Geisterfahrer zwischen Transzendenz und Immanenz: Die Erfahrungsbegriffe in den pfingstlich-charismatischen Theologien von Terry L. Cross und Amos Yong im Vergleich 9783847098348, 9783847101512, 9783847001515


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German Pages [248] Year 2013

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Geisterfahrer zwischen Transzendenz und Immanenz: Die Erfahrungsbegriffe in den pfingstlich-charismatischen Theologien von Terry L. Cross und Amos Yong im Vergleich
 9783847098348, 9783847101512, 9783847001515

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Kirche – Konfession – Religion

Band 61

Herausgegeben vom Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes unter Mitarbeit der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen von Walter Fleischmann-Bisten und Reinhard Hempelmann in Verbindung mit Hans-Martin Barth, Andreas Feldtkeller und Gury Schneider-Ludorff

Giovanni Maltese

Geisterfahrer zwischen Transzendenz und Immanenz Die Erfahrungsbegriffe in den pfingstlichcharismatischen Theologien von Terry L. Cross und Amos Yong im Vergleich

V& R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0151-2 ISBN 978-3-8470-0151-5 (E-Book) Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Arbeitskreises für Evangelikale Theologie (AfeT), der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft (DGMW) und des Vereins für Freikirchenforschung (VFF). Ó 2013, V& R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Titelbild: »Geisterfahrer«, Dresden 14. 7. 2013, Ó Christina Zacke Druck und Bindung: CPI Buch Bücher.de GmbH, Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfahrungsdefizit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Methodische Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Erster Teil: Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches Anliegen von Cross’ Ansatz . . . . . . . . . . . 2. Vorgehensweise und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross . . . . . . . . . 3.1. Erfahrung besitzt Offenbarungscharakter . . . . . . . . . . . 3.2. Erfahrung ist persönlich und relational . . . . . . . . . . . . 3.3. Erfahrung ist unvermittelt und Geist-lich/geistlich . . . . . . 3.3.1. Cross’ Rezeption von Calvins Unmöglichkeit einer unvermittelten Gotteserfahrung und der Geist-lich/geistliche Charakter der Erfahrung . . . . . 3.3.2. Cross’ Rezeption von Barths Unmöglichkeit einer unvermittelten Gotteserfahrung und der Geist-lich/geistliche Charakter der Erfahrung . . . . . 3.3.2.1. Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.2. Cross’ dreifache Kritik an Barth: subordinationistisch, noetische Engführung, defizitär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.2.1. Subordination des Heiligen Geistes . . . . . 3.3.2.2.2. Noetische Engführung . . . . . . . . . . . . 3.3.2.2.3. Defizitäre Pneumatologie und Anthropologie

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Inhalt

3.3.3. Zusammenfassung von Cross’ Kritik an Calvin und Barth 3.4. Erfahrung ist partizipatorisch und transformativ . . . . . . . . 3.4.1. Ontologie der Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2. Ontologie der Distanzlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3. Ontologie der Intimität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4. Theosis: Ontologie der Transformation . . . . . . . . . . 3.4.5. Biblisch-theologische Grundlage . . . . . . . . . . . . . . 3.4.6. Erste Implikationen für eine Lehre der Kirche . . . . . . . 3.4.7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Erfahrung ist holistisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1. Erfahrung und der »typisch moderne« Vernunft/Gefühl-Dualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs I: primitive faith versus primative faith . . . . . . . . . . . . 3.5.2. Ganzheitlichkeit als Abgrenzung nach links: noetische und soziale Momente der Geisterfahrung . . . . . . . . . 3.5.2.1. Der noetische Inhalt der Unmittelbarkeit . . . . 3.5.2.2. Die sozial-kommunitäre Struktur der Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3. Ganzheitlichkeit als Abgrenzung nach rechts: mystisch-mysteriöse, übernatürliche und affektive Momente der Geisterfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3.1. Mystik und Mysterium der Unmittelbarkeit . . . 3.5.3.2. Die transnatürliche Dimension der Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs II: Wunder und die Frontstellung gegen Warfield und die Cessationists . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3.3. Die affektive Seite der Unmittelbarkeit . . . . . 3.5.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6. Erfahrung ist narrativ und reflektierbar . . . . . . . . . . . . . 3.6.1. Das Primat der Erfahrung über die Sprache . . . . . . . . 3.6.2. Erfahrung, Narrativität und Reflexion . . . . . . . . . . . Exkurs III: Oralität in der Pfingstbewegung . . . . . . . . . . . . . . 3.6.3. Implikationen für das Verständnis von Theologie . . . . . 3.6.3.1. Die Offenbarung der Schrift als Gegenstand der Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.3.2. Die Offenbarung der Erfahrung als Gegenstand der Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7. Zwischenergebnis: Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

4. Dialektik als Denkform des Erfahrungsbegriffs von Cross in Anlehnung an Hegel, Kierkegaard und Barth . . . . . . . . . . . . . 4.1. Dialectic in Karl Barth’s Doctrine of God: These und Aufbau . . 4.2. Der Diskurs von Dialectic in Karl Barth’s Doctrine of God . . . . 4.3. Wichtige philosophiegeschichtliche Stationen des Dialektikbegriffs von der Antike bis ins 19. Jahrhundert . . . . 4.3.1. Dialektik bei Plato, Aristoteles und Kant nach Cross . . . 4.3.2. Dialektik bei Hegel nach Cross . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3. Dialektik bei Kierkegaard nach Cross . . . . . . . . . . . 4.3.3.1. Kierkegaards Reaktion auf Hegel nach Cross . . 4.3.3.2. Kierkegaards Paradoxonbegriff: sokratisches versus absolutes Paradoxon . . . . . . . . . . . 4.3.3.3. Kierkegaards Dialektik nach Cross . . . . . . . . 4.3.4. Vorläufiger Ertrag für den Erfahrungsbegriff von Cross . 4.4. Dialektik bei Barth nach Cross . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1. Realdialektik und Erkenntnisdialektik . . . . . . . . . . . 4.4.1.1. Realdialektik: ontische Dialektik . . . . . . . . . 4.4.1.2. Erkenntnisdialektik: noetische Dialektik . . . . 4.4.1.2.1. Genealogische Orientierung . . . . . . . . . . . Exkurs IV: Barths analogia fidei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.2.2. Erkenntnisdialektik im Unterschied zu Realdialektik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2. Zusammenfassung: Barths dialectica fidei als dialektische Methode zwischen Hegel und Kierkegaard . . . . . . . . . 4.5. Übertragung: Cross’ dialectica experientiae Spiritus Sancti in Anlehnung an Barths dialectica fidei zwischen Hegel und Kierkegaard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs im Kontext von Cross’ theology of experience: vier dogmatische Topoi und drei Grundkategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. »Towards a Theology of Experience«: These und Struktur . . . . 5.1.1. »Divine Human Encounter«: Anliegen und These . . . . . 5.1.2. »Divine Human Encounter«: viergliedrige Struktur . . . . 5.2. Vier dogmatische Topoi als Grundlegung einer Erfahrungstheologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1. Finitum capax: theologisches und empirisches datum als Prinzip einer offenbarungsorientierten Erfahrungstheologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2. Christus praesens: Erfahrung als Gleichzeitigkeit mit Christus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

5.2.3. Unio cum Christo: Erfahrung als intime Vereinigung mit Christus in Gott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4. Internum testimonium Spiritus Sancti: Die objektive Gewissheit der Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Conditio, modus, probatio: Drei Kategorien zur Systematisierung der Erfahrungskomponenten im Kontext eines erfahrungstheologischen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . 5.3.1. Conditio und Prinzip: Die Bedingung der Möglichkeit von Cross’ Erfahrungsbegriff und Erfahrungstheologie . . 5.3.1.1. Funktion und Systematisierungskategorie . . . . 5.3.1.2. Ertrag: Offenbarungscharakter der Erfahrung und ihre Komponenten unvermittelt und Geist-lich/geistlich; persönlich und relational als conditio in Cross’ theologischem Ansatz . . . 5.3.2. ›Raum-zeitlicher‹ Modus der Erfahrung: Gleichzeitigkeit und intime Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.1. Funktion und Systematisierungskategorie . . . 5.3.2.2. Ertrag : partizipatorische, transformative und holistische Komponente als modus der Unmittelbaren Erfahrung in Cross’ theologischem Ansatz . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3. Probatio : reflektierbare und verantwortbare Verifikation der Gewissheit bezüglich der Wahrheit und Objektivität der Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3.1. Funktion und Systematisierungskategorie . . . 5.3.3.2. Ertrag : narrative, reflektierbare und sozial-kommunitäre Komponente als probatio in Cross’ theologischem Ansatz . . . . . . . . . 5.3.4. Zusammenfassung: Systematik und Implikationen des Erfahrungsbegriffs von Cross für eine Erfahrungstheologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ertrag und Einordnung in Cross’ Ekklesiologie . . . . . . . . . . . . 6.1. The Church: A People of God’s Presence and Power – These und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1. The Church: A People of God’s Presence and Power – Anliegen und These . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2. The Church: A People of God’s Presence and Power – zweigliedrige Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Ertrag für eine erfahrungstheologische Ekklesiologie . . . . . .

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Inhalt

6.3. Zusammenfassung: Der Erfahrungsbegriff von Cross in seiner erfahrungstheologischen Ekklesiologie . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung: Erkenntnistheorie des Erfahrungsbegriffs von Cross . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweiter Teil: Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches Anliegen von Yongs Ansatz . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorgehensweise und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong . . . . . . . . . . . . 3.1. These und Aufbau von Spirit-Word-Community . . . . . . . . . 3.1.1. Anliegen und These von Spirit-Word-Community . . . . . 3.1.2. Aufbau und Struktur von Spirit-Word-Community . . . . 3.1.3. Triadisches Schema von Spirit-Word-Community in tabellarischer Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Triadische Metaphysik und Ontologie . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1. Relationalität als Seinsweise Gottes und Bedingung der Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Peirce’ Grundkategorien der Wirklichkeit: Erstheit, Zweitheit und Drittheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3. Trinitätstheologische Analogien . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4. Axiologische Ontologie und der Fakt/Wert Dualismus . . 3.2.5. Fazit und tabellarische Übersicht . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Erfahrung als Imagination: axiologische Welterzeugung und triadische Epistemologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1. Pneumatologische Imagination als Kategorie für die Reflexion der Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.1. Grundsätzliche Religiosität der Erfahrung: Imagination und der endlich/unendlich-Kontrast . . . . . . . . . . . 3.3.1.2. Imagination: relational – integrativ – normativ und der Fakt/Wert-Dualismus . . . . . . . . . . 3.3.1.3. Imagination als epistemologisches Konzept der Erfahrung und Axiologie . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2. Triadische Epistemologie und Semiotik . . . . . . . . . . 3.3.2.1. Triadische Epistemologie . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.1.1. Wahrnehmungsurteile und Wahrnehmungsfakten . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.1.2. Abduktion – Deduktion – Induktion . . . . . . .

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Inhalt

3.3.2.2.

Semiotik und Abduktion – Deduktion – Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3. Zwischenergebnis und tabellarische Übersicht . . . . . . 3.3.3.1. Zwischenergebnis: Erfahrung als vermittelte Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2. Tabellarische Übersicht: Triadische Epistemologie der Erfahrung . . . . . . . . . . 3.4. Erfahrung als Kriterium der Wahrheit und Wahrheit als Kriterium der Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1. Fallibilismus als Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2. Pragmatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3. Wahrheit als Korrespondenz – wahre Erfahrung als Wertübertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4. Summarischer Rückblick: Teleologie der Erfahrung als Abduktionslogik in ständiger Irritation durch Vorläufigkeit und Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . 3.4.5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erfahrung als geistgewirktes Erschließungsgeschehen und Einordnung in Yongs theologia religionum . . . . . . . . . . . . . 4.1. Erfahrung als geistgewirktes Erschließungsgeschehen . . . . . 4.2. Paradigmatische Einordnung in Yongs angewandte Theologie 4.2.1. Paradigmatische Einordnung in Yongs theologia religionum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2. Normative Erfahrung als Geist(er)unterscheidung: schematischer Überblick zu Yongs Hermeneutik in religionstheologischer Anwendung . . . . . . . . . . . .

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Dritter Teil: Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe von Terry L. Cross und Amos Yong . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfahrung als Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung und Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Logische und phänomenologische Vorzeitigkeit? . . . . . . . . 2.2. Erfahrung bei Kant – ein kurzer Seitenblick . . . . . . . . . . . 2.3. Transzendentale Erfahrung bei Rahner – ein kurzer Seitenblick . 2.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fundamentaltheologie und public theology versus Prolegomena und sachliche Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

4. Analogia experientiae Spiritus Sancti und pneumatological imagination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Frank Macchias Anfragen an Yongs endlich/unendlich-Kontrast und der Ort der Harmatiologie in den jeweiligen Erfahrungsbegriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . 5.1. Dialektik – Trialektik und (vermittelte) Unmittelbarkeit . . . . . 5.2. Kontinuität und Diskontinuität und (vermittelte) Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Mystik und Pan(en)theismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Philosophia ancilla theologiae aut philosophia neglecta? Anfragen an Cross’ Theozentrismus . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kritische Zusammenfassung: Experientia crucis aut experientia triumphans? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Nachgang: Geisterfahrer zwischen Immanenz und Transzendenz? . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sach- und Bibelstelleregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1 Primat der Erfahrung und Reflexion zweiter Ordnung

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Tabelle 1 Tabelle 2

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Tabelle 3 Tabelle 4 Tabelle 5 Tabelle 6

Implikationen und Ertrag des Erfahrungsbegriffs von Terry L. Cross Der Erfahrungsbegriff von Cross in seiner erfahrungstheologischen Ekklesiologie Triadisches Schema von SWC Trinität, triadische Metaphysik und untriadische Ontologie als Gegenstand der Erfahrung Triadische Epistemologie der Erfahrung Schematischer Überblick zu Yongs erfahrungstheologischer Hermeneutik in religionstheologischer Anwendung

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Abkürzungsverzeichnis

APE Are Pentecostals Evangelicals? Reviewing Theological Differences and Common Themes. Paper presented at »100 Jahre Berliner Erklärung« – Symposium of the Verein für Freikirchenforschung and the Interdisziplinäre Arbeitskreis Pfingstbewegung in Erzhausen bei Darmstadt, Germany. Unveröffentl. Manuskript, Universität Heidelberg (Cross 2009a). CAP The Church: A People of God Presence and Power, Lee University (Cross [im Erscheinen]) DHE The Divine-Human Encounter Towards a Pentecostal Theology of Experience. Pneuma, 31 (1), 3 – 34 (Cross 2009b). DKB Dialectic in Karl Barth’s Doctrine of God, New York: Lang (Cross 2001). DoF The Demise of Foundationalism and the Retention of Truth: What Evangelicals Can Learn from C. S. Peirce. Christian Scholar’s Review, 29 (3), 563 – 588 (Yong 2000a). DPA On Divine Presence and Agency : Toward a Foundational Pneumatology. Asian Journal of Pentecostal Studies, 3 (2), 137 – 188 (Yong 2000c). ToF Tongues of Fire in the Pentecostal Imagination: The Truth of Glossolalia in Light of R. C. Neville‹s Theory of Religious Symbolism. Journal of Pentecostal Theology, 6 (12), 39 – 65 (Yong 1998b). SWC Spirit-Word-Community: Theological Hermeneutics in Trinitarian Perspective. Aldershot: Ashgate (Yong 2002)

Vorwort

Das Aufkommen pfingstlich-charismatischer Bewegungen hat in den letzten Jahrzehnten zu einem tiefgreifenden Wandel des globalen Christentums geführt – obwohl dies in Europa immer noch sehr zögerlich wahrgenommen wird. Als wichtigen Grund für den rasanten Zuwachs dieser Bewegungen, wird oftmals auf eine erfahrungsorientierte Spiritualität verwiesen. Nicht zuletzt auf Grund des egalitären Moments, das sich aus einer Gleichheit aller vor Gott ableitet und der Erfahrung formal gesprochen eingeschrieben ist. Auch für pfingstlich-charismatische Theologen stellt die Erfahrung des Heiligen Geistes ein, wenn nicht sogar das, Proprium ihres Theologisierens dar. Als methodisches Proprium wird dies jedoch selten einer kritischen Untersuchung unterzogen. Obwohl es inzwischen einige programmatische Entwürfe (z. B. Macchia 2006, Yong 2005) und neuerdings sogar eine ›Politische Theologie‹ (Yong 2010) gibt, die die Pneumatologien von Pannenberg, Moltmann und Welker mit der Hermeneutik pfingstlicher Geisterfahrung in Verbindung bringen, sind die philosophischen Voraussetzungen bisher so gut wie nicht untersucht worden. Dies hat zur Folge, dass pfingstlich-charismatische Theologien selten über den Status des Programmatischen hinaus gelangen und deren teils kompatible, teils aber spannungsreiche, wenn nicht gar herausfordernde, Bezüge zu dezidiert evangelikalen Entwürfen nicht richtig in den Blick genommen werden können. Es wirkt sich aber auch nachteilig für den ökumenischen Dialog aus: Die mangelnde Transparenz bezüglich der erkenntnistheoretischen Grundlagen lässt einerseits viele Potentiale unausgeschöpft, andererseits führt sie zu Missverständnissen, da bestimmte Begriffsfelder im angelsächsischen anders konnotiert sind als etwa im deutschsprachigen Wissenschaftsdiskurs. Die vorliegende Arbeit möchte daher die Entwürfe zweier Pfingsttheologen vorstellen und diese gegeneinander profilieren. Beide Theologen stehen eindeutig im angelsächsischen evangelikalen Diskurs und artikulieren ihre durchweg biblisch begründeten Ansätze und Kritik vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf diesen Adressatenkreis. Im ersten Teil widmet sich die Arbeit Terry L. Cross, indem sie dessen Erfahrungsbegriff rekonstruiert und auf die

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Vorwort

Implikationen für Cross’ Ekklesiologie hin untersucht. Im zweiten Teil widmet sie sich Amos Yong, einem der einflussreichsten und am schwersten zugänglichen Pfingsttheologen, indem sie die philosophischen Grundlagen seines Erfahrungsbegriffs offenlegt und diesen in seine Theologia Religionum einordnet. Der dritte Teil bringt diese beiden sehr unterschiedlichen Ansätze ins Gespräch und stellt deren Denkformen einander gegenüber. Dabei werden die Stärken und Schwierigkeiten dieser Entwürfe herausgearbeitet: Cross lehnt sich sehr stark an Karl Barth an, hält aber gleichzeitig an einer theologischen Unmittelbarkeit des Geistes fest. Yong hingegen arbeitet mit einer ›Trialektik‹, die sich an C.S. Peirce orientiert und jede Erkenntnis zwar als grundlegend religiös, zugleich aber als stets zeichenvermittelt und daher ›gebrochen‹ begreift. Trotz der Unterschiede weisen beide Ansätze interessante und teils provokative Wege auf, Theologie zu treiben, lassen aber auch eine Tendenz zu latentem Triumphalismus erkennen. Der vorliegende Text ist eine geringfügig überarbeitete Version der ›wissenschaftlichen Hausarbeit‹, die ich im Rahmen meines theologischen Examens an der theologischen Fakultät der Universität Heidelberg im Sommer 2011 eingereicht habe. Im Rahmen dieser Examensarbeit war es leider nicht möglich das Thema noch breiter anzugehen. Eine Auseinandersetzung mit theologischen Arbeiten, die den Erfahrungsbegriff behandeln, und insbesondere derjenigen, die sich in der deutschsprachigen protestantischen Theologie mit Semiotik und der Philosophie Charles S. Peirce befasst haben (vor allem Eilert Herms und Hermann Deuser), hätte geholfen die behandelten Denker und deren Konzepte noch besser zu definieren und im deutschsprachigen Theologiediskurs zu verorten. James K. A. Smiths neuere Veröffentlichung, die aus pfingstlich-charismatischer Spiritualität den Entwurf einer ›christlichen Philosophie‹ vorschlägt (Smith 2010), wäre ein interessanter Vergleichspunkt gewesen, um Cross’ und Yongs Konzeptualisierungen zu kontrastieren – auch wenn sie einen eher programmatischen Charakter hat. Da es zum Zeitpunkt der Abfassung der Arbeit jedoch so gut wie keine Sekundärliteratur zu Amos Yong und Terry L. Cross gab, ist es bevorzugt worden, den Schwerpunkt dieser Arbeit auf die Rekonstruktion der jeweiligen Denker und den Direktvergleich zu legen. Eine intensivere Diskussion mit anderen Ansätzen hätte den gesetzten Rahmen der Arbeit gesprengt. Nimi Waribokos neuste Monographie, die ein methodologisches Prinzip für einen Ethikentwurf erarbeitet (Wariboko 2012) und L. William Oliverios Typologisierung pfingsttheologischer Hermeneutiken (Oliverio 2012) sind erst nach Verfassen der vorliegenden Arbeit erschienen und konnten daher nicht mehr in Betracht gezogen werden. Für die Entstehung dieser Arbeit habe ich all jenen zu danken, die mich zu den unterschiedlichsten Erfahrungen (die Reflexion inbegriffen!) ermutigt, ebenso wie denjenigen, die mich zu denselben oder ähnlichen Erfahrungen entmutigt haben. Hätte dieses Buch eine Widmung, könnte sie nur ihnen gelten. In be-

Vorwort

19

sonderer Weise habe ich Prof. Dr. Terry L. Cross für das freundliche Überlassen des Manuskripts seiner in Kürze erscheinenden Ekklesiologie zu danken. Besonderer Dank geht auch an Prof. Dr. Michael Bergunder, der diese Arbeit betreut hat und mich dazu ermutigt hat, sie zu veröffentlichen. Prof. Dr. Plathow danke ich für das Zweitgutachten. Unmittelbar an der Entstehung des Textes beigetragen, haben durch viele anregende Diskussionen Dr. Jörg Haustein und Simona Maltese und durch Korrekturlesen unterschiedlich langer Abschnitte Daniel Frick, Prof. Dr. Thomas Möbius, Francesca Morlok-Maltese, Annika Rödl und Lars-Kristoffer Stock. Dirk Hoffmann habe ich für die sorgfältige und zuverlässige Erstellung der Register zu danken; Melanie König hat ihn dabei unterstützt. Für die Aufnahme dieser Arbeit in der Reihe Kirche-Konfession-Religion gilt mein Dank Dr. Fleischmann-Bisten et sociis. Für den Druckkostenzuschuss danke ich dem Arbeitskreis für Evangelikale Theologie (AfeT), der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft (DGMW) und dem Verein für Freikirchenforschung (VFF).

Einleitung

1.

Erfahrungsdefizit?

Konnte Gerhard Ebeling in den 1970er Jahren noch ein »Erfahrungsdefizit der Theologie« (Ebeling 1975: 3 – 28) beklagen, spricht Donald L. Gelpi keine zwanzig Jahre später von einem »Turn to Experience in Contemporary Theology« (und zwar nicht nur mit Blick auf die anglophone Theologie, Gelpi 1994).1 In der neueren Zeit scheint der locus classicus einer Theologie der Erfahrung der Dritte Artikel des Credo und besonders die Pneumatologie zu sein, exemplarisch dafür sind die einleitenden Kapitel bei Michael Plathow (Plathow 1985) und besonders die Pneumatologien von Jürgen Moltmann (Moltmann 1991: 32 – 94 und der gesamte erste Teil), und Michael Welker (Welker 1992: 15 – 57).2 Es ist 1 Dazwischen liegen die Veröffentlichungen von Ebelings Schüler, Eberhard Jüngel, der wenige Zeit später die Rede von einer »Erfahrung mit der Erfahrung« als qualitativ neue Erfahrung »angesichts der Möglichkeit des Nichtseins« (Jüngel 1992: 40) geprägt hat und Walter Mostert, Ebelings Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Systematische Theologie in Zürich, der Erfahrung gar »als Kriterium der Theologie« (Mostert 2008) bezeichnen konnte. Aus einer erkenntnistheoretisch und vor allem theologisch anderen Richtung wurde Karl Rahners Konzept der »transzendentalen Erfahrung« (Rahner 1984: 29) prägend, und Eilert Herms hat im Rückgriff auf einen speziellen Offenbarungsbegriff in einer grundlegenden Veröffentlichung sogar »Theologie – eine Erfahrungswissenschaft« (Herms 1978) definiert. In etwas anderer Hinsicht spielt der Erfahrungsbegriff auch in den Systematischen Theologien von Paul Tillich (existentialontologische Erfahrung und ekstatische Erfahrung, vgl. Tillich 1956: 51 ff.135ff) und Wolfhardt Pannenberg, bei letzterem allerdings im Sinne der naturwissenschaftlichen Empirie (Sinneserfahrung), eine wichtige Rolle (Pannenberg 1977; Kärkkäinen 2004). Wenn nicht anders vermerkt, beziehen sich die Jahreszahlen bei den Quellenbelegen der Einfachheit wegen auf das Erscheinungsjahr des Buches, aus dem die Seitenzahl angegeben ist, und nicht auf das Ersterscheinungsjahr. 2 Michael Welker hat in Vorlesungen und Seminaren jedoch auch mehrmals die Frage erörtert, welche Vorteile es hätte eine eventuelle Neuauflage seiner Pneumatologie nicht mit dem Erfahrungsbezug, sondern mit einer philosophischen Auseinandersetzung des biblischtheologischen und christlich-pneumatologischen Geistbegriffs, in Abgrenzung zum aristotelischen und idealistischen Geistbegriffs und dessen impliziter Selbstbezogenheit (Welker 2006: 221 – 232; 1992: 262 – 278) zu beginnen.

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Einleitung

daher kein Zufall, dass Karl Barth ausgerechnet in einem Nachwort zur Schleiermacher-Auswahl von Heinz Bolli beklagt, den Heiligen Geist in seiner Kirchlichen Dogmatik nicht ausreichend berücksichtigt zu haben und in einem fiktiven Dialog mit Friedrich Schleiermacher fragt, wie eine Theologie aussehen würde, die vom Dritten Artikel ausgeht (Barth 1968).3 Pfingstlich-charismatische Theologen4 haben mit dem Versuch begonnen eine Theologie zu konstruieren (Williams 1988 – 92; Dabney 1996; Pinnock 1996; Chan 1998; Yong 2005; Macchia 2006)5, die konsequent vom Heiligen Geist und von der Erfahrung mit der dritten trinitarischen Person aus konzipiert ist (und somit zwischen diesen zwei sogenannten Kirchenvätern der letzten beiden Jahrhunderte vermitteln sollte) und sind – nach eigenen Angaben – gescheitert (SWC: 7ff; Studebaker 2003:248 f, Anm. 1; Cross 2006b: 177, APE: 15, Anm. 40). Entweder blieb die Pneumatologie trotz allem unterbestimmt und die pneumatologische Stoßrichtung nur streckenweise erkennbar, oder sie sind über das Stadium des programmatischen nicht hinausgekommen. Ein im engeren Sinne pneumatologisch konzipierter dogmatischer Gesamtentwurf scheint in naher Zukunft jedenfalls kaum denkbar.6 Aber, so muss man mit großem Respekt hinzufügen, 3 In Bezug auf Schleiermacher, meinte Paul Tillich: »Keine Theologie der Gegenwart sollte einer Auseinandersetzung mit Schleiermachers ›Methode der Erfahrung‹ aus dem Wege gehen, sei es im zustimmenden oder ablehnenden Sinne.« (Tillich 1956: 52) 4 Die Bezeichnung pfingstlich-charismatisch wird im Folgenden der Einfachheit wegen durchweg im Sinne des Selbstverständnisses der genannten Akteure gebraucht. Für eine Übersicht der unterschiedlichen Sprachregelungen und einer methodischen Diskussion der Definition der pfingstlich-charismatischen Bewegung siehe den bisher ausführlichsten und neusten Band zur Erforschung der globalen Pfingstbewegung (Anderson, Bergunder, & Droogers 2010; besonders Anderson 2010; Bergunder 2010), der von dem Forschungsnetzwerk GloPent herausgegeben worden ist. 5 Daneben sind aber auch die frühen Versuche des liberalen presbyterianischen Theologen Henry P. van Dusen (van Dusen 1958) und des katholischen Dogmatikers Thomas Freyer zu nennen (Freyer 1982). 6 Den vielleicht prominentesten und dogmatisch ausgereiftesten Versuch stellt Frank Macchias Skizze Baptized in the Spirit (Macchia 2006) dar, in der die Geisttaufe als Metapher für die immanente Trinität verstanden wird, die sich ad extra im eschatologischen Reich Gottes verwirklicht und somit den Menschen einbezieht. Auf diese Weise versucht Macchia die Geisttaufe, die für ihn den Kronjuwel bzw. das »central Pentecostal distinctive« (Macchia 2006: 20) pfingstlicher Theologie und Spiritualität darstellt, als Organisationsprinzip für eine systematischen Entwurf zu operationalisieren und entfaltet von der Geisttaufe aus sämtliche systematisch-theologische Loci, von der Gotteslehre und Christologie bis hin zu Soteriologie, Ekklesiologie und Ethik. Diese zentrale Rolle, die die Geisttaufe bei Macchia einnimmt, wird jedoch, trotz Macchias dezidierter Einbettung in einen weiteren eschatologischen Rahmen (Macchia 2006: 61 – 88), nicht nur außerhalb der pfingstlich-charismatischen Theologengemeinschaft als Überfrachtung der Geisttaufe kritisiert (Pinnock 2008; Knight III 2008; Moltmann 2008; Macchia 2008). Neben diesem Versuch ist auch Amos Yongs programmatische Aufsatzsammlung The Spirit Poured out on all Flesh zu erwähnen (Yong 2005), in der er versucht mehrere theologische Loci (Soteriologie, Ekklesiologie, Gotteslehre, Schöpfungslehre etc.) ausgehend von der Geistausgießung zu behandeln, die als Paradigma für Pluralität

Erfahrungsdefizit?

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diese Versuche sind auf sehr hohem Niveau gescheitert. Neben dem im wörtlichen Sinne zu verstehenden theologischem Pro-vokationspotential, haben sie viele Erkenntnisse erarbeitet, die zu einer zunehmenden Fokusverschiebung geführt haben: Heiliger Geist und Erfahrung des Pneuma Gottes7 bleiben nach wie vor zentral,8 allerdings findet deren Konzeptualisierung, in der die wichtigen Erkenntnisse aus den genannten Arbeiten weitergedacht werden, nicht weiter in den Begriffen einer im engeren Sinne verstandenen Pneumatologie statt, sondern im Sinne eines Ansatzes, der ›im vollen Sinne trinitarisch‹ (»robust trinitarian«, APE: 15, Anm. 40 bzw. »robust theological«, SWC: 7ff) sein will. So interessant diese pfingstlich-theologische Arbeiten sind, so erstaunlich ist es, dass ihre philosophischen Grundlagen – besonders die zugrunde liegenden Erkenntnistheorien – kaum diskutiert werden.9 Entweder werden sie in den jeweiligen theologischen Diskussionen implizit hingenommen, oder sie werden ignoriert (vgl. etwa sämtliche Rezensionen in einschlägigen Fachzeitschriften zu eigenständigen Entwürfen). Ansprechende Ansätze werden meist nur über ihre Wirkung rezipiert, was vielleicht ein Grund dafür ist, dass sich in den letzten Jahren in der pfingstlich-charismatischen Theologie ein gewisses Konjunkturtief beobachten lässt.10 Die vorliegende Arbeit möchte daher einen ersten Beitrag

7

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bzw. Einheit von Einheit und Differenz fungiert und die Grundrisse eines dogmatischen Entwurfs, den er als »global theology« bezeichnet und im Sinne einer »public theology« (Yong 2005: 30) versteht, vorausahnen lassen. Große Zweifel am Sinn und Nutzen eines eigenen pfingstlich-theologischem Profil, sei es im Sinne einer pfingstlich-theologischen Hermeneutik oder Methode und einer daraus folgenden pfingstlich-charismatischen Dogmatik, hat von Anfang an der Ökumeniker Veli-Matti Kärkkäinen erhoben (Kärkkäinen 1998a, 2001a). Im Folgenden wird diese auch als Erfahrung des Geistes oder verkürzt als Geisterfahrung bezeichnet. Die personalen Entsprechungen lauten dann Erfahrende des Geistes bzw. verkürzt Geisterfahrer. Der Lesbarkeit wegen wird in der vorliegenden Arbeit durchweg die maskuline Form verwendet. Diese ist jedoch im inklusiven Sinne zu verstehen und umfasst selbstverständlich auch die feminine Form sämtlicher Bezeichnungen. An Aktualität hat die Pneumatologie kaum verloren. Als eines der beliebtesten Loci der pfingstlich-charismatischer Theologen, ist ihre Inspirationskraft für originelle Ansätze, sei es im Hinblick auf ökumenische, feministische oder allgemein systematische Themen bei weitem nicht ausgeschöpft (Del Colle 2009; Levison 2011; Hollingsworth 2007; Holmes 2009). Eine Ausnahme stellt hierbei F. LeRon Shults Beitrag zur Untersuchung philosophischer Trends in neueren Pneumatologien dar, der sich allerdings nicht mit pfingstlich-charismatischen Ansätzen beschäftigt und lediglich Yong beiläufig und im Hinblick auf dessen neuere Arbeiten zum Dialog von Theologie und Naturwissenschaft erwähnt (Shults 2008). Obwohl philosophiegeschichtlich diskutabel, sollen die Begriffe Epistemologie und Erkenntnistheorie (samt Derivate) in der vorliegenden Arbeit austauschbar sein, zumal im angelsächsischen Diskurs, dem die Autoren folgen, der Begriff Erkenntnistheorie weitgehend mit espistemology übersetzt wird und gnoseology anders konnotiert ist. Eine kursorischer Blick über die neueren Ausgaben der Publikationsorgane der Society of Pentecostal Studies, Journal of Pentecostal Theology etc. kommt nicht um die Feststellung

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Einleitung

zur Untersuchung der (impliziten) Erkenntnistheorien pfingstlich-charismatischer Theologien leisten, indem paradigmatisch die Konzeptualisierung und Operationalisierung des Begriffs ›Erfahrung‹ (Experience)11 in zwei unterschiedlichen theologischen Ansätzen untersucht und verglichen wird. Diese sind zum einen die Erfahrungstheologie und Ekklesiologie des Professors für systematische Theologie und Philosophie der Lee University Terry L. Cross. Zum anderen sind es der hermeneutisch-theologische Entwurf und die theologia religionum des J. Rodman William Professors für systematische Theologie und Philosophie Amos Yong (Regent University). Die dadurch erhoffte höhere Transparenz der gebrauchten Kategorien12 soll zum einen dazu beitragen, dass pfingstliche Theologien in einem größeren wissenschaftlichem Diskurs, auch dem der etablierten Theologie, diskutiert werden können.13 Zum anderen soll sie innerhalb der pfingstlich-charismatischen akademischen Theologie zu einer größeren kritischen Auseinandersetzung mit eventuellen den jeweiligen Ansätzen inhärenten strukturellen Unmöglichkeiten und Weiterführungspotentialen führen, und somit zu einer kritischen »Selbstprüfung der Rede der christlichen Kirche hinsichtlich des Inhalts der ihr eigentümlichen Rede von Gott« (Barth, KD I/1, § 1) beitragen.

2.

Methodische Vorgehensweise

Die Untersuchung des Erfahrungsbegriffs bei den genannten Autoren soll in zwei separaten Teilen erfolgen, in denen zunächst Terry L. Cross (Teil I) und Amos Yong (Teil II) einzeln behandelt werden. Dafür sollen (1) mithilfe einer kurzen Skizze des theologischen Hauptanliegens des jeweiligen Denkers und (2) einer präzisen Beschreibung der Vorgehensweise und der herangezogenen einschlägigen Quellen, (3) die Grundkomponenten und Dimensionen des Erherum, dass originelle Ansätze, wie die der ersten Generation von Theologen selten geworden sind. 11 Dass die Erfahrung des Heiligen Geistes oftmals sogar als Proprium der pfingstlich-charismatischen Bewegung und der der pfingstlich-charismatischen Theologie betrachtet wird, geht maßgeblich auf Walter J. Hollenwegers bahnbrechender Studie Enthusiastisches Christentum: Die Pfingstbewegung in Geschichte und Gegenwart (Hollenweger 1969), durch die die Pfingstbewegung überhaupt erst in den akademischen theologischen Diskurs gelangt ist, zurück. Auf diesen Themenkomplex wird im Folgenden noch ausführlich eingegangen werden (siehe auch Exkurs III zu Oralität in der Pfingstbewegung). 12 Der Begriff Kategorie wird im Folgenden, wenn nicht anders gekennzeichnet, im allgemeinen Sinne einer Denkstruktur gebraucht und nicht etwa im engeren Sinne der Kantschen Erkenntnistheorie. 13 Vgl. dazu die Beobachtung des Heidelberger Theologen und Religionswissenschaftlers Michael Bergunder, die im Wesentlichen nach wie vor zutreffend ist – besonders im deutschsprachigen Raum (Bergunder 2000: 8).

Methodische Vorgehensweise

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fahrungsbegriffs herausgearbeitet werden, mit dem die jeweiligen Theologen operieren. Diese Grundkomponenten sollen dann anhand der dabei hervortretenden Kategorien systematisiert werden, wobei auch die Diskussionen mit anderen Denkern und Konzepten, durch die die genannten Autoren ihren jeweiligen Erfahrungsbegriff konzeptualisieren, beachtet werden. In der Untersuchung des Erfahrungsbegriffs von Cross wird dieser Arbeitsschritt allerdings zwei zusätzliche Arbeitsschritte erfordern, die zu gegebener Zeit genauer erklärt werden. Sodann sollen die Ergebnisse der erfolgten Rekonstruktion (4) in das wichtigste Hauptwerk des jeweiligen Theologen, Cross’ Ekklesiologie bzw. Yongs Hermeneutischer Entwurf und Theologie der Religionen, eingeordnet werden. Nach diesen beiden hauptsächlich analytischen Teilen wird in einem abschließenden Arbeitsgang (Teil III) eine knappe und kritische Gegenüberstellung der beiden Konzepte anhand einiger zentraler Topoi erfolgen, bei der auch die respektiven Vorzüge synthetisiert und Anfragen an die entsprechenden Ansätze formuliert werden. Zu den behandelten Ansätzen gibt es so gut wie keine Sekundärliteratur. Die vorliegende Untersuchung wird also nicht um die Aufgabe herum kommen, so nah wie möglich an konkreten Texten zu arbeiten, um eine transparente Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse gewährleisten zu können – auch wenn dieser Anspruch Exkurse und Diskussionen impliziert, die mit Blick auf die Fragestellung zunächst sekundär oder den Fortgang der Untersuchung aufzuhalten scheinen. Da beide Denker ihre Konzepte in englischer Sprache artikulieren, werden wichtige Ausdrücke neben den deutschen Begriffen in Klammern beigefügt werden und bei Bedarf in Form einer Anmerkung das semantische Feld dieser Begriffe erläutert. Wenn nicht anders vermerkt stammen alle Übersetzungen vom Verfasser der Arbeit. Bei nicht wenigen Ausdrücken wird eine knappe Diskussion der Grenzen einer deutschen Übersetzung unvermeidlich sein.

Erster Teil: Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

1.

Grundsätzliches Anliegen von Cross’ Ansatz

Ausgehend von seiner eigenen Pfingsterfahrung mit Gottes Geist möchte Cross eine theologische Methode entwickeln, die eine Alternative zu sämtlichen aus seiner Sicht ›cerebralen‹, ›rationalistischen‹, ›individualistischen‹ und ›epistemologisch-dualistischen‹ Engführungen darstellt, die in der gegenwärtigen Theologie immer wieder begegneten14 (DHE: 4.10.30; Cross 1993: 133, explizit tritt dies in APE: 2 – 7 zutage, wo es das schlechthinnige Differenzmerkmal zwischen Pfingstlern und »Fundamtenatlists« ist).15 Die zentrale Rolle (central feature) der Erfahrung stellt Cross zufolge das Proprium der Pfingstbewegung dar – sowohl in theologisch-methodischer als auch in spiritualitätsbezogener Hinsicht (DHE: 6, Anm. 5). Durch eine bewusste Reflexion und Operationalisierung eben dieser zentralen Rolle der Erfahrung könne die pfingstlich-charismatische Theologie einerseits, nach innen hin, gewisse Einseitigkeiten, die sich einer enthusiastischen Spiritualität verdanken, methodisch regulieren. Andererseits könne die Bedeutung der Erfahrung nach außen hin, einen Identitätsmarker für pfingstlich-charismatische Denker in der akademischen Theologie darstellen, wenn diese zur methodischen Besonderheit würde, die das pfingstlich-charismatische Theologisieren kennzeichnet. Eine dezidiert ganzheitlich betriebene Reflexion dieser in der Dogmengeschichte vernachlässigten Dimension (DHE: 9.31) könne konkret dazu führen, dass sämtlichen Loci der systematischen Theologie »Leben eingehaucht« (DHE: 3) würde und es zu in14 Eine ähnliche Motivation liegt Michael Welkers Pneumatologie zugrunde, weshalb er an den »Anfang [s]einer größeren Veröffentlichungen zu den wichtigsten Themen christlicher Theologie […] eine ›Theologie des Heiligen Geistes‹« stellt (Welker 1992: 11). 15 Unter Fundamentalists bezeichnet Cross die Bewegung, die sich Anfang des letzten Jahrhunderts mit der Selbstbezeichnung fundamental von der liberalen Theologie bzw. historisch-kritischen Exegese in den USA abgrenzte (und aus der die National Association of Evangelicals hervorgegangen ist, APE: 2 – 7). Für die Kurzbezeichnungen der verwendeten Quellen, siehe Abkürzungsverzeichnis.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

novativen und weiterführenden Relectures klassischer Texte der Theologie käme (DHE: 3ff, APE: 7 ff.16ff). Den Ausgangspunkt dieser Theology of Experience bildet das empirische Postulat einer direkten Begegnung mit Gott, das er sowohl aus seinem eigenen Erleben als auch aus dem Erleben, das in den Zeugnissen der pfingstlich-charismatischen Bewegung zum Ausdruck kommt, herleitet. Cross definiert Erfahrung daher als Unmittelbarkeit. D.h. der Ort der Unmittelbarkeit Gottes für den Menschen sei die genuine religiöse Erfahrung. Dabei hat er ein dialektisches Unmittelbarkeitskonzept im Blick, das christlich spezifiziert ist: Erfahrung sei der Ort der unmittelbaren Begegnung zwischen Gott und Mensch, an dem das Endliche das Unendliche fasst (DHE: 3 – 12).

2.

Vorgehensweise und Quellen

Erfahrung als Ort der unmittelbaren Begegnung zwischen Gott und Mensch – diese auf ersten Blick einfache Aussage gilt es zu untersuchen. Wie gelangt Cross zu dieser Definition? Aus welchen Momenten bzw. Komponenten besteht dieser Erfahrungsbegriff und wie werden die jeweiligen Komponenten konzeptualisiert? Welche Abgrenzungen und Differenzierungen sollen diese einzelnen Aspekte ermöglichen und welche Vorzüge verspricht sich Cross davon? Welche Denkfiguren stehen hinter dem Erfahrungsbegriff von Cross? Welche Implikationen hat dieser Erfahrungsbegriff für eine Theologie und was leistet dieser Erfahrungsbegriff in der konkreten theologischen Anwendung? Welche Epistemologie liegt Cross’ Erfahrungsansatz zugrunde? Diese Leitfragen sollen anhand einer sorgfältigen Analyse zentraler Texte aus Cross’ Oeuvre in folgenden fünf Schritten beantwortet werden. Zunächst sollen die verschiedenen Aspekte, die den Erfahrungsbegriff von Cross qualifizieren, als Komponenten extrapoliert und zusammengetragen werden. Bei diesem ersten Arbeitsschritt sollen daher Eigenschaften, die den Erfahrungsbegriff Cross’ auszeichnen, aus den wichtigsten Texten erarbeitet werden (I,3.). Dabei werden die zentralen Diskussionspunkte nachgezeichnet, in denen Cross sein Erfahrungskonzept von anderen Theologen und Philosophen durch die genannten Qualifikationen abgrenzt. Die Textgrundlage hierfür stellt vor allem das vierte Kapitel aus The Church a People of God’s Presence and Power, das mit The Encounter Between God and Humans überschrieben ist und zusammen mit den vorhergehenden Abschnitten die Prolegomena zu Cross’ Ekklesiologie bildet (Cross [im Erscheinen]: 37 – 51, abgekürzt CAP).16 Als Se16 Das Buch ist im Erscheinen, das Manuskript, aus dem Cross selbst in seinen Publikationen zitiert, ist bei der Lee University, an der Cross lehrt, einsehbar. Dass bereits in diesem ersten

Vorgehensweise und Quellen

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kundärtext wird vor allem der Aufsatz Are Pentecostals Evangelicals? Reviewing Theological Differences and Common Themes (2009a, abgekürzt APE)17, der auf einem Vortrag basiert, den Cross auf dem Symposium des Vereins für Freikirchenforschung und des Interdisziplinären Arbeitskreises Pfingstbewegung anlässlich des 100. Jahrestages der Berliner Erklärung gehalten hat, hinzugezogen werden. Andere weniger zentrale Texte, die als Tertiärtexte hinzukommen, werden mit entsprechendem Erscheinungsjahr angegeben. Nach dieser ersten Rahmensetzung sollen dann die erarbeiteten Komponenten des Erfahrungsbegriffs systematisiert werden. Dafür wird es zunächst notwendig sein, in einem zweiten Arbeitsschritt Cross’ Verständnis von Dialektik zu analysieren. Dies wird anhand einer kursorischen Besprechung von Cross’ Dissertation zur Dialectic in Karl Barth’s Doctrine of God (2001, abgekürzt DKB) geschehen, wobei das Augenmerk darauf liegen soll, die für seine Erfahrungstheologie relevante Denkform herauszuarbeiten (I,4.). Auf dieser Basis sollen dann die verschiedenen einzelnen Komponenten in einem dritten Arbeitsschritt in eine Systematik gebracht werden. Dazu werden drei Kategorien dienen, die sich aus Cross’ programmatischem Aufsatz, The Divine-Human Encounter. Towards a Pentecostal Theology of Experience (abgekürzt DHE) herleiten lassen. Dieser zweite Primärtext steht sachlich und zeitlich nach dem zuvor erwähnten Haupttext. Darin setzt sich Cross konkret mit den Grundproblemen seiner Erfahrungstheologie aus dogmatischer und dogmengeschichtlicher Perspektive auseinander (I,5.). Als vierter Arbeitsschritt soll der Erfahrungsbegriff mit Cross’ ekklesiologischem Hauptwerk The Church: A People of God’s Presence and Power (abgekürzt CAP) korreliert werden. Dies dient einerseits der Überprüfung der genannten Thesen im Lichte eines Gesamtentwurfs. Andererseits ermöglicht es ein umfassenderes Verständnis der Erfahrungstheologie Cross’. Mithilfe der Leitfrage nach dem effektiven Ertrag bzw. theologischen Mehrwert der Erfahrungskategorie für die Ekklesiologie wird, nach einer Besprechung der Stoßrichtung und Arbeitsschritt auf das Hauptwerk Cross’ als Textgrundlage zurückgegriffen wird, obwohl im dritten Arbeitsschritt erst die eigentliche Behandlung und Einordnung in sein ekklesiologisches Hauptwerkt erfolgt, ist deshalb nicht problematisch, weil es sich hier um einen ersten Zugang zum Erfahrungsbegriff handelt, der zunächst nur Attribute und Qualifikationen liefern soll. Der Text bietet sich deshalb besonders für diesen Rekonstruktionsschritt an, weil er, nach den ihm vorausgehenden Kapiteln, die sich mit Gotteslehre und Anthropologie befassen, den Erfahrungsbegriff als eigene Dimension einführt, die für Cross’ Verständnis der Kirche als dem Volk, in dem sich Gottes Gegenwart und Macht manifestieren, grundlegend ist. 17 Der Beitrag wurde im Jahrbuch des Vereins für Freikirchenforschung in deutscher Übersetzung unter dem Titel Sind Pfingstler Evangelikale? (Cross 2010) veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung ist an einigen Stellen leider etwas irreführend, darum wird ausschließlich aus dem englischen Manuskript zitiert, auf das sich dann auch die Seitenzahlen beziehen.

30

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

der Gliederung des Entwurfs, die erarbeitete Systematik des Cross’schen Erfahrungsbegriffs mit dem Gesamtwerk korreliert werden (I,6.). Schließlich sollen die wichtigsten Ergebnisse und Vorzüge des rekonstruierten Erfahrungsbegriffs von Cross im Lichte seines erfahrungstheologischen Ansatzes zusammengefasst und (fünftens) die Eckpunkte der dahinterstehenden Erkenntnistheorie genannt werden (I,7.). Da die vorliegende Arbeit einen erstmaligen Versuch darstellt, Terry Cross’ Erfahrungsbegriff aus theologischer und erkenntnistheoretischer Perspektive zu rekonstruieren und es keine Sekundärliteratur dazu gibt, hängt der Erfolg dieser Untersuchung davon ab, inwiefern die einzelnen Rekonstruktionsschritte methodisch nachvollziehbar sind. Um eine höchstmögliche Transparenz der folgenden Gedankengänge zu gewährleisten, muss die Untersuchung so textnah wie möglich, also in exegetischer Annäherung, geschehen. Dies bedeutet, dass die Texte in getrennten Abschnitten zunächst hinsichtlich der in ihnen hervortretenden eigenen Intention erarbeitet und dann erst die Konsequenzen für den Erfahrungsbegriff, die Erfahrungstheologie und der dahintersteckenden Erkenntnistheorie erörtert werden müssen – auch wenn dieser Anspruch zuweilen Exkurse und Diskussionen impliziert, die prima facie abwegig erscheinen oder den Fortgang der Untersuchung aufzuhalten scheinen.

3.

Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross

Im vorigen Abschnitt zur Motivation und zum Anliegen von Cross’ Arbeiten ist deutlich geworden, dass seine Theologie der Erfahrung18 ebenso vielversprechend wie ambitioniert klingt. Da Cross an keiner Stelle eine abstrakte systematische Abhandlung seines Erfahrungsbegriffs vorlegt, sondern diesen nur in actu erklärt, kann die Bestimmung der Erfahrung als Unmittelbarkeit bzw. die Aussage, dass die unmittelbare Gottesbegegnung ihren Ort in der Erfahrung (des Heiligen Geistes) habe, nur über eine Erörterung der Dimensionen, Aspekte und Implikationen dieses Satzes plausibilisiert werden. Das bedeutet, dass eine Rekonstruktion des Erfahrungsbegriff mit den folgenden Fragen beginnen muss: Aus welchen Momenten und Eigenschaften bzw. Komponenten besteht dieser Erfahrungsbegriff ? Anhand welcher Abgrenzungen und Differenzierungen werden die jeweiligen Komponenten konzeptualisiert? Das vierte Kapitel der Ekklesiologie Cross’ trägt die Überschrift The Enco18 Cross verwendet experience sowohl substantivisch als auch im verbalen Sinne. Diese werden grundsätzlich mit Erfahrung bzw. erfahren übersetzt. Eine Unterscheidung die der deutschen Unterscheidung zwischen Erleben und Erfahren im Sinne von subjektivem Erleben bzw. objektivierend reflektierter Erfahrung gleichkommt (vgl. Cramer 1972; Plathow 1990), findet sich bei ihm nicht.

Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross

31

unter Between God and Humans. Darin zeigt Cross auf, unter welchen Gesichtspunkten sich Unmittelbarkeit und Erfahrung in seinem Erfahrungsverständnis gegenseitig bedingen bzw. zur Erfahrung der Unmittelbarkeit gedacht werden sollen. Bereits der Begriff Unmittelbarkeit weist – wie auch in der zweigliedrigen Überschrift expliziert – auf zwei Parteien hin. Demnach kann man sich den gestellten Arbeitsfragen grundsätzlich aus zwei Perspektiven nähern: zum einen mit Fokus auf den Menschen, zum anderen mit Fokus auf Gott. Es ist bemerkenswert, dass Cross dieses Kapitel in der ersten Person Singular beginnt: »I believe that I have been encountered by the God of Scriptures.« (CAP: 37) Methodisch kennzeichnet dieses konfessionsartige Incipit einen empirischen Ausgangspunkt und stellt zugleich eine performative Argumentationsstruktur dar. Sowohl der Auslöser als auch der Zugang zur reflektierten Darlegung seiner Erfahrungstheologie ist seine Erfahrung. Dennoch darf diese performative Form nicht über den systematisch-theologischen Anspruch des Folgenden hinwegtäuschen, weshalb Cross’ Zugang von einem bekenntnisartigselbstreflexiven Meditationsstil zu unterscheiden ist. Obgleich mit einem Ich glaube-Satz eingeleitet, ist die Form nicht als Anrede an ein Du, wie etwa bei Augustinus’ Confessiones der Fall19, konzipiert. Der Text ist nicht als Gebet oder autobiographische Selbstreflexion geschrieben, sondern als systematischtheologische Darlegung der Erfahrung als Unmittelbarkeit, die sich allerdings als Erfahrung vollzieht und sich dessen bewusst sein will. Darum eignet er sich, um folgende sechs Komponenten bzw. Aspekte der Erfahrung zu extrapolieren, die Cross in Auseinandersetzung mit klassischen Gegenpositionen (vor allem die von Barth und Calvin) erörtert. Die Erfahrung, von der Cross spricht und die sich in der systematisch-theologischen Reflexion vollzieht, hat (1) einen Offenbarungscharakter, sie ist (2) persönlich und relational, (3) unvermittelt20 und Geist-lich/geistlich, (4) partizipatorisch und transformativ (5) holistisch und (6) reflektierbar. Diese Aspekte sollen nun nacheinander erläutert und ausführlich diskutiert werden.

19 »Magnus es, Domine, et laudabilis valde, magna virtus tua et sapientiae tuae, non est numerus. Et laudare te vult homo […].« (Conf. I,1) 20 Der Begriff unvermittelt (samt Derivate), wird an dieser Stelle zusätzlich zu dem Begriff unmittelbar (samt Derivate) verwendet, um eine besondere Dimension des Erfahrungsbegriff Cross’ in den Blick zu nehmen, bei der ein Moment der Abgrenzung überwiegt. Obgleich ohne erkennbare Systematik, verwendet Cross auch im selben Text die Begriffe immediate (unmittelbar, CAP: 49) und unmediated (unvermittelt, CAP: 46).

32 3.1.

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Erfahrung besitzt Offenbarungscharakter

Die erste Komponente, die es zu betrachten gilt, ist der Offenbarungscharakter der Erfahrung. Cross’ Erfahrungsbegriff erhebt den Anspruch, den Gott der Heiligen Schrift in den Mittelpunkt zu stellen und von Gott auszugehen. Trotz aller Bekenntnishaftigkeit und Performanz, die in dem Text begegnet, sei zu beachten, dass es sich nicht um eine Projektion des Ichs handle (CAP: 37). Damit wird die Erfahrung der Begegnung Gottes positiv bestimmt und inhaltlich präzisiert, d. h. sie wird von einer allgemeinen Erfahrung abgegrenzt. Das ist insofern wichtig, als darin ein theologischer Anspruch zum Ausdruck kommt: Cross möchte seinen erfahrungstheologischen Zugang weder im Sinne einer natürlichen Pneumatologie verstanden haben, noch im Sinne eines Instinktes verstanden wissen. Von Schleiermachers Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit grenzt er sich ab und betont, dass es sich bei dieser Erfahrung nicht um ein innatum, ein »›sense‹ with which every human is born« (CAP: 37), handle. Die Abgrenzung von Schleiermachers Erfahrungsbegriff, den Cross im Sinne eines angeborenen natürlichen Gefühls für das Unendliche interpretiert, erfährt allerdings eine Differenzierung im Dialog mit Calvins Aussage, wonach der Mensch zu Gott, das heißt zu einer Erfahrung Gottes, hingetrieben sei (CAP: 38). Mit Edward Dowey gestattet Cross der Erfahrung zwar eine doppelte epistemologische Struktur : »[E]verything in creation stands in a double epistemological context: as knowledge within the world (›of ourselves‹) and as revelation of God.« (CAP: 38, Anm. 4) Sogleich bemüht er sich aber, seinen Erfahrungsbegriff an die besondere Offenbarung21 zu knüpfen. Wenn Cross von Erfahrung spricht, dann hat er eine Erfahrung von Gott im Blick – den er nur als christlichen dreieinigen Gott kennt. Die Zentralität der Trinitätslehre in Cross’ Erfahrungsbegriff wird immer wieder zutage treten. Hinsichtlich der Offenbarungsdimension der Erfahrung ist hier festzuhalten, dass die Offenbarung einen Inhalt hat – Jesus Christus – mit bzw. zu dem der Heilige Geist laut Cross für den erfahrenden Menschen eine Gleichzeitigkeit bewirke (»the Spirit re-presents Jesus to us«, CAP: 40, Hervorhebung original). Die Offenbarungskomponente der Erfahrung Gottes besteht also nicht zuletzt in einem Moment des »re-en21 Deutlich steht hier die Unterscheidung von natürlicher und übernatürlicher bzw. besonderer und allgemeiner Offenbarung im Hintergrund, die für die dialektische Theologie bezeichnend ist. Die Möglichkeit einer unerwartet und unerklärlich hereinbrechenden Intervention Gottes findet eine strukturelle Analogie in der pfingstlich-charismatischen Offenheit für das Unerklärliche im Sinne von Wunderheilungen, Exorzismen etc., die sich von einer »this-isthat«-Hermeneutik (Smith 2010: 22 – 31.51 – 71; Vondey & Green 2010; DHE: 23, vgl. Apg 2,16 [King James Version]; Cargal 1993; McPherson 1923) der biblischen Zeugnissen speist. Auf die Assoziation, die der Begriff übernatürlich (supernatural) mit dem Supranaturalismus des 18. und 19. Jahrhunderts bewirkt, wird später noch eingegangen werden (vgl. Exkurs II: Wunder).

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actment« (CAP: 40) der Wirklichkeit und des Anspruchs Gottes für den Menschen. Cross’ Abgrenzung von einem Erfahrungsbegriff, dessen Gegenstand natürliche oder allgemeine Offenbarung ist, geschieht auch mit einer pragmatischen Argumentation hinsichtlich der Folgen der Erfahrung. Calvins Betonung der geistlichen22 Frucht, die aus der Erfahrung der Offenbarung hervorgehe, sei einerseits ein Gütekriterium nach außen, das eine gewisse Beobachtbarkeit impliziere. Nach innen hin sei es, andererseits, ein Reflexionskriterium, das zugleich leere Spekulationen verhindere (CAP: 38). Es gilt also den zu untersuchenden Erfahrungsbegriff im Sinne dieser Spezifikation zu begreifen: Die Erfahrung, von der aus Cross seine Theologie entfaltet, ist eine besondere Erfahrung, sie ist die Erfahrung Gottes – hier zunächst als Genitivus objectivus zu verstehen –, mit anderen Worten: Sie ist Erfahrung des sich offenbarenden Gottes (CAP: 37; APE: 10.12.17). Inwiefern sich der Erfahrungsbegriff Cross’ von dem Barths unterscheidet und wie Cross Barths Offenbarungsbegriff kritisiert und revidiert, wird im Zusammenhang mit einer ausführlichen Diskussion seiner Rezeption von Barth (siehe I,3.3.2.2.) erfolgen. An dieser Stelle genügt es, die prinzipielle Denkrichtung, aus der Cross’ Denken voranschreitet, zu verdeutlichen.

3.2.

Erfahrung ist persönlich und relational

Neben dem Offenbarungscharakter hat Cross’ Erfahrungsbegriff auch eine persönliche Dimension. Der sich offenbarende Gott, der im vorigen Abschnitt mit dem Genitivus objectivus bezeichnet wurde, begegne dem Menschen als ein Du. Erfahrung geschehe also nicht als vage Wahrnehmung eines abstrakten Gegenstandes oder unspezifischen Numens, sondern als »grace-filled encounter« (CAP: 37) mit einem personalen Gegenüber. Dieses personale Gegenüber sei demnach ein klares Subjekt. Mehr noch: der persönliche Gott sei der Initiator, die causa prima und das schlechthinnige Subjekt, dieser spezifischen Erfahrung, zumal er das Du ist, das den Menschen zur Erfahrung einlädt. Das menschliche Ich treffe in der Erfahrung auf das göttliche Absolute Ich, das durch den Heiligen Geist in freier gnadenvoller Kondeszenz für den Menschen zum Du wird.23 22 Das englische Adjektiv spiritual wird im Deutschen häufig mit geistig übersetzt. Da dies aber oftmals eine allzu philosophische Konnotation hat, sei es, weil an den deutschen Idealismus gedacht oder Geist als Gegenteil von Materie verstanden wird, ist hier geistlich bevorzugt worden. Mit geistig wird eher das englische semantische Feld um den Begriff mind übersetzt werden. Ein Rekurs auf die Begriffe Nous, Pneuma und Geist würde die Diskussion nur verkomplizieren. 23 Zu dem Begriff absolutes Ich findet sich bei Cross keine Erläuterung. Es wäre allerdings

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Da Cross das Wesen des Menschen in erster Linie über Relationalität versteht, geht diese gottgewirkte Begegnung des absoluten Ichs als Du den Menschen unbedingt an.24 Die dahinter stehende Anthropologie fasst er wie folgt zusammen: »He created us as relational beings, reflecting his own relational nature in the Trinity.« (CAP: 51) Der Mensch sei demnach ein Beziehungswesen, das sein Selbst in der Erfahrung und durch dieselbe entwirft und es in eine Kontinuität zu seinem Ich stellt. Im anthropologisch orientierten Kapitel seines ekklesiologischen Hauptwerkes legt Cross dies ausführlicher dar. Unter der Überschrift The Nature of the People of God (CAP: 23 – 36) beschreibt Cross den Menschen anhand zweier spiegelsymmetrisch übereinander gestellter Dreiecke, bei denen jeweils eine Ecke wie bei einer Sanduhr die des anderen Dreiecks berührt. Mit Karl Barths relationaler Lehre der Imago dei erklärt Cross, dass die innertrinitarische Unterscheidung von Gott Vater und Gott Sohn analog zu der innermenschlichen Unterscheidung zwischen Mann und Frau zu verstehen sei, wobei der göttliche bzw. menschliche Geist jeweils die Kontaktstelle (die Ecke) sei, an der die beiden sich berühren. Die auf diese Weise von Cross adaptierte relationale Anthropologie bedeutet ferner, dass der Mensch auch die Verantwortung für den Umgang mit Erfahrung trägt. Die Art, wie sich der Mensch zu der Erfahrung Gottes verhält, stelle die Grundlage – das Infusionsgut (Cross 2000: 33) – für Folgeerfahrungen im weiteren Sinne dar (APE: 17; Cross 2000: 30). Von einer Relationalontologie im engeren Sinne kann allerdings bei Cross nicht gesprochen werden, da er nicht auf Substanz- (CAP: 38 f.48 und öfter) bzw. Essenzbegriffe verzichtet (CAP: 39 – 41.47 und öfter) und geistgewirkte Wunder beispielsweise nicht nur auf geheilte Beziehungen (zu sich selbst oder zu anderem) beschränkt, sondern als reale göttliche Eingriffe in die menschliche Physis begreift (APE: 19). Bemerkenswert ist außerdem, dass Cross jede relationale Erfahrung, also auch die Beziehungen zwischen Menschen, auf den Heiligen Geist zurückführt, ohne dies allerdings explizit mit der Offenbarungsdimension ins Verhältnis zu bringen. Wenn auf Grund dieser persönlichen und relationalen Komponente die Erfahrung Gottes den Menschen in unbedingter Weise angehe, dann dürfe diese hilfreich zu spezifizieren, was damit gemeint ist, bzw. wo die Identifikation Gottes mit dem absoluten Ich auch ihre Grenzen hat. Im Folgenden wird sich diese Problematik im Zusammenhang mit der Theozentrik erhellen, die Cross von Karl Barth übernimmt. Angesichts Cross’ eigener Kritik an Barth, wonach bei diesem die Freiheit des Menschen unterbestimmt geblieben sei (siehe I,3.3.2.), ist diese implizite Erklärung allerdings nicht ausreichend bzw. angesichts eines so stark geladenen philosophischen Begriffs, wie den des absoluten Ichs, problematisch. 24 Hier klingt Tillichs Religionsdefinition, als das, was den Menschen unbedingt angeht, an (Tillich 1956: 247). Es ist möglich, dass sich Cross damit gegen Barths Religionsbegriff wendet (obgleich Barth auch differenzieren kann, etwa im Zusammenhang seiner Lichterlehre, vgl. KD IV/3, § 69) und stärker eine Korrelation Gott/Erfahrung im Blick hat, wenn er von »genuine religious experience« spricht (DHE: 7, Anm. 8).

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Erfahrung auch nicht ohne Folgen bleiben. Sie ist also nicht nur ein Moment der Kontinuität bei der Konstitution des Ichs im Gegenüber zu Gott, das absolute Ich, das dem Menschen laut Cross in geistgewirkter Weise als Du begegnet, sondern auch ein Moment der Diskontinuität bzw. der Veränderung, bei dem sich dessen Persönlichkeit bzw. Personalität25 zunehmend dem Wesen Gottes angleicht (CAP: 38). Dies muss im Zusammenhang mit dem transformativen Charakter, den Erfahrung Cross zufolge beseitzt, genauer erläutert werden (siehe unten I,3.4.). Zuvor ist es aber wichtig, in gesonderter Weise die Komponente des Unvermitteltseins der Erfahrung in den Blick zu nehmen.

3.3.

Erfahrung ist unvermittelt und Geist-lich/geistlich

Obwohl Cross die Möglichkeit einer vermittelten Erfahrung nicht ausschließt, ist die Erfahrung, aus der er seine Theologiemethode entwickelt, eine direkte, d. h. sie ist als unvermittelte26 und geistliche Erfahrung zu verstehen: »God also confronts me in a direct encounter.« (CAP: 48) Zwar könne der Mensch dem christlichen Gott auch durch Wort und Sakrament und anderen Media begegnen (CAP: 38.48), eine Theologie, die eine unvermittelte Erfahrung Gottes jedoch a priori ausschließt, lehnt Cross vehement ab. Die Argumente, mit denen er eine solche Theologie ablehnt, lassen sich exemplarisch an seiner Auseinandersetzung mit Calvin und Barth erläutern. Die folgenden Abschnitte sollen zeigen, wo Cross gegenüber diesen beiden Theologen, die seine Hauptgesprächspartner und Impulsgeber darstellen, eigene Wege geht.

3.3.1. Cross’ Rezeption von Calvins Unmöglichkeit einer unvermittelten Gotteserfahrung und der Geist-lich/geistliche Charakter der Erfahrung Um mit dem Menschen zu interagieren, müsse Gott, so zitiert Cross Calvin, »far beneath his loftiness« (CAP: 38) herabsteigen.27 Diese Akkommodationsthese, der zufolge die eigentliche Essenz Gottes nicht Gegenstand der Theologie sein könne, habe sich Gott doch vielmehr auf unseren Status herabgelassen 25 Die Begriffe Personalität und Persönlichkeit werden in der vorliegenden Arbeit grundsätzlich synonym verwendet. Aus dem jeweiligen Kontext wird sich aber herausstellen, dass Personalität eine technischere Konnotation, im Sinne von Personhaftigkeit (personalitas) besitzt, während Persönlichkeit den umfassenderen Sinn, eine persona als Ganzes, bezeichnet. 26 Zu dem Verhältnis der Bezeichnung unvermittelt und unmittelbar (samt Derivate) sei auf die Anmerkung unter I,3.1. verwiesen. 27 Cross’ Calvin-Rezeption orientiert sich stark an der Züricher Dissertation von Edward A. Dowey (Dowey 1952).

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(CAP: 39), impliziere eine Verborgenheit Gottes und die Unergründbarkeit seiner Substanz (CAP: 38 f). Gott könne daher ausschließlich auf mittelbare Weise durch das Wort und die Sakramente erfahren werden, wobei die Sakramente wiederum nur kraft des Wortes ihre Bedeutung hätten. Am sogenannten Extra Calvinisticum werde dies besonders deutlich, wonach selbst die Inkarnation Jesu Christi nicht als restlose Offenbarung der Essenz28 Gottes zu verstehen sei, sondern lediglich die höchste Theophanie, »in which God mirrored himself in humankind« (CAP: 39), darstelle. Obgleich Cross nachvollziehen kann, dass Calvin der Gefahr einer restlosen Vermenschlichung Gottes wehren will, widerspricht er vor allem mit Rekurs auf seine eigene Erfahrung der Auffassung, dass Gott nicht direkt, sondern nur indirekt vermittelt durch das Wort bzw. im Wort erfahren werden könne. Wie sind diese beiden Anliegen in Einklang zu bringen? Die offensichtliche Spannung löst Cross durch einen pneumatologischen Zug: »[T]he Spirit of God is the connecting issue.« (CAP: 39) Gott selbst – immanent-trinitarisch spezifiziert: die dritte Person der Trinität – ist in Cross’ Konzept die Bedingung der Möglichkeit für das Festhalten an der Unvermitteltheit der Erfahrung Gottes. Für Cross liegt der Fokus also weniger auf einer Akkommodation Gottes, nicht auf dem Herabsteigen Gottes zum Menschen, sondern auf dem Werk des Heiligen Geistes, der die umgekehrte Bewegung ermögliche: »[T]he Spirit lifts me up […] the Spirit connects the life of God with my life [… t]he Spirit encountering me produces a transformation of life.« (CAP: 39 f) Dadurch erhält der Erfahrungsbegriff eine geistliche Komponente: Die persönlich-relationale Erfahrung, in der sich Gott direkt offenbart, ist geistgewirkt, sie ist Geist-lich im wörtlichsten Sinn.29 Das geistliche Moment an Cross’ Erfahrungsbegriff besteht vor allem darin, dass das schlechthinnige Subjekt der Erfahrung Gottes, in der das Absolute Ich zum Du wird, immanent-trinitarisch spezifiziert wird: Der Geist sei der Agent genuin religiöser Erfahrung (CAP: 1 ff.39; APE: 10; DHE: 7, besonders Anm. 8).30 28 Essenz und Substanz werden bei Cross weder definiert noch an irgendwelche Denker, etwa Aristoteles oder Augustin, der diese beiden noch zusammen mit oqs¸a gebraucht, gebunden, sie werden auch nicht im Unterschied zu Akzidenz spezifiziert. Zuweilen werden sie von Cross synonym verwendet. 29 Cross geht hierbei nicht auf den menschlichen Geist ein, weshalb der Begriff geistig an dieser Stelle irreführend wäre (siehe auch die Anmerkung unter I,3.2.). An einem philosophischen Geistbegriff, etwa im Sinne Aristoteles’ oder Hegels, ist Cross – anders als der Pneumatologe Welker (2006: 222ff) – nicht interessiert. 30 Es könnte den Anschein erwecken, als sei der Rekurs auf den Heiligen Geist bei Cross lediglich ein Rückzug in die Pneumatologie, der das Ziel verfolge, der eigenen Unmittelbarkeitserfahrung, die als empirisches Datum vorausgesetzt und in der Bibel wiedergefunden wird, einen theologischen Ort zu geben. Dies ist jedoch so nicht der Fall. Cross ist bemüht die Unvermitteltheit seines Erfahrungsbegriffs weiterhin theologisch zu begründen,

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3.3.2. Cross’ Rezeption von Barths Unmöglichkeit einer unvermittelten Gotteserfahrung und der Geist-lich/geistliche Charakter der Erfahrung Im Gefolge Calvins und mit dem gleichen Anliegen weist auch Barth bei der Begegnung des Menschen mit Gott jegliche Rede von einer unvermittelten Erfahrung aufs schärfste zurück. An dieser Stelle ist es daher sinnvoll, Cross’ Auseinandersetzung mit Barth hinsichtlich der Frage nach der Unvermitteltheit genauer zu betrachten. 3.3.2.1. Kontext Wie Johannes Calvin beharre auch Karl Barth, so Cross, auf eine indirekte bzw. sekundäre und intermediäre Erkenntnis von Gott, weil Gott stets »beyond our concepts of him« (CAP: 42) sei. Demnach könne in Barths Theologie, so Cross weiter, Gott nur von außen – als das ewige Ich, das immer Subjekt und nur Objekt seiner selbst sein kann (CAP: 43, vgl. KD II/1, § 25) – erkannt werden. Die Gemeinschaft des Menschen mit Gott und die Anteilhabe an seiner Herrlichkeit sei folglich bei Barth auch nur im Sinne einer qualitativen Distanz konzipierbar (CAP: 40.42 f.46.48). Zwar habe Barth in seinen späteren Arbeiten andere Implikationen aus dem unendlichen qualitativen Unterschied für die Rede von Gott gezogen,31 diese seien aber immer noch nicht ausreichend, um die pfingstlichcharismatische Erfahrung des Heiligen Geistes, wie sie auch in den Narrativen der Schrift bezeugt sei, theologisch zu artikulieren (CAP: 47). Cross teilt zwar das Anliegen Barths sich von Schleiermachers vermeintlicher Gleichung (Erfahrung = Gefühl) abzugrenzen, er kann aber der Äußerlichkeit, die Barth formuliert, nicht zustimmen. »Barth takes great care to separate himself from Schleiermacher’s view of experience or feeling (Gefühl). He wanted a more expansive term and one that did not carry the freight that Schleiermacher’s term did. However, in clarifying his use of Erfahrung, he used another term that highlights his direction: Bestimmung (determination). The encounter of the Word of God with human beings is an experience (Erfahrung) that has been determined (Bestimmtsein) external to the self by God. In other words, when we encounter the event of revelation of God, we experience something (or someone) outside of us that determines us. For Barth, this experience that comes to us from God’s side is always indirect and mediated, never direct and unmediated.« (CAP: 46, Hervorhebung original)

In Barths Erfahrungskonzept ereigne sich die Offenbarung und Begegnung Gottes »outside of us« (CAP: 46) in Christus. Damit postuliere Barth eine indem er, einerseits die Wirkungen der Erfahrung Gottes – reale Partizipation und Transformation – theologisch erörtert und andererseits mögliche Vorbehalte und Einwände gegen sein Konzept der unvermittelten Erfahrung Gottes aufgreift (CAP: 39ff). Darauf soll weiter unten genauer eingegangen werden (siehe I,3.4.). 31 Siehe I,4.4. der vorliegenden Arbeit.

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Selbstbeschränkung, die Gott zu Gunsten der menschlichen Erkennbarkeit auf sich nehme, weil der Mensch sonst gänzlich unfähig sei ihn zu erkennen. Diese Selbstbeschränkung ermögliche es Barth auch assertorische Aussagen über Gott zu machen, statt nur ex negativo von Gott zu sprechen. Allerdings werde, so Cross, eine auf diese Weise und mit diesen Folgen konzipierte Selbstbeschränkung weder den biblischen Narrativen noch der Empirie der Pfingstbewegung gerecht (CAP: 43). Darüber hinaus entspreche sie auch nicht dem trinitarischen Wesen Gottes. Dies erläutert Cross an drei Aspekten, die zugleich die drei wichtigsten Kritikpunkte Cross’ an Barths Erfahrungsverständnis bilden. 3.3.2.2. Cross’ dreifache Kritik an Barth: subordinationistisch, noetische Engführung, defizitär Cross’ Versuch Barth weiterzudenken geht von der Beobachtung aus, dass Barths Theologie subordinationistisch, noetisch verengt und defizitär sei. 3.3.2.2.1. Subordination des Heiligen Geistes Cross kritisiert an Barth, dass dieser, sofern er Gottes Geist als die subjektive Seite der Erkenntnis Gottes versteht (KD I/1, § 12), den Heiligen Geist faktisch dem Vater und dem Sohn unterordne. Die dritte Person der Trinität verkomme daher zu einer subordinierten Kraft, die zudem im Menschen kaum mehr als eine noetische Erkenntnis bewirkt. Dagegen hält Cross mit seiner These der Unmittelbarkeit, die durch und vom Heiligen Geist, im Kontext einer persönlichen Erfahrung, gewirkt sei, eine Pneumatologie, die den Anspruch erhebt, im vollen Sinne trinitarisch zu sein (CAP: 45; APE: 15). Seine Lehre vom Heiligen Geist optiert daher gegen Barth für ein relationales Verständnis, das, vermittelt durch Miroslav Volf, bei Moltmann Anleihen macht (CAP: 18; Cross 2000: 37 f, besonders Anm. 32; Volf 1996). 3.3.2.2.2. Noetische Engführung Damit verbunden, und als epistemologische Ursache dieser Subordination, stellt Cross eine noetische Engführung in Barths Theologie fest. Barths Eifer, sich gegen Schleiermacher und gegen die vermeintlich auf Schleiermacher aufbauende neuere protestantische Theologie zu positionieren, Barths harte Fronstellung gegen die liberale Theologie seiner Zeit ebenso wie gegen den Pietismus (die in eine natürliche Theologie münden würden), führe Barth jedoch dazu, Offenbarung zu sehr an der noetischen Erkenntnis des Logos festzumachen. Anders gesagt: Cross kritisiert, dass Barth den Erfahrungsbegriff durchweg pejorativ konnotiere und so in eine Überbetonung der Vernunft bei der Begegnung Gottes abgleite. Die Erfahrung Gottes (hier speziell der Gnade) sei bei Barth lediglich »a miracle by which human reason in its radical fallenness is contradicted […] and liberated that it provisionally grasps revelation«

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(CAP: 44). Dies sei eine noetische Verkürzung der Gnade Gottes, deren erkenntnistheoretische Ursache in einer binären Struktur läge, die Ratio von nonRatio unterscheide und auf Immanuel Kant zurückzuführen sei. Gegen diese Fixierung und Überwertung der cognitio auf Kosten anderer Dimensionen der menschlichen Existenz konzeptualisiert Cross seinen Erfahrungsbegriff unter dezidierter Beachtung sämtlicher transkognitiver Komponenten (EGB: 43.38; APE: 3 – 7; DHE: 4.10.30; Cross 1993: 133).32 3.3.2.2.3. Defizitäre Pneumatologie und Anthropologie In Cross’ Lesart ist die Erfahrung Gottes bei Barth ein Moment, in dem sich lediglich die theologische Tatsache äußere, dass der Mensch durch den Heiligen Geist zur Erkenntnis der objektiven Offenbarung Gottes in Christus bestimmt ist. Neben den genannten zwei Problemen weise dieses Verständnis ein zweifaches Defizit auf. Zum einen nehme eine solche Theologie den Heiligen Geist nicht ernst, da sie ihm kaum Eigenkreativität, geschweige denn Persönlichkeit im vollen Sinn zurechne: »The Spirit merely seems to be servant of Christ’s revelation and reconciliation.« (CAP: 45) Cross bemängelt, dass die heiligende Rolle der dritten Person der Dreieinigkeit in einer solchen eher binären als trinitarischen Struktur kaum angemessen entfaltet werden könne (CAP: 45). Folglich sei die Appropriation der Neuschöpfung in einem solchen Konzept nur nominal, d. h. Spiritus Creator sei in einem solchen Ansatz nicht mehr als ein bloßer Name (CAP: 49). Oder aber der Heilige Geist sei nur im Sinne einer futurisch-eschatologischen Neuschöpfung Spiritus Creator und sei aus einer präsentisch-eschatologischen Perspektive betrachtet größtenteils passiv (CAP: 43 f). Diese Unterforderung des Heiligen Geistes führe dann auch zur Barthschen Unterscheidung zwischen Versöhnung und Erlösung, die Cross als inadäquate Diastase zwischen »reconciliation (God the Son); and redemption (God the Spirit – usually referred to as ›glorification‹)« (CAP: 44) kritisiert. Zum anderen impliziere Barths Ansatz auch ein defizitäres Menschenbild, weil dem Menschen dadurch seine Subjekthaftigkeit abgesprochen werde. In Anlehnung an Hunsinger vermutet Cross, dieser Aspekt der Soteriologie sei unter anderem deshalb in Barths Theologie »underdeveloped and excessively diminished« (CAP: 45), weil Barth seine KD nicht mehr zu Ende geschrieben habe. Auf diese Weise sei auch zu erklären, weshalb ausgerechnet Barth, der großen Wert auf die Responsivität im Sinne von Antwort und Verantwortung legt (siehe Barths Ethik und Sakramentenlehre), die Begegnung Gottes für den Menschen verkürzt als »sheer miracle« (CAP: 45) erkläre. Damit möchte Cross keineswegs an der Gnadenhaftigkeit der Begegnung Gottes rühren, er fragt sich jedoch: »What is the believer to do after this miracle? Is there no transforming 32 Siehe auch I,3.5. der vorliegenden Arbeit.

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moment that moves one forward in growth in grace? Is there no sanctifying presence of the Spirit that changes our dispositions so that we may look more and more like Christ here and now?« (CAP: 45) Ohne an dem Axiom der sola gratia zu rütteln, steht für Cross hier die Mündigkeit des Menschen auf dem Spiel, weshalb er zuweilen auch den nicht unproblematischen Ausdruck der Kooperation gebraucht: »[T]his cooperative model of salvation seems to allow God to be God in freedom and yet allows humans to be humans in freedom.« (CAP: 44) Cross’ Anliegen an der Mündigkeit des Menschen festzuhalten, ist im Anliegen begründet, an der Freiheit des Menschen festzuhalten, wodurch wiederum Gottes Freiheit eine größere Bedeutung zukäme, als wenn die Begegnung zwischen Gott und Mensch allzu deterministisch qualifiziert würde. Ob sich Cross hier implizit gegen die unterschwelligen Apokatastasis-Konsequenzen der Barthschen Erwählungs- und Versöhnungslehre33 wendet, ist nicht ersichtlich, aber denkbar (vgl. CAP: 77 – 79). Wahrscheinlich ist, dass hier ein emanzipatorischer Impetus zugrunde liegt, der die relative Autonomie des Menschen stärken möchte (vgl. APE: 6 f; CAP: 4 – 14.23 – 29.263 – 292). Sicher ist, dass seine Betonung der menschlichen Freiheit bei gleichzeitiger Unverrückbarkeit des sola gratia in der Betonung der Entscheidungsnotwendigkeit fußt, die Cross zufolge ein Kennzeichen pfingstlicher Soteriologie sei. Daher verweist er an diesem Punkt unter anderem auf John Wesley und charakterisiert pfingstliche Theologie deutlich in Kontinuität zur Erweckungs- und Heiligungsbewegung und deren starken Akzent auf die Bekehrung, die sich auf das Werben des Geistes hin – »the initial event« (CAP: 40) – in einer persönlichen Entscheidung für Jesus Christus äußere (CAP: 44.50; APE: 10.15 f).34 33 Vgl. die Berliner Dissertation von Rolf Rochusch (Rochusch 1974). 34 Es darf an dieser Stelle bemerkt werden, dass die Frage nach einem »pietistic heritage« (APE: 16) der Pfingstbewegung und/oder einer Beerbung der Erweckungs- und Heiligungsbewegung unterschiedlich beantwortet wird (Anderson 2004: 39 – 62; 1 – 38; Macchia 2007: 185 f). Die Church of God (Cleveland), mit der sich Cross als ordinierter Pastor identifiziert, legt – ähnlich wie eine der Schlüsselfiguren der frühen Pfingstbewegung William Seymour – besonderen Wert auf die Kontinuität zur Heiligungsbewegung, was sich auch an der Bezeichnung des fünffältigen Evangeliums – Jesus Christus der Retter, der Heiler, der Geisttäufer, der Heiliger und der wiederkommende König –, als pfingstliches Symbol zeigt, wohingegen die Assemblies of God beispielsweise häufiger vom vierfältigen Evangelium sprechen – Jesus Christus der Retter, der Heiler, der Geisttäufer und der wiederkommende König – (Anderson 2004: 54 f; APE: 16; Synan 1997; Society for Pentecostal Studies 1988). Diese denominationale Differenz ist für den Assemblies of God Theologen Frank Macchia – neben der aus seiner Sicht pneumatologischen Unterbestimmung, die bei einer konzeptionellen Christozentrik unvermeidbar sei, – vielleicht auch ein Grund, weshalb er die Geisttaufe als Organisationsprinzip seines systematisch-theologischen Entwurfs macht und von dem anderen gängigen Organisationsprinzip, etwa das vier- oder fünffältige Amt Christi (z. B. Archer 2007: 311 – 314) absieht (Macchia 2002). Dass dies aber keineswegs im Sinne eines verbindlichen Bekenntnischarakters zu verstehen ist, zeigt die Political Theology von Amos Yong, ebenfalls ordinierter Pastor der der Assemblies of God, in der er auf das fünffältige Amt

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3.3.3. Zusammenfassung von Cross’ Kritik an Calvin und Barth Zusammenfassend lässt sich Cross’ Kritik an Barth, in der seine Kritik an Calvin vertieft wird, auf den Begriff einer subordinationistischen und defizitären Pneumatologie bringen. Diese sei strukturell in der binären Struktur einer noetischen Offenbarungserkenntnis verwurzelt und impliziere eine defizitäre Anthropologie, die den Menschen seiner Mündigkeit und Partizipationsfähigkeit im Zusammenhang mit seiner Gottesbegegnung beraubt. Die Frage nach der menschlichen Freiheit zur Antwort/Verantwortung in Bezug auf Gottes Einladung und auf die Konsequenzen der Begegnung Gottes – einfacher ausgedrückt die für pfingstliche Spiritualität zentralen Topoi Bekehrungsentscheidung und Heiligung – weisen auf ein weiteres zentrales Thema das für den Erfahrungsbegriff Cross’ auf signifikante Weise bezeichnend ist: die Komponente der Transformation als Wirkung der unmittelbaren Partizipation an Gottes Trinität, die sich in der direkten Begegnung Gottes bewirkt ereignet.

3.4.

Erfahrung ist partizipatorisch und transformativ

Bisher sind drei Aspekte des Erfahrungsbegriffs Cross’ in den Blick genommen und in ihrem jeweiligen Spezialdiskurs verortet worden: Der Offenbarungscharakter, die personal-relationale und die Geist-liche/geistliche Dimension. Es folgt nun eine Qualifizierung des Erfahrungsbegriffs, die vielleicht als konzeptuell wichtigste bezeichnet werden kann, weil sie im System Cross’ ein theoretisches und ein praktisches Moment vereint. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Impetus für Cross’ Theologie ein empirischer ist: die persönlich erlebte und laut Cross für die pfingstlich-charismatische Bewegung typische Erfahrung der Unmittelbarkeit Gottes durch den Heiligen Geist (CAP: 1 ff.37ff; DHE: 3.6). Fern jeglicher subjektivistisch verstandener Erfahrung habe die konkrete Unmittelbarkeit jedoch eine beobachtbare Seite: Sie bewirke eine reale Transformation im Geisterfahrer. Die Objektivität der Erfahrung aus der Sicht des außenstehenden Beobachters konkretisiere sich in der realen Transformation des Erfahrenden. Diese zunächst unspektakuläre Forderung einer Verwandlung infolge einer Begegnung mit Gott besitzt in Cross’ Erfahrungskonzept jedoch ein Korrelat, das kaum überschätzt werden kann: Transformation geschehe eo ipso auf Grund einer realen Partizipation an der Gottheit selbst, die von Gott aus in der pneumatischen35 Begegnung mit ihm bewirkt werde. Christi zurückgreift, um größere Entfaltungsmöglichkeiten für seine Arbeit ausschöpfen zu können (Yong 2010b). 35 Den Begriff pneumatic gebraucht Cross so gut wie nie und wenn, dann ohne deutliche Abgrenzung zu dem häufigen Terminus pneumatological. Die in der vorliegenden Arbeit

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Cross kann dies unter anderem mit den folgenden Ausdrücken bezeichnen: realer Anteil an der göttlichen Perichorese (CAP: 43.48), intimer Verkehr mit der Trinität (CAP: 39.41.47.48.49.50.51; DHE: 24 f), Teilhabe an der Substanz und Essenz des einzigen Gottes (CAP: 48 f), Theosis (CAP: 40.46) und quasi-reale Christusgleichheit (CAP: 40) umschreiben. Unter ständiger Aufnahme dieser Ausdrücke soll Cross’ provokante These im Folgenden rekonstruiert werden.

3.4.1. Ontologie der Unmittelbarkeit Die unmittelbare Begegnung Gottes in der Erfahrung des Heiligen Geistes, der die Unmöglichkeit der Fassbarkeit zu einer Möglichkeit werden lasse, bedeutet für Cross »actual participation in God’s essence« (CAP: 48). Gegen die reformierten Theologen Calvin und Barth ist er der Auffassung, dass die reale Substanz Gottes (CAP: 38 f) auf Grund der ›leidenschaftlichen‹ (CAP: 49) Sehnsucht Gottes nach Liebesgemeinschaft mit dem Menschen durch die schöpferische Kraft des Heiligen Geistes direkt (CAP: 50) erfahrbar sei (CAP: 38 f.48ff). Die Partizipation des Menschen an Gottes Substanz bzw. Essenz36, die sich per Spiritum Sanctum immer wieder neu ereignet, hebe Cross zufolge jedoch keineswegs die Unterscheidung zwischen Gott und dem Menschen auf. Dies gilt es in Anbetracht seiner Thesen (und trotz der erkenntnistheoretischen Probleme, die sich daraus ergeben könnten) unbedingt festzuhalten. Grundsätzlich hält Cross an dem mit Kierkegaard formulierten qualitativen Unterschied zwischen Gott und dem Menschen fest (CAP: 39)37. Allerdings – und das ist die Pointe der Theologie Cross’ – fasst er diesen qualitativen Unterschied nicht im Sinne einer binären Dialektik (nach der Form Entweder/Oder), sondern im Sinne einer synthetischen Dialektik (nach der Form Sowohl-als-auch bzw. Einheit-in-Einheit-und-Differenz) auf.38 Gott, der Schöpfer, bleibe Gott, und der Mensch bleibe das Geschöpf, und dennoch erhebe der Schöpfer das Geschöpf durch die unmittelbare Erfahrung des Spiritus Creator in die innigste Partizipation an der göttlichen Perichorese, verwendeten Begriffe pneumatisch und pneumatologisch gehen daher nicht auf Cross zurück, sollen im Folgenden, auf Grund ihrer Differenzierungsleistung, dennoch verwendet werden. In Anlehnung an Heideggers Unterscheidung zwischen ontisch und ontologisch, soll der Terminus pneumatisch ein geistgewirktes Moment bezeichnen, das aber nicht theologisch reflektiert ist. Analog dazu bezeichnet der Terminus pneumatologisch ein Moment, das nicht nur geistgewirkt, sondern auch theologisch im Hinblick auf die dritte Person der Trinität reflektiert und als solches erkannt wird. 36 Eine Unterscheidung oder Definition dieser Begriffe nimmt Cross wie bereits angemerkt nicht vor, daher werden sie auch in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. 37 Cross betont immer wieder, dass sich das Selbst bei dieser Unmittelbarkeitserfahrung keineswegs auflöse (CAP: 39; APE: 17; DHE: 28). 38 Eine ausführlichere Besprechung des Dialektikverständnisses von Cross erfolgt weiter unten (siehe I,4.).

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wobei eo ipso »the same nature and attributes of Christ« (CAP: 48) in gnadenvolle Weise auf den Menschen übertragen würden (CAP: 48). 3.4.2. Ontologie der Distanzlosigkeit Im Zuge der Besprechung von Cross’ Barth-Rezeption ist Cross Kritik an der darin in letzter Konsequenz implizierten Gottesferne (»distant God«, CAP: 47) – deutlich geworden (siehe I,3.3.3.). Diese Kritik lässt sich im Zusammenhang mit der realen Partizipation an Gott als Bedingung für die Transformation weiter verdeutlichen. Cross’ Erfahrungsbegriff bemüht sich darum, Gottes Verheißungen der Gegenwart und Nähe, die in der Schrift bezeugt sind, nicht metaphorisch oder hyperbolisch zu verstehen, sondern sie mit all ihren die Wirklichkeit betreffenden Implikationen zu begreifen. Die geistgewirkte Partizipation müsse laut Cross als direkte Partizipation an der Trinität verstanden werden – der Mensch sei kein unbeteiligter Zuschauer in der Begegnung mit Gott. Die Koinonia mit der göttlichen Trinität, die Gemeinschaft mit der Gemeinschaft schlechthin, geschehe niemals auf Distanz. Daher sei – rekapitulierend und weiterführend gesagt – die Partizipation an der Gottheit, die aller erkenntnistheoretischen Unmöglichkeit zum Trotz vom Heiligen Geist gewirkt wird, nicht nur als noetische Erleuchtung zu verstehen (gegen Barth). Sie habe realen und substanziellen Charakter, weil sie eine ontische Verwandlung im persönlichrelationalen Wesen39 des Menschen bewirke. Der Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf bleibe aber gewahrt, weil es Gottes Geist selbst sei, der den Menschen in die Partizipation an der Göttlichen Trinität hineinhebe. Wie ein Brief in einem Couvert – so drückt es Cross bildlich aus – dürfe der Mensch an der Perichorese Gottes kraft des Heiligen Geistes teilnehmen. Die Pointe besteht darin, dass nur unter dem Vorzeichen der Unmittelbarkeit von diesem Höchstmaß an Nähe, die Cross zufolge eine biblische Grundwahrheit sei, gesprochen werden könne, wolle man Gottes unendliche Liebe für den Menschen und seine leidenschaftliche Sehnsucht nach Gemeinschaft mit ihm ernstnehmen (CAP: 43 – 45.49).

39 Ähnlich undifferenziert wie die Begriffe substance und essence gebraucht Cross auch die Begriffe being (z. B. CAP: 50) und nature (z. B. CAP: 38.40). Wenn nicht anders kenntlich gemacht, werden auch diese im Sinne Cross’ synonym verwendet und in deutscher Übersetzung mit Natur und Wesen wiedergegeben werden. Dass alle diese Begriffe problematisch sind, liegt in der Sache selbst und in der mangelnden Definition durch Cross. Die Begriffe Natur und Wesen sollen jedoch soweit wie möglich vermieden werden, da hier eine geschöpfliche, dort eine Heideggersche Konnotationen den Sinn der Gedankengänge von Cross’ Texten zu sehr entstellen würden.

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3.4.3. Ontologie der Intimität Die real-partizipatorische Transformation, die der Mensch in der unmittelbaren Geisterfahrung erlebt, kann Cross auch als Intimität bezeichnen (CAP: 39.47.49). Die genannten Einwände Cross’ gegen Barths als binär konzipiert verstandenem Ansatz sind laut Cross der Grund dafür, dass Barths Ansatz nicht in der Lage sei, eine Theologie der Intimität zu integrieren: »Therefore, he could speak of the divine and human relationship in terms of analogy, but not really in terms of intimacy.« (CAP: 47)40 Mit Wayne Jacobson beklagt Cross, dass der Kirche insgesamt eine solche Theologie der Intimität fehle, obwohl doch Gottes Wesen als reinste Agape definiert werde. Eine dezidierte Integration des Intimitätsbegriffs bei der Konzeptualisierung der Erfahrung als relational-ontische Partizipation41 an der göttlichen Perichorese ließe sich dann im Sinne Cross’ wie folgt formulieren: Ohne dass die Unterscheidung zwischen Gott und Mensch aufgehoben würde, erhebt der Schöpfer das Geschöpf durch die unmittelbare Erfahrung des Heiligen Geistes in die innigste Partizipation, in den intimsten »Verkehr« (DHE: 24) der göttlichen Perichorese, wobei eo ipso eine Transformation stattfindet. Die geschlechtliche Konnotation dieses Ausdrucks, den Cross von Wilhelm Herrmanns Der Verkehr des Christen mit Gott, in Anschluss an Luther Dargestellt (Stuttgart, 1886) übernimmt und unübersetzt lässt, ist expressis verbis intendiert. Der Polysemie dieses Begriffs widmet Cross folgende Erläuterung:

40 Die Gegenüberstellung von Analogie und Intimität ist freilich etwas unglücklich, handelt es sich bei erster um eine methodische Kategorie, bei zweiter aber um einen sozialen bzw. -psychologischen Begriff. 41 Die Rede von einer (relational-)ontischen Partizipation für die Qualifikation von Cross’ Erfahrungsbegriff ist deshalb berechtigt, weil er durchweg von einer realen Partizipation an Essenz und Substanz Gottes spricht und sie in keiner Weise metaphorisch oder hyperbolisch verstanden wissen möchte (CAP: 48). Wie im Fortgang der hier angestrebten Untersuchung deutlich werden wird, kann Cross’ Erfahrungsbegriff nur in diesem Sinne, d. h. im Sinne einer ontischen Partizipation verstanden werden. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass es nur eine einzige Stelle gibt, an der ihm die Rede einer ontischen Partizipation zu weit zu gehen scheint, er aber dennoch nicht mehr als eine zögerliche Relativierung vornimmt, wenn er erklärt: »While my participation may be more personal and relational than ontic, it nonetheless is real and substantial.« (CAP: 48, Hervorhebung GM) Eine klare Absage würde Cross’ Unmittelbarkeitsanspruch hinfällig machen, weshalb er in einer Fußnote ein Zitat Pinnocks wiedergibt, das sich weniger relativierend als Cross’ Aussage lediglich von der äußerten Konsequenz einer ontischen Partizipation abgrenzt. Dort spricht Pinnock allerdings von einer »ontological unification« (CAP: 43, Anm. 24, Hervorhebung GM), die er verwirft, um sich vor dem Vorwurf des Pantheismus’ (siehe dazu auch III,5.3.) zu schützen: »Let me reiterate: union with God is not pantheism – creatures never cease to be creatures.« (Pinnock, zitiert in CAP, 48, Anm. 24)

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»The German word, Verkehr, is a little tricky to translate. It is an old word in German. It can refer to traffic or to sexual relations! The communion that is used for translating the title word here should be considered along the lines of a two-way interaction between persons. It is somewhat similar to the English word, ›intercourse‹, which originally described a two-way conversation or interaction but now seems to relate mostly to sexual intercourse. The idea is not a one-way interaction, but a two-way intercourse of life and thought. It is an intense sharing of two lives. This may give some context for Herrmann’s understanding of spirituality.« (DHE: 24, Anm. 54, Hervorhebung original)

Der Aspekt der Intimität hat für Cross zum einen den Vorzug, dass er dadurch die Wechselseitigkeit, sowohl im immanent-trinitarischen Sinn als auch zwischen Gott und Mensch, betonen kann. Zum anderen kann er damit auch die (Ver-)Antwortbarkeit des Menschen in den Vordergrund rücken, die ihm ein wichtiges Anliegen ist. Darüber hinaus kann er auch die realistische Dimension der Transformation, die aus der unmittelbaren Begegnung mit Gott als Folge der ontischen Partizipation entsteht, in den Blick nehmen.42 Wenn die Begegnung Gottes nur auf eine noetische Dimension beschränkt werde, die vom Heiligen Geist als subjektive Seite der Offenbarung gewirkt werde – was Cross an Barth kritisiert –, dann sei die Gotteskindschaft auch nur eine externe Bestimmung (CAP: 48). Eine »merely cognitive« (CAP: 49) Erfahrung aber vermöge nicht die Natur des Menschen zu verändern. Anders verhielte es sich jedoch, wenn die Erfahrung Gottes nicht nur noetisch, auch nicht nur kognitiv, sondern von der menschlichen Seite aus betrachtet ganzheitlich und von der göttlichen Seite aus betrachtet unmittelbar verstanden werde. Cross betont an dieser Stelle mit dem Neutestamentler James Starr : »This is not to say that humans become God because of this sharing, but rather that we receive something substantial from this interchange – this perichoresis of sorts – namely, the character of Christ that helps us escape the corruption in the world.« (CAP: 48, Hervorhebung original) Dadurch bleibe der qualitative Unterschied zwischen Gott und Menschen gewahrt, zugleich werde aber eine Unmittelbarkeit, die reale Transformation bewirke, theologisch denkbar. Auch den möglichen Vorwurf eines impliziten Pantheismus’ oder aber Panentheismus’ kann Cross damit zurückweisen (CAP: 39; APE: 17; DHE: 28). Weil dieses Intimi42 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Michael Plathows biblisch-theologische Erörterung der hebräischen Wurzel [dy (das Resch in Plathows Aufsatz lässt sich als Druckfehler erklären), die im Anschluss an die Erörterung der »Kompatibilität von ›Mystik‹ und ›Erfahrung‹« und des »Kontrast[s] zwischen ›Mystik‹ und ›Wort‹ […] Konvergenzen von ›Gotteserfahrung‹ und ›Gotteserkenntnis‹« (Plathow 1990: 121 – 125) feststellt. Allerdings erörtert Cross nicht die Dimensionen des menschlichen Geistes und unterscheidet auch nicht zwischen menschlichem Nous und Pneuma, wie es hingegen Edith M. Humphrey in Ecstasy and Intimacy (Humphrey 2006) versucht, deren Formulierung er später aufgreift (DHE: 9), ohne ihr jedoch inhaltlich zu folgen.

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tätskonzept keine Identitäten auflöse, stehe Cross’ Theologie – anders als es bei all jenen, der Fall sei, die er pauschal »some of the mystics of the church« (CAP: 39) nennt – nicht in der Gefahr, eine Verschmelzung von Gott und Mensch, bei dem der Mensch aufhört ein Ich zu sein, zu implizieren (CAP: 39).

3.4.4. Theosis: Ontologie der Transformation Dem empirischen Anliegen Cross’ entsprechend lässt sich eine unmittelbare Gottesbegegnung nicht ohne beobachtbare Folgen bzw. Wirkungen konzipieren, die der Begriff der Transformation bezeichnet. Die Teilhabe an der Essenz des trinitarischen Gottes (CAP: 48) ist ein Geschehen, das nur von Gott ausgehen könne. Sie ist das Werk des Spiritus Creator, ein Akt der Neuschöpfung, die sich dadurch ereigne, dass der Mensch in die objektive Realität Gottes hineingenommen werde (CAP: 49) und so an dessen intimster Gemeinschaft (Perichorese) partizipiere.43 Hierbei schreckt Cross nicht zurück, in Anlehnung an die Orthodoxe Ostkirche, von Vergöttlichung (Theosis)44 zu sprechen: »The Spirit encountering me produces a transformation of life. God is of such a nature that his presence automatically transforms those with whom he comes in contact. In some real way, I am made more like Christ, more like the character of God. As the Eastern Church refers to this, I am ›divinized‹, that is, I am made more like the nature of God in my own human nature. This process of theosis (divinization), the Eastern Church has seen to be the work of sanctification in human experience and more properly belongs to the work of the Spirit of God.« (CAP: 40, Hervorhebung original)

Dass dieser Begriff nicht unproblematisch ist, erst Recht vor dem Hintergrund der reformierten Theologien von Calvin und Barth, sieht Cross auch ein. Statt jedoch hinzufügend und abermals zu beteuern, dass dies in seiner Argumentation gerade nicht notwendigerweise in eine Aufhebung der Unterscheidung zwischen Geschöpf und Schöpfer führen müsse, kehrt er die Diskussion zu seinen Gunsten um. Den möglichen Vorwurf eines Abgleitens in eine häretische Theologie der Hybris, das bei einer Rede von Vergöttlichung droht, kontert Cross auf zweifache Weise. Zum einen tut er dies, indem er den Fokus auf die 43 Auf das Verhältnis von Transformation und Neuschöpfung im Zusammenhang mit den Abstraktionen Kontinuität und Diskontinuität geht Cross nicht ein. Dies scheint strukturparallel mit seinem Konzept von Vergöttlichung des Menschen bei gleichzeitiger Wahrung der Unterscheidung zwischen Mensch und Gott. Die dahinterstehende erkenntnistheoretische Denkbewegung (also Einheit von Einheit und Differenz) soll bei der Besprechung von Cross’ Dialektikbegriff näher betrachtet werden (siehe I.4.). 44 Auch der pfingstliche Theologe Veli-Matti Kärkkäinen spricht von Theosis und sieht in der Deification and a Pneumatoligical Pneumatological Concept of Grace: Unprecedented Convergences between Orthodox, Lutheran, and Pentecostal-Holiness Soteriologies (Kärkkäinen 1999b). Allerdings liegt Kärkkäinen eine gänzlich andere Ontologie zugrunde.

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(Aus-)Wirkungen (effects) der Theosis legt. Diese bestünden gerade darin, dass Gott als Gott vom Menschen verherrlicht werde, indem der Christ als Mensch den wahrhaft menschlichen Charakter Jesu Christi45 annehme.46 Eine so verstandene Transformation könne also nur dann wirklich sein, wenn sie auf einer realen Begegnung mit Gott fuße. Real sei eine Begegnung aber nur dann, wenn sie als direkt und unmittelbar verstanden würde, was wiederum – im Horizont des bisher Erarbeiteten – eine ontische Partizipation an der Intimität der perichoretischen Trinität bedeutet (CAP: 40 ff.46). Außerdem bestünde eine grundsätzliche Konvergenz zu Barth, dessen Theologie die entschiedenste Kritik an Formen menschlicher Hybris formuliert habe, weil Cross’ Argumentationsgang dezidiert theozentrisch sei: Die Grundbewegung von Cross’ Theosiskonzept vollziehe sich von oben nach unten, weil Gott-Heiliger Geist das Subjekt der Vergöttlichung schlechthin sei. Die Theosis geschehe also nicht in erster Linie zur Aufwertung des Menschen, sondern zur Verherrlichung Gottes.47 Der Satz »God became human so that humans might become divine« (CAP: 46), sei demnach als Aussage über Gott zu verstehen, und zwar als Aussage, die zunächst Gottes Kenosis betone. Erst im Anschluss an diese grundsätzliche Kalibrierung könnten die Implikationen in den Blick genommen werden, die dann allerdings konsequent zu Ende gedacht werden müssten. Zum anderen kontert Cross den Vorwurf einer möglichen Hybris seiner Theosis, indem er die Problematik umkehrt. Für die vermeintliche Divergenz, die sich bei der Rede von »theosis« bzw. »divinization« (CAP: 40.46) zwischen ihm und Calvin bzw. Barth einstelle, müssten sich Erstere rechtfertigen. Damit kehrt Cross die Beweislast um: Nicht er müsse sich für seine Ontologie der Transformation im Kontext seiner Erfahrungstheologie verteidigen, sondern Calvin und Barth müssten erklären, weshalb sie von der Orthodoxie abgerückt seien, wie Cross an Barths Rezeption bzw. Modifikation von Athanasius’ Theosislehre zeigt: »In discussing the Eastern Church’s view of divinization (theosis), Barth cites Athanasius’ statement that ›God became human so that humans might become divine‹. This sounded too direct for Barth; it left little room for the eschatological event yet to transpire in the end. William Stacy Johnson summarizes Barth’s view in one succinct statement: ›To think in this way of an unmediated participation in the divine life was, from Barth’s perspective, to push too far‹ (IV/2, 377). Barth preferred John Calvin’s change of this concept: ›God became human so that humans might become children of 45 In Anlehnung an Barth bezeichnet Cross Christus als den wahren Menschen, der ohne Sünde und somit in ungebrochener Weise das Ebenbild Gottes ist. 46 Dies sei als Prozess zu verstehen, der zwar im Zusammenhang mit der Heiligung stehe, aber keineswegs eine Werkgerechtigkeit impliziere. 47 Die Aufwertung des Menschen und das damit verbundene emanzipatorische Anliegen, sind für Cross zentral, aber hier als Nebenthema zu betrachten.

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God‹. In other words, we could become related to God as part of his family, but not directly participate in the life and nature of God and therefore become god-like or ›divine‹ (as Athanasius would say).« (CAP: 46)

Mit Athanasius als Gewährsmann steht Cross somit auf dem sicheren Boden der altkirchlichen Orthodoxie und kann, ungeachtet potentieller Vorwürfe aus der Denkrichtung der genannten Theologen, an seiner Ontologie der Theosis festhalten. Diese bezeichnet eine real-ontische Partizipation an der Gottheit,48 bedingt durch die Unmittelbarkeit der Erfahrung des Spiritus Creator, der im Sinne einer Neuschöpfung das Unfassbare fassbar mache. In der Konsequenz bewirke dies eine nicht minder reale ontische Transformation im Wesen und im Charakter des Erfahrenden. 3.4.5. Biblisch-theologische Grundlage Neben der Frage nach Belegen aus der Patristik für eine so verstandene Vergöttlichung, stellt sich die – aus Cross’ Sicht weitaus schwerwiegendere – Frage nach der biblischen Untermauerung einer Theosis, die Cross im Sinne einer realen Partizipation an der perichoretischen Essenz Gottes versteht. Diese findet Cross in paulinischen Texten, die von einer unio cum Christo sprechen und besonders in 2Petr 1,3 – 449. Diese Passagen seien real-ontisch und nicht etwa metaphorisch oder hyperbolisch zu interpretieren. Exegetischen Rückhalt findet er hierfür bei dem bereits erwähnten Neutestamentler Starr. Mithilfe von mittelplatonischen Kategorien plausibilisiere dieser in einem Vergleich sämtlicher Texte von Paulus, Josephus, Philo und Plutarch die Erkenntnistheorie, die hinter der Rede einer real-ontischen Partizipation an der Gottheit stecke, und korreliere sie mit der paulinischen Wendung des »being in Christ« (CAP: 48, vgl. Starr 2000). Die zunächst problematisch anmutende These einer theologischen Ontologie der Transformation, die auf dem Theosiskonzept gründet, habe somit 48 Die Gemeinschaft des Menschen mit Gott und die Anteilhabe an seiner Herrlichkeit ist bei Barth nicht nur, wie Cross zu Recht bemerkt, im Sinne einer qualitativen Distanz (CAP: 40.42 f.46.48), sondern auch nur über Jesus Christus, den wahren Menschen und Auferstandenen konzipierbar. Somit ist die Teilhabe des einzelnen Christen an Christus bei Barth nicht individuell, sondern über die Kirche, die der Leib des auferstandenen Christus ist, vermittelt (KD IV/2, § 64). Bemerkenswert ist, dass ausgerechnet Cross durch sein Festhalten an einer direkten Teilhabe, die primär durch das persönliche Erleben bzw. durch die direkte Erfahrung des Einzelnen gekennzeichnet ist, den angeblichen Individualismus, den er häufig kritisiert (siehe auch I,0), einführt, um das Unmittelbarkeitspostulat aufrecht erhalten zu können. 49 »Da seine göttliche Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch seine eigene Herrlichkeit und Tugend, durch die er uns die kostbaren und größten Verheißungen geschenkt hat, damit ihr durch sie Teilhaber der göttlichen Natur werdet, die ihr dem Verderben, das durch die Begierde in der Welt ist, entflohen seid.« (2Petr 1,3 – 4, ELB)

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auch auch eine solide Basis in der Heiligen Schrift. Der indikativische Imperativ, der sich daraus ableite, wonach eine echte Begegnung mit Gott eine Transformation zu ontischer Christusgleichheit im relationalen Wesen des Menschen impliziere (CAP: 40), stelle somit die Schnittstelle zwischen Gnade, Anspruch Gottes und Verantwortung des Menschen dar. Die Implikationen dieser partizipatorischen Dimension für den ordo salutis50 und eine Theologie der Heiligung und Rechtfertigungslehre sind beachtenswert. Hatte Cross das reformierte Extra Calvinisticum verworfen (vgl. auch DHE: 13 f) und sich damit in größere Nähe zur lutherischen Theologie begeben, wird im Horizont dieser Theologie das lutherische simul iustus pecator nicht weiter haltbar.

3.4.6. Erste Implikationen für eine Lehre der Kirche Diese dichten Argumentationsgänge sollen durch erste Implikationen des bisher rekonstruierten Erfahrungsbegriffs für eine Lehre der Kirche veranschaulicht werden. Da im Zusammenhang mit der Einordnung des Erfahrungsbegriffs Cross’ in sein ekklesiologisches Gesamtwerk eigens auf dieses Thema eingegangen werden soll (siehe I,6.), sind einige wenige thetische Hinweise an dieser Stelle ausreichend. Die Kirche versteht Cross als Gemeinschaft verschiedener Subjekte, die an Gottes Wesen Anteil haben und daher einem spontanen Transformationsprozess unterliegen, der sie auf partizipatorische Weise christusgleich macht. Bildlich 50 Sehr erhellend für eine pfingstliche Sicht auf das Verhältnis von Soteriologie und Rechtfertigungslehre vis-—-vis Heiligung und ordo salutis, ist der vielbeachtete Aufsatz von Frank Macchia, unter dem Titel Presidential Address: Justification and the Spirit. A Pentecostal Reflection on the Doctrine by which the Church Stands or Falls (Macchia 2000) erschienen. Als neuerer Aufsatz, der sich stark an Macchia anlehnt, ist Steven Studebakers Pentecostal Soteriology and Pneumatology (Studebaker 2003) zu erwähnen. Dieser bietet eine dogmengeschichtliche Analyse pfingstlich-charismatischer Rechtfertigungslehren im weiteren Kontext der Gnadenlehre, der Heiligungslehre und des ordo salutis. Ironischerweise, so Studebakers Ergebnis, operierten die untersuchten Theologien, mit den soteriologischen Paradigmen der protestantischen Scholastik. Das Ergebnis sei eine grundsätzliche, wenn auch nicht explizit formulierte, Subordination der Pneumatologie gegenüber der Christologie. Besonders die klassisch-pfingstlichen Ansätze, die Geisttaufe im Sinne eines second blessing als eine auf die Errettung folgende Erfahrung (donumn super additum) verstehen, veranschaulichten, welche geringe Bedeutung der Heilige Geist in den entsprechenden Soteriologien einnimmt. Nach dieser Problematisierung fährt der Beitrag dann fort, in Anlehnung an andere pfingstlich/charismatische Systematiker einen soteriologischen Ansatz vorzuschlagen, der weniger forensisch ausgerichtet ist, sich aber umso mehr am Wirken des Geistes im Kreuzes- und Auferstehungsgeschehen qua Wiederherstellung und Neuschöpfung ausrichtet. Wichtiger Impulsgeber für Macchia war der Pfingstler D. Lyle Dabney, ein Schüler Moltmanns, dessen Tübinger Dissertationsschrift Die Kenosis des Geistes (Dabney 1997) und Aufsatz Pneumatologia Crucis (Dabney 2000) die pfingstlich-charismatische Theologengemeinschaft stark beeinflusst hat.

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gesprochen kann Cross von dieser kollektiven Intimität, die auf eine individuelle Intimität folgt, sagen: »We live as if in the envelope of his being. » (CAP: 50) In der Konsequenz »[t]he Church, then, becomes a people of God’s presence. We walk in the intimacy of God’s presence as if walking in the intimacy of love. We are passionate about God because we have experienced this God.« (BGE: 50) Kirche sei somit das Ensemble des liebevollen Charakters Gottes in der Welt. Daraus darf aber keineswegs der Umkehrschluss gezogen werden, dass für Cross die Kirche, die er als Volk der Gegenwart und Macht Gottes definiert, notwendigerweise und eo ipso, der einzige Ort für Gottes Gegenwart ist. Dieser Umkehrschluss sei unerlaubt, weil ein solcher Automatismus einer Einschränkung der Freiheit Gottes gleichkäme. Neben seiner emanzipatorischen Motivation, die auf die relative Autonomie des menschlichen Subjekts bedacht ist, verwirft Cross die exklusive Definition der Kirche als Mittlerin der Gnade und Gegenwart Gottes daher auch mit einem theologischen Argument. Damit setzt sich Cross jedoch dem Einwand aus, worin dann noch die Notwendigkeit bestünde, sich als Gemeinschaft zu treffen, ein praktisch-theologisches Thema das in der Pfingstbewegung, die großen Wert auf das gemeinsame Feiern des Gottesdiensts legt, nicht nur aus pastoralen Gründen wichtig ist. Diese mögliche Frage beantwortet Cross vorwegnehmend erstens mit Rekurs auf seine relationale Anthropologie, zweitens mit der theologischen Tatsache, dass die Kirche als Gemeinschaft der Leib Jesu Christi sei, den der Heilige Geist durch die Auferstehung (neu-)geschaffen habe, und drittens mit der schlichten biblisch-theologischen und aus seiner Sicht empirischen Beobachtung, dass Gott es bevorzuge, in Versammlungen auf besondere Art gegenwärtig zu sein. Die Versammlung der Gemeinde als Volk Gottes schaffe somit ihrerseits eine Gelegenheit – nicht aber die Bedingung – für die Manifestation von Gottes Macht und Gegenwart in der Welt. 3.4.7. Zusammenfassung Die Komponente der realen Transformation als Wirkung einer ontischen bzw. ontisch-relationalen Partizipation an der göttlichen Perichorese ermöglicht Cross eine genauere Erläuterung des zentralen Moments der Unmittelbarkeit in seinem Erfahrungsbegriff.51 Als Ontologie der Unmittelbarkeit (siehe I,3.4.1.) 51 Die Betonung der Partizipation an Gottes inniger Liebe (lies: an Gottes schlechthinniges Sein), stellt auch den Versuch dar, eine enge und oftmals vergeistigte evangelikale Soteriologie zu überwinden, in der das Erlangen des Heils bzw. der Errettung (salvation), mit Max Turner gesprochen, lediglich als die Überschreitung einer Art »Rubikon« zwischen einer Zukunft in der Verdammnis und einer Zukunft im Leben verstanden wird (Turner 2001: 272). Neben der systematisch-theologischen Grundlage, die auf Pinnocks und Volfs Arbeiten aufbaut (z. B. Pinnock 1996; Volf 1996), bieten Neutestamentler, wie Turner die exegetische

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kann dies insofern verstanden werden, als dass Cross das Sein und Wesen des Christen (lies: desjenigen, der eine unmittelbare Begegnung mit Gott erfährt) und schließlich der Kirche Christi (siehe I,3.4.6.) über diese Teilnahme an der Trinität definiert. Ihre biblisch-theologische Legitimation erhält diese Ontologie der christlichen Existenz durch die neutestamentlichen Partizipationsaussagen (Paulus und Petrus, letzter wurde exemplarisch erläutert), die mit einer mittelplatonischen Hermeneutik interpretiert werden (siehe I,3.4.5.). Distanzlosigkeit (siehe I,3.4.2.) und Intimität (siehe I,3.4.3.) sind Transfigurationen dieser Ontologie, die Cross daher in Anlehnung an Athanasius und an die orthodoxe Ostkirche als Theosis (siehe 3.4.4.) bezeichnet.

3.5.

Erfahrung ist holistisch

Die vorletzte Komponente, die betrachtet werden soll, ist der holistische Aspekt von Cross’ Erfahrungsbegriff. Es ist bereits erwähnt worden, dass Cross sich der Gefahren seiner Erfahrungstheologie bewusst ist, wenn einzelne Aspekte gegen Basis für eine solche pneumatologische Soteriologie. In seinen Untersuchungen zum Heilsbegriff im lukanischen Doppelwerk – und insbesondere zur Apostelgeschichte, die für Pfingstler eine Art Kanon im Kanon darstellt (Cross 1993: 116, Anm. 7) – schreibt Turner in kritischer Auseinandersetzung mit dem pfingstlichen Lukas-Forscher Robert Menzies: »For Luke, salvation is far more than initial ›justification‹ and entry into the people of God, destined for resurrection and eschatological bliss. Even most pious Jews would have thought they already had these things – before the coming of the Messiah – through the covenant, the temple, and the Day of Atonement. Luke would probably have agreed with them.« (Turner 2001: 269) Der Begriff des Heils bei Lukas umfasse weitaus mehr, als eine lediglich abstrakt, oder aber forensisch verstandene, Vergebung der Sünden und Aufnahme in das Volk Gottes, das zur eschatologischen Seligkeit bestimmt ist. Das Heil richte sich vor allem auch auf die selbstoffenbarende und transformierende Gegenwart von Gottes befreiender und wiederherstellender messianischer Herrschaft aus. Diese sei als persönliche und selbstmitteilende Gegenwart des Vaters und des Sohnes mit dem Christen und nicht als lediglich unpersönliche Macht zu verstehen. Lukas stehe darin Schulter an Schulter neben Johannes und Paulus, insofern für ihn das Herzstück des Heils die Intimität und Gemeinschaft mit dem Vater und dem auferstandenen Herrn, das heißt eine Art persönliche (Er-)Kenntnis von Gott, einschließt, die durch den Heiligen Geist, bei Lukas als »Geist der Prophetie« verstanden, gewirkt wird (Turner 2001: 281). Für christliche Theologie sei das Herzstück des Heils demnach nicht die Rechtfertigung, die Wiedergeburt bzw. Wiederherstellung (regeneration) oder die Eingliederung in die Kirche, wie es evangelikale Theologien oftmals betonten. So wichtig diese auch sein mögen – das Herzstück des Heils sei stattdessen das Hinaufgehobenwerden in die lodernde, freudvolle und transformierende trinitarische Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn durch den Geist. In johanneischen Begriffen, bestehe das Wesen des Heils daher in diesem transformatven (Er-)Kennen des Vaters und des Sohnes; oder, mit den Worten von 1Joh 1,3b gesprochen: das »Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus« haben. Wohlbekannte Texte, wie Gal 2,19 – 20; Phil 1,21; 3,10; Röm 8,9 – 12 führt Turner an, um zu belegen, dass dies sich für Paulus genauso verhalte (Turner 2001: 275; vgl. auch Turner 1996: 119 – 187.213 – 266.318 – 347.401 – 427).

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theologische Grundanliegen ausgespielt würden. Die holistische Komponente des Erfahrungsbegriffs grenzt Cross’ Ansatz einerseits nach links ab – das polemische Feindbild, das Cross hier aufbaut umfasst summarisch die Engführung auf das Individuum (CAP: 49 – 51; APE: 17.20.22), auf Emotionen (CAP: 37.49), auf Subjektivismus bzw. auf egozentrische Mystik und auf Pantheismus (CAP: 39.41; APE: 17). Andererseits grenzt er seine Theologie auch nach rechts polemisch-pauschal von Rationalismus und Cessationism ab, d. h. von sämtlichen Ansätzen, die eine verkopfte Engführung auf Vernunft (CAP: 42; 6.12.13), Szientismus und Fundamentalismus (CAP: 42; APE: 3 – 12; 13 – 14) beinhalteten.52 Im Folgenden sollen, mit stärkerer Berücksichtigung der Aufsätze Are Pentecostals Evangelicals? Reviewing Theological Differences and Common Themes (APE) und The Rich Feast of Theology : Can Pentecostals Bring the Main Course or Only the Relish? (Cross 2000), die Einzelmomente erörtert werden, die den Holismus als wichtige Dimension in Cross’ Erfahrungsbegriff charakterisieren. Zuvor ist es aber notwendig ein epistemologisches Schema zu erläutern, das Cross als Vernunft/Gefühl-Dualismus bezeichnet – ein Relikt der Moderne das überwunden müsse. 3.5.1. Erfahrung und der »typisch moderne« Vernunft/Gefühl-Dualismus In der Diskussion um die Geist-lich/geistliche Dimension von Cross’ Erfahrungskonzept war der Begriff Spiritualität (spirituality)53 bewusst vermieden worden. Der Grund lag zum einen darin, dass er im behandelten Primärtext (das vierte Kapitel von CAP) überhaupt nicht als Teil von Cross’ Vokabular vorkommt, zum anderen weil dieser Aspekt die Stoßrichtung von Cross’ Denkbewegung – von Gott her und zu Gott hin – verdunkelt. In anderen, besonders den älteren, Texten gebraucht Cross diesen Begriff allerdings sehr bewusst, vor allem um die aus seiner Sicht falsche exklusive Alternative von Vernunft versus Gefühl zu kritisieren (Cross 2000: 33 – 36; APE: 13). Wie bereits erwähnt, besteht das Grundanliegen Cross’ darin, eine theologische Methode zu entwickeln, die der Fülle menschlicher Existenz gerecht wird, also die Erfahrung konsequent einschließt. Grundsätzlich steht Cross hier in der Tradition vieler pfingstlich-charismatischer Theologen, die Theologie nicht ausschließlich »cerebral« (CAP: 38) betreiben wollen (siehe Exkurs III). Gleichzeitig distanziert er sich aber dezidiert von einer Überbetonung des Non52 Die Links/Rechts-Schematisierung ist zugegebenermaßen problematisch, sie nimmt aber eine polemische Positionsmarkierung auf, die Cross selbst erwähnt, obgleich er sie teils kritisiert, teils in anderer abgeänderter Form (APE: 13 f). 53 Der Begriff spirituality wird häufig auch mit Frömmigkeit übersetzt. Die zeitgenössische und zugleich globalisierungssensiblere Variante scheint hier jedoch angemessener, weil sie sich auch von einem Geistbegriff (spiritus) ableitet.

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kognitiven, die in das andere Extrem führt. Aus diesem Grund sei Hollenwegers Konzept von Spiritualität auch nicht weiterführend. In starker Anlehnung an Steven Land beklagt Cross, dass bei Hollenweger die kognitive Komponente gänzlich an den Rand gedrängt werde bzw. gar nicht vorkäme.54 »[Because] we cannot divorce our experience of God from the reflection« (Cross 2000: 35), möchte Cross alternative dazu eine Theologiemethode anbieten, die Spiritualität holistisch qua ganzheitlichem Erfahrungsaspekt, in dem auch das Rationale einen Ort habe, operationalisiert. Der zugrunde liegende erkenntnistheoretische Fehler, den Cross als »typically modern split« (Cross 2000: 34) bezeichnet, soll durch einen Erfahrungsbegriff korrigiert werden, in dem sowohl Gefühle als auch Verstandesoperationen integriert sind und die Trennung zwischen Emotion und Kognition aufgehoben ist (Cross 2000: 34, Anm. 21). Obwohl manche Passagen das Gegenteil zu suggerieren scheinen (CAP: 38) – dessen ist sich auch Cross bewusst (Cross 2000: 22, Anm. 49) – stellt sein Alternativkonzept also nicht einfach das spiegelsymmetrische Gegenteil zum streng rationalen Zugang dar. Vielmehr positioniert es sich differenziert und inklusiv : Erfahrung umfasse ratio und cognitio ebenso wie emotio und sensus. Nur im integralen Zusammenspiel aller dieser Komponenten – in einer Epistemologie des sowohl-alsauch – könne von Erfahrung gesprochen werden, die nicht einer »false division between thought and experience« (Cross 2000: 33) unterliege. Dies erklärt zusätzlich Cross’ Kritik an der Theologie Barths, die – wie in I,3.3.2. erörtert – zu sehr in einer von Kant geprägten Erkenntnistheorie verhaftet sei, den Cross, neben Descartes, für diese aus seiner Sicht typisch moderne Dichotomie verantwortlich macht (CAP: 43; APE: 8.14.35; DHE: 14 und öfter). Im Sinne dieser über die Kantsche Erkenntnistheorie hinausgehende Verschränkung von Theologie und Spiritualität, die Cross’ Erfahrungsbegriff charakterisieren soll,

54 Es ist bemerkenswert, dass Hollenweger auch für eine Überwindung sämtlicher Dualismen plädiert etwa zwischen natürlich und übernatürlich, zwischen Seele und Leib, Geist und Materie etc. (Hollenweger 1988: 406ff; 1969). Hollenwegers Programm, die akademische Theologie für die (wie auch immer verstandene) Dimension der Spiritualität zu öffnen, war vom gleichen Geist getrieben wie Cross’ Theologie der Erfahrung. Es ging ihm darum, der Pfingstbewegung zu einem kritischen Selbstbewusstsein zu verhelfen und den Weg zu bahnen, um in der wissenschaftlichen theologischen Reflexion den Menschen in seiner Begegnung mit Gott ganzheitlich zu betrachten. Zweifelsohne hat Hollenweger das wissenschaftliche Diskursfeld pfingstlich-charismatische Bewegung, mit der inklusiven Konnotation, die es in der aktuellen akademischen und der damit verquickten Laiensprache besitzt, begründet. Dies lässt sich im Rückblick beurteilen, wenn man die Konsolidierung dieses Begriffs in den 70er Jahren anhand der Gründungen von Gesellschaften zur Erforschung der Pfingstbewegung und den ökumenischen Gesprächen nachvollzieht (Bergunder 2009b). Inwiefern Hollenwegers Arbeiten hinsichtlich einer der Überwindung irgendwelcher Dichotomien erfolgreich gewesen sind oder diese nur mit umgekehrten Vorzeichen reproduziert, sei dahingestellt.

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könne sein Ansatz dann auch als »postmodern« (CAP: 29 – 33; DHE: 31; vgl. APE: 14) bezeichnet werden.

Exkurs I: primitive faith versus primative faith An dieser Stelle ist ein Exkurs zu Cross’ Ausdruck »primative faith« (DHE: 6), der besonders in DHE eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt, angebracht. Mit diesem Ausdruck markiert Cross sein Verhältnis zu dem, was er als Moderne bezeichnet, im Gegenüber zu einem biblischen Glauben, der sich aus einer »thisis-that«-Hermeneutik (Vondey & Green 2010; Smith 2010: 22 – 31.50 – 71; DHE: 23, vgl. Apg 2,16 [King James Version]; Cargal 1993; McPherson 1923) speist. Eine solche Bibelhermeneutik, gehe bewusst von einem erfahrenden (im Gegensatz zu einem rein kognitiven) Lesen der Heiligen Schrift aus, in dem auch rationalismuskritische Interpretationen einen Ort finden. Dieser Aspekt ermögliche Pfingstlern – sämtlichen evangelikalen Gegenstimmen zum Trotz – eine positive Wertung der Postmoderne (CAP: 29 – 33; DHE: 31; vgl. APE: 14). Wie das zu verstehen ist, lässt sich im Anschluss an den im vorigen Abschnitt behandelten Anspruch der Ganzheitlichkeit, den Cross’ Erfahrungstheologie erhebt, verdeutlichen. Es ist bereits auf Cross Auffassung hingewiesen worden, dass es notwendig sei den Vernunft/Gefühl-Dualismus zu überwunden, wenn Theologie auch im dritten Jahrtausend relevant sein will. Dies sei aber nur dann möglich, wenn das Augenmerk auf den ausschlaggebenden Überschuss des Wortes Gottes ausgeweitet werde – sprich auf das, was nicht auf propositionale Sätze beschränkt werden könne (Cross 2000: 36). Ein besonderes Merkmal pfingstlicher Spiritualität bestehe laut Cross darin, dass pfingstlich-charismatische Christen zwar »pragmatically in the 21st century« leben, aber auch »primatively with a desire for restoration of the experience of the first-century church« (DHE: 6, Hervorhebung original). Der auffällige Gebrauch des Adverbs primatively, zielt nicht nur darauf zu zeigen, dass die Geisterfahrung (und nicht etwa Ideologien oder wissenschaftliche Trends) das Primat darstellt, aus dem sich das Leben und Theologisieren der Pfingstler speist. Primatively aktiviert auch das Assoziationsfeld der »primitive church/primitive faith« (Donev o. J.: 2, Hervorhebung GM) im Sinne des bulgarischen Church of God Theologen Dony K. Donev der darin die Bedingung für das (er-)leben ›urkirchlicher‹ Ideale und Erfahrungen, wie etwa Wunder etc. sieht, oder aber im Sinne des Eintrags zu Pentecostalism in der Encyclopedia of Fundamentalism (Whalen 2001: 361). Cross’ Ansatz möchte die Erzählungen der ersten Christen aus der Apostelgeschichte jedoch gerade nicht einfach im konservativ-pfingstlichen (lies: simplistischen, »old-time Pentecostal responses«, DHE: 31) Sinne reifizieren – dies würde ihm den Vorwurf einbringen, primitiv zu sein. Cross spricht sich gegen

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ein wissenschaftsfeindliches Fixieren auf den narrativen »canon within a canon« (Cross 1993: 116, Anm. 7) aus, wie er von manchen Pfingstlern befürwortet wird, die ausgehend von der Apostelgeschichte zu einem »neo-primitivism« (Donev o. J.: 11) aufrufen. Gleichzeitig will er jedoch die für einen »postmodern citizen of the world« (DHE: 31) überholte Überbetonung der menschlichen Vernunft in der Theologie korrigieren. Der Ausdruck der primative faith steht damit für Cross’ Versuch eine differenzierte modernekritische Stoßrichtung, die transrationale Phänomene wie Wunder etc. zulässt, in seinem Ansatz beizubehalten und somit die Theologie als Wissenschaft zu bereichern (DHE: 4.6).55 3.5.2. Ganzheitlichkeit als Abgrenzung nach links: noetische und soziale Momente der Geisterfahrung In den besprochenen Vernunft/Gefühl-Dualismus ordnet Cross auch Schleiermacher und Barth ein,56 die beiden sogenannten Kirchenväter der letzten Jahrhunderte. Darum ist Cross bemüht, sich nicht nur von ihnen an den entsprechenden Punkten abzugrenzen, sondern seinen Erfahrungsbegriff so zu konzeptualisieren, dass dieser die genannte binäre Struktur sprengt. Vom linken Flügel dessen, was Cross’ Spektrum ausmacht und zu dem auch Schleiermacher in gewisser Hinsicht zählt, grenzt sich Cross ab, indem er eine soziale und noetische Komponente hervorhebt, die jede Geisterfahrung bei aller Unmittelbarkeit besitze, sofern sie eine »genuine« (CAP: 8; vgl. DHE: 7, Anm. 8) religiöse Erfahrung sei.

55 Inwiefern modernekritische Züge zu einer neuen Epochenbezeichnung, namentlich Postmoderne berechtigen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Romantik oder aber der Kritik Nietzsches, sei dahingestellt. Pfingsttheologen haben sich mit der teilweise bereitwilligen, nicht immer kritischen, Aufnahme des sogenannten postmodernen Paradigmas gegen konservative Stimmen und Evangelikale in den eigenen Reihen positionieren wollen (ToF; Archer 2004; Cargal 1993; und die entsprechende R¦plique auf Cargal von Menzies 1994). Am prominentesten, weil philosophisch am reflektiertesten sind hier die Arbeiten von James K.A. Smith zu nennen (Smith 2006b, 2010). Es gab aber auch Pfingsttheologen wie Kärkkäinen, die sehr früh vor einer kritiklosen Übernahme postmoderner Paradigmen gewarnt haben und dies weiterhin tun (Kärkkäinen 1998a). 56 Diese Extrempositionen beruhen auf eine vereinfachte und polemisch funktionalisierte Rezeption, die die genannten Denker nur in stark reduzierter Form erfasst. Da sie aber Cross’ Koordinatensystem konstituieren, sollen sie auch im Folgenden als Paradigmen für die Positionen dienen, von denen sich der untersuchte Erfahrungsbegriff abgrenzt. Besonders im Hinblick auf Schleiermacher ist es wichtig die nicht zuletzt von Barths Polemik mitgeprägte Äquivalenzkette Gefühl-Anthropozentrismus-Individualismus kritisch zu betrachten. Die neuere Schleiermacherforschung hat gezeigt, dass gerade Schleiermachers frühes Denken von einer Polyindividualität ausgeht, die den Kantschen Individualismus und den der Moderne weitsichtig hinter sich lässt (vgl. z. B. Welker 2000).

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3.5.2.1. Der noetische Inhalt der Unmittelbarkeit Bei aller Kritik an Barths binärem Denkmuster und der daraus folgenden Überbetonung der noetischen Dimension (siehe I,3.3.2.) schließt der Erfahrungsbegriff Cross’ einen noetischen Inhalt der Erfahrung nicht aus (CAP: 38.44). Werde die Unmittelbarkeit der Erfahrung Gottes als Emotionalismus bzw. Überbetonung des »Gefühls« (CAP: 38.46.49, hier mit Bezug auf Schleiermacher übersetzt) oder gar Legitimation für irrationales Handeln aufgefasst, dann könne daraus nur eine Verherrlichung des Egos folgen. Mit der Partizipation an der Trinität, die von Gott bewirkt und zu Gottes Ehre gewirkt ist und eine ontische Transformation in der christlichen Existenz zur Folge hat, habe ein solcher Emotionalismus jedoch nichts gemein. Eine Überbetonung des Gefühls, wie sie für Schleiermachers Theologie charakteristisch sei, münde letztendlich nicht in Gottesdienst, sondern in Götzendienst (APE: 11). Darum dürfe die Bedeutung des Wortes als noetischer Inhalt der Offenbarung nicht ausgeklammert werden. Die Transformation zur Christusgleichheit, so folgert Cross diesbezüglich, geschehe nicht zuletzt auch als Wissen über die Person, das Leben und das Werk Jesu Christi (CAP: 40). Dieses Wissen sei allerdings ein Glaubensinhalt (CAP: 42), weshalb die Wirklichkeit dieser unmittelbaren Erfahrung – durch die der Mensch in die Trinität Gottes partizipatorisch hineingenommen werde und die infolge dieser Intimität eine Transformation seines Wesens bewirke – auch dann real sei, wenn der Mensch sie nicht fühlt. Obgleich Cross also große Sympathien für erlebnisbezogene und enthusiastische Ausdrucksformen der Geisterfahrung hat und zu diesen im Sinne von selbstverständlichen Folgen ermutigt, sei es – anders als dies bei der Transformation der Fall ist – für die Geisterfahrung nicht notwendig ein Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit oder ähnliches zu spüren (CAP: 50).57 3.5.2.2. Die sozial-kommunitäre Struktur der Unmittelbarkeit Neben der emotionalistischen Einseitigkeit bestehe auch die Gefahr, Unmittelbarkeit im individualistischen bzw. subjektivistischen Sinne58 als rein private Angelegenheit aufzufassen (DHE: 19.29). In Entsprechung zum relationalen und daher sozialen Wesen der Trinität und der menschlichen Ebenbildlichkeit (relationale imago dei) hat die unmittelbare Erfahrung Gottes für Cross auch eine 57 Es ist bemerkenswert, dass Cross’ Rhetorik hier gleichzeitig sowohl gegen Emotionalismus, als auch gegen Empirismus zu argumentieren scheint. 58 Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass sich in Cross Verwendung von experience keine Differenzierung findet, die der deutschen Unterscheidung zwischen Erleben und Erfahren im Sinne von subjektivem Erleben bzw. objektivierend reflektierter Erfahrung gleichkommt (vgl. Cramer 1972; Plathow 1990). Vor dem Hintergrund des Primats, den die Erfahrung gegenüber der Reflexion und der Theologie bei Cross einnimmt, rückt sein Erfahrungsbegriff damit in die Nähe von Karl Rahners Transzendentalerfahrung (vgl. III,2.).

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grundsätzlich sozial-kommunitäre Struktur. Anders sei Intimität ohnehin nicht zu denken, da diese eine plurale und agapaeische Struktur erfordere, die nicht auf eine Ich-Du-Begegnung begrenzt werden könne. Mit Calvin stellt Cross daher fest, dass »the Holy Spirit never works individually but always communally« (CAP: 49). Die so verstandene soziale Struktur der Geisterfahrung dient bei Cross auch zu einem differenzierten Zugang zum Phänomen Mystik. Cross’ kann von Mystik sowohl in positivem als auch im negativen Sinne sprechen.59 Der negative Mystikbegriff, von dem sich Cross abgrenzt, besteht in einem Unmittelbarkeitsverständnis, das von einer Verschmelzung mit der Gottheit und somit in eine Aufhebung des Unterschieds zwischen Schöpfer und Geschöpf ausgeht, wie Cross dies bei einigen Mystikern in der Kirchengeschichte nachweisen zu können meint. In Abgrenzung dazu müsse sein Erfahrungsbegriff anders verstanden werden, weil Cross von einer Unmittelbarkeit ausgehe bei der »I remain myself and not part of some pantheistic or panentheistic encounter. Unlike some of the mystics of the Church, ›I‹ remain – transformed, to be sure, but myself nevertheless.« (CAP: 39)

3.5.3. Ganzheitlichkeit als Abgrenzung nach rechts: mystisch-mysteriöse, übernatürliche und affektive Momente der Geisterfahrung Der holistische Aspekt dient dem Erfahrungskonzept Cross’ auch zur Abgrenzung nach rechts, wobei hier nicht nur die reformierte Theologie (exemplarisch Calvin und Barth), sondern auch neuorthodoxe evangelikale Theologen aus Vergangenheit (z. B. »Cessationism«, DHE: 8ff, 27 f) und Gegenwart (namentlich nicht direkt erwähnte Vertreter, die Cross einem »›paleo-Reformed‹ Evangelicalism« zuordnet, APE: 13) scharf kritisiert werden. 3.5.3.1. Mystik und Mysterium der Unmittelbarkeit Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass Cross’ Mystikbegriff mehrschichtig ist. Neben dem negativen Mystikbegriffs mit anthropozentrischer und egozentrischer Konnotation (siehe I,3.5.2.2.) kennt Cross auch konstruktive und theozentrische Momente, die er begrifflich an die von Calvin gebrauchte Wendung der »unio mystica« anbindet (DHE: 28 f, besonders Anm. 77).60 59 Der positive bzw. aufwertende Mystikbegriff wird unter der nächsten Überschrift – unter I,3.5.3.1. – besprochen. 60 Eine Auseinandersetzung mit Paul Tillich erfolgt leider nicht, obwohl seine Kritik an der dialektischen Theologie einige Anliegen von Cross’ eigener Kritik an Barth vorwegnimmt (Tillich 1962: 216 – 225). Ebenso wäre Tillich auch auf Grund seiner Unterscheidung zwischen kritischem Paradox und Positivem Paradox (Tillich 1962: 226 – 262) – wie sich später zeigen wird – ein interessanter Gesprächspartner für ihn.

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Cross distanziert sich mit seiner positiven Aufnahme des Mystikbegriffs von Barth, dessen negative Bewertung auf eine unkritische61 Rezeption durch Albrecht Ritschl zurückgehe, die Barth von Herrmann übernommen habe.62 Im Zusammenhang mit den Themen Transformation und Heiligung wurde bereits auf das Kontinuitätsverhältnis zwischen Pfingstbewegung und Pietismus hingewiesen, den die Pfingstbewegung laut Cross über die Heiligungsbewegung beerbt habe (siehe I,3.4.). In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass sich Cross trotz seiner klaren Verortung im US-amerikanischen akademischen Diskurs mit den Ressentiments gegen den Pietismus beschäftigt, die im akademischen deutschen Protestantismus verbreitet sind. Seine Motivation dafür ist aber offensichtlich. Cross stellt sich in die Tradition Karl Barths, möchte jedoch dessen Ansatz erfahrungstheologisch weiterdenken und am zentralen Theologumenon der Heiligungsbewegung festhalten.63 Dabei kommt er um den kirchengeschichtlichen Ort der Mystik nicht herum. Umso interessanter ist es nun aber, dass Cross die Kontinuität zum Mystikbegriff über den Pietismus ausgerechnet zur Erhaltung der Barthschen Dialektik gebraucht. Dies tut Cross, indem er positive Konnotationen des Mystik-Begriffs etymologisch von dem Begriff des Mysterium herleitet und betont, dass der Mensch niemals eine rest61 »One reviewer of his [Ritschls, GM] work – and a fair one overall – even says that readers can set aside the Geschichte des Pietismus because these ›are not so essential for a knowledge of his system‹ […] While this article is quite old, it is also almost contemporaneous with Ritschl; and for the most part, his interpretation is solid. [… I submit] that Ritschl influenced his followers and consequently the 20th century theology from him with his dislike for pietism and anything mystical (or even ›metaphysical‹).« (Cross 2008: 7, Anm. 12) 62 »We shall see a little later that Albrecht Ritschl passed on a rather skewed and negative view of pietism and mysticism to his students and colleagues and those who read his work. In his three volume work, Geschichte des Pietismus, Ritschl strikes hard against pietism in both the Reformed and Lutheran churches, blaming it for almost every twisting of the Gospel since the Reformation. Ritschl sees pietism as attempting to return to some of the mystical ways of Catholicism and therefore bring back into Protestantism that which Luther had tried to remove (Die Schwärmerei) along with Calvin (the ›fanatics‹ and Libertines). Therefore, he feels that mystical elements in pietism are betraying the roots of the Lutheran and Protestant Reformation. Wilhelm Herrmann continues the negative view of pietism and mysticism, passing on this sentiment to Barth and Bultmann.« (Cross 2008: 7) 63 »It is too difficult here to trace this history and all of these negative sentiments against pietism here. It is important to note that in Lutheranism in Germany, the pietistic movement was quite strong from about 1700 on. One of the best (and unexpected) summaries of German pietism is found in a biography of Immanuel Kant. Since Kant’s parents (especially his mother) were pietists, about 10 pages of the biography is spent tracing the history of pietism that led to the city of Königsberg, where Kant’s family followed it faithfully.« (Cross 2008: 7, Anm. 14) Bedauerlicherweise findet allerdings keine Auseinandersetzung mit Gottfried Arnold statt, obgleich dessen Theologia Experimentalis (Arnold 1714) in vielerlei Hinsicht Berührungspunkte mit der Cross’ aufweist, ausgehend von Arnolds Unmittelbarkeitspostulat (Keding 2001: 208 f), über die Innerlichkeit und Beziehung zur Heiligung seines Erfahrungsbegriffs (Keding 2001: 209ff) bis hin zu dessen Leitmotiv der »mystischen Einigung mit Gott« (Keding 2001: 64.215).

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lose Offenbarung erfahre, obwohl die Erfahrung der Offenbarung unmittelbar und partizipatorisch konzipiert werden müsse.64 Dadurch bleibe stets ein qualitativer Unterschied bewahrt (denn unmittelbar ist nicht restlos), durch den der unmittelbaren Erfahrung und erst recht der erfahrenen Offenbarung stets eine Geheimnishaftigkeit innewohne. Ekstatische Momente schließt Cross dabei nicht aus (CAP: 50), er beschränkt seine Anwendung des Begriffs Ekstase jedoch auf Gott und vermeidet ihn im Zusammenhang mit dem Menschen, da Cross Ekstase wiederum etymologisch als Heraustreten Gottes aus sich selbst versteht. Aus diesem Heraustreten Gottes aus sich selbst, im Sinne einer liebvollen Hingabe, folgert Cross, dass die Kirche diesen Zustand bzw. diese Haltung nachzuahmen habe, indem sie ebenfalls aus sich selbst heraustritt und sich dem Anderen (d. h. den Ausgestoßenen der Gesellschaft etc., APE: 22) zuwendet (CAP: 19 f.34.78).65 Dieser mystische und mysteriöse Aspekt dient neben der Aufrechterhaltung des qualitativen Unterschieds auch dazu, Cross’ Erfahrungsbegriff in eschatologischer Hinsicht zu qualifizieren. Durch die Geheimnishaftigkeit bleibe dem Partizipationsgeschehen des Christen an der göttlichen Substanz eine eschatologische Unverfügbarkeit erhalten, die sich dem Menschen – ebenso wie eine gänzliche Durchdringung des Wesens Gottes und seiner Lust dem Menschen zu begegnen – zugleich als verborgen erweist (CAP: 41). 3.5.3.2. Die transnatürliche Dimension der Unmittelbarkeit Der Geheimnischarakter der Erfahrung Gottes bedeutet für Cross eine Überschreitung der Erkenntnisfähigkeit. Dem entspreche auch die Überschreitung bzw. Transzendierung des Natürlichen. Somit habe Geisterfahrung eine überbzw. transnaturale Dimension, die einen Raum für das Wundersame öffne (APE: 19; DHE: 3 – 10, besonders 5 f). Die ontische Partizipation an der Trinität, die sich in der Geisterfahrung ereigne, impliziere auch eine zeitweilige Suspension von Naturgesetzen. Darum sei es nötig, eine Theologie der Erfahrung zu kon64 Der Begriff mysteriös wird in der vorliegenden Arbeit ausschließlich in seinem etymologischen Sinn gebraucht. Während er umgangssprachlich oftmals eine pejorative Konnotation besitzt, wird er in der vorliegenden Arbeit, als Synonym für geheimnisvoll gebraucht, um die Verwandtschaft mit dem Terminus Mystik sichtbar zu machen. 65 Ekstase sei somit weniger eine oberflächlich verstandene Erfahrung einer Verzückung mit zeitweiliger Bewusstseinsbeeinträchtigung, sondern »The Spirit is the ecstasy of the Triune God, the one who ›makes the triune life an open circle and a source of pure abundance. Spirit embodies and triggers the overflow of God’s pure benevolence, fosters its ecstatic character and opens it up to history.‹« (Pinnock zitierend, CAP: 78, vgl. CAP: 34) Dass dieses göttliche Heraustreten der Trinität und per implicationem soziales bzw. missionarisches Heraustreten der Kirche auch eine Analogie in der persönlichen Spiritualitätspraxis habe, sowohl im privaten als auch auf Gemeindeebene, sei zwar folgerichtig, es sei aber stets als Wirkung – nicht Bedingung – der transformativen Partizipation an der Trinität und nur in diesen Parametern zu begreifen. Damit weist Cross den Vorwurf einer Werkgerechtigkeit zurück.

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zipieren, in der Eingriffe der Transzendenz (APE: 6, Anm. 5; DHE: 11), etwa Heilungs- und andere Wunder, das Hören von Gottes Stimme (DHE: 5ff) und ähnliche Phänomene, von denen in den biblischen Zeugnissen berichtet wird, einen Ort hätten (APE: 19; DHE: 5).

Exkurs II: Wunder und die Frontstellung gegen Warfield und die Cessationists Ausgehend vom biblischen Glauben an Wunder, den Cross als ein weiteres wichtiges Charakteristikum der Pfingstbewegung betrachtet, aus dem auch methodische Konsequenzen für die Theologie gezogen werden sollten, erläutert er an der Besprechung des Verhältnisses der Pfingstbewegung zum Cessationism B.B. Warfields66 diese – nicht zuletzt auch offensichtlich identitätspolitische – Komponente (APE: 9.13). Während die Evangelicals lange Zeit im Gefolge des amerikanischen Fundamentalismus’ zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf die modernistisch-szientistische Religionsfeindlichkeit und die historisch-kritische Exegese mit einem dispensationshermeneutischen Biblizismus geantwortet hätten, der übernatürliche Manifestationen auf die Epoche des Urchristentums beschränkte,67 habe die Reaktion der frühen Pfingstler in einem biblisch artikulierten Glauben bestanden, dem eine einfache Erfahrungshermeneutik zugrunde gelegen habe. Wunder seien demnach als Selbstverständlichkeit betrachtet worden, weil sie erlebt wurden.68 Dieses Erbe gelte es nicht nur in der 66 Der Princeton-Theologe B.B. Warfield eignet sich besonders gut als Paradigma für die Diskussion von Wundern, weil er in der pfingstlichen Rezeption als Schlüsselfigur gilt, von der sich bereits die frühe Pfingstbewegung in Form von Pamphleten und die akademischen Pfingsttheologen in Form von Abhandlungen zu Wunderheilungen etc. abgegrenzt haben. Als Beispiel kann hier Williams Abhandlung über Miracles im zweiten Band seiner Systematischen Theologie (Williams 1990: 141 – 168, besonders 162 f) genannt werden; in Bezug auf den Cross’ wie folgt urteilt: »This section on the cessation of miracles is the best I have ever read. It is really at the heart of the theological enterprise [… Williams] undertakes a response to B.B. Warfield and succeeds resoundingly!« (Cross 1993: 126, Anm. 44) Als neuere Arbeit ist vor allem Ruthvens Studie zu nennen (Ruthven 1993), in Bezug auf den Cross sechzehn Jahre später einen weiteren Superlativ bemüht: »Yong notes Jon Ruthven’s book, which is arguably the best sustained Pentecostal/charismatic argument against Warfield and other cessationists.« (DHE: 8, Anm. 11) 67 Bedauerlicherweise erklärt Cross nicht was er unter Wunder versteht. Das mag an sich legitim sein, allerdings wäre es dann wünschenswert die Diskussion um den Supranaturalismus wenigstens zu thematisieren, nicht zuletzt um seine Kritik an Warfield zu plausibilisieren. 68 Eine klassische Zusammenfassung dieses Verständnisses findet sich später in dem legendarisch gewordenen Satz von David Du Plessis, der vielleicht wichtigste Pionier des ökumenischen Dialogs zwischen Pfingstlichen Exponenten und der römisch-katholischer Kirche (Du Plessis & Slosser 1977). Als Du Plessis, der geladener Gast im Zweiten Vatikanischen Konzil war und unter einflussreichen katholischen Ökumenikern den Beinamen Mr. Pen-

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kirchlichen Praxis zu pflegen, sondern auch in die methodischen Überlegungen einfließen zu lassen (APE: 4 – 7). Mit ihrer dezidierten Offenheit für Übernatürliches (DHE: 4 ff.6) – und dem regelrechten Rechnen mit Wundern im Alltag (DHE: 11) – artikuliert die Erfahrungstheologie Cross’ also nach außen eine Kritik an der modernen Wissenschaftsgläubigkeit, die den Glauben an Wunder für unvernünftigen Primitivismus betrachte. Nach innen artikuliert sie aber auch einen Protest gegen den Versuch die Unberechenbarkeit des Heiligen Geistes zu domestizieren (DHE: 8). Methodisch bedeutet dies eine Theologie, die sich diametral von dem distanziert, was Cross mit Pinnock69 »paleo-reformed [Evangelical]« (APE: 13) Theologie nennt. Dies bewahre die theologische Reflexion davor, zu einer geschlossenen Theologie im Sinne eines statischen Systems zu werden. 3.5.3.3. Die affektive Seite der Unmittelbarkeit Komplementär zur noetischen Seite besitzt Cross’ holistischer Erfahrungsbegriff auch eine affektive Dimension,70 bei deren Artikulation er sich an Steven Land anlehnt und zu dessen Konzept er auch Ähnlichkeiten beim späten Barth zu erkennen meint: »[Steven] Land proposes (convincingly) the unity of the affections with the mind for Pentecostals. Later in Barth’s life, he proposed something similar (Evangelical Theology, p. 55): ›It is clear that evangelical theology itself can only be pneumatic, spiritual theology. Only in the realm of the power of the Spirit can theology be realized as a humble, free, critical, and happy science.‹« (Cross 2000: 34, Anm. 21)

Damit schließt er an die Themen Heiligung und menschliche Freiheit an, die er in der KD Barths als unterbestimmt betrachtet (siehe I,3.3.2.2.). Cross orientiert sich hier am Konzept der »religious affections« (CAP: 44), das er John Wesley tecost besaß, nach einer Stellungnahme zur Bultmannschen Bibelkritik gefragt wurde, soll er geantwortet haben, dass auch die Pfingstler die Bibel entmythologisierten, indem sie Krankenheilungen und ähnliche Manifestationen realiter erfahren würden (Hollenweger 1997; vgl. auch Wood 2005). 69 Der baptistisch-charismatische Emeritus der McMaster University Clark H. Pinnock, hat mit Flame of Love (Pinnock 1996) eine der einflussreichsten ersten pfingstlich-charismatischen Pneumatologien vorgelegt (Macchia 1998b: 31). Cross hat einen Rezensionsaufsatz zu Flame of Love publiziert (Cross 1998), sein bereits mehrmals zitierter Aufsatz The Rich Feast of Theology (Cross 2000) setzt sich ab introductione mit Pinnock auseinander. 70 Cross unterscheidet nicht zwischen emotion, feeling und affection, anders als Smith, der bei der Formulierung einer pfingstlichen Epistemologie auch stark die Affekte und Emotionen betont, diese jedoch differenziert. Während Smith in Anlehnung an Carl Plantinga, Affekten reflexartigeren Charakter zuschreibt, besitzten »emotions ›a more cognitive component‹ – that is, they are about something […]. Affects are more visceral and ›cognitive impenetrable‹ whereas emotions, as construals, can be ›understood‹ in a sense.« (Smith 2010: 78, Anm. 74, Hervorhebung original)

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und Jonathan Edwards entlehnt.71 Demnach habe der Mensch Veranlagungen (»dispositions«, CAP: 44), die durch das Ereignis der Offenbarung von Jesus Christus affiziert würden und die dadurch, dass Gott den Affekten begegne, fortschreitend verändert würden (CAP: 44). Die Schlüsselbegriffe sind hier cor und cerebrum (CAP: 38), denen beiden ein rechtmäßiger Ort in der Geisterfahrung zustehe. Einseitigkeiten wie die genannte Kritik Cross’ an Schleiermacher oder der Vernunft/Gefühl-Dualismus würden dadurch eingedämmt, dass es sich bei den Affekten um einen Aspekt handle, der der Ganzheitlichkeit untergeordnet sei. 3.5.4. Fazit Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass sich der Erfahrungsbegriff bei Cross sowohl gegen eine rationalistische Engführung aufstellt als auch gegen deren emotionalistisch non-kognitive Gegenmaßnahme (im Sinne Schleiermachers aber auch Hollenwegers und Willliams). In Abgrenzung dazu ist Cross’ Erfahrungsbegriff integrativ konzeptualisiert. Dadurch erfährt er im Vergleich zu anderen Pfingsttheologen eine Aufwertung und Befreiung aus dem nonkognitiven Exil.

71 Die Ähnlichkeiten zwischen Cross’ Erfahrungsbegriff, besonders der Aspekte, die in diesem Arbeitsschritt besprochen worden sind, und zentralen Anliegen bei Jonathan Edwards sind beachtenswert. Im Rückgriff auf die bereits erwähnte Studie zu Jonathan Edwards theologia experimentalis (Schröder 1998) seien einige wichtige Ähnlichkeiten exemplarisch aufgeführt. Zunächst gilt es festzuhalten, dass Edwards von einer grundsätzlich »gegebenen Verbindung von Wirklichkeit und Erscheinung« (Schröder 1998: 86) ausgeht und versucht die Gegensätze Freiheit/Notwendigkeit, Glaubens/Vernunft, göttlicher/menschlicher Wille zusammenzudenken. (Schröder 1998: 176 – 209). Im Hinblick auf die Freiheit, vertritt Edwards die These, dass der Wille des gläubigen Christen und der Wille Gottes in Gottes Geist eine Einheit darstellten (Schröder 1998: 152 – 165). Laut Edwards Affektenlehre, die den Gegensatz zwischen Kopf und Herz überwinden soll, besitze der Mensch nicht nur Affekte, sondern, er sei seine Affekte (Schröder 1998: 166 – 189). Hinsichtlich der Soteriologie unterscheidet Edwards »zwischen der Rechtfertigung als dem Urteil des Richters und dessen Manifestation [..] um beides sogleich wieder aufeinander zu beziehen« (Schröder 1998: 202ff) und daraus Rückschlüsse auf die ontische Realität zu ziehen (Schröder 1998: 190 – 204). An diesen Punkten wird (besonders in Kombination mit Einflüssen John Wesleys) das deutlich, was Hollenweger und andere als »die katholische Wurzel« (Hollenweger 1997: 165ff) der Pfingstbewegung bezeichnet haben (vgl. Macchia 2000: 4 f.15). Inwiefern auch für Cross das gilt, was Plathow in Bezug auf Edwards bemerkt hat, demzufolge in Edwards »dem deutschsprachigen Leser eine [zunächst fremde] angelsächsische Theologie calvinistischpuritanischer Prägung des ›Protestantismus ohne Reformation‹ (D. Bonhoeffer)« (Plathow 1999: 1052) begegnet, wird nach dem Lesen der vorliegenden Arbeit zu entscheiden sein.

Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross

3.6.

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Erfahrung ist narrativ und reflektierbar

Die letzte Komponente des Erfahrungsbegriffs von Cross, die in diesem Arbeitsschritt behandelt werden soll, besteht aus zwei Momenten, die ineinander übergehen: Die Narrativität und die dadurch ermöglichte Reflektierbarkeit der Geisterfahrung. Dadurch, dass diese zweigliedrige Komponente an letzter Stelle erwähnt wird, kommt die Besonderheit von Cross’ Methode auch noch einmal zum Ausdruck, die darin besteht, von Gott und der empirischen Beobachtung auszugehen und daraus dann methodische Erörterungen herzuleiten bzw. diesen nachzuordnen. Die Fragen, die im Folgenden behandelt werden sollen sind: (1) Wie erklärt Cross den Versprachlichungsprozess? und (2) Wie verhalten sich Erfahrung und Versprachlichung zur theologischen Reflexion? 3.6.1. Das Primat der Erfahrung über die Sprache Cross zufolge gibt es auf die experientia nuda keinen unmittelbaren Zugriff, sondern der Zugang zur Erfahrung ist ausschließlich durch Sprache und Reflexion vermittelt. Weil Versprachlichung somit einen Zugang zweiter Ordnung darstelle (APE: 13 – 14; DHE: 7, Anm. 8), besitze Erfahrung gegenüber der Sprache (und a fortiriori gegenüber theologischer Reflexion) einen primären Charakter. Anders gesagt: Erfahrung komme zuerst und sei der Sprache vorrangig. »Pentecostals insist that ›theology follows experience not the other way around.‹« (Cross 2000: 30) Zwar dürfe dies laut Cross nicht über die Wechselwirkung zwischen Erkenntnis und Erfahrung hinwegtäuschen: »[B]ecause we know we experience.« (Cross 2000: 30) Letzterer käme aber dennoch ein objektives Primat zu, das dem Cogito entrückt bliebe: »Experience is primary over theory and must show up in any cognitive packaging.« (Cross 2000: 35) Betrachtet man die Verwendung der Begriffe primär und/oder erste Ordnung zusammen mit Cross’ empirischem Ausgangspunkt und seiner ontisch verstandenen Partizipation an der Trinität, die nicht metaphorisch oder hyperbolisch verstanden werden soll (CAP: 48, siehe I,3.4.), kommt ein onto-theologischer Realismus zum Vorschein (vgl. APE: 13 f; DHE: 7). Inwiefern dies nur für die spezielle Erfahrung des Geistes Gottes, oder es auch für Cross’ allgemeinen Erfahrungsbegriff gilt, ist unklar. 3.6.2. Erfahrung, Narrativität und Reflexion Wenn diese Rekonstruktion korrekt ist, ergibt sich folgende epistemische Reihenfolge: Am Anfang steht der real-objektive Gegenstand, der auf den Menschen einwirkt. Dies ist das Ereignis der experientia nuda, die als Erzählung versprachlicht wird. Nur über diese Versprachlichung (Narrativ) sei Erfahrung

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

reflektierbar. Das Narrativ bietet also die Grundlage für eine (theologische) Reflexion, die sodann in zukünftige Reflexionen einfließt. In diesem Sinne eines Zugriffs zweiter Ordnung bedeute Versprachlichung negativ, dass »our words to describe the event are broken and once or twice removed from the event itself« (DHE: 7, Anm. 8). Positiv bedeute dies aber auch, dass die theologische Reflexion das narrative Moment der Erfahrung nicht vernachlässigen dürfe. Darum unterstreicht Cross auch die performative Dimension seiner Theologie (DHE: 7.26 und öfter) bzw. den pfingstlichen testimony-Charakter, der sich in Passagen äußert, die bekenntnishaft in der ersten Person Singular formuliert sind (z. B. CAP: 37, siehe I,3.). Dieses Plädoyer einer größeren Wertschätzung der narrativen Dimension in der Theologie deckt sich mit einem weiteren Proprium pfingstlich-charismatischer Identität und theologischer Methode, der Oralität.72

Exkurs III: Oralität in der Pfingstbewegung Spätestens seit Walter J. Hollenweger ist orale bzw. narrative Theologie ein Terminus technicus, der ein zentrales Identitätsmerkmal der Pfingstbewegung bezeichnen soll (Hollenweger 1997; Kärkkäinen 2002; ToF: 64; Archer 2004; Del Colle 2000: 97 – 116). Mit seiner bahnbrechenden Studie Enthusiastisches Christentum. Die Pfingstbewegung in Geschichte und Gegenwart (Hollenweger 1969), die erste systematische wissenschaftliche Forschungsarbeit ihrer Art, gelang Hollenweger die Etablierung einer Kategorie »sui generis« (Hollenweger 1997: 203) in der theologischen und religionswissenschaftlichen Forschung. Nach Hollenweger sei das Proprium dieser Bewegung nicht in den herkömmlichen kirchengeschichtlichen Begriffen erfassbar, weil die Bewegung nicht durch 72 Cross gibt zu, dass ihn die Prävalenz der Oralität in der Pfingstbewegung, besonders bei einfacheren und weniger gebildeten Christen, anfangs in Verlegenheit gebracht hatte, da er diese als apologetisch minderwertig empfunden habe. Im Laufe der Zeit sei er jedoch dazu gekommen diese Art von Theologie (im weiteren Sinne eines Redens von Gott) zu schätzen. Aus seiner Sicht korreliere diese Entwicklung mit einem gewissen Emanzipationsprozess »from a modern to a postmodern citizen of the world«, der ihn befähigt habe »the old-time Pentecostal responses as beneficial for apologetics« (DHE: 31) zu betrachten. In der Tat schließt der Vortrag DHE mit der Einladung an das Auditorium gemeinsam mit dem Sprecher ein Lied zu singen, das eben jene Erlebnisdimension in einfacher zeugnishaftperformativer Weise zum Ausdruck bringt (DHE: 31 – 32, besonders Anm. 85). Eine biblisch-theologische Begründung für den rechtmäßigen theologischen Ort von TestimonyAussagen in der Theologie erfolgt in Anlehnung an Paulus, der metaphysische Spekulationen etwa bei anthropologischen oder auch eschatologischen Themen ebenso wie Abstrakta ablehnt und vielmehr in Personalpronomina spricht, wodurch die paulinische Fokussierung auf das Kreuz Jesu Christi beibehalten würde (vgl. 1Kor 15, 2Kor 5, 1Thess 4) und zugleich auch im Sinne einer lutherischen Exegese – das »[pro] me (pro nobis)« (CAP: 40), das Cross so wichtig ist, gewahrt bliebe.

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Dogmen oder profilierte Denker zusammengehalten werde. Was diese Bewegung ausmache, sei vielmehr eine spezielle Zugangsart zur Rede von Gott, die auf enthusiastische, erfahrungsbetonende, spirituelle Weise und mittels Narrativität und Oralität geschehe. Dadurch würde Theologie auf eine dynamische und ganzheitliche Weise vermittelt, die als »nachliterarische Liturgie« zu bezeichnen sei, »bei der das Medium der Kommunikation [..], nicht das gelehrte Argument, sondern die […] Anekdote, nicht der Begriff, sondern die Beschreibung, nicht die Erklärung, sondern die Erzählung, nicht der Lehrsatz, sondern das Lied, nicht die These, sondern der Tanz [ist]« (Hollenweger 1997: 304). In diesem Konzept der oralen Theologie bzw. narrativen Theologie scheinen etliche pfingstlich-charismatische Theologen regelrecht eine »postmoderne« Marktnische entdeckt zu haben (ToF: 64; Hollenweger 1997; Cargal 1993; Del Colle 2000; Archer 2004; Smith 2006b, 2010).73 3.6.3. Implikationen für das Verständnis von Theologie Auf der Grundlage der zuvor festgestellten Erfahrungsepistemologie, die besagt, dass die Erzählung der Erfahrung mit Gott der begrifflichen Konzeptualisierung vorausgehe und daher nicht verachtet werden dürfe, scheut sich Cross auch nicht die Grenzen zwischen systematisch-theologischer Konzeptentfaltung und bekenntnishafter Testimony-Passagen aufzuweichen. Welche Implikationen hat ein solches Verständnis von Vorrangigkeit der Erfahrung gegenüber der Sprache und Reflexion für die theologische Methode im engeren Sinne? Wie verhält es sich zur Offenbarung und der Heiligen Schrift? Cross’ Verständnis von Theologie ist verhältnismäßig komplex, da er einerseits die Schrift, andererseits die Erfahrung, letztere mit einer nuancierten Unterordnung, als Gegenstand der theologischen Reflexion betrachtet. Diese beiden Momente sollen nacheinander betrachtet werden. 73 Es kann hier leider nicht diskutiert werden, inwiefern das Konzept der oralen Theologie einen Alterierungsdiskurs darstellt, der in wahrscheinlich kaum zu unterschätzender Weise in Hollenwegers ebenso einflussreichen wie identitätspolitischen Forschungsergebnissen begründet ist. Interessanterweise findet sich in der systematisch-theologischen Arbeit der Filipino Theologin Muriel Orevillo-Montenegro zu asiatisch-feministischen Christologien ein Narrativ, das erstaunliche Ähnlichkeiten sowohl zu Hollenweger als auch zu Cross aufweist: »Filipino women [..] generally do not articulate explicitly their methodology in doing theology. Yet it is obvious […] that [they] take experience as their starting point […] Women’s inclination for storytelling is a potent factor for their proclamation of the gospel. Women who have experienced Jesus’ powerful and liberating empowering presence […] arise [… a]nointed by their own liberation experience [… and] tell their story of healing and deliverance.« (Orevillo-Montenegro 2006: 146) Auch John C. Poirier, der sich kritisch mit dem Konzept der narrative Theology befasst, führt dies unter Rückgriff auf die HollenwegerBiographin Price auf den genannten Nestor der akademischen Pfingstforschung zurück (Poirier 2008: 72ff, besonders Anm. 8).

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

3.6.3.1. Die Offenbarung der Schrift als Gegenstand der Theologie In seinem Schriftverständnis orientiert sich Cross zunächst an Ansätzen der neueren evangelikalen Theologie, versucht diese aber konsequent zu Ende zu denken. Mit Stanley Grenz versteht Cross Theologie als »fundamentally a second-order reflection on the primary language of God in revelation. The narrative of Scripture offers us an original source upon which we reflect when constructing our doctrines« (APE: 9).74 Theologie sei demnach ein kritisches Erforschen – eine kritische Wahrheitssuche nach – der »primary truth of the story« (APE: 10). Dabei betont Cross, dass diese kritische Beschäftigung nicht mit der Schrift gleichgesetzt werden dürfe, sondern umgekehrt durch die Sprache der Schrift geformt sei. Die Heilige Schrift sei somit, laut Cross, eine bereits versprachlichte Form der Offenbarung Gottes, die aber einzigartigen Charakter gegenüber anderen Versprachlichungen der Offenbarung Gottes besitze (APE: 9 – 10).75 Diesen Gedankengang gelte es nun weiterzuentwickeln. Das tut Cross ausgehend von der kritischen Beobachtung, dass theologische Reflexion nicht lediglich in einem »restatement of a collection of propositional truths in more contemporary language« (APE: 9) bestehen dürfe. Denn propositionale Wahrheiten sagten nichts aus »about extra-linguistic or extra-human reality« (APE: 9 – 10; Cross 2000: 36).76 Trotz höchster Wertschätzung der Heiligen Schrift als absolute norma normans (APE: 13) stellt Cross also fest, dass die Schrift qua Narratio gegenüber dem Vorsprachlichen einen sekundären Charakter besitze. Das Vorsprachliche aber sei die Erfahrung des Initialereignisses77 74 In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass Cross den Begriff Theologie nicht konsequent, sondern in mindestens zwei unterschiedlichem Bedeutungen verwendet, ohne dies zu kennzeichnen: zum einen Theologie im Sinne einer Reflexion zweiter Ordnung, die der Versprachlichung (dem persönlichen Erfahrungszeugnis) nachrangig ist; zum anderen Theologie im Sinne von Hollenwegers nicht-diskursiver und nicht-argumentativer oralen Theologie. Es wird dabei jedoch nicht klar welche Funktion diese zweite Art von Theologie besitzt, denn wenn sie eine nachgeordnete Funktion hätte, implizierte dies die Privilegierung der argumentativen Artikulationen und das gesamte Konzept der oralen Theologie als methodisches Proprium pfingstlicher Ansätze wäre hinfällig. In seinen praktischen Konsequenzen, hat Cross – nur so lässt sich diese Inkonsistenz in der zweifachen Verwendung seines Theologiebegriffs (und die vieler seiner Kollegen) erklären – sicherlich ein Theologieverständnis im Blick, das sich als Reflexion zweiter Ordnung versteht, sich aber zugleich auch von Erfahrungen, die (zunächst nur) im Sinne einer oralen Theologie artikuliert sind, irritieren und inspirieren lässt. Allerdings führt seine begriffliche Unschärfe hier zu großen Problemen, die sich auf seine Theologiemethode und dementsprechend auch auf seinen Ansatz übertragen. 75 Offenbarung könne allerdings auch als Erfahrung Gottes mit sich selbst verstanden werden (CAP: 78). 76 Hier macht Cross indirekte Anleihen bei George Lindbeck, wenn er Grenz zitiert (vgl. Grenz 1993: 78; Lindbeck 1984: 142). 77 In den älteren Texten spricht Cross ausschließlich von »primary event« (z. B. Cross 2000: 36). In den neueren Texten verwendet er allerdings nur den Ausdruck »initial event« (CAP: 40.41;

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der Offenbarung (APE: 9 – 10.13). Auf diese Weise führt er einen hermeneutischen Zirkel von Erfahrung und Schrift ein, dem seine Erfahrungstheologie explizit gerecht werden will und fordert sogar klassische evangelikale Theologen auf, einer konsequenteren Einbeziehung der Erfahrung in der Theologie Raum zu machen. 3.6.3.2. Die Offenbarung der Erfahrung als Gegenstand der Theologie Dieser hermeneutische Zirkel von Erfahrung und Schrift soll nun im Hinblick auf die Erfahrung weiter präzisiert werden. Auf die Frage, wie sich das Verhältnis von Theologie und Offenbarung, die sich in der Erfahrung ereignet, darstellt, antwortet Cross: »Theology reflects on the God we experience in the encounter with the Spirit. The Holy Spirit re-presents the original event of revelation in Jesus Christ […] When we hear the gospel message – the truth […] – the Holy Spirit encounters us with a re-presentation of that initial event of revelation« (APE: 10).

Der Gedankengang verläuft also wie folgt: Es gebe ein Initialereignis der Gegenwart Gottes, das in der Bibel auf vermittelte (d. h. versprachlichte) Weise zugänglich sei. Die Theologie habe die Aufgabe, dieses Initialereignis der Offenbarung kritisch zu erforschen. Dies könne aber nur gelingen, wenn beachtet würde, dass dieses Initialereignis nicht ausschließlich und nicht restlos in der Schrift, sondern auch direkt in der Erfahrung des Heiligen Geistes zugänglich sei. Auf die Erfahrung des Heiligen Geistes könne allerdings nur im Sinne einer Reflexion zweiter Ordnung zurückgegriffen werden. Mit Charles Partee bemerkt Cross, dass »the appeal to experience identifies an epistemological position which surpasses reason and in which Scripture and faith find confirmation« (DHE: 27). Das, was laut Cross den Verstand übersteige, sei zunächst das primäre Ereignis der Offenbarung Gottes, die in der Schrift festgehalten ist, und dann das sekundäre Ereignis der wahrhaftigen Offenbarung jenes primären Ereignisses im Leben des Christen durch den Heiligen Geist. »[Theology] is based on the primary event of the revelation of God as recorded in Scripture and on the secondary event of the Spirit’s revelation of the truth of that primary event to our lives. Pentecostal theology, therefore, is fundamentally a secondorder reflection on the primary narrative of God in revelation coordinated with a reflection on the experience of God in our lives.« (Cross 2000: 36, Hervorhebung GM) APE: 10), obgleich er weiterhin von »primary truth« (APE: 9) spricht. Es wird nicht klar worin dieser Wechsel bei Cross begründet liegt. Die temporale Konnotation von Initialereignis (initial event) – initium, arch¦ – könnte auf eine Anleihe an den Johannesprolog hinweisen und somit vielleicht an eine Wort Gottes Theologie anschließen, die sich direkt aus dem Johannesevangelium herleiten lässt und auch ohne eine Kenntnis von Barths Prolegomena einsichtig ist.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Cross unterteilt somit das, was erster Ordnung ist, in zwei Momente. Zum einen in ein primäres Moment: die Offenbarung Gottes, die zwar unabhängig von menschlicher Wahrnehmung bzw. Erfahrung (daher realistisch) sei, aber in der Schrift berichtet werde. Zum anderen ein sekundäres Moment: die Erfahrung dieses sich offenbarenden Gottes im persönlichen Leben. Dieses sekundäre Moment sei von Gott selbst als Erlebnis einer (Wieder-)Vergegenwärtigung des anfänglichen Offenbarungserlebnisses gewirkt: »The Spirit of God re-presents Jesus Christ to us just as surely as if we walked the paths of Galilee with him […] so that we might acknowledge or deny this Savior.« (DHE: 22) Sobald dieses letztere bewusst reflektiert werde, beginne der Bereich der zweiten Ordnung. Erkennen bzw. Ablehnen seien die Übergangsstellen zur zweiten Ordnung (Reflexion), die unter anderem in der Theologie stattfindet. Cross kann das folgendermaßen ausdrücken: »As Clark Pinnock has noted, ›The mythos (story) leads to logos (intelligibility)‹, and as a Pentecostal I would add that the Spirit confronts a person with the reality of God in the story and in one’s present situation, thereby affecting one’s cognitive response to the event.« (Cross 2000: 36)

Die Schwierigkeiten, die sich für eine protestantische Theologie stellen, wenn neben der Schrift eine weitere Quelle der Offenbarung bzw. eine weitere Form der Versprachlichung des Initialereignisses zugelassen wird, sind Cross bewusst. Die »trap of Schleiermacher and Feuerbach« (APE: 10) gelte es zu vermeiden, indem die Theologie nicht allein nach der Erfahrung gestaltet werden dürfe (was Cross an Rodman Williams’ Ansatz kritisiert), sondern die Erfahrung auf ihre Korrespondenz mit einem konkreten noetischen Inhalt der Offenbarung geprüft werden müsse: »To write only of experience devoid of content is to miss the point of God’s revelation in Jesus Christ.« (APE: 11, Hervorhebung original) Der noetische Inhalt komme aber ohne die Schrift nicht aus, weil die Schrift nicht nur die Sprache der Theologie, sondern auch die Sprache der Erfahrung präge. In Anlehnung an Kants Diktum, wonach Anschauungen ohne Begriffe blind und Begriffe ohne Anschauungen leer sind, könnte man also Cross’ Theologie wie folgt zusammenfassen: Das Wort der Schrift ist ohne die unmittelbare Erfahrung des trinitarischen Gottes durch den Heiligen Geist blind. Die unmittelbare Erfahrung des trinitarischen Gottes durch den Heiligen Geist ist ohne das Wort der Schrift bzw. die Sprache, die der Erfahrung sekundär Ausdruck verleiht, leer.78 Damit schließt sich der Kreis von der letzten Komponente zur ersten Komponente und zeigt die Konvergenzen und Divergenzen zwischen Cross und Barth auf. Die Versprachlichung, durch die die Erfahrung überhaupt erst zugänglich 78 Vgl. Moltmanns Abwandlung dieses Satzes: »Erfahrungen ohne Ausdruck sind blind, Erfahrungen ohne Ausdruck sind leer.« (Moltmann 1991: 33)

Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross

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wird, ist ein indirektes Moment. Damit sei der Geheimnischarakter und die Gnadenbedürftigkeit des Menschen, die besonders auch in der Reflexion seiner Geisterfahrung zum Tragen kommt (DHE: 7, Anm. 8), klargestellt. Die Unmöglichkeit der Versprachlichung bedeute Cross zufolge aber keine Unmöglichkeit der Erfahrbarkeit des Initialereignisses (gegen Barth). Cross geht von einer platonisch anmutenden Erkenntnistheorie aus, die von einer (erfahrbaren) ontischen Teilhabe an der Realität des Initialereignisses (die Trinität) ausgeht, zugleich aber auch an einer (geheimnisvollen) qualitativen Differenz und sprachlichen Unerreichbarkeit festhält.79 Wie diese beiden Größen bei Cross nebeneinander stehen können, soll im nächsten Arbeitsschritt gefragt werden. Zuerst ist es aber sinnvoll, die bisherigen Ergebnisse in einem Fazit zu bündeln.

3.6.4. Fazit Als Ergebnis für den Erfahrungsbegriff Cross’ kann abschließend festgehalten werden dass es in Cross’ Epistemologie auf jeden Fall eine Unterscheidung zwischen Dingen erster und zweiter Ordnung gibt; dass alles, was erster Ordnung ist, nicht adäquat, sondern nur verzerrt versprachlicht bzw. reflektiert werden könne; dass Erfahrung nicht zu den Dingen zweiter Ordnung gehöre und demnach, zumindest relativ betrachtet, in den Bereich der Dinge erster Ordnung falle und dass dies der Ort für die ebenso unaussprechliche Fülle des infiniten Göttlichen in der Begegnung sei – die primäre Anrede Gottes, die sich in seiner freien Offenbarung artikuliere (Cross APE: 9). Am Anfang steht also (1) das Initialereignisses der Offenbarung Gottes, das faktisch zu einer Partizipation an und Transformation zu Gott hin führe. Dieses könne (2) auf unmittelbare Weise durch den Heiligen Geist erfahren werden – ein Ereignis, dass sowohl direkte Partizipation an Gott als auch Transformation zu Gott (hin) bedeute. Die »original source« (APE: 9) dieses Initialereignisses stelle (2a) die Heilige Schrift dar, in der die unmittelbare Erfahrung Gottes auf einzigartige Weise versprachlicht sei. Daneben komme (2b) der unmittelbaren Erfahrung Gottes im hic et nunc auch ein wesentlicher Quellencharakter zu. Die unmittelbare Erfahrung sei ausschließlich über Narrative zugänglich. Weil die nuda experientia dei also nicht zugänglich sei, müsse stets mit einem großen Verfälschungspotential gerechnet werden. Daher stünden (3) diese beiden Quellen in enger hermeneutischer Wechselbeziehung zueinander : Das Wort (Versprachlichung, Narratio) der Schrift sei ohne die unmittelbare Erfahrung des trinitarischen Gottes durch den Heiligen Geist blind. Die unmittelbare Erfahrung 79 Cross weist diese platonischen Züge seiner Erkenntnistheorie nicht aus, an den wenigen Stellen, an denen er aber Partizipation reflektiert, geschieht die meist in Anlehnung an Denkern, die (mittel-)platonisch argumentieren (z. B. CAP: 48).

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

des trinitarischen Gottes durch den Heiligen Geist sei ohne das Wort der Schrift bzw. die Sprache, die der Erfahrung sekundär Ausdruck verleiht, leer (siehe Abbildung 1).80

Abbildung 1: Primat der Erfahrung und Reflexion zweiter Ordnung

Mit diesem komplexen Erfahrungsbegriff bzw. mit diesem Konzept einer Erfahrungstheologie, die sich in mehrere Ebenen (bzw. Ordnungen) gliedert, versucht Cross also seinem Anspruch gerecht zu werden, eine theozentrische Erfahrungstheologie zu konzeptualisieren, die Schwächen in Barths Ansatz 80 Wahrscheinlich möchte Cross mit diesem Konzept an Barths Rede vom Wort Gottes in dreifacher Gestalt anschließen, in der die Heilige Schrift auch eine hervorgehobene Rolle einnimmt. Diese hervorgehobene Rolle wird allerdings dialektisch gebrochen, indem sie nur im Zusammenhang mit den anderen beiden Gestalten Offenbarung und Verkündigung betrachtet wird. Somit wird die Heilige Schrift zum Wort Gottes, indem sie die Offenbarung bezeugt (KD I/1, § 4). Cross macht jedoch nicht deutlich, welche Punkte hier als Anschlusspunkte dienen bzw. ob die dezidierte Beachtung der Erfahrung Barths Konzept zu einer vierfachen Gestalt des Wortes Gottes erweitert, oder die Erfahrung die Verkündigung ersetzt (bzw. letztere untrennbar von erster ist), weil Verkündigung nichts anderes als bezeugte Erfahrung ist. Das führt dann zu Unklarheit in Bezug auf die Frage, worin denn die entscheidende Korrektur an Barths Wort Gottes-Verständnis bestehe. Insgesamt betrachtet sind Cross Ausführungen somit nicht ausreichend, wohingegen Barth nicht zufällig einen langen Anlauf nimmt bis er erst in § 4 der Kirchlichen Dogmatik dieses Konzept entfaltet und dann auch immer wieder darauf zurückkommt, um es in seiner Dynamik zu explizieren. Die unscharfe Rede von primärer Gegenständlichkeit bei Cross erschwert dies zusätzlich, da die Erfahrung im Vergleich zum Initialereignis der Offenbarung, das Gott als schlechthinniges Subjekt ausweist, nachgeordnet ist, der Erfahrung gegenüber der Versprachlichung und Reflexion jedoch Erstrangigkeit zukommt. Diese sechs Größen, Offenbarung bzw. Initialereignis, unmittelbare Erfahrung, Schrift und Zeugnis, Verkündigung, theologische Reflexion erfordern eine präzisere Verhältnisbestimmung. Andernfalls erbringt die Rede von einem hermeneutischen Zirkel, indem der Geisterfahrungsbegriff einen konstitutiven Ort hat, keinen erkenntniserweiternden Mehrwert für die systematische Theologie.

Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross

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überwindet und sich von den folgenden Polen abgrenzt: Einerseits von der in einem Bibliothekskeller des 17. Jahrhunderts eingesperrten (APE:14) Theologie des Cessationismus’ (paradigmatisch: Warfield) und andererseits von einer das Gefühl absolutierende und daher anthropozentrischen Theologie (paradigmatisch: Schleiermacher).

3.7.

Zwischenergebnis: Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross

In diesem Arbeitsschritt wurden sechs Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Terry Cross zusammengetragen und in ihren jeweiligen Spezialdiskursen verortet. An erster Stelle ist (1) herausgearbeitet worden, dass der Offenbarungscharakter die Geisterfahrung von allgemeiner Erfahrung unterscheidet und biblisch-christlich qualifiziert ist (siehe I,3.1.). Sodann ist (2) die persönliche und relationale Eigenschaft der Erfahrung erörtert worden, die Cross’ Erfahrungskonzept eine theologisch-anthropologische Dimension hinzufügt. Für die Begegnung mit Gott bedeutet dies, dass Gott sowohl das Subjekt als auch das Objekt der Erfahrung darstellt und dass sie den Menschen direkt (unbedingt und existenziell) angeht, weil der Mensch qua imago dei als relationales Wesen geschaffen ist (siehe I,3.2.). (3) Die dritte Komponente war unter der Bezeichnung unvermittelt und Geist-lich/geistlich erläutert worden. Diese bietet dem Erfahrungsbegriff Cross’ eine zusätzliche immanent-trinitarische (pneumatologische) Qualifizierung, in der die Subjekt-Objekt Struktur der Erfahrung mit der Freiheit des Menschen ins Verhältnis gebracht wird. Der Heilige Geist gewährleiste, immanent-trinitarisch gesprochen, dass sowohl die Freiheit Gottes als auch die Freiheit des Menschen gewahrt blieben, indem er qua Spiritus Creator den Menschen in gnadenvoller Weise befähige auf die unmittelbare Begegnung mit Gott zu antworten (Verantwortung und Heiligung, siehe I,3.3.). (4) Die vierte Komponente präzisiert den Erfahrungsbegriff im Hinblick auf den ordo salutis und das Sein des Christen als Partizipation und Transformation. Der Heilige Geist erhebe den Menschen in die real-ontische Teilhabe an der Intimität der trinitarischen Perichorese – ein Geschehen, dass Cross als Theosis bezeichnet. Diese Theosis hebe den qualitativen Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf keineswegs auf, sie bewirke allerdings eine Transformation im Menschen, die ebenso ontisch real sei, wie die distanzlose Partizipation selbst (siehe I,3.4.). (5) Die fünfte Komponente Holismus soll verhindern, dass der Erfahrungsbegriff von Cross in sämtliche Einseitigkeiten abgleitet, und untermauert somit die realistische Auffassung, die ihm zugrunde liegt. Die Wirklichkeit der unmittelbaren Erfahrung erfasse den ganzen Menschen (siehe I,3.5.). Jenseits von

72

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Dualismen, die Vernunft und Gefühl als einander ausschließende Dimensionen des Menschen fixierten (siehe I,3.5.1. und I,3.5.2.1.), besitzt der Erfahrungsbegriff von Cross sowohl eine noetische und sozial-kommunitäre (siehe I,3.5.2.2.) als auch mystisch-geheimnisvolle, transnaturale (im Sinne von Wundern) und affektive Qualifikation (siehe I,3.5.3.). (6) Schließlich wurde eine sechste Komponente besprochen, die den Erfahrungsbegriff von Cross hinsichtlich der theologischen Methode qualifiziert. Die Narrativität und Reflektierbarkeit der Erfahrung impliziere, dass die unmittelbare Begegnung zwar nicht als nackte Erfahrung, wohl aber über einen Zugriff zweiter Ordnung zugänglich sei. Das, was in der Erfahrung als Initialereignis geschieht, könne qua Narratio versprachlicht werden. Dies impliziert ein gewisses Verfälschungspotential, weshalb die theologische Reflexion auch Suche nach der primären Wahrheit des Initialereignisses bedeute. Die Kriterien für dieses Forschen ergäben sich zum einen aus einer konsequenten Einbeziehung der Erfahrung selbst, zum anderen aus den Inhalten der Offenbarung, wie sie in der Heiligen Schrift bezeugt sei. Diese Komponente stellt den hermeneutischen Charakter des Erfahrungsbegriffs von Cross heraus, der sich dialektisch zwischen der Erfahrung des objektiven Initialereignisses und der Heiligen Schrift bewegt. Dabei sei letztere ihrerseits auch eine Versprachlichung des Initialereignisses, genieße aber qua originale Quelle desselben und norma normans, die die Sprache der Erfahrung präge, eine leicht nuancierte Privilegierung (siehe I,3.6.). Wenn der durch diese Komponenten konstituierte Erfahrungsbegriff nicht nur aufgrund seiner theologischen Agenda rezipiert werden soll, erfordern sie eine Systematik. Im Folgenden soll daher die methodische Frage gestellt werden, wie Cross diese größtenteils kontradiktorischen Komponenten zusammen denkt. Dies wird in einem erkenntnistheoretischen Teil zum Dialektikbegriff von Cross (siehe I,4.), der maßgeblich von Hegel, Kierkegaard und Barth geprägt ist, erfolgen. Die Art und Weise wie seine dialektische Methode in actu bei der Konzeption einer Erfahrungstheologie funktioniert wird sodann anhand eines programmatischen Aufsatzes, bei dem vier klassische Theologumena eine Art Matrix bilden, aufgezeigt (siehe I,5.).

4.

Dialektik als Denkform des Erfahrungsbegriffs von Cross in Anlehnung an Hegel, Kierkegaard und Barth

Die im letzten Arbeitsschritt erarbeiteten Komponenten wirken zum Teil sehr unverbunden und an sich betrachtet widersprüchlich. Sofern der Erfahrungsbegriff von Cross den Anspruch erhebt zu einem systematisch-theologischen Ansatz zu führen, stellt sich die Frage nach der Denkform, mit der diese Kom-

Dialektik als Denkform des Erfahrungsbegriffs von Cross

73

ponenten in ein Verhältnis gesetzt werden. Im Zusammenhang mit Cross’ Orientierung an Karl Barth ist bereits deutlich geworden, dass Cross mit einer speziellen Dialektik arbeitet, die es nun genauer zu besprechen gilt. Dem Thema Dialektik widmete sich Cross’ in seiner PhD-Thesis (1991, Princeton), die in revidierter Fassung als Dialectic in Karl Barth’s Doctrine of God (2001, abgekürzt DKB) erschienen ist. Diese Veröffentlichung wird die Grundlage des folgenden Arbeitsschrittes sein. Nach einem Überblick zu These und Aufbau von DKB (I,4.1.) und deren Einordnung in den wissenschaftlichen Diskurs (I,4.2.) wird eine erste erkenntnistheoretische Verortung des Dialektikbegriffs von Terry Cross anhand eines von Cross selbst vorgeschlagenen philosophiegeschichtlichen Abrisses des Dialektikbegriffs erfolgen (I,4.3.). Die in diesem Schritt hervortretenden epistemologischen Grundkategorien werden Cross’ Rezeption der Barthschen Dialektik nachvollziehbar machen, deren Besprechung im Anschluss daran stattfinden wird (I,4.4). Nach diesen analytischen Arbeitsschritten wird dann in einem letzten synthetischen Arbeitsschritt Cross’ spezielle Dialektik der Erfahrung des Heiligen Geistes verständlich werden, die verschiedenen Kategorien der genannten Denker kombiniert und operationalisiert (I,4.5.).

4.1.

Dialectic in Karl Barth’s Doctrine of God: These und Aufbau

Cross’ Arbeit verteidigt die These, Karl Barth habe sich von der Denkform der Dialektik nie vollends abgewandt – auch nicht in seinem Spätwerk. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: Laut Cross nehme die Dialektik – zwar nicht ohne Akzentverschiebung, aber dennoch in wesentlichem Ausmaß – zusammen mit der analogischen Methode auch in der Kirchlichen Dogmatik (KD) eine wichtige methodische Rolle ein. Dies ließe sich in der Gotteslehre nachweisen. Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Im ersten Kapitel, das die Einleitung darstellt, gibt Cross einen knappen Forschungsüberblick und erläutert die Fragestellung seiner Arbeit. In kritischer Distanz zu älteren Arbeiten zum Thema Dialektik bei Karl Barth, in maßgeblicher Anlehnung an die Hallenser Habilitationsschrift von Michael Beintker und im Gespräch mit seinem Doktorandenkollegen Bruce McCormack bestreitet Cross’ Dissertation eine undialektische Phase in Barths Werk und setzt sich zum Ziel, den Nachweis dafür zu erbringen, dass Barths Gotteslehre ohne dialektische Methode, die in KD II/1 sogar wesentlich sei, gar nicht funktionieren könne (DKB: 1 – 10). Das zweite Kapitel bietet einen philosophiegeschichtlichen Abriss der Dialektik, ausgehend von Platon und Aristoteles über die Dialektikbegriffe von Kant und Hegel bis hin zu Kierkegaard. Hier legt Cross grundlegende Koordinaten für Barths Dialektikbegriff fest, weshalb dieses Kapitel für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit (siehe I,4.3.) nähere Betrachtung erfordern wird. Das dritte Kapitel bietet

74

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

einen umfangreichen Überblick über den Gebrauch der Dialektik in sämtlichen Schriften, die vor der KD, also zwischen 1909 und 1931 geschrieben wurden. In diesem längsten Kapitel (ca. 80 von insgesamt 212 Seiten) werden Barths frühe Essays (1909 – 1914); dessen Arbeiten samt den Ereignissen, die zum Bruch mit dem, was er als moderne Theologie bezeichnet hat, geführt haben (1915 – 1922); die beiden Auflagen des Römerbriefs samt der Interimszeit zwischen den beiden Fassungen; Barths Schriften aus der Orientierungsphase zu (im engeren Sinne) dogmatischen Fragestellungen (1923 – 1925); die Christliche Dogmatik im Entwurf (1927); dem Aufsatz Schicksal und Idee in der Theologie (1929) und Barths Arbeit über Anselm (Fides Quaerens Intellectum, 1931) auf den Gebrauch der Dialektik hin befragt. Kapitel vier wendet sich dann der Dialectic in the Knowledge of the Triune God zu. Es ist in zwei Hauptabschnitte unterteilt. Zunächst werden Barths überarbeitete Prolegomena (1932) und der Band I/1 der KD mit Fokus auf die Dialektik der Offenbarung und Dialektik und Trinität eingehend besprochen, sodann wird The Use of Dialectic in the Knowledge of God (KD II/1) mit Fokus auf The Knowledge and Knowability of God und The Limits of the Knowledge of God erörtert. Im fünften Kapitel analysiert Cross den Gebrauch der Dialektik im Zusammenhang mit Barths Theologie der Reality of God an den Fragestellungen nach der Wirklichkeit Gottes (entlang der Topoi Transzendenz und Immanenz, Absolutheit und Personalität) und der Lehre von den Eigenschaften Gottes (d. h. der Liebe und Freiheit als Vollkommenheiten Gottes). Wie in den Kapiteln zuvor erhalten alle dieser Hauptabschnitte eine Zusammenfassung, die die zentralen Ergebnisse bündelt. Im sechsten Kapitel erfolgt auf Grundlage der erarbeiteten Ergebnisse ein kursorischer Überblick zur Dialektik in den übrigen Bänden der KD und eine Konklusion, die die wichtigsten Ergebnisse der gesamten Studie zusammenfasst und das Argument noch einmal in konziser Form wiedergibt. Diese lässt sich auf fünf Sätze verdichten: (1) ohne die Dialektik würde die Gotteslehre laut Cross nicht »funktionieren« (DKB: 210). (2) Die Dialektische Methode wirke mit der analogischen Methode zusammen, indem sie diese (3) einerseits in ihre Schranken weise, andererseits aber auch (4) zu besserer Artikulation verhelfe (etwa im Zusammenhang mit der Perichorese), weshalb Cross Barths späte Denkform (5) als »dialectica fidei« (DKB: 208) bezeichnet. Dass Karl Barth der wichtigste Referenzpunkt für Cross’ Denken darstellt, sollte bereits deutlich geworden sein. Obwohl eine ausführliche Besprechung von Cross’ Dissertation gewinnbringend wäre, kann sie in der vorliegenden Arbeit nur soweit erfolgen, wie sie für eine methodisch transparente Rekonstruktion des Cross’schen Dialektikbegriffs erforderlich ist.

Dialektik als Denkform des Erfahrungsbegriffs von Cross

4.2.

75

Der Diskurs von Dialectic in Karl Barth’s Doctrine of God

In seiner Einleitung gibt Cross einen knappen Forschungsüberblick und erläutert die Stoßrichtung der Dissertation: Es gehe darum zu zeigen, inwiefern Barth seine dialektische Methode modifiziert und wie er diese in seinem Spätwerk operationalisiert habe. Es lohnt sich, dieses Kapitel etwas ausführlicher zu skizzieren, weil darin der Diskurs, in dem DKB steht, zum Vorschein kommt (Wen rezipiert er auf welche Weise? Von wem grenzt er sich auf welche Weise ab?). Dadurch wird es später möglich sein, auf eine detaillierte Einzelbesprechung der weiteren Kapitel zu verzichten und den Dialektikbegriff Barths in der Rezeption Cross’ thematisch nachzuzeichnen. Gegen die sogenannte These der Barthschen Wende, die ab der Entstehung seiner Arbeit über Anselm (1931) stattgefunden habe, wie sie vor allem Hans Urs von Balthasar geprägt hat und von Henry Bouillard, Hans Frei und weiteren übernommen wurde, bestreitet Cross die Nachweisbarkeit einer undialektischen Phase in Barths Werk. Dies tut er in Weiterführung der Ergebnisse aus den Arbeiten Eberhard Jüngels (der zwar einen wichtigen Wandel in Barths Arbeiten bereits ab 1925 feststellt, allerdings kaum aus dem erwähnten Paradigma einer undialektischen Phase herauskommt), Ingrid Spieckermann (die Ansätze einer Analogiemethode bereits im Römerbrief II nachweist) und George Hunsinger (dessen Zugang zu Barths Werk über eine Vielzahl von Motiven, statt eines dominierenden hermeneutischen Schlüssels, erfolgt). Den Äußerungen, in denen Barth selbst behauptet, sein Interesse an der Dialektik verloren zu haben, misst Cross keinen großen methodologischen Wert bei und erklärt sie mit Hunsinger als identitätspolitisch motiviert: Barth habe sich damit auf Grund der politischen Entwicklungen in Deutschland unmissverständlich von seinen ehemaligen Mitstreitern Brunner, Gogarten und Bultmann distanzieren wollen (DKB: 4). In Anlehnung an Michael Beintker und Bruce McCormack bevorzugt es Cross daher, nicht von einer Abkehr, sondern von einer Entwicklung zu sprechen, die er mit Beintker als Schwerpunktverlagerung von einer Realdialektik zu einer Erkenntnisdialektik bezeichnet, und er korreliert sie mit der wichtigeren Wende Barths im Jahr 1925, dem Zeitpunkt, ab dem Barth sich stärker der Dogmatik zuwandte. Auch hier folgt Cross der jüngeren Barthforschung, wenn er bei dieser Wende die Bezeichnung assertorische Phase (Jüngel, vgl. DKB: 128) gegenüber der Bezeichnung positive Phase bevorzugt (DKB: 1 – 10). Nach Cross’ eigenen Angaben sei die These seiner Dissertation nicht neu, seine Arbeit orientiere sich stark an der Hallenser Habilitationsschrift von Beintker und vergleiche die eigenen Ergebnisse mit denen der zur gleichen Zeit entstandenen Princeton-Dissertation McCormacks. Der besondere Mehrwert bestehe allerdings darin, dass die Entwicklung der dialektischen Methode Barths, ausgehend von seinem Frühwerk bis in die KD, nachverfolgt und die

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

dialektischen Züge Barths auf präzise differenzierte Weise in Barths Gotteslehre (Bände I/1 und II/1) als zentral und gegenüber der Analogiemethode gleichwertig nachgewiesen werden (9 f).

4.3.

Wichtige philosophiegeschichtliche Stationen des Dialektikbegriffs von der Antike bis ins 19. Jahrhundert

Die für Cross’ Barthrezeption wichtigsten philosophiegeschichtlichen Stationen des Dialektikbegriffs diskutiert Cross in einem Kapitel, das mit Platon beginnt und zu Hegel und Kierkegaard (siehe I,4.3.2. und I,4.3.3.) führt. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass Cross zufolge Barths größte methodische Schwäche in der mangelnden Fähigkeit bestehe, über die binäre Erkenntnistheorie Kants hinauszukommen (siehe I,3.3.3. und I,3.5.1.). Ein flüchtiger Blick auf Cross’ Verständnis von Dialektik bei Kant, die er vor dem Hintergrund des platonischen und aristotelischen Dialektikbegriffs erklärt, ist darum erhellend. (I,4.3.1.) 4.3.1. Dialektik bei Plato, Aristoteles und Kant nach Cross Platons Dialektikverständnis fasst Cross mit dessen eigener Metapher zusammen: Dialektik sei der Schlussstein der Wissenschaft. Von Sokrates herkommend, wonach Dialektik die »the art of discourse« (DKB: 13) sei, stelle Platon – so Cross im Rekurs auf die Passage, die unmittelbar auf das Höhlengleichnis folgt,81– fest, dass Wissenschaft an sich Dialektik, d. h. eine rationale Suche sei, welche die Dinge ordnet, indem sie nach dem Wesen der Dinge jenseits aller Sinneswahrnehmung fragt. Bei diesem Konzept von Dialektik sei es wichtig festzuhalten, dass diese Suche niemals zu ihrem Ende kommt, weil es für die menschliche Erkenntnis unmöglich ist, das Ganze zu überblicken. Deshalb sei jedes vermeintlich letzte Wort immer nur ein vorletztes, zumal bereits durch eine einzige weitere Frage der Forschungsprozess neu in Gang gesetzt werde (DKB: 14 – 16). Aristoteles sei allerdings von diesem Dialektikverständnis abgerückt. Habe sein Lehrer die Dialektik noch als Wissenschaft schlechthin bezeichnet, so betrachte Aristoteles sie als Disziplin der Wissenschaft, die er deutlich der Logik unterordne. Dialektik, so Cross weiter, stehe bei Aristoteles, als eine unter vielen andere Methoden, im Dienste der Syllogismen der Logik, indem sie das Wissen überprüfe und dafür sorge, dass es in eindeutige Aussagen gefasst wird. Dadurch 81 Auf Grund der methodischen Fragestellung geht Cross an dieser Stelle nicht weiter auf Platons metaphysische Ideenlehre und anthropologische Anamnesislehre ein.

Dialektik als Denkform des Erfahrungsbegriffs von Cross

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sieht Cross bei Aristoteles’ dialektischer Methode einen weitaus positiveren Charakter. Habe bei Platon die Dialektik im Zusammenhang mit seiner Orientierung am Ganzen eine negative Ausrichtung, so werde sie bei Aristoteles, der empirischer vorgehe, zu einer Methode, die positive Aussagen ermöglicht (DKB: 17 – 19). Die nächste Station in Cross’ historischem Abriss des Dialektikbegriffs ist die Aufklärung. Während sich Spätantike und Mittelalter in dieser Hinsicht kaum von Aristoteles unterschieden, so das Urteil Cross’, finde mit Immanuel Kant eine wichtige Neuakzentuierung statt. Kants erkenntnistheoretischer Paradigmenwechsel zufolge, den dieser als kopernikanischer Wende bezeichnete, drehe sich der Verstand nicht um die Dinge, sondern die Dinge um den Verstand. Daher vermöge Logik nichts über den Inhalt der Erkenntnis zu sagen. In einer knappen Besprechung von Kants Kritik der reinen Vernunft stellt Cross fest, dass Kant die transzendentale Dialektik als Abteilung innerhalb der Logik behandelt. Für Cross steht Kant daher hinsichtlich des Dialektikbegriffs Aristoteles näher als Platon. Der Dialektik käme bei Kant die Aufgabe zu, Urteile zu kritisieren und ihre Willkür, im Hinblick auf die aus ihnen hervorgehenden metaphysischen Ansprüche, zu entlarven. Die Kantsche Dialektik führe demnach zur Feststellung der formallogischen Widersprüche (DKB: 30), während das Wesen der Dinge bzw. das Ding an sich ohnehin die reine Vernunft übersteige und daher nicht Gegenstand rationaler Forschung sein könne (DKB: 19 – 22). 4.3.2. Dialektik bei Hegel nach Cross Eine Gegenbewegung zu dieser Selbstbeschränkung auf die reine Vernunft finde sich im deutschen Idealismus, den Cross paradigmatisch an Hegel als nächste Station seiner Begriffsgeschichte der Dialektik erörtert. Laut Cross kritisiere Hegel Kants Kapitulation vor dem Ding an sich und postuliere eine Identität von Wissen bzw. Erkenntnis (knowledge) und Sein. Kants Fokussierung auf die Formallogik verkenne Hegel zufolge die Verhältnisse der Dinge untereinander, weshalb Hegel eine neue Logik vorgeschlagen habe, in der er der Dialektik wieder eine wichtigere Rolle zuwies (DKB: 22 – 23). An dieser Stelle bemüht sich, Cross den »myth […] thesis-antithesis-synthesis« (DKB: 23) zu destruieren, da dieser das Verständnis von Hegels Dialektikbegriff verzerre. Cross stellt fest, dass weder in Hegels Phänomenologie des Geistes noch in seiner Logik diese triadische Formel als solche begegne. Dialektik sei bei Hegel, von einer Metaebene aus betrachtet, eine Konstante, die aber als Bewegung auf das Gegebene trifft, das Gegebene (im Sinne von Wissen, Erkenntnis etc.) in Aufruhr versetzt und somit den Philosophen der Wahrheit näherbringt. Anders als bei Kant, dessen Dialektik das Ziel verfolge, die logischen Widersprüche Aufzudecken und dann dabei stehen bleibt, verfolge die

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Hegelsche Dialektik das Ziel, diese Statik zu überwinden, indem in ihr die Gegensätze sowohl epistemologisch als auch ontologisch transzendiert würden (DKB: 30 f). Der Ausgangspunkt Hegels bestehe laut Cross in der Auffassung, dass in den Elementen der Gegensätze jeweils etwas von deren ausgeschlossenem Gegenteil vorhanden sei, was dazu führe, dass Gegensätze nicht statisch, sondern in ständiger Bewegung seien. Dadurch würden sie, so referiert Cross weiter über Hegel, immer wieder neu die Frage nach deren Verhältnis aufwerfen. Mit anderen Worten: Widersprüche förderten den Erkenntnisprozess, weil in jedem Konzept bereits Widersprüchlichkeit und Negation enthalten seien. Die Reduktion der Hegelschen Dialektik auf die Formel These-Antithese-Synthese impliziere einen simplen Dreischritt, der die Dynamik des Hegelschen Dialektikbegriffs völlig verkenne. Sie lege nahe, so Cross’ Kritik, dass in der Synthese etwas Neues entstehe, in dem die Gegensätze aufgelöst seien, und suggerierten, dass auf die Einheit die Differenz und dann einfach wieder eine neue Einheit folge. Dagegen bestehe die Pointe des Hegelschen Dialektikbegriffs aus Cross’ Sicht gerade darin, dass in der Synthese eine dynamische Einheit von Einheit und Differenz enthalten sei, die gerade nicht zum Stillstand oder zur im einfachen Sinne verstandenen Stetigkeit führt (DKB: 29ff). Die scharfe Trennung Kants zwischen Ding an sich und Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis werde also von Hegel – so fährt Cross in Erläuterung des Gleichnisses vom Herrn und Knecht fort – überwunden: Ein jedes Ding würde demnach durch sein Gegenteil negiert und sich somit seiner selbst bewusst; zu dem für-sich-Sein komme das an-sich-Sein hinzu, das zum an-und-für-sich-Sein führe (DKB: 29). Zusammenfassend kann Cross also sagen, dass Dialektik bei Hegel eine Methode ist, die der Wahrheitsfindung dient, indem sie die Widersprüchlichkeiten der Dinge in ein enges Verhältnis zueinander setzt. Die Widerspruchspole führten somit durch ihr Gegenteil (hindurch) in die Nähe der Wahrheit, wobei sie nicht gänzlich eliminiert, sondern im dreifachen Sinne des Begriffs Aufhebung – negatio, conservatio und elevatio – in Bewegung gebracht werden. Diese Bewegung sei sowohl im erkenntnistheoretischen als auch im ontologischen Sinne zu verstehen, zumal die Wahrheitsfindung stets in der Geschichte stattfinde (DKB: 31). Damit liegt das Augenmerk in der Hegelrezeption Cross’ auf der Bewegung, die jenseits einer simplen triadischen Formel beide Momente des Gegensatzes beibehält (DKB: 22 – 32). 4.3.3. Dialektik bei Kierkegaard nach Cross Obwohl sich die spätere Dialektik Barths Cross’ Ergebnissen zufolge wieder in die Nähe Hegels bewege, bezeichnet er Hegel in dieser Hinsicht lediglich als »›grandfather‹ of Barth’s dialectic« (DKB: 24), während er in Kierkegaards Dialektik die direkte Vorläuferin von Barths dialektischer Methode sieht. Cross’

Dialektik als Denkform des Erfahrungsbegriffs von Cross

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Darstellung des Dialektikbegriffs von Kierkegaard erfolgt an drei Topoi. Nach einer knappen Besprechung von Kierkegaards grundsätzlicher Kritik an Hegel (I,4.3.3.1.) erörtert Cross den Paradoxonbegriff Kierkegaards (I,4.3.3.2.), der zur Dialektikmethode Kierkegaards überleitet (I,4.3.3.3.). 4.3.3.1. Kierkegaards Reaktion auf Hegel nach Cross Die Reaktion Kierkegaards auf die Hegelsche Philosophie und deren Dialektikbegriff bestehe Cross zufolge in einer Kritik an der zugrunde liegenden Identität von Erkenntnis und Sein. Kierkegaard bestreite, dass das Rationale ontische Qualität besitzt, und werfe Hegel vor, seine Philosophie sei abgehobene Spekulation, die an der eigentlichen menschlichen Existenz gänzlich vorbeigehe. Anhand von Kierkegaards Polemik, wonach Hegel ein Luftschloss gebaut habe, selbst aber in eine Hundehütte gezogen sei, weist Cross die Stoßrichtung dieser Kritik auf (DKB: 32 f). Unabhängig davon, inwiefern Kierkegaards Aussagen Hegels Philosophie gerecht werden, richte sich seine Kritik nicht nur gegen Hegel, sondern auch gegen das aus seiner Sicht lebensfremde und daher leblose Christentum seiner Zeit. Kierkegaards Philosophie stelle somit den Versuch dar, eine Philosophie zu konzipieren, die die konkrete Existenz (darin ließen sich auch Konvergenzen zu den Anliegen der sogenannten Linkshegelianer finden), ebenso wie die Handlungsdimension und die Innerlichkeit des einzelnen Menschen einbeziehe. Dieser Fokus auf die Existenz sei der Grund, weshalb Gegensätze, in Kierkegaards Denken niemals zu einer positiven Synthese gelangten. Anders ausgedrückt: Kierkegaards Dialektikbegriff, der Hegels teleologischer Geschichtsphilosophie eine Absage erteile, laufe nicht auf das Werden hinaus, das aus der gegenseitigen Transzendierung des Sein und des Nichts hervorgehe, sondern versuche das Scheitern an den Aporien und Leiden der menschlichen Existenz ernst zu nehmen, ohne diese zu beschönigen (DKB: 32 – 34). Dies erläutert Cross am Begriff des Paradoxon, den es unbedingt vom Begriff Dialektik zu unterscheiden gelte, obwohl er eng mit Dialektik verwandt sei. 4.3.3.2. Kierkegaards Paradoxonbegriff: sokratisches versus absolutes Paradoxon In Anlehnung an Klaas Schilder stellt Cross fest, dass sich mit Kierkegaard die »jahrhundertlang[e]« (DKB: 33) Bedeutung des Paradoxonbegriffs gewandelt habe. Wie diese Bedeutungswandlung adäquat beschrieben werden könne, sei in der Forschung hochumstritten. Laut Cross ließen sich zwei wichtige Hauptpositionen in dieser Kontroverse, an der Frage abbilden, ob bzw. inwiefern Kierkegaards Paradoxonbegriff eine Bedeutungsverschiebung von »incitamen-

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

tum intellectus« zu »sacrificium intellectus« (DKB: 36) vollziehe.82 Es gelte zu klären, ob Kierkegaard die Aufopferung (sacrificium) des Intellekts bzw. des Denkens fordere, oder im Gegenteil dazu gerade zum Denken auffordere (incitamentum). Die Beantwortung dieser Frage ist für den Paradoxonbegriff, der die dialektische Denkform von Cross’ Erfahrungsbegriff darstellt, von zentraler Bedeutung. Für Cross stellt Kierkegaard Paradoxonbegriff keine Aufopferung des Denkens, sondern einen Ansporn bzw. eine Aufforderung dar. Um nachzuvollziehen auf welchem Weg er zu dieser Auffassung gelangt, sind einige Begriffsklärungen und Unterscheidungen erforderlich. Zunächst gelte es, den Kierkegaardschen Paradoxonbegriff als Terminus technicus, im Sinne eines logischen Paradoxons, vom umgangssprachlichen Gebrauch zu unterschieden. Während paradox in seiner alltäglichen Bedeutung etwas Unerwartetes oder Unwahrscheinliches beschreibe, bezeichne das logische Paradoxon eine propositionale Struktur, die aus zwei gegen den Satz des Widerspruchs verstoßende Einheiten bestehe (DKB: 35). Das logische Paradoxon könne sodann zwei Formen annehmen, die Kierkegaard einerseits sokratisches Paradoxon und andererseits absolutes Paradoxon nennt. Das sokratische Paradoxon (bei Kierkegaard im Zusammenhang mit Religiosität A genannt) gehe davon aus, dass ewige Wahrheit an sich (lies sämtliche Aussagen, die das Menschliche übersteigen) nicht als paradox verstanden wird, sondern ihre Paradoxie lediglich dadurch erhalte, dass sie mit dem Geschöpflichen in Verbindung trete. Die Erläuterung erfolgt an einem Zitat aus Kierkegaards Unwissenschaftlicher Nachschrift: »›[I]f there is immortality…‹ This shows an objective uncertainty (the ›if‹) connected with subjective certainty (truth) for Socrates.« (DKB: 36, Hervorhebung original) Bei dem sokratischen Paradoxon sei die Widersprüchlichkeit nicht an sich, sondern nur im Zusammenhang mit dem Geschöpflichen eine Widersprüchlichkeit. Nur für menschliche Wesen, also als subjektive Wahrheit, sei Unsterblichkeit widersprüchlich, weil Menschen per definitionem sterblich sind. In Bezug auf Götter sei Unsterblichkeit aber denkbar uns somit als objektive Wahrheit hinnehmbar. Das Vorzeichen if weise auf eben diese Unterscheidung hin. Denn im Modus des Eventualis, könne problemlos von Unsterblichkeit gesprochen werden. Demnach sei Unsterblichkeit an sich nicht widersprüchlich und könne unter sorgfältigem Abwägen der Konsequenzen, akzeptiert werden (DKB: 36 f). Anders verhalte es sich aber, so Cross weiter, hinsichtlich des absoluten Paradoxon. Hier gehe es um Aussagen, die schon an sich – und in Verbindung mit allem, was denkbar ist – widersprüchlich seien. Als Beispiel dient hier der Satz: Jesus ist als fleischgewordener Gott und wahrer Mensch zugleich geboren worden. 82 Das hängt unter anderem auch damit zusammen ob, Kierkegaard eher als Philosoph oder als Theologe wahrgenommen wird.

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Dies sei kein Satz, der in Bezug auf denjenigen der ihn als Wahrheit glauben bzw. als Gewissheit annehmen soll (also in Bezug auf menschliche Wirklichkeit) Widersprüche hervorrufe. Es sei auch keine Aussage, die durch einen Eventualis als subjektive Wahrheit akzeptiert werden könne. Mit andern Worten, ein absolutes Paradoxon bezeichne einen Satz, für den gilt: »The content of the truth itself is paradoxical.« (DKB: 37) Bei dem absoluten Paradoxon handle es sich folglich um eine Absurdität. Ein Festhalten an dieser Art von paradoxer Wahrheit sei demnach nur kraft des Absurden möglich. Die für Cross wichtige Frage ist nun, ob Kierkegaard den Glauben bzw. das Festhalten an dieser Wahrheit, das nur kraft des Absurden möglich sei, als sacrificium intellectus begreife, oder ob dieses credo quia absurdum ein incitamentum intellectus, einen Ansporn zum Denken, darstelle. Es ist bereits gesagt worden, dass nach Cross diese Frage mit der Bejahung von letzterem beantwortet. Allerdings könne bei dem Satz Jesus ist als fleischgewordener Gott und wahrer Mensch zugleich geboren worden nur insofern von einem Ansporn zum Nachdenken gesprochen werden, und nur dann dieser Satz als ewige Wahrheit (lies: Gewissheit die das Undenkbare betrifft), die nicht die Aufgabe des eigenen Denkens erfordert, akzeptiert werden, wenn er in seiner ganzen Absurdität angenommen werde (Religiosität B). Ein absolutes Paradoxon als Aufforderung bzw. Ansporn zum Denken aufzufassen bedeutet also, den absurden Inhalt des absoluten Paradoxons als Absurdes zu erkennen und sich davon irritieren zu lassen.83 Diese Art von Glauben (lies: Festhalten an etwas, was an sich undenkbar ist), den Kierkegaard auch als Religiosität B bezeichnen könne, habe aber auch eine existenzielle Seite. Cross legt Wert darauf, bei der Rede von Glaubenssätzen im Sinne von absoluten Paradoxa, auf die Leidenschaft hinzuweisen, die damit einhergehe: »[The] passion of faith allows one to believe against understanding« (DKB: 39). Es scheine als habe der Mensch in seiner existenziellen Erfahrung (besonders angesichts des Schmerzes, Leids etc.), einen Drang zur Auseinandersetzung mit der Absurdität des Absurden. Cross zufolge sei dies aber keine blinde Leidenschaft, weil der Mensch nach Kierkegaard überhaupt nicht in der Lage sei, gänzlich gegen das Postulat der Widerspruchslosigkeit zu denken bzw. zu glauben und/oder zu handeln (DKB: 39). Die Widerspruchslosigkeit des Widersprüchlichen (bzw. die Rationalität des Absurden im Sinne einer religiösen Vernunft) bestehe in einer bewussten und durchaus vernünftigen Selbstbeschränkung des Glaubenden. Vor dem absoluten Paradoxon müsse der Kierkegaardsche Glaubende in einer Selbstbeschränkung zugeben, dass er nicht 83 Wie sich später zeigen wird, ist für Cross dieser Aspekt insofern wichtig, als er apologetisch gegen Vorwürfe, die der Pfingstbewegung schwärmerische Irrationalität vorwerfen, eingesetzt werden kann (siehe I,3.6.2.).

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

in der Lage sei, das Wie des Paradoxon anhand einer Definition oder eines propositionalen Satzes widerspruchsfrei zu erklären. Der Glaubende sei allerdings in der Lage, das Dass der Widersprüchlichkeit in völliger Klarheit über dessen Absurdität als kontingentes Ereignis zu akzeptieren. Aus dieser erkenntnistheoretischen Begründung folge – so Cross – ein weiterer Argumentationsgang: Sofern sich der Mensch auf dieses Dass der Widersprüchlichkeit einlasse, weise dieselbe Widersprüchlichkeit ihrerseits den Glaubenden auf seine eigene grundsätzliche und konstituierende Widersprüchlichkeit hin, die wiederum, in seinem hybriden Anspruch auf Widerspruchlosigkeit bestehe (lies: seinem Anspruch auf Selbstgenügsamkeit und Unabhängigkeit von seinem Schöpfer bzw. ein Drang danach selbst Gott zu sein). Zusammenfassend ließe sich Cross’ Interpretation von Kierkegaards Argument wie folgt formulieren: Der Glaube an das Absurde (trotz und gerade auf Grund der Widersprüchlichkeit) ermögliche dem Menschen eine Akzeptanz seiner eigenen paradoxen Konstitution, die in dem absurden Anspruch bestehe, Gott widerspruchslos verstehen zu wollen (und damit selbst Gott zu sein). Laut Cross habe das absolute Paradoxon bei Kierkegaard demnach eine performative Dimension: Sie zeige kraft des Absurden bzw. qua Widersprüchlichkeit, dass Mensch und Gott qualitativ voneinander unterschieden sind. Die einfache Feststellung dieses unendlichen qualitativen Unterschieds sage laut Cross allerdings etwas über Gott aus, was höchst widersprüchlich ist, wenn die Differenz zwischen Geschöpf und Schöpfer ernst genommen werden sollen. Daher könne diese Wahrheit nur im Zuge einer paradoxen Bewegung hervortreten. Im Umkehrschluss hieße dies, dass eine propositionale Aussage über Gott, als von dieser Bewegung losgelöste (ab-solute) Feststellung, die Form eines absoluten Paradoxon haben muss (DKB: 35 – 41). 4.3.3.3. Kierkegaards Dialektik nach Cross Kierkegaards dialektische Methode gehe Cross zufolge von dem absoluten Paradoxon aus und entwickle, wie im vorigen Abschnitt vorgeführt, eine indirekte Vorgehensweise. Durch diese Methode sei es möglich, anhand einer dezidierten Betonung des Widersprüchlichen auf »destructive« (DKB: 43) Weise das zu zeigen – besser noch hervortreten zu lassen –, was nicht mit den Mitteln propositionaler Sprache gesagt werden könne, weil die Aussage sonst ihrem Kontext entrissen und dadurch unwahr (lies: unsachgemäß) oder aber absolut paradox würde. Nur aus der erläuterten Bewegung des absoluten Paradoxon heraus könne eine adäquate Rede von Gott gelingen, weil der notwendige Kontext nicht gleichzeitig in der Sprache abgebildet werden könne. Eine Feststellung, die Gott betrifft, sei daher – angesichts der genannten Kontextlosigkeit – immer defizitär und daher falsch oder aber absolut paradox. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass Cross die Kierkegaardsche

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Dialektik als umschlungenen, mühsamen methodischen Weg versteht, der – ausgehend vom absoluten Paradoxon – durch die negative Konstruktion der »impossible reconciliation« (DKB: 42) eine unaussprechliche Lücke (das Paradoxon der Menschlichen Existenz, die Sünde, aber auch die Andersartigkeit Gottes und seine unendliche Liebe) zeigt bzw. zum Vorschein kommen lässt. Dadurch reagiere Kierkegaards Dialektikbegriff sowohl auf Hegel und dessen telos eine versöhnende Synthese zu schaffen, als auch auf Kant, dessen Methode lediglich das Ziel hatte, auf der logischen Ebene den Nachweis einer Antinomie zu erbringen (DKB: 41 – 43). 4.3.4. Vorläufiger Ertrag für den Erfahrungsbegriff von Cross Was bedeutet dies für den Erfahrungsbegriff von Terry Cross? Ein ähnliche Kritik an lebensfernem bzw. leblosem Christentum und einer »dull and lifeless« (DHE: 8) Theologie, wie er bei Kierkegaard thematisiert wurde (siehe 4.3.3.1.), findet sich auch bei Cross, weshalb die Dimension der Erfahrung, die für ihn eine bisher vernachlässigte Dimension menschlicher Existenz darstellt, seine Theologie bestimmen soll (DHE: 3 – 10). Die für Cross’ Erfahrungstheologie wichtigen Topoi, wie Leidenschaft und scheinbare Irrationalität bzw. Absurdität des christlichen Glaubens an den unmittelbar erfahrbaren trinitarischen Gott (siehe I,4.3.3.2.), sind bereits angeklungen und werden später noch ausführlicher thematisiert. Als vorläufiger erkenntnistheoretischer Ertrag soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass es dieser Paradoxonbegriff ist, der eine Beibehaltung des unendlichen qualitativen Unterschieds zwischen Gott und Mensch, bei gleichzeitiger Affirmation einer real-ontischen Partizipation an der Intimität der perichoretischen Trinität, möglich macht. Auf diese Weise setzt Cross auch die anderen sich logisch widersprechende Komponenten, die seinen Erfahrungsbegriff konstituieren, in ein Verhältnis. Allerdings möchte Cross’ Theologie sich nicht darauf beschränken, lediglich Widersprüche aufzuweisen und damit »destructive« (DKB: 40) Gedankengänge wiederholen, die in mühevoller Weise das Unversöhnte so zusammendenken, dass es nicht als propositionale Aussage, sondern lediglich als Performanz zum Vorschein kommt. Im Gegenteil: Seine Erfahrungstheologie ist positiv-assertorisch, weshalb sie auch als Ekklesiologie, einer der am wenigsten spekulativen Loci der Dogmatik, ihre Anwendung findet. Mit anderen Worten: Cross Erfahrungstheologie verbleibt nicht in einem dekonstruktiven Grundton, sondern trifft Aussagen über Gott und dessen Beziehung zum Menschen (beachte die Reihenfolge). Es scheint, als changiere die Dialektik von Cross’ Erfahrungstheologie daher zwischen dem, was bisher als Kierkegaards Paradoxonbegriff und dem, was als positiv-assertorischen Stoßrichtung der Hegelschen Dialektik rekonstruiert worden ist. Einerseits verwehrt sich Cross gegen Spekulation und gegen eine gänzliche historisch-

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

immanente Auflösung der Gegensätze, im Sinne seiner Interpretation der Hegelschen Dialektik. Andererseits erhebt er aber deutlich den Anspruch, den Dialektikbegriff Kierkegaards mit einem positiven Vorzeichen zu versehen und sie methodisch in den Dienst der Dogmatik zu stellen und dabei auch noch von real-ontischer Partizipation zu sprechen. Im nächsten Arbeitsschritt soll nun Cross’ Rezeption von Barths dialektischer Methode vor dem Hintergrund der erarbeiteten Ergebnisse rekonstruiert werden. Folgende Leitfragen sind dabei hilfreich: Worin sieht Cross das Charakteristische der Barthschen Dialektik? Wie zeichnet Cross die behauptete Akzentverschiebung der dialektischen Methode Barths nach? Wie lässt sich diese im Kontext von Cross’ philosophiegeschichtlichem Abriss des Dialektikbegriffs (besonders innerhalb der Vektoren Hegel und Kierkegaard) verorten? Übernimmt Cross die erkenntnistheoretischen und methodischen Grundzüge der Dialektik Barths oder versucht er, diese kritisch weiterzudenken?

4.4.

Dialektik bei Barth nach Cross

Die These von Cross’ Dissertation besagt, dass sich Barth niemals von der dialektischen Methode abgewandt habe. Allerdings finde eine Akzentverschiebung von einer ontischen Dialektik (Realdialektik) zu einer noetischen Dialektik (Erkenntnisdialektik) statt, die es Barth ermögliche, die dialektische Methode gleichzeitig und gleichrangig neben der Analogiemethode (Analogia Fidei) zum Einsatz zu bringen. Da es bei der vorliegenden Fragestellung um die erkenntnistheoretischen Figuren der dialektischen Methode Barths und nicht um eine Analyse von Barths Werdegang geht, muss der folgende Arbeitsschritt auf eine Diskussion des genauen Kontexts der Rekonfiguration von Barths dialektischer Methode verzichten, obgleich der identitätspolitische Diskurs eine nicht überschätzbare Dimension im Denken Barths darstellt (Dannemann 1977). Die folgenden Abschnitte werden sich daher darauf beschränken, zunächst die beiden Kategorien Realdialektik und Erkenntnisdialektik zu besprechen (siehe I,4.4.1) und diese beiden Kategorien dann zwischen Hegel und Kierkegaard verorten (siehe I,4.4.2.) 4.4.1. Realdialektik und Erkenntnisdialektik Nicht erst 1931 mit der Entstehung seines Anselmbuchs (Fides quaerens intellectum), sondern bereits ab seiner stärkeren Hinwendung zu Dogmatischen Themen im engeren Sinne zeige sich laut Cross in Barths Schriften eine methodische Schwerpunktverlagerung. Diese bestehe allerdings nicht in einer Ersetzung der Dialektik durch Analogie (wie sie im Prinzip von Balthasar, ge-

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wissermaßen aber auch noch Jüngel beschrieben haben), sondern in einem rückläufigen Auftreten einer Realdialektik zu Gunsten einer Erkenntnisdialektik. Die Verwendung dieser beiden Bezeichnungen, die sowohl für Cross’ These als auch für seine Erfahrungstheologie grundlegend sind, erfolgt in maßgeblicher Anlehnung an die Hallenser Habilitationsschrift von Michael Beintker (DKB: 201 – 212).84 Cross schließt sich an Beintkers Urteil an, wonach der Mangel einer solchen Unterscheidung in der Barthforschung für die Unklarheit verantwortlich sei, die im Hinblick auf Barths Dialektikbegriff vorherrscht – obgleich Beintker nicht leugnen könne, dass Barth selbst auch keine begriffliche Unterscheidung vorgenommen habe (DKB: 87, besonders Anm. 159). 4.4.1.1. Realdialektik: ontische Dialektik Die Methode der ontischen Dialektik, die Cross mit Beintker auch als »Realdialektik« (DKB: 87) bezeichnen kann, charakterisiert Cross auf zweifache Weise85 : zum einen durch ihre ausschließlich negative Stoßrichtung und zum zweiten durch ihren zugrunde liegenden ontischen86 Sachverhalt, dass Gott totaliter aliter ist (DKB: 7.87.154). »There is a dialectic that exists in reality itself« (DKB: 87), die Grund und Gegenstand der realdialektischen Methode sei. Es sei diese »innere Dialektik der Sache« (Beintker zitiert in DKB: 87), die diese ontische Dialektik als Methode erforderlich mache und sie qualifiziere. Obwohl in der ersten Auflage des Römerbriefs bereits tonangebend, sei diese Methode jedoch erst in Barths Römerbrief II als konsequentes Denkprinzip nachweisbar, worin auch der große Unterschied der beiden Fassungen liege. 84 Cross thematisiert auch andere Konzepte von Dialektik in Barths Werk, z. B. dessen Ausdruck »reale Dialektik des Lebens« (DKB: 89), oder aber Konzepte von Dialektik, die dazu verhelfen Barths Entwicklung besser zu verstehen, etwa die von Henning Schröer vorgeschlagenen Bezeichnungen supplementäre Dialektik und komplementäre Dialektik (DKB: 89). Auf diese Kategorien kann allerdings für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit nach der Konzeptualisierung des Erfahrungsbegriffs bei Cross verzichtet werden, wenn die beiden wichtigsten Kategorien Realdialektik und Erkenntnisdialektik verstanden worden sind. Cross stellt auch fest, dass Henri Bouillard bereits 1951 verschiedene »styles of dialectic« (DKB: 90) bei Barth – allerdings auf dessen frühe Phase beschränkt – beobachtet habe. Cross zufolge entspreche Beintkers Unterscheidung von Real- und Erkenntnisdialektik in etwa Bouillards »processus transcendant« und »m¦thode th¦ologique« (DKB: 90, Anm. 171). 85 Hier wird deutlich, worin der Ertrag der ausführlichen Diskussion zum Dialektikbegriffs bei Kierkegaard (siehe I,4.3.3.) liegt: Dem systematischen Vorteil, der darin besteht, dass die grundlegenden Kategorien bereits eingeführt wurden, entspricht die genealogische Beobachtung, dass Cross bei Barth vor seiner intensiven Beschäftigung mit Kierkegaard (also vor »Barth’s break with modern theology«, DKB: 60 – 64) keine Realdialektik als fassbares methodisches Prinzip nachweisen kann (DKB: 61). 86 Eine Unterscheidung zwischen ontisch und ontologisch nimmt Cross hier nach eigenen Angaben nicht vor: »I am not attempting to enter a debate over the word (e. g. Heidegger’s differentiation between ontic and ontological). I am using it to mean ›real‹ dialectic, that is, one that exists in reality.« (DKB: 154, Anm. 78)

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Barths realdialektisches Vorgehen bestehe in einem »torturous cycle« (DKB: 86), einer qualvollen Spirale, die ständig vom Ja zum Nein, vom Tod zum Leben, von der Offenbarung zur Verhüllung führe (DKB: 86). Anders als es bei der Hegelschen Dialektik der Fall sei, münde diese Methode, bei der sämtliche Paradoxa ständig zusammengedacht werden, nicht in eine Synthese. Im Sinne der Kierkegaardschen Dialektik verfolge diese Denkform vielmehr das negative Ziel, sämtliche Aussagen, die Gott vereinnahmen und ihn auf bestimmte positive propositionale Sätze festlegen, zu destruieren. Über Gott, so der ontische Aspekt, der Grund und Gegenstand dieser Methode, vermöge der Mensch nicht in angemessener Weise zu reden – versuche er es dennoch, werde er mit der Tatsache konfrontiert, dass Gott ihm alle seine Konzepte und Begriffe zunichtemache. Aus diesem Grund könne die realdialektische Methode laut Cross auch nur indirekt auf Gott zeigen, indem sie qua Kierkegaardsches Paradoxon die Kontexte sämtlicher Aporien umreiße und den Menschen immer wieder neu in die Krisis führe. In der Realdialektik entspreche die Form der theologischen Reflexion somit dem Inhalt der theologischen Reflexion. Alle Gedankengänge liefen darauf hinaus, Gottes Entrücktsein, qua radikales Anderssein, zu beschreiben (DKB: 7.86 – 94). Die ontische Dialektik betone somit die Distanz zwischen Gott und Mensch und stehe in enger Verbindung mt, wenn nicht gar im Dienst der Barthschen Religionskritik. 4.4.1.2. Erkenntnisdialektik: noetische Dialektik Von der Realdialektik ist die noetische Dialektik, auch Erkenntnisdialektik genannt, zu unterscheiden. Bevor diese im Vergleich zur Realdialektik erläutert werden kann, sind allerdings eine genealogische Orientierung und ein Exkurs zu Barths analogia fidei hilfreich. 4.4.1.2.1. Genealogische Orientierung Im Gebrauch der Realdialektik, also jener »destructive« (DKB: 43) Methode, die die Distanz Gottes betone und sich ausgezeichnet für einer Religionskritik eigne, beobachtet Cross in Barths Arbeiten einen gewissen Rückgang zugunsten einer anderen Form von Dialektik. Bereits in den frühen 20er Jahren komme das Ringen Barths um eine Methode, die es ermögliche auch etwas Konstruktives zu sagen (DKB: 205), zum Vorschein. In Barths erstem Kompositionsversuch einer Dogmatik (1925), den Cross »the essential turn« (DKB: 205) nennen kann, finde diese konstruktive Methode einen Höhepunkt, sie sei allerdings – so Cross mit Spieckermann – auch schon im Römerbrief II nachweisbar (DKB: 5). Das heißt, dass bereits ab 1922 die Frage nach »sound[s] of grace, dogmatic possibilities« (DKB: 205), anstelle des Distanzaspekts zunehmend in den Fokus rücke. Diese Methode nennt Cross mit Beintker Erkenntnisdialektik bzw. noetische Dialektik. Wie lässt sich das Verhältnis der noetsichen Dialektik zur ontischen Dialektik

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konkret beschreiben? Nach einem knappen Exkurs zur Barthschen Kategorie der analogia fidei stellt die Beantwortung dieser Frage einfacher dar.

Exkurs IV: Barths analogia fidei Cross stellt fest, dass die noetische Dialektik zunächst an dem Grundanliegen der ontischen Dialektik festhalte und ebenfalls davon ausgehe, dass zwischen Gott und Mensch ein unendlicher qualitativer Unterschied existiere, weshalb der Mensch keine Aussagen über Gott treffen könne. Gegen diese negative Erkenntnis führe Barth jedoch eine abermals dialektische Bewegung ins Feld, die es ermögliche, nicht bei den negativen Aussagen stehen zu bleiben. Die dialektische Bewegung gegen die Realdialektik bestehe darin, dass die radikale Analogielosigkeit durch den totaliter aliter, sprich von Gott her, aufgehoben werde, indem sich dieser zu einer paradoxen Analogie herabließe (Kondeszenz): In Jesus Christus finde der Mensch eine Analogie – wohlgemerkt eine absolut paradoxe Analogie – mit der er in eingeschränkter Weise Aussagen über Gott treffen könne. Weil diese Analogie eine besondere ist – sie besteht in dem absoluten Paradoxon, dass Gott in Jesus Christus Mensch wird und in ihm sowohl wahres Menschsein als auch wahres Gottsein gleichzeitig wahr sind –, nenne sie Barth eine Formulierung des Genfer Theologen Chamier aufgreifend analogia fidei.87 Von der scholastischen Methode der analogia entis unterscheide sie sich dadurch, dass sie nicht von einer Ähnlichkeit bei stärkerer Unähnlichkeit im Wesen der (allgemeinen) Menschheit bzw. des natürlichen (postlapsarischen) Menschen ausgehe, sondern von Jesus Christus, dem Gott-Menschen, ihren Ausgangspunkt nehme. Barths analogia fidei besage also, dass in Jesus Christus – und nur in ihm – es nun doch möglich sei, jedoch nicht ohne das Bewusstsein der radikalen Alterität und nicht ohne den Vorbehalt der Kondeszenz Gottes, Aussagen über Gott zu treffen. Der unendliche qualitative Unterschied und die daraus folgende Unmöglichkeit, als Grundanliegen der Realdialektik, würden nicht eliminiert, es werde jedoch zugleich auch die Gnade (Gottes JA) betont. Obgleich anders motiviert, impliziere auch die Erkenntnisdialektik eine Entsprechung von Form und Inhalt der Rede von Gott, diesmal allerdings nicht im Sinne der Aporie, sondern in Performanz der freilich unverfügbaren und absolut paradoxen Zuwendung Gottes zum glaubenden Menschen (vgl. DKB: 124 – 142).

87 Cross vermutet: »Perhaps the first reference in Barth’s writings to analogia fidei is found in Die Christliche Dogmatik. There it refers to usage in Scriptural texts. Barth cites a Genevan theologian named Chamier [1653] in defining it: ›Analogia fidei est argumentatio a generalibus dogmatibus, quae omnium in ecclesia docendorum continent.‹« (DKB: 138)

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

4.4.1.2.2. Erkenntnisdialektik im Unterschied zu Realdialektik Im Unterschied zur ontischen Dialektik gehe die noetische Dialektik somit von einer Kondeszenz Gottes aus, die zu einer Korrespondenz bzw. Kongruenz – freilich nicht Identität – zwischen Gott und gewissen Konzepten über Gott führe (DKB: 125). Die Unmöglichkeit der Rede von Gott werde also von Barth, im Verständnis Cross’, auf Grund der Forderung Gottes (im Sinne seines indikativischen Imperativs) weitergedacht. Das JA und NEIN werde in das JA aufgehoben, weil Gottes JA sola gratia stärker als sein NEIN sei (DKB: 195 f). Die Erkenntnisdialektik »coordinates« (DKB: 208) laut Cross das, was unfassbar ist, und stehe im Dienst der Offenbarung, von der aus sie Legitimation und Irritation zugleich erfahre. Neben dieser Zielgerichtetheit, die darin bestehe, dass die noetische Dialektik der Offenbarung diene, stelle der Ausgangspunkt für Cross ein wesentliches Moment dar. Wie bereits in der Besprechung der analogia fidei erläutert, könne die Erkenntnisdialektik nur von Gott her bzw. von Gott ausgehend funktionieren (DKB: 209 – 211): »Order, here, is the important concept.« (DKB: 208, Anm. 41) Diese »more positive – more constructive« (DKB: 205) Methode münde aber keineswegs in eine triumphalistische Absolutsetzung der eigenen dogmatischen Konzepte. Bei allem konstruktiven und positiven Potential, der der noetischen Dialektik anhaftet – wenn Gott qua analogia fidei als Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott (dogmatisch: Zweinaturenlehre), affirmiert wird, besitze sie auch eine negative Stoßrichtung, die Cross als »limiting function« (DKB: 206) bezeichnet. Es sei der Inhalt der Aussagen selbst, der – obgleich erkenntnisdialektisch assertorisch und konstruktiv formuliert – die Negation als Stachel im Fleisch weiter trage. Denn der Inhalt der Aussagen müsse durch das absolute Paradoxon Jesus Christus hindurch, das dogmatisch nicht undialektisch gedacht werden könne (Zweinaturenlehre). Der Grund dafür liege in der Sündhaftigkeit des Menschen, die zur unausweichlichen Fragmentierung der menschlichen Sprache führe – weshalb »only God can speak the one undialecital word« (DKB: 206). Weil sie diese theologische Tatsache ernstnimmt, rücke die Erkenntnisdialektik laut Cross also nicht vom Hauptanliegen der Realdialektik ab, kehre es aber auf abermals dialektische Weise um und stelle somit die Kontinuität zwischen Erkenntnisdialektik und Realdialektik (ergo die methodische Kontinuität zwischen der Methode des frühen Barth und seinem Spätwerk) trotz Akzentverschiebung dar (DKB: 204 – 212). Zusammenfassend spricht Cross also von einer positiven und negativen, d. h. einer befördernden (helping) und einer beschränkenden (limiting) Seite der erkenntnisdialektischen Methode: »Dialectical thought therefore is not only helpful in the discussion of the Word of God, but it is also necessary since humans are conditioned by sin and cannot offer […] but broken words.« (DKB: 146, Hervorhebung GM)

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4.4.2. Zusammenfassung: Barths dialectica fidei als dialektische Methode zwischen Hegel und Kierkegaard Die These von Cross’ Dissertation besagt, dass sich Barth niemals von der dialektischen Methode abgewandt habe. Allerdings finde laut Cross eine Akzentverschiebung statt, die es Barth ermögliche, die dialektische Methode gleichzeitig und gleichrangig neben der Analogiemethode (analogia fidei) zum Einsatz zu bringen. Hierfür kann Cross das Bild einer Tür verwenden, die an zwei Scharnieren bzw. Türangeln hängt. In diesem Bild entspricht die Gnadenbotschaft von Jesus Christus, das Wort Gottes, die Barth in kritisch reflektierter und wissenschaftlich-theologisch verantwortbarer Weise dogmatisch entfalten will, der Tür, während die analogia fidei und noetische Dialektik die beiden Türangeln darstellen. Als weitere Veranschaulichung zieht Cross das Bild einer automatischen Schiebetür heran, in dem die mechanischen Öffner der Analogiemethode entsprechen, die von einem elektrischen Kontrollsensor, dem die dialektischen Methode entspricht, gesteuert werden (DKB: 208ff).88 Diese »special dialectic« (DKB: 204ff) stelle für Barth, so das Fazit Cross’, ein methodisches Instrument dar, das es ihm ermögliche, assertorische Aussagen über Gott zu machen, ohne vom komplexen ontologischen, anthropologischen und theologischen Geflecht seiner Kierkegaardrezeption, das sich in Barths Dialektikbegriff niederschlage, abzurücken. Der grundsätzlich kritische und existenzielle Zug werde laut Cross bis zum Schluss beibehalten, obgleich sich Barth von Kierkegaards Konzentration auf die Innerlichkeit distanziere und seine Kategorie des Einzelnen nicht im individualistischen Sinne auffasse, sondern auf Jesus Christus, den wahren Menschen übertrage. In dieser Übertragung auf Jesus Christus liege das »corrective – a negative moment which eliminates human primacy in place of God’s primacy«, durch das es möglich werde, den Akzent in theologisch verantwortbarer Weise von Realdialektik auf Erkenntnisdialektik (assertorische Aussagen) zu verschieben (DKB: 201 – 202). Diese Akzentverschiebung verdanke sich dem Synthesekonzept Hegels, das eine zielgerichtete Einheit von Einheit und Differenz ermögliche. Allerdings modifiziere Barth Hegels Konzept, weil die »identity-in-difference« (DKB: 202, Hervorhebung GM) in Barths Dialektik nicht in einer immanenthistorischen, sondern eschatologischen Synthese aufgehoben werde (DKB: 90), durch die Barth seine an Kierkegaard angelehnte Realdialektik dialektisch reflektieren und theologisch rekonfigurieren könne (DKB: 201 – 210).

88 Eine weitere Metapher entnimmt Cross aus der Philharmonie, wenn er Dialektik und Analogie als die Instrumente bezeichnet auf denen die Symphonie der Gnade (»the melody of Barth’s theology is grace revealed in Jesus Christ«, DKB: 211) in unterschiedlichen Themen gespielt wird (DKB: 8.211 f).

90 4.5.

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Übertragung: Cross’ dialectica experientiae Spiritus Sancti in Anlehnung an Barths dialectica fidei zwischen Hegel und Kierkegaard

Die erste Rekonstruktion der Komponenten, die den Erfahrungsbegriff von Cross konstituieren – Offenbarungscharakter ; persönlich-relationale, unvermittelt und Geist-liche, partizipatorische und transformative, holistische und narrative und reflektierbare Dimension – hat auf einige Momente verweisen müssen, die sich zunächst kontradiktorisch gegenüber stehen. Es stellt sich die Frage, ob Cross’ Erfahrungsbegriff hierbei ein sacrificium intellectus erfordert, das unter dem Deckmantel der Dialektik als methodisch ausgewiesen wird, oder ob diese Dialektik als besondere Dialektik durchsichtig und nachvollziehbar gemacht werden kann. Cross’ starke Orientierung an Barth ist in der vorliegenden Arbeit immer wieder deutlich geworden. Nach dieser sorgfältigen Rekonstruktion des Barthschen Dialektikbegriffs, unter besonderer Beachtung von Hegel und Kierkegaard, stellt sich nun die spezifische Aufgabe, herauszufinden, inwiefern Cross diese dialectica fidei (DKB: 208) als Methode für die Synchronisierung der unterschiedlichen (teils widersprüchlichen) Komponenten seines Erfahrungsbegriffs übernimmt und wo er eigene Wege geht. Wichtigste Spuren sind bereits im Anschluss an die Interpretation von Hegels und Kierkegaards Dialektikbegriff im Abschnitt Vorläufiger Ertrag für den Erfahrungsbegriff von Terry Cross (siehe. I,4.3.4.) gelegt worden. Diese sollen nun aufgenommen und weitergeführt werden. Cross definiert Erfahrung als Unmittelbarkeit, die ihren Ort als Partizipation und Transformation in der Intimität der perichoretischen Trinität habe und durch den Geist Gottes gewirkt sei. Diese provokante Aussage soll nun strukturell (als assertorische Synthese, nicht inhaltlich) im Sinne der Barthschen Erkenntnisdialektik verstanden werden. Das Paradoxon der Unmittelbarkeit Gottes im Menschen werde nur über eine dialektische Bewegung möglich, die darin bestehe, dass der Geist Gottes den Menschen in die Unmittelbarkeit Gottes erhebe bzw. aufhebe. Auf diese Weise kann Cross auch von einer realen Partizipation sprechen, ohne dass der Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf aufgehoben würde. Bei Karl Barths erkenntnistheoretisch gesteuerter analogia fidei erfolgt die Synthese, die eine Aussage über den Unaussprechlichen ermöglicht, im objektiven, für den Menschen unverfügbaren, historisch kontingenten Ereignis Jesus Christus. Gott erlaubt es dem Menschen im absoluten Paradoxon Jesus Christus das Unaussprechliche zu versprachlichen. Dem absoluten Paradoxon der Zweinaturenlehre entspricht bei Cross somit das absolute Paradoxon der Trinität und das absolute Paradoxon der Erfahrung des trinitarischen Geistes, der den Menschen zur Partizipation an Gottes Trinität erhebt: »I believe I have experienced the very nature of God.« (CAP: 39) Damit versucht Cross die analogia fidei im vollen Sinne trinitarisch (d. h.

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unter konsequenter Einbeziehung des Heiligen Geistes) weiterzudenken. Die analogia fidei, die besagt, dass Gott analogielos ist, er dem Menschen aber im kontingenten Ereignis der Inkarnation eine Analogie schenkt (Kondeszenz), wird von Cross rekonfiguriert bzw. um die kühne Behauptung der persönlichen Erfahrung ergänzt (nicht ersetzt! vgl. I,3.1.): Obgleich Gott analogielos ist, schenkt er uns im kontingenten Ereignis einer persönlich-relationalen (vgl. 3.2.), partizipatorisch-transformativen (vgl. I,3.4.) und Geist-lichen (vgl. I,3.3) Erfahrung, die uns ganzheitlich (vgl. I,3.5.) in Beschlag nimmt, eine narrativ versprachlichbare und reflektierbare (I,3.6.) Analogie.89 Diese sechs Komponenten, die nur in ihrer Summe den Erfahrungsbegriff Cross’ konstituieren und als Erfahrung Cross’ Theologiemethode charakterisieren, machten den Unterschied zwischen einer starren cerebralen Theologie und einer willkürlichen Gefühlstheologie aus. Cross’ modifizierte dialectica fidei besteht darin, dass er dem Paradoxon Jesus Christus das Paradoxon Spiritus Sanctus beiordnet und somit das Paradoxon trinitarisch und pneumatologisch (statt binitarisch und christologisch verengt) konzeptualisiert. Darum ist diese Komponente des Erfahrungsbegriffs Cross’ als erste besprochen worden. Nur so könne – hier greift Cross den existenzialistischen Impetus Kierkegaards auf – die Offenbarung Jesu Christi die Leidenschaftlichkeit des alltäglichen Lebens affizieren, ohne jedoch zu einer anthropozentrischen Theologie zu verkommen. Ohne die Dimension der Erfahrung als dialektischem Gegenpol, die zu einem theologischen Realismus im hic et nunc führt, sei Theologie – in Paraphrase von Kierkegaards Polemik – ein dogmatisches Luftschloss von Ideen, das leer stehe, während die Christen weiterhin in der Hundehütte des irdischen Elends wohnten. Das Hegelsche Moment dieser dialektischen Methode, die Cross von Barth übernimmt, um sie aber sogleich weiterzudenken, liegt in der positiven Synthese, die aber keinen simplen Dreischritt, sondern eine komplexe Bewegung darstellt, bei der sich die Gegensätze gegenseitig transzendieren. In Cross’ Synthese – die unmittelbare Partizipation, die Cross auch als Theosis bezeichnet, werde weder der Mensch noch Gott annihiliert (der qualitative Unterschied bleibt erhalten), es entstehe jedoch qua geistgewirkte Neuschöpfung eine Einheit-in-Einheit-und-Differenz, die ebenso die Freiheit beider konserviert. Die elevatio des ganzen Menschen (samt seinen Affekten, Leidenschaften etc., also nicht nur seines menschlichen Geistes), als unverfügbarer gnadenvoller Neuschöpfungsakt des Heiligen Geistes, führt aber durch die negatio seiner (d. h. des sündhaften Menschen) ganzheitlichen Existenz, weshalb Cross Partizipation 89 Die Formulierung in der ersten Person Plural, ist im Sinne Cross’ intendiert, wonach nur jemand, der vom Geist ergriffen ist, einen solchen propositionalen Satz artikulieren könne (lies: zu solch einem Bekenntnis befähigt sei).

92

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

und Transformation (im Sinne von Neuschöpfung) im selben Atemzug nennen muss. Auf der Seite Gottes finde diese Negatio in der historisch einmaligen kenotischen Inkarnation, aber auch in der andauernden Geistausgießung statt, in der Gott sich für den gefallenen Menschen im hic et nunc fassbar mache. Das dynamische Pneuma Gottes, und dieses dezidiert als erfahrbares Subjekt im hic et nunc gedacht, ist die Bewegung, die diese Synthese ermöglicht. Zugleich bleibt aber der Stachel der Unverfügbarkeit bestehen, denn das Pneuma lässt sich nicht in propositionalen Sätzen oder reproduzierbaren Erfahrungen fixieren. Somit bleibt die hier erläuterte erkenntnistheoretische Struktur die einer Bewegung, die auch von Transformation (und Heiligung etc.) nicht getrennt werden kann, weshalb diese beiden Momente bei Cross so stark sein müssen (siehe I,3.4.). Bei Barth mündet der Durchbruch zu einer konstruktiv-assertorischen Rede über Gott nach einer dialektischen Rekonfiguration der Kierkegaardschen Realdialektik im absoluten – aber assertorisch aussprechbaren – Paradoxon Jesus Christus, und bleibt somit eschatologisch transzendent. Darin unterscheidet sich Barth von Hegel, dessen Aufhebung Cross zufolge in der Immanenz stattfindet, wie folgendes Zitat zeigt: »[Dialectique] signifie toujours non seulement opposition des deux termes mais renversement, passage, mouvement du premier au second; et la dualit¦ n’est donn¦e que dans le mouvement qui r¦tablit l’unit¦ … La n¦gativit¦ n’est pas pure opposition logique, mais processus cr¦ator[sic!]. Il n’y a pas simple paradoxe, mais suppression, conservation et d¦passement, Aufhebung… Elle s’apparente, on le voit, — celle de Hegel. Mai avec une diff¦rence capital. Chez Hegel l’Aufhebung est donn¦e dans l’histoire—[sic!]… L’¦ternit¦ se trouvant immanente au temps, le mouvement dialectique a son origine et sa fin dans le devenir historique; il constitue un cercle. Chez Barth, le mouvement dialectique ne s’effectue pas dans le temps, mais entre le temps et l’¦ternit¦, que s¦pare une diff¦rence qualitative infinie. Il ne constitue pas un cercle, mais un saut.« (Bouillard zitiert in DKB: 90.171, Hervorhebung original)

Obwohl die erkenntnisdialektische Aufhebung bei Barth zwischen Zeit und Ewigkeiten stattfindet, führe die Betonung der Transzendenz bei Barth Cross zufolge jedoch faktisch zu einem Deus bzw. Christus otiosus, einem distanten und trägen Gott. Die Erfahrung hingegen betone die Immanenz dieser Aufhebung, die theologische Tatsache, dass der Unaussprechliche als derjenige, der real und immanent erfahren worden ist, versprachlicht werden könne. Daher mündet der erkenntnisdialektische Durchbruch bei Cross nicht nur in die Person Jesus Christus, sondern gleichzeitig in die Erfahrung des vergegenwärtigten Jesus Christus im hic et nunc, die mit Personalpronomina in der ersten Person Singular bezeugt werden kann. Die neben der Synthese Jesus Christus gleichbedeutende (aber nicht gleichwertige und erst recht nicht identische) Synthese der Geisterfahrung findet demnach in der Immanenz statt. Vor diesem Hintergrund scheint der pfingstlich-charismatische Denker Cross im Vergleich

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

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zu Barth weiter von Kierkegaard entfernt zu sein und Hegel deutlich näher zu stehen. Zusammenfassend lässt sich hinsichtlich der Denkform, die Cross’ Erfahrungstheologie zugrunde liegt, feststellen, dass Cross Barths erkenntnisdialektische Methode übernimmt, aber um ein wesentliches immanentes Moment und um ein wesentlich pneumatologisch-trinitarisches Moment ergänzt und somit Barths dialectica fidei durch einen erkenntnisdialektischen Zusatz zu einer dialectica experientiae90 Spiritus Sancti abwandelt.

5.

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs im Kontext von Cross’ theology of experience: vier dogmatische Topoi und drei Grundkategorien

Nach dieser methodischen Betrachtung der erkenntnisdialektischen Denkform, die Cross’ Erfahrungsbegriff zugrunde liegt, stellt sich nun die Frage, inwiefern die sechs Komponenten – Offenbarungscharakter ; persönlich-relationale, unvermittelt und Geist-lich, partizipatorische und transformative, holistische und narrative und reflektierbare Dimension –, die als Aspekte seines Erfahrungsbegriffs zusammengetragen wurden, im Kontext seiner Erfahrungstheologie systematisiert werden können. Cross’ Erfahrungsbegriff möchte nicht als »social-scientific or even philosophical« (DHE: 5), sondern als theologischer Ansatz wahrgenommen werden. Eine Diskussion seines Erfahrungsbegriffs kann also nicht ohne den deutlichen Bezug auf seinen theologischen Kontext, seine theologischen Intentionen und seine theologische Leistungsfähigkeit untersucht werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Fragen an den Erfahrungsbegriff herantragen werden, die seinem Selbstverständnis wesensfremd sind. 90 Die Genitivkonstruktion dielectica experientiae und später thelogia experientiae mag etwas befremdlich erscheinen, ist man seit Gottfried Arnold eher an den Ausdruck theologia experimentalis gewöhnt (Theologia Experimentalis, Das ist: Geistliche Erfahrungs-Lehre, Oder Erkäntniß und Erfahrung Von denen vornehmsten Stücken des Lebendigen Christenthums, Von Anfang der Bekehrung biß zur Vollendung, 1714), der als solcher in der Forschung auch auf Jonathan Edwards Theologie, in der die Erfahrung eine zentrale Rolle spielt, übertragen worden ist (Keding 2001; Nolte 1975; Schröder 1998). Durch die hier verwendete Genitivkonstruktion, in der der Genitiv sowohl subjektivisch als auch objektivisch verstanden werden kann, kommt jedoch der im Laufe der Arbeit erarbeitete umfassende Charakter des Erfahrungsbegriffs in Cross’ Theologie deutlicher zum Ausdruck, der auch sämtliche Dualismen überwinden will. Bemerkenswerterweise scheint Cross jedoch Gottfried Arnold, den »wohl wichtigsten aller Radikalpietisten« (Peters 2003) überhaupt nicht zu rezipieren – obwohl sich Cross, auf Grund der von ihm postulierten Abhängigkeit der Pfingstbewegung von der Heiligungsbewegung, explizit mit dem deutschen Pietismus auseinandersetzt. Umso deutlicher erscheint aber Cross’ Anlehnung an den Exponenten der amerikanischen Erweckungsbewegung Jonathan Edwards.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Für eine Systematik der sechs erarbeiteten Komponenten bietet sich Cross’ Aufsatz The Divine Human Encounter : Towards a Theology of Experience (Pneuma 2009b, abgekürzt DHE) am besten an. In diesem Aufsatz lotet Cross mittels vier klassischer theologischer Topoi verschiedene theologische Begründungsmöglichkeiten einer Theologie der Erfahrung aus, aus denen sich drei Kategorien91 (conditio, modus, probatio) herleiten lassen.92 Erst die Systematik der Komponenten, d. h. ihre Einordnung in diese Kategorien, ermöglicht es auf übersichtliche Weise, der Frage nach der Leistungsfähigkeit des Erfahrungsbegriffs für einen theologischen Ansatz nachzugehen. Im Folgenden sollen, nach der Ermittlung der Stoßrichtung und des Aufbaus des genannten Aufsatzes (I,5.1.), die jeweiligen Topoi einzeln besprochen werden. Dabei werden bereits wichtige Strukturen der Erfahrungstheologie von Cross deutlich werden (I,5.2.). Aus der Funktion der jeweiligen Topoi sollen dann drei Grundkategorien (conditio, modus, probatio) hergeleitet werden, durch die die zuvor erarbeiteten Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross in eine Systematik gebracht werden können, um sie dann auf ihre Leistungsfähigkeit zu befragen (I,5.3.). Eine tabellarische Übersicht wird die wichtigsten Ergebnisse des gesamten Hauptabschnitts zusammenfassen (I,5.3.4). Sowohl die rekonstruierte Rezeption von Hegels, Kierkegaards und Barths dialektischer Methode, als auch die spezielle Denkform, die als dialectica experientiae Spiritus Sancti bezeichnet worden ist, wird einen wichtigen hermeneutischen Referenzpunkt darstellen.

91 Es sei wiederholt darauf hingewiesen, dass der Begriff Kategorie hier allgemein, im Sinne von Denkstrukturen bzw. Klassifizierungsgrößen und nicht im engeren Sinne einer Kantschen Erkenntnistheorie, verwendet wird. 92 Cross gibt selbst keine Kategorien für eine Systematisierung seines Erfahrungsbegriffs an, sondern spricht von »loci« (z. B. DHE: 3.9.30). Allerdings scheint das dahinterstehende Prinzip nicht durchsichtig. Faktisch handelt es sich um vier lateinische Phrasen, die auf theologische Topoi verweisen und ineinander verschränkt sind bzw. aufeinander bezogen sind. Durch deren Erörterung gelingt es Cross, unterschiedliche Aspekte seiner Erfahrungstheologie zu besprechen, die bestimmte Gedankenstränge aus der Diskussion der vorigen Topoi weiterführen. Abgesehen von dieser gegenseitigen Verschränkung, die bei dem behandelten Gegenstand aber auch nicht ungewöhnlich ist, nennt der Text keine Methode oder Erklärung dafür, weshalb ausgerechnet diese Phrasen ausgewählt worden sind. Es ist diskutabel, inwiefern ein solcher Aufsatz bzw. diese vier Topoi, denn überhaupt dazu geeignet sind, brauchbare Kategorien zu liefern, um Cross’ Erfahrungsbegriff im Kontext seiner Erfahrungstheologie zu untersuchen. Da Cross allerdings keine besseren Anhaltspunkte für einen systematischen und operationalisierbaren Nachvollzug seines Erfahrungsbegriffs bietet, scheint dieser Weg trotz allem am sichersten, um Kategorien zu eruieren, die aus Cross’ Denken selbst extrapoliert werden, nicht zuletzt, weil es sich hierbei um den neusten Aufsatz handelt, der dezidiert mit dem Programm auftritt eine Theology of Experience grundzulegen, die einen systematisch-theologischen Anspruch erhebt.

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

5.1.

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»Towards a Theology of Experience«: These und Struktur

Zunächst sollen die These und der Aufbau des Aufsatzes skizziert werden. 5.1.1. »Divine Human Encounter«: Anliegen und These Die Frage nach den Bedingungen und Begründungsmöglichkeiten einer Theologie der Erfahrung ist das Thema, dem sich DHE hinwendet. Diese Frage möchte Cross nicht im spekulativen Raum erörtern, sondern aus einem dogmatischen bzw. dogmengeschichtlichen Blickwinkel behandeln (DHE: 5). Anders als es der Titel vielleicht suggeriert, ist der Text The Divine Human Encounter. Towards a Theology of Experience (Pneuma 2009b, abgekürzt DHE) weniger die Zusammenfassung eines größeren Entwurfs, sondern eine erste systematisch-theologische Grundlegung (»preliminary remarks«, DHE: 3) einer Erfahrungstheologie, die im wesentlichen von einer Unmittelbarkeit Gottes durch den Heiligen Geist ausgeht. Anhand von vier lateinischen Phrasen, die klassische Topoi der Dogmatik bezeichnen, untersucht Cross, wie sich die protestantische Theologie bisher zur Frage nach der Erfahrung als Unmittelbarkeit verhalten habe. Die erkenntnisleitenden Fragen sind dabei: Welche Theologen haben Erfahrung thematisiert? In welchen Zusammenhängen hat dies, dogmengeschichtlich betrachtet, stattgefunden? Welche theologische Stärken und Schwächen hatte dies zur Folge? Der Aufsatz vertritt die These, dass sich selbst bei klassischen Theologen, wie etwa Johannes Calvin, Dietrich Bonhoeffer, Wilhelm Herrmann etc., Ansatzpunkte finden ließen, die auf eine Geisterfahrung abheben und die, wenn weitergedacht, einen innovativen Umgang mit typischen theologischen Herausforderungen ermöglichten. Erfahrung sei in der Dogmengeschichte bisher zwar nicht angemessen beachtet worden, aber dennoch aufspürbar. Im Horizont seiner eigenen pfingstlichen Hermeneutik, die sich aus der empirischen Gegebenheit einer als unmittelbar verstandenen Begegnung im Heiligen Geist und aus einer biblisch-theologischen Reflexion dieser Erfahrung speist, möchte Cross daher die in der Theologiegeschichte aufgespürten erfahrungstheologischen Momente weiterdenken und zur Begründung einer Erfahrungstheologie zusammenfügen, um – so das ausgesprochene Ziel – der Theologie neues Leben einzuhauchen (DHE: 3.8). Dabei positioniert sich sein Ansatz wie bereits dargelegt gegen eine »anthropocentric theology« (APE: 16, vgl. DHE: 7 – 8.19.25.28), aber auch gegen all jene Ansätze einer theozentrischen Theologie, die den Heiligen Geist, die Erfahrung des Heiligen Geistes und die menschliche Freiheit (DHE: 10.18) ausklammern. Der Argumentationsgang ist demnach über weite Strecken dialektisch und erfolgt ex negativo, d. h. in Abgrenzung zu anderen Ansätzen.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

5.1.2. »Divine Human Encounter«: viergliedrige Struktur Die vier klassischen theologischen Topoi, auf die mit den genannten Phrasen Bezug genommen wird – Fassbarkeit des Unfassbaren; Gleichzeitigkeit mit Christus; Vereinigung mit Christus, Gewissheit des Absurden –, bezeichneten grundsätzliche Probleme, die aus Cross’ Sicht eo ipso im Gegenstand der Theologie – Gott, »the Totally Other« (DHE: 11) –, begründet seien. Philosophisch betrachtet stellten sie Antinomien bzw. Paradoxa dar, weshalb sie auch als klassische Fragen der Theologie bezeichnet werden können: Wie kann das Finite das Infinite fassen (finitum (non) capax93)? Wie kann Christus mit dem Christen gleichzeitig (Christus praesens)94 und vereint (unio cum Christo) sein? Wie kann 93 Für die hier bevorzugte Übersetzung des lateinischen Adjektivs capax, siehe DHE: 11, Anm. 14. 94 Der lateinische Terminus praesens hat neben der zeitlichen auch eine räumliche Metapher. Da Cross in der Besprechung der Phrase Christus praesens jedoch stark auf Lessings garstigen Graben und Kierkegaards Kategorie der Gleichzeitigkeit rekurriert, scheint die hier vorgeschlagene Zuordnung der Phrase Christus Praesens auf die temporale (und die Phrase unio cum Christo auf die räumliche) Dimension angemessen. Der analytische Mehrwert besteht in einer deutlicheren Differenzierung, obgleich alle Komponenten und Kategorien ineinander verschränkt sind und in gegenseitiger Wechselwirkung miteinander stehen. Die Differenzierung zwischen einer räumlichen und zeitlichen Dimension ist jedoch nicht nur auf Grund ihres Charakters als gängige Analysekategorie gewählt worden, sondern vor allem, weil in der Imagination pfingstlich-charismatischer Christen – sprich die Sprache und Metaphorik, durch die diese Christen ihre Geisterfahrung artikulieren –, der Gebrauch der Kategorien Raum und Zeit wichtige theologische Grundentscheidungen markieren. Sowohl in der systematischen Theologie, als auch im Hinblick auf praktisch-theologische Themen, stellt die Frage nach der räumlichen Konzeptualisierung der Gegenwart des Heiligen Geistes (oder aber anderer Geister) einen folgenschweren Aspekt dar, der sich besonders im Zusammenhang mit der Dämonologie und der Kampf des Christen gegen die Macht der Sünde äußert, wie der ausgezeichnete Aufsatz des Religionswissenschaftlers und Theologen Jörg Haustein zeigt, der mit Blick auf die äthiopische Pfingstbewegung nicht nur den Nexus zwischen diesen Aspekten verdeutlicht, sondern auch auf ihre Wirkungskraft bei der diskursiven Produktion kollektiver Identitäten und Historiographien innerhalb der Pfingstbewegung vorführt. (Haustein 2011) Die Fragen, ob/wann Gottes Geist in, mit oder auf dem Christen ist; wie sich das zur Gegenwart anderer Mächte im Leben des Christen auswirkt und ob diese anderen Mächte dann simultan im selben Raum – sprich im Leben, im Herzen, in den Gedanken etc. des Christen – anwesend sein können (am lapidarsten ausgedrückt: Ob denn geisterfüllte Christen dämonisiert sein könnten, wenn doch der Geist Gottes in ihnen wohne?), hat weitreichende Konsequenzen. Sie umfassen die Soteriologie (besonders hinsichtlich des Heils als Befreiung aus dem Machtbereich Satans) und die Harmatiologie, ebenso wie die Lehre von der Heiligung und die praktisch-theologische Aufgabe der Poimenik – etwa bei der existenziellen Frage nach Leid und Sünde im eigenen Leben oder, in spezifisch pfingstlicher Formulierung, bei der Frage, was geisterfülltes Leben für einen geistgetauften Christen bedeutet. Dass es sich hierbei nicht um Oberflächlichkeiten handelt, zeigen die erhitzten Kontroversen, die innerhalb der akademischen Pfingsttheologie geführt werden, etwa zwischen den Exegeten Menzies und Turner. Letzter betont daher, in diesem Fall in Abgrenzung zu David Pawson: »Such fine distinctions of spiritual geography would not make any sense to Luke. […] The Spirit ›in,‹ ›with,‹ and ›on‹ are just different spatial

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97

sich der Christ dieser Wahrheiten gewiss sein (internum testimonium Spiritus Sancti)? Die ersten drei Topoi weisen in Cross’ Argumentationsgang eine konzentrische Struktur auf, indem sie die jeweilig vorangehende Frage in zusätzlicher Konkretisierung fortführen, während der letzte Topos eine Art objektive Absicherung nach innen und außen anstrebt.

metaphors for speaking of the same kinds of activity of the Spirit in the life of a person: see M. M. B. Turner, ›Spirit Endowment in Luke-Acts: Some Linguistic Considerations,‹ Vox Evangelica 12 (1981), 45 – 63.« (Turner 2001: 285, Anm. 35, Hervorhebungen getilgt) Zusätzlich zu den letztgenannten Aspekten, die häufig (und unberechtigt) als Themenbereiche behandelt werden, die den individuellen Christen betreffen, hat die Frage nach der räumlichen Konzeptualisierung des Heils und der Gegenwart des Heils in der Welt auch Konsequenzen für die Ethik und die Eschatologie im allgemeinen Sinne – etwa im Sinne der Frage nach der Gegenwart Gottes bzw. des Geistes Gottes in der Welt: Was bedeutet dies für die Bestimmung der Kirche, die in Anlehnung an die johanneische Sprache mit den Worten ›in der Welt, aber nicht von der Welt‹ (vgl. Joh 15; 17) zum Ausdruck gebracht wird? Inwiefern kann von Partizipation und Identifikation zwischen Christen und Welt gesprochen werden? Welche Kosmologie liegt den unterschiedlichen Verständnissen einer räumlichen Gegenwart Gottes in der Welt zugrunde, und welche Konsequenzen hat eine solche Kosmologie auf die Schöpfungstheologie und Eschatologie? Ähnliches gilt im Hinblick auf die zeitliche Dimension der Geisterfahrung, besonders wenn das Verhältnis zwischen Soteriologie und Pneumatologie betrachtet wird. Die große Auseinandersetzung, die sich innerhalb der akademischen pfingstlichen Theologie um den Begriff subsequence, bzw. die Lehre einer zeitlichen Nachfolge entzündet hat (auch hier können exemplarisch die Namen Turner und Menzies genannt werden, vgl. Turner 2001, besonders 276 – 279.281 – 283; Studebaker 2003, besonders 248ff), weisen darauf hin, dass neben der Kategorie Raum auch die Kategorie Zeit weitreichende Konsequenzen hat. Umso beachtenswerter ist es, dass Cross bei der Konzeptualisierung seines Geisterfahrungsbegriffs diese Kategorien theozentriert, d. h. den Fokus vom Menschen auf Gott richtet. Die Frage nach der räumlichen Dimension der Geisterfahrung kreist dann nicht mehr hauptsächlich um die räumliche Anwesenheit des Geistes im Leben des Christen, sondern um die räumliche Anwesenheit des Christen im trinitarischen Leben Gottes. Analog dazu kreist die Frage nach der zeitlichen Dimension der Geisterfahrung nicht mehr um die zeitliche Abfolge der pneumatologischen Momente auf die christologischen Momente im gläubigen Christen, »accentuat[ing] the bifurcation of the work of Christ and the Spirit by implicitly making the primary work of the Spirit subsequent to and unnecessary for salvation« (Studebaker 2003: 248), sondern um die Gleichzeitigkeit mit Christus, die Gottes Geist (er-)wirkt.

98 5.2.

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Vier dogmatische Topoi als Grundlegung einer Erfahrungstheologie

Im Folgenden sollen die vier dogmatischen Topoi einzeln besprochen werden. 5.2.1. Finitum capax: theologisches und empirisches datum als Prinzip einer offenbarungsorientierten Erfahrungstheologie Die Frage nach dem »finitum (non) capax infiniti« (DHE: 10ff) ist der erste Topos, den Cross thematisiert. Das ist sachlich insofern richtig, als darin die grundsätzliche Frage nach der Bedingung der Möglichkeit für die Rede von Gott aufgeworfen wird. Die Frage nach der (Un-)Möglichkeit einer Fassbarkeit Gottes durch den Menschen sei in der Theologiegeschichte alles andere als neu, sie sei in Vergangenheit und Gegenwart allerdings auf unterschiedliche und gegenteilige Weise beantwortet worden. An einer dogmengeschichtlichen Skizze des Abendmahlsstreits zwischen Luther und Calvin führt Cross zwei Grundtypen einer Antwortmöglichkeit vor, die sich auch in der Gegenwart finden ließen. Hatte Luther die capax-Frage positiv beantwortet, sei die Antwort Calvins negativ gewesen. Cross stellt fest, dass beide Antworten einem unterschiedlichen dogmatischen Interesse verschuldet seien, das zu einer unterschiedlichen Akzentuierung der Christologie führt. So gehe es der lutherischen Position stärker um eine in der Inkarnation (als Skandalon für die menschliche Vernunft) geschehene Aufwertung der Immanenz, wohingegen die reformierte Position, im Gefolge Calvins (der stärker in scholastischen Kategorien gedacht habe), an der Wahrung der Transzendenz Gottes gegenüber der Welt interessiert sei (DHE: 11 – 14). Das grundsätzliche Interesse an der Wahrung der Transzendenz Gottes weiß Cross zu schätzen. An einem längeren Exkurs zu Karl Barth und der Frontstellung seiner Theologie, legt Cross die Vorzüge einer negativen Antwort der capaxFrage dar, mit denen sich das »dismissal of transcendence — all the way from Kant’s epistemological set-up of the two-part universe of noumena and phenomena to Schleiermacher’s turn to the human in religion« (DHE: 14) theologisch zurückweisen ließe. Allerdings habe diese Position den Nachteil, dass eine negative Antwort auf die capax-Frage weder biblisch-theologisch noch empirisch haltbar sei. Die Anfragen, die sich aus biblisch-theologischer Perspektive an die kategorische Formulierung des finitum non capax infiniti ergeben, führt Cross anhand einer Besprechung von 2Kor 4,795, später Röm 8 etc. vor. Daraus gehe hervor, dass die Fassbarkeit im Sinne eines datum, als biblische Gegebenheit, akzeptiert werden müsse. Dieselbe Schlussfolgerung lege laut Cross 95 »›We have this treasure in jars of clay, so that the immensity of power may be clearly established as belonging to God, not us‹ (2 Cor 4:7; my translation).« (DHE: 11)

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99

auch die Empirie der pfingstlich-charismatischen Bewegung nahe. Er führt sowohl protestantische als auch katholische Theologen heran, die in selbstverständlicher Weise von Gott in den Begriffen einer »immediate or direct presence of God« (DHE: 19) im eigenen Leben sprechen. Sämtliche Narrative pfingstlichcharismatischer Rede von Gott ließen unübersehbar darauf schließen, dass diese Christen die capax-Frage dezidiert positiv beantworten. Um an dieser Besonderheit pfingstlicher Spiritualität theologisch begründet festhalten zu können und daraus sogar eine pfingsttheologische Methode zu konzipieren (DHE: 10 – 11)96, müsse daher ein Weg gefunden werden, wie sich diese kontradiktorischen Positionen, die Wahrung der Transzendenz im Sinne Barths und die Wahrung der Immanenz, wie es eine konsequente pfingstliche Spiritualität impliziert, versöhnen lassen. Eine Synthese findet Cross mithilfe der Theologen Dietrich Bonhoeffer und Paul Althaus.97 Die Erkenntnisse dieser »Lutheran theologian[s]« (DHE: 18) zur Pneumatologie und Kenosis-Lehre liefern Cross eine Möglichkeit, die genannten Gegensätze erkenntnisdialektisch aufzuheben. In Anlehnung an Bonhoeffer und in Operationalisierung der dialektischen Denkform Barths liege in der kenotischen Bewegung Gottes die Möglichkeit, dieses Paradoxon positiv-assertorisch folgendermaßen aufzuheben: »[F]initum capax infiniti, non per se sed per infinitum!« (Bonhoeffer, zitiert in DHE: 18) Das infinitum gelte es allerdings, immanent-trinitarisch näher zu bestimmten, wenn daraus ein theologischer Ansatz entfaltet werden soll. Dazu greift Cross auf Althaus zurück: »Spiritus infinitus capax finiti.« (DHE: 18) Cross zufolge sei es somit zunächst nicht der Mensch, der Gott fassen könne, sondern Gottes Geist, der den Menschen erfasse. Bei dieser mit Blick auf die Fähigkeit des finitum negativen Antwort auf die capax-Frage bleibt Cross aber nun gerade nicht stehen, sondern vollzieht an ihr eine dialektische Bewegung, die die Aussage in eine positive Antwort umkehrt. Kraft des Absurden müsse das Erfasstwerden vom Heiligen Geist für Cross Konsequenzen haben, die darin zu sehen seien, dass Gottes Freiheit und Souveränität die logische Antinomie transzendiert. Ein wirkliches Erfasstwerden von der dritten trinitarischen Person bedeute eine wirkliche Erfüllung und Durchdringung des Menschen durch denselben Geist, wodurch es Gott-Heiliger Geist höchstpersönlich sei, der am Menschen das Unmögliche (und Unfassbare) 96 Dabei zitiert Cross einen Vortrag, den sein pfingstlicher Kollege und ebenfalls Barth-Forscher Frank Macchia gehalten hat, in der er die affirmative Antwort auf die Frage nach der Fassbarkeit des Unendlichen durch das Endliche, als Proprium pfingstlich-charismatischer Theologie bezeichnet und Theologen, die sich mit dieser Tradition identifizieren, herausfordert eine Theologie zu erarbeiten, die eben dieser Haltung gerecht wird (DHE: 17, vgl. Macchia 2007). 97 Cross scheint Althaus durch den pfingstlichen Theologen Lyle D. Dabney, einem Schüler Moltmanns, zu rezipieren.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

bewirke. Die logische Unmöglichkeit, werde somit zu einer Möglichkeit und zu einer Aktualität: Das Endliche erfasse das Unendliche nicht aus sich selbst, sondern aus dem Unendlichen selbst: Finitum capax infiniti, non per se sed per ispsum infinitum, qui est Spiritus Sanctus! (DHE: 17 – 20). Diese dialektische Bewegung funktioniere allerdings nur innerhalb einer bestimmten Ordnung bzw. in einer bestimmten Reihenfolge. Soll diese Bewegung erfolgreich sein und nicht in die Häresie der anthropozentrischen Selbstvergottung gleiten, müsse die Synthese vertikal – und zwar von oben (Unendlichkeit) nach unten (Endlichkeit) – gedacht werden. Gott sei das Subjekt dieser Synthese, die allerdings nicht lediglich in einem noetischen Satz stattfindet, sondern sich realiter am Menschen als unmittelbare immanent-transzendente Erfahrung ereignet (DHE: 17 – 20). Dieselbe Denkfigur überträgt Cross auf das Unmittelbarkeitspostulat, dass seinen Erfahrungsbegriff charakterisiert. Analog zur Unfassbarkeit kann Cross somit eine Unmittelbarkeit als Definitionsmoment einer Erfahrungstheologie konzeptualisieren, die ihre Plausibilität dadurch behält, dass sie den Heiligen Geist zum Subjekt hat (also kraft des Absurden wirkt). Gleichzeitig dient diese Geist-liche Dialektik bei Cross auch zur Abgrenzung seines Theologieansatzes von triumphalistischen Strömungen innerhalb der pfingstlich-charismatischen Bewegung, die auf der Grundlage der Geisterfahrung und einer fraglichen Exegese eine Gleichsetzung von Gott und Mensch vollzögen, bei der der qualitative Unterschied annihiliert würde (DHE: 19 – 20).98 Die capax-Frage wird also ausgehend vom biblisch-theologischen und empirischen datum (das Dass der Offenbarung als unmittelbare Erfahrung, wie sie von der Schrift und der eigenen Existenz aus nicht infrage gestellt werden könne) beantwortet. Sie erhält jedoch eine erkenntnisdialektische Begründung und wird so trotz ihrer relativen Absurdität (oder gerade deswegen) theologisch weiterführend. Damit ist das Prinzip – im wörtlichen Sinne als Ausgangspunkt99 – und die Bedingung der Möglichkeit für Cross’ Erfahrungsbegriff bzw. seiner Erfahrungstheologie gegeben. 98 Als Extrembeispiel nennt Cross hier »Some ›word of faith‹ preachers [who] have skirted with the idea that we ›are gods‹, using (or abusing) the Scriptural statements in Psalm 82:6 and John 10:34 – 35. Kenneth Copeland has stated this and has refused to retract it. […] Such triumphalism and clear error regarding human beings in relation to God needs to be checked by theological reflection on the capax question; otherwise, humans will consider the presence of God indwelling them to be the signal that they have authority or power over others. The implicit result of our Pentecostal theological reflection on the finitum capax question shows that a balanced and appropriate response requires the assistance of our knowledge of God from our experiences of God.« (DHE: 19 f, Hervorhebung original) Es ist zu bemerken, dass es sich bei diesem Extrembeispiel aus dem, was Cross als linken Flügel bezeichnet, allerdings nicht um akademische Theologen, sondern um Prediger bzw. Televangelists handelt. 99 Also im Sinne einer arch¦ bzw. principium (Seebold 1999).

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

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5.2.2. Christus praesens: Erfahrung als Gleichzeitigkeit mit Christus Nach der Begründung der Bedingung der Möglichkeit einer unmittelbaren Erfahrung, von der Cross’ Erfahrungstheologie als grundsätzliche conditio bzw. als pneumatologische Gegebenheit ausgeht, erfolgt mit der zweiten Phrase »Christus praesens« (DHE: 20ff) eine christologische Präzisierung hinsichtlich der Möglichkeit der Unmittelbarkeit, d. h. hinsichtlich der Frage, inwiefern die unmittelbare Erfahrung näher bzw. konkreter erläutert werden könne. Wie bereits deutlich geworden ist, muss sich die Unmittelbarkeit über Christus qualifizieren (keine hinreichende, aber eine notwendige Bedingung), um sich von anderen (allgemeinen) Erfahrungen zu unterscheiden, da sonst die qualitative Differenz zwischen Gott und Mensch letztendlich ausgelöscht würde. Dies erfolge laut Cross durch die Subjekthaftigkeit des Geistes in diesem Geschehen, die allerdings ebenso notwendig, aber nicht hinreichend sei, wenn sie von Christus – und damit ihrer trinitarischen Seinsweise – losgerissen wird. Die Unmittelbarkeit erfordere also eine christozentrische (was bei Cross aber keinen Monozentrismus impliziert) Konkretion, die allerdings eine Erläuterung verlangt. Die Aporie, die sich hierbei einstellt, lautet: »How can Christians know the distant Jesus of history when we are bound by the time and space in which we live? How can we cross two Millennia and say we ›know‹ Jesus Christ?« (DHE: 21) Oder, mit Lessing gesprochen: Wie kann »the ugly, broad ditch (der garstige breite Graben) which I cannot get across, however often and however earnestly I have tried to make the leap« (DHE: 21, Hervorhebung original) überwunden werden? Nicht nur die Aporien, auch den Ansatzpunkt seiner Antwort auf diese Aporie entlehnt Cross der Theologiegeschichte. Mit Kierkegaard stellt er fest, dass der garstige breite Graben mit dem qualitativen Unterschied zwischen Gott und Mensch zusammenhänge (der Mensch ist als endliches Wesen zeitlich eingeschränkt) und darin auch ein Hinweis für eine theologische Lösung liege. Cross schließt sich Kierkegaard an, der im auferstandenen Christus den Graben kraft des Absurden von Gott her überwunden sieht. Für den Menschen bedeute dies keine Brücke, sondern einen Sprung, der im Glauben an das Paradoxon der Auferstehung besteht. Es sei ein zeitlicher Sprung, den Gott selbst ermöglicht, indem er dem Christen den Glauben und somit die Gleichzeitigkeit mit Christus schenkt. Bei dieser grundsätzlichen Kongruenz mit Kierkegaard sieht Cross allerdings auch einen zweifachen theologischen Mangel in diesen Überlegungen. Dieser besteht zum einen darin, dass das Konzept der Gleichzeitigkeit binitarisch, und nicht trinitarisch konstruiert sei, weshalb es dieses weiterzudenken gelte. Zum anderen kritisiert Cross, dass die Freiheit des Menschen bei Kierkegaard gegen Null reduziert werde, weil die Möglichkeit »now for us to travel ›back‹« (DHE: 23) nicht in den Blick genommen würde. An dieser Stelle setzt darum Cross’

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

pneumatologische Weiterführung ein, die einen konstruktiv-methodischen Zug haben soll. In starker Anlehnung an Otto Weber erfolgt zunächst eine Präzisierung der Möglichkeit einer Gleichzeitigkeit: »The Spirit of God re-presents Jesus Christ to us just as surely as if we walked the paths of Galilee with him.« (DHE: 22) Die Gleichzeitigkeit »is accomplished by the Holy Spirit« (DHE: 24), der eine (Wieder-)Vergegenwärtigung des Auferstanden erwirke. Während Lessing keinen Begriff für das Transnatürliche hatte, sei dies von einem pneumatischen Blickwinkel her theologisch unproblematisch. Cross’ Anliegen besteht dabei weniger darin, eine rationale Erklärung von Wundern zu geben (das ist das eigentliche Problem, in dessen Kontext Lessing vom garstigen Graben spricht), sondern in der theologischen Möglichkeit des Unmöglichen, die vom Geist aus gewirkt wird. Das Wunder der Gleichzeitigkeit, die durch den Heiligen Geist, der Christus re-präsentiert, gewirkt wird, sei nicht größer oder realer als beispielsweise die Heilungswunder, die von pfingstlich-charismatischen Christen bezeugt werden (DHE: 24 – 27). Damit verbunden ist auch Cross’ Kritik an einer Tendenz zur Einmaligkeit und Einseitigkeit des Wunders, die er bei Kierkegaard feststellt. Gleichzeitigkeit sei kein einzigartiger Geburtsmoment, sondern ein Zustand, der vom Heiligen Geist immer wieder ermöglicht wird und die Möglichkeit »to travel ›back‹ to God in the Power of the Spirit« (DHE: 23) vorsieht. Ebenso wie das Pfingsten von Apg 2, sei für Pfingstler die Erfahrung des Wunderbaren in der Erfahrung des Unmittelbaren gegründet, die zwar von Gott her geschieht, durch und im Heiligen Geist aber zu einer Gleichzeitigkeit mit Christus führt, bei der der Mensch auch ein gewisses Maß an Agency empfängt.100 Die menschliche Agency, die ein wichtiger Aspekt der Gleichzeitigkeit mit Christus als Modus der unmittelbaren Erfahrung in Cross’ Ansatz ist, erklärt dieser im Rückgriff auf Karl Barths Lehrer Wilhelm Herrmann. Dieser gehe von einer Wechselwirkung aus, die Cross in dem bereits besprochenen Konzept »Der Verkehr des Christen mit Gott« (DHE: 24 f) findet. Demnach bestehe der Unterschied zwischen Verkehr und Vergewaltigung gerade in der Reziprozität, die eine Agency auf der menschlichen Seite impliziere. Einen möglichen Vorwurf des Semipelagianismus (DHE: 17) weist Cross mit der inzwischen mehrmals erläuterten dialektischen Denkfigur von sich, indem er feststellt, dass die Freiheit des Menschen nicht die Freiheit Gottes ausschließen könne, weil sie von Gott geschenkt sei (DHE: 24 – 27). Auch hier sieht Cross allerdings ein pneumatologisches Defizit:

100 Auf diese Weise kann Cross das Wunder der Neuschöpfung (auf das es Kierkegaard ankommt), das mit der Wiedergeburt stattfindet, und die Wunder, die als Erlebnis transnatürliche Phänomene von Pfingstlern bezeugt werden (vgl. I,3.5.3.2.), auf dieselbe Ebene bringen und somit apologetisch mit Kierkegaard den Wunderglauben plausibilisieren.

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»However, for me as a Pentecostal theologian, the disconcerting aspect of Herrmann’s approach [… is] his lack of appeal to the Spirit as the one from whom the inner life of Jesus comes to us. […] The old doctrine of Christus praesens has much to offer Christian theology today, but only if the powerful role that the Spirit plays in this doctrine can be sufficiently implemented so that the chasms of history can be overcome.« (DHE: 26 f, Hervorhebung original)

Die Gleichzeitigkeit ist demnach für Cross ebenfalls eine Bewegung des Heiligen Geistes, der den genannten Verkehr ermöglicht. Damit ist der Modus der Unmittelbarkeit hinsichtlich seiner temporalen Dimension präzisiert worden. Die pneumatologische Weiterführung, die Cross hier fordert, liefert er mit der Erörterung der dritten Phrase unio cum Christo, die zugleich den innersten Kern der unmittelbaren Erfahrung beschreibt. 5.2.3. Unio cum Christo: Erfahrung als intime Vereinigung mit Christus in Gott Die Ergebnisse, die aus dem Topos Christus praesens hervorgegangen sind, wirken etwas unvollständig, weil sie nur mit Verweis auf die Christologie und mit dem Fokus auf die zeitliche Dimension beantwortet wurden. Den innersten Kreis der konzentrischen Struktur, die eine weitere Spezifizierung der Erfahrung des Geistes unter Aufnahme und Weiterführung klassischer theologischer Topoi leistet, bildet der folgende Fragekomplex: Wie ist eine Unio cum Christo abgesehen von ihrer zeitlichen Form theologisch denkbar? Das Problem, das sich hier stellt, ist mit dem logischen Widerspruch verbunden, den das Postulat einer Vereinigung zweier radikal voneinander unterschiedenen und unvermischbaren Entitäten darstellt. Unter unio cum Christo versucht Cross also auszuloten, wie das Dass des capax von innen her zu denken sei, bzw. wie der angedeutete Verkehr mit dem gegenwärtigen Christus trinitarisch-theologisch, d. h. unter Einbeziehung der von Herrmann unterlassenen Pneumatologie, theologisch artikuliert werden könne (DHE: 27 – 29). Cross’ Ziel ist es auch hier, eine Synthese zu finden, die eine Partizipation an Gott als intime unio cum Christo ermöglicht, ohne jedoch eine Verschmelzung mit Christus zu implizieren, bei der der Unterschied zwischen Gott und Mensch aufgehoben würde. Hierfür greift Cross zunächst Calvins Thematisierung der Erfahrung auf und stellt fest, dass Calvin zwar »with vehemence the Anabaptists, die Schwärmerei, and the ›furious and fantastic fanatics‹« (DHE: 27, Hervorhebung original) kritisiert habe, dass in seinem deutlichen »appeal to experience« jedoch »an epistemological position which surpasses reason and in which Scripture and faith find confirmation« (DHE: 27) zutage trete, die ihn zum Gewährsmann einer pfingstlichen Erfahrungstheologie prädestiniere. Freilich müsse der »cessationist framework« (DHE: 27) korrigiert werden, damit dieser Erfahrungsbegriff einen Ort für transnatürliche Phänomene zulasse. Auf der Suche

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

nach einer theologischen Formulierung für diesen inneren Kreis der unmittelbaren Erfahrung, bzw. für die konkrete Beschreibung des Modus von Cross’ Erfahrungsbegriff greift Cross also Calvins Lehre der unio mystica auf. Diese sei der Frage nach einer Erfahrungstheologie nicht wesensfremd, da Calvin selbst sein Konzept von unio mystica in deutlicher Anlehnung an Bernhard von Clairvaux formuliert habe (DHE: 28). Hatte der vorige Abschnitt die Gleichzeitigkeit betont, führt das Konzept der unio mystica cum Christo die ›räumliche‹ Dimension der unmittelbaren Erfahrung vor. Wie versteht Cross diese mystische Vereinigung? Zunächst gelte es auch hier festzuhalten, dass der Agent der unio cum Christo der Heilige Geist ist. Dies habe Cross zufolge eine Innen- und eine Außenseite. Der Heilige Geist »indwells« (DHE: 28) den Christen und hebe ihn somit in die Partizipation der Trinität (auf). Durch das Innewohnen des Geistes befinde sich der Christ demnach bereits in einem perichoretischen Zustand. Der Geist sei aber auch das »vinculum unitatis« (DHE: 28), das den Christen mit Christus vereint. Durch diese von innen und außen aufgehobene Seinsweise des Christen, die bei der unmittelbaren Erfahrung Gottes geschehe, erreiche die Perichorese ihren Höhepunkt. Das innerste Moment seines Erfahrungsbegriffs kann Cross somit, mit dieser aus seiner Sicht originär-originell christlichen Denkfigur, dem perichoretischen Konzept der intimsten Durchdringung und des gegenseitigen Verschlungenseins, beschreiben. Dieser innerste Kreis geht damit über die Gleichzeitigkeit hinaus und führt in eine ›räumliche‹ Partizipation mit Gott bzw. Partizipation im Inneren Gottes (DHE: 29). Der Begriff räumlich ist zugegebenermaßen suboptimal, er scheint aber am besten geeignet, um deutlich zu machen, dass Cross hier das (Re-)Präsentationsmoment nicht nur auf Nebeneinander beschränken, sondern als Ineinander von Christus und Christ artikulieren will. Cross hat eine eine intensivere Beschreibung der Erfahrung vor Augen als es der Satz: »The Spirit of God represents Jesus Christ to us just as surely as if we walked the paths of Galilee with him« (DHE: 22) ausdrückt. Die Gleichzeitigkeit mit Christus finde nicht nur im Leben des Christen, sondern auch im inneren, perichoretischen »life of God« (DHE: 11) statt. Unio cum Christo bezeichne daher eine Vereinigung mit Christus, die in Gott selbst stattfinde, weil Christus von der Trinität nicht zu trennen sei. Der Anspruch, den Cross damit formuliert, ist beachtenswert: Unio cum Christo per Spiritum Sanctum bedeute Intimität, die zur Gleichgestaltung mit Christus (transformatio ad Christum) führt. Das stellt eine Steigerung gegenüber der Kierkegaardschen und Barthschen Konzeption dar. »The Spirit [..] ›inserts‹ us into Christ and Christ into us« (DHE: 28), das ist das eine Moment der Unmittelbarkeit. Cross kennt aber, und hier geht er weit über Kierkegaard

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

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und Barth hinaus, auch ein weiteres Moment: Der Heilige Geist füge den Christen auch in die Trinität, weil und wobei101 er den Christen wie Christus werden ließe. Die pneumatologische Steigerung besteht bei Cross also darin, dass der Heilige Geist in Gott hineinnimmt und somit eine gewisse Gleichwertigkeit zwischen Christus, dem eingeborenen Sohn Gottes, und dem Christen, dem adoptierten Sohn Gottes, wirkt. »Through [.. the Spirit] all that Christ himself is and has is conveyed to us.« (DHE: 28). Dies führe dann zu einer realen Verwandlung des Menschen, die auch seinen Mitmenschen deutlich werden sollte. Die Gefahren einer solch kühnen pneumatologischen Erfahrungstheologie sind Cross bewusst, weshalb er seinen Mystikbegriff qualifiziert und von Mystizismus abgrenzt. Das geschieht mithilfe einer Diskussion der Kritik Calvins an Andreas Osiander, dem er eine Essenzvermischung vorwarf: »Neither is this union to be a form of mysticism since there is no complete identification in it: the believer does not state (as might a mystic) ›I am you,‹ but rather ›I am thine.‹« (DHE: 7) Die Beibehaltung des Unterschiedes zwischen trinitarischem Schöpfer und endlichem Geschöpf – trotz perichoretischer unio cum Christo – ließe sich in der dialektischen Denkform der Einheit von Einheit und Differenz denken. Dies sei eine positive assertorische Theologie, die sich immer wieder vom unendlichen qualitativen Unterschied zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen beschränken ließe.

5.2.4. Internum testimonium Spiritus Sancti: Die objektive Gewissheit der Erfahrung Die letzte Phrase, »internum testimonium spiritum sanctum[sic!]« (DHE: 29 – 31), führt die Frage nach Wahrheit in den Vordergrund: Woher kommt das Wissen um die Erfahrung Gottes? Welche Form hat die Gewissheit in Bezug auf den totaliter aliter und seine Begegnung mit dem Menschen? Die conditio und der modus der unmittelbaren Erfahrung werden durch diesen vierten Topos stabilisiert bzw. verifiziert. In diesem letzten und kürzesten Abschnitt lässt Cross abermals Calvin zu Wort kommen, demzufolge der Heilige Geist eine zweifache Gewissheit im Christen bewirke. Zum einen bewirke der Heilige Geist die Gewissheit der Gotteskindschaft des Christen (vgl. Röm 8,14), zum anderen bewirke der Heilige Geist die Gewissheit in Bezug auf die Wahrheit der Heiligen Schrift. Damit führt Cross eine objektive Größe ein, die im Sinne einer Beweisführung (probatio) die Erfahrung von ihrer Innen- u. Außenseite her stützt 101 Diese Zirkularität ist als Wechselwirkung, bzw. gegenseitige kausale Perichorese zu verstehen, die dialektisch bedingt ist und in der Tradition der Barthschen Erkenntnisdialektik steht.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

bzw. belastbar macht. War die Struktur der ersten drei Topoi als konzentrisch beschrieben worden, erhält diese konzentrische Spirale hiermit einen äußerlichen Stützpfeiler, der die Geisterfahrung des einzelnen Christen anderen gegenüber transparent macht und vor einer individualistischen Unkontrollierbarkeit bewahrt. Da das Gewissheitsmoment selbst aber auch eine Erfahrung des Geistes ist, die in der Innerlichkeit des Erfahrenden verankert ist, verliere die konzentrische Spirale durch diese objektive Stütze in keiner Weise die ihr eigentümliche pneumatische Dynamik. Dass diese ›objektive Stütze‹ keine statische Fixierung(smöglichkeit) der Geisterfahrung darstellt, wird an dem großen Freiheitspotential, das mit dem internum testimonium untrennbar verbunden ist, deutlich. Weil Gewissheit nur dort erforderlich ist, wo die Möglichkeit des Zweifels besteht, und die Möglichkeit des Zweifels voraussetzt, dass sich ein Christ zwischen mehreren Alternativen zu entscheiden habe,102 impliziere die Frage nach der Gewissheit eine Mündigkeit, die Cross dem Christen unbedingt zugesteht, die in der Freiheit des Christen vor Gott begründet sei und hier sogar deutlicher als im Zusammenhang mit dem Christus praesens zum Tragen kommt. Beim internum testimonium Spiritus Sancti hebt Cross die Verantwortbarkeit und Verantwortlichkeit des Christen, die die Freiheit konstituieren, nicht nur auf der vertikalen, sondern auch auf der horizontalen Ebene hervor. Das Freiheitsmoment bestehe hier nicht nur darin, dass dem Christen gegenüber Gott Verantwortung zugemutet wird, sondern auch darin, dass ihm Verantwortung und Rechenschaft gegenüber Zweifeln zugemutet wird, die er in der Begegnung mit seinen Mitmenschen und seinem Selbst erfährt (DHE: 29 – 31). Es entspricht der Dialektik Cross’, dass diese objektive Außenseite dennoch als internum(!) testimonium bezeichnet wird.103 102 Dies gilt freilich nur, sofern der Christ diese Entscheidung nicht delegiert. Wenn der Christ jemand anderes für sich entscheiden ließe, sei die Gewissheit nicht mehr unmittelbar vom Heiligen Geistes gewirkt, sondern bestenfalls durch als vermittelte Gewissheit, die dadurch zustande käme, dass ein testimonium hominis (etwa ein Priester oder eine andere Mittlerin) als letzte Instanz betrachtet würde. 103 Vor dem Hintergrund der von Cross angestrebten Überwindung der Vernunft/GefühlDualismus’ mit einer empirischen Stoßrichtung, meint man hier ein Echo von William James’ Konzept der religiösen Erfahrung zu vernehmen: »Mit dem Terminus ›religiöse Erfahrung‹ bezeichnet James eben jenen Prozess religiöser Selbstvergewisserung.« (Thörner 2009: 50) William James geht von zwei Stufen aus (die von der Problemstellung her eine strukturelle Ähnlichkeit mit Kierkegaards Religiosität A und Religiosität B, bzw. sokratisches und absolutes Paradoxon haben siehe I,4.3.3.), allerdings postuliert dieser eine Kontinuität, die Cross’ Erfahrungsbegriff (ebenso wenig wie James’ Tendenz zum Individualismus) nicht übernehmen will: »I think we shall keep well within the limits of what is common to all such minds if we formulate the essence of their religious experience in terms like these: The individual, so far as he suffers from his wrongness and criticises it, is to that extent consciously beyond it, and in at least possible touch with something higher […]

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

5.3.

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Conditio, modus, probatio: Drei Kategorien zur Systematisierung der Erfahrungskomponenten im Kontext eines erfahrungstheologischen Ansatzes

Das im vorigen Abschnitt beschriebene Gefüge der vier Topoi – finitum capax infiniti, Christus praesens, unio cum Christo und internum testimonium Spiritus Sancti –, in dem die ersten drei eine konzentrische Struktur aufweisen, die durch den letzten Topos eine Art objektiven Stützpfeiler erhält, ermöglicht es, drei Kategorien herzuleiten, welche die zu Beginn sichergestellten sechs verschiedenen Komponenten des Erfahrungsbegriffs Cross’ in eine Systematik bringen. Es sollte klar sein, dass es sich bei jeder dieser Kategorien um eine vereinfachende Typologie handelt, die die gegenseitigen Verquickungen und das konstitutive Aufeinanderverwiesensein der teilweise in Spannung zueinander stehenden Komponenten nur begrenzt abbilden kann. Die in den folgenden Arbeitsschritten hergeleiteten Kategorien und die im Anschluss daran entworfene Systematik, werden jedoch ausreichend anspruchsvoll und leistungsfähig sein, um eine Synopse der unterschiedlichen Komponenten zu ermöglichen, die ihre Funktion und ihren Ertrag für den Erfahrungsbegriffs von Terry Cross und seine Erfahrungstheologie erkenntlich macht. Die Leitfragen für die folgenden Arbeitsschritte lauten: (1) Welche Funktion nimmt der entsprechende Topos in der programmatischen Konzeptionsskizze von Cross’ Erfahrungstheologie (sprich in DHE) ein? (2) Welche Kategorie zur Systematik der verschiedenen Komponenten lässt sich aus der Diskussion des besprochenen Topos’ herleiten und wie lassen sich die erarbeiteten Komponenten anhand dieser Kategorien in eine Systematik bringen? (3) Was leistet die jeweilige Komponente nach dieser Systematik für einen theologischen Ansatz?104

Along with the wrong part there is thus a better part of him, even though it may be nut a most helpless germ […B]ut when stage 2 (the stage of solution or salvation) arrives, the man identifies his real being with the germinal higher art of himself; and does so in the following way. He becomes conscious that his higher part is conterminous and continuous with a more of the same quality, which is operative in the universe outside of him, and which he can keep in working touch with.« (James 1985: 400, Hervorhebung original) 104 Spätestens an dieser Frage wird deutlich werden, worin der erkenntniserweiternde Mehrwert der vorgeschlagenen Systematik liegt. Eine Verkürzung der Arbeitsschritte (1) und (2) zu Gunsten einer zügigeren Ergebnissicherung, ginge auf Kosten ihrer methodischen Nachvollziehbarkeit, weshalb die genannten Arbeitsschritte in ihrer notwendigen Sorgfalt nicht übergangen werden dürfen.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

5.3.1. Conditio und Prinzip: Die Bedingung der Möglichkeit von Cross’ Erfahrungsbegriff und Erfahrungstheologie Im Folgenden soll nun aus der Funktion die der Topos finitum (non) capax einnimmt eine Kategorie für die Systematisierung der erarbeiteten Komponenten hergeleitet werden, diese mit den entsprechenden Komponenten in Verbindung gebracht werden und auf ihre Leistung hin befragt werden. 5.3.1.1. Funktion und Systematisierungskategorie Welche Funktion nimmt der erste Topos finitum (non) capax infiniti in der Konzeptualisierung der Erfahrungstheologie von Cross ein? Mit der positiven Antwort auf die capax-Frage, die am Anfang seiner programmatischen Diskussion steht, gibt Cross einerseits in die Denkform, andererseits in das Prinzip (d. h. den Ausgangspunkt) und den Zielpunkt seiner Erfahrungstheologie Einblick. Dass das Endliche das Unendliche fassen könne, ist die Bedingung der Möglichkeit für Cross’ Postulat der Unmittelbarkeit. Mit der Erörterung der Frage nach der Fassbarkeit des Unendlichen, legt Cross somit die Prolegomena seiner Erfahrungstheologie dar, die ähnlich wie bei Barth eine erkenntnisdialektische Selbstreferenzialität bzw. zirkuläre Struktur besitzen. Die zirkuläre Struktur sei allerdings in der Sache selbst begründet und könne nur als solche dem Gegenstand der Theologie im Sinne einer sachlichen Wissenschaft gerecht werden (siehe Diskussion unter I,4. bzw. KD I/1, § 1). Ähnlich wie in Barths hermeneutischem Zirkel der Offenbarung, die nur durch die Offenbarung als Offenbarung erkannt werden könne (Gott als Offenbarer, Offenbarung, Offenbarsein bzw. als Subjekt, Objekt und Prädikat der Offenbarung KD I/1, § 8) und die in einer Theologie des dreifachen Wortes Gottes, wovon die Schrift eine der drei Gestalten darstellt, aufgehoben werde, hat auch Cross, einen grundlegenden Bezug zum Zeugnis der Heiligen Schrift, aus der er im Sinne einer »this-is-that«Exegese (DHE: 23) die capax-Frage positiv beantwortet. Cross hat allerdings auch einen starken Empiriebezug, der den Unmittelbarkeitsanspruch legitimiert (und ohne den eine »this-is-that«-Exegese gar nicht funktionieren würde).105 Somit speist sich Cross’ Erfahrungstheologie nicht nur aus der Schrift, die durch die Kirche übermittelt worden ist. Vielmehr sei Cross zufolge das Dass der Unmittelbarkeit auch faktisch (actualism)106 gegeben (sofern man pfingstlich105 Auch Barth hat gewissermaßen einen empirischen Bezug in seiner Theologie, wenn er von der Tatsache ausgeht, dass es Kirche, die von Gott redetet, gibt, und daraus folgert, dass Theologie keine spekulative, sondern eine positive Wissenschaft sei (KD I/1, § 1). Cross’ empirischer Bezug hat allerdings eine größere Reichweite und setzt einen größeren Schwerpunkt auf das existenzielle und individuelle und dient in gewisser Hinsicht einer wissenschaftstheoretischen Legitimierung. 106 »The relation of God to man is not a reversible relation. God is not present in history, experience, thought or even ›existence‹ in such a way that his revelation of himself to us

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charismatischen Zeugnissen Glauben schenke), es sei ein empirisches datum, dass es nunmehr auch theologisch zu begründen gelte. Mit diesem Empiriebezug versucht er die Selbstreferenzialität gewissermaßen zu öffnen und ›auf den Boden der Tatsachen‹ bzw. des existenziellen Alltags zu bringen – obgleich das empirische datum weiterhin für all jene verschlossen bleibe, die den Zeugnissen keinen Glauben schenken und sich nicht darauf einlassen. Die erste theologische Begründung dieses empirischen datum erfolgt in Anlehnung an Bonhoeffer und Althaus und wird im Sinne einer noetischen Dialektik (die Cross in kritischer Anlehnung an Hegel und Kierkegaard von Barth übernimmt) konzipiert. Daraus lässt sich die Kategorie der conditio herleiten: Die Bedingung der Möglichkeit für einen theologischen Erfahrungsbegriff, der dem empirischen datum des Pfingstlers Terry Cross gerecht wird, ist somit der Heilige Geist und die durch ihn vollbrachte Bewegung, die im Sinne einer dialectica experientiae Spiritus Sancti. 5.3.1.2. Ertrag: Offenbarungscharakter der Erfahrung und ihre Komponenten unvermittelt und Geist-lich/geistlich; persönlich und relational als conditio in Cross’ theologischem Ansatz In diese Kategorie lassen sich der Offenbarungscharakter (siehe I,3.1.) und die Qualifikation der Erfahrung, die unter den Überschriften unvermittelt und Geist-lich/geistlich (siehe I,3.3.) sowie persönlich und relational (siehe I,3.2.) besprochen wurden, einordnen. Grundlegend für den Erfahrungsbegriff ist der Offenbarungscharakter, weil dieser die Erfahrung, um die es Cross geht, von einer allgemeinen Erfahrung unterscheidet. Grundlegend und als Bedingung für die Möglichkeit des Erfahrungsbegriffs, der als unmittelbare Begegnung mit Gott verstanden wird, ist der Geist-lich/geistliche Aspekt, weil diese den hermeneutischen Zirkel von Subjekt- zu Objekthaftigkeit ermöglicht. Weil Gottes Geist die Geisterfahrung erwirke, sei es eine geistliche Erfahrung. Dies ist in Cross’ Konzept keineswegs eine Tautologie, sondern konstituiere die einzige Bedingung, unter der es möglich sei, von Gott (und dessen leidenschaftlicher Sehnsucht nach Nähe zum Menschen) sachlich zu sprechen. Grundsätzlich ist die Qualifikation, die mit dem Adjektiv unvermittelt bezeichnet wurde, weil in ihr das empirische datum der pfingstlich-charismatischen Narrative zum Ausdruck kommt. Weiterhin ist die persönliche und relationale Qualifikation der Erfahrung eine Bedingung für den gesamten Erfahrungsbegriff, da in der Relationalität des Menschen eine Dialektik im Sinne einer Hegelschen Transzendierung der beiden kontradiktorischen Entitäten Gott/Mensch ermöglicht werde. Nach Cross’ Hegelrezeption könne eine solche Transzendierung nur becomes a relational state. There is no denial of God’s relation to man, but its actualism is so pronounced and critical that at no point [… it] would justify us in speaking about man’s relation to God.« (Hans Frei zitiert in DHE: 16, Anm. 28, Hervorhebung GM)

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stattfinden, wenn in den Elementen der Gegensätze jeweils ihr ausgeschlossenes Gegenteil vorhanden sei, was dazu führe, dass Gegensätze nicht statisch, sondern in ständiger Bewegung seien (siehe I,4.3.2.). Das jeweils ausgeschlossene Gegenteil findet Cross in der Relationalität des Menschen, die ihn als imago dei konstituiert. Gott, die schlechthinnige Relationalität, habe den Mensch in erkenntnisdialektischer Analogie zu sich selbst geschaffen. Die erkenntnisdialektische Korrespondenz zwischen Trinität und Mensch, die obgleich in den Schöpfungsberichten angelegt, nicht an sich, sondern nur in Christus (analogia fidei) erkennbar werde,107 ermögliche laut Cross eine reziproke Transzendierung, die zum positiv-assertorischen Geist-lichen capax führt. Dabei stellen die Narrative der biblischen Zeugnisse (imago dei-Lehre) und der Rückgriff auf die Narrative der Zeugnisse pfingstlich-charismatischer Christen den Ausgangspunkt dar. Was leistet diese erste Kategorie der conditio für einen neuen Theologieansatz? Zunächst gibt sie Cross’ Erfahrungsbegriff und Erfahrungstheologie ein pneumatisch-empirisches und biblisch-theologisches Prinzip. Dadurch wird Cross’ Theologieansatz einerseits realitätsnah (empirisch geerdet, indem er Spekulation oder Lebensferne hinter sich lässt), andererseits in der Tradition der biblischen Zeugnisse verwurzelt, uns somit vor dem Vorwurf der Willkür gesichert. In seinem Offenbarungscharakter, seiner persönlichen und relationalen und Geist-lichen Komponente, die als Bedingung der Möglichkeit für eine unmittelbare Erfahrung fungieren, tritt somit die dialektische Methode (und zwar mit demselben Anspruch, den bei Barth die Prolegomena erheben) zum Vorschein. Das Ergebnis ist, dass Cross’ Theologie dadurch qua pneumatische Empirie und pneumatologische Dialektik fähig wird, an einem trinitarischen Gott der christlichen Bibel festzuhalten, der, anders als ihn Aristoteles konzipiert hätte, kein »metaphysical iceberg« (Cross 2000: 38 f) sei, sondern dem Menschen eine unmittelbare Nähe erlaube (im Sinne einer durch die Kenosis des Geistes gewirkte Geisterfahrung), ohne seine Souveränität einzubüßen. Darin liege auch die Einzigartigkeit des trinitarischen Gottes des Christentums im Vergleich mit anderen Religionen. Zusammengenommen als conditio charakterisieren diese Komponenten Cross’ Erfahrungsbegriff bzw. Erfahrungstheologie als ex fide und ex experientia in einer pneumatologischen Dialektik.

107 Nicht an sich soll heißen: Nicht unabhängig von der neutestamentlichen Bezeugung Jesu Christi, sondern nur qua schöpfungstheologisch gelesene Schöpfungsberichte, in denen Christus das Wort ist, durch das alles geschaffen ist, »und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist« (Joh 1,3), weil alles »in ihm […]durch ihn und zu ihm geschaffen [ist]« (Kol 1,16).

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5.3.2. ›Raum-zeitlicher‹ Modus der Erfahrung: Gleichzeitigkeit und intime Vereinigung Wie lässt sich aus der Funktion, die die beiden folgenden Topoi Christus praesens und unio cum Christo einnehmen, eine Kategorie für die Systematisierung der erarbeiteten Komponenten herleiten und diese mit entsprechenden Komponenten in Verbindung gebracht werden ? Was leisten die in diese Kategorie zusammengefassten Komponenten für den Erfahrungsbegriff bzw. die Erfahrungstheologie Cross’? 5.3.2.1. Funktion und Systematisierungskategorie Nach der capax-Frage stellt sich Cross im zweiten Topos die Frage nach einer Gleichzeitigkeit mit Christus. Welche Kategorie zur Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross tritt aus der Diskussion um den Christus praesens hervor ? Rekapitulierend kann gesagt werden, dass mit dem ersten Topos die Bedingung und das Prinzip (das capax als empirisches datum) des Erfahrungsbegriffs als Kategorien herausgearbeitet werden konnten. Die Gleichzeitigkeit mit Christus, die allerdings pneumatologisch gewirkt ist (pneumatologische Christologie) und als Geistmoment dem Menschen die Freiheit zur ständigen (nicht einmaligen) Wechselwirkung mit Gott schenke, stellt für Cross die Art und Weise (das Wie) dar, auf der sich die unmittelbare Geisterfahrung konkreter und theologisch fundiert behaupten lasse. Der Topos Christus praesens nimmt also in Cross’ Argument die Funktion einer näheren Spezifizierung des zuvor Gesagten in Fortführung der zentralen Gedanken auf und antwortet auf die Frage nach dem Modus der Geisterfahrung. Nach der Gleichzeitigkeit stellt sich Cross im dritten Topos die Frage nach der ›räumlichen Spezifizierung‹ der Erfahrung. Wo findet die Gleichzeitigkeit statt ? Sämtliche aufgegriffene, aber nicht abgeschlossene Themen werden hier zu Ende gedacht, so beispielsweise der »Verkehr des Christen mit Gott« (DHE : 24). Mit den Denkfiguren der Perichorese und der inneren Durchdringung und äußeren Umschlingung des Christen durch den Heiligen Geist beschreibt Cross unter diesem Topos die unmittelbare Erfahrung. Als unio cum Christo wird somit ihr Ort in Gott selbst verlagert. Die Unterscheidung zwischen zeitlichem und räumlichem Modus sollte zur Strukturierung der Besprechung von Cross’ Topoi analog zu deren Vierzahl dienen. Hinsichtlich der Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs ist es zweckdienlicher, beide Topoi, Christus praesens und unio cum Christo, unter der Kategorie des Modus’ der Erfahrung zusammenzufassen. Die Unmittelbarkeit geschieht qua Gleichzeitigkeit mit Christus, die der Heilige Geist wirkt. Die

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Gleichzeitigkeit hat in Cross Erfahrungstheologie ihren Ort in Gott (im Sinne einer realen Partizipation an der Intimität der perichoretischen Trinität). 5.3.2.2. Ertrag: partizipatorische, transformative und holistische Komponente als modus der Unmittelbaren Erfahrung in Cross’ theologischem Ansatz Unter die aus den Topoi Christus praesens und unio cum Christo hergeleitete Kategorie, die als Modus’ der unmittelbaren Erfahrung bezeichnet wurde, lassen sich die Komponenten partizipatorisch und transformativ (siehe I,3.4.) und holistisch (siehe I,3.5.) subsumieren und theologisch operationalisieren. Die Implikationen, die sich mit der Partizipations- und Transformationskomponente ergeben, brauchen an dieser Stelle nicht nochmals zu wiederholt werden. Auch das Konzept des Verkehrs wurde bereits thematisiert und erhält in diesem Zusammenhang eine systematische Einordnung als Modus der unmittelbaren Erfahrung. Die perichoretische Durchdringung bzw. Umschlingung des Geistes von innen und außen korreliert mit der holistischen Komponente. Die unio cum Christo als unio mystica weist auf den Geheimnischarakter hin, die diesem Modus eingeschrieben ist. Dem Erfahrungsbegriff von Cross bleibt ein Rest an Apophatik erhalten, die aber dennoch als außersprachliche Realität (so Grenz, bei dem Cross anleihen macht, vgl. Cross 2000) erfahrbar ist. Der dahinterstehende Wahrheitsbegriff versteht diese als relative Korrespondenz mit der ontischen Wirklichkeit, die allerdings nicht gänzlich versprachlicht, wohl aber erfahren werden kann.108 Die ausführliche Behandlung der Wunder öffnet der transnatürlichen Dimension des Erfahrungsbegriffs einen Raum. Schließlich überwindet die Gleichzeitigkeit und Vereinigung die Gegenüberstellung von noetisch und affektiv, da die beschriebene Perichorese im Wesentlichen ein Liebesakt ist, der bewussten Glauben ebenso wie emotionale Hingabe erfordert. Welchen Ertrag liefern diese, im einzelnen bereits besprochenen, hier allerdings systematisch sortierten Aspekte des Erfahrungsbegriffs von Cross für einen theologischen Ansatz ? Fungierte die Kategorie conditio als pneumatologische Prolegomena, nehmen die Komponenten, die unter der Kategorie modus systematisiert werden, zunächst die Christologie stärker in den Blick. Diese wird jedoch pneumatologisch qualifiziert und dadurch trinitarisch im vollen Sinne (robust trinitarian, APE : 15). Darüber hinaus wird die Soteriologie durch diese Komponenten als modus der unmittelbaren Erfahrung neu formuliert. Holistisch bedeutet dann, dass die Soteriologie pneu108 Im Zusammenhang mit den Komponenten Narrativität, Reflektierbarkeit und SozioKommunitarität der Erfahrung, die mit der Kategorie der probatio systematisiert werden sollen, wird die Wahrheitsfrage noch einmal aufgenommen werden (siehe I,5.3.3.2.). Es ist allerdings zu beachten, dass Cross an keiner Stelle Rechenschaft über den Wahrheitsbegriff gibt, der hinter seinem Erfahrungsbegriff steht.

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

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matologisch artikuliert wird und keine forensische Rechtsprechung im Sinne einer bloßen Aussage ist (noetisch und allenfalls relational), sondern eine reale Veränderung im Christen erwirkt und ihn somit direkt angeht. Dadurch kann die Soteriologie mit einer real-ontischen existenziellen Transformation, als Wirkung der realen Partizipation an der trinitarischen Perichorese (Theosis), zusammengedacht werden. Das hat für einen theologischen Ansatz den deutlichen Vorzug, dass er das Konzept der Heiligung als Modus der unmittelbaren Erfahrung, ernstnehmen kann und dem Christen eine relative Verantwortlichkeit zugesteht. Dadurch erhält der Theologieansatz einen klaren Ort für die Ethik, die pneumatologisch konzipiert werden kann.109 Die Christusgleichheit, die für Cross nicht lediglich imaginativ, sondern als reales Geschehen im Christen auffasst, wird einerseits in Kontinuität zum Menschen gedacht, andererseits aber auch als Akt der Neuschöpfung, die der Spiritus Creator vollbringt, verstanden. Somit sind holistische Partizipation und Transformation der Modus der unmittelbaren Erfahrung des Geistes, die Cross Erfahrungstheologie begründet. Zusammengenommen qualifizieren die Komponenten dieser Kategorie Cross’ Erfahrungsbegriff und Erfahrungstheologie als einen theologisch-realistischen Ansatz, der eine dialektische Anlehnung an die platonische Methexislehre zu erkennen gibt, wonach theologisches Sein nur qua Partizipation (und entsprechender Transformation) wahres Sein sei. Die Trinität sei Cross zufolge kein metaphysisches Konstrukt, das auf ethereale Weise der Welt und Wirklichkeit äußerlich bleibt, sondern eine Realität, die die Christen erleben und als Volk Gottes in die Welt qua Partizipation hineinbringen (Realismus).

5.3.3. Probatio : reflektierbare und verantwortbare Verifikation der Gewissheit bezüglich der Wahrheit und Objektivität der Erfahrung Im Folgenden soll nun aus der Funktion, die der letzte Topos internum testimonium Spiritus Sancti einnimmt, eine Kategorie für die Systematisierung der restlichen Komponenten hergeleitet werden, und auf ihre Leistung hin befragt werden. 5.3.3.1. Funktion und Systematisierungskategorie Der letzte Topos, internum testimonium Spiritus Sancti, wirft die Frage nach der Gewissheit der Erfahrung auf. Hier schließt sich der Kreis zur empirischen Stoßrichtung des Erfahrungsbegriffs Cross’, der zwar im Sinne Barths 109 Eine solche pneumatologische Konzeptualisierung der Ethik schlägt der kreative Aufsatz von Murray W. Dempster in The Structure of a Christian Ethic Informed by Pentecostal Experience vor (Dempster 2004).

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

einer gewissen Offenbarungshermeneutik unterstellt ist, aber dennoch nach zusätzlicher objektiver Absicherung strebt. Diese findet nun nicht ausschließlich als noetische Gewissheit in der Schrift statt, sondern auch als Erleuchtungsmoment im Inneren des Menschen. Die objektive Seite der Unmittelbarkeit stellt die Gewissheit dar, die vom Geist im Menschen gewirkt ist, die jedoch in Wechselwirkung mit dem Zeugnis der Schrift steht. Daraus lässt sich Kategorie der probatio110 herleiten, die im Sinne einer Erprobung und Verifizierung Cross’ Erfahrungsbegriff gegen den Vorwurf eines willkürlichen Offenbarungspositivismus’ verteidigt, weil die Geisterfahrung ihre eigene Überprüfung fordert. Das ist ein kritisches Moment im wahrsten Sinne des Wortes, weil darin die mögliche Krisis (das Scheitern am Zweifel gegenüber der Absurdität der Geisterfahrung) als Beweisführung – probatio, neben conditio und modus – fungiert, bei der sich Wahrheit als erkenntnisdialektisch gedachte Aufhebung im Heiligen Geist ereignet.

5.3.3.2. Ertrag: narrative, reflektierbare und sozial-kommunitäre Komponente als probatio in Cross’ theologischem Ansatz Mit dieser Kategorie der probatio lassen sich die Komponente der Narrativität und Reflektierbarkeit (I,3.6.) aber auch der besondere sozio-kommunitäre Aspekt des Erfahrungsbegriffs, der im Kontext der holistischen Komponente (I,3.5.2.2.) besprochen worden ist, systematisieren. Die Narrativität der Erfahrung ermöglicht es, diese zu reflektieren und eröffnet zugleich einen kritischen Zugang, der in der Dialektik zwischen Wort und Geist, zwischen Schrift und Erleben geschieht. Dadurch tritt die Wahrheitssuche, die der Erfahrung eingeschrieben sei, in den Vordergrund. Diese bewahrt Cross’ Theologie vor einen Stillstand und treibt sie zu ständiger Prüfung und Gegenprüfung im Sinne einer ständigen dialektischen Bewegung. Die Gewissheitsfrage erhält somit eine objektive Stütze sowohl im Inneren, aber auch im Außen (Schriftlesung in der Gemeinschaft) des Christen, die die Dynamik der Erfahrung jedoch nicht fixiert, wohl aber reflektierbar und kommunizierbar macht. Diese Systematik ermöglicht es, die Gewissheitssuche auch als soziokommunitäres Geschehen zu begreifen, sofern Sprache als grundsätzlich kommunikativ verstanden wird. Durch das narrative Artikulieren des eigenen Erlebens stellt sich der Erfahrende der (kritischen) Reaktion seiner Adressaten und wird somit zur Verantwortung gerufen. Gleichzeitig erfolgt die Kommunikation (Zeugnisbericht, Bekenntnis etc.) im Lichte der Heiligen Schrift, gegenüber der sich der Christ ebenso zu verantworten hat. Cross zufolge sei die Schrift an sich aber leblos, wenn nicht der Heilige Geist aus ihr 110 Probatio im Sinne von versuchen, beweisen, überprüfen, erproben, testen, verifizieren.

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dem Christen entgegentrete und somit nicht nur in die Verantwortung rufe, sondern auch zu selbiger Verantwortung ermächtige. Durch diese probatio erhält die Erfahrungstheologie von Cross eine starke emanzipatorische Ausrichtung.111 Das ist insofern bemerkenswert, weil sich Cross’ Verhältnis zur Aufklärung sonst eher distanzierend, mindestens aber kritisch ist (DHE: 5.14 ; CAP : 43 ; APE: 8.14.35). Beweisführung und Verifikation geschehen qua narrative und reflektierbare Kritik, die im Wechselspiel zwischen Gott, Mitmenschen und Selbst steht. Hierin weist Cross’ Ansatz auch ein egalitäres Moment auf. Durch den Geist sei jeder befähigt die Schrift zu verstehen und das primäre Ereignis, von dem die Schrift zeugt, zu erleben. Die Gewissheitsfrage, die Kritik und Reflexion der göttlichen Wirklichkeit obliegen somit nicht nur besonderen Menschen (etwa einem Klerus), sondern dürfen (und müssen !) die Aufgabe eines jeden Christen sein. Die dafür erforderliche Kompetenz schenke der Heilige Geist, indem er den Christen zur Verantwortung ermutigt und diese ihm zugleich zumutet. Die darin vorausgesetzte Mündigkeit erlange der Christ dadurch, dass er das Wagnis eingeht Wissen über Gott zu erwerben, obgleich dieses Wissen immer ein gebrochenes Wissen ist, dass auf die innere Erleuchtung des Geistes angewiesen sein wird. Es sei diese dialektische Bewegung, die die Freiheit Gottes ebenso wie die Freiheit des Menschen wahrt. Dadurch versucht Cross’ Theologie weder 111 Aufklärung soll hier im Sinne der Definition Kants verstanden werden, die in dem Imperativ sapere aude! zusammengefasst ist: »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines Andern zu bedienen.« (Kant Akad. Wiss. , 8 : 35) Auch die Rede von der Erleuchtung (enlightenment) des Heiligen Geistes ist hierbei zu beachten. Die von Kant geforderte Autonomie gegenüber dem Anderen wird allerdings bei Cross über eine totale Abhängigkeit vom Heiligen Geistes spezifiziert und somit für alle, die sich darauf einlassen zugänglich. Es wäre interessant diese Spezifizierung bzw. Differenzierung zwischen dem menschlichen Anderen und dem absoluten göttlichen Anderen mit den poststrukturalistischen Kategorien eines weiteren Hegelianers, Slavoj Zˇizˇek und dessen Differenzierung zwischen dem Objekt petit a bzw. dem Objekt A weiterzudenken, die Zˇizˇek von Jacques Lacan übernimmt (Zˇizˇek 1989: 87). Hierbei geht es nicht darum einem neuen Trend der Philosophie zu folgen, sondern darum einen Gesprächspartner zu nennen, der für Cross nützlich sein könnte, die Dynamik des Heiligen Geistes (als großes A) in Korrelation mit der Kirche, als Gemeinschaft von Geisterfahrern bzw. Geistträgern, zu bringen. Dies würde Cross Kategorien liefern, die ihm dazu verhelfen größere Klarheit in der Wechselbeziehung zwischen Geist und Kirche, vor allem aber auch zwischen der Versprachlichung der Geisterfahrung, die von der Sprache der Heiligen Schrift geprägt ist (APE : 10), zu schaffen. Schließlich könnte dies auch dazu verhelfen sowohl dem Vorwurf der Schwärmerei bzw. des Individualismus, als auch dem Vorwurf der methodisch unüberprüfbaren pfingstlich-charismatischen Selbstreferentialität, von der sich seine Theologie über weite Strecken abarbeitet (z. B. DHE : 31 f.1 – 10), mit einem analytisch differenzierterem Instrumentarium zu entgegnen.

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einem Gnadendeterminismus (und seiner impliziten Tendenz zu einer Apokatastasis panton), noch einem Semipelagianismus anheim zu fallen. Darin liegt aber auch ein starkes aufklärerisches Moment, denn, wenn mit Luther gesprochen »[theologia est] oratio, meditatio, tentatio« (WA 50 : 658 – 660) und »experientia [. .] facit Theologum« (WA 25 : 106), dann ist es der in der Versuchung erlebte Zweifel, der in die dialektische Krise führt, aus der die dritte Person der Trinität den Christen durch illuminatio scripturae rettet. Das setzt allerdings voraus – so lässt sich Cross im Hinblick auf die menschliche Seite des transformativen Heiligungsprozesses zu Ende denken –, dass der Christ sich der Schrift zuwendet und somit qua relative und geistgeschenkte Agency den Mut ergreift sich aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien und die Narrative seiner Erfahrung zu reflektieren. Die Komponenten der Narrativität, der Reflektierbarkeit und der SozioKommunitarität als probatio systematisiert liefern der Erfahrungstheologie von Cross eine kritische Überprüfung, die dem Erfahrungsbegriff selbst eingeschrieben ist. Damit schließt sich der Kreis zu den als conditio systematisierten Komponenten, weil die theologia ex fide und ex experientia ein kritisches Moment qua Gewissheitssuche ex reflexione pneumatica erhält. Dahinter steht ein Wahrheitsbegriff, der von einer Korrespondenz zwischen Offenbarungsereignis, Schrift und Narrativ ausgeht, wobei durch das Entrücktsein des Primärereignisses ein Rest an Apophatik übrigbleibt, weshalb Cross von einem Zugriff zweiter Ordnung spricht. Anders als in Barths Theologie bedeutet die Unmöglichkeit der Versprachlichung bei Cross aber nicht Unmöglichkeit der Erfahrung. Eine Absage an die mystisch (im Sinne Cross’ als mysteriös) verstandene Erfahrbarkeit möchte Cross’ Theologie gerade nicht, weshalb er in Beibehaltung der sprachlichen Unerreichbarkeit des Primärereignisses auch eine ontische erfahrbare Erreichbarkeit des Initialereignisses (als geistgewirkte Teilhabe an der trinitarischen Wirklichkeit) hervorhebt (vgl. I, 3.6.3.).112 Mit dieser Dialektik kann Cross also einerseits seine (am ehesten noch als platonisch zu bezeichnende) Ontologie einer qualitativen Unerreichbarkeit, die sich einer vollständigen Versprachlichung entzieht, beibehalten. Andererseits braucht er aber nicht von einer ontischen Erfahrbarkeit der Wirklichkeit dieses Initialereignisses (Trinität) abzurücken, die als Partizipation stattfindet. Die Wahrheit der Erfahrung Gottes bestehe somit in der relativen (weil eingeschränkten) Korrespondenz des Narrativs bzw. der Reflexion dieser Wirklichkeit. Freilich ist das auch nur ein 112 »As Clark Pinnock has noted, ›The mythos (story) leads to logos (intelligibility)‹, and as a Pentecostal I would add that the Spirit confronts a person with the reality of God in the story and in one’s present situation, thereby affecting one’s cognitive response to the event.« (Cross 2000: 36)

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

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Moment, das der Heilige Geist als Subjekt bewirkt. Diese erfahrbare Erreichbarkeit pneumatisch(-erleuchtet) zu reflektieren, sei das Recht und die Pflicht eines jeden Christen, damit der daraus entstehende Glaube kein irrationales sacrificium intellectus, sondern eine fides quaerens intellectum ist (DKB: 124 f, vgl. auch Cross 2000 : 36).

Unio cum Christo

Christus praesens

Finitum capax infiniti

Topos

Funktion

Grundsätzliches Problem: Wie kann das Unfassbare unmittelbar fassbar sein?

Grundsätzliches Problem der Unmittelbarkeit (als logische Antinomie einer an Transzendenzwahrunginteressierten Theologie) wird biblisch-theologisch u. pneumatisch-empirisch aufgelöst. Wie ist die Unmittelbarkeit Spezifizierung geschieht über der unmittel- Gleichzeitigkeit baren Erfahmit Christus, die rung denkder Heilige Geist bar? wirkt. Gleichzeitigkeit hat ihre Ort in Gott (qua reale Partizipation, Theosis, an der Intimität der perichoretischen Trinität).

Beschreibung

Modus (Raum)

Modus (Zeit)

Conditio u. Prinzip

Kategorie

Partizipatorisch u. transformativ (besonders Intimitätscharakter I,3.4.) Holistisch (noetisch, mystisch, transnatürlich, affektiv I,3.5.)

Komponente (aus I,3.) Offenbarungscharakter (Abgrenzung von allgemeiner Erfahrung u. Anbindung an trinitarischen Gott, I,3.1.) Persönlich u. relational (I,3.2.). Unvermittelt u. Geistlich/geistlich (I,3.3.)

Tabelle 1: Implikationen und Ertrag des Erfahrungsbegriffs von Terry L. Cross

Soteriologische PneumatologiNeuschöpfung sche Soteriologie wird ernstgenommen (keine Subordination, Geist ist Spiritus Creator).

Christologie wird Pneumatologipneumatologisch sche Christologie qualifiziert u. somit trinitarisch (im vollen Sinne),

Dogmatischer Schwerpunkt PneumatologiPneumatischsche Prolegomeempirisch u. biblisch-theologina (religionswissensch. u. empisches Prinzip (Ausgangspunkt) risch, korreliert als Bedingung für mit der OffenbaErfahrungsberung Jesu Christi griff und Erfahin der Heiligen rungstheologie, Schrift). Leistung

Theologischer Realismus i. S.v. Methexis als schlechthinniger Modus theologisch qualifizierten Seins. Existenzielle u. realontologische Soteriologie (Partizipation u. Transformation, nicht nur forensische Proposition), Heiligung. Ethische Konsequenzen.

Erfahrungstheologie geschieht ex fide und ex experientia (in gegenseitiger dialektischer Bewegung, aber in Abgrenzung von Spekulationen). Gottesbegriff: Der trinitarische Gott der christlichen Bibel, ist darin einzigartig, dass er Menschen eine unmittelbare Nähe erlaubt (Kenosis des Geistes) ohne seine Souveränität einzubüßen.

Ergebnis

5.3.4. Zusammenfassung: Systematik und Implikationen des Erfahrungsbegriffs von Cross für eine Erfahrungstheologie

118 Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Beschreibung

Woher kommt die Gewissheit, dass diese Wahrheit richtig ist?

Topos

Internum testimonium Spiritus Sancti

(Fortsetzung)

Die objektive Seite der Unmittelbarkeit, ist die Gewissheit die vom Geist gewirkt ist, aber in Wechselwirkung mit dem Zeugnis der Schrift steht.

Funktion

Komponente (aus I,3.) Narrativ u. reflekProbatio tierbar (I,3.6.) (äußere sozialkommunitär bzw. objektive Ge- (I,3.5.3.2.) wissheit) Kategorie

Dogmatischer Schwerpunkt Freiheit, Mündig- Pneumatologikeit u. Verantsche Beweiswortung werden führung u. Veriernstgenommen. fikation Mündigkeit wird dialektisch sowohl vom Geistwirken her verstanden, als auch vom Wissen. Leistung

Rechenschaft der theologia ex fide und ex experientia qua relfectione pneumatica. Emanzipatorisches u. egalitäres Moment (jeder ist mündig, der persönliche Gewissheit wagt). Kein Gnadendeterminismus / Apokatastasis panton.

Ergebnis

Systematik der Komponenten des Erfahrungsbegriffs

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120

6.

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Ertrag und Einordnung in Cross’ Ekklesiologie

Wie wirkt sich dieser Erfahrungsbegriff auf eine Theologie in concreto aus? Was leistet er, abseits seiner Programmatik, für einen konkreten Locus der Dogmatik? Wie sieht die Realisierung einer Erfahrungstheologie aus? Anhand einer knappen Gegenprüfung der erarbeiteten Ergebnisse mit Cross’ ekklesiologischem Hauptwerk, The Church a People of God’s Presence and Power (abgekürzt CAP), soll gezeigt werden, wie Cross diesen Erfahrungsbegriff operationalisiert. Der Rückgriff auf die Systematik anhand der Kategorien conditio, modus und probatio soll es dabei erleichtern, die komplexe Dialektik von Cross’ Erfahrungsbegriff abzurufen, ohne den gesamten Gedankengang rekapitulieren zu müssen, der dem Erfahrungsbegriff konstitutiv innewohnt. Die zu Beginn der Untersuchung zusammengetragenen Komponenten des Erfahrungsbegriffs von Cross sind aus dem vierten Kapitel seines ekklesiologischen Hauptwerkes entnommen, das zugleich die Zusammenfassung der zugrundeliegenden Fundamentaltheologie darstellt. Somit ist seine Ekklesiologie bereits indirekt angeschnitten worden. Nach einem knappen Abriss der Struktur und These von CAP, kann daher anhand der hergeleiteten Systematik der Ertrag aufgezeigt werden, den der Erfahrungsbegriff von Cross in seiner Ekklesiologie leistet.

6.1.

The Church: A People of God’s Presence and Power – These und Struktur

Im Folgenden sollen die These und der Aufbau von Cross’ ekklesiologischen Hauptwerkes skizziert werden. 6.1.1. The Church: A People of God’s Presence and Power – Anliegen und These Das Hauptanliegen von Cross’ Ekklesiologie ist bereits aus dem Titel zu entnehmen: Die Kirche als das Volk Gottes. So bezeichnet Cross die lokale, aber auch universale Gemeinschaft von Menschen, die in der geistgewirkten unmittelbaren Erfahrung des trinitarischen Gottes leben (conditio). Durch Gottes gnadenhaften Willen führe der Heilige Geist den Menschen direkt in eine intime unvermittelte Begegnung mit Gott, wodurch der Mensch Anteil am Wesen Gottes bekomme. Diese unvermittelte Begegnung könne als Gleichzeitigkeit und unio cum Christo, die in perichoretischer Durchdringung des Heiligen Geistes geschieht, beschrieben werden (›raum-zeitlicher‹ Modus). Kraft dieses Hineingenommenseins in Gott als Partizipation an der Trinität erfahre der Mensch eine Theosis, die ihn grundlegend in seinem eigenen Wesen transformiere. Die Transformation sei, ebenso wie die Partizipation, nicht metaphorisch oder hy-

Ertrag und Einordnung in Cross’ Ekklesiologie

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perbolisch zu verstehen, sondern im realen Sinne einer Verwandlung der personalen relationalen Natur des Menschen, die zunehmend die Attribute Gottes – den Charakter Jesu Christi – erhalte (modus). Diese Erfahrung dränge zu Weitergabe und Bezeugung anderen Menschen gegenüber und vor allem anderen, die den Geist erfahren haben, gegenüber und impliziere eine Reflexion, die sich in der Sprache und in der Prägung der Heiligen Schrift vollziehe (probatio). Gegen traditionelle Ekklesiologien besagt CAP somit, dass die Kirche die Gegenwart Gottes nicht vermittelt, sondern dass diejenigen, die zu ihr gehören, die Gegenwart Gottes im hic et nunc erfahren bzw. an ihr unvermittelt teilhaben. Das Wesen der Kirche, bestehe darin, das zu sein, wozu sie von Gott gerufen (ekklesia) bzw. berufen sei (CAP: 3 – 14). 6.1.2. The Church: A People of God’s Presence and Power – zweigliedrige Struktur Dieser indikativische Imperativ wird in CAP anhand von zwei Teilen durchdekliniert. Der erste Teil (God and the People of God, Kapitel 1 – 8) behandelt die systematisch-theologischen Grundlagen vom Verhältnis zu Gott ausgehend betrachtet, der zweite Teil (The People of God and Leadership Kapitel 9 – 16) fragt nach deren praktischen und pastoraltheologischen Konsequenzen. Nach einer Einleitung, die zusammen mit einem dogmenschgeschichtlichen Abriss und einem Überblick unterschiedlicher Grundtypen von Ekklesiologien (Kapitel 1) die oben skizzierte These vorstellt, wendet sich CAP der Gotteslehre (The Nature of God, Kapitel 2) zu. Hier macht Cross deutlich, dass nur Christus der eine Mittler zwischen Gott und den Menschen ist und nutzt dies als offenbarungstheologischen Ausgangpunkt, um eine analogia fidei einzuführen, die für seine gesamte Lehre von der Kirche ausschlaggebend ist. In Christus werde die Trinität offenbart, mit der die Struktur der Kirche – so ihre Berufung – korrespondieren soll. Daraufhin legt Cross in The Nature of the People of God (Kapitel 3) die Anthropologie seiner Ekklesiologie dar und führt diese beiden Entitäten unter der Überschrift The Encounter Between God and Humans (Kapitel 4) zusammen. Auf diese ersten vier fundamentaltheologischen Kapitel folgt eine Besprechung der grundsätzlichen Task of the People of God in Community (Kapitel 5). Cross definiert die Kirche in Bezug auf Gott, d. h. als das Volk Gottes, das zwischen den Zeiten existiert und in erster Linie für Gott – »To Glorify God« (CAP: 56ff) und »To Enjoy God Forever« (CAP: 64ff) – lebt. Als Teilhaber an der Trinität, die wesentlich missional, sprich liebevolle Hingabe schlechthin ist, sei auch die Kirche wesentlich missional (»The People of God Reach Out«, CAP: 77). Dies sei allerdings nicht als Ergebnis einer Handlung, sondern das Ergebnis des Seins der Kirche. Erst an dieser Stelle erfolgt in Cross’ Ekklesiologie die Lehre von den Sakramenten, die bezeichnenderweise unter der Überschrift The People

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

of God Perform Sacred Rituals as Acts of Commitment (Kapitel 6) behandelt wird. Der Wortverkündigung widmet er unter The Proclamation of the Word (Kapitel 7) allerdings eine eigene Besprechung. Schließlich wird dieser erste Teil mit der Frage nach The People of God in the World (Kapitel 8) abgeschlossen. Der zweite Teil führt über eine Bestandsaufnahme bezüglich der Present Condition of the Church and Its Leadership (Kapitel 9) zur Besprechung The Nature and Mission of the Church (Kapitel 10). Anschließend geht Cross dazu über, das Thema Leiterschaft im engeren Sinne zu besprechen. Ausgehend von einem Abriss des Historical Development of Church Leadership (Kapitel 11) und einer Scriptural Foundation for Leadership In the Church (Kapitel 12) nimmt Cross Themen wie Frauenordination (The Role of Women in the Church and in Relation to Leadership, Kapitel 13), allgemeines Priestertum (A Kingdom of Priests, Kapitel 14) und besondere Calling, Ordination and Full-Time Ministerial Service (Kapitel 15) auf. Im darauf folgenden Kapitel stellt er sich dem in der pfingstlich-charismatischen Bewegung oftmals monierten Machtmissbrauch, der mit charismatischen Befähigungen verbunden ist (Spiritual Authority or Spiritual Abuse?, Kapitel 16). Das letzte Kapitel bespricht Practical Aspects of Biblical Leadership (Kapitel 17) und mündet in einen Epilog, der mit der offenen Frage Can We Establish a New Testament Pattern in a Twenty-first Century Church? (Kapitel 18) zur Selbstreflexion aufruft.

6.2.

Ertrag für eine erfahrungstheologische Ekklesiologie

Durch die bisherige ausführliche Rekonstruktion, Systematisierung und Kontextualisierung des Erfahrungsbegriffs von Terry Cross ergibt sich dessen Einordnung in Cross’ Ekklesiologie fast von selbst. Auch die Gliederung von CAP stimmt weitgehend mit den drei Kategorien überein, die zur Systematik erarbeitet worden sind. Die unter conditio systematisierten Komponenten stellen die Bedingung und das Prinzip von Cross’ Ekklesiologie dar: Weil das Unfassbare kraft des Absurden im Heiligen Geist fassbar ist, könne das Sein der Kirche dem Sein der Trinität entsprechen und an ihr teilhaben. Dies sei jedoch nicht als Automatismus zu verstehen, sondern verdanke sich dem souveränen Willen Gottes, der Gefallen daran findet, die Kirche in eine personale Korrespondenz zu seinem relationalen Wesen zu erheben (CAP: 16 – 21). Im Unterschied zu traditionellen Ekklesiologien113 definiert Cross die Kirche daher nicht als Mittlerin des Heils, sondern als 113 Obwohl sich Cross hier in scharfer Abgrenzung zur katholischen Lehre der Kirche positioniert, tut er dies keineswegs auf polemische Weise. Cross gehört neben Cecil M. Robeck, Veli-Matti Kärkkäinen, Frank Macchia und vielen anderen mehr zu den bekannteren

Ertrag und Einordnung in Cross’ Ekklesiologie

123

Volk, das den einzigen Heilsmittler,114 Jesus Christus, durch den Heiligen Geist auf unvermittelte Weise erfahre. Eine Ekklesiologie, die die Kirche als Mittlerin sieht, nehme laut Cross die Relationalität der Trinität nicht richtig ernst. Zu diesem Schluss gelangt Cross nach einer kritischen Auseinandersetzung mit der Ekklesiologie Karl Rahners. In dessen Konzept von Kirche als Sakrament sieht Cross ein implizites Emanationsmodell am Wirken, bei dem der Sohn das Sakrament des Vaters und die Kirche das Sakrament Christi darstelle, wobei für den Heiligen Geist nur eine untergeordnete, sekundäre Rolle übrig bleibe (CAP: 5). Eine solche sakramentologische Ekklesiologie lege auch einen Automatismus nahe, der die Freiheit und Souveränität Gottes beeinträchtige, statt dessen Gegenwart in der Gemeinschaft der Heiligen als freien Willensentschluss zu verstehen (CAP: 5.16 – 108). Ferner sei solch ein Ekklesiologietyp mit einer biblischen Hermeneutik des realen Wirkens Gottes, die die Empirie der pfingstlich-charismatische Bewegung charakterisiert, nicht vereinbar. Nur eine Erfahrungsekklesiologie, die Kirche als Ensemble all jener begreift, die Gott direkt erfahren, sei eine Ekklesiologie, die die Zeugnisse der Apostelgeschichte ernstnimmt (CAP: 10 – 13).115 Diese empirische und biblisch-theologisch hergeleitete pneumatologische Theozentrik als Bedingung der Möglichkeit für Kirchesein (entsprechend dem capax) wird durch die die Task of the People of God in Community (CAP: 53 – 83) konkretisiert. Hier kommen die unter modus systematisierten Aspekte des Erfahrungsbegriffs von Cross stärker zum Tragen. Als gemeinschaftliches Volk pfingstlichen Theologen, die sich – trotz etlicher Kritik aus den eigenen Reihen – sehr stark im Ökumenischen Dialog engagieren (Cross 2006a: 5ff). 114 Mit der Abgrenzung von Ekklesiologien der Mittlerschaft folgt Cross wiederum Karl Barths Ekklesiologie, die er jedoch mit Miroslav Volfs (CAP: 18) und Clark Pinnocks (CAP: 17 – 19) sozialer Trinitäts- bzw. Kirchenlehre weiterdenkt und pneumatologisch vervollständigt. Einen diametral entgegengesetzten ekklesiologischen Ansatz vertritt der singapurische Pfingsttheologe Simon Chan. In Abgrenzung zu soziologischen Definitionen und mit dezidierter Kritik an Moltmann, Hollenweger und Volf, aber auch Pannenberg und Welker (Chan 2000: 196ff), formuliert Chan, ebenfalls von der dritten trinitarischen Person und der Geisterfahrung ausgehend, eine Ontologie der Kirche, der qua totus Christus ein wahrheits- und damit heilsvermittelnder Status zukommt. Wahrheitsvermittlung aber, so Chan, komme ohne Lehrbildung nicht aus. Damit operiert der Beitrag – im Kontrast zu Cross’ Ansatz – mit einem grundsätzlich positiven Traditionsbegriff, der sich stark an die römisch-katholische Vorstellung des apostolischen Lehramts anlehnt. Chan rechtfertigt dies damit, dass jede Auffassung von sola scriptura implizit ja doch von einer Kontinuität zur regula fidei und damit auch von einer Sukzession ausgehen müsse, sofern sie einen Wahrheitsanspruch erhebt (und verwirft somit zunächst jeglichen Unmittelbarkeitsanspruch). Das entscheidende dynamische Element führt er jedoch dadurch ein, dass er die lex credendi (Dogma) in einer konstitutiven und pneumatologischen Wechselwirkung mit der lex orandi (Spiritualität) betrachtet, die auch ein eschatologisches Korrektiv gegen Rückwärtsgewandtheit, Starrheit und Machtmissbrauch biete (Chan 2004, 2003). 115 In diesem Zusammenhang kritisiert Cross auch die historisch-kritische Exegese, deren Errungenschaften er nicht verwirft, der er jedoch in Anlehnung an Timothy Johnson den Vorwurf macht, die gesamte Dimension der Erfahrung in der Schrift, auf Grund eines abstrusen Rationalismus, einfach ignoriert zu haben (CAP: 13).

124

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Gottes, das zwischen den Zeiten lebt, bestehe die Aufgabe der Kirche in erster Linie darin, »To Glorify God« (CAP: 56ff) und »To Enjoy God Forever« (CAP: 64ff), indem sie als Gemeinschaft der Erbauung, Beziehungen pflegt, Jüngerschaft übt und Räume für Zeugnis, (Sünden-)Bekenntnis, gegenseitiges Segnen und gegenseitige (Öl-)Salbung ermögliche. Damit sind alle Aspekte angesprochen, die für Cross den ganzheitlichen Menschen ausmachen und wodurch die Geisterfahrung zu ihrem spontanen Ausdruck gelange. Als Teilhaber der Trinität, die wesentlich missional, sprich liebevolle Hingabe schlechthin ist, sei auch die Kirche grundsätzlich missional (»The People of God Reach Out«, CAP: 77). Allerdings sei dies nicht das Ergebnis einer Handlung, sondern als das spontane Ergebnis des Seins der Kirche zu verstehen. Weil die Christen als Volk Gottes nicht nur Christus, sondern die volle (lies: ganzheitliche) Trinität erfahren (CAP: 11), und weil Trinität kein ätherisches Konstrukt, sondern der Modus der Kirche ist, sei die Kirche weder Mittlerin, noch Empfängerin, sondern direkte Teilhaberin am missionalen Sein der Trinität (CAP: 16 ff.41 – 83). Hier kommt die pneumatologische Partizipationslehre Cross’ zum Tragen. Wie der Heilige Geist der Schöpfer des österlichen Auferstehungsleibes Christi ist, so ist er in Cross’ Theologie auch der Schöpfer der Kirche als nachösterlichem Leib Christi post ascensionem. Cross’ Ekklesiologie folgt aus der Soteriologie, die als pneumatologische Neuschöpfung zu verstehen sei. In ihr werde der Christ partizipatorisch qua Theosis in Gott hineingenommen und transformiert. Dies bringe weitreichende ekklesiologische Auswirkungen mit sich, die darin bestehen, dass die Kirche kein lediglich soziales Gefüge neben anderen, sondern Gottes reale Verherrlichung auf Erden sei.116 Daraus folge wiederum, dass die Kirche nichts tun müsse, sondern qua Partizipation und Transformation durch ihr Kirche-Sein eine reale transformative Rolle in Gesellschaft und Welt innehabe. Die Heiligung und Verantwortung des Menschen gegenüber Gott und Mensch, stehen hier in dialektischer Ergänzung dem Heils- und Heiligungsindikativ gegenüber (CAP: 37 – 83.194 – 207). Die Tatsache, dass die Kirche nichts tun müsse und keine Heilsmittel verwalte, sondern der Heilige Geist direkt im Menschen das Heil bringe, wodurch die Christen als Kirche an der Partizipation und Transformation teilnehmen, lässt sich an Cross’ Sakramentologie näher erläutern. In einer sehr ausladenden Diskussion, die unter anderem auch unterschiedlichen Theologen von Calvin, über Barth bis hin zu Karl Rahner und Frank Macchia en d¦tail erörtert (The People of God Perform Sacred Rituals as Acts of Commitment, CAP: 84 – 158)117, erklärt Cross, 116 Unter dem von der Stoßrichtung her ökumenischen Kapitel The Nature and Mission of the Church stellt sich Cross der Frage nach dem Unterschied zwischen Kirche als »human organization« und »divine organism« (CAP: 194 – 207). 117 Auf die Auseinandersetzung mit Frank Macchias Sakramentologie kann hier leider nicht

Ertrag und Einordnung in Cross’ Ekklesiologie

125

dass die Sakramente (Taufe, Abendmahl und Fußwaschung) keine Heilsmittel seien, sondern Möglichkeiten darstellen, durch die das Volk Gottes auf das unmittelbar erfahrene Heil antworten dürfe. Hier lehnt er sich stark an Barth an, der die Mündigkeit der Christen hervorheben wollte und versucht auch den Terminus Sakrament auf Grund seiner ex opere operato Tradition zu vermeiden bzw. ersetzt ihn mit Stanley Grenz’ Bezeichnung der acts of commitment118 (CAP: 84 – 158). Obwohl Gott unmittelbar erfahren werden kann und werden sollte, dürfe eine vermittelte Erfahrung Gottes nicht kategorisch ausgeschlossen werden, denn das würde Cross zufolge wieder eine Begrenzung der Souveränität Gottes bedeuten. Allerdings sei solch eine Mediation grundsätzlich sekundär, Mittlerschaft sei nicht die Hauptaufgabe, sondern lediglich ein Epiphänomen in der Ekklesiologie Cross’. Dass die Kirche nichts tun müsse, sondern, auf Grund ihrer Partizipation an der Trinität, Gottes Verherrlichung auf Erden sei, bedeute weiterhin, dass in erkenntnisdialektischer Analogie zur Trinität innerhalb der Kirche eine Einheit in Einheit und Verschiedenheit herrschen sollte. Entsprechend der Trinität funktioniere die Kirche daher weder hierarchisch, noch anarchisch119, sondern in polyzentrischer Selbstzurücknahme. Mit anderen Worten: Die Individualität der einzelnen Christen dürfe nicht auf dem Altar des Kollektivs geopfert werden, was einem Totalitarismus gleichkäme, sie dürfe aber auch nicht in einen solipsistischen Individualismus führen. Entsprechend der dialektischen Beibehaltung des qualitativen Unterschieds, trotz Partizipation und Transformation, müsse hier eine Einheit in Vielheit das Sein der Kirche bestimmen. Im zweiten Teil von CAP (Leadership and the People of God), geht Cross konkreter auf die Konsequenzen eingegangen werden. Macchias früher systematisch-theologischer Aufsatz Tongues as a Sign: Towards a Sacramental Understanding of Pentecostal Experience (1993) stellt einen originellen Versuch dar, Glossolalie als Sakrament zu verstehen. Die kreative Sprengkraft dieser These liegt nicht nur in ihrer Auseinandersetzung mit der klassisch-pfingstlichen Lehre der Glossolalie als Anfangserweis der Geisttaufe, sondern vielmehr in ihrer Provokation der pfingstlichen Sakramentenlehre. So versteht Macchia die Zungenrede mit all ihrer Spontaneität und Unkontrollierbarkeit als objektives Zeichen für das Hereinbrechen der Transzendenz in die Immanenz. Der gemeinschaftliche Rahmen, in dem dieses Zeichen seine Sinnhaftigkeit erhält, verhindert dabei die destruktiven Kräfte einer rein subjektiv und mystisch verstandenen Theologie der Zungenrede. Cross begrüßt die ökumenische Ausrichtung, weigert sich allerdings den Automatismus zu übernehmen, der dieser Position inhärent ist. Das Hauptproblem besteht m. E. allerdings weniger im Automatismus, der bei Macchia ja gerade durch die eigentliche Unverfügbarkeit genuiner Zungenrede dialektisch umgangen wird, sondern darin, dass Macchias Sakramentalverständnis die Unmittelbarkeit an ein Zeichen bindet und somit eine Mittelbarkeit postuliert (CAP: 111 – 113). 118 »The phrase, ›acts of commitment‹, is borrowed directly from Stanley Grenz. In an ingenious theological move, he combines the idea of ritual or act with sacramentum (oath of fidelity) and suggests believers need not use the terms ›ordinance‹ or ›sacrament‹ but rather ›acts of commitment‹, since this more clearly describes the rite and its meaning.« (CAP: 115, Hervorhebung original) 119 Bei Cross ist dies ein Synonym für destruktives Chaos.

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Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

hinsichtlich der Gemeindeleitung bzw. -struktur dieser Partizipation und Transformation ein. Ausgehend von einem Abriss des Historical Development of Church Leadership (CAP: 208 – 236) über eine Scriptural Foundation for Leadership in the Church (CAP: 237 – 261) nimmt Cross Themen wie Frauenordination (The Role of Women in the Church and in Relation to Leadership, CAP: 263 – 292) und allgemeines Priestertum (A Kingdom of Priests, CAP: 293 – 303) auf. Die Gabenvielfalt, die darin besteht, dass sich jeder Christ in einer an der Trinität partizipierenden und sich in Gleichförmigkeit zur Trinität transformierenden egalitären Gemeinde einbringen dürfe und solle, schließe jedoch auch nicht aus, dass gewissen Ämter eine besondere Calling, Ordination and Full-Time Ministerial Service (Kapitel 15) zukommt. Ebenso sei es auch nicht auszuschließen, dass gewisse Charismata in bestimmten Ämter »localized« (APE: 22) sein könnten.120 Allerdings dürfe dies nicht von einer grundsätzlich an der hierarchielosen Trinität angeglichenen dynamischen Ämterlehre abrücken. Selbstkritisch stellt sich Cross in diesem Zusammenhang auch dem Machtmissbrauch, der in der pfingstlich-charismatischen Bewegung oftmals moniert wird. Unter der Überschrift Spiritual Authority or Spiritual Abuse? (CAP: 304ff) differenziert Cross zwischen Priestertum aller Gläubigen, gänzlicher Abwesenheit einer Leiterschaft und Autoritätsusurpation charismatischer Persönlichkeiten und schließt damit den Kreis zum ersten Kapitel, indem er die Gotteslehre als dynamische Selbstzurücknahme beschreibt und für eine entsprechende Strukturänderung plädiert: »First the structure must be changed. Instead of a single pastor-oriented church, we need a Christ-focused, body-oriented church. Instead of a hierarchy where everything must go through one person or group, we need a pattern of servant leadership where others are stirred to follow our examples as we follow Christ. The body of Christ must be allowed to minister to each other – not expecting a pastor or eldership to do so.« (CAP: 322)

Diese schutzlos-ehrliche Spitze gegen die Praxis seiner eigenen Bewegung weist auch schon auf den hohen selbstkritischen Reflexionsgrad (besonders gegen Ende des Werkes), der Cross’ Theologie zu einer ständigen probatio, im Sinne einer ständigen Überprüfung der eigenen Rede auf der Suche nach Wahrheit, treibt. Diese geschieht, wie anhand der unterschiedlichen Profile der Kapitel seiner Ekklesiologie deutlich geworden ist, sowohl mit Blick auf die Schrift (etwa 120 »Honestly, I began to re-think my position on this last year when a Roman Catholic priest challenged me as to why I felt the gifts of the Spirit were designed mainly as spontaneous activities and could not be localized in an office (like bishop). My initial response was typically Pentecostal: I have seen bishops be all too human and instead of offices serving God’s purposes and the people of God, frequently they serve themselves or the perpetuation of ›their‹ church. How can this be something that is ›Spirit-given‹? But I have begun to change my thinking on this, and Pinnock’s address has pushed me further in this way.« (APE: 20)

Ertrag und Einordnung in Cross’ Ekklesiologie

127

die exegetischen Annäherungen zur Ämterlehre, CAP: 238ff), als auch in der dialektischen Wechselwirkung zwischen Erfahrung und Gemeinschaft (wie etwa die dogmen- und kirchengeschichtlichen Abhandlungen zeigen, CAP: 4 ff.208ff), wobei der Heilige Geist jeweils die innere Gewissheit bewirkt. Da es sich bei einer Ekklesiologie nicht um ein abstraktes Theologieprogramm handelt, sondern um die konkrete Anwendung eines erfahrungstheologischen Ansatzes, greifen die Komponenten, die unter die Kategorie modus und probatio systematisiert wurden, ineinander über, bauen auf der conditio auf und erhellen sich gegenseitig auf dialektische Weise. Dennoch lässt sich festhalten, dass Cross’ Ekklesiologie als gesamtes den expliziten Anspruch erhebt, kritisierbar zu sein und kritisiert werden zu wollen. Kompetent dazu sei jeder, der den Anspruch erhebt den Geist erfahren zu haben. Cross zufolge dränge jede Reflexion über Gott, die sich einer Erfahrung mit dem Heiligen Geist verdankt, zur Narration und zum Austausch, weil Gottes trinitarisches Wesen Selbsthingabe und Selbstmitteilung par excellence sei. Die objektive Stütze im Inneren und außerhalb des Christen, die als Erfahrung Gewissheit verschafft, sich sogleich wieder an der Sprache bricht und damit auf den Geist verweist, sei dabei zunächst in der Schrift als Kriterium der Kirche zu finden. So schließt der Epilog mit der offenen Frage: Can We Establish a New Testament Pattern in a Twenty-first Century Church? Das, was aber aus der Schrift heraus artikuliert wird (in narrativer bzw. reflektierbarer Struktur), müsse sich seinerseits auch wieder an der Empirie und an der Wirklichkeit ihrer eigenen Verkündigung messen. Wie bereits im Zusammenhang der Überlegungen zum Priestertum aller Gläubigen, zur dynamischen Ämterlehre und zum vielfältig-reziproken Gabenaustausch deutlich geworden ist, ist Cross’ Erfahrungstheologie eine emanzipatorische, egalitäre und aufklärerische Theologie, die die Freiheit und Verantwortlichkeit des Menschen gegenüber Gott, sich selbst und der Gemeinschaft ernst nimmt. Diese kritische Selbstüberprüfung (probatio) drücke aber zugleich die Selbstverpflichtung aus (commitment, CAP: 157), die eigene Mündigkeit (maturity, CAP: 134) wertzuschätzen und sie durch die Heilige Schrift weiter zu stabilisieren (in dem Wissen, dass Mündigkeit coram deo als gnadenbedürftige Mündigkeit zu verstehen ist). Darüber hinaus – und das ist gerade im Zusammenhang mit Kirche unentbehrlich – drücke die Selbstüberprüfung auch die Selbstverpflichtung aus, die Mündigkeit des anderen zu schätzen und zu respektieren. Das bedeute sich vom anderen und dessen Freiheit Zuspruch und Anspruch in demütiger Erwartung des unmittelbar erfahrbaren Unerwarteten im hic et nunc gefallen zu lassen.

Zusammenfassung: Der Erfahrungsbegriff von Cross in seiner erfahrungstheologischen Ekklesiologie

Probatio (äußere bzw. objektive

Internum testimonium Spiritus Sancti

Modus (Raum)

Unio cum Christo

Modus (Zeit)

Christus praesens

Narrativ u. reflektierbar Sozialkommunitär

Partizipatorisch u. transformativ Holistisch

Topos, Kategorie Komponente Finitum capax infiniti Offenbarungscharakter Persönlich u. relational UnverConditio u. mittelt u. Geistlich/ Prinzip geistlich

Ekklesiologischer Ertrag Der Trinität entspricht dasWesen d. Volk Gottes, weil Gott sich in Korrespondenz dazu offenbart. Kirche ist keine Mittlerin, Christus ist durch den Heiligen Geist der Mittler, der unmittelbar erfahren wird. Biblische Hermeneutik d. realen Wirkens Gottes. Ekklesiologie, die sich an d. Apostelgeschichte orientiert. Gottes Gegenwart in kirchl. Gemeinschaft ist kein Automatismus, sondern ein freier Willensentschluss. Christen erfahren nicht nur Christus, sondern die volle Trinität. Trinität ist kein ätherisches Konstrukt, sondern der Modus d. Kirche. Geist ist Schöpfer d. Auferstehungsleib Christi, also auch d. Schöpfer d. Kirche als Leib Christi: Ekklesiologie erfolgt aus der Soteriologie. Kirche ist nicht soziales Gefüge neben anderen, sondern Gottes reale Verherrlichung auf Erden. D.h. Kirche besitzt qua Kirche-Sein eine reale transformative Rolle in Gesellschaft und Welt (Relevanz). Einheit in Einheit und Verschiedenheit: Individualität, ohne Totalitarismus d. Kollektivs oder Individualismus (entsprechend d. dialektischen Beibehaltung des qualitativen Unterschieds, trotz Partizipation und Transformation). Kirche ist weder Mittlerin, noch Empfängerin, sondern Teilhaberin am missionalen Wesen d. Trinität. Ekklesiologie funktioniert im Heilsindikativ, trotz normativer Struktur. Freiheit, Mündigkeit u. Emanzipatorisches Schrift als Kriterium d. Kirche, das sich aber an der Wirklichkeit Verantwortung wird u. egalitäres Moment. ihrer eigenen Verkündigung messen muss. Priestertum aller ernstgenommen. Mün- Kein GnadenGläubigen – dynamische Ämterlehre. Gabenvielfalt u. Gabendigkeit wird dialektisch determinismus/ austausch: jeder darf u. soll beitragen. Sakramentologie: Sakrasowohl vom Geistwirken Apokatastasis panmente sind keine Heilsmittel, sondern acts of commitment her verstanden, als auch ton. Kerygma darf den Menschen nicht entmündigen, sondern muss vom Wissen. ihn in seiner Freiheit respektieren u. stärken.

Ergebnis Erfahrungstheologie geschieht ex fide und ex experientia. Einzigartigkeit d. trinitarischen Gottes (unmittelbar und souverän zugleich). Christologie wird pneu- Theologischer Reamatologisch qualifiziert lismus i. S.v. Methu. somit trinitarisch (im exis als schlechthinvollen Sinne). niger Modus theologisch qualifizierten Soteriologische Neuschöpfung wird ernstge- Seins. nommen (keine Subor- Existenzielle u. realdination, Geist ist Spiri- ontologische Soteriologie (Partizipatus Creator). tion u. Transformation), Heiligung. Ethische Konsequenzen.

Leistung Pneumatisch-empirisches u. biblisch-theologisches Prinzip als Bedingung für Erfahrungsbegriff und Erfahrungstheologie.

Tabelle 2: Der Erfahrungsbegriff von Cross in seiner erfahrungstheologischen Ekklesiologie

6.3.

128 Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

Zusammenfassung: Erkenntnistheorie des Erfahrungsbegriffs von Cross

7.

129

Zusammenfassung: Erkenntnistheorie des Erfahrungsbegriffs von Cross

Cross’ Versuch Transzendenz und Immanenz in ein operationalisierbares Verhältnis zu bringen geschieht somit über den Geist-Erfahrungsbegriff, dem eine Dialektik zugrunde liegt. In seiner Erfahrungstheologie wird die Transzendenz in der Immanenz aufgehoben. Dies stellt eine erkenntnisdialektische Bewegung dar, weil die Bewegung von der Transzendenz selbst ausgeht, die die Immanenz in eine Teilhabe an der Transzendenz (hinauf-)hebt. Theologisch ausgedrückt: Der Mensch (finitum) kann Gott (infinitum) fassen, weil Gott selbst qua dritte Person der Trinität ihn dazu ermächtigt. Durch diese trinitarische Dialektik vollzieht Cross’ Ansatz einerseits eine radikale Selbstbeschränkung, die darin besteht, dass das Prinzip das kontingente Ereignis der Inkarnation darstellt, und die eine Beschäftigung mit allgemeiner Erfahrung sekundär werden lässt. Andererseits wird in der dialektischen Struktur eine dynamische Größe (weil trinitarisch konfiguriert) eingeführt, die zudem empirisch artikuliert werden kann. Obgleich der Einbezug der empirischen Dimension und die deutliche trinitätstheologische Konzeptualisierung eine gewisse Flexibilität ermöglicht (etwa im Vergleich zu Karls Barths Dialektik), bleibt allerdings die Grundstruktur dyadisch (endlich-unendlich), weshalb Cross auch ungern von vermittelnden Momenten spricht, und Erfahrung als Unmittelbarkeit definiert. Welche Epistemologie steht hinter diesem Erfahrungsbegriff und der daraus hergeleiteten Erfahrungstheologie von Terry Cross? Drei Momente werden nach dieser Rekonstruktion deutlich, die zu einer Art theologischem Realismus zusammengefasst werden könnten, der erkenntnisdialektisch gedacht wird: Wirklichkeit der Trinität, Partizipation an der Trinität und Dialektik der Immanenz-Transzendenz-Begegnung. Cross ganzheitliche Partizipation an und Transformation hin zur perichoretischen Trinität als Modus der Geisterfahrung lehnt sich stark die platonische Methexistheorie an, wonach sich alles, was ist, der Teilhabe an der Idee verdankt, ohne die es kein Seiendes sein könnte.121 Cross zufolge wird bzw. ist der Christ in 121 Den schnellsten Zugang zur platonischen Methexislehre, bieten einschlägige Nachschlagwerke. Von den wenigen ausführlichen Monographien, die sich ausschließlich mit der platonischen Lehre der Teilhabe im Zusammenhang mit der Ideenlehre Platons beschäftigen ist die Arbeit Methexis: la teoria platonica delle idee e la partecipazione delle cose empiriche; dai dialoghi giovanili al »Parmenide« (Fronterotta 2001) von Francesco Fronterotta, die wohl neuste und beste. Da Fronterotta darin Platons Schriften von seinem Frühwerk bis hin zum Parmenides auf die Lehre von der Teilhabe unter ständigem Bezug auf den Empiriebegriff untersucht, sind die beiden einführenden Kapitel dieser Studie für die vorliegende Thematik besonders aufschlussreich (nicht zuletzt deshalb, weil Cross’ Erfahrungstheologie vom empirischen datum einer pfingstlichen Geisterfahrung ausgeht). Interessant wäre es, diese Thematik unter der Berücksichtigung der Entwicklung des pla-

130

Der Erfahrungsbegriff bei Terry L. Cross

der unmittelbaren Erfahrung real-ontisch von Gott verwandelt und erst so qua Neuschöpfung des Geistes im theologischen Sinne ein Seiendes. Dabei wird der unendlich qualitative Unterschied zwischen Gott und Mensch allerdings nicht eliminiert, sondern erkenntnisdialektisch aufgehoben. Hierzu lehnt sich Cross an die Hegelsche Dialektik (Einheit von Einheit und Differenz, im Sinne von elevatio und conservatio, weniger im Sinne von negatio), die in der Immanenz als Bewegung stattfindet. Karl Barth folgend formuliert er in Anlehnung an dessen analogia fidei eine analogia experientiae, in der analog zur Trinität (durch den Geist als Liebesband konstituiert), der Mensch Gott fassen kann, d. h. assertorische Aussagen über das Unaussprechliche wagen kann. Dass die Trinität dabei nicht ein theologisches Konstrukt, sondern die schlechthinnige Wirklichkeit Gottes ist, ist für diesen theologischen Realismus ebenso bezeichnend, wie das Prinzip, dass alle hier behandelten Erkenntnisse eine Offenbarung sind, die von Gott her zu denken sind. Durch diesen starken Immanenzbezug geht Cross mit Hegel weit über Barth hinaus, die ontische Dialektik (Kierkegaards) wird daher im Nicht-sprachlichen capax aufgehoben und bleibt somit faktisch quasi nur noch auf die Sprachliche Dimension beschränkt (d. h. nominal festgehalten, da das Initialereignis außersprachlich jedoch erfahrbar ist).122 Diese Methexis als schlechthinniger Modus theologisch qualifizierten Seins speist sich auch aus einer gewissen Urbild-Abbild-Theorie, die immer dann greift, sobald das Initialereignis versprachlicht wird. Obgleich erfahrbar, ist es auf der narrativen Ebene nur auf unvollständige und verzerrte Weise zugänglich. Der Geheimnischarakter, der darin zum Ausdruck kommt, verweist auf die Gnadenbedürftigkeit des Menschen, die besonders auch in der Reflexion seiner Geisterfahrung zum Vorschein tritt. Die Unmöglichkeit der Versprachlichung bedeutet keine Unmöglichkeit der Erfahrbarkeit des Initialereignisses. Eine Absage an die mystisch (im Sinne Cross’ als mysteriös) verstandene Erfahrbarkeit möchte Cross’ Theologie gerade nicht. Weshalb sie in Beibehaltung der sprachlichen Unerreichbarkeit des Primärereignisses auch eine ontische erfahrbare Erreichbarkeit des Initialereignisses (als geistgewirkte Teilhabe an der trinitarischen Wirklichkeit) kennt. Mit dieser Dialektik kann Cross also einerseits seine (am ehesten noch als platonisch im Sinne einer Urbild-Abbild Denkfigur zu bezeichnenden) Ontologie einer qualitativen Unerreichbarkeit, die tonischen Dualismus im Mittel- und vor allem Spätplatonismus, zu untersuchen, da bei Cross auf Grund der kategorischen Beibehaltung des qualitativen Unterschieds zwischen Gott und Mensch ein gewisser Dualismus vorhanden ist, der allerdings dann wieder an bestimmten Stellen aufgebrochen wird, wenn er von der starken Diesseitigkeit des capax ausgeht. 122 Die dezidierte Einbeziehung von Ganzheitlichkeit im Sinne von Affekten etc. lässt aber weniger an eine Hegelsche Dialektik, sondern an das Religionskonzept von William James denken, den Cross allerdings nicht erwähnt (vgl. Anmerkung unter I,5.2.4.).

Zusammenfassung: Erkenntnistheorie des Erfahrungsbegriffs von Cross

131

sich einer vollständigen Versprachlichung entzieht, beibehalten. Andererseits kann er aber auch von einer ontischen Erfahrbarkeit qua Teilhabe der Wirklichkeit dieses Initialereignisses (Trinität) sprechen. Die Wahrheit der Erfahrung Gottes besteht somit in der relativen (weil eingeschränkten) Korrespondenz des Narrativs bzw. der Reflexion dieser Wirklichkeit. Freilich ist das auch nur ein Moment, das den Heiligen Geist als erstes Subjekt hat.

Zweiter Teil: Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

1.

Grundsätzliches Anliegen von Yongs Ansatz

Eine grundsätzlich andere Konzeptualisierung des Erfahrungsbegriffs begegnet in den Arbeiten des Religionstheologen und J. Rodman William Professors für systematische Theologie und Philosophie Amos Yong (Regent University). Ähnlich wie Terry Cross geht auch Amos Yong prinzipiell von der pfingstlichcharismatischen Erfahrung des Heiligen Geistes als empirisches datum aus, mit dem sich die akademische Theologie befassen müsse, wolle sie nicht an der Empirie des globalen Christentums vorbei theologisieren. Auch Yongs Ansatz besitzt eine dreifache Zielsetzung. Nach außen hin – also über die Grenzen pfingstlich-charismatischer Theologie hinaus – zielt er erstens auf eine intersubjektive Plausibilität und methodische Darlegung der pfingstlich-charismatischen Erfahrungsberichte. Zweitens möchte er nach innen hin die eigene Erfahrung, die als Proprium der pfingstlich-charismatischen Bewegung betrachtet wird, reflektieren und dabei theologische Kriterien erarbeiten, mit denen sich extremistische Positionen unterscheiden und korrigieren lassen. Drittens möchte er durch die Reflexion und den dezidierten Einbezug der pfingstlichcharismatischen Geisterfahrung in der akademischen Theologie neue Zusammenhänge erschließen. Methodisch tritt auch bei Yong die trinitarische Rückfrage (im Sinne einer vollen Trinität, die nicht nur christologisch, sondern auch konsequent pneumatologisch vorgeht) wesentlich zutage. Was bei Cross die Kirche darstellt, weshalb die Rückfrage nach dem Ertrag seiner theologischen Methode in seiner Ekklesiologie stattfand, ist bei Yong allerdings die allgemeine Öffentlichkeit. Das zugrunde liegende Prinzip fasst er in dem programmatischen Satz »The Spirit poured out on all flesh« (Yong 2005: 5) zusammen. Dadurch kann er seinen Ansatz einerseits an die allgemeine Öffentlichkeit als Gemeinschaft aller Religionen (Yong 2000b), andererseits an die allgemeine Öffentlichkeit als Gemeinschaft der akademischen Wissenschaft, einschließlich der Naturwissenschaften (Yong 2011) und in neuster Zeit sogar an die Öffentlichkeit als allgemeine politische Gemeinschaft (Yong 2010b) rich-

134

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

ten.123 Damit sind auch schon die drei Hauptmerkmale des Yongschen Ansatz angedeutet, mit denen er sich von Cross unterscheidet: Erstens, sein Entwurf versteht sich nicht nur als systematisch-theologischer Ansatz (im engeren Sinne einer hauptsächlich an die Kirche gewandten kritischen Reflexion der Rede von Gott), sondern zielt auch auf die Plausibilisierung der theologisch reflektierten pfingstlich-charismatischen Erfahrung des Heiligen Geistes als Paradigma für allgemeine Erfahrung der Wirklichkeit extra muros, vor dem Forum der allgemeinen Wissenschaften, ab. Dies basiert, zweitens, auf einem »cautious optimism regarding the possibility of a universal rationality and grammar. It believes itself capable of making meaningful and truthful statements about the Holy Spirit – God’s way of being in and transforming the world – that have application to the widest possible audience.« (DPA: 175) Erkenntnis, Gemeinschaft und Geisterfahrung fließen bei Yong grundsätzlich zusammen. Zugrunde liegt Yongs Erfahrung des Heiligen Geistes in ihrer gemeinschaftlichen und gemeinschaftsstiftenden Dimension, aus der er das Axiom herleitet (und dann philosophisch einholt), dass der Heilige Geist in allen Gemeinschaften eine universale konstitutive Rolle (allerdings nicht die einzige) innehabe. So tritt Yongs Ansatz mitunter auch als philosophischer Ansatz bzw. hermeneutischer Entwurf auf, der Geisterfahrung nicht nur trinitarisch-theologisch erörtern will, sondern, drittens, die Wirklichkeit als solche metaphysisch, ontologisch und epistemologisch reflektiert (SWC: 1 – 24). 123 Yongs Verständnis von Fundamentaltheologie, das ein an römisch-katholische Theologen orientiertes Konzept des Verhältnisses von Vernunft und Offenbarung aufnimmt und es modifiziert, ist hierbei ausschlaggebend. Eine besondere Rolle nehmen hierbei die Arbeiten des Religionsphilosophen David Tracy ein: »I draw from David Tracy’s distinction between what he calls fundamental, systematic and practical theologies and their publics. For Tracy, fundamental theology is more philosophic in nature, is addressed principally but not exhaustively to the academy, and seeks to engage all who are willing to entertain the topic. Systematic theology is more confessional in nature, is addressed primarily but not exclusively to the Church, and seeks to render Christian symbols and doctrines plausible to those within the Christian tradition. Practical theology is oriented toward liberative and transformative praxis, and is addressed primarily to those engaged in correlating theological reflection with the doing of the work of the Kingdom of God in the world.« (DPA: 172, vgl. Tracy 1981: 54 – 82) Ziel sei eine public theology, die für die Gesellschaft nicht nur relevant sei, sondern auch zu einer universalen Erneuerung der akademischen Wissenschaft, der Natur und der Welt als Ganzes führe (Yong 2001, 2007b). Eine weitsichtige und zugleich konzise Kritik dieses Anspruchs und der Yongschen Umsetzung, findet sich bei Michael Bergunder (Bergunder 2006b). Mit diesem Begriff von Fundamentaltheologie, der in Variationen dann neben philosophischer wissenschaftstheoretischer auch naturwissenschaftliche Plausibilität theologischer Aussagen anstrebt, ist Yong in der protestantischen Theologie nicht alleine (vgl. Pannenberg 1977). Als Beispiel für einen entgegengesetzten Ansatz, der von einem dipolaren Verhältnis von Vernunft und Offenbarung ausgeht und dem Cross näher steht, ist beispielsweise Wilfried Joest zu nennen, der Fundamentaltheologie im Sinne von Prolegomena, d. h. im Sinne der Grundlagen und Methodenlehre für das Theologisieren, betrachtet (Joest 1988).

Vorgehensweise und Quellen

2.

135

Vorgehensweise und Quellen

Nach dieser knappen Einführung in die grundsätzliche Stoßrichtung seines Ansatzes und einer Besprechung der Vorgehensweise soll analog zu dem ersten Teil der vorliegenden Arbeit der Erfahrungsbegriff Yongs erarbeitet werden. Obgleich die Erfahrung eine wesentliche Rolle spielt, findet sich ähnlich wie bei Cross auch bei Yong keine einheitliche systematische Abhandlung seines Erfahrungsbegriffs.124 Allerdings hat sich Yong sehr ausführlich mit dem charismatischen Jesuiten Donald L. Gelpi auseinandergesetzt, der bereits in den 1980er Jahren begonnen hatte, an einer philosophischen Darlegung der Erfahrung des Heiligen Geistes als Erfahrungstheologie (Gelpi 1994, 1984) zu arbeiten.125 Die 124 Zwar enthält SWC einen Unterabschnitt, der die Überschrift The Hermeneutics of Experience trägt (SWC: 245ff), das Kapitel behandelt Erfahrung allerdings nicht als philosophisches Konzept, das dem hermeneutischen Entwurf zugrunde liegt, sondern als Gegenstand der Interpretation (das Wort), der für die akademische Theologie relevant ist: »My goal is to deal specifically with the question of how to discern the objects of interpretation-revelation that is mediated experientially, scripturally and ecclesially – that are relevant to the theological task. The following therefore seeks to Sketch explicitly a hermeneutics of religious experience, a hermeneutics of the Word of God, and a hermeneutics of the ecclesial and theological tradition.« (SWC: 245) Darin gibt er auch die Schwierigkeit zu, die eine Definition der Erfahrung mit sich bringt und bezeichnet letztere, Gelpi zitierend, als »weasel word« (SWC: 246). In Anlehnung an dessen vierfachen Definitionsüberblick – (1) Erfahrung als praktische Weisheit, die drauf zurückzuführen ist, dass jemand über längere Zeit der Realität ausgesetzt ist (hier ist der Begriff also nicht im technischen Sinne gebraucht); (2) Erfahrung als die mittelalterliche Auffassung von Sinnesmächten (powers of sense), die auf die fünf Sinnesorgane, auf die Emotionen, die Vorstellungskraft und die Sinnesurteile zurückzuführen ist; (3) Erfahrung als gänzlich unkritische bzw. vorreflektive Kognition; (4) Erfahrung als das gesamte Spektrum menschlicher Einschätzungen und Bewertungen (evaluations) – erklärt Yong, das ihn vor allem die letzten beiden interessierten: »Certainly, language is inextricable from perception as such once we think about it and attempt to articulate it to ourselves or others. Yet our reflections do not engage the entirety of our experiences, not only our sense experiences, but also our non-perceptual experiences of ourselves, our memories, our imaginations, etc. Further, what we do (and experience) at any given moment is not always later thought about or articulated, even as we sometimes do things without conscious forethought or awareness of so doing.« (SWC: 246) Die Aufgabe dieses zweiten Teils der vorliegenden Arbeit, soll darin bestehen, die in diesem letzten Satz angedeutete Erfahrungsdefinition, als Erfahrungsbegriff zu rekonstruieren, der für Yongs gesamte Hermeneutik grundlegend ist. 125 Eine kompakte Zusammenfassung der sechsfachen Aufgabe, die sich Gelpis Ansatz stellt, liefert Yong selbst: »1) to synthesize the experience of the Spirit with the biblical witness to the Spirit’s presence and agency in the apostolic Church; 2) to explore the practical consequences and moral demands of Spirit-inspired living; 3) to comprehend the relationship between the second and third persons of the Trinity ; 4) to probe into the soteriological implications of the charismatic work of the Spirit in the contemporary world; 5) to provide both prophetic challenge and words of wisdom for individuals, churches and society ; and 6) to connect affectivity and cognitivity in the Christian life of faith.« (DPA: 169, vgl. Gelpi 1984: 7ff)

136

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

wichtigste Veröffentlichung ist On Divine Presence and Divine Agency : Towards a Foundational Pneumatology (Yong 2000c, abgekürzt DPA), in der explizit Gelpis Erfahrungskonzept diskutiert wird. Der Rückgriff auf diese Publikation ermöglicht einen einfacheren, weil direkteren, Zugang zum untersuchten Erfahrungsbegriff, als es im ersten Teil dieser Arbeit der Fall war. Mit dieser im Hintergrund, kann die eigentliche Rekonstruktion des Erfahrungsbegriffs anhand einer Besprechung der Kategorien erfolgen, die Yongs hermeneutisches Hauptwerk The-Spirit-Word-Community : Theological Hermeneutics in Trinitarian Perspective (Yong 2002, abgekürzt SWC) strukturieren. Den Schwierigkeiten, die sich aus Yongs dichten und enzyklopädischen Gedankengängen ergeben (weshalb SWC faktisch kaum rezipiert wird),126 wird dadurch begegnet werden, dass zwei weitere Aufsätze aus Yongs frühsten Arbeiten hinzugezogen werden, in denen er sich erstmals zu den entsprechenden Denkern äußert, die die philosophischen Kategorien seines Erfahrungsbegriffs (und Gesamtentwurfs) maßgeblich beeinflussen: Tongues of Fire in the Pentecostal Imagination: The Truth of Glossolalia in Light of R. C. Neville’s Theory of Religious Symbolism (Yong 1998b, abgekürzt ToF) und The Demise of Foundationalism and the Retention of Truth: What Evangelicals Can Learn from C. S. Peirce (Yong 2000a, abgekürzt DoF).

3.

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

Erfahrung bedeutet für Yong Begegnung mit der Wirklichkeit127 im Sinne einer geistgewirkten Hinwendung zu selbiger (DPA: 169ff). Da der Mensch in der Wirklichkeit lebe, vermittle Erfahrung zwischen dem Selbst und dem Ande126 Obwohl bereits 2002 veröffentlicht, ergibt eine Suche in einschlägigen Datenbanken (ixTheo, ATLA) zu SWC – anders als es für andere Publikationen von Yong der Fall ist – keine Sekundärliteratur. Die Ausnahme stellen die folgenden beiden Treffer dar : Eine Rezension, die kaum mehr als ein ausformuliertes Inhaltsverzeichnis bietet (Wenk 2004) und eine kurze nur unlängst erschienene interpretative review, die, obgleich kurz, die wesentlichen Züge von SWC enthält (Oliverio 2009). 127 Eine Diskussion von Wirklichkeitstheorien kann hier nicht geleistet werden, für eine kompakte Einführung sei auf Johannes Kleinstück (Kleinstück 1971) verwiesen. Die Begriffe Wirklichkeit und Realität (samt deren Derivate) werden im Folgenden als synonyme Übersetzungen des englischen Begriffs reality verwendet, da die untersuchten Autoren an keiner Stelle zwischen möglichen Bedeutungsnuancen unterscheiden. Diese synonyme Verwendung ist außerdem auch deshalb sinnvoll, weil Yongs pragmatische Orientierung, wie sich später zeigen wird, sowohl die Aspekte von res im Begriff Realität, als auch die von Wirkung im Begriff Wirklichkeit als unauflöslich zusammengehörig betrachtet (vgl. auch Stekeler-Weithofer & Psarros 1999:1351, besonders 1352b). Die an sich sinnvolle Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Realität würde hier jedenfalls den Gegenstand hinsichtlich des Erfahrungsbegriffs Yongs verdunkeln.

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

137

ren128, somit sei Erfahrung nicht etwas, das der Mensch besitzt, sondern das, was den Mensch konstituiere (DPA: 171 f, SWC: 188 – 191.246 f). »In its broadest sense, experience refers to the complex integration of perception, mentality, affectivity, and volitionality involved in the human being-in-the-world« (DPA: 171). Yong zufolge werden die Welt und Wirklichkeit allerdings von Gott, in Gott und durch Gott erhalten (DPA: 175), weshalb Erfahrung als Begegnung der Wirklichkeit eine Begegnung mit Gott, genauer gesagt mit dem Heiligen Geist, Gottes »divine presence and agent« (DPA: 178) sei. Eine Besprechung des Erfahrungsbegriffs von Yong impliziert daher eine Besprechung seiner Theologie des Heiligen Geistes als »divine presence and agency in the world« (DPA: 176), die er als eine foundational pneumatology qualifiziert, deren Gegenstand »the entirety of the epistemological and experiential spectrum of the human beingin-the-world« (DPA: 170 f) sei. Diese sei weiterhin nicht nur »motivated by the idea that God is the ›object‹ of religious encounter regardless of one’s traditional affiliation, but also […] trades on the most general or abstract categories drawn from our common human experience as mediated by the Spirit.« (DPA: 178, Hervorhebung GM)

Erfahrung sei somit ein geistgewirktes Erschließungsgeschehen, das nicht von einem kognitiven Apriori getrennt werden könne, sondern Konzeptionen, Perzeptionen, Entscheidungen, Evaluationen und praktische Handlungsgewohnheiten als Kontinuum begreife, in dem sowohl kognitive, als auch volitionale, sinnliche und affektive Dimensionen ineinander verschränkt seien (DPA: 171). Damit versteht Yong Erfahrung als etwas grundsätzlich Dynamisches – ein Prozess (Yong 1998a), der als Erschließungsgeschehen zwischen »all uncritical or pre-reflective cognition [and] the entire spectrum of human evaluative responses« (SWC: 246) konzipiert werden müsse. Weil Erfahrung jeglicher Phänomenologie und Logik vorgängig, aber nur über den Erkenntnisprozess zugänglich sei, bedeute Hermeneutik, dieses Erschließungsgeschehen als Erfahrung zu verstehen und auf eine Weise zu beschreiben, aus der (vorläufige) Normen generiert werden könnten.129 128 Mit Anderem ist hier sowohl das personale Andere als auch das Abstrakte, das immaterielle ebenso wie das materielle Andere gemeint. Mit dem Personalen Anderen setzt sich Yong im Rückgriff auf Martin Buber und Emanuel Levinas auseinander (SWC: 188), er kann die dabei erarbeiteten Implikationen aber auch auf den Kosmos als Ganzes ausweiten und daraus ein »truthful engagement« (SWC: 216) mit der Natur, im Sinne einer normativen Erfahrung postulieren (SWC: 194ff). 129 Auf diesen Pragmatismus und auf die besonderen axiologischen Akzente von Yongs Erfahrungs- und Wahrheitsbegriffs soll später noch detailliert eingegangen werden. Hier gilt es festzuhalten, dass Yong den Erfahrungsbegriff über ein Wahrheitskonzept qualifiziert, bei dem »der Wahrheitsbegriff in das Praktisch-Ethische aufgelöst, im Geiste Platos das Wahre mit dem Guten in Eins gesetzt« (Lampe 2006: 40) wird. Lampes Kritik an der »mehrdimensionalen Wahrheitstheorie […] von R.C. Neville«, die bei der Gleichsetzung

138

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

Die einzelnen Komponenten dieses Erfahrungsbegriffs erfordern nun eine Erklärung: Was ist Wirklichkeit? Wie nimmt der Mensch diese Wirklichkeit wahr? Kann Wirklichkeit wahr sein und was bedeutet Wahrheit im Zusammenhang mit Erfahrung? Dieses sind metaphysische, ontologische (II,3.2.) und epistemologische Fragestellungen (II,3.3.), die durch axiologische Überlegungen angereichert und im Zusammenhang mit der Wahrheitsfrage (II,3.4.) als Grundgerüst von SWC Yongs Erfahrungsbegriff rekonstruierbar machen. Nach einem knappen Überblick zum Anliegen und der Struktur von SWC (II,3.1.) sollen diese nacheinander betrachtet werden.

3.1.

These und Aufbau von Spirit-Word-Community

Bis dato stellt SWC den vollständigsten und durchdachtesten Entwurf einer theologischen Hermeneutik dar, der von einem pfingstlich-charismatischen Denker veröffentlich worden ist.130 Im Folgenden sollen die Grundzüge von SWC nachgezeichnet werden. von bonum et verum in eine tertium datur-Struktur, d. h. die Möglichkeit einer »indifferenten Zone [… von] weder gut noch schlecht« (Lampe 2006: 177, Anm. 242) mündet, gilt auch Yong, dessen axiologische Wahrheitsdefinition direkt von Neville stammt. Zwar behauptet Yong sein Wahrheitsbegriff sei in einem »dyadic sense« (ToF: 49) zu verstehen, der allerdings über die Peircesche Semiotik und Fallibilismustheorie differenziert sei (SWC: 298), inwiefern diese »revised notion of truth as correspondence« (DoF: 579) bei Yong aber faktisch noch eine binäre Korrespondenz aufrecht erhält ist fraglich. 130 Erwähnenswert sind aber die Arbeiten von Kenneth J. Archer. (z. B. Archer 2004) und des Sprachphilosophen James K. Smith, dessen ältere Studien zur Hermeneutik (z. B. Smith 2000, 2002), im Vergleich zu Yong – mit Oliverio gesprochen – im engeren Sinne als philosophisch zu bezeichnen sind und theologische Topoi nachordnen (Oliverio 2009: 301 f). Smiths neuste Buchveröffentlichung Thinking in Tongues. Pentecostal Contributions to Christian Philosophy (Smith 2010) ist eine interessante und bisher einzigartige Abhandlung pfingstlich-charismatischer Spiritualität, aus der die Grundlinien einer christlichen Philosophie, im Dialog mit poststrukturalistischen Denkern erarbeitet werden. Allerdings nimmt diese Abhandlung nur am Rande pfingstlich-charismatische Theologen als solche, geschweige denn deren systematisch-theologischen Entwürfe, und deren philosophische Grundlagen in den Blick. Dazu heißt es im Vorwort: »Thus, in articulating the intuitions implicit in this spirituality, I will be reading practices, not text, though limited space means that I cannot reproduce rich ethnographic descriptions. Those readers unfamiliar with Pentecostal Spirituality will find help […] in […] social scientific literature on Pentecostalism.« (Smith 2010: xx) Durch die Konzentration auf pfingstlich-charismatische Intuitionen und Spiritualitätsformen bei zugegebener Nachordnung empirischer Belege, verschwimmt nicht nur die Unterscheidbarkeit zwischen der Deskriptions- und der Präskriptionsebene, sondern lässt auch den als postmodern bezeichneten Zug dieser »Christian Philosophy«, befremdlich – manchmal vielleicht sogar modernefeindlich – erscheinen. Unter der Überschrift »Storied Experience« (Smith 2010: 48) schlägt Smith beispielsweise eine pfingstliche Epistemologie vor, die die zentrale Rolle von Narrativität in enger Verquickung mit Affekten und Emotionen bei der Wahrnehmung, der Erkenntnis und der daraus folgenden Handlungspraxis darlegt. Im Unterschied zu Yong der sich an C.S. Peirce

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

139

3.1.1. Anliegen und These von Spirit-Word-Community SWC stellt den Versuch Yongs dar, eine Fundamentalpneumatologie (foundational131 pneumatology) zu konzipieren, die das Verhältnis zwischen Transzendenz und Immanenz neu artikuliert, ohne dabei in relativistische oder fundamentistische Denkstrukturen zu verfallen.132 Pneumatologische Kategorien, die aus Schrift und Erfahrung gewonnen werden, sollen auf das allgemeine Wirklichkeitsverständnis bzw. die Wirklichkeitswahrnehmung übertragen werden und zu einem philosophischen System ausgebaut werden, in dem eine Überwindung des Dualismus’ zwischen Subjektivität und Objektivität möglich ist. Hierfür eigne sich der Heilige Geistes, im Sinne einer theologischen Kategorie besonders gut, da dieser qua transjektives133 Moment die differenzierte Einheit anlehnt, holt er diese jedoch mit den Arbeiten des Filmtheoretikers Carl Plantinga ein, um pfingstliche Epistemologie schließlich als »Pentecostal Aesthetic« (Smith 2010: 80 – 85) zu formulieren. Das befremdliche besteht dabei weniger in der Auffassung, »that a pentecostal epistemology is always already a kind of aesthetic, an epistemic grammar that privileges aisthesis (experience) before noesis (intellection).« (Smith 2010: 80 f, Hervorhebung original) Das Primat von ästhetischer Wahrnehmung in Verbindung mit einer stärkeren Fokussierung auf die narrative Grundlegung von Weltanschauung(en) und Handlungspraxis, das beispielsweise auch die Ethik des Züricher Theologen Johannes Fischer charakterisiert, der in der Neuauflage seines Ethikentwurfs für das Thema Spiritualität (anstelle des vormals häufigeren Geistbegriffs) sogar ein gesamtes Kapitel aufwendet (Fischer 2009; 2008: 199 – 240), ist in gewisser Hinsicht sogar begrüßenswert. Befremdlich ist an Smiths »pentecostal manifesto« (Smith 2010: ix) die apologetische Stoßrichtung, in der seine Reflexionen formuliert sind. Sein Versuch die Rolle, die Gefühle, Musik und den damit verbundene (körperlichen) Entgrenzungsmöglichkeiten, die für viele pfingstlich-charismatischen Gottesdienste charakteristisch sind und die für Smith die pfingstliche »worldview« (Smith 2010: xviii.4.84) stärker prägen sollten, für die Wahrnehmung und Erkenntnis zu operationalisieren, wirkt wie eine gar zu kritiklose Verteidigung (Smith 2010: 48 – 85). Selbst bei Lesern, die für diese Gottesdienstformen große Sympathien haben, kommt die Frage auf, inwiefern eine derartige Apologie, für das suggestive und demagogische Potential solcher aus (Gottesdienst-)Erlebnissen abgeleiteten Weltanschauungen sensibel sein kann. 131 Es ist wichtig Yongs Erklärung bezüglich des Morphems fundamental zu beachten. Das Fundamentkonzept, das Yong hier vorschwebt, bezeichnet er selbst als heuristisch bzw. als »shifting foundations« (SWC: 100). Im Zusammenhang mit der Wahrheitstheorie Yongs soll darauf noch näher eingegangen und gezeigt werden wie er sich damit von apriorischen oder individualistischen Ansätze abgrenzt (SWC: 100). 132 Ein Zitat aus einem Aufsatz, in dem sich Yong mit Hegel auseinandersetzt und die Möglichkeit einer prima philosophia, die vom Geistbegriff ausgeht, auslotet, verdeutlicht das Koordinatensystem das Yong vor Augen hat. Im Zusammenhang mit Friedrich Heinrich Jacobis Dilemma, das Hegel zu lösen versucht habe, ohne dabei jedoch gänzlich erfolgreich gewesen zu sein, schreibt er : »›Either God exists and exists outside me, a living being subsisting apart; or else I am God. There is no third way‹. Hegel, however, refuses Jacobi’s dictum. There has to be a third way between or beyond either transcendentalism or pantheism; beyond either Catholic objectivism or Protestant subjectivism; beyond either ecclesial authoritarianism or Romanticist intuitionism; or beyond medieval communalism or Enlightenment individualism.« (Yong 2003b: 216, Hervorhebung original) 133 Der Terminus transjektiv geht auf Dabneys Pneumatologie zurück: »Rather, in contrast to ›subjective‹ or ›objective‹ the Spirit of God is better conceived as ›transjective‹, that is to say,

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

von Vater und Sohn konstituiere. Die entscheidende (theologische) Denkfigur ist hierbei die perichoretische Trinität, die zugleich auch die Bedingung der Möglichkeit einer pneumatologischen Ontologie und Metaphysik darstellt. Allerdings soll SWC nicht nur innerhalb der theologischen Rationalität, sondern auch vor dem Forum der allgemeinen Vernunft (Philosophie) plausibel sein. Deshalb artikuliert SWC die Trinität in Anlehnung an die Theologen Robert C. Neville und Donald. L. Gelpi mit den Kategorien des amerikanischen Philosophen Charles S. Peirce und schlägt vor, Erfahrung als Wirklichkeitswahrnehmung und reflektierte Erfahrung als Hermeneutik in der Trialektik von Geist, Wort und Gemeinschaft zu verstehen. 3.1.2. Aufbau und Struktur von Spirit-Word-Community SWC gliedert sich in drei Hauptteile: Zuerst wird das »theological framework« (SWC: 89) der Pneumatologie dargelegt (SWC: 25ff). Sodann wird diese Pneumatologie im zweiten Hauptteil mit der Frage nach der Wirklichkeit als Ontologie, den Möglichkeiten von Sein, im Sinne einer Metaphysik und den daraus erfolgenden normativen Konsequenzen korreliert (SWC: 119ff). Nach diesen theologischen und philosophischen Grundlagen erfolgt im dritten Hauptteil die Ausarbeitung einer pneumatologischen und trialektischen Hermeneutik, die zunächst das Interpretationsgeschehen als geistgewirktes Moment (das Wie der Interpretation als subjektives Erfahren) und dann den Gegenstand (bzw. das objektive Was) der Interpretation, der in der trinitarischen Matrix von Yong das Wort Gottes darstellt (SWC: 219ff), behandelt.134 Den Fluchtpunkt dieses dritten Hauptteils stellt das Kapitel 9 dar, in dem die subjektive und objektive Seite der Erfahrung in den Kontext der Gemeinschaft gehoben werden. Diese drei Hauptteile entsprechen den metaphysischen Kategorien von Peirce – Erstheit, Zweitheit und Drittheit – und stellen das formale Leitmotiv des gesamten Werkes dar. Auch wenn diese Kategorien erst im Laufe der Untersuchung einzeln erörtert werden, ist es daher sinnvoll, sie gleich zu that by which we as individuals are transcended, engaged, oriented beyond ourselves, and related to God and neighbor from the beginning.« (Dabney 2006: 82) Seinem Lehrer Jürgen Moltmann folgend, verwirft Dabney die aristotelische Privilegierung des philosophischen esse (Aktualität) gegenüber dem posse (Potentialität). Yong zitiert allerdings einen älteren Text Dabneys, in dem dieser noch mit dem Begriff »transubjective« (SWC: 228, vgl. Dabney 1996: 161) operiert, anders in einem späterem Aufsatz Yongs, der sich Hegel befasst (Yong 2003b: 227). 134 Es ist hierbei allerdings zu beachten, dass Yong eine grundsätzliche Kontinuität zwischen Konzept und Perzept, und in abgewandelter Form auch zwischen Subjekt und Objekt postuliert. Dabei orientiert er sich an Whitehead, den er über Gelpi rezipiert (Yong 1998a). Whitehead müsse allerdings weitergedacht werden, weil er, trotz Prozessdenken – Wandel als Konstituens von Wirklichkeit (vgl. Gelpi 1984: 6ff) –, in einer binären Struktur verhaftet bleibt (vgl. Gelpi 1994: 52 – 89).

141

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

Beginn schematisch vorzustellen. Die Bedingung für die triadischen Korrelationen, die diese Kategorien zu strukturgebenden und leitenden Momenten konstituieren, liegt in Yongs Grundannahme, dass die Ordnungen der Erkenntnis die Ordnungen des Seins widerspiegelten (SWC: 49ff). Wird das Seinselbst135 Gott genannt, dann bestehe eine fundamentale und universale Korrespondenz zwischen Theologie und Philosophie (SWC: 12ff). 3.1.3. Triadisches Schema von Spirit-Word-Community in tabellarischer Übersicht Tabelle 3: Triadisches Schema von SWC SWC Teil I (Kapitel 1 – 3) Vater Erstheit

SWC Teil II (Kapitel 4 – 6) Qualität

Abduktion

Sohn

Fakt

Deduktion

Gesetzmäßigkeit

Induktion

Geist

Zweitheit Drittheit

SWC Teil III (Kapitel 7 – 9) Subjekt (Spirit) Objekt (Word) Kontext (Community)

Mit dieser Trialektik136, deren Komponenten er unter Hinzunahme eines Peirceschen Fallibilismus auch als shifting foundations (SWC: 100) bezeichnet, weil sie auf Grund ihrer Flexibilität für nachträgliche Korrektur offen sei, versucht Yong sowohl einen relativistischen als auch einen subjektivistischen Philosophieansatz zu vermeiden, der im Sinne Kants ausschließlich vom Erkenntnissubjekt ausgehe oder aber im Gefolge des Poststrukturalismus’ Wirklichkeit als endloses Sprachspiel betrachte und die Existenz eines transzendentalen Signifikats abstreite (SWC: 156 f). Zudem könne diese Trialektik davor bewahren, in einen Fundamentismus137 zu gleiten oder gar einer Art totalitäres System Vor135 Mit Paul Tillich kann Yong Gott als das Sein-Selbst, d. h. reine vollkommene Wirklichkeit bezeichnen (ToF: 45, Anm. 13). 136 Yong bezeichnet seine Methode zuweilen auch »trialogical« (SWC: 234) und als »triadic« (SWC: ix.20). Inwiefern es sich hier tatsächlich um eine Trialektik im vollen Sinne und nicht nur um eine triadische Bewegung handelt, hängt vom jeweiligen Trialektikbegriff ab. Lehnt man sie an eine Hegelsche Transzendierung der involvierten Gegensätze an, erfordert dies eine Erklärung, die Yong offenbar nicht bietet. Wird Trialektik hingegen als eine Bewegung verstanden, die in ständiger Wechselwirkung zwischen drei Polen unter maßgeblicher Veränderung Letzterer geschieht, liegt es nahe mit Oliverio zu behaupten: »Yong also considers his hermeneutics triadic as well as trialogical, but it is foremost a trialectic.« (Oliverio 2009) In Yongs eigenen Worten: »It is trialectical in that these three moments are inter-structurally given, interdependent, interconnected, interrelated, interpenetrating and inter-influential, and reciprocal (one hopes the point is made!). None operate apart from the other two; each informs and is shaped by the other two; each requires the other two in order for it to be itself.« (SWC: 315, Hervorhebung original) 137 Der englische Begriff foundationalism wird hier mit dem Terminus Fundamentismus

142

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

schub leisten, weshalb die genannten Kategorien für ein sogenanntes postmetaphysisches und poststrukturalistisches Zeitalter ideal seien (SWC: 83 f).138

3.2.

Triadische Metaphysik und Ontologie

Die ersten Grundannahmen, die es für eine Rekonstruktion von Yongs Erfahrungsbegriff zu besprechen gilt, betreffen die Metaphysik, aus der Yong in Anlehnung an Peirce eine Ontologie ableitet. Die Grundfrage der Metaphysik lautet Yong zufolge »what is real and possible in this and any other world?« (SWC: 83). Dabei ist es bezeichnend, dass Yong nicht von der Epistemologie auf die Metaphysik schließt, sondern letztere vorausschickt, womit er sich explizit gegen den Kantschen ›Transzendentalismus‹ wendet. Yong greift hierbei auf Peirce’ zurück, dessen Ansatz aus seiner Sicht den ersten erfolgreichen Versuch darstellt, Descartes Binarität, in der eine praktische Finalität keinen Ort hat, zu überwinden. Seit seinen ersten Versuchen, Kants Kategorien, die laut Yong auf diesen Fehler Descartes aufbauen, umzuformulieren, habe Peirce daher um eine triadische Metaphysik gerungen, die die Möglichkeit für den von ihn begründeten Pragmatismus139 schuf (DPA: 168). Yongs Rezeption und Operationalisierung der übersetzt, der gegenüber dem Begriff Fudamentalismus trotz seiner Holprigkeit immer noch geeigneter erscheint. Dies geschieht in Anlehnung an Kurt Bayertz, der unter Fundamentismus jede Theorie subsumiert, »die eine Klasse epistemisch privilegierter Überzeugungen voraussetzt, aus der sich Rechtfertigungen für alle übrigen Überzeugungen ableiten lassen« (Bayertz 2001: 148, Anm. 29). 138 In DoF widmet er einen großen Teil des Aufsatzes der Frage, inwiefern der Theologie durch solche eine Absage an den erkenntnistheoretischen Fundamentismus ein Gefallen getan werde, bzw. ob sie zwangsweise in einen Gemeinschaftsrelativismus (d. h. in eine bloße Kohärenzwahrheit bezüglich theologischer Aussagen) münde. Der an Fußnoten sehr reiche Aufsatz, hat jene oben erwähnte Gradwanderung zum Gegenstand: er will sowohl der Skylla eines, aus der konsequenten Beschränkung auf die Kohärenz von Aussagen erfolgenden Relativismus’, als auch der Charybdis eines Fundamentismus, der von selbstevidenten Erkenntnissen ausgeht, auswichen. Dazu knüpft Yong an einen Artikel an, den der evangelikale Theologe Richard Lints fast ein Jahrzehnt zuvor publiziert hatte, worin dieser die Tragfähigkeit postliberaler und postmoderner Ansätze (paradigmatisch an Geroge Lindbeck und David Tracy veranschaulicht) und ihre Kompatibilität mit evangelikaler Theologie problematisierte (Lints 1993: 655 – 677). Während Lints die Lösung laut Yong in einem unausgesprochenen antimodernen Fundamentismus (DoF: 563; 587) suche, schlägt Yong selbst vor, das zugrunde liegende Trilemma (Fundamentismus, Postliberalismus und Postmodernismus) mit dem pragmatischen Ansatz Peirce’ zu überwinden. Der Aufsatz besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil legt Yong seinen Fundamentismusbegriff dar, skizziert welche unterschiedlichen Verhaltensweisen innerhalb des evangelikalen Lagers zu finden seien und welche Implikationen dies auf das Wahrheitsverständnis habe (DoF: 564ff). Im zweiten Teil bespricht Yong die Züge des Peirceschen Pragmatismus’, die für seine Fragestellung interessant sind (DoF: 569ff). Schließlich fragt Yong im letzten Teil nach dem Ertrag für klassische evangelikale Theologumena (DoF: 579ff). 139 In Abgrenzung von James und anderen, hat Peirce seinen Ansatz auch Pragmatizismus

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

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Peirceschen Metaphysik und Ontologie lassen sich anhand einer Besprechung seines theologisch-philosophischen Relationalitätskonzeptes (II,3.2.1.); seines Verständnisses der Peirceschen Kategorien Erstheit, Zweitheit und Drittheit (II,3.2.2.) im Abgleich mit trinitätstheologischen Analogien (II,3.2.3.) und seiner Ergänzung durch die Nevillsche Axiologie (II,3.2.4) nachvollziehen. 3.2.1. Relationalität als Seinsweise Gottes und Bedingung der Wirklichkeit Der erste Teil von SWC legt das pneumatologische Grundgerüst dar, von dem aus die Hermeneutik entfaltet werden soll (SWC: 25 – 117). Die Vorgehensweise ist für alle weiteren Teile von SWC paradigmatisch: Im ersten Kapitel von SWC erarbeitet sich Yong aus dem biblischen Zeugnis drei Kategorien, mit denen das Wesen und Wirken des Heiligen Geistes erfasst werden können: Relationalität, Rationalität und Dynamis (SWC: 27ff). Als Ergebnis stellt Yong fest, dass Gott wesentlich relational sei. Im zweiten Kapitel wird geprüft, wie diese Kategorien auf den dreieinigen Gott übertragen werden können und welche theologischen Konsequenzen sich daraus ergeben. Als Leitprinzip gilt dabei, dass die Ordnungen der Erkenntnis die Ordnungen des Seins widerspiegelten (SWC: 49ff). Sofern Gott also wesentlich relational sei, nötige die fundamentalpneumatologische Zielsetzung die Frage auf: Wie lässt sich dieser Sachverhalt auf ontologische und metaphysische Fragen übertragen? Wie verhält sich Relationalität zu Ontologie und Metaphysik? Dazu gelte es zunächst Relationalität zu definieren. Nach einem philosophiegeschichtlichen Überblick verschiedener Verständnisse von Relationalität, der in einem maßgeblich von Peirce ausgelösten Paradigmenwechsel gipfelt, unterscheidet Yong seinen Relationalitätsbegriff sowohl von dem Aristoteles’ als auch von dem Kants. Demnach stelle Relationalität weder lediglich Attribute oder Akzidenzien dar, die von Substanzen abhängig, selbst aber keine seien, noch eine lediglich operative Kategorie des Verstandes, wie sie Kants Transzendentalphilosophie verstand. Relationalität gelte es vielmehr im Sinne eines Peirceschen Realismus zu verstehen. Dieser modifiziere den Gedanken Platos, dass Ideen an sich real seien, und spreche den Gesetzmäßigkeiten und Allgemeintendenzen ontische Realität zu. Sofern Gesetzmäßigkeiten auf Relationalität beruhen, bzw. bestimmte Typen von Relationalität darstellen, sei Wirklichkeit an sich Relationalität (SWC: 85 – 86). In der Erfahrung begegne der Mensch also der Wirklichkeit als Relationalität. Dieses Konzept ist eng mit den metaphysisch-ontologischen Kategorien Erstheit, Zweitheit und Drittheit verbunden (SWC: 83 – 109). genannt. Da auf eine sachliche und zeitliche Unterscheidung zwischen diesen beiden Bezeichnungen in dieser Arbeit nicht eingegangen werden brauch, wird im Folgenden nur von Pragmatismus die Rede sein. Yong verfährt ebenso.

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

3.2.2. Peirce’ Grundkategorien der Wirklichkeit: Erstheit, Zweitheit und Drittheit In Anlehnung an Peirce kann Yong Wirklichkeit anhand dreier Grundkategorien differenzieren: Erstheit, Zweitheit und Drittheit. Erstheit bezeichne die reine Potenzialität, Yong nennt es die einfache Qualität des Gefühls140 bzw. das, was aus einem Ding das macht, was es an sich ist. Zweitheit bezeichne das antagonistische Element der rohen widerständigen Tatsache, durch die ein Ding mit anderen in Beziehung stehe. Sei bis hierhin kein signifikanter Unterschied zu anderen philosophischen Konzeptionen erkennbar, stelle die folgende Kategorie, Drittheit, das Peircesche Novum dar : Drittheit bezeichne die Vermittlung von Erstheit und Zweitheit, qua Gesetze oder aber Gewohnheiten, die die Kontinuität der Realität gewährleisten. Das Entscheidende aus der Sicht Yongs ist, dass diesen Gewohnheiten in Peirce’ Philosophie der gleiche Stellenwert wie Platos Universalien zukäme (DoF: 573). Somit revoltiere die Peircesche Metaphysik mit der Kategorie der Drittheit gegen das, was Peirce als den Fehler bezeichnet hat, der die Philosophie seit William von Ockham geplagt habe: dem Nominalismus, der die Realität von Gesetzen und Universalien bestreitet und sie zu schlichten Nomina degradiere (DoF: 573, Anm. 29). Auf die gleiche Weise sei diese Trias in Peirce’ metaphysischer Ontologie kein nominales Konstrukt, sondern ein Universal. Peirce sehe darin nicht lediglich eine Beschreibung der Realität, sondern die Realität an sich. Der Dreiklang Erstheit, Zweitheit und Drittheit sei auf alle Phänomene anwendbar und umfasse in nicht weiter reduzierbarer Weise alle sonstigen Kategorien (DoF: 573). Yong zieht daraus das folgende Fazit: Dinge sind das, was sie sind, in diesem Zusammenspiel von gefühlter Qualität, konkretem Faktum und Gesetzmäßigkeit, die die Kontinuität zwischen letzteren konstituiere. Damit überwinde Peirce sowohl traditionelle als auch moderne Metaphysikentwürfe, die nicht ohne Essenzialismen (etwa Platons Ideen, Aristoteles’ Substanzen) oder Monismen (etwa pantheistische und materialistische Vorstellungen) auskämen. 140 Die Betonung des Gefühls sollte in Yongs Hermeneutik nicht unterschätzt werden, da er sich als Pfingstler, via Heiligungsbewegung in eine gewisse Kontinuität zum Pietismus stellt (Yong 2000b: 17 – 18), dabei allerdings nicht so weit wie Terry Cross geht (siehe dazu die Ausführungen zum eine pietistischen Erbe der Pfingstbewegung in I,3.3.2.2.3.). Damit versucht er die gefühlsbetonten Züge der Pfingstbewegung (die oftmals zum Vorwurf des Schwärmerischen oder fanatischen Enthusiasmus geführt haben), zu der er sich zählt, nachvollziehbar zu machen. Allerdings holt er sie im Hinblick auf die Erkenntnistheorie und anders ein und zieht andere Konsequenzen daraus als beispielsweise Smith, der seinen Erfahrungsbegriff im Rückgriff auf die Filmtheorie Carl Plantingas besonders über Affekte und Emotionen konzeptualisiert (siehe dazu die Anmerkung zu Smiths Definition von Affekten unter I,3.5.3.3.), und mit dem Begriff eines »Affective Knowledge« (Smith 2010: 71) pfingstliche Epistemologie programmatisch als Ästhetiktheorie formuliert (Smith 2010: 71 – 85).

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Ebenso überwinde sie Dualismen (etwa Descartes’ res cogitans versus res extensa oder Kants a priori versus a posteriori).141 Essenzen seien bei Peirce keine zugrunde liegenden Identitäten, die unterschiedliche Akzidenzen annehmen können, sondern gefühlte Qualitäten (»the hows, not whats«, SWC: 93, Hervorhebung original) gelebter Erfahrung. In Abgrenzung von sowohl strengem als auch konzeptuellem Nominalismus142 bestünde Realität nach Peirce dann auch nicht aus Möglichkeit und Aktualität, sondern aus realen Gesetzen (die er im traditionellen Sinn Universalien nennt), die diese beiden konstitutiv vermitteln und somit in ein Verhältnis setzen (SWC: 93). Erfahrung sei somit qua Begegnung der Wirklichkeit in diesem Dreiklang verortet und somit als Begegnung mit Relationalität zu verstehen, die selbst ein relationales Geschehen ist und somit binäre Subjekt-Objekt-Erfahrungsbegriffe übertrifft (SWC: 83 – 117). 3.2.3. Trinitätstheologische Analogien Diese perichoretische Konzeption veranschaulicht Yong an zwei kirchenväterlichen Trinitätsanalogien. Zugleich möchte er dadurch deutlich machen, wie sich Peircesche Metaphysik und Theologie gegenseitig Erklärungsdienste leisten könnten. Yongs Leitfrage hierfür lautet: Wie verhält sich der auf diese Weise spezifizierte Relationalitätsbegriff zur Wirklichkeit Gottes? Ebenso wie für Peirce Erstheit, im Sinne von vage gefühlter Qualität, nur mittels Dinghaftigkeit und Gesetzmäßigkeit erfasst werden könne, hätte Irenäus erklärt, dass Gott-Vater durch seine zwei Hände Gott-Sohn und Gott-Geist in der Welt erfahren werden könne (SWC: 94). Den Zusammenhalts- bzw. Koinhärenzaspekt (coninherence) der Drittheit sieht Yong in der Trinitätstheologie Augustinus’ vorgedacht, die die dritte Person der göttlichen Dreifaltigkeit, den Geist, als wechselseitige Liebe (bzw. Liebesband) versteht. Die Qualität der Dinge (Erstheit) – so Yong weiter – könne nie isoliert von der Dinghaftigkeit (Zweitheit) und den Gesetzmäßigkeiten (Drittheit) erfahren werden, sondern immer 141 Diese Überwindung ist es, die Yong zu einem Universal erhebt. In diesem Universal lauere die Möglichkeit einer ökumenischen Pneumatologie, einer potentiell allinklusiven theologia religionum und einer Erneuerung der gesamten Wissenschaften. Da die Pfingstbewegung diese Spannungen und Widersprüche in sich vereine und als Kollektiv bzw. kollektive Identität damit am erfolgreichsten umgehe, stellt sie für Yong die praktische Realisation dieser theoretisch-philosophischen Überwindung dar (Yong 2007b). Der von Yong vorgeschlagene triadische Ansatz, sei für die Theoretisierung dieses Sachverhaltes deshalb so verheißungsvoll, weil er sämtliche Kategorieschemata einschließe: »[F]reedom, fact, continuity ; feeling, volition, cognition; quality, reaction, representation; presentness, struggle, law; the Kantian categories of unity, plurality, totality, and possibility, necessity, actuality, and the Hegelian categories of thesis, antithesis, and synthesis, so long […] as the second was not overwhelmed by the third.« (DoF: 573, Anm. 30) 142 Siehe dazu die Einführung bei Gelpi, der in diesem Zusammenhang auch das Oxymoron »Platonic nominalism« (Gelpi 1994: 5 – 6) verwendet.

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

nur im Zusammenhang mit den anderen beiden. Während die Epistemologie aus der Sicht Yongs bei Peirce von Zweitheit und Drittheit ausgehe, um dann mittels Abstraktion auf Erstheit zu schließen, erfolge die metaphysische Erklärung dieser Momente umgekehrt: Zweitheit und Drittheit seien beides Erstheitsderivate, Drittheit sei ein Derivat von Erstheit und Zweitheit. Die Erklärung lautet wie folgt: Im Sinne von Faktizität setze Zweitheit mindestens zwei Gegensätze voraus, wohingegen Drittheit deren Vermittlung unter Beibehaltung der Einzigartigkeiten und Differenzen darstelle, die Erstheit und Zweitheit unter Beibehaltung ihrer Einzigartigkeiten und Differenzen als Einheit zusammenhalte. Die Parallele zum theologischen Hervorgehen des Geistes aus dem Vater und dem Sohn, bei gleichzeitigem Feststellen, dass der Vater in der Welt durch Sohn und Geist wahrgenommen werde, sei offensichtlich (SWC: 94).143 Demnach verhalte sich Relationalität zur Wirklichkeit Gottes bzw. Gotteslehre, genauso wie zur Metaphysik: Gott sei Relationalität, reine und vollkommene Relationalität. Klassisch ausgedrückt: Deus caritas est. Sowohl aus der theologischen Logik der Kirchenväter als auch aus der philosophischen Logik Peirce’ heraus, meint Yong daher die These aufrecht erhalten zu können, Wirklichkeit sei Relationalität und Erfahrung die Begegnung mit dieser Relationalität (SWC: 49 – 117).144 Diese Übereinstimmungen zwischen theologischer Erkenntnis (Trinitätslehre) und Metaphysik bestätigten das Vorhaben, das SWC zugrunde liegt: Aus den im Laufe der Kirchengeschichte von der Theologie entwickelten trinitarischen Denkfiguren, welche die christliche Gotteserfahrung in Geist, Wort und Gemeinschaft konzeptualisieren, eine trialektische Hermeneutik zu entfalten. Die Stärke einer von der Trinitätstheologie inspirierten Hermeneutik habe somit den Vorteil, dass durch die Geistkategorie (Drittheit) eine Einheit von Einheit und Differenz denkbar sei: Differenz werde synthetisiert, ohne jedoch ausgelöscht oder vereinnahmt zu werden. Dies erwirke eine ausbaufähige Alternative 143 Auf die Diskussion um das Filioque kann hier nicht eingegangen werden. In SWC behandelt Yong dieses Thema indem er die Augustinischen Argumente pro Filioque diskutiert, deren Anliegen im Zusammenhang mit Augustinus’ Konzept der gegenseitigen Liebe zwischen Vater und Sohn würdigt und mit Theologen aus der orthodoxen Ostkirche in den Dialog bringt. Schließlich bezeichnet er mit David Coffey das Filioque aber als lediglich »one aspect of the divine being and economy« (SWC: 72) und verwirft es zugunsten der ökumenisch offeneren Irenäischen Metapher, ohne jedoch die Erkenntnis Augustins, die für Yongs Relationalität wesentlich sind aufzugeben (SWC: 59 – 72). Auf ähnliche Weise weist Yong seine Pneumatologie auch in anderen Publikationen als dezidiert ökumenisch aus (z. B. Yong 2003a: 86 f). 144 Im Hinblick auf die Natur kann Yong daher auch von einer hermeneutischen Spirale sprechen und feststellen, dass »depending on which image is utilized, the spiral continues to take us either inward toward the heart of the divine mystery, or outward toward the mystery of the divine creation – or both at the same time, thereby confirming the suggestiveness of a theology of the Third Article for our time« (Yong 2003b: 230).

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zu den »disastrous Dualisms of Enlightenment rationality« (SWC: 91), ebenso wie eine Überwindung von Moderne und Postmoderne (SWC: 49 – 117). Jede Erfahrung sei somit eine Erfahrung von Gott, d. h. Erfahrung der reinen und vollkommenen Relationalität).145 3.2.4. Axiologische Ontologie und der Fakt/Wert Dualismus Die relationale Realität, der der Mensch in der Erfahrung begegne, dürfe aber nicht als statisch, sondern müsse als dynamische Interaktion verstanden werden. Die im letzten Abschnitt vorgestellten trinitätstheologischen Analogien bieten Yong daher die Möglichkeit sein Konzept der realitätskonstituierenden Relationalität um eine weitere Dimension anzureichern. Analog zur Trinität, die in kognitiven, volitionalen, affektiven und axiologischen Begriffen artikuliert werde, könne die dezidierte Hinzunahme dieser Aspekte bei der Artikulation einer metaphysischen Ontologie davor bewahren, die relationale Wirklichkeit im Sinne eines Automatismus (ex machina), oder einer reinen Kognition zu verstehen. Entsprechend der personal gedachten Trinität, die personal gedachte Entscheidungsträger impliziere, was wiederum Werte und Wertvorstellungen voraussetzt, sei die metaphysische Ontologie daher um eine axiologische Dimension zu ergänzen (SWC: 131). Das philosophische Instrumentarium dafür entlehnt Yong seinem Lehrer Neville, demzufolge eine Tatsache erst gar nicht erfasst werden könne, solange sie losgelöst von der Wertdimension betrachtet wird. Im Sinne einer postpostmodernen Kritik an der Dichotomie von Kopf und Herz wirft Yong somit sowohl dem Realismus als auch dem Nominalismus ein Gefangensein in der Trennung von Tatsache und Wert vor und plädiert dafür, diese mit Hilary Putnam als Fakt/Wert-Dualismus146 bezeichnete Trennung, zu überwinden. Es sei 145 Yongs Konzept von Erfahrung als Erschließungsgeschehen, das geistgewirkt sei und somit Offenbarungscharakter besitze, könnte viele fruchtbare Anknüpfungspunkte für einen Dialog mit Eilert Herms’ Offenbarungsverständnis bieten. In Anlehnung an Schleiermacher, den Yong bedauerlicherweise kaum rezipiert, heißt es bei Herms: »Als ›Offenbarung‹ bezeichnen wir umgangssprachlich […] das Zustandekommen des Wirklichkeitsbezuges von welthaftem Personsein, wie es sich in all denjenigen Erschließungsvorgängen vollzieht, in die sich Personen schlechthin einbezogen erleben. Als ›religiöse Offenbarungen‹ bezeichnen wir diejenigen – ebenfalls rein passiv erlebten – Erschließungsvorgänge, in denen eben der Sachverhalt dieses schlechthin passiven Zustandekommens des Spielraums menschlicher Handlungsmöglichkeiten […] selbst erschlossen wird und in denen somit der spezifische Sach- und Wirklichkeitsbezug einer religiösen Gestalt menschlichen Lebens zustande kommt. Als ›religiöse Offenbarung‹ bezeichnen wir also eine Klasse von Erschließungsvorgängen, die […] durch einen ganz spezifischen Inhalt ausgezeichnet sind (nämlich: die passive Teilhabe menschlicher Macht an der überlegenen Ursprungsmacht).« (Herms 1992a) 146 Diese Übersetzung von fact/value-Dualism orientiert sich an der deutschsprachigen Dis-

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notwendig der Dichotomie von cognitio/emotio bzw. sensatio eine dritte Größe zuzuordnen, indem die Wertstrukturen der Welt mit den Wertstrukturen der menschlichen Erfahrung korreliert werden (SWC: 131). Im Zusammenhang mit der Imagination, als epistemologischen Ort der Erfahrung und dem Yongschen Wahrheitsbegriff als pragmatischen Wertübertrag, soll diese axiologische Dimension noch weiter ausgeführt werden (siehe II,3.3.1.). An dieser Stelle genügt es festzuhalten, dass Yongs metaphysische Ontologie auf Grund ihrer triadischen Struktur sowohl Affekte als auch Werte im Sinne universal erfahrbarer Wirklichkeitskonstituenten versteht, die in einer Hermeneutik keine nachgeordnete Rolle spielen dürfen. 3.2.5. Fazit und tabellarische Übersicht Yongs Erfahrungsbegriff geht somit von einer Begegnung der Wirklichkeit aus, die unabhängig vom cogito real ist und auf Grund ihrer relationalen Struktur durch Werte konstituiert ist. Die Erfahrung der Wirklichkeit sei daher durch eine Konversion, eine Hinwendung zu den wirklichen Dingen,147 konstituiert, deren Wert wiederum den Menschen affiziere und ihn so verändere. Das impliziert, dass laut Yong der Erfahrung qua relationales und axiologisches Moment, neben sämtlichen anderen (kognitiven, etc.) auch eine transformative Komponente innewohnt (ToF: 44.49ff; SWC: 131 – 148.186 ff.194ff).

kussion der Arbeiten Hilary Putnams, in denen sich die angeführte Terminologie zu etabliert zu haben scheint. 147 Der in diesem Satz implizite Realismus wird sich im Laufe der Besprechung noch klären. Yong lehnt sich hier sehr stark an Gelpi an (DPA: 169 – 172, vgl. Gelpi 1984: 17 – 44). Dieser bringt Peirce’ Triadik mit seiner an den kanadischen Theologen und Religionsphilosophen Bernard Lonergan angelehnten Fundamentalkategorie der Konversion (als Hinwendung verstanden) zusammen, die in seinem Ansatz eine konstitutive Weise im Absichtshandeln und in sämtlichen Entscheidungsmomenten des Menschen spiele (SWC: 94 f). Gelpis Fundamentalpneumatologie ist eine deskriptive und präskriptive Darlegung darüber, wie Christen die Realität Gottes durch seinen göttlichen Hauch erfahren (sollten). In Anlehnung an die Peircesche Triadik betrachtet er Gott-Vater als die qualitative Quelle und Wirkkraft. Gott-Sohn betrachtet er als das entscheidende Zeichen bzw. das (Ab-)Bild (image), das die Gottheit verkörpert und in dem sie mit der Welt interagiere. Gott-Geist betrachtet er als das Interpretationsmoment (interpretant), das in universalen Begriffen und in Begriffen der Gesetzmäßigkeit die Wechselseitigkeitsbeziehung von Vater und Sohn sowohl ad intra als auch ad extra erschließe, und woraus sich dann die normative Struktur der Beziehung zwischen Gott und Mensch, aber ebenso auch zwischen Mensch und Mensch ergebe (SWC: 95). In einem Fazit zeigt Yong wie sich diese Diskussion praktisch auf sein Konzept der pneumatologischen Imagination auswirkt: »Practically speaking, foundational pneumatology captures the insight that the reality that is experienced and is to be interpreted is the interrelationality of qualities, particularities and spiritualities […], thus requiring discernment at all three levels.« (SWC: 95, Hervorhebung original)

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Tabelle 4: Trinität, triadische Metaphysik und und triadische Ontologie als Gegenstand der Erfahrung Pneumatologische Kategorie Dynamis Rationalität Relationalität

3.3.

Trinitarische Person Gott Vater Gott Sohn Gott Heiliger Geist

Metaphysische und Ontologische Kategorien Erstheit Qualität Potentialität Zweitheit Faktizität Aktualität Drittheit Gesetzmä- Relationalität ßigkeit

Erfahrung als Imagination: axiologische Welterzeugung und triadische Epistemologie

Stand in der zuvor behandelten Passage die Frage im Vordergrund, wie sich Yong zufolge biblisch-erfahrbare Trinitätstheologie (im Sinne der Kategorien Rationalität, Dynamis und vor allem Relationalität) zu Realität und Sein verhielten, geht es nun darum, inwiefern diese Kategorien mit den Bedingungen des Erkennens korreliert werden können. Unter der Überschrift Pneumatological Imagination (SWC: 119 – 218) versucht Yong daher die epistemologische Frage zu beantworten, die sich aus dem zuvor verfochtenen metaphysischen Realismus ergibt: »How can we be sure that these categories truly get at reality rather than being a sophisticated concoction of a human mind fascinated with triads like relationality, rationality, and dynami[s ..]?« (SWC: 118; 123 f) Das Beantworten dieser Frage gehe mit der Entfaltung einer Epistemologie einher, die von der hermeneutischen Spirale von Praxis, Leben und Vorstellungen, Überzeugungen und Verantwortungsübernahme ausgeht und nicht in dem Dualismus reine Vernunft/praktische Vernunft stecken bleiben wolle. Analog zur triadischen metaphysischen Ontologie übernimmt Yong auch Peirce’ triadische Epistemologie. Diese bestehe im Wesentlichen in den Kategorien Abduktion, Deduktion und Induktion, die Yong im Rückgriff auf die Axiologie und Symbollehre Nevilles zu seinem besonderen Konzept der pneumatological imagination operationalisiert. Damit sind die beiden tragenden Konzepte genannt, auf denen Yongs ganzheitliche Epistemologie beruht, und die im Folgenden in umgekehrter Reihenfolge erörtert werden sollen. Zuerst soll die Imagination besprochen werden (II,3.3.1.), die sich stärker am Erfahrungssubjekt orientiert. Als zweites soll Yongs Aufnahme von Peirce’ triadischem Erkenntnisprozess erläutert werden, wobei das Erfahrungsobjekt und der –modus in den Fokus kommen (II,3.3.2.). Anschließend soll ein Fazit gezogen und eine tabellarische Übersicht erstellt werden.

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

3.3.1. Pneumatologische Imagination als Kategorie für die Reflexion der Erfahrung Yongs Konzept der pneumatologischen Imagination lässt sich anhand von drei Dimensionen erschließen: grundsätzliche Religiosität (II,3.3.1.1.); integrative Relationalität (II,3.3.1.2.) und Axiologie (II,3.3.1.3.). Diese qualifizieren zugleich auch seinen Erfahrungsbegriff. 3.3.1.1. Grundsätzliche Religiosität der Erfahrung: Imagination und der endlich/unendlich-Kontrast Die triadische Wirklichkeit, die Yong mit Peirce in die drei Momente Qualität, Fakt und Gesetzmäßigkeit strukturiert, könne niemals auf unmittelbare Weise, sondern immer nur semiotisch vermittelt erfahren werden.148 Yong geht dabei von der grundsätzlichen Beobachtung aus, dass der Mensch begrenzt ist. Auf Grund dieser Grenzhaftigkeit könne der Mensch Dinge nur in (Ab-)Bildern erfahren, die er wiederum als Symbole enkodieren müsse, um sie ausdrücken und kommunizieren zu können. Der Ort und die Voraussetzung dieses Prozesses sei die Imagination, weil Symbole nur dann entstehen könnten, wenn ein (Ab-) Bild in der Imagination dafür vorhanden sei. In den Worten Nevilles definiert Yong Imagination als elementare Fähigkeit, Dinge als (Ab-)Bilder (images) zu erfahren149 (ToF: 45). Das (Ab-)Bilden der Wirklichkeit in einem mehr oder weniger konkreten Bewusstseinsakt stelle hierbei die Grundform menschlicher Erfahrung dar, bei der per definitionem endliche (Ab-)Bilder zur Wirklichkeitsbewältigung erzeugt würden. Der genannte (Ab-)Bildungsprozess stelle in Nevilles Anthropologie außerdem das schlechthinnige Konstituens des Menschen bzw. sein Gattungsproprium dar. Diese (Ab-)Bildungsfähigkeit betrachtet Yong als grundlegend religiös:150 Sie sei zum einen ein kreativer Schöpfungsakt, zugleich aber auch eine begrenzte Reproduktionshandlung. Mit Yongs Worten gesprochen: Sie sei eine Welt(anschauungs)erzeugung (world- or world-view148 »[A]ll human experience is mediated semiotically, […] human being is, indeed, an animal symbolicum (see Cassirer 1944, 26). As such, I will argue that norms are intrinsically connected to the sense of obligation which emerges in the encounter with otherness insofar as otherness is significant – i. e., bears the imprint – of the divine (which it always does, to a greater or lesser degree).« (SWC: 185, Hervorhebung original) 149 »Imagination [is] the elementary capacity to experience things as images […] regardless of whether it contains any specifically religious symbols of God or related matters.« (ToF: 45) 150 »Imagination […a]s ›the elementary capacity to experience things as images‹ [..] is [..] fundamentally religious ›regardless of whether it contains any specifically religious symbols.‹« (ToF: 45, vgl. Neville 1996: 47) Der englische Begriff imagination wird hier mit Imagination übersetzt. Dieser bietet, im Gegensatz zu den Begriffen Vorstellung bzw. Vorstellungskraft, den Vorteil, dass bei Imagination, die Konnotation der Bildhaftigkeit (und dann auch Ebenbildhaftigkeit) über den lateinischen Terminus imago sichtbar ist. Entsprechend dazu wird auch von (Ab-)Bildung bzw. (Ab-)Bildungsprozess gesprochen.

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

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making)151, die nur in den Begriffen ontologischen und existentiellen Daseins ausgedrückt werden könne. In der (Ab-)Bildungsfähigkeit drücke sich die imago dei (Ebenbildlichkeit bzw. Abbildhaftigkeit Gottes) aus, weil – neben dem Schöpfungsaspekt selbst – mit der Endlichkeit (d. h. die Grenze, die für die Abbilder konstitutiv ist) ex negativo zugleich die Unendlichkeit (Grenzenlosigkeit) abgebildet werde (ToF: 45).152 Yong macht keinen Hehl daraus, dass diese Strukturmerkmale der Imagination (Grenzhaftigkeit, Kontingenz, Grenzenlosigkeit, Unendlichkeit etc.) selbstverständlich auch nur imaginativ seien, da es erkenntnistheoretisch gesprochen keine außenstehenden Beobachterperspektive geben kann. Daraus dürfe aber nicht der Fehlschluss gezogen werden, dass die von ihm operationalisierten Strukturmerkmale der Imagination fiktiv oder willkürlich wären. Obwohl sie nicht außerhalb der Imagination stehen, ließe sich sehr wohl zwischen adäquaten und inadäquaten Strukturmerkmale der Imagination unterscheiden. Daher seien die genannten Strukturmerkmale – bis auf Gegenprobe – als die angemessensten und somit als real zu betrachten (ToF: 45).153 Die grundlegende Religiosität aller Erfahrung, die darin besteht, dass die Begegnung mit der Wirklichkeit stets eine Begegnung mit der Relationalität Gottes impliziere, macht Yong dem von Neville geprägten Begriff des endlich/ unendlich-Kontrasts (finite/infinite-contrast) deutlich: Darunter subsumiert Neville all jene Symbole154, durch die das religiöse Subjekt mit dem religiösen

151 In Anlehnung an die deutsche Übersetzung von Nelson Goodmans Ways of Worldmaking (Goodman 1978) durch Max Looser (Goodman & (übers.) Looser 1984), wird worldmaking mit Welterzeugung übersetzt – und nicht mit Weltkonstruktion (so etwa Dalferth 1974: 54). In SWC nimmt Yong direkt auf Goodman Bezug (SWC: 143). 152 In Yongs Worten: »[I]magination refers to the synthetic processes of world-making that bridge elemental perception and cognition in human experience. The imagination is what operates at the border of the finite and the infinite, and forms the possibilities for both human worldviews and for our being-in-the-world.« (DPA: 186 f) 153 Im Zusammenhang mit der Besprechung von Yongs Wahrheitsbegriff (siehe vor allem II,3.4.3.) wird sich zeigen, dass Yong mit dieser Argumentation auch sämtliche idealistische Positionen, die auf die Frage nach Wahrheit qua Korrespondenz mit der außersprachlichen Wirklichkeit grundsätzlich verzichten, vehement ablehnt. 154 Es ist anzumerken, dass Neville zwischen Zeichen und (religiösen) Symbolen, als besondere Zeichen, mit denen der Mensch in Kontakt zur Gottheit kommt, unterscheidet. Bei Yong liegt diese Unterscheidung zwar auch nominell vor, faktisch scheint sie allerdings im Hinblick auf den endlich/unendlich Kontrast und auf seine pneumatologische Imagination keine Auswirkung zu haben. In ToF, einem seiner allerersten Aufsätze, begegnet zusätzlich auch noch die leider sehr verwirrende Rede von wörtlichen Zeichen, die nicht-metaphorisch, und unwörtlichen Zeichen, die metaphorisch seien (»any kind of sign, some of which can be literal in the sense of non-metaphorical and others of which (all primarily religious ones) are non-literal […] Non metaphorical does not mean not metaphorical.« ToF: 44ff, Hervorhebung original). Es kann nur gemutmaßt werden, dass diese Unterscheidungen auf Wittgensteins Metaphernkonzept zurückgehen, die sich in eine seiner letzten Vorlesungen,

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

Objekt in ein Verhältnis tritt.155 Der endlich/unendlich-Kontrast deute laut Yong darauf hin, dass dort, wo der Mensch seine Grenze erreicht, sich ex negativo die Unendlichkeit abbilde. Weil Unendlichkeit allerdings ein konstitutives Merkmal von Göttlichkeit sei, besitze jedes Subjekt und jedes Objekt eine inhärente Religiosität. Auf dieser Linie gedacht stelle dieser Kontrast somit die Kontaktstelle zwischen Mensch und Gott dar. Nach Yong führen die Symbole, in denen beides zugleich – das Endliche und das Unendliche – präsent sei, zu dem, was »at the heart« (ToF: 45 f, Anm. 13) der Wirklichkeit liege, nämlich göttliche Relationalität. Dadurch, dass die Abbildung der Unendlichkeit jedoch immer nur ex negativo geschehe, bewirke der endlich/unendlich-Kontrast beides zugleich: Enthüllung und Verhüllung. Diese Doppelbewegung sei auch der Grund, weshalb (religiöse) Symbole nur teilhaftige Erkenntnis dessen, was außerhalb der menschlichen Erkenntnis liegt, ermöglichten. Entsprechend gelte es, ihre Wahrheit – im Sinne von Korrespondenz zu Wirklichkeit – als Wertübertrag des (religiösen) Objektes (Gottheit) zu verstehen, und nicht als restloses Erfassen deren Identität (ToF: 45). Diese erste Annäherung an die grundsätzliche Religiosität der Erfahrung in Yongs Ansatz erfordert weitere Klärung in Bezug auf die spezifische Leistung des Yongschen Imaginationsbegriffs und auf die Frage, wie sie sich zu axiologischen Fragen verhält. Dies soll in den folgenden Abschnitten geschehen. 3.3.1.2. Imagination: relational – integrativ – normativ und der Fakt/Wert-Dualismus In seinem Konzept der pneumatologischen Imagination sieht Yong die Möglichkeit einen neuen Zugang zur menschlichen Erfahrung der Wirklichkeit, weil sie sämtliche Dualismen überwinde und eine ganzheitliche Annäherung an die Erfahrung gestatte. In SWC beginnt die Darlegung seines Imaginationsbegriffs mit einem Abriss der unterschiedlichen Imaginationsverständnisse durch die wichtigsten Stationen der abendländischen Philosophiegeschichte hindurch, in der sich negative und positive Bewertungen des Imaginationsbegriffes abwechselten (SWC: 124). Aus der Erörterung dieser unterschiedlichen Imaginationskonzepte leitet Yong drei Funktionsweisen her, die sein pneumatologischen Imaginationsbegriff kennzeichnen: (1) die relationale Funktion, (2) die integrative Funktion und (3) die normative Funktion der Imagination. dank der Mitschriebe einiger seiner Zuhörer, erhalten haben (Wittgenstein 1986: 79 f). Yong selbst bindet diese Unterscheidungen aber nur vage an Neville zurück. 155 In einer Fußnote bindet Yong dieses Konzept an die Symbollehre Paul Tillichs und an dessen Definition Gottes als das Sein-Selbst an (ToF: 45, Anm. 13) und erspart sich somit weitere Erläuterungen der Komplexität zu Nevilles platonischen Gedankengang, die allerdings hilfreich gewesen wären um die Punkte zu markieren in denen Yong von Neville abweicht (SWC:196 Anm. 1).

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Auf Kant führt Yong die Erkenntnis zurück, dass Imagination156 sowohl reproduktiv als auch produktiv sei. Diesen Aspekt nennt Yong die relationale Funktion (1). Sie bestehe in der Vermittlung zwischen den qua Erfahrung gewonnenen Bildern (sinnliche Wahrnehmung) und der Produktion der Wirklichkeit, in der sie sinnvoll sind (Vernunft; SWC: 126). Diese Synthese157 ermögliche es dem Menschen, unbewusst und fluide vom Aktiven zum Passiven und umgekehrt überzugehen (SWC: 129). Yong fragt sich nun, wie diese Synthese genauer zu begreifen sei, und ob es angemessen sei, sie als willkürlichen Filter zwischen subjektiver Erfahrung und objektiven Dingen zu betrachten (SWC: 126). Er stellt fest, dass (Re-)Produktion durch Bilder, obwohl sie aus unendlicher Potenzialität schöpft, per definitionem endlich ist, und fragt, warum manche Elemente beim (Re-)Produktionsprozess Beachtung fänden, während andere ignoriert würden. Das hiermit formulierte Problem der Selektion führt ihn zur Frage nach der möglichen Rolle, die die Affekte hierbei spielen könnten. Mit Rekurs auf die Romantiker und auf F. D. E. Schleiermacher hebt Yong die Zentralität der Affekte158 für menschliches Leben und Erkennen hervor, verortet diese in der Imagination und schreibt somit der Imagination eine integrative Funktion (2) zu. Yong zufolge seien Affekte für die Selektion aus der unendlichen Potenzialität bei der zuvor genannten (Re-)Produktion von Bildern zuständig. Da Affekte auf das Gegebene reagierten, sei daher die zuvor genannte Auswahl nicht willkürlich, sondern (teilweise) vorgegeben. Imagination sei somit der Ort, an dem Kognition holistisch mit Affekten durchtränkt, bzw. konstitutiv mit Affekten verschränkt zusammengefacht werden können, und somit der Ort, an dem Erkenntnis bzw. Erfahrung volitional zum Guten, Wahren und Schönen strebe. In diesem Integrationsmoment sieht Yong die Überwindung des Dualismus’ von »head and heart« (SWC: 130), den er mit weiteren Denkern159 untermauert. Die teleologische Ausrichtung der durch Affekte und Kognition mitkonstituierte Erkenntnis, führt dazu, dass Yong das Denken nicht nur als eine intellektuelle Handlung, sondern auch eine affektive, volitionale und geistliche 156 Obgleich Kant von Vorstellungskraft spricht, soll hier der Begriff Imagination beibehalten werden, da dieser, nebst den genannten Vorzügen, auch besser an Nevilles platonisches Verständnis anschließt, in dem das bildgebende und begrenzende Moment der Imagination eine wichtige Rolle spielt. Einbildungskraft, eine weitere Kantsche Wendung, scheint ebenso wenig geeignet, da sie im deutschen eine phantastische Konnotation besitzt. 157 Mit dem Begriff Synthese umgeht Yong die Schwierigkeiten, Produktion und Reproduktion näher bestimmen zu müssen. Er nimmt sie als gegeben hin und – so mag man meinen – hebt sie im Hegelschen Sinne auf. Einen leicht zugänglichen Einblick in diese Problematik, allerdings aus kommunikationstheoretischer Sicht und mit gänzlich anderen erkenntnistheoretischen Schlussfolgerungen, bietet unter dem Titel Kodieren/Dekodieren, der etwas ältere aber umso leichter zugängliche Aufsatz des Kulturtheoretikers Stuart Hall (Hall 2004). 158 Hier vollzieht Yong eine implizite Gleichsetzung zwischen Gefühlen und Affekten. 159 Diese sind: Mary Warnock, William Wainwright, Alvin Plantinga (SWC: 130).

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(spiritual)160 (SWC: 130) Handlung aufzufassen sei. All dies sei Yong zufolge auch in der alttestamentlichen Idee des Begriffs Herz (bl) angelegt, die er in einem biblisch-theologischen Vorspann zur Imagination erörtert hatte (SWC: 125).161 Die affektive Dimension sei lange Zeit unterschätzt worden. Mit der geistesgeschichtlichen Entwicklung habe zwar eine in vielerlei Hinsicht konstruktive Differenzierung stattgefunden, diese sei allerdings auf Kosten einer Ganzheitlichkeit geschehen, die im biblisch-hebräischen Pens¦e noch enthalten sei (SWC: 130). Die integrative Funktion der Imagination bestehe somit darin, die mit der geistesgeschichtlichen Entwicklung einhergegangene Differenzierung beizubehalten, ohne jedoch in eine Polarisierung von Affekten und Kognition zu gleiten. Die neben der affektiven und kognitiven Seite erwähnte Ausrichtung auf das Wahre, das Gute und das Schöne, leitet zur normativen Funktion (3) der Imagination über. Im Zusammenhang mit dieser Funktion der Imagination schließt Yong an an Nevilles axiologische Metaphysik an. Die negative Antwort auf die Frage, die oben im Kontext der Selektion aufgeworfen wurde, ob der Auswahlprozess der Welterzeugung bzw. Welt(ab-)bildung willkürlich oder subjektiv sei, erschöpft sich nicht mit der Integration der Affekte. Neben den Affekten bestimmten laut Yong auch Werte den in (und mittels) der Imagination stattfindenden Selektionsprozess der Wirklichkeitsbewältigung. Da Werte nach Anwendung strebten, gehöre Normativität demnach insofern zum Denken, als dass die Ideale, durch die ein jegliches Verhalten bewertet wird, verinnerlicht und selbstbewusst angewandt würden (SWC: 130 f)162. Imagination ist in Yongs Konzept demnach nicht nur der Ort der Integration dieser verschiedenen Komponenten, weil sie die Welt auch anhand der ihr innewohnenden Werte abbilde (d. h. erzeugt, bewältigt, versteht), sondern auch der Drang für deren Realisierung, weil die der Welt innewohnenden Werte zur (Wieder-)Anwendung strebten (SWC: 130 f). Yongs Kritik an der Trennung von Tatsache und Wert (lies: seine Auffassung, dass eine Tatsache losgelöst von der Wertdimension überhaupt nicht kognitiv erfasst werden könne), braucht hier nicht wiederholt zu werden. Vor der Feststellung, dass sowohl der klassische Realismus als auch der Nominalismus im Fakt/Wert-Dualismus gefangen sei, den es zu überwinden gelte, plädiert er dafür, die Wertstrukturen der Welt mit denen der menschlichen Erfahrung zu korrelieren. Nevilles axiologische Metaphysik, die auch kosmo160 Durch den in Klammern gesetzten englischen Terminus soll hier eine ausführliche Abgrenzung von geistlich und geistig erspart bleiben (siehe I,3.1.). 161 Es sei dahingestellt inwiefern dies einen Anachronismus darstellt, der Unterscheidungen, die frühestens seit der Aufklärung nachweisbar sind, in altorientalische Texte einträgt. 162 »Briefly put, normativity pertains to human thinking to the extent that the ideals, rules and principles by which behaviors are measured are interiorized and self-consciously applied.« (SWC: 130)

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logische Züge trägt (Welt als Wertekosmos), ist in Yongs Augen so konzeptualisiert, dass sie all dem Rechnung trägt (SWC: 131). Somit besteht die normative Funktion der Imagination darin, die einzelnen Momente der Erkenntnis (lies: Welterzeugung bzw. Welt(ab-)bildung) nicht nur in einem abstrakten Verhältnis zu belassen, sondern ihnen eine pragmatische, d. h. auf die Wirkung der Handlung und deren Wiederholung bezogene, Ausrichtung zu geben. Erfahrung ist somit immer auch Normen generierend bzw. normativ. 3.3.1.3. Imagination als epistemologisches Konzept der Erfahrung und Axiologie Yong skizziert Nevilles axiologische Metaphysik, indem er die Imaginationsdiskussion von Nevilles Reconstruction of Thinking (Neville 1981) zusammenfasst (SWC: 131, besonders Anm. 3). Auf der Grundlage von John Deweys Konzept des wertbezogenen Transaktionalismus’, demzufolge das Reale aus Interaktionen bestehe, die eine ästhetische Dimension hätten, gelange Neville zur »speculative hypothesis that things are what they are precisely as achievements of some value or other. To be is to have realized value; to become is to attain value.« (SWC: 131)163 Aus dieser Hypothese und der Aufgabe des Fakt/ Wert-Dualismus’ folgert Yong, dass selbst der vernünftigste Denkvorgang nicht ohne Wertbezogenheit stattfindet.164 Er impliziere vielmehr ein axiologisch163 Neben moralischen Werten kennt Neville auch ästhetische, intellektuelle, religiöse Werte etc. Wichtig ist hierbei die grundsätzliche Werttypenunterscheidung, wonach Werte sowohl essenziell (1), als auch konditional (2) konstituiert seien. Hierbei entspricht essenziell (1) dem intrinsischen Wert – d. h. dem Wert, den ein Ding »sus[sic!] generis« (SWC: 131) besitzt; der Wert, der unabhängig vom Menschen ist und sich dem Menschen aufdrängt. Konditional (2) entspricht dem relationalen Wert – d. h. dem Wert, den ein Ding in Relation zu einem anderen besitzt (SWC: 131). Diese Unterscheidung ist analog zu den Begriffen intensional und extensional, die Yong in ToF gebraucht. Es scheint als erfolge in SWC ein Übergang von der Bezeichnung intensional und extensional zu intrinsisch und extrinsisch. 164 Diese axiologisch-metaphysischen Erwägungen haben bei Neville auch Auswirkungen auf seine Kosmologie. Yong behandelt sie im Zusammenhang mit der Frage, was die Güte der Schöpfung (creation’s goodness) ausmache und wie sich daraus normative Schlüsse für das Engagement des Menschen mit der Schöpfung ergäben. Yong gibt aber auch zu, dass er an dieser Stelle Nevilles Ansatz dekontextualisiert und umarrangiert (SWC: 196, Anm. 1). Den Ausgangspunkt stellt der axiologisch-ontologische Grundsatz dar, der paraphrasiert wieder aufgegriffen wird: »[T]hings are what they are as harmonies of essential and conditional features.« (SWC: 195) Da Harmonie jeweils kontextabhängig ist, müsse die Bewertung eines jeden Dings (in diesem Falle: jedes Teils der Schöpfung) von einem hohen Komplexitätsgrad ausgehen, dem nur mit einer speziellen Sensibilität angemessen Rechnung getragen werden könne. Der intrinsische Wertaspekt, den es immer wieder neu zu erforschen gelte, trage zu einer adäquaten Erfassung des jeweiligen Dings bei. Hatte Yong also den Blick für Transformation zunächst auf das (vertikale) Verhältnis Gott-Mensch und auf das (horizontale) Mensch-Mensch – letzteres in SWC ergänzt durch Rekurs auf Martin Buber und Emanuel Levinas (SWC: 188ff) – gerichtet, kann er normative Transformation mit dem Nevilleschen Begriff der frommen Ehrerbietung (pious deference) auch auf natürliche Objekte ausweiten. Engagement kann somit auch im Sinne einer Theologie der Ökologie und

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evaluatives Selektionsmoment, das mit der vagen Imagination beginne und – über eine mehr oder weniger bewusste Theoriebildung – letztendlich nach (Selbst-)Verantwortung strebe (SWC: 131).165 Ebenso wie nach Yong Welterzeugung und –abbildung die universal-anthropologischen Grenzen der menschlichen Existenz abbildet, so bilde die wertbezogene Auswahl, welche die Imagination trifft, die Axiologie ab, die das Sein und die Realität als solche konstituierten (SWC: 131). Die von Yong gepriesene Originalität Nevilles bestehe nun darin, gezeigt zu haben, dass das, was von der sogenannten Postmoderne166 als unbestimmte Selektionswillkür verkannt werde, durch allgemein nachvollziehbare axiologische Kriterien erfolge, die sich zum einen der Erfahrung, zum anderen dem selbigen Nachforschungsprozess (Denken) als Gesamtes verdankten. Die allgemeine Nachvollziehbarkeit schlage sich – so fährt er fort – in der Bildung von Normen (Tendenzen und Gewohnheiten) nieder, die ein erfolgreiches Interagieren mit der Welt (das Ziel jedes Denkvorgangs) sicherten.167 Als solche sei Imagination nicht nur prägend, sondern auch geprägt von der pragmatischen Orientierung des Denkens. Vor dem Hintergrund Nevilles Wahrheitsdefinition bedeute dies: Ein Wertübertrag von den Erfahrungsgegenständen zum Denken, bzw. in den Denkprozess, finde dann statt, wenn er eine effektive Beziehung zur Welt ermögliche (SWC: 132). In Yongs Ansatz sind die entstehenden Normen also keine kognitiven Konstrukte, die der Welt aufgestülpt werden. Sie sind Yongs Ansicht nach qua Erfahrungsobjekte der Imagination (vor-)gegeben. Dies stehe in direkter Verbindung zum intrinsischen Wert eines Gegenstands, den es (immer wieder neu) zu erfassen gelte, sofern eine Interaktion mit der Welt angestrebt werde, die nicht oberflächlich ist. Sobald nach diesem tiefsitzenden Wert an sich gefragt werde, entstehe »engagement« (ToF: 49; SWC: 196 ff.216), das das aktive Pendent zu der stärker passiv verstandenen Transformation darstelle, die sich qua Hinwendung zur res ereigne. Erfolgreiche Handlungsgewohnheiten, die aus dem Imaginationsprozess qua axiologische Kriterien hervorgehen, seien somit ökologischen Ethik, Aufschluss über symbolische Wahrheit geben, die sich in Anbetracht konkreter Transformation nachprüfen ließe (SWC: 198). Im Zusammenhang mit dem intrinsischen Wertaspekt äußert Yong auch hier seine post-postmoderne Kritik, die er zuvor im Zusammengang mit der Selektionswillkür vorgetragenen hatte. Lag das Desaster der Moderne in dem Fehler, Ding und Wert so voneinander zu trennen, dass objektivistischrationalistische Aussagen grausamster Entmenschlichung Vorschub leisten konnten, scheine die Postmoderne jetzt den gleichen Fehler auf der anderen Seite zu begehen, indem sie a priori die Frage nach objektiver Wahrheit – d. h. hier konkret die Frage um den intrinsischen Wert – einklammere (SWC: 195). 165 Es wird sich später herausstellen, dass diese Abfolge analog zu den Momenten Perzeption, Abduktion, Deduktion und Induktion, mit denen Peirce Erkenntnisprozess auf differenzierte Weise analysiert, konstruiert ist. 166 Gemeint sind hier wohl radikalkonstruktivistische Entwürfe und ähnliche neuere Ansätze. 167 Über den hier impliziten Pragmatismus wird später noch zu sprechen sein.

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kongruent168 zur Realität die er als axiologisch konstituiert versteht. Für den Erfahrungsbegriff von Yong bedeutet dies: Erfahrung ist immer mit Werten konfrontiert, die der erfahrenen Wirklichkeit innewohnen und das Erfahrungssubjekt affizieren, weil sie den Erfahrenden im Sinne von entstehenden Gewohnheitstendenzen transformierten. 3.3.1.4. Fazit Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Yong Erfahrung als grundsätzlich und konstitutiv religiös versteht, weil sie sich in einem semiotischen Geschehen der Wirklichkeit ereigne. Dieses semiotische Geschehen sei ein Selektionsprozess, in dem die Imagination die Wirklichkeit qua Zeichen und Symbolen (ab-) bilde und somit der schieren Unendlichkeit von Eindrücken evaluative Ordnung zukommen ließe. Ferner bildeten sich im Sinne eines Heideggerschen Vorgriffs in diesem Welterzeugungsakt Endlichkeit und Unendlichkeit zugleich ab, weshalb durch die Fähigkeit zur Erfahrung als Welterzeugung, sprich die unbewusst-bewusst stattfindende Abbildung (imagination), die Ebenbildlichkeit Gottes (imago dei) im Menschen offenbar werde. Diese versteht Yong als eine gebrochene, aber an der Wirklichkeit teilhabende und daher theozentrische Ebenbildlichkeit. Das Endliche sei zwar nicht fähig, das Unendliche zu erfassen, jedoch durch Symbole in der Imagination zu einer Verhältnissetzung, einer »mediated immediacy« (SWC: 229) in der Lage.169 Dabei würden Erstheit und Zweitheit in eine Relationalität gebracht, die praktische Transformation (und

168 Kongruenz (samt Derivate) gebraucht Yong quasi synonym zu Korrespondenz. Dieser Begriff bringt ihn wohl näher an objektive Wahrheit heran als es bei Kohärenz oder Korrelation der Fall ist; grenzt sich zugleich aber auch vom aristotelischen Korrespondenzbegriff ab (SWC: 167 f). Auf den Wahrheitsbegriff Yongs wird später noch näher eingegangen werden. 169 Yong selbst übernimmt diesen Begriff von Eric C. Rust, der damit Balthasars radikale Unmittelbarkeit korrigiere. Es lohnt sich hier ein längeres Zitat zu übertragen, das für die Frage der gesamten vorliegenden Arbeit aufschlussreich ist: »Ultimately, while Balthasar’s notion of ›unmediateness‹ may still assume too much since finite human minds cannot fully access the infinite God. It is important not to exalt the human imagination as an autonomous faculty or human freedom as an autonomous capacity. In fact, as contingent creatures capable of engaging the transcendent, human beings are also fully dependent on and related to God, or, for our purposes, the Spirit of God. Von Balthasar’s radical ›unmediateness‹ should therefore be qualified as a ›mediated immediacy‹ (cf. Rust 1981: 49 – 76). This captures the togetherness of both aspects of the process of religious knowing only by and through the Spirit. Here it is important to emphasize, therefore, interpretation as a charismatic activity […] charismatic in the sense that it is enabled by and through the Spirit. […W]hile the imagination as [..] free, and open to transcendence provides for novelty in interpretation, these same features […] correct any speculative deficiencies in one’s metaphysical […] scheme. This is an important element of the trialectic since all human interpretations are finite, perspectival, and hence, fallible.« (SWC: 229, Hervorhebung GM)

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Engagement) im Sinne von wertbezogenen Handlungsgewohnheiten hervorbrächte. 3.3.2. Triadische Epistemologie und Semiotik Während die Besprechung des Imaginationskonzepts den Akzent etwas stärker auf das Erfahrungssubjekt in den Fokus gerückt hat, nimmt die folgende Rekonstruktion der triadischen Epistemologie von Yongs Erfahrungsbegriff und die damit verbundene Semiotik das Erfahrungsobjekt und den –modus stärker in den Blick. Die drei erkenntnistheoretischen Kategorien Abduktion, Deduktion und Induktion sind bereits mehrfach genannt worden. Sie sollen im Folgenden ausführlich vorgestellt (II,3.3.2.1.) und dann mit der semiotischen Bedingtheit von Wirklichkeit bzw. Wirklichkeitserfahrung besprochen werden (II,3.3.2.2.). Ein Fazit soll die wichtigsten Ergebnisse zusammenfassen (II,3.3.2.3). 3.3.2.1. Triadische Epistemologie Yongs von Peirce übernommene triadische Epistemologie nimmt ihren Ausgangspunkt bei einer »phenomenological analysis« (SWC: 215) des Erkenntnisprozesses als Erfahrung, die durch zwei Grundunterscheidungen und anhand von drei Momenten präzisiert werden kann: Wahrnehmungsurteile (perceptual judgments)170 und Wahrnehmungsfakten (perceptual facts) einerseits und die Abduktion-Deduktion-Induktion-Abfolge andererseits (DoF: 570 – 573, vgl. SWC: 215 – 217). 3.3.2.1.1. Wahrnehmungsurteile und Wahrnehmungsfakten Wahrnehmungsurteile stellten laut Peirce – so Yongs Referat – eine unkontrollierbare Operation dar, die mit dem sense datum in der Britischen Philosophie vergleichbar, allerdings nicht atomistisch konzeptualisiert sie. Eingebettet in einem unaufhörlichen Erfahrungs- bzw. Bewusstseinssstrom, bewirkten diese die Kontinuität zwischen ratio und perceptio. Durch den Verweis auf eine Kontinuität zwischen ratio und perceptio werde damit die Frage nach dem Un170 Der englische Terminus perception (samt Derivate) wird in der Regel mit Wahrnehmung übersetzt. Dies geschieht zum einen in Anlehnung an die deutschen Peirceübersetzungen und vermeidet ein Missverständnis mit Kants Apperception, als besondere Art von Wahrnehmung. Es sei jedoch angemerkt, dass perception etymologisch von per-capere her betrachtet eine andere Konnotation mitführt, als die Übersetzung Wahrnehmung, zumal das Kompositum wahr den Gedankengang zusätzlich verkompliziert und Yongs Argument pro Aufhebung der methodischen Grenze zwischen Deskription und Präskription in den Wissenschaften (besonders Philosophie und Religionswissenschaft, ToF: 42) zusätzlich qua Assoziation zuzuarbeiten scheint.

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anzweifelbaren, vor dem Hintergrund täuschender Wahrnehmung gegenstandslos. Dadurch erteilt Yong mit Peirce dem Kantschen Apriori der reinen Vernunft eine deutliche Absage: Wahrnehmungsurteile seien abstrakt, vage und unteilbar und darum unkontrollierbare und unanzweifelbare Folgerungen (DoF: 570). Als zweiten Aspekt der Erfahrung gelte es die Wahrnehmungsfakten zu unterscheiden. Diese stellten die Möglichkeit dar, die Unvollkommenheit der Wahrnehmungsurteile ernst zu nehmen und sie zu kritisieren. Wahrnehmungsfakten seien kontrollierte Kognitionen, die den Wahrnehmungsurteilen folgten. Wahrnehmungsfakten seien Wahrnehmungsurteilen also nachzeitig: »[E]xperience is both phenomenologically and logically prior to reflection.« (SWC: 246) Ferner seien Wahrnehmungsfakten vom Gedächtnis abhängig. Denn die Zuteilung von Zeichen zur Abbildung von Wahrheitsurteilen sei nur im Rückgriff auf das Gedächtnis möglich. Dies bedeute aber wiederum, dass Erfahrung als Erkenntnis grundsätzlich ein Verfälschungspotential enthalte, weshalb Erfahrung nicht von der Wahrheitsfrage getrennt werden könne (DoF: 570 f). Bevor diese jedoch thematisiert wird, soll die Trias Abduktion, Deduktion und Induktion als Momente der Erfahrung und die damit verbunden Semiotik Yongs besprochen werden 3.3.2.1.2. Abduktion – Deduktion – Induktion Die Unterscheidung von Wahrnehmungsurteilen und Wahrnehmungsfakten innerhalb des Erfahrungsstroms verdanke sich Yong zufolge einer phänomenologischen Analyse, aus der darüber hinaus auch drei Schlussfolgerungstypen ableitbar seien: Abduktion, Deduktion und Induktion (DoF: 573). Als Abduktion bezeichnet Yong das Aufkommen einer vagen Hypothese, die sich bei der allgemeinsten Einordnung der Wahrnehmungsurteile von selbst ergebe. Deduktion bezeichne die Vorhersage dessen, was aus dieser Hypothese erfolgt, und Induktion schließlich das konkrete Prüfen der aus der Deduktion gewonnen Vorhersagen, wobei die Hypothese mit der Realität abgeglichen werde. Phänomenologisch betrachtet, konstituierten Wahrnehmungsurteile bzw. Sinnesempfindungen somit ein kognitives Aktivitätskontinuum, das die Aufklärung seit Descartes in ein Duales entweder/oder geteilt habe. In Yongs Erfahrungskonzept trete der Mensch dagegen als ganzheitliches Wesen zunächst mit den rohen Singularitäten in Wechselwirkung, woraufhin sein Verstand bzw. Geist (mind) die vagen und allgemeinen Züge der Welt aufnehme und sich dementsprechend verhalte. Anders formuliert: Wahrnehmungsurteile seien der Handlungsfluss in dem der Mensch mit rohen Tatsachen (Zweitheiten) in Be-

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

ziehung trete; sie seien Drittheitsmomente mit denen der Mensch die sinnliche Wahrnehmungen mit der Welt verknüpfe (DoF: 573).171 3.3.2.2. Semiotik und Abduktion – Deduktion – Induktion Wie verhalten sich diese epistemologischen Kategorien zur Aussage, dass alle Wirklichkeit semiotisch vermittelt sei? In den vorigen Abschnitten wurde festgestellt, dass Yongs Erkenntnistheorie sehr eng mit einer Zeichentheorie verbunden ist, weil jedes Erkenntnismoment mit (Ab-)Bildern operiere und Abbilder Zeichen seien (SWC: 155 f). Daher ist eine knappe Besprechung von Yongs Semiotik wichtig, die in Anlehnung an Peirce abermals triadisch konzeptualisiert ist. Analog zu den besprochenen metaphysischen Kategorien stehe ein Zeichen demnach für Jemanden (Subjekt bzw. Interpret), anstelle von etwas (Objekt), und stelle damit ein bestimmtes Verhältnis (Interpretant bzw. die produzierte Idee) zwischen diesen beiden her. Das Zeichen symbolisiere somit eine Erstheit, die sich auf eine Zweitheit beziehe. Real sei diese Beziehung aber nur dann, wenn sie von einem Interpreten wahrgenommen würde, ein Geschehen, das Yong als Drittheit bezeichnet. Die Peircesche Semiotik unterscheide sich damit von vielen anderen Zeichenlehren, die dyadisch konzipiert seien. Während Ferdinand de Saussure beispielsweise nur Signifikant und Signifikat kannte, könne Peirce auch das Interpretationssubjekt strukturell integrieren. Durch die Interpretation des dritten Moments (Interpretant) gelänge es Peirce den drohenden Hiatus zwischen Zeichenebene und außersprachlicher Wirklichkeit zu überbrücken. Im Gegensatz zu vielen Ansätzen im französischen Sprachraum, die sich der Semiotik Saussures verpflichtet fühlten, meint Yong daher auch nach dem linguistic turn an einer außersprachlichen Wirklichkeit festhalten zu können. Zeichen hätten nicht nur sozial-psychologische, sondern auch real-ontologische Bedeutung. Zwar könne das real-ontologische Yong zufolge auch nur durch Zeichen wiedergegeben (abgebildet, gespeichert) werden, was potenziell zu unendlichen Interpretations- bzw. Zeichenketten führen könnte (SWC: 156 f). Die Zeichen verwiesen allerdings nicht auf andere Zeichen, sondern in erster Linie auf Gegenstände, die das Zeichen überhaupt erst produzierten (SWC: 157).172 Ferner verwiesen sie nicht zum Selbstzweck, sondern zu einem Finalzweck auf die Dinge, die sie bezeichnen. Damit seien Zeichen per definitionem teleologisch, d. h. sie drängten auf eine Mitteilung, und zwar auf

171 Am Beispiel eines Tisches veranschaulicht Yong: »Our sensation of a table is fundamentally of the laws or generalities to which things such as tables conform: hardness, coarseness, color, etc. As such we can see that perceptual judgments are thirds that connect our sensations with the world.« (DoF: 573) 172 In diesem Zusammenhang erwähnt Yong auch die Peircesche Unterscheidung zwischen Ikon, Index und Symbol, die hier jedoch vernachlässigt werden kann.

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eine erfolgreiche Mitteilung. Erfahrung sei folglich, auf Grund ihrer zeichenhaften Vermittlung ebenfalls final ausgerichtet bzw. auf ein Ziel hin strebend. Vor dem Hintergrund dieses Finalitätsaspekts der Erkenntnis als Erfahrung, versteht Yong Zeichen als Zeichen, die es dem Menschen ermöglichten, die Qualitäten, Dinge und Gesetze zu erfassen, um daraus Handlungsgewohnheiten für eine erfolgreiche Bewältigung der Welt zu entwickeln. Erfolgreiche Bewältigung der Welt bzw. Wirklichkeit sei dann gegeben, wenn die aus Zeichen konstituierten Hypothesen und Prognosen eintreffen, andernfalls sei von gescheiterter Bewältigung zu sprechen, die auf eine erneute Interaktion dränge (SWC: 158). Das Ausschauhalten nach gescheiterten Bewältigungsmomente, die Yong mit Peirce auch als Überraschungen (surprises) bezeichnet, ermögliche allerdings die Offenheit für Revision von Überzeugungen und Handlungsassoziativen – ohne den bereits gewonnen Erfahrungen (lies: in Zeichen kodierte Erkenntnisse) methodisch misstrauisch gegenüber stehen zu müssen (SWC: 159).173 Dieses Festhalten an der objektiven Dimension, das nur durch die Erfahrung als triadischen Zugang möglich sei, bewahre davor, angesichts der endlosen Mannigfaltigkeit der Interpretation in einem Dekonstruktivismus abzugleiten, »which sees interpretation as driven by arbitrary wills bent on exercising particular forms of power« (SWC: 158).174 173 Das mag einerseits sympathisch klingen, weil es auf ein unverkrampftes Verhältnis zum Wissen um das Scheitern menschlicher Erkenntnis hinweist. Andererseits könnte man aber auch hier Yongs Optimismus monieren, oder mit böswilligen Absichten auf eine triumphalistische oder gar zynische Gleichgültigkeit zurückführen, die die historischen »Katastrophen der Menschheit« (Velikovsky & (übers.) Gutbrod 1985), die andere Modernekritiker dazu gebracht haben für einen Ethos des Zweifels zu plädieren (Foucault 1984: 45; Horkheimer & Adorno 2006), als Überraschungen verharmlost. Dies deckt sich auch mit den oben erwähnten, freilich auf unpolemische Weise gestellten, Anfragen von Macchia und Bergunder (Bergunder 2006b; Macchia 1998a). Bemerkenswerterweise äußert Yong dieselbe Kritik gegenüber Peirce und macht ihm eine gewisse Überheblichkeit zum Vorwurf (SWC: 162 f), allerdings ohne sichtbaren Konsequenzen für seinen eigenen Ansatz daraus zu ziehen. 174 »Are not the (especially French) deconstructionists here correct that all interpretation is no more than the continuous encounter with signs and symbols within an infinite semiotic system? If that is the case, then no interpretations can claim to get at reality truly. […] In this sense, the kind of relativism which sees interpretation as driven by arbitrary wills bent on exercising particular forms of power is resisted.« (SWC: 157 – 158) Sämtliche Passagen geben jedoch den Eindruck, als habe Yong die einschlägigen französischen Denker, die er wiederholt kritisiert, nicht allzu intensiv rezipiert. Vielmehr subsumiert er sie einfach unter den pejorativ gebrauchten Polemikbegriffen postmodernistisch, relativistisch, dekonstruktivistisch, poststrukturalistisch (zusammen mit agnostisch, nihilistisch etc.). Es ist allerdings absehbar, dass sich dies bald ändern wird, da Yong in neuerer Zeit in engerem Austausch mit dem pfingstlich-charismatischen Sprachphilosophen James K. Smith steht, mit dem er unter anderem die Reihe Pentecostal Manifestos bei Eerdmans herausgibt und dem auch Yongs Politische Theologie gewidmet ist (Yong 2010b). J.K. Smith, von dem auch der Artikel zu Derrida in der englischen Ausgabe der RGG stammt (Smith 2007), gilt als

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

3.3.2.3. Fazit Erfahrung sei demnach ein »inferential process circulating between abductive, deductive, and inductive reasoning« (SWC: 160). Mit anderen Worten: Ein Zirkelprozess zwischen Wahrnehmungsurteilen und Wahrnehmungsfakten, der auch außerhalb der bewussten Kognition stattfinden könne und den Yong mit Peirce in die drei erkenntnistheoretischen Momente der Abduktion, Deduktion und Induktion ausdifferenziert. Dieser Prozess finde unter Rückgriff auf Zeichen statt, mit denen sich Wirklichkeit in begrenzter Weise abbilden lasse. Zeichen seien einerseits auf das Gedächtnis angewiesen, weshalb stets von einer Fallibilität der Erfahrung als Erkenntnis auszugehen sei. Andererseits seien Zeichen per definitionem auf Kommunikation und Zielgerichtetheit ausgelegt, weshalb Erfahrung als semiotischer Erkenntnisvorgang zwischen Abduktion, Deduktion und Induktion eine teleologische Ausrichtung habe (in der auch die axiologische Dimension eingeschrieben ist). Erfahrung sei Wirklichkeitsbewältigung, die auf Grund ihres Eingebettetseins in ein Vergangenheit-Gegenwart-Zukunfts-Kontinuum zu weiterer und optimalerer Wirklichkeitsbewältigung dränge. Somit sei Erfahrung normativ für den Erfahrenden, ein Aspekt, der besonders im dritten epistemologischen Moment, Induktion als Erprobung, deutlich würde und grundlegend auf Pragmatik ausgelegt sei. 3.3.3. Zwischenergebnis und tabellarische Übersicht Welche Schlüsse lassen sich aus diesen Beobachtungen für den Erfahrungsbegriff von Yong ziehen? In einem Fazit und einer tabellarischen Übersicht sollen die wichtigsten Ergebnisse gebündelt werden. 3.3.3.1. Zwischenergebnis: Erfahrung als vermittelte Unmittelbarkeit Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Yongs Erfahrungsbegriff Erfahrung und Erkenntnis als ineinander verflochten und aufeinander aufbauend konzipiert: »[E]xperience is both phenomenologically and logically prior to reflection and the second-order activity of theologizing. As such, the norms emergent from our experiences operate powerfully, most often underneath our full consciousness. At times, such experiential norms override whatever else we may be confronted with [… W]e all exegete our experiences (or lack of them, as the case may be) whether consciously or not.« (SWC: 246)

ausgewiesener Kenner der neueren französischen Philosophie (Smith 2005; Marion & (transl.) Smith 2004). Es wäre interessant den Pragmatismus Yongs als Schnittpunkt zu Denkern wie Foucault (in Hinblick auf sein im Spätwerk differenzierteren Machtbegriff), Derrida (im Hinblick auf Dekonstruktion), gleichwie die politischen Umsetzungen Ernesto Laclaus und die theologischen Agambens in Diskussion zu bringen, da sich dadurch einige Akzente von Yongs neueren Arbeiten besser verständlich machen ließen.

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

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Erfahrung ist in der bisherigen Rekonstruktion von Yongs Denken, ein Kontinuum von sinnlichen, kognitiven, affektiven, volitionalen und evaluativen Momenten, weshalb es nicht richtig sei ihr ein a priori voranzustellen, das von ihr getrennt ist. Vielmehr ist sie ständige Welterzeugung, die mittels Imagination stattfindet und grundsätzlich religiös konstituiert ist. Weil die Wirklichkeit dem Menschen als unendlicher Strom von Eindrücken begegne (sinnliche, kognitive, affektive, volitionale, evaluative etc.), müsse die Welterzeugung als Selektionsprozess verstanden werden, in dem die Imagination die Wirklichkeit qua Zeichen und Symbolen (ab-)bildet und somit der schieren Unendlichkeit von Eindrücken evaluative Ordnung zukommen lässt. Die Welterzeugung sei somit auch ein Beschränkungsakt, der zur erfolgreichen Wirklichkeitsbewältigung notwendig ist und in dem sich sowohl Endlichkeit als auch ex negativo Unendlichkeit abbilde. Letzteres sei der Grund, weshalb die Fähigkeit zur Erfahrung als Welterzeugung, sprich die unbewusstbewusst stattfindende Abbildung (imagination), die Ebenbildlichkeit Gottes (imago dei) im Menschen offenbare. Diese sei Yong zufolge zwar eine gebrochene, aber an der Wirklichkeit teilhabende und daher theozentrische Ebenbildlichkeit. Das Endliche ist somit nicht fähig, das Unendliche zu erfassen, jedoch durch Symbole zu einer »mediated immediacy« (SWC: 229) in der Lage. Die Kontinuität zwischen sinnlichen, kognitiven, affektiven, volitionalen und evaluativen Momenten als Momente der Welterzeugung, in denen sich die Unendlichkeit abbilde, macht in Yongs Konzept aus der Erfahrung eine transzendentale Kategorie. Erfahrung bedeute demnach, dass Unendlichkeit und Endlichkeit in der (pneumatologischen) Imagination in ein mittelbar-unmittelbares Verhältnis gesetzt würden, aus dem sich Normen und Gewohnheiten generierten. Dies entspricht der triadischen Konstitution, mit der Yong die Wirklichkeit als Erstheit, Zweitheit und Drittheit bezeichnet. Der axiologische Erkenntnisprozess, in dem Erfahrung als Welterzeugung stattfindet bzw. Unendlichkeit und Endlichkeit vermittelt werden, könne Yong zufolge, analog zur triadischen Metaphysik, in drei epistemische Momente unterschieden werden: Abduktion, Deduktion und Induktion. Diese Momente seien allerdings als Kontinuum (besser : als Trialektik) zu verstehen. Urteilen und Fühlen seien demnach nicht der Erfahrung untergeordnet, sondern Modalitäten derselben, und zugleich epistemologische Kategorien die ihr metaphysisches Pendant in der Erstheit, Zweitheit und Drittheit besäßen.

Zweitheit / Faktizität

Drittheit / Gesetzmäßigkeit

Sohn / Aktualität

Geist / Relationalität Endlich Implikationen und Ertrag/ unendlich Kontrast

Endlichkeit

Metaphysische Imagination als Ontologie Welterzeugung Erstheit / Unendlichkeit Qualität

Theologische Metaphysik Vater / Potenzialität

Tabelle 5: Triadische Epistemologie der Erfahrung

Interpretant

Zeichen

Induktion / Prüfung

Deduktion / Vorhersage

Triadische Semiotik Gegenstand Abduktion / Konjektur

3.3.3.2. Tabellarische Übersicht: Triadische Epistemologie der Erfahrung

Tendenz / Praxis

Konkretion / Konzept

Vagheit / Perzept

Wahrnehmungsgefühl / Evaluation Entscheidung / Urteil u. Folgerung Gewohnheit / Erprobung und Normativität

Triadische Epistemologie

Kontext (Community)

Objekt (Word)

Hermeneutik Subjekt (Spirit)

164 Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

3.4.

165

Erfahrung als Kriterium der Wahrheit und Wahrheit als Kriterium der Erfahrung

Die Annahme, dass Erfahrung Normativität generiere, indem sie auf Handlungsmuster bzw. Gewohnheiten hinauslaufe, setzt voraus, dass Erfahrung allgemeine Wahrheit übermittelt (bildlich gesprochen: transportiert). Anders formuliert: Sofern die Wirklichkeit, die erfahren wird, als allgemeine Erfahrung allgemeine Normativität beanspruchen will, muss sie auch allgemein wahr sein (DPA: 172). Wenn die als Erstheit, Zweitheit und Drittheit durch Abduktion, Deduktion und Induktion triadisch erfahrene Wirklichkeit, die auf Grund der Imagination, mit der sie konstitutiv verbunden ist, semiotisch vermittelt ist, dann besteht aber die Möglichkeit, dass Zeichen falsch erfahren werden können.175 Es stellt sich daher die Frage nach dem Yongschen Wahrheitsbegriff und dessen konstitutive Verschränkung mit dem Erfahrungsbegriff. Dieser soll anhand einer Diskussion des Prinzips erörtert werden, das Yong im Wechselspiel zwischen Erfahrung und Erkenntnis als »contrite fallibilism« (Yong 2003a: 58; 2005: 286) bezeichnet (II,3.4.1.); anhand einer Untersuchung der Rezeption Yongs des Peirceschen Pragmatismus (II,3.4.2.) und im Verhältnis zu klassischen Wahrheitstheorien (II,3.4.3.) besprochen werden. Durch einen summarischen Rückblick (II,3.4.4.) und eine Zusammenfassung (II,3.4.5.) sollen die Ergebnisse dann gebündelt werden. 3.4.1. Fallibilismus als Prinzip Yongs Ausgangspunkt bei der Erörterung der Wahrheitsfrage ist ein methodischer Fallibilismus, den er von Peirce übernimmt (SWC: 100). Darunter sei die Lehre zu verstehen der zufolge menschliche Erkenntnis niemals absolut sei, sondern stets in einem Kontinuum von Ungewissheit und Unbestimmtheit schwimme (DoF: 576, Anm. 34).176 Diese Fallibilismustheorie versuche die folgende vermeintliche Fehlerhaftigkeit der cartesianischen Fragestellung zu korrigieren. Gegen Descartes’ Dualismus von res cogitans und res extensa und dem daraus folgenden Individualismus sei von einem Kontinuum zwischen Erkenntnis und Erkennenden auszugehen, weil Erkenntnis der Welt immer aus der Erfahrung der Welt hervorgehe (vgl. die bereits besprochene Unterscheidung zwischen Wahrnehmungsurteilen und Wahrnehmungsfakten II,3.3.2.1.). Dieses Konzept kann Yong auch in den Dienst einer Gnadentheologie stellen und von 175 Jedenfalls können Zeichen falsch gedeutet werden, was indirekt auch zu einer falschen Erfahrung führe, sofern Erfahrung als Welterzeugung verstanden wird, die normative Handlungsgewohnheiten hervorbringt. 176 »The doctrine that our knowledge is never absolute but always swims […] in a continuum of uncertainty and of indeterminacy.« (DoF: 576, Anm. 34)

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Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

einem »contrite fallibilism« (Yong 2003a: 58; 2005: 286) sprechen: »It proceeds instead from what Peirce called a ›contrite fallibilism‹ wherein all knowledge is provisional, relative to the questions posed by the community of inquirers, and subject to the ongoing process of conversation and discovery.« (Yong 2000b: 100)177 Der prinzipielle Fallibilismus dürfe allerdings nicht einem Relativismus oder gar Nihilismus Vorschub leisten. Es handle sich vielmehr um einen »critical realism« (SWC: 79.83), dessen Ausgangspunkt darin bestehe, dass alle Erkenntnis und daher auch alle Erfahrung – obgleich sie eine objektive Seite besitze, die in der triadisch Konzipierten Realität verankert sei – vorläufig und korrekturbedürftig sei. Es ist diese Korrekturbedürftigkeit, die die Pointe in Yongs Pragmatismus ausmacht.

3.4.2. Pragmatismus In Anlehnung an Peirce definiert Yong Pragmatismus178 zunächst als Methode zur wahrhaftigen Ermittlung und Artikulation von Bedeutung einer jeglichen Sache.179 Yong erklärt diese Definition im Rückgriff auf zwei grundlegende Aufsätze Peirce’: Fixation of Belief180 und How to Make Our Ideas Clear181 (DoF: 571). Vor dem Hintergrund des besprochenen Fallibilismus’ müsse sich jede Methode zur wahrheitsgemäßen Ermittlung von Bedeutung als erstes darüber im Klaren sei, wie sich eine Untersuchung am besten vor menschlicher Verfälschung in Acht nehmen könne. Dies führe zu einer radikalen Verwerfung sämtlicher anderer Methoden, die Yong mit Peirce typenhaft als Beharrlichkeitsmethode, Autoritätsmethode und Apriori-Methode klassifiziert. Eine Methode, die jedoch nicht unabhängig von äußeren Gründen bzw. Folgen an einer 177 Vgl. die Erläuterung: »[F]allibilistic [..] is therefore not an epistemological or Cartesian foundationalism that is erected on incorrigible beliefs. Instead I prefer to image it in terms of a heuristic or shifting foundationalism since it is attentive to the continuously expanding data of experience. It is therefore empirically driven arid fallibilistically constructed, all the while serving as a theoretical guide to inquiry, ready to shift perspectives as afforded by the emergence of new data. As such, it is also appropriate to consider it as a speculative hypothesis that is revisable and open to correction by experience and by others.« (SWC: 100) 178 Wie bereits erklärt (siehe II,3.2.), wird im Folgenden auf die Unterscheidung zwischen Pragmatismus und Pragmatizismus kein Wert gelegt, da auf eine sachliche und zeitliche Unterscheidung zwischen diesen beiden Bezeichnungen, ebenso wie zwischen William James und C.S. Peirce, in dieser Arbeit nicht eingegangen wird. Yong verfährt ebenso. 179 »A method for ascertaining and articulating the meaning of anything.« (DoF: 571) 180 Vgl. Collected Papers (Peirce 1931 – 1958, abgekürzt CP) 5.358 – 387. Die Stellenangaben zu den Peirce-Zitaten erfolgen nach der gängigen Konvention aus Peirce’ gesammelten Schriften in englischer Sprache. Sie sind deshalb angeführt, weil bei der Übersetzung der Kontext und auch die deutschen Übersetzungen zu Rate gezogen worden ist. 181 CP 5.388 – 410.

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

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Erkenntnis festhalte (Beharrlichkeitsmethode); die sich keinen Machtmechanismen unterwerfe (Autoritätsmethode) und keine mehr oder weniger willkürliche Vernunftansprüche erhebe, um dadurch faktisch persönliche Neigungen zu legitimieren (Apriori-Methode), müsse Überzeugungen (beliefs)182 als durch eine externe Beständigkeit bestimmt betrachten. Anders gesagt: Wirklichkeit müsse auf dem Ding beruhen, das an sich nicht vom Denken beeinflusst sei, und nicht auf der Vernunft basiere. Korrekte Überzeugungen müssten daher von der Wahrheit der Objekte her bestimmt sein und nicht vom Scharfsinn des individuum cogitans (DoF: 571). Die oben skizzierte phänomenologische Analyse der Erfahrung als Erkenntnisprozess, mit der die Genese von Überzeugungen beschrieben wurde, verhelfe hierbei zur Konzeption einer Methode, die alle diese Vorzüge aufweisen könne. Die triadische Epistemologie – die besagt, dass aus der anfänglichen vagen Bewusstwerdung (Abduktion, Evaluation) die Beseitigung von Zweifel (Deduktion, hypothetisches Urteil und Folgerung) erfolge, und diese wiederum zur Konkretisierung führe und auf die Konstitution von Handlungsgewohnheiten im Hinblick auf den Überzeugungsgegenstand abziele (Induktion, Erprobung und Normativität) – ließe sich normativ in Peirce berühmter pragmatischen Maxime bündeln: »Überlege, welche Wirkungen, die denkbarerweise praktische Relevanz haben können, wir dem Gegenstand unseres Begriffs in unserer Vorstellung zuschreiben. Dann ist unser Begriff dieser Wirkungen das Ganze unseres Begriffs des Gegenstandes.«183 (DoF: 571 f) Damit sei also eine Methode gegeben, die sich nicht selbstreferenziell um das Erfahrungs- bzw. Erkenntnissubjekt dreht, sondern an der Realität orientiert sei, die sich allerdings in einem fortschreitenden Prozess immer wieder neu zu erweisen habe.184 Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass, sofern die Auswirkungen einer Sache in keiner Hinsicht begreiflich (lies: erfahrbar) sind, ein solches Ding wahrscheinlich bedeutungslos sei und damit weder wahr noch falsch. Yongs bündiges Fazit lautet daher : Wahr ist das, wovon sich die im Voraus 182 Es darf im Zusammenhang mit dem englischen Wort belief nicht übersehen werden, dass Yongs Pointe, die – gegen dualistische Konzepte – von einem Kontinuum zwischen rationaldeskriptiver und religiös-normativer Überzeugung ausgeht, gerade darin liegt, dass das Bedeutungsfeld des Terminus’ belief von Überzeugung bis zu Glaubensüberzeugung reicht. Dies gilt es sich stets vor Augen zu halten, wenn von Überzeugung die Rede ist. Darüberhinaus differenziert Yong mit Peirce zwischen full beliefs, d. h. (Glaubens-)Überzeugungen im vollen Sinne, für die man auch bereit ist Risiken einzugehen und opinions (Meinungen), die noch nicht einmal zu bedeutungslosen Handlungen führen (DoF: 572). Allerdings weist Yong selbst darauf hin, dass Peirce’ Gebrauch von opinion je nachdem welche Lesart man bevorzuge, trügerisch sei (DoF: 577, Hervorhebung original). 183 CP 5.402. 184 Auch hier findet Yong ein biblisches Pendent und zwar in Peirce’ eigener Interpretation dieser Maxime als Anwendung des Jesuanischen Logikprinzips »an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen« (DoF: 572, Anm. 25, vgl. Mt 7,16.20).

168

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

hypothetisch formulierten Auswirkungen in der Erfahrung realisieren (DoF: 572). Diese Theorie erhebt freilich den Anspruch, weit mehr als nur deskriptiv zu sein – sie spricht sich Normativität zu. Tatsächlich charakterisiert Yong auch Peirce’ reife Philosophie als den Versuch die logischen Grundlagen für das Wahrsein seines Pragmatismus’ zu formulieren.185 Die Erkenntnisse (sowohl inhaltlich als auch formallogisch), die zu einer erfolgreichen Weltbewältigung führen, seien nicht nur Wortgruppen, sondern forderten Anwendung und Ausbreitung ihrer selbst (DoF: 579). Vor dem Hintergrund dieses Pragmatismus, kann Yongs Erfahrungsbegriff als Kriterium der Wahrheit und Yongs Wahrheitsbegriff als Kriterium der Erfahrung bezeichnet werden. 3.4.3. Wahrheit als Korrespondenz – wahre Erfahrung als Wertübertrag Wie verhält sich dieser pragmatische Satz: Erfahrung als Kriterium der Wahrheit und Wahrheit als Kriterium der Erfahrung, zu klassischen Wahrheitstheorien? Der bisherige Stand der Argumentation kann wie folgt zusammengefasst werden: Die semiotische Konstitution der Wirklichkeit, impliziert für Yongs Erfahrungsbegriff epistemische Fehlbarkeit. Da aktuelle Erfahrung in Wechselwirkung mit bereits vergangener Erfahrung als vergangene Erkenntnissen stehe, Erkenntnisse aber in Zeichen(deutungen) erfasst würden, sei sie immer fallibilistisch (lies: partiell, perspektivisch und endlich, SWC: 176). Es drängt sich die Frage auf: Was verhindert, dass die Normativität, die sich aus dem erfahrungsorientierten Wahrheitsbegriff ableitet, nicht doch auf einen willkürlichen Subjektivismus hinausläuft? Yong zufolge sei dieses Konzept keineswegs willkürlich, weil es im dyadischen Rahmen einer Korrespondenztheorie eingebettet sei. Erfahrung als Kriterium der Wahrheit qua erfolgreiche Vorhersage bedeute objektiv betrachtet Wahrheit als Korrespondenz zur Wirklichkeit. Nach dem Gesagten bedürfte der Korrespondenzaspekt jedoch einer Präzisierung. Korrespondenz dürfe hier weder im Sinne Aristoteles’ verstanden werden, noch lediglich in eine Korrelation aufgelöst werden, wie sie Yong im Ansatz Richard Rortys kritisiert (SWC: 168). Korrespondenz bedeute vielmehr, dass die aus der Erfahrung hervorgegangenen Normen und Handlungsgewohnheiten, die in Zeichen und Aussagen kommuniziert würden, einen deutlichen Wertübertrag aufzeigen müssten.186 Eine wahrhaftige Erfahrung der Wirklichkeit müsse Korrespondenz zur Wirklichkeit 185 Was ihn dann auch nicht vom Versuch abhält, einen logischen Gottesbeweis zu formulieren (vgl. DoF: 578). 186 »Truth as carryover of value from the object into the interpreters’ experience by means of signs, as qualified by the biological, cultural, semiotic and purposive context of the interpreters.« (ToF: 43 f)

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

169

aufweisen, indem sie zu einer Transformation (lies: zu einer fortschreitenden Hinwendung) hin zur Güte des Erfahrungsobjekt führe. Es geht hier also um eine axiologische Korrespondenz, in der verum et bonum nicht zu trennen sind und sich verum qua bonum in Gewohnheiten übertrage. Damit wird Yongs Wahrheitsbegriff ethisch qualifiziert und als von der Erfahrung untrennbar definiert, zumal Ethik ihren Ort nicht in einer begrifflichen oder apriorischen Abstraktion, sondern in der konkreten Begegnung mit einem Anderen habe (ausformuliert unter der Überschrift The Pneumatological Imagination and Normative Engagement, SWC: 185 – 217).187 3.4.4. Summarischer Rückblick: Teleologie der Erfahrung als Abduktionslogik in ständiger Irritation durch Vorläufigkeit und Ausnahmen Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass bei der Rede von Fluss und Kontinuum Abduktion und Wahrnehmung für Yong als untrennbar zu verstehen sind und letztendlich auf die Aufstellung einer Regel (deduktive Operation) und, nach deren induktiver Erprobung, auf eine Etablierung von Handlungsmustern hinauslaufen. Erfahrung als Erkenntnis sei daher ein Folgerungsvorgang, in dem Vagheiten Determination zukomme und in fortschreitender Weise inhärente Leerstellen ausgefüllt würden. Letzteres geschehe, indem der Folgerungsvorgang mit anderen Folgerungsprozessen aus der Vergangenheit vernetzt werde. Da der Mensch ununterbrochen mit dieser Art von Drittheit in Form von Sinneswahrnehmungen überschüttet (poures in188) werde, müsse er, um nicht in der unendlichen Aus- bzw. Eingießung der Wirklichkeit unterzugehen, Wahrgenommenes zu mentalen Zeichen (mental signs) kodifizieren. Folglich sei jedes Wahrnehmungsurteil semiotisch. An dieser semiotischen Eigenschaft hängt auch der zuvor diskutierte Fallibilismus, insofern die gedächtnisabhängigen Wahrnehmungsfakten als fehlbar qualifiziert worden sind. Der Abbildungs- und Speichervorgang im Gedächtnis erfährt hierdurch weitere Präzisierung. Sofern eine Zeichendarstellung potenziell unendlich viele Interpretationen ermöglicht, die das im Endlichkeitsmodus operierende menschliche Intellekt begrenzten, sei 187 Eine theologische Entsprechung findet Yong auch hierfür in der Heiligen Schrift. Seiner Ansicht nach sei »the presumption of the biblical authors who discuss or mention truth« (SWC: 166), dass Wahrheit nicht nur eine kognitive Kategorie, sondern (möglicherweise sogar hauptsächlich) eine ethische Kategorie sei. Dazu führt er zum einen den Johanneischen Wahrheitsbegriff, dessen Interpretation er sowohl mit Qumranschriften als auch mit stoischen Wahrheitskonzepten belegt, ins Feld, zum anderen greift er auf das hebräische tma der alttestamentlichen Literatur zurück. Es ist anzumerken, dass sich Yong dabei allerdings der Gefahr bewusst ist, die besteht, wenn Wahrheitstheorien in die Bibel hineingelesen werden (SWC: 166 f), sichtbare Konsequenzen zieht er für seine Argumentation aber nicht. 188 Die Anklänge an Yongs Programm »Poured Out on All Flesh« (2000b; 2007a) sind kaum zu überhören.

170

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

alle Erkenntnis immer nur vorläufig (DoF: 574). Als solche würden zugegebenermaßen unanzweifelbare Wahrnehmungsurteile laut Yong immer nur als Wahrnehmungsfakten (sprachlich, konkret etc.) erfassbar. Die einzige Methode zur Ermittlung der Wahrheit bestehe darin, dieses Trio von Operationen zu wiederholen: Konjektur, Ableitung von Vorhersagen und Beweisführung mittels Erfahrung189 (DoF: 575). Im Kern sei Pragmatismus also Abduktionslogik: Der Pragmatismus werde selbst immer wieder aufs Neue nach der vorhersagbaren Konsequenz seiner Hypothesenkette fragen und sich darin solange als logisch (universal, normativ, etc.) erweisen, solange er sich dieser selben Logik aussetzt (DoF: 575).190 Was aber geschieht, wenn sich die beschriebene Beweisführung als falsch herausstellt? Yong erläutert diesen Fall mit dem bereits genannten Begriff der Überraschung (surprise).191 Überraschungen seien Momente, die ausgebildete Gewohnheitshandlungen irritierten. Darum sei besondere Wachsamkeit geboten, zumal diese letztendlich die Abduktionslogik des Pragmatismus’ verifizierten bzw. als revisionsbedürftig kennzeichneten. Die dahinterstehende Logik lautet: Überraschungen werfen Zweifel auf und führen somit zu abermaligem Fragen. In einer Fußnote gibt Yong eine wichtige Erläuterung der Peirceschen Begriffe von Überraschung und Zweifel. Überraschung sei sehr wirkungsvoll, um die Assoziationen der vorgefassten Ideen aufzubrechen. Gleichzeitig sei das, was das Überraschtsein verursache, die unerwartete Erfahrung der Realität. Ferner bestimmt Yong Zweifel im Gegensatz zu Überzeugung. Ist Überzeugung demnach als selbstgenügende Gewohnheit definiert, so stelle Zweifel das Gegenteil dar – den Mangel an Gewohnheit bzw. das, was den reibungslosen Ablauf der Überzeugungsgewohnheit (belief-habit) störe. Yong präzisiert weiterhin, dass genuiner Zweifel nicht im Denklabor existiere, sondern auf einen ständigen Unzufriedenheitszustand192 des Menschen zurückgehe, von dem sich der 189 »The only method of ascertaining the truth is to repeat this trio of operations: conjecture, deductions of the predictions from the conjecture, testing the predictions by experimentation.« (DoF: 575; vgl. CP 7.672) 190 Diese Argumentationsfigur kehrt bei Jürgen Habermas, den Yong hier nicht nennt, dessen Diskurstheorie sich aber über weite Strecken mit Yongs von Peirce informierter Betonung auf den Gemeinschaftsaspekt von Wahrheit deckt. Ausgehend vom kontrafaktischen Ideal, bis hin zur Pluralität die Garant für Einheit in Differenz darstellt lassen sich hier Parallelen finden, die Yong spätestens bei der Operationalisierung seines Erfahrungs- und Wahrheitsbegriffs in seiner theologia religionum über David Krieger vermittelt explizit an Habermas binden (Yong 2000b: 101 f). 191 Zu den Problemen, die Yongs Rede von Überraschungen mit sich führt, und deren Tendenz zur Trivialisierung menschlich verursachten Leids, wenn nicht Zynismus, siehe die entsprechende Anmerkung unter II,3.3.2.2. 192 Die Anschlussfähigkeit dieses Verständnis von anthropologischem Unzufriedenheitszustand mit Augustinus’ Bekenntnis zur inquietudo cordis (Conf, I,1) – einen von Yong geschätzten und vielfach zitierten Kirchenvater (SWC: 59 – 69) – ist nicht zu übersehen.

Dimensionen des Erfahrungsbegriffs bei Yong

171

Mensch in jeder Erfahrung zu befreien suche (DoF: 575, Anm. 33). Sowohl die Anthropologie, als auch die Vorstellung von Wissenschaftsgeschichte, die sich einem grundsätzlichen und teleologischen Erkenntnisfortschritt verdankt und die diesem Gedankengang zugrunde liegt, sind Yong bewusst.193 Er weist in einer Anmerkung darauf hin und zieht unter Anbindung an den semiotischen Charakter von Erkenntnis Verbindungslinien zur Lehre der Imago dei (DoF: 573 f, Anm. 31). Damit schließt sich der Kreis zur Frage nach der Übertragbarkeit pneumatologischer Kategorien auf die Metaphysik und deren Korrelation mit der Epistemologie, die qua Imagination die Erfahrung zu einer grundsätzlich religiösen Erfahrung und zu einer grundsätzlich fallibilistischen Erfahrung zugleich macht.194

3.4.5. Zusammenfassung Yongs Erfahrungsbegriff und Wahrheitskonzept besitzen die Gemeinsamkeit, dass sie in reiner Form nicht zugänglich sind, weil sie sich derselben Urquelle (Wirklichkeit, genauer gesagt: Wirklichkeit Gottes) verdanken. Dadurch bedingen sie sich gegenseitig: Wahrheit erfordert als Kriterium Erfahrung, Erfahrung baut auf das auf, was zuvor als Wahrheit erkannt worden ist. Dieser grundsätzliche Fallibilismus führe jedoch Yongs Erfahrungskonzept nicht zu einem Relativismus, weil die Wirklichkeit als solche real (nicht nominal) sei und weil sie empirische Transformation im Erfahrenden bewirke. Verum und bonum sind in Yongs Konzept untrennbar, weshalb Wahrheit als Wertübertrag definiert wird, der sich von dem Objekt der Erfahrung auf das Subjekt der Erfahrung überträgt. Daraus erfolge auch die grundsätzliche Normativität, die jeder Erfahrung eingeschrieben sei. Hierbei verhindert jedoch der zerknirschte (contrite) Fallibilismus einen fundamentistischen Stillstand und öffnet unter ständiger Bezweifelbarkeit die Erfahrung im Sinne einer teleologisch verstandenen »final causation« (DoF: 579) für die Zukunft hin. Diese Öffnung des Erfahrungsbegriffs sei strukturell religiös, genauer gesagt eschatologisch und auf die 193 In einem späteren Aufsatz bindet er dies direkt an Hegel und dessen Geistbegriff an und bespricht daraus die Vor- und Nachteile einer Theology of the Third Article (Yong 2003b). Zu dem Versuch Yongs, sich von einem solchen Evolutionsoptimismus aber gewissermaßen auch zu distanzieren siehe die Anmerkung zum impliziten Triumphalismus’ in Yongs Überraschungsbegriff unter II,3.3.2.2. 194 Einen interessanten Gesprächspartner könnte Yong diesbezüglich im evangelischen Religionsphilosophen Hermann Deuser finden, ein Peirce-Experte, dessen Arbeiten, wie es der Titel einer Festschrift treffend formuliert »Theologie zwischen Pragmatismus und Existenzdenken« (Linde 2006) behandeln. Insbesondere sind hier seine fundamentalphilosophischen Arbeiten zum Verhältnis von Natur und Geist und zum Erfahrungsbegriff zu nennen (z. B. Deuser 1983, 1993).

172

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

Gnade Gottes angewiesen, die durch den Heiligen Geist proleptisch in der Gegenwart der Erfahrung begegne. Nach Yong decke sich dieser Pragmatismus gut mit einer geistgeleiteten Spontaneität, wie sie oftmals von Pfingstlern beansprucht wird (ToF: 64). Nimmt man hier den Fallibilismus und die gemeinschaftliche Ausrichtung hinzu, ergibt sich für eine Hermeneutik ein Erfahrungsbegriff, der sich auf Geist, Wort und Gemeinschaft stützt und prima vista immun zu sein scheint gegen Absolutismus, Fundament(al)ismus und Totalisierung auf der einen Seite, ebenso wie gegen Individualismus, Relativismus und Agnostizismus auf der anderen.195

4.

Erfahrung als geistgewirktes Erschließungsgeschehen und Einordnung in Yongs theologia religionum

Im Folgenden soll nun die Summe der verschiedenen Aspekte des Erfahrungsbegriffs von Yong gezogen (II,4.1.) werden und eine Einordnung des rekonstruierten Erfahrungsbegriffs in Yongs Religionstheologie erfolgen (II,4.2.). Dadurch wird ersichtlich werden, was Yongs Erfahrungsbegriff in der theologischen Anwendung leistet.

4.1.

Erfahrung als geistgewirktes Erschließungsgeschehen

Diese mehrfachen Arbeitsschritte zur Rekonstruktion des Erfahrungsbegriffs Yongs lassen sich folgendermaßen zusammenfassen. Vor dem Hintergrund eines pragmatischen (und daher fallibilistischen) Realismus’ versteht Yong Erfahrung als Konversion bzw. Begegnung, im Sinne einer Hinwendung zur Wirklichkeit. Erfahrung setzte das Selbst mit dem Anderen in ein Verhältnis und vermittle zwischen ihnen, wobei sie Kontinuität und Diskontinuität zugleich bewirke. Ausgehend von dem erörterten Übereinstimmungsprinzip, wonach es eine Entsprechung zwischen Ontologie (als Reflexion des Seins) und Gott (das Seinselbst als Bedingung der Möglichkeit für Wirklichkeit, vgl. SWC: 83) geben müsse, könnten pneumatologisch-trinitarische Kategorien auf die Wirklichkeit übertragen werden, wodurch Yong hinsichtlich metaphysischer und ontologi195 Einen ähnlichen Anspruch erhebt Welkers Pneumatologie, deren wichtigster Beitrag darin bestehe, dass sie »Gott und Gottes Macht neu wahrnehmen hilft. Indem [.. sie] Gott und Gottes Macht neu zu erfahren und zu verstehen anregt, führt [.. sie] an totalitär-metaphysischen, nur spekulativ-trinitarischen, abstrakt-mystischen und irrationalistischen Irrwegen herkömmlicher Auffassungen vom Heiligen Geist ebenso vorbei wie an Leerformeln.« (Welker 1992: 11)

Erfahrung als geistgewirktes Erschließungsgeschehen und Einordnung

173

scher Fragen zu ähnlichen bzw. kongruenten Ergebnissen wie Peirce gelangt. Demnach sei die Wirklichkeit triadisch konstituiert (Erstheit, Zweitheit und Drittheit) und in einer triadischen Epistemologie erschließbar (Abduktion, Deduktion, Induktion). Dieser erkenntnistheoretische Prozess finde durch die Imagination statt, in der und mit der der Mensch aus dem Einströmen der Wirklichkeit eine Welt erzeugt. Die Unendlichkeit der Wirklichkeit (analog zum Sein Gottes und kraft dieses Seins) könne der begrenzte Mensch jedoch nicht fassen (finitum non capax infiniti), weshalb die Wirklichkeit immer nur semiotisch vermittelt sei. Durch diese vermittelte Unmittelbarkeit entstehe allerdings ein Berührungspunkt zwischen der Wirklichkeit, die Gottes Sein entspreche und von Gott erhalten werde, und dem Menschen, der diese Wirklichkeit mittels Gottes divine presence and agency erfahre. Jedes Erfahrungsmoment sehe sich mit einer bewussten oder unbewussten Selektion konfrontiert, die den Kontrast zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit abbilde. Der semiotische Zugang zur Wirklichkeit deute auf die Endlichkeit hin, weshalb Erfahrung grundsätzlich religiös sei. Die Fähigkeit, Wirklichkeit durch Zeichen und Abbilder zu fassen und somit ex negativo eine Vorstellung (Imagination) von der Unendlichkeit zu bekommen, bezeichnet Yong als Ebenbildlichkeit Gottes, insofern sie einen Schöpfungsakt aus dem Chaos der Wirklichkeitseinströmung darstellt. Die imago dei bestehe demnach in der schöpferischen Imagination. Der Schöpfungsakt der Imagination finde allerdings nicht in absoluter Willkür statt, sondern orientiere sich an Werten, die den Dingen an sich innewohnten. Durch diese axiologische Dimension komme der Erfahrung neben perceptio und conceptio auch eine wertende dritte Größe hinzu, die pragmatisch den Dualismus zwischen Fakt/Wert und Theorie/Praxis überwinde. Die erfahrenen Dinge wirkten demnach als axiologische Momente auf die Imagination ein, die aus den Momenten wiederum einen Kosmos (er-)schaffe. Dadurch sei Erfahrung immer auch normativ. Die Handlungsgewohnheiten, die aus dem Erkenntnisprozess (im weiteren Sinne, also auch unbewusst) entstehen, orientierten sich nicht lediglich an Nomina, sondern erfassten auf semiotisch vermittelte Weise die Relationalitäten der Dinge, die die Wirklichkeit konstituieren. Diese Normativität und semiotische Mittelbarkeit wiesen darauf hin, dass Erfahrung aber auch falsch sein könne, d. h. dass Erfahrung auch falsche Normen und Gewohnheiten, auf Grund einer falschen Zeichendeutung, hervorbringen könne. Damit stellt sich die Frage nach der Wahrheit im Zusammenhang mit dem Erfahrungsbegriff. Ausgehend von einem Fallibilismus, mit dem Yong dem Fundamentismus eine klare Absage erteilt, unter Rückgriff auf den Peirceschen Pragmatismus und in konsequenter Einbeziehung von Nevilles Axiologie definiert er Wahrheit als Wertübertrag. Erfahrung könne daher, entsprechend Peirce’ pragmatischer Maxime, erfolgreich sein oder aber scheitern. Sobald der Mensch einer speziellen Wirklichkeit begegne, komme es zu einem Wertüber-

174

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

trag, der das Verhalten (Handlungsgewohnheiten) des Menschen affiziere und transformiere. Diese Abwandlung der aristotelischen Korrespondenztheorie ermöglicht es Yong seinen Erfahrungsbegriff auf der Grundlage einer dyadischen Wahrheit zu formulieren, die allerdings semiotisch vermittelt und deshalb immer nur vorläufig ist. Korrespondenz bedeutet dann, dass die Erfahrung in angemessener Weise mit der Wirklichkeit interagiert und diese interpretiert. Das verum und das bonum konvergieren zu einem einzigen ganzheitliche Erschließungsgeschehen, das im hermeneutischen Wechselspiel zwischen subjektiver und objektiver Gegebenheiten im sozialen Kontext einer Gemeinschaft stattfinde. Die darin implizierte Trialektik entspreche abermals der trinitarischen Seinsweise Gottes und der triadischen Struktur der Wirklichkeit. Eine Willkürlichkeit könne dabei, ohne fundamentistisch begründet werden zu müssen, ausgeschlossen werden, weil sich die Wahrheit in der Praxis erweise und korrekturfähig sei. Vor diesem Hintergrund kann Yong Erfahrung – zwar in fallibilistischer, aber dennoch gottgewirkter Weise – als Geisterfahrung, im Sinne einer Begegnung mit der ultimativen Wirklichkeit konzeptualisieren.

4.2.

Paradigmatische Einordnung in Yongs angewandte Theologie

Die Einordnung dieses Erfahrungsbegriffs als hermeneutisches principium und hermeneutisches corrigendum in Yongs angewandte Theologie (lies: systematische Theologie im engeren Sinne) soll anhand einer knappen paradigmatischen Erörterung von Yongs theologia religionum erfolgen, die hauptsächlich auf dem Aufsatz Discerning the Spirit(s) in the World of Religions: Toward a Pneumatological Theology of Religions (Yong 2001) beruht, den Yong in Beyond the Impasse: Toward a Pneumatological Theology of Religions (Yong 2003a, besonders Kap 3 – 6) ausführlich zur Monographie ausgebaut hat (II,4.2.1.) und der die methodischen Grundzüge seiner ersten großen Publikation Discerning the Spirit(s): A Pentecostal-Charismatic Contribution to Christian Theology of Religions (Yong 2000b) zusammenfasst. Diese paradigmatische Einordnung soll zum Schluss schematisch als Tabelle zusammengefasst werden (II,4.2.2.). 4.2.1. Paradigmatische Einordnung in Yongs theologia religionum Was leistet dieser Erfahrungsbegriff in Yongs Theologie der Religionen? Die triadische metaphysische Ontologie und Epistemologie, die axiologisch und semiotisch als universale Erfahrung eine religiöse Ausrichtung hat, ermöglicht es Yong eine theologia religionum zu entwerfen, die auf Geist(er)unterscheidung beruht. Entsprechend der grundsätzlichen Religiosität aller Erfahrung, die einerseits in der Wirklichkeit selbst (Ontologie) und andererseits in der Be-

Erfahrung als geistgewirktes Erschließungsgeschehen und Einordnung

175

grenztheit des Menschen verankert sei, kann Yong einen grundsätzlichen Gottesbezug in allen Menschen postulieren, die zur Imagination fähig sind (imago dei). Religiöse Wahrheit kann also geistgewirkt in allen Kontexten zu finden sein, allerdings müsse sie sich ihrer fallibilistischen Gebrochenheit bewusst und immer wieder neu zum (Selbst-)Zweifel breit sein. Die dritte Größe, die Gewohnheiten und Werturteile aus den erfahrenen Dingen (lies: religiösen Gegenständen) herleitet, weise auf das Kriterium des Wertübertrags, das wiederum immer wieder neu im Forum der unterschiedlichen Wissenschafts- und Menschengemeinschaften geprüft und zu unterschieden werden habe. Daraus kann Yong drei Axiome ableiten: (a) Gott ist im Geist universal gegenwärtig und aktiv; (b) Gottes Geist ist der Lebenshauch der imago dei in allen menschlichen Wesen und als solcher auch die Vorbedingung aller menschlichen Beziehungen und Gemeinschaften (also auch aller Religionsgemeinschaften – auch die nichtchristlichen!) und (c) Die Religion(sgemeinschaft)en der Welt werden ebenso wie alles andere, das existiert, im Rahmen der göttlichen Vorsehung und Absicht von Gottes Geist erhalten und somit einen Wahrheitsgehalt, der sich an ihrem Wertübertrag messen soll. (Yong 2001: 46 – 55)196 Daraus folgt, dass Gott grundsätzlich überall und jederzeit erfahren werden könne (per Spiritum Sanctum d. h. divine presence and agency) – auch außerhalb christlicher Kontexte, weil der Geist auf alles Fleisch ausgegossen ist. Sofern Erfahrung aber auch immer mit Verfälschungspotential zu rechnen habe, sei aber auch jede Begegnung mit Gott nicht nur triadisch strukturiert, sondern auch semiotisch vermittelt, fallibilistisch und müsse sich an ihrem Wertübertrag messen – und zwar unabhängig davon, ob sie sich expressis verbis auf Christus bezieht oder nicht. Der Appell zu einer Geist(er)unterscheidung sei daher an 196 Obwohl Yong den Geist als Vorbedingung aller menschlichen Beziehungen und Gemeinschaften biblisch-theologisch mit dem Schöpfungsbericht und der aus seiner sich pneumatologisch konferierten imago dei auffasst, lassen besonders die letzten beiden Axiome an Schleiermachers Verständnis vom Heiligen Geist als »Gemeingeist« (Glaubenslehre, § 171) denken. Eine Rezeption von Schleiermachers Schriften, geschweige denn eine aufrichtige Auseinandersetzung damit, findet bei Yong – ebenso wie bei Cross – allerdings kaum statt. Ein Grund dafür ist möglicherweise das bereits mehrmals erwähnte verzerrte Bild von Schleiermacher, das unter Pfingstlern dominiert. In diesem wahrscheinlich durch Barths Neuprotestantismus-Polemik vermittelten Zerrbild erscheint Schleiermacher als Individualist und Gefühlsromantiker, der für dogmatische Inhalte wie Inkarnation, Zweinaturenlehre und Trinität nur wenig übrig hat (vgl. auch I,3.5.2.). Sollte diese Vermutung richtig sein, nimmt Yongs Schleiermacher-Rezeption, besonders angesichts der Kritik, die Yongs Theologie der Religionen aus den eigenen Reihen erfahren hat, schon fast ironische Züge an. Freilich kann Yong die für ihn so wichtige Grundannahme, der divine presence and agency des Heiligen Geistes außerhalb der Kirche auch im Rekurs auf Tillich, insbesondere dessen Konzept »von ›latenter‹ […] Kirche [… als] Geistgemeinschaft« (Tillich 1966: 179ff) theologisch rückbinden und braucht dabei noch nicht einmal eine Relativierung des Missionsbefehls daraus zu folgern (Yong 2007a; 2001: 57 – 61).

176

Der Erfahrungsbegriff bei Amos Yong

christliche Religionsgemeinschaften197 genauso gerichtet, wie an andere Religion(sgemeinschaften)en in der Welt. Die jeweiligen Erfahrungen bzw. erfahrenen Realitäten, die in den unterschiedlichen Religionen (auch der christlichen Religionen) artikuliert werden, müssten daher konkret in ihrem spezifischen Kontext unterschieden werden, was die gesamten wissenschaftlichen, ethischen und praktischen Methoden erfordere. Geist(er)unterscheidung fände somit in der gesamten Community wahrheitssuchender Gemeinschaften statt, die ihre (fallibilistischen) Ergebnisse gegenseitig anzweifelten und somit die Erfahrung des verum et bonum fortschreitend zur eschatologisch-asymptotischen Vollkommenheit der schlechthinnigen Geisterfahrung (an-)trieben (Yong 2001).

197 Yong hat keine Probleme christliche Gemeinschaften unter dem Religionsbegriff zu fassen, da für ihn jede Religion eine Art Glaubensgemeinschaft impliziert, die nur durch den Heiligen Geist als Gemeinschaft bestehen kann, und deren Wahrheitsansprüche (sowohl in Form propositionaler Sätze als auch in Form einer Handlungsethik) grundsätzlich der Geist(er)unterscheidung obliegen. Diese – besonders für evangelikale Theologen – provokative These hat Yong selbstverständlich große Kritik aus den eigenen Reihen eingebracht. Auf der anderen Seite hat aber gerade die damit verbundene Selbstkritik, im Sinne der darin enthaltenen unbedingten Notwendigkeit einer Geist(er)unterscheidung, von der auch nicht diejenigen, die »Herr, Herr!« (Mt 7,21) sagen, ausgenommen sind, zu Recht große Anerkennung gefunden.

Abduktion

Deduktion

Induktion

Zweitheit / Fakt

Drittheit / Gesetzmäßigkeit

Epistemologische Kategorie

Erstheit / Qualität

Metaphysischontologische Kategorie

Kontext

Objekt

Subjekt

Hermeneutische Kategorie

Community

Word

Spirit

Grundsätzliche Omnipräsenz Gottes im Geist Imago dei als Lebenshauch in allen Menschen Verfälschungspotential und Wahrheitsgehalt

TheologischReligionstheologisches hermeneutische Axiom Kategorie

Konkrete religiöse Aussage (Anspruch) Daraus folgende Gewohnheiten und Transformation

Konkreter spezifischer Kontext Interdisziplinäre Geistunterscheidung

Untersuchung Wahrheitsübertrag (verum et bonum)

Theologische trialektische Hermeneutik als fallibilistische interdisziplinäre Geist(er)unterscheidung Religiöse Religiöses Erfahrung Erfahrung Phänomen

Tabelle 6: Schematischer Überblick zu Yongs erfahrungstheologischer Hermeneutik in religionstheologischer Anwendung

4.2.2. Normative Erfahrung als Geist(er)unterscheidung : schematischer Überblick zu Yongs Hermeneutik in religionstheologischer Anwendung

Erfahrung als geistgewirktes Erschließungsgeschehen und Einordnung

177

Dritter Teil: Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe von Terry L. Cross und Amos Yong

1.

Zur Vorgehensweise

Die in den ersten beiden Hauptteilen rekonstruierten Erfahrungsbegriffe sollen nun in einem kritischen Vergleich direkt miteinander ins Gespräch gebracht werden. Dieser wird anhand folgender Leitbegriffe und Themen erfolgen, die im Laufe der Rekonstruktion eine tragende Rolle gespielt haben: Vorzeitigkeit und transzendentale Erfahrung (III,2.); Fundamentaltheologie (III,3.); Analogie und Harmatiologie (III,4.) und die Denkformen Dialektik/Trialektik; Kontinuität/ Diskontinuität; Mystik und Panentheismus; Philosophie und Theozentrismus (III,5.). Dabei sollen sowohl Konvergenzen als auch Divergenzen der beiden Erfahrungskonzepte aus theologischer und philosophischer Perspektive diskutiert, die Vorzüge des jeweiligen Ansatzes gewürdigt und kritische Anfragen formuliert werden. Eine kritische Zusammenfassung (III,6.) wird diesen dritten Hauptteil abschließen.198

198 Es wäre sicherlich sinnvoll, die Besprechung anhand der vier Rubriken Vorzüge, Anfragen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu strukturieren. Eine thematische Vorgehensweise ermöglicht es jedoch, in eine dichtere Diskussion einsteigen zu können, die der Komplexität dieser beiden Ansätze, die sich ja gegenseitig kennen (und im Falle Cross’ den anderen explizit rezipieren), gerecht wird, ohne die Diskussionen auf Grund der Rubrikvorgaben (etwa Gemeinsamkeiten versus Unterschiede) immer wieder abbrechen zu müssen. Die Möglichkeit beide Theologen abwechselnd zu Wort kommen zu lassen, hat zudem den Vorteil, dass sich Anfragen an den jeweiligen Denker viel klarer im direkten Zusammenhang mit den Unterschieden zwischen den beiden artikulieren lassen, ohne zu Gunsten einer Profilierung auf Polemik zurückgreifen zu müssen.

180

2.

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Erfahrung als Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung und Erkenntnis

Sowohl für Cross’ als auch für Yongs Theologie ist die (persönlich erlebte) Erfahrung des Heiligen Geistes der Ausgangspunkt und eine wesentliche Motivation ihrer jeweiligen Arbeiten (CAP: 1ff, SWC: ixff). Allerdings findet sich in ihren einschlägigen Publikationen keine systematische Diskussion ihres Erfahrungsbegriffs. Zwar begegnen bei Yong streckenweise Auseinandersetzungen, in denen der implizite Erfahrungsbegriff im Gespräch mit Gelpi definitorische Konturen erhält, eine fundierte Rekonstruktion des Erfahrungsbegriffs als solchen konnte jedoch bei beiden nur anhand der verschiedenen Komponenten bzw. Dimensionen, sowie anhand seiner Funktionen und Folgen für die jeweilige Theologie, erfolgen.

2.1.

Logische und phänomenologische Vorzeitigkeit?

Als Kerndefinition von Cross’ Erfahrungsbegriff lässt sich festhalten, dass Erfahrung integrativen und ganzheitlichen Charakter hat, die als Unmittelbarkeit der Begegnung mit Gott in die Theologie einfließen müsse. (Religiöse) Erfahrung umfasse den ganzen Menschen – auch seine Reflexion der Erfahrung – darum sei es ohnehin unmöglich, eine Beobachterperspektive von außen auf diese unmittelbare Erfahrung einzunehmen und sie präziser zu analysieren. Wichtiger sei es, die Folgen für eine Theologie der Begegnung mit Gott, ausgehend von einer Erfahrung als ganzheitliche Begegnung mit Gott, zu reflektieren bzw. neu zu schreiben: »Theological reflection on our experiences with God always takes on this second-order nature in our written and spoken expressions. Our words to describe the event are broken and once or twice removed from the event itself. The encounter is always mediated or interpreted by the receiving subject. In this regard, Amos Yong notes that ›it should be clear that our ›pure experiences‹ are unavailable for reflection. Thinking involves interpretation all the way down.‹ See Amos Yong, Spirit-Word-Community.« (DHE: 7, vgl. SWC: 246).

Anders als in einem ersten Manuskript von DHE (Cross 2009c: 13) lässt sich Cross hier folglich auf keine nähere Diskussion ein. Die gemachten Anleihen bei Yong reichen aus seiner Sicht aus, um Erfahrung zu Beginn seiner »preliminary steps towards a theology of experience« (DHE: 3) erklärt zu haben. Die Stelle, die Cross zitiert – und besonders deren Kontext – zeigt hingegen, dass Yong zwar von einer Unzugänglichkeit der nackten Erfahrung ausgeht,

Erfahrung als Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung und Erkenntnis

181

diese allerdings an Gelpis elaborierten Erfahrungsbegriff rückbindet und genauer zu bestimmten weiß: »Donald Gelpi has called it a ›weasel word‹ since it connotes such a wide variety of meanings (1994, 2). Among the variant definitions, Gelpi enumerates four: 1) the nontechnical meaning of practical wisdom gained from prolonged exposure to reality ; 2) the medieval notion of the ›powers of sense‹ derived from the five external senses, the emotions, the imagination, and sense-judgments; 3) all uncritical or pre-reflective cognition; 4) the entire spectrum of human evaluative responses. My use of the term includes the last two meanings identified by Gelpi. Certainly, language is inextricable from perception as such once we think about it and attempt to articulate it to ourselves or others. Yet our reflections do not engage the entirety of our experiences, not only our sense experiences, but also our non-perceptual experiences of ourselves, our memories, our imaginations, etc. Further, what we do (and experience) at any given moment is not always later thought about or articulated, even as we sometimes do things without conscious forethought or awareness of so doing.« (SWC: 246).

Diese Passage fungiert allerdings auch bei Yong nicht als systematische Einleitung seines Erfahrungsansatzes, sondern steht im Rahmen der Anwendung im dritten Teil von SWC. Dort will Yong vorführen, wie Erfahrung auf der Basis der zuvor entfalteten biblischen, metaphysischen, ontologischen und epistemologischen Grundlagen einer theologischen Interpretation der Wirklichkeit dienen könne,199 weil sein Erfahrungsbegriff als Hinwendung zur Wirklichkeit definiert ist. Yongs Erfahrungsbegriff kommt aber dem Erfahrungsbegriff von Cross insofern gleich, als dass auch bei ihm Erfahrung das ist, was »all uncritical or prereflective cognition [and] the entire spectrum of human evaluative responses« (SWC: 246) umfasst und relational in ein differenziertes Verhältnis setzt. Erfahrung sei somit – das gilt für beide – phänomenologisch und logisch vorgängig (aber nur über den Erkenntnisprozess zugänglich). Diese phänomenologische und logische Vorzeitigkeit wendet sich deutlich gegen Kants Erfahrungsbegriff, der sowohl in Cross’ Texten als auch in Yongs Texten durchweg als negativer Abgrenzungspol fungiert. Obgleich keine explizite Auseinandersetzung mit Kants Erfahrungsbegriff stattfindet, wird dieser sowohl von Cross als auch von Yong als Paradigma für einen, auf Descartes aufbauenden Dualismus vorgeführt, 199 Dies geschieht im Vorfeld zur Besprechung von drei Topoi, die deutlich machen sollen wie Erfahrung Theologie konkret affizieren soll. Die drei Topoi lauten Enthusiasm (SWC: 249ff), Ritual (SWC: 247ff) und Mystical Encounter (SWC: 251ff). Auch in dieser Trias finden sich interessante Parallelen zu Cross, besonders in Yongs Definition von Enthusiasmus; die auch von der Vorstellung ausgeht, dass der Christ in Gott hineingenommen werde: »By ›enthusiasm‹, I mean nothing more than our experience of God (en-theos), what we have previously described as the in-breaking of the Spirit’s presence into our lives. Paul’s encounter with Jesus on the road to Damascus and his later infilling with the Holy Spirit resulted in a radical conversion, a[sic!] abrupt turning of his life in the opposite direction, literally, southward to Arabia instead.« (SWC: 247)

182

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

der in eine Dichotomisierung von cogito und emotio/affectio führe und den es zu überwinden gelte.

2.2.

Erfahrung bei Kant – ein kurzer Seitenblick

Als grundsätzliche Modernekritik formuliert, die sich einerseits im selbstverständlichen Gebrauch des Postmodernebegriffs, andererseits in polemischen Pauschalbezeichnungen äußert (DHE: 4.5.6.14.31; APE: 8.14; Cross 2000: 37, Anm. 31), erteilt Cross den Wegbereitern der Moderne, namentlich der Aufklärung mit ihrem epistemologischem Dualismus und deren Exponenten Immanuel Kant, eine klare Absage (DHE: 14; APE: 14.35; Cross 1993: 121.130 f.120, Anm. 26; vgl. dazu bei Yong SWC: 83 f.91.99.109.145 ff.156.168; DoF: 577).200 Hinsichtlich der theologischen Konsequenzen lässt sich die Kritik an Kants Transzendentalphilosophie wie folgt synthetisieren: Die Moderne habe sich im Gefolge der Aufklärung auf die reine Ratio konzentriert und dadurch alles Übernatürliche und Metaphysische verunglimpft, weshalb religiöse Erkenntnis in das enge Korsett des Gefühls abgeschoben worden sei (z. B. Cross 1993: 129 f). Für die Diskussion der untersuchten Erfahrungsbegriffe ist es daher sinnvoll, einen Seitenblick auf diesen einflussreichen Denker zu werfen. Der folgende kurze Seitenblick zum Erfahrungsbegriff Kants kann allerdings nur sehr knapp und groblinig ausfallen.201 Dennoch ermöglicht er es, die konkrete Negativfolie der beiden untersuchten Erfahrungsbegriffe konturenhaft vorzustellen, die für die Theologie (Cross) und für die gesamte Wissenschaft (Yong) den Hiatus zwischen reinem Denken und handlungsbewusstem Erleben, zwischen purer Vernunft und ganzheitlichem Erfahren überwinden sollen. Zunächst gilt es festzuhalten, dass auch Kants Erfahrungsbegriff einen integralen Charakter besitzt, wenn dieser feststellt, dass »[d]er Zeit nach […] keine Erkenntnis in uns [..] der Erfahrung vorher[gehe], und mit dieser [alle Erkenntnis an]fange« (KrV B Einl. I [I 47—Rc 45])202. Erfahrung, so erklärt Kant an anderer Stelle, »ist ohne Zweifel das erste Produkt, welches unser Verstand hervorbringt, indem er den rohen Stoff sinnlicher Empfindungen bearbeitet« 200 Unter anderem wird dies besonders bei der pfingstlich-charismatischen Theologin Pamela Holmes deutlich, die eine Analyse der Pfingstbewegung durch die Linse der kritischen Theorie im Gefolge Theodor Adornos und Max Horkheimers und der feministischen Theologie anstrebt, die erarbeiteten Spannungslinien jedoch in letzter Instanz in eine Synthese aufhebt, die sich stark an Yongs Erkenntnistheorie anlehnen (Holmes 2009). 201 Der gesamte Exkurs basiert im Wesentlichen auf Rudolf Eisler (Kant & Eisler 2008: 123 – 131) und der Einführung von Georg Römpp (Römpp 2007: 55ff). 202 Die einschlägigen Belege in diesem Exkurs erfolgen, wie in der Kant-Literatur üblich, über Abkürzung des Quellenwerkes und Abschnittsangabe (Kant Akad. Wiss.).

Erfahrung als Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung und Erkenntnis

183

(KrV A. Einl. [I 51—Rc 44]). Für Kant ist Erfahrung daher in relativer Betrachtung zu Erkenntnis auch etwas Primäres, weil ohne sie kein synthetisches Urteil möglich sei. Auch der Produktcharakter der Erfahrung, der als Zusammenspiel verschiedener Komponenten umschrieben worden ist, scheint zunächst Kants Erfahrungskonzept nicht gänzlich entgegengesetzt. Im Blick auf die Erkenntnis stellt Erfahrung bei Kant also eine »Zusammenfügung (Synthesis)« (Prol., § 5 [III 26]) dar, ohne die die Erkenntnis nicht zustande kommt. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass diese Synthese laut Kant in ihren Einzelmomenten analysierbar sei. Mehr noch, die Einzelteile seien klar bestimmbar. Weil Erfahrung das Produkt von transzendentalem Apriori und sinnlicher Wahrnehmung sei (Prol., § 20 [III 57ff]), ließen sich Anschauungsformen und Kategorien ergründen, die eine Möglichkeit von Erfahrung bedingen. Kant kann die Erfahrungsaspekte daher auch als Erzeugnis der reinen Vernunft verstehen, die die Rohstoffe der sinnlichen Wahrnehmung verarbeite. Diese Extrapolationsoption weisen die beiden Denker der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Erfahrungsbegriffe mit dem Einwand zurück, dass deren konsequente Fortführung in einem leblosen Rationalismus münde. Weil Cross’ Erfahrungsbegriff Kant zwar pauschal kritisiert, selbst aber zwischen sensus und synthesis oszilliert, weshalb unter der Systematisierungskategorie probatio das Verhältnis von Geisterfahrung, Reflexion und Primärereignis nicht klar differenziert werden konnte.203 Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Fragen an Cross’ Erfahrungskonzept: (1) Wie verhält sich die (laut Cross falsche) Gegenüberstellung von »thought and experience« (Cross 2000: 30) zur Gegenüberstellung sensus und ratio? (2) In welchem erkenntnistheoretischen Rahmen findet das Primäre statt und kann man einzelne Elemente dieses Primären unterscheiden? (3) Wenn es methodisch nicht weiterführend ist, Erfahrung als 203 Diesbezüglich ist bereits unter der Überschrift Die Offenbarung der Schrift als Gegenstand der Theologie (siehe I,3.6.3.1.) darauf hingewiesen worden, dass Cross den Begriff Theologie nicht konsequent, sondern in mindestens zwei unterschiedlichem Bedeutungen verwendet, ohne dies zu kennzeichnen: zum einen Theologie im Sinne einer Reflexion zweiter Ordnung, die der Versprachlichung (dem persönlichen Erfahrungszeugnis) nachrangig ist; zum anderen Theologie im Sinne von Hollenwegers nicht-diskursiver und nicht-argumentativer oralen Theologie. Es wird dabei jedoch nicht klar welche Funktion diese zweite Art von Theologie besitzt, denn wenn sie eine nachgeordnete Funktion hätte, implizierte dies die Privilegierung der argumentativen Artikulationen und das gesamte Konzept der oralen Theologie als methodisches Proprium pfingstlicher Ansätze wäre hinfällig. In seinen praktischen Konsequenzen, hat Cross – nur so lässt sich diese Inkonsistenz in der zweifachen Verwendung seines Theologiebegriffs (und die vieler seiner Kollegen) erklären – sicherlich ein Theologieverständnis im Blick, das sich als Reflexion zweiter Ordnung versteht, sich aber zugleich auch von Erfahrungen, die (zunächst nur) im Sinne einer oralen Theologie artikuliert sind, irritieren und inspirieren lässt. Allerdings führt seine begriffliche Unschärfe hier zu großen Problemen, die sich auf seine Theologiemethode und dementsprechend auch auf seinen Ansatz übertragen.

184

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Zusammenspiel bzw. Konglomerat vage stehen zu lassen, wie könnten die einzelnen Komponenten des Zusammenspiels zueinander in Verhältnis gesetzt werden?204 Yong hingegen, an den sich Cross (stillschweigend) anzulehnen scheint (DHE: 7), kann durch seine Peircesche Epistemologie und die Rede vom Kontinuum zwischen Wahrnehmungsurteilen und Wahrnehmungsfakten (siehe II,3.3.2.1.) klarer unterscheiden und sein Konzept von Kant abgrenzen. Aus der Abfolge von Abduktion, Deduktion und Induktion (siehe II,3.3.2.) und deren Verschränkung mit der Imagination geht hervor, dass Erfahrung bei Yong (und faktisch auch bei Cross) zu einer transzendentalen Kategorie erhoben wird. Ein Blick auf den Begriff der transzendentalen Erfahrung, der seit Karl Rahner in vielen katholischen Ansätzen große Verbreitung genießt (Lotz 1978; Schaeffler 1995) wird auch hier erhellend sein. Am Ende soll die Frage stehen, inwiefern es sich hier um Konvergenzen zum Yongschen Erfahrungskonzept handelt, bzw. wo angesichts des ständigen Rückgriffs Yongs auf die triadische Peircesche Erkenntnistheorie die Divergenzen überwiegen.

204 Die unter I,3.6.4. formulierte Anmerkung zur vierfachen Gestalt des Wortes Gottes erscheint an dieser Stelle plausibler und fügt sich hier noch besser in den Gesamtzusammenhang. Dort war die Vermutung geäußert worden, dass Cross wahrscheinlich an Barths Rede vom Wort Gottes in dreifacher Gestalt anschließen will, in der die Heilige Schrift auch eine hervorgehobene Rolle einnimmt. Diese hervorgehobene Rolle wird allerdings dialektisch gebrochen, indem sie nur im Zusammenhang mit den anderen beiden Gestalten Offenbarung und Verkündigung betrachtet wird. Somit wird die Heilige Schrift zum Wort Gottes, indem sie die Offenbarung bezeugt (KD I/1, § 4). Cross macht jedoch nicht deutlich, welche Punkte hier als Anschlusspunkte dienen bzw. ob die dezidierte Beachtung der Erfahrung Barths Konzept zu einer vierfachen Gestalt des Wortes Gottes erweitert, oder die Erfahrung die Verkündigung ersetzt (bzw. letztere untrennbar von erster ist), weil Verkündigung nichts anderes als bezeugte Erfahrung ist. Das führt dann zu Unklarheit in Bezug auf die Frage, worin denn die entscheidende Korrektur an Barths Wort Gottes-Verständnis bestehe. Insgesamt betrachtet sind Cross Ausführungen somit nicht ausreichend, wohingegen Barth nicht zufällig einen langen Anlauf nimmt bis er erst in § 4 der Kirchlichen Dogmatik dieses Konzept entfaltet und dann auch immer wieder darauf zurückkommt, um es in seiner Dynamik zu explizieren. Die unscharfe Rede von primärer Gegenständlichkeit bei Cross erschwert dies zusätzlich, da die Erfahrung im Vergleich zum Initialereignis der Offenbarung, das Gott als schlechthinniges Subjekt ausweist, nachgeordnet ist, der Erfahrung gegenüber der Versprachlichung und Reflexion jedoch Erstrangigkeit zukommt. Diese sechs Größen, Offenbarung bzw. Initialereignis, unmittelbare Erfahrung, Schrift und Zeugnis, Verkündigung, theologische Reflexion erfordern eine präzisere Verhältnisbestimmung. Andernfalls erbringt die Rede von einem hermeneutischen Zirkel, indem der Geisterfahrungsbegriff einen konstitutiven Ort hat, keinen erkenntniserweiternden Mehrwert für die systematische Theologie.

Erfahrung als Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung und Erkenntnis

2.3.

185

Transzendentale Erfahrung bei Rahner – ein kurzer Seitenblick205

Nach einem Seitenblick auf Kants Erfahrungsbegriff wirkt der Begriff der transzendentalen Erfahrung wie ein Oxymoron, wie wenn von einem »hölzernen Eisen« (Pannenberg 1988: 128) die Rede wäre. Philosophiegeschichtlich geht der Begriff wahrscheinlich auf Husserl zurück (Husserl 1959: 75ff), der damit die, aller gegenständlichen Erfahrung vorgeschaltete Erfahrung des Ich denke bezeichnete (das, mit Kant gesprochen, alle Vorstellungen begleiten können müsse). Während es sich bei Husserl also um einen spezifischen Modus der Selbsterfahrung handelt (Irlenborn 2004: 493 – 495), denkt Rahner allerdings den Begriff der ›transzendentalen Erfahrung‹ (aus dem er dann seine transzendentale Theologie entwirft) selbstständig weiter und versteht darunter eine Verschränkung »von wissendem Subjekt und gewußtem Gegenstand« (Rahner 1984: 29). Jede Erkenntnis sei immer auch eine Erkenntnis, »in der das wissende Subjekt sich selbst und seine Erkenntnis wissend besitzt« (Rahner 1984: 29). Dieses irreduzible Mitbewusstsein sei also eine Erfahrung, die als unthematische Erfahrung jeder Erfahrung voranginge: »Das subjekthafte, unthematische und in jedwedem geistigen Erkenntnisakt mitgegebene, notwendige und unaufgebbare Mitbewußtsein des erkennenden Subjekts und seine Entschränktheit auf die unbegrenzte Weite aller möglichen Wirklichkeiten nennen wir die transzendentale Erfahrung. Sie ist eine Erfahrung, weil dieses Wissen unthematischer, aber unausweichlicher Art Moment und Bedingung der Möglichkeit jedweder konkreten Erfahrung irgendeines beliebigen Gegenstandes ist. Diese Erfahrung wird transzendentale Erfahrung genannt, weil sie zu den notwendigen und unaufhebbaren Strukturen des erkennenden Subjekts selbst gehört und weil sie gerade in dem Überstieg über eine bestimmte Gruppe von möglichen Gegenständen, von Kategorien besteht.« (Rahner 1984: 29)

Jedem Erkenntnisakt sei demnach – vereinfachend gesagt – auf konstitutive Weise eine Erfahrung vorzeitig, in der das Erkenntnissubjekt sich selbst vis-—-vis der Unendlichkeit der Wirklichkeit erfahre. Deshalb sei in Abgrenzung zu Kant kein Apriori der reinen Vernunft (das bei Cross und Yong zum Rationalismus führe) extrapolierbar. Die Ähnlichkeiten zu Yongs, an Neville angelehnten endlich/unendlich-Kontrast, sind kaum zu übersehen. Rahner zufolge sei jede Erkenntnis der eigenen Endlichkeit zugleich die Überschreitung derselben Endlichkeit, »weil der thematische Erkenntnisgegenstand das unthematische Mitbewußtsein um sich selbst und um seine Erkenntnis nicht einholen kann« (Irlenborn 2004: 500 f). Zieht man zusätzlich in Betracht, dass Rahners Erfahrungsbegriff darauf hin205 Der folgende Exkurs basiert unter anderem auf Bernd Irlenborns hervorragender Synopsis verschiedener Konzeptualisierungen von transzendentaler Erfahrung (Irlenborn 2004).

186

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

ausläuft, dass in dieser unthematischen Erfahrung »ein anonymes Wissen von Gott impliziert sei« (Irlenborn 2004: 501), lassen sich eindeutige Konvergenzen zwischen dem katholischen Fundamentaltheologen Rahner und dem pfingstlich-charismatischen Religionstheologen Yong herausstellen, der den Menschen als »homo religiosus« (Yong 2000b: 17) bezeichnet. Eine ausführliche Diskussion der Anfragen, die sich an solch einen Erfahrungsbegriff sowohl aus philosophischer, als auch aus theologischer Sicht ergeben, kann hier nicht erfolgen. Ein Hauptaspekt soll jedoch thematisiert werden, der auf Paul D. Molnars Kritik206 an Rahners Erfahrungstheologie (Molnar 1985, besonders 253 – 261) zurückgeht und auch für Yongs Ansatz gilt: die implizite Kodependenz von Schöpfer und Geschöpf. Da Rahner und Yong vom Prinzip ausgehen, dass Philosophie, sofern sie richtig schlussfolgert, notwendigerweise zu denselben Ergebnissen wie die Offenbarung käme (siehe unten) und sie die symbolische Ontologie de facto als Matrix für immanente Trinität verwenden (obgleich Yong biblisch-theologische Untersuchungen stets vorschaltet), kommt es zu einer Notwendigkeit, der Gott in diesen Ansätzen unterworfen ist. Mit Molnars Worten: »Rahner explains creation as follows: ›It is because God ›must‹ ›express‹ himself inwardly that he can also utter himself outwardly ; the finite, created utterance ad extra is a continuation of the immanent constitution of ›image and likeness.‹‹ [… The Problem is] that if one is necessary, then so is the other. Creation can no longer be seen as a free act of the triune God. It is necessary as is all symbolic expression.« (Molnar 1985: 253, Hervorhebung original; vgl. dazu bei Yong SWC: 41 ff.73, Anm. 10)

Sowohl Rahners als auch Yongs Ansatz laufen, wenn sie konsequent zu Ende gedacht werden, darauf hinaus, den Schöpfer vom Geschöpf abhängig zu machen, weil die kommunikative Struktur der Wirklichkeit, durch die sich Gott mitteilt, nach Gesetzmäßigkeiten funktioniert, an die auch Gott gebunden ist, sofern der Mensch ihn per analogiam erfahren und verstehen soll (Molnar 1985: 250 – 253). Neben der Beobachtung, dass ein solches Konstrukt im Grunde genommen auf eine Emanationsgotteslehre hinausläuft, ist hier also anzufragen, inwiefern die Freiheit Gottes noch als absolute Souveränität aufrecht erhalten werden könne. Eine Theologie, die auf einem theologisch qualifizierten Begriff der transzendentalen Erfahrung beruhe, darf diese Frage nicht lediglich mit Verweis auf die Semiotik aufschieben. Trotz dieser Konvergenzen gilt es jedoch, die Rede von einer transzendentalen 206 Viele von Molnars kritischen Anfragen ließen sich bemerkenswerterweise auch an Cross herantragen, wenn dieser seinem Erfahrungsbegriff eine zusätzliche erkenntnistheoretische Qualifizierung gegeben hätte. Molnar ist eine rennomierter Barth-Forscher, der unter anderem auch die Reihe Issues in Systematic Theology herausgibt, in der Cross’ Dissertation erschienen ist.

Erfahrung als Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung und Erkenntnis

187

Erfahrung im Zusammenhang mit Yong immer in Anführungszeichen zu denken. Yong selbst verwendet als Bezeichnung für seinen Ansatz an keiner Stelle den Begriff transzendentale Erfahrung. Liegt dem eine bewusste Abgrenzung zugrunde, dann ist sie der Unterscheidung an einem wichtigen Punkt verschuldet:207 Obgleich Rahners Begriff der transzendentalen Erfahrung, ebenso wie Yongs Ansatz, ein vermeintliches Defizit in Kants transzendentaler Philosophie beheben will, bleibt als »[u]naufgebbares kantisches Erbe [von Rahners Konzept], dass Erfahrung abhängig von der Erkenntnisstruktur des Subjekts« (Irlenborn 2004: 509) ist. Rahners Korrektur geht Yong also nicht weit genug, weshalb er sich mit Peirce um eine Metaphysik und einen Realismus bemüht, der umfassender ist. Dennoch ist es auch für die folgende Diskussion nützlich, Yongs (und gewissermaßen auch Cross’) Erfahrungsbegriff zunächst in den Termini einer Theologie der transzendentalen Erfahrung zu betrachten, um die von ihm postulierte phänomenologische und logische Vorrangigkeit zu verstehen, die sich allerdings stärker am Ding an Sich orientiert, und um entsprechende Rückfragen an ihn herantragen zu können.

2.4.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sowohl Cross als auch Yong von einer Vorzeitigkeit der Erfahrung ausgehen. Negativ grenzen sich beide Ansätze von der Transzendentalphilosophie Kants ab, in deren Apriori sie den Keim aller rationalistischen und subjektivistischen Theologie sehen. Positiv scheinen sie sich Rahners transzendentaler Erfahrung anzunähern.208 Während Cross seinen 207 Bemerkenswerterweise findet die Abgrenzung von einer transzendentalen Erfahrung nicht in Auseinandersetzung mit Karl Rahner, sondern mit Hans Urs von Balthasar statt. Dies geschieht in strenger theologischer Abhandlung, also weniger von einem erkenntnistheoretischen Standpunkt aus, wenn es – hier auch in oberflächlicher Konvergenz zu Cross – heißt, dass »the Spirit the transcendental condition of the human experience of God« (SWC: 228) sei. Aus diesem Grund bleiben folgende, aus einer erkenntnistheoretischen Perspektive gestellte Anfragen, trotz der genannten Passage unbeantwortet (SWC: 227ff). 208 Da sowohl Cross als auch Yong von Jonathan Edwards her geprägt sind (CAP: 44; SWC: 129), könnten beide sicherlich in Eilert Herms Überlegungen zur Erfahrung einen fruchtbaren Gesprächspartner finden, der in Anlehnung an William James und Schleiermacher zu einem besonderen Offenbarungsbegriff als Erschließungsgeschehen gelangt. Besonders für Yong würde sich eine Auseinandersetzung mit Herms lohnen, da dieser seinen Erfahrungsbegriff auch erkenntnistheoretisch im Sinne eines pragmatischen Realismus konzeptualisiert (Herms 1978, 1992b), obgleich Herms dem oben beschriebenen(!) Kantschen Erbe nicht absagt, vgl. das Referat bei Moltmann (1991: 45ff), dessen Kritik auf eine »immanente Transzendenz« (Moltmann 1991: 49 f) hinausläuft. Cross fände in Gerhard Ebeling einen zusätzlichen Gesprächspartner, dessen Erfahrungsbegriff sein Offenbarungsverständnis in den Grundzügen teilt (Ebeling 1979: 108). Allen diesen Konzepten

188

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Erfahrungsbegriff nicht weiter in Abgrenzung zu allgemeiner Erfahrung und Erkenntnis spezifiziert (diese Lücke allerdings bewusst oder unbewusst mit Rekurs auf Yong schließt), entfaltet Yong in Anlehnung an Peirce eine Erkenntnistheorie, die unter Hinzunahme des endlich/unendlich-Kontrasts (und von Nevilles Axiologie) theologische Implikationen hat und grundlegend religiös ist. Dadurch konvergiert Yongs Ansatz auch mit Rahners Postulat eines anonymen Christentums.209 Die unthematische Gotteserfahrung, die in der transzendentalen Erfahrung angelegt sei, weil diese als Vorgriff (im Heideggerschen Sinn) die Unendlichkeit abbilde, findet ihr Pendant in Yongs semiotisch vermittelter Imaginationslehre, in der qua Welterzeugung, ein Kontakt zwischen Endlich und Unendlichkeit stattfinde. Dadurch neigt sein Ansatz, ebenso wie der Rahners dazu, dass Gottes Freiheit von einer Mitteilungsnotwendigkeit ad extra überlagert wird. Im Unterschied zu Rahner, hat Yongs Ansatz jedoch nicht das Erkenntnissubjekt als seinen methodischen Ausgangspunkt. Es sei nicht die Erkenntnisstruktur des Subjekts, von der die Erfahrung abhängig ist (das Erbe Kants in Rahners Ansatz), sondern die Metaphysik und Ontologie, die pneumatologisch-trinitarisch artikuliert werden, und der Epistemologie vorausgehen (obgleich sie dann trialektisch wieder eingeholt werden) seien das Zentrum, um das sich die Erfahrung drehe. Daher kann Yong – bemerkenswerterweise und im großen Unterschied zu Cross – nur von einer vermittelten Unmittelbarkeit sprechen.

3.

Fundamentaltheologie und public theology versus Prolegomena und sachliche Theologie

Nach dieser grundsätzlichen Gegenüberstellung im Lichte der Erfahrungsbegriffe Kants und Rahners, sollen nun der Anspruch und das Selbstverständnis der jeweiligen Ansätze, die die Konzeptualisierung der jeweiligen Erfahrungsbegriffe bedingen, gegenübergestellt werden. Cross und Yong treten mit einem entgegengesetzten Anspruch auf, der sich auch auf deren Methode niederschlägt. Zwar haben beide das Ziel aus der pfingstlich-charismatischen Erfahrung heraus die Beziehung zwischen Gott und den Menschen zu reflektieren. Anders als Cross ist Yong allerdings überzeugt, dass sich dies auch in allgemeinen philosophischen Begriffen artikulieren lassen könne und müsse (SWC: 1 – 24). In Anlehnung an Barth ist Cross hingegen der Meinung, dass eine Reflexion dieser Beziehung nur im Sinne einer Theologie ist gemeinsam, dass sie von einer Integration analytischer und synthetischer Momente in der Erfahrung ausgehen, die in sprachlich vermittelter Form internalisiert werden könnten. 209 Zuweilen wird Yongs Theologie der Religionen auch als inklusivistisch bezeichnet (Miles 2010: 210).

Fundamentaltheologie versus Prolegomena

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möglich sei. Eine Reflexion der Beziehung Gottes zum Menschen könne nur von der Sache her – also von Christus, der im Heiligen Geist erfahren werde – erfolgen. Dahinter steht das Prinzip, dass Gott nur aus Gott heraus erkannt werden kann, und demnach die Beziehung Gottes zum Menschen (lies: dessen Begegnung mit ihm) auch nur durch Gott erkannt bzw. reflektiert werden könne. Anders als die Philosophie, die suchend zur Wahrheit hinführe, komme eine solche, an der Sache orientierte Theologie, suchend von der Wahrheit her. Aus diesem Grund interessiert Cross die allgemeine Erfahrung für seinen Ansatz nicht, sondern nur die besondere Erfahrung des trinitarischen Gottes, der sich durch den Heiligen Geist im Wort Gottes als Erfahrung offenbare. Ausführlicher formuliert: Bedingung und Prinzip für die Reflexion der Erfahrung mit Gott sei der sich offenbarende dreieinige Gott selbst. Dabei besteht Cross’ Pointe darin, dass diese Offenbarung nur als Erfahrung möglich sei, und zwar als geistgewirkte Erfahrung in der das Endliche dazu begnadet wird, das Unendliche zu fassen und daran Anteil bekommt. Jenseits dieser Offenbarung als Erfahrung sei eine Reflexion über Gott, in Cross’ polemischen Begriffen ausgedrückt, rationalistisch, verkopft und jedenfalls inadäquat, sprich unsachgemäß. Diese grundlegende Theozentrik erteilt allen Versuchen eine Absage, von der Natur aus auf Gott zu schließen. Der Erfahrungsbegriff von Cross könne daher nur in der Sprache der pneumatologisch-trinitarischen Theologie erfolgen, wolle er nicht an der Sache vorbei reden (siehe I,3.1.).210 Auch Yong zufolge sei die Erfahrung des Heiligen Geistes Bedingung der Möglichkeit einer Rede von Gott und dessen Begegnung mit dem Menschen. Eine konsequente Reflexion des Heiligen Geistes komme allerdings nicht um die Erkenntnis herum, dass der Heilige Geist Gottes »presence and agency […] in the world« (SWC: 83, Hervorhebung GM) sei. Von der Schöpfung (als creatio originalis, Gen 2 und creatio continua, Hi 33,4) bis hin zur Inkarnation (Lk 1,35) gewährleiste der Heilige Geist die relationale Kontinuität zwischen Gott und der Welt. Soll Gott also nicht im deistischen Sinne gedacht werden, müsse die Welt als das verstanden werden, was seit der Schöpfung und im nachösterlich-vollendeten Sinne seit Pfingsten und der Ausgießung des Geistes über alles Fleisch an Gott teilhat. Diese schlechthinnige Geistausgießung, sei freilich nicht von Christus zu trennen, der sowohl sachlich als auch historisch betrachtet, die 210 Es ließe sich allerdings auch hier mit Pannenberg einwenden, dass das hier zugrunde liegende Offenbarungsverständnis, das explizit auf Karl Barth zurückgeht, selbst nicht in der Schrift zu finden sei, sondern auch nur ein (sprach-)philosophisches Konstrukt darstelle. Darauf macht auch Cross’ pfingstlicher Kollege Veli-Matti Kärkkäinen aufmerksam, wenn er mit Pannenberg fragt, ob nicht die Auslegung des Satzes Deus dixit, die am Anfang von Barths Offenbarungstheologie steht, nicht einen Rekurs auf eine natürliche Einheit (d. h. einem Satz in menschlicher Sprache) darstellt und demzufolge auch Barth nicht auf eine analogia entis verzichten könne (Kärkkäinen 2007: 74ff).

190

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Bedingung der Geistausgießung nach dem Zeugnis der Schrift darstelle (Yong 2001: 39 – 44). Sie ermögliche aber die ernst zu nehmende Erkenntnis, dass die Wirklichkeit Gott abbilde (Hi 32,8). Prima vista scheint dies Yongs Ansatz dazu zu führen, von der Welt auf Gott zu schließen und daher das Gegenteil von Cross’ Theozentrik darzustellen. Es wird zu zeigen sein, dass Yongs Ansatz subtiler ist und auch eine theozentrische Stoßrichtung aufweist. An dieser Stelle gilt es jedoch festzuhalten, dass Cross’ Denkbewegung, d. h. seine positive und pneumatologisch-affirmative Antwort auf die capax-Frage, eine ziemlich genaue Entsprechung in Yongs Prinzip findet, dass die Wirklichkeit per Spiritum Sanctum Gott abbilden könne. Weil Gott es will (so ließe sich Yongs Ansatz mit Cross’ Begriffen formulieren) und der Heilige Geist es ermöglicht, könnten Gesetzmäßigkeiten der Welt auf Gott übertragen werden und umgekehrt. Metaphysische, ontologische, epistemologische und naturwissenschaftliche Erkenntnisse hätten dieselbe Struktur, wie das Wesen Gottes, die aber nur semiotisch vermittelt und in asymptotischer Annäherung erkennbar sei.

4.

Analogia experientiae Spiritus Sancti und pneumatological imagination

Diese relative Gemeinsamkeit lässt sich am Gebrauch der Denkfigur der Analogie und den entsprechenden Rückfragen nach dem Ort der Sündenlehre in den jeweiligen Ansätzen genauer beschreiben.

4.1.

Analogie

Bei Cross hatte sich herausgestellt, dass er, in Anlehnung an den späten Barth, eine noetische Dialektik als Methode bevorzugt, die in Verbindung mit der analogia fidei (und nur so) dafür sorge, dass positive Aussagen über Gott möglich seien. Unter pfingstlich-charismatischer Akzentuierung rekonfiguriert Cross diese Denkfigur allerdings zu einer analogia experientiae Spiritus Sancti (siehe I,4.5.), die zu folgendem Prinzip führt: Gott kann nur durch Gott erkannt werden, qua Erfahrung Gottes, die geistgewirkt ist. Diese geistgewirkte Erfahrung könne nicht an Christus vorbei, der die notwendige Bedingung für Geisterfahrung darstellt. Diese Bedingung dürfe nicht von der Trinität losgelöst betrachtet werden, weshalb Christus (unabhängig vom Geist) die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung darstelle. Ebenso stelle der Heilige Geist die notwendige, aber ohne Christus nicht hinreichende Bedingung für die Geisterfahrung dar, ohne den nicht der christlich-trinitarische Gott der Bibel, sondern

Analogia experientiae Spiritus Sancti und pneumatological imagination

191

ein noetischer Christus otiosus erkannt werde, der mit der Wirklichkeit und Existenz des Menschen nichts zu tun habe (Cross 2008). Weil diese Erfahrung, obgleich gegeben, auf Gottes souveränen Entschluss zurückgehe und grundsätzlich für den Menschen ein extra nos sei, handle es sich hierbei allerdings nicht um einen Anknüpfungspunkt (im Sinne Emil Brunners), sondern um einen freien Gnadenakt, im Sinne einer Theologie von oben. Durch diese pneumatologische Rekonfiguration, die faktisch ein nuanciertes Abrücken von einer strikten analogia fidei hin zu einer analogia experientiae Spiritus Sancti211 darstellt, kann Barths dogmatische Geradlinigkeit allerdings nicht mehr aufrecht erhalten bleiben. Folglich kann auch eine rigorose theologische Orientierung, mit der sämtliche Fragen nach einer philosophischen Definition abgewiesen werden könnten, nicht mehr behauptet werden und es drängt sich die Frage nach Cross’ Empiriebegriff212 auf, ohne den sein Erfahrungsbegriff nicht funktioniert. Dadurch, dass Cross Empirie nicht weiter definiert, sondern die unmittelbare Erfahrung als offensichtliche Gegebenheit betrachtet, vermeidet er zwar analogische Redeweisen und theologiefremde Kriterien. Der Nachteil besteht jedoch darin, dass dies den Anschein erweckt, als beruhe seine Erfahrungstheologie auf einer naiven Rezeption von Zeugnissen (Narrative) pfingstlich-charismatischer Christen oder aber als onto-theologisiere Cross sein eigenes Erleben. Der Verweis auf den dialektischen Zirkel von Schrift und innerer Gewissheit reicht hier zur Verteidigung allerdings nicht aus, weil das Problem damit nur auf die innere Gewissheit verschoben würde und der impliziten »this-is-that«-Hermeneutik der Vorwurf einer Eisgese des eigenen Erlebens einbrächte (die methodisch auch wieder analogisch verfährt). Es stellt sich ferner die Frage, ob nur die Pfingstler Unmittelbarkeit auf faktische Weise erfahren würden. Cross’ Versuch, die Montanisten, die gregorianischen Mönche und ähnliche Mystiker, die in sein Spiritualitätsverständnis passen, zu pentekostalisieren (DHE: 4), scheint aus dem Dilemma nicht richtig herauszuführen. Yongs Methode hingegen scheut sich nicht davor zuzugeben, dass sie mit Analogien arbeitet (bereits SWC: 21 und öfter). Sein Imaginationskonzept lehnt sich stark an Tracys analogical imagination an, die Yong allerdings in eine pneumatological imagination konvertiert. Es stellt sich daher die Frage, wie sich die pneumatologische Imagination zu den kritischen Rückfragen verhält, die klassischerweise an die analogia entis-Methode gestellt werden, und im Prinzip 211 Die Ergänzung zu einer analogia experientiae Spiritus Sancti per fidem, würde auf Grund der prinzipiellen Erweiterung durch Geist und Erfahrung keinen großen Unterschied machen. 212 Empirie steht hier im objektiven Sinn, z. B. im Sinne der Sozialwissenschaften. Dieses Problem ist Cross bewusst, weshalb er apologetisch klarstellt: »In part, what this address intends to do is to ask this question from a theological viewpoint, not necessarily a socialscientific or even philosophical viewpoint.« (DHE: 5)

192

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

auf die Harmatiologie hinausläuft: Inwiefern wird in einem solchen Ansatz der Sündenfall berücksichtigt? Welchen Ort haben Gen 3 und das sola gratia in einer solchen Analogiemethode? Das ist die Kritik, die Frank Macchia an Yong geäußert hat.

4.2.

Frank Macchias Anfragen an Yongs endlich/unendlich-Kontrast und der Ort der Harmatiologie in den jeweiligen Erfahrungsbegriffen

Bereits in einem Responseartikel zu ToF (Macchia 1998a) stellt Macchia wichtige Rückfragen an den damals noch in den Anfängen stehenden Ansatz der pneumatologischen Imagination Yongs und an den endlich/unendlich-Kontrast, auf die Yong wiederum in seinem Rejoinder-Artikel an die Response (Yong 1998c) reagiert. Die für die aktuelle Diskussion wichtigste Kritik Macchias besteht in der Feststellung, dass der endlich/unendlich-Kontrast eine schwache Eschatologie und eine mangelhafte Harmatiologie und Gnadenlehre impliziere. In der allen wahrhaftigen Symbolen eigenen Ambivalenz von endlich/unendlich, die als solche gerade die Kontaktstelle Mensch/Gott konstituiere, finde die Vorletztlichkeit (penultimate), die mit der Radikalität der Sünde zusammenhängt, keinen Raum. Somit versuche ToF zwar den Dualismus von natürlicher Offenbarung und besonderer Offenbarung zu überwinden, führe aber zugleich eine gewisse Unterbewertung der Sünde und des sola gratia durch die Hintertür ein. Das Einklammern der Radikalität der Sünde und des sola sieht Macchia bereits im Gebrauch des Prädikats endlich angelegt, an dessen Stelle er es angemessener findet, von Schöpfung, die durch die Sünde entstellt bzw. gefallen ist, zu sprechen (Macchia 1998a: 68 f). Macchia stellt daher die Frage, ob der oben genannte Überwindungsversuch nicht eine faktische Hinwendung zu dem Paradigma einer »liberal theology« (Macchia 1998a: 69) darstelle, weil es die Offenbarung Gottes vorrangig von der menschlichen Natur ableite bzw. auf einer zu optimistischen Anthropologie basiere. Yong arbeite demnach mit einer analogia entis-Methode, die letztendlich in einen Anthropozentrismus münde, da sie die unangenehme Wahrheit ignoriere, dass der Mensch hoffnungslos in sich verkrümmt und radikal auf Gnade angewiesen ist.213 Yongs direkte Antwort auf Macchia, die darin bestand zu betonen, dass Nevilles Kategorien philosophisch und nicht theologisch intendiert seien (Yong 1998c: 111), konnte nicht überzeugen und vermochte die von Macchia angezeigte Gefahr einer methodisch bedingten Unterbewertung der Harmatiologie, 213 Die Spezifizierung des metaphysisch-ontologischen Rahmen des Imaginationskonzept und endlich/unendlich-Kontrasts, kann Macchia hierbei wahrscheinlich noch nicht im Blick haben, weil Yong sie erst im Anschluss an diesen Dialog formuliert hat.

Analogia experientiae Spiritus Sancti und pneumatological imagination

193

die diese Art von Nevillerezeption angesichts theologischer Fragestellungen mit sich führt, nicht zu bannen. Aus diesem Grund hat Yong seit seiner Dissertation (Yong 2000b) an einer Weiterentwicklung dieses Konzepts gearbeitet und es pneumatologisch spezifiziert. Während in Cross’ Ansatz die Antwort auf die Frage nach dem postlapsarischen Gefallensein der Welt in seinem Konzept der Partizipation an der Trinität als Theosis verhältnismäßig schlicht ausfällt – nämlich mit Bezug auf Christus, den wahren Menschen, mit dem der Mensch durch den Heiligen Geist gleichzeitig vereint werde (obgleich die Vereinigung bei näherer Betrachtung unvollständig ausformuliert bleibt, siehe oben III,4.) – ist Yongs Antwort um einiges komplexer, weil im engeren Sinne pneumatologisch.214 Yongs Ansatz zufolge bilde die Imagination die Wirklichkeit Gottes nicht per se oder qua ens, sondern qua imago dei ab, die im Sinne einer creatio continua zu verstehen sei (Yong 2001: 40 ff.47 f).215 Anders gesagt: Die Imagination bilde Gottes Sein nicht an sich, d. h. als Seiendes, sondern als Ebenbild Gottes ab, das von ihm dazu bestimmt sei und werde (entsprechend dem ›was saved, being saved and will be saved‹, vgl. Yong 2001: 49), und durch den Heiligen Geist, erkannt werden könne. Das scheint Christus allerdings zunächst überflüssig zu machen, bzw. an Christus vorbei zu theologisieren, weshalb hier eine Präzisierung erforderlich ist. Wie bereits festgestellt, besteht Yongs Fundamentalpneumatologie darin die Christologie zugunsten einer größeren religionstheologischen Offenheit vorübergehend einzuklammern (Yong 2003a: 22, vgl. auch; 2007a). Darum kann seine Antwort auf die Frage nach dem Ort des postlapsarischen Gefallenseins der Welt in seiner Fundamentalpneumatologie nicht auf eine christologische Gnadenlehre rekurrieren, die immerhin von einer konkrete Person – nämlich der historischen Person Jesus Christus – ausgehen kann, sondern muss über das Wirken des Geistes in der Welt erfolgen. Dies geschieht über das Konzept der Geist(er)unterscheidung, d. h. dass es gerade die unterschiedliche Intensität an Gegenwart des Geistes216 sei, die es zu unterscheiden gelte und die seit Golgatha 214 In Anlehnung an James Loder kann Yong auch von einer analogia spiritus sprechen (SWC: 160 f, vgl. Loder 1989: 93ff). 215 Soll heißen: So wie die imago dei durch das Einhauchen der göttlichen Ruach den Menschen im Schöpfungsakt zum Leben erweckt habe (Gen 2) – ein Leben das auch Ebenbildlichkeit im Sinne von Welterzeugungsmacht beinhalte –, ebenso sei jeder Erkenntnisakt des Menschen, in dem Bruchteile der trinitarisch-relationalen Wirklichkeit Gottes per Analogie erfahren werden, durch das Wirken des Heiligen Geistes bewirkt (Hi 32,8), der dem Menschen qua creatio continua und fortschreitende Neuschöpfung eingehaucht werde. 216 Hierbei versteht er Geist(er) als vektorielle Kräfte die es als Geist(er)unterscheidung nicht im Sinne eines dichotomen Entweder/Oders, sondern im Sinne unterschiedlicher Intensitäten, zu unterscheiden gelte. Die Rede von vektoriellen Kräften lehnt sich an die Naturwissenschaften an und wurde von Pannenberg auf die Pneumatologie übertragen, der

194

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

und besonders seit Pfingsten eine kontinuierliche Neuschöpfung bewirke, die die Folgen des Sündenfalls (das Gefallensein der Welt) immer wieder und kontinuierlich in ihr Gegenteil verwandle. Somit sei es der ständige Neuschöpfungsakt, der jene Analogie ermögliche, wenngleich jede Analogie nach wie vor ausschließlich auf fallibilistische und vorläufige Weise gültig sei. Weil diese Neuschöpfung allerdings auch (aber nicht ausschließlich) als creatio continua verstanden werden müsse, handle es sich um eine analogische Methode, die sich dem Wirken des Geistes und der durch ihn ermöglichten Geist(er)unterscheidung verdanke. Alles Fleisch (lies: Mensch und Schöpfung) verhalte sich also zum Sündenfall, ebenso wie es sich zu Golgatha, Ostern und Pfingsten verhält (freilich mit umgekehrten Vorzeichen). Die menschliche Erkenntnis (und damit auch die Möglichkeit einer analogischen Rede) sei nicht nur im Sinne einer analogia fidei, sondern auch (mit gleicher harmatiologisch-eschatologischer Berechtigung) im Sinne einer allgemeinen Analogiemethode möglich, sofern sie in einen pragmatisch-fallibilistischen und pneumatologischen Rahmen eingebettet werde. Die crux besteht Yong zufolge im Fallibilismus, der es ermögliche, die Souveränität Gottes aufrecht zu erhalten. Gott sei demnach keineswegs verpflichtet, die ontologischen und epistemologischen Strukturen mit sich korrespondieren zu lassen (gegen den Vorwurf der Abhängigkeit Gottes vom Menschen), er tue es jedoch aus freiem Willen und sola gratia durch den Geist (ebenso wie Gott nicht verpflichtet ist durch den fleischgewordenen Christus die Welt mit sich zu versöhnen, dies jedoch durch die Inkarnation getan hat). Das entspricht genau der Argumentation der analogia fidei, wonach Gott sich in Christus zu einer Korrespondenz herablässt. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass hier die Korrespondenz über die dritte und nicht über die zweite Person der Trinität geschieht. So wenig Cross’ analogia fidei (in Christus) für Gott eine Notwendigkeit darstellt,217 so wenig führt Yongs vorläufige Analogie zu einer Abhängigkeit des Schöpfers vom Geschöpf. Auf den möglichen Vorwurf, dass es sich bei dieser pneumatologischen Antwort um einen ahistorischen und daher wohl als erstes den Heiligen Geist als Kraftfeld bezeichnet hat, das im Sinne von vektoriellen Intensitäten unterschiedlich erfahren werden könne (Pannenberg 1988: 413ff). Dieses Konzept wurde auch von Moltmann (Moltmann 1991: 44 – 51.209) und von Welker in seiner vielbeachteten Pneumatologie aufgenommen (Welker 1992: 224), die sich unter Pfingsttheologen großer Rezeption erfreut (Welker 1997; Macchia 1997) und freilich auch von Yong zitiert wird (SWC: 90). 217 Gott war niemals verpflichtet in Christus die Welt mit sich zu versöhnen, das Betonen der Menschwerdung als ein freier aber historisch verwirklichter Entschluss Gottes, impliziert deshalb aber noch nicht zwingend, dass Gott dieses Versöhnungsgeschehen rückgängig machen können müsste, weil er andernfalls in einem negativen Dependenzverhältnis zum Menschen stehe. Eine Rede, dass Gott sich dadurch menschlichen Gesetzen unterworfen habe bzw. abhängig vom Geschöpf geworden sei ist daher fehl am Platz, obgleich er sich durch die Fleischwerdung an die Menschheit gebunden und mit ihr vereint habe.

Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit

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willkürlichen Zugang handle, weil es hier, anders als bei einer christologischen Argumentation, nicht möglich sei auf den konkreten Menschen Jesus Christus zu verwiesen, kann Yong daher das historische Pfingstereignis ins Feld führen, das als ultimative Geistausgießung ein kontingentes historisches Geschehen (und somit mit der Inkarnation und Auferstehung, die ebenso ein kontingentes historisches Ereignis sind, vergleichbar sei). Im Umkehrschluss ergeben sich daher folgende Konsequenzen: (1) In der Yongschen Fundamentalpneumatologie, die mit einer Analogie operiert, haben der Sündenfall und die Folgen von Gen 3 einen klaren Ort, der allerdings qua geistgewirkte creatio continua und Neuschöpfung, deren Agent und Subjekt der Heilige Geist ist, in ihr Gegenteil gekehrt werden. (2) Wenn sich der Heilige Geist qua divine presence and agency zurückzöge, wäre auch jegliche Analogiemethode hinfällig.218 (3) Die pneumatologische Analogiemethode ist sowohl in ihren Inhalten, als auch in ihrer Vorgehensweise jederzeit revidierbar, sofern neue Erkenntnisse in der wissenschaftlichen Community oder der allgemeinen Menschheit gefunden werden, weil sich Erkenntnis ohnehin als Geisterfahrung dem Heiligen Geist verdanke.

5.

Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit

Im Folgenden nach einer kritischen Gegenüberstellung der beiden Denkformen Dialektik und Trialektik (III,5.1.) deren Konsequenzen im Sinne von Kontinuität und Diskontinuität, aber auch im Sinne von Unmittelbarkeit und vermittelter Unmittelbarkeit (III,5.2.) besprochen werden und mit Mystik und Pan(en)theismus in Beziehung gesetzt werden (III,5.3.). Schließlich soll ein Blick auf das Verhältnis zwischen Philosophie und Theozentrik geworfen werden (III,5.4.).

5.1.

Dialektik – Trialektik und (vermittelte) Unmittelbarkeit

Es ist das zuletzt genannte komplexe pneumatologische Moment, das Yong dazu veranlasst, seinen Ansatz als trialektisch zu bezeichnen, wohingegen Cross dialektisch denkt. Beide haben das Ziel mit dem Erfahrungsbegriff sämtliche Dualismen zu überwinden und Transzendenz und Immanenz in ein Verhältnis zu setzen, das weder in einen philosophischen Fundamentismus, noch in einen Relativismus mündet. Cross Erfahrungsbegriff kennt nur zwei Pole, finitum und infinitum, darum besteht die Herausforderung darin, die Spannung zwischen 218 Dass sich der Heilige Geist allerdings gänzlich aus der Welt zieht wäre allerdings ebenso unwahrscheinlich wie der Gedanke dass Gott die Versöhnung im fleischgewordenen Christus rückgängig machte.

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Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

diesen beiden Polen aufzuheben. Dies geschieht in einer dialektischen Bewegung, die von der Transzendenz ausgeht, sich aber in der Immanenz als Teilhabe an der Transzendenz ereignet. Theologisch ausgedrückt: Der Heilige Geist (er-) hebt den Menschen in eine Einheit von Einheit und Differenz qua Partizipation in Gott (hin-)auf. Obwohl diese Synthese vom Geist, der dritten trinitarischen Person, gewirkt wird und damit ein triadisches Moment hinzukommt, das die Bewegung als von Gott veranlasst qualifiziert, bleibt Cross in der dialektischen Form und kann bzw. will keine Intermedia zugestehen. Yongs Trialektik hingegen wirkt weniger statisch, weil sie auf Grund der Semiotik mit vermittelnden Momenten flexibler (shifting) operieren kann. Dadurch kann Yong von einem größeren Verfälschungspotential ausgehen, den er qua fallibilistischen Pragmatismus sogar als Qualitätssiegel seiner Philosophie preist, und gleichzeitig eine grundsätzliche Religiosität aller Erfahrung und eine gewisse Sakralität aller Dinge (lies allen Fleisches) postulieren. Das führt dazu, dass Yong Geist(er)unterscheidung im Sinne von unterschiedlichen Intensitäten konzipieren kann, wohingegen Cross’ Konzept der real-ontischen Partizipation strukturell weniger flexibel auf Missstände reagieren kann.219 Yong konvertiert den dyadischen Korrespondenzwahrheitsbegriff in einen axiologischen Wahrheitsbegriff, der seine Wahrheit am Kontext in der Gemeinschaft erweisen muss. Dies entspricht der Trialektik von Abduktion, Deduktion und Induktion, wobei Wahrheit sich als erfolgreiche Interaktion und als göttlicher Wertübertag im Sinne von Handlungsgewohnheiten, die zur Normativität drängen, ereignet. Transzendenz wird damit ebenfalls in der Immanenz als Teilhaberin an der Transzendenz aufgehoben, allerdings über eine semiotisch gedachte Realität, die fallibilistisch und teleologisch gedacht wird. Innerhalb der Triadik (die Yong anhand verschiedener Bezeichnungen aus der Peirceschen Metaphysik ebenso wie aus der Trinitätstheologie bestimmen kann) findet ein ständiger Verweis an die anderen beiden Elemente der Triadik statt, die sich gewissermaßen gegenseitig transzendieren, weshalb Yong von einer Trialektik spricht. Die Triadik an sich erlangt aber real-ontischen Status (im Sinne eines Peirceschen Realismus der Gesetzmäßigkeiten), weshalb Yong für seinen Ansatz einen dyadischen

219 Eine weitere Grauzone, die zusätzliche Präzisierung erfordert, ist das »universal problem for Pentecostal theology« (Bergunder 2008: 133, Anm. 8), dem in Verbindung mit den Anspruch auf Unmittelbarkeit auch Bergunder im Rahmen seiner Feldforschung zur südindischen Pfingstbewegung begegnet ist: »Apparently the claim of an unmediated experience of God in certain cases represents hardly more than a conventional expression. The stereotyped usage of ›God has told me‹ is indeed a reflection of the desire to follow God’s will in everything, but, semantically, it is often a synonym for ›I have made up my mind.‹ How this is to be distinguished from genuine expressions of experience is still an unresolved problem in the Pentecostal movement.« (Bergunder 2008: 133)

Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit

197

Korrespondenzwahrheitsbegriff beansprucht, dessen Stärke darin bestehe nicht relativistisch zu sein. Die Möglichkeit, Handlungsgewohnheiten auf Grund des strukturellen Fallibilismus’ radikal revidieren zu können, ist ein Vorzug gegenüber Cross’ Konzept der Unmittelbarkeit, die sich fragen lassen muss, wie sich real-ontische Partizipation zu Sünde verhält bzw. wie er den Zwischenbereich konzipiert.220 Dass in Cross’ Theologie ein Geisterfahrer nicht tadellos vollkommen ist, das zeigt bereits der gesamte zweite Teil seiner Ekklesiologie. Allerdings erfordern seine Konzepte Verantwortung und Heiligung in dieser Hinsicht noch zusätzliche Ausarbeitung, um das Verhältnis zwischen unmittelbarer Partizipation und sündigem Lebenswandel zu klären. Der Rekurs auf »I remain myself and not part of some pantheistic or panentheistic encounter« (CAP: 39), im Sinne einer Dialektik, kann hier nicht als Antwort gelten,221 da der Folgesatz wie folgt lautet: »Unlike some of the mystics of the Church, ›I‹ remain –transformed, to be sure, but myself nevertheless.« (CAP: 39, Hervorhebung GM)

220 Bergunders kritische Anfrage ist dennoch korrekt, insofern sie vor allem auf Yongs Definition der Pfingstbewegung, die zwischen deskriptiver und normativer Bestimmung oszilliert, abzielt und dadurch intuitiv das damit verbundene strukturelle Problem anspricht, das in einem Mangel an einfachen nachvollziehbaren methodischen Kriterien von Yongs groß angelegter Programmatik bei der konkreter Umsetzung besteht: »Obviously, he speaks prophetically of a Pentecostalism that understand itself right, and I think [such claims are …] perfectly legitimate […]. However, he also refers to historical events and seems to suggest that Pentecostal church reality actually matches his theological interpretation. Yet, as Amos himself mentions, there is a Pentecostal practice, which is completely opposite to his vision. How can things go so wrong ›on the ground?‹« (Bergunder 2006b: 2) Yongs Pentekostalismusbegriff unterscheidet zwischen »Pentecostal« und »pentecostal«, wobei sich ersteres (großgeschrieben) auf die klassischen Pfingstler (first wave) bezieht und letzteres ersteres (kleingeschrieben) eine inklusive (third wave) Bezeichnung, im Sinne von pfingstlich-charismatisch, darstellt (Yong 2007b: 14, Anm. 2; vgl. Vondey 2010: 11ff). Bedauerlicherweise scheint – obwohl gerade Yongs Pragmatismus den Dualismus zwischen deskriptiv und präskriptiv ja gerade aufheben möchte – die großgeschriebene Variante bei Yong faktisch eine deskriptive, die kleingeschriebene Variante hingegen eine präskriptive Bezeichnung zu implizieren, auf die Bergunders Anfrage intuitiv abhebt. Bergunders eigener Definitionsvorschlag, der – ausgehend von der Beobachtung, dass die Pfingstbewegung von Anfang an eine globale Bewegung war – eine strikte formale Bestimmung anstrebt ist aus methodischer Sicht sicherlich der bisher weiterführendste Ansatz (Bergunder 2009b, 2003, 2006a). 221 Peter Hodgson und Robert Williams zitierend formuliert Macchia das Problem wir folgt: »›The question is how the church can be […] both a spiritual and historical reality, without confusing the dimensions of it’s being and without separating them.‹« (Macchia 2006: 197) Bei der Diskussion dieses Problems versucht er auch Zuflucht in eine dialektischen Denkform zu suchen, die er jedoch stärker in eschatologischen Begriffen artikuliert und mit dem Reich Gottes in Beziehung setzt (Macchia 2006: 190 – 199).

198 5.2.

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Kontinuität und Diskontinuität und (vermittelte) Unmittelbarkeit

An der Frage nach den Konsequenzen der beiden Ansätze von Cross und Yong hinsichtlich der Frage nach Kontinuität und Diskontinuität, lässt sich dies weiterhin erhellen: Inwiefern führt die Rede von einer Unmittelbarkeit, oder aber einer vermittelten Mittelbarkeit, die auf dem Prinzip beruht, dass die Strukturen der Wirklichkeit das Wesen Gottes abbilden, zu einer Kontinuität zwischen Geschöpf und Schöpfer? Anders gefragt: Wie verhalten sich diese Ansprüche an eine Geisterfahrung zum qualitativen Unterschied zwischen Gott und Mensch und inwiefern kommen sie einem Panentheismus nahe? Obwohl beide einen Immanenzbezug haben, verleitet Cross’ Dialektik dazu, eine stärkere Diskontinuität in seinem Ansatz zu erwarten. Umso bemerkenswerter ist es aber, dass er und nicht Yong, dessen Trialektik die Schöpfung stärker einbezieht, Erfahrung als Unmittelbarkeit definiert (DHE), während Yong höchstens von einer vermittelten Unmittelbarkeit, einer »mediated immediacy« (SWC: 229, darauf wird später näher einzugehen sein) spricht. Ist diese erste Divergenz zwischen den beiden untersuchten Denkern erkannt worden, kann eine Komplexitätserhöhung erfolgen. Diese besteht darin, dass Yongs Ansatz gerade nicht in dem Binar besondere versus allgemeine Offenbarung eingeordnet werden will, obgleich er die Anliegen und Ansprüche einer Entitätenanalogie, zum Zwecke einer konstruktiven Rede (im Gegensatz zur negativen Theologie) von Gott teilt. Im Gegenteil, sein pneumatologisch-trinitarischer Zug und seine trialektische Methode möchte diesen Dualismus gerade sprengen bzw. im Sinne einer pneumatologischen Theologie der Religionen neu bewerten. Auf die trialektische Methode und den pneumatologischen, robust trinitarischen Grundzug, der auch beiden gemeinsam ist, wird noch näher einzugehen sein, zuerst muss aber deutlich werden, dass Yongs Ansatz den Anspruch erhebt, dass seine »pneumatological perspective emphasizes process and dynamism rather than intractable dualisms. This does not deny the value of understanding revelation as ›natural‹ or ›specific‹, nor does it reject the ancient extra ecclesia[sic!] nulla salus (›no salvation outside the church‹) formula. It does relativize the meaning of theological categories vis-—-vis the historical frameworks within which they emerged and demands a reassessment of their meanings within both the wider contexts of Scriptures, the entire historical dimensional scope of human life and experience, and the eschatological horizon.« (Yong 2001: 49 f, Hervorhebung original) »Certainly it should be recognized that a general or philosophical hermeneutic may or may not offer an account of engaging, interpreting or understanding divinity insofar as it is neither motivated first and foremost by the God-question nor committed in an a priori sense to the ›existence‹ or reality of God. On the other side, it is also the case that philosophy raises metaphysical and ontological questions in such a way so as to often tread in the waters of theology. It is important here to acknowledge the legitimate

Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit

199

autonomy of both disciplines even while recognizing their interdependence. Only in this way can we steer a via media between either subordinating theology to philosophy or vice-versa. Those guilty of the former – perhaps philosophers like Heidegger and Gadamer – struggle mightily to overcome the constrictions which the traditions of philosophical discourse impose on theological reflection. Those guilty of the latter (subordinating philosophy to theology) suffer from the reverse problem.« (SWC: 4, Hervorhebung GM)

Darum wäre es auch gegen das Selbstverständnis Yongs, seinen Ansatz – im Gegensatz zu einem theozentrischen Ansatz – als anthropozentrisch oder Ansatz einer natürlichen Theologie zu bezeichnen, obwohl er wesentlich von der Imagination des Menschen und der Wirklichkeit aus operiert (SWC: 119 – 218). Inwiefern Yong dies gelingt sei zunächst noch dahingestellt, immerhin wird in seinen Texten dieses Problem aber explizit thematisiert.222 Ebenso scheint sich Yongs Ansatz auch einfachen Kontinuität/Diskontinuität-Schemata zu widersetzen. Ausgerechnet in einer Kritik an von Balthasar, den Cross bedauerlicherweise gar nicht rezipiert (auch nicht in seiner Ekklesiologie), obwohl dieser eine sakramentale Unmittelbarkeit vorschlägt und ähnlichen Problemen wie Cross begegnet,223 kommt diese Subtilität in Yongs Ansatz zum Ausdruck: »Ultimately, while Balthasar’s notion of ›unmediateness‹ may still assume too much since finite human minds cannot fully access the infinite God. It is important not to exalt the human imagination as an autonomous faculty or human freedom as an autonomous capacity. In fact, as contingent creatures capable of engaging the transcendent, human beings are also fully dependent on and related to God, or, for our purposes, the Spirit of God. Von Balthasar’s radical ›unmediateness‹ should therefore be qualified as a ›mediated immediacy‹ (cf. Rust 1981: 49 – 76). This captures the togetherness of both aspects of the process of religious knowing only by and through the Spirit. Here it is important to emphasize, therefore, interpretation as a charismatic activity […] charismatic in the sense that it is enabled by and through the Spirit. […W]hile the imagination as [..] free, and open to transcendence provides for novelty in interpretation, these same features […] correct any speculative deficiencies in one’s metaphysical […] scheme. This is an important element of the trialectic since all human interpretations are finite, perspectival, and hence, fallible.« (SWC: 229, Hervorhebung GM)

Obwohl Yong also mit seinem Postulat der grundsätzlichen Religiosität zunächst eine Kontinuität zwischen Gott und Mensch zu postulieren scheint, ist diese 222 Auch wenn es manchmal den Eindruck erweckt, dass Yongs Rhetorik darin besteht gewisse strukturelle Probleme seines Ansatzes vorweg zu artikulieren, ohne jedoch signifikante Konsequenzen daraus zu ziehen. 223 Es ist undenkbar, dass Cross, der ein ausgewiesener Barth-Kenner ist, und in seiner Dissertation (DKB) von Balthasar rezipiert, diesen Aspekt bei von Balthasar übersieht. Umso unverständlicher scheint die mangelnde Auseinandersetzung im Rahmen seiner theology of experience.

200

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Kontinuität auf Grund des ebenso grundsätzlichen Fallibilismus höchst brüchig. Seine semiotischen Grundannahmen bewirken so viele Diskontinuitätsmomente, dass selbst der Realismus der Gewohnheiten nur real ist, sofern er vom Menschen wahrgenommen wird. An diesem Punkt rückt Yong tatsächlich von einer einfachen analogia entis-Methode ab. Cross hingegen weist sich als Barthianer aus, der grundsätzlich Theologie von der Sache her betreiben will, d. h. von Gott her. Diese Form entspricht dem Inhalt seiner Theologie, die von einer Unmittelbarkeit spricht. Sowohl gegen die katholische Sakramentenlehre, als auch gegen jegliche analogia entis, hält er daran fest, dass die gefallene Schöpfung gänzlich auf die Gnade Gottes angewiesen sei, weshalb gilt: »Our experiences with God are not mere experiences, as if we could line them up alongside a day out at the park or a night at the cinema with friends. The point that Pentecostals make here is that this experience is an encounter with GOD made possible through the agency of the Spirit.« (DHE: 31, Hervorhebung original) »To say everything is sacred may end up trivializing the whole. If all is sacred, then the word sacred becomes meaningless – indeed, profane, common! If all is sacred, then all is mundane. However, as we have seen, all is sacred in this sense: it comes from the miraculous creation of the hand of God and should inspire awe. However, to make everything sacred is to miss the point of evil in the world as well as to level each aspect of nature to the same point. None of nature is salvific; all of nature is touched by God’s hand. None of nature is sacramental in the sense that it can save anyone or convey God’s grace.« (CAP: 95)

Die crux dieser radikalen Absage an eine Einklammerung der Christologie, wie sie bei Yong zugunsten einer dynamischeren und religionstheologischen Öffnung begegnet, liegt aber in dem Folgesatz: »[A]ll of nature is available for use by God to convey the message of God’s presence, indeed, to convey God’s presence itself.« (CAP: 95, Hervorhebung GM) Cross mangelnde Unterscheidung zwischen allgemeiner Erfahrung und besonderer Erfahrung, bzw. sein (wohl beabsichtigtes) Versäumnis, allgemeine Erfahrung zu spezifizieren, erschweren es hier ein eindeutiges Urteil zu treffen. Obgleich seine Dialektik prima vista ein größeres Interesse an der Diskontinuität (lies: den qualitativen Unterschied) zwischen Mensch und Gott zu besitzen scheint, als dies bei Yong oberflächlich betrachtet der Fall ist, ergeben sich in der Ausführung von Cross’ Argumentation immer wieder Momente, die den Unmittelbarkeitsanspruch in sehr große Nähe zu einem Kontinuitätsmodells zu rücken scheinen, weil grundsätzliche Begriffe und Kategorien nicht definiert worden sind und das Postulat der Unmittelbarkeit stark ins Gewicht fällt. So läuft es im Endeffekt auf eine Unterbestimmung des Verhältnisses zwischen Wort Gottes, bzw. Offenbarung und allgemeine Erfahrung hinaus. Dadurch kommt auch das Wort Gottes, bzw. die Schrift als Kriterium der Erfahrung nicht sonderlich über Barths dialektischen Ansatz

Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit

201

hinaus, bzw. die Anreicherung durch die pneumatologische Erfahrung entbehrt methodischer Nachvollziehbarkeit hinsichtlich des Gewissheitsaspekts. Zieht man in Betracht, dass beide Ansätze einen gewissen empirischen Ausgangspunkt als Prinzip224 haben – nämlich die Tatsache, dass Gott auf eine Weise erfahren werden kann, die den Menschen nicht nur noetisch, sondern ganzheitlich erfasst – dann findet sich in beiden Ansätzen die gleiche emanzipatorische Zielsetzung. Cross gelangt über die geistgewirkte Unmittelbarkeit (die er anhand der capax-Frage als Bedingung der Möglichkeit für Gotteserfahrung löst) dazu, den Menschen in eine mündige Begegnung mit Gott zu heben. Der Heilige Geist erfülle, umgebe und durchdringe den Menschen und erhebe ihn zu Gott, bzw. in die Trinität hinein. Yong hingegen postuliert die pneumatologische Durchdringung der Natur, qua semiotische Korrespondenz im Sinne einer triadischen Metaphysik, Ontologie und Epistemologie. Sie finde für den Menschen ebenso extra se statt und sei ebenso auf Gnade angewiesen, da sie stets einem contrite fallibilism unterworfen sei. Der Mensch wird also als Teil der Natur, als Fleisch, in die Wirklichkeit Gott erhoben. Der Unterschied besteht darin, dass Cross sein capax aus der Empirie der pfingstlich-charismatischen Bewegung herleitet, die sich historisch nun auch auf Christus bezieht und ohne Geistwirken gar nicht vorläge. Damit setzt er seine conditio als principium. Yongs principium besteht hingegen darin, dass Gott dank Christus, der historisch die Voraussetzung für die ultimative (ultimate) Geistausgießung auf alles Fleisch darstelle (Yong 2001: 39 – 44, besonders 41ff; 2003b), die fortschreitenden epistemologischen Erkenntnisse durch seinen Geist begnadigt, so dass sie zunehmend mit Gottes Sein korrespondierten. In beiden Ansätzen ist die Bewegung, einerseits von Gott her und im Hinblick auf den Menschen extra se zu denken. Andererseits ist sie auch als gebrochene bzw. erlösungsbedürftige Bewegung zu denken. Dabei erheben beide den Anspruch, die pfingstlich-charismatische Erfahrung bzw. Imagination habe diesbezüglich eine besondere Sensibilität. Yongs Ansatz bemüht sich aber, diese Setzung transparent zu machen, obgleich dies auf Grund seiner Pragmatik und Trialektik oftmals die Stringenz nicht erkenntlich werden lässt und zu unübersichtlich zirkulär argumentiert erscheint. Da diese Transparenz bei Cross überhaupt nicht gegeben (und möglicherweise auch nicht angestrebt) ist, erweist sich sein Ansatz an diesem Punkt als problematischer. In Anbetracht des Anspruchs, einen innovativen theologischen Ansatzes vorzulegen, sollten diese Anfragen allerdings beantwortet werden können, andernfalls läuft er die Gefahr als fideistischer Barthianismus verkannt zu werden.

224 Prinzip ist hier im Sinne einer arch¦ zu verstehen (siehe Anmerkung unter I,5.2.1.).

202 5.3.

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Mystik und Pan(en)theismus

Für Yong scheint sich die Panentheismusfrage daher weniger akut zu stellen, bzw. sie wirkt auf seinen Ansatz nicht verunsichernd, da er ohnehin mit einer komplexen und trialektischen Semiotik operiert, die dem Grundsatz »[Symbols] are true but broken«, (ToF: 39, vgl. Neville 1996) folgt. Dadurch werden sämtliche Kontinuitätsmomente relativiert. Ein weiterer Grund besteht darin, dass er von Gelpi herkommt, der für seine Anlehnung an Jonathan Edwards neben Moltmann, auch Heribert Mühlen, den Apostel Paulus, sämtliche Kirchenväter und – ironischerweise – sogar Karl Barth als Gewährsmänner für einen vertretbaren Panenteheismus heranziehen kann, sofern dieser pneumatologisch begründet werde (Gelpi 1984: 95). Mit Verweis auf seine anspruchsvolle Zeichenlehre und hier auch konkret im Rückgriff auf Ioannis Zizoulas kann Yong daher diese Frage amortisieren (SWC: 67 f.114). Cross hingegen bemüht sich sehr darum, seine Anleihen bei Jonathan Edwards mit einer gleichzeitigen Absage an jegliche Form von Panentheismus kennzeichnen, wobei er auf Grund seiner Dialektik in binären Mustern argumentiert: »I remain myself and not part of some pantheistic or panentheistic encounter. Unlike some of the mystics of the Church, ›I‹ remain – transformed, to be sure, but myself nevertheless. The Spirit connects the life of God with my life, the nature of God with my nature.« (CAP: 39)

Wie dieser logische Widerspruch bei Cross (Unio mystica, qua Partizipation an der Trinität und gleichzeitige Beibehaltung des unendlichen qualitativen Unterschieds) aufgehoben wird, ist bereits erläutert worden. Cross’ Dialektik geht von einer speziellen Analogie (analogia experientiae Spiritus Sancti per fidem) aus, die aus seiner Sicht nur deshalb eine zulässige Analogie ist, weil sie in Christus und dem Heiligen Geist zu einer zulässigen Analogie gemacht werde. Dadurch sei Unmittelbarkeit im Sinne der positiven Antwort auf die capax-Frage möglich. Nicht als Mensch, sondern als in Christus erneuerter Mensch, werde der Mensch in die trinitarische Perichorese gehoben und erhält Anteil an ihr, so dass sich diese Partizipation unweigerlich in Transformation niederschlage. Cross’ Betonung einer ontischen Partizipation lässt die Frage aufkommen, inwiefern dann die qualitative Diskontinuität zwischen Gott und Mensch beibehalten würde. Wurde bei Yong die Gefahr moniert, die Sünde spiele qua Sündenfall keine Rolle, stellt sich an Cross die Anfrage, wie sich die Partizipation und Transformation zu dem simul iustus et pecator, bzw. zu der noch ausstehenden Eschatologischen Erneuerung verhielten. Sein ganzheitlicher realistischer Anspruch (real-ontische Partizipation und Transformation), der sich gegen eine noetische

Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit

203

Engführung wendet, verlangt hier nach einer Erklärung. Denn anders als in einem an Luthers forensischer Rechtfertigungslehre angelehnten Ansatz, bei dem der Christ Gerechter und Sünder zugleich ist, führt Cross’ Unmittelbarkeitspostulat zu einer logischen Schwierigkeit, die sich angesichts der Gebrochenheit und Sündhaftigkeit, die er auch innerhalb der pfingstlich-charismatischen Bewegung feststellt (vgl. der gesamte zweite Teil seiner Ekklesiologie), ergibt.225 Cross begegnet dieser Schwierigkeit mit einer dialektischen Bewegung, diese erscheint allerdings unzureichend, weil Cross’ Ansatz selbst ja von einem empirischen datum ausgeht und Geisterfahrung realistisch nicht nur noetischtheologisch fasst. Die genannten Anfragen mit einem theologischen Realismus zu beantworten, demzufolge die Inhalte zu glauben seien, geht jedoch an Cross’ eigenem empirischem Anspruch vorbei. Cross’ theologischer Realismus muss daher eine epistemologische Grundlegung erfahren, um nicht einem einfachen Nebeneinanderreihen von Aussagen gleichzukommen, deren Widersprüchlichkeit mit dem evasiv anmutenden Verweis auf eine Dialektik, die alle Gegensätze versöhnen könne (zumal sie geistgewirkt sei), abgetan würde.

5.4.

Philosophia ancilla theologiae aut philosophia neglecta? Anfragen an Cross’ Theozentrismus

In seinem Rezensionsaufsatz zu Williams’ Renewal Theology empört sich Cross mehrmals über das Fehlen einer philosophischen Grundlegung in pfingstlichcharismatischen Theologien »[S]ystematic theology recognizes the service that philosophy can and must play in its work […] Athens and Jerusalem do have a relationship – even more now than in Tertullian’s day!« (Cross 1993: 120) Gerade für einen Theologen pfingstlich-charismatischen Hintergrunds sei es unabdingbar zu erkennen, dass die Philosophie in der systematischen Theologie eine wichtige Rolle spielen müsse. Nun scheinen Cross’ neuere Veröffentlichungen zu vergessen, was er selbst monierte, als er schrieb, dass die Theologie ihre Thesen auch für die »unbelieving world« (Cross 1993: 120, Anm. 26) transparent machen müsse. Eine Herausforderung, der man nicht gerecht

225 Bedauerlicherweise thematisiert Cross im Zusammenhang mit seiner real-ontisch Verstandenen Partizipations- und Transformationslehre den Körper so gut wie gar nicht. Anders als Yong, der sich im Rahmen seiner befreiungstheologischen Arbeiten unter dem programmatischen Wahlspruch Reimaging Disability auch mit dem Körper, mit körperlichen Behinderungen in der pfingstlichen Kirche und mit den damit verbundenen Implikationen für Eschatologie und für eine Lehre von den Charismen des Geistes auseinandergesetzt hat (Yong 2010a, 2007c).

204

Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

würde, wenn die Philosophie lediglich ein Seitenzweig bliebe (Cross 1993: 120 f).226 Bereits bim Seitenblick auf Kant ist deutlich geworden, dass Cross einerseits der Ansicht ist, dass der »[t]ranscendent Spirit of God is source and condition of [.. genuine religious] experience« (DHE: 7, Anm. 8); doch andererseits schreibt: »Our experiences with God are not mere experiences, as if we could line them up alongside a day out at the park or a night at the cinema with friends.« (Cross: DHE: 31) Während bei Yong Erfahrung grundsätzlich, qua endlich/unendlichKontrast, einen religiösen Charakter hat, ist bei Cross unklar, wo sich allgemeine Erfahrung von genuiner religiöser Erfahrung und diese wiederum von besonderer christlicher Erfahrung als wahres Offenbarungsgeschehen unterscheidet. Das macht seine dialektische Methode ungenau. Zudem wirft die Rede von genuin religiöser’ Erfahrung angesichts seiner Nähe zu Barth große Fragen auf, hält man sich vor Augen, dass sich Barths Theologie als Religionskritik versteht (DKB: 37, vgl. Krämer 1975). Ähnlich wie mit der bei Cross schlichtweg abwesenden Unterscheidung von allgemeiner und besonderer Erfahrung stellt sich die erkenntnistheoretische Frage, was Gewissheit in Cross’ System näher bedeutet bzw. wie sie zustande kommt. Anders als Yong setzt sich Cross bedauerlicherweise nicht mit Wahrheitstheorien auseinander. Er charakterisiert Wahrheit als innere Gewissheit, äußere Gewissheit und als Empfinden bzw. Gefühl (sensus, DHE: 29 – 31). Die Anklänge an die Romantik sind, trotz seiner Schleiermacherkritik, nicht zu überhören. Erst recht nicht, wenn bezüglich des religiösen Glaubens die Beobachtung folgt, dass »faith […] more a matter of the heart than the head« (DHE: 30) sei. Erfahrung sei somit nicht ausschließlich, aber auch eine innerliche Angelegenheit (DHE: 31). In diesem Zusammenhang fragt sich der Leser jedoch mit den Worten desselben Cross: »How can a theology whose background is experience not discuss the theologian of experience, Friedrich Schleiermacher?« 226 »However, I have found the glaring lack of philosophical training to be a major problem in preparing for doing systematic theology from a Pentecostal-charismatic background [… S]ystematic theology recognizes the service that philosophy can and must play in its work. From the apparent lack of such philosophical questions and interaction, it seems that Williams has chosen to allow philosophy to sit on the sidelines; instead of utilizing it.« (Cross 1993: 120, Hervorhebung GM) »It is my contention that one cannot do this at the end of the twentieth century and call it systematic theology.« (Cross 1993: 120, Anm. 25, Hervorhebung GM) »Here the intense philosophical debate left over from the rationalist period and the Enlightenment needs to be considered, because systematic theology must relate the truths of Scripture to the context of the contemporary society, and the problems of the Enlightenment still plague our society in relation to miracles and God’s interaction with the world. Athens and Jerusalem do have a relationship – even more now than in Tertullian’s day! [… S]ystematic theology must do more. It must also speak to an unbelieving world! This is not to say that it must become solely apologetics, but that it must incorporate apologetics into its system.« (Cross 1993: 120, Anm. 26, Hervorhebung GM)

Denkformen und (vermittelte) Unmittelbarkeit

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(Cross 1993: 121)227 Fand Cross in seiner Kritik an Rodman Williams noch einige konstruktive Seiten an diesem (Er-)Finder des modernen Religionsbegriffs (Bergunder 2009a: 1059ff), wird er in Cross’ neueren Publikation ausschließlich im negativen und polemischen Sinn erwähnt (»turn to the human«, DHE: 14; »the trap of Schleiermacher and Feuerbach […] producing anthropocentric theology«, APE: 11). Eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung, anhand der Argumente Schleiermachers findet nicht statt.228 Der ganzheitliche Zugang könnte unter Umständen die fehlende (bzw. dann überflüssige) Differenzierung von Innerlichkeit und Äußerlichkeit legitimieren. Da die (religiöse) Erfahrung jedoch als testimonium internum Spiritus Sancti Gewissheit bewirke und dies kein individualistisch-egoistisches Mystikerlebnis (im negativen Sinne) sei, erfordert diese Thematik Erläuterung. Dies gilt besonders angesichts der Wahrheitsansprüche, die damit verbunden sind, wenn es bei Cross heißt: »[N]arrative of Scripture portrays God this way and [..] our experience of God verifies it.« (Cross 2000) Hier könnte sich für Cross eine Auseinandersetzung mit Ludwig Wittgensteins Gewissheitsschrift (Wittgenstein 1990) oder dessen Gewissheitsbegriff vis-—-vis religiöser Überzeugungen (Wittgenstein 1996: 175.177.179 f)229 lohnen, ohne dass er von dem zu Recht aufrecht erhaltenen qualitativen Unterschied zwischen natürlichem bzw. allgemeinem und religiösem Wissen abzurücken braucht. Die intrinsischen Kategorien zur Differenzierung von subjektivem und objektivem Wissen könnten seiner theozentrischen Erfahrungstheologie ebenso wichtige Impulse liefern, wie die daran anknüpfende neuere Diskussion zu den Themen Solipsismus und Privatsprache, die in der Wittgensteinforschung auch innerhalb der Theologie für große Kontroverse sorgt (Brose 1994; Großhans 1996: 104 – 238; besonders 198ff; Putnam 1997: 172 – 226; Phillips 1993: 56 – 78).230 Das Anliegen, die Theologie nicht zur Hilfsmagd der Philosophie zu machen bzw. die Offenbarung in Begriffen, die der Offenbarung äußerlich sind, zu artikulieren – wie es in Yongs Ansatz und Anspruch deutlich wird – ist lobens-

227 Auch eine Erwähnung Paul Tillichs wird vermisst, spricht doch seine Korrelationsmethode und Sensibilität für existentielle Zugänge der Religion im gesamten ersten Band seiner systematischen Theologie eben diese Fragen an und thematisiert zudem auch ausdrücklich den Offenbarungsbegriff im Zusammenhang mit Mystik und Ekstase (Tillich 1956, besonders 51 ff.131 – 142). 228 Etwa mit Schleiermachers Verständnis von Gewissheit des Glaubens als innere Grunderfahrung der Wahrheit (Glaubenslehre, § 13, Zusaz und § 15,1). 229 Die Stellenangabe erfolgt hier nicht über Seiten- sondern über Aphorismenzahl. 230 Mit Putnam könnte Cross eine Epistemologie aufgreifen, die sich selbst durchweg als realistisch versteht und somit für Cross’ pfingstliche Ontologie kein Hindernis darstellen würde und theologisch ausbaufähig wäre (oder allgemeiner Putnam 2000; z. B. Großhans 1996).

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Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

wert.231 Durch diese mangelnde philosophische Konzeptualisierung, die wahrscheinlich beabsichtigt ist, die Probleme bzw. offensichtlichen Schwachstellen des Ansatzes Cross’ jedoch nicht auszuräumen vermag, tendiert sein Ansatz dazu, die erwünschte Diskontinuität zwischen Gott und Mensch methodisch nicht durchgehend einzuhalten.

6.

Kritische Zusammenfassung: Experientia crucis aut experientia triumphans?

Seit Hollenwegers Monumentalwerk (Hollenweger 1969), durch das die Pfingstbewegung wohl erstmals in den akademisch-theologischen Diskurs geraten ist, scheint der Bezug auf die Erfahrung einen besonderen identitätspolitischen Wert zu besitzen (vgl. bereits das Attribut »enthusiastisch« im Titel der Studie). Die (Rück-)Identifikation bzw. retroversive Einschreibung in diese Definition und die Erhebung der Erfahrung zum Proprium der Pfingstbewegung ist recht früh erfolgt. Bereits in der ersten Runde des ökumenischen Dialogs zwischen Exponenten der Pfingstbewegung und der römisch-katholischen Kirche232 haben sich die Pfingstler über ihre erfahrungsbetonte Spiritualität definiert – sprich von allen anderen Konfessionen, die leblos und kopflastig seien, abgesetzt (Bittlinger 1978, besonders 96ff; Pro Unione 1999 – 2004; Baumert & Bially 1999).233 Seit der Gründung von Gesellschaften zur Erforschung pfingstlicher Theologien (vor allem der Society for Pentecostals Studies) im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts, hat der Begriff Erfahrung, im Sinne einer 231 Obgleich nicht verschwiegen werden darf, dass ein trinitarischer Offenbarungsbegriff, zunächst auch nur ein Konstrukt ist. 232 Diese in den 1970er Jahren begonnenen ökumenische Gespräche mit Pfingstlern, gehören zu den ersten ökumenischen Gesprächen, die die römisch-katholische Kirche überhaupt in Angriff genommen hat. Ein wichtiger Beweggrund war wahrscheinlich der rasante Zuwachs der Pfingstbewegung in Lateinamerika, der mit einem Mitgliederschwund für die katholische Kirche korrelierte. Dies war auch lange Zeit wissenschaftlicher Konsens – klassisch ausgedrückt in dem Bonmot »The Catholic church opted for the poor, and the poor opted for the Pentecostals« (Teuffel 2009: 84) – obgleich dies inzwischen auch differenzierter betrachtet wird (Cleary 2011, 2009). Bei dem zitierten Bonmot, handelt es sich wahrscheinlich um eine Abwandlung der Aussage des brasilianischen baptistischen Pastors Nilson Fanini, die in einem Bericht der TIME zu den Präsidentschaftswahlen in Guatemala veröffentlich wurde: »The Catholic Church opted for the poor, but the poor opted for the Evangelicals.« (Ostling, Maier, & Norvell 1991) Zu den folgenden Quinquennia der Dialoge zwischen Pfingstlern und römisch-katholischer Kirche bieten die Arbeiten von Veli-Matti Kärkkäinen und Cecil M. Robeck einen guten Überblick (Kärkkäinen 1998b, 1999a; Robeck 2008, 2010). 233 Vgl. auch die Dokumentationen in One in Christ 1974 (besonders die Korreferate McDonnell 1974; Mollat 1974) des Heiligen Stuhls (Pontificial Council o. J.)

Kritische Zusammenfassung: Experientia crucis aut experientia triumphans?

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Geisterfahrung (zunächst mit besonderem Fokus auf die Erfahrung der Geisttaufe und Glossolalie), Pfingsttheologen dazu inspiriert, sämtliche klassische Loci der systematischen Theologie neu zu überdenken und innovative Ansätze zu bieten, die allerdings selten auf ihre epistemologische Grundlagen hin rezipiert werden.234 Aus diesem Grund hatte sich die vorliegende Arbeit zum Ziel gesetzt, den Erfahrungsbegriff zweier unterschiedlicher pfingstlich-charismatischer Denker zu diskutieren, um einen ersten Beitrag zur Untersuchung impliziter Erkenntnistheorien pfingstlich-charismatischer systematischer Theologien zu leisten. Sowohl Cross als auch Yong treten mit dem Anspruch auf, aus der erlebten 234 Paradigmatisch seien die wichtigsten Loci und die jeweils einflussreichsten und kreativsten Aufsätze genannt, die einen schnellen Zugang zu pfingstlich-charismatischer Theologie ermöglichen: Exegese und Hermeneutik (Cargal 1993); Pneumatologie und Soteriologie (Studebaker 2003; Turner 2001; Fee 1997); Sakramentologie (Macchia 1993); Sprachphilosophie (Smith 2006a); Schöpfungslehre (Dabney 2006); Ethik und soziale Gerechtigkeit (Shuman 1996; Dempster 2004); Feministische Theologie (Holmes 2009); Historiographie (Robeck 2003; Anderson 2005); Ekklesiologie und Ökumene (Kärkkäinen 2001b; Cross 2009a; Chan 2004); Missiologie (Lord 1997); Interreligiöser Dialog (Yong 2001). Besonders erwähnenswert ist Macchias theologischer Entwurf Baptized in the Spirit (Macchia 2006). Die großen Ähnlichkeiten mit Cross’ Theologieentwurf sind auf den regen Austausch innerhalb der Society of Pentecostal Studies zurückzuführen. In bewusster Abgrenzung zu Hollenweger, betrachtet Macchia Erfahrung nicht als formale Methode, sondern eine inhaltlich bestimmte Erfahrung, die der Geisttaufe, als inhaltliches Proprium (distinctive Element) und Organisationsprinzip seines pfingstlichen Theologieentwurfs. Allerdings müsse Geisttaufe als Organisationsprinzip der Theologie weitergefasst werden, als dies unter Pfingstlern bisher geschehen sei. Sie müsse in den eschatologischen Rahmen der Basileia eingefügt werden. Das Ziel allen Handelns Gottes sei dann die perichoretische Einheit Gottes mit der Schöpfung, also Gottes Einwohnung in der Welt. Nichts anderes bedeute Gottes Herrschaft, als dass Gott das, was er innertrinitarisch ist, auch nach außen hin mit der Welt und für die Welt sein wolle. Daraufhin ziele Schöpfung, Bund, Fleischwerdung, Kreuz und Auferstehung, Pfingsten und Endzeit. Das entscheidende Verbindungsglied zwischen Vater und Sohn, ebenso wie zwischen Gott und Mensch sei der Heilige Geist. Diese Selbsttranszendierung sei daher eine Perichorese, die der Mensch in der Neuschöpfung erfahren könne. Sie komme durch die polyphone Metapher der Geisttaufe (Taufe im/mit/durch Geist) zum Ausdruck und entstamme – im Gegensatz zum unbiblischen, aber sinnvollen Damascenischen Begriff perichoresis – direkt der biblischen Sprache. Der Geist sei das Reich Gottes das immanent-trinitarisch die perichoretische Liebe in Gott selbst darstelle und ökonomisch-trinitarisch wirke, um den Menschen in Gottes Sozietät hineinzunehmen, damit Gott alles in allem sei. Macchia entwickelt somit eine pneumatologische Trinitätslehre, Christologie und Soteriologie die, in der Ekklesiologie und Ethik konkret wird. Christologisch formuliert: Jesus Christus ist der Geisttäufer, der dadurch das er die Christen im Heiligen Geist tauft, dem Vater die Basileia zurückgibt. Dabei stelle dies – und das ist die Konsequenz für christliche Ethik – keine Selbstreflexivität dar, sondern eine Liebesherrschaft, die in Gabe-Selbsthingabe-Gehorsam besteht. Auch hierfür ist Dabney ein wichtiger Impulsgeber gewesen, dessen Vortrag auf der Jahrestagung der Society of Pentecostal Studies den Titel trug: He Will Baptize You with the Holy Spirit: Retrieving a Metaphor for Pneumatological Soteriology. (Dabney 2001; vgl. Studebaker 2003: 250, Anm. 4)

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Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

pfingstlich-charismatischen Begegnung mit dem Heiligen Geist theologische (und im Falle Yongs philosophische) Kategorien zu gewinnen, die die Begegnung des Unendlichen mit dem Endlichen auf plausible und weiterführende Weise reflektierbar machen. Inwiefern diese Denker Geisterfahrer darstellen, die ihre Theologie tatsächlich gegen die gewohnte Fahrtrichtung formulieren, oder ob es sich dabei nur um programmatische Versuche handelt, deren Anspruch zur Zeit etwas größer erscheint als ihre tatsächliche Leistung, ist anhand der kritischen Fragen und der Würdigung punktuell abgewogen worden. Dabei sind viele Stärken, aber auch einige noch offene Fragen zutage getreten. Eine der größten Stärken beider Ansätze besteht in dem unbestreitbar hohen emanzipatorischen Potential, das aus dem hervorgeht, was die beiden Theologen als empirisches datum zugrunde legen. Bei Cross geschieht dies in den Begriffen einer Erhebung des Menschen durch Gott in die Partizipation an der trinitarisch-perichoretischen Intimität (Theosis). Yongs Ansatz geht dagegen vom kontingenten Ereignis des Geistes aus, der auf alles Fleisch ausgegossen ist, woraus folgt, dass nicht nur der Mensch, sondern die gesamte Schöpfung in zunehmender Weise eine ganzheitliche Erkenntnis des Unendlichen erfahre. Methodisch operiert Cross’ Ansatz mit einer an Barth angelehnten dialektischen Methode, während Yong in Orientierung an Peirce einer trialektischen Methode folgt. Cross setzt der Theologie engere Grenzen als Yong (vgl. Prolegomena versus Fundamentaltheologie). Allerdings ist es Yong, der vor einer unmittelbaren Geisterfahrung stehenbleibt: Während Cross Geisterfahrung als Unmittelbarkeit definiert, spricht Yong nur von einer vermittelten Unmittelbarkeit. Was bei Cross die Dialektik ausmacht, mit der die provokante These der Theosis mit Heiligung und Transformation ausbalanciert wird, leistet in Yongs Erfahrungsbegriff ein fallibilistischer Pragmatismus (contrite fallibilism), der die Vorläufigkeit und Gebrochenheit aller Zeichen und Symbole dezidiert in den Vordergrund stellt. Dadurch zielen beide Erfahrungsbegriffe neben der Mündigkeit der Erfahrungs-›subjekte‹ auf die Ethik. Bei Yong geschieht dies durch das Konzept der pneumatologischen Imagination und durch den pragmatischen Wahrheitsbegriff, der axiologisch definiert Wahrheit als Wertübertrag versteht und daher normativ in eine Transformation des Erfahrenden mündet. Bei Cross findet die Transformation als Außenseite der Partizipation an der Trinität statt, durch die die Attribute Gottes (hingebungsvolle Selbstzurücknahme, Hierarchiefreiheit, Egalität etc.) auf den Erfahrenden übertragen werden. Dies wurde an den jeweiligen Anwendungsbereichen aufgezeigt, bei Cross im Sinne einer Ekklesiologie und bei Yong paradigmatisch im Hinblick auf seine Theologie der Religionen. Bei der Normativität beider Ansätze tritt ein grundsätzlicher Optimismus zutage, der sich auf die eigene Erfahrung bzw. die Erfahrungszeugnisse der

Kritische Zusammenfassung: Experientia crucis aut experientia triumphans?

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eigenen pfingstlich-charismatischen Kollektividentität stützt. Dem liegen einerseits ein epistemologischer Realismus (der sich scharf von nominalistischen und idealistischen, aber ebenso auch von materialistischen Erkenntnistheorien abgrenzt) und andererseits eine gewisse teleologische Geschichtsphilosophie zugrunde. Besonders bei Yong ist dieser Realismus als Realismus der Gesetzmäßigkeiten (Peirce) definiert und die Geschichtsphilosophie mit einer starken evolutionären Wissenschaftsgläubigkeit verbunden, die davon ausgeht, dass die Erkenntnis des Heiligen Geistes zu einer globalen universalen Erneuerung führen wird. Dabei werden Irrtümer als Überraschungen und selbstverständliche Korrekturnotwendigkeiten verstanden. Das mag einerseits sympathisch klingen, weil es ein unverkrampftes Verhältnis zum Wissen um das Scheitern menschlicher Erkenntnis anzeigt. Andererseits könnte man darin eine triumphalistische oder gar zynische Gleichgültigkeit sehen, die die historischen »Katastrophen der Menschheit« (Velikovsky & (übers.) Gutbrod 1985), derer es speziell im letzten Jahrhundert zur Genüge gegeben hat und die andere Modernekritiker dazu gebracht haben, für ein Ethos des Zweifels zu plädieren (Foucault 1984: 45; Horkheimer & Adorno 2006)235, trivialisiert und lediglich als Überraschungen verharmlost.236 Dies deckt sich auch mit den oben erwähnten Anfragen seitens Macchia und Bergunder, die allerdings auf unpolemische Weise gestellt wurden, und mit den kritischen Anmerkungen, die Allan Anderson in seiner Rezension zu Yongs universalem Programm The Spirit Poured Out on All Flesh: Pentecostalism and the Possibility of Global Theology (Anderson 2007; zu Yong 2005) geäußert hat. Es sei angemerkt, dass Yong zwar auch diese Kritik äußert und Peirce zum Vorwurf macht (SWC: 162 f), selbst jedoch keine sichtbare Konsequenzen daraus zieht. Cross’ Triumphalismus ist weniger geschichtsphilosophischer, sondern identitätspolitischer Natur. Tragende Abschnitte von DHE operieren mit polemischen Pauschalbezeichnungen: gegen Kant, die Aufklärung und die Moderne (DHE: 4. 5. 6. 14. 31; APE: 8.14.35), gegen Cessationismus (DHE: 8), gegen »›paleo-reformed‹ Evangelicalism« (APE: 13), gegen sämtliche Dualismen und gegen verkopfte und rationalistische Theologien, die offenbar eine pfingstliche Theologie bräuchten, um neues Leben eingehaucht zu bekommen (DHE: 235 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Arbeit der feministischen Pfingsttheologin Pamela Holmes, die die Themen Frauenordination und ökologische Theologie in »Conversation with Critical Theory« (namentlich Adorno und Horkheimer) behandelt, obwohl sie auf den letzten Seiten des Aufsatzes, dann aber doch in direkter Anlehnung an Yong ähnlich triumphalistische Töne anschlägt (Holmes 2009). 236 Anders wäre das, wenn Yong seinen Überraschungsbegriff mit dem Ereignisbegriff des Modernekritikers und Poststrukturalisten Alain Badiou (Badiou 1988) ausformulierte, der auf Grund seines hohen theologischen Potentials fruchtbare Diskussionen angeregt hat (Barclay 2010; Finkelde 2007: 19 – 40).

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Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

3.8.9.10.13.30).237 Ein latenter Triumphalismus wird auch in seinem ekklesiologischen Hauptwerk deutlich. Cross’ Ansatz zielt nicht auf interreligiöse Verständigung, darum wäre es müßig, diese Frage an seinen Ansatz heranzutragen. Im Hinblick auf ökumenische Anliegen weist seine pneumatologisch-trinitarische Ekklesiologie Vorzüge auf, hinsichtlich des jüdisch-christlichen Dialogs ist sein Ansatz jedoch umso problematischer. Obwohl der Untertitel seiner Ekklesiologie (The Church: A People of God’s Presence and Power) nur den unbestimmten Artikel anführt und damit implizit die Möglichkeit einräumt, dass es neben »the church« auch noch andere »people[s] of God« gibt, scheint dem ersten Hauptteil des Entwurfs, hinsichtlich des Verhältnisses Kirche-Israel eher ein Ersatzmodell, mindestens aber ein Sukzessionsmodell238 zugrunde zu liegen, das selbst innerhalb evangelikaler und pfingstlich-charismatischer Kirchen inzwischen stark in die Kritik geraten ist.239 Obwohl auch Cross mit der positiven Antwort auf die capax-Frage ein hohes aufklärerisches Potential freisetzt, wenn er selbstkritisch gegenüber seiner eigenen Bewegung egomane und hierarchische Tendenzen beanstandet, kann der Anspruch auf Unmittelbarkeit und die positive Antwort auf die capax-Frage auch ein strukturelles Hindernis darstellen, solange dies nicht weiter ausformuliert ist. Es scheint, als trage er trotz Dialektik und Eschatologie Erwartungen an pfingstlich-charismatische Bewegung heran, die sie kaum erfüllen können wird. Dass pfingstlich-charismatische Identität sich nicht notwendigerweise mit einer derartigen triumphalistischen Haltung profilieren muss, zeigen die Vorschläge von Veli-Matti Kärkkäinen (Kärkkäinen 2002) oder Wolfgang Vondey (Vondey 2010: 1 – 15), die versuchen, pfingstliche Theologie als Selbstentgrenzung zu betreiben.240 Abschließend sei auf die jeweilige Denkfigur der beiden Denker noch einmal eingegangen. Im Zusammenhang mit der Frage, inwiefern Yongs Trialektik die erhobenen Ansprüche erfüllt, ist auf die Probleme, die mit dieser Trialektik zusammenhängen, bereits hingewiesen worden. Die oben genannte Frage ist nicht nicht pauschal, sondern an den jeweiligen Topoi beantwortbar und von der 237 Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich Cross ebenso polemisch gegen »some ›word of faith‹ preachers« aus seinem eigenen Reihen wendet (DHE: 19 f). Obwohl sich Cross’ Polemik im Vergleich zu seinen früheren Publikationen (etwa Cross 1993: 124 f) deutlich gemildert hat. 238 Zu dieser Typisierung und als erster überblicksartiger Einstieg in die Thematik ist der hermeneutisch ausgerichtete Aufsatz des Heidelberger Systematikers Dietrich Ritschl Die nie verheilende Wunde: Kirche/Israel – Juden/Christen (Ritschl 2003) am besten geeignet. 239 Besonders interessant ist vor diesem Hintergrund Yongs eschatologische Israeltheologie im Rahmen seiner pfingstlich-charismatischen Politischen Theologie, in der er sich bezeichnenderweise an den Berkley Religionsphilosophen und Talmudgelehrten Daniel Boyarin anlehnt (Yong 2010b: 316ff). 240 Inwiefern dies den genannten Autoren gelingt, sei dahingestellt. Zumal eine der vielen Kehrseiten der Ansätze von Vondey und Kärkkäinen darin besteht, dass entweder wenig innovativ sind oder aber auf ambivalente metaphysische Konstrukte zurückgreifen.

Kritische Zusammenfassung: Experientia crucis aut experientia triumphans?

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Definition des Trialektikbegriffs abhängig. Das Hauptproblem besteht darin, dass sich Yongs Trialektik so »shifting« (SWC: 100), »dynamic« (SWC: 16) und flexibel erweist, dass sie auch sehr evasiv eingesetzt werden kann. So lassen sich keine grundsätzlichen Kriterien für die von ihm vorgeschlagene Kontextualisierung finden. Die Stärke von Yongs Ansatz ist daher zugleich seine Schwäche, weil er eine ebenso beeindruckende, wie de facto methodisch unkontrollierbare Programmatik vorlegt.241 Es stellt sich immer wieder die Frage, was die Bezugsgröße für die Pragmatik darstellt, d. h. – Yongs wahrscheinliche Antwort, die auf den contrite fallibilism hinweisen würde, vorwegnehmend – wer/was unter welchen Bedingungen und mit welchen Kriterien den Kontext der fallibilistischen Zeichen bestimmt, bzw. ab wann ein Text als Kontext oder Paralleltext bezeichnet werden kann. Welchen Ort hat analogische Rede im Zusammenhang mit persönlicher existenzieller Erfahrung? In linguistischen Begriffen ausgedrückt: Was unterscheidet Metonymie von Metapher, bzw. welche Voraussetzungen (und wieviel Strukturalismus) müssen gegeben sein, damit ein kontingenter Fall als Paradigma gelten kann (Agamben 2008: 19; dt. 2009: 21)? Auch in Cross’ Ansatz stellt die Stärke zugleich die Schwäche dar – seine Dialektik und Verteidigung des positiven capax scheinen zunächst sehr überzeugend. Die an Barths Offenbarungstheologie angelehnte dezidierte und methodische Konzentration auf die Sache der Theologie ermöglicht eine klare Unterscheidung der Kompetenzen, weil sie den Rahmen, für den die jeweiligen Aussagen gelten, sehr eng fasst. Durch diese präzise und offensive Selbstbeschränkung der Theologie auf den ihr eigentümlichen Kompetenzbereich verringert sie die Gefahr, anmaßend zu sein oder gar zur Ideologie zu werden. Allerdings scheint gerade diese Bescheidenheit mit Cross’ Anspruch auf Empirie und Ganzheitlichkeit in Konflikt zu geraten, weil diese Begriffe der Theologie zunächst äußerlich sind. Bei genauerer Betrachtung fällt die mangelnde philosophische Grundlegung so sehr ins Gewicht, dass es schwer fällt zu beurteilen, inwiefern die Denkfigur Dialektik (genauer gesagt: die noetische Dialektik) nicht zum Ausweichmoment wird. Indem Cross Barths Offenbarungsbegriff und dessen Erkenntnisdialektik pneumatologisch und empirisch anreichert, ohne die einzelnen methodischen Zwischenschritte transparent zu machen (weshalb sie in der vorliegenden Arbeit auch mittels einer Besprechung seiner Dissertation und einer sehr speziellen Systematik rekonstruiert werden mussten), bleibt sie weit hinter Barths Prolegomena zurück. Die Abgrenzung und Kritik an Barth ob seiner defizitären Pneumatologie ist sicherlich nicht ungerechtfertigt. Doch müsste dann auch an anderen Stellen eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit 241 Vielleicht könnte man dies mit der Kritik Thomas Biebrichers an Habermas’ Theorie des herrschaftsfreien Diskurs’ vergleichen (Biebricher 2005: 240ff; Habermas 1981; zu Yong 2000b: 101 f).

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Kritische Gegenüberstellung der Erfahrungsbegriffe

Barths Wort-Gottes-Theologie stattfinden, die sich fragen muss, inwiefern Barths Ansatz von den Voraussetzungen her strukturell fähig ist, eine pneumatologische Rekonfiguration zu durchlaufen. Mit anderen Worten: Die in Cross’ Untersuchung zu Barths Dialektik erfolgte Diskussion der philosophischen Grundlagen müsste a fortiriori einen Ort in der Erfahrungstheologie haben. Barth als Kantianer zu bezeichnen, der in den binären Strukturen der Aufklärung steckengeblieben sei, ohne in Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen der kritisierten Binarität242 einen methodisch nachvollziehbaren Gegenentwurf vorzuschlagen, der auch den erkenntnistheoretischen Diskurs berücksichtigt, scheint hier nicht auszureichen. Besonders angesichts des Selbstanspruchs, den Cross’ Ansatz erhebt, und der – obgleich mit Hegel operierend und pneumatologisch akzentuiert – darin besteht, ein dialektischer Ansatz zu sein (und nicht etwa eine Trialektik, wie es Yong von vornherein anstrebt), lässt sich fragen inwiefern dieser Erfahrungsbegriff mit Barths offenbarungstheologischer Theozentrik kompatibel ist.

242 Es wäre beispielsweise interessant Barths Kant Aufsatz im Rahmen der erwähnten Kritik zu besprechen, da dieser sich vor dem Hintergrund der eigenen politischen Situation (1933) mit den Grenzen der Vernunft und Theologie beschäftigt und sich mit Blick auf Kants politischen Kontext kritisch mit ihm auseinandersetzt (Barth [1933] 1994). Zumindest wäre zu erwarten, dass Cross bei dieser Diskussion auf die Ergebnisse seiner eigenen Dissertation verweist. Dadurch, dass die Denkform seines Erfahrungsbegriffs erst über den Umweg von DKB eruiert werden musste, scheint Cross’ Erfahrungstheologie das erkenntnistheoretische Potential seiner Dissertationsschrift nicht voll auszuschöpfen.

Nachgang: Geisterfahrer zwischen Immanenz und Transzendenz?

»Der Begriff der Erfahrung scheint mir – so paradox es klingt – zu den unaufgeklärtesten Begriffen zu gehören, die wir besitzen.« (Gadamer 2010: 352) »Quant au concept d’exp¦rience, il est ici fort embarrassant. Comme toutes le notions dont nous nous servons ici, il appartient — l’histoire de la m¦taphysique et nous ne pouvons l’utiliser que sous rature. ›Exp¦rience‹ a toujours d¦sign¦ le rapport — une pr¦sence, que ce rapport ait ou non al forme de la conscience. Nous devons toutefois, selon cette sorte de contorsion et de contention — laquelle le discours est ici oblig¦, ¦puiser le ressources du concept d’exp¦rience avant et afin de l’atteindre, par d¦construction, en son dernier fond. C’est la seule condition pout ¦chapper — la fois — l’ ›empirisme‹, l’exp¦rience dont ›la th¦orie, dit Hjelmslev, doit Þtre ind¦pendante‹ n’est pas le tout d’exp¦rience factuelle ou r¦gionale […], donnant lieu — une science ellemÞme r¦gionale et, en tant que telle, rigoureusement ext¦rieure — la linguistique. Il n’en est rien dans le cas de l’exp¦rience comme archi-¦criture. La mise entre parenthÀses des r¦gions de l’exp¦rience ou de la totalit¦ de l’exp¦rience naturelle, doit d¦couvrir un champ d’exp¦rience transcendentale. Celle-ci n’est accessible que dans la mesure ou, –pres avoir […], d¦gage la sp¦cificit¦ du systÀme linguistique et mis hors jeu toutes les sciences extrinsÀques et les sp¦culations m¦taphysiques, on pose la question de l’origine transcendentale du systÀme lui-mÞme, comme systÀme des objets d’une science, et, corr¦lativement, du system th¦or¦tique qui l’¦tudie: ici du systÀme objectif et ›d¦ductif‹ que veut Þtre la gloss¦matique. Sans cela, le progrÀs d¦cisif accompli par un formalisme respectueux de l’originalit¦ de son objet, du ›systÀme immanent de ses objets‹, et guette par l’objectivisme scientiste, c’est-a-dire par une autre m¦taphysique inaperÅue ou inavou¦e.« (Derrida 1970: 89 f).

In der vorliegenden Arbeit sind zwei Ansätze besprochen worden, die das »Problem der Transzendenz« (Srubar 2007) über den Erfahrungsbegriff angehen und das Verhältnis von Immanenz und Transzendenz über eine gottgewirkte Immanenz artikulieren. Beide Ansätze haben zum Ziel weder in einen Solipsismus der individuellen Erfahrung (oftmals Relativismus genannt), noch in einen apophatischen Skeptizismus (oftmals Dekonstruktivismus oder Poststrukturalismus genannt) – und erst recht nicht in einen Neofundamentismus – zu gelangen.

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Nachgang: Geisterfahrer zwischen Immanenz und Transzendenz?

Cross bewältigt diese Aufgabe durch einen Rückzug bzw. eine an Barth angelehnte dezidierte Selbstbeschränkung auf die Theologie, die ein klares Fundament besitzt, das das kontingente und unverfügbare Ereignis der Offenbarung des dreieinigen Gottes in Jesus Christus ist, das allerdings nur per fidem und per experientiam, dann allerdings unmittelbar und mit real-ontischen Implikationen, erfahren werden kann (theologischer Realismus). Die Spannung zwischen Transzendenz und Immanenz wird erkenntnisdialektisch durch den Geist aufgehoben, der diese differenzierte Synthese von der Transzendenz her erwirkt. Durch die konsequent vorausgesetzte Subjekthaftigkeit der dritten Person der Trinität erfährt diese Dialektik dadurch eine gewisse Beweglichkeit (hier in kritischer Weiterführung von Barths Dialektik), die wesentlichen Pole der Spannung sind jedoch das Endliche und das Unendliche, weshalb eine binäre Grundstruktur nicht überwunden wird und Erfahrung auch als unmittelbar definiert wird. Yong bewältigt die erwähnte Aufgabe durch einen offensiven Realismus, der semiotisch und fallibilistisch konzipiert ist und in einem methodischen und reziproken Verweisen (shifting foundations) von Zeichen, Zukunft und pragmatischem Wert besteht. Die Aufhebung erfolgt somit in einer Trialektik, in der dieser ständige »shift« (im Sinne von Verweis oder Bewegung, SWC: 178) stattfindet. Das Fundament (mit Heidegger : den Grund) stellt daher die Realität dar, die im Sinne einer dyadischen Wahrheit richtig oder aber falsch erfasst werden könne, in jedem Fall jedoch semiotisch, teleologisch und pragmatischaxiologisch strukturiert sei. Die Aufhebung geschieht somit in der Immanenz, die zugleich als Ganze per gratiam in der Transzendenz existiert, weil sie ebenso wie die Transzendenz triadisch sei (Peircescher Realismus der Gesetzmäßigkeiten). Darum versteht Yong Erfahrung nicht dipolar (finitum capax sine intermedia), sondern triadisch als geistgewirkte Hinwendung, das zum zeichenhaft vermittelten und zielgerichteten und Nutzwert besitzenden Ding an sich. Dadurch synthetisiert Yong nicht nur Immanenz und Transzendenz, sondern auch Metaphysik, Ontologie, Epistemologie, Theologie und Naturwissenschaft. Ein ambitioniertes Programm, das sich zwar als universal und inklusiv darstellt, bei genauerer Prüfung jedoch nur von einer unbestimmten Zukunft her korrigiert werden kann und auf Grund seiner hohen Komplexität ab ovo elitär ist. Der theologisch-präskriptive Anspruch, den dieses Programm erhebt, hinterlässt ein gewisses Unbehagen, weil die darin postulierte Universalität nur über hochkomplexe Prozesse kontrolliert werden kann, die – abgesehen von der faszinierenden Programmatik – in ihrer konkreten Anwendung bisher auf überdurchschnittlich unüberblickbare Weise Machtmechanismen unterworfen (subjektiv im wahrsten Sinne des Wortes) erscheint. Demgegenüber scheint sich die methodische Selbstbeschränkung von Cross’ Ansatz zwar strukturell ihrer Grenzen als Theologie bewusst zu sein, wenn sie

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nicht den Anspruch erhebt die Welt zu erklären, sondern von Gott zu sprechen. Bedauerlicherweise entbehrt der Ansatz aber einer Erörterung der eigenen impliziten Annahmen. Cross’ Ansatz erfolgt zwar in kritischer Anlehnung an Barth, setzt sich aber »nicht kritisch genug« (KD III/2, § 47:749) mit den eigenen impliziten Grundannahmen auseinander, was dazu führt, dass strukturelle Weichenstellungen unabhängig davon, ob sie kritisiert oder erwartungsvoll aufgenommen werden, in Unklarheiten und Aporien führen. In der Tradition der Theologie Barths zu stehen bedeutet auch, die Mühe nicht zu scheuen, Barth zu historisieren und die kongenialen Einsichten seiner Reflexionen in ihren geistesgeschichtlichen (besonders auch erkenntnistheoretischen) und politischen Diskurs zu stellen, um sie für die eigene Situation zu interpretieren. An einer kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Kategorien und Methoden, die zwar nicht in eine Fundamentalphilosophie münden, sich aber dennoch mit wissenschaftstheoretischen Fragen befassen muss, kann keine Theologie vorbei führen, wenn sie nicht an der Sache vorbei gehen will, um Barths spezielle Dialektik zur Begründung einer neuen scholastischen Methode zu erheben. Ganzheitlichkeit darf nicht über die Gebrochenheit der menschlichen Existenz (nicht nur der Sprache) hinwegsehen und vom Geist erfüllt zu sein (Eph 5,18, Apg 13,52) darf nicht auf die Kenosis (Phil 2,5ff) herabschauen, die den Christen ebenso wie das eigene Scheitern im indikativischen Imperativ anspricht. Der Versuch, die genannten Dualismen mit Geisterfahrung in kommunitarischem ganzheitlichem Rahmen zu überwinden, muss intersubjektive Nachvollziehbarkeit haben und darf nicht über die Erkenntnis hinwegtäuschen, dass ein Geisterfahrer bemüht sein muss, seine Reflexionen auch gegen die Fahrtrichtung seiner eigenen Erfahrungen formulieren zu können. Mit anderen Worten: Eine Erfahrungstheologie darf nicht darüber hinwegsehen, dass Erfahrung in erster Linie als Erfahrung mit der Erfahrung coram deo et hominis (Ps 139), im Sinne einer Erfahrung mit sich selbst, mit den eigenen Götzen und ergo als Selbstkritik geschieht. Darum hofft diese Arbeit einen ersten Beitrag zur Untersuchung impliziter Erkenntnistheorien in pfingstlich-charismatischen Theologien geleistet zu haben.

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Namensregister

Adorno, Theodor W. 161 FN 173, 209 Agamben, Giorgio 211 Althaus, Paul 99, 109 Anderson, Allen H. 22 FN 4, 40 FN 34, 207 FN 234, 209 Anselm, von Canterbury 74 f Archer, Kenneth J. 40 FN 34, 55 FN 55, 64 f, 138 FN 130 Aristoteles 36, 73, 76 f, 110, 143 f, 168 Arnold, Gottfried 58 FN 63, 93 FN 90 Athanasius, von Alexandrien 47 f, 51 Augustinus, von Hippo 31, 145, 146 FN 143, 170 FN 192 Badiou, Alain 209 FN 236 Balthasar, von, Hans Urs 75, 84, 187 FN 207, 199 Barclay, John M.G. 209 FN 236 Barth, Karl 18, 22, 24, 29 – 48, 53 – 58, 61, 67 – 70, 72 – 78, 84 – 94, 98 f, 102 – 105, 108 – 110, 113, 116, 123 – 125, 129 f, 175 FN 196, 184 – 191, 199 – 204, 208, 211 – 215 Baumert, Norbert 206 Bayertz, Kurt 142 FN 137 Beintker, Michael 73, 75, 85 f Bergunder, Michael 19, 22 FN 4, 24 FN 13, 53 FN 54, 134 FN 123, 161 FN 173, 196 FN 219, 197 FN 220, 205, 209 Bernhard, von Clairvaux 104 Bially, Gerhard 206 Biebricher, Thomas 211 FN 241 Bittlinger, Arndold 206 Bolli, Heinz 22

Bonhoeffer, Dietrich 62 FN 71, 95, 99, 109 Bouillard, Henri 75, 85 FN 84, 92 Boyarin, Daniel 210 FN 239 Brose, Karl 205 Brunner, Emil 75 Buber, Martin 137 FN 128, 155 FN 164 Bultmann, Rudolf 58 FN 62, 75 Calvin, Jean 31 – 37, 41 f, 46 f, 49, 57, 58 FN 62, 62 FN 71, 95, 98, 103 – 105, 124 Cargal, Timothy B. 32 FN 21, 54, 55 FN 55, 65, 207 FN 234 Cassirer, Ernst 150 FN 148 Chan, Simon 22, 123 FN 114, 207 FN 234 Cleary, Edward L. 206 FN 232 Copeland, Kenneth 100 FN 98 Cramer, Karl 30 FN 18, 56 FN 58 Dabney, D.Lyle 22, 49 FN 50, 99 FN 97, 139 f FN 133, 207 FN 234 Dalferth, Ingolf U. 151 FN 151 Dannemann, Ulrich 84 Del Colle, Ralph 23 FN 8, 64 f Dempster, Murray W. 113 FN 109, 207 FN 234 Descartes, Ren¦ 53, 142, 145, 159, 165, 181 Derrida, Jacques 161 f FN 174, 213 Dewey, Johns 155 Deuser, Herman 18, 171 FN 194 Donev, Dony K. 54 f Dowey, Edward A. 32, 35 FN 27 Droogers, Andr¦ 22 FN 4 Du Plessis, David J. 60 FN 68 Dusen, van, Henry P. 22 FN 5 Ebeling, Gerhard 21, 187 FN 208

232 Edwards, Jonathan 62, 93 FN 90, 187 FN 207, 202 Eisler, Rudolf 182 FN 201 Fanini, Nilson 206 FN 232 Fee, Gordon D. 207 FN 234 Feuerbach, Ludwig A. 68, 205 Finkelde, Dominik 209 FN 236 Fischer, Johannes 139 FN 130 Foucault, Michel 161 FN 173, 162 FN 174, 209 Frei, Hans 75, 109 FN 106 Freyer, Thomas 22 FN 5 Fronterotta, Francesco 129 FN 121 Gadamer, Hans-Georg 199, 213 Gelpi, Donald L. 21, 135 f, 140, 145 FN 142, 148 FN 147, 180 f, 202 Gogarten, Friedrich 75 Goodman, Nelson 151 FN 151 Green, Chris W. 32 FN 21, 54 Grenz, Stanley 66, 112, 125 Großhans, Hans-Peter 205 Gutbrod, Friedrich W. 161 FN 173, 209 Habermas, Jürgen 170 FN 190, 211 FN 241 Hall, Stuart 153 FN 157 Haustein, Jörg 19, 96 FN 94 Hegel, Georg W.F 36 FN 29, 72 f, 76 – 79, 83 f, 86, 89 – 94, 109, 130, 139 FN 132, 140 FN 133, 141 FN 136, 145 FN 141, 153 FN 157, 171 FN 193, 212 Heidegger, Martin 42 FN 35, 43 FN 39, 85 FN 86, 157, 188, 199, 214 Herms, Eilert 18, 21, 147 FN 145, 187 FN 208 Herrmann, Wilhelm 44 f, 58, 95, 102 f Hollenweger, Walter J. 24 FN 11, 53, 61 FN 68, 62, 64 – 66, 123 FN 114, 183 FN 203, 206, 207 FN 234 Hollingsworth, Andrea 23 FN 8 Holmes, Pamela 23 FN 8, 182 FN 200, 207 FN 234, 209 FN 235 Horkheimer, Max 161 FN 173, 182 FN 200, 209 Humphrey, Edith M. 45 FN 42 Hunsinger, George 39, 75 Husserl, Edmund 185 Irenäus, von Lyon 145

Namensregister

Irlenborn, Bern 185 – 187 Jacobi, Friedrich H. 139 FN 132 Jacobson, Wayne 44 James, William 106 f FN 103, 130 FN 122, 142 FN 139, 166 FN 178, 187 FN 208 Joest, Wilfried 134 FN 123 Johnson, Timothy 123 FN 115 Johnson, William S. 47 Josephus, Flavius 48 Jüngel, Eberhard 21, 75, 85 Kant, Immanuel 24 FN 12, 39, 53, 55 FN 56, 58 FN 63, 68, 73, 76 – 78, 83, 94 FN 91, 98, 115 FN 111, 141 – 145, 153, 158 FN 170, 159, 181 – 188, 204, 209, 212 FN 242 Kärkkäinen, Veli-Matti 21 FN 1, 23 FN 6, 46 FN 44, 55 FN 55, 64, 122 FN 113, 189 FN 210, 206 FN 232, 207 FN 234, 210 Keding, Volker 58 FN 63, 93 FN 90 Kierkegaard, Søren 42, 72 f, 76, 78 – 86, 89 – 94, 96 FN 94, 101 – 104, 106 FN 103, 109, 130 Kleinstück, Johannes 136 FN 127 Knight III, Henry 22 FN 6 Krämer, Markus 204 Krieger, David 170 FN 190 Laclau, Ernesto 162 FN 174 Lampe, Peter 137 f FN 129 Land, Steven 53, 61 Lessing, Gotthold E. 96 FN 94, 101 f Levinas, Emanuel 137 FN 128, 155 FN 164 Levison, John R. 23 FN 8 Lindbeck, George 66 FN 76, 142 FN 138 Linde, Gesche 171 FN 194 Lints, Richard 142 FN 138 Loder, J.E. 193 FN 214 Lonergan, Bernard 148 FN 147 Looser, Max 151 FN 151 Lord, Andrew 207 FN 234 Lotz, Johannes B. 184 Luther, Martin 44, 58 FN 62, 98, 116, 203 Macchia, Frank D. 22, 40 FN 34, 49 FN 50, 61 FN 69, 62 FN 71, 99 FN 96, 122 FN 113, 124 f, 161 FN 173, 192, 197 FN 221, 207 FN 234, 209 Maier, Jr., John 206 FN 232 Marion, Jean-Luc 162 FN 174

Namensregister

McCormack, Bruce 73, 75 McDonnell, Kilian 206 FN 233 McPherson, Aimee S. 32 FN 21, 54 Menzies, Robert P. 51 FN 51, 55 FN 55, 96 f FN 94 Miles, Todd L. 188 FN 209 Mollat, Donatien 206 FN 233 Molnar, Paul D. 186 Moltmann, Jürgen 17, 21, 22 FN 6, 38, 49 FN 50, 68 FN 78, 99 FN 97, 123 FN 114, 140 FN 133, 187 FN 208, 194 FN 216, 202 Mostert, Walter 21 Mühlen, Heribert 202 Neville, Robert C. 136, 137 f FN 129, 140, 147, 149 – 156, 173, 185, 188, 192 f, 202 Nietzsche, Friedrich W. 55 FN 55 Nolte, Josef 93 FN 90 Norvell, Scott 206 FN 232 Ockham, von, Wilhelm 144 Oliverio, Jr., L.William 18, 136 FN 126, 138 FN 130, 141 FN 136 Orevillo-Montenegro, Muriel 65 FN 73 Osiander, Andreas 105 Ostling, Richard N. 206 FN 232 Pannenberg, Wolfhart 17, 21 FN 1, 123 FN 114, 134 FN 123, 185, 189 FN 210, 193 f FN 216 Paulus, Apostel 48, 51, 64 FN 72, 202 Pawson, David 96 FN 94 Peirce, Charles S. 18, 136, 138, 140 – 150, 156 FN 165, 158 – 162, 165 – 168, 170, 171 FN 194, 173, 184, 187 f, 196, 208 f, 214 Peters, Christian 93 FN 90 Petrus, Apostel 51 Phillips, Dewi Z. 205 Philo, von Alexandrien 48 Pinnock, Clark H. 22 FN 6, 44 FN 41, 50 FN 51, 59 FN 65, 61, 68, 116 FN 112, 123 FN 114, 126 FN 120 Plantinga, Alvin 153 FN 159 Plantinga, Carl 61 FN 70, 139 FN 130, 144 FN 140 Plathow, Michael 19, 21, 30 FN 18, 45 FN 42, 56 FN 58, 62 FN 71 Platon 73, 76 f, 129 FN 121, 144

233 Plutarch 48 Poirier, John C. 65 FN 73 Price, Lynne 65 FN 73 Psarros, Nikos 136 FN 127 Putnam, Hilary 147, 148 FN 146, 205 Rahner, Karl 21 FN 1, 56 FN 58, 123 f, 184 – 188 Ritschl, Albrecht B. 58 Ritschl, Dietrich 210 FN 238 Robeck, Cecil M. 122 FN 113, 206 FN 232, 207 FN 234 Rochusch, Rolf 40 FN 33 Rorty, Richard 168 Römpp, Georg 182 FN 201 Rust, Eric C. 157 FN 169, 199 Ruthven, Jon 60 FN 66 Saussure, de, Ferdinand 160 Schaeffler, Richard 184 Schilder, Klaas 79 Schleiermacher, Friedrich D.E. 22, 32, 37 f, 55 f, 62, 68, 71, 98, 147 FN 145, 153, 175 FN 196, 187 FN 208, 204 f Schröder, Caroline 62 FN 71, 93 FN 90 Seebold, Elmar 100 FN 99 Seymour, William J. 40 FN 34 Shults, F. LeRon 23 FN 9 Shuman, Joel 207 FN 234 Slosser, Bob 60 FN 68, Smith, James K. A. 18, 32 FN 21, 54, 55 FN 55, 61 FN 70, 65, 138 f FN 130, 144 FN 140, 161 f FN 174, 207 FN 234 Spieckermannn, Ingrid 75, 86 Srubar, Ilja 213 Starr, James 45, 48 Stekeler-Weithofer, Pirmin 136 FN 127 Studebaker, Steven M. 49 FN 50, 97 FN 94, 207 FN 234 Synan, Vinson 40 FN 34 Teuffel, Jochen 206 FN 232 Thörner, Katja 106, 103 Tillich, Paul 21 f, 34 FN 24, 57 FN 60, 141 FN 135, 152 FN 155, 175 FN 196, 205 FN 227 Tracy, David 134 FN 123, 142 FN 138, 191 Velikovsky, Immanuel 161 FN 173, 209 Volf, Miroslav 38, 50 FN 51, 123 FN 114

234 Vondey, Wolfgang 32 FN 21, 54, 197 FN 220, 210 Wainwright, William 153 FN 159 Warfield, Benjamin B. 60, 71 Wariboko, Nimi 18 Warnock, Mary 153 FN 159 Weber, Otto 102 Welker, Michael 17, 21, 27 FN 14, 36 FN 29, 55 FN 56, 123 FN 114, 172 FN 195, 194 FN 216 Wenk, Matthias 136 FN 126

Namensregister

Wesley, John 40, 61 f Whalen, Robert 54 Whitehead, Alfred N. 140 FN 134 Williams, J. Rodman 22, 60 FN 66, 68, 203 – 205 Williams, Robert 197 FN 221 Wittgenstein, Ludwig 151 f FN 154, 205 Wood, George O. 61 FN 68 Zizoulas, Ioannis 202 Zˇizˇek, Slavoj 115 FN 111

Sach- und Bibelstelleregister

1. Johannes 1,3b 51 FN 51 1. Korinther 15 64 FN 72 2. Korinther – 4,7 98 – 5 64 FN 72 2. Petrus 1,3 – 4 4 1. Thessalonicher 4 64 FN 72 a posteriori 145 a priori 35, 137, 139 FN 131, 145, 156 FN 164,159, 163, 166 f, 169, 183, 198 (Ab-)Bild 146 FN 144, 148 FN 147, 150 f, 160, 173, 186, 198 – Abbildung 152 – 163, 169 Abduktion 149, 156 FN 165, 158 – 170, 173, 184, 196 – Abduktionslogik ! Logik Abendmahl 98, 125 Abstraktion 30, 33, 46, 51 FN 51, 64 FN 72, 127, 146, 155, 159, 169, 172 FN 195 Absurdum 81 – 83, 96, 99 – 101, 114, 122 Affekt 57, 61 f, 72, 91, 112, 130, 137 f, 144, 147 f, 153 f, 163 – Affektenlehre 62 FN 71 Agape 44, 57 Agency 36, 102, 104, 104, 116, 135 – 137, 173, 175, 189, 195, 200 Akkommodation 35 f Aktualität 23 FN 8, 100, 108 f, 140 FN 133, 145, 149, 192 Akzidenz 36 FN 28, 143, 145 Alttestamentlich 156, 169 FN 187 Amt u. Ämterlehre 40, 126 – 128 Analogie 32 FN 21, 44, 59 FN 59, 73 – 76,

84, 87, 89 FN 88, 91, 110, 125, 143, 145, 147, 179, 186, 190 – 195, 198, 202 – analogia entis 87, 189 FN 210, 191 f, 200 – analogia experientiae 130, 190 – 195 – analogia fidei 84, 86 – 91, 110, 121, 130, 190 f, 194 – Analogielosigkeit 87, 91 – Analogiemethode 75 f, 84, 89, 192, 194 f Anthropologie 29 FN 16, 34, 39 – 41, 50, 121, 150, 171, 192 – Anthropozentrismus 55 FN 56, 57, 71, 91, 100, 192, 199 Anteilhabe ! Partizipation Antinomie 83, 96, 99, 118 Apostelgeschichte – 2 102 – 2,16 32 FN 21, 54 – 13,52 215 Apokatastasis 40, 116, 119, 128 Apologie 64 FN 72, 81 FN 83, 102 FN 100, 139 FN 130, 191 FN 212, 204 FN 226 Apophatik 69, 83, 90, 92, 112, 116, 130, 213 Äquivalenzkette 55 FN 56 Assemblies of God 40 FN 34 assertorisch 38, 75, 83, 88 – 92, 99, 105, 110, 130 Ästhetik 139 FN 130, 144 FN 140, 155 Auferstehung 49 – 51, 101, 124, 128, 195, 207 FN 234 Aufhebung 44, 46, 53, 57, 78, 87 – 90, 92, 103 f, 108, 114, 129 f, 158 FN 170, 196 f, 202, 214

236 Aufklärung 77, 115 f, 127, 139 FN 132, 147 154 FN 161, 159, 182, 204 FN 226, 209 f, 212 Automatismus 46, 50, 122 f, 125 FN 117, 128, 147 Axiologie 137 f, 143, 147 – 150, 152, 154 – 157, 162 f, 169, 173 f, 188, 196, 208, 214 Axiom 40, 134, 175, 177, Baptisten 61 FN 69, 103, 206 FN 232 Basileia 40 FN 34, 207 FN 234 Barthsche Wende 75 Bedingung ! conditio Bekehrung 40 f, 93 FN 90, 148, 172, 181 FN 199 Bekenntnis 31 f, 40 FN 34, 64 f, 91 FN 89, 114, 124, 134 FN 123, 170 FN 192 Bewertung ! Evaluation Bibel (s. auch Schift, Heilige) 36 FN 30, 61 FN 68, 67, 110, 118, 169 FN 187, 190 – Bibelhermeneutik ! Hermeneutik – Bibelkritik 61 FN 68 – biblisch-theologisch 45 FN 42, 48, 50 f, 64 FN 72, 95, 98, 100, 110, 118, 123, 128, 154, 175 FN 196, 186 – Biblizismus 60 Binarität; binär 39, 41 f, 44, 55 f, 76, 138 FN 129, 140 FN 134, 142, 145, 198, 202, 212, 214 Binitarisch 91, 101 bonum 137 f, 153 – 155, 169, 171, 174, 176 f capax 96, 98 – 100, 103, 107 f, 110 f, 118, 123, 128, 130, 173, 190, 201 f, 210 f, 214 causa prima 33 cerebrum; cerebral 27, 52, 62, 91 Cessationismus (Cessationism) 52, 57, 60, 71, 103, 209 Charisma 126 – 128, 135 FN 125 Christentum 79, 83, 110, 188 – Christentum, anonymes 188 – Christentum, globales 17, 133 – christliche Philosophie 138 FN 130 Christus 32, 37, 39 f, 47 f, 51 FN 51, 62, 87 – 92, 103 – 105, 110, 121, 123 f, 128, 175, 189 f, 193 – 195, 201 f, 207 FN 234, 214

Sach- und Bibelstelleregister

– Christologie; christologisch 22 FN 6, 49 FN 50, 65 FN 73, 91, 97 f, 101, 103, 111 f, 118, 128, 133, 193, 195, 200, 207 FN 234 – Christozentrik 40 FN 34, 101 – Christus praesens 96 f, 101 – 103, 106 f, 111 f, 118, 128 – Christus otiosus 92, 191 – Christusgleichheit 42, 49, 56, 113 Church of God (Cleveland) 40 FN 34, 54 cogito 63, 148, 182 cognitio ! Kognition conditio 94, 101, 105, 107 – 122, 127 f, 201 confessio ! Bekenntnis conservatio 78, 130 cor ! Herz creatio continua ! Schöpfung creatio originalis ! Schöpfung datum 36 FN 30, 95, 98 – 101, 109, 111, 129 FN 121, 133, 158, 174, 191, 203, 208 Deduktion 141, 149, 156 FN 165, 158 – 160, 162 – 165, 167, 173, 177, 184, 196, Denkfigur 28, 100, 102, 104, 111, 130, 140, 146, 190, 210 f Denkform 18, 29, 72 – 74, 80, 86, 93 f, 99, 105, 108, 179, 195, 197 FN 221, 212 FN 242 Determinismus 40, 116, 119, 128 Dialektik; dialektische Methode 28 f, 32 FN 21, 42, 57 f, 70 FN 80, 72 – 95, 99 f, 102, 105 f, 109 f, 113 – 116, 118 – 120, 124 f, 127 – 130, 179, 184, 191, 195 – 215 – dialectica experientiae 90, 93 f, 109 – dialectica fidei 74, 88, 90 f, 93 – Dialektik, ontische 85 – 88, 130 – Dialektik, noetische 84, 86 – 89, 109, 190, 211 – Dialektikbegriff 72 – 85, 89 f – Dialektikmethode 79 – Erkenntnisdialektik 75, 84 – 90, 92 f, 99 f, 105 FN 101, 108, 110, 114, 125, 129 f, 211, 214 – Realdialektik 75, 84 – 89, 92 Diastase 39 Dichotomie 53, 147 f, 182 Differenz (allg.) 40 FN 34, 69, 78, 101

Sach- und Bibelstelleregister

– Differenzierung 28, 30, 32, 34 FN 24, 42 FN 35, 56 f, 96 FN 94, 115 FN 111, 154, 205 – Differenzmerkmal 27 – Einheit und Differenz 23 FN 6, 42, 46 FN 43, 78, 89, 91, 105, 130, 139 f, 146, 170 FN 190, 196 – Einheit in Einheit und Verschiedenheit ! Einheit und Differenz) Ding an sich 77 f, 187, 214 Diskontinuität 35, 46 FN 43, 172, 179, 195, 198 – 200, 202, 206 Dispensation 60 Dogmatik (allg.), dogmatisch 22 f, 29, 74 f, 83 f, 86 – 89, 91, 95, 98, 118 – 120, 175 FN 196, 191 – Dogmatik, Kirchliche (Barth) ! Barth, K. – Dogmengeschichte 29 donum super additum 49 FN 50 Dreieinigkeit ! Trinität Drittheit 140 f, 143 – 146, 149, 160, 163 – 165, 169, 173, 177 Dualismus 27, 52 – 55, 62, 72, 93 FN 90, 106 FN 103, 130 FN 121, 139, 145, 147, 149, 152 – 155, 165, 167 FN 182, 173, 181 f, 192, 195, 197 f, 209, 215 dyadisch 129, 138 FN 129, 160, 168, 174, 196, 214 Dynamis 143, 149 Ebenbild 47 FN 45, 150 FN 150 – Ebenbildlichkeit 56, 151, 157, 163, 173, 193 egozentrisch 52, 57 Einheit und Differenz ! Differenz Ekklesiologie 22 FN 6, 24 f, 28 – 30, 34, 49, 83, 120 – 128, 133, 135 FN 124, 197, 199, 203, 207 f, 210 Ekstase, ekstatisch 21 FN 1, 59, 205 FN 227 elevatio 78, 91, 130 Emanation 123, 186 Emanzipation 40, 47 FN 47, 50, 64 FN 72, 115, 119, 127 f, 201, 208 Emotion 52 f, 61 FN 70, 112, 135 FN 124, 138 FN 130, 144 FN 140, 181

237 – Emotionalismus 56, 62 Empirie 21 FN 1, 28, 31, 38, 41, 46, 50, 56 FN 57, 63, 77, 95, 98 f, 106 FN 103, 108 – 111, 113, 118, 123, 127 – 129, 133, 138 FN 130, 166 FN 177, 171, 191, 201 – 203, 211, 213 – empirisches Datum 36 FN 30, 98, 100, 109, 129 FN 121, 133, 203, 208 Enthusiasmus 27, 56, 65, 144 FN 140, 181 FN 199, 206 endlich/unendlich-Kontrast 28, 96, 98 – 101, 105, 107 f, 118, 128 f, 150f – 153, 157, 163 f, 168 f, 173, 185, 188 f, 192, 195, 199, 204, 208, 214 Entitätenanalogie 87, 189 FN 210, 191 f, 198, 200 Entscheidung 40 f, 96 FN 94, 106, 137, 147 f, 164 Epheser 5,18 215 Epistemisch 63, 139 FN 130, 142 FN 137, 163, 168 Epistemologie 23 FN 9, 28, 32, 38, 52 f, 61 FN 70, 65 – 69, 73, 78, 98, 103, 129, 134, 137 – 139, 142, 144 FN 140, 146, 148 f, 162 f, 166 FN 177, 171, 174, 177, 181 f, 184, 188, 194, 201, 203, 205 FN 230, 207, 209, 214 – Epistemologie, triadische 149, 158, 164, 167, 173 Erkenntnis 18, 32, 37 – 39, 45, 63, 76 – 79, 95, 100 FN 98, 130, 134, 138 f FN 130, 141 – 144, 146, 152 f, 155, 158 – 162, 165 – 171, 180 – 190, 193 – 195, 201, 208 f – Erkenntnisdialektik ! Dialektik – Erkenntnisfähigkeit 59 – Erkenntnisprozess 78, 137, 149, 156 FN 165, 158, 163, 167, 173, 181 – Erkenntnistheorie 17, 21 FN 1, 23 f, 30, 39, 42 f, 46 FN 43, 48, 53, 69, 72 f, 76 – 78, 82 – 84, 90, 92 FN 91, 142 FN 138, 144 FN 140, 151, 153 FN 157, 158 – 162, 173, 180 – 188, 204, 207, 209, 212, 215 – Erkenntnisstruktur 187 f Erleben; erleben; Erlebnis 28, 30 FN 18, 41, 44, 48, 56, 60, 64 FN 72, 68, 102 FN

238 100, 113 – 116, 139 FN 130, 147 FN 145, 180, 182, 191, 205, 207 Erleuchtung 43, 114 f Erlösung 39 f, 50 f FN 51, 97 FN 94, 107 FN 103, 125, 128, 193, 198, 201, Erschließungsgeschehen 137, 147 FN 145, 172 – 177, 187 FN 208 Erstheit 140 – 149, 157, 160, 163 – 165, 173, 177 Erwählungs- und Versöhnungslehre 39 f Erweckungsbewegung 40, 93 FN 90 Eschatologie 22 FN 6, 39, 47, 51 FN 51, 59, 64 FN 72, 89, 92, 97 FN 94, 123 FN 114, 171, 176, 192, 194, 197 FN 221, 198, 202 f, 207 FN 234, 210 Essenz 34 – 36, 42 – 46, 48, 105 f, 144 f, 155 Ethik 22 FN 6, 39, 97 FN 94, 113, 118, 128, 137 FN 129, 139 FN 130, 156 FN 164, 169, 176, 207 f Evaluation 135 FN 124, 137, 156 f, 163 f, 167, 181 Evangelikale Bewegung (Evangelicals) 17, 27 FN 15, 50 f FN 51, 54 f, 57, 60 f, 66 f, 142 FN 138, 171 FN 194, 176 FN 197, 206 FN 232, 209 f Evangelium, vierfältiges bzw. fünffältiges 40 FN 34 ex negativo 38, 95, 151 f, 163, 173 ex opere operato 125 Exegese 64 TN 72, 100, 207 FN 234 – Exegese, »this-is-that«- 108 – Exegese, historisch-kritisch 27 FN 15, 60, 123 FN 115 Existenz, existenziell 39, 51 f, 56, 71, 79, 81, 83, 89, 91, 96 FN 94, 100, 108 f, 113, 118, 128, 141, 151, 156, 171 FN 194, 191, 198, 205 FN 227, 211, 215 existenzialistisch 91 Exorzismus 32 FN 21 Extra Calvinisticum 36, 49 Faktum 108, 141, 144 f, 150, 177, 191, 213 – Fakt/Wert Dualismus 147, 152 – 155, 173 – Faktizität 146, 149, 164 – Wahrnehmungsfakten ! Wahrnehmung

Sach- und Bibelstelleregister

Fallibilismus 138 FN 129, 141, 165 – 169, 171 – 177, 194, 196 f, 200 f, 208, 211, 214 Feminismus 23 FN 8, 65 FN 73, 182 FN 200, 207 FN 234, 209 FN 235 fides 110, 116 – 119, 123 FN 114, 125 FN 118, 128, 191 FN 211, 201 f, 214 Fideismus 201 Filioque 146 FN 143 Finalität 142, 160 f, 171 Finitum (s. auch endlich/unendlich) 28, 69, 96 – 101, 105, 107 f, 118, 128 f, 150 – 153, 157, 163 f, 168 f, 173, 185, 188 f, 192, 195, 204, 208, 214 Fleisch 133, 169 FN 188, 175, 189, 194, 196, 201, 208 f – Fleischwerdung ! Inkarnation Formalogik ! Logik Freiheit 34 FN 23, 40 f, 50, 61 f, 71, 74, 91, 95, 99, 101 f, 106, 111, 115, 119, 123, 127 f, 186, 188, 208 Fundament(al)ismus 27 FN 15, 52, 60, 139, 141 f, 171 – 174, 195, 213 – 215 Fundamentaltheologie 120 f, 134 FN 123, 179, 186, 188, 208 Fundamentalpneumatologie ! Pneumatologie Gaben ! Charisma Galater 2,19 – 20 51 FN 51 Ganzheitlich ! Holismus Gefühl 32, 37, 53, 56, 61, 91, 139 FN 130, 144 f, 153 FN 158, 164, 175 FN 196, 182, 204 – Vernunft/Gefühl-Dualismus 52, 54 f, 62, 72, 106 FN 103 Gegebenheit ! datum Geist – Geist, menschlicher 34, 36 FN 29, 45 FN 42, 91, 159 – Geistausgießung 22 FN 6, 92, 189 f, 195, 201 – Geistbegriff 21 FN 2, 26, 36 FN 29, 52 FN 53, 139, 171 FN 193 – Geisterfahrung 17, 23 FN 7, 41, 44, 54 – 59, 62 f, 69 – 71, 92 – 97, 103, 106, 109 – 115, 123 f, 129 f, 133 f, 174, 176, 183 f, 190, 195, 197 f, 203, 207 f, 215

Sach- und Bibelstelleregister

– Geist(er)unterscheidung 174 – 177, 193 f, 196 – Geisttaufe 22 FN 6, 40 FN 34, 49 FN 50, 96 FN 94, 125 FN 117, 207 – geistig 33 FN 22, 36 FN 29, 50 FN 51, 154 FN 160, 185 – geistlich; geist-lich 31, 33, 35 – 37, 41, 52, 71, 90 f, 93, 100, 109 f, 118, 128, 153 f – Spiritus Sanctus 42, 90 – 94, 97, 100, 104 – 109, 113, 119, 128, 175, 190 f, 202, 205 – Spiritus Creator 39, 42, 46, 48, 71, 113, 128 Geistesgeschichte 154, 215 Gemeinde 50, 59 FN 65, 126, Gemeinschaft 37, 42 f, 46, 48 – 51, 114 f, 120, 123 – 125, 127 f, 133 f, 140 – 142, 146, 164, 170 FN 190, 172, 174 – 177, 195 f Genesis – 2 189, 193 – 3 192, 195 Geschichtsphilosophie ! Philosophie Gesetzmäßigkeit 141, 143 – 145, 148 – 150, 164, 177, 186, 190, 196, 209, 214 Gewissheit 80 f, 96, 105 f, 113 – 116, 119, 127, 165, 191, 201, 204 f Gewohnheiten 144, 156 f, 163 – 165, 169 f, 173, 175, 177, 200 – Handlungsgewohnheit ! Handlung Glaubensinhalt 56 Gleichnis 76, 78 Gleichzeitigkeit 32, 96 f, 101 – 104, 111 f, 118, 120 Global theology 23 FN 6, 209 Glossolalie 125 FN 117, 207 Gnade 33, 38 f, 40, 43, 46 FN 44, 49 f, 69, 71, 86 – 89, 91, 116, 119 f, 127 f, 130, 165, 172, 189, 191 f, 194, 200 f, 214 Gnoseologie 23 FN 9 Gott – Gott Sohn 34, 38 f, 51 FN 51, 105, 123, 140 f, 145 f, 148 f, 164, 207 – Gott Vater 34, 38, 51 FN 51, 123, 140 f, 145 f, 148 f, 164, 207 – Gottes Freiheit ! Freiheit

239 – Gotteskindschaft 45, 105 – Gotteslehre 22 FN 6 gratia ! Gnade Grundkategorie 73, 93 f, 144 Gute, das ! bonum Handlung (allg.) 79, 121, 124, 138 f FN 130, 147 FN 145, 150, 153 – 155, 159, 161, 165, 167 FN 182, 169, 176 f, 182 – Handlungsgewohnheit 137, 156, 158, 161, 165, 167 f, 173 f, 196 f Häresie 46, 100 Harmatiologie ! Sündenlehre Heiligung 39 – 41, 46 f, 49, 58, 61, 71, 92, 96 FN 94, 113, 116, 118, 124, 128, 197, 208 – Heiligungsbewegung 40, 58, 93, 144 FN 140 Hermeneutik 17 f, 23 – 25, 51, 54, 58 FN 61, 60, 72, 75, 82, 84, 90, 94 f, 114, 134 – 138, 140 f, 143 f, 146, 148 f, 157 FN 160, 160 f, 164, 167, 169, 172, 174, 177, 180 f, 189, 197 – 199, 207 FN 234, 210 FN 238 – Hermeneutik, biblische (Bibelhermeneutik) 54, 123, 128 – hermeneutischer Zirkel 67, 69, 70, 108 f, 174, 184 FN 204 – Hermeneutik, »this-is-that«- 32 FN 21, 54, 191 Herz 62, 96 FN 94, 147 hic et nunc 69, 91 f, 121, 127 Hiob – 32,8 190, 193 FN 215 – 33,4 189 Holismus 31, 51 – 53, 57, 61, 71, 90, 93, 112 – 114, 118, 128, 153 f, 159, 174, 180, 182, 201 f, 205, 208, 211, 215 Hybris 46 f hyperbolisch 43 f, 48, 63 Ich, absolutes 33 – 36 Idealismus 21 FN 2, 33 FN 22, 77, 151, 153 Identität – Identität, kollektive 96 FN 94, 145 FN 141, 209 – Identitätsmerkmal 27, 64 – Identitätspolitik 60, 65 FN 73, 75, 84, 206, 209 illuminatio scripturae ! Schrift, Heilige

240 Imagination, pneumatologische 148 – 152, 163, 169, 190 – 192, 208 imago dei 34, 56, 71, 110, 151, 157, 163, 171, 173, 175, 177, 193, Immanenz 74, 84, 89, 92 f, 98 – 100, 125, 129 f, 139, 186 f, 195 f, 198, 213 f – immanent-trinitarisch 22 FN 6, 36, 45, 71, 99, 186, 207 FN 234 Imperativ 49, 88, 115 FN 111, 121 Individualismus 27, 48 FN 48, 55 – 57, 89, 106, 115 FN 111, 125, 128, 135 FN 125, 139 f, 165, 172, 175 FN 196, 205 Induktion 141, 149, 156 FN 165, 158 – 167, 173, 177, 184, 196 Infinitum (s. auch endlich/unendlich) 28, 32, 37, 43, 82 f, 87, 96 – 100, 105 – 108, 118, 128 – 130, 151 – 153, 157, 160, 163 f, 169, 173, 185, 188 f, 192, 195, 199, 202, 204, 208, 214 Initialereignis 40, 66 – 72, 116, 130 f, 184 FN 204 Inkarnation 36, 80 f, 91 f, 98, 129, 175 FN 196, 189, 194 f, 207 Innatum 32 Innerlichkeit, 58 FN 63, 79, 89, 106, 154, 204 f Innertrinitarisch 34, 207 FN 234 Intellectus 80 f, 90, 117, 139 FN 130, 153, 155 FN 163, 169 Interaktion 35, 45, 147 f, 155 f, 161, 174, 196, 204 FN 226 Interpretationsmoment 148 FN 147, 160, 164 Interpretant ! Interpretationsmoment Intersubjektivität 133, 215 Intimität 44 f, 47, 50 f, 56 f, 71, 83, 90, 104, 112, 118, 208, Irrationalität 56, 81 FN 83, 83, 117, 172 FN 195 Jesus Christus ! Christus Johannes – 1,3 110 FN 107 – 10,34 – 35 100 FN 98 – 15 97 FN 94 – 17 97 FN 94 Kanon 51 FN 51, 55

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Kenosis 47, 99, 110, 118, 215 Kerygma 65 FN 73, 70 FN 80, 122, 127 f, 184 FN 204 Kirche 24, 29 FN 16, 44, 48 – 51, 59, 97 FN 94, 108, 115 FN 111, 120 – 128, 133 – 135, 175 FN 196 – 198, 202F, 210 – Kirchenlehre ! Ekklesiologie – Kirchenvater 22, 55, 145 f, 170 FN 192, 202 – Kirche, lutherische 46 FN 44, 58, 98 – Kirche, orthodoxe ! Ostkirche – Kirche, reformierte 58 FN 62, 98 – Kirche, römisch-katholische 58 FN 62, 60 FN 68, 122 FN 113, 126 FN 120, 139 FN 132, 206 Kodependenz 186 Kognition 39, 45, 52 – 54, 61 – 63, 68, 116 FN 112, 135, 137, 145, 147 f, 151, 153 f, 156, 159, 162 f, 169, 181 Kohärenz 142 FN 138, 157 FN 168 Koinonia ( s. auch Gemeinschaft) 43 Kolosser 1,16 110 FN 107 Kondeszenz 33, 35 f, 87 f, 91, 194 Konfession ! Bekenntnis Kongruenz 88, 101, 157 Kontingenz 82, 90 f, 129, 151, 195, 208, 211, 214 Kontinuität 34 f, 40, 46 FN 43, 58, 88, 106 FN 103, 113, 123 FN 114, 140 FN 134, 144 f, 158, 163, 172, 179, 189, 194 f,198 – 202, 206 Konversion ! Bekehrung Kooperation 40 Korrelation; Korrelationsmethode 34 FN 24, 41, 115 FN 111, 134 FN 123, 141, 157 FN 168, 168, 171 Korrespondenz 68, 88, 110, 112, 116, 122, 128, 131, 138 FN 129, 141, 151 f, 157 FN 168, 168 f, 174, 194, 196 f, 201 Kosmologie 97 FN 94, 137 FN 128, 155, 173 Kreuz 49 FN 50, 64 FN 72, 207 FN 234 Krisis 86, 114 Leib 48 FN 48, 50, 53 FN 54, 124, 126, 128 Leid, Leiden, leiden 79, 81, 96, 106 FN 103, 170 FN 191, 199

Sach- und Bibelstelleregister

Leidenschaft 42 f, 50, 81, 83, 91, 109 Lichterlehre 34 FN 24 Liebe (allg.) 43, 50, 50 f FN 51, 61 FN 69, 74, 83, 121, 124, 145, 146 FN 143, 207 FN 234 – Liebesakt 112 – Liebesband 130, 145 – Liebesgemeinschaft 42 – Liebesherrschaft 207 FN 234 Liturgie 65 locus (theologicus) 21, 22 FN 6, 23 FN 8, 27, 83, 94 FN 92, 120, 207 Logik (allg.) 76 f, 137, 146, 167 FN 184, 170 – Abduktionslogik 169 f – Formallogik 77, 168 Logos 38, 68, 116 FN 112 Lukas 1,35 189 Macht 29 FN 16, 50, 51 FN 51, 96 FN 94, 147 FN 145, 162 FN 174, 167, 172 FN 195, 214 – Machtmissbrauch 122, 123 FN 114, 126 Materie 33 FN 22, 53 FN 54, 137 FN 128, 144, 209 Matthäus – 7,16.20 167 FN 184 – 7,21 176 FN 197 Menschenbild 39 Metaphysik 58 FN 61, 64 FN 72, 76 FN 81, 77, 110, 113, 134, 138 – 157, 160 – 164, 171 – 177, 181 f, 187 – 192, 196, 198 – 201, 210 FN 240, 214 Methexislehre 113, 118, 128 – 130 Mission 59 FN 65, 121 f, 124, 128, 175 FN 196 Mittler/in 50, 106 FN 102, 121 – 125, 128 modernekritisch 55, 161 FN 173, 182, 209 Monismus 144 Mündigkeit 40 f, 106, 115 f, 119, 125, 127 f, 208 Mysterium 57 – 59, 116, 130, 146 FN 144 Mystik (allg.) 45 FN 42, 46, 52, 57 – 59, 72, 104 f, 112, 116, 118, 125, 130, 172 FN 195, 179, 181, 189, 195, 197, 202, 205 FN 227

241 – Mystikbegriff 57 f, 105 – Mystiker 57, 191 – Mystikerlebnis 205 – Mystizismus 58 FN 62, 105 Mythos 61 FN 68, 68, 77, 116 FN 112 Narrativität 37 f, 55, 63 – 67, 69, 72, 90 f, 93, 99, 109 f, 112 FN 108, 114 – 116, 119, 127 f, 130 f, 138 f FN 130, 191 Natur – Naturgesetz 59 – Naturwissenschaft 21 FN 1, 23 FN 9, 133, 190, 193 FN 216, 214 Negation 78, 88, 91 f, 130 Neuschöpfung 39, 46, 48, 49 FN 50, 91 f, 102 FN 100, 113, 118, 124, 128, 130, 193 FN 215, 194 f, 207 FN 234 Nihilismus 166 Nominalismus 144 f, 147, 154, 209 Non-kognitiv 52 f, 62 Norm (allg.) 137, 150 FN 148, 155 f, 162 f, 168, 173 – norma nomans 66, 72 – Normativität 128, 137 FN 128, 140, 148 FN 147, 152, 154 f, 162, 164 f, 167 – 171, 173, 177, 196, 197 FN 220, 208 Nous 33 FN 22, 45 FN 42, 67, 77, 159, 182 Objektivität 30 FN 18, 41, 56 FN 58, 113, 139 Offenbarung – Offenbarungsbegriff 21 FN 1, 33, 187 FN 208, 205 FN 227, 206 FN 231, 211 – Offenbarungscharakter 31 – 33, 41, 71, 90, 93, 109 f, 118, 128, 147 FN 145 – Offenbarungsdimension 32, 34 – Offenbarungserkenntnis 41 – Offenbarungspositivismus 114 – Offenbarungsverständnis 147 FN 145, 187 FN 208, 189 FN 210 Ökumene 23 FN 8, 53 FN 54, 60 FN 68, 123 FN 113, 124 FN 116, 125 FN 117, 145 FN 141, 146 FN 143, 206, 207 FN 234, 210 Omnipräsenz 177 Ontologie 21 FN 1, 34, 42 – 51, 78, 85 FN 86, 89, 116, 123 FN 114, 130, 134, 138 – 144, 147 – 151, 155 FN 164, 160, 164,

242 172 – 177, 181, 186 – 198, 201, 205 FN 230, 214 Optimismus 134, 161 FN 173, 171 FN 193, 192, 208 Oralität 24 FN 11, 64 f Organisationsprinzip 22 FN 6, 40 FN 34, 207 FN 234 Ordnung 88, 100, 157, 163 – Ordnung, erste 63, 68 – Ordnung, zweite 63 f, 66 FN 74, 67 – 70, 72, 116, 162, 180, 183 FN 203 ordo salutis 49, 71 Orthodoxie (Rechtgläubigkeit) 47 f, 57 Ostkirche, orthodoxe 46 f, 51, 146 FN 143 Pan(en)theismus (Pantheismus, Panentheismus) 44 FN 41, 45, 52, 179, 195, 198, 202 Paradox, Paradoxon 57 FN 60, 79 – 83, 86 – 88, 90 – 92, 96, 99, 101, 106 FN 103 Partizipation 31, 37 FN 30, 41 – 51, 56, 59, 63, 69, 71, 83 f, 90 f, 93, 97 FN 94, 103 f, 112 f, 116, 118, 120, 124 – 126, 128 f, 193, 196 f, 202, 203 FN 225, 208 Pastoraltheologie 50, 121 Patristik 22, 48, 55, 145 f, 202 Perceptio 135 FN 124, 137, 140 FN 134, 151 FN 152, 156 FN 165, 158, 160 FN 171, 164, 173, 181 Performanz 32, 83, 87 Perichorese 42 – 48, 50, 59, 71, 74, 83, 90, 99, 104 – 105, 111 – 113, 118, 120, 129, 140, 145, 201 f, 207 FN 234, 208 Person, personal 22, 33, 36 – 42, 45, 56, 92, 97 FN 94, 99, 116, 121 – 123, 126, 129, 135 FN 125, 137 FN 128, 145 – 149, 193 – 196, 214 – Personalität 35, 74 – Persönlich 31 – 36, 40 – 44, 48 FN 48, 51 FN 51, 59 FN 65, 66 FN 74, 68, 71, 90 – 93, 99, 109 f, 118 f, 128, 167, 180, 183 FN 203, 211 Pfingsten 102, 189, 194, 207 FN 234 Phänomen 55, 57, 60, 98, 102 FN 100, 103, 125, 144, 177 – Phänomenologie 77, 137, 158 f, 162, 167, 180 f, 187

Sach- und Bibelstelleregister

Philipper 1,21; 3,10 51 FN 51 Philosophie 24, 33 FN 22, 34 FN 23, 36 FN 29, 79, 93, 96, 115 FN 111, 133 – 136 139 – 147, 158, 162, 168, 179, 186 – 192, 195 f, 198 f, 203 – 208, 211 f, 215 – Philosophiegeschichte 23 FN 9, 73, 76, 84, 143, 152, 185 – Geschichtsphilosophie 79, 209 – Religionsphilosophie 134 FN 123, 148 FN 147, 171 FN 194 – Sprachphilosophie 138 FN 130, 161 FN 174, 207 FN 234 – Transzendentalphilosophie 143, 182, 187 Philipper 2,5ff 215 Pietismus 38, 40 FN 34, 58, 93 FN 90, 144 FN 140 Platonismus 48, 51, 69, 76, 113, 116, 129 f, 152 f Pluralität 22 FN 6, 145 FN 141, 170 FN 190 Pneuma 23, 33 FN 22, 45 FN 42, 92, 116 – pneumatisch 41 f FN 35, 61, 102, 106, 110, 117 f Pneumatologie 21 – 23, 27, 32, 36 – 41, 46 FN 44, 49, 51 FN 51, 61 FN 69, 71, 91, 93, 97 FN 94, 99 – 105, 111 – 113, 118 f, 123 f, 128, 133 – 149, 171 – 175, 188 – 195, 198, 201 f, 207 FN 234, 210 – 212 – pneumatologia crucis – pneumatologische Imagination 149 – 152, 163, 169, 190 – 192, 208 – Fundamentalpneumatologie 139, 148 FN 147, 193, 195 Postlapsarisch 87, 193 postmodern 54 f, 64 f, 138 FN 130, 142 FN 138, 147, 156, 161 FN 174, 182 Poststrukturalismus 115 FN 111, 138 FN 130, 141 f, 161 FN 174, 209 FN 236, 213 Potenzialität 140 FN 134, 144, 149, 153, 164 Pragmatik 162, 201, 211, 214 Pragmatismus 137 FN 129, 142, 143 FN 139, 156 FN 167, 162 FN 174, 165 f, 168, 170 – 173, 196, 197 FN 220, 208 Pragmatizismus 142 FN 139, 166 FN 178 Priestertum 122, 126 – 128

Sach- und Bibelstelleregister

Primärereignis 66 FN 77, 67, 115 f, 130, 183 Primat 54 – 56, 63, 70, 139 FN 130 Principium 100 FN 99, 174, 201 probatio 94, 105, 107, 112 FN 108, 113 – 116, 119 – 121, 126 – 128, 183 Prolegomena 28, 67 FN 77, 74, 108, 110, 112, 118, 134 FN 123, 188, 208, 211 Propositionalität 54, 66, 80, 82 f, 86, 91 FN 89, 92, 118, 176 FN 197 Proprium 24 FN 11, 27, 64, 66 FN 74, 99 FN 96, 133, 150, 183 FN 203, 206, 207 FN 234 Protestantismus 58, 62 FN 71, 175 FN 196 Psalm 82,6 100 FN 98 Psalm 139 215 Psychologie 44 FN 40, 160 Public theology 23 FN 6, 134 FN 123, 188 Qualität (allg.) 79, 107 FN 103, 116, 141, 144 f, 148 FN 147, 149 f, 161, 164, 177, 196, 202 – qualitative Differenz 69, 101, – qualitative Distanz 37, 48 FN 48 – qualitativer Unterschied 37, 42, 45, 59, 71, 82 f, 87, 91 f, 100 f, 105, 125, 128, 130, 198, 200, 202, 205 ratio 39, 53, 158, 183 – rational 53, 55, 76 f, 79, 102, 167 FN 182, 182 – Rationalismus 52, 123 FN 115, 183, 185 – rationalismuskritisch 54 – rationalistisch 27, 62, 156 FN 164, 187, 189, 204 FN 226, 209 – Rationalität 81, 134, 140, 143, 147, 149 Realität 46, 61 FN 68, 62 FN 71, 66, 68 f, 71, 74, 85, 100, 112 f, 116 FN 112, 135 FN 124, 136, 143 – 148, 156 f, 159, 161 FN 174, 166 f, 170, 176, 181, 196 – 198, 214 – Realdialektik ! Dialektik – Realismus 63, 91, 113, 118, 128 – 130, 143, 147, 148 FN 147, 154, 166, 172, 187, 196, 200, 202 f, 209, 214 Rechtfertigungslehre 49, 203 Reflexion zweiter Ordnung 66 FN 74, 67 f, 70, 183 FN 203 Reformation 58 FN 62, 62 FN 71

243 Reich Gottes 22 FN 6, 197 FN 221, 207 FN 234 Relationalität 31, 33 f, 36, 38, 41, 43 f, 49 f, 56, 71, 90 f, 93, 109 f, 113, 118, 121 – 123, 128, 143, 145 – 157, 164, 173, 181, 189, 193 FN 215 – Relationalitätskonzept 143 – Relationalontologie 34 Relativismus 139, 141, 142 FN 138, 161 FN 174, 166, 171 f, 195, 197 f, 213 Religion 24 f, 98, 110, 130 FN 122, 133, 145 FN 141, 170 – 176, 186, 188 FN 209, 198, 207 FN 234, 208, 210 – Religionsdefinition 34 FN 24, 176 FN 197, 205 – Religionsfeindlichkeit 60 – Religionskritik 86, 204, – Religionsphilosophie ! Philosophie – Religionswissenschaft 64, 118, 158 FN 170, 172, 177, 193, 200 – Religiosität 28, 36, 55, 61, 80 f, 106 FN 103, 135 FN 124, 136 f, 147, 150 – 152, 157, 163, 167 FN 182, 171, 173 – 175, 177, 180, 182, 188, 196, 199, 204 f repraesentatio ! Vergegenwärtigung res cogitans; res extensa 145, 165 Responsivität 39 Romantik 55, FN 55, 139 FN 132, 153, 175 FN 196, 204 Römer – 8 98 – 8,9 – 12 51 FN 51 – 8,14 105 Sakrament 35 f, 121, 123, 125, 199 – Sakramentenlehre (Sakramentologie) 39, 123 f, 125 FN 117, 128, 200, 207 FN 234 Scholastik 49 FN 50, 87, 98, 215 Schöpfung 32, 42, 110, 146 FN 144, 150 f, 155 FN 164, 173, 175 FN 196, 186, 189, 192, 193 FN 215, 194, 198, 200, 208 – creatio continua 189, 193 – 195 – creatio originalis 189 – Schöpfer 42 – 44, 46, 57, 71, 82, 90, 105, 124, 128, 186, 194, 198

244 – Schöpfungslehre 22 FN 6, 97 FN 94, 110 FN 107, 207 FN 234 Schrift, Heilige (scriptura fehlt noch) 32, 37, 43, 49, 54, 65 – 70, 72, 87 FN 87, 100, 105, 108, 114 – 116, 118 f, 121 – 123, 126 – 128, 135, 139, 169 FN 187, 183 FN 203, 184 FN 204, 189 FN 210, 190 f, 200, Schwärmerei 58 FN 62, 81 FN 83, 103, 115 FN 111, 144 FN 140 scriptura ! Schrift, Heilige Seele 53 FN 54 Seinsweise 101, 104, 143, 174 Selbst 22 FN 4, 24, 27 FN 15, 34, 42 FN 37, 51 FN 51, 82, 93, 100, 106, 108 f, 115, 125 – 127, 129, 136, 141, 152 FN 155, 156, 160, 172, 175, 176 FN 197, 185, 188, 199, 207 FN 234, 208, 210, 212, 215 – Selbstbezogenheit 21 FN 2 – Selbstbeschränkung 38, 77, 81, 211, 214 – Selbstreflexion 31, 122 Selektion 153 f, 156 f, 163, 173 Semiotik 18, 138 FN 129, 150, 157 – 175, 186, 188, 190, 196, 200 – 202, 214 Semipelagianismus 102, 116 sensatio 148 sensus 53, 183, 204 simul iustus et pecator 49, 202 Singularität 159 sinnlich 137, 153, 160, 163, 182 f Skeptizismus 213 Solipsismus 125, 205, 213 Soteriologie 22 FN 6, 39 f, 46 FN 44, 49 FN 50, 50 f FN 51, 62 FN 71, 96 f FN 94, 112 f, 118, 124, 128, 135 FN 125, 207 FN 234 Souveränität 99, 110, 118, 122 f, 125, 128, 186, 191, 194 sozial; sozial-kommunitär 55 – 57, 72, 114, 119, 123 FN 114, 124, 128, 160, 174, 207 FN 234 Spekulation 33, 64 FN 72, 79, 83, 95, 108 FN 105, 110, 118, 172 FN 195 Spiritualität 18, 22 FN 6, 27, 33 FN 22, 41, 45, 52 – 54, 59 FN 65, 61, 65, 96 FN 94, 99,

Sach- und Bibelstelleregister

122, 123 FN 114, 126, 138 FN 130, 148 FN 147, 154, 191, 197 FN 221, 206 Spiritus ! Geist Spontaneität 49, 124, 125 FN 117, 126 FN 120, 172 Sprache 63, 65 f, 68, 70, 72, 82, 88, 96 f FN 94, 114, 115 FN 111, 121, 127, 135 FN 124, 181, 189, 205, 215 – Sprachphilosophie ! Philosophie Subjekt 33, 36 f, 47 – 50, 70 FN 80, 71, 92, 100, 108 f, 117, 131, 140 FN 134, 141, 149, 151 f, 157 – 160, 164, 167, 171, 177, 184 FN 204, 185 – 188, 195, 208 – Subjekt-Objekt Struktur 71, 145 – Subjekthaftigkeit 39, 101, 185, 214 – Subjektivismus 30 FN 18, 38, 41, 45, 52, 56, 80 f, 93 FN 90, 133, 139 – 141, 153 f, 168, 174, 187, 205, 214 f Subordination 38, 41, 49 FN 50, 118, 128, 199 Substanz 34, 36, 42 f, 44 FN 41, 45, 59, 143 f Sünde 47 FN 45, 51 FN 51, 83, 88, 96 FN 94, 124, 192, 197, 202 f – Sündenfall 192, 194 f, 202 – Sündhaftigkeit 88, 91, 203 – Sündenlehre 96 FN 94, 179, 190, 192, 194 Supranaturalismus 32 FN 21, 53 FN 54, 57, 60 f, 182 Symbol 40 FN 34, 134 FN 123, 136, 149 – 152, 157, 160, 161 FN 174, 163, 186, 192, 202, 208 Synthese 77 – 79, 83, 86, 89 – 92, 99 f, 103, 145 FN 141, 153, 182 FN 200, 183, 196, 214 systematisch-theologisch ! Theologie, systematische Szientismus 52, 60 Täufer (Anabaptists) ! Baptisten Teilhabe ! Partizipation Teleologie 79, 88, 153, 160, 162, 169, 171, 196, 209, 214 testimonium ! Zeugnis Theologie – theologia experimentalis 24, 29 – 32,

Sach- und Bibelstelleregister

54, 58 f, 61 f, 67, 70, 72, 83, 85, 93 – 95, 98, 100 – 120, 127 – 129, 135, 177, 186, 191, 205, 212, 215 – theologia religionum 18, 24 f, 145 FN 141, 170 FN 190, 172, 174 f, 188 FN 209, 198, 208 – Theologie, evangelikale 51 f FN 51, 57, 61, 66, 67, 142 FN 138, 176 FN 197 – Theologie, liberale 22 FN 5, 27 FN 15, 38, 192 – Theologie, lutherische 46 FN 44, 49, 64 FN 72, 98 f – Theologie, natürliche 32, 38, 199 – Theologie, politische 40 FN 34, 161 FN 174, 210 FN 239 – Theologie, protestantische 18, 38, 49 FN 50, 68, 95, 99, 134 FN 123 – Theologie, römisch-katholische 22 FN 5, 99, 122 f, 134 FN 123 184, 186, 200 – Theologie, systematische 21 – 24, 27, 31, 40 FN 34, 50 FN 51, 60 FN 66, 65, 70 FN 80, 72, 94 FN 92, 96 FN 94, 121, 125 FN 117, 133 – 135, 138 FN 130, 184 FN 204, 203 – 205, 207 – Theologiegeschichte 95, 98, 101 – Theologiemethode, theologische Methode 27, 35, 52 f, 64 – 66, 91, 99, 133, 183 FN 203 – theologische Reflexion 31, 61 – 72, 86, 95, 189 »this is that«-Hermeneutik ! Hermeneutik Theophanie 36 Theosis 42, 46 – 48, 51, 71, 91, 113, 118, 120, 124, 193, 208, Theozentrik; Theozentrismus 34 FN 23, 47, 57, 70, 95, 97 FN 94, 123, 157, 163, 179, 189 f, 195, 199, 203, 205, 212 These-Antithese-Synthese ! Synthese Totalitarismus 125, 128, 141, 172 FN 195 Transformation (transformatio) 31, 35 f, 37 FN 30, 39 – 51, 56 – 59, 69, 71, 90 – 93, 104 f, 112 – 121, 124 – 129, 134, 148, 155 FN 164, 156 f, 169, 171, 174, 177, 197, 202, 203 FN 225, 208

245 transnatürlich (transnatural) 59, 72, 102 f, 112, 118 transzendentale Erfahrung (Transzendentalerfahrung) 21 FN 1, 56 FN 58, 179, 184 – 188 Transzendentalphilosophie ! Philosophie Transzendenz 60, 74, 77, 92, 98 – 100, 118, 125 FN 117, 129, 139, 141 f, 163, 183 f, 187 FN 208, 195 f, 213 f – Transzendierung 59, 78 f, 91, 99, 109 f, 141 FN 136, 196, 207 FN 234 Triadik 77 f, 141 f, 145 FN 141, 148 – 150, 158, 160 – 167. 173 – 175, 184, 196, 201 Trialektik 18, 140 f, 146, 157 FN 169, 163, 174, 177, 179, 188, 195 – 202, 208, 210 – 212, 214 Trias 144, 159, 181 FN 199 Trinität 22 f, 34 – 39, 41 – 47, 51, 56, 59, 63, 68 – 71, 74, 83, 90 – 93, 97 FN 94, 99 – 105, 110 – 113, 116 – 136, 140 – 149, 172 – 174, 175 FN 196, 186 – 198, 201 f, 206 FN 231, 207 – 210, 214 – Trinitätslehre 32, 146, 207 FN 234 Triumphalismus 18, 171 FN 193, 209 f übernatürlich 32 FN 21, 53 FN 54, 57, 60 f, 182 Überraschung 161, 170 f, 209 unaussprechlich ! Apophatik unio 48, 57, 96, 103 – 105, 107, 111 f, 118, 120, 128, 193, 202 Universal; universal 120, 134, 141, 144 f, 148, 156, 170, 174 f, 196 FN 219, 209, 214 Unmündigkeit 115 FN 111, 116 Unverfügbarkeit 59, 87, 90 – 92, 125 FN 117, 214 Unvermitteltheit 36 f Urbild-Abbild-Theorie 130 Urchristentum 60 Urkirche 54 Vatikanisches Konzil, Zweites 60 FN 68 Verantwortung; (Ver-)Antwortbarkeit 34, 39, 41, 49, 106, 113 – 115, 119, 124, 127 f, 149, 156, 197 Verborgenheit (Gottes) 36 Vereinigung ! unio

246 Verfälschung 69, 72, 159, 166, 175, 177, 196 Vergegenwärtigung 68, 92, 102, 104, 145 FN 141 Vergöttlichung ! Theosis Verheißung 43, 48 FN 49 Verherrlichung 47, 56, 124 f, 128 Verkehr 42, 44 f, 102 f, 111 f Verkündigung ! Kerygma Vermenschlichung 36 Vernunft 38, 52, 55, 61 f FN 71, 72, 77, 81, 98, 134 FN 123, 140, 149, 155, 159, 167, 182 f, 185, 212 FN 242 – Vernunft/Gefühl-Dualismus ! Gefühl Versöhnung 39 f, 194, 195 FN 218 Versprachlichung 63 f, 66 – 69, 70 FN 80, 72, 90 – 92, 112, 115 FN 111, 116, 130 f, 183 FN 203, 184 FN 204 Verstand 53, 67, 77, 115 FN 111, 143, 159, 182 verum 138 FN 129, 169, 171, 174, 176 f Verwandlung ! Transformation volitional 137, 145 FN 141, 147, 153, 163 Volk Gottes 28 f, 34, 50, 51 FN 51, 113, 120 – 126, 128, 210 Vorgriff 157, 188 Vorläufigkeit 169, 208 Vorletztlichkeit 192 Vorzeitigkeit 179 – 181, 185, 187 Wahrheit 66, 72, 77 f, 80 – 82, 97, 105, 113 f, 116, 119, 126, 131, 138, 142 FN 138, 151 FN 153, 152, 156, 157 FN 168, 158, 165, 167 – 170, 173 – 175, 177, 189, 192, 204, 214 – Grundwahrheit 43 – Wahrheitsanspruch 123 FN 114, 176 FN 197, 205 – Wahrheitsbegriff 112, 116, 137 FN 129, 148, 151 FN 153, 157 FN 168, 165, 168 – 170, 196 f, 208 – Wahrheitsfindung 78 – Wahrheitsfrage 112 FN 108, 138, 159, 165 – Wahrheitskonzept 137 FN 129, 169 FN 187, 171 – Wahrheitssuche 66, 114

Sach- und Bibelstelleregister

Wahrnehmung 33, 68, 76, 138 FN 130, 139 f, 153, 159 f, 164, 169, 172 FN 195, 183 – Wahrnehmungsfakt 158 f, 162, 165, 169 f, 184 – Wahrnehmungsurteil 158 f, 160 FN 171, 162, 165, 169 f, 184 Wechselwirkung 63, 96 FN 94, 102, 105 FN 101, 111, 114, 119, 123 FN 114, 127, 141 FN 136, 159, 168 Welt 48 FN 49, 50, 97 FN 94, 98, 113, 124, 128, 134 FN 123, 137, 145 f, 147 FN 145, 148, 154 f, 156, 159 – 161, 165, 173, 175 f, 189 f, 193 f, 195 FN 218, 207 FN 234, 215 – Weltanschauung 139 FN 130 – Welt(anschauungs)erzeugung 150 – Weltbewältigung 168 – Welterzeugung 149, 151 FN 151, 154, 155 – 157, 163 f, 165 FN 175, 188, 193 FN 215 Werkgerechtigkeit 47 FN 46, 59 FN 65 Wertübertrag 148, 152, 156, 168, 171, 173, 175, 208 Widerspruch; Widersprüchlichkeit 36, 72, 77 f, 80 – 83, 90, 103, 145 FN 141, 202 f Wille 62 FN 71, 120, 122 f, 128, 161, 190, 194, 196 FN 219 Wirklichkeit 33, 43, 47, 56, 62 FN 71, 71, 74, 81, 99, 112 – 116, 127 – 148, 150 – 153, 157 – 169, 171 – 174, 181 – 201 – Wirklichkeitsbewältigung 150, 154, 162 f – Wirklichkeitsbezug 147 FN 145 – Wirklichkeitstheorie 136 FN 127 – Wirklichkeitswahrnehmung 139 f Wissen 32, 56, 61, 63, 74, 76 f, 100 FN 98, 101, 105, 115, 119, 128, 144 FN 140, 157 FN 169, 165 FN 176, 166, 185 f, 199, 205, 209 Wissenschaft 53 FN 54, 54 f, 76, 108, 133 f, 145 FN 141, 158 FN 170, 171, 175, 182, 195 – Wissenschaftsfeindlichkeit 55 – Wissenschaftsgläubigkeit 61, 209 – Wissenschaftstheoretisch 108 FN 105, 134 FN 123, 215

Sach- und Bibelstelleregister

– Naturwissenschaft ! Natur – Religionswissenschaft ! Religion Word of Faith-Bewegung 100 FN 98; 210 FN 237 Wunder 32 FN 21, 34, 54 f, 60 f, 72, 102, 112 Zeichen 18, 125 FN117, 148 FN 147, 151 FN 154, 157, 159 – 162, 164 f, 168 f, 173, 208, 211, 214 – Zeichentheorie ! Semiotik Zeugnis 28, 32 FN 21, 60, 64 f, 66 FN 74, 70

247 FN 80, 97, 105 – 110, 113 f, 119, 123 f, 128, 143, 183 FN 203, 184 FN 204, 190 f, 205, 208 Zielgerichtetheit ! Teleologie Zungenrede ! Glossolalie Zweifel 23 FN 6, 106, 114, 116, 159, 161 FN 173, 167, 170, 171, 175 f, 209 Zweinaturenlehre 88, 90, 175 FN 196 Zweitheit 140 f, 143 f, 145 f, 149, 157, 159 f, 163 – 165, 173, 177