Jüngeren Sohn Theudoald stammte nicht von seiner Ehefrau, der Tochter des Friesenherzogs Radbod, sondern von einer concubina, deren Name ebenfalls nicht überliefert ist.15 Karl Martells Sohn Grifo hatte Swanahild, Nichte des Bayernherzogs Odilo,16 zur Mutter.17 Swanahild, die Karl 725 als Gefangene von seinem bayrischen Heereszug mit sich führte,18 schildern die Annales Mettenses recht adliger Frauen des 7. und 8. Jahrhunderts und zur politischen Rolle der Frauen der frühen Karolinger, in: RhVjBl 52 (1988), S. 1-15, bes S. 6. 13 R. Schieffer, Die Karolinger, S. 35, nimmt an, daß hauptsächlich Konkubinen freier Herkunft namentlich genannt werden. Dem widerspricht die Tatsache, daß die Magd Doda, Konkubine Lothars I., sehr wohl namentlich bekannt ist, während es auch legitime Ehefrauen aus adligem Hause gab, deren Namen wir nicht kennen, wie z.B. die Tochter des Desiderius (Ehefrau Karls des Großen) und die Ehefrau Karlmanns, Sohn Ludwigs des Deutschen, immerhin Tochter des fuhrenden bayrischen Grafen Ernst. Letztere nennt auch R. Schieffer, Die Karolinger, S. 157. 14 Nach S. Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 56, war die Mutter Childebrands eine Unfreie, was sie jedoch nicht belegt. In Fred. Cont. 20 u. 21 nennt sich Childebrand (als Fortfiihrer des Fredegar) einen Bruder Karl Martells, siehe dazu Hlawitschka, Die Vorfahren Karls des Großen, S. 78; U. Nonn, Art.: .Childebrand', LexMA Bd. 2 (1983), Bd. Sp. 1817. Als Graf in Burgund kämpfte er 737/738 in der Position eines Heerführers Karl Martells gegen die Sarazenen sowie 739/40 für seinen Neffen Pippin d. J. (ebd.). 15 Liber historiae Francorum c. 49: „[...] Grimoaldus quippe genuit filium ex concubina Theudoaldo nomine [...]" MGH SS rer. Mer. 2, S. 324. Konecny nimmt an, daß sie freier Herkunft war. Dies., Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 55. Annales Mettenses priores 714: „[...] In locumque Grimoaldi filium eiusparvulum ex concubina natum nomine Theodoaldum maiorum domus cum Dagoberto rege constituit.[...]" MGH SS rer. Germ. 10, S. 19; E. Hlawitschka, Die Vorfahren Karls des Großen, S. 78, Anm. 29; Th. Breysig, Jahrbücher, S. 4. 16 Jarnut nimmt anhand von Gedenkbucheinträgen an, daß sie die Tochter des Tassilo, Sohn von Theudebert, war. Hiltruds und Odilos Sohn wurde Tassilo genannt, vielleicht nach dem Vater Swanahilds, die Hiltrud bei der Flucht nach Bayern half (siehe unten, S. 172f). J. Jarnut, Untersuchungen zur Herkunft Swanahilds, der Gattin Karl Martells, in: ZBLG 40 (1977), S. 245-249, bes. S. 247. Jarnut sieht in Swanahild die Ehefrau Karl Martells, ebd. S. 247f. 17 Annales regni Francorum 741: „[..] Quorum Grifo, qui ceteris minor natu erat, matrem habuit nomine Swanahildem, neptem Odilonis ducis Baioariorum. Haec illum maligno consilio adspem totius regni concitavit, [...]. " MGH SS rer. Germ.6, S. 3. 18 Zusammen mit Pilitrud, der Ehefrau des Grimoald (den Karl Martell 728 besiegte) gelangte Swanahild als Gefangene an den Franken. Fred. Cont.: 12: „[...] Subacta regione illa, thesauris multis cum matrona quandam nomine Beletrude et nepte sua Sunnichilde regreditur. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 175. Ob zunächst eine regelrechte Geiselhaft Swanahilds erfolgte, hält auch S. Konecny (Die Frauen des karolingischen Kö-
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priores als eine Konkubine, die Karl nach dem Tod seiner ersten Frau Chrodtrut (gest. 725) zu sich nahm.19 Das Reichenauer Verbrüderungsbuch nennt sie regina,20 was sie natürlich genausowenig war, wie Karl Martell rex. Der Titel zeigt jedoch den Grad ihrer Anerkennung und ihre Stellung, die wohl eher die einer rechtmäßigen Ehefrau war.21 Eine Vermutung ist, daß sie zunächst den Status einer Geisel oder sogar einer Kriegsbeute innehatte (wie Radegund), Karl Martell sie (wie im Falle der Deoteria) erst in sein Bett holte, um sie später, vielleicht nach Grifos Geburt, zu heiraten. Zu belegen ist dies nicht. Von mindestens einer weiteren Frau, einer Konkubine, die eventuell Ruodhaid hieß,22 besaß Karl Martell die Söhne Bernhard (Vater Adalhards und Walas von Corbie), Hieronymus und Remedius (Remigius), nachmals Bischof von Rouen.23 Stammten sie von derselben Mutter, so mußte die Beziehung Karls zu ihr eine langjährige gewesen sein. Die Unsicherheit in der Bewertung der Herrscherehen dieser Zeit zeigt sich
nigshauses, S. 52) für fraglich. R. Schieffer (Die Karolinger, S. 42f) zufolge heiratete Karl Martell Swanahild kurz nach dem Tod Chrodtruds. Auch nach Reindel war Swanahild rechtmäßige Ehefrau, K. Reindel, Grundlegung: Das Zeitalter der Agilolfmger (bis 788) in: M. Spindler (Hg.), Handbuch der bayrischen Geschichte, München 2 1971, S. 123 f. 19 Annales Mettenses priores 741: „Carolus autem adhuc vivens, cum inter filios suos Carolomannum et Pippinum principatum suum divideret, tertio fllio suo Gripponi, quem ex concubina sua Sonihilde, quam de Bawaria captivam adduxerat, habuit, suadente eadem concubina, partem ei in medio principatus sui tribuit, partem videlicet aliquam Niustriae partemque Austriae et Burgundiae. De haec autem terna portione, quam Griphoni adulescenti decessurus princeps tradiderat, Franci valde contristati erant, ut per consilium improbae mulieris fuissent divisi et a legitimis heredibus seiuncti [...] Sonihilde vero Calam monasterium dederunt. " MGH SS rer. Germ. 10, S. 32. 20 Im Reichenauer Verbrüderungsbuch erscheint zwischen ruadtrud (Chrodtrut), der ersten Frau Karl Martells, und swanahil eine ruodhaid. Swanahild wird als einzige dieser Frauen regina genannt. Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau, MGH Libri Memoriales et necrologia, nova series I, Tafel S. 114, A 2. E. Hlawitschka, Die Vorfahren Karl des Großen, S. 79. In der Reihe der aufgeführten Karolingerfrauen sind Chrodtrut und Ruodhaid die einzigen, die nicht regina genannt werden. Joch zufolge (Legitimität und Integration, S. 124) stammte Chrodtrut, Ehefrau Karl Martells und Mutter von Karlmann, Pippin und Hiltrud, vielleicht aus der Familie der Widonen. 21 So auch S. Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 52. 22 Siehe oben, Anm. 20. 23 Sie spielten politisch eine wesentlich unbedeutendere Rolle als Grifo. Die Tatsache, daß Grifo im Gegensatz zu Bernhard, Remedius (Remigius) und Hieronymus an der Nachfolge beteiligt war, wird als Beleg für seine eheliche Geburt gewertet, I. Heidrich, Art.: „Grifo", Neue deutsche Biographie 7, (1966), S. 67.
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auch darin, daß selbst Chrodtrut, die Mutter Karlmanns, Pippins und Hiltruds, nicht eindeutig als Ehefrau zu belegen ist.24 Die zeitgenössische Beschreibung der ehelichen und nichtehelichen Verhältnisse der Pippiniden und ersten Karolinger bleibt oft diffus. Die Widersprüchlichkeit der Quellenaussagen setzt sich unter Karl dem Großen fort, so war Himiltrud, die Mutter Pippins des Buckligen, des erstgeborenen Sohnes Karls des Großen, den erzählenden Quellen zufolge eine Konkubine. 25 Ob Himiltrud, nach Paulus Diaconus eine nobilis puellc und somit zur Ehefrau prädestiniert, wirklich eine Konkubine war, wird stark bezweifelt. 27 Rudolf Schieffer zufolge hatte sich auch Karl Martell mit Swanahild in bewußter dynastischer Ehe verbunden, die Funktion als
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So Hlawitschka, Die Vorfahren Karls des Großen, S. 78f. Annales Laureshamenses 792: „[...] Pippinus fllius regis, ex concubina Himildrude nomine genitus [...]" MGH SS I, S. 35; ebenso Paulus Diaconus, Gesta episcoporum Mettensium, MGH SS II, S. 265 (siehe unten, Anm. 26); Einhard, Vita Karoli Magni, c. 20: „Erat ei fllius nomine Pippinus ex concubina editus. " MGH SS rer. Germ. 25, S. 25, Astronomus, Vita Hludowici imperatoris, c. 6 bezeichnet Pippin (den Buckligen) anläßlich seiner Verschwörung 792 als "fratrem [...] naturalem" Ludwigs des Frommen und Pippins (Karlmann) ed. E. Tremp, MGH SS rer. Germ 7, 64, S. 302; Notker der Stammler, Gesta Karoli Magni II, 12:,, Nam de Sclavis ad reginam regressus a filio per concubinam progenito, nomine gloriosissimi Pippini matre omnialiter insignito. " MGH SS rer. Germ. N.S. 12, S. 71. Notker der Stammler schrieb erst kurz nach der Kaiserkrönung Karls III. 881 die Geschichte der ost- und westfränkischen Karolinger. Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, 1. Bd. S. 359; siehe auch Berschin, Biographie und Epochenstil Bd.3, S. 388-404; H.W. Goetz, Strukturen der spätkarolingischen Epoche im Spiegel der Vorstellungen eines zeitgenössischen Mönchs, Bonn 1981. Annales Laurissenses minores, cap. 24: „Hac tempestate fllius regni Pippinus ex concubina Himildruda [...]. " MGH SS I, S. 119. Im 10. Jahrhundert entstanden, haben die Annales Laurissenses nach Seibert nur kompilatorischen Wert. H. Seibert, Art. .Lorsch' LexMA, Bd. 5 (1991), Sp. 2118. Pauli Gesta episcoporum Mettensium: „[...] Habuit tarnen, ante legale connubium, ex Himiltrude nobilipuella filium nomine Pippinum [...]. " MGH SS II, S. 265. Zur politischen Dimension der Angelegenheit: D. Hägermann, Karl der Große, S. 82f u.ö.; Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, S. 144; J. Jarnut, Ein Bruderkampf und seine Folgen, in: Herrschaft, Kirche, Kultur, Festschrift Friedrich Prinz, Stuttgart 1993, S. 165-176, bes. S. 168. Anders Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 65; M. Ary, The Politics of the Frankish-Lombard Marriage Alliance, in: Archivum Historiae Pontificiae 19 (1981), S. 7-25, bes. S. 17; G. Wolf, Die Qualität der fränkisch-langobardischen Verbindung 770/71 und die sonstigen Verbindungen Karls des Großen, in: ZRG.GA 113 (1996), S. 397-411, bes. S. 397; ders., Himiltrud, Walderada und Hatheburg - über Frauenschicksale des 8. bis 10. Jahrhundert, in: Satura mediaevalis. Festschrift Gunther Wolf. Gesammelte Schriften, Bd. 1, Heidelberg 1995, S. 297-310, bes. S. 305. Mikat bezeichnet sie als ,Friedelfrau', ders., Art.: , E h e \ in:HRG 1 (1971), Sp. 817.
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Konkubine sei ihr erst später von Widersachern angehängt worden, Swanahild nachträglich abqualifiziert, um die Ausschaltung Grifos zu rechtfertigen.28 In diesem Sinne sollte Pippin der Bucklige aufgrund seiner körperlichen Behinderung, die ihn aus Idoneitätsgründen als Herrscher untauglich machte, ausgeschaltet werden.29 Da inzwischen die kirchliche Einflußnahme weit genug gediehen war, bot sich als vorgeschobene Begründung für den Ausschluß Pippins - zumal nach seiner Revolte von 792 - die unterstellte illegitime Geburt an.30 Die spärlichen Quellenbelege lassen sich schwer in (nicht zeitgemäße) eherechtliche Schemata pressen. Aus den vereinzelten, oft widersprüchlichen Hinweisen auf Zusammenhänge zwischen der Verbindungsform der Eltern, dem Stand der Mutter und der Erb- beziehungsweise Nachfolgeberechtigung eines Sohnes zu generalisieren, erweist sich für das 8. Jahrhundert als problematisch. Die Selektion der Geschehnisse, die von den zeitgenössischen Autoren als bedeutend genug erachtet wurden, um sie zur Niederschrift zu bringen, spricht allerdings für sich. Die Form einer sexuellen Beziehung war um die Mitte des 8. Jahrhunderts noch nicht von Bedeutung für die Nachfolgefrage. Über die Annahme eines Sohnes als Nachfolger entschied der Vater kraft des ius paternum. So lag die Entscheidungsinstanz über die Weitergabe der Macht beim herrscherlichen Vater, der sich offensichtlich nicht unbedingt von der Form der Bezie28
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R. Schieffer, Karl Martell und seine Familie, in: Karl Martell in seiner Zeit, Jarnut u.a. (Hg.), Sigmaringen 1994, S. 305-315, bes. S. 311; R. Schieffer, die Karolinger, S. 51; Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, S. 106. Die nach Mikoletzky respektvolle Behandlung Swanahilds nach ihrer Niederlage spricht für ihre Anerkennung als Ehefrau sogar durch die Gegenpartei, ders., Karl Martell und Grifo, S. 146. D. Hägermann, Karl der Große, S. 180, S. 323ff u.ö. D. Hägermann, Karl der Große, S. 82f u. S. 321 ff. Belege für die legitime Geburt Pippins des Buckligen: Der Brief Stephans III. an Karl den Großen und Karlmann: „ [ . . . ] Itaque [...] eo quod Desiderius Langobardorum rex vestram persuadere dinoscitur excellentiam, suam flliam uni ex vestra fraternitate in conuvio copulari. Etenim [...] iam Dei voluntate et consilio coniugio legitimo ex praeceptione genitoris vestri copulati estis, accipientes, sicut preclari et nobilissimi reges, de eadem vestra patria, scilicet ex ipsa nobilissima Francorum gentae, pulchrissimas coniuges [...] et certe non vobis licet, eis dimissis, alias ducaere nxores vel extranaee nationis consanguinitate immisci. [...]. " MGH Epp. III, Codex Carolinus, Nr. 45, S. 561. Im Verbrüderungsbuch von St. Peter in Salzburg erscheint zu 784 Pippin der Bucklige noch nach Karl dem Großen, Königin Fastrada und vor seinem Halbbruder Karl dem Jüngeren (Verbrüderungsbuch von St. Peter in Salzburg, fol. 10 A a, linke Spalte). Die dynastische Namengebung ,Pippin' kann als weiteres Indiz für eine legitime Ehe gelten. Jarnut zufolge wählte Karl der Große diesen Namen aus Rivalität zu seinem Bruder Karlmann, dem er keinen dynastischen Vorsprung geben wollte, da dieser seinen Erstgeborenen ebenfalls Pippin genannt hatte. Hierzu: Jarnut, Ein Bruderkampf und seine Folgen, S. 165-176.
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hung zur Mutter seines Erben leiten ließ.31 Erst, als es opportun erschien, wurde die kirchliche Forderung nach legitimen Ehen, aus denen allein rechtmäßige Nachfolger stammen sollten, von den Karolingern zwischen 789 und 817 übernommen und instrumentalisiert, um auf diese Weise unerwünschte „überzählige" Söhne ausschalten zu können.32 Zur Folge hatte diese politisch motivierte Annahme kirchlicher Anschauungen, daß von nun an in erbrechtlicher Hinsicht tatsächlich genauer zwischen legitimer Ehe und Konkubinat differenziert wurde.33 Einhard differenzierte in seiner um 825/2634 niedergeschriebenen Vita Karoli Magnz'35 die Ehefrauen Karls des Großen entschieden von seinen Konkubinen. Die erste seiner vier eindeutig belegten Ehefrauen war die Tochter des Langobardenkönigs Desiderius, die er nach einem Jahr verstieß.36 Kurz darauf heiratete er die sehr junge Alemannin Hildegard, ebenso von edler Abstammung37 wie Fastrada,38 die er nach dem Tod Hildegards 783 ehelichte. Auch Karls letzte Ehefrau Liutgard war eine 31
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B. Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, S. 135; D. Hägermann, Karl der Große, S. 53. B. Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, S. 560. Ebd., S. 148. H. Löwe, Zur Entstehungszeit der Vita Karoli Magni, in: DA 39 (1983), S. 83-103, bes. S. lOlf. Zur Vita Karoli des Einhard, siehe W. Berschin, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, Bd. 3, Karolingische Biographie, 750-920 n. Chr., Stuttgart 1991, S. 199-220; H. Löwe, Die Entstehungszeit der Vita Karoli Einhards, DA 39 (1989), S. 83103; J. Fleckenstein, Art.: .Einhard', in: LexMA Bd. 3 (1986), Sp. 1737-1739. Einhard, Vita Karoli Magni, c. 18: „[...] Deinde cum matris hortatu filiam Desiderii regis Langobardorum duxisset uxorem, incertum qua de causa, post annum eam repudiavit et Hildigardam de gente Suaborum praecipuae nobilitatis feminam in matrimonium accepit; de qua tres füios, Karolum videlicet, Pippinum et Hludowicum, totidemque fllias, Hruodtrudem et Berhtam et Gislam, genuit. Habuit et alias tres fllias, Theoderadam et Hiltrudem et Hruodhaidem, duas de Fastrada uxore, quae de Orientalium Francorum, Germanorum videlicet, gente erat, tertiam de concubina quadam, cuius nomen modo memoriae non occurrit. Defuncta Fastrada Liutgardam Alamannam duxit, de qua nihil liberorum tulit. [...]" MGH SS rer. Germ. 25, S. 22f. Sie entstammte dem alemannischen Herzogshaus. Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 67. Zu Hildegard: K. Schreiner, „Hildegardis regina". Wirklichkeit und Legende einer karolingischen Herrscherin, in: AKG 57 (1975), S. 1-70. Nach neuerer Erkenntnis wird Fastrada verwandtschaftlich auf eine u.a. in den Mainlanden begüterte Familie in Zusammenhang gebracht. F. Staab, Die Königin Fastrada, in: Das Frankfurter Konzil von 794, R. Berndt (Hg.), Mainz 1997, S. 183-217, bes. S. 209ff; Schmid zufolge ist die Verwandtschaft unbekannt, K. Schmid, Zu Problematik von Familie, Sippe und Geschlecht, Haus und Dynastie, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 105 (1957), S. 1-62, bes. S. 26.
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Alemannin guter Herkunft, die zunächst seine Konkubine gewesen sein soll. 39 Die Abstammung der fünf Konkubinen, von denen vier namentlich genannt werden (Madelgar, Gerswinda, Regina, Adelind), erwähnt Einhard nicht.40 Die Sächsin Gerswinda besaß vielleicht den Status einer ,Kriegsbeute'. 41 Zusammen mit Himiltrud, der Mutter Pippins des Buckligen, die Einhard zu den Beischläferinnen zählt, wären somit sechs Konkubinen bezeugt, von denen Karl insgesamt mindestens sieben Kinder bekam:42 Pippin den Buckligen, Ruodhaid von einer namentlich nicht bekannten Mutter, Rothild von Madelgar, Adeltrud von Gerswinda, Hugo und Drogo von Regina, Theoderich von Adelind. Einhard betont, daß Karl erst nach dem Tod einer Ehefrau (bzw. nach ihrer Verstoßung) erneut geheiratet hätte. Vier seiner Konkubinen habe sich Karl erst nach dem Tod der letzten Ehefrau beigesellt. Es ist kaum vorstellbar, daß er die Beziehungen zu seinen zehn quellenmäßig belegbaren Frauen, Ehefrauen wie Konkubinen, nacheinander aufnahm. So soll die Tochter Ruodhaid von einer Konkubine während der Ehe mit Fastrada geboren sein. 43 Am 4. Juni 800 starb Karls letzte Ehefrau Liutgard,44 39 40
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Siehe unten, S. 150, Anm 46 u. 47. Einhard, Vita Karoli Magni, c. 18: "[...] Post cuius mortem quattuor habuit concubinas, Madelgardem scilicet, quae peperit eiflliam nomine Ruothildem, Gersuindam Saxonici generis, de qua eifüia nomine Adaltrud nata est, et Reginam, quae ei Drogonem et Hugum genuit, et Adallindem, ex qua Theodericum procreavit. [...]" MGH SS rer. Germ. 25, S. 23. Eine Zahlenänderung von tres auf quattuor der Hss.klasse C geht vielleicht auf Walahfried Strabo zurück. K. F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen, S. 443. Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 6, ohne Beleg. Da Einhard z. B. bei Hildegard nur die Kinder auffuhrt, die das Kindesalter überstanden, können es auch mehr Konkubinenkinder gewesen sein, so auch F. Staab, Königin Fastrada, S. 183. Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, S. 361, Anm. 4 u. S. 363, Anm. 5. Diese Tatsache entnimmt er dem Wortlaut von Einhard, Vita Karoli, c. 18: „[...] Habuit et alias tres filias, Theoderadam et Hiltrudem et Hruodhaidem, duas de Fastrada uxore, quae de Orientalium Francorum, Germanorum videlicet, gente erat, tertiam de concubina quadam, cuius nomen modo memoriae non occurrit." MGH SS rer. Germ. 25, S. 22. Hellmann geht von der gemeinsamen Nennung der drei Töchter in einem Satz aus, die eine solche Interpretation nahelegt. Werner datiert in der genealogischen Tafel die Geburt Ruodhaids auf ca. 784, die Eheschließung mit Fastrada auf 783, legt die Beziehung Karls mit Ruodhaids Mutter aber auf die Zeit vor der Ehe mit Fastrada. Ders., Die Nachkommen Karls des Großen, S. 442f und Tafel. Da Hildegard jedoch 783 starb, wird es schwierig, dieses Konkubinat zwischen beide Ehen zu ,quetschen'. (So auch Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 65). Ruodhaid gehört nach Theodulf der Altersgruppe der Fastrada-Töchter Theodrada (geb. ca. 785) und Hiltrud (geb. ca. 787) an. Zur älteren Töchtergruppe dagegen gehören Rotrud (geb. ca. 775), Bertha (geb.779/80) und Gisla (geb. 781). K. F. Werner, Die Nachkommen Karls des
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die vielleicht zunächst Konkubine war.45 Schon 796 hielt sie sich am Hof auf, von Liebe zwischen dem König und Liutgard, die nicht Königin oder Ehefrau genannt wird, ist die Rede. 46 Der Terminus amor könnte, seinem oben belegten Konnotat zufolge, auf ein Konkubinat weisen. Auch Alkuin nennt sie in einem an Liutgard gerichteten Schreiben von 795 nicht Ehefrau, sondern neutral femina,47 Geheiratet habe Karl sie erst 799 anläßlich des Treffens mit Papst Leo III. in Paderborn.48 War Karl der Große ein chronischer Ehebrecher? Sicher ist, daß Karl von 769 bis Anfang 771 (Tochter des Desiderius), vom Frühjahr 771 bis Frühjahr 783 mit Hildegard, von Oktober 783 bis August 794 mit Fastrada verheiratet war. Vom Herbst 794 bis Sommer 800 war er mit Liutgard verbunden. Während dieser Zeit hatte er allein drei nachweisbare Konkubinen (Mutter der Ruodhaid, Madelgar, Gerswinda), die mindestens drei Kinder zur Welt brachten. Kurz nach dem Tod Liutgards (800) verband er sich mit Regina, die 801 Drogo zur Welt brachte. Noch 807, in seinen
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Großen, S. 442f und Tafel. Bei Theodulf von Orléans wird sie schon 796 gemeinsam mit den Schwestern aus der Ehe mit Hildegard erwähnt, sie kann also auch während dieser Ehe geboren worden sein, Theodulf von Orléans, Carmina ad Carolum regem: „[...] Scilicet ad Bertam et Chrodtrudh, ubi sit quoque Gisla [...]. " MGH Poetae latini aevi Carolini 1, S. 485 Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 5 mit Anm. 30. Annales regni Francorum 800, MGH SS rer. Ger. 6, S. 110. Alkuin, Epp. 4, Nr. 197, S. 325. Nach Brieskorn belegt dies, daß die Heirat schon 794 stattfand. Ders., Karl der Große und das Eherecht seiner Zeit, S. 305. Simson, Jahrbücher Karls d. Großen II, 214 mit Anm. 6. Hellmann dagegen verneint dies, ders. Heiraten der Karolinger, S. 371; ohne Quellenangabe folgt Stafford (Queens, Concubine, Dowagers, S. 61) Simsons Annahme. Angilbert, Ecloga ad Carolum regem,: "[...] Quid Liutgardis ovans regis amore luat?" MGH Poetae Latini aevi Carolini 1, S. 360, Z. 56. Alkuin, Epp., Nr. 50: „[...] tu vero, femina nobilissima, semper optimis moribus vivas ante omnes homines et sacratissima conversatione ante Deum, ut omnium ore lauderis et omnium corde ameris. Larga dementia Dei Semper te in maiores sublevet honores, donec te terrenae prosperitatis felicitate ad eternam pervenire merearis beatudinem. [...]. " MGH Epp. 4, S. 94. Theodulf von Orléans, Carmina ad Carolum regem: „[...] Scilicet ad Bertam et Chrodtrudh, ubi sit quoque Gisla, Pulchrarum una, soror, sit minor ordo trium. Est sodata quibus Leutgardispulchra virago [...]". MGH Poetae latini aevi Carolini 1, S. 485. D. Hägermann, Karl der Große, S. 414. Im Paderborner Epos wird sie Ehefrau genannt: Karolus Magnus et Leo papa „[...] Liutgardis Karolipulcherrima nomine coniux [...]" MGH Poetae Latini aevi Carolini 1, S. 370, Z. 184. Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses; S. 69f; Zum Paderborner Epos: H. Beumann / F. Brunhölzl / W. Winkelmann, Karolus Magnus et Leo papa. Ein Paderborner Epos vom Jahre 799, Paderborn 1966; D. Schaller, Art. ,De Karolo rege et Leone papa (Aachener Karlsepos)', in: Verfasser-Lexikon 4, Berlin/New York 2 1983, Sp. 1041-1045; ders., Das Aachener Epos für Karl den Kaiser, in: Studien zur latienischen Dichtung des Frühmittelalters, Stuttgart 1995, S. 129-163.
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Sechzigern, zeugte Karl Theoderich.49 Da jedoch Konkubinen wohl zumeist nur dann im Schrifttum Erwähnung fanden, wenn sie Kinder bekamen, zudem Kinder, die sehr früh starben, nicht aufgeführt wurden,50 könnten es noch mehr gewesen sein. All dies läßt davon ausgehen, daß Karl der Große es mit der ehelichen Treue nicht sehr genau nahm. Er lebte seine Sexualität in ehelichen, neben- und außerehelichen Beziehungen aus. Es fragt sich, ob Karl sich in seiner Königs- und Kaiserwürde als princeps legibus solutus verstand, der mit seinem Sexualverhalten demonstrativ seine Unabhängigkeit von Kirchengesetzen bewies,51 wie schon vor ihm die Merowingerkönige. Hinsichtlich seiner Eheschließungen beschränkte er sich auf,serielle Monogamie', insofern berücksichtigte der König kirchliches Moralempfinden. Daß ein solches existierte, belegt Einhard, der bestrebt war, Karls Beziehungen als streng monogam darzustellen. Doch noch immer besaß ein Herrscher große sexuelle Freiheiten. Es wurde deutlicher zwischen Konkubinen und Ehefrauen differenziert als zur Zeit der Vorfahren Karls des Großen. Nach wie vor entschied der Herrscher allein über die Beziehungsform, die er einging. Eine Gesetzmäßigkeit ist lediglich in der Wahl einer Ehefrau von guter Herkunft zu entdecken - hierauf wurde Wert gelegt. Himiltrud wird von Paulus Diaconus als nobilis beschrieben,52 dies bestätigt die Annahme einer als Ehe begonnenen, später als Konkubinat diffamierten Beziehung Himiltruds zu Karl dem Großen. Die Abstammung der anderen Konkubinen Karls ist nicht zu belegen. Da sie nicht erwähnt wird, war sie wohl, im Gegensatz zur Herkunft der Ehefrauen, nicht von Bedeutung. Demnach waren sie vielleicht freien, aber wohl kaum edlen Standes. Kritik an Karls Sexualverhalten kommt von keiner Seite auf. Erst in der Jenseitsvision des Wetti, geschrieben ungefähr zehn Jahre nach dem Tod Karls des Großen, wird sein lockeres Liebesleben gerügt und mit einer postumen laesio der sündigen Körperteile gestraft.53 Wagte zu Karls Leb-
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Annales Lobienses a. 807: „Natus est imperatorifilius nomine Theodericus. " MGH SS 13, S. 231. Siehe oben, S. 149, Anm. 42. So Brieskorn, Karl der Große und das Eherecht seiner Zeit, S. 321 f. Siehe oben, S. 146, Anm. 26. Sie stammte aus einem „alemannisch-rätischen oder elsässischen Adelsgeschlecht". D. Hägermann, Karl der Große, S. 83. Der Reichenauer Klosterlehrer Wetti (gest. 824) hatte kurz vor seinem Tod eine Jenseitsvision, die zuerst von Abt Heito niedergeschrieben wurde (ed. MGH Poetae latini aevi Carolini 2, S. 267-275). Heito, geboren 762/63, gestorben 836, war von 806 bis 823 Abt auf der Reichenau (H. Houben, Art.: ,Heito', LexMA Bd. 4 (1989), Sp. 2113).
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Zeiten niemand offene Kritik, so konnte zumindest Abt Heito sein Verhalten doch nicht unkommentiert lassen. Auch die Söhne Karls des Großen, als Unterkönige nach Italien und Aquitanien geschickt, gingen voreheliche Konkubinate ein. Pippin hatte Thegan zufolge von einer Konkubine den Sohn Bernhard, nachmals König von Italien.54 Jedoch gehen auch in der Bewertung dieser Beziehung die Meinungen auseinander. Motiv für die Rebellion Bernhards, so Ernst Tremp, sei gerade die Abstammung aus einer „als Friedelverbindung begonnenen Ehe" gewesen, die ihm die legitime Thronfolge Pippins verwehrte. 55 Nach anderer, überzeugender Meinung war Bernhard ehelich und wurde erst nachträglich durch Thegan verunglimpft. 56 Der Stil Thegans, seinen Kaiser zu verherrlichen, dessen Gegner aber zu schmähen, legt dies nahe. 57 Alkuin schrieb in einem Brief von Pippins „Frau der Jugend" und nicht von einer Ehefrau 58 - er kann natürlich auch eine weitere Verbindung gemeint haben. Unter Karl dem Großen wurde der Ausschluß der Thronfolge illegitimer Söhne noch nicht explizit kodifiziert, erst in der Ordinatio imperii von 817 promulgierte dies Ludwig der
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Später schrieb Walahfried Strabo die Vision zu einem Gedicht um (Walahfrid Strabo, Visio Wettini, H. Knittel (Hg.) Sigmaringen 1986). Heitonis Visio Wettini, c. 11: „Illic quendam principem, qui ltaliae et populi Romani sceptra quondam rexerat, vidisse se stantem dixerat, et verenda eius cuiusdam animalis morsu laniari, reliquo corpore immuni ab hac lesione manente. Stupore igitur vehementi attonitus, ammirans quomodo tantus vir, qui in defensione catholicae fidei et regimine sanctae ecclesiae moderno saeculo pene inter ceteros singularis apparuit, inuri tanta deformitate poenae potuisset. Cui ab angelo ductore suo protinus responsum est, quod, quamvis multa miranda et laudabilia et deo accepta fecisset, quorum mercede privandus non est, tamen stupri inlecebris resolutus [...]. " MGH Poetae latini aevi Carolini t. 2, S. 271; ähnlich bei Walahfrid Strabo (H. Knittel (Hg.), S. 66). Hierzu auch: A. Borst, Mönche am Bodensee 610-1525, Sigmaringen 1985, S. 54f. Thegan, Gesta Hludowici, c. 22: „Ipso eodemque anno Bernhardus, ßlius Pippini ex concubina natus, per exortationem malorum hominum extollens se adversus patruelem suum, voluit eum a regno expellere [...]. " ed. E.Tremp, MGH SS rer. Germ. 7, 64, S. 211. E.Tremp, MGH SS rer. Germ. 7, 64, S. 211, Anm. 127. Siehe auch: E. Tremp. Thegan und Astronomus, die beiden Geschichtsschreiber Ludwigs des Frommen, in: Charlemagne's Heir. Godman/Collins (Hg.), Oxford 1990, S. 691-700. K.F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen, S. 445. R. Rau, Thegan, Das Leben Kaiser Ludwigs des Frommen, Einleitung, Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Teil 1, S. 213. Alkuin, Epp. Nr. 119: „Laetare cum muliere adolescentiae tuae [...]. " MGH Epp. 4, S. 174. Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 9.
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Fromme. 59 Diese Maßnahme setzte dem ius paternum, das Karl der Große sich vorbehalten hatte, das Recht der legitimen Geburt entgegen. Die Biographen Ludwigs des Frommen erwähnen nicht die Mutter (oder Mütter) von Alpais und Arnulf, eine Konkubine Ludwigs aus seinen Jugendjahren in Aquitanien. 60 Lediglich der sogenannte ,Astronomus' führt zur Begründung der Heirat des ungefähr 16jährigen Ludwig mit Irmingard im Jahr 794 an, Auschweifungen sexueller Art entgehen zu wollen. 61 Dies läßt auf ein voreheliches Konkubinat schließen. 62 Schon 806 mit Graf Bego von Toulouse verheiratet,63 wird Alpais kaum vor 793 von dem 15jährigen Ludwig gezeugt worden sein. Die frühe sexuelle Aktivität der Merowingerprinzen blieb auch bei den Karolingern Usus. Während seiner Ehen mit Irmingard und Judith sind Ludwig keine Konkubinate mehr nachzuweisen. 64 Seine Söhne Pippin, Lothar und Ludwig den Deutschen verheiratete Ludwig der Fromme in rechte Ehen, wie Nithard bezeugt. 65 Von Ludwigs Töchtern Rotrud und Hildegard vermutet Konecny, sie haben „Ehen geführt, [...] die jenen der Karlstöchter glichen". 66 Sicher ist dies jedoch nicht, ebensowenig, ob sie 814 bei ihren Männern in Aquitanien blie59
MGH Cap. 1, Nr. 136, c. 15, S. 273, siehe unten, S. 188, Anm. 35. Im Chronicon Moissiacense ad 817 jedoch erscheint Arnulf als unehelich, ad a. 817: „Quartum vero fllium habuit ex concubina, nomine Arnulphum [...]. " MGH SS I, S. 312. E. Boshof, Ludwig der Fromme, S. 141; zu Alpais: Flodoard, Historia Remensis IV, 46, MGH SS 36, S. 448; Annales Laurissenses minores, cap. 3, anno 816, MGH SS I, S. 122. Auch nach K.F. Werner sind Alpais und Arnulf außerehelich, vielleicht sogar von verschiedenen Müttern, ders., Die Nachkommen Karls des Großen, S. 443f. R. Schieffer, Karolingische Töchter, S. 129; E. Boshof, Ludwig der Fromme, S. 59f. 61 Astronomus, vita Hludowici, c. 8: „[...] Quo tempore verens, ne corporis nativo superatus calore multimodos luxuriae raperetur anfractus, cum consilio suorum Hermingardam futuram reginam, claris ortam natalibus, utpote filiam Ingramni comitis, sibi sociavit. [...]" MGH SS rer. Germ. 7, 64, S. 306. Entstanden kurz nach 840, fand sie Verbreitetung im westfränkischen Gebiet, Berschin, Biographie und Epochenstil, Bd. 3, S. 227-237, bes. S. 227f. 62 Die Ehe mit der Tochter des Grafen Ingram sollte wohl auch den aquitanischen Einfluß auf den jungen Ludwig unterbinden. So Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 9. Allerdings irrt Konecny, wenn sie die Ehe zu 788 ansetzt, die Geburt Lothars I. zu 785. Dies., Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 73. Dann hätte Ludwig seinen Sohn mit 7 Jahren gezeugt, da er 778 geboren ist (K.F. Werner, Die Nachfahren, S. 443, Anm. 6). Belegt ist die Eheschließung Ludwigs des Frommen mit Irmingard zu 794, die Geburt Lothars I. zu 795 (ebd., Tafel). 63 R. Schieffer, Karolingische Töchter, S. 129. 64 So auch Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 89. 65 Nithard, Liber I, c, 2: „Quoperactoßlios suos iusto matrimonio iunxit [...]. " MGH SS rer. Germ. 44, S. 3. 66 Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 13. 60
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ben.67 Berücksichtigt man Ludwigs Einstellung zu den Ehen seiner Söhne, für die keine vorehelichen Konkubinen bezeugt sind, ist davon auszugehen, daß auch die Töchter rechtmäßig verheiratet wurden. Ließ Ludwig der Fromme vielleicht keine vorehelichen Beziehungen seiner Söhne zu, so nahm sich Lothar I. später, wohl schon neben seiner Ehe mit Irmingard, Konkubinen. Soweit erkennbar, sind ausschließlich für ihn Mägde als Beischläferinnen bezeugt.68 Angilberga, die ungeliebte Ehefrau Kaiser Ludwigs II., sollte mit einer Intrige italienischer Großer getroffen werden, die ihrem Ehemann in ihrer Abwesenheit die Tochter eines Winegis zufuhren wollten.69 Der Einschätzung Konrad Wanners, Angilberga selbst sei 851 zunächst Konkubine geworden, bevor sie durch eine vermutlich 860 vorgenommene Dotierung Ehefrau wurde, ist nicht unbedingt zuzustimmen.70 Wahrscheinlicher ist, daß Ludwig II. aufgrund des Ehestreits Lothars II. die Stellung Angilbergas absichern wollte. Die Ausstellung einer Dotationsurkunde könnte trotz ordnungsgemäßer Dotierung erst später vorgenommen worden sein. Die für Angilberga ausgestellte Dotationsurkunde ist die älteste überkommene,71 von einer obligatorischen Rechtspraxis zu sprechen, verfrüht. Lothar II. konnte die vermeintliche Dotierung Waldradas behaupten, ohne daß eine Urkunde, sondern vielmehr Zeugen gefordert wurden.72 Außer Waldrada, von der noch die Rede sein wird, und Liutgard (von nicht eindeutig geklärter Herkunft), ist nur noch eine freie Konkubine vornehmer Herkunft auffindbar. Als Karls des Kahlen Ehefrau Irmintrud
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K.F. Werner zufolge wurden sie rechtmäßig verheiratet, ders., Die Nachfahren, S. 447, II, 12 und 450, IV, 15. Zu Lothars Verhältnis zu seinen Mägden, siehe unten, S. 228f. Annales Bertiniani 872: „[...] quia primores Italiae Ingelbergam propter suam insolentiam habentes exosam, in loco illius filiam Winigisi imperatori substituentes, obtinuerunt apud eundem imperatorem, ut missum suum ad Ingelbergam mitteret, quatenus in Italiam degeret et post illum non pergeret, sed eum in Italiam reversurum expectaret. [...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 174. Allerdings heiratete er die Tochter des Winigis nicht, wie Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 122f, annimmt. Wanner (MGH DD Karolinorum IV, S. 126) stützt sich dabei - wie vor ihm Konecny allein auf die 860 um 9 Jahre zurückdatierte Dotationsurkunde (ed. Wanner, MGH DD Karolinorum IV, Nr. 30, S. 125-127), Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S.l 19f. MGH DD Karolinorum IV, S. 125. Siehe unten, S. 163, Anm. 126.
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am 6. Oktober 869 nach 27 Jahren Ehe 73 starb, schickte Karl wohl unverzüglich Boso 74 aus, damit er ihm seine Schwester Richilde, eine Nichte der Königin Theutberga, hole und als Konkubine zuführe. 75 K.F. Werner zufolge befahl Karl „[...] seinem Günstling Boso, dessen offenbar schon bereitgehaltene Schwester Richildis herbeizubringen [...]".76 Für diesen Dienst bekam Boso unter anderem die Abtei St. Maurice d'Agaune. Karl mußte - wie 851 Lothar I. - den Tod der Ehefrau gerade eben abgewartet haben, bis er sich offen einer sexuellen Beziehung zuwandte, denn bereits vier Wochen später, am Martinstag, weilten Karl und Richilde in Gondreville. Wie konnte Karl sich eine Frau derart vornehmer Herkunft 77 als Konkubine nehmen? Der Vater Richildes war tot, der Bruder bestochen. Schon am 22. Januar heiratete Karl Richilde, unter Betonung einer regulären Verlobung und Dotierung, 78 vielleicht war eine Heirat von Anfang an geplant. Eventuell war Richilde schon vor dem Ableben Irmintruds mit Karl liiert. Die Eile, die Karl an den Tag legte, um Richilde zu bekommen, legt nahe, daß er sich bereits vorher in sie verliebt hatte. Wenn er sie nur aus Gründen des Machtzuwachses beziehungsweise zur Aner73
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Annales Bertiniani 842: „[...] Karolus Carisiacum palatium ueniens, Ermendrud, neptem Adalardi comitis, uxorem ducit [...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 43. R. Kaiser, Art.: ,Boso von Vienne', in: LexMA Bd. 2 (1983), Sp. 477f. Annales Bertiniani 869: „[...] Karolus in uilla Duciaco VII idus octobris certo nuntio comperiens obisse Hyrmentrudem uxorem suam II nonas octobris in monasterio Sancti Dionysii, ubi et sepulta est, exsequente Bosone, fllio Biuini quondam comitis, hoc missaticum apud matrem et materteram suam Teutbergam, Hlotharii regis relictam, sororem ipsius Bosonis nomine Richildem mox sibi adduci fecit et in concubinam accepit. Qua de re eidem Bosoni abbatiam Sancti Mauricii cum alii honoribus dedit, et ipse Aquis palatium, eandem concubinam secum ducens, festinare accelaverit [...] denuntians se abinde palatium quod Gundulfi uilla dicitur missa sancti Martini uenturum [...]". F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 167. Hierzu neuerdings Pamme-Vogelsang, Die Ehen mittelalterlicher Herrscher im Bild, München 1998, bes. S. 27-61. PammeVogelsang erkennt einerseits die bewußte Abgrenzung Karls des Kahlen von Lothars II. Eheverhalten durch die Krönung der ersten Ehefrau Karls des Kahlen, Irmintrud, kann aber andererseits nicht das Eingehen eines Konkubinats mit Richilde, das einer rechtlichen Absicherung widerspricht, erklären, ebd. S. 58f. Pamme-Vogelsang akzeptiert die ,Friedelehe' (ebd. S. 19f), konstatiert für die erste Phase der Beziehung zwischen Karl dem Kahlen und Richilde aber ein Konkubinat (ebd. S. 58). K.F. Werner, Die Nachfahren, S. 447, Anm. 16. Sie war die Nichte Theutbergas und Hukberts, Abt von Saint Maurice d'Agaune aus dem Haus der Bosoniden, um 850 wichtigster Machthaber zwischen Jura und Alpen, wohl der Grund, warum Lothar II. Theutberga geheiratet hatte, R. Schieffer, Die Karolinger, S. 153. Annales Bertiniani 870: „[...] Et in die festiuitatis septuagesimae praedictam concubinam suam Richildem desponsatam atque dotatam in coniugem sumpsit.[...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 169.
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kennung der Position ihres Bruders Boso ausgewählt hätte oder aber, um unverzüglich weitere männliche Nachkommen zu zeugen, 79 wäre er sicher den Weg der legalen Eheschließung gegangen. Seine Hast spricht sehr dafür, daß es seine Gefühle für Richilde waren, die ihn so knapp den Tod der Ehefrau abwarten ließen. Jedoch fragt sich, warum Karl sich hier nicht wie Lothar II. verhielt und Richilde als nebeneheliche Konkubine etablierte. Zu vermuten ist, daß er die Reaktion ihrer oder Irmintruds Familie fürchtete. Die Gewohnheit der Karolinger, sich Konkubinen zu nehmen, findet sich bis zum Ende des Untersuchungszeitraums. Eine Konkubine von ,hervorragender edler Art' ist im Ostreich für Ludwig den Jüngeren bezeugt, sie war die Mutter seines 880 gestorbenen Sohnes Hugo. 80 Auch die anderen Söhne Ludwigs des Deutschen umgaben sich mit Konkubinen. Karls III. Sohn Bernhard entstammte einem Konkubinat.81 Karlmann bekam von einer Konkubine Liutswind den Sohn Arnulf, der seiner Mutter 891 82 und 895 83 in zwei Urkunden gedenkt, ihre Herkunft aber nicht erwähnt.84 Regino von Prüm berichtet in seinem 908 abge79
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J. Hyams, Ermentrude and Richilde, in: Charles the Bald, Gibson/Nelson (Hg.), Aldershot 1990, S. 154-168, bes. S. 157ff. Fortsetzung des Erchanberti Breviarium 880: „[...] Similiter Ludovicus rex Franciae habuit unum filium nomine Hug, bellissimum et bellicossimum iuvenem, de concubina praecellentissimae generositatis, [...]." MGH SS 2, S. 330. Auch hier vermutet Konecny, Liutgard, die Mutter Hugos, wäre zunächst Konkubine und erst später legitime Ehefrau gewesen. Hugo wäre aber bereits in ihrer ,Konkubinenzeit' geboren und galt deshalb als illegitim. Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 140. Dies ist aber reine Mutmaßung und durch nichts belegbar. Gesichert ist lediglich, daß Ludwig der Jüngere eine legitime Gattin Liutgard hatte, der Sohn Hugo aber von einer Konkubine stammte. K.F. Werner, Die Nachkommen, S. 451, Anm. 21. Notker Balbulus, Gesta Karoli Magni II, 12 (883): „Quam antea non absolvam quam Bernhardulum vestrum spata femur accinctum conspiciam. " MGH SS rer. Germ N.S. 12, S. 74 (mit Anm. 6) u. II, 14: „Hi enim solus ramusculus cum tenuissima Bennolini astula de fecundissima Hludowici radice sub singulari cacumine protectionis vestre pullulascit.", ebd. S. 78 (mit Anm. 7). Nach Hellmann handelte es sich um ein nebeneheliches Konkubinat, ders., Die Heiraten der Karolinger, S. 363 mit Anm. 5. „[...] sicut mater nostra bonae memoria Liutsuuind [...]. " MGH DD 3, Nr. 87, S. 129. „[...] post obitum dilectae matr[is n]ostrae Liutsuuindae [...]. " MGH DD 3, Nr. 136, S. 204. Nach R. Schieffer (Die Karolinger, S. 156) war Liutswind die ,Friedelfrau' Karlmanns. K.F. Werner (Die Nachkommen S. 451, Anm 18) zufolge entstammt Arnulf nicht der bezeugten legitimen Gattin Karlmanns. Konecny überzeugt nicht mit der Annahme, Liutswind sei mit der legitimen Gattin Karlmanns identisch. Dies. Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 139f.
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schlossenen Chronicon, 85 Karlmann habe, da seine Ehefrau unfruchtbar war, mit einer vornehmen Frau den schönen Sohn Arnulf gezeugt. 86 Die vermutliche Mutter von Arnulfs Konkubinensohn Zwentibold, Winburg, erscheint 898 anläßlich der Bestätigung eines Prekarievertrages zwischen Bischof Tuto von Regensburg und der ,edlen Frau' Winburg. War sie die Mutter des in der Urkunde erwähnten Zwentibold, so wird hier das Konkubinat mit einer wohlhabenden nobilis bezeugt 87 und durch den Fortsetzer des Breviarium Erchanberti bestätigt.88 Regino nennt Zwentibolds Mutter dagegen eine pellex,89 Seinen beiden Söhnen Zwentibold und Ratold von verschiedenen Konkubinen sichert Arnulf 889 auf dem Reichstag zu Forchheim die Nachfolge für den Fall, daß er keine legitimen Nachkommen mehr bekommen sollte. 90 Eine uneheliche Tochter Arnulfs wird 893 von Engilschalk entfuhrt,91 eine Urkunde Konrads I. von 914 erwähnt eine Konkubine namens Ellinrat mit gleichnamiger Tochter.92 Arnulf hatte demnach mindestens drei Konkubinen. 93
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J. Laudage, Art: .Regino', LexMA 7 (1995), Sp. 579; M. Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, S. 695-701, bes. S. 699f. Besondere Bedeutung hat dieses Werk Reginos wegen der Überlieferung sonst verlorener Schriftstücke, ebd., S. 700. E. Hlawitschka, Regino von Prüm, in: Rheinische Lebensbilder Bd. 6, B. Poll (Hg.), Köln 1975, S. 7-27; W.-R. Schleidgen, Die Überlieferungsgeschichte der Chronik des Regino von Prüm, Mainz 1977. Regino, Chronicon a. 880: „ Carlomarmus rex paralisi dissolutus diem clausit VII. Non. Apr. [...] Huic ex legitimo matrimonio non est nata soboles propter infecunditatem coniugis, sed ex quadam nobili femina fllium elegantissimae speciei suscepit, quem Arnulfum nominari iussit [...]. " MGH SS rer. Germ. 50, S. 116. >•[•••] femina quedam nobilis nomine Uuinpurc [...]ßlii sui Zuentipulichi [...]. " MGH DD rer. Germ. 3, Nr. 160, S. 243. Erchanberti Breviarium 880: „[...] Nam Carlomannus, ßlius magni Ludovici, filios non habuit nisi tantum unum nomine Arnulfum, ex nobilissima quidem femina sed non legaliter sibi desponsata conceptum, [...]. " MGH SS II, S. 330. Regino, Chronicon a. 890: „[...] Arnulufus rex [...] flliium eius, quem ex pelice susceperat [...] Zuendibolch appelari fecit [...]. " MGH SS rer. Germ. 50, S. 134. Annales Fuldenses 889: „[...] Exeunte mense Madio rex apud villam, quae dicitur Forahheim, generale conventum habuit, ibique disputans de statu regni sui consultum est, ut eodem tenore primores Francorum prout Baioarii iuramento confirmarent, ne se detraherent a principatu ve/ dominatu filiorum eius, Zwentibulchi quidem et Ratoldi, qui ei de concubinis erant nati. [..] eo tamen modo, ut si de legali sua uxore heres ei nonproduceretur [...]. " MGH SS rer. Germ. 7, S. 118. Annales Fuldenses 893: „[...] Engilscalchus iuvenili audatia vir, qui post rapta de concubina regis filia [...]. " MGH SS rer. Germ. 7, S. 122. Siehe hierzu unten, S. 219. •>[•••] qualiter quaedam matrona nomine Ellinrat, concubina videlicet Arnulfi serenissimi regis [...]" MGH DD I, Nr. 20, S. 19. K. F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen, S. 456, Anm. 20.
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Anschaulich schildern zwei Episoden, auf welche Weise die Karolinger Frauen nachstellten, die ihr Interesse geweckt hatten. Der Sohn Ludwig des Stammlers und seiner ersten Frau Ansgard, Ludwig III., starb den Annales Vedastini9'' zufolge an den Verletzungen, die er sich bei der Verfolgung eines jungen Mädchens zuzog. Zu Pferde setzte er ihr im Scherz bis ins Haus ihres Vaters nach. Dort kollidierte er mit dem Türbalken und stürzte so schwer, daß er den Verletzungen erlag.95 In den Casus sancti Galli erzählt Ekkehart IV.96 eine Geschichte über die Tochter Bischof Salomons III. von Konstanz, deren Zeugung ein jugendlicher Ausrutscher gewesen sein sollte. ,Mannbar' geworden, wollte sie sich lieber verheiraten als ins Kloster zu gehen und wurde mit einem Notker verlobt. 97 Kaiser Arnulf aber drängte die Schöne zu einer Liebschaft. Geschildert wird, wie ein Herrscher sich eine Frau gefügig machte: Arnulf schickte Kuppler aus, die ein heimliches Rendezvous herbeiführen sollten. Doch die Tochter Salomons blieb standhaft, ihre Jungfräulichkeit wolle sie nicht einmal einem König preisgeben. Die Ablehnung einer Unverheirateten zählte jedoch nicht. Die junge Frau mußte sich verstecken, bis sie ihren Verlobten heiraten konnte.
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Verfaßt von einem Mönch des Klosters St. Vaast bei Arras vermutlich zwischen 874 und 900, R. Rau, Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, 2. Teil, Darmstadt 1958, S. 6f. Annales Vedastini 882: „Hludowicus vero rex [...] Sed quia iuvenis erat, quondam puellam, ßliam cuiusdam Germundi, insecutus est; illa in domo paterno fugiens, rex equo sedens iocando earn insecutus scapulas superliminare et pectus sella equi attrivit eumque valide confregit. Unde egrotare coepit et delatus apud Sanctum Dionysium, Nonis Augusti defunctus maximum dolorem Francis reliquit [...]. " M G H SS rer. Germ 12, S. 52. Ekkehard (ca. 980 bis 1060) führt als Nachfolger Ratberts dessen Geschichtsschreibung fort. E. Uri, Das mittelalterliche Geschichtswerk „Casus sancti Galli", St.Gallen 1969, S. 18f. Ekkehard IV., Casus sancti Galli: „[...] Filiam vero tandem viro maturam, cum oblatum sibi velum recusaret, dotatam cum praediis virum tradidit cuidam Notker o [...] in e tate puellari videretur quidem pulchra, ad amplexus Arnulfi regis clam dum peteretur, respondisse fertur lenoniae procis: „Eius generis prosapie nec de matre nec de patre sum ", inquid, „ ut virginitatem meam me cuidam, vel ipsi regi quidem, deceat prostituere. " Sicque amplexus illicitos regis, hac et illac fugitans, et latitans, usque dum praedicto viro nuberet, frustraverat.[...]" Pertz, M G H SS II, S. 92.
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2.2 Das Konkubinat König Lothars II. Der Ehestreit Lothars II.98 interessiert in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Legitimität von Beziehungsformen im Spannungsfeld persönlicher, politischer und kirchlicher Interessen. Auch der quellenmäßig sonst kaum greifbare gefühlsmäßige Aspekt soll als Antriebskraft von Geschehnissen politischer Tragweite untersucht werden." Bereits 853 hatten die Söhne Lothars I. ihren Vater nachgeahmt und sich mit Konkubinen umgeben.100 Zu diesem Zeitpunkt war Lothar II. ungefähr 18 Jahre alt.101 Noch Regino von Prüm bezeugt die Gewohnheit der Karolinger, ihren frühreifen Sprößlingen schon im Elternhaus eine Gespielin zukommen zu lassen.1 2 Derart abgelenkt, konnte in Ruhe eine 98
Die rechtlichen Grundlagen der verschiedenen Versuche Lothars II., sich Theutbergas zu entledigen, hat vor kurzem eingehend Th. Bauer untersucht (ders., Rechtliche Implikationen des Ehestreites Lothars II., in: ZRG.KA 111 (1994), S. 41-87). Siehe hierzu auch: R. Parisot, Le Royaume de Lorraine sons les Carolingiens (843-923), Paris 1898, S. 78-325; S. Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, S. 352ff; C. Brühl, Hinkmariana, in: DA 20 (1964), S. 48-77; R. Kottje, Kirchliches Recht und päpstlicher Autoritätsanspruch, in: H. Mordek (Hg.), Aus Kirche und Reich. FS Kempf, Sigmaringen 1983, S. 97-103; Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 103ff. K. Heidecker, Kerk, huwelijk en politieke macht: de zaak Lotharius II. (855-869), Diss. Amsterdam 1997. S. Airlie, Private Bodies and the Body Politic in the Divorce Case of Lothar II., in: Past and Present 161 (1998), S. 3-38. 99 Auf die besondere Verbindung zwischen Lothar und Waldrada, die nicht nur sexueller, sondern auch emotionaler Art war, wies auch K. Heidecker hin. Ders., Lotharius verstoot Teutberga en neemt Waldrada, in: M. Mostert (Hg.), Vrouw, familie en macht, Hilversum 1990, S. 127-145, bes. S. 139. Heidecker deutet an, daß Waldrada nicht Konkubine im „eigentlichen" Sinn war - gemeint ist das Konkubinat eines Herren mit seiner Magd - sondern als Freie eher in einer,Friedelehe' verbunden war, ebd., S. 143. 100 Annales Bertiniani ad 853: „[...] Lotharius imperator, defuncta ante biennium Ermengarda christianissima regina, duas sibi ancillas ex uilla regia copulat; ex quarum altera Doda uocabulo filium generat, quem Karlomannum uocari iubet; aliique filii eius similiter adulteriis inseruiunt.f...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 67. Adventius von Metz behauptet 863, Waldrada sei Lothar II. schon von seinem Vater als Jugendlicher zugeführt werden (Narratio Adventii, siehe unten, S. 163, Anm. 126). Eine der in den Annales Bertiniani ad 853 erwähnten Beischläferinnen könnte Waldrada gewesen sein. Zu Adventius und seiner Rolle im Ehestreit Lothars II., M. Gaillard, Un eveque et son temps, Advence de Metz (858-875), in: Lotharingia: Eine europäische Kernlandschaft um das Jahr 1000, H.-W- Herrmann /R. Schneider (Hg.), Saarbrücken 1995, S. 89-119. 101 R. Schieffer, Die Karolinger, S. 139. 102 Regino, Chronicon ad 864: „[...] Lotharius rex coepit occasiones quaerere, qualiter Thietbirgam reginam a suo consortio separare potuisset. Quam exosam habebat propter Waldradam, quae eius fuerat concubina, cum adhuc adolescens esset in domo
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geeignetere Partie für eine Heirat ausgesucht werden. Nur war im Falle Lothars anscheinend der Teufel im Spiel - so Regino - der diesen in eine unangemessene Leidenschaft - hier wiederum als amor bezeichnet - fallen ließ. Wahrscheinlich 855, kurz nach dem Tod seines Vaters, heiratete Lothar II. Theutberga, 103 Schwester des mächtigen Abtes Hukbert von SaintMaurice d'Agaune aus dem Hause der Bosoniden, begütert zwischen Jura und Alpen. 104 Lothar gewann mit dieser Heirat Einfluß in dem vor allem wegen der Alpenpässe wichtigen Grenzgebiet südlich des Genfer Sees.105 Bereits 857 war er Theutbergas überdrüssig, 106 wohl auch, weil er den Einfluß ihres Bruders nicht mehr benötigte. Allgemein von nebenehelichen Konkubinaten ist in den Annales Bertiniani die Rede, Waldrada wird nicht erwähnt. Da Waldradas Sohn Hugo erstmalig in einem Gedenkbucheintrag 861 in Remiremont sowie 863 in einem Diplom Lothars II. erwähnt wird, ging das Verhältnis mit Waldrada, falls es schon vor 855 begann, wohl auch nach der Eheschließung mit Theutberga weiter. 107 Dieser erste Versuch, Theutberga zu verstoßen, scheiterte am Widerstand des Adels: Lothar mußte seine Ehefrau wieder aufnehmen. Aber nec tarnen ad thorum admittit, sed custodiae tradii - ins Ehebett ließ er sie nicht und stellte sie unter Bewachung. 108 In zwei Aachener Synoden von 860109 und einem weiteren, ebenfalls in Aachen abgehaltenen Konzil von 862110 erwirkte Lothar die Verurteilung Theutbergas. Vorgeworfen wurde ihr der voreheliche Inzest mit ihrem Bruder Hukbert. Lothar erhielt die Erlaubnis, nach Auflösung der Ehe Waldrada zu heiraten. Begründet paterna: hanc siquidem diabolo inßammante nimio diligebat amore. [...]" MGH SS rer. Germ. 50, S. 80. 103 Dieses Datum bezeugt Adventius von Metz, MGH Epp. 6, Nr. 5, S. 215, Z. 33ff. 104 R. Schieffer, Die Karolinger, S. 153. 105 Bauer (ders., Der Ehestreit Lothars II., S. 42) betont die Interdependenzen zwischen der politischen (erbrechtlichen) Situation der Söhne 855 nach dem Tod Lothars I. und der Eheschließung Lothars II., ersichtlich u.a. aus den Annales Bertiniani ad 856, F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 72f. 106 Annales Bertiniani ad 857: „[...] Lotharius concubinis abutens uxorem suam reginam abicit. [...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 74. 107 Liber Memorialis von Remiremont, MGH Libri Memoriales I, S. 93; Urkunde Lothars II.: „[...] amatissimae coniugis nostrae Uualdradae et filii nostri Ugonis f...]" MGH Dipl. Karol. III, Nr. 19, S. 415, Z. 38. 108 Annales Bertiniani ad 858: „Lotharius rex, cogentibus suis, uxorem quam abiecerat recipit, nec tarnen ad thorum admittit, sed custodiae tradit. " F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 79. 109 Hinkmar von Reims, De divortio Lotharii .... Responsio 1, MGH Conc. IV, Suppl. 1, S. 120f; W. Hartmann (Hg.), MGH Conc. aevi Kar. IV, Hannover 1998, S. 3-11. 110 MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 71-89.
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wurde dies kanonisch. Lothar berief sich auf das Konzil von Agde von 506, c. 62, 111 das einen Inzestuösen mit Ehelosigkeit bestrafte, während der unschuldige Ehepartner sich wieder verheiraten durfte.112 Des weiteren argumentierte Lothar, daß er betrogen worden sei, da er Theutberga nicht als Jungfrau erhielt und die Eheschließung aus diesem Grund ungültig war.113 Mit der Kirchenforderung, Geschiedene sollen unverheiratet bleiben, belastete er sich nicht, da dieses Verbot nur für Frauen gelte, denn schließlich sei der Mann das Haupt der Frau.114 Seine Unfähigkeit zur Enthaltsamkeit führte er als weiteren Grund ftir die Erlaubnis zur Wiederheirat an, denn „es sei besser zu heiraten, als zu brennen".115 Seine Konkubine Waldrada - er gibt selbst zu, daß sie bis dahin eine Konkubine war - beabsichtige er zu ehelichen. 116 Zur Absicherung wollte sich Lothar die Urteilsfindung von Papst Nikolaus I.117 bestätigen
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Nicht das Konzil von Agde, das nur 47 Kanones hervorbrachte, sondern das Konzil von Epao 517, c. 30 ist gemeint. Der falsche Verweis gelangte über die Hispana in die pseudoisidorischen Fälschungen und wurde durch diese weiter verbreitet. Siehe hierzu: Bauer, Der Ehestreit Lothars II., S. 76. 112 Konzil von Aachen III, 862, c. 3: „[...] Procul dubio replicans, quod illi Theutpergam incestuosam diximus [...]" MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 72; c. 9: „Ex Consilio Agathe nsi cap. LXI1 [...] Incestos vero nullo coniugii nomine deputandos [...] Sane quibus coniunctio illicita interdicitur, habebunt ineundi melioris coniugii libertatem. " MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 74. 113 Konzil von Aachen III, 862: „[...] Quod autem opponitur non fuisse copulam illam legitimum coniubium, quia non virgo nupserit marito, sed corrupta [...]. " MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 84. Die Königin mußte jungfräulich und fruchtbar sein, Airlie, Private bodies, S. 22ff. Kröningsordo der Judith, Tochter Karls des Kahlen: „Despondeo te univiro virginem castam atque pudicam, futurem coniugem. " MGH Cap. II, S. 426. Zur Bedeutung der Jungfräulichkeit: J. Bugge, Virginitas. An Essay in the History of a Medieval Idea, The Hague 1975. 114 Konzil von Aachen III, 862, c. 8: „[...] Et virum uxorem non dimittere. Subauditur autem: excepta causa fornicationis. Et ideo non subiecit, sicut de muliere dicens: Quodsi discesserit, manere sic; quia viro licet ducere uxorem, si dimiserit uxorem peccantem. Non enim ea lege constringitur vir, sicut mulier. Caput enim mulieris vir est. [...]. " MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 73. 115 Konzil von Aachen III, 862: „[...] qui se non continet, nubat. Melius est enim nubere quam uri [...] Itaque simpliciter loquor fateorque me non omninoposse durare absque aliqua coniugali copula. Verumtamen cupio secundum interiorem hominem ab omni esse fornicatione alienus. [...]" MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 75. 116 Konzil von Aachen III, 862: „[...] Scio concubinam non esse uxorem, et nolo habere inlicitam sed licitam [...]" MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 75. 117 Dieser bedeutende Papst, von Betz als ,päpstlicher Politiker' beschrieben (K.-U. Betz, Hinkmar von Reims, Nikolaus I., Pseudo-Isidor, Bonn 1965, S. 233) setzte sein Amt und die römische Kirche über Kaiser und Reich - für die Karolinger eine gänzlich neue Sichtweise, ebd.
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lassen, wartete aber dessen Zustimmung nicht ab und heiratete Waldrada 862/63 voreilig. 118 Wer war Waldrada, in der Forschung das Paradebeispiel einer ,Friedelfrau', 119 die vielleicht schon von Kaiser Lothar I. als Konkubine, aber nicht als Ehefrau Lothars II. zugelassen worden war? Karl Schmid bestätigte 1968 120 die schon ältere Annahme, 121 daß Waldrada vornehmer Herkunft sei, allerdings Theutberga in Rang und Bedeutung nachstand. 122 Dies erklärt den fehlenden Einspruch der Familie Waldradas, als ihr Theutberga für eine Eheschließung vorgezogen wurde. Die anscheinend widerspruchslose Inanspruchnahme der freien Waldrada als Konkubine könnte auf mangelnden politischen Einfluß ihrer Familie zurückzuführen sein, die keine rechtmäßige Ehe mit dem Karolinger arrangieren konnte. 123 Nikolaus I. nahm die Vorgänge auf den Aachener Synoden nicht hin, sondern beraumte eine weitere Synode zu Metz unter Teilnahme päpstlicher Legaten an. Seiner Meinung nach war Theutberga als erste Gattin wieder einzusetzen. Er drohte Lothar mit Exkommunikation. 124 Auf dieser Synode wurde 863 das Argument der vornehmen Herkunft Waldradas durch Adventius von Metz ins Feld geführt. Da Waldrada 118
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In einer Urkunde Lothars II. von 863 erscheint Waldrada als Ehefrau, „amatissimae coniugis nostrae Uualdradae etfilii nostri Ugonis" MGH DD Karol. 3, Nr. 19, S. 415. Wahrscheinlich zu Weihnachten 862 fand die Hochzeit statt, dies nimmt J. Prinz 1965 aufgrund eines bis dato unbekannten Berichts Bischof Altfrids von Hildesheim über eine Reise Ludwigs des Deutschen zu Lothar II. und Karl dem Kahlen an, vermutlich vom Juli 862 (Ders., Ein unbekanntes Aktenstück zum Ehestreit König Lothars II., in: AD 21 (1965) S. 249-263, bes. S. 261, Edition ebd., S. 262f). Für viele: B. Schneidmüller, Art.: ,Waldrada', LexMA Bd. 8 (1997) Sp. 1958f; Schieffer, Die Karolinger, S. 153 u.ö. Th Zotz, Art.: ,6. Hugo', LexMA Bd. 5 (1991), Sp. 159f. K. Schmid, Waldradas Verwandtschaft in neuen Quellen, in: FMST 2 (1968), S. 128134; R. Wenskus, Waldrada, die Friedelfrau Lothars II., und die Hildebrandsage, Göttingen 1976, S. 530-538. Verschiedene ältere Vermutungen, die Waldradas Herkunft mit der Familie der Etichonen und Graf Eberhard III. in Zusammenhang brachten, konnten nicht verifiziert werden. Je mehr Unklarheiten hinsichtlich ihrer genauen Herkunft jedoch aufkamen, desto mehr verfestigte sich die Annahme, Waldradas Familie gehöre zur ,Reichsaristokratie'. K. Schmid, Waldradas Verwandtschaft in neuen Quellen, S. 128f. Anhand der Einträge in das Gedenkbuch des Klosters Remiremont, in das sich Waldrada nach Lothars Tod zurückzog, konnte Karl Schmid über ihren Namenseintrag eine zumindest entfernte Verwandtschaft mit der Familie des Fulrad von Saint-Denis feststellen. K. Schmid, Waldradas Verwandtschaft in neuen Quellen, S. 134. Diesen Aspekt betont Airlie, Private bodies, S. 17f. Einberufungsschreiben Papst Nikolaus zur Synode von Metz 863: MGH Epp. 6, Nr. 10, S. 275f.
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edler Abstammung 125 und unter Zustimmung des kaiserlichen Vaters dem jugendlichen Lothar zugeführt worden war, sei sie von vornherein als dessen legitime Ehefrau vorgesehen gewesen. 126 Dies zeigt, wie unüblich Konkubinen freien Standes waren. Doch selbst Adventius war klar, daß dieses Argument allein nicht bestehen konnte, und so führte er an, es habe durch den kaiserlichen Vater eine Dotierung der Waldrada in Höhe von hundert Mansen stattgefunden. Hier nun wird der einzig legitimen Eheform, der dotierten Muntehe, Tribut gezollt, die öffentlich unter Zeugen geschlossen werden soll. Keineswegs wird die Schließung einer fiktiven - ,Friedelehe' als gültige Eheform beschrieben. Waldrada erhob nicht als vermeintliche ,Friedel' Anspruch auf den Ehestand, 127 sondern als in Muntehe tradierte Gattin. Adventius Versuch der Etablierung einer ersten Ehe mit Waldrada scheiterte, da er seine Behauptungen nicht beweisen konnte. Als Zeugen der Eheschließung mit Waldrada wurden der Lehrer und der Onkel Lothars II., Leutfrid, Bruder seiner Mutter Irmingard, genannt. Adventius beeilte sich zu versichern, daß er bei den Geschehnissen nicht dabei war und auch von der vermeintlich zweiten Eheschließung mit Theutberga nichts gewußt habe. 128 Diese Geschichte fand keinen Glauben.
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Auch Karl Schmids bezweifelt den Wahrheitsgehalt der Aussage des Adventius, die an dieser Stelle programmatisch erscheint. Schmid, Waldradas Verwandtschaft in neue Quellen, S. 128. 126 Narratio Adventii episcopi: „[...] Augnstus divae recordationis Hlotharius [...] inier reliquas gestorum suorum deliberationes fìlio suo domino Hlothario virginem nobilem nomine Waldradam sub nomine divinae fìdei tradidit, ut eam in Dei fide et sua futuro tempore custodirei et obtineret. Et ut haec copula iusta esse patesceret, in praetitulatione dotis centum mansos gloriosissimo puerulo tradidit [...] Verum quamdiu praedictus imperator regni Francorum sublimitatem obtinuit, praefatus puerulus datae sibi puellae paterno munere inhaesit; quod non in angulo patratum fuit, quia veritas non habet angulos, sed in publico pontificum et optimatum spectaculo, sicut paedagogi eius testantur, etiam et avunculus eius Leutfridus [...]" MGH Epp. VI, Nr. 5, S. 215; MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 135f. 127 C. Brühl zufolge war Lothar mit Waldrada in „germanischer Friedelehe verbunden". Dies sieht er durch die „hochadelige Herkunft" Waldradas belegt. Ders., Hinkmariana II, D A 20 (1964), S. 57f mit Anm. 11. 128 Narratio Adventii episcopi: „Quando imperatorpiissimusfìlio suo aequivocopuellam nobilitate carnis insignitam dedit, nondum eram episcopali onere praegravatus nec his interfui actibus. Theutberga cum introducta fuit et secundum coniugium patratum est, nisi auditupenitus ignoravi. [...]" MGH Epp. VI, Nr. 5, S. 216f; MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 136f.
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Die Prüfung des ehelichen Verhältnisses mit Waldrada129 auf der Metzer Synode von 863 130 geriet zum nächsten Skandal. Die Legaten des Papstes, die zur Synode nach Metz geeilt waren, erwiesen sich als korrupt und arbeiteten den Interessen Lothars zu. Papst Nikolaus I. annullierte daraufhin die Metzer Synode und erklärte sie zu einem ,Hurenhaus', da sie Ehebrecher favorisierte.131 Die Erzbischöfe Theutgaud und Gunthar argumentierten als Parteigänger Lothars, daß Waldrada seinerzeit gar nicht als Konkubine an Lothar gegeben worden sein konnte, da sie eine Freie war, die weder nach weltlichen noch nach kirchlichen Gesetzen für ein Konkubinat zur Verfügung stand, schon gar nicht, wenn sie dem nicht zustimmte. 132 Dagegen sei sie als Ehefrau zu betrachten, wenn sie mit Zustimmung der Eltern ihm beigesellt wurde und ihm in ehelicher Liebe affectu ac dilectione conjugali verbunden sei. Vielleicht bezogen sich die Bischöfe inhaltlich auf den Leo-Brief an Rusticus, dem Wortlaut ist dies aber nicht eindeutig zu ent-
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Brief Papst Nikolaus von 863: „[...] Ubi primum diligenti investigatione inquirite et, si eundem gloriosum regem praedictam Waldradam praemissis dotibus coram testibus secundum legem et ritum, quo nuptiae celebrari solent, per omnia inveneritis accepisse, et publica manifestatione eadem Waldrada in matrimonium ipsius admissa est [...]. " MGH Epp. VI, Nr. 11, S. 267f; Nikolaus I. wird häufig das Eintreten für die Konsensehe unterstellt, er soll als ,ehekonstituierenden Formalakt' anstelle der väterlichen Zustimmung den Konsens des Paares eingeführt und durchgesetzt haben (W. Prevenier / Th. De Hemptinne, Art.: ,C. Ehe in der Gesellschaft des Mittelalters', LexMA Bd. 3 (1986), Sp. 1635-1640, bes. Sp. 1635). Diese Aussage bezieht sich auf den berühmten Brief Nikolaus an die Bulgaren von 866, c. 3 (MGH Epp. 6, Nr. 99, S. 569f) und ist die einzige Aussage zur Konsensforderung dieses Papstes, die seinen oben angeführten Angaben zum Wesen der rechten Ehe entschieden widerspricht. Siehe hierzu unten, S. 225, Anm. 53. 130 Synode von Metz, Juni 863. Die Beschlüsse der Metzer Synode wurden in der römischen Synode im Oktober desselben Jahres aufgeführt, MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 147-159. 131 In der römischen Synode von 863, wiedergegeben in den Annales Bertiniani ad 863: „[...] De synodo in Mettensium urbe a Theotgaudo et Gunthario archiepiscopis congregata penitus abolendo [...] apostolica auctoritate in perpetuam sancimus esse dampnandam, nec uocari synodum, sed tamquam adulteris fauentem, prostibulum appeIlari decernimus.[...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. lOOf; MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 152. 132 Synode von Metz, Juni 863: „[...] Cap. 7: Quid nostrae specialispropositionis summa fuerit, in paucis replicamus. Lex divina et canonica apertissime probat etiam venerandae seculi leges adstipulantur, quod nulli licet ingenuam virginem alicui viro tradere in concubinatum, maxime si illa puella numquam inlicitae adsentire copulae voluit. Et quia suo viro parentum consensu, fide, affectu ac dilectione coniugali; sodata est, uxor profecto, non concubina habenda sit.[...]" MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 158; Annales Bertiniani ad 864, F. Grat u.a. (Hg.), Paris 1964, S.l 10.
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nehmen. Die Dichotomie Magd = Konkubine versus Freie = Ehefrau war auch im 9. Jahrhundert eine bekannte Größe. Zumindest Könige konnten jedoch aus ihrer Machtposition heraus sehr wohl Frauen aus freien, wenn auch nicht mächtigen Familien als Konkubinen zu sich nehmen. Waldrada behauptete sich nicht als rechtmäßige Gattin. 133 Ein neuer Legat, Arsenius, erreichte 865 Lothars Trennung von Waldrada und die Wiederaufnahme Theutbergas. 134 Lothar kam ohne Buße für den öffentlich begangenen Ehebruch davon. Noch keineswegs war ein Ehebruchverständnis etabliert, das Männern das Brechen der eigenen Ehe verbot. Gerade dieses ,Paradebeispiel' einer ,Friedelehe' zeigt wie keine andere Quelle die deutliche Differenzierung von Ehe und Konkubinat, zwischen denen keine dritte Beziehungsform existierte. Lothar selbst nennt Waldrada seine Konkubine. Die rechte Ehe ist erkennbar an der freien Herkunft der Braut, der Zustimmung der Eltern, der Dotierung und der Öffentlichkeit der Eheschließung. Lothar kannte den Inhalt des LeoBriefs an Rusticus: Eine Konkubine ist keine Ehefrau. Ein Zusammenhang wird nach wie vor gezogen zwischen Konkubinat und Unfreiheit, Ehe und freier Geburt, wenn Herrscher diese Grenze in Ausnahmefallen auch mißachteten und freie Frauen als Konkubinen beanspruchten. Dieser Beziehungsstreit spiegelt sich in den Urkunden der Zeit: In der Schenkungsurkunde von 863, nach der vermeintlich zweiten Heirat mit Waldrada, erscheint Waldrada im Gebetspassus als amatissimae coniugis
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Theutbergas Verzweiflung ist daran zu erkennen, daß sie sogar aussagen wollte, Waldrada wäre rechtmäßig mit Lothar verheiratet. Doch Nikolaus durchschaute, daß dieses Zeugnis erpreßt war: Brief Nikolaus an Theutberga, von 867: „[...] Sed quid mirum, si paucorum animabus per periurium adquisivit interitum, quando in sublimi positus per exemplum suae moechiae tot hominum milia in perditionis chaos dimerserit? Illud tarnen, quod Waldradae perhibes testimonium dicens earn fuisse legitimam uxorem Hlotharii, frustra conaris astruere, quandoquidem tuo nullo prorsus hinc testimonio quis indigeat: [...] Hlotharis nullis legibus, nullis sine sui discrimine regulis Waldradam moecham in uxorem umquam permitteretur assumere. [...]" M G H Epp. VI, Nr. 45, S. 320. 134 Annales Bertiniani ad 865: „[...] Arsenius [...] in Gundulfi uillam ad Hlotharium uenit. Cui et episcopis ac primoribus regni sui epistolas papae dedit, continentes quia, nisi uxorem suam Theodbergam reciperet et Vualdradam abiceret, renuntiante sibi Arsenio, ilium ab omni christianorum sotietate debuisset eicere, quem in pluribus epistolis has praecedentibus excommunicatum et a consortio christianorum eictum multoties praedicauerat. [...] Post haec Arsenius ad Duciacum obuiam Hlothario pergit, ducens Theodbergam, quae aliquamdiu honorabiliter in regno Karoli deguit; et accepto sacramento a duodecim hominibus ex parte Hlotharii, eamdem Theodbergam nulla ecclesiastica satisfactione pro adulterio publico ab eo secundum canones sacros patrata, illi in matrimonia reddidit [...]. " F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 118f.
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nostrae Uualdradae et filii nostri Ugonis.135 866 nannte Lothar Theutberga weder coniux noch regina, sondern Teotbergae dilectissime nostrae.136 Drei Jahre später bezeichnete er auch Waldradas lediglich als dilectissimae nobis Uualdrade.lil Den Zeitgenossen war jedoch klar, daß Waldrada Konkubine war, in der Diktion der Annales Bertiniani138 ebenso wie in den ostfränkischen Annales Fuldenses 139 unter Mönch Meginhard und in den vom Kleriker Gerward zwischen 830 und 860 als selbständige Arbeit nach eigener Kenntnis verfaßten 140 Annales Xantenses. 141
Zu den Motiven der Protagonisten Während die Annales Bertiniani, die westfränkische Fortsetzung der Reichsannalen, 142 als Grund für Theutbergas Verstoßung 857 eher gene-
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MGH DD Karol. 3, Nr. 19, S. 415 MGH DD Karol. 3, Nr. 27, S. 429 137 MGH DD Karol. 3, Nr. 34, S. 441. Der Name Waldrada soll später zu Rotrud verunechtet worden sein, ebd. 138 Annales Bertiniani 863: ,,[•••] Idem autem apostolicae sedis legati Mettis adeunt, synodum habituri ex delegatione apostolica circa medium mensem iunium pro diuortio quod inter Hlotharium et uxorem suam Teutbergam acciderat, et pro superinductione concubinae Vualdradae, quam contra leges ecclesiasticas et mundanas in uxorem sibi adsciuerat.[...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris 1964, S.98. 139 Annales Fuldenses 865: „[...] Waldratam concubinam [...]" MGH SS rer. Germ. 7, S. 64. Von 838 bis 863 gelten die ostfränkischen Annales Fuldenses als eigenständige Leistung Rudolfs von Fulda, nach 869 führte Meginhard, ein anderer Mönch aus Fulda, der Liutbert von Mainz nahestand, die Arbeit zunächst bis 882 weiter. Anläßlich seines späteren Entschlusses, die Annalen bis 887 fortzufuhren, überarbeitete Meginhard sein Werk. R. Rau, Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, Teil 2, S. 2f. 140 R. Rau, Die Annales Xantenses, Quellen zu karolingischen Reichsgeschichte Teil 2, Einleitung S. 8. 141 Annales Xantenses 861: „[...] Lotharius rex Ripuariorum [...] vero concubina, cuius amore uxorem reliquit, publice usus est. " Rau, S. 353. Der Eintrag zu 870 nennt sie pellex: Annales Xantenses 870: „Lotharius rex Ripuariae [...] mandatum accepitpelicem eicere ac legitimam coniugem accipere [...]. " MGH SS rer. Germ. 12, S. 19. 142 Seit 861 standen die Annales Bertiniani unter der Autorschaft des Hinkmar von Reims. J. Prelog, Art.:'Annalen v. St-Bertin', LexMA 1 (1980), Sp. 661; J.L. Nelson, The Annais of St-Bertin, Manchester 1991, S. 9ff. 136
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ralisierend den Umgang mit Konkubinen angaben,143 hieß es zu 860, daß Lothar II. die Gattin aufgrund seines unversöhnlichen Hasses anklagte.144 Zu 862 war es dann auch für den Autor der Annales Bertiniani, Hinkmar von Reims, eindeutig, daß die blinde Liebe Lothars zu Waldrada (caeco amore inlectus), herbeigeführt durch deren bösen Liebeszauber, Ursache des Dilemmas war.145 Nicht die fehlenden Nachkommen Theutbergas oder die Legitimation des vielleicht schon vorhandenen Sohnes der Waldrada, Hugo, sondern die Leidenschaft des Königs für Waldrada einerseits und die gefühlsmäßige Ablehnung Theutbergas andererseits scheint der Auslöser des Ehestreits gewesen zu sein.146 Nach der relativ kurzen Ehe wäre eine Sterilität Theutbergas ohnehin noch nicht erwiesen.147 So urteilt Hellmann: „Vielmehr werden wir, denke ich, nicht fehlgreifen, wenn wir eine bei seinem schwachen Charakter doppelt gefährliche Leidenschaft als seine Triebfeder ansehen."148 Dem kann so nicht zugestimmt werden. Der Grund für die Eskalation des Ehestreits ist eher in Lothars II. besonderer Beharrlichkeit zu suchen, der, anders als alle seine Vorgänger, erstmals seine Leidenschaft (amorj zu einer Frau über seine machtpolitischen Interessen stellte. Auch vor und nach ihm gaben sich die Karolinger ihren Leidenschaften hin und legten ihrer Sexualität kaum Schranken auf. Jedoch unterschieden sie sehr genau zwischen ihren ,privaten' Vergnügungen und ihren politischen Vorteilen, denen sie ihre Eheschließungen unterordneten. Auch nach einer politisch vorteilhaften Heirat hielten sie sich Konkubinen zur Befriedigung ihrer Libido. Dies schien ihnen keinerlei emotionale Probleme bereitet zu haben. In diesem Sinne brach Lothar II. mit Konventionen - nicht gerade das Merkmal eines „schwachen Charakters".
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Annales Bertiniani ad 857, F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 74, siehe oben, S. 160, Anm. 106. Annales Bertiniani ad 860: „[...] Lotharius reginam suam Teutbergam inreuocabili odio habitam [...]. " F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 82. Annales Bertiniani ad 862:,,[...] Hlotharius Vualdradam concubinam, maleficis, ut ferebatur, artibus dementatus et ipsius pellicis pro qua uxorem suam Theotbergam abiecerat caeco amore inlectus [...]. " F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 93. So auch die Annales Xantenses ad 861: „[...] Lotharius rex Ripuariorum [...] vero concubina, cuius amore uxorem reliquit, publice usus est. " Nach Kottje war die Sicherung der Nachfolge seines Sohnes Hugo Beweggrund Lothars, ders., Kirchliches Recht und päpstlicher Autoritätsanspruch, S. 98. Ebenso Bauer, Der Ehestreit Lothars II., S. 45f. Dieses Argument kam erst 867 auf: Nikolaus I. an Theutberga, MGH Epp. 6, Nr. 45, S. 320, Z. 33ff; siehe auch Bauer, S. 50 und 79ff. S. Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, S. 354.
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Die Gefühle Waldradas oder Theutbergas gegenüber Lothar werden kaum offenbart. Regino spricht Waldrada eine aktive Rolle in der Verunglimpfung Theutbergas zu, sie soll Lothar erst gegen die Gattin aufgehetzt haben. 149 Zudem band sie, wie bereits gesagt, Lothar durch Liebeszauber an sich. Die einzige überlieferte Reaktion Theutbergas, die vielleicht ihre wahren Gefühle ausdrückt, ist neben der schon 860 bezeugten Todesangst vor dem Gatten, 150 die durch eine Rede Hadrians II. tradierte Aussage, sie schwöre, lieber unter die Heiden gehen zu wollen, als das Antlitz ihres Ehemannes wiedersehen zu müssen. 151 Bis zu seinem Tod 869 arbeitete Lothar II. vergeblich darauf hin, seine Konkubine Waldrada als rechtmäßig angetraute Ehefrau zu etablieren. Gescheitert ist er vor allem daran, seinen Gegenspieler Papst Nikolaus I. eingeschaltet zu haben. Dieser instrumentalisierte die verhängnisvolle Affäre', um die päpstliche Einflußnahme auf eherechtliche Angelegenheiten zu verstärken.152 Nach seinem Tod 867 bahnte sich dann auch unter seinem Nachfolger Hadrian II. eine Wende an. Waldrada wurde vom Bann gelöst und Lothar begab sich zu neuen Verhandlungen nach Rom. Auf dem Rückweg von diesem Treffen, auf dem lediglich die Verabredung einer weiteren Synode erreicht wurde, starb Lothar 869 in Piacenza. Die Kinder der Waldrada blieben illegitim.153 Eine weitere Ursache für den Ausgang des Ehestreits ist in den machtpolitischen Interessen der Onkel Lothars II., Karls des Kahlen und Ludwigs des Deutschen, zu finden, denen wenig daran lag, die Legitimation des Konkubinensohnes Hugo zu fördern.154 Im Vertrag zu Meerssen wurde dann auch 870 das Reich Lothars unter diesen Königen und Ludwig II.
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Regino von Prüm, Chronicon ad 866: „[...] rursusque Waldrada eiusque complicibus decertantibus regis animus adversus Thietbirgam commovetur. [...]" MGH SS rer. Germ. 50, S. 85. Annales Bertiniani ad 860: „[...] Vxor Lotharii, timens odium uiri sui atque insidias, ad fratrum suum Hucbertum in regno Karli aufugit.f...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 84. „[...] olim ad hanc sedem apostolicam veniens [...] inter alia cum iuramento dicebat, quod ante inter paganos aufugeret, quam faciem lotharii gloriosi regis videret. [•••]" Mansi 15,831. So macht sich Nikolaus nicht die Mühe, die Urteilsfindungen der Synoden kanonisch zu widerlegen, sondern stützte sich bei der Ungültigkeitserklärung der Metzer Synode allein auf seine apostolische Autorität. Annales Bertiniani ad 863, F. Grat u.a. (Hg.), S. lOOf, siehe oben, S. 164, Anm. 131. Zu diesem Aspekt: R. Kottje, Kirchliches Recht und päpstlicher Autoritätsanspruch. R. Schieffer, Die Karolinger, S. 162. Nach Brühl war der Ehestreit sogar ein „Politikum ersten Ranges". Ders., Hinkmariana II, DA 20 (1964), S. 56.
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aufgeteilt. Waldrada und Theutberga beschlossen ihre Tage in Klö•
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stern. Eine Untersuchung des Ehestreits wäre unvollständig ohne die Einbeziehung des von Hinkmar von Reims erstellten Rechtsgutachtens. Nicht allein als Chronist der Annales Bertiniani ließ er seine Sicht der Dinge durchscheinen, sondern er verfaßte auch auf Anfrage einiger Lotharingier im Jahr 860 ein Gutachten zur Scheidungsangelegenheit Lothars II.156 Ohne Hinkmar, so Brühl, der ganz im Sinne seines Königs, Karls des Kahlen, gutachtete, wäre Lothar vielleicht erfolgreich gewesen. 157 Die Beantwortung der acht lotharingischen Fragen gilt als bedeutendstes eherechtliches Gutachten seiner Zeit und keineswegs als tendenziös. 158 Hinkmar hatte das Glück, „seinem König und dem Recht gleichzeitig dienen zu können".159 Er verurteilte das nebeneheliche Verhältnis mit Waldrada - wenn auch in vorsichtigen Worten - als Ehebruch.160 Dazu zitierte er u.a. Toledo I, 17.161 Weiterhin räumte er ein, falls sich die Inzestanklage gegen Theutberga beweisen ließe, wäre die Ehe ungültig, da eine Inzestuöse - in Anklang an Epao c. 30 - unter Eheverbot stand.162 155
Schieffer, Die Karolinger, S. 163. Hugo, dem Lothar II. den Elsässer Dukat übertragen hatte, wurde im Vertrag von Meerssen übergangen, seit 877 kämpfte er mit Unterstützung des lotharingischen Adels vergeblich um seine Erbansprüche. 885 wurde Hugo gefangen und geblendet. Er starb nach 895 in Prümer Klosterhaft. Th. Zotz, Art.: ,6. Hugo', LexMA Bd. 5 (1991), Sp. 159f. Die Namengebung ,Hugo' deutet auf Illegitimität, so Airlie, Private bodies, S. 17f. 156 H. Schrörs, Hinkmar, Erzbischof von Reims, sein Leben und seine Schriften, Freiburg 1884 (Nachdruck Hildesheim 1967); J. Devisse, Hincmar, archevêque de Reims, 845882, 3 Bde., Genf 1975/76; F. J. Feiten, Liebe, Lust und Leidenschaft zwischen Politik und Kirchenrecht. Zur Neuedition zu Hinkmars Denkschrift über die Scheidungsangelegenheit König Lothars II., in: RhVjbl 60 (1996), S. 296- 302. 157 Brühl, Hinkmariana II, DA 20 (1964), S.59. 158 Th. Bauer, Der Ehestreit Lothars II., S. 74f. 159 C. Brühl, Hinkmariana II, S. 59. 160 Hinkmar von Reims, De divortio Lotharii regis et Theutbergae reginae, Responsio 12: „Respondemus: Si forte, ut fertur, rex, de quo agitur, post legaliter initum coniugium cum alia aliqua carnis commixtione negotium concumbendi exercuit, negari non potest adulterium perpetrasse [...]. " L. Böhringer (Hg.), MGH Conc. IV, Suppl. 1, Hannover 1992, S. 196. 161 Hinkmar, De divortio, Responsio 13: „[...] Qui uxorem simul et concubinam habuerit, a communione ecclesiae separandus est.f...]" MGH Conc. IV, Suppl. 1, S. 198. 162 Hinkmar, De divortio, Responsio 21 : „[...] His scripturarum testimoniis atque sanctorum dictis manifestatur, quomodo concubinam, cum qua adulterasse dicitur, si voluerit, in coniugium sibi sodare praevaleat, videlicet si aut uxor legaliter accepta et innoxia erga illum inventa mortua furtit corpore vel si inventa fuerit anima adeo mortua, ut ipsius cum ea copula incestus et nullo coniugii nomine deputandus legaliter comprobetur. Nec tarnen talis coniunctio, si huiusmodi concubinam in coniugem
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Auf die Frage, ob Lothar daraufhin die Ehe mit Waldrada offenstehe, urteilte Hinkmar, daß dies nicht verboten werden könne (im Falle ihrer Unschuld zwar erst nach Theutbergas Tod), bezeichnete eine solche Ehe aber als tadelnswert. So sollte der König unbedingt vorher Buße leisten.163 Um zu verdeutlichen, wie eine legitime Ehe auszusehen habe, zitierte Hinkmar Pseudo-Evarist. 164 Es scheint, daß Lothar und seine Parteigänger dieses Gutachten als ,Prozeßhilfe' verstanden und auf dem Aachener Konzil 862 verwendeten. 165 Interessanterweise legte Hinkmar den Rechtsgang für den verhandelten Fall fest 166 und bezeugt die Koexistenz von herrscherlicher und kirchlicher Rechtsprechung: Nachdem ein weltliches Gericht über Schuld oder Unschuld entschieden habe, sollten Bischöfe das Strafmaß gemäß den Kirchengesetzen festlegen.
2.3 Zur H e r k u n f t der Konkubinen Die 21 eindeutig belegbaren Konkubinen (ohne Chalpaida, Swanahild und Himiltrud) der Pippiniden und Karolinger vom Anfang des 8. bis zum Ende des 9. Jahrhunderts verteilten sich auf 12 Herrscher (Pippin der Mittlere, Grimoald der Jüngere, Karl Martell, Karl der Große, Ludwig der Fromme, Lothar I., Ludwig II., Lothar II., Karl III., Ludwig der Jüngere, Arnulf von Kärnten und dessen Vater Karlmann). Keine (nachweisbaren) sumpserit, reprehensione atque offensionis macula carere videbitur [...]. " MGH Conc. IV, Suppl. 1 , S . 223. 163 Hinkmar, De divortio, Responsio 21: „[...] Est et illi regi aliud observandum, ne ante legittimarti poenitentiam secundum leges ecclesiae susceptam atque peractam et reconciliationem adeptam coniugio, multo minus eidem, de qua agitur, concubine se copulet [...]. " MGH Conc. IV, Suppl. 1, S. 226. 164 Hinkmar, De divortio, Responsio 4, MGH Conc. IV, Suppl. 1, S. 133. Zu dieser Stelle: Toubert, Théorie, S. 273f, Freisen, Geschichte des canonischen Eherechtes, S. 74f. Pseudo-Evarist (siehe unten, S. 206, Anm. 51 ) und der Leo-Brief an Rusticus gehörten zum eherechtlichen Repertoire Hinkmars, die er auch auch im eherechtlichen Traktat Paris.Lat. 12445 (entstanden um 870) rezipiert. L. Böhringer, Der eherechtliche Traktat im Paris.Lat. 12445, einer Arbeitshandschrift Hinkmars von Reims, in: D A 46 (1990), S. 18-47, bes. S. 39-41. 165 So auch Heidecker, Kerk, huwelijk en politieke macht, S. 263f. 166 Hinkmar, De divortio, Responsio 1: „[...] Quia etiam haec femina suae accusationis libellum non episcopis, ut ibi scriptum est, sed regi porrexit et laicis sua crimina denudavit, rex legale iudicium construat et secundum legem ac iustitiam laici coniugati laici regis coniugem iudicent et, si de eorum iudicio ad episcopale iudicium venerit, secundum leges ecclesiasticas episcopi ei iudicium medicinale imponant.f ...J" MGH Conc. IV, Suppl. 1, S. 123 und ebd. S. 141, Anm. 47.
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Konkubinen hatten seit Karl Martell Pippin der Jüngere und Ludwig der Deutsche. Nobilis werden 6 Konkubinen genannt, identifiziert werden konnte die Herkunft allerdings nur bei Richilde und Waldrada. Eindeutig als Mägde sind lediglich die Beischläferinnen Lothars I. belegt, die Herkunft der anderen Konkubinen wird nicht genannt. In acht Fällen handelte es sich sehr wahrscheinlich um ein voreheliches Konkubinat. Nur ein einziges Mal (Richilde; falls Liutgard zunächst Konkubine Karls des Großen war, ein zweites Mal) führte ein vor- beziehungsweise zwischeneheliches Konkubinat zur Ehe. Hellmann sah einen Zusammenhang zwischen der Herkunft der Konkubinen und dem Zeitpunkt des Konkubinats vor, nach oder neben einer legitimen Ehe. Nur bei unverheirateten Männern seien Konkubinen aus vornehmen Familien zu finden. 167 Hellmann führte dies darauf zurück, daß vornehme Familien ihre Töchter nicht einem Mann gaben, der schon eine rechtmäßige Ehefrau hatte, auch, um sich die Option einer späteren Heirat offen zu halten. Eheschließungen von Königssöhnen gingen Hand in Hand mit der Einrichtung eines eigenen Haushalts durch Gebietszuweisungen durch den königlichen Vater. Aus diesem Grund mußten sich Königssöhne mit Billigung des Vaters vor der Abschichtung mit inoffiziellen, aber längerfristigen Beziehungen begnügen, auch, um weiteren „Ausschweifungen" vorzubeugen. 168 Keineswegs heirateten die Karolinger „Frauen ihrer Jugend" aus vornehmen Familien des Reiches, diese Schlußfolgerung Hellmanns muß revidiert werden. Nicht ein einziger Beleg kann diese These stützen. So war Kahl der Kahle längst im fortgeschrittenen Alter und als Herrscher etabliert, als er Richilde wählte. Waldrada konnte sich als Ehefrau Lothars II. nicht durchsetzen. Liutgards Herkunft war wohl nicht edel, ihr Konkubinat mit Karl dem Großen kann kaum als Jugendliebe bezeichnet werden. Die Bezeichnung einer Konkubine als nobilis seit der Mitte des 9. Jahrhunderts könnte darauf zurückzuführen sein, daß sie Söhne geboren hatten, so beispielsweise die Konkubine Ludwigs des Jüngeren (Mutter Hugos). Die Herkunft des Sohnes sollte aufgebessert werden, seine Mutter war vielleicht frei, aber nicht aus vornehmer Familie, denn eine wirklich berühmte Familie mütterlicherseits wäre als Herkunft eines unehelichen Königssohnes sicherlich erwähnt worden. Jedenfalls führte keines dieser Verhältnisse zu einer Ehe. Gaben vornehme Familien ihre Töchter in ein Konkubinat, in dem die Herkunft der Beischläferin kaum Relevanz besaß? Unter den gegebenen 167 168
Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, S. 365. Ebd. S. 366.
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Muntverhältnissen war das Eingehen von Konkubinaten, besonders für Frauen aus dem Adel, ohne Zustimmung der Familie jedenfalls unvorstellbar.169 Nur ein einziges Mal aber ist die Zustimmung eines Muntinhabers zu einem Konkubinat seines Schützling belegt. Es ist wiederum die elternlose Richilde, deren Bruder Boso reichlich entschädigt wurde, damit er Karl dem Kahlen die Schwester als Konkubine überließ. Ein anderer, anrüchig wirkender Fall ist in Flodoards Historia Remensis ecclesiae überliefert. Flodoard tradiert einen Brief Hinkmars von Reims an Theoderich von Cambrai (832-862).170 Von einem Vater ist hier die Rede, der seine Tochter einem Mann zum Konkubinat übergab, den er dazu allerdings erst überreden mußte.171 Ob es sich um eine Freie, geschweige denn ein Mädchen aus vornehmer Familie handelte, ist nicht überliefert und muß stark angezweifelt werden.
2.4 Konsequenzen außerehelicher Aktivitäten freier Frauen Im Unterschied zu den Gewohnheiten der Merowinger ist von Mägden als Konkubinen der Pippiniden und Karolinger kaum noch die Rede. Sollten die Konkubinen der neuen Dynastie tatsächlich freier oder sogar vornehmer Herkunft gewesen sein, müßte dies im Zusammenhang mit einem Wandel des moralischen Anspruchs an freie Frauen stehen. Nur wenn ein Konkubinat keinen Ehrverlust für die Frau und ihre Familie mehr bedeutete, ist vorstellbar, daß Muntinhaber ihre Mündel in ein solches gaben. Dies würde ein verändertes gesellschaftliches Empfinden zur außerehelichen Sexualität von Frauen oder ein Nachlassen der Geschlechtsvormundschaft voraussetzen. In diesem Fall wären Frauen, die sich in ein Konkubinat begeben wollten, nicht mehr auf die Zustimmung der Familie angewiesen. Quellenmäßig greifbar sind zu diesem Aspekt insbesondere Frauen aus den Familien der Reichsgroßen und der Herrscherdynastie. Kurz nach dem Tod ihres Vaters Karl Martell floh Hiltrud (aus der Verbindung mit Chrodtrut) gegen den Willen ihrer Brüder zu Odilo, dem 169 170 171
So auch Hellmann, ebd. S. 366f. MGH SS 36, S. 284, Anm. 156. Flodoard, Historia Remensis ecclesiae, Liber 3, c. 21: „[...] quodam, qui quandam feminam in concubinatu accipere persuasus fuerat a patre ipsius puellae [...]. " MGH SS 36, S. 285.
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Bayernherzog172 - eine sehr ungewöhnliche Eigenmächtigkeit für eine Königstochter. Eine Beziehung mußte schon länger bestanden haben, da Hiltrud bereits 741 einen Sohn, Tassilo, geboren hatte173 und die Heirat nach dem Wortlaut der Fortsetzer des sog. Fredegar und der Annales Mettenses priores erst nach Hiltruds Flucht in Bayern stattfand. Folgt man jedoch der Interpretation Matthias Bechers, so trug sich diese Episode ganz anders zu: Karl Martell, durch Swanahilds Verwandtschaft den Bayern freundschaftlich verbunden, stimmte der Verbindung Hiltruds und Odilos zu, die noch vor seinem Tod heirateten. Tassilo wäre somit 741 ehelich geboren.174 Erst die Nachfolgestreitigkeiten zwischen Karlmann und Pippin einerseits und dem Swanahild-Sohn Grifo andererseits führten zu dem fränkisch-bayrischen Gegensatz und zwangen Hiltrud zur Flucht.175 Childebrand, der Karlmann und Pippin nahestand, berichtete in den Fortsetzungen des Fredegar - Becher zufolge - tendenziös, um nicht die Erbansprüche Grifos akzeptieren zu müssen.176 Diese Interpretation ist jedoch quellenmäßig durch nichts zu belegen. Die Erwähnung des Vorfalls durch Ludwig den Frommen mehr als 70 Jahre später belegt deutlich das noch immer als Skandal empfundene Verhalten Hiltruds,177 sich außerehelichen sexuellen Aktivitäten hingegeben und sich gegen den Willen der Brüder zum Mann ihrer Wahl begeben zu haben. Die Tatsache, daß Hiltrud den Tod des Vaters abwartete und die Brüder sie keinesfalls ziehen lassen wollten, zeigt das weitere Bestehen der Munt über freie Frauen. Das Verhalten Hiltruds bedeutete ein klares Übertreten des ihr zugestandenen Handlungsspielraums.
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Fred. Cont. c. 25: „ Chiltrudis quoque, [...] ad Odilonem ducerti Bagoariis pervertii; ille vero eam ad coniugio copulavit contra voluntatem vel consilium fratrum suorum [...]. " MGH SS rer. Mer. 2, S. 180; Annales Mettenses priores 742: „[...] Ogdilo dux Baiwariorum, qui Hiltrudem ßliam Caroli ad se fugientem in coniugium sibi copulaverat contra Pippini et Carolomanni, ipsum etiam ducatum suum, quod largiente olim Carolo principe habuerat, a dominatione Francorum se subtrahere nitebatur. Qua de causa compulsi sunt gloriosi germani exercitum contra ipsum ducere. [...]" MGH SS rer. Germ. 10, S. 33. W. Stornier, Art.: .Tassilo III.', LexMA Bd. 8 (1997), Sp. 485. R. Schieffer, Die Karolinger, S. 49. M. Becher, Zum Geburtsjahr Tassilos III., in: ZBLG 52 (1989), S. 1-12, bes. S. 8. Ebd. S. 11. Ebd. S. 12. Die wirklichen Kausalzusammenhänge sind nach Reindel nicht völlig zu klären, Reindel, Zeitalter der Agilolfinger, S. 125. Siehe unten, S. 176, Anm. 192.
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Einhard deutet in der Vita Karoli Magni vorsichtig an, die vielen Töchter Karls hätten sich, da Karl sie nicht verheiratete, ,unkeusch' verhalten. 178 Motivation dieser Entscheidung Karls war wohl nicht allein die große Liebe des Vaters seiner Töchterschar gegenüber, sondern die Bewahrung seiner unangefochtenen Position in Reich und Familie ohne den Einfluß angeheirateter Großer. 179 Die informellen Verhältnisse, die die Karlstöchter eingingen, verschafften ihren Liebhabern und deren Familien keine politischen Vorteile. Nur die Enkelsöhne erlangten Laienabtswürden 180 : Ludwig, Sohn Rotruds, der ältesten Tochter Karls und des Grafen Rorico, begütert zwischen Seine und Loire181 wurde später Abt von St. Denis, 182 Saint-Riquier und St. Wandrille und leitete sogar die Kanzlei Karls des Kahlen, seines Cousins. 183 Eine weitere, namentlich nicht bekannte Tochter Karls, deren Identität K.F.Werner aber unter Ruodhaid, Gisla oder Hiltrud vermutet, besaß einen unehelichen Sohn Riebodo, dessen Vater vielleicht Graf Richwin war 184 . Als Abt von Saint-Riquier starb er 841.185 Bertha, geboren 780, Tochter Karls des Großen und Hildegard, hatte etwa zwischen 795 und 802186 ein Liebesverhältnis mit Angilbert, Laien-
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Einhard, Vita Karoli Magni, c. 19: „[...]Quae cum pulcherrimae essent et ab eo plurimum diligerentur, mirum dictu, quod nullam earum cuiquam aut suorum aut exterorum nuptum dare voluit, sed omnes secum usque ad obitum suum in domo sua retinuit, dicens se earum contubernio carere non posse. Ac propter hoc, licet alias felix, adversae fortunae malignitatem expertus est. Quod tarnen ita dissimulavit, aesi de eis nulla umquam alieuius probri suspicio exorta vel fama dispersa fuisset. " MGH SS rer. Germ. 25, S. 25. Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 6. Nach Schieffer sollten die Töchter dynastisch neutralisiert werden, um nicht Schwiegersöhnen und ihren Familien die Bevorzugung einer Standes- und Machterhöhung einräumen zu müssen, R. Schieffer, Karolingische Töchter, S. 127. Während Ludwig der Fromme dieser Heiratspolitik den Rücken kehrte und seine Töchter an Verbündete verheiratete, folgten dessen Söhne wiederum eher dem Weg des Großvaters, ebd., S. 133. Siehe hierzu auch: K. Schmid, Heirat, Familie, Geschlechterbewußtsein, in: II matrimonio..., Bd. 1, Spoleto 1977, S. 103137. Dies z.T. aber auch erst nach dem Tod Karls des Großen, Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 8. Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 7. Annales Bertiniani ad 867. D. Hägermann, Karl der Große, S. 554 K. F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen, S. 448 (III, 19). Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 7. 802 zog sich Angilbert nach Saint-Riquier zurück. Konecny, Eherecht und Ehepolitik, S. 7.
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abt von Saint-Riquier, dem Hartnid und Nithard entstammten. 187 Nithard genoß hohes Ansehen bei Karl dem Kahlen, seine außereheliche Geburt verhinderte nicht eine „sorgfältige Ausbildung". 188 Die sehr viel spätere Vita Angilberti des Anscher von ca. 1110189 funktionierte diese Beziehung zu einer rechtmäßigen Ehe um, damit kein Schatten auf die Heiligkeit Angilberts fiel. Bertha wird als Verführerin aus Leidenschaft geschildert, die sich mit Hilfe des mächtigen Vaters den zaudernden Angilbert verschaffte, der - so die Vita - ,anständigerweise' aus dem Priesteramt schied und Bertha heiratete.190 Eine weitere These zur Erklärung der Ehelosigkeit der Karlstöchter schlug Janet Nelson vor: Karl brauchte und nutzte die Töchter zur Rükkenstärkung in der eigenen Familie und gegenüber den ihn umgebenden Personen, besonders nachdem die Hofhaltung in Aachen eine mehr oder weniger feste Lokalität erhalten hatte. Als Informantinnen konnten sie ihm zutragen, was im Palast, seinen Bewohnern und hochrangigen Besuchern geschah und ihn über Gerüchte auf dem laufenden halten. Ihre Loyalität war garantiert, als unverheiratete Töchter unterstanden sie der Munt des Vaters. Die informellen Verbindungen, die sie eingingen und die zwangsläufig daraus resultierenden illegitimen Kinder, die Karl nicht verhindern konnte oder wollte, stellten keinerlei Bedrohung für ihn dar. Nicht nur Machtansprüche weiterer karolingischer Nachkommen wurden verhindert, dieses ,Nachrichtensystem', so Nelson, hielt ihm bis zu einem gewissen Grad in der engeren, familiären Umgebung den Rücken frei. 191 Doch Ludwig räumte bei seinem Regierungsantritt 814 mit den Verhältnissen bei Hofe auf und schickte seine Schwestern ins Kloster, um 187
Nithard, Historiarum IV, c. 5: „[...] Angilbertus vir [...] Qui ex eiusdem magni regis filia nomine Berehta Hartnidum fratrem meum et me Nithar genuit.[...]" MGH SS rer. Germ. 44, S. Alf. 188 So M. Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur, 1. Bd., S. 657. Von Karl erhielt er den Auftrag zur Geschichtsschreibung und verfaßte in seinen vier Büchern Geschichten ein Werk, das „für die Ereignisse in der fränkischen Geschichte von 830-842 den Rang als wichtigste Geschichtsquelle" besitzt (ebd. S. 658). 189 Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur, Bd. 1, S. 544. 190 Vita Angilberti auctore, ut videtur, Anschero c. 2: „[...] Nam rex memoratus de regina Hildigarda tres dudum filias genuerat, quarum sunt nomina Ruodtrudis, Berta atque Gisla. Ex his una, videlicet Berta, avidissimo amore in clarissimum virum Angilbertum oculos iniecit; et quem in paterno amore super omnes mortales convaluisse noverai, eundem sibi in sponsi titulum et amoris remedium totis affectibus pervenire preoptabat. [...] Sic domnus Angilbertus a sacerdotii sanctimonio disciscens, regis gener effectus est; et ex toto sociatus copulae nuptiali, duos fìlios Nithardum et Harnidum procreavit.[...]" MGH SS 15,1, S. 180. 191 J.L. Nelson, The Frankish World (750-900), London 1996, S. 2 4 1 f .
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einen Skandal, wie ihn einst Hiltrud, die Tochter Karl Martells verursacht hatte, zu verhindern.192 Auch andere ,Unzüchtige' befahl Ludwig aufzuspüren und bis zu seiner Ankunft festzusetzen. Das Zugeständnis seines Vaters anläßlich der Divisio regnorum von 806, den Töchtern die Wahl des Muntwalts unter den Brüdern zu belassen, fiel nach dem Tod der Brüder natürlich aus. Eindeutig bestimmte Karl, daß die Töchter nach seinem Tod ihr Leben lang unter der Munt eines Bruders standen. In dieser Selbstverständlichkeit handelte Ludwig, als er 814 über die Schwestern verfügte. Er verweigerte den (Halb-) Schwestern die ebenfalls 806 zugesicherte Wahlfreiheit zwischen Kloster- oder Eheleben.193 Eine Eheschließung hatte Karl an Bedingungen geknüpft, der Bräutigam sollte angemessenen Standes sein und die Tochter ihr Einverständnis erklären. Nithard berichtet vom Regierungsantritt Ludwigs des Frommen, daß er nur die in rechter Ehe empfangenen Schwestern am Erbe des Vaters be192
Astronomus vita Hludowici c. 21: „[...] Moverat autem eius animum iamdudum, quamquam natura mitissimum, illud quod a sororibus illius in contubernio exercebatur paterno, quo solo domus paterna inurebatur nevo. Cui mederi volens incommodo, simul et cavens, ne quod per Hodilonem et Hiltrudem olim acciderat, revivesceret scandalum, misit Uualam et Uuarnarium, necnon et Lantbertum, sed et Ingobertum; qui Aquasgrani venientes, talibus, ne accidere possent, cautela propiscerent, et aliquos stupri inmanitate et superbiae fastu reos maiestatis caute ad adventum usque suum adservarent [•.]"[•••]" ed. Tremp, MGH SS rer. Germ. 7, 64, S. 348. Astronomus vita Hludowici cap. 23: „His peractis, imperator omnem coetum - qui permaximus erat - femineum palatio excludi iudicavitpraeter paucissimas, quas famulatio regali congruas iudicavit. Sororum autem quaeque in sua, quae a patre acceperat, concessit [...]. " ed. Tremp, MGH SS rer. Germ. 7, 64, S. 352. Hier ist nicht ausdrücklich von einer Abschiebung ins Kloster die Rede, nur der Rückzug in die vom Vater erhaltenen Besitzungen, zu denen nicht unbedingt nur Klöster gehörten (Tremp, MGH SS rer. Germ. 7, 64, S. 353, Anm. 287). Nithard dagegen spricht von Klosterzuweisungen (siehe unten, Anm. 194). Über den .Astronomus' genannten Autor ist nur bekannt, daß er am Hofe Ludwigs lebte und ab 814 als Augenzeuge berichtet. Von 814 bis 829 schrieb er die Reichsannalen aus, (Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, 1. Bd. S. 655f; E. Tremp, Thegan und Astronomus, S. 691-700). Tremp grenzt weiter ein, er wäre Geistlicher und Mitglied der Hofkapelle Ludwigs des Frommen und Hofastronom gewesen (ders., MGH SS rer. Germ. 7, 64, Einleitung zu: Astronomus, Vita Hludowici imperatoris, S. 54). Die Entstehungszeit der Vita wird auf kurz nach 840 gelegt (ebd. S. 66). 193 Divisio regnorum c. 17: „De filiabus autem nostris, sororibus scilicetpraedictorum filiorum nostrorum, iubemus, ut post nostrum ab hoc corpore discessum licentiam habeat unaquaeque eligendi sub cuius fratris tutela et defensione se conferre velit. Et qualiscunque ex Ulis monasticam vitam elegerit, liceat ei honorifice vivere sub defensione fratris sui in cuius regno degere voluerit. Quae autem iuste et racionabiliter a condigno ad coniugium fuerit quaesita et ei ipsa coniugalis vita placuerit, non ei denegetur a fratribus suis, si et viri postulantis et feminae consentientis honesta et rationabilis fuerit voluntas. " MGH Cap. I, Nr. 45, S 129.
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teiligte, bevor er sie ins Kloster schickte.194 Seine Halbbrüder aus Konkubinaten, Drogo, Hugo und Theoderich, nahm er dagegen als seine Tischgenossen auf und zog sie am Hof groß. Band er sie von Kindheit an fest an sich, konnte er sie als treue Gefolgsleute gewinnen, ging doch von ihnen wesentlich mehr Gefahr aus, als von den ins Kloster befohlenen (Halb-) Schwestern. 195 Die außerehelichen Beziehungen der Karlstöchter war an eben diesen Sonderstatus als Töchter Karls des Großen geknüpft. Von jeder Tochter ist nur ein , informelles' Verhältnis bekannt, keinesfalls durften sie sich nach Belieben Liebhaber aussuchen. Es scheint, daß sie sich nur mit ausgewählten Reichsgroßen verbanden, nicht mit niedrigstehenden Männern. Ihre Kinder wurden von Karl versorgt. Die Schilderung der Beziehungen in den Annalen und bei Einhard zeigt, daß sie bekannt und toleriert waren. Kritik klingt nur sehr zaghaft bei Einhard an. All dies deutet darauf hin, daß Karl seine Töchter planmäßig nicht an die Großen, die sich für sie interessierten, verheiraten wollte. Die Akzeptanz ihrer informellen Verhältnisse ist als - wohl stillschweigendes, abgerungenes - Zugeständnis an seine Töchter zu verstehen. Die Beziehungen werden nicht als Konkubinate bezeichnet, vielleicht sollten die Karlstöchter nicht in die rechtliche Nähe der Beischläferinnen der männlichen Karolinger gerückt werden, deren Herkunft nicht eindeutig geklärt ist. Allein anhand des Sonderstatus der Karlstöchter kann nicht auf eine veränderte Sexualmoral für Frauen freier Herkunft gefolgert werden. Insbesondere die Reaktion Ludwigs des Frommen belegt, daß die Geschlechtsvormundschaft keineswegs nachgelassen hatte. Nahmen sich Frauen in der Karolingerzeit mehr heraus als in den Jahrhunderten zuvor, indem sie die nach wie vor bestehende Beschneidung ihrer Handlungsfreiheit einfach mißachteten ? In diesem Zusammenhang ist die Geschichte der Engeltrud interessant. Als femme fatale wird Engeltrud, Tochter des Grafen Matfrid, geschil-
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Nithard, Historiarum I, 2: „[...] Initio quidem imperii suscepti pecuniam ingenti numero a patre relictam trifariam dividere iussit et unam partem causam funeris expendit, duas vero inter se et sorores suas a patre iusto matrimonio susceptas divisit, quas et instanter a palatio ad sua monasteria abire praecepit. Fratres quoque adhuc tenera aetate, Drugonem, Hugonem et Teodericum, participes mensae effecit, quos et in palatio una secum nutriri praecepit, et Bernardo nepoti suo, fìlio Pippini, regnum Italiae concessiti...]. " MGH SS rer. Germ. 44, S. 2. 195 E. Boshof, Ludwig der Fromme, S. 94.
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dert, die 8 5 6 ihren M a n n B o s o 1 9 6 verließ, ihrem V a s a l l e n W a n g e r f o l g t e und m i n d e s t e n s bis 8 7 2 / 7 3 im fränkischen Reich „herumzog". 1 9 7 O b w o h l in e i n e m ostfränkischen Kapitular v o n 8 6 2 die B e g ü n s t i g e r der Engeltrud g e s c h o l t e n und sie selbst durch E x k o m m u n i k a t i o n g e z w u n g e n w e r d e n sollte, zu ihrem M a n n zurückzukehren, gewährte Lothar II. ihr Unterschlupf. 1 9 8 Im Jahr 8 6 5 gab Engeltrud scheinbar auf. Z u s a m m e n mit Waldrada, der K o n k u b i n e Lothars II., w o l l t e der päpstliche Legat Arsenius sie nach R o m zur Abbitte schaffen. Schlauerweise ließ er sie vor Antritt der R e i s e schwören, sich nicht durch Flucht zu entziehen. 1 9 9 D o c h die Widerspenstige e r w i e s sich als zu g e w i t z t für Arsenius. Zunächst f o l g t e sie d e m Gesandten bis zur Donau. Unter d e m V o r w a n d , v o n e i n e m V e r w a n d t e n
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Comes Boso begleitete 844 Ludwig II. auf seinem Romzug, E. Hlawitschka, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien, in: Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte, Bd. 8 (1960), S. 158. Er war vermutlich Bruder des Abtes Hukbert und damit auch Bruder Theutbergas, ebd. S. 161. So auch Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, S. 313, Anm.l. 197 Annales Bertiniani 863, Synode von Metz, c. 4: „[...] Ingildrudem, filiam quondam Mactifredi comitis, quae Bosone proprio uiro relieto, ecce iam per Septem circiter annos hac atque illac uagabunda discurrit, nuper cum fautoribus suis regulariter anathematizauimus, sed propter contumaces eam iterato anathematis duximus uinculis innodandam. [..] Sane si eadem mulier ad uirum suum reuersa fuerit, uel apostolicam beati Petri sedem Romam properans accesserit, ueniam ei post dignam satisfactionem procul dubio non denegabimus [..]. "F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 102f. Regino von Prüm, Chronicon ad 866: „[...] Engiltrudam quoque, uxorem quondam Bosonis comitis, a sede apostolica excommunicatam esse omnibus declaravit, quia proprium deseruerat maritum et Wangerum suum vasallum in Gallias secuta fuerat; [...]. " MGH SS rer. Germ. 50, S. 84. 198 Capitularia regum Franciae orientalis, conventus apud Saponarias c. 4: „[...] in quibus [Synode von Tusey, Mansi 15, 557ff; d. Verf.] invenimus nos increpatos, cur fornicarios in regno nostro immorari permitteremus et non solum ipsam feminam [Engeltrude, d. Verf.], sed et omnes faventes facinori eius a corpore et sanguine Domini excommunicatos, usque dum ipsa mulier ad virum suum rediret.[...]. " MGH Cap. II, Nr. 243, S. 160. 199 Arsenius an die fränkischen Bischöfe: „[...] Sed postquam iureiurando coniuraverit, quod ante nos vel nobiscum pariter Romam venire deberet et secundum domini apostolici praeceptionem de peractis malis poenitentiam ageret, secundum huius rationis textem prominens: 'Ego Engeltruda [...]' Deinde nobiscum usque ad Danubii transitum veniens ibique ad quempiam consanguinem [pro] caballorum adminiculo ire condixit et ad Augustam ad nos civitatem adpraedicti negotii perfectionem redire pollicebatur. Sed in his omnibus relictis non timuit temptare Spiritum sanctum. Et diabolo instigante in periurii laqueum est ingressa et a nostrae salubritatis praedicatione pedem retorsit et a tramite veritatis discessit. inde obtestamur [...] anathematis vinculo innodatam [...]" MGH Epp. 6, Epistolae ad divortio Lotharii II. regis pertinentes, Nr. 11, S. 225f
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frische Pferde besorgen zu wollen, verließ sie die Reisegruppe und verschwand. Der schmählich hereingelegte Arsenius überließ die Meineidige nun weiterhin dem Anathem. Papst Nikolaus erklärte 867 in einem Brief an Ludwig den Deutschen die schlechte Position des Boso, der erneut heiraten wollte. 200 Bereits auf mehreren Synoden und mit Hilfe Hinkmars vom Reims hatte sich Boso bemüht, seine Frau zurückzubekommen. 201 Der Papst hob Bosos Unschuld an dem Ehedesaster hervor. Nicht der Grund, aus dem Engeltrud ihren Mann verließ, interessierte ihn, sondern allein das Unrecht ihrer Tat, sich dem Ehemann entzogen und die Ehe gebrochen zu haben. Nikolaus bezweckte, sie mit Gewalt zu ihrem Mann zurückzubringen und rief Ludwig den Deutschen zur Unterstützung auf. Mindestens 16 Jahre lang (von 856 bis 872-873) handelte Engeltrud nach eigenem Gutdünken und kehrte nicht zu ihrem Mann zurück. 202 Das einzige Mittel, sie gefugig zu machen, blieb die wiederholte Exkommunikation, schließlich das Anathem. 203 Dies bedeutete für Engeltrud anscheinend das kleinere Übel, obwohl die gesellschaftliche Isolierung streng eingefordert wurde. Ein Priester, der mit Engeltrud gesellschaftlich verkehrte, war über 11 Jahre hinweg selbst exkommuniziert, bevor er rekonziliiert wurde, 204 nach der Datierung dieses Briefes von Papst Johannes VIII. über einen Zeitraum von 870 bis 881/882.205 200
Nikolaus I. an Ludwig den Deutschen: „Postremo, fili karissime, non vos latere credimus, quot et quantos labores pro refuga illa Bosonis uxore saepe pertulimus et quotiens eam, ut ad iustitiae tramitem remearet, salubriter admonuerimus et qualiter etiam non resipiscentem, sed in nequitia sua pertinaciter persistentem gladio anathematis percusserimus. [...] vir autem eius, innocens videlicet, in illius absentia hinc inde labore non modico fatigatur, quoniam nec ipsi reconciliari absenti praevalet nec alterius illa vivente consortium ei coniugale conceditur. Qua de re quoniam improbitatem et insolentiam eiusdem viri continuam patimur, volentes scilicet ardenter ad secundum, immo illicitum convolare conubium, obnixe dilectionem vestram deposcimus, ut pro revocanda ea omne Studium pro Dei amore sumatis [...]" M G H Epp. 6, Nr. 49, S. 333.
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Hlawitschka, Alemannen, Bayern und Burgunder, S. 159f. Engeltrud scheint sich in Mainz aufgehalten zu haben, da Johannes VIII. 872-873 den Brief, in dem sie anathematisiert wurde (siehe unten, Anm. 203), an Liutbert von Mainz schickte. Ludwig der Deutsche hatte demnach die 867 von Nikolaus erbetene Unterstützung Bosos verweigert. Johannes VIII. an Liutbert von Mainz 872-873: „ Hengeltrudim uxorem Bosonis noveris non solum excommunicatione, que a fraterna societate separat, sed et anathemate, quod ab ipso corpore Christi, quod est aecclesia, recidit, crebro percussam. " Worin genau die Steigerung der Strafe besteht, ist unklar: Die Exkommunikation trennte sie von der christlichen Gesellschaft, die nicht mehr mit ihr verkehren durfte, deutlich definiert auf dem Konzil von Ver 755, siehe oben, S. 91, Anm. 75. Brief Johannis VIII. an Willibert von Köln 881-882: „[...] tue dioceseos presbyterum nomine talem Ingiltrude Bosonis quondam comitis uxori torum coniugalem contra divine legis precepta, relinquenti, [...] inprovide communicasse repperiens, sacra iam
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878 war Engeltrud bereits gestorben, denn ihr uneheliches Kind, ein spurius namens Godefrid, beanspruchte zu diesem Zeitpunkt ihr Erbe.206 Papst Johannes VIII. versuchte in drei Briefen an Ludwig den Jüngeren, Erzbischof Liutbert und an Graf Matfrid (nicht der Vater, sondern ein anderer Verwandter Engeltruds),207 ihren legitimen Töchtern aus der Ehe mit Boso, die anscheinend 856 bei ihrem Vater geblieben waren, das Erbe zu sichern. Dieses hatte sich durch Schenkungen Engeltruds auf mehrere Hände verteilt, die nun für ungültig erklärt wurden, da sie ohne Zustimmung des Ehemannes getätigt worden waren. Wie konnte Engeltrud mit ihrem Verhalten, das dem gesellschaftlichen Moralempfinden absolut entgegengesetzt war, durchkommen? Vielleicht gibt Hinkmar in seinem Gutachten zum Ehestreit Lothars II. von 860 die Antwort, in dem er auch nach dem weiteren Verbleib der Engeltrud befragt wurde.208 Keineswegs durfte eine Freie wie eine Magd unterdrückt werden. Man konnte sie nicht der Todesgefahr aussetzen und sie keinem geben, den sie nicht wollte. Ein Ehebruch brachte eine Frau jedoch nach wie vor in Lebensgefahr. Graf Richwin beispielsweise ließ 883 seine Frau wegen Hurerei, stuprum, enthaupten.209 Noch immer war es der Ehe-
olim communione privasti. [...] per annos undecim illatam sibi excommunicationis sententiam humiliter sustinuisse [..Ja vinculo sue obligationis ut absolveremus [...]. " MGH Epp. VII, Nr. 294, S. 257. 205 Ein weiterer Beleg, daß Engeltrud 870 noch lebte und exkommuniziert war. 206 „ REVERENTISSIMO ET SANCTISSIMO CONFRA TRI NOSTRO LIUTBERO ARCHIEPISCOPO: Fraternitatem tuam recordari volumus, qualiter iam de proprietatibus Bosonis et Ingiltrudis tibi scripserimus monentes, ut ipsas, quas vos alodum dicitis, filiabus eorum sepe reclamantibus reddere deberitis; quoniam omnium legum auctoritate legitimi filii sunt veri heredes [...] Et si forte spurius Godefredus aut alii, quibus ipsa mechans Ingiltrudis sine viri consensu quoquo modo donaverit, contendere voluerit, nostra apostolica auctoritate debeas illos excommunicare, donec reddiderint. [...]" MGH Epp. VII, Nr. 129, S. 115; Brief an Ludwig d. J.: MGH Epp. VII, Nr. 111, S. 102f; Brief an Graf Matfrid: MGH Epp. VII, Nr. 130, S. 115. 207 Hlawitschka, Alemannen, Bayern, Burgunder, S. 162. 208 Hinkmar, De Divortio: „[...] Et quidam dicunt, quia non decet ut suam propinquam, quae ad illiusfìdem venit, ad mortem tradat, nec convenit, ut francam feminam opprimat et sicut ancillam constringat, et alteri illam nolentem reddat [...]. " MGH Conc. 4, Suppl. 1, S. 244. 209 Regino, Chronicon a. 883: „[...] Friderada [...] fìliam peperit, quam postmodum Richwinus comes in coniugium accepit, quam etiam propter stuprum commissum idem comes decollari iussit.[...]" MGH SS rer. Germ. 50, S. 121. Diese Frau war die Tochter der Friderada, deren Ehemann Bernar von Hugo, dem Sohn Lothars und Waldradas, ermordet wurde. Hugo wollte Friderada für sich und heiratete sie unverzüglich, Regino, Chronicon a. 883: „[...] Circa haec tempora Hugo filius Lotharii [...] Bernarium nobilem virum sibique fìdelissimum, dolo trucidari iussit, pulchritudine illius
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mann, der seine untreue Ehefrau strafte, wenn er ihrer habhaft werden konnte. Auch in anderen Fällen ist keineswegs eine Rücksichtnahme auf die Wünsche einer flüchtenden Ehefrau seitens der Kirche zu finden. Mit Hilfe ihrer Brüder befreite sich eine Frau namens Ava von ihrem Ehemann Fulcrius. Ein Priester Folcard, der sie zu ihrem Mann zurückbringen wollte, wurde von den Brüdern überwältigt. 210 Diese Frauenschicksale scheinen Einzelfälle zu sein. Im Gegensatz zur Merowingerzeit sind Frauen jedoch manchmal erfolgreich in der Auflehnung gegen ihre Muntinhaber, sei es, daß sie einen Liebhaber hatten, sich selbst einen Ehemann aussuchten oder aber den ungeliebten Ehemann verließen. Die Tochter Karl Martells und die Töchter Karls des Großen verbanden sich mit Männern aus vornehmen Familien. Dies wurde zumindest von Karl dem Großen toleriert, dessen Verhalten allerdings weniger moralisch, sondern vielmehr politisch motiviert war. Hiltruds Verhältnis mit Odilo könnte ein heimliches gewesen sein. Als absolute Ausnahme ist Engeltrud zu betrachten, die ein nebeneheliches Verhältnis führte, zudem mit ihrem Vasallen. Dementsprechend groß war die Empörung über ein solches Verhalten. Die offene Übertretung des an freie Frauen gerichteten Moralkodex geriet immer zum Skandal. Die gesellschaftliche Akzeptanz von Frauen vornehmer Herkunft als Konkubinen muß weiterhin bestritten werden. Abgesehen von den Karlstöchtern - die zudem am Hof des Vaters blieben und als Sonderfall zu bezeichnen sind ergaben sich keine Hinweise auf die Vergabe von Frauen in außereheliche Verhältnisse durch ihre Muntinhaber. Die Geschlechtsvormundschaft hat auch im 9. Jahrhundert keinesfalls nachgelassen, eine größere persönliche Entscheidungsfreiheit für Frauen, die ein eigenständiges Eingehen von Konkubinaten ermöglicht hätte, konnte nicht festgestellt werden.
captus uxoris, quam absque momento sibi in matrimonium iungit. Vocabatur autem mulier Friderada.[...]" MGH SS rer. Germ. 50, S. 120f. 210 Provinzialsynode von Trier 888, c. 7: „Quedam femina nomine aua cum fratris sui consilio & auxilio. qui uocatur folcrius. et cum aliia consanguineis suis maritum suum dimisit et ad eum redire noluit. unde illorum sacerdos seruus dei uocabulo folcardus ad suam dominam et ad eius fratrem ueniens. ut eos a tanto scelere traheret confestim ab eodem et suis complicibus castratus est. Pro his omnibus ad sinodum uocati uenire noluerint et idcirco usque ad satisfactionem excommunicati sunt. [...]" MUB Bd. I, Nr. 127, S. 134f.
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3. Beziehungsformen zwischen Personen freien Standes im Spiegel juristischer Aussagen 3.1 Lockerung der Sitten oder Verschärfung der Munt? Gegen eine Lockerung der Sitten und damit ihrer möglichen Qualifikation als Konkubinen spricht das weitere Bestehen eines gehobenen öffentlichen Interesses an der sexuellen Kontrolle freier, unverlobter Frauen. Die Lex Frisionum1 untersagte freien Frauen sexuellen Kontakt zu freien Männer, sie schuldeten im Übertretungsfall dem König ihr Wergeid.2 Es fragt sich, warum das Strafgeld an den König und nicht an die parentes gezahlt werden sollte, die doch ihre Muntinhaber waren. Da alles Vermögen einer unverheirateten Frau nur aus ihrer Herkunftsfamilie stammen konnte, war es absurd, das Geld einer Familie zu nehmen, um an dieselbe zu zahlen. Stand dem König das Strafgeld zu, traf dies die Familie der Frau empfindlich. Die Familien sollten durch diese Maßnahme angehalten werden, ihre Töchter zur Sittsamkeit zu erziehen und sie genügend unter Kontrolle halten, um ein Fehlverhalten auszuschließen. Eheschließungen ohne Zustimmung der Gewalthaber einer Frau waren nach wie vor nicht erlaubt.3 Jede freie Frau, die sich eigenmächtig ver1
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Allein über die Edition Herolds überliefert, H. Siems, Art.: ,Lex Frisionum', in: HRG 2 (1978), Sp. 1916 - 1922, bes. Sp. 1916; ders., Studien zur Lex Frisionum, Ebelsbach 1980; Ph. Heck, Die Entstehung der Lex Frisionum, Stuttgart 1927; W. Krogmann, Entstehung und Eigenart der Lex Frisionum, in: Philologia Frisica 214, 1962, S. 76-103. G. Baumann, Zwischen Niederschrift und Drucklegung. Die Lex Frisionum und das Problem der Überlieferung am Beispiel von Titel VIII De notnumfti, in: Alles, was Recht war, FS R. Schmidt-Wiegand, Essen 1996, S. 17-24. Die Lex Frisionum ist nach wie vor in Ursprung und Bedeutung sehr umstritten (Schott, Stand der Legesforschung, S. 42) und wird vorsichtig als nicht abgeschlossene Arbeit der Karolingerzeit gedeutet, Siems, Art.: ,Lex Frisionum', in: HRG 2 (1978), Sp. 1922. Den Anlaß zur Kodifizierung könnte, wie bei den Gesetzen der Sachsen, Thüringer und Chamaven, der Aachener Reichstag von 802/803 gegeben haben, Schott, Stand der Legesforschung, S. 41 f. Lex Frisionum IX, 1: „Sifemina quaelibet homini cuilibet fornicando se miscuerit, componat ad partem regis weregildum suum; hoc nobilis et libera faciant. " MGH Fontes iuris 12, S. 48. Lex Frisionum IX, 11: „ Si liberam feminam extra voluntatem parentum eius, vel eorum qui potestatem eius habent, uxorem duxerit, componat tutori eius solidos XX [...]." MGH Fontes iuris 1 2, S. 48. Formulae Turonenses 16: „ Viventibus patribus inter filios familias sine voluntate eorum matrimonia non legitime copulantur, sed contracta non solvuntur [...]. " MGH Form., S. 143. Die westfränkische Formel aus Tours wird auf die Mitte des 8. Jahrhundert datiert, H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. I, S. 581 f. Verboten ist auch Dritten die Anstiftung fremder Söhne und Töchter zur Ehe gegen den
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heiratete, bestrafte m a n durch V e r m ö g e n s e n t z u g , der sie j e d e r wirtschaftlichen A u t o n o m i e beraubte. 4 A n d e r s als eine unverheiratete Familientochter konnte b e i s p i e l s w e i s e eine W i t w e durch erhaltene E h e g a b e n oder Erbe e i g e n e s V e r m ö g e n kumuliert haben. D o c h auch ö k o n o m i s c h e U n abhängigkeit berechtigte eine Frau nicht zu freier Partnerwahl. D i e V o r a u s s e t z u n g e n einer o r d n u n g s g e m ä ß e n E h e s c h l i e ß u n g und die K o n s e q u e n z e n bei N i c h t b e a c h t u n g dieser Richtlinien b e z e u g e n Formeln d e s 8. und 9. Jahrhunderts. G e s e t z g e b e r und consuetudo verlangten nach einer Formel aus Tours obligatorisch die V e r l o b u n g und die schriftliche B e s t ä t i g u n g der in A u s s i c h t gestellten Dotierung vor einer E h e s c h l i e ßung. 5 Wurde die dos nicht bestellt, galten die Kinder trotz regulärer V e r l o b u n g als naturales, o b w o h l das Verhältnis als E h e b e z e i c h n e t wird, denn eine s o l c h e beabsichtigte das Paar. 6 Es ist nicht v o n e i n e m K o n k u binat die Rede. D i e Frau war v o n „guter, freier Herkunft" und damit zur
Rat der parentes, auf den nicht verzichtet werden kann: Capitula legi Salicae addita III § 99, 1 : „Si quis fllium autfìliam alienam extra consilium parentum in coniugio copulandum conciliauerit et eifuerit adprobatum, et parentes exinde aliquid damnati fuerint aut certe raptores uel conuiuas conciliatores fuerint, morte damnetur et res ipsorum fiscus adquirat." MGH LL nat. Germ. IV, 1, S. 256. Diese Bestimmung lehnt sich an das westgotische und westgotisch-vulgarrömische Recht an, ebd., genauer an die Lex Visigothorum Reccesvindiana (Antiqua) III 3, 4 und Lex Romana Visigothorum (Cod. Theodos. IX, 19, 1, interpretatio). 4 Lex Thuringorum, 45: „Si libera femina sine voluntatepatris aut tutoris cuilibet nupserit, perdat omnem substantiam, quam habuit vel habere debuit. " MGH Fontes iuris 4, S. 64. E. T. Gaupp, Das alte Gesetz der Thüringer, Breslau 1834 (Nachdruck Aalen 1968), S. 385ff. Die Lex Thuringorum - als das Recht der ursprünglich zwischen Saale und Elster ansässigen Angeln und Warnen - ist ebenfalls im Kontext des Aachener Reichstages 802/3 aufgezeichnet worden. R. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Thuringorum' in: HRG 2 (1978), Sp. 1965f. 5 Formularum Turonensium appendix 2: „Donatio in sponsa facta: Latores legis aedicerunt, et antiqua consuetudo aedocet, [...] ut, quicumque vir in sponsam suam ante die nuptiarum de rebus suis propriis donare vel conferre voluerit, per serie scripturae hoc alligarepercuret. [...]" MGH Form., S. 163. 6 Cartarum Senonicarum Appendix la: „Lex et consuetudo exposcit, ut, quicumque personas naturales filios habuerit et alios plures non habuerit, si eos in sua voluerit instituere hereditate, qualiter in suum potius arbitrium ad faciendi de id pater hoc, quod in eos voluerit, liberam habeat potestatem. Jdeoque ego ille, dum non est incognitum, ut femina aliqua nomen illa bene ingenua ad coniugium sodavi uxore, sed qualis causas vel tempora mihi oppresserunt, ut cartolam libellis dotis ad ea, sicut lex declarat, minime excessit facere, unde ipsi filii mei secundum lege naturalis appellant [...]. " MGH Form., S. 208f. Die westfränkische Formel datiert wahrscheinlich in die Zeit Karls des Großen, U. Nonn, Art. ,Formel, -Sammlungen, -bücher, III. Frühmittelalter', LexMA Bd. 4(1989), Sp. 649.
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Ehefrau und nicht zur Konkubine prädestiniert. In der Formel aus Sens bedauert der Mann zutiefst, daß er seinerzeit seine Braut nicht dotieren und ihr die Ehrerbietung einer legitimen Ehefrau nicht zukommen lassen konnte. Nicht ordnungsgemäß verheiratet zu sein, war der ,Frauenehre' abträglich. Die natürlichen Kinder konnten in Ermangelung anderer Nachkommen zwar als Erben eingesetzt werden,7 sie waren aber benachteiligt, denn trotz urkundlicher Verfügung konnten die Verwandten des Erblassers das Erbe gerichtlich anfechten. Bestand die gesellschaftliche Norm nach dem Formular aus Tours im regulären Eingehen einer Muntehe, so litt das soziale Ansehen dieses Paares und ihrer Nachkommen unter der fehlerhaft geschlossenen Ehe. Hiervon war besonders die Frau als Freie guter Herkunft betroffen, da sie in einer unstandesgemäßen Verbindung lebte. Ein Beleg für die gesellschaftlich und rechtlich institutionalisierte ,Friedelehe' ist das Formular aus Sens keineswegs. 8
3.2 Eingriffe in das ,Privatleben' im Zusammenspiel v o n Kirche und Herrscher „742/43 setzte die bald sich steigernde Kapitularientätigkeit der Karolinger, eine Renaissance quasi der Kapitulariengesetzgebung, ein in engster Verbindung mit der kirchlichen, genauer synodalen und bischöflichen Gewalt. Concilium Germanicum, die Konzile von Estinnes, Soissons, Verneuil, Compiegne und Verberie; praktisch sämtliche Kapitularien Karlmanns und Pippins des Jüngeren wurden anläßlich von Synoden bekanntgemacht, und das gleiche gilt für die ersten großen Erlasse Karls des Großen von Herstal und Aachen." 9 7 8
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H. Heinritz, Die eherechtlichen Bestimmungen, S. 64. Gern wird dieser Schriftbeleg zur Beweisführung der ,Friedelehe' herangezogen, so Meyer, Ehe und Eheauffassung, S. 32, Anm. 126. Mordek, Karolingische Kapitularien, in: ders. Überlieferung und Geltung normativer Texte, Sigmaringen 1986, S. 25-51; S. 28f; So auch A. Bühler, Capitularía relecta, Studien zur Entstehung und Überlieferung der Kapitularien Karls des Großen und Ludwigs des Fromnnen, in: AfD 32 (1986), S. 305-501, bes. S. 496ff. F.L. Ganshof, Was waren die Kapitularien? Weimar 1961 (Wat waren de Capitularía? Brüssel 1955); W.A. Eckhardt, Art.: .Kapitularien' in: HRG Bd. 2 (1978) Sp. 623-629; H. Mordek, Art.: .Kapitularien' in: LexMA Bd. 5 (1991), Sp. 943-946; ders., Bibliotheca capitularium regum Francorum manuscripta (MGH Hilfsmittel 15) München 1995; A. Bühler, Capitularía relecta. in: AfD 32 (1986), S. 305-501; D. Hägermann, Zur Entstehung der Kapitularien, in: Grundwissenschaften und Geschichte. FS Acht, W. Schlögl / P. Herde (Hg.), Kallmütz 1976, S. 12-27; H. Mordek, Karolingische Kapitularien, S. 28f; A. Krah, Zur Kapitulariengesetzgebung in und für Neustrien, in: H. Atsma, La Neustrie, Bd. 1, Sigmaringen 1989, S. 565-581.
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Doch nicht allein die „bischöfliche Gewalt" und die Person des Herrschers verhandelten die in Form von capitula erlassenen Rechtssätze, auch der consensus der Großen, „das Zusammenwirken von Großen und König im Sinne ,freier Zustimmung'" 10 wird als weiterer Faktor einen Einfluß auf den Inhalt der Kapitularien besessen haben. In welchem Ausmaß sich im Einzelfall eine der ,Instanzen' - Herrscher, weltliche und kirchliche Große - durchsetzen konnte, lag an ihrer jeweiligen Machtflille. Die ersten Konzilien unter Einfluß des Bonifatius11 behandelten kaum das ,Privatleben' von Laien. So reglementierte das austrasische Concilium Germanicum von 74312 nicht die Moral der Gläubigen, sondern den Lebenswandel der Kleriker, Nonnen und Mönche. Das zweite austrasische Konzil von Les Estinnes im Jahr darauf verbot in einer eher allgemeinen Aussage ehebrecherische und inzestuöse Ehen unter Hinweis auf das kanonische Recht.13 In der neustrischen Reformsynode des Bonifatius in Soissons unter Pippin (744) schließlich ermahnte man Laien, nicht unzüchtig zu leben, Ehen mit Nonnen sowie die Wiederheirat zu Lebzeiten des Ehegatten zu vermeiden. Zitiert wurde das Matthäus-Evangelium (5,32), eine Ehefrau dürfe nur wegen Unzucht entlassen werden.14 Pippin der Jüngere, der zunächst im Einklang mit Bonifatius Kirchenreform und Verchristlichung der Bevölkerung vorantrieb,15 sich nach Differenzen zwischen dem Angelsachsen und den fränkischen Bischöfen aber 10
D. Hägermann, Zur Entstehung der Kapitularien, S. 18. Jarnut konnte nachweisen, daß die drei bezeugten Synoden des Bonifatius (Concilium Germanicum 743, Concilium Liftinense 744 und das neustrische Concilium Suessionense, von Pippin im Kapitular von 744 verkündet), zeitgenössisch als ein einheitliches Konzil betrachtet wurden. Ders., Bonifatius und die fränkischen Reformkonzilien, in: ZRG.KA 65/66 (1979), S. 1-26. 12 MGH Conc. aevi Kar. II, S. 2-4. Nach neuerer Forschung nicht 742 (so noch Rau, Briefe des Bonifatius, S. 6): Jarnut, Bonifatius, S. 2f. Es war das erste, ausschließlich austrasische Konzil (unter Karlmann), in dem die austrasische Kirche dem Erzbischof Bonifatius in Form eines Metropolitanverbandes unterstellt wurde. R.Rau, Briefe des Bonifatius, S. 6. 13 Konzil von Les Estinnes c.4: „Similiter praecipimus, ut iuxta decreta canonum adulteria et incesta matrimonia, quae non sint legitima, prohibeantur [...]. " MGH Cap. I, Nr. 11, S. 28. 14 Konzil von Soissons c. 4: „Similiter decrevimus, ut laici homines legitimi vivant et diversis fornicationis non faciant [...]; c. 9: Similiter constituemus, ut nullus laicus homo Deo sacrata femina ad mulierem non habeat, nec suam parentem; nec marito viventem sua mulier alius non accipiat, nec mulier vívente suo viro alium accipiat; quia maritus mutiere sua non debet dimitiere, excepto causa fornicationis deprehensa. " MGH Cap. I, Nr. 12, S. 29f. 15 J. Jarnut, Bonifatius, S. 8, siehe das Konzil von Soissons. 11
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lieber an die päpstliche Autorität wandte,16 ließ sich vom römischen Bischof unter anderem auch in Eherechtsfragen beraten. Im Januar 747 erhielt Pippin ein Antwortschreiben von Papst Zacharias17 in dem Laien ebenfalls lediglich die Wiederheirat Geschiedener18 und das Eingehen von Inzestehen untersagt wurde.19 Der Versuch, auf konziliarer Ebene Einfluß auf das Ehe- und Sexualleben der Laien zu nehmen, bestand bis ins 9. Jahrhundert aus Minimalforderungen.20 In der ersten Synode König Pippins, die er mit Chrodegang von Metz 755 in Ver abhielt,21 ordnete man erstmalig die Öffentlichkeit der Eheschließung für Edle und Nichtedle an.22 Wilfried Hartmann zufolge wird hier die ,Friedelehe' verboten.23 Paul Mikat ist der Meinung, die im Konzil von Ver geforderte Öffentlichkeit sollte Eheschließungen nach kirchlichem Verständnis „secundum legem et evangelium" gewährleisten, die im Sinne Leos des Großen von Kirche und Gesellschaft als dotierte
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Th. Schieffer, Winfried-Bonifatius, S. 227. Pippin wartete, mit Ausnahme der Synode von Düren 748, mit der Wiederaufnahme der Synodaltätigkeit bis nach dem Tode des Bonifatius (754), W. Hartmann, Die Synoden im Frankenreich und in Italien (Konziliengeschichte Reihe A: Darstellungen), Paderborn u.a. 1989, S. 66. 17 Zacharias stand dem nicht unumstrittenen Bonifatius ebenfalls nicht nur positiv gegenüber, G. Händler, Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger, Berlin (Ost) 1985, S. 55 u. 60f. 18 Brief Zacharias von 747, c. 7: „Si quis laicus, uxorem proprium pellens, alteram vel ab alio dimissam duxerit, communione privetur. " Codex Carolinus, MGH Epp. III, S. 482. 19 Brief Zacharias von 747, c. 22, MGH Epp. III, S. 485. 20 Im Konzil von Compiégne 757 sind es von 21 Kapiteln 20, die sich mit Inzestverboten, Ehebruch und Ehetrennungen beschäftigten, Hartmann, Die Synoden, S. 77. Die Bedeutung dieser umfassenden, unter königlicher Oberhoheit stehenden kanonischen Einflußnahme auf das Eherecht darf nicht unterschätzt werden. Über Regino von Prüms Sendhandbuch (906) gelangten 12 Kapitel der Synode von Compiégne in das Dekret des Burchhard von Worms, das Dekret Gratians rezipierte noch 5 Kapitel, ebd, S. 79. Auch im beginnenden 9. Jh. gehörten Inzestverbote zu den wesentlichen eherechtlichen Bemühungen: Capitulare missorum generale von 802, c. 33, 38; MGH Cap. I, Nr. 33, S. 97f und Capitulare missorum von 813, c. 6, MGH Cap. I, Nr. 83, S. 182. Siehe hierzu McNamara / Wemple, Marriage and divorce in the Frankish kingdom, in: S. M. Stuard (Hg.), Women in medieval Society, Pennsylvania 1976, S. 95-124 und Graf, Ehebruch, S. 92ff. 21 Verkündet in einem Kapitular Pippins des Datums 11. Juli 755, (MGH Cap. I, Nr. 14) Hartmann, Die Synoden, S. 68. 22 Concilium Vernense, c. 15: „Ut omnes homines laici publicas nuptias faciant, tarn nobiles quam innobiles. " MGH Cap. I, Nr. 14, S. 36. 23 Hartmann, Die Synoden, S. 71 u. 467ff. Nach Hartmann bedurfte die ,Friedelehe' nicht der Zustimmung der Verwandten. Ebd. S. 710.
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Muntehe verstanden wurde. 24 Schon im Responsum Leos an Bischof Rusticus erscheint die Forderung nach publicae nuptiae25 nicht um eine fiktive - ,Friedelehe' zu verhindern, sondern zur Differenzierung von Ehe und Konkubinat. Hintergrund für den Erlass des Kanons 15 von Ver 755 könnte im Kontext der bis 755 stattgefundenen Konzilien in der Durchsetzung der Inzestverbote liegen. 26 Die geforderte Publizität im Konzil von Ver 755 betraf nicht die obligatorische Beteiligung eines Priesters an der Eheschließung, 27 sondern die Gegenwart von Verwandten, Freunden oder auch angesehenen Laien. 28 Nicht zuzustimmen ist Opet, daß diese Eheschließungspraxis im Zusammenhang mit einer schwindenden Geschlechtsvormundschaft zu sehen ist, je geringer diese ausgeprägt, umso wichtiger die Beweiskraft der Zeugen. 29 Es war ja gerade die Aufgabe der Verwandten der Braut, die traditio in die Munt des Ehemannes zu bezeugen, sie also geradewegs von der Vormundschaft der parentes in die des Ehemannes zu geleiten. Karl der Große begann 802 Kleriker als Kontrollinstanz über das rechte Verhalten der Gläubigen einzusetzen. 30 Sie sollten das Volk belehren, sich von Inzest und fornicatio fernzuhalten. Diese ,Unzucht' wird der Sünde des Mordes, Diebstahls, des Meineids und der Übeltat gleichge-
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Mikat, Dotierte Ehe, S. 76. Siehe oben, S. 83, Anm. 38. Les Estinnes 743, c.3, Soissons 744, c.9 und im Kapitular Pippins 754-755, c. 1. Schon Opet konstatierte 1911, daß mit den geforderten publicae nuptiae nicht die Ehebenediktion gemeint ist, die Quellen zudem auch noch bei Hinkmar von Reims die Ehebenediktion kaum im Zusammenhang mit den publicae nuptiae erwähnen, O. Opet, Die Anordnung der Eheschließungspublizität, S. 246f. Die Hinzuziehung von Klerikern zur Eheeinsegnung blieb noch lange ein frommer Wunsch, erst das tridentinische Ehedekret Tametsi kodifizierte 1563 die Ehebenediktion als rechtsverbindlichen Akt, F. Merzbacher, Art.: ,Ehe, kirchenrechtlich', in: HRG Bd. 1 (1971), Sp. 834f. So schon Opet, Die Anordnung der Eheschließungspublizität, S. 250. Wie in vielen unterschiedlichen, von Opet angeführten Quellen, besonders auch in den Rechtsquellen, wird in diesem Zusammenhang von der Anwesenheit der parentes, amici, boni homines, proceres, viri nobiles, boni vicini u.ä. berichtet, die Zeugnis von der rechtmäßig eingegangenen Ehe ablegen sollten. Opet, Die Anordnung der Eheschließungspublizität, S. 251 ff. Opet, Die Anordnung der Eheschließungspublizität, S. 253f. Capitulare missorum generale (802) c. 35: „[...] Ne incestis nuptiis et se ipsos et caeteros maculare audeant; coniunctiones facere non praesumat, antequam episcopi, presbyteri cum senioribus populi consanguinitatem coniungentium diligenter exquirant; et tune cum benedictionem iungantur [...]. " Boretius, Cap. I, Nr. 33, S. 98. Schon 779 in Herstall forderte er die Bischöfe auf, Inzestuöse zu korrigieren: C. 5:„ Ut episcopi de incestuosis hominibus emendandi licentiam habeant [...]". MGH Cap. I, Nr. 20, S. 48.
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setzt.31 Die Bischöfe wurden aufgerufen, Ehebruch und andere gegen Gott gerichtete Verbrechen ausfindig zu machen.32 Dem Einfluß der Kirche auf das Eherecht wurde hierdurch erheblich Vorschub geleistet. Sie sollten nicht nur auf öffentliche Skandale reagieren, sondern wurden aktiv auf das ,Privatleben' der Gläubigen angesetzt. Mit der Kodifizierung der Admonitio generalis von 78933 ließ Karl der Große verfügen, daß nach einer Ehetrennung beide Eheleute zu Lebzeiten des Gatten nicht wieder heiraten durften.34 Karl hatte 770 Himiltrud und 771 die Tochter des Desiderius verstoßen, seine weiteren Ehen schloß er jeweils nach dem Tod einer Gattin. Anscheinend hielt er sich nach 789 auch selbst an seine offensichtlich kirchlicherseits beeinflußte Gesetzgebung.
3.3 Sittliche Reformen unter Ludwig dem Frommen Die Selbstverständlichkeit der karolingischen Sitte, Konkubinen zu halten, bezeugt Ludwig der Fromme in der Ordinatio imperii von 817.35 Als rechtmäßige Erben ließ er nur die ehelichen Söhne gelten, ermahnte sie aber, Konkubinenkindern gegenüber mitleidig zu handeln. Begegnet Ludwigs Einstellung zu außerehelichen Beziehungen und deren Konsequenzen zu diesem Zeitpunkt noch als eine verständnisvolle, so bekämpfte er im capitulare de disciplina palatii Aquisgranensis36 von ca. 820 offen die 31
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Capitula de examinandis ecclesiasticis (802), c. 15: „ Ut incestas nuptias omrtino vitare doceantur et abstinere a fornicatione, homicidio, furto, periurio, malefico [...]. " MGH Cap. I, Nr. 38, S. 110. Dieses Kapitular steht vielleicht in Zusammenhang mit der Synode von Aachen 802. Hartmann, Die Synoden, S. 126. Capitulare Aquisgranense 801-813, c. 1: „ Ut episcopi circumeant parrochias sibi commissas et ibi inquirendi Studium habeant de incestu, de patricidiis, fratricidiis, adulteriis, cenodoxiis et alia mala quae contraria sunt Deo [...] " MGH Cap. I, Nr. 77, S. 170; dazu Ganshof, Kapitularien, S. 167: von 802/3. Von Hartmann als „das Grundgesetz der Reformmaßnahmen des Frankenkönigs auf dem Gebiet der Kirche" bezeichnet, (ders., Die Synoden, S. 103). Als erstes fränkisches Kapitular greift es auf die 774 von Papst Hadrian I. überreichte Collectio DionysioHadriana zurück, Hartmann, Die Synoden, S. 103. Admonitio generalis c. 43: „Omnibus. Item in eodem, ut nec uxor a viro dimissa alium accipiat virum vivente viro suo, nec vir aliam accipiat vivente uxore priore. " MGH Cap. I, Nr. 22, S. 56; Ansegis I, 42, MGH Cap. Neue Serie I, S. 456. Ordinatio imperii 817, c. 15: „57 vero absque legitimis liberis aliquis eorum decesserit, potestas illius ad seniorem fratrem revertatur. Et si contigerit illum habere liberos ex concubinis, monemus ut erga illos misericorditer agat. " MGH Cap. I, Nr. 136, S. 273. Capitulare de disciplina palatii Aquisgranensis ca. 820, c. 1 : „ Unusquisque ministerialis palatinus diligentissima inquisitione discutiat primo homines suos et postea pares
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„Triebhaften und Huren". Die Dienerschaft sollte solche Personen ausfindig machen und zur Strafe der öffentlichen Auspeitschung auf den Marktplatz führen. Auch hier wird zum Aufspüren eines unerwünschten Verhaltens regelrecht aufgefordert. Ludwig der Fromme stand wesentlich mehr als sein Vater unter kirchlichem Einfluß.37 Er versuchte über die kirchenrechtliche Bekämpfung von Inzest und Wiederheirat hinaus stärker in das Privatleben von Laien einzugreifen.38 Auf der Synode von Paris 829, die Jonas von Orléans beeinflußte und niederschrieb,39 wurde deutlich Position gegen sexuelle Freiheiten von Männern bezogen. Die Ehe sei nicht zum Ausleben der Wollust, sondern ausschließlich zur Zeugung der Nachkommenschaft konstituiert.40 Auch Männer sollten sich bis zur Eheschließung enthalten und weder eine pellex noch eine Konkubine haben.41 Die Anlehnung an die Collectio vetus Gallica ist erkennbar.42 Man verbot den sexuellen Verkehr
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suos, si aliquem inter eos vel apud suos igrotum hominem vel meretricem latitantem invenire possit [...]; c. 3: „[...] Similiter de gadalibus et meretricibus volumus, ut apud quemcumque inventae fuerint ab eis portentur usque ad mercatum, ubi ipsae flagellandae sunt [...]•• MGH Cap. I, Nr. 146, S. 298. Hinsichtlich der Kapitularientätigkeit ergab sich keinesweg eine Zäsur nach dem Tod Karls des Großen 814, sondern vielmehr erst 829, wie G. Schmitz 1986 ermittelte. Ludwig der Fromme führte durchaus kontinuierlich die Linie des Vaters weiter. Ders., Zur Kapitulariengesetzgebung Ludwigs d. F., S. 471-516. Auch Bühler (Capitularia relecta, S. 468) konstatierte eine Anhäufung von Kapitularienpromulgationen bei Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen, in den Jahren 803/805, 818/819 und 828/829. Wie sehr Ludwig der Fromme seine Königsmacht zur Durchsetzung kirchlicher Eherechtsnormen einsetzte, zeigt c. 6 der Capitula missorum von 821 MGH Cap. 1, Nr. 148, c. 6, S. 301, worin die Konfiskation des Vermögens bei unerlaubter Eheschließung - gemeint sind Inzestehen - unter Verweis auf cap. 5 von Compiègne 816 verfugt wird. Hartmann, Die Synoden, S. 182; Goetz, Frauen im frühen Mittelalter, S. 170; zu Jonas Einfluß auf die Reformen Ludwigs des Frommen, siehe Appleby, Sight and Church Reform in the Thouht of Jonas of Orléans, in: Viator 27 (1996), S. 11-33. Konzil von Paris 829, c. 69: „[...] scilicet quod nosse eos oporteat coniugium a Deo esse constitutum, et quod non sit causa luxuriae, sed causa potius flliorum appetendum; et ut virginitas, sicut doctores nostri tradunt, usque ad nuptias sit custodienda, et uxores habentes neque pellicem neque concubinam habere debeant, quomodo etiam in castitate uxores suas diligere eisque utpote vasi inßrmiori honorem debitum debeant inpendere, et quod commixtio carnalis cum uxoribus gratia fieri debeat prolis, non voluptatis, et qualiter a coitu pregnantium uxorum viris abstinendum sit [...]. " MGH Conc. aevi Kar. 2, Nr. 50, S. 670f. Worin er zwischen beiden einen Unterschied sieht, bleibt unklar. Nach spätantiker Definition wäre die Konkubine die Beischläferin eines unverheirateten, die pellex / paelex eines verheirateten Mannes, siehe oben, S. 39, Anm. 12. Collectio vetus Gallica, c. XLIX, 3, S. 555ff, siehe S. 90, Anm. 72.
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mit der schwangeren Gattin und die Wiederheirat von Männern, die ihre Frauen wegen Ehebruchs verstoßen hatten. Generell wurden Männer ermahnt, ihre Gattinnen als die Schwächeren zu lieben und zu ehren. Öffnete schon Karl der Große die herrscherliche Gesetzgebung im eherechtlichen Bereich dem kirchlichen Einfluß, so versuchte Ludwig der Fromme kirchlichen Forderungen, mit denen sich die Gesetzgeber bisher nicht ernsthaft auseinandergesetzt hatten, geradezu eine Lanze zu brechen. Sie sollten nun die eigenen sexuellen Vorrechte beschneiden. Es fragt sich, inwieweit sein Vorstoß weitere Kreise zu seinen Lebzeiten zog und unter seinen Nachfolgern Bestand hatte. Im alemannischen Rechtsbereich beschränkte sich seit dem 8. Jahrhundert der Erbanspruch zunehmend auf Nachkommen aus legitimen Ehen, so beispielsweise in einer alemannischen Formel, die einen Prekarievertrag zwischen einem Laien und einem Kloster zum Inhalt hat.43 Die Voraussetzung der legitimen Herkunft Erbberechtigter bis in die zweite Generation verlangte auch das Formelbuch Salomons III. von Konstanz. 44 Ein Laie tradierte für den Fall, daß er nicht von einem Heereszug zurückkommt, seine Besitzungen dem Kloster St. Gallen, das daraus seine Kinder, wenn sie sich denn legitim verheirateten, versorgen sollte. Sieben St. Galler Urkunden aus dem 8. Jahrhundert, 45 und vier Urkunden aus der Zeit von 800 bis 81446 steht eine Flut von 100 Privaturkunden seit dem Jahr 814 gegenüber, die ausdrücklich nur Erben aus legitimen Ehen zuließen. 47 Diese Zunahme könnte auf Abt Cozbert zurückzuführen 43
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U. Nonn, Art. ,Formel, -Sammlungen, -bücher, III. Frühmittelalter', LexMA Bd. 4 (1989), Sp. 649. Formulae Augienses Coli. B. 6: „[...] et si mihi Deus filium de legitima uxore dederit, easdem res habeat die bus vite suae tantummodo [...] Et si mihi filiorum procreatio de legitimo coniugio evenerit, ipsi easdem res post obitum meum retineant. [...]" MGH Form., S. 351. Collectio Sangallensis 8: „[...] Quodsi idem orphanus meus ad virilem pervenerit aetatem et legitimam duxerit uxorem, - Quod si eadem orphana mea ad nubilem pervenerit aetatem et legitimo viro nupserit [...]. " MGH Form., S. 401. Aus der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts: H. Wartmann, Das Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, Theil 1, Jahr 700-840, Zürich 1863, Nr. 32, 67, 88, 113, 135, 142, 159. H. Wartmann, Das Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, Theil 1, Nr. 186 (Jahr 803); Nr. 202 (Jahr 809); Nr. 203 (Jahr 809); Nr. 207 (Jahr 811). H. Wartmann, Das Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, Theil 1, 700-840, Nr. 207, 214, 217, 228, 236, 269, 274, 298, 316, 318, 321, 332, 337, 350, 361, 366, 369, 370. H. Wartmann, Das Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, Theil 2, 1 (840-920): Nr. 385, 386, 394, 395, 396, 399, 398, 402, 411, 412, 418, 425, 430, 431, 437, 436, 438, 444, 448, 451, 460, 464, 465, 467, 469, 472, 474, 480, 483, 490, 491, 492, 494, 495, 498,508, 509, 510, 518, 520, 522, 523, 524, 531, 538, 539, 543, 547, 553, 556, 558, 562, 571, 577, 579, 582, 592, 596, 598, 599, 600, 603, 607, 614, 622.
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sein, der 816 zum Abt von St.Gallen gewählt wurde. Mit ihm begann die Neuorganisation und der Ausbau des St.Galler Urkundengeschäfts. 48 Die Einschränkung der Traditionsurkunden weiterer Klöster (Fulda, Weißenburg, Remiremont, Saint-Benigne de Dijon) auf Rückkauf und Nutznießung von Prekarien auf legitime Nachkommen 49 könnten ein Indiz für die sich wandelnde sittliche Moral seit dem Herrschaftsantritt Ludwigs des Frommen sein. Vielleicht wurden diese Reformansätze von einigen Klöstern zur Wahrung ihrer ökonomischen Interessen instrumentalisiert, indem sie den Kreis der Nutznießer eines Prekarievertrages einschränkten.50 Für diese Annahme spricht, daß andere Klöster, beispielsweise Lorsch, Gorze, San Salvatore am Montamiata, St. Emmeram, Redon und die Bistümer Freising und Passau diese Schlechterstellung unehelicher Kinder nicht in die Formulierung ihrer Traditionsurkunden aufnahmen, 51 sich diese Tendenz also keineswegs reichsweit durchsetzen konnte.
Zum weiteren Niederschlag der Reformen Ludwigs des Frommen Im ostfränkischen Reich führte Ludwig der Deutsche die Bemühungen seines Vaters um Sitte und Moral fort, wenn auch in gemäßigterer Form.
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H. Wartmann, Das Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, Theil 2, 2, (840-920): 630, 633, 637, 646, 651, 659, 660, 677, 686, 689, 690, 699, 702, 703, 714, 715, 717. R. Sprandel, Das Kloster St. Gallen in der Verfassung des karolingischen Reiches, Freiburg i.Br. 1958, S. 46 und 48. Ab 817 tritt sein Neffe gleichen Namens als Schreiber auf, ebd. E. E. Stengel, Urkundenbuch des Klosters Fulda, 1. Bd. 2. Teil, Marburg 1956, Nr. 176, Jahr 788, S. 270; A. Doli / K. Glöckner (Hg.), Traditionis Wizenburgenses, Darmstadt 1979, Nr. 52, Jahr 742, S. 241; Nr. 128, Jahr 773, S. 332 und Nr. 136, Jahr 745, S. 340; A. Bruckner, Regesta Alsatiae aevi Merovingici et Karolini, 1. Bd. Straßburg / Zürich 1949, Nr. 127 (Remiremont), Jahr 735-37, S. 67f; R. Folz / J. Marilier, Chartes et documents de Saint-Bénigne de Dijon, 1. Bd. Dijon 1986, Nr. 31, Jahr 783, S. 67f. Zu diesem Aspekt: J. Goody, The Development of the Family and Marriage in Europe, Cambridge 1983 (dt.: Berlin 1986); J. Martin, Zur Anthropologie von Heiratsregeln und Besitzübertragung. 10 Jahre nach den Goody-Thesen, in: Historische Anthropologie 1 (1993), S. 149-162. K. Glöckner, Codex Laureshamensis, Bd. 1, Darmstadt 1929, z.B. Nr. 27, S. 27, von 846; A. d'Herbomez, Cartulaire de l'Abbaye de Gorze, Paris 1898; W. Kurze, Codex diplomaticus Amiatinus, Tübingen 1974; Th. Bitterauf, Die Traditionen des Hochstiftes Freising. Bd. 1: 744-926; 1905 (ND 1967); J. Widemann, Die Traditionen des Hochstiftes Regensburg und des Klosters St. Emmeran, München 1943 (ND Aalen 1969); M Heuwieser (Hg.) Die Traditionen des Hochstiftes Passau, München 1939 (ND Aalen 1969); A. de Courson, Cartulaire de l'abbaye de Redon, Paris 1863
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Das Mainzer Konzil von 852 unter Hrabanus Maurus52 rezipierte den Leo-Brief an Rusticus von Narbonne. Eine Konkubine durfte ohne weiteres entlassen werden, wollte ein Mann ein anderes Mädchen rechtmäßig ehelichen.53 Nicht die eigene Konkubine, sondern eine puella, eine Jungfrau, qualifizierte sich zur Ehe. Widerlegt wird ein weiteres Mal die These von vorehelichen Konkubinaten mit Mädchen guter Herkunft, die später zu rechten Ehen führten.54 Wilfried Hartmann zufolge sind die hier erwähnten Konkubinen „wohl als Friedelfrauen" aufzufassen, die alten Kirchengesetze zum Konkubinat (gemeint ist der Leo-Brief und Toledo I, 17) übertrug man hier auf die „spezielle germanische Eheform",55 um ,Friedelehen' zu Konkubinaten zu deklassieren. Diese Interpretation läßt die Quelle nicht zu. Bestätigung findet dagegen eine kontinuierliche Rezeption des Leo-Briefs: Eine Frau (gemeint ist die Konkubine) gilt eben nicht als geehelicht, wenn das „eheliche Mysterium" in Form der Schließung einer Muntehe versäumt wurde.56 Es ist schwer vorstellbar, daß es sich bei den auf dem Mainzer Konzil erwähnten Konkubinen um Frauen der oberen Schichten handelte. Deren Eltern hätten kaum zugelassen, daß ihre Töchter ,nach Gebrauch' schlicht entlassen und nach Hause geschickt worden wären. Die Rezeption des Leo-Briefes legt nahe, daß es sozial niedrig stehende Frauen und Mägde waren, die als Konkubinen in Frage kamen.57 In einem weiteren Kanon der Synode erscheint das Verbot des nebenehelichen Konkubinats gemäß Toledo I, 17.58 Nach wie vor existierten als einzige juristische Aussagen zum Konkubinat diese beiden Textzeugen. 52 53
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Hartmann, Die Synoden S. 228. Konzil von Mainz 852, c. 12: „DE CONCUBINIS. Quodsi quislibet concubinam habuerit, que non legitime fuit desponsata, et postea desponsatam rite puellam duxerit abiecta concubina, habeat illam, quam legitime desponsavit. De hoc Leo papa in decretis suis ita diffinivit dicens: Dubium non est eam mulierem non pertinere ad matrimonium, in qua docetur nuptiale non fuisse mysterium. Paterno arbitrio viris iuncte careni culpa, si mulieres, que a viris habebantur, in matrimonio non fuerit, quia aliud est nupta, aliud concubina. " MGH Conc. aevi Kar. III, Nr. 26, S. 249. Siehe oben, S. 172. Hartmann, Die Synoden, S. 231. Siehe oben, S. 82ff. Siehe hierzu Freisen, Eherecht, S. 61, 63; Müller-Lindenlauf S. 117ff; Mikat, Dotierte Ehe S. 34ff. Konzil von Mainz 852, c. 15: „QUI UXOREM HABET ET SIMUL CONCUBINAM. De eo, qui uxorem habet, si concubinam habuerit, non communicet. Ceterum autem is, qui non habet uxorem et pro uxore concubinam habet, a communione non pellatur, tantum aut unius mulieris, aut uxoris aut concubine, ut ei placuerit, sit coniunctione contentus. Alias vero abiciatur, dortec desinai aut ad penitentiam revertatur. " MGH Conc. aevi Kar III, Nr. 26, S. 250.
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gen. Seit 400 Jahren beinhalten sie alles, was es über das Konkubinat zu regeln galt. Die Rechtslücke, die in der Frage bestand, wie mit Konkubinen bei einer anstehenden Eheschließung zu verfahren war, schloss der Kanon 12 der Mainzer Synode von 852. Die Gewohnheit freier Männer, sich Konkubinen zu verschaffen, besaß Kontinuität. Während für sie lediglich das nebeneheliche Konkubinat ansatzweise sanktioniert wurde, erscheint es für freie Frauen wenig erstrebenswert, eine Konkubine zu sein. Noch immer beschränkte sich die Kirche auf die Durchsetzung der Monogamie. Im Frankenreich war das Konkubinat aber eine Selbstverständlichkeit, an der auch die Kirche wenig ausrichten konnte. Die Disziplinierungsmaßnahmen Ludwigs des Frommen schränkten diese Gewohnheit in der Folgezeit kaum ein. Selbst das bedeutende ostfränkische Konzil von Worms aus dem Jahr 86859 reglementierte das Geschlechtsleben von Laien hauptsächlich hinsichtlich Inzestvergehen. 60 So wurde freien Männern außereheliche Sexualität nur in Verbindung mit Inzest verboten. 61 Als erster Herrscher wagte im Westreich Karl der Kahle 845/46, Frauen und Männer der oberen Gesellschaftsschichten in einem Kapitular ausdrücklich moralisch zurechtzuweisen. Einflußreiche Männer und Frauen sollten sich nicht der Verantwortung entziehen, in ihren Häusern die Sitten zu kontrollieren und ausschweifende Konkubinate, Inzest und Ehe-
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Vertreten waren fast alle ostfränkischen Bistümer, das verhandelte Dogma und Kirchenrecht ist ausführlicher bei Gratian rezipiert als die Beschlüsse der meisten (ost- wie west-)fränkischen Synoden zwischen 850 und 900. Wilfried Hartmann, Das Konzil von Worms 868. Überlieferung und Bedeutung, Göttingen 1977, S. 9f. Hartmann konnte die Verwendung spanischer Synodalbeschlüsse und Briefe Nikolaus I. als Quellen feststellen sowie die Bemühungen, germanische Rechtsvorstellungen zu integrieren, ebd. S. 122f. Konzil von Worms 868, cc. 14, 15, 19. Konzil von Worms 868, c. 14: „Si quis cum duabus sororibus fuerit fornicatus aut cum his personis, de quibus sacra scriptura prohibet, si dignam egerit paenitentiam et castitatis non valuerit continentiam sustinere, liceat ei legitimam in coniugio uxorem accipere. Similiter et mulier, quae tali fuerit scelere lapsa, ut fornicationis non perducatur ad chaos, perficiat [...]." MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 269. Oberlieferungsunterschiede belegen die Rechtsunsicherheit im Eheverbot für Büßer, Hartmann, Konzil von Worms, S. 70 f u. 74, Anm. 157. Im Gegensatz zu den milden Bestimmungen von Worms verbietet Hraban die spätere Eheschließung eines Inzestuösen (Poenitentiale ad Heribaldum c. 20, Migne PL 110, Sp. 487, B-D). In Verbindung mit Ehebruch wiegt die Schuld des Inzests schwerer. Konzil von Worms 868, c. 63:,,[...] Qui cum duabus sororibus dormierit et una ex Ulis antea ei uxor fuerit, nullam uxorem postea habeat, nec illa soror habeat virum. " MGH Conc. aevi Kar. IV, S. 287.
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bruch zu unterbinden.62 Den moralischen Ermahnungen Karls des Kahlen sind keine Sanktionen gefolgt, sie wurden weiterhin nicht rezipiert. Allein für das eroberte Langobardenreich wurde, wahrscheinlich um 800, ein Kapitular erlassen, das den Umgang eines verheirateten Mannes mit einer Konkubine als Ehebruch (adulterans) bezeichnete.63 Von einer Bestrafung ist nicht die Rede, das Kapitular hat eher den Charakter einer Ermahnung. Das römische Konzil von 826,64 setzte das nebeneheliche Konkubinat dem Zusammenleben mit zwei Ehefrauen gleich,65 mit der Begründung, daß die Seele (des Mannes) Schaden nehme, wenn in seinem Hause ein solch unzulässiges lucrum herrsche - die Konkubinen lebten im selben Haushalt wie die Ehefrauen. Genitien, in denen auch freie Frauen arbeiteten, schienen mitunter einen schlechten Ruf zu haben,66 zumindest im italienischen Raum. So verfugte Lothar I. 822/23, unzüchtige Nonnen nicht wie bisher zur Strafe in ein Genitium zu schicken, da sie dort noch viel mehr Gelegenheit zur Unzucht haben würden. Statt dessen sprach man ihre Habseligkeiten dem Fiskus zu und unterwarf sie dem Urteil des Bischofs.67
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Konzil von Meaux-Paris 845/46, c. 77: „Provideant viri potentes et maxime potentes feminae, ut in suis domibus adulterici et luxuriae concubinaticae et incesta adulterio non vigeant. [...]" MGH Conc. aevi Kar III. Nr. 11, S. 125. Dies wurde auf der wichtigen Doppelsynode Meaux-Paris 845/46 beschieden und 846 auf der Reichsversammlung von Epernay in das Kapitular Karls des Kahlen übernommen. MGH Cap. II., Nr. 293, S. 419. Hartmann, Die Synoden, S. 214. 63 Capitula cum Italiae Episcopae deliberata 790-800 (?) c. 5: „Et hoc etiam scribimus, ut cunctis diligentes inquirat: ut si est homo uxorem habens, et supra ipsa cum alia adulterans et concubinam habuerint, a tali igitur inlicita perpetratione faciat eos cum omni sollicitudine separari. " MGH Cap. I., Nr. 96, S. 202. 64 Auf diesem einzigen erhaltenen römischen Konzil der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts übernimmt und fördert Papst Eugen II. die fränkische Kirchenreform. Hartmann, Die Synoden, S. 173. 65 Concilium Romanum c. 37: „Nulli liceat uno tempore duas habere uxores sive concubinas [Forma minor: sed neque unquam concubinam], quia, cum domui non sit lucrum, animae fit detrimentum. Nam sicut Christus castam observat eclesiam, ita vir castum debet custodire coniugium. " MGH Conc. aevi Kar. 2, Nr. 46, S. 582. 66 Dirnen werden auch geniciarias genannt: Konzil von Meaux-Paris 845/46, c. 78: „[...] si autem laicis capellas habuerint, a ratione et auctoritate alienum habetur, ut ipsi decimas accipiant et inde canes aut geniciarias suas pascant [...]. " MGH Conc. III. Nr. 11, S. 125; siehe dazu Meaux-Paris, S. 125, Anm. 261. 67 Capitulare Olonnense, c. 5: „Statuimus ut, si femina habens vestem mutatam moecha deprehensa fuerit, non tradatur genitio sicut usque modo, ne forte, quae prius cum uno, postmodum cum pluribus locum habeat moechandi; sed eius possessio fìsco redigatur, et ipsa episopali subiaceat iudicio. " MGH Cap. I, Nr. 157, S. 317.
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Eine langobardische ,Unsitte' war es anscheinend, daß sich ältere Verwandte unter dem Vorwand, einen Ehegatten für die eigenen Familienkinder besorgen zu wollen, junge Mädchen oder Männer ins Haus holten, um sie dann selbst zu frequentieren. 68 Diese Anlehung an ein Verbot aus den Leges Langobardorum 69 wurde noch 850 auf dem Konzil in Pavia 70 rezipiert. 71 Nach Hartmann handelte es sich hier um die Konkubinen der Väter, die diese mit den Söhnen verheirateten, um weiterhin mit ihnen Umgang haben zu können. 72 Dies läßt sich nicht bestätigen. Warum sollte ein Mann das läßliche Vergehen des Konkubinats gegen das viel schwerere Verbrechen des Inzests tauschen, das er begehen würde, wenn er die Frau seines Sohnes beschläft? Vielmehr wollte er sich den Zugriff auf die freie, ebenbürtige Schwiegertochter durch die Heirat erst verschaffen, während die ihm ohnehin zur Verfügung stehenden (unfreien) Hausmägde von vornherein potentielle Konkubinen des Vaters waren, die dieser wohl kaum mit seinen Söhnen verheiratet hätte. Die Bedeutung der Jungfräulichkeit der Familientöchter kam noch 850 auf dem Konzil von Pavia deutlich zur Sprache. Man wollte Eltern dazu anhalten, ihre Töchter rechtzeitig zu verheiraten, damit sie nicht zuhause „in der hitzigen Glut des Alters" ein unzüchtiges Leben aufnahmen. Das öffentliche Interesse an keuschen jungen Mädchen schien mitunter größer gewesen zu sein als die Fürsorge der Eltern, die sich in Einzelfällen als Kuppler betätigten und ihre Töchter der Verfuhrung auslieferten. 73
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Capitulare Italico von 801, Capitula e conciliorum canonibus collecta, c. 1: „[...] ut nulluspresummat, ante annospubertatis [...]puerum velpuellam in matrimonium sodare, nec in dissimili aetate. [...] si puella maturae aetatis et puer sit tenere, et per virum cognata et socrus deprehendatur adultere, et propter puellam frater vel pater pueri tanti peccati flagitio pereant inretiti [...]" MGH Cap. I, Nr. 114, S. 232. 69 Liutprand 129. 70 Unter dem zu Ostern 850 zum (Mit-) Kaiser gekrönten Ludwig II. R. Schieifer, Karolinger, S. 148 71 Konzil von Pavia, c. 22: „Inventi sunt multi et maxime de rusticis, qui adultas feminas sub parvulorum ßliorum nomine in domibus suis introduxerunt, et postmodum ipsi soceri nurus suas adulterasse convicti sunt, f...] " MGH Conc. III, Nr. 23, S. 228. 72 Hartmann, Die Synoden, S. 243. 73 Konzil von Pavia c. 9: „ Ex diversis partibus perventum est ad sacram synodam, quod quidam parentum filias suas, cum ad nubilem pervenerit, etatem easque pro suo modulo satis convenienter nuptum tradere possint, diutius, quam necesse est, secum detineant; unde sepe contingit, ut in ipsa paterna domo corrumpantur. Fertur et de quibusdam, quod dictu quoque nefas est, ipsos parentes filiarum suarum corruptoribus conhibentiam praebere et natarum suarum lenones existere.[...]" MGH Conc. III, Nr. 23, S. 224.
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3.4 Der Ehebruchbegriff als Indiz nebenehelicher Konkubinate Strenge Sanktionen versuchte Ludwig der Fromme gegen die ,grundlose' Verstoßung oder Tötung einer Ehefrau einzuführen. Er verbot dies 829 anläßlich des Reichstages zu Worms unter harter Strafandrohung für den Ehemann: Verweigerte dieser die öffentliche Buße, sollte man ihn in Eisen legen.74 Dies ist gegenüber den Leges, die keinesfalls die Verstoßung der Ehefrau untersagen, eine Neuerung. Nun, 829, wird in einem Kapitular mit einer Kirchenbuße gedroht, verkündet und umgesetzt durch Königsmacht. Für eine Frau bedeutete das Brechen der eigenen Ehe nach wie vor Todesgefahr. Die Forderung der egalitären Handhabung des Ehebruchs bei Mann und Frau nicht nur durch die Kirche, sondern nun auch durch die Herrscher konnte sich jedoch noch lange nicht durchsetzen. Der Ehebruch wurde 747 für Männer und Frauen mit einer siebenjährigen Kirchenbuße belegt, ohne daß genau definiert wurde, ob darunter auch die Tat des Mannes, der lediglich seine eigene Ehe brach, verstanden wurde.75 Das eherechtlich bedeutende Konzil von Worms 868 belegt, daß Männer noch immer nur bei Mißachtung einer fremden Ehe adulterium begingen.76 Einem nebenehelichen Konkubinat stand somit nach wie vor rechtlich kaum etwas im Wege.
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Capitulare pro lege habendum Wormatiense 829, c. 3: „ Quicumque propria nxore derelicta vel sirte culpa interfecta aliam duxerit uxorem, armis depositis publicam agat poenitentiam; et si contumax fuerit, conprehendatur a comité et ferro vinciatur et in custodia mittatur [...]. " M G H Cap. II, Nr. 193, S. 18. Brief des Zacharias von 747, c. 25: ,,[...] si cuius uxor adulterata fuerit, vel si ipse adulterium cummiserit, Septem annorum poenitentia oportet [...]. " M G H Epp. III, S. 486. Konzil von W o r m s 868, c. 39: „Si cuius uxor adulterium fecit, aut vir in alienam uxorem irruerit, Septem annos paenitentiam agat. " M G H Conc. aevi Kar. IV, S. 279. So auch W. Graf, Der Ehebruch, S. 160f
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4. Zur Wirkung des kirchlichen Einflußes auf außereheliche Beziehungen bis zum Ende des 9. Jahrhunderts 4.1 Stellungnahmen einzelner Kirchenvertreter In seinen Briefen monierte Bonifatius als Reformer der fränkischen Kirche1 die sittliche Verwahrlosung der Kleriker, Mönche und Nonnen, 2 entsprechend instruiert von den Päpsten Gregor II., Gregor III., und Zacharias.3 Allein in seinem berühmten Brief an König Aethelbald von Mercia prangerte er 746/47 sexuelle Ausschweifungen eines Laien an.4 Den Anlaß des Briefes scheint die Inanspruche von Nonnen als Beischläferinnen gegeben zu haben, nicht generell die außereheliche sexuelle Aktivität des Königs. Willibald hob jedoch in seiner Vita des Bonifatius 5 die Bemühungen des Bonifatius hervor, so soll „die unrechte Verbindung der Laienkonkubinate zum Teil nach Aufforderung des heiligen Mannes getrennt" 6 worden sein. Die verhaltene Formulierung belegt nicht gerade einen engagierten Kampf auf diesem Gebiet. Ein wichtiger und einflußreicher Vertreter kirchlicher Doktrin war der gebürtige Aquitanier Jonas von Orléans (ca. 780-843),7 der zunächst unter Pippin I. von Aquitanien als Berater auftrat. Er war maßgeblich an den 1
R. Rau, Briefe des Bonifatius, Willibalds Leben des Bonifatius, Darmstadt 3 1994, S. 3ff; zu Bonifatius: Th. Schieffer, Winfried-Bonifatius und die christliche Grundlegung Europas, 1954 (Nachdruck Darmstadt 1972). 2 M G H Epp. 3, Nr. 50; 78; 91. 3 Gregor II. (MGH Epp. 3, Nr. 18 u. 26); Zacharias (ebd. Nr. 51, 57, 60, 64, 80) und Gregor III. (ebd. Nr. 28). 4 Bonifatius an Aethelbald: „[...] Multis enim narrantibus conpertum est nobis, quod numquam legitimam in matrimonium uxorem duxisses. [...] Si autem, quod absit, ut multi dicunt, nec legitimam accepisti uxorem nec castitatis abstinentiam pro Deo reservasti, sed libidine dominante in scelere luxoriae et adulterii famam gloriae tuae coram Deo et hominibus confuderis, in hoc valde contristamur; [...] Et adhuc, quod peius est, qui nobis narrant, adiciunt, quod hoc scelus ignominiae maximae cum sanctis monialibus et sacratis Deo virginibusper monasteria commissum sit. [...]. " MGH Epp. Selecta 1, Nr. 73, S. 148. Th. Schieffer, Winfried-Bonifatius, S. 237f. 5 Geschrieben nach 769, älteste erhaltene Handschrift aus dem 9. Jahrhundert. Rau, Briefe des Bonifatius, S. 452. 6 Vita Bonifatii c. !:„[...] Et tarn laicorum iniusta concubinarum copula partim exhortante sancto viro separata est [...]. " MGH SS rer. Germ. 57, S. 40. 7 H. H. Anton, Art. .Jonas von Orléans', LexMA Bd. 5 (1991), Sp. 625; I. Schröder, Zur Überlieferung von De institutione laicali des Jonas von Orléans, in: D A 44 (1988), S. 83-97, bes. S. 83.
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Reformen Ludwigs des Frommen beteiligt, der ihn 818 zum Bischof von Orléans bestellte. Als Auftragsarbeit für den Grafen Matfrid von Orléans9 verfaßte er vor 828 eine Moralschrift De institutione laicali,10 dessen zweites Buch die Ehemoral der Laien beschreibt und korrigiert." Die Ehe wird, in Anlehnung an Augustinus (De bono coniugali cap. 19) grundsätzlich als bonum dargestellt.1 Engagiert und in bis dato unbekannter Strenge forderte Jonas die Enthaltsamkeit der Männer vor der Ehe, die sich nicht „im Schmutz der Ausschweifung wälzen" sollten.13 Wer eine Jungfrau zur Ehe verlange, müsse selbst keusch leben.14 Während die Jungfräulichkeit der Frauen von den Eltern bewacht und durch die eigene Schamhaftigkeit bewahrt werde, sollten Männer, für die andere Gesetze gelten, es aus Gottesfurcht dem schwächeren Geschlecht nachahmen. Den Gang ins Bordell verdammte Jonas, unverheiratete Männer sollten sich nicht darauf hinausreden dürfen, daß nichts Unrechtes daran sei, zu einer Prostituier-
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H.H. Anton, Art. Jonas von Orléans', LexMA 5 (1991), Sp. 625; Goetz, Frauen im frühen Mittelalter, S. 166; siehe auch P.A. Maccioni, 'It is allowed neither to Husband nor Wife...'. The Ideas of Jonas of Orléans on Marriage, in: M. Mostert u.a. (Hg.), Vrouw, familie en macht. Hilversum 1990, S. 99-125. Die Niederschrift des Kapitulars, in dem die Beschlüsse des Pariser Konzils von 829 verkündet wurden, geht auf Jonas zurück, siehe oben, S. 189, mit Anm. 39. 9 Widmungsbrief an Matfrid, siehe MGH Epp. 5, Nr. 29, S. 346f. 10 Migne PI 106, Sp. 121-278; Hauptsächlich aus Kirchenväterzitaten bestehend, biete sie wenig Originelles, so I. Schröder, Zur Überlieferung von De institutione laicali des Jonas von Orléans, S. 85. Von den 9 bekannten Handschriften stammen vier aus dem 9. Jahrhundert, ebd. Siehe auch J. Chélini, L'aube du moyen âge. Naissance de la chrétienté occidentale, Paris 1991, bes. S. 200ff. 1 ' Nach Goetz bietet die an den Kirchenvätern (zumeist Augustinus) orientierte „Ehemorallehre [...] eine didaktisch-theoretische Norm aus christlich-theologischer Sicht, die mit ihren Ermahnungen aber auf eine davon abweichende Realität reagierte und sich dadurch [...] als ergänzendes Korrektiv zu den Aussagen der Rechtsnormen eignet [...]" Goetz, Frauen im frühen Mittelalter, S. 167. 12 Jonas von Orléans, De institutione laicali, II, 1: „[...] in libro beati Augustini de Bono conjugali (Cap. 19): 'Bonum ergo, inquit, sunt nuptiae [...]' " Migne PL 106, Sp. 168. 13 De institutione laicali, II, 2: „Quidam laicorum amore libidinis superati, [...] in coeno luxuriae se volutantes, antequam ad copulam connubii accédant, diversissimis modis se corrumpunt, et virginale decus, quod usque ad tempus legitimae uxoris accipienda conservare debuerant, amittunt. [...]" Migne PL 106, Sp.170 D. 14 De institutione laicali, II, 2: „[...] lntactam quaeris, intactus esto. Puram quaeris, noli esse impurus. [...] Illam premit parentum custodia, réfrénât infirmions sexus ipsa verecundia. Postremo leges timet, quas tu non times. [...] Habet ilia multa quae timet praeter Deum, tu solum Deum times.[...J " Migne PL 106, Sp. 171 D.
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ten zu gehen. 15 Auch wenn sie keinen Ehebruch begingen, so korrumpierten sie sich selbst: „Wißt ihr nicht, daß ihr Tempel Gottes seid und wer Gottes Tempel schändet, schändet Gott?" (1 Kor 3,16.17). Wer eine Ehe anstrebte, sollte sich weder heimlich mit Huren noch öffentlich mit jungen Mägden verderben, bevor er heiratete.16 Zu einer Prostituierten ging man demnach außerhalb des eigenen Wohnbereichs, ohne daß die Verwandten es unbedingt merkten, während die Magd im eigenen Hause lebte und ein Verhältnis im familiären Bereich vor den Mitbewohnern wohl kaum zu verbergen war. Einen wunderbaren Sittenspiegel liefert Jonas. Die wichtige Stellung, die die Ehe im Leben der Laien einnahm, wird betont. Voreheliche Sexualität von Männern war die Regel und wurde gesellschaftlich nicht als unmoralisch empfunden. Von potentiellen Ehefrauen, nämlich Mädchen aus Familien, die etwas auf sich hielten, verlangte man selbstverständlich Keuschheit, die streng von den Eltern bewacht wurde. Als Sexualpartnerinnen junger Männer kamen sie nicht in Frage. Prostituierte und Mägde waren es, die für sexuelle Kontakte zur Verfügung standen. Doch wird sich die Ausbreitung der Prostitution eher auf größere Wohnsiedlungen und Städte beschränkt haben, während Mägde wohl in jedem Haushalt zu finden waren. Jedoch auch innerhalb der Ehe sollte Jonas zufolge dem Sexualtrieb nur zur Zeugung von Kindern nachgegeben werden. 17 Betont wird das Verbot, die (eigene) Ehe zu brechen, auch für Männer. Als Entschuldigung ihres Verhaltens benutzten Ehemänner offenbar gern die Ausrede, daß sie ja nicht zu einer fremden Frau, sondern zu ihrer eigenen Magd gingen. 18 Die Magd erscheint als Eigentum, an dem man gewisse, selbstverständliche Rechte besaß. 15
De institutione laicali, II, 2: „ Noli, inquit, dicere libi, quando forte luxurianter aliquid vis agere: Adhuc uxorem non habeo, facio quod volo; [...] Ad fornicem vado, ad meretricem pergo, adprostituam eo [...]." Migne PL 106, Sp. 172 A 16 De institutione laicali, II, 2: „[...] Corrumpis teipsum [...] Nescitis quia templum Dei estis, [...] Si quis templum dei corrupit, corrumpet illum Deus [...] His igitur quae praelibata sunt diligenter perspectis, summopere studendum est conjugii copulam adeuntibus, ut nec clanculo cum meretricibus, nec palam cum ancillulis, antequam uxorio vinculo se innectant, corrumpantur. [...]" Migne PI 106, Sp. 172 C. 17 De institutione laicali, II, 6: „Quapropter attendant conjugati quod ipse coitus cum uxore, si non amore suscipiendae prolis, sed causa libidinis existit, fletu opus habeat. " Migne PI 106, Sp. 182 B. 18 De institutione laicali II, 4: „ [...] Nolite moecharipost uxores vestras, quia non vultis ut moechentur post vos uxores vestrae . [...] Sine causa vos excusare conamini, quando dicitis: Nunquid eo ad uxorem alienam? Ad ancillam meam eo. [...]" Migne PL 106, Sp. 176 C.
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Um den Männern die Schändlichkeit ihres Verhaltens zu verdeutlichen, fragte Jonas sie provokant, ob sie wollten, daß umgekehrt ihre Ehefrauen zu den eigenen Knechten gingen. 19 Häufig gaben sich auch Ehemänner im Bordell und bei den Mägden der Wollust hin, dies wird nun eindeutig als Ehebruch verdammt. 20 Sehr lebhaft schildert Jonas das Resultat einer solchen Lebensführung: Zügellosigkeit löse die eheliche Liebe, bringe hochmütige Mägde hervor und zornige Matronen, säe Zwietracht und Trotz, habe zudringliche Konkubinen und schamlose Ehemänner zur Folge. Vom Herrn geschwängerte Mägde sehen auf ihre Herrinnen herab, Ehefrauen werden zänkisch. 21 Dieses Schreckensbild eines häuslichen Unfriedens führte Jonas ins Feld, um die Sexualmoral der Männer zu disziplinieren. Da er zwar sicherlich rhetorisch übertrieb, seine Polemik sich aber gegen existente gesellschaftliche Verhältnisse richtete, ist davon auszugehen, daß es in den Häusern der Herren schlimmstenfalls so oder ähnlich zuging. Diese Verhältnisse, die Zerrüttung der ehelichen Liebe, der offene - nun auch so bezeichnete - Ehebruch des Mannes und letztendlich die Umkehrung der Standesverhältnisse unter Frauen werden als unvereinbar mit einem christlichen Lebenswandel getadelt. Sehr moderat bemühte sich dagegen Hrabanus Maurus in seinen Briefen, den Ehebruch zu verbieten, 22 Inzest und Wiederheirat zu Lebzeiten des Ehegatten abzumahnen. Nicht generell untersagte er das Konkubinat, sondern nur in Verbindung mit Inzest.23 Die Verinnerlichung der jahrhundertealten kirchlichen Inzestverbote durch die Gläubigen zeigt eine 860 auf der Synode von Tusey verhandelte Beschwerde des Grafen Regimund gegen seinen Schwiegersohn 19
De institutione laicali II, 4: „[...] Vis ut dicat uxor tibi: Nunquid eo ad virum alienam? Adservum meum eo? [...]" Migne PL 106, Sp. 175 C. 20 De institutione laicali II, 4: „[...] Apud illos viris pudicitiae fraena laxantur; et solo stupro atque adulterio condemnato, passim per lupanaria et ancillulas libido permittitur: [...]" Migne PL 106, Sp. 176 C. 21 De institutione laicali II, 4: „[...] quia hujusmodi intemperantia solvit charitatem conjugii, superbas ancillas facit, iracundas matronas, discordes, contumaces, concubinas procaces, inverecundos maritos. Simul ut de domino conceperit ancilla, spernit dominam suam tanquam ditior partu; domina se despici dolet; maritum auctorem injuriarum suarum arguit.[,..]" Migne PL 106, Sp. 177 C. 22 Z. B. in einem Brief an Bischof Heribald von 853-856, MGH Epp. V, Nr. 56, S. 509ff, bes. S. 511. 23 In seinem Antwortschreiben an Bischof Humbert von Würzburg (vor 842) verbot er, die Schwester der Frau als Konkubine (pellex) zu halten „[...] Sororem uxoris tuae inpellicatem illius non accipies [...]. " MGH Epp. V, Nr. 29, S. 44.
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Stephan, der sich weigerte, seine Ehe zu vollziehen. In einem Brief an die aquitanischen Metropoliten Rofuld von Bourges und Frotar von Bordeaux gab Hinkmar von Reims ein Gutachten zu dieser Eheangelegenheit.24 Muntrechtlich interessant ist die Feststellung Hinkmars, Regimund habe eigentlich kein Recht, Anklage zu erheben, da seine Tochter nach der Eheschließung nicht mehr in seiner Gewalt stehe.25 Die Tochter war allerdings nicht anwesend und Stephan befand sich gerade in der Gegend, weshalb man ihn vor die Synode lud. Dort beschrieb er sein Dilemma: Er habe in seiner Jugend, wie es üblich sei, eine Affare mit einer jungen Frau unterhalten.26 Nach einiger Zeit jedoch wollte er eine standesgemäße Ehe eingehen und verlobte sich mit der Tochter des Regimund. Später fand er heraus, daß seine verflossene Geliebte eine nahe Verwandte der Verlobten war. Aus Angst vor einem Zerwürfnis mit Regimund und dessen mächtiger Verwandtschaft wollte er das bestehende Verlöbnis zwar nicht lösen, die Ehe aber auch nicht vollziehen, um keinen Inzest zu begehen. Für einen jungen Mann guter Herkunft war es selbstverständlich ,sich die Hörner abzustoßen'. Dem Wortlaut nach hat es sich bei Stephans Verhältnis mit einer freien Frau um ein heimliches, vielleicht sogar einmaliges Zusammentreffen gehandelt. Denn als nahe Verwandte der Grafentochter war sie keinesfalls eine ancilla. Als typisch für eine patriarchalisch strukturierte Gesellschaft erscheint die Einstellung Stephans, nur eine Jungfrau zur Ehe nehmen zu wollen, keinesfalls eine, mit der er selbst schon ein Verhältnis hatte. Die freie Frau, mit der er sich einließ, 24
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Zur Synode von Tusey 860 siehe W. Hartmann, MGH Cone, aevi Kar. IV, S. 12-18. De nuptiis Stephani, et filiae Regimundi comitis: „[...] Nuper synodo episcoporum [...] anno Incarnationis Dominicae DCCCLX[...] delatae sunt litterae querulam Regimundi comitis adversus Stephanum deponentes quia videlicet isdem Regimundus filiam suam praefato Stephano legaliter ad coniugii copulam dederit; sed ipse non ilia utatur ut coniuge [...]. " MGH Epp. 6,1, Nr. 136, S. 88. De nuptiis Stephani: "[...] Unde licet talis accusatio non mereretur synodaliter optinere responsum, quia nemo quemquam per scripturam absens potest regulariter accusare et, si legaliter filiam suam alteri nuptum tradidit, earn a sua potestate emisit [...] ilium, cui earn tradidit, canonice accusare non potest [...] et quia isdem Stephanus ibidem in domni regis erat obsequio, visum est synodo, ut eum accersiret et, quid de his diceret per ipsum rescire curaret.[...]. " MGH Epp. 6,1, Nr. 136, S. 88. De nuptiis Stephani: „[...] Ut assolet, inquiens Stephanus, in fragili iuventutis aetate cum quadam femina iuvene mihi convenit. Sed et quando tempus mihi advenit, ut more praedessorum meorum legitimum coniugium peterem, una cum consensu parentum et amicorum meorum, ipsius Regimundi ut nobilis viri fdiam meis natalibus competentem apud eum in coniugem legaliter petii, et optentam legaliter desponsavi. [...] ut, quoniam iuvenis femina, cum qua carnali commercio mixtus fueram, propinqua istius puellae exstitit, et audieram, quod et quartu genu et in reliquum pertinentes sibi copulari valerent [...]. " MGH Epp. 6,1, Nr. 136, S. 89.
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war durch den außerehelichen sexuellen Kontakt entehrt und qualifizierte sich nicht mehr zur Ehefrau. Als Grund, eine standesgemäße Ehe einzugehen, wird der Wunsch nach Teilhabe an Ansehen und Macht der Familie der Braut geäußert. Auch wenn ihm an der Ehe nichts mehr lag, mit der wichtigen neuen Verwandtschaft wollte er es sich auf keinen Fall verderben. Seine Seelenpein resultierte aus der anscheinend verinnerlichten Angst, mit einem Inzest eine schwere Sünde zu begehen. Wie wurde nun der Konflikt beigelegt? Die Ehe wurde gelöst, die Tochter des Regimund konnte ihre dos - kein unerheblicher Bestandteil des Ehegeschäfts - behalten, und fernerhin heiraten wen sie wollte, natürlich mit Zustimmung der parentes. Die Überlassung der dos, auf die die Grafentochter erst nach dem Ehevollzug Anspruch gehabt hätte, sollte den Frieden zwischen den Familien gewährleisten und eine Fehde verhindern.27 Stephan wurde zurechtgewiesen, er bekam eine Buße auferlegt und die Erlaubnis, eine andere Frau zu ehelichen.28
4.2 Gescheiterte Bemühungen? Zum Niederschlag der Forderungen einzelner Kirchenvertreter in das Kirchenrecht Es fragt sich, ob die oft widersprüchlichen Aussagen zum Konkubinat und zum Eherecht in den Rechtstexten der Kirche Niederschlag fanden. Unter Karl dem Großen wurde eine Neuordnung des kanonischen Rechts unter Rückgriff auf Konzilsbeschlüsse und Papstdekretalen gefordert.29 Nachdem Papst Hadrian I. 774 Karl die Dionysio-Hadriana überreicht hatte, eine Erweiterung der altbekannten Kirchenrechtssammlung des Dionysius Exiguus,30 avancierte dieses Konvolut zu einer der maßgebli27
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De nuptiis Stephani: „[...] ut quia Stephanus si sponsaliorum fldem fregisset, secundum legem civilem multam eorumdem sponsaliorum iudicaretur componere, et ipsa puella post desponsalia dotem acceptam, quam de se ipsa, si carnaliter jungeretur, mercari debuerat, [...] habeat loco multae sponsaliorum dotem a Stephano sibi datam et cum eadem dote patri restituatur et nubat parentum Consilio cui vult, tantum in Domino, sitque pax inter parentes eius et Stephanum [...]. " MGH Epp. 6,1, Nr. 136, S. 98. De nuptiis Stephani, Migne 126, Sp. 1151 D und: „[...] et post satisfactionem, si se continere non poterit [...] copulam uxoris legitimae exspectat, ne Herum fornicationis incurrat [...]. " MGH Epp. 6,1, Nr. 136, S. 106. H. Mordek, Systematische Kanonessammlungen vor Gratian, in: Monumenta iuris canonici, series C: Subsidia 7, St. Kuttner (Hg.), Città del Vaticano 1985, S. 185-201; ders., Dionysio-Hardriana und Vetus Gallica - historisch geordnetes und systematisches Kirchenrecht am Hofe Karls des Großen, in: ZRG.KA 55 (1969), S. 39-62. Ergänzt wurde die Dionysiana aus der systematischen Hispana, die vielleicht unter Isidor von Sevilla zunächst als Collectio Hispana chronologica entstandene gesamtspa-
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chen Grundlagen kirchlicher Jurisdiktion im Frankenreich.31 Im Einklang mit den frühen karolingischen Konzilien beschränkte sich die DionysioHadriana in eherechtlicher Hinsicht auf das Verbot des Inzests 32 und des Ehebruchs.33 Weiterhin wurde einer Ehefrau ausdrücklich verboten, ihren Mann zu verlassen. 34 Eine Handschrift der Dionysio-Hadriana des 9. Jahrhunderts35 tradiert eine Hieronymus- und Augustinus-Rezeption. Ein weiteres Mal wird Augustinus herangezogen, um gegen das voreheliche Konkubinat von Männern vorzugehen. 36 Wer eine keusche Ehefrau ernische Kanonessammlung. G. May, Art. 'Kirchenrechtsquellen I', I. Katholische, TRE 19,(1990) S. 7 u . 9. 31 Ebd. S. 9. Ab 800 wurde die Dionysio-Hadriana ihrer Überlieferungslage zufolge verbreitet, vielfach rezipiert in Konzilsbeschlüssen und Kapitularien, H. Mordek, Dionysio-Hadriana und Vetus Gallica, S. 40. Der historisch geordneten Dionysio-Hadriana wurde zur einfacheren Verwendung die systematische Vetus Gallica auch vorgehängt. Diese Kombination wurde vielleicht sogar von Karl d. Gr. verfugt. H. Mordek, Dionysio-Hadriana und Vetus Gallica, S. 42. Nicht eindeutig zu klären ist, ob die DionysioHadriana auf der Aachener Synode von 802 offiziell als ,Codex canonum' übernommen wurde, Kottje, Einheit und Vielfalt des kirchlichen Lebens, in: ZfK 76 (1965), S. 323-342, bes. S. 335 mit Anm. 50, 51. Kottje korrigiert den aufgrund der Handschriftenforschungen Maassens (Geschichte der Quellen und der Literatur des canonischen Rechts Graz 1870, S. 441-467) entstandenen Eindruck, die Sammlung sei ohne regionale Differenzen im gesamten Frankenreich verbreitet gewesen. Vielmehr läßt sich anhand der 40 erhaltenen Handschriften bis Ende des 9. Jahrhunderts eine deutliche Unterrepräsentation des westlichen Nord- und Mittelfrankreich, Burgund und Oberitalien feststellen, während der Überlieferungsschwerpunkt auf dem mainfränkischen, alemannischen, süddeutschen und nordostfranzösischen Raum liegt (ebd. S. 336f). 32 Dionysio-Hadriana c. LXVI ed.Turner, Ecclesia occidentalis monumenta iuris antiquissima, S. 11, c. LXVII, ebd. S. 12; V, II, ebd. S. 121. 33 In der eher unspezifischen Form des Nicäanischen Konzils, cap. XXXVI: „Si alicuis uxor moechata fuerit, aut ipse moechatus fuerit, VII annos peneteat. " ed. Turner, S. 10. Siehe auch cap. V, XVIIII, Dion., S. 107. 34 Cap. VI, LXXII [XIIII]: „Si qua mulier uirum proprium relinquens discedere uoluerit nuptias exsecrata: anathema sit. " ed. Turner, S. 201. 35 Codex Frisingensis 42, F. Kunstmann, Das Eherecht des Bischofs Bernhard von Pavia, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht VI. Bd. (1861), S. 3. Als Clm 6242 aufgenommen in die Handschriftensammlung der Staatsbibliothek München. N. Brieskorn, Karl der Große und das Eherecht seiner Zeit, S. 324. 36 Codex Frisingensis 42, c. XI: „Augustinus ait: Quäle est quod multi virorum ante nuptias concubinas sibi adhibere non erubescunt, quas post annos dimittent, et sie postea legitimas uxores aeeipiunt? Unde coram domino et coram angelis ejus testor atque denuntio, deum ista coniugia Semper prohibuisse, et nunquam ei placuisse. Et praecipuae temporibus christianis concubinas habere nunquam lieuit, nunquam licet, nunquam licebit." ed. Kunstmann (Hg.), Das Eherecht des Bischofs Bernhard von Pavia, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht VI. Bd. (1861), S. 6. Nach: Augustinus, Sermo 289: De castitate 4 (Migne PL 39, 2291-2292), De bono coniugali 18, 21 CSEL 41 (1900)215.
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strebte, sollte selbst entsprechend leben.37 Doch die Schließung einer rechten Ehe erforderte letztendlich nur die Jungfräulichkeit der Braut.38 Neben einer Ehefrau eine Konkubine zu haben, verbot Hieronymus.39 Übernommen wurden diese in ihrer Echtheit umstrittenen40 Stellungnahmen der Kirchenväter vielleicht aus der bedeutenden, um 700 in Irland entstandenen Collectio canonum Hibernensis, die bereits in der Mitte des 8. Jahrhunderts im Frankenreich Bedeutung besaß.41 Betont wird auch hier unter Berufung auf die kirchenväterlichen Autoritäten Augustinus und Hieronymus die Eheschließung „secundum legem et evangelium", als Verlobung, Dotierung, traditio einer jungfräulichen Braut, herbeigeführt durch ihre Verwandten.42 Das Argument, wer eine jungfäuliche Braut verlange, solle sich selbst voreheliche Enthaltsamkeit auferlegen, erscheint auch bei Jonas von Orléans.43 Diese Forderung einer Disziplinierung des männlichen Sexualverhaltens wird somit allmählich nachhaltiger. Als Autorität wird kirchlicherseits wiederholt Augustinus herangezogen.
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Codex Frisingensis 42, c. X: „[...] Augustinus ait: Qui uxorem optai accipere, sicut illam virginem invenire desiderai, ita et ipse usque ad nuptias virginitatem custodial. [...]. " ed. Kunstmann, S. 6. Codex Frisingensis 42, c. II: „[...] Augustinus ait: Qualis debet esse uxor quae habenda est id est, per legem? Si virgo casta, si disponsata in virginitate, si dotata legitime et a parentibus tradita sponso et paranymphis ejus, accipienda et ita per legem et evangelium publicis nuptiis honestata in conjugium licitae sumenda est [...]. " ed. Kunstmann, S. 5. Codex Frisingensis 42, c. XII: „ De eo quod non debet vir habere concubinas cum uxore legitima. Hieronymus ait: Non querit quisque numerum mulierum nisis ut superfluam voluntatem satiat [...]. " ed. Kunstmann, S. 7. Mögliche Quelle nach N. Brieskorn, Karl der Große und das Eherecht seiner Zeit, S. 328: Hieronymus, Comm in ep. 1 ad Cor. VII (Migne PL 30, 735 A). Mikat, Dotierte Ehe - rechte Ehe, S. 48. Siehe jedoch den Nachweis oben, in Anm. 39. Ebd. S. 47. Es handelt sich um eine systematische Kompilation, deren Quelle hauptsächlich das Alte und Neue Testament sowie die Kirchenväter, in geringerem Maße Konzilskanones und Papstdekretalen darstellt, ebd. Collectio canonum Hibernensis Liber XLVI, cap. 2 und 3, ed. Wasserschieben, Die irische Kanonensammlung, S. 185. Da die Hs. Clm 6242 nur grob in das 9. Jahrhundert datiert, kann ein Überlieferungszusammenhang mit Jonas von Orléans zwar bestehen, die Frage der Reihenfolge aber nicht beantwortet werden.
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Diese Augustinus- und Hieronymus-Rezeption erscheint nicht in der Collectio Dacheriana44, die sich auf die Übernahme der gängigen und vielfach in Konzilien behandelten Bestimmungen beschränkte. Zum Konkubinat wird auch hier der Leo-Brief an Rusticus45 und Toledo I, 1746 herangezogen. Die Bischofskapitularien bieten ein ähnliches Bild: Verboten ist das nebeneheliche Konkubinat,47 jedoch wird im zweiten Kapitular Theodulfs sehr streng eine fünfjährige Buße für Unzucht zwischen unverheirateten Männern und Frauen verfugt.48 Im Gegensatz zum ersten konnte sich das zweite Kapitular Theodulfs aufgrund dieser und anderer strenger Strafen nicht durchsetzen.49 Wurden die Forderungen zur Beschränkung männlicher sexueller Vorrechte, zu denen das außer- und nebeneheliche Konkubinat gehörte, kirchlicherseits auch nachhaltiger, so kann man doch nicht von einem kontinuierlichen kirchenrechtlichen Niederschlag, geschweige denn von der gesellschaftlichen Umsetzung einer veränderten Sexualmoral in diesem Bereich sprechen. Und doch besaßen hier die Stellungnahmen einzelner Autoritäten wie Jonas und Theodulf tendenziell ein größeres Gewicht als vor Beginn des 9. Jahrhunderts. 44
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Agobard von Lyon könnte der Kompilator der in über 50 Handschriften erhaltenen, ausgiebig rezipierten Collectio canonum, sein, H. Mordek, Art.: ,Dacheriana', in: LexMA Bd. 3 (1986), Sp. 426. Die Kanones wurden um ca. 800 aus der Hispana und Dionysio-Hadriana zu einer benutzerfreundlicheren systematischen Sammlung verarbeitet. Diese Sammlung wurde zunächst hauptsächlich in Südfrankreich (Lyon), unter Hinkmar von Reims dann auch weiter nördlich als Quelle des geltenden Rechts verwendet, G. May, Art. ,Kirchenrechtsquellen I', S. 9; H. Mordek, Dionysio-Hadriana und Vetus Gallica, S. 40f; Kottje, Einheit und Vielfalt S. 339. Collectio Dacheriana, Liber I, c. 62 u. 63; d'Achery (Hg.), S. 525f. Collectio Dacheriana, Liber I, c. 81; d'Achery (Hg.), S. 528. Capitula Treverensia, c. III: „ Volumus etiam, si aliquem scitis diffamatum [...] sive légitimant habet uxorem concubinam [...] aut ubicumque invenire potuerit nequiciam perpetrare [...]. " MGH Cap. Ep. Teil 1, S. 55. Das anonyme Kapitular wird zwischen 830 und 900 datiert, ebd. S. 53. Radulf von Bourges rezipiert in seinem zwischen 853 und 866 datierten Kapitular (ebd. S. 227) Toledo 1, 17, aus Halitgar, De Poenitentia IV, 12 (siehe unten, S. 211, Anm. 78) c. 42: „Si vero uxorem habens concubinam habuerit, non communicet, donec desinai et ad paenitentiam revertatur [...]. " MGH Cap. Ep. Teil 1,S. 265. Theodulf von Orléans, 2. Kapitular, Ademar-Rezeption, c. 7: „ Si qua mulier non habens virum aut vir non habens uxorem fornicati fuerint, quinque annos poeniteant. " MGH Cap. Ep. Teil 1, S. 163. Datiert wird dieses Kapitular auf die Zeit zwischen 798 und 813 (ebd. S. 74 u. 144). P. Brammer, Die bischöfliche Gesetzgebung Theodulfs von Orléans, in: ZRG.KA 61 (1975), S. 113-160, bes. S. 156.
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4.3 Zum Einfluß der pseudoisidorischen Fälschungen auf Eherecht und Konkubinat Die pseudoisidorischen Dekretalen 50 definieren ausfuhrlich die rechte Ehe als dotierte Muntehe, geschlossen von denen, die die dominatio über eine Frau besitzen. 51 Bei Verlobung und Dotierung wird nun als weitere mos die obligatorische Einsegnung des Priesters verlangt. Erst danach wird die Braut zur Hochzeit übergeben. Auch die geforderte dreitägige Enthaltsamkeit, die ,Tobiasnächte' des Alten Testaments, galt bisher nicht als Voraussetzung für eine legitime Eheschließung. Zur Durchsetzung dieser neuen consuetudo fehlt nicht die Androhung von Sanktionen. Wer die Vorschriften mißachtete, dessen Kinder waren spurii, die Verbindung galt nicht als Ehe, sondern als adulterium, contubernium, stuprum oder fornicatio. Keineswegs ist dies ein Indiz für das Verbot einer alternativen Eheform wie der ,Friedelehe', 52 sondern nachdrückliche Aufforderung, die untergeschobenen Neuerungen in den Eheschließungsvoraussetzungen einzu50
Die Dekretalen, verfaßt wahrscheinlich zwischen 847 und 852, gelten als der am stärksten verfälschte Teil des Gesamtwerks. Von Papst Anaklet (ca. 76-88) bis zu Gregor II. konnten rund 10.000 Veränderungen nachgewiesen werden. Grundlagen Pseudo-Isidors waren neben den Papstbriefen u.a. Konzilien, der Liber pontificalis und die Konstantinische Schenkung. Durch die Vermengung mit anderen Kirchenrechtssammlungen gelangten Teile der Fälschung in das Dekret Gratians und wurden so in das geltende Kirchenrecht übernommen. H. Fuhrmann, Art.: ,Pseudoisidorische Dekretalen, LexMA, Bd. 7 (1995), Sp. 307-309. Siehe hierzu: Fuhrmann, Einfluß und Verbreitung der pseudoisidorischen Fälschungen (MGH Schriften Bd. 24, 1-3) Stuttgart, 1972-74; K.-U. Betz, Hinkmar von Reims, Nikolaus I., Pseudo-Isidor, Bonn 1965. 51 In einem Papst Evarist zugeschriebenen Dekret: Epistola Evaristi prima, c. 2: „Similiter custoditum et traditum habemus, et uxores legitime viro iungantur. Aliter enim legitimum, ut a patribus accepimus et a sanctis apostolis eorumque successoribus traditum invenimus, non fit coniugium, nisi ab his qui super ipsam feminam dominationem habere videntur, petita enim, nisi a parentibus propinquioribusque non sponsetur et legibus dotetur, et suo tempore sacerdotaliter, ut mos est, cum precibus et oblationibus a sacerdote benedicatur, et a paranimphis, ut consuetudo docet, custodita et sotiata a proximis tempore congruo petita legibus detur et solemniter accipiatur, et biduo vel triduo orationibus vacent et castitatem custodiant, [...] Taliter enim et domino placebunt et fìlios non spurios, sed legitimos, atque hereditabilis generantur. Quapropter, filii ¡carissimi, et merito inlustres fide catholica suffragante, ita peracta legitima scitote esse coniugio: aliter vero praesumpta non coniugio, sed aut adulterio aut contubernio aut stupra vel fornicationes potius quam legitima coniugio esse non dubitate [...]. " ed. Hinschius, Decretales Pseudo-Isidoriane ...1863, S. 88. Zur Enthaltsamkeit nach der Eheschließung (Tobias 7 u. 8) siehe P. Browe, Beiträge zur Sexualethik des Mittelalters, Breslau 1932, S. 118ff. 52 Meyer, Ehe und Eheauffassung, S. 32f.
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halten und mittels obligatorischer Beteiligung eines Priester die kirchliche Doktrin stärker in das Eherecht zu involvieren. Die Zuwendungen an den Priester sollte der Kirche nicht unbedingt nur einen materiellen Vorteil verschaffen, sondern die Akzeptanz einer klerikalen Beteiligung an der Eheschließung symbolisieren. Deutlich heißt es, die Kirche solle durch Beachtung dieser Bestimmungen gestärkt werden. Zum Konkubinat von Laien findet sich bei Pseudoisidor der Brief Papst Leos an Rusticus.53 Da er ebenso wie das Verbot des nebenehelichen Konkubinats in Toledo I, 1754 unverfälscht übernommen wurde, befand sich der Inhalt mit den Absichten der Fälscher in Einklang. Die zu den pseudoisidorischen Fälschungen zählende Kapitulariensammlung des Benedictus Levita55 polemisierte wesentlich heftiger selbst gegen die eheliche Sexualität. Ehen seien, ganz im Sinne der Synode von Paris 829,56 nicht für die Wollust, sondern ausschließlich zur Zeugung der Nachkommenschaft eingerichtet. Die Jungfräulichkeit sei bis zur Ehe zu bewahren und das Halten einer Konkubine oder pellex verboten.57 Fornicatio wird als schreckliche Sünde verdammt.58 Im Sinne Pseudo-Isidors gehörte zur rechten Eheschließung die Dotierung der Braut, die öffentliche traditio59 und die priesterliche Einsegnung. Deutlich heißt es, diese Maßnahmen sollten inzestuöse und ehebrecherische Ehen und nicht etwa fiktive alternative Eheformen wie die
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Ed. Hinschius, Decretales Pseudo-Isidoriane, S. 616f, c. 4 u. 5. Pseudo-Isidor, Migne PL 130, Sp. 436, c.17. Benedictus Levita gibt vor, die Kapitularien des Ansegis fortfuhren zu wollen, W.A. Eckhardt, Art.: ,Benedictus Levita', HRG Bd. 1 (1971), Sp. 362-364. Nur 25 Prozent dieser um 850 entstandenen Sammlung basiert auf (echten) Kapitularien, die anderen Quellen sind Kanonessammlungen, Bibel, Leges, Bußbücher u.a. entnommen, Fuhrmann, Einfluß und Verbreitung Bd. 1, S. 166. Siehe oben, S. 189. Benedictus Levita, Liber II, c. 230, „Et ut virginitas usque a nuptiasfìdeliter servetur. Et uxores habentes neque pellicem neque concubinam habere debeant [...]. " MGH LL II 2, S. 84f; wiederholt in Liber IV, c. 23, ebd. S. 136. Benedictus Levita, Liber II, c. 415: „[...JQuodpoene omnibuspeccatis gravior et deterior sit fornicatio, et veraciter dici potest laqueus mortis et puteus inferni ac vorago perditionis, eo quod adulteri vel luxoriosi propter cordis inopiam perdunt animas suas. Nam ut ait scriptura, pretium scorti vix unius est panis; et qui se iungit meretrici, unum corpus efficitur [...]. " G.H Pertz (Hg.), MGH LL II 2, 1837, S. 96f. Benedictus Levita, Liber II, c.133: „[...] Nullum sine dote fìat coniugium; nec sine publicis nuptiis quisquam nubere praesumat. " MGH LL II 2, S. 80. Aus dem westgotischen Recht (Lex Vis III 1, 9, ein Gesetz Ervigs von 681).
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,Friedelehe' verhindern.60 Benedictas Levita rezipiert zum Konkubinat den Brief Leos an Rusticus61 und interessanterweise nicht Toledo I, 17, sondern die Lex Romana Visigothorum, nach der das nebeneheliche Konkubinat die eheliche Liebe verhindere.62 Noch immer sollte den Ehemännern zwar ins Gewissen geredet werden, ein entschiedenes Vorgehen gegen nebeneheliche Konkubinate lag aber nicht im Interesse der Fälscher. In aller Deutlichkeit forderten sie dagegen die kirchliche Beteiligung an eherechtlichen Angelegenheiten durch die obligatorische Hinzuziehung von Priestern bei Eheschließungen. Spielten sich sexuelle Beziehungen im privaten Bereich, unter dem eigenen Dach ab, so fanden Eheschließungen öffentlich statt. Der Zusammenschluß von Familien und Dynastien, die Weitergabe von Besitz und Vermögen in Form von Ehegaben, die Zeugung der nächsten Generation als zukünftige Erbengemeinschaft, all dies war von erheblichem gesellschaftlichen Interesse. Hier galt es auch für die Kirche, vorrangig Einfluß geltend zu machen. Das bereits weitgehend akzeptierte Verbot des Inzests, dessen Kontrolle den Klerikern überlassen wurde, instrumentalisierte man zu diesem Zweck. Die dotierte Muntehe gewährleistete traditionell Publizität der Eheschließung, Dotierung und Jungfräulichkeit zumindest von Seiten der Braut. In aller Öffentlichkeit geschlossen, garantierte sie leichte Überprüfbarkeit hinsichtlich Monogamie, Dauerhaftigkeit und einer möglichen nahen Verwandtschaft der Brautleute. Somit propagierte die Kirche sie als einzige Eheform ,^ecundum legem et evangelium",63
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Benedictus Levita, Liber III, c.179: „[...] Ut nullus occultas nuptias aut raptum faciat, vel quam propinquus suus habuit ducat uxorem; sed dotatam et a parentibus traditam per benedictionem sacerdotum accipiat, qui vult nubere, uxorem. [...] quia saepe in nuptiis clam /actis gravia peccata tarn in sponsis aliorum, quam in propinquis sive adulterinis coniugiis [...]. " MGH LL II 2, S. 113. Benedictus gibt den Brief verstreut wieder, zitiert ihn aber größtenteils wörtlich: Benedictus Levita, Liber III, cc. 59, 60. MGH LL II 2, S. 107; siehe auch Liber III, c. 105, ebd. S. 108. Benedictus Levita, Liber III, c. 336: „De concubinis non habendis. Qui uxorem habet, eo tempore concubinam habere non potest, ne ab uxore eum dilectio separet concubinae. " MGH LL II 2, S. 123. Nach Lex Rom. Vis. Pauli Sentententia II, 21, 1, siehe oben, S. 41, Anm. 26. Noch Benedict kannte die Lex Romana. So auch Paul Mikat, Dotierte Ehe, S. 67.
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4.4 Der Zugriff der Kirche auf das Sexualleben der Freien In der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts verfaßten wahrscheinlich Angelsachsen im Rhein-Main-Gebiet um Kloster Lorsch das Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti, eine Redaktion der Bußbücher, die Egbert von York und Beda Venerabiiis zugeschrieben werden.64 In Einklang mit den gesellschaftlichen Vorstellungen war jungen Männern der sexuelle Kontakt mit freien Jungfrauen verboten.65 Es wirkte sich bußer leichternd aus, wenn sich die , Sünde' nicht wiederholte und die Protagonisten jünger als 20 Jahre waren. Schwerwiegender galt die ,Unzucht', wenn sich ein junger Mann mit einer Witwe oder einer stuprata, einer Frau von zweifelhaftem Ruf, einließ. Eine weitere Steigerung der Schuld bedeutete das Eingehen eines längerfristigen Verhältnisses, in dem es zur Zeugung von Kindern kam, de facto also ein (vielleicht heimliches) Konkubinat. Ein Verheirateter, der seine Frau betrog, um mit einer Jungfrau zu sündigen, büßte mit zwei Jahren nicht sehr viel härter als der Jüngling.66 Doch auch beim Ehebruch mit der Frau eines anderen wurde ein relativ geringes Bußmaß von drei Jahren verhängt, im Gegensatz zu der geforderten siebenjährigen Buße der Konzilien und Kanonessammlungen.67 Die kirchlichen Sanktionen zum Ehebruch blieben demnach weiterhin uneinheitlich.
Reformen unter Ludwig dem Frommen Diese Unstimmigkeiten waren ein Grund, warum die tradierten Bußbücher seit dem 9. Jahrhundert bekämpft wurden, besonders auf dem Reformkonzil von 813 von Chalon-sur-Saône und auf der Synode von Paris 829. Man erkannte die vielen Abweichungen von den altkirchlichen Be64
Buchner, S. IX; R. Kottje, Die Bußbücher Halitgars von Cambraii und des Hrabanus Maurus, S. 120f. Das Doppelpaenitentiale ist überliefert in 11 Handschriften aus Niederlothringen, Kottje, Bußpraxis, S. 383. 65 Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti, C.I,1: „Adulescens si cum virgine peccaverit, annum Ipeniteat, si semel et fortuitu, levigetur, et tarnen usque ad annum plenum, si intra XX annos puella et adulescens fornicationem faciunt, tres quadragesimas et legitimas ferias [...] si vidua et stuprata, annum totum et dies jejuniorum in altero anno. Si usque ad filii procreationem, duos annos integros et duos alius levius.[...]" Schmitz II, S. 685. Ähnlich: Poenitentiale Columbani, c. XVI. 66 Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti, C.I,1: „.Si quis vacans uxorem suam dimittit, et polluit se cum alterius, II annos peniteat. Si uxoratus cum virgine fornicaverit, similiter II annos peniteat. Si uxoratus alterius uxorem duxerit, III annos peniteat." Schmitz, II, S. 685. 67 Wie z.B. in der Dionysio-Hadriana, siehe oben, S. 203, Anm. 33.
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Stimmungen und wußte oft nicht, auf welche Kirchenautorität Bezug genommen wurde, „certi error es, incerti auctores" .68 In neu verfassten Bußbüchern sollte vermehrt auf bekannte Konzilskanones und Papstdekretalen zurückgegriffen werden. Eines der ersten war das vielleicht in Reformkreisen 69 zu Beginn des 9. Jahrhunderts in der Gegend um Orléans entstandene Paenitentiale Martenianum.70 Programmatisch wurde hier Theodor von Canterbury ausgeschrieben, die Bestimmungen, die unter Umständen Trennung und Wiederheirat erlaubten, jedoch ausgelassen. 71 Aufgenommen wurde dagegen nun auch der Brief Leos an Rusticus von Narbonne, zitiert unter der Überschrift „De laude in matrimonio".72 Auch weiterhin konnte nicht auf Bußbücher verzichtet werden. Neue Paenitentialien zu kompilieren, wurde an Persönlichkeiten wie Halitgar von Cambrai (817-31) 73 und Hrabanus Maurus (780-856) 74 herangetra68
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Conc. Cabillonense c. 38, MGH Conc. II, S. 281. Conc. Parisiense 829 c. 32, MGH Conc. II, S. 633. Nochmals verboten wurden sie auf dem Konzil von Mainz 847, c. 31, MGH Cap. II, S. 183f. Kottje, Die Bußbücher Halitgars und des Hrabanus, S. 3. Ders, Art.: ,Bußbücher', in: LexMA Bd. 2 (1983), Sp. 1120f. Kottje, Ehe und Eheverständnis, S. 28. Lutterbach, Die Sexualtabus, S. 220. Kottje, Ehe und Eheverständnis, S. 28. Paenitentiale Martenianum, c. 36: „De laude in matrimonio. Non omnis mulier viro conjuncta uxor est viri, quia nee omnis filius mulieris est patris. Nuptiarum autemfoedera inter ingenuos sunt legitima et inter aequales, multo prius hoc ipsum Domino constituente, quam initium Romani iuris existeret. Itaque aliud est uxor, aliud concubina, sicut aliud ancilla, aliud libera, propter quod etiam apostolus ad manifestandam harum personarum discretioneum testimonium ponit in genesi, ubi dicitur: Ejice ancillam et filium eius, non erit heres filius ancillae cum filio meae Isaac. " Wasserschieben, Bußordnungen, S. 290. R. Kottje, Die Bußbücher Halitgars von Cambrai und des Hrabanus Maurus, Berlin / New York 1980, S. 3f. Über Halitgar ist sehr wenig bekannt, er soll jedoch ein hohes Ansehen und eine nicht unwichtige kirchenpolitische Stellung innegehabt haben. Den Auftrag zur Niederschrift des Bußbuchs erhielt Halitgar von seinem Metropoliten, Erzbischof Ebo von Reims (ebd., S. 4). Halitgars Werk ist in 60 Handschriften überliefert, die karolingischen Abschriften belegen eine Nutzung hauptsächlich im Gebiet des nordöstlichen Westfrankenreichs, des mittleren Lotharingen (und Oberitalien). Es gilt als das bedeutendste Paenitentiale des 9. Jahrhunderts (May, Art.: ,Kirchenrechtsquellen I', TRE 19 (1990), S. 9), jedoch nicht im gesamten fränkischen Reich. Kottje, Die Bußbücher Halitgars, S. 251. Das hier interessierende Buch IV (von insgesamt sechs) schöpft aus der Dionysio-Hadriana und der Dacheriana, ebd. S. 253. Die beiden Bußbücher des Hrabanus entstanden als Antwortschreiben auf Fragen von Erzbischof Otgar von Mainz (825-847) und Bischof Heribald von Auxerre (828-857). Kottje, Die Bußbücher Halitgars, S. 6. Datiert werden konnten sie auf ca. 842 (an Otgar) und ca. 853 (an Heribald) ebd., S. 6f. Hrabanus Maurus älteres Werk an Erzbischof Otgar fand vermutlich um Mainz und im mittelrheinischen Raum praktische Anwendung, Kottje, Die Bußbücher Halitgars, S. 252. Hrabanus Quellen sind die Bibel, die
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gen. Beide Autoren benutzen ausdrücklich Konzilskanones, Papstdekretalen und die Heilige Schrift.75 Während Halitgar sich bemühte, möglichst alle potentiellen Sünden mit der passenden Buße in einem umfassenden Werk abzudecken, 76 beantwortete Hrabanus lediglich die an ihn gestellten Fragen Otgars und Heribalds.77 Sowohl Halitgar als auch Hrabanus rezipierten Toledo I, 17,78 Hrabanus zudem den Leo-Brief an Rusticus. 79 Weitere Paenitentiale dieser Zeit verboten ausdrücklich den Gang zur Prostituierten.80 Geschlechtliche Beziehungen zwischen Freien werden nicht als Konkubinat bezeichnet, sondern ,Unzucht', fornicatio, genannt, selbst wenn ein längerfristiges Verhältnis beschrieben wird.81 Je häufiger Mann und Frau ,Unzucht trieben', umso höher wurde das Strafmaß. Ließ sich ein Mann mit einer Witwe oder einem freien Mädchen ein, mußte er den parentes für diese Entehrung das praecium leisten, er setzte sich soKirchenväter, Konzilskanones, Papstdekretalen, die Dionysio-Hadriana, die Hispana. Allerdings sind sogar die von ihm so bekämpften Bußbücher des Theodor von Canterbury, des Egbert von York und das fränkische Paenitentiale Martenianum im Paenitentiale ad Heribaldum verwertet (Kottje, Die Bußbücher Halitgars, S. 253). Das um 853/4 an Bischof Heribald gerichtete Werk des Hrabanus ist in 12 Handschriften aus dem westrheinisch-ostfranzösischen und südwestdeutschen Raum belegt, sogar bis ins 12. Jahrhundert wurden Abschriften gefertigt. Kottje, Bußpraxis, S. 385f; zu Hraban: W. Böhne, Art.: ,Hrabanus Maurus', in: TRE 15, 1986, S. 606-610. Kottje, Art.: ,Hrabanus Maurus', in: LexMA 5 (1991), Sp. 144-147. 75 Kottje, Die Bußbücher Halitgars, S. 7f. 76 Ebd., S. 8. 77 Ebd. S. 9. 78 Halitgar, De Poenitentia, IV, c. 12: „De eo qui uxorem habet, si concubinam habuerit, non communicet. Caeterum is qui non habet uxorem, et pro uxorem concubinam habet, a communione non repellatur. Tantum ut unius mulieris, aut uxoris, aut concubinae, ut ei placuerit, sit conjunctione contentus. Alias vero vivens abjiciatur, donec desinai aut adpoenitentiam revertatur. " Migne PL 105, 683 B. Beifügung Hrabans ist die uxorfìdelis, die gläubige Ehefrau: „[...] Si quis habens uxorem fldelis [•••]"• Hrabanus Maurus, Paenitentiale ad Otgarium, c. 10: Migne 112, Sp. 1410 B. 79 Hrabanus Maurus, Paenitentiale ad Otgarium, c. 8; Migne 112, Sp. 1409 B-D. 80 Pseudo-Theodori 15, I, §25 "Si laicus cum meretrice fornicaverit, IIII annos poeniteat. Si in consuetudine habuerit, V annos. " Wasserschieben, Bußordnungen, S. 575. Nach Wasserschieben ein angelsächsische Bußbuch des 9. Jahrhunderts, ders., S. 566. 81 Pseudo-Theodori 15, I, §5: „ Si saepe fornicans laicus cum laica, III annos ille poenit.; similiter et illa. Et quanto saepius et negligentius, tanto magis et tempus addatur ad modus. §11: Si laicus fornicaverit cum vidua, aut cum puella, III annos poenit.; reddet tarnen humiliationis ejus praecium parentibus ejus. Si uxorem non habet, et voluntas illorum et parentum est, ipsum accipiat in uxorem, ita ut annos V poeniteant simul. §13: Si quis virgo virgini conjunctus fuerit, si voluerint parentes ejus, sit uxor illius; tantum I annum poeniteant, et sint conjugales; si vero noluerint, II annos poeniteant. " Wasserschieben, Bußordnungen, S. 574.
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mit der Entschädigungsforderung der Muntinhaber aus. Die Möglichkeit, diese Entehrung in eine Ehe zu transformieren, falls die parentes zustimmten, besaß ein Paar, das unberührt zusammenkam. Vor- bzw. außereheliche Sexualität freier Frauen wurde immer als ,Unzucht' gewertet, die einzig erlaubte Geschlechtsverbindung war die rechte Ehe. 82 Als bischöfliches Sendhandbuch83 kompilierte Regino von Prüm im Auftrag seines Metropoliten Ratbod von Trier um 906 seine Libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiastica für Hatto von Mainz. 84 Regino beschrieb in seinem als „Abschluß kanonistischer Gelehrsamkeit der karolingischen Epoche" bezeichneten Opus85 das rechte Verhalten von Gläubigen: Liebesverhältnisse zwischen Freien waren weiterhin ver86
boten - auch den Männern. Die Jungfräulichkeit (freier) Frauen erscheint jedoch als wesentlich bedeutenderer Topos. Wenn sich eine Jungfrau einmal verfehlte, so konnte sie auch hier den entsprechenden Mann noch heiraten, waren es aber mehrere, wurde ihr ein Bußmaß von 5 Jahren auferlegt. 87 Für ein Konkubinat standen freie Mädchen auch Regino zufolge kaum zur Verfügung.
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Dies wird durch einen weiteren Paragraphen bestätigt, der Mädchen ausdrücklich die ,Unzucht' im elterlichen Haus verbietet: Pseudo-Theodori 15, I, §27: „Sifilia in domo parentum fornicationem facit, III annos poeniteat. " Wasserschieben, Bußordnungen S. 576. 83 Siehe hierzu Kerff, Libri paenitentiales, S. 42ff. 84 Dictionary of the Middle Ages, Bd. 10 (1989), Art.: .Regino of Prüm', S. 289. G. Schmitz, Ansegis und Regino, in: ZRG.KA 74 (1988), S. 95-132, bes. S. 95. 85 Schmitz, Ansegis und Regino, S. 96, mit Anm. 3. Von den über 900 Kapiteln sind 180 den Kapitularien vom Konzil von Soissons 753 bis zum Kapitular von Ver 884 entnommen, 100 davon der Ansegis-Sammlung (ebd., S. 96f u. S. 117), wobei Regino seine Quelle durchaus redigierte, ohne jedoch - so die ältere Meinung - zu fälschen, ebd. S. 128f. Es entstand auf jeden Fall eine für die Zeit außergewöhnlich eigenständige Arbeit, ebd. S. 130. 86 Regino von Prüm, Libri duo II, 131: „Si qua mulier non habens virum auf vir non habens uxorem fuerint fornicati, tribus annis poeniteant. " Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 265. Dies rezipierte Regino aus dem 2. Kapitular von Theodulf von Orléans, MGH Cap. Ep. Teil 1, S. 163, c. 7, siehe oben, S. 205, Anm. 48; Regino von Prüm, Libri duo II, 135: „Si laicus cum laica femina, id est, uterque absolutus a lege coniugii, III annos peniteat, et quanto saepius et negligentius ea peccata commiserunt, tanto magis et tempus addatur et modus poenitentiae. " Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 266; aus dem Doppelpaenitenitale Bedae - Egberti c.I,l; Schmitz II, S. 685. 87 Regino von Prüm, Libri duo II, 150: „ Virgines, quae virginitatem suam non custodierint, si eosdem, qui eas violaverint, maritos acceperint, eo quod solas nuptias violaverint, post penitentiam unius anni reconcilientur. Si alios cognoverint viros, eo, quod moechatae sunt, quinquennio poeniteant, et sic ad communionem accedant. " Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 270f.
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Des weiteren durfte erst nach dem Tod eines Ehegatten eine weitere legitime Ehe eingegangen werden, auch wenn die Ehe wegen fornicatio getrennt wurde.88 Der Ehebruchbegriff als Bruch der eigenen Ehe gilt bei Regino auch für Männer. Auch sie konnten wegen Ehebruchs von ihren Frauen verlassen werden. Jedoch - noch immer war es Ehemännern erlaubt, ihre beim Ehebruch überraschten Ehefrauen zu töten.89 Auch am Ende des Untersuchungszeitraums um 900 anerkannte die Kirche als einzige legitime Beziehungsform zwischen Personen freier Herkunft die dotierte Muntehe, die Forderung einer ,Konsensehe' ist nicht erkennbar. Die Eheschließung einer freien Frau stand weiterhin unter voller Verfügungsgewalt ihrer Familie. Die moralischen Anforderungen an ihren Lebenswandel lassen Konkubinate mit Frauen freier Herkunft als ,unehrenhaft' erscheinen. Moralische Übertretungen, deren Existenz die Bußbücher belegen und sanktionieren, werden ganz im Sinne des gesellschaftlichen Rechtsempfindens geahndet, wie es auch die Leges überliefern: Die Entehrung muß geheilt, die Entschädigung an die Beleidigten geleistet werden. Die zunehmende Etablierung des Verbotes für Männer, die eigene Ehe zu brechen, schränkt dem Anspruch nach auch das nebeneheliche Konkubinat, in diesem Zusammenhang nur mit Mägden vorstellbar, ein.
4.5 Konsequenzen außerehelicher Sexualität Arbeo von Freising berichtet in seiner um 772 verfaßten Vita vom Schicksal des Heiligen Emmeram.90 Uta, Tochter des Agilolfingerherzogs 88
Regino von Prüm, Libri duo II, 130: „Si cuius uxor adulterium perpetrava, et hoc a viro deprehensum fuerit et publicatum, dimittat uxorem, si voluerit, propter fornicationem; illa vero VII annis publice poeniteat; vir vero eius, illa vivente, nullatenus aliam accipiat. Quodsi voluerit adulterarli sibi reconciliari, licentiam habeat, ita tarnen, ut pariter cum illa poenitentiam agat, et exacta poenitentia post VII annos ad communionem uterque accedat. Similis forma et in muliere servabitur, si eam vir eius adulteravit. " Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 264f.
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Regino von Prüm, Libri duo II, 147: „Inventam in adulterio uxorem maritus ita demum occidere potest, si adulterium domi comprehendat. " Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 270 Ch. Rädlinger-Prömper, Art.: .Emmeram', LexMA Bd. 3 (1986) Sp. 1888. Emmeram war von Theodo mit der Reformierung der Kirche in Bayern beauftragt worden, ebd. B. Bischoff, Leben und Leiden des hl. Emmeram, München 1953; H. Wunder,,Arbeo von Freising'. Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 1 2 1978, Sp. 414422; G. Diepolder, Arbeos Emmeramsleben und die Schenkung Ortlaips aus Helfen-
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Theodo,91 hatte sich von Sigibald, Sohn eines iudex, verfuhren lassen, was nicht ohne Folgen blieb. Emmeram, dem sich das Paar aus Furcht vor der ewigen Verdammnis anvertraute, nahm das Vergehen auf sich, um Sigibald zu entlasten.92 Lange konnte Uta ihren Zustand natürlich nicht vor dem Vater verbergen. Theodo erzwang von der Tochter den Namen des Verursachers ihrer ,Schande'. Völlig eingeschüchtert gab Uta Emmeram preis.93 Theodo geriet außer sich vor Zorn und hätte beinahe die Tochter mit dem Schwert erschlagen. Stattdessen entzog er ihr jedoch alle Besitztümer und schickte sie ins Exil nach Unteritalien (Ausonia, Kampanien). Nicht die Tatsache, daß der Verfuhrer vermeintlich ein Geistlicher war, sondern das stuprum an sich verletzte die Familienehre, denn schon bevor Theodo den Namen des Verführers kannte, wurde Uta in stupro aperte zur Rede gestellt. Sehr fraglich ist, ob erst die Schwangerschaft als für alle offenbare ,Schande' die Bestrafung auslöste und eine heimlich gebliebene Liebschaft toleriert worden wäre. Die Strafe für
dorf. Eine Quellenrevision im Lichte archäologischer Befunde, in: Land und Reich, Stamm und Nation. FS Max Spindler Bd. 1, KRAUS, Andreas (Hg.), München 1984; L. Kolmer, Arbeo von Freising und die Vita Haimhrammi, in: St. Emmeram in Regensburg. Geschichte-Kunst-Denkmalpflege, Thum und Taxis Studien 18 (1992), S. 25-32; G. Mayr, Neuerliche Anmerkungen zur Todeszeit des heiligen Emmeram und zur Kirchenpolitik Herzog Theodos, in: Typen der Ethnogenese unter besonderer Berücksichtigung der Bayern, Teil 1, Wolfram/Pohl (Hg.), Wien 1990, S. 199-215. 91 E. Klebel, Zur Geschichte des Herzogs Theodo, in: Zur Geschichte der Bayern, K. Bosl (Hg.), Darmstadt 1965, S. 172-224. 92 Arbeo von Freising, Vita vel Passio Haimhrammi, c. 9 (Hs. A): „Eo namque tempore praedictus et inluster dux praenotatae gentis habebat fìliam vocabulo Ota, que suo libidine atque suadente diabolo a cuiusdam iudicis fllio nuncupante Sigibaldo fuisset devicta, ita ut in utero conciperet. Coeperunt utrique inter semet ipsos congemiscere, dum iam minime stuprum abscondere potuerunt. Facto invicem Consilio, ad sanctissimi viri Haimhrammi episcopi pedibus provoluti sunt, [...] Plus enim, ut peccantium mos est, praesentes penas pertimescebant quam perpetuos cruciatus animarum. [...] Penitentiae modum his indicans, pietatis manum non subtrahens, quibus silentio indicans, ut super eum commissum scelum mittere deberentur, ut facilius evaderent cruciatos. [...]" MGH SS rer. Mer. IV, S. 480f. 93 Arbeo von Freising, Vita vel Passio Haimhrammi, c. 12 (Hs. A): „[...] Factum est autem, dum praenotati ducis fìlia in stupro aperte reprehensa fuisset, ita ut patris praesentaretur obtutibus, et coram adstantibus inquisita, quis haec nefandam auderetur committere [...] illa namque exterrita et nimio pavore perculsa, episcopi se commiscione hoc contegisse professa est. Pater vero, temporalis glorie indomitus, in vehementissimam exarsit iram, ita a suis vix contentus, ut proprias in eam non inmitteretur manus et suam ense prostraretur sopolam. c. 13: Dum hoc perficere non posse se cernerei, tunc privavit eam substantiis rebusque omnibus, in exilii damnationem in Ausoniam direxit, in qua damnatione praedicta iam femina usque ad mortispermansit diem. [...]" MGH SS rer. Mer. IV, S. 484.
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die „ offene Schande Verstoßung und Vermögensverlust, bedeutete, daß Uta äußeren Gefahren schutzlos ausgeliefert war und für ihren Lebensunterhalt allein aufkommen mußte. Außer der Leib- und Todesstrafe läßt sich kaum eine schlimmere Bestrafung vorstellen, besonders für eine Frau. Es wird zudem schwer für sie gewesen sein, nun einen Ehemann zu finden. Doch die Familienehre war erst nach der Bestrafung des Mitschuldigen wiederhergestellt. Der vermeintliche Verführer Emmeram wurde von dem rasenden Lantbert, dem Bruder Utas, grausam getötet: Die einzelnen Gliedmaßen wurden ihm in zynischer Weise nacheinander abgeschlagen, beginnend mit den Händen, mit denen er Frauen nicht anzurühren habe. 4 Solche Konsequenzen drohten bei der Übertretung von Sitte und Moral. Eine unverheiratete Frau, die sich auf eine Affare einließ, entehrte ihre Familie und konnte dies, ebenso wie ihr Liebhaber, mit dem Leben bezahlen. Eine solche Liebschaft unter Freien ist demnach nur als heimliches Verhältnis denkbar. Lothar Kolmer zufolge ist die Keuschheit Topos der Vita, Arbeo klagte die Moral seiner Zeit an, um sich ihr entgegenzustellen. 95 Beschuldigt wird als Urheberin der Affäre Uta, die sich durch ihre eigene schlechte Begierde und durch teuflischen Einfluß verfuhren ließ. Moralische Übertretungen auch in den Häusern des Adels waren demnach ebenso existent wie unerwünscht. Da Uta, wie auch der unschuldige Emmeram aber derart hart bestraft werden, mußte das (säkulare) zeitgenössische Moralempfinden - an der Reaktion Theodos ersichtlich - dem kirchlichen entsprochen haben. Ein strenger Sittenkodex, den einzuhalten eine Familie von ihren Frauen erwartete, wird dokumentiert.
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Arbeo von Freising, Vita vel Passio Haimhrammi, c. 13 (Hs. A): „[...] Erat namque ei germanus nomine Lantperhtus, qui dum suae sororis cernerei confusionem, nimio furore repletus [...]" M G H SS rer. Mer. IV, S. 484; c. 17: „[...] ,Cur non crudeliter manus in eum inmittere debemus, qui inpudenter libidinis sui fomite se tanti viri sobulam manus iniecit, ita ut in exemplum longe lateque doceatur in feminis iniectis manibus? ' Statim digitorum summitates commassent membratim; deinde, ut furentes viri urguerat imperium, oculos ab imo capite radicitus eruerunt; deinde, abstracto nare, utrosque aures, ut crudelissimi viri et puellae fratri mitigarent animum, truncarunt.[...]" M G H SS rer. Mer. IV, S. 489. L. Kolmer, Ehemoral und Herrschaftslegitimation im 8. Jahrhundert, in: Regensburg, Bayern und Europa, FS Reindl, Regensburg 1995, S. 83.
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5. Frauenraub und Entfuhrung: Muntverhältnisse im 9. Jahrhundert 5.1 Der Frauenraub bei den Karolingern Vom Problem des Frauenraubs waren einige karolingische Herrscher nicht nur auf gesetzgeberischer Ebene, sondern auch persönlich betroffen. Zur Verletzung der Verheiratungsbefugnisse eines Vaters trat beim Raub oder bei der Entführung einer Königstochter die Gefahr der gewaltsamen Verschwägerung mit einem mißliebigen Schwiegersohn und seines familiären Anhangs hinzu. 846 entführte ein Vasall Karls des Kahlen, Gisalbert, die Tochter Kaiser Lothars und heiratete sie.1 Ludwig der Deutsche und Karl bekundeten öffentlich ihr Mißfallen über diesen Vorfall, der als Tat eines Vasallen auf dessen Herrn Karl zurückfiel. Ludwig versuchte, zwischen Karl und Lothar zu vermitteln, wohl auch, um nach Beendigung der Bruderkriege keinesfalls neue Zwistigkeiten aufkommen zu lassen. Lothar war durch den Raub persönlich beleidigt worden. 2 Gisalbert muß, obwohl Vasall Karls des Kahlen, auch Lothars I. Vertrauen genossen haben, weil er sich an seinem Hof bewegen und Kontakt zu dessen Tochter aufnehmen konnte - die königlichen Brüder besaßen nicht nur im eigenen Reich Getreue. 3 Um erfolgreich nach Aquitanien zu fliehen, wird Gisalbert dort Unterstützung in Kreisen gefunden haben, die in Opposition zu Lothar I. und Karl dem Kahlen standen, namentlich also unter den Anhängern Pippins II. von Aquitanien. 4 Gisalberts Motiv für diese risikoreiche Tat ist darin zu suchen, daß er anders als durch Gewalt sicher keine Chancen auf eine Verbindung mit der Kaisertochter gehabt hätte er war nicht ebenbürtig. 848 versöhnte sich Lothar mit Gisalbert. 5 1
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Annales Fuldenses 846: „Gisalbertus vasallus Karlifiliam Hlutharii imperatoris rapuit et in Aquitaniam profectus in coniugem accepit. Hludowicus occidentem profectus mense Martio cum Karlo placitum habuit; in quo uterque eorum publice contestatus est suae non fuisse voluntatis, quod Gisalbertus fîlia Hlutharii iungeretur, ut his auditis Hlutharius facilius placari potuisset. [...]" MGH SS rer. Germ. 7, S. 36. B. Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, S. 257f. Annales Fuldenses 847: „[...] Hludowicus tarnen Hlutharium et Karlum, ita ut voluit, pacificare non potuit, renuente Hluthario propter iniuriam sibi a Gisalberto vasallo Karli in raptu filiae suae factam.[...J" MGH SS rer. Germ.7, S. 36. In Kapitularien wird über fideles verfügt, die in einem anderen Reich ansäßig waren (beispielsweise zu 860: MGH Cap. 2, Nr. 242, S. 158) B. Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, S. 403, Anm. 81. Ebd.; R. Schieffer, Die Karolinger, S. 146. Annales Fuldenses 848.
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Persönlich betroffen war bald Karl der Kahle selbst, denn seine Tochter Judith ließ sich 862 von Balduin entführen.6 Schon Judiths erste Eheschließung mit dem Angelsachsenkönig Aethelwulf im Jahr 856 7 war von Karl bewußt zur politischen Rückenstärkung, besonders wohl gegenüber Ludwig dem Deutschen, gewählt worden. 8 Auch der Grund für diese Straftat ist in der befürchteten Ablehnung des Heiratskandidaten durch den Vater der Frau zu suchen. Balduin, dessen Herkunft umstritten ist,9 paßte wohl nicht in die Pläne, die Karl der Kahle mit seiner Tochter hatte, als er sie nach ihrer Rückkehr aus England unter custodia stellte. Vielleicht sollte sie in Witwenschaft gehalten oder bei passender Gelegenheit verheiratet werden. 10 Balduin war, wie schon Gisalbert, auf Verbündete angewiesen, die sein Vorhaben für ihre eigenen Interessen benutzten. Von den gegen die Autorität des Vaters rebellierenden Söhnen Karls des Kahlen stellte sich Ludwig der Stammler ostentativ auf die Seite seiner Schwester 11 und stimmte der Verbindung zu. 12 862 ließ der Vater Judith 6
Annales Bertiniani 862: „ [...] Iudith, relicta scilicet Aedelboldi regis Anglorum, [...] ad patrem rediit, et in Silvanectis civitate debito reginae honore sub tuitione paterna et regia atque episcopalia custodia servabatur, donec, [...] scilicet competenter ac legaliter, nuberet, Baldiunum comitem, ipso lenocinante et fratre suo Hludouuico consentiente, mutato habitu est secuta. [...] Vnde rex Karolus episcopos et caeteros regni sui primores consulens, post mundanae legis iudicium canonicam in iam dictum Balduinum et Iudith, quae cum fure cucurrit et adulteri portionem se fecit, secundum edicta beati Gregorii [Gregor II (715-731), Mansi XII S. 264]; ut, si quis uiduam in uxorem furatus fuerit, et consentientibus ei, anathema sint [...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris 1964, S. 87f. 7 Judith hatte ein bewegtes Leben, schon in jungen Jahren: Wahrscheinlich 843 geboren (Karl der Kahle heiratete ihre Mutter Irmintrud 842: Ann. Bertiniani 842: „[...] Karolus Carisiacum palatium ueniens, Ermendrud, neptem Adalardi comitis, uxorem ducit, [...]." F. Grat u.a. (Hg.), Paris, 1964, S. 43.) 856 ehelichte Judith 13/14jährig Aethelwulf, König der Angelsachsen. Zwei Jahre später war sie Witwe und wurde von ihrem Stiefsohn, Aethelbald, geheiratet. Auch dieser starb schon bald, nach seinem Tod ging Judith 862 zu ihrem Vater zurück und ließ sich bald darauf von Balduin entfuhren. Innerhalb von 6 Jahren brachte sie es mit 19 Jahren auf 3 Ehemänner (Annales Bertiniani ad 856, 858 u. 862). Hierzu: P. Stafford, Charles the Bald, Judith and England, in: Charles the Bald, Court and Kingdom, Gibson/Nelson (Hg.) London 2 1990, S. 139-153. 8 E. Ennen, Frauen im Mittelalter, S. 60. 9 Ebd. Vielleicht war er der Sohn des gleichnamigen Grafen im Maasgau, der zu 841/42 bei Nithard erwähnt wird (Nithard, 11,3 u. III, 2), so B. Kasten, Aspekte des Lehnswesens in Einhards Briefen, in: Einhard. Studien zu Leben und Werk, H. Schefers (Hg.), Darmstadt 1997, S. 247-267, bes. S. 258. 10 Siehe oben, Anm 6. " Auch Karl von Aquitanien heiratete ohne Wissen des Vaters im selben Jahr 862 die Witwe des Grafen Humbert und entzog sich somit der väterlichen Heiratspolitik (Annales Bertiniani ad 862). In der Folge kam es zur Rebellion Karls von Aquitanien gegen seinen Vater (ebd.). Ludwig der Stammler lehnte sich 862 ebenfalls gegen den Vater
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und Balduin auf dem conventus von Savonnieres exkommunizieren,13 so sehr kränkte ihn Judiths Verhalten, aber auch Balduins Untreue gegen seinen König. Die Einschaltung des Papstes, zu dem das Paar geflohen war,14 gab Nikolaus I. die Chance, in der Familienangelegenheit zu intervenieren, was seinem Autoritätsanspruch in diesen Dingen sehr entgegen kam.15 Karl verzieh seiner Tochter 863 und erlaubte eine legitime Ehe.16 Erst nach öffentlicher Verzeihung und väterlicher Zustimmung zur Heirat war die Verbindung zur legitimen Ehe geworden. Ein weiteres Beispiel verdeutlicht die mitunter politische Tragweite des Frauenraubs, der zur Diffamierung eines Opponenten instrumentalisiert werden konnte. Ein besonders dreister Frauenräuber war den Annales Fuldenses zufolge Liutward, seit 878 Erzkanzler Karls III. und ab 880 Bischof von Vercelli,17 der adlige Töchter aus Alemannien und Italien geraubt haben soll, um sie mit seinen Verwandten zu verheiraten. Die Tochter des Grafen Unruoch entführte er sogar aus einem Kloster und gab sie seinem Neffen zur Ehe.18 Die Geschichte gilt als politisch moti-
auf, Auslöser war die Weitergabe der Abtei Saint-Martin von Tours an Hukbert, Abt von Saint-Maurice d'Agaune (Annales Bertiniani ad 862), siehe B. Kasten, Königssöhne und Königsherrschaft, S. 446. 12 Annales Bertiniani ad 862, siehe oben, Anm. 6. 13 Capitularia regum Franciae orientalis, conventus apud Saponarias, c. 5: „Filiam nostrani Iudith viduam secundum leges divinas et mundanas sub tuitione ecclesiastica et regio munde bürde constitutam Balduinus sibi furatus est in uxorem: quem post legale iudicium episcopi regni nostri excommunicaverunt [...] " MGH Cap. II. Nr. 243, S. 161. 14 Annales Bertiniani 863: „[...] Karolus [...] et concessa Balduino, qui ad limina apostolorum confugium fecerat indulgentia [...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris 1964, S. 98. Auch Judith ging mit nach Rom, wie aus dem Brief Nikolaus I. an Karl den Kahlen ersichtlich: „Balduin, vasallus vester [...] qui vestram se habere indignationem eo quod Judith filiam vestram, ilium prae ceteris diligentem, sine vestrae voluntatis consensu in coniugium elegerit, eamque volentem acceperit, ore proprio retulit. " MGH Epp. 6, Nr. 7, S. 273. 15 MGH Epp. 6, Nr. 7 u. Nr. 60. 16 Annales Bertiniani 863: „[...] ibique filiam suam Iudith, sicut domnus apostolicus eum petierat, Consilio fidelium suorum Balduino quem secuta fuerat legaliter coniugio sociari permisit.[...]" F. Grat u.a. (Hg.), Paris 1964, S. 104. 17 R. Schieffer, Die Karolinger, S. 178 u. 184. 18 Annales Fuldenses 887: ,,[...] Imperator [...] quendam de suis ex infimo genere natum nomine Liutwartum supra omnes [...] Nam nobilissorum filias in Alamannia et Italia nulla contradicente rapuit suisque propinquis nuptum dédit. Qui etiam ad tantam devolutus est stultitiam, immo vesaniam, ut monasterium puellarum in Brixia civitate situm invaderei et per quosdam amicos suos filiam Unruochi comitis propinquam imperatoris vi raperei, suoque nepoti in coniugium daret.Sanctimoniales vero eiusdem loci adpreces conversae orabant Dominum, ut contumeliam loco sancto illatam vindicaret; quarum preces ilico exauditae sunt. Nam is, qui puellam coniugii more sibi sodare
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vierte Erfindung, der Autor der Mainzer Redaktion der Annalen wird in der politischen Nähe des Widersachers Liutwards, Liutbert von Mainz, gesehen. 19 Als Emporkömmling von niedriger Herkunft, der nur durch Karls III. Protektion aufsteigen konnte, wird Liutward verunglimpft. 20 Der Neffe des Liutward starb den Annales Fuldenses zufolge in der Hochzeitsnacht, bevor er die Geraubte berühren konnte. Verursacht hatten dies die Gebete der Nonnen des Klosters, aus dem die Braut geraubt worden war. Liutwards Widersacher stellten die göttliche Strafinstanz auf ihre Seite. Sowohl Karl der Kahle als auch Lothar I. und Arnulf 21 versöhnten sich mit den Räubern, beziehungsweise Entfuhrern ihrer Töchter. Es fragt sich, was sie dazu veranlaßte, denn, wie schon Hellmann bemerkte, löste man andererseits die unerlaubten Ehen der Königssöhne schlicht auf. 22 Ausschlaggebend wird gewesen sein, daß sich der durch die Entführung geschädigte Leumund einer Königstochter - und damit die Familienehre durch eine nachträgliche Eheschließung wohl am besten rehabilitieren ließ, während die Wahl der Ehefrauen zukünftiger Könige sich durch die Familienbande durchaus reichspolitisch auswirken konnte.
disposuit, eadem nocte Dei iudicio interiit, etpuella mansit intacta. [...]" MGH SS rer. Germ.7, S. 105f. 19 K. Schmid, Liutbert von Mainz und Liutward von Vercelli im Winter 879/80 in Italien, in: Geschichte-Wirtschaft-Gesellschaft, Festschrift für Clemens Bauer; E. Hassinger u.a. (Hg.), Berlin 1974, S. 41-60, bes. S. 43. H. Keller, Zum Sturz Karls III., in: DA 22 (1966), S. 333-384, bes. 334 u. 348. 20 Sein Sturz ging dem Karls III. voran. 887 verlor Liutward nach Anklagen wegen Häresie und unterstelltem Ehebruch mit Kaiserin Richardis seine Hofämter, worauf er sich Arnulf von Kärnten anschloß. 899 erschlugen ihn die Ungarn, R. Pauler, Art.: .Liutward von Vercelli', in: LexMA Bd. 5 (1991), Sp. 2042; Schmid, Liutbert von Mainz, S. 43 f. 21 Ein junger Mann namens Engilschalk raubte 893 die Tochter Arnulfs von einer Konkubine. Mutter und Tochter werden nicht namentlich genannt und tauchen später nicht mehr auf. Obwohl zunächst zur Flucht gezwungen, konnte Engilschalk kurze Zeit darauf zum östlichen Markgrafen aufsteigen, er hatte sich mit Arnulf ausgesöhnt. Annales Fuldenses 893: „[...] Engilscalchus iuvenili audatia vir, qui post rapta de concubina regis ßlia ad tempus se Maravos exul contulit, post hec ad gratiam regis non longum veniens marchensis in Oriente efectus est.[...]" MGH SS rer. Germ. 7, S. 122. 22 Hellmann, Die Heiraten der Karolinger, S. 328.
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5.2 Muntmißachtung in der Rechtsprechung Wer eine freie Jungfrau raubte und vergewaltigte, zahlte nach der Lex Frisionum ihr Wergeid einmal an sie selbst und einmal an den König, ein drittes Wergeid an den Vater oder Tutor.23 Handelte es sich um eine Litin, so bekam sie ihr Wergeid, ihr Herr zusätzlich 10 Solidi.24 Eine durch Frauenraub geschlossene Ehe war ungültig, der Frauenräuber mußte nach der Lex Thuringorum die Geraubte zurückgeben und die Muntverletzung mit 200 Solidi büßen.25 Die Lex Saxonum2 differenzierte zwischen Raub und Entfuhrung.27 Stimmte eine Frau ihrer Entführung zu, besaß sie keinen Anspruch auf Entschädigungszahlung, ihre parentes erhielten dafür die doppelte Summe. Meyer zufolge28 liefert dieser Paragraph einen Beleg für die Existenz der Entfuhrungs'ehe' als Variante der ,Friedelehe'. Er geht davon aus, daß im Falle einer Entführung die Verbindung bestehen blieb und nur bei einem Raub (gegen den Willen der Frau) diese ihren parentes zurückzugeben war. Somit habe nach sächsischem Recht die Möglichkeit bestanden, daß eine Frau und ein Mann allein aus dem eigenen Wunsch heraus eine ,Friedelehe' als Liebesverhältnis unter gleichberechtigten Partnern
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Lex Frisionum IX, 8: „Si quis puellam virginem rapuerit et violatam dimiserit, comportât ei weregildum eius, sive nobilis sive libéra fuerit, ad satisfactionem, et ad partem régis similiter. " IX, 9: „ Tertium weregildum patri sive tutori puelle. " MGH Fontes iuris 12, S. 48. Lex Frisionum IX, 10: „Si autem puella lita fuerit, satisfaciat ei similiter solutione weregildi sui, et domino eius decem solidos componat. " MGH Fontes iuris 12, S. 48. Lex Thuringorum, 44: „ Qui liberam feminam rapuerit, reddat eam cum solidis CC et quicquid cum ea tulerit restituât [...]" MGH Fontes iuris 4, S. 64. Nach Gaupp, Das alte Gesetz der Thüringer, S. 379, gehen Frau und Geld an den Muntinhaber, sei es Vater, Ehemann oder Vormund. Kompiliert wurde sie 802/3. R. Schmidt-Wiegand, Art.: ,Lex Saxonum' in: HRG 2 (1978) Sp. 1962-1965, bes. Sp. 1963 und G. Theuerkauf, Lex, spéculum, compendium iuris, Köln/Graz 1968, S. 38. Während die Kapitularien Karls des Großen (Capitulatio de partibus Saxonia von 782/85 und Capitulare Saxonicum von 797) das Christentum bei den Sachsen und die Eingliederung ins fränkische Reich rigoros durchsetzen sollten, setzt die Lex Saxonum schon beides voraus, Theuerkauf, Lex, S. 51 f. Zu den Hintergründen der Kodifizierung der Lex Saxonum auf dem Aachener Reichstag von 802, siehe Theuerkauf, Lex, S. 54ff, bes. S. 58. Lex Saxonum 40: „ Uxorem ducturus CCC solidos det parentibus eius; si autem sine voluntate parentum puella tarnen consentiente, ducta fuerit, bis CCC solidos parentibus eius conponat. Si vero nec parentes nec puella consenserunt, id est, si vi rapta est, parentibus eius CCC solidos, puelle CCXL conponat, eamque parentibus restituât. " MGH Fontes iuris Bd. 4, S. 27f. Meyer, Friedelehe, S. 218.
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eingehen konnten, ohne daß die Verwandten ein Recht auf Annullierung des Verhältnisses besaßen. 29 Bemerkenswert im Vergleich zu anderen Leges ist sicherlich, daß nicht nur unterschieden wurde zwischen Entfuhrung und Raub, sondern daß im Falle eines Raubes auch die Geschädigte selbst ein Anrecht auf Wiedergutmachung geltend machen konnte. Die letzte Bemerkung des Paragraphen eamque parentibus restituât könnte sich aber durchaus auf den gesamten Paragraphen beziehen. Warum sollte aber ein Mann eine Frau entfuhren, wenn doch - Meyer zufolge die Zustimmung der Eltern irrelevant war? Eine Beziehungsform, die mit einer derart hohen Strafsumme belegt ist, kann zudem kaum als gesellschaftlich akzeptierte ,Eheform' interpretiert werden. Die Strafsumme entspricht genau dem doppelten Preis der Munt. 30 Gerade der gesetzliche Zwang, die Dotierung doppelt nachliefern zu müssen, fuhrt die These Meyers ad absurdum, denn dadurch würde die Entführungsehe - wenn sie denn bestehen bliebe - eben nicht zu einer ,Friedelehe', sondern zu einer dotierten Muntehe transformiert werden. Beschrieben wird in der Lex Saxonum vielmehr ein Straftatbestand, der unter Umständen im nachhinein geheilt werden konnte, indem man ihn in etwas Legitimes überführte, in diesem Fall in eine dotierte Muntehe. Als Rechtskodifikation des 9. Jahrhunderts kann die Lex Saxonum als Indikator des Rechtsempfindens dieser Zeit, auch hinsichtlich des Eherechts, gelten.31 Wenn auch sicherlich den regionalen Rechtsgewohnheiten der Sachsen Genüge getan wurde, so erließ man doch wohl keine Bestimmungen, die mit dem fränkischen Rechtsempfinden unvereinbar waren. Die Generalisierung einer ,Entfuhrungsehe' schließen auch andere Rechtsquellen aus, die eine mögliche Eheschließung zwischen Räuber und Geraubter verboten, auch dann, wenn der Räuber sich im nachhinein gütlich mit dem Vater einigen wollte. 32 Kapitularien verschärften die 29 30
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Ebd. Lex Saxonum 43: „Qui viduam ducere velit, offerat tutori praecium emptionis eius, consentientibus ad hoc propinquis eius; si tutor abnuerit, convertat se adproximos eius et eorum consensu accipiat illam paratam habens pecuniam, ut tutori eius, si forte aliquid dicere velit, dare possit, hoc est, solidos CCC. " MGH Fontes iur. Germ. Bd. 4, S. 137f. Trotz des Terminus ,praecium emptionis' wird auch hier die Munt, nicht die Frau ,gekauft', E. T. Gaupp, Recht und Verfassung der alten Sachsen, S. 142. Selbst eine Witwe darf ohne Zustimmung ihres Gewalthabers nicht heiraten. So auch Theuerkauf, Lex, S. 60. Lex Salica 13, 8: „Si uero ingenua puella [alijquemcumque de Ulis sua uoluntate secuta fuerit, ingenuitatem suam perdat". MGH LL 4, 1, S. 61. Kapitular Karls des Kahlen von 845, c. 65: "Hi autem, qui necdum eas, quas rapuerant, cum voluntate parentum sub praefato desponsionis vel dotalicii nomine in coniugium sumptas habent,
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Bestimmungen der Leges. Frauenräuber wurden gleichermaßen dem herrscherlichen und dem kirchlichen Recht unterstellt 3 und somit doppelt bestraft. Beide Rechtssphären schlössen sich zu größerer Effektivität zusammen, denn die drohende Exkommunikation allein konnte Frauenräuber nicht genügend abschrecken. 34 Entfuhrung, das heißt eine Verbindung, die allein auf gegenseitigem Konsens des Paares beruhte, war nach wie vor weder im Sinne der Kirche noch des Herrschers. 35 In aller Deutlichkeit wurde Frauenraub als die gewaltsame Wegnahme einer freien Frau gegen den Willen der Verwandten definiert und mit dem Königsbann belegt.36 Nicht einmal der vollzogene Beischlaf nach einem Raub wies eine Frau rechtlich dem Frauenräuber zu, die bestehenden Muntverhältnisse wurden hierdurch nicht aufgehoben. 37 So sollte eine geraubte verlobte Frau an ihren rechtmäßigen Bräutigam zurückgegeben werden, dem sie muntrechtlich bereits angehörte. Dieser durfte aber die Vergewaltigte ablehnen und eine andere Frau wählen. Kinder aus einer durch Raub herbeigeführten, nachträglich dotierten und legalisierten Verbindung sollten seit der Doppelsynode Meaux-Paris 845/46 unter Hinkmar von Reims, Wenilo von Sens und Radulf von
[...] separentur et publicae penitentiae subigantur, raptae autem parentibus legaliter restituantur[...]." MGH Cap. II. Nr. 293, S. 414, und Capitula legibus addenda von 818/9, c. 9: „Si quis sponsam alienam rapuerit aut patri eius aut ei, qui legibus eius defensor esse debet, cum sua lege eam reddat [...] Et si hoc defensor eius perpetrari consenserit et ideo raptori nihil quaerere voluerit, comes singulariter de unaquaque re freda nostra ab eo exactare faciat.[...]" MGH Cap. I, Nr. 136 (Druckfehler bei Boretius: Nr. 139), S. 282; Konzil von Pavia, c. 10: „[...] nam ipsis, a quibus rapte sunt, legitime demum uxores nullatenus essepossunt[...]" MGH Conc. III, Nr. 23, S. 224. 33 Capitulare ecclesiasticum 818/19, c. 22: „De raptis vero de raptoribusf...] quatenus omnibus pateat quantum malum sit, et non solum humana sed etiam divina auctoritate constricti, ut abhinc hoc malum caveatur. " MGH Cap. I, Nr. 138, S. 278. 34 Additamenta ad capitularia regum Franciae occidentalis, c. 6: „[...] De raptoribus autem id nobis videtur optimum, ut, quoniam ecclesiasticam excommunicationem parvipendunt, secularium legum terreantur austeritate. " MGH Cap. II, Nr. 291, S. 385. 35 So z.B. in der Capitulatio de partibus Saxoniae von 782/85, c. 12, MGH Cap. I, Nr. 26, S. 69; Nr. 138 (818/19), c. 22, ebd. S. 278; Capitula legibus addenda (818/9), c. 9, ebd., Nr. 136 (Druckfehler: 139), S. 282. 36 Summula de bannis: „De octo bannus unde domnus noster vult, quod exeant solidi LX. " c. 5: „Qui raptum facit, hoc est qui feminam ingenuam trahit contra voluntatem parentum suorum. " MGH Cap. I, Nr. 110, S. 224. 37 Capitula incerta, 814-840, c. 1 : „ Qui sponsam alienam ipsa non consentiente rapuerit, licet cum ea concubuerit, reddat earn ei cuius sponsa est, et is ducat eam si velit, quia vim passa pocius quam violata videtur. Quodsi eam ducere noluerit, accipiat alteram feminam [...]" MGH Cap. I, Nr. 156, S. 315; Kapitular Karls d. Kahlen 844, MGH Cap. II, Nr. 291, S. 384f, c. 6. So auch Dionysio-Hadriana V,X, ed. Turner, S. 83.
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B o u r g e s 3 8 nicht mehr zu kirchlichen Würden aufsteigen können. 3 9 B e v o r nicht e i n e desponsatio und Dotierung stattgefunden hatte, wurden Verbindungen k e i n e s w e g s als Ehen toleriert. 4 0 Es w u r d e verfugt, daß Entfuhrer und Entführte zunächst getrennt und die Frau zu den parentes zurückgebracht w e r d e n sollte. Erst nach vollbrachter B u ß e durfte dann in legaler W e i s e eine E h e z w i s c h e n Räuber und Geraubter g e s c h l o s s e n werden. Einen Ermessensspielraum besaß der B i s c h o f , der verhüten sollte, daß S c h l i m m e r e s - eine F e h d e ? - geschah. Zur A b s c h r e c k u n g g i n g eine strenge Warnung an alle potentiellen Frauenräuber aus, denen mit lebenslanger Ehelosigkeit und E x k o m m u n i k a t i o n gedroht wurde 4 1 und die sich sogar in L e b e n s g e f a h r brachten. 4 2
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Als Reformsynode Karls des Kahlen, Hartmann, Die Synoden, S. 208. Konzil von Meaux-Paris 845/46, c. 64: „Raptores virginum et viduarum, qui etiam posteci voluntate parentum eas quasi desponsantes sub dotalicii nomine in coniugium duxerunt, publice penitentie subigantur; [...] Filii vero ex huiusmodi vituperabili coniunctione ante coniugium etiam minus laudabile procreati ad ecclesiasticam dignitatem nullo modoprovehantur [...]. " MGH Cone. Ill, Nr. 11, S. 115 und ebd. Anm. 193. 40 Konzil von Meaux-Paris 845/46, c. 65: „Hi autem, qui necdum eas, quas rapuerant, cum voluntate parentum sub praefato desponsionis vel dotalicii nomine in coniugium sumptas habent, quando in omnium aures hec fuerit constitutio promulgata, ab earum coniunctione separentur et publice penitentie subigantur, rapte autem parentibus legaliter restituantur. Post peractam vero publicam penitentiam, si aetas et incontinentia exegerit, legitimo et ex utrisque partibus placito coniugio socientur. Nam in his non regulam constituimus, sed, ut verbis magni Leonis utamur, quid sit tolerabilius, aestimamus. [...] nisi forte episcopus praeviderit aliquam concedere indulgentiam, ut gravorem possit amovere offensam. " MGH Conc. III, Nr. 11, S. 115. So auch in den Formeln: Formulae Turonenses 16: „[...] Dum et te sine voluntate parentum tuorum rapto scelere in meo sodavi coniugio, unde vitae periculum incurrere debui, sed intervenientes sacerdotes vel boni hominibus vitam obtinui: ideo placuit mihi, ut per harte epistolam conposcionalem [...], aliquid de rebus meis tibi conßrmare deberem [...]." MGH Form., S. 144. So auch Formulae Salicae Lindenbrogianae 19, MGH Form., S. 277. 41 Konzil von Meaux-Paris 845/46, c. 66: „Qui vero deineeps rapere virgines vel viduas praesumpserint, [...] anathematizentur, et raptores sine spe coniugii perpetuo maneant. " MGH Conc. III, Nr. 11, S. 116. 42 Formulae Turonenses 16 (siehe oben, Anm. 40). Die Todesstrafe für den Frauenraub wird auf den Einfluß des römischen Rechts (Codex Theodosianus) zurückgeführt (Lex Rom. Vis. Cod. Theod. IX, 19, 1, interpretatio); Heinritz, Die eherechtlichen Bestimmungen, S. 50. 39
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5.3 Zur Verschärfung kirchlicher Reaktionen auf den Frauenraub Die C o l l e c t i o D a c h e r i a n a nannte den Frauenraub z w a r ein v e r a c h t e n w e r tes V e r b r e c h e n , untersagte eine spätere Heirat aber nur für den Fall, daß die Geraubte eine geweihte F r a u war. 4 3 Hinkmar v o n R e i m s vertrat eine wesentlich härtere Polemik gegen den Frauenraub. 4 4 E r forderte strikt die U n m ö g l i c h k e i t einer durch R a u b herbeigeführten E h e . 4 5 Räuber, M ö r d e r und „ S e e l e n t ö t e r " w a r e n todeswürdig. 4
D a s Kirchenasyl für Entführer
und Entführte wurde unter Berufung a u f das Konzil v o n Orléans v o n 5 I I 4 7 verboten. 4 8 R e g i n o v o n P r ü m zufolge konnte ein R a u b sehr wohl nach v o l l z o g e n e r B u ß e und unter Zustimmung der Eltern regulär durch Verlobung und Dotierung zu einer legitimen E h e führen, keinesfalls aber ohne Erfüllung dieser B e d i n g u n g e n . 4 9 D i e s e uneinheitliche Rechtsprechung ermöglichte einen gewissen Entscheidungsspielraum in Einzelfällen, der entweder die Trennung einer durch R a u b oder Entführung herbeigeführten Verbindung oder aber eine nachträgliche Eheschließung ( n a c h entsprechender B e s t r a f u n g ) zuließ. Dies scheinen die H e r r s c h e r ausgenutzt zu haben, wenn die eigene F a m i Collectio Dacheriana, Liber I, c. 69: „Raptores igitur viduarum, vel virginum, ob immanitatem tanti facinoris detestamur, illos vehementius persequendo, qui sacras virgines vel volentes vel invitas matrimonio suo sodare tentaverint [...]. " d'Achery (Hg.), S. 527. 44 Hinkmar von Reims, Ad regem, De coercendo et exstirpando raptu viduarum, puellarum ac sanctimonialium, Migne PL 125 Sp. 1017-1033. 45 Hinkmar von Reims, Ad regem c. IV: „[...] dum ex raptu arbitrantur fieri posse conjugium et ex iniquo contubernio legitimum matrimonium, quod nulla unquam lex, nulla humanitatis consuetudopermisit [...]. " Migne PL 125 Sp. 1020 C. 46 Hinkmar von Reims, Ad regem c. 7: „Agnoscant se ergo qui ejusmodi sunt et latrones et homicidas, et animarum interfectores, et dignos morte. [...] " Migne PL 125 Sp. 1021 D. 47 Konzil von Orléans 511, c. 2, siehe oben, S. 118, Anm. 46. 48 Hinkmar von Reims, Ad regem c.12: „[...] In tantum ut etiamsi timore publicarum rerum ad Ecclesiam raptor cum rapta confugerit, ipsa quidem quae violentiam perpessa est, intercessu Ecclesiae excusata parentibus restituì iubeatur, raptor vero, quia manifeste vim intulit, similiter ob reverentiam sanctuarii, legum impunitate concessa, in servitutem parentum ejus quam rapuit redigatur, nisi forte itti ut se redimat concedati.[...]" Migne PL 125 Sp. 1027 A. 49 Regino von Prüm, Libri duo I, 428 „ Raptores virginum et viduarum, qui etiam postea volúntate parentum eas quasi desponsatas sub dotalicii nomine in coniugium duxerunt, publicae poenitentia subigatur [...] Filii vero ex huiuscemodi vituperabili coniunctione ante coniugium minus laudabile procreati, ad ecclesiasticam dignitatem nullo modo provehantur, nec de tali coniugio generati ecclesiasticis ordinibus applicentur [...]". Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 193f. 43
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lie betroffen war, so beispielsweise Karl der Kahle bei der Entführung seiner Tochter Judith.50 Der Frauenraub nahm auch im 9. Jahrhundert nicht ab. Die kontinuierliche Behandlung im herrscherlichen und kirchlichen Recht läßt vermuten, daß vielleicht noch häufiger Frauen zur Erzwingung einer Ehe geraubt wurden als in den Jahrhunderten zuvor,51 denn ein Frauenraub geschah nur mit dieser Absicht.52 Dies spricht für das weitere Bestehen der Geschlechtsvormundschaft in voller Stärke. Vermutlich ließen Frauen sich entführen, um Einfluß auf ihre Eheschließung zu gewinnen. Die Quellen differenzieren noch kaum zwischen Entfuhrung und Raub, der Wunsch der Frau bei der Gattenwahl fand wenig Niederschlag in den Rechtsquellen. Und doch belegen die Entführungen, daß Frauen manchmal unter Verwendung aller ihnen zur Verfügung stehenden Mittel versuchten, der Bevormundung durch die parentes zu entgehen und sich einen Mann ihrer Wahl zu verschaffen. Tendenziell verschärften sich die rechtlichen Sanktionen gegen Raub und Entführung im Verlauf des frühen Mittelalters. Die Verbote sollten vor allem der Abschreckung dienen. Fand ein Raub statt, bedeutete dies eine erhebliche Verletzung der Familienehre. Trotzdem wurde nach angemessener Empörung und anschließender Entschädigung der beleidigten Familie nach einem Weg gesucht, das Ausmaß des Skandals möglichst gering zu halten. Keineswegs hatte eine Entführungs'ehe' per se Bestand, erst nach Trennung des Paares, vollzogener Buße und anschließender ordnungsgemäßer Eheschließung war eine Ehe denkbar. Die Kirche richtete sich nach den weltlichen Gesetzen zum Frauenraub, Kirche und König gingen in dieser Sache konform. Das vehemente Engagement der Kirche zur Verdammung von Frauenraub und Entfuhrung - auch sie differenzierte zwischen den beiden Tatbeständen allein hinsichtlich des Strafmaßes für die zustimmende Frau - widerspricht der oft unterstellten Forderung der Kirche nach einer ,Konsensehe' für diese Zeit entschieden. Die Kirche unterstützte im Gegenteil ganz und gar die traditionellen Muntverhältnisse.53 50 51 52
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Siehe oben, S.217f. Dieser Eindruck kann natürlich auch auf die Quellensituation zurückzuführen sein. So auch bei Regino von Prüm, Libri duo II, 154-160; Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 272-275. Der singulare und häufig überinterpretierte Beleg des Nikolaus-Briefes an die Bulgaren aus dem Jahr 866 kann die eindeutigen und durchgängigen Stellungnahmen der Kirche zum Eherecht nicht revidieren. Nicolaus capitulis 106 ad Bulgarorum consulta respondet, c. 3: „ Qui consensus si solus in nuptiis forte defuerit, cetera omnia etiam cum ipso coitu celebrata frustrantur [...] Matrimonium non facit coitus, sed voluntas [...]"
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Die Übernahme der Strafinstanz für die Delikte des Frauenraubs muß ein weiterer Meilenstein in der Einflußnahme der Kirche auf das Eherecht gewesen sein. Nun konnte sie aktiver mitbestimmen, wie eine rechte Ehe geschlossen werden sollte.
Verfuhrung und Vergewaltigung Wer eine verlobte Jungfrau verführte, sollte sie anschließend auch dotieren und heiraten. 54 Ausdrücklich ist nicht von Entführung, sondern von Verführung die Rede. Keine Entführung mit Ehewunsch, allein ein sexuelles Abenteuer war beabsichtigt, das innerhalb des Lebensraums eines unverheirateten Mädchens geschah. Eine gefallene Jungfrau konnte auch Pseudoisidor zufolge ihren Verführer ehelichen, wenn sie sich nur mit einem einzigen Mann eingelassen hatte. 55 Eine Geraubte zu heiraten, verbot dagegen auch Benedictus Levita. 56 Deutlich heißt es, wer eine Ehefrau will, soll sie in legaler Weise nehmen und nicht rauben. Der Unterschied zur Verführung besteht im Ehewunsch und in der Öffentlichkeit der Tat. Konnte eine heimliche Verführung schnell noch geheilt werden, um die Ehre der Familie zu retten, so verlangte die öffentliche Beleidigung eines Frauenraubs vor einer möglichen Heilung eine ebenso öffentliche Satisfaktion. In diesem Sinne galt Vergewaltigung nicht als Gewalttat gegen eine Frau, sondern gegen ihren Muntinhaber. Trat ein Mann einer verlobten
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55 56
MGH Epp. 6, Kar. Aevi 4, Nr. 99, S. 570. Der Konsens der Brautleute wird zusätzlich zur feierlichen Eheschließung (deren Wesen als dotierte Muntehe Nikolaus im selben Brief weiter oben beschreibt) und zum Ehevollzug gewünscht. Von einer eigenständigen Gattenwahl ist nicht die Rede. So auch Mikat, Dotierte Ehe - rechte Ehe, S. 69f. Benedictus Levita, Liber II, c.24: „[...] Si seduxerit quis virginem desponsatam et dormierit cum ea, dotabit eam et habebit uxorem. " G.H Pertz (Hg.), MGH LL II 2, 1837, S. 75; im Widerspruch dazu: Liber III, c. 183: „[...] Desponsataspuellas etpostea ab aliis raptas placuit erui et eis reddi, quibus antea fuerant desponsatae, etiamsi eis a raptoribus vis illata constiterit. [...]" Ebd. S. 114. Pseudo-Isidor, Migne PL 130, Sp. 415, c. 14. Benedictus Levita, Liber III, c. 395: „[...] Placuit, ut hi, qui rapiunt feminas vel furantur aut seducunt, ut eas nullatenus habeant uxores, quamvis eis postmodum conveniat, aut eas dotaverint vel nuptialiter cum consensu parentum suorum acceperint. Si quis autem uxorem habere voluerint, canonice et legaliter eam accipiat et non rapiat. [...] sed propinquis suis eam legalibus reddat, et in triplo plenum bannum dominicum conponat et insuper canonice publicam poenitentiam gerat. [...]" G.H Pertz (Hg.), MGH LL II 2, 1837, S. 127; ebenso: Liber I, c. 223 bis 225, ebd. S. 57; Liber II, c. 96, ebd. S. 78 und Liber III, c. 183, ebd. S. 114.
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Frau innnerhalb einer Stadt zu nahe, war sie verpflichtet, durch Geschrei Beistand herbeizurufen. Versäumte sie dies, sollte man sie Benedictus Levita zufolge zusammen mit dem Vergewaltiger steinigen.57 Einer Frau wird eine Mitverantwortung für die Vergewaltigung unterstellt, wenn auch der biblischen Strafe des Steinigens, die der Fälscher hier anfuhrt, jeder Realitätsbezug fehlt. Geschah ein solcher Übergriff außerhalb der Stadt, wo ihr niemand zu Hilfe eilen konnte, wurde sie von der Bestrafung ausgenommen. Nicht der Tatbestand, daß die Frau den Beischlaf ablehnte, war relevant zur Definition der Straftat. Als verlobte Frau war ihr jeglicher sexueller Kontakt mit fremden Männern untersagt, sie mußte ihn ablehnen, ob sie persönlich zustimmte oder nicht. Dies sollte sie durch lautes Schreien kundtun, tat sie dies nicht, machte sie sich auf jeden Fall schuldig. Die Schutzlosigkeit einer Frau außerhalb ihres engeren Lebensbereichs wird deutlich. Es zeigten sich die Grenzen der sexuellen Freiheit von Männern, die nach wie vor die Muntverhältnisse, in denen freie Frauen standen, zu respektieren hatten. Gleichermaßen verdeutlicht der immer wiederkehrende Topos Frauenraub, daß Übertretungen in diesem Bereich nicht gerade selten waren. Den Wunsch freier Frauen, die Gattenwahl in ihrem Sinne zu beeinflußen, belegen Entfuhrungen. Kein einziger Hinweis war auf die Erzwingung eines Konkubinats als Motivation für einen Raub oder eine Entführung zu finden. Freie Frauen wurden anscheinend nicht für ein Konkubinat geraubt oder entführt. Die drastischen Sanktionen zu riskieren, lohnte sich offenbar für die Erzwingung eines Konkubinats nicht. Auch Vergewaltigung, als gewaltsamer sexueller Akt, wird wenig thematisiert. So stehen das erzwungene Konkubinat und die Vergewaltigung einer freien Frau noch immer auffallend wenig oder überhaupt nicht in Rechtstexten zur Diskussion. Außerhalb des Rechts stehend wird ihre Ahndung, anders als bei erzwungenen Ehen, die aufgrund weitreichender familiärer Konsequenzen im öffentlichen Interesse standen, nach wie vor Privatsache' der Familie der Frau gewesen sein.
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Benedictus Levita, Liber II, c.47: „[...] Si quis puellam virginem desponsaverit, et invenerit eam aliquis in civitate et concubuerit cum ea, adducas utrosque ad portam civitatis illius, et lapidibus obruentur; puella, quia non clamavit, cum esset in civitate; et vir, quia humiliavit eam. c. 48: [...] Si autem in agro repererit vir puellam, quae desponsata est, et dormierit cum ilia, ipse morietur solus. Puella nihil patiatur. " G.H Pertz (Hg.), MGH LL II 2, 1837, S. 76. Die biblische Strafe erscheint sonst nicht.
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6. Außereheliche Beziehungen zwischen Personen unfreier Herkunft und Standesungleichen 6.1 Mägde als Konkubinen der Karolinger Lothar I. stellte seiner Magd und Konkubine Doda am 19. April 851 eine Freilassungsurkunde aus, vier Wochen nach dem Tod seiner Frau Irmingard, Tochter des Grafen Hugo aus dem elsässischen Haus der Etichonen,1 mit der er 30 Jahre lang verheiratet gewesen war.2 Nach traditionellem Schatzwurf stattete er Doda mit dem mansus ihres Vaters Ratbert zu freiem Eigen aus.3 Lothar I. wartete mit dieser Maßnahme nur knapp Irmingards Tod ab. Theodor SchiefFer zufolge lebte er mit Doda nach dem Tod Irmingards in einer ,Friedelehe'.4 Dies ist durch nichts zu belegen. Die Frage nach dem Beweggrund Lothars jedoch bleibt. Die fast sofortige Freilassung Dodas deutet darauf hin, daß das Konkubinat schon zu Lebzeiten Irmingards bestanden hatte. Vielleicht aus Rücksicht auf Irmingard und ihrer bedeutenden Herkunftsfamilie ,belohnte' er erst als Witwer seine Beischläferin. Doda stand weiterhin in hohem Ansehen bei Lothar, wurde aber nicht von ihm geheiratet.5 855 erschien sie als dilectissima ac familiarissima femina nostra Doda in einer Urkunde Lothar I.6
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K.F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen, S. 446, Anm 10. Annales regni Francorum 821: „[...] Hlotharius, primogenitus domni imperatoris Hludowici, Irmingardam Hugonis comitis flliam solemni more duxit uxorem. [..]" MGH SS rer Germ. 6, S. 156. ,,[...] notum sit, quod nos pro mercedis nostrae augmento in procerum nostrorum presentiam ancillam nostram nomine Dodanem manu proprio excutientes a manu eius denarium secundum legem Salicam liberam eam fecimus et ab omni iugo servitutis absolvimus; [...] Concedimus illi etiam ad proprium mansum unum, quod pater eius Ratbertus nomine habuit in villa Eralio, cum mancipiis utriusque sexus ad eundem mansum pertinentes, ut per hanc nostram auctoritatem habeat, teneat atque possideat [...]. " MGH DD Karol. 3, Nr. 113, S. 262f. Th. Schieffer, MGH DD Karol. 3, S. 263. Nach Klewitz war Doda später sogar Ehefrau Lothars geworden, ders., Germanisches Erbe im fränkischen und deutschen Königtum, in: ders., Ausgewählte Aufsätze, Aalen 1971, S. 62 (Erstabdruck 1941). Dies ist allerdings keineswegs belegbar. Klewitz begründet sein Argument, die Benennung des Dodasohnes mit dem Karolingernamen Karlmann sei nur für einen in legitimer Ehe Geborenen vorstellbar, nicht (ebd.). Er differenziert Konkubinate mit Unfreien und ,Friedelehen', die mit freien und sogar edlen Frauen, die - ganz nach Meyer - unter Zustimmung ihrer Herkunftsfamilie geschlossen wurden. Dies sei eine weitverbreitete Sitte unter den Vornehmen gewesen (ebd.). "[...] quia dilectissima ac familiarissima femina nostra Doda. " MGH DD Karol. 3, Nr. 138, S. 309f.
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Eine ganz andere Darstellung ist im zweiten Teil der Annales Bertiniani zu finden.7 Hier heißt es, Lothar habe sich erst zwei Jahre nach dem Tod der Kaiserin Irmingard mit zwei Mägden aus der königlichen Villa verbunden, von denen eine, Doda, ihm den Karlmann gebar.8 In deutlicher Kritik berichtet Prudentius von dem Verhalten der Söhne Lothars, die in ähnlicher Weise eifrig adulterium, hier im Sinne von Unzucht, betrieben. Abgesehen von diesem einen, eindeutigen Konkubinat eines Karolingers mit einer Magd läßt sich oft kaum nachweisen, welchen Standes die zahlreichen Beischläferinnen karolingischer Könige und ihrer Söhne waren.9 Entweder frequentierten sie ihre Mägde weitaus weniger häufig als die Merowinger oder die Quelle erwähnen es nicht.
6.2 Konkubinate mit Mägden außerhalb des Königshauses Die Vita Liutbirgae10 erzählt von einem Hruodrat, Vasall der Bilihild, der sich eine ihrer Hausmägde nahm." Lediglich nebenbei erwähnt, erscheint die Frequentierung der Magd weder als besonders ungewöhnlich noch unmoralisch. Die Gewohnheit freier Männer, sich Beischläferinnen unter den Mägden zu suchen, bestätigen auch Klosterurkunden. Um 821 zeugte ein gewisser Tenil nach dem Tod seiner Ehefrau mit seiner amica Meripurg, einer Klostermagd in Freising, „von Notwendigkeit getrieben" einen Sohn.12 In Übereinstimmung mit seinen Verwandten erbat er 821 von 7
Den zweiten Teil (835 - 861) schrieb Hofkaplan Prudentius (gest. 861). J. Prelog, Art.: ,Annalen v. St-Bertin'; LexMA 1 (1980), Sp. 660; J.L. Nelson, The Annais of StBertin, S. 6ff. 8 Annales Bertiniani ad 853: ,,[...] Lotharius imperator, defuncta ante biennium Ermengarda christianissima regina, duas sibi ancillas ex uilla regia copulai; ex quarum altera Doda uocabulo fìlium generai, quem Karlomannum uocari iubet; aliique fllii eius similiter adulteriis inseruiunt.[...]" ed. F. Grat u.a., Paris 1964, S. 67. 9 Siehe hierzu oben, S. 170ff. 10 Die Entstehungszeit der Vita, einer wichtigen Quelle zur Geschichte Sachsens im 9. Jh., ist umstritten und wird zwischen dem 9. und 12. Jh. angesetzt, O. Menzel, Das Leben der Liutbirg, Leipzig 1937 ( N D Stuttgart 1978), S. lff. Menzel selbst präzisiert aber die Zeit der Abfassung auf um 880, kurz nach dem Tod Liutbirgs, die zur Zeit Ludwigs des Jüngeren gestorben sein soll (ebd., S. 2). " Vita Liutbirgae c. 30: „Erat enim vir ex liberis parentibus, nomine Hruodrat, vasallus praedictae Bilihildis, qui unam ex cubicularibus eius pro carnale copula sequebat. [...]. " ed. O. Menzel, S. 34. 12 „Dum et omnibus non habetur incognitum, [...] qualiter quidam homo Tenil nomine causam suam cum domne Hittone episcopo consiliavit atque constituit. Ipsius enim iam dicti viri Tenil coniux defuncta necessitate conpulsus adherebat genitialis feminae
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Bischof Hitto die Freigabe Meripurgs und ihres Sohnes - aus Liebe zu letzterem - und übertrug im Gegenzug einen Teil seines Erbes unter lebenslanger Nutznießung an das Kloster. Überlebten ihn Meriburg und ihr Sohn, sollte ihnen die weitere Nutznießung bleiben, beide aber wieder in Klosterdienste treten. Tenil erwarb Meriburg vom Kloster. Die Zustimmung Bischof Hittos, eine Frau zum sexuellen Gebrauch zu ,verleihen', scheint mit dem wirtschaftlichen Interesse an der Gabe Tenils verknüpft. Hitto monierte nicht, daß sich Tenil bereits an der fremden Magd vergriffen hatte, den Leges zufolge eine Straftat. 13 Die Verwandten Tenils waren mit seinen Transaktionen einverstanden, obwohl ihr Erbe dadurch geschmälert wurde. Falls es Meripurg war, die Tenil zwei Jahre später in einer Bestätigung der Benefizialurkunde als coniwc mea bezeichnete, so hatte er sie freigelassen und geehelicht. 14 Weitere Urkunden aus Freising bestätigen den Wunsch nach Versorgung der mit Mägden gezeugten Kinder, der einzige Beweggrund der Männer, eine solche Verfügung zu treffen. Der edle Walara übertrug 860 Besitz an das Kloster Freising, um seinen Kindern den Dienst beim Bischof Anno zu erleichtern, da sie von Mutters Seite her zur Knechtschaft eingezogen werden könnten. 15 Von der Mutter ist ansonsten keine Rede, auch sie wird eine Magd des Klosters gewesen sein. Da die Beziehung zwei oder mehrere Kinder hervorbrachte, war sie längerfristig. In einer Verfugung ähnlichen Inhalts bedachte zu 899 ein Alemanne namens Hilitin seine mit einer Magd gezeugten Kinder. 16 Bei dauerhaften
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sanctae Mariae famulae Meripurc nomine et cum ipsa filium procreavit nomenque ei Haguno inposuit quem ingenti animo in corde adamavit. Idcirco coepit cum propriis propinquis suis consiliare, qualiter iam dictam amicam suam Meripurgam conquirere a domno Hittone episcopo simul cum filio potuisset inito quoque Consilio, ut partem propriae hereditatis ac de causa domui sanctae Mariae tradidisset [...] ut eum eadem rem ad vitam suam habere liceat et post obitum illius si eum supervixerint, amica sua et filius eius habeant hoc in servitium sanctae Mariae; etiam postea iure perpetuo domui episcopali permanere nullus prohibere valeat. [...]" ed. Th. Bitterauf, Die Traditionen des Hochstiftes Freising, Bd. 1: 744-960, 1905 ( N D 1967), Nr. 450, S. 385. Siehe oben, S. 125ff. Bitterauf, Die Traditionen des Hochstiftes Freising, Bd. 1, Nr. 489, S. 418. »[•••] qualiter quidam vir nobilis nomine Uualaram propriam hereditatem suam tradidit in capsam sancte Mariae [...] quod fìlii sui aliquantulum servitutis indulgentiae aput pio pontifici Annoni habuissent, quia de parte matris ad servitutem redii potuissent. [...]" Bitterauf, Die Traditionen des Hochstiftes Freising, Bd. 1, Nr. 860, S. 680. „[,..] Alamannus nomine Hilitini [...] Tradidit namque ad domum sancte Mariae sanctique Corbiniani [...] hereditatem sui [...] Ipsi namque filii sui ex parte matris suae de servili genere erant procreati et ob hoc predictus pater illorum ipsam traditionem
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Verhältnissen sorgten Männer für ihre Nachkommenschaft, mitunter sogar ausdrücklich aus Liebe zu den Kindern. Das Schicksal der Kindsmütter dagegen schien sie offenbar nicht sehr zu interessieren. Nicht nur in Freising, sondern auch im Kloster St. Emmeram begegnet in Traditionsurkunden das freimütige Eingeständnis von Konkubinaten mit Mägden und die Versorgung von Konkubinenkindern. Um 880 verfügte Ratheri, daß seine ancillula Ellinpurg, die er als Arbeitskraft erworben hatte, nach seinem Tod als Magd an das Kloster St. Emmeram ging, um Verteidigung und Schutz zu finden. Abgesehen von einem jährlichen Zins von vier Denaren, den sie zu leisten hatte, wurde ihr zugesichert, daß sie auf eigenen Verdienst wirtschaften konnte.17 Durch die Übergabe an das Kloster erhielt die Beischläferin weiterhin Schutz und Lebensunterhalt. Eine andere Versorgung nach dem Tod des ,Gönners' war nicht vorstellbar. Die drei Söhne, die Ellinpurg gebar, wurden mit Zustimmung der Brüder des Ratheri freigelassen. Warum entließ man nicht auch Ellinpurg in die Freiheit? Vielleicht konnte Ratheri ihren Schutz dann nicht mehr gewährleisten oder die Brüder hatten einer Freilassung nicht zugestimmt. Das Einverständnis der Familie des Mannes mußte vorliegen, eine Freigelassene aus dem Familienvermögen versorgt werden. Die Eingebundenheit der Konkubinenkinder in die Familie zeigt sich in der Namensgebung. Vielleicht wählte der Vater diese Namen, um seine Kinder stärker in die Familie zu integrieren und sie auch nach außen als zugehörig erscheinen zu lassen. So benannte man einen Sohn nach seinem Onkel Alawin. Die Brüder des Vaters stimmten „gern" der Freilassung ihrer
proprietatis sue peregit, ut ipsi filii sui usque ad exitum vite illorum firmiter ac stabiliter possiderunt [...]"[•••]" Bitterauf, Die Traditionen des Hochstiftes Freising, Bd. 1, Nr. 1033, S. 777. 17 ,, [...] Notum sit [...] quod ego Ratheri pro futura mercede cogitans ac seruitii mihimet placiti memor propriam ancillulam meis videlicet laboribus acquisitam, nomine Ellinpurgam, ad altare dei, quod constai dicatum in honore sancti martyris Emmerammi, tradidi propriamque post abitum meum illi loco dicaui, qvippe ea ratione vt inde patrocinium ac defensionem speraret atque per singulos annos nihil plus quam quatuor denarios persolueret, reliquum quoque uite huius tempus proprio dispensaret arbitrio. Denique tres filios meos, quos mihi supra nominata genuit mulier, nomine Alauuinum Johannem, Bernhardum, liberos atque ab omni seruitutis humane uinculo securos reliqui, fratribus quoque meis presentibus nomine Allino et Alauuino et in utraque re, id est femine flliorumque, libenti animo consentientibus. [...]" ed. J. Widemann, Die Traditionen des Hochstiftes Regensburg und des Klosters St. Emmeram, München 1943 (ND Aalen 1969), Nr. 93, S. 84.
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Neffen zu. Unerwünscht war anscheinend, die Mutter der Kinder im Hause zu behalten. Sie wurde ,außerhäusig' versorgt.18 An das Kloster St. Gallen übertrug ein Haycho 836 Besitz, um seine Söhne Wolvinus und Uoto vor der Knechtschaft zu bewahren.19 Die Kinder stammten aus einer Verbindung mit einer gewissen Otbirga, die Haycho „in Gebrauch hatte" und über deren Status als Unfreie des Klosters er anfanglich im Unklaren war. Er hielt sie für eine Freie. Erst als das Kloster Otbirga zu Diensten einzog, erkannte Haycho ihren Stand. Die Verbindung eines Freien mit einer Unfreien bedeutete die Schlechterstellung ihrer Nachkommen. Konnte dagegen ein freier Gatte überzeugend darlegen, daß ihm der unfreie Status des anderen nicht bekannt war, bestand die Möglichkeit, die Ehe aufzulösen und eine Person freien Standes zu heiraten.20 Ob Haycho mit Otbirga verheiratet war, wird nicht berichtet, ebensowenig über eine Auflösung des Verhältnisses. Haycho spricht nur von einer conjunctio. Haycho spendete eine Hufe, auf der die Söhne Zeit ihres Lebens wohnen und arbeiten durften, unter Zins- und Arbeitsleistung an das Kloster. Sogar Töchter von Mägden wurden von ihren freien Vätern mitunter versorgt. So setzte in einer westfränkischen Formel des 8. Jahrhunderts ein Mann seine Tochter, die er mit seiner Magd gezeugt hatte, neben 18
Noch im 11. und 12. Jahrhundert ist die Praxis, .ausgediente' Konkubinen - nun ausdrücklich Konkubinen genannt - bzw. deren Kinder an das Kloster St. Emmeram als Zinshörige zu übergeben. Widemann, Die Traditionen des Hochstiftes Regensburg Nr. 701, S. 335; Nr. 731, S. 347f; Nr. 755, S. 352; Nr. 776, S. 362; Die Traditionen des Hochstiftes Passau, ed. Max Heuwieser, München 1930, Nr. 1284, S. 408 (13. Jh.). Sich unter den eigenen Mägden Beischläferinnen zu suchen, wird als Selbstverständlichkeit bezeichnet: Die Traditionen des Klosters Tegernsee, 1003-1242, ed. Peter Acht, München 1952, Nr. 35, S. 28f, 11. Jh.). 19 „Ego quidem Haychofilius Uodalberti. Devenit mihi, ut in conjunctionem quandam feminam mihi usurpassem, nomine Otpirgam, que tunc temporis libera fuit, postea vero ab Emilone advocato ad ipsum monasterium sancti Galli in servitium adquisita, et ex ea mihi liberi II procreati fuerant, quorum nomina erant Wolvini et Uoto. Ideoque propter conpassionem genitorum, ne in conditionem servilem cogerentur, talis mihi decrevit voluntas, ut aliquid de rebus meis traderem ad monasterium locis Ulis aptum, quod et ita feci. Tradidi videlicet ad Hasumwane ipsa marca adherentem runcalem, I hobam etiam et amplius continentem: ea conditione, ut ipsi illic resideant et ibi laborant tempus vite suae et annis singulis censum inde persolvant qualicumque praetio potuerint solidum I, insuper et IIII dies in messe aut ad foenum colligendum perficiant. [...]. " H. Wartmann, Das Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, Theil 2, 1, Zürich 1860, Nr. 447, S. 65. Zum Datierungsproblem dieser Urkunde siehe ebd. 20 So schon im Decretum Pippins des Jüngeren von Compidgne aus dem Jahr 757, cap. 7: „Si Francus homo acceperit mulierem et sperat quod ingenua sit, et postea invenit, quod non est ingenua, dimittat eam, si vult, et accipiat aliam. Similiter et femina ingenua. " MGH Cap. 1, Nr. 15, S. 38.
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ihrem Bruder und seinen Kindern - so der Wortlaut - ins Erbe ein.21 Die Tochter war durch Schatzwurf freigelassen worden, von der Mutter ist keine Rede mehr. Da die Tochter noch einen Bruder hatte, mußte es sich um eine längerfristige Beziehung gehandelt haben. Die anderen erwähnten Kinder waren vielleicht Nachkommen der legitimen Ehefrau oder aber zukünftige, noch zu erwartende Kinder. Die Möglichkeit, neben einer Ehe ein längerfristiges Konkubinat mit der eigenen Magd zu fuhren, ist jedoch angedeutet. Nur im Fall der Meripurg und der Ellinpurg wurden Konkubinen versorgt, falls der Liebhaber vor ihnen starb. Lediglich in einem Fall führte ein Konkubinat (vermutlich) zu Freilassung und Ehe. Unfreie Mägde wurden zu Beischläferinnen genommen und auch nach Beendigung der Beziehung nicht unbedingt ,entlohnt' und in bessere Verhältnisse entlassen. Eine Freilassung mit anschließender Eheschließung schien jedenfalls nicht im Interesse ihrer Liebhaber gelegen zu haben. Vielleicht waren die Männer schon verheiratet. Hätte der Bischof in diesem Fall dem Konkubinat beziehungsweise der Versorgung von Kindern aus nebenehelichen Konkubinaten zugestimmt? Es fragt sich, ob eine Magd, die mehr als einen Herrn hatte, auch von mehreren sexuell beansprucht wurde. Zwei Urkunden des Klosters San Salvatore geben über einen solchen Fall Auskunft. Im Jahre 763 verkaufte ein Candidus an die Brüder Audepert und Baroncello eine Frau namens Teudirada/Boniperga und ihren noch ungetaufiten Sohn als Magd und Knecht. 22 Boniperga war also, da sie bereits ein Kind hatte, zu diesem Zeitpunkt schon Beischläferin eines Mannes (vielleicht des Candidus?) gewesen. Nun müssen sich die neuen Besitzer aber über den ,Gebrauch' der Boniperga geeinigt haben - daß sie schon Mutter war, hat sie nicht gestört. Aus dem Jahr 770 ist nun eine weitere Urkunde erhalten, in der sich Audepert beklagt, daß sein Bruder seinen Kindern nichts hinter21
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Cartae Senonicae 42: „[...] Dum non est incognitum, sedper populum devulgatum et patefactum, quod ego in ancilla mea nomen illa tibi generavi et postea ante domno ilio rege, iactante denario, secundum lege Salica tibi ingenua dimissi, et tu minime in hereditate mea sodare potebas, propterea ego hanc cartolam hereditoria in te fieri et adfirmare rogavi [...]. " MGH Form., S. 204. Nach Brunner (Uneheliche Vaterschaft S. 25) hat eine uneheliche, unfrei geborene Tochter trotz nachträglicher Freilassung kein Intestaterbrecht neben den Brüdern. Eine eheliche Tochter brauchte eine Verfügung des Vaters nur für Landerbe, siehe Cartae Senonicae 45, MGH Form., S. 205. „[...] Constai me praenominatus Candidus vinditor vindedisse et vindedimus vobis Audepert et Baroncello, germanis aemptoribus, vindedimus vobis muliere una nomine Boniperga, qui Teudirada, una cum infantulo suo parvulo, cuius adhuc Deus nomen dederit, quas in finitum vobis pro ancilla et servo vindedimus possidendum [...]. " W. Kurze, Codex diplomaticus Amiatinus, Tübingen 1974, Nr. 11, S. 23.
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lassen hatte. Audepert setzte die Kinder des Baroncello und der Boniperga, Bonipert (sie!) und Leopert, als seine eigenen Erben ein, falls er selbst kinderlos sterben sollte. Die Urkunde ist gleichzeitig ein Prekarievertrag, nach dem der Besitz und die Neffen an das Kloster San Salvator gingen. 3 Boniperga, die den Brüdern gemeinsam gehörte - wie es ausdrücklich heißt - war also dem Baroncello beigesellt worden. Von einer Ehe ist nicht die Rede. Überhaupt wird Boniperga nur als Mutter des Bonipert und des Leopert erwähnt, über sie wird nichts verfügt. Immerhin heißt einer ihrer Söhne Bonipert, ein Teil ihres Namens findet sich also wieder. Über ihren mitverkauften, ungetauften ersten Sohn aus der älteren Urkunde erfahren wir nichts. Das Schicksal der Boniperga erscheint als vollkommen fremdbestimmt. Obwohl schon Mutter, wurde sie an einen Haushalt mit zwei Männern verkauft, von denen sie bestimmt nicht selbst einen Bettgenossen wählen konnte. Nach mehrjährigem Konkubinat wurde sie nicht versorgt, als der Vater ihrer Söhne starb. Es ist durchaus vorstellbar, daß nun der andere Bruder, Audepert, sie als Konkubine übernahm. Ausdrücklich bezeichnete er sie auch nach dem Tod seines Bruders als „unseren Besitz". Dieses Problem war der Kirche nicht unbekannt. Sie bemängelte jedoch nicht generell die sexuelle Verfügbarkeit der Mägde, sondern das Inzestvergehen, das aus der Beanspruchung einer Magd durch mehrere Familienmitglieder resultierte. Hrabanus Maurus bezeichnete es in einem Antwortschreiben an Chorbischof Reginbald (ca. 842) als schweren Verstoß gegen die Inzestverbote, wenn Vater und Sohn, zwei Brüder, oder aber Onkel und Neffe mit derselben Frau ,Unzucht trieben'.24 Er schloss aus23
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„[...] Ideo manifesta causa abeo ego Audipert, barbas et donator vester, quod vos supradicti Bonipert et Leopert, neputjbus meis, de ancilla nostra propria nomine Boniperga vos procreati fuistes de quondam Baroncello, germano meo, et in peccatjs impedientjbus nulla donatione nec aliquis in vos de ribus suis iudieavet. Proideo consideravi cantate vestra, volo adque et mea dispono voluntate, donamus in vos omnem paupertatem substantie me [...]. " W. Kurze, Codex diplomaticus Amiatinus, Nr. 17, S. 34f. Hrabanus Maurus an Chorbischof Reginbald: „ ////. De eo, autem quod interrogabas, si pater etßlius vel si duo fratres, aut avunculus et nepos, cum una muliere fornieaverint [...] manifestum est, quod gravi vindicta plectendum erit quod grave facinus esse reperitur. Omnis enim moechia interdicitur, ubi scriptum est, 'non moechaberis ', quanto magis cum cognata vel cum coniuge seu concubina cognati?" MGH Epp. 5, Nr. 30, S. 450; ebenso, jedoch nicht ausschließlich die Magd betreifend: Additamenta ad capitularia regum Franciae orientalis c. 6: „ Qudam stupravit aliquam mulierum. Postea filius eius, nesciens patris factum, stupravit eandem. Quod cum pater rescisset, de se fllioque confessus est. Statuerunt melius esse, ut taliter lapsis cum digna penitentia legitima
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drücklich die Konkubine eines Verwandten in das Verbot ein. Dies untersagte Männern einer Familie, sich eine Magd als Beischläferin zu teilen. 25 Auch nach Lösung eines Verhältnisses durfte kein Verwandter des Mannes die Konkubine übernehmen. 26
6.3 Zur Rechtslage der Mägde Einer Unfreien wurde aktives und eigenverantwortliches Handeln weitgehend abgesprochen, so konnte sie nicht selbst Unzucht begehen. 27 Die Diktion der Leges impliziert Gewaltanwendung, beziehungsweise das Unvermögen persönlicher Handlungsfähigkeit. Je mehr Männer nach der Lex Frisionum eine Magd ,beschliefen', umso geringer wurde die zu leistende Strafgebühr: Kostete die Vergewaltigung einer jungfräulichen Magd noch vier Solidi, so zahlte der zweite Schänder nur noch drei, der dritte zwei, der vierte nur noch einen Solidus, vom fünften Beischläfer an war nur noch eine Tremisse an den Herrn der Magd zu leisten.28 Man kann sich fast einen Bordellbetrieb der Mägdebesitzer vorstellen, zumindest mußte der Herr über die Anzahl der Beischläfer auf dem laufenden sein. Handelte es sich um Vergewaltigungen, denen die Mägde ständig ausgesetzt waren? Ein Herr mußte seine familia doch schützen und nicht nur nach vollbrachter Tat für die Bestrafung der Täter sorgen. Wenn
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permittantur coniugio, quam fartasse deterius délinquant; cum fornicatrice autem illa agendum gravius. " M G H Cap. II, Nr. 252, S. 251. D a ß zwei Brüder eine M a g d gemeinsam besaßen, taucht in einem frühen BonifatiusBrief an Äbtissin Eadburg von Thanet von 717 auf, allerdings ohne den sexuellen Aspekt: „[...] Qui mihi moriensprecepit, utfratri illius germano verbis illius testißcans demandarem, ut ancillam quandam, quam in potestate communiter possederunt, pro anima eius manumitteret. Sed germanus eius, avaritia impediente, petitionem eius non implevit. [...]" M G H Epp. 3, Nr. 10, S. 255f. Pseudo-Theodori 15, V, §23: „Si quis concubinam habens eamque dimiserit, ac legitime uxorem duxerit, si forte postea frater eius aut propinquus cum ea peccaverit, primitus, propter tarn nefariam rem, ab aecclesiam separetur, deinde X annos poeniteat. Similiter illa, si ei consentit. Si vero invita passa est, VII annos poeniteat. " Wasserschleben, Bußordnungen, S. 586. Lex Frisionum IX, 3: „Si vero ancilla et virgo erat, cum qua quislibet homo moechatus est, comportât is qui earn violavit domino eius solidos IUI [...]. " M G H Fontes iuris 12, S. 48. Lex Frisionum IX, 4: „Si autem ab alio prius fuerit construpata, solidos II. " § IX, 5: „ Si vero tertius hic erat qui tunc earn violavit, duos solidos. " § IX, 6: „ Si vero quartus, solidum unum. " IX, 7: „Si quintus, tremissem unum; et quotcunquepostea accesserint, tremissem I tantum componat, id est culpabilis tremissem. " M G H Fontes iuris 12, S. 48.
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fremde Männer seine Mägde aufsuchten, konnte dies dem Herrn verborgen bleiben? In diesem Falle waren Mägde tatsächlich Freiwild für jeden Freien - gegen eine kleine Strafgebühr zwar - aber ohne eine Möglichkeit, sich zur Wehr zu setzen. Eine weitere Interpretation wäre, daß der Herr die Männer vorbeischickte, die dann anschließend eine als Strafe getarnte ,Nutzgebühr' leisten mußten - dies wäre allerdings eine zu abstrakte Vorstellung. Der Schlüssel zum Verständnis liegt vermutlich darin, daß Unfreie rechtlich nicht den Personen, sondern den Sachen zugeordnet waren. Dies bedeutet, daß die Mägde trotz der Formulierung der Paragraphen nicht unbedingt vergewaltigt wurden. Vielleicht ließen sie sich freiwillig mit den Männern ein - zum Mißfallen des Herrn, der die Besucher tatsächlich zu regelrechten Strafgeldern anhielt. Die Bestrafung der Magd für jedes Fehlverhalten lag ohnehin in den Händen ihres Herrn. Je häufiger sie von Fremden frequentiert wurde, umso mehr verlor sie - auch als potentielle Beischläferin ihres Herrn - wohl für diesen an Wert. Die sexuellen Befugnisse eines Herrn über seine eigene Magd wurden in keiner Weise reglementiert, es schien ihm völlig selbst überlassen zu sein, ob er seine Mägde auch sexuell in Anspruch nahm. Die Bestrafung für ein Unzuchtsdelikt mit einer anscheinend besonders wertvollen fremden Magd, die bortmagad, ,Tischmagd' genannt wird,29 war mit zwölf Solidi zu sühnen. Handelte es sich bei der Tischmagd um die persönliche Hausdienerin des Herrn, so könnten hier eventuell die sexuellen Vorrechte des Herrn auf diese Magd besonders gewahrt sein. Es läßt sich aber nicht verifizieren, ob die Tischmagd mit der Favoritin des Hausherrn gleichzusetzen ist. Bezeugt ist auf jeden Fall eine Hierarchie unter den Mägden.
6.4. Einschränkungen des Mägdekonkubinats seitens der Kirche Die frühmittelalterliche Kirche als größter Grundherr des fränkischen Reiches und im Besitz unzähliger Unfreier wollte den unfreien Stand keinesfalls abschaffen. Sie versuchte allerdings, Unfreie vor Mißhandlung und willkürlicher Tötung zu schützen und setzte sich für die Unfrei-
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Lex Frisionum XIII, 1: „ Qui cum ancilla alterius, quae nec mulgere nec molere solet, quam bortmagad vocant, moechatus fuerit, solid XII multam domino eius cogatur exsolvere. " MGH Fontes iuris 12, S. 48.
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enehe ein.30 Die sexuelle Inanspruchnahme der Mägde durch ihre Herren beabsichtigte die Kirche mittels des Instrumentariums der Bußbücher zumindest einzudämmen. Mit einem ähnlichen Bußmaß wie für den sexuellen Kontakt eines Jünglings mit einer freien Jungfrau31 war der Beischlaf eines Verheirateten mit seiner Magd belegt. Diese mußte sogar dann mitbüßen, wenn sie vergewaltigt wurde.32 Weniger die Frage ihrer Mitschuld, sondern die Tatsache, daß sie sexuellen Umgang mit einem Verheirateten hatte, machte sie (!) zu einer Ehebrecherin. Ihre Zustimmung erhöhte allerdings ihren Bußsatz. Die Selbstverständlichkeit nebenehelicher Konkubinate mit den eigenen Mägden belegt das Verbot der Sexualpraktik a retro, in dem Ehefrau und Magd gleichzeitig genannt werden.33 Weiterhin bestand Gefahr für Mägde an Leib und Leben durch eifersüchtige Herrinnen.34 In Übereinstimmung mit den Kapitularien erlaubten die Bußbücher, eine Konkubine zu entlassen, um eine legitime Ehefrau zu nehmen.35 Als büß würdig galt lediglich die , Übernahme' der Konkubine durch einen Verwandten. Bestätigt wird, daß es sich bei einer Konkubine um ein Mitglied des Haushalts handelte, das auch nach Beendigung des Verhältnisses im Haus verblieb, in Reichweite der männlichen Verwandten des ehemaligen Beischläfers. Hierbei konnte es sich nur um eine Magd handeln, denn mit anderen Hausangehörigen wäre ein Konkubinat unvorstellbar, allein schon wegen der bestehenden nahen Verwandtschaft, die auch angeheiratete Frauen einschloss. Die Rezeption von Toledo I, 17 -
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Konzil von Chalon 813, cap. 30, MGH Conc. 2,1, S. 27; H. Hoffmann, Kirche und Sklaverei im frühen Mittelalter, in: DA 42 (1986), S. 1-24, bes. S. 2. Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti, C.I,1 siehe oben, S. 209, Anm. 65. Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti, C.1,1 : „.[...] Si uxoratus ancillam suam duxerit, annum Ipeniteat [...] illa vero, si invita passa est, XL dies; nam si continens est, très quadragesimas et légitimas ferias. " Schmitz, II, S. 685 . Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti, c. 5: „Nupsisti cum uxore tua vel ancilla retro, XL dies poeniteas. " Schmitz II, S. 681. Da dies an die Fortpflanzungsgewohnheiten der Tierwelt erinnerte, war es verboten. Zu den Verboten verschiedener Sexualpraktiken in den Bußbüchern, siehe Schwaibold, Bußbücher und sexuelle Normalität, bes. S. 119f. Halitgar, De Poenitentia, IV, 5; Migne PL 105, 681 C; ebenso Hrabanus Maurus, Paenitentiale ad Otgar, c. 14; Migne 112, Sp. 1411 C; Collectio Dacheriana, Liber I, c. 103, d'Achery, S. 530. Pseudo-Theodori 15, V, §23: „Si quis concubinam habens eamque dimiserit, ac legitime uxorem duxerit, si forte postea frater eius aut propinquus cum ea peccaverit, primitus, propter tarn nefariam rem, ab aecclesiam separetur, deinde X annos poeniteat. Similiter illa, si ei consentit. Si vero invita passa est, VII annos poeniteat. " Wasserschleben, Bußordnungen, S. 586.
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hier mit Bußmaß - würde sich somit auf Konkubinate mit den eigenen Mägden beziehen,36 wie schon im Mainzer Konzil von 852 c. 1237. Das Bußmaß ist identisch mit der Strafe für den sexuellen Kontakt eines Verheirateten mit seiner Magd.38 Auch Regino von Prüm beschrieb mit der Rezeption von Toledo I, 17 in seinen Li tri duo de synodalibus causis disciplinis ecclesiasticisi9 anscheinend das Konkubinat mit Mägden, denn unter Freien verbot er den außerehelichen Geschlechtsverkehr.40 Analog zum Inhalt des Leo-Briefs an Rusticus41 ist auch für ihn die Magd die Konkubine, die Freie dagegen die Ehefrau. Dies spricht für eine Akzeptanz des Mägde-Konkubinats von Unverheirateten. Ein Verheirateter aber, der die eigene Magd frequentierte, mußte ein Jahr büßen.42 Nach dem Vorbild der irischen Bußbücher sollte eine Magd freigelassen werden, wenn sie ihrem Herrn einen Sohn gebar.43 Differenziert wurde zwischen dem einmaligen Vergehen, beziehungsweise der Vergewaltigung, und dem dauerhaften Konkubinat, in dem es zur Zeugung mehrerer Kinder kam. Da der Unterschied nicht zwischen einer Vergewaltigung und einem freiwilligen Beischlaf, sondern zwischen dem einmaligen Ereignis und der längerfristigen Beziehung gezogen wurde, war nicht die Zustimmung der Magd Inhalt der Bestimmung. Das Konkubinat unverheirateter Männer verboten die Paenitentialien nicht. Für Konkubinate standen die Mägde des Hauses zur Verfügung, die kaum Möglichkeiten besaßen, sich zu entziehen. Die Kirche konnte
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Pseudo-Theodori 15, IV, §33: „Qui uxorem simul habet et concubinam, non communicet, tantum unius mulieris conjunctione sit contentus, alias vero vivens, abjiciatur, dorne desinai, et ad poenitentiam revertatur, et quando ad poenitentiam venerit, I annum poeniteat et in secundo anno III XL cum legitimis feriis. " Wasserschieben, Bußordnungen, S. 583. 37 Siehe oben, S. 192, Anm. 53. 38 Siehe oben, Anm. 32 und unten, Anm. 42. 39 Regino von Prüm, Libri duo II, 99; Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 252. 40 Regino von Prüm, Libri duo II, 131 und 135, siehe oben, S. 212, Anm. 86. 41 Regino von Prüm, Libri duo II, 181; Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 284. 42 Regino von Prüm, Libri duo II, 134: „Si uxoratus ancillam propriam tenuerit, annum unum peniteat [...] Ancilla vero, si vim passa est, XL dies; si consentiens fuit, tres in anno quadragesimas et legitimas ferias poeniteat. " Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 266. Dies ist fast wörtlich aus dem Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti übernommen. Doppelpaenitentiale Bedae-Egberti, C.I,1; Schmitz II, S. 685, siehe oben, Anm. 32. 43 Paenitentiale Vallicellanum I, c. 21: „Si quis intrat ad ancillam suam, si genuerit ex ea filium, libera sit et annum I peniteat. " Schmitz, Die Bußbücher und die Bußdisziplin der Kirche, S. 277.
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wenig gegen das Mägdekonkubinat ausrichten. Nur im sehr privaten Bereich der Individualbeichte begann sie, ein Unrechtsbewußtsein bei den Gläubigen zu schaffen und die aus kirchlicher Sicht schlimmsten Mißstände des Mägdekonkubinats unter Buße zu stellen. So sollten Mägde nicht allen Männern des Hauses zur sexuellen Verfügung stehen, dies wurde als schwerer Inzestfall gewertet. Erst ansatzweise, gegen Ende des 9. Jahrhunderts zunehmend, galt nun der Beischlaf des verheirateten Herrn mit seiner Magd als unstatthaft - er galt aber nicht als Ehebruch! Noch auf der großen Reichsversammlung von Tribur 895 unter König Arnulf fand der Brief Papst Leos I. an Rusticus vielleicht Anwendung auf einen authentischen Fall, in dem ein Mann sich von seiner Freigelassenen trennen wollte, wohl um eine Frau besserer Herkunft zu ehelichen. 44 Deutlich wird ein weiteres Mal verfugt, daß eine Frau unfreier Herkunft nur Konkubine sein konnte und sich ausschließlich eine Freie, beziehungsweise eine Freigelassene, zur Ehefrau qualifizierte. Ein Mann, der in einem Konkubinat lebte, galt nicht als verheiratet, es sei denn, er ließ seine Magd frei, dotierte sie und nahm sie öffentlich zur Ehe. Eine Freigelassene konnte nicht mehr ohne weiteres weggeschickt werden, da sie sich, anders als die Unfreie, zur Ehe qualifizierte. Schickte ein Mann sie weg, durfte er sich keine andere nehmen.
6.5 Beziehungen freier Frauen zu unfreien Männern Wenn Mägde nicht als Ehefrauen freier Männer in Frage kamen, wie erklärt sich die Möglichkeit freier Frauen, sich mit unfreien Männern zu
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Konzil von Tribur 895, c. 38: „Si quis liber libertam duxerit, ulterius habere debebit. In decretis papae Leonis cap. XVIII scriptum est: 'Non omnis mulier viro iuncta uxor est viri, quia nec omnis ßlius heres est patris. Nuptiarum autem foedera inter ingenuos sunt legitima et inter aequales. Itaque, aliud est uxor, aliud concubina, sicut aliud ancilla, aliud libera. Igitur si quis fìliam suam viro habenti concubinam in matrimonium dederit, non ita accipiendum est, quasi earn coniugato dederit, nisi forte ilia mulier et ingenua sit facta et dotata legitime et in publicis nuptiis honestata videatur '. Unde paternam sequentes auctoritatem sub praesenti huius sancti catalogo concilii statuimus et libere iudicamus, ut, quisquis liber libertatem, hoc est ex ancilla per manumissionem et regalem largitionem liberam factam, legitime in matrimonium duxerit, ulterius habere debebit tamquam unam ex nobili genere progenitam, excepta fornicationis causa; et quamdiu illa vivat, nullam aliam accipiat. Est igitur, ut ex decretis papae Leonis praediximus, 'ingenua facta et dotata legitime et in publicis honestata nuptiis et propterea iam non est concubina, sed uxor legibus adquisita '. Haec eadem lex pro qualitate sexus sitfeminis et viris libertis. " M G H Cap. II, Nr. 252, S. 235.
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verheiraten, während der außereheliche sexuelle Kontakt zwischen Herrin und (fremdem wie eigenem) servus doch streng verboten war45? Mit Zustimmung der Eltern konnte eine Freie einen servus heiraten, wenn sie ihm in die Knechtschaft folgte46. Dies ist nur für gesellschaftlich nicht sehr hochstehende Frauen vorstellbar, denn deren Familien hätten wohl kaum einem solch drastischen sozialen Abstieg des eigenen Familienmitglieds (und dessen Nachkommen) zugestimmt. Mitunter findet sich eine mildere Rechtsprechung, nach der Ehen zwischen freien Frauen und unfreien Männern möglich waren, ohne daß die freie Person und ihre Nachkommenschaft in Knechtschaft fielen, indem der Herr eine entsprechende carta ausstellte47. Einhard setzte sich brieflich48 dafür ein, daß eine Freie und ein servus die Heiratserlaubnis vom Vater der Frau erhielten, obwohl der Vater die Tochter bereits zurückgefordert hatte. Voraussetzung sollte sein, daß der servus zuvor die Freiheit erlangte49. Es scheint, daß dem Vater die Zustimmung zur Ehe sonst nicht 45
Siehe oben, Teil I, Kap. 6.4; Regino von Prüm, Libri duo II, 146: Si qua ingenua mulier servo proprio se occulte miscuerit, capitaliter puniatur. Servus etiam, quae in adulterio dominae convictus fuerit, ignibus exuraturf...]" Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 269f. 46 Lex Salica 25, 4 (siehe oben, S. 127, Anm. 30). Capitula legi salicae addita (um 819; MGH Cap. I, Nr. 142, S. 292, c. 3); Lex Ribvaria 61, 18: „Quod si ingenua Ribvaria servum Ribvarium secuta fuerit et parentes eius hoc refragare voluerint, offeratur ei a rege seu a comite spada et cunucula. Quod si spadam acciperit, servum interficiat. Sin autem cunuculam, in servitioperseveret. " MGH SS LL nat. Germ. 3,2, S. 113. 47 Responsa misso cuidam data, Karl d. Gr. 801-814 (nach Ganshof, Kapitularien S. 167 von 802-813) c. 8, MGH Cap. I, Nr. 59, S. 145. Formulae Salicae Lindenbrogianae 20, sogar bei Frauenraub eines freien Mädchens durch einen Sklaven: „[...] Licet ergo ut te servus meus nomine ille absque voluntate parentum tuorum te ad coniugium visus fuit sodasse, unde vitae periculum incurrere debuit, si non quam plures extraneae persone vel etiam inlustres hac de causa sepius intervenissent, [...] tarn tu quam et agnatio tua, quae de ipso servo procreati fuerint, omni tempore ingenui sint et ingenui permaneant [...] mundeburde vel defensionem, ubicumque elegere voluerint, licentiam habeant elegendi [...]. " MGH Form. S. 281; siehe auch Formulae Salicae Merkelianae 31, MHG Form. S. 253 (Nehlsen-van Stryk, Die Freien, S. 436: aus der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts für Nordfrankreich, nach salfränkischem Recht.); Für den elsässischen Raum: Formulae Alsaticae 18 und 19, MHG Form. S. 334. Für Alemannien: Formulae Augienses Coli. B 41, MGH Form. S. 363. Hierzu: Heinritz, Die eherechtlichen Bestimmungen, S. 75ff. 48 Zu den Einhardbriefen: M. Stratmann, Einhards letzte Lebensjahre (830-840) im Spiegel seiner Briefe, in: Einhard. Studien zu Leben und Werk, H. Schefers (Hg.), Darmstadt 1997, S. 323-339. B. Kasten, Aspekte des Lehnswesens in Einhards Briefen, in: Einhard. Studien zu Leben und Werk, H. Schefers (Hg.), Darmstadt 1997, S. 247-267. 49 „IN CHRISTI NOMINE. EfINHARTUS] ABBAS ILL.FIDELI NOSTRO SALUTEM. Tu nosti, iuxta quod potuimus, voluntatem tuam adinplere curavimus, in eo quod filiam tuam tibi reddere facimus. Et ideo rogamus te, ut propter honorem et amorem sancii N.
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zugemutet werden konnte. Das Argument Einhards, die Eheschließung zu erlauben, bestand darin, die allgemeine Verachtung, der die Frau wegen der Affäre mit dem Unfreien sonst ausgesetzt sein würde, abzuwenden. Wie beim Frauenraub sollte auch hier die Familienehre geheilt werden, indem man etwas zuließ, was prinzipiell äußerst unerwünscht war. Auch Imma, die Ehefrau Einhards, intervenierte. Bezeichnenderweise schrieb sie mit Blidtruth (die sie ihre Schwester nennt) eine Frau an und bat sie, sich bei ihrem Ehemann Albuin für einen Sklaven einzusetzen, der eine Freie geheiratet hatte50. Beide Paare sind zu Einhard und Imma nach Seligenstadt „zur Schwelle der Heiligen Marcellinus und Petrus" geflohen51. Es zeigt sich, daß unfreie Männer und freie Frauen gleichermaßen in ihrer Partnerwahl eingeschränkt waren. Nur mit Zustimmung der Gewalthaber - Besitzer oder Verwandte - durften sie sich verbinden. Allerdings scheinen sich weder Frauen noch Unfreie immer daran gehalten zu haben, trotz der Furcht vor Bestrafung. Man konnte sich ja Beistand verschaffen durch boni homines, die halfen, eine verbotene Ehe im nachhinein zu legalisie, 5 2
ren . Der umgekehrte Fall, die Erlaubnis für freie Männer, Mägde zu heiraten, ist nicht belegt. Ein deutliches Verbot findet sich in den Leges53. Freie Männer nahmen ihre eigenen Mägde zu Konkubinen, heiraten konnten sie nur Freigelassene und Freie, wenn sie nicht selbst in Knechtschaft fallen wollten. Selbstverständlich konnte jeder Herr seine Unfreie zunächst freilassen und dann heiraten.
et nostrum nobis consentias ad hoc, ut, si ilium hominem ad libertatem venire faciamus, eundem fìliam tuam permittas in coniugium accipere. Quia melius nobis videtur esse, ut iterum illi homini, si liber factus fuerit, coniungatur, quam ut ab ominibus repudietur. Bene valete. " MGH Epp. 5, Nr. 60, S. 139. so DILECTISSIME SOROR1BLIDTHRUT IMMA AMICA ET BENE CÜPIENS TUA AETERNAM IN DOMINO SALUTATEM. Quidam servus vester de Makesbah nomine Wenilo quondam liberam feminam accepit sibi in coniugium; et modo timendo iram vestram simul et domini sui Albuuini confugit ad limino sanctorum Marcellini et Petri. Pro quo rogo caritatem tuam, ut mea vice apud illum intercedere digneris, quatenus ei liceat cum sua et tua gratia feminam illam, quam accepit, habere. [...]" MGH Epp. 5, Nr. 37, S. 128. 51 Hartmann, Liebe und Ehe, S. 202. 52 Stratmann zufolge belegen diese Briefe Immas und Einhards „eine Lockerung des Verbots der Verbindung zwischen Standesungleichen" und „die Annäherung solcher Verbindungen an die Rechtsform der Freienehe" Stratmann, Einhards letzte Lebensjahre, S. 334. 53 Lex Ribuaria 16, 14 u. 15, Lex Salica 25, 3.
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Eine freie Frau dagegen brachte ihr Leben in Gefahr, wenn sie sich auf eine außereheliche Beziehung mit ihrem eigenen oder einem fremden Knecht einließ 54 . Der Schlüssel zum Verständnis liegt einerseits in der für die Schließung einer rechten Ehe wesentlichen Munt, die kein Unfreier erwerben konnte 55 , andererseits im Status der Frau. War sie Magd, konnte sie nur Konkubine sein, war sie frei, durfte sie keine sexuellen Beziehungen - schon gar nicht mit Unfreien - haben. Nur scheinbar korrelieren diese Beobachtungen mit den Forschungsergebnissen von Emily Coleman zur Bevölkerung der Grundherrschaft von Saint-Germain-des-Pres. Trotz eines hohen Männerüberschusses unter den Hufenbauern 56 ließen sich keine guten Aufstiegschancen für Frauen feststellen, die ,gute Partie' machten sie durchweg nicht. In über 75 Prozent der Ehen Standesungleicher heirateten die Frauen unter ihrem eigenen Stand57. So finden sich unter den unverheirateten Frauen sehr viele ancillae58. Als Begründung vermutet Coleman, daß es um die Vererbung des mütterlichen Standes ging. Ein servus, der eine Litin heiratete, stellte somit seine Deszendenten sozial besser, wie im Polyptychon von SaintGermain erkennbar59. Dies bestätigen Rechtsquellen 60 . Eine solche Hei54 55
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Siehe oben, S. 240, Anm. 45 u. 46; Teil I, Kap. 6.4. Aus diesem Grund sind in der Formulae Salicae Lindenbrogianae 20 der Herr des Unfreien und die freie Entflihrte Verhandlungspartner. Deutlich heißt es hier, die freie Frau könne mundeburdium und defensio suchen, wo sie wolle. Der Unfreie konnte beides nicht wahrnehmen, siehe oben, S. 240, Anm. 47. Emily R. Coleman, The Serfs of Saint-Germain-des-Pres, University of Wisconsin 1972; Dies., Medieval Marriage Characteristics, in: Journal of Interdisciplinary History 2,2 (1971), S. 205-219, bes. S. 209f; So kamen auf 115-156 Männer ca.100 Frauen. Die Begründung Colemans für diese Mißverhältnis, der Tod von Frauen im Kindbett, eine höhere männliche Mobilität zu den Arbeitsmöglichkeiten der klösterlichen Grundherrschaft (Rodungen), der höhere Bedarf an männlichen Arbeitskräften in Rodungsgebieten und gezieltes Töten weiblicher Säuglinge wurde nicht von der Forschung angenommen, sondern widerlegt. Frauen wurden vielfach nicht dokumentiert, wenn ihr Ehemann ein Fremder war, d.h. die Frau persönlich nicht abgabepflichtig war. Zudem lag das Heiratsalter von Mädchen niedriger, sie verließen wesentlich früher das Elternhaus, P. Toubert, Die karolingischen Einflüsse, in: Die Geschichte der Familie, Burguiere (Hg.) Frankfurt a.M. 1997, S. 97f. Coleman, Medieval Marriage, S. 210. Ebd. S. 216. Ebd.S. 213; so auch Goetz, Frauen im frühen Mittelalter, S. 266. Beispiele: Polyptyque, IX, 25; XIII, 65.67.68, ed. D. Hägermann, Das Polyptychon von Saint-Germain-desPr6s, Köln, Wien, Weimar 1993, S. 113; XIX, 18; XVII, 45: XXIV, 3,169; XXV, 42; Zur demographischen Situation: K. Elmshäuser / A. Hedwig, Studien zum Polyptychon von Saint-Germain-des-Pnis, Böhlau 1993, bes. S. 506. Edictum Pistense 864, c. 31 :„[...] et cuius fuerit vir vel femina, mancipium suum quaeque potestas recipiat, et suae potestatis homini coniungere faciat. Et si infantes inde
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ratspolitik hatte zur Folge, daß nachweislich in der nächsten Generation deutlich weniger Unfreie auftraten, sie führte somit zu einer Nivellierung des Unfreienstandes61. Coleman problematisiert nicht die relativ geringe Anzahl der Unfreien, Männer wie Frauen. Von insgesamt nur 79 aufgeführten ancillae62 waren immerhin 22 mit einem colonus verheiratet63, 34 mit einem servus64, 7 mit einem lidus65. Eindeutig unverheiratet waren 6 ancillae66, 9 weitere hatten Kinder bei sich, ohne daß ein Ehemann genannt ist67. Man kann also keinesfalls davon ausgehen, daß eine ancilla, wenn überhaupt, mit einem servus verheiratet war. Dieser Widerspruch zu den Aussagen der Leges, die eine Ehe zwischen Magd und freiem Mann verbieten, läßt vermuten, daß zur Zeit der Abfassung des Polyptychons von Saint-Germain bereits eine Nivellierung der Standesunterschiede insofern stattgefunden hat, als zwischen standesungleichen Leuten einer Klostergrundherrschaft Ehen möglich waren. Eine weitere Erklärung wäre, daß im Zuge der zunehmenden Akzeptanz der Ehefahigkeit von Unfreien im Polyptychon von Saint-Germain-des-Pres jede längerfristige Beziehung als ehelich bezeichnet wurde. Da Konkubinate und Ehen nicht differenziert werden, war die Beziehungsform der Klosterleute in diesem Zusammenhang nicht von Belang. Zwischen Männern und Frauen des Unfreienstandes existierten soziale Unterschiede68. Der Status der ancilla war noch unterhalb demjenigen eines servus angesiedelt, da die ancilla ihren Rechtsstatus vererbte69, somit nicht nur sie, sondern auch ihre Nachkommen stigmatisiert waren. Der Terminus ancilla blieb im Gegensatz zum servus während des weiteren Mittelalters stabil. Während allgemein im Verlauf des Mittelalters von einer abnehmenden Zahl Unfreier ausgegangen wird, blieb der Be-
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nati sunt, secundum legem et antiquam consuetudinem nostram infantes matrem sequantur. [...]" MGH Cap. II, Nr. 273, S. 324 Coleman, Medieval Marriage, S. 214. Gezählt wurden nur die ancillae, die sich eindeutig einer Ehe zuweisen ließen. Polyptychon von Saint-Germain-des-Pres, Breve II, 38; VII, 64; IX, 26; XIII, 51 u. 57; XV, 78 u. 83; XVI, 75; XVIII, 5 u. 6; XXI, 53; XXII, 32; XXIII, 5; XXIV, 37 u. 107 u. 118 u. 156 u. 157 u. 161 u. 179; XXV, 6 u. 16. Breve VII, 18 u. 67; IX, 214 u. 216 u. 220 u. 222 u. 223 u. 224 u. 229; XI, 3; XII, 33; XIII, 65 u. 72 u. 79 u. 81 u. 90 u. 94; XIV, 73 u. 75; XV, 70 u. 76 u. 78 u. 82; XVI, 73 u. 74 u. 76; XVII, 35 u. 46; XXI, 63; XXIII 25; XXIV, 33 u. 59 u. 119; Fragm. II, 6. Breve IX, 80 u. 155; XIII, 54 u. 56 u. 74 u. 75 u. 80. Breve I, 25; V, 11; XII, 44; XIII 65, 95; XXIII, 27. Breve IV, 37; XII, 10; XIII, 68 u. 76; XVI, 86; XX, 38 u. 39 u. 40 u. 41. Hierzu: S. M. Stuard, Ancillary evidence for the decline of medieval slavery, in: Past and Present 149, (1995), S. 4-28. Ebd. S. 7.
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darf an Mägden in bäuerlichen und städtischen Haushalten hoch. So belief sich der Sklavenhandel des hohen und späten Mittelalters hauptsächlich auf Mädchen und Frauen. Die Hausmagd stand auch in den nachfolgenden Jahrhunderten unter der Gewalt des Hausherrn. Sie konnte ebenso getötet, vergewaltigt und verkauft wie freigelassen und verheiratet werden70.
6.6 Zum Reglement von Konkubinaten zwischen Unfreien Selbst unfreie Männer lebten mit ihren Mägden im Konkubinat: Wenn ein servus seine Magd als Konkubine hielt, konnte auch er diese ohne weiteres entlassen, um eine Ebenbürtige, nämlich eine Magd seines Herrn, zu nehmen, auch wenn es hieß, die eigene Magd zu behalten, sei besser 71 . Ein kürzlich von Mordek edierter Zusatz zu dieser Verfügung stellt die Ehrenhaftigkeit eines servus in Frage, der auf Befehl des Herrn die Konkubine wechselt72. Regino von Prüm übernahm c. 7 des Decretum Vermeriense von 758-768 wörtlich, jedoch ohne den Zusatz „sed melius est suam ancillam teuere "73. Der fromme Wunsch, die erste Frau zu behalten, konnte demnach nicht durchgesetzt werden.
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Ebd. S. 13. Sie konnte sich als Hausmagd aufgrund der häuslichen Kontrolle kaum entziehen und entlaufen (ebd. S. 15). Sie war unverheiratet, hatte als Schutz nur den Herrn, war aber nicht vor ihm geschützt (ebd. S. 17). Decretum Vermeriense, 756/768?, c. 7: „Si servus suam ancillam concubinam habuerit, si ita placet, potest, illa dimissa, comparem suam, ancillam domini sui, accipere; sed melius est, suam ancillam tenere. " MGH Cap. I, S. 40. Die Zuordnung und Datierung des Decretum ist strittig, nach Hartmann gehört es zur Synode von Verberie, ders., Die Synoden, S. 73. Capitulum post Decretum Vermeriense conferendum (756/768?): „Potest seruus honoratus, si dominus eius uoluerit ei dare ancillam ad concubinam habere, postea aliam accipere, si domino placet? " H. Mordek (Hg.), Bibliotheca capitularium regum Francorum manuscripta, München 1995, S. 973, Nr. 4. Der Zusatz ist Mordek zufolge als eine Frage, die sich der Gesetzgeber nach Erlaß des c. 7 stellte, zu verstehen. Warum sollte der Gesetzgeber aber einen noch zu klärenden Sachverhalt in Form einer Frage notieren, wenn vorher genau dieser Inhalt beschieden worden war? Vielmehr muß die Notiz vor dem Decretum Vermeriense als Vermerk zu einem noch zu behandelnden Topos entstanden sein. Regino von Prüm, Libri duo II, 119, Wasserschieben, Leipzig 1840, S. 261.
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Der Terminus ,concubina' läßt sich ein weiteres Mal auf die unfreie Beischläferin eingrenzen 74 . Das Konkubinat wurde als vorübergehende Liebesbeziehung Unfreier anerkannt, die Konkubinen waren austauschbar. Mägde standen nicht nur ihren Herren, sondern auch unfreien Männern als Konkubinen zur Verfugung. Befaßte sich bis zum 8. Jahrhundert niemand mit der Reglementierung des Konkubinats von Unfreien, stellte sich nun die Frage, ob es statthaft sei, die Konkubine zu wechseln, wenn sich dadurch der Status eines (unfreien) Mannes verbesserte. Trieb ein Sklave aber nach seiner Freilassung mit der Magd seines Herrn ,Unzucht', mußte er sie auf Wunsch des Herrn ehelichen, ob er wollte oder nicht75. Entließ der Freigelassene seine Konkubine, um eine andere heimzuführen, so sollte er diese wegschicken und die erste Magd wieder aufzunehmen. Konnte hier der noch Unfreie die Konkubine wechseln, besaß der Freigelassene eine andere ,Ehre'. Unterschiedliche Normen galten für Unfreie und Freigelassene hinsichtlich ihres Ehe- und Sexualverhaltens. Konecny zufolge beinhalteten die Kapitularien Pippins deutlich mehr kirchlich geprägte Eherechtsbestimmungen für Unfreie als für Freie. Weil bei Unfreien - besonders bei den kircheneigenen - weniger Widerstand zu erwarten war, könnte hier der kirchliche Einfluß auf das Eheverständnis angesetzt worden sein76. Aber wollte sich die Kirche über Herrenrechte hinwegsetzen? Im Einvernehmen mit weltlichen Kräften sollten zwar einerseits Sklavenverbindungen als Ehen anerkannt werden, andererseits achtete man die Gewaltverhältnisse und beließ die Entscheidungsbefugnis über Unfreienehen ihrem Herrn 77 . Eine ,rechte Ehe' war auch unter Unfreien nach kirchlichem Verständnis keineswegs eine ,Konsensehe', sondern eine unter Zustimmung der Gewalthaber geschlossene Verbindung. 74
Nach Konecny „erweist sich der Begriff .concubina' als soziale Qualifizierung, die weitgehend frei von moralischer Wertung ist". Dies., Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 20. 75 Decretum Vermeriense, 758-768, c. 8: „Si quis servus, liberiate a domino suo accepta, postea cum ancilla eius adulterium perpetraverit, si dominus eius vult, velit nolit, ipsam ad uxorem habebit. Quod si ipsam dimiserit et aliam duxerit, cogatur omnino, ut posteriorem dimittat, et ipsam cum qua prius adulterium fecit recipiat, aut illa vivente nullam aliam habeat. " MGH Cap. I, S. 40. 76 Konecny, Die Frauen des karolingischen Königshauses, S. 20. 77 Capitula Italica, c. 12: "Ut coniugio servorum non dirimantur, si diversos dominos habuerint, sed in uno coniugio servi permanentes dominis suis serviant, sic tamen, ut ipsum coniugium legale sit et per voluntatem dominorum suorum iuxta illud euangelium: 'QuodDeus coniunxit, homo non separet. '" MGH Cap. II, Nr. 105, S. 218.
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7. Zum Wesen des fränkischen Konkubinats von der Mitte des 8. bis zum Ende des 9. Jahrhunderts Die sexuellen und ehelichen Beziehungen der Herrscher des 8. Jahrhunderts sind zum Teil schwer durchschaubar und kaum in regelhafte (moderne) Schemata zu pressen. Daraus kann nur geschlossen werden, daß die Art der Beziehung, die ein Herrscher wählte, allein von diesem selbst (und der Familie der Frau) bestimmt wurde und keine erbrechtlichen Konsequenzen nach sich zog. So entschieden die Pippiniden und ersten Karolinger über die Herrschaftsnachfolge durch Anwendung des ins paternum, wobei sie sich nicht unbedingt von der Form der Beziehung zur Mutter eines potentiellen Nachfolgers leiten ließen. Erst seit Karl dem Großen wurde die kirchlicherseits erwünschte rechtmäßige Ehe von Herrschern für den Ausschluß nun illegitim genannter Söhne auf das Nachfolgerecht instrumentalisiert. Die zur Verfügung stehenden Beziehungsformen benennt ein Mann, der es wissen mußte: Lothar II. differenziert einzig Konkubinen und Ehefrauen, die - anders als zwei Ehefrauen - auch gleichzeitig existieren konnten. Das kirchliche Verbot des nebenehelichen Konkubinats ignorierten die Karolinger jedoch bis zum Ende des Untersuchungszeitraums. Nur in einem einzigen Fall (Lothar I.) sind explizit Mägde als Beischläferinnen eines Karolingers zu finden, eine von ihnen (Doda) stand in hohem Ansehen bei ihrem Liebhaber, ihr Sohn erhielt einen dynastischen Namen. An Standesschranken hielten sich Herrscher bei Eheschließungen in höherem Maße als zur Zeit der Merowinger, sie heirateten ihre Mägde nicht mehr. Die Herkunft ihrer Konkubinen wird in den Quellen selten eindeutig geklärt. Die Konkubine eines unverheirateten Mannes qualifizierte sich nicht zur Ehefrau. Per Kapitular wird angeordnet, daß die Konkubine zu entlassen und eine jungfräuliche puella zur Ehefrau zu nehmen sei. Dies widerspricht entschieden der Theorie der vorehelichen Konkubinate mit Töchtern angesehener Familien, die später zu Ehen fortschritten. Nur ein einziges Mal führte das voreheliche Konkubinat eines Karolingers mit einem Mädchen aus nachweislich vornehmen Haus (Karl der Kahle und Richilde) später zur Ehe. Die Herkunft Liutgards, erst Konkubine, dann Ehefrau Karls des Großen, ist nicht genauer bekannt. Die Eheschließung Liutgards mit Karl erfolgte wohl aufgrund des bevorstehenden Treffens mit Papst Leo III. 799 in Paderborn. So waren die Konkubinen der Karolinger zumindest teilweise zwar freier, aber nicht ,edler' Herkunft, denn sehr fraglich bleibt, ob mächtige Familien ihre Töchter in ein Konkubinat
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gaben, in dem nicht nur ihre Abstammung bedeutungslos war, sondern zudem kaum Aussicht auf eine spätere Ehe bestand. Nach wie vor herrschte ein strenger Sittenkodex für freie Frauen. Nicht nur die Hagiographie betont die gesellschaftliche Bedeutung der virginitas junger Mädchen, auch die Leges verboten ihnen jeglichen außerehelichen sexuellen Umgang. Die einzig erlaubte Beziehungsform für eine freie Frau war noch immer die von den parentes herbeigeführte Muntehe. Sie wurde nicht in ein Konkubinat gegeben, denn dies war keine ehrenhafte Verbindung. Trotz weiterhin bestehender schwerer Sanktionen mehren sich in der Karolingerzeit die Zeugnisse über (erfolgreiche) Ausbrüche von Frauen der Herrscherdynastie und anderer angesehener Familien aus der muntrechtlichen Bewachung. Die Karlstöchter bilden hier eine große Ausnahme. Allein von ihnen ist die (vielleicht nur stillschweigende) Toleranz außerehelicher sexueller Kontakte vornehmer Frauen überliefert. Dieses Verhalten ist allerdings ohne die Zustimmung Karls nicht denkbar und im Zusammenhang mit seinem Interesse an der dynastischen Neutralisierung' der Töchter zu sehen. Ansonsten war das Urteil der Gesellschaft eindeutig: Suchte sich eine Frau ihren Mann selbst aus, ließ sie sich entführen oder verließ sie eigenmächtig den Ehemann, waren dies Skandale. Die wenigen Hinweise auf außereheliche Beziehungen freier Männer mit freien Frauen lassen lediglich auf heimliche sexuelle Verhältnisse schließen. Verhielten sich Frauen ,unmoralisch', drohte ihnen noch immer Vermögensverlust, gesellschaftlicher und sogar physischer Tod. Für freie Männer außerhalb der Herrscherdynastie, die in ökonomischer Hinsicht eine Konkubine unterhalten konnten, sind ausschließlich Mägde als Beischläferinnen bezeugt, die sie im eigenen Hause, auch neben der Ehefrau, hielten. Diese Männer sorgten mitunter erbrechtlich für die Konkubinenkinder, manchmal auch für deren Mütter. Dies geschah durchaus im Einvernehmen mit der Kirche, die nur dann entschieden gegen das Mägdekonkubinat einschritt, wenn mehrere Familienmitglieder eine Magd sexuell beanspruchten und damit Inzest vorlag. Die sexuelle Verfugung eines Herrn über seine eigene Magd wurde auch gegen Ende des 9. Jahrhunderts nicht grundsätzlich von der Kirche eingeschränkt. Es wurde vielmehr weiterhin lediglich versucht, das schon seit Jahrhunderten geforderte Verbot des nebenehelichen Konkubinats durchzusetzen.
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II. Ergebnisse II. 1 Zum Einfluß des römisch-rechtlichen auf das frühmittelalterliche Konkubinat Die frühen kirchlichen Stellungnahmen zum Konkubinat sind originär auf den gallo- und ibero-romanischen Raum zurückzuführen. Dies läßt für das 5. und 6. Jahrhundert eine Verbindung dieser Regionen zur spätantiken römischen Institution des Konkubinats vermuten, die sich im Kirchenrecht niederschlug. In der Spätantike galt das Konkubinat als alternative Verbindungsform für Personen, die kein matrimonium iustum eingehen konnten oder wollten, als zwar gesetzlich nicht sanktionierte, aber gesellschaftlich minderwertige Form des Zusammenlebens. Als eine solche Rechtsform war das römische Konkubinat im 5. Jahrhundert jedoch nicht mehr existent. Rechtstexte scheinen den Konkubinatsbegriff in der Nachfolgezeit vermieden zu haben, um gerade keine rechtliche Nähe zum römischen Konkubinat aufkommen zu lassen. In diesem Zusammenhang entstand der Kanon 17 des ersten Konzils von Toledo aus dem Jahr 400, in dem es freien Männern freigestellt wurde, eine Konkubine oder eine Ehefrau zu haben, solange sie sich mit einer einzigen Frau begnügten. Die Kirche stellte sich in ihrer Rechtsprechung nicht gegen das überkommene römische Recht - so stark war ihr Einfluß nicht, Konkubinate grundsätzlich zu verdammen. Sie beschränkte sich darauf, die Einhaltung der Monogamie zu fordern. In dieser Form wurden Bestimmungen über Konkubinate auch in das spätrömische Recht, das unter den Westgoten für die romanische Bevölkerung Geltung besaß, übernommen und fand auf diesem Weg Verbreitung im Frankenreich. Ebenfalls aus dem romanischen Raum des 5. und 6. Jahrhunderts stammen die zeitgenössischen Schilderungen des Salvian von Marseille, des Cäsarius von Arles und einiger Heiligenviten, die von Konkubinaten berichten. Einzelne Kirchenvertreter waren keineswegs mit der liberalen' Rechtsprechung einverstanden sofern sie außereheliche Beziehungen betraf. Entschieden drohten sie mit himmlischen Strafen und prangerten die herrschende Sexualmoral an. Auf dieses römisch-rechtlich geprägte Christentum trafen die Franken, nicht allein durch die Taufe, sondern auch nach der Ansiedlung im alltäglichen Kontakt mit der gallo-romanischen Bevölkerung. Konkubinate mit den eigenen Haussklavinnen waren bei den Romanen üblich, so selbstverständlich, wie es für die Franken war, nach ,Herrenrecht' die eigenen Mägde als Beischläferinnen zu frequentieren. Die Sitten der
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Franken und der Gallo-Romanen müssen soweit konform gegangen sein, daß der Kanon 17 des ersten Konzils von Toledo von 400 ohne weiteres von der sich etablierenden fränkisch-christlichen Gesellschaft tradiert und noch 852 auf dem Konzil von Mainz in vollem Wortlaut rezipiert wurde. Im Gegensatz zu Toledo I, 17 fand der Leo-Brief an Rusticus als weitere über die Jahrhunderte beinahe unverändert überkommene kirchenrechtliche Stellungnahme zum Konkubinat keinen Niederschlag in den leges Romanae. Die rechtliche Verbindung zwischen dem römischen und dem fränkischen Konkubinat beschränkte sich somit auf die Vermittlung der kirchlichen Minimalforderung der Monogamie. Konkubinate römischer wie fränkischer Männer standen nun gleichermaßen außerhalb des Rechts, sie waren Privatangelegenheiten' geworden. In diesem Sinne waren es nicht die römischen Rechtstraditionen, die sich durchsetzten, sondern vielmehr die Gewohnheiten von Männern germanischer Herkunft.
II.2 Wandel und Kontinuität in den außerehelichen Beziehungen vom 5. bis zum Ende des 9. Jahrhundert Wandel Vergleicht man das Ehe- und Sexualverhalten der Herrscher des 6. mit dem der Herrscher des 9. Jahrhunderts, so steht die zunehmende Akzeptanz des kirchlichen Eheverständnisses (Monogamie, Unauflöslichkeit) einem wenig veränderten außerehelichen Sexualverhalten freier Männer gegenüber. Wie die Merowinger pflegten auch die karolingischen Herrscher Konkubinate mit Frauen niedrigeren Standes - auch neben einer Muntehe. Dies kollidiert nur scheinbar mit der Aussage, das Monogamieverbot würde zunehmend beachtet werden, denn auch in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts beschränkte sich dieses Verbot auf das Eingehen von zwei Muntehen. Konnten Mägde in der Merowingerzeit noch über die Funktion als Konkubinen zu Ehefrauen und damit zu Königinnen aufsteigen, war dies bei den Karolingern unmöglich geworden. Da sich die neue Dynastie erst noch innerhalb des Adelsgefuges im Frankenreich etablieren mußte, konnte sie sich eine derartige Praxis nicht leisten. Die Aufstiegschancen und sicher auch das gesellschaftliche Ansehen einer Konkubine verschlechterte sich damit im Laufe des frühen Mittelalters drastisch. Je mehr darauf geachtet wurde, daß eine Ehefrau guter
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Herkunft war, umso besser und sicherer wurde ihre Stellung im Haus des Gatten: Ihre Familie überwachte ihre standesgemäße Behandlung. Schon zu Beginn des 6. Jahrhunderts mußten Merowingerherrscher dies den Familien ausländischer Prinzessinnen gewährleisten, wenn sie sich denn zu einer standesgemäßen Ehe entschlossen. Doch erst unter den Karolingern waren Ehefrauen ausschließlich guter Herkunft und setzten endgültig , Standards' für die Umgehensweise mit einer Ehefrau fest. Theutberga konnte nicht mehr ohne weiteres beiseite geschoben werden, Lothar I. und Karl der Kahle warteten das Ableben ihrer aus bedeutenden Familien stammenden Gattinnen ab, bis sie sich öffentlich ihren Konkubinen zuwandten. Die zunehmend deutlichere Differenzierung von Ehe und Konkubinat seit Karl dem Großen steht in Zusammenhang mit einer veränderten Nachfolgeregelung der Herrscher. Den Merowingern war in der Nachfolgefrage die Herkunft der Mütter ihrer Thronfolger ebenso gleichgültig wie die Form der Beziehung zu ihnen: Söhne von unfreien Konkubinen besaßen den gleichen Nachfolgeanspruch wie die Söhne rechtmäßig geehelichter ausländischer Prinzessinnen. Die frühen Karolinger behielten sich das ius paternum vor und entschieden individuell über die Herrschaftsnachfolge. Nicht unbedingt ließen sie sich von der ehelichen Geburt eines potentiellen Nachfolgers beeinflussen. Indem man die kirchliche Forderung nach der rechten Ehe zur Wahrung eigener Interessen (Ausschaltung „überzähliger" Söhne) instrumentalisierte, öffnete man dem kirchlichen Einfluß auf das Eherecht Tür und Tor. Erst über den Zugriff auf das im öffentlichen Interesse stehende Eherecht ergab sich allmählich der Zugriff auch auf das Sexualverhalten freier, besonders mächtiger Männer, wie es Bischof Jonas von Orléans unter Ludwig dem Frommen versuchen sollte - wenn auch nicht besonders erfolgreich. Der seit der Mitte des 9. Jahrhunderts wiederaufgenomme spätantike Terminus pellex zur Differenzierung von Konkubinen verheirateter Männer spricht jedoch zumindest für eine zunehmende gesellschaftliche Sensibilisierung hinsichtlich des Verbots nebenehelicher Konkubinate.
Kontinuität Während des gesamten Untersuchungszeitraums waren die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sich die Beziehungen zwischen den Geschlechtern abspielten: a.Der Aspekt der Herrschaft von Männern über Frauen, der gleichermaßen die Machtverhältnisse zwischen freien Männern und Frauen (Ge-
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schlechtsvormundschaft) wie auch zwischen Herrn und Magd (Herrenrecht) beeinhaltete. b.Der Aspekt der Frauenehre, der den Handlungsspielraum freier Frauen festlegte. c.Der kirchliche Einfluß, der diese Aspekte beeinflußte und zu modifizieren versuchte.
a. Der Aspekt der Herrschaft von Männern über Frauen Als wesentliches Merkmal sexueller und ehelicher Beziehungen zwischen Personen freien Standes konnte die Geschlechtsvormundschaft als normative Prämisse herausgearbeitet werden. Die Munt war die Entscheidungsinstanz über weibliche Sexualität und für das Eingehen von Liebesund Ehebeziehungen. Ganz besonders deutlich wird dies beim Tatbestand des Frauenraubs, der zumeist nicht von der Entfuhrung differenziert wurde, da die Einwilligung der Frau selten relevant, höchstens für ihre Mitbestrafung von Belang war. Weibliches Verhalten wurde in hohem Maße kontrolliert. Diesen Kontrollinstanzen nach innen stand der Schutzaspekt nach außen gegenüber, der bei Fehlverhalten entzogen wurde. Mögliche Beziehungsformen bewegten sich innerhalb des gesellschaftlichen Rahmens der klar definierten und voneinander abgegrenzten Munt- und Besitzbefugnisse, die sich auf freie Männer verteilten. Konkubinate standen nicht außerhalb der patriarchalischen Machtverhältnisse, die freie Frauen zumeist ihr Leben lang unter Vormundschaft beließen, sondern waren im Gegenteil ein deutlicher Ausdruck derselben. Konkubinen waren nicht gleichberechtigt, sie hatten eindeutig eine wesentlich schwächere Position als ihre Liebhaber. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß eine Konkubine freier Herkunft in der Munt ihrer Familie verblieb. Ein Mann, besonders ein mächtiger, konnte sich unter Beachtung gewisser Regeln quasi nehmen, wen er wollte, um seine Sexualität auszuleben. Verboten war es freien Männern nur, in die Verfügungsgewalt anderer Freier einzubrechen und sich fremden Ehefrauen und Töchtern zu nähern. Eine freie Frau, die die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich zog, konnte sich dieser nur mit Hilfe ihrer Familie entziehen. Im gesamten Untersuchungszeitraum wurde die Konkubine immer wieder mit der Unfreien identifiziert. Es war die eigene Magd, die dem frühmittelalterlichen freien Mann für seine außerehelichen sexuellen Wünsche zur Verfügung stand. Die ihrem Herrn gegenüber rechtlose
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Magd, deren eigenes Befinden ohne Belang war, war die typische Konkubine. Jede freie Frau, die sich in ein Konkubinat begab, näherte sich dieser rechtlosen Situation, die sie auch ökonomisch ganz von ihrem Liebhaber abhängig werden ließ. Ihre einzige Versorgungsmöglichkeit bestand in freiwilligen Zuwendungen durch ihren Liebhaber - kein einziger Hinweis auf den Erhalt einer ,Morgengabe' ließ sich finden. Eine Freie, die ohne Zustimmung ihrer Familie zu einem Mann ging, verlor aber ihr Hab und Gut und jeden Anspruch auf das Familienvermögen. Nur mit Zustimmung ihrer Familie, unter deren Munt sie stand, konnte sie sich demnach gefahrlos in ein Konkubinat begeben. Eine solche Praxis läßt sich jedoch quellenmäßig nicht verifizieren. Eine Familie wird ihre Tochter zudem kaum freiwillig und gern als Konkubine hergegeben und sie damit einem rechtlosen Verhältnis ausgesetzt haben, das sie in die soziale Nähe einer Unfreien rückt.
b. Der Aspekt der Frauenehre Ein bedeutender gesellschaftlicher Unterschied zwischen freien und unfreien Frauen lag in der ,Frauenehre', dem Wohlverhalten freier Frauen im sittlichen Bereich. Wer sich als Mann auch außerehelich seine sexuellen Wünsche erfüllte, konnte bei der Planung einer Eheschließung andere Schwerpunkte setzen. Eine Heirat mußte gut überlegt sein. Nur eine jungfräuliche Braut, die dann unter völliger Kontrolle des Ehemannes stand, garantierte die erwünschte Nachkommenschaft. Eine Familie, die den guten Ruf ihrer Tochter nicht bewachte, konnte diese nicht angemessen verheiraten. Nur eine ordnungsgemäß durch ihre Familie verheiratete Jungfrau war sozial geehrt und geachtet - dies war das gesellschaftliche Ideal1. Danach standen freie Frauen als potentielle Konkubinen nicht zur Verfugung, besonders wenn sie aus angesehenen Familien kamen. Die wenigen Konkubinen freier Herkunft, die im gesamten Untersuchungszeitraum nachgewiesen werden konnten, hatten demnach entweder keine Herkunftsfamilie, die sie beschützte und bewachte (Tochter der
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„Das Geschlecht ist fundamental für die Ehre und ihre Verletzung. Demgegenüber sind Zivilstand und Lebensalter nachrangig." Martin Dinges, Ehre als Thema der historischen Anthropologie, in: Verletzte Ehre, S. 29-62, bes. S. 48. Die mittelalterliche Gesellschaftsordnung war in starkem Maße von der Akzeptanz der Standesehre abhängig, Ehrverletzungen lösten Konflikte aus. Gerd Althoff, Compositio. Wiederherstellung verletzter Ehre im Rahmen gütlicher Konfliktbeendigung, Verletzte Ehre, S. 63-76, bes. S. 67.
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Claudia), sie waren sehr selten Witwen (Aunegilde) oder als Kriegsbeute in die Nähe einer Unfreien gerückt (Deoteria, evtl. Swanahild). Herrscher mißachteten in der Wahl ihrer Konkubinen mitunter die gesellschaftliche Moral (Waldrada und Richilde). Versuchten dies Frauen, setzten sie sich einem offenen Skandal aus (Engeltrud, Hiltrud). Alle anderen Konkubinen freier Herkunft werden eher geringen Verhältnissen entstammt haben, so daß die Bewahrung ihrer Frauenehre nicht vorrangig war. Zu den Motiven einer Frau, sich in ein Konkubinat zu begeben, gibt es keine Aussagen. Das Einverständnis Waldradas und Richildes beispielsweise lässt vermuten, daß ihnen von vornherein die Ehe versprochen worden war, wenn auch Waldrada zunächst der Theutberga weichen mußte und auch später nur sehr kurzzeitig zur Ehefrau Lothars II. aufstieg.
c. Der kirchliche Aspekt Das Kirchenrecht schützte und stärkte während des gesamten Untersuchungszeitraums die gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse zwischen den Geschlechtern. Die Kirche akzeptierte das Recht des Herrn an seinen Unfreien, an dem sie selbst als größter Grundherr partizipierte. Vielfach stärkte das Kirchenrecht die Geschlechtsvormundschaft, verschärfte beispielsweise die Sanktionen für Frauenraub und Entführung. Keineswegs forderte die Kirche bis zum Ende des 9. Jahrhunderts die ,Konsensehe'. Die einzige Stellungnahme zu diesem Aspekt von Papst Nikolaus I. wurde in der Forschung überbewertet und zu wenig in Bezug zu den sonstigen Aussagen dieses Papstes und der Haltung der Kirche zum allgemeinen Eherecht gesetzt. Und doch hatte die Kirche ihre eigenen Ansichten zum Konkubinat, die sie gesellschaftlich durchzusetzen versuchte. Die häufige Heranziehung des Kirchenvaters Augustinus weist diesen im Verständnis der frühmittelalterlichen Kirche als anerkannte Autorität in der Frage sexueller Beziehungen von Gläubigen aus. Denn eben dieser sexuelle Aspekt ist es, der die Stellung der frühmittelalterlichen Kirche zum Konkubinat definierte. Sexualität erlaubt sie mit Augustinus theoretisch nur innerhalb einer lebenslangen, monogamen Beziehung zu Fortpflanzungszwecken. Hiermit stellt sie sich aber a priori außerhalb jeglichen Bezugs zu einer Realität, in der sie erst noch ihre Etablierung als gesellschaftliche Machtkomponente erkämpfen muß. So sieht sie außer in vereinzelten Äußerungen (zunächst) von einem radikalen Verbot außerehelicher sexueller Kontakte ab. In diesem Zusammenhang ist die Minimalforderung der
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Monogamie ohne Rücksicht auf die Form der Beziehung in Toledo I, 17 und ihre jahrhundertelange Rezeption zu sehen. Ansonsten beschränkt sich die Kirche in der Bekämpfung von Inzest und Wiederheirat zu Lebzeiten eines Gatten auf die aus ihrer Sicht schlimmsten Mißstände innerhalb ehelicher und außerehelicher Beziehungen. Das größte Problem der Kirche hinsichtlich der Durchsetzbarkeit ihres moralischen Verständnisses liegt denn auch in den von ihr prinzipiell mitgetragenen, patriarchalisch geprägten gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen. Die weitreichenden sexuellen Vorrechte freier, insbesondere mächtiger Männer stehen dem christlichen Moralverständnis auch noch am Ende des Untersuchungszeitraums entgegen. Nur allmählich kann sich hier kirchlicher Einfluß Geltung verschaffen. Auch die Zeit Ludwigs des Frommen, der unter dem Einfluß des Jonas von Orléans als erster Herrscher versuchte, das Sexualleben von Eheleuten zu reglementieren und die voreheliche Enthaltsamkeit von Männern einzufordern, konnte keine abrupte Wende herbeiführen. Auf das Sexualverhalten der ihm nachfolgenden Karolinger hatte er kaum Einfluß. Scheint zumindest durch Ludwigs Engagement das nebeneheliche Konkubinat kirchenrechtlich stärker bekämpft worden zu sein, so konnte doch selbst 868 auf dem Konzil von Worms der Ehebruchbegriff keineswegs eindeutig auch auf Männer ausgedehnt werden, die lediglich die eigene Ehe brachen. Die Einflußnahme der Kirche auf das Sexualverhalten freier Männer kann nur als sehr schleppend bezeichnet werden.
Aliud est uxor, aliud concubina Die Qualität frühmittelalterlicher Konkubinate ist im Bereich der sexuellen Leidenschaft, in den Quellen amor genannt, zu suchen und mit einer fürsorglichen ehelichen Beziehung (Caritas, dilectio) kaum zu vergleichen, denn nach zeitgenössischem Empfinden bewies ein Mann seine eheliche Liebe zu einer Frau in der Höhe ihrer Dotierung und einer respektvollen Behandlung als Familienmutter. Amor definiert, in dieser Bedeutung stehend, sehr treffend das Wesen des frühmittelalterlichen Konkubinats als ein Verhältnis, das allein auf der sexuellen Anziehung beruhte, die ein Mann für eine Frau empfand, über die er aufgrund ihrer Lebensumstände auch einseitig als Objekt seiner Begierde verfügen konnte. Das gesellschaftliche Ansehen einer concubina und einer uxor korrespondierte mit dem rechtlichen Gefalle, das zwischen einer Freien und
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einer Unfreien herrschte. Es war fiir eine Frau viel erstrebenswerter, die rechtlich und ökonomisch abgesicherte Position einer Ehefrau zu erlangen, als innerhalb eines Liebesverhältnisses' eine vollkommen rechtlose Konkubine zu sein. In einer Gesellschaftsordnung dieser Ausprägung konnte es die ,Friedelehe' nicht geben.
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III. Anhang III. I Abkürzungsverzeichnis AA SS AfD AKG BM2
CCSL DA DD Der Neue Pauly Du Cange FMST Fred. Chron. Fred. Cont. FS Gregor Hist. HRG HZ Kleiner Pauly Lib.hist.Fr. LexMA LThK Mansi 15
MGH AA Cap. Cap. Ep. Conc. Const. DD Epp. Fontes iuris
256
Acta Sanctorum Archiv für Diplomatik Archiv für Kulturgeschichte Böhmer - Mühlbacher - Lechner, Regesta Imperii 1 (751-918), 2. Auflage 1908, ergänzter Nachdruck 1966 Corpus Christianorum, Series Latina Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Diplomata Enzyklopädie der Antike, Cancik, Hubert (Hg.), 1996ff Glossarium mediae et infimae Latinitatis Frühmittelalterliche Studien Fredegar, Chronicarum quae dicuntur Fredegarii scholastici libri IV .... cum continuationibus Festschrift Gregor von Tours, Historiarum libri decem Handwörterbuch zur Rechtsgeschichte Historische Zeitschrift Der kleine Pauly. Lexikon der Antike, Ziegler, Konrat / Sontheimer, Walther (Hg.), 1979ff Liber historiae Francorum Lexikon des Mittelalters Lexikon für Theologie und Kirche J. D. Mansi, Sacrorum conciliorum nova et amplicissima collectio, Vol. 15, Venedig 1767 (Nachdruck Graz 1960) Monumenta Germaniae Histórica Auetores antiquissimi Capitularía Capitula episcoporum Concilia Constitutiones Diplomata Epistolae Fontes iuris Germanici antiqui in usum scholarum separatim editi
Form. LL. nat. Germ. Poet. SS SS rer. Lang. SS rer. Mer. SS rer. Germ. Mon. Hisp. Migne PL MIÖG MUB Niermeyer QFIAB RAC RE Reg. Imp. RGA RhVjbl Schmitz I Schmitz II Settimane di studio TRE VSWG ZBLG ZfK ZGO ZRG.GA ZRG.KA
Legum Sectio V. Formulae Leges nationum Germanicarum Poetae Latini medii aevi Scriptores Scriptores rerum Langobardicarum et Italiae Scriptores rerum Merovingicarum Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi Monumenta Hispaniae sacra J.-P. Migne, Patrologia Latina Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Mittelrheinisches Urkundenbuch, 2 Bde., ed. H. Beyer u.a., Koblenz 1860 u. 1865 Mediae Latinitatis lexicon minus, Leiden 1976 Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Reallexikon für Antike und Christentum Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften, Georg Wissowa (Hg.) Regesta Imperii Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Rheinische Vierteljahrsblätter Schmitz, Hermann Josef, Die Bußbücher und die Bußdisziplin der Kirche, Mainz 1883 Schmitz, Hermann Josef, Die Bußbücher und das kanonische Bußverfahren, Düsseldorf 1898 Settimane di studio del centro italiano di studi sull'alto medioevo Theologische Realenzyklopädie Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Zeitschrift für Bayrische Landesgeschichte Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung
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III. 2 Quellenverzeichnis Adrevald von Fleury, Miracula sancti Benedicti, ed. HOLDER-EGGER, Oswald, MGH SS 15, 1, Hannover 1887, S. 478-479 Adventius von Metz, Narratio ... de Hlotarii matrimonio, ed. DÜMMLER, Ernst, MGH Epp. 4, Berlin 1925, Nr. 5, S. 215-217 Andreas von Bergamo, Chronicon, ed. PERTZ, Georg Heinrich, MGH SS 3, Hannover 1839, S. 232-238 Angilbert, Carmina et Carmina dubia, ed. DÜMMLER, Ernst, MGH Poetae latini aevi Carolini 1, Berlin 1881, S. 358-381 Annales sancti Bertiniani, ed. GRAT, Félix / VIELLIARD, Jeanne / CLÈMENCET, Suzanne, Annales de Saint-Bertin, Paris 1964 Annales Fuldenses, ed. KURZE, Friedrich, MGH SS rer. Germ. 7, Hannover 1891 (Nachdruck 1978) Annales Laureshamenses, ed. PERTZ, Georg Heinrich, MGH SS 1, Hannover 1826, S. 22-39 Annales Laurissensi minores, ed. PERTZ, Georg Heinrich, MGH SS 1, Hannover 1826, S. 113-126 Annales Lobienses, ed. WAITZ, Georg, MGH SS 13, Hannover 1881, S. 224235 Annales Mettenses priores,ed. SIMSON, Bernhard von, MGH SS rer. Germ 10, Hannover-Leipzig 1905 Annales regni Francorum, ed. KURZE, Friedrich, MGH SS rer. Germ. 6, Hannover 1895 Annales Vedastini, ed. SIMSON, Bernhard von, MGH SS rer. Germ 12, Hannover 1909, S. 39-82 Annales Xantenses, ed. SIMSON, Bernhard von, MGH SS rer. Germ. 12, Hannover 1909, S. 1-39 Ansegis: Die Kapitulariensammlung des Ansegis, SCHMITZ, Gerhard, MGH Cap. Neue Serie 1, Hannover 1996 Arbeo von Freising, Vita vel passio Haimhrammi, ed. KRUSCH, Bruno, MGH SS rer. Mer. 4, Hannover 1902, S. 472-524 Astronomus, Vita Hludowici imperatoris. Das Leben Kaiser Ludwigs, ed. TREMP, Ernst, MGH SS rer.Germ 7, 64, Hannover 1995 Augustinus, De bono coniugali, ed. ZYCHA, Joseph, CSEL 41, Wien 1900, S. 187-231 Benedictus Levita, ed. PERTZ, Georg Heinrich, MGH LL II, 2, Hannover 1837 Bonifatius, Epistolae, ed. TANGL, Michael, Die Briefe des hl. Bonifatius und Lullus MGH Epp. Selecta 1, Berlin 1916 Caesarius von Arles, Epistolae Arelatense genuinae, ed. GRUNDLACH, Wilhelm, MGH Epp. 3, Mer. et Kar. I, Berlin 1902, S. 5-83 —, Sermones, ed. MORIN, Germanus, CCSL 103, Berlin 1902
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III.4 Personen-, Sach- und Quellenregister Adalhard, Abt von Corbie, 145 Adelind, Konkubine Karls d. Gr, 149f Adeltrud, Tochter Karls d. Gr., 149 Admonitio generalis, 188 Adventius, Bischof von Metz - Narratio Adventii episcopi, 159,162f Aethelbald, angelsächsischer König, 217 Aethelbald von Mercia, 197 Aethelwulf, angelsächsischer König, 217 Alawin, Bruder des Ratheri, 231 Albuin, Ehemann der Blidtruth, 241 Aide / Aldin, 128ff Alkuin, Epistolae, 150, 152 Alpais, Tochter Ludwigs des Frommen, 153 - Mutter der A., Konkubine Ludwigs des Frommen, 153 Amalaswintha, Tochter Theoderichs des Gr., 132f Amalo, merowingischer Herzog, 107 Amor, 1, 2,47ff, 58, 124, 137, 150, 167, 254 Ancilla, siehe Magd Angilberga, Ehefrau Kaiser Ludwigs II., 154 Angilbert, Laienabt von Saint-Riquier, 174f - Ecloga ad Carolum regem, 150 Annales -Bertiniani, 2, 154f, 159f, 165ff, 168f, 174, 178,217, 229 - Fuldenses, 142, 157, 166, 216, 218f - Laureshamenses, 146 - Laurissenses minores, 146, 153 - Lobienses, 151 - Mettenses priores, 144f, 173 - regni Francorum, 144, 150,228 - Vedastini, 158 -Xantenses, 166f Anno, Bischof von Freising, 230
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Ansgard, Ehefrau Ludwigs des Stammlers, 158 Arbeo, Bischof von Freising, 213ff Arnegund, Ehefrau Chlothars I., 49f Arnulf, Sohn Ludwigs des Frommen, 153 - Mutter des A., Konkubine Ludwigs des Frommen, 153 Arnulf v. Kärnten, Kaiser, 156ff, 170, 219 - Tochter des A., 157,219 - Konkubine des A., Mutter des Ratold, 157 Arnulf von Metz, 142 Arsenius, päpstlicher Legat, 165, 178f - Epistolae, 178 Astronomus, Vita Hludowici imperatoris, 146, 153, 176 Audepert, Mitbesitzer der Boniperga, 233f Audofleda, Ehefrau Theoderichs des Gr., 132f Augustinus, Aurelius, Kirchenvater 8, 81,84, 86, 90, 104, 203ff, 253 - De bono coniugali, 81, 198 Augustus, Gajus Octavius, römischer Kaiser, 38, 40 Aunegilde, burgundische Witwe, 67f, 253 Austrechild / Bobila, Ehefrau Guntchramns, 57 Ava, Ehefrau des Fulcrius, 180 Avitus, Flavius Eparchus, weströmischer Kaiser, 79, 107 Badigisil, Bischof von Le Mans, 109f - Frau des B., 109f - Tochter des B., 109f Baldamod, Liebhaber d. Aunegilde, 68 Balduin I., Graf von Flandern, 217ff Balthild, Ehefrau Chlodwigs II., 57 Baroncello, Besitzer d. Boniperga, 233f
Basina, Konkubine bzw. Ehefrau Childerichs I., 58 Beda Venerabiiis, Doppelpaenitentiale Beda-Egberti, 209, 237f Bego, Graf von Toulouse, 153 Benedicti s. Andreae Monachi chronicon, 142 Benedictus Levita, 41, 89, 207f, 226f Beppolens Sohn, merowingischer Herzog, 55f Bernhard, Sohn Karl Martells, 145 Bernhard, König von Italien, 152 Bernhard, Sohn Karls III., 156 Bertha, Tochter Karls d. Gr., 149, 174f Bilichild, Ehefrau Theudeberts II., 57 Blidtruth, Verwandte (?) von Imma und Einhard, 241 Boni homines, 116, 187, 241 Bonifatius, 74, 88, 140, 185, 197 - Epistolae, 74, 197, 235 Boniperga, Konkubine d. Baroncello, 233f - Sohn der B., 233f Bonipert, Sohn des Baroncello, 234 Boso, Graf, Ehemann d. Engeltrud, 178ff Boso von Vienne, 155f, 172 Brigida von Kildare, Heilige, 123f Broseach, Konkubine des Dubtach, 123f Brunichilde, Ehefrau Sigiberts I., 47, 53f, 59, 131 Bußbücher, siehe Paenitentialia
Cheraon, Räuber der Rusticula, 110 Childebert II., merowingischer König, 46, 55, 57 Childebrand, Sohn Pippins d. M., 173, 144 - Mutter Childebrands, 144 Childerich I., merowing. König, 58,107 Childerich II., merowing. König, 103f Chilperich I., merowing. König, 45, 49, 57, 109 Chlodomer, merowing. König, 49f Chlodwig I., merowing. König, 46, 57, 63, 75, 87, 125, 140 Chlodwig II., merowing. König, 46f, 56f Chlothar I., merowing. König, 46, 48ff, 51f Chlothar II., merowing. König, 51f, 65 Chramn, Sohn Chlothars I., 49 Chrodegang, Bischof von Metz, 186 Chrodtrudt, Ehefrau Karl Martells, 145f, 172 Chronicon Moissiacense, 153 Chunsina, Ehefrau Chlothars I., 49 Chuppa, Marschall Chilperichs I., 109 Claudia, Frau aus Marseille, 104 - Tochter der C., Konkubine des Hector, 104,252f Codex Frisingensis, 203 Codex Iustinianus, 39 Codex Theodosianus, 65 Collectio canonum Hibernensis, 204 Collectio Dacheriana, 82, 84, 124, 205, 224 Caesarius von Arles, 78ff, 84f, 86, 121, Collectio Dionysiana, 52, 89, 188 248 Collectio Dionysio-Hadriana, 202f - Sermones, 78f Collectio Hispana, 84, 202f Candidus, Verkäufer d Boniperga, 233f Collectio vetus Gallica, 84, 89ff, 93, Canones Theodori Cantuariensis, 96ff, 118f, 189 131f, 210 Columban, Heiliger, 53f, 95ff, 131 Chalpaida, Gefährtin Pippins d. M., Concilium Germanicum, 184f Corpus Iuris Canonici, 84 142f, 170 Cozbert, Abt von St.Gallen, 190 Charibert I., merowing. König, 50f, Cummean, irischer Bußbuchautor, 95ff 56f, 58
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Einhard, 146, 148ff, 177, 240f - Epistolae, 240f - VitaKaroli, 146, 148f, 174 Dagobert I., merowingischer König, Ekkehard IV., Casus sancti Galli, 158 46f, 49, 54, 57, 64f, 138 Ellinpurg, Konkubine d. Ratheri, 231, Decretio Childeberti II., 116, 118 233 Deoteria, Konkubine bzw. Ehefrau Theudeberts I., 19,48f, 57, 137, 145, Ellinrat, Konkubine Arnulfs von Kärn253 ten, 157 Ellinrat, Tochter Arnulfs v. Kärnten, Desiderius, Langobardenkönig, 144 157 - Tochter des D., Ehefrau Karls d. Gr., Emmeram, Heiliger, 213ff 144,, 148, 150, 188 Desiderius, merowingischer Herzog, 58 Engeltrud, Tochter des Grafen Matfrid, 177ff, 253 Digesta Iustiniani Augusti, 39f Engilschalk, Frauenräuber, 157, 219 Dionysius Exiguus, skythischer Entführung, siehe Frauenraub Mönch, 89, 202 Entführungsehe, 35, 106, 11 Iff, 117, Diplomata 220f, 225 - Arnulfs von Kärnten, 156f Erbtochterehe, 32 - Dagoberts I., 134 Erchanbert, Breviarium regum Fran- Konrads I., 157 corum, 142, 156f - Lothars I., 228 Eulalius, Graf v Clermont, 55f, 58, 109 - Lothars II., 160, 162, 165f Exkommunikation, 85, 91, 162, 178f, Divisio regnorum, 176 222f Doda, Konkubine Lothars I., 144,228f, 246 Doppelpaenitentiale Beda-Egberti, 209, Fastrada, Ehefrau Karls d. Gr., 128ff 237f Fehde, 59, 69, 71, 74, 117, 202,223 Dos / Dotierung der Ehefrau, 6, 26, 29, Felix, Bischof von Nantes, 108f 31, 71, 82f, 97, 112f, 154f, 163, 165, - Nichte des F., 108f, 111 183f, 186, 202, 204,206ff, 222f, 226, F(V)innian, irischer Bußbuchautor, 239, 254 95ff Droctulf, Liebhaber der Septimia, 58 Flodoard, Historia Remensis ecclesiae, Drogo, Sohn Pippins d. M., 142 142, 153, 172 Drogo, Sohn Karls d. Gr., 149, 177 Folcard, Priester, 180 Dubtach, irischer dux, 123f Formeln, 115, 183,240 - Ehefrau des Duptach, 123f - Cartae Senonicae, 2,233 - Cartarum Senonicarum App., 183 Eberhard III., Graf, Etichone, 162 - Formulae Andecavenses, 115 Egbert von York, Doppelpaenitentiale - Formulae Augienses, 190 - Formulae Marculfi, 2, 115f Beda-Egberti, 209, 237f Ehebruch / adulterium, 3, 9, 27, 38, - Formulae Salicae Lindenbrogianae, 58ff, 73ff, 78f, 81, 88f, 91f, 97f, 124, 223, 242 129f, 138, 149ff, 164f, 169, 179f, - Formulae Turonenes, 2, 182f, 233 185f, 188, 190, 193f, 196, 199f,203, - Formularum Turonensium appendix, 206,209, 213, 237,239 159 Cunincpert, Langobardenkönig, 1, 60f
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Fornicatio, siehe Unzucht Frauenraub/Entführung, 2, 13, 35, 72, 88, 104,106ff, 137,216ff, 220ff, 251,253 Fredegar - Chronicarum ..., 44ff, 107, 133 - Continuationes, 142, 144, 172 Fredegund, Konkubine bzw. Ehefrau Chilperichs I., 45, 57,59, 133 Freigelassene / Freilassung, 38f, 40,42, 121, 126ff, 23Off, 239,241,245 Fridegisel, Verlobter der Aunegilde, 68 Friderada, Ehefrau Hugos, Sohn Lothars II., 180f Friedel / Friedelfrau / Friedelehe / Friedelschaft, 3, 7, 9ff, 13ff, 17, 25ff, 45,54, 66, 68,71, 106f, 114, 117, 142f, 152, 155f, 159, 162f, 165, 184, 186f, 192, 206, 208, 220f, 228, 255 Frillur / frilla / Frillenverhältnis, 9, 24 Frotar, Bischof von Bordeuax, 201 Fulcrius, Ehemann der Ava, 180 Fulrad, Abt von Saint-Denis, 162
Grimoald, Bayernherzog, 144 Grimoald d. J , 144, 170 - Ehefrau Grimoald d. J , Tochter Radbods, 144 - Konkubine Grimoald d. J , Mutter Theudoalds, 144 Gundeberga, Ehefrau Rothars, 60, 72 Gundobad, Burgunderkönig, 64 Gundobad, Sohn Guntchramns, 56, 132 Guntchramn, franko-burgundischer König, 45f, 50, 56ff, 63, 132 Gunthar, Erzbischof von Köln, 164 Guntheuca, Ehefrau Chlodomers und Chlothars I , 49f
Hadrian I , Papst, 202 Hadrian II, Papst, 168 Halitgar, Bischof von Cambrai, 210 - De poenitentia, 84, 124, 210f, 237 Hartnid, Enkel Karls d. G r , 175 Hatto, Erzbischof von Mainz, 212 Haycho, Ehemann der Otbirga, 232 Hector, Marseiller Patrizius,103f - Konkubine des H , Tochter der Genitium, 126, 194 Claudia, 103f, 252f Germanus, merowingischer Bischof, 50 Heito, Visio Wettini, 151f Gerswinda, Konkubine Karls d. Gr., Hermelinda, Langobardenkönigin, 1, 149ff 60f Gerward, Kleriker, Verfasser der Anna- Hieronymus, Sohn Karl Martells, 145 les Xantenses, 166 Hieronymus, Kirchenvater, 203ff Gesta Dagoberti, 54 Hildegard, Ehefrau Karls d. Gr, 148ff, Gisalbert, Vasall Karls des Kaien, 216f 174 Gisla, Tochter Karls d. Gr, 149, 174 Hildegard, Tochter Ludwigs des FromGodefrid, Sohn der Engeltrud, 180 men, 153 Gomatrude, Ehefrau Dagoberts I , 54 Hilitin, Alemanne, 230f Gregor II, Papst, Epistolae, 197 - Konkubine des H , 230f Gregor III, Papst, Epistolae, 197 - Kinder des H , 230f Gregor, Bischof von Tours, 19f, 44ff, Hiltrud, Tochter Karl Martells, 144, 80, 92, 106f, 122, 132f, 135, 137 146, 172f, 176, 181,253 - Historiarum libri decem, 44ff, 80, 92, Hiltrud, Tochter Karls d. G r , 149, 174 107ff, 132f, 135 Himiltrud, Gefährtin Karls d. G r , 22, - Liber octo miraculorum, 59, 122f 146f, 170, 188 Grifo, Sohn Karl Martells, 144f, 147, Hinkmar, Erzbischof von Reims, 54, 173 166f, 172, 179,222
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- Ad regem, 224 - De divortio Lotharii, 169f, 180 - De nuptiis Stephani, 20 lf Hitto, Bischof von Freising, 230 Hrabanus Maurus, 192, 210f - Epistolae, 200f, 234 - Paenitentiale ad Otgarium, 82, 84, 124,211 Hruodrat, Vasall der Bilihild, 229 - Konkubine des H., 229 Hugo, Graf, Etichone, 228 Hugo, Sohn Karls d. Gr., 149, 177 Hugo, Sohn Ludwigs d. J., 156 - Mutter des H., Konkubine Ludwigs d. J., 156 Hugo, Sohn Lothars II., 160, 167, 169, 180 Hukbert, Abt von Saint-Maurice d'Agaune, 155, 160, 178 Hure, siehe Prostituierte
Jungfrau/jungfräulich, 80, 97f, 100, 103, 119, 126, 137, 158, 161, 192, 198, 201,204, 207f, 212, 220, 226, 235, 237,246f, 252 Justinian, oströmischer Kaiser, 40, 85
Kapitularien, 62f, 116, 118, 178, 186, 22 lf, 184ff - des Ansegis, 89 - Bischofsk., 205, 212 - Merowingische K., 52, 116, 118 - für Italien, 194f, 245 - Karls d. Gr., 187f,220, 240 - Karls d. Kahlen, 218, 221 f, 242 - Ludwigs d. Frommen, 188ff, 196,222 - Pippins d. J, 187, 232,244f Karl der Große, Kaiser, 13, 19, 22, 41, 70, 89, 141, 144, 146ff, 170, 174ff, 181, 187ff, 202, 246f, 250 - Konkubine Karls d. Gr., Mutter der Ruodhaid, 149 Karl der Jüngere, Sohn Karls d. Gr., Imma, Ehefrau Einhards, 241 147 Ingelheimer Oberhofprotokollbücher, Karl der Kahle, Kaiser, 154ff, 16lf, 34 168f, 171f, 174, 193f, 216ff, 225, Ingoberga, Ehefrau Chariberts I., 50 246,250 Ingund, Ehefrau Chlothars I., 49ff Inzest, 5Off, 53, 88, 112, 138f, 160f, Karl Martell, Hausmeier, 142, 144f, 169, 185ff, 193, 195, 200ff, 203, 207, 17 Off, 176, 181 234f, 239, 247,254 Karl III., der Dicke, Kaiser, 146, 156, Irmingard, Ehefrau Ludwigs des 170,218f Frommen, 153 - Konkubine Karls III., Mutter Irmingard, Ehefrau Lothars I., 154, Bernhards, 156 163, 228f Karlmann, Sohn Karl Martells, 146, Irmintrud, Ehefrau Karls des Kahlen, 173 154f, 217 Karlmann, Sohn Ludwigs des Deutschen, 144, 157, 170 - Ehefrau Karlmanns, Tochter des Johannes VIII., Papst, Epistolae, 179f bayrischen Grafen Ernst, 144 Jonas, Bischof von Orléans, 189, 197ff, Karlmann, Sohn Lothars I., 228f 204, 250, 254 Karlmann, Sohn Pippins d. J., 147 - De institutione laicali, 198ff Jovius, Ehemann der Septimia, 58 Karolus Magnus et Leo papa, 150 Judith, Ehefrau Ludwigs d. Fr., 153 Kebse / Kebsehe / Kebsverhältnis, 7, 9, Judith, Tochter Karls des Kahlen, 161, l l f f , 14, 18,29f, 128 Kirchenasyl, 109, 136, 224 217f, 225
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Klerikerkonkubinat, 88 Klosterurkunden - v. Saint-Bénigne de Dijon, 191 - v. St. Emmeram, 191, 231 - v . Freising, 181,229ff - v. Fulda, 191 - v . St.Gallen, 190f, 232 - v. Gorze, 191 - v. Lorsch, 191 - v. Passau, 191,232 - v. Redon, 191 - v. Remiremont, 191 - v. S. Salvatore am Montamiata 191, 233f - v. Tegernsee, 232 - v. Weißenburg, 191 Knecht, 2,120ff, 127f, 132ff, 177ff, 200, 239ff, 244ff Konkubinat, römisch-rechtliches, 3f, 6f, 8f, 37ff, 71, 79, 81, 85f, 89, 248f Konsens /-gespräch, 8, 10, 21, 24ff, 36, 67, 70, 106, 114, 117ff, 164,213,253 Konstantin d. Gr., byzant. Kaiser, 40 Konzilien - des Bonifatius, 184ff - v. Aachen II, (860), 160 - v. Aachen III, (862), 160f, 170 - v. Agde (506), 88, 160 - v. Chalon-sur-Sâone (813), 209, 237 - v. Compiègne (757), 184ff, 232 - v. Epao (517), 51, 160, 1669 - v. Elvira (306/309), 124 - v. Les Estinnes (744), 184f, 187 - v. Lyon (5187519), 51f - v. Mainz (852) 82, 84, 192f, 238, 248 - v. Meaux-Paris (845/46), 168, 192f - v. Metz (863) 2, 162, 164 - v.Orléans (511)51,87, 109, 116ff - v. Orléans (533), 87f - v. Orléans (541), 87f 109, 118, 136 - v. Paris (829), 189, 207,209 - v. Pavia (850), 195,222 - v. Rom (826), 194 - v. Soissons (744), 184f, 187
- v. Toledo I (400), 37, 84ff, 89f, 101 106, 137, 169, 192, 205,207f,211 237, 248,254 - v. Tribur (895), 82, 239 - v. Trier (888), 180 - v. Tusey (860), 200f - v. Ver(755), 91, 186f - v. Verberie (756/768), 244f - v. Worms (868), 193, 196, 254 Kudrun, mhd. Heldenepos, 10, 28 Lantbert, Sohn Theodos, 215 Lantfrid, alemannischer Herzog, 65 Leges Barbarorum, 62ff, 97,11 Iff, 220ff, 230,235ff, 241 - Alamannorum, 62, 65, 69, 74, 98, 11 Iff, 117, 125 - Baiuvariorum, 23, 65f, 68f, 70, 73f, 112, 126, 133f - Burgundionum, 51, 64ff, 69, 97, 112 - Frisionum, 182, 220,235f - Langobardorum, 70ff, 128ff, 133, 195 - Ribuaria, 64ff, 68f, 73, 97, 124, 127, 134,240 - Romana Burgundionum, 42f, 66 - Romana Visigothorum, 41, 183, 208, 223 - Salica, 23, 62ff, 65, 69, 73, 75, 97, 112, 125, 127, 134, 183,221,240 - Saxonum, 26, 31, 220f - Thuringorum, 183, 220 - Visigothorum, 65, 58, 183,207 Leo d. Gr., Papst, Responsum an Rusticus von Narbonne, 8, 82ff, 121, 164f, 170, 187, 192, 205, 207f, 211, 23 8f, 248 Leo III., Papst, 150, 246 Leopert, Sohn des Baroncello, 234 Leutfrid, Onkel Lothars II., 163 Lex Papia Poppeae / lex Iuliae de adulteriis, 38 Liber historiae Francorum, 44ff, 142ff
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Liber Memorialis von Remiremont, 160, 162 Liber Papiensis, 25f Lisbius, Prokonsul, Liebhaber der Trofima, 122f - Ehefrau des L., 122f Litin, 220, 242 Liutbert, Erzbischof von Mainz, 166, 179f, 218 Liutgard, Ehefrau Karls d. Gr., 148ff, 154, 171,246 Liutgard, Ehefrau Ludwigs des Jüngeren, 156 Liutswind, Konkubine Karlmanns, Mutter Arnulfs von Kärnten, 156 Liutward, Bischof von Vercelli, 218f Lothar I., Kaiser, 144, 153ff, 159f, 162, 170f, 194, 246,250, 216, 219, 228f Lothar II., westfränkischer König, 154ff, 159ff, 170, 178, 180, 246 Lucius, römischer Feldherr, 107 - Frau des Lucius, 107 Ludwig der Deutsche, ostfränk. König, 153, 156, 162, 168, 171, 179, 216f Ludwig der Fromme, Kaiser, 54, 146, 152ff, 170, 173f, 175f, 188ff, 193, 196, 198, 209f, 250,254 - Konkubine Ludwigs des Frommen, Mutter von Alpais und Arnulf, 153 Ludwig der Jüngere, ostfränkischer König, 156, 170f, 180,229 - Konkubine Ludwigs d. J., Mutter des Hugo, 156, 171 Ludwig der Stammler, westfränkischer König, 158,217 Ludwig II., Kaiser, 154, 168, 170, 195 Ludwig III., westfränkischer König, 158 Ludwig, Abt von Saint-Denis, 174 Madelgar, Konkubine Karls d. Gr., 149ff Magd, 2, 5ff, 1 lff, 37, 42, 49ff, 53ff, 72, 76ff, 80, 83, 85f, 120ff, 137, 144,
312
154, 165, 171f, 180, 192, 195, 199ff, 213, 228ff, 246ff Magnowald, merowing. Großer, 55 Marcatrude, Ehefrau Guntchramns, 132 - Mutter der M., 132 Marcoveifa, Ehefrau Chariberts I., 50, 52, 57 Margarethe v. Antiochien, Heilige, 121 Maria, langobardische Witwe, 25f Matfrid, Graf, Vater der Engeltrud, 177, 198 Matfrid, Graf, Verwandter der Engeltrud, 180 Matrimonium, siehe Muntehe, dotierte Meginhard, Mönch, Verfasser der Annales Fuldenses, 166 Meretrix, siehe Prostituierte Meripurg, Konkubine des Tenil, 229f, 233 Meroflede, Ehefrau Chariberts I., 50, 57 Morgengabe, 12, 30f, 36, 252 Mühlhauser Reichsrechtsbuch, 33 Munt, lf, 11, 15, 18f, 21, 25f, 28f, 31f, 70ff, 104,106ff, 11 lff, 138f, 172f, 175f, 181ff, 201, 206, 212,220ff, 242,25 lf Muntehe, dotierte 6, 8, 1 lff, 14ff, 17ff, 3lf, 34, 51, 57, 68, 72ff, 83, 86, llOff, 138f, 142ff, 163, 176, 186f, 192, 204, 206ff, 212f, 218,220f, 224, 242,246f, 249 Nachfolgerecht nichtehelicher Kinder, 6,40,42,46, 79, 113f, 126ff, 147, 152, 157, 168, 183, 188, 190f,246, 250 Nanthild, Ehefrau Dagoberts I., 47, 54, 57 Nibelungenlied, 10, 28 Nikolaus I., Papst, 161f, 164, 168, 179, 218,253 - Epistolae, 162, 164f, 167, 179, 179, 225f
Nithard, Enkel Karls d. Gr., 175 - Historiarum libri IUI, 153, 175ff Nonne, 50, 52f, 137, 139, 185, 194, 197,219 Notker der Stammler, Gesta Karoli Magni, 146, 156 Odilo, Bayernherzog, 65, 144, 172f, 181
Olibrius, Verführer der Hl. Margarethe von Antiochien, 121 Ordinatio imperii, 152f, 188 Ostersynode v. 1056, 84 Otbirga, Konkubine des Haycho, 232 Pactus Alamannorum, 65, 125 Paenitentialia, 92ff, 124, 130ff, 209ff, 237ff - Canones Theod. Cantuar., 96ff, 13lf - Doppelpaenitentiale Beda-Egberti, 209, 237f - Halitgar, De poenitentia, 84, 124, 210f, 237f - Hrabanus Maurus, Paenitentiale ad Otgarium, 82, 84,211 - Paenitentiale Cummeani, 96ff, 131 - Paenitentiale Martenianum, 82, 210 - Paenitentiale ValliceHanum I, 238 - Penitentialis Vinniani, 96f, 130f - Poenitentiale Columbani, 96f, 131 - Pseudo-Theodori, 84, 124,21 lf, 235, 237f Palladia, Burgunderin, 5lf Pappolenus, Entführer, 108f Passio Praejecti episcopi, 103f Passio S. Margaritae, 121 Pauli Sententiae, 40f Paulus Diaconus, 1, 60, 146, 151 - Historia Langobardorum, 1, 60f - Gesta episcop. Mettensium, 146, 151 Pellex /paelex, 7, 9, 39, 157, 166, 189, 200, 207 Pilitrud, Ehefrau des Bayernherzogs Grimoald, 144
Pippin der Ältere, Hausmeier, 142 Pippin der Bucklige, Sohn Karls d. Gr., 146ff Pippin der Jüngere, fränkischer König, 140f, 144, 146, 171, 173, 185f Pippin der Mittlere, Hausmeier, 142f, 170 Pippin (Karlmann) König von Italien, 146, 152 - Konkubine des P., Mutter Bernhards, 152 Pippin I., König von Aquitanien, 153, 197 Pippin II., König von Aquitanien, 216 Plektrud, Ehefrau Pippins d. M., 143 - Konkubine Pippins d. M., Mutter Childebrands, 144 Polyptychon von Saint-Germain-desPr6s, 242f Praeceptio Chlotharii, 52 Präjectus, Bischof von Clermont, 103f Privaturkunden, siehe Klosterurkunden Prostitution / Prostituierte, 8f, 39, 53f, 55f, 58f, 76ff, 88, 91, 122f, 132, 137, 164, 180, 189, 194, 198ff, 211, 235f, Pseudoisidorische Fälschungen, 21, 84, 170, 206ff, 226 Purgoldtsches Rechtsbuch, lOf Rauching, fränkischer Grundherr, 135 Radegund, Ehefrau Chlothars I., 48f, 145 Radulf, Bischof von Bourges, 222f Ragnetrud, Konkubine Dagoberts I., 47, 56 Ratbert, Vater der Doda, Konkubine Lothars I., 228 Ratbod, Erzbischof von Trier, 212 Ratheri, Liebhaber der Ellinpurg, 231 -Söhne des R., 231 Ratold, Sohn Arnulfs von Kärnten, 157 Rechte Ehe, siehe Muntehe, dotierte Regimund, Graf, 200f - Tochter des R., 201f
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Regina, Konkubine Karls d. Gr., 149ff Sidonius Apollinaris, Bischof von Reginbald, Chorbischof, 234 Clermont-Ferrand, 79f, 121 Regino, Abt von Prüm, 157, 168, 212 - Epistola et carmina, 79f - Chronicon, 157, 159f, 168, 178, 180f Sigibald, Liebhaber der Uta, Tochter - Libri duo de synodalibus causis, 82, Herzog Theodos, 214f 84, 212f, 224f, 237f, 240 Sigibert I , merowing. König, 57 Remedius/Remigius, Sohn Karl Sigibert III, merowing. König, 56, 64 Martells, 145 Sigismund, burgund. König, 51, 64 Riebodo, Abt von Saint-Riquier, 174 Stephan III, Papst, Brief an Karl d. Gr. Richilde, Ehefrau Karls des Kahlen, u. Karlmann, 147 Stephan, Schwiegersohn des 155f, 171f, 246, 253 Regimund, 20 lf Richwin, Graf, 174 - Konkubine des S , 202 Richwin, Graf, 180 Stephanus, burgund. Amtsträger, 5 l f Rigund, Tochter Chilperichs I.,133 Swanahild, Gefährtin Karl Martells, Rodoald, Langobardenkönig, 60 Rofiild, Bischof von Bourges, 201 144ff, 170, 173,253 Rorico, Graf, 174 Rothar, Langobardenkönig, 60 Tacitus, Germania, 17,31 Rothild, Tochter Karls d. Gr., 149 Tageliederdichtung, 10 Rotrud, Tochter Karls d. G r , 149, 174 Tassilo III, Bayernherzog, 144, 173 Rotrud, Tochter Ludwigs des Tenil, Liebhaber der Meripurg, 229f Frommen, 153 - Sohn des T , 229f Ruodhaid, Konkubine Karl Martells, Tetradia, Ehefrau des Grafen Eulalius, 145 55f, 58 Thegan, Gesta Hludowici, 152 Ruodhaid, Tochter Karls d. G r , 149, Theoderich der Große, ostgotischer 174 König, 132 - Mutter der R , Konkubine Karls d. Theoderich, Sohn Karl d. G r , 149, 151, G r , 149 177 Ruodlieb-Gedicht, 26ff Theoderich, Bischof von Cambrai, 172 Rusticula, Heilige, 110 Theodo, Agilolfingerherzog, 213ff Theodor, Erzbischof von Canterbury, Sachsenspiegel, 9, 31 210 Sagas, isländische, 23f Sagittarius, Bischof, 57 Theodote, adlige Romanin, 1, 60f Salomon III, Bischof von Konstanz, Theodrada, Tochter Karls d. G r , 158, 190 102,149 - Tochter des S , 158 Theodulf, Bischof von Orléans, 205 Salvian von Marseille, 37, 39, 76ff, 80, - Carmina ad Carolum regem, 150 Theudebert I , merowingischer König, 84, 86, 106, 121,248 - De gubernatione Dei, 37, 76ff, 19,48f, 57 Scheidung, 33, 88, 90, 186, 188, 210 Theudebert I I , merowingischer König, Schlüsselgewalt der Hausfrau, 29f, 36 46, 57 Septimia, Konkubine d. Drogo, 58f, 60 Theudechild, Ehefrau Theudeberts I I , Servus, siehe Knecht 57
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Theuderich I., merowingischer König, 19,48 Theuderich II., merowingischer König, 46f, 53f, 57 Theudoald, Sohn Grimoalds des J., 144 - Mutter des T., Konkubine Grimoald d. J., 144 Theudogild, Ehefrau Chariberts I., 50, 57f Theudowald, merowingischer König, 50 Theutberga, Ehefrau Lothars II., 155, 159ff, 178, 250, 253 Theutgaud, Erzbischof von Trier, 164 Traguilan, Liebhaber der Amalaswintha, 132f Trofima, Konkubine des Prokonsuls Lisbius, 122f - Ehemann der T., 122f Tuto, Bischof von Regensburg, 157 Unauflöslichkeit der Ehe / Scheidung, 29f, 33,36, 88, 90, 186, 188,210 Unfreie, siehe Magd Unfreier, siehe Knecht Unruoch, Graf, 218 -Tochter des U., 218 Unzucht / fornicatio, 2, 6, 9, 55, 71f, 90, 96ff, 133f, 176, 187, 194f, 205ff, 209,21 lff, 229,234f, 245 Uoto, Sohn des Haycho, 232 Uta, Tochter des Theodo, 213ff Veneranda, Konkubine Guntchramns, 56, 132 Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau, 145 Verbrüderungsbuch von St.Peter in Salzburg, 147 Vergewaltigung, 33, 88, 99, 107f, 119, 126f, 133f, 137, 222, 226f, 235ff
Verstoßung der Ehefrau, 53, 55, 160, 166, 196,215 Vita, - Amandi, 47 - Angilberti, 175 - Apolinaris, 51f - Bonifatii, 197 - Brigidae, 123f - Columbani (Jonas), 53f, 131 - Haimhrammi, 213f - Hathumodae, 102 - Liutbirgae, 229 - Margaritae, 121 - Praejecti, 103f - Rusticulae, 110 Wacho, Langobardenkönig, 48, 51 Walara, Adliger, 230 - Konkubine des W., 230 - Söhne des W., 230 Waldrada, Konkubine Lothars II., 154, 159ff, 171, 178, 180, 253 Waldrada / Vuldetrada, Ehefrau Theudowalds u. Chlothars I., 47, 50f Wala, Abt von Corbie, 145 Walahfrid Strabo, 149 - Visio Wettini, 151f Wanger, Liebhaber der Engeltrud, 178ff Wenilo, Bischof von Sens, 222 Wetti, Reichenauer Klosterlehrer, 151 Winburg, Konkubine Arnulfs, 157 Winegis, italienischer Großer, 154 - Tochter des W., 154 Wisigarde, Langobardenprinzessin, 48f Witwen, 25, 38, 58ff, 66f, 69, 96f, 114, 183,209,211,217,221,253 Wolvinus, Sohn des Haycho, 232 Zacharias, Papst, Epistolae, 186, 196f Zwentibold, lotharingischer König, 157
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Norm und Struktur Beiträge z u m sozialen W a n d e l in Mittelalter u n d Früher Neuzeit H e r a u s g e g e b e n von Gert Melville, In Verbindung mit Gerd Althoff, Heinz Duchhardt, Peter Landau, Klaus Schreiner und Winfried S c h u l z e - Eine A u s w a h l
-
B d . 5: G e r d S c h w e r t h o f f / Klaus S c h r e i n e r (Hg.): Verletzte Ehre. E h r k o n f l i k t e in G e s e l l s c h a f t e n d e s Mittelalters u n d d e r frühen Neuzeit 1995. X, 4 5 2 S. Gb. I S B N 3-412-09095-6 B d . 6: G i s e l a D r o s s b a c h : Die »Yconomica« des Konrad von Megenberg. D a s » H a u s « als N o r m für politische und s o z i a l e S t r u k t u r e n . 1997. XII, 303 S. 17 Abb. Gb. I S B N 3-412-15396-6
B d . 10: G e r t Melville/ P e t e r v o n M o o s ( H g ): D a s Öffentliche u n d P r i v a t e in d e r V o r m o d e r n e 1998. XXII, 716 S. Gb. I S B N 3-412-01698-5 B d . 11: M a r c u s S a n d l : Ökonomie des Raumes Der kameralwissenschaftlic h e Entwurf d e r S t a a t s w i r t s c h a f t i m 18. J a h r h u n d e r t 1999. XI, 518 S. Gb. I S B N 3-412-00199-6 B d . 12: A n d r e a L ö t h e r : P r o z e s s i o n e n in s p ä t m i t telalterlichen Städten Politische Partizipation, obrigkeitliche Inszenierung, s t ä d t i s c h e Einheit. 1999. X, 400 S. Gb. I S B N 3-412-04799-6 B d . 13: S t e f f e n K r i e b : Vermitteln u n d V e r s ö h n e n . Konfliktregelung im deuts c h e n Thronstreit 1198-1208. 2000. IV. 251 S. Gb. I S B N 3-412-11199-6
B d . 7: H e i n z D u c h h a r d t / G e r t Melville ( H g . ) : Im S p a n n u n g s f e l d v o n R e c h t u n d Ritual. S o z i a l e K o m m u n i k a t i o n in Mittelalter und Früher Neuzeit. 1997. X. 500 S. Gb. I S B N 3-412-04597-7
B d . 14: M a t h i a s S c h m o e c k e l : Humanität u n d Staatsrais o n . Die A b s c h a f f u n g d e r F o l t e r in E u r o p a u n d d i e Entwicklung d e s g e m e i n e n Strafprozess- und B e w e i s r e c h t s s e i t d e m h o h e n Mittelalter. 2000. XI, 668 S. Gb. I S B N 3-412-09799-3
B d . 8: A n d r e a s S o h n : Deutsche Prokuratoren a n d e r r ö m i s c h e n K u r i e in der Frührenaissance 1431 -1474. 1997. 444 S. Gb. I S B N 3-412-03797-4
B d . 15: P e t e r v o n M o o s ( H g ): D e r Fehltritt. V e r g e h e n u n d V e r s e h e n in d e r V o r m o d e r n e . 2001. XXIV, 468 S. Gb. I S B N 3-412-06101-8
B d . 9: S i m o n T e u s c h e r : B e k a n n t e - Klienten V e r w a n d t e . Soziabilität und Politik in d e r S t a d t B e r n u m 1500. 1998. IX, 315 S. Gb. I S B N 3-412-14397-9
B d . 16: S t e f a n i e S c h l i n g e r : Prestige u n d Herrschaft. Zur R e p r ä s e n t a t i o n der L ü b e c k e r R a t s h e r r e n in Mittelalter u n d F r ü h e r N e u z e i t . 2002. C a . 272 S. 12 Taf. mit 12 s/w-Abb. Gb. I S B N 3-412-15501-2
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KARL DER GROSSE)
Max
Kerner
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V.r. ttchlticru>te I iva Mythos \
Entschleierung eines
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Was ist Karl der Große im Laufe der Geschichte nicht alles gewesen: idealer Herrscher und großer Europäer, christlicher Bekenner und antimuslimischer Heros, erfolgreicher Kriegsherr und machtbesessener Despot, germanischer Recke und Sachsenschlächter. Wie geht die jüngere Geschichtsforschung mit diesen Einschätzungen um? Im Karlsjahr 2000 zeigt dieses Buch den großen abendländischen Herrscher im Spannungsfeld zwischen Mythos und Wirklichkeit. Max Kerner entwirft nicht nur ein plastisches Porträt der Herrscherpersönlichkeit. Zugleich bringt er Licht in die faszinierende Wirkungsgeschichte einer der schillerndsten Gestalten europäischer Geschichte. 2000. X, 334 Seiten. 26 s / w - A b b i l d u n g e n . G e b u n d e n mit Schutzumschlag. I S B N 3-412-10699-2
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Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte - Eine Auswahl Heft 38: Michael Sierck: Festtag und Politik. Studien zur Tagewahl karolingischer Herrscher. 1995. 503 S. Gb. ISBN 3-412-10794-8 Heft 40: Reglinde Rhein: Die Legenda Aurea des Jacobus de Voragine. Die Entfaltung von Heiligkeit in »Historia« und »Doctrlna«. 1995. 310 S. Gb. ISBN 3-412-03695-1 Heft 41: Elsbeth Andre: Ein Königshof auf Reisen. Der Kontinentaufenthalt Eduard III. von England 1338-1340. 1996. IX, 293 S. Gb. ISBN 3-412-00196-1. Heft 42: Martin Kintzinger, Sönke Lorenz, Michael Walter (Hg.): Schule und Schüler im Mittelalter. Beiträge zur europäischen Bildungsgeschichte des 9. bis 15. Jahrhunderts. 1996. VII, 478 S. ISBN 3-412-08296-1 Heft 43: Hubertus Lutterbach: Sexualität im Mittelalter. Eine Kulturstudie anhand von Bußbüchern des 6. bis 12. Jahrhunderts. 1999. X, 302 S. Gb. m. SU. ISBN 3-412-10396-9 Heft 44: Markus Müller: Die spätmittelalterliche Bistumsgeschichtsschreibung. Überlieferung und Entwicklung. 1998. XII, 541 S. Gb. ISBN 3-412-11697-1
Heft 45: Michael Menzel: Predigt und Geschichte. Historische Exempel in der geistlichen Rhetorik des Mittelalters. 1998. 435 S. Gb. ISBN 3-412-13797-9 Heft 46: Luise SchornSchütte: Karl Lamprecht. Briefwechsel mit Ernst Bernheim und Henri Pirenne. Hrsg. und eingeleitet von Luise Schorn-Schütte unter Mitarbeit von Maria E. Grüter und Charlotte Belswingert. 2002. Ca. 264 S. Gb. ISBN 3-412-02198-9 Heft 47: Jürgen Strothmann: Kaiser und Senat. Der Herrschaftsanspruch der Stadt R o m zur Zeit der Staufer. 1998. XII, 498 S. Gb. ISBN 3-412-06498-X Heft 48: Franz-Reiner Erkens (Hg ): Die früh- und hochmittelalterliche Bischofserhebung im europäischen Vergleich. 1998. IX, 356 S. Gb. ISBN 3-412-0598-6 Heft 49: Rüdiger Hillmer: Die napoleonische Theaterpolitik. Geschäftstheater in Paris 1799-1815 1999. XIV, 538 S. 3 Ktn. Gb. ISBN 3-412-12798-1 Heft 50: Helmut Feld: Frauen des Mittelalters. Zwanzig geistige Porträts. 2000. X, 478 S. Gb. m. SU. ISBN 3-412-05800-9 Heft 51: Anselm Fremmer: Venezianische Buchkultur. Bücher, Buchhändler und Leser in der Frührenaissance. 2001. X, 452 S. Gb. ISBN 3-412-09301-7
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