Gebäudeintegrierte Photovoltaik: Ein Handbuch 9783034604895

How to integrate photovoltaics Photovoltaics is one of the most promising technologies for global energy production in

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Table of contents :
1. Einleitung
1.1 Umfang des Handbuchs
1.2 Weiterführende Informationen
1.3 Photovoltaikanlagen
1.4 Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GIPV)
1.5 Gebäudeintegrierte Photovoltaik für Planer
2. Grundlagen
2.1 Überblick über Photovoltaiksysteme
2.2 PV-Materialien und -Zellen
2.3 Photovoltaikmodule
2.4 Moduloptionen
2.5 Kenndaten und Standard-Test bedingungen für Photovoltaikmodule
3. Photovoltaik für Planer
3.1 Standorteinschränkungen
3.2 Auswirkung von Neigung und Orientierung
3.3 Verschattung und Möglichkeiten für gebäudeintegrierte Photovoltaik
3.4 Anschlusskonzepte
3.5 Teilverschattung
3.6 Temperatureffekte und Hinterlüftung
3.7 Standort und Leistung
4. Gestaltung der Gebäudehülle
4.1 Integration in die Gebäudehülle
4.2 Möglichkeiten zur Integration von Photovoltaik
4.3 Leistungsanforderungen an die Gebäudehülle
4.4 Wartung photovoltaischer Anlagen
4.5 Verkabelung des Solarfeldes
5. Verschattungssysteme
5.1 Allgemeines
5.2 Konstruktionsprinzipien
5.3 Integration von Photovoltaikmodulen
5.4 Instandhaltung und Austausch
5.5 Fallstudie: Galleria Naviglio
6. Vorgehängte hinterlüftete Fassaden
6.1 Allgemeines
6.2 Konstruktionsprinzipien
6.3 Integration von Photovoltaikmodulen
6.4 Wartung und Austausch
6.5 Fallstudie: The Co-operative Insurance Tower
6.6 Fallstudie: Xicui Entertainment Complex
7. Pfosten-Riegel-Fassaden
7.1 Allgemeines
7.2 Konstruktionsprinzipien
7.3 Verglasungsarten
7.4 Integration von Photovoltaikmodulen
7.5 Wartung und Austausch
7.6 Pfosten-Riegel-Fassaden mit Einsatzpaneelen
7.7 Fallstudie: Firmensitz Tobias Grau GmbH
8. Element fassaden
8.1 Allgemeines
8.2 Tragende Rahmenkonstruktionen
8.3 Verglasungsarten
8.4 Integration von Photovoltaikmodulen
8.5 Wartung und Austausch
8.6 Fallstudie: Alan Gilbert Building
8.7 Fallstudie: Wal-Mart Experimental Supercenter
9. Doppel fassaden
9.1 Allgemeines
9.2 Konstruktionsprinzipien
9.3 Integration von Photovoltaikmodulen
9.4 Wartung und Austausch
9.5 Fallstudie: Pompeu Fabra Bibliothek
10. Atrien und Vordächer
10.1 Allgemeines
10.2 Konstruktionsprinzipien
10.3 Integration von Photovoltaikmodulen
10.4 Wartung und Austausch
10.5 Fallstudie: Jubilee Campus der Universität Nottingham
10.6 Fallstudie: California Academy of Sciences
10.7 Fallstudie: Vauxhall Transport Interchange
10.8 Fallstudie: Olympiapark Peking
11. Wohnbauten
11.1 Allgemeines
11.2 Geschosswohnungsbau
11.3 Einfamilienwohnhäuser
11.4 Fallstudie: K2 Apartments
11.5 Fallstudie: Upton ZED Terrace
12. Sanierung
12.1 Sanierungsfälle
12.2 Möglichkeiten für gebäudeintegrierte Photovoltaik
12.3 Fallstudie: Northumberland Building
13. Leistungs werte aus den Fallstudien
13.1 Allgemein
13.2 Jährlicher spezifischer Ertrag
13.3 Jährlicher Flächenertrag
13.4 Verwendung der Tabelle
14. Glossar und Index
Glossar
Index 176
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Gebäudeintegrierte Photovoltaik: Ein Handbuch
 9783034604895

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Gebäudeintegrierte Photovoltaik/ Ein Handbuch

Gebäudeintegrierte Photovoltaik/ Ein Handbuch Simon Roberts & Nicolò Guariento

Birkhäuser Basel · Boston · Berlin

Inhalt 1. Einleitung



1.1 Umfang des Handbuchs 1.2 Weiterführende Informationen 1.3 Photovoltaikanlagen 1.4 Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GIPV) 1.5 Gebäudeintegrierte Photovoltaik für Planer

9 9 10 11 12

2. Grundlagen



2.1 Überblick über Photovoltaiksysteme 2.2 PV-Materialien und -Zellen 2.3 Photovoltaikmodule 2.4 Moduloptionen 2.5 Kenndaten und Standard-Testbedingungen für Photovoltaikmodule

15 16 22 26 30

3. Photovoltaik für Planer



3.1 Standorteinschränkungen 3.2 Auswirkung von Neigung und Orientierung 3.3 Verschattung und Möglichkeiten für gebäudeintegrierte Photovoltaik 3.4 Anschlusskonzepte 3.5 Teilverschattung 3.6 Temperatureffekte und Hinterlüftung 3.7 Standort und Leistung

32 33 35 37 39 40 41

4. Gestaltung der Gebäudehülle



4.1 Integration in die Gebäudehülle 4.2 Möglichkeiten zur Integration von Photovoltaik 4.3 Leistungsanforderungen an die Gebäudehülle 4.4 Wartung photovoltaischer Anlagen 4.5 Verkabelung des Solarfeldes

44 45 53 59 60

5. Verschattungssysteme



5.1 Allgemeines 5.2 Konstruktionsprinzipien 5.3 Integration von Photovoltaikmodulen 5.4 Instandhaltung und Austausch 5.5 Fallstudie: Galleria Naviglio

62 62 63 64 66

6. Vorgehängte hinterlüftete Fassaden



6.1 Allgemeines 6.2 Konstruktionsprinzipien 6.3 Integration von Photovoltaikmodulen 6.4 Wartung und Austausch 6.5 Fallstudie: The Co-operative Insurance Tower 6.6 Fallstudie: Xicui Entertainment Complex

70 72 73 74 76 82

7. Pfosten-Riegel-Fassaden



7.1 Allgemeines 7.2 Konstruktionsprinzipien

88 88

7.3 Verglasungsarten 7.4 Integration von Photovoltaikmodulen 7.5 Wartung und Austausch 7.6 Pfosten-Riegel-Fassaden mit Einsatzpaneelen 7.7 Fallstudie: Firmensitz Tobias Grau GmbH

91 92 94 94 96

8. Elementfassaden



8.1 Allgemeines 8.2 Tragende Rahmenkonstruktionen 8.3 Verglasungsarten 8.4 Integration von Photovoltaikmodulen 8.5 Wartung und Austausch 8.6 Fallstudie: Alan Gilbert Building 8.7 Fallstudie: Wal-Mart Experimental Supercenter

100 101 102 103 104 106 110

9. Doppelfassaden



9.1 Allgemeines 9.2 Konstruktionsprinzipien 9.3 Integration von Photovoltaikmodulen 9.4 Wartung und Austausch 9.5 Fallstudie: Pompeu Fabra Bibliothek

117 118 122 123 124

10. Atrien und Vordächer



10.1 Allgemeines 10.2 Konstruktionsprinzipien 10.3 Integration von Photovoltaikmodulen 10.4 Wartung und Austausch 10.5 Fallstudie: Jubilee Campus der Universität Nottingham 10.6 Fallstudie: California Academy of Sciences 10.7 Fallstudie: Vauxhall Transport Interchange 10.8 Fallstudie: Olympiapark Peking

130 131 131 133 134 138 142 146

11. Wohnbauten



11.1 Allgemeines 11.2 Geschosswohnungsbau 11.3 Einfamilienwohnhäuser 11.4 Fallstudie: K2 Apartments 11.5 Fallstudie: Upton ZED Terrace

150 150 150 152 156

12. Sanierung



12.1 Sanierungsfälle 12.2 Möglichkeiten für gebäudeintegrierte Photovoltaik 12.3 Fallstudie: Northumberland Building

163 163 164

13. Leistungswerte aus den Fallstudien



13.1 Allgemein 13.2 Jährlicher spezifischer Ertrag 13.3 Jährlicher Flächenertrag 13.4 Verwendung der Tabelle

170 170 170 171

14. Glossar und Index



Glossar Index

174 176

1. EINLEITUNG

1.1 Umfang des Handbuchs Dieses Handbuch richtet sich an Architekten und Planer mit dem Ziel, die Photovoltaiktechnologie aus architektonischer Sicht als weitere Möglichkeit der Fassadengestaltung aufzuzeigen. Die meisten hier angeführten Beispiele sind neue Gebäude, die Anleitungen gelten jedoch genauso für die Modernisierung bestehender Gebäude. Teil 1 erläutert die grundlegenden Prinzipien: Kapitel 2 ist eine Einführung in die Photovoltaiktechnologie. Kapitel 3 untersucht die wichtigsten Sachverhalte der Photovoltaik für Planer. Kapitel 4 befasst sich mit Gebäudehüllen als Auflager für Photovoltaikanlagen. Teil 2 besteht aus den Kapiteln 5 bis 10 und ist das Herzstück des Handbuchs. Diese Kapitel erläutern im Detail die planerische Integration von Photovoltaikmodulen in die gängigen Fassadensysteme und stellen in jedem Kapitel Fallstudienprojekte vor. Die behandelten Fassadensysteme und Gebäudeteile umfassen: ― Verschattungssysteme ― Wetterschutzfassaden ― Pfosten-Riegel-Fassaden ― Elementfassaden ― Doppelfassaden ― Atrien und Kragdächer In Teil 3 werden die spezifischen Themen der baulichen Integration von Photovoltaikanlagen im Wohnungsbau und im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen kurz erörtert. Teil 4 fasst einige der Aussagen zusammen. In Kapitel 13 finden sich Statistiken zu allen Fallstudien und Kapitel 14 enthält ein Glossar, das sowohl die Solartechnologie wie den Fassadenbau umfasst.

1.2 Weiterführende Informationen Wir sind der Ansicht, dass Photovoltaik als wesentlicher Bestandteil einer breit angelegten Strategie für energieeffiziente Gebäudeplanung betrachtet werden sollte. Unser Handbuch erhebt jedoch nicht den Anspruch, diese in ihrer Gesamtheit abzudecken. Ziel ist es, dass Gebäude von Energieverbrauchern in Energieerzeuger umgewandelt werden, was mit der Solartechnologie allein genommen nicht erreicht werden kann. Ebenfalls nicht untersucht werden Kostenfragen, Fördermittel, Einspeisetarife oder CO2-Besteuerung, da diese Faktoren standortabhängig und kurzfristigen Schwankungen unterworfen sind. Dachsysteme werden nur kurz erwähnt, da eine Vielzahl an Fachliteratur und Beispielen für die Bestückung von Standarddächern mit Photovoltaikmodulen zur Verfügung steht und immer mehr integrierte Solar-Dachdeckungssysteme verschiedener Hersteller auf den Markt kommen.

1. EINLEITUNG

9

Abb. 1.1 Die Kesch-Hütte (Albula-Alpen, CH) mit einem 2,7kWP-

1.3 Photovoltaikanlagen

Abb. 1.2 Photovoltaikanlage mit 14MWP der Nellis Air Force Base (USA) mit Modulen, die der Sonne nachgeführt werden, als Beispiel für eine Solarfarm. Foto: U.S. Air Force

Durch Solartechnologie gewonnener Solarstrom ist die direkte Erzeugung von Elektrizität durch das Sonnenlicht. Photovoltaikmodule arbeiten lautlos, ohne bewegliche Teile, mit minimalem Wartungsaufwand und ohne Schadstoffemissionen.

Solarfeld auf dem Dach und der Südfassade als Beispiel für eine netzferne Inselanlage. Foto: Toni Spirig

Photovoltaik gehört zu den am schnellsten wachsenden Bereichen des Industriezweigs für erneuerbare Energien. Der Markt wird angetrieben von einem wachsenden Umweltbewusstsein, den Sorgen über Klimawandel und örtliche Luftverschmutzung, von nationalen Energiesicherheitsfragen und den steigenden Kosten für fossile Brennstoffe. Im beginnenden 21.Jahrhundert ist in vielen Ländern eine beschleunigte Zunahme von Solaranlagen zu beobachten (Abb. 1.3 für die Mitgliedstaaten der Internationalen Energieagentur IEA). Zu den verschiedenen Arten von Photovoltaikanlagen zählen: ― Netzferne Photovoltaikanlage (Inselanlage) mit Batteriespeicher (Abb. 1.1)

― Netzgekoppelte Bodenanlagen, z.B. Solarfarmen (Abb. 1.2) ― Netzgekoppelte Solaranlagen, die auf das Dach montiert werden, zumeist in Form einer Aufbaukonstruktion (Abb. 1.4) ― Netzgekoppelte gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen (Abb. 1.3) Sowohl Aufdachmontagen wie gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen sind üblicherweise netzgekoppelt und sorgen für eine örtliche, gebundene Erzeugung. Das bedeutet, dass sich die stromerzeugende Anlage bei den Gebäuden befindet, die den Strom nutzen, im Gegensatz zu den großen Kraftwerken, deren zentral erzeugter Strom über lange Hochspannungsleitungen zu den Nutzern gelangt. Es gibt viele Gründe, die Vor-Ort-Erzeugung von Energie zu fördern: ― Indem ein Teil des jährlichen Strombedarfs des Gebäudes vor Ort produziert wird, senken sich die Energiekosten des Besitzers. ― Die Energieerzeugung findet direkt bei der Verbrauchsstelle statt, wodurch Verteilungsverluste, die bei der zentralen Stromerzeugung auftreten, verringert werden. ― Dächer und Fassaden verfügen über Platz, der zur Stromerzeugung genutzt werden kann. ― Mit der Nutzung erneuerbarer Energien leistet man einen Beitrag zur Umweltagenda. ― Die Nähe der Stromerzeugungsanlage zu den Gebäudenutzern steigert deren allgemeines Energiebewusstsein und bringt den Nutzern das Thema „Energieeffizienz“ näher.

10

1. EINLEITUNG

Abb. 1.3 Ein Beispiel für gebäudeintegrierte Photovoltaik: 73kWP-Solarfeld über dem Eingang zum Solar Office des Doxford International Business Park (GB). Foto: Schüco International KG

Abb. 1.4 20 kWP-Solarfeld als Beispiel für eine Aufdachanlage

Kummulierte installierte PV-Leistung [MWP]

auf einem Bürogebäude in Berlin (D). Foto: Schüco International KG

1.4 Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GIPV)

9000 8000

netzgekoppelt

7000 6000

Bei einer Aufbau- oder additiven Lösung sind die Photovoltaikmodule auf einem Dach oder auf einer Fassade mittels einer Metallkonstruktion befestigt. Das Solarsystem ist ein zusätzliches Konstruktionselement, das einzig der Energieerzeugung dient.

5000

netzfern

4000 3000 2000 1000 0

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

Jahr

Abb. 1.5 Kumulierte Leistung installierter PV-Anlagen von 1992

bis 2007 in den Ländern, die am Photovoltaic Power Systems (PVPS) Programm der Internationalen Energieagentur (IEA) teilnehmen. Sowohl netzgekoppelte wie netzferne Anlagen (Inselanlagen) wurden berücksichtigt. Der Zuwachs 2007 betrug 2300MWP, was einer Steigerung von 40 Prozent gegenüber 2006 entspricht. Quelle: www.iea-pups.org

Im Gegensatz dazu bezieht sich die gebäudeintegrierte Photovoltaik (GIPV), die sich dieses Handbuch zum Thema gemacht hat, auf die Photovoltaik als System, das nicht nur der Stromerzeugung dient, sondern als eigenes Bauteil fungiert. Gebäudeintegrierte Photovoltaik hält nur langsam Einzug auf dem gesamten Photovoltaikmarkt. So trugen beispielsweise Bodenanlagen 70 Prozent und Aufdachmontagen 29 Prozent zur gesamten Erzeugungsleistung in Deutschland im Jahr 2004 bei, während der Anteil der gebäudeintegrierten Photovoltaikanlagen gerade mal 1 Prozent betrug. Dennoch, die Photovoltaiktechnologie ist ausgereift und das Kosten-Leistungsverhältnis verbessert sich laufend. Die Integration in Gebäude sollte vorangetrieben und nicht nur zu Demonstrationszwecken oder im Rahmen von Bildungsprojekten gefördert werden. Vermehrt ins Zentrum gerückt werden sollte die Verbreitung der Kenntnisse unter Planern über die gestalterischen Möglichkeiten bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik. Mit diesem Handbuch möchten wir die Photovoltaik vorstellen, und zwar nicht als abgehobene Technologie, sondern als Alternative zu Metallfassaden oder gängigen Vorhangfassaden. Unser Ziel ist es, Planern und Architekten dabei zu helfen, Photovoltaikmodule mit ihrem besonderen Erscheinungsbild und ihren spezifischen Anforderungen als attraktive Alternative zu anderen Fassadenmaterialien zu erkennen. Gebäudeintegrierte Photovoltaik liefert nicht nur Strom, sondern kann das Erscheinungsbild eines Gebäudes aufwerten und abrunden. Mit gebäudeintegrierter Photovoltaik setzt man Zeichen – für innovative Architektur und Ingenieursplanung.

1. EINLEITUNG

11

Abb. 1.6 Integration von Photovoltaikelementen in die Dachverglasung der Mont-Cenis Akademie in Herne (D). Foto: Monika Nikolic / arthurimages

1.5 Gebäudeintegrierte Photovoltaik für Planer Dieses Handbuch unterstützt die Auffassung, dass sich die Planung mit gebäudeintegrierter Photovoltaik einem hohen architektonischen Anspruch verschreiben sollte (Abb. 1.6). Die Kriterien zur Erfüllung dieses Anspruchs werden vom Photovoltaic Power Systems Programm der IEA wie folgt beschrieben: Natürliche Integration von PV-Systemen, PV-Systeme, die im Kontext des Gebäudes architektonisch ansprechend sind, aus hochwertigen Materialien bestehen und eine gute Farbgestaltung erkennen lassen, PV-Systeme, die sich gut in ein modulares Prinzip einfügen lassen, ein Raster, das optisch mit dem Gebäude harmoniert und ein gefälliges Ganzes schafft, PV-Systeme, die zum Kontext des Gebäudes passen und deren Integration gut geplant wurde, die Anwendung von PV als Grundlage für ein innovatives Konzept. Der Planer muss über das Erscheinungsbild der Photovoltaikintegration entscheiden. Dazu einige Planungsansätze: ― Photovoltaik kann unsichtbar montiert sein, beispielsweise hoch oben auf einem Dach. Dies ist dort angebracht, wo Denkmalschutz oder maximale energetische Ausnützung eine Rolle spielen. ― Photovoltaikelemente können in Form von reduzierten Aufbauten eine positive Ergänzung sein, beispielsweise auf Sonnenblenden über den Fenstern. ― Solartechnologie kann auf diskrete Weise in eine vertikale Fassade integriert werden, ohne das Erscheinungsbild des Gebäudes zu verändern. ― Photovoltaik kann als wesentliches gestalterisches Element der Planung das Erscheinungsbild und die Form eines Gebäudes maßgeblich bestimmen.

12

1. EINLEITUNG

2. GRUNDLAGEN

Abb. 2.1 Solarfeld aus polykristallinen Siliziummodulen integriert in eine geneigte Wand. Foto: Schüco International KG

14

2. GRUNDLAGEN

Abb. 2.2 Wesentliche Bestandteile eines netzge-

koppelten, gebäudeintegrierten Photovoltaiksystems (GIPV-Systems), aus dem die Fließrichtung der elektrischen Energie hervorgeht. Die solar erzeugte Energie kann zur Stromversorgung des Gebäudes verwendet werden. Überschüssige Energie wird in das Versorgungsnetz eingespeist.

Wechselstromausgang Stromverteiler

Solarfeld

Gleichstromausgang Wechselrichter Stromzähler Entnahme/ Einspeisung

Versorgungskabel

2.1 Überblick über Photovoltaiksysteme Photovoltaiksysteme wandeln Sonnenlicht direkt in elektrischen Strom um. Die Umwandlung erfolgt in einer Photovoltaik- bzw. Solarzelle, die heute in der Regel aus Silizium besteht, auch wenn gegenwärtig intensiv mit neuen Werkstoffen experimentiert wird. Photovoltaikzellen werden verkapselt und zu größeren Gleichstromeinheiten, den so genannten Solarmodulen oder Photovoltaikmodulen, zusammengeschlossen. Eine Gruppe von Modulen wird als Solarfeld bezeichnet. Um das Sonnenlicht optimal ausnutzen zu können, sind Solarfelder für den Einsatz in Freien konstruiert und müssen entsprechend witterungsbeständig sein (Abb. 2.1). In diesem Handbuch beziehen wir uns ausschließlich auf Photovoltaiksysteme, die über einen Photovoltaik-Wechselrichter an das lokale Stromnetz angeschlossen sind und nicht auf isolierte Systeme zum Laden von Akkus. An das Netz angeschlossene PV-Wechselrichter (Abb. 2.2) erzeugen mit dem Netzstrom phasengleichen Wechselstrom. PV-Wechselrichter sind so konstruiert, dass sie sich beim Ausfall der Netzversorgung aus Sicherheitsgründen automatisch abschalten. Alle Teile, die nicht zu den eigentlichen Photovoltaikmodulen gehören, werden als „übrige Systemkomponenten“ (Balance-of-System = BOS) bezeichnet. An das Netz angeschlossene PV-Systeme können zur Stromversorgung der Gebäude genutzt werden, an denen sie montiert sind. Wenn der Bedarf im Gebäude hoch ist, wird die gesamte solar erzeugte Energie genutzt – so wird weniger Strom aus dem öffentlichen Netz benötigt und die Stromkosten sinken. Ist der Bedarf im Gebäude dagegen niedrig, wird die überschüssige erzeugte Energie ins Netz eingespeist. Die Umschaltung zwischen interner Nutzung und Einspeisung ins Netz erfolgt automatisch. Versorgungsunternehmen haben in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Vereinbarungen hinsichtlich der Vergütung der eingespeisten Energie getroffen. Das Spektrum reicht von einem im Vergleich zum üblichen Stromtarif für konventionell erzeugte elektrische Energie geringen Tarif bis hin zum so genannten „Einspeisetarif“, bei dem sich die ursprünglichen Kosten für die Photovoltaikanlage im Laufe der Jahre amortisieren sollen.

2. GRUNDLAGEN

15

→ 2.1

Dieses Kapitel befasst sich mit den verschiedenen Typen von Photovoltaikzellen und Photovoltaikmodulen, die sich zur Integration in Gebäude eignen. ― 2.2 PV-Materialien und Zellen ― 2.3 PV-Module ― 2.4 Moduloptionen ― 2.5 Modulspezifikation und STC

2.2 PV-Materialien und -Zellen 2.2.1 Der photoelektrische Prozess Dem Photovoltaikprozess liegt der photovoltaische Effekt in Halbleitermaterialien zugrunde. Halbleitermaterialien absorbieren einen Teil des auf die Zelle einfallenden Lichts. Dadurch werden Elektronen freigesetzt, die den Fluss einer elektrischen Ladung durch das Material ermöglichen (Abb. 2.4). Photovoltaikzellen besitzen ein integriertes elektrisches Feld, das die durch Lichtabsorption freigesetzten Elektronen in eine bestimmte Richtung zwingt. Das Feld entsteht durch die so genannte Dotierung (die kontrollierte Einbringung von Verunreinigungen) von Silizium mit Elementen wie Phosphor oder Bor, durch die N- oder P-Bereiche entstehen. Legt man nun an die Ober- und Unterseite der Photovoltaikzelle Metallkontakte an, kann der erzeugte elektrische Strom durch einen externen Stromkreis geleitet und nutzbar gemacht werden. Die Stromerzeugung erfolgt geräuschlos, ohne bewegliche Teile und emissionsfrei. Abgesehen von der Reinigung der Moduloberflächen zum ungehinderten Auffangen des Lichts erfordern die Zellen keinerlei Wartung. Aus der Grafik (Abb. 2.3) geht hervor, dass der sichtbare Teil des Lichts dem Wellenlängenbereich zwischen 400–700nm entspricht. Die Gesamtkurve zeigt das Sonnenspektrum bis in den Infrarotbereich von mehr als 2000nm. Photovoltaikzellen aus Silizium absorbieren den größten Teil des sichtbaren Lichts bis hin zum beginnenden Infrarotbereich von bis zu 1100nm.

sichtbar

UV

Infrarot

1.6

Leistung [W/(m2·nm)]

Spektrum des Sonnenlichts 1.2

0.8

Von kristallinem Silizium absorbiertes Spektrum

0.4

Abb. 2.3 Vergleich der Spektren des einfallenden

Sonnenlichts (einschließlich atmosphärischer Verluste) sowie die Teile des Spektrums, die von kristallinen Photovoltaikzellen aus Silizium absorbiert werden. Sonnenspektrum bei Luftmasse AM 1,5 und Einstrahlung 1000W/m2.

16

0.0

400

800

1200

1600

2000

2400

Wellenlänge [nm]

2. GRUNDLAGEN

Antireflexbeschichtung Kontakt Vorderseite N-Halbleiter Elektron Verbraucher P-Halbleiter

Kontakt Rückseite

Sonnenlicht Elektrizität Reflexion

Wärme

Abb. 2.4 Schematische Darstellung einer einzelnen

Photovoltaikzelle mit den wichtigsten funktionalen Teilen zur Umwandlung von Licht in elektrische Energie. Die Dicke der Absorptionsschicht ist übertrieben, um die Ladungsträger darzustellen.

Abb. 2.5 Schematische Darstellung des Energieflusses in einer Solarzelle unter Berücksichtigung, dass ein großer Teil der Energie als Wärme absorbiert wird. 2. GRUNDLAGEN

17

Abb. 2.6 Detailansicht des Solar Showcase GIPVPavillon, der 1998 für das G8-Treffen gebaut wurde. Gut erkennbar sind die Umrisse der monokristallinen Zellen in den Modulen. Foto: Christian Richters Abb. 2.7 Einzelne polykristalline Siliziumzelle mit zwei deutlich erkennbaren Sammelschienen (aus Kapitel 6.6 Fallstudie „Xicui Entertainment Complex“). Foto: Frank P. Palmer Mit Genehmigung von: Simone Giostra&Partners/ Arup

Da in der Praxis Wirkungsgrade von 5–20 Prozent erreicht werden, wandelt sich das einfallende Licht zu 80 Prozent und mehr in Wärme um (Abb. 2.5). Aktive Materialien für Solarzellen lassen sich folgendermaßen einteilen: ― kristalline Materialien, die von Stäben oder Blöcken gesägt oder auf dünnen Bändern gezüchtet werden ― Dünnschichtmaterialien, die als dünne Schicht auf ein kostengünstiges Substrat aufgebracht werden. 2006 machte kristallines Silizium 95 Prozent des weltweiten Photovoltaikmarktes aus.

2.2.2 Monokristallines Silizium Monokristalline Siliziumzellen (auch als Einkristall bezeichnet) werden in der Regel aus einem Einkristallblock höchster Reinheit gefertigt, der meist nach der Czochralski-Methode gezüchtet wurde (Tiegelziehprozess). Der Durchmesser beträgt 12,5 oder 15cm. Der Block wird in dünne Scheiben gesägt und dann zu Photovoltaikzellen weiterverarbeitet. Um die Anordnung zu Modulen zu vereinfachen, werden sie meist zugeschnitten. Je nachdem, wie viel Einkristallmaterial entfernt wird, lassen sich so runde, halbrunde oder quadratische Formen herstellen (Abb. 2.6). Zu den weiteren Methoden der Herstellung monokristallinen Siliziums gehören das EFG- (Edge-defined Film-fed Growth) Verfahren und der String-Ribbon-Prozess. Hier züchtet man die Kristalle, bis sie die passende Dicke erreicht haben und vermeidet so die mit dem Sägen verbundenen Materialverluste. Zudem können die Zellen ohne Materialverlust in eine quadratische und rechtwinklige Form gebracht werden. Je mehr Licht die Zelle absorbiert, umso höher ist die erzeugte Stromstärke. Daher bringt man eine dünne Antireflexschicht (AR-Beschichtung) aus Siliziumnitrat oder Titanoxid auf, wodurch sich eine dunkelblaue Färbung ergibt. Bei einer GIPV-Fassade kann aus optischen Gründen auch auf die AR-Beschichtung verzichtet werden,

18

2. GRUNDLAGEN

Abb. 2.8 Schematische Darstellung einer kristallinen Siliziumzelle von oben mit Metallgitter und den darunter liegenden Schichten.

Sammelschiene Finger Antireflexbeschichtung Dotierte Frontfläche Basis Rückwärtiger Kontakt

was die Zellen in einem natürlichen Dunkelgrau erscheinen lässt. Jedoch steigen die Reflexionsverluste durch die hellere Oberfläche von 3 auf 30 Prozent an. Mit anderen AR-Beschichtungen lassen sich zwar noch andere Farbtöne als dunkelblau erzielen, allerdings sinkt dadurch der Wirkungsgrad um einige Prozentpunkte. Photovoltaikmodule aus derartigen Zellen sind nur als kundenspezifische Sonderanfertigung erhältlich. Abb. 2.8 zeigt den grundlegenden Aufbau einer kristallinen Siliziumzelle. Die Dicke des Substrats beträgt 200–400μm (0,2–0,4mm), die Tiefe der Dotierungsschicht an der Oberseite weniger als 1μm. Ein Metallgitter an der Oberseite leitet den erzeugten Strom über Kontaktfinger an zentrale Kollektoren oder eine Sammelschiene weiter. Das gewählte Gittermuster ist immer ein Kompromiss zwischen Verschattungsverlusten durch Lichtreflexion und Leistungsverlusten durch elektrischen Widerstand.

Die Kontakte an der Rückseite dürfen mehr Oberfläche beanspruchen. Zur Verbesserung des Wirkungsgrades wird die gesamte Fläche mit Aluminium beschichtet. Handelt es sich bei den Zellen um Glas-Glas-Laminate, ist die schwarz glänzende Oberfläche im Gebäudeinneren sichtbar.

2.2.3 Polykristallines Silizium Alternativ können Photovoltaikzellen auch aus polykristallinem (oder multikristallinem) Silizium hergestellt werden. Das Ausgangsmaterial wird dabei geschmolzen und in Würfelform gegossen. Während das Silizium erstarrt, bilden sich große Kristalle mit Korngrößen zwischen wenigen Millimetern und einigen Zentimetern. Die Korngrenzen setzen den Wirkungsgrad ein wenig herab. Der Block wird in Stangen und dann in dünne Wafer gesägt, die ähnlich wie bei den Einkristallen zur Herstellung der Zellen dienen (Abb. 2.7). Polykristallines Silizium ist zwar etwas billiger als einkristallines, weist aber auch einen etwas geringeren Wirkungsgrad auf. Um die Kosten zu verringern und den Wirkungsgrad zu steigern geht der Trend hin zu größeren Zellen von 21× 21cm.

2. GRUNDLAGEN

19

Abb. 2.9 Schematischer Schnitt durch ein Dünn-

schicht-Solarmodul aus vier Zellen. Die Dicke der aktiven Schichten ist übertrieben groß dargestellt, um die elektrische Verbindung zwischen den benachbarten Zellen aufzuzeigen.

Eisenarmes Glas

Transparenter Leiter

Verbraucher

Amorphes Silizium Rückseitiger Leiter Dichtung

2.2.4 Dünnschichttechnologien Die Fertigung von Dünnschichtzellen erfolgt durch das Aufbringen extrem dünner Schichten von PV-Material auf ein Superstrat – das Frontglas oder auf ein Substrat – die Modulrückseite. Da die Verbindung der Zellen bereits während der Fertigung erfolgt, entstehen immer ganze Photovoltaikmodule auf einmal. Als aktive Halbleitermaterialien werden amorphes Silizium, Kupfer-Indium-Diselenid (CIS) und Kadmium-Tellurat (CdTe) verwendet. Während für die Fertigung von kristallinen Siliziumzellen Temperaturen von bis zu 1500°C benötigt werden, kommen Dünnschichtzellen mit Aufdampfungstemperaturen von zwischen 200°C und 600°C aus. Der geringere Bedarf an Material und Energie sowie die Möglichkeit, die Modulproduktion hoch automatisiert ablaufen zu lassen, bietet beträchtliche Kostenvorteile. Allerdings ist hier der Wirkungsgrad geringer als bei Technologien mit kristallinem Silizium. Dieser geringere Wirkungsgrad bedeutet, dass eine größere Fläche zur Erzeugung der gleichen Energiemenge benötigt wird. Abb. 2.9 zeigt den schichtweisen Aufbau einer Zelle mit amorphem Silizium als aktiver Dünnschicht. Zunächst wird eine transparente, leitende Oxidschicht (TCO) – beispielsweise aus Zinnoxid – aufgebracht. Die einzelnen Zellen bilden sich durch Trennung der TCO-Schicht in parallele Streifen. Die jeweils nächste Schicht wird in Streifen versetzt aufgebracht, um eine Verbindung zwischen den Zellen herzustellen. Die Fertigung von Dünnschichtmodulen aus CdTe erfolgt ähnlich der von amorphem Silizium auf einem Glas-Superstrat. CdTe-Module zeichnen sich durch die geringsten Produktionskosten unter den gegenwärtigen Dünnschichttechnologien aus. Kadmium ist zwar ein umweltschädliches Schwermetall, die chemische Formel CdTe bezeichnet aber eine äußerst stabile, ungiftige Verbindung. Außerdem nehmen die Hersteller diese Module am Ende ihrer Lebensdauer zurück und führen sie einem kontrollierten Recycling zu. CIS Dünnschichtmodule werden normalerweise von unten nach oben auf einem Substrat, der Rückseite, gefertigt. Sie erscheinen praktisch schwarz (Abb. 2.10 und Abb. 2.11). Als Substrat eignen sich Glas, Metall oder Kunststoff. Im Gegensatz zu amorphem Silizium kommt es bei CIS-Zellen nicht zu lichtbedingten Leistungseinbußen.

20

2. GRUNDLAGEN

Abb. 2.10 CIS-Dünnschichtmodule auf dem Dach eines Einfamilienhauses Foto: Würth Solar

Abb. 2.11 Das 85kWP CIS-Solarfeld des OpTICGebäudes in St. Asaph (GB) Foto: Avancis

Typ

Typischer Wirkungsgrad des Moduls

Erforderliche Fläche

High-performance Hybrid Silicon (HIT)

17–18%

6–7m²/kWP

Monokristallines Silizium

12–15%

7–9m²/kWP

Polykristallines Silizium

11–14%

7–10m²/kWP

Dünnschicht-CIS

9–11%

9–11m²/kWP

Dünnschicht-CdTe

6–8%

12–17m²/kWP

Dünnschicht – amorphes Silizium

5–7%

14–20m²/kWP

2.2.5 Photovoltaik-Hochleistungszellen Derzeit beschäftigen sich zahlreiche Forschungsprojekte mit Photovoltaiktechnologien, die eine höhere Leistungsfähigkeit versprechen. Produktionstechnisch bereits gut etablierte hat sich die HIT Photovoltaikzelle (HIT steht für „Heterojunction with Intrinsic Thin-layer“). HIT ist eine Hybridkonstruktion – eine Kombination aus einer kristallinen und einer Dünnschicht-Siliziumzelle. Ein monokristalliner Silizium-Wafer wird dabei auf Vorder- und Rückseite mit amorphem Silizium beschichtet. Die Schnittstelle wird durch intrinsische (also undotierte) Siliziumschichten hergestellt. Während bei einer kristallinen Standardzelle die unterschiedliche Dotierung für den erforderlichen Übergang sorgt, entsteht der Übergang hier zwischen zwei strukturell unterschiedlichen Halbleitern – deshalb die Bezeichnung „Heterojunction“. Im Vergleich zu monokristallinem Silizium haben HIT-Zellen einen höheren Wirkungsgrad, der bei höheren Betriebstemperaturen weniger stark abnimmt. Diese Technologie wird in Fallstudie 10.7 eingesetzt. Bei einer doppelseitig nutzbaren Solarzelle wird die Rückseite zur Lichtabsorption genauso gefertigt wie die Vorderseite. Doppelseitig nutzbare Solarzellen werden in Glas-Glas-Laminate montiert (siehe 2.4), sodass über Vorder- und Rückseite mindestens 10 Prozent mehr Energie erzeugt wird als bei einseitig nutzbaren Standardmodulen. Diese Technik lässt sich in vertikalen Anlagen wie Lärmschutzwänden an Straßen nutzen, die im Laufe des Tages von beiden Seiten beschienen werden. An einem Gebäude lässt sich über die Rückseite Umgebungslicht und reflektiertes Licht nutzen, sodass sich durch einen reflektierenden oder weißen Hintergrund eine maximale Leistung erzielen lässt. Doppelseitige Zellen übertragen auch mehr Infrarotstrahlung als einseitig nutzbare Zellen und bieten daher den Vorteil einer geringeren Betriebstemperatur.

2.2.6 Vergleich der Photovoltaiktechnologien In der obenstehenden Tabelle sind die bewährten Technologien für Photovoltaikzellen entsprechend ihres Wirkungsgrads dargestellt. Aufgeführt ist zudem die für eine bestimmte Stromproduktion erforderliche Fläche (siehe 2.5 für die Bedeutung der Abkürzung kWP).

2. GRUNDLAGEN

21

2.3 Photovoltaikmodule 2.3.1 Elektrische Verbindung Eine Photovoltaikzelle produziert nur etwa 3W bei 0,6V (Gleichstrom). Um Stromstärke und Spannung zu erhöhen, werden 30 oder mehr identische Photovoltaikzellen in Reihe zu einem Solar- bzw. Photovoltaikmodul zusammengeschaltet (Abb. 2.12). Dieses Modul ist das Grundelement für die Integration in Gebäude. Bei voller Beleuchtung liefert ein 36-Zellen-Modul an den beiden Kontakten eine Ausgangsspannung von 17V (Gleichstrom). Dieser Gleichstrom kann zum Laden eines Akkus (bei netzunabhängigen Anwendungen) verwendet oder mittels eines PVWechselrichters in Wechselstrom umgewandelt und auf eine höhere Spannung transformiert werden. Das Modul sorgt auch für die wichtige Verkapselung (Abb. 2.13), um die Zelle vor mechanischen Einflüssen, Verwitterung oder Feuchtigkeit zu schützen. Nur laminierte Zellen können die geforderte und oft garantierte Betriebsdauer von 20–25 Jahren und mehr in einer rauen Umgebung gewährleisten.

2.3.2 Frontglas Es ist wichtig, dass das Schutzglas eine extrem hohe Lichtdurchlässigkeit aufweist. Normalerweise kommt Weißglas mit geringem Eisenoxidgehalt zum Einsatz. Das Glas wird aufgrund der hohen thermischen Belastung vorgespannt. Die Lichtdurchlässigkeit liegt bei ca. 92 Prozent. Die Reflexionsverluste in Höhe von 8 Prozent können durch Auftragen einer Antireflexbeschichtung auf der Frontfläche um ca. 3 Prozent verringert werden. (Die Rückseite ist nicht beschichtet, da sie in unmittelbarem Kontakt mit dem Verkapselungsmedium steht, das einen ähnlichen Brechungsfaktor aufweist.) Bei Standardgrößen beträgt die Glasstärke üblicherweise 3 oder 4mm, bei größeren Modulen kann sie bis zu 10mm betragen.

Abb. 2.12 Modulkonfiguration mit 36 in Reihe geschalteten PV-Zellen aus kristallinem Silizium Foto: M.Art

Abb. 2.13 Schichten eines typischen, opaken PV-

Laminats mit Glas auf der Oberseite (außen) und Tedlar auf der Unterseite. Die Solarzellen sind zwischen EVA-Laminaten verkapslet. Eisenarmes Glas

Frontseitiges EVA-Laminat

Kristalline PV-Zellen Rückseitiges EVA-Laminat Unterseite aus Tedlar

22

2. GRUNDLAGEN

2.3.3 Verkapselungsmedium und Rückseite Die Verkapselung erfolgt meist mit vernetzbarem Ethylenvinylacetat (EVA). Die Zellen werden dabei im Vakuum unter Druck und bei einer Temperatur von bis zu 150°C zwischen Folien aus EVA laminiert. Die EVA-Folie schmilzt während dieses Prozesses und umschließt die Zelle auf allen Seiten. Dabei ist zu beachten, dass EVA nicht UVbeständig ist und deshalb durch das Frontglas vor UV-Strahlung geschützt werden muss. Bei sehr großen Modulen können sich die Zellen während des Laminierungsprozesses verschieben, was es erschwert, ein gleichmäßiges Spaltmaß zu erreichen. Bei Standardmodulen mit EVA-Verkapselung besteht die Rückseite normalerweise aus einer dünnen Schicht eines lichtundurchlässigen Materials wie etwa Tedlar (Handelsname der Firma Dupont für Polyvinylfluorid, PVF), Polyethylen-Terephthalat (PET) oder Metall (Abb. 2.14, Abb. 2.15). Alternativ dazu kann die Rückseite aus Gründen der Transparenz zwischen den Zellen auch aus Glas bestehen. Diese Art von Modulen werden als Glas-Glas-Laminat bezeichnet. Photovoltaikmodule können auch in Doppelverglasungen integriert werden. Das Photovoltaikmodul liegt dabei üblicherweise an der Außenseite der Doppelverglasung, damit möglichst viel Licht auf die Photovoltaikzellen gelangt. Einfach- oder doppelverglaste Photovoltaikzellen erreichen aufgrund ihrer dunklen Farbe hohe Temperaturen. Daher muss Glaslaminat wärmebehandelt werden (entweder teilvorgespannt oder gehärtet). Polyvinylbutyral (PVB) wird in der Glasindustrie seit langem als Zwischenklebefolie für Verbundsicherheitsglas (VSG) verwendet, wie es etwa für Überkopfverglasungen benötigt wird. Erhältlich sind Glas-Glas PV-Laminate mit (amorphem) Dünnschicht Silizium oder CIS und PVB-Verkapselung. Ein weiteres Verkapselungsmedium ist Teflon (Handelsname der Firma Dupont für die amorphen Fluorpolymerprodukte Polytetrafluorethylen, PTFE). Im Gegensatz zu EVA ist Teflon UV-beständig und besitzt einen geringeren Reflexionsgrad als Glas. Aufgrund dieser Eigenschaften kann Teflon auch anstelle von Glas als Frontschutz eingesetzt werden. Das Modul lässt sich auf einem Substrat, der Rückseite, aus konventionell gehärtetem Glas laminieren. Die Teflonschicht ist nur 0,5mm dick und leitet deshalb die Wärme besser als das bei einem dickeren Frontglas der Fall wäre. Damit auch bei einer schlecht Hinterlüftung des Moduls eine gute Kühlung sichergestellt. Teflon-Verkapselungen werden meist für kleinere Module wie Photovoltaik-Dachziegel verwendet. Bei großen, mit EVA laminierten Glas-Glas-Modulen ist es schwieriger, während des gesamten Laminierungsvorgangs die erforderliche Temperatur von 150°C für die bestmögliche Kohäsion zu erreichen. Mit der für Module im Format von bis zu 2,5 auf 3,8m möglichen Kunstharzverkapselung lässt sich dieses Problem umgehen. Die Photovoltaikzellen müssen mittels Klebeelementen exakt zwischen zwei Glasscheiben fixiert werden. Die Scheiben werden dann entlang ihrer Kanten mit einem transparenten Abstandshalter verklebt, der für den Zwischenraum für das flüssige Kunstharz sorgt. Schließlich wird das Kunstharz in den Zwischenraum eingespritzt und mittels UV-Strahlung oder anderer Verfahren gehärtet.

Abb. 2.14 Monokristalline Photovoltaikmodule auf einem Dach in opaken Paneelen deren Unterseite aus Tedlar besteht. Foto: M.Art

Zur Herstellung glasfreier Module können auch Scheiben aus Makrolon (Handelsname der Firma Bayer MaterialScience für ein Polycarbonat) mit Kunstharz verkapselt werden. Kunstharz wird auch für Schallschutzverglasungen verwendet.

2. GRUNDLAGEN

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Abb. 2.15 Typischer Aufbau eines kristalli-

nen Solarmoduls aus Silizium (Darstellung von unten): Durch die mit Tedlar versehene Rückseite ist das Modul opak.

Eisenarmes Glas

Frontseitiges EVA-Laminat

Kristalline PV-Zellen Rückseitiges EVA-Laminat Verteilerkasten Unterseite aus Tedlar

Positiver Anschluss

Negativer Anschluss

Zur Verkapselung von Photovoltaikzellen wurden zudem thermoplastische Polyurethanfolien (TPU) entwickelt, die auch bei Sicherheitsverbundglasscheiben in Kraftfahrzeugen zum Einsatz kommen. TPU lässt sich auch für den Rahmen verwenden, sodass künftig ein komplett gerahmtes Modul in einem Produktionsschritt gefertigt werden könnte. Bei einem derzeit neu entwickelten Konzept ist vorgesehen, dass die Verkapselungsmedien nicht mehr in direktem Kontakt mit den Photovoltaikzellen stehen, sondern dass die Photovoltaikzellen im Zwischenraum einer Doppelverglasung angeordnet sind. Die Zellen befinden sich in einer Edelgasatmosphäre und die elektrische Verschaltung erfolgt über gepresste Kontakte. Dies ist mit mehreren Vorteilen verbunden: Es gibt kein Verkapselungsmaterial mehr, das veralten kann, ein Modul lässt sich reparieren und die einzelnen Materialien können am Ende des Lebenszyklus bequem getrennt und recycelt werden. Photovoltaikmodule sind Witterungseinflüssen ausgesetzt wie kaum ein anderes Hochtechnologieprodukt und weisen dennoch eine lange Lebensdauer auf. Hersteller garantieren in der Regel, dass ihre Produkte auch nach 20–25 Betriebsjahren noch 80 Prozent ihrer Nennleistung erbringen – und das bei einer Gesamtlebensdauer von mehr als 30 Jahren. Eine so lange Lebensdauer lässt sich nur erreichen, wenn die Module durch ein besonders widerstandsfähiges Gehäuse geschützt sind. Deshalb spielt die Verkapselung eine entscheidende Rolle. Modulhersteller stehen Innovationen extrem konservativ gegenüber, denn da sie durch die Gewährung langer Garantiezeiten große Risiken eingehen, bleiben sie lieber bei bereits bewährten Technologien.

24

2. GRUNDLAGEN

2.3.4 Verkapselung von Dünnschichtzellen Obwohl die Zellen eines Dünnschichtmoduls bereits bei der Fertigung in Reihe geschaltet werden, entsteht dabei nur ein „Rohmodul“, das noch gekapselt werden muss. Wie bei kristallinen Modulen ist auch hier die Laminierung mit EVA-Folie die gängigste Verkapselungsmethode. Die Rückseite kann mit Tedlar oder Metallfolie beschichtet werden. Die noch rohen Dünnschichtmodule für amorphes Silizium und CdTe werden auf ein Superstrat aufgetragen. Dabei handelt es sich um das Frontglas, durch das das Licht eintritt. Für diese Superstrat-Scheiben darf kein gehärtetes Glas verwendet werden, da die zur Halbleiterbeschichtung erforderlichen hohen Temperaturen die Festigkeit des Glases beeinträchtigen würden. Damit das fertige Dünnschichtmodul die Belastbarkeitsanforderungen – etwa an einer Fassade – erfüllt, muss es mit einer Scheibe aus vorgespanntem Glas laminiert werden. Nachdem amorphes Silizium und CdTe auf ein Superstrat aufgebracht wurden, kann für die Rückseite jede Art von Glas verwendet werden. Werden CIS und amorphes Silizium auf ein Substrat aufgebracht, ist ebenfalls ein Frontglas erforderlich. Dabei muss es sich um ein eisenarmes „weißes“ Glas mit hoher Transparenz handeln.

Abb. 2.16 Eine Reihe von Photovoltaik-Standardmodulen aus monokristallinem und polykristallinem Silizium sowie Dünnschichtmodule. Foto: M.Art

2.3.5 Kabelausgänge und Verteilerkästen Um von den Zellenstrings im Modul zu den elektrischen Kontakten an der Außenseite zu gelangen, wird entweder eine mit Löchern versehene Glasrückwand verwendet oder die rückwärtige Folie wird durchstoßen. In diesen Fällen erfolgt die Befestigung eines Verteilerkastens am Eintrittspunkt. Verteilerkästen am Modul müssen mindestens nach IP54 und Schutzklasse II abgesichert sein. Viele Module werden zur einfacheren Montage komplett mit Anschlusskabeln, Verpolungsschutz und berührungssicheren Steckern ausgeliefert. Diese Module können dann einfach und ohne Öffnen der Verteilerkästen zusammengesteckt werden. Eine andere Möglichkeit für den Kabelausgang ist es, die Kabel an den Glaskanten herumzuführen. Diese Option wird bei kundenspezifischen Modulen verwendet, bei denen ein Verteilerkasten an der Rückseite aus ästhetischen Gründen nicht wünschenswert wäre – etwa im Sichtfenster einer Fassade.

2.3.6 Standard-Komplettmodule Standardmodule liefern eine möglichst hohe Energieausbeute zu möglichst geringen Kosten. Es handelt sich dabei meist um Glas-Folie-Laminate mit oder ohne Aluminiumrahmen (Abb. 2.16). Ein Rahmen macht das Modul fester und starrer und vereinfacht die Montage. Rahmenlose Module kommen dagegen in speziellen Profilsystemen zum Einsatz. Kristalline Zellen sind in der Regel quadratisch (oft mit abgeschrägten Ecken), so dass sie unter optimaler Ausnutzung des verfügbaren Raums zu Modulen kombiniert werden können. Die übliche Kantenlänge von Zellen beträgt 100–150mm. Sie werden in den unterschiedlichsten Mustern zu Modulen kombiniert. Ein typisches Standardmodul besteht aus 36 bis 216 Zellen und bringt eine Spitzenleistung von 100WP bis 300WP. Die Zellen lassen sich in vier bis acht Reihen anordnen, was zu rechteckigen Formen führt. Strings aus 36 oder 72 Zellen werden in Reihe geschaltet. Bei größeren Modulen werden zwei oder drei solcher Strings parallel geschaltet. Aufgrund dieser Faktoren sind Standardmodule nur in einer beschränkten Anzahl von Abmessungen erhältlich.

2. GRUNDLAGEN

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2.3.7 Teststandard Standardmodule werden in der Regel nach internationalen Standards zertifiziert, um sicherzustellen, dass sie ihre Leistung auch unter harten Einsatzbedingungen erbringen. Für kristalline Siliziummodule ist der Standard IEC 61215 maßgeblich – die vollständige Bezeichnung lautet „Terrestrische Photovoltaik (PV) Module mit kristallinen Solarzellen – Bauarteignung und Bauartzulassung“. Für Dünnschichtmodule ist der entsprechende Standard IEC 61646 maßgeblich. Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses werden willkürlich acht Module aus dem Produktionskreislauf entnommen. Ein Modul dient als Referenz, während die anderen sieben verschiedenen Testverfahren unterworfen werden, um einzelne Alterungsparameter festzustellen. Dazu gehören Temperaturprüfungen zwischen – 40°C und 85°C, Hagelschlagsimulationen, hohe Temperaturen und relative Feuchtigkeit, lokale Verschattung, statische Belastung mit 2400Pa und Windgeschwindigkeiten von bis zu 200km/h. Die Tests gelten als bestanden, wenn in der Schlussprüfung keine größeren sichtbaren Mängel festgestellt werden und die Leistung nicht bzw. nur leicht gegenüber dem Ursprungswert nachgelassen hat. Diese beiden Standards haben sich mittlerweile insbesondere in Europa als Qualitätsmerkmal für Module durchgesetzt und werden von den meisten Genehmigungsbehörden für nationale und internationale Unterstützungsprogramme gefordert. Bei Spezialmodulen und kundenspezifischen Modulen ist eine Zertifizierung allerdings aufgrund der hohen Kosten für die Tests und der geringen Anzahl der Module eher ungewöhnlich.

2.4 Moduloptionen 2.4.1 Abmessungen und Formen nach Maß Da die Abmessungen der Module durch Größe, Anzahl und Anordnung der Zellen festgelegt sind, stehen Standardmodule nur in bestimmten Größen zur Verfügung. Wenn Planer Fassaden mit Modulen versehen, können sie sich entweder an die bestehenden Größen halten oder individuelle Größen vorgeben. Bei dem Beispiel in Kapitel 3, Abb. 3.3 kommen Standardmodule zum Einsatz. In der Breite passen die Module an den vorgesehenen Einbauort. In der Höhe überragen zwei Module die Geschosshöhe nur minimal, sodass eine Sonderanfertigung nicht gerechtfertigt wäre. Eine andere Methode besteht darin, die Fassade soweit wie möglich mit Standardmodulen zu versehen und die übrigen Bereiche aufzufüllen, um den Eindruck einer vollständigen Bedeckung zu erzeugen. Bei der Fallstudie in Abschnitt 8.5 wird diese Methode angewendet: Um ein einheitliches Erscheinungsbild zu erhalten wurden in den Ecken der Fassade nach Maß gefertigte Modulattrappen mit „toten Zellen“ verwendet. Sie sehen zwar gleich aus, besitzen aber keinen elektrischen Anschluss. In schwer einsehbaren Bereichen kamen zudem wesentlich kostengünstigere, lackierte Stahlpaneele zum Einsatz. Wenn man kundenspezifische Modulgrößen in Betracht zieht, sollte man frühzeitig die in der Fassadenbranche üblichen Produktionspläne berücksichtigen (siehe Abschnitt 4.2.8 „Vorbereitungsprozess“). Werden nicht standardisierte oder nichtrechteckige Module benötigt, ist darauf zu achten, dass alle zu einem String in Reihe geschalteten Zellen gleich groß sind. Entlang der diagonalen Kanten eines nichtrechtwinkligen Moduls gibt es zwei Möglichkeiten der Zellbedeckung: Die Enden der Reihen können wie in Abb. 1.5 entlang der diagonalen Kante zurückgesetzt werden. Das führt zwar zu einer nicht gleichmäßigen Bedeckung, die Zellen müssen jedoch nicht zugeschnitten und können daher in Reihe geschaltet werden. Wenn aus optischen Gründen eine vollständige Bedeckung erforderlich ist, können die Zellen parallel zugeschnitten werden. Aufgrund der kleineren Abmessungen verringert sich aber die Stromproduktion. Deshalb können sie nicht in Reihe geschaltet werden, sondern müssen als „tote Zellen“ elektrisch inaktiv bleiben.

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2. GRUNDLAGEN

2.4.2 Anordnung der Zellen und Transparenz Semitransparente und transluzente Photovoltaikmodule eröffnen dem Planer vielfältige Möglichkeiten, um Stromerzeugung mit natürlicher Belichtung und interessanten Lichteffekten zu kombinieren. Ein Glas-Glas-Laminat lässt einen Teil des Lichtes durch – dies wird als Semitransparenz oder Lichtfilterung bezeichnet (Abb. 2.17, Abb. 2.18). Da kristalline Zellen opak sind, wird die durchgelassene Lichtmenge durch den Abstand zwischen den Zellen bestimmt. Dieser Abstand kann zwischen 1mm und 30mm betragen (Abb. 2.14 und Abb. 2.17). Die Zellen werden einzeln miteinander verbunden, wobei die Verkabelung aber nur aus nächster Nähe sichtbar ist. Bei Verwendung semitransparenter Module nimmt die zur Erzeugung einer bestimmten Menge Strom benötigte Modulfläche in etwa proportional zum Anteil der transparenten Module zu. Eine feinere Form der Semitransparenz lässt sich mit kristallinen Zellen erzielen, die mit kleinen Perforationen versehen sind. Hierzu werden beide Seiten der Zellen mit Nuten versehen. Die Richtung der Nuten verläuft auf der Vorder- und Rückseite um 90° gedreht. An den Stellen, an denen sich die Nuten kreuzen, bricht das Material heraus und saubere Löcher entstehen. Bei einem anderen Verfahren werden die Perforationen mit einem Laser geschnitten. Bei Dünnschichtmodulen lässt sich Semitransparenz noch auf andere Art erzielen: Vergrößert man den Abstand zwischen den Zellen, entstehen transparente Streifen. Alternativ können die Materiallinien lotrecht zu den Zellenstreifen entfernt werden. In Kombination mit den versetzten Zellen ergibt sich dadurch ein Schachbrettmuster, das zu einer gleichmäßigen, neutral gefärbten Durchschnittstransparenz von 10–15 Prozent führt. Es wurden zwar bereits einige tatsächlich transluzente Dünnschichtmaterialien entwickelt. Diese werden aber noch nicht kommerziell hergestellt. Transluzent bedeutet daher meist, wie hier erläutert, semitransparent.

Positiver Anschluss Eisenarmes Glas Negativer Anschluss

Abb. 2.17 Monokristalline Solarzellen in einem

semi-transparenten Modul (Glas auf der innen liegenden Rückseite). Foto: M.Art

Abb. 2.18 Typischer Aufbau eines Solarmoduls aus

kristallinem Silizium (Darstellung von unten): Da die Rückseite aus Glas besteht, ist das Modul semitransparent Die elektrischen Anschlüsse befinden sich an den Kanten des Laminats.

Abb. 2.19 Die semitransparenten PhotovoltaikFrontseitiges EVA-Laminat

Kristalline PV-Zellen Rückseitiges EVA-Laminat

module des großen Solarfelds bestehen aus opaken kristallinen Zellen, die beidseitig mit Glas laminiert sind. Foto: M.Art

Abb. 2.20 Kombination von transparenten Glasflächen und semitransparenten Photovoltaikmodulen. Foto: M.Art

Glasrückwand

2. GRUNDLAGEN

27

2.4.3 Farbe und Struktur Photovoltaikzellen erscheinen für gewöhnlich dunkel, da sie möglichst wenig Licht reflektieren sollen, um die Elektrizitätsausbeute zu erhöhen. Photovoltaikzellen aus monokristallinem Silizium sind normalerweise schwarz, grau oder blau; Zellen aus polykristallinem Silizium mittel- oder dunkelblau. Dünnschichtzellen aus amorphem Silizium besitzen eine gleichmäßig dunkle, matte Oberfläche – das Farbspektrum reicht von grau über braun bis zu schwarz. Auf CIS und CdTe basierende Zellen sind dunkelbraun bis schwarz. Durch Variation der Dicke der Antireflexbeschichtung lassen sich, wie bei den hier dargestellten bunten polykristallinen Zellen (Abb. 2.21), auch andere Farben erzielen. Dies erhöht allerdings die Reflexion und geht damit zu Lasten des Wirkungsgrads, der dann je nach Farbe zwischen 15–30 Prozent abnimmt. Bei diesen Modulen handelt es sich um maßgefertigte Produkte, deren Preis doppelt bis dreimal so hoch sein kann wie der von normalen Zellen. Die Glaslaminierung, die die Photovoltaikzellen umschließt, lässt sich mittels verfügbarer Glastechniken modifizieren, um dem Solarfeld ein anderes Aussehen zu verleihen. So lassen sich mittels Emaillierung an der Rückseite eines mit Glas laminierten Photovoltaikmoduls verschiedene ästhetische Wirkungen erzielen. In der Fallstudie in Abschnitt 6.6 wurde die Rückseite eines der Glaslaminate so behandelt, das sich eine transluzente Wirkung ergab. Zahlreiche Muster und Farben stehen bei einer keramischen Beschichtung/Emaillierung zur Verfügung. Keramische Beschichtungen dienen oft dazu, identisch aussehende Glaseinheiten herzustellen, die dann an Stellen angebracht werden, die für Photovoltaikmodule ungeeignet sind – z.B. Bereiche, die ständig im Schatten liegen. In ein mit Glas laminiertes Photovoltaikmodul lässt sich eine bedruckte oder bunte Zwischenschicht hinter der Siliziumzelle integrieren. Diese Zwischenschichten können auch mit aufgedruckten Bildern versehen sein.

Abb. 2.21 Beispiele für Farbeffekte auf polykristallinen Siliziumzellen, die durch unterschiedliche Dicken der Antireflexbeschichtung erzeugt werden. Foto: Sunways AG

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2. GRUNDLAGEN

2.4.4 Flexible und gebogene Module Flexible Photovoltaikzellen sind eine noch relativ junge Entwicklung und eröffnen Architekten viele attraktive Anwendungsmöglichkeiten. Gebogene Module mit einem Radius von mindestens 0,9m lassen sich aus kristallinen Photovoltaikzellen herstellen. Dabei werden die Zellen zwischen gebogene Scheiben eingebettet oder bereits fertige Module nachträglich gebogen. Dünnschichtmodule bleiben stets flexibel und rollbar, sofern sie auf ein verformbares Substrat aufgedampft wurden. Flexible und gebogene Module werden nicht in Glas, sondern auf einem flexiblen Material wie Metall- und Kunststofffolie, Kunstharz und Glastextilmembran laminiert. Auch neue Dünnschichttechnologien machen dies möglich. Die flexiblen Photovoltaikmodule können ein sehr geringes Gewicht aufweisen und wurden bereits für bogenförmige Bauteile wie Sonnensegel oder flexible Überdachungen verwendet. Wird amorphes Silizium im Gegensatz zu dem in Abb. 2.9 gezeigten in Dünnschichttechnik auf ein Substrat aufgebracht, dann können dafür flexible Metall- oder Kunststofffolien verwendet werden. Ein solches System lässt sich beispielsweise auf eine Stehfalz-Metalleindeckung aufbringen (Abb. 2.22). Kristalline Zellen lassen sich mit Acrylkunststoffen oder Polycarbonat laminieren. Der Mindestkaltbiegeradius für Zellenverbände von 10× 10cm beträgt das 350fache der größten Schichtstärke. Gebogene Glaseinheiten mit integrierten Photovoltaikzellen bilden eine seltene Ausnahme. Wafer-artige Zellen sind spröde und brechen, wenn sie gebogen werden. Stattdessen wird meistens Acryl oder Polycarbonat verwendet, um die mit dem Glasbiegeprozess verbundenen Probleme zu umgehen. Gebogene Glas-Laminate mit integrierten PV-Modulen sind demnach nur als äußerst kostenintensive Sonderanfertigungen erhältlich. Dünnschichtzellen werden im Rahmen eines Beschichtungsverfahrens hergestellt, das ein Substrat mit ebener Oberfläche erfordert. Aus diesem Grund lassen sich Dünnschichtzellen nicht auf gebogenes Glas aufbringen. Es ist auch nicht möglich, das beschichtete Glas nachträglich zu biegen, da die Zellen während des Biegeprozesses beschädigt würden. Beachtet werden sollte, dass gewölbte Module nicht so leistungsfähig sind wie flache, da die Moduloberfläche nicht gleichmäßig zum Sonnenlicht orientiert ist.

Abb. 2.22 Rolle eines flexiblen Photovoltaik-Bedachungsmaterials mit amorphem Silizium in Dünnschichttechnik. Foto: M.Art 2. GRUNDLAGEN

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2.5 Kenndaten und Standard-Testbedingungen für Photovoltaikmodule Verglichen werden Module anhand ihrer Kenndaten zur Spitzenleistung, die in „Watts Peak“ oder WP angegeben wird. Diese Angabe wird mitunter auch als „Boiler Plate Specification“ bezeichnet. Die Messung erfolgt im Rahmen genau definierter Bedingungen, die als StandardTestbedingungen (STC) bezeichnet werden: ― die tatsächliche Temperatur der Photovoltaikzellen (25°C), ― die Strahlungsstärke (1 kW/m2), ― die spektrale Lichtverteilung (Luftmasse oder AM 1,5 – das Spektrum des Sonnenlichts, nachdem es beim Durchgang durch 1,5 Schichten der Erdatmosphäre gefiltert wurde). Diese Bedingungen entsprechen einem klaren, sonnigen Nachmittag, an dem die Sonne im Winkel von 60° über dem Horizont steht. Die Photovoltaikmodule sind direkt auf die Sonne ausgerichtet und die Temperatur der Luft beträgt 0°C. In der Realität trifft man diese Bedingungen nur äußerst selten an. Wenn die Sonne mit der angegebenen Stärke scheint, steigt die Temperatur auf mehr als 25°C an. Aus diesem Grund gibt man häufig auch die Nennbetriebstemperatur der Zellen (NOCT) an. Die Temperatur der Zellen wird festgelegt für eine Strahlungsstärke von 800W/m2, eine Umgebungstemperatur von 20°C und eine Windgeschwindigkeit von 1m/s. In der Fertigung werden Photovoltaikmodule mit dem so genannten „Flash Simulator“ in einer Kammer geprüft. Diese Vorrichtung ist mit einer Blitzlichtvorrichtung und Filtern ausgestattet, um das Sonnenlicht so realistisch wie möglich zu simulieren. Da die Dauer des Blitzes nur 50 Millisekunden beträgt, kann die Erwärmung der Zellen vernachlässigt werden. Damit lassen sich die elektrischen Eigenschaften des Moduls bei einer gleich bleibenden Temperatur ermitteln – der Umgebungstemperatur des Moduls/ Werks, die bei etwa 25°C liegt. Hinweise: ― Die in WP angegebene Spitzenleistung ist lediglich eine zweckmäßige Möglichkeit, die Leistung von Modulen untereinander zu vergleichen. Sie darf auf keinen Fall mit der Ausgangsleistung beispielsweise eines herkömmlichen Generators oder mit dem Spitzenbedarf an elektrischem Strom in einem Gebäude in Beziehung gesetzt werden. (Siehe „Spezifischer Ertrag“ in Kapitel 3.) ― Die Betriebstemperatur der Zellen liegt in der Regel weit über 25°C. Dies führt zu einer geringeren Spitzenleistung. (Siehe „Einfluss der Temperatur“ in Kapitel 3.)

30

2. GRUNDLAGEN

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

3.1 Standorteinschränkungen Die folgenden zwei Beispiele veranschaulichen die große Bandbreite bei der Integration von Photovoltaik in Gebäude: Das Solar Office des Doxford International Business Park verfügt über eine integrierte 73kWP-Photovoltaikfassade (Abb. 3.3) und ist für die Erzeugung von Solarenergie optimal geeignet: Die Fassade ist nach Süden zu einem Parkplatz gerichtet, somit frei von jeder Verschattung, und mit einem Winkel von um 30° optimal zur Mittagssonne orientiert. Das Gebäude an der Whitfield Street Nr. 10 in London (Abb. 3.1) steht dagegen in einer Baulücke inmitten einer dicht bebauten städtischen Umgebung. Der Architekt musste innerhalb enger räumlicher Begrenzungen arbeiten. Da sich auf dem Gebäude bereits eine solare Wasserheizung und eine begrünte Dachfläche befinden, blieb die Möglichkeit, die südgerichtete Seite der Erkerfassade mit Photovoltaik zu bestücken. Sechs Module bilden ein Solarfeld mit einer Leistung von 1,6kWP, das neben der Stromerzeugung den solaren Wärmeeintrag im Gebäudeinneren reduziert (Abb. 3.2). Obwohl es sich um ein kleines Solarfeld in suboptimaler Lage handelt, rückt es durch seine Präsenz im Straßenbild das Thema erneuerbare Energien ins Bewusstsein der Öffentlichkeit und trägt zu einer größeren Wertschätzung dieser Energielieferanten bei. Dieses Kapitel befasst sich mit den Standorten und den Gebäudetyen als zwei Schlüsselfaktoren für die Beurteilung, ob sich ein Gebäude für Photovoltaik und insbesondere für gebäudeintegrierte Photovoltaik eignet. Wo Flexibilität bei der Planung eines neuen Gebäudes möglich ist, sollte das Thema Photovoltaik von Anfang an eingebunden werden, da das Solarfeld die Orientierung, den Grundriss, die räumliche Anordnung und Form eines Gebäudes beeinflussen kann. Wenn jedoch andere Faktoren bestimmend sind für die Gebäudeform, müssen die Möglichkeiten zur Integration von Solartechnologie in ein Gebäude systematisch geprüft werden: ― 3.2 Neigung und Orientierung der verfügbaren Gebäudeoberflächen ― 3.3 Beurteilung des Verschattungsgrades ― 3.4 Anordnung der Module für den elektrischen Anschluss ― 3.5 Reduzierung der Teilverschattung auf ein Minimum ― 3.6 Temperatureffekte und Hinterlüftung ― 3.7 Potenzielle Leistungsabgabe

Abb. 3.1 Ein typischer, dicht bebauter Standort in

der Londoner Innenstadt. Blick nach Süden, links die Erkerfenster des Gebäudes Whitfield Street Nr. 10. Foto: Simon Roberts

Abb. 3.3 Blick nach Norden über den Parkplatz zur 73kWP-Photovoltaikfassade des Solar Office, Doxford International Business Park (GB). Foto: Schüco International KG

Abb. 3.2 Die südwärts gerichtete Seite der Erker-

fenster verfügt über ein 1,6kWP-Solarfeld. Für Passanten sind die PV-Module deutlich sichtbar. Foto: Simon Roberts

32

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

3.2 Auswirkung von Neigung und Orientierung 3.2.1 Grundregeln der Solartechnologie Im Rahmen des Planungsprozesses stellen Neigung und Orientierung der Fassaden, die mit Photovoltaikelementen versehen werden sollen, wichtige Ausgangspunkte dar. Um die Bedeutung von Neigung und Orientierung zu verstehen, muss man sich bewusst machen, wie Licht auf Gebäudeoberflächen auftrifft. Unter Bestrahlungsstärke versteht man die Menge an Licht, die zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine Oberfläche fällt. Die Kombination aus direkter Strahlung und diffuser Strahlung, die auf einen Standort trifft, wird als Globalstrahlung bezeichnet. Die Direktstrahlung ist abhängig vom Sonnenstand und der Sonnenbahn und trifft sowohl im Laufe eines Tages als auch im Jahresverlauf in verschiedenen Winkeln auf (Abb. 3.4). Die Diffusstrahlung fällt durch Wolken und Dunst gestreut auf eine Oberfläche und trägt ebenfalls zum Solarertrag bei. Unter Insolation versteht man die Gesamtmenge an Lichtenergie, die bei einem bestimmten Winkel über einen bestimmten Zeitraum, beispielsweise ein Jahr, einfällt. Auf der Nordhalbkugel ist eine permanent unverschattete Südorientierung die offenkundige Voraussetzung. Die maximale jährliche Photovoltaikleistung wird erzielt bei einer Orientierung nach Süden und gleichzeitiger Neigung gegen die Horizontale, die dem Breitengrad des Standorts minus ungefähr 20° entspricht. Dieser Winkel ergibt sich aus der Tatsache, dass die maximale Sonneneinstrahlung im Sommer anfällt, wenn die Sonne höher über dem Breitengrad des Standorts steht. Durch Ausrichtung der Solarelemente vorzugsweise zur Sommereinstrahlung, fällt die jährliche Leistung höher aus.

Abb. 3.4 Sonnenbahnen über das Jahr zur Sommersonnenwende und Wintersonnenwende. Die Winkel dieser Bahnen gelten für Europa oder eine ähnliche nördliche Breite. 21. Juni

21. Dezember

O

S

N

W

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

33

3.2.2 Suboptimale Neigung und Orientierung Im Gegensatz zu einer Solarstrom-Dachanlage oder einer Bodenanlage müssen bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik unter Umständen suboptimale Orientierungen berücksichtigt werden. Um die Möglichkeiten eines vorgegebenen Projekts zu vergleichen, kann man Planungstools wie zum Beispiel Diagramme über die Globalstrahlung für die Region, in der sich der Standort befindet, nutzen. Abb. 3.5 zeigt ein solches Diagramm für Freiburg, Deutschland. Für alle möglichen Neigungen und Orientierungen eines Photovoltaikmoduls lassen sich mit diesen Diagrammen die Direkt- und Diffusstrahlung für jahreszeitlich typische Wettersituationen eines bestimmten Standorts ermitteln. Sie zeigen die Abnahme der Sonneneinstrahlung bei einer bestimmten Orientierung im Vergleich zur Idealorientierung. Zur einfacheren Interpretation können die Werte aus dem Diagramm über die Globalstrahlung in Abb. 3.5 auf die verschiedenen Facetten eines Gebäudes übertragen werden, wie in Abb. 3.6 dargestellt. Bei diesem Beispiel beträgt die jährliche Gesamtleistung über 90% der Maximalleistung für die drei um 45° geneigten, südorientierten Dachfronten. Die beiden seitlichen Dachflächen und der flache obere Bereich kommen auf über 75% des Maximums, während die Gebäudeseiten über 55% der Maximalleistung erreichen. Dies zeigt, dass sich ein vertikaler Winkel deutlich auf die Leistung auswirkt, während eine Orientierung zwischen Südosten und Südwesten weniger kritisch ist.

Sonneneinstrahlung in Prozent, verglichen mit der maximalen Einstrahlung (100%) Neigungswinkel gegenüber der Horizontalen

N

90˚

Abb. 3.5 Diagramm der Sonneneinstrahlung während eines Jahres für alle Neigungswinkel gegenüber der Horizontalen und Orientierungen in Freiburg, Deutschland (Breite +50,9°, Länge +13.3°). Die maximale Sonneneinstrahlung beträgt 1,278kWh/m2 bei einer Idealposition (100%), die bei einer Neigung von 35° und einer Orientierung von genau 2° östlich der Südrichtung erreicht ist. (Die leichte Orientierung nach Osten kommt daher, dass morgens statistisch etwas weniger Bewölkung herrscht als nachmittags.)

35%

80˚ 70˚

40%

60˚

45%

50˚

50%

40˚

55%

30˚

Abb. 3.6 Ausgewählte Werte aus Abb. 3.5 für die um 45° geneigten Flächen eines Gebäudes. Die Farbschattierungen beziehen sich auf die in Abb. 3.5 dargestellte Sonneneinstrahlung.

60%

20˚

65%

10˚

70%

W

75% 80% 85% 95%

O

90% 79

100%

87

45° Neigung 78 94

97

57

93 69

56

90° Neigung S

W

67

72

S

34

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

Abb. 3.7 Analyse der Sonnenbahn für ein Gebäude an einem Februarmorgen um 10 Uhr. Zur Veranschaulichung der Faktoren Orientierung, Neigung und Verschattung wurden vier gleich große Zonen eingezeichnet. Abb. 3.8 Analyse der Sonnenbahn für ein Gebäude um 12 Uhr mittags mit den gleichen Zonen wie in Abb. 3.7. Abb. 3.9 Analyse der Sonnenbahn für ein Gebäude um 14 Uhr mit den gleichen Zonen wie in Abb. 3.7.

3.3 Verschattung und Möglichkeiten für gebäudeintegrierte Photovoltaik 3.3.1 Analyse der Verschattung

Zone 1 Zone 2

O

Zone 4 Zone 3

Zone 1 Zone 2

O

Zone 4 Zone 3

Zone 1 Zone 2

Zone 4 Zone 3

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

O

Die Leistungsfähigkeit von Photovoltaiksystemen wird von vielen Faktoren beeinflusst, von denen jedoch die Verschattung der wichtigste ist. Es wird empfohlen, das Verfahren zur Beurteilung eines bestimmten Gebäudes auf seine Eignung für gebäudeintegrierte Photovoltaik mit einem 3D-Modell und einer Sonnenbahnanalyse zu beginnen. Die Beispiele in den Abb. 3.7, 3.8 und 3.9 beziehen sich auf ein Gebäude in London an einem Tag im Februar um 10, 12 und 14 Uhr. Das Beispiel zeigt einen einfachen blockförmigen Aufbau auf dem zweistöckigen Hauptbaukörper des Gebäudes. Der Block hat eine von Nordwesten nach Südosten verlaufende Längsachse und wirft von morgens bis nachmittags einen Schatten über das Dach. Betrachtet werden vier Zonen mit gleich großer Fläche, die für eine gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage in Frage kommen. Diese werden als nummerierte Rechtecke in den Abbildungen dargestellt. Die Zonen 1, 2 und 3 sind frei von Verschattung und wären somit gute Standorte für Solaranlagen. Dabei ist zu beachten, dass die Zone 2 eine andere Neigung hat als die Zonen 1 und 3. Der vorstehende Abschnitt hat gezeigt, dass diese Zone eine andere Leistung erzeugen wird. Zudem hat die unterschiedliche Direktstrahlung einen Einfluss darauf, wie die Teile der Photovoltaikanlage elektrisch angeschlossen werden. Dieser Aspekt wird in Abschnitt 3.4 besprochen. Zone 4 ist von Verschattung betroffen und somit nicht ideal für Photovoltaik. Sie ist jedoch am Nachmittag völlig frei von Verschattung. Auch steht die Sonne später im Jahr höher am Himmel, sodass die morgendliche Verschattung geringer ist als in Abb. 3.7 dargestellt. Um einschätzen zu können, in welchem Ausmaß die elektrische Leistung abnimmt, sollten spezielle Berechnungsprogramme, beispielsweise PVSYST, eingesetzt werden. Da es in Zone 4 zeitweise zu einer Verschattung kommt, muss dies beim elektrischen Anschluss berücksichtigt werden. Während bei diesem Beispiel die Verschattung durch einen Teil des Gebäudes selbst hervorgerufen wurde, bezieht jene durch den Standort alle Verschattungen mit ein, die von der Umgebung ausgehen. Nachbarbebauung, Bäume und sogar weit entfernte hohe Gebäude können ein System verschatten, oder zu Horizontverdunkelung führen. Diesbezüglich muss beachtet werden, dass die umliegende Vegetation in Form von Bäumen und Büschen aufgrund ihres Wachstums ein System auch erst nach ein paar Jahren verschatten könnte. Das 3D-Modell sollte also auf benachbarte Gebäude erweitert werden, um alle möglichen Verschattungen zu prüfen. Diese Analyse sollte für drei Tagen im Jahr durchgeführt werden: Üblicherweise zur Wintersonnenwende (21. Dezember), zur Tagundnachtgleiche (21. März) und zur Sommersonnenwende (21. Juni). An diesen Tagen sollte jeweils stündlich geprüft werden, wo Verschattungen auftreten.

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3.3.2 Richtlinien zur Minimierung von Verschattungen Innerhalb einer Überbauung mit mehreren Gebäuden steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich Gebäude gegenseitig verschatten. Wo immer möglich, sollten Photovoltaikanlagen deshalb auf der Nordseite eines Geländes angebracht werden, das voraussichtlich dauerhaft unbebaut bleibt. Bei der Planung ganzer Quartiere ist darauf zu achten, dass höhere Gebäude im Norden angeordnet und die Gebäudehöhen nach Süden hin stufenweise verringert werden. Ferner muss berücksichtigt werden, ob weitere Gebäude in unmittelbarer Nähe hinzukommen werden. Zudem ist eine spätere Bepflanzungen und deren Wachstum einzukalkulieren. Kalifornien hat hierfür seit 1979 ein eigenes Gesetz, den sogenannten Solar Shade Control Act. Es reglementiert Bäume oder Buschwerk, die eine Solaranlage eines benachbarten Grundstücks verschatten könnten. Der Schlagschatten darf zu jedem beliebigen Zeitpunkt zwischen 10 und 14 Uhr nicht größer sein als 10% der Wirkfläche der Solaranlage. Es lässt sich festhalten, dass ein nach Süden orientiertes Gebäude (Nordhalbkugel) mit Tageslicht, passivem Solargewinn und ohne Verschattung für Photovoltaikanlagen besonders geeignet ist. Dabei ist ein Grundriss mit von Osten nach Westen gerichteter Längsachse, der eine große Südfassade und eventuell ein großes, südorientiertes Dach ergibt, vorteilhaft für die Ausstattung mit Photovoltaikanlagen. Selbstverschattung durch die Gebäudeform sollte vermieden oder auf ein Mindestmaß reduziert werden. Die zentralen Strategien während der Planungsphase dazu sind: ― Bei Dachanlagen sind Hindernisse wie Aufzugsüberfahrten, Wassertanks, Kamine und Lüftungsschächte (Abb. 3.10) im Norden anzuordnen. ― Wenn Solarfelder in die Fassade integriert werden, sollten Treppenhäuser im Norden angeordnet werden (Abb. 3.11). ― Bäume sind mit möglichst großem Abstand zu Photovoltaikfassaden zu pflanten und sollten im Winter laubfrei sein, um den Schattenwurf zu reduzieren.

S

W

S

Abb. 3.10 In der Planungsphase sollte sichergestellt werden, dass eine PV-Dachanlage nicht durch Dachaufbauten verschattet wird. Abb. 3.11 Um die PV-Fassade nicht zu verschatten

W

werden das Treppenhaus oder andere vorstehende Bauteile auf der Nordseite angeordnet.

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3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

3.4 Anschlusskonzepte 3.4.1 Wechselrichter Die potenzielle Energieausbeute nicht bzw. gering verschatteter Photovoltaikmodule, die alle im gleichen Winkel angeordnet sind, ist unabhängig von der Konfiguration des Solarfeldes. Der Planer kann in diesem Fall die Verkabelung der Konfiguration einem spezialisierten Elektrotechniker überlassen. Werden jedoch nicht alle Teile der Photovoltaikanlage gleichmäßig bestrahlt, lohnt es sich, ein Blick auf die Grundlagen einiger Verkabelungsprinzipien zu werfen, da diese Einfluss auf die Planung haben können. Die Grundbausteine der Anlage sind die Photovoltaikmodule. Ein solches Modul liefert Gleichstrom mit einer Spannung von etwa 30V (je nachdem, wie viele Solarzellen in Reihe geschaltet werden). Die elektrische Schnittstelle zwischen dem erzeugten Gleichstrom und dem im Stromnetz vorhandenen Wechselstrom höherer Spannung bildet der Wechselrichter. Die meisten Anlagen sind so aufgebaut, dass mehrere Module denselben Wechselrichter nutzen können. Wechselrichter lassen sich als zentrale Wechselrichter für eine gesamte Anlage, als String-Wechselrichter für einen Modul-String oder als Modul-Wechselrichter für einzelne Module einsetzen. Jedes dieser drei Konzepte hat seine Vor- und Nachteile – das jeweils geeignetste Konzept hängt von der Anwendung ab. Der Einsatz von zwei oder mehr String-Wechselrichtern sollte für Anlagen in Betracht gezogen werden, bei denen das Solarfeld mit Subzonen versehen ist, die sich durch unterschiedliche Orientierung und Neigung auszeichnen, oder – wie hier beschrieben – für teilweise verschattete Anlagen.

3.4.2 String-Wechselrichter Solarmodule sollten soweit möglich immer in Reihe zu einem String zusammen geschaltet werden, damit sich ihre Spannungen addieren können (Abb. 3.12). Die Kombination von Modulen zu in Reihe geschalteten Strings ist aus zwei Gründen günstig: ― einfache Verkabelung, ― Wechselrichter arbeiten bei höherer Spannung preiswerter und mit einem besseren Wirkungsgrad. Durch jedes in Reihe geschaltete Modul fließt exakt der gleiche Strom. Da die Stromstärke konstant bleibt, kann auch die Bemessung der Kabel (Querschnitt der Kupferleitung) konstant bleiben. Werden die Module dagegen parallel geschaltet, liegt zwar an allen die gleiche geringe Spannung an, der am Wechselrichter ankommende Strom ist allerdings so stark, dass dickere Kabel erforderlich sind (Abb. 3.13). MPPT

= DC

AC

~

MPPT

Abb. 3.12 In Reihe an einen Wechselrichter ange-

= DC

~ AC

~

schlossene Solarmodule. Da der Strom sämtliche Module durchläuft, kann die ursprüngliche Kabelstärke auch beim Hinzufügen zusätzlicher Module beibehalten werden. MPPT: Maximum Power Point Tracker.

Abb. 3.13 Parallelanschluss der Solarmodule an einen Wechselrichter. Das Diagramm zeigt schematisch, wie die Dicke des Leiters zunehmen muss, da die Stromstärke mit jedem Modul weiter ansteigt.

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

37

→ 3.4.2 Angesichts der Produktionstoleranzen sind die Module am besten nach der Stromstärke zu sortieren, um bei in Reihe geschalteten Strings Verluste aufgrund fehlerhafter Abstimmung zu verringern. Solarfeld-Wechselrichter spielen eine weitere wichtige Rolle. Sie stimmen mittels eines „Maximum Power Point Tracker“ (MPPT) die jeweilige Leistungscharakteristik von Solarmodulen ab. Da sich die Strahlungsintensität in jedem Moment ändert, stellt der MPPT die Betriebsspannung (Gleichstrom), mit der das Solarfeld arbeitet, präzise ein. Die Spannung wird automatisch so angepasst, dass das Produkt aus Stromstärke und Spannung (Wert der Stromstärke mal dem Wert der Spannung) so groß wie möglich ist, um die maximale Leistung zu erzielen. Abb. 3.14 zeigt eine Nahaufnahme von Abb. 3.7, aus der die vier Zonen hervorgehen. Die Zonen 1 und 2 haben eine unterschiedliche Neigung. Deshalb werden sie stets unterschiedlich bestrahlt. Würde man die beiden Zonen nun in Reihe zu einem String schalten, würde sich die erzeugte Leistung nach dem kleinsten Faktor berechnen – den Modulen, die die geringste Strahlungsmenge erhalten. Mit einer solchen Anordnung könnte das volle Stromerzeugungspotenzial der stärker bestrahlten Module also nicht ausgenutzt werden. Die vier Zonen ließen sich wie in Abb. 3.15 dargestellt als separate, in Reihe geschaltete Strings verbinden. Jede Zone ist auf der DC-Seite von jeder anderen effektiv getrennt, und jeder String-MPPT kann Stromstärke und Spannung entsprechend der Bestrahlungsstärke bzw. teilweisen Verschattung optimieren. Die von den Strings erzeugte Leistung wird erst in Form der gemeinsamen Wechselspannung zusammengeführt, unabhängig davon, ob ein hoher oder niedriger Strom erzeugt wird.

Zone 1 Zone 2 Zone 4 Zone 3

3.4.3 Einteilung eines Solarfeldes in Zonen MPPT

MPPT

MPPT

MPPT

=

=

=

=

DC

DC

AC

~

DC

AC

~

DC

AC

~

AC

~ ~

Abb. 3.14 Nahansicht des Gebäudes aus Abb. 3.17, aus der die vier Zonen hervorgehen.

Abb.3.15 Ein Solarfeld aus 20 zu Strings verbundenen Photovoltaikmodulen, die an vier separate Wechselrichter angeschlossen sind.

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Aufgrund der einfacheren und kostengünstigeren Montage lassen sich mit StringWechselrichtern wirtschaftlichere Lösungen erzielen. Aus diesem Ansatz können einige Grundprinzipien für die Einteilung eines Solarfeldes in Zonen abgeleitet werden (siehe Abb. 3.14): ― Die Zonen müssen so groß bemessen werden, dass eine hohe Spannung entsteht. ― Wenn möglich, sollten alle Zonen die gleiche Fläche aufweisen (aus der gleichen Anzahl von Modulen bestehen), damit man mit einem Wechselrichtertyp auskommt und sich Wartung und Austausch vereinfachen. ― Alle Module einer Zone sollten die gleiche Strahlungsmenge erhalten (gleiche Neigung und Ausrichtung). ― Wenn sich zwei oder mehr Zonen an einer Seitenfläche des Gebäudes befinden, ist das Verschattungsmuster zu berücksichtigen, um die verschatteten Module zusammenzuhalten. Die Gliederung eines Solarfeldes in einheitliche Bereiche hat negative Auswirkungen auf die Gestaltungsmöglichkeiten, da sich die verfügbare Wandfläche möglicherweise so nicht ausfüllen lässt. Um ein gleichmäßiges Erscheinungsbild sicherzustellen, werden eventuell energetisch unwirksame Solarmodulattrappen oder optisch gleichartige Paneele benötigt. Beide Lösungen kamen in Kapitel 6.5 bei der Fallstudie „Co-operativ Insurance Tower“ zum Einsatz.

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

Abb. 3.16 Beispiel für verschattungsfreie Solarmodule an einer Fassade. Foto: Schüco International KG Abb. 3.17 Die Verschattung nur eines Solarmoduls

reduziert die Menge an erzeugter elektrischer Energie beträchtlich – wie das Zusammendrücken eines Schlauchs den Wasserdurchfluss verringert.

3.5 Teilverschattung Solarzellen arbeiten am besten, wenn sie gleichmäßig bestrahlt werden. Wie bereits vorstehend erläutert, führt Verschattung zu Leistungseinbußen. Aber selbst eine unbedeutend erscheinende teilweise Beschattung durch einen nahegelegenen Kamin, durch die Äste eines Baumes oder einen Laternenmast kann die Stromproduktion erheblich verringern. Selbst über das Gebäude verlaufende Überlandleitungen werfen einen kleinen Schatten, der sich negativ auswirkt. Die Wirkung der teilweisen Verschattung lässt sich anhand einer in einem Schlauch fließenden Flüssigkeit (Abb. 3.17) veranschaulichen. Die Ladungsträger, die für die elektrische Leitfähigkeit eines photovoltaischen Materials sorgen, sind nur vorhanden, wenn dieses photovoltaische Material Licht ausgesetzt ist. Deshalb kommt durch Verschattung nicht nur die Energie-, sondern die gesamte Stromerzeugung zum Erliegen, so dass aus der Zelle ein elektrischer Widerstand wird. Ist eine Zelle verdunkelt, wird der in den anderen, bestrahlten Zellen erzeugte Strom durch diese verdunkelte Zelle geleitet, was zu Wärmeproblemen führen könnte. Allerdings werden die Module normalerweise mit Bypass-Dioden versehen, um eine Überhitzung zu vermeiden. Eine Bypass-Diode wird gewöhnlich über 18 bis 20 Zellen verschaltet. In einem 36-Zellen-Modul kommen so zwei Bypass-Dioden zum Einsatz. Wenn nun eine Zelle in einem solchen Modul verschattet würde, würden sich durch die Schutzwirkung der Bypass-Diode sowohl die Spannung als auch die abgegebene Leistung halbieren. Ein dünnes Objekt wie ein Kabel oder Handlauf wirft einen umso dunkleren Schatten, je näher es sich an einer Zelle befindet. Wird die Entfernung vergrößert, wird auch der Schatten größer und unschärfer. Er wirkt sich damit weniger stark auf die elektrische Leistung aus, da sich die Verschattung nicht nur auf wenige Zellen konzentriert. Die unmittelbare Umgebung eines Moduls ist daher sorgfältig zu berücksichtigen. Abb. 3.16 zeigt ein Beispiel, wie sich negative Einflüsse auf Solarmodule vermeiden lassen.

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

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3.6 Temperatureffekte und Hinterlüftung 3.6.1 Wärmewirkung Bei einem solaren Warmwasserkollektor nimmt die Leistung mit der Temperatur zu. Photovoltaische Technologien unterscheiden sich hiervon grundlegend, da ihr Wirkungsgrad mit steigender Temperatur des Moduls abnimmt. Photovoltaikmodule wandeln 10–15 Prozent der Sonnenenergie in elektrischen Strom um. Der größte Teil der einfallenden Energie wird daher in Wärme umgewandelt. Bei kristallinen Siliziumzellen nimmt der Wirkungsgrad bei einer Temperaturerhöhung, pro Grad Celsius fast linear um 0,4 Prozent ab. Bei amorphen Siliziumzellen ist dieser Effekt je nach spezifischem Herstellungsprozess etwa halb so groß. Die Temperaturdifferenz zwischen der Photovoltaikfläche und der Umgebung hängt von der Strahlungsstärke ab und kann auf mehr als 40°C steigen. Bei hohen Umgebungstemperaturen im Sommer können Solarzellen daher durchaus 70–75°C erreichen. Modulhersteller geben mitunter die Nennbetriebstemperatur der Zellen (NOCT) an. Diese wird bei einer Bestrahlungsstärke von 800W/m2, einer Umgebungstemperatur von 20°C und einer Windgeschwindigkeit von 1m/s ermittelt.

3.6.2 Leistungsreduzierungswerte Die tatsächliche Temperatur des photovoltaischen Material, hängt davon ab, wie gut es die Wärme ableiten kann. Ist es auf der Rückseite gedämmt, kann die Wärme nur über die Vorderseite abgegeben werden, somit verringert sich dessen Wärmeableitfähigkeit. Wenn möglich sollte zwischen den Solarmodulen und der dahinter liegenden Wand eine Hinterlüftung vorgesehen werden, die eine Kühlung des Photovoltaiklaminats durch natürliche Konvektion ermöglicht (Abb. 3.18). Nachstehend einige Richtwerte zur Leistungsreduzierung bei kristallinen Siliziummodulen in verschiedenen Dachkonstruktionen im Vergleich zu einem freistehenden Solarfeld, dessen Temperatur lediglich um 22°C über der Umgebungstemperatur liegt: ― Mit großem Luftspalt – 1,8% (28°C wärmer) ― Mit guter Hinterlüftung – 2,1% (29°C wärmer) ― Mit schlechter Hinterlüftung – 2,6% (32°C wärmer) ― Ohne Hinterlüftung – 5,4% (43°C wärmer) Nachstehend einige Richtwerte für die Leistungsreduzierung bei einer vertikalen Fassade, wiederum im Vergleich zu einem freistehenden Solarfeld: ― Mit guter Hinterlüftung –3,9% (35°C wärmer) ― Mit schlechter Hinterlüftung – 4,8% (39°C wärmer) ― Ohne Hinterlüftung – 8,9% (55°C wärmer)

Abb.3.18 Solarmodule sollten wenn möglich die durch Sonneneinstrahlung aufgenommene Wärme abgeben können. Gewöhnlich wird zwischen den Solarmodulen und der dahinterliegenden Gebäudehülle ein Luftspalt vorgesehen, der zur Kühlung durch natürliche Konvektion dient.

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3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

3.7 Standort und Leistung Wenn ein Gebäude als geeignet für das Anbringen von Solarzellen erkannt ist, kann die potenziell erzielbare elektrische Leistung geschätzt werden.

3.7.1 Tägliche Bestrahlung

8

3,57kWh/(m²·Tag) [kWh/(m²·Tag)]

Ausgangspunkt für die Schätzung der elektrischen Leistung ist natürlich die am jeweiligen Standort verfügbare Menge an Solarenergie. Ein hierfür nützliches Maß stellt die tägliche durchschnittliche Sonneneinstrahlung dar, die oft in der Energieeinheit kWh angegeben wird (nicht zu verwechseln mit der elektrischen Energie, für die die gleiche Einheit verwendet wird). Die tägliche Sonneneinstrahlung variiert mit den Jahreszeiten – sie nimmt mit der Länge der Tage und dem höheren Sonnenstand zu. Abb. 3.19 zeigt die tägliche Sonneneinstrahlung im Monatsmittel für einen Standort auf der Nordhalbkugel. Bei der Sonneneinstrahlung werden auch die in der Gegend herrschenden Wetter- und Bewölkungsverhältnisse mit berücksichtigt. Im vorliegenden Beispiel wirken sich die Wetterverhältnisse auf die niedrigeren Werte für Oktober gegenüber den entsprechenden Werten für März aus – die Tageslänge ist jeweils gleich. Bei Solaranlagen, die an das öffentliche Stromnetz angeschlossen sind, wird die Energieerzeugung normalerweise über das gesamte Jahr betrachtet. Daher kann für die tägliche Sonneneinstrahlung ein Jahreszeiten übergreifender jährlicher Durchschnittswert herangezogen werden. Diese Zahlen wurden in Abb. 3.20 als Kurven für Standorte in aller Welt dargestellt. Die Daten stammen aus langjährigen Klimaaufzeichnungen und stellen so ein „typisches“ Jahr dar. Die Bestrahlung über einen Zeitraum von einem Jahr ist oberhalb des nördlichen Wendekreises dann am größten, wenn die betroffene Fläche eine Neigung gegenüber der Horizontalen aufweist, die dem Breitengrad auf dem sich diese befindet abzüglich ca. 20° entspricht und in Richtung Süden ausgerichtet ist. Man beachte, dass die Werte in Tabelle Abb. 3.20 für eine waagrechte Oberfläche gelten. Bezeichnet werden diese als durchschnittliche tägliche globale horizontale Sonnenstrahlung. Andere Arten von Karten weisen Werte für flache, nach Süden ausgerichtete Flächen (auf der Nordhalbkugel) auf, die entsprechend dem Breitengrad geneigt sind. Durch die Neigung lassen sich an nördlicher gelegenen Standorten im Vergleich zur Karte höhere Werte erzielen.

6

4

2

0

Jan Feb Mar Apr Mai Juni  Juli

Aug Sep Okt  Nov Dez

Abb. 3.19 Beispiel für die tägliche Sonneneinstrahlung im jeweiligen Monatsmittel auf einen Standort auf der Nordhalbkugel. Im Juli wird mit fast 6kWh/ (m2q5BH  EFS IÑDITUF  JN %F[FNCFS NJU  ƽL8I (m2q5BH EFSOJFESJHTUF8FSUFSSFJDIU%FSK¿ISMJDIF Durchschnittswert beträgt 3,57kWh/(m2q5BH  Abb. 3.20 Sonneneinstrahlung auf eine horizontale Ebene im Jahresdurchschnitt weltweit (Neigung = 0°). Untenstehend die Umrechnung der in der Karte angegebenen Werte [in kWh/(m2q5BH >JOFOUTQSFchende andere Einheiten: -------------------------------------------------kWh/(m2·Tag) kWh/(m2·Jahr) MJ/(m2·Jahr) -------------------------------------------------1 365 1,3 2 730 2,6 3 1095 3,9 4 1460 5,3 5 1825 6,6 6 2190 7,9 7 2555 9,2 --------------------------------------------------------

1

1 2 3

2 6

3

4 7

+ 23.5°

4

5 5 4 3 2 1

3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

– 23.5°

4 3 2 1

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3.7.2 Elektrische Leistung An dieser Stelle können die wichtigsten Faktoren zusammengestellt werden, die die gesamte elektrische Leistung einer photovoltaischen Anlage über das Jahr gesehen bestimmen: ― Durchschnittliche tägliche Sonneneinstrahlung im Jahresmittel (Abschnitt 3.7.1) ― Neigung und Orientierung des Solarfeldes (siehe Abb. 3.6). ― Möglichkeit einer Voll- oder Teilbeschattung (siehe Abb. 3.17). ― Ausmaß der solaren Erwärmung (oder Ineffektivität der Kühlung durch Hinterlüftung, Abb. 3.18). ― Wirkungsgrad der übrigen Systemkomponenten (Abschnitt 2.1). ― Wirkungsgrad der Solarmodule je nach Art des verwendeten photovoltaischen Materials (Abschnitt 2.5). Zur Berechnung sind zahlreiche fachspezifische Computerprogramme erhältlich. Hier einige Beispielswerte zur Veranschaulichung der Berechnungen: ― Die verfügbaren Daten weisen für den Standort eine durchschnittliche tägliche Sonneneinstrahlung von 3,5kWh/(m2q5BH CFJFJOFSIPSJ[POUBMFO'M¿DIFVOE 4,0kWh/(m2q5BH CFJFJOFS'M¿DIFNJUFSUSBHTPQUJNJFSUFS/FJHVOHBVG ― Eine vertikale, nach Süden orientierte Fläche hat gegenüber einer optimal geneigten Fläche einen relativen Wirkungsgrad von 72 Prozent. ― Die Südfront ist beschattungsfrei. ― Die Erwärmung der Photovoltaikanlage verringert die Leistung um 4 Prozent. ― Die Verluste durch die übrigen Systemkomponenten belaufen sich auf 15 Prozent. Die geschätzte Jahresleistung pro kWP der Photovoltaikanlage würde dann betragen: +BISFTMFJTUVOH5BHF+BISq ƽL8I Nq5BH qqq = 860kWh (elektrisch)/Jahr Besteht das Solarfeld aus monokristallinem Silizium mit 8m2/kWP (Abschnitt 2.5), geht man davon aus, dass auf einer Fläche von 8m2 Elektrizität in der Größenordnung von 860kWh/Jahr erzeugt werden kann. Das entspräche circa 175kWh/Jahr pro Quadratmeter.

3.7.3 Spezifische Ausbeute Ein nützlicher Parameter, der die Erzeugungsdaten nahe gelegener Photovoltaikanlagen nutzt, ist die spezifische Energieausbeute. Dabei handelt es sich um die erzeugte Energie geteilt durch die Nennleistung bzw. das STC-Rating in der Einheit kWh/(kWPqZ "OEFSTBVTHFES×DLUc8JFWJFM&OFSHJFXJSEJN-BVGFFJOFT Jahres von einer bestimmten Menge installierter Solarmodule [1kWP] erzeugt“. Die Energiemenge lässt sich direkt von einem Stromzähler ablesen. Damit berücksichtigt man geringere Systemleistungen durch Verluste, die mit den übrigen Systemkomponenten (BOS) wie Wechselrichtern, Widerstand der Verkabelung und Lastabgleich zusammenhängen. In dieser Zahl sind viele Faktoren enthalten wie Längengrad, Wetter, Orientierung, Art der Anlage sowie die Frage, wie gut das System geplant und gewartet wurde. Daher sollte ein Vergleich mit ähnlichen Anlagen unter ähnlichen Bedingungen durchgeführt werden. In Kapitel 13 wird die Leistungsfähigkeit aller in diesem Handbuch vorgestellten Fallstudien einschließlich der spezifischen Erträge verglichen. Beispielhaft seien hier folgende Werte erwähnt: ― System in Hamburg, Deutschland, an einer vertikalen, nach Süden orientierten Fläche: 599kWh/(kWPq+BIS

― System in San Francisco, USA, an einer horizontalen Fläche: 1238kWh/(kWPq+BIS

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3. PHOTOVOLTAIK FÜR PLANER

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

4.1 Integration in die Gebäudehülle Photovoltaikmodule als Aufbaukonstruktion erfüllen nur den einen Zweck, nämlich die Erzeugung von Strom durch Sonnenenergie. Dieses Handbuch befasst sich jedoch mit der Integration von Photovoltaiksystemen in Gebäuden, bei der die Photovoltaikelemente die Funktion der Fassaden- und Dachbekleidungen, die sie ersetzen, übernehmen. Die Hülle eines Gebäudes bildet die Schnittstelle zwischen einem kontrollierten inneren Raumklima und dem variablen Außenklima. Sie muss ein hohes Maß an Luftdichtheit erreichen, um ein unerwünschtes Aufheizen oder Abkühlen der Räume aufgrund von Zugluft (unkontrollierter Luftaustausch) zu vermeiden und die Effizienz von etwaigen Belüftungssystemen sicherzustellen. Die Gebäudehülle muss außerdem wasserdicht sein, daher sollten sämtliche Fassadenbekleidungen stets dem Prinzip einer „Reihenfolge von Verteidigungslinien“ gegen den Wassereintritt entsprechen. Zudem muss sie die Wärmetransmission zwischen Innen und Außen begrenzen, um ein behagliches Innenraumklima mit einem möglichst geringen Energieeinsatz zu schaffen. Über ihre Wärmeschutzfunktion hinaus müssen die Gebäudehüllen so konstruiert sein, dass sie Eigenlasten, Nutzlasten wie Windlasten oder durch Wartungsarbeiten verursachte Lasten und gegebenenfalls Sonderlasten wie Erdbeben- oder Explosionsgefahren standhalten können. Die Fassade übernimmt drüber hinaus eine Regulierungs- und Steuerungsfunktion im Bezug auf Tageslichteinfall, Lüftung und Sonnenenergieeintrag, Wahrung der Privatsphäre, Sicherheit und Abgrenzung. Hinzu kommen die Anforderungen, denen ein gebäudeintegriertes Photovoltaiksystem gerecht werden muss: ― Farbe, Erscheinungsbild, Größe ― Witterungsdichtheit ― Windlasten ― Beständigkeit und Wartung ― Sicherheit in den Bau- und Nutzungsphasen (Brand, Elektrizität, mechanische Sicherheit) ― Kosten Ob die Integration einer Photovoltaikanlage angebracht ist, wird von vielen Faktoren beeinflusst, von der Konstruktion, den Materialien und der Oberflächenbehandlung, außerdem von der Größe, den Maßen und der Gliederung dr Komponenten, wobei stets das konstruktive System als Ganzes berücksichtigt werden muss. Um sowohl den baulichen Anforderungen als auch denen für die Energieerzeugung (Kapitel 3) gerecht zu werden, ist es entscheidend, dass die Integration von Photovoltaik zu Beginn des Planungsprozess mit einbezogen wird.

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4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

4.2 Möglichkeiten zur Integration von Photovoltaik Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die verschiedenen Fassadensysteme, in die Photovoltaik-Paneele integriert werden können. Abb. 4.1 zeigt eine Übersicht über die verschiedenen Fassaden, die später detailliert in den Kapiteln des zweiten Teils dieses Leitfadens beschrieben werden. ― Verschattungselemente (Kapitel 5) stellen die einfachste Möglichkeit zur Photovoltaikintegration dar, da es sich dabei im Wesentlichen um eine additive Konstruktion handelt, die eine Doppelfunktion erfüllen kann: Schutz vor übermäßiger solarer Erwärmung und Erzeugung von Strom. ― Vorgehängte hinterlüftete Fassaden (Kapitel 6) kommen bei einer klassischen Bauweise zum Einsatz. Hier bilden Photovoltaikelemente die äußere Schale. ― Eine Pfosten-Riegel-Fassade (Kapitel 7) ist ein Typus einer leichten Vorhangfassade, die vor Ort montiert wird und somit ein Gerüst erforderlich macht. Solarmodule können sowohl die opaken als auch die transparenten Ausfachungen ersetzen. ― Elementfassaden (Kapitel 8) sind ein anderer Typ von leichten Vorhangfassaden, zeichnen sich jedoch durch im Werk vorgefertigte Elemente aus, die ohne Gerüst installiert werden können. Werden typischerweise beim Hochhausbau verwendet. ― Doppelfassaden (Kapitel 9) sind hochwertige Konstruktionen, die in verschiedensten Konfigurationen realisiert werden. ― Atrien und Überdachungen (Kapitel 10) sind horizontale oder geneigte Oberflächen, die für die Integration von Photovoltaikmodulen genutzt werden können. Verglasungen werden in Kapitel 7 und 8 besprochen.

Abb. 4.1 Möglichkeiten zur Integration von Photovoltaik, wie in Teil 2 des Handbuchs beschrieben.

Kapitel 5 Verschattungselemente Kapitel 6 Vorgehängte hinterlüftete Fassaden Kapitel 7 Pfosten-Riegel-Fassaden Kapitel 8 Elementfassaden Kapitel 9 Doppelfassaden Kapitel 10 Atrien und Überdachungen

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

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4.2.1 Sonnenschutzvorrichtungen Das Bestreben in der Architektur, den Komfort für die Gebäudenutzer hinsichtlich Tageslichteinfall und Ausblick zu steigern, führt dazu, dass vermehrt großformatige Fensterflächen erwünscht sind. Diese benötigen oftmals Verschattungselemente wie beispielsweise Lamellen, um den solaren Wärmeeintrag zu begrenzen. Externe Lamellen, sowohl horizontale als auch vertikale, fix oder beweglich, aus Metall oder Glas, können direkt an der Gebäudehülle oder mit einem gewissen Abstand montiert werden. Deren Unterkonstruktion wird entweder an der Fassadenkonstruktion, oder durch diese hindurch direkt am Rohbau befestigt. Zentrale Themen bei der Planung von externen Lamellen sind die auftretenden Windlasten, deren Beständigkeit und deren Zugänglichkeit für Wartungs- und Reinigungsarbeiten. Lamellen sind aufgrund ihrer Neigung und Hinterlüftung geeignete Oberflächen für Photovoltaikmodule (Abb. 4.2). Problematisch ist wiederum die Gefahr der gegenseitigen Verschattung bei bestimmten Einfallwinkeln des Sonnenlichts. Dies reduziert die Leistung der Module. Sonnensegel sind Verschattungselemente mit größerer Oberfläche, die, korrekt geneigt und ausgerichtet, vor direkter Sonneneinstrahlung schützen und für eine hohe solare Ausbeute sorgen.

4.2.2 Vorgehängte hinterlüftete Fassade Aus konstruktiver Sicht unterscheidet man zwischen zwei grundlegenden Fassadetypen: ― Tragende Außenwände ― Nichttragende Fassaden Die in diesem Abschnitt beschriebenen hinterlüfteten Fassaden werden mit dem ersten Fassadentypus verwendet, während der zweite Fassadentypus, bekannt als Vorhangfassade, später beschrieben wird. Traditionell wurden Außenwände in Europa und in Ländern mit ähnlichen klimatischen Bedingungen als tragendes Mauerwerk errichtet, zunächst aus Stein, später aus Mauerziegel (Abb. 4.3). Dabei wird Mörtel verwendet, um die Steine zusammenzuhalten und zu versiegeln. Zum Schutz der Mörtelfugen wird oftmals ein Verputz angebracht. Fenster werden in die tragenden Außenwände integriert oder installiert, entweder als Lochfenster oder als durchgehende Fensterbänder. Neben dem traditionellen Mauerwerk werden tragende Außenwände heutzutage auch aus Beton hergestellt. Besonders in feuchten Klimaregionen führten Feuchtigkeitsschäden an Flächen, die starkem Regen ausgesetzt waren, schließlich zur Einführung von zweischaligem Mauerwerk. Das Eindringen von Feuchtigkeit von außen nach innen wird durch einen Luftzwischenraum zwischen der äußeren und inneren Schale verhindert. Gleichzeitig

Abb.4.2 In Sonnenblenden integrierte Photovoltaikmodule bei einem Bürogebäude in London (UK). Foto: Keith Morrison Mit Genehmigung von: Romag Abb.4.3 Beispiel für eine tragende Mauerwerkswand, wie sie in Europa und Regionen mit ähnlichen klimatischen Verhältnissen traditionell verwendet wird. Foto mit Genehmigung von: Arup

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4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

Abb. 4.4 Beispiel für eine Wetterschutzfassade mit partieller Metallbekleidung. Foto: Graham Gaunt Mit Genehmigung von: Arup

Abb. 4.5 Beispiel für eine Fassade mit Terrakottaverkleidung. Foto mit Genehmigung von: Arup

erleichtert die Belüftung des Hohlraums dessen Austrocknung. Mit einer zweischaligen Wand erübrigt sich somit die Notwendigkeit eines Außenputzes. Derselbe Effekt einer Feuchtigkeitssperre kann mit verschiedenen Bekleidungsarten erreicht werden, die als äußere Wetterschutzschale dienen. Ursprünglich wurden dazu Schiefer, Ziegel und Holz verwendet. Später kamen Steinplatten oder Kunststoffpaneele dazu, außerdem Faserplatten, Metallbleche oder Buntglaspaneele (Abb. 4.4 und Abb. 4.5). Die Wetterschutzschale verringert die Wandstärke verglichen mit massiven Außenschalen. Zudem können verwitterte oder veraltete Fassadenbekleidungen leicht ausgetauscht werden. Vom statischen Standpunkt aus gesehen, handelt es sich dabei um eine einschalige Wandkonstruktion mit einer hinterlüfteten Bekleidung. Vorgehängte hinterlüftete Fassade können in ihrem äußeren Erscheinungsbild nichttragenden Fassaden gleichen, sind jedoch völlig anders konstruiert. Demnach versteht man unter einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade die Anbringung einer hinterlüfteten Bekleidung auf ein neues oder bestehendes Gebäude in Form einer Doppelwandkonstruktion mit der äußeren Schicht, die vor Regen schützen soll, und der inneren relativ trockenen Schicht, die als Wärmeschutz fungiert, übermäßigen Luftaustausch verhindert und Windlasten standhält. Die äußere Schicht atmet wie eine Haut, während die innere Energieverluste mindert. Die innere tragende Schale kann aus Beton, Mauerwerk oder aus einer tragenden Ständerkonstruktion bestehen. Sie wird auf der Außenseite zuerst mit einer dampfdichten Folie abgedichtet, anschließend mit einer Wärmedämmung versehen und gegebenenfalls zusätzlich mit einer transfusionsoffenen Folie auf der kalten Seite der Wärmedämmung abgedichtet. Da die äußere Schicht weder über eine Wärmedämmung noch über eine Verbindung zu den warmen Bereichen eines Gebäudes verfügt, nennt man diese manchmal auch Kaltfassade. Hinterlüftete Fassadenbekleidungen werden immer vertikal angebracht, da die Fugen zwischen den Paneelen zum Zwecke der Belüftung offen sind und bei geneigten Wänden eindringendes Wasser zum Problem werden könnte. Im Bereich von opaken Fassadenbereichen sind vorgehängte hinterlüftete Fassaden eine kostengünstige Alternative zu Vorhangfassaden. Da eine hinterlüftete Fassade die Gebäudehülle mit opaken Elementen bedeckt, bietet sich eine Integration von Photovoltaikmodulen an, da sie ohne wesentliche Änderung der bestehenden Konstruktionstechnik auskommt. Vorgehängte hinterlüftete Fassaden werden an massiven Außenwänden aufgehängt und bestehen aus einer Unterkonstruktion und deren Verankerung. Der belüftete Hohlraum innerhalb des Systems hilft dabei, die Betriebstemperatur der Solarzellen niedrig zu halten und verbessert dadurch deren Leistung. Zudem bietet der Luftzwischenraum Platz für Kabeltrassen.

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

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Abb.4.6 Beispiel eines Gebäudes mit Vorhangfassade, bei dem die äußeren Wände keine tragende Funktion haben. Foto: David Millington Photography Limited Mit Genehmigung von: Arup

4.2.3 Vorhangfassadensysteme Die gängige Verwendung von Baustahl und Stahlbeton ermöglicht es, relativ kleinen Stützen große Lasten zu tragen, so dass die Außenwände von Gebäuden keine tragende Funktion mehr übernehmen müssen. Als vorgehängte Fassade bezeichnet man am Baukörper befestigte Außenwände (Abb. 4.6) die weder Decken- noch Dachlast des Gebäudes tragen. Die Lasten der Vorhangfassade selbst wird durch deren Anschluss an den Baukörper im Bereich der Decken oder Stützen in das Tragwerk des Gebäudes eingeleitet. Eine Vorhangfassade verhindert das Eindringen von Luft und Wasser, widersteht den Windkräften, die auf das Gebäude einwirken und trägt ihre Eigenlast. In Erdbeben-Regionen muss eine Vorhangfassade auch Kräften widerstehen, die durch die eigene Massenträgheit entstehen. Vorhangfassaden werden auch als Warmfassaden bezeichnet, da die thermisch aktive Ebene sich direkt auf der Oberfläche des Gebäudes befindet. Vorhangfassaden werden Typischerweise aus Stahl- oder stranggepresstem Aluminiumprofilen konstruiert. Die entstandene Rahmenkonstruktion wird üblicherweise mit Verglasungseinheiten versehen, was einem architektonisch ansprechenden Äußeren zugute kommt sowie hinsichtlich einer natürlichen Belichtung vorteilhaft ist. Jedoch sind bestimmte Faktoren wie solarer Energieeintrag, Behaglichkeit oder visueller Komfort bei Vorhangfassaden mit hohem Glasanteil schwieriger in den Griff zu bekommen. Andere gebräuchliche Bekleidungsmaterialien sind Natursteinplatten, Metallpaneele, externe Sonnenschutzvorrichtungen, Fenster- oder Lüftungsflügel, usw. Vorhangfassaden können sich über mehrere Stockwerke erstrecken und sind dabei sowohl für senkrechte als auch für geneigte eine anerkannte, gängige und wirtschaftliche Lösung. Photovoltaikmodule können die gesamte Oberfläche bedecken. Verglichen mit vorgehängten hinterlüfteten Fassaden jedoch, kann deren Leistung aufgrund der fehlenden Hinterlüftung der Module eingeschränkt sein. Eine Doppelfassade, wie sie später beschrieben wird, wäre hierfür ein kostspieliger und ungemein komplexerer Lösungsansatz. Es gibt zwei Konstruktionsarten von leichten Vorhangfassaden: ― Als Pfosten-Riegel-Fassade, die vor Ort installiert wird. ― Als Elementfassade, die im Werk vorgefertigt wird.

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4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

4.2.4 Pfosten-Riegel-Fassade Pfosten-Riegel-Fassaden sind sehr verbreitet und bestehen aus vertikalen Rahmenelementen (Pfosten), die von Decke zu Decke spannen und zuerst errichtet werden (Abb. 4.7). Anschließend werden zwischen den Pfosten die horizontalen Riegel montiert. In diese Rahmenkonstruktion werden Füllelemente eingebaut wie Festverglasungen oder Öffnungsflügel oder gedämmten Paneele mit Naturstein-, Metallblech- oder Glasaußenseite. Die Füllelemente werden in einem Falz gehalten und sind eingeschränkt beweglich, um Toleranzen, Bewegungen und Verformungen auszugleichen. Diese Konstruktionsart bedarf in besonderem Maße erfahrener Arbeitskräfte, da vor Ort montiert wird. Auf der Baustelle müssen Montageverfahren, Toleranzen, Bewegungsfugen und die Abdichtungen kontrolliert werden. Die Montage erfordert ein Baugerüst, ist zeitaufwändig und kann durch ungünstige Wetterverhältnisse verzögert werden. Pfosten-Riegel-Fassaden kommen oft bei geringeren Gebäudehöhen zum Einsatz, bei denen ein Bekleidungssystem von mittlerer bis hoher Qualität erforderlich ist. Verglichen mit anderen Vorhangfassadensystemen sind die Kosten pro Quadratmeter geringer und der Austausch von einzelnen Elementen ist unkomplizierter. Da für die Montage ein Gerüst erforderlich ist, empfiehlt sich dieses System jedoch nicht bei Hochhäusern. In Pfosten-Riegel-Fassaden können Solarmodule entweder in die transparenten oder opaken Bereiche der Fassade integriert werden. Sie können auf die gleiche Weise wie Verglasung montiert und abgedichtet werden. Jedoch müssen die Maße der verwendeten Module genau auf die Fassade abgestimmt sein, so dass in der Regel Maßanfertigungen erforderlich sind.

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Abb. 4.7 Montage einer Pfosten-Riegel-Fassade auf der Baustelle. Foto mit Genehmigung von: Arup

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4.2.5 Elementfassaden Elementfassaden wurden entwickelt, um die Nachteile der Pfosten-Riegel-Fassaden (Gerüste, Verkehrslasten und lange Bauzeiten) zu umgehen. Sie werden aus im Werk vorgefertigten geschosshohen Modulen zusammengesetzt, bestehend aus Stahl- oder Aluminiumrahmen, Verglasung und opaker Füllung. Die Elemente enthalten alle für eine Gebäudehülle nötigen Komponenten, wie Witterungsschutz, Wärmedämmung, Dampfsperren, Brandschutzvorrichtungen, Unterkonstruktionen und Füllungen. Die Herstellung findet unter kontrollierten industriellen Bedingungen mit großer Präzision und einem hohen Automatisierungsgrad statt. Somit können Qualitätssicherungsmaßnahmen ergriffen werden, die einen konstant hohen Qualitätsstandard gewährleisten. Die vorgefertigten Einheiten der Elementfassade werden auf die Baustelle geliefert und an justierbaren, in den Rohbau verankerten Halterungen aufgehängt. Das Montageverfahren ist relativ einfach und kann vom Gebäudeinneren heraus erfolgen, so dass kein Baugerüst erforderlich ist (Abb. 4.8). Elementfassaden oder Fertigteilfassaden erfordern erfahrene Planer und Konstrukteure. Planungsfehler lassen sich nicht einfach durch handwerkliche Maßnahmen korrigieren. Diese Fassaden sind planungsintensiver und erfordern somit angemessene Vorlaufzeiten, was bei der Vergabe von Bauaufträgen einkalkuliert werden muss. Elementfassaden sind gleichermaßen geeignet für Hochhäuser wie für geringe Gebäudehöhen und werden bevorzugt bei Gebäuden mit regelmäßiger Baustruktur eingesetzt. Photovoltaikmodule können bei einer Elementfassade sowohl in den transparenten als auch in den opaken Bereichen der Fassade eingebaut werden. Die Solarmodule können während der Montage der Fassadenmodule im Werk in diese integriert werden. Sämtliche Durchdringungen der Rahmenkonstruktion und Dichtungen für die Leitungsführung können unter Werksbedingungen abgedichtet und kontrolliert werden. Aus konstruktiver Sicht sind Elementfassaden für die Integration von Photovoltaik besser geeignet, da die Montage der Elemente unter kontrollierten Bedingungen erfolgt. Wie bei der Pfosten-Riegel-Fassade müssen auch hier die Maße an die Fassade angepasst werden und somit sind Maßanfertigungen nötig.

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Abb. 4.8 Montage einer Elementfassade; die einzelnen Fassadenelemente werden von innen angebracht. Foto mit Genehmigung von: Arup

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

4.2.6 Doppelfassaden Viele Architekten – sowie deren Auftraggeber – bevorzugen Gebäude mit Glasfassade. In den meisten Fällen fällt die Wahl auf eine einschalige Fassade, die aus einer festen Verglasung besteht und die Außenhülle des Gebäudes bildet. Glasfassaden verfügen jedoch über einen geringeren Wärmedurchlasswiderstand als gedämmte Wände, sodass Gebäude mit großen Glasflächen aufgrund der Wärmetransmission durch die Gebäudehülle tendenziell höhere Heizlasten im Winter und höhere Kühllasten im Sommer verzeichnen als Gebäude, die größtenteils opake Fassaden haben. Doppelfassaden werden manchmal als so genanntes „Haus-in-Haus-Prinzip“ (Abb. 4.9) bezeichnet. Die Fassade besteht aus einer inneren Schicht, die durch einen deutlichen Abstand von der äußeren Schicht getrennt ist. Diese Fassadensysteme wurden erstmals in den 1970er Jahren mit dem Bestreben eingesetzt, die thermischen Eigenschaften von Gebäuden mit großflächigen Glasfassaden zu verbessern. Zwischen der wärmegedämmten inneren Schicht und der äußeren Hülle befindet sich eine ungeheizte thermische Pufferzone, die, wenn erforderlich, belüftet und mit Sonnenschutzvorrichtungen ausgerüstet werden kann. Luft strömt mittels natürlicher oder mechanischer Belüftung durch den Zwischenraum und reduziert die Wärmelasten. Üblicherweise strömt dazu Außenluft von unten in den Zwischenraum hinein und oben wieder hinaus. Doppelfassaden werden üblicherweise bei mehrgeschossigen Gebäuden an einer oder mehreren Gebäudeseiten angebracht, die eine nennenswerte Sonneneinstrahlung verzeichnen. Die äußere Schale bietet sich in hohem Maße für die Integration von Photovoltaikmodulen an, da sie oftmals aus einer Einfachverglasung besteht und die Module zudem als Sonnenschutz fungieren können. Die Hinterlüftung im Fassadenzwischenraum sorgt außerdem für eine effektive Kühlung der PV-Module. Dies wirkt sich positiv auf deren Leistung aus.

Abb. 4.9 Beispiel für eine Doppelfassade; auch als „Haus im Haus“ bezeichnet. Foto: Harris Poirazis

4.2.7 Atrien und Überdachungen Die horizontalen Flächen eines Gebäudes sind am besten dazu geeignet, Höchstleistungen bei einer gebäudeintegrierten Photovoltaikanlage zu erzielen: Sie sind verschattungsfrei, besitzen annähernd einen optimalem Neigungswinkel und sind einfach zu belüften. Diese Flächen bieten sich bevorzugt an, wenn die Photovoltaik das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes nicht beeinträchtigen soll. Es gibt vielerlei Aufbausysteme für eine Dachmontage von Photovoltaikmodulen. Dieser Leitfaden beschränkt sich auf die gebäudeintegrierte Photovoltaik, die auch beim Einbau in Glasflächen über Atrien und in Überdachungen eingesetzt werden kann. Die integrierten Photovoltaikmodule sind von innen her sichtbar und der Anteil der opaken, mit Solarmodulen versehenen Bereiche kann so gewählt werden, dass ein gewünschter Verschattungseffekt entsteht. Die Raumkonditionierung ist ein wichtiger Faktor bei der Planung geneigter oder horizontaler Gebäudehüllen, insbesondere bei einem hohen Verglasungsanteil (Abb. 4.10) können Wärmeverluste im Winter und Temperaturerhöhungen im Sommer die Folge sein. Wichtige Themen bei diesen Konstruktionen (besonders bei denjenigen mit geringer Neigung) sind die Risiken der Kondenswasserbildung auf der Unterseite der Verglasung und erhöhten, Verschmutzungen auf der Oberseite.

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

Abb. 4.10 Das Vordach des Gemeindezentrums in Ludesch (A) mit in die Dachverglasung einlaminierten Photovoltaikzellen. Foto mit Genehmigung von: HEI GmbH

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4.2.8 Materialbeschaffung Die Fassadenindustrie, speziell für Vorhangfassaden, hat den Beschaffungsprozess wesentlich optimiert. Rahmen- und Füllelemente für eine große Auswahl an Fassadengestaltungen – von konventionell bis komplex – können in zweckmäßig kurzer Zeit geliefert werden. Wenn maßgefertigte Photovoltaikmodule zum Einsatz kommen, müssen lange Vorlaufzeiten in der Terminplanung für die Materialbeschaffung eingerechnet werden. Als durchschnittliche Richtwerte für konventionelle Vorhangfassaden mit unkomplizierter Konstruktion gelten folgende Zeiträume: ― Festlegung der endgültigen Konstruktion: mindestens zwei Wochen ― Materialbeschaffung: drei Wochen ― Endgültige Ausführung und Lieferung zur Baustelle: drei Wochen Die Planungsphase ist die komplizierteste und zeitaufwändigste Phase. Die Dauer kann je nach Komplexität der vorgeschlagenen Konstruktion, weit mehr als zwei Wochen betragen. Die Planung der Rahmenelemente spielt dabei in zeitlicher Hinsicht keine wesentliche Rolle. Üblicherweise werden hierfür Katalogprodukte verwendet oder bestehende Produkte werden weiterentwickelt, wenn es sich um Sonderkonstruktionen handelt. Jedoch kann sich die Planung der Füllelemente in die Länge ziehen. Bei einfachen Paneelen mit gleicher Größe und gleicher Form kann deren Planung parallel zur Produktion der Rahmenelemente erfolgen und innerhalb von zwei Wochen fertiggestellt sein. Wenn das geplante Gebäude aber Paneele mit anspruchsvoller Geometrie in verschiedenen Größen und Formen benötigt, kann der Planungsprozess sehr langwierig sein. Das liegt sowohl daran, dass die geometrischen Merkmale der Paneele definiert werden müssen, als auch an deren Positionierung und Montagereihenfolge, die sorgfältig abgeschätzt und geplant werden muss. Während der Materialbeschaffungsphase nimmt die Herstellung der Profile der Rahmenkonstruktion etwa drei Wochen in Anspruch: eine Woche für die Bestellung und das Strangpressverfahren, zwei Wochen für das Pulverbeschichtungsverfahren. Bei Paneelen mit einfacher Geometrie kann die Produktion parallel zur Fertigung der Rahmenelemente erfolgen und innerhalb von drei Wochen abgeschlossen sein. Auch bei Gebäuden mit komplexer Geometrie kann die Herstellung der Paneele relativ einfach sein, wenn sich die geometrischen Abweichungen in Grenzen halten. Bei stark variierenden Geometrien dauert die Herstellung entsprechend länger. Schließlich gelangen alle Bauteile zur beauftragten Metallbaufirma, wo sie zugeschnitten, abschließend bearbeitet und im Falle einer Pfosten-Riegel-Fassade anschließend zur Montage auf die Baustelle geliefert werden. Im Falle einer Elementfassade werden die einzelnen Bauteile zur Fügung zuerst ins Werk versandt, um als fertige Elemente auf die Baustelle geliefert zu werden.

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4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

4.3 Leistungsanforderungen an die Gebäudehülle Die Fassade eines Gebäudes fungiert als Sperre zwischen den dynamischen, oftmals rauen und unkontrollierten äußeren Umweltbedingungen und einem mehr oder weniger gleichmäßigen, behaglichen Klima im Gebäudeinneren. Die Gebäudehülle muss den Luftaustausch, die Durchlässigkeit von Wasser oder Feuchtigkeit, von Hitze und Schall zwischen diesen sehr unterschiedlichen Umgebungen regeln bzw. verhindern. Darüber hinaus müssen von einer Fassade Anforderungen hinsichtlich Sicherheit, Wahrung der Privatsphäre, Brandschutz und der Gefahr von Vandalismus und Einbrüchen erfüllt werden. Diese zahlreichen Faktoren führen letztlich zu einer umfangreichen Anforderungspalette für jede Art von Fassadengestaltung. Eine moderne Wand besteht aus einer Reihe von wirksamen Schichten (Abb. 4.11). In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Anforderungen an eine Fassade kurz besprochen.

4.3.1 Lebensdauer Die geplante Lebensdauer von Gebäudehüllen und deren Komponenten hängt von der Gebäudenutzung ab. Bei einem Bürogebäude beträgt sie beispielsweise 60 Jahre. Bei der Diskussion um die geplante Lebensdauer von Gebäudefassaden muss man zwischen drei Arten von Bauteilen unterscheiden: ― Austauschbare Bauteile: Bauteile, die weniger lang halten als das Gebäude und deren Austausch in der Planungsphase berücksichtigt werden muss, zum Beispiel Doppelverglasungen (20–25 Jahre) und Abdichtungen (20–25 Jahre). ― Bauteile mit Wartungsbedarf: Bauteile, die mit regelmäßiger Behandlung und Wartung gleich lang halten sollen wie das Gebäude, beispielsweise Verbindungsmittel, Eisenkleinteile und Wetterdichtungen. ― Bauteile mit lebenslanger Haltbarkeit: Bauteile, die ohne Wartung die geplante Lebensdauer des Gebäudes erreichen sollen, beispielsweise die Unterkonstruktion und Rahmenkonstruktion der Fassade.

Bekleidung Trägermaterial der Bekleidung Luftschicht Wärmedämmung Dampfsperre Innenbekleidung

Tragwerk

Abb.4.11 Eine moderne Wand besteht aus einer Reihe von wirksamen Schichten. Einige Materialien erfüllen mehr als eine Funktion und ihre Anordnung innerhalb des Wandaufbaus kann je nach Fassade variieren.

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

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Abb.4.12 Auswirkungen von Bewegungen des Gebäudetragwerks durch Eigengewicht auf PfostenRiegel- oder Elementfassaden. Fassadenbewegung

A 9

B

9

Verformung aufgrund des Eigengewichts der Fassade Fassadenkonstruktion Füllelemente

9

4.3.2 Statische Leistungsfähigkeit Bei der Planung der tragenden Bauteile eines Fassadensystems werden allgemein gültige Berechnungen hinsichtlich des Grenzzustands der Tragfähigkeit (maximale Belastung) und des Grenzzustands der Gebrauchsfähigkeit (maximale Durchbiegung) erstellt. In der Regel werden in der Planung von Gebäudehüllen Windlasten, Schneelasten und Nutzlasten wie beispielsweise Grenzlasten, Anpralllasten und Lasten aufgrund von Reinigung und Wartung für deren statischen Berechnungen mit berücksichtigt. Explosions- und Erdbebengefahren müssen gegebenenfalls auch berücksichtigt werden.

4.3.3 Gebäudebewegungen und -toleranzen Besondere Aufmerksamkeit sollte den Schnittstellen zwischen dem Tragwerk des Gebäudes und der Gebäudehülle gewidmet werden. Tragwerksplaner sollten so früh wie möglich in den Planungsprozess eingebunden werden, um die Auswirkungen der Bewegungen und Toleranzen des Tragwerks (Abb. 4.12, Abb. 4.13) auf die Fugen zwischen den einzelnen Bauteilen der Fassade und auf die Verbindungen zwischen der Fassadenkonstruktion und dem Rohbau zu ermitteln. Die Steifigkeit des Gebäudetragwerks im Randbereich bestimmt die erforderliche Bewegungstoleranz innerhalb des Fassadensystems und entsprechend die Größe der erforderlichen Fugen. In den meisten Fällen reduzieren sich durch eine erhöhte Steifigkeit des Randbereichs des Gebäudetragwerks die Bewegungen zwischen den einzelnen Bauteilen der Gebäudehülle und somit können die Größen der Fugen ebenfalls reduziert werden. Davon ausgenommen sind Fassaden, die sich von Stütze zu Stütze spannen und somit von der Problematik der Deckendurchbiegung nicht betroffen sind. Das Gleiche gilt für bodengestützte, selbsttragende Fassaden.

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4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

Abb. 4.13 Auswirkungen von seitlichen Bewegungen des Gebäudetragwerks auf Pfosten-Riegel- oder Elementfassaden.

L

Geschossebene Brüstungselement

Fensterelement

Fassadenbewegung

4

4.3.4 Luftdichtheit Die Gebäudehülle muss ein gewisses Maß an Luftdichtheit erreichen, um unnötiges Heizen und Kühlen aufgrund von unkontrolliertem Luftaustausch zu vermeiden und eine effiziente Leistung der Belüftungssysteme zu ermöglichen. Die Fassade sollte durchgehend mit Winddichtungen versehen sein, um die Lufteinströmung möglichst gering zu halten. Die Luftdichtheit einer Gebäudehülle wird durch ihre Luftdurchlässigkeit ausgedrückt; diese wird bestimmt vom Luftvolumen (m3), das über einen bestimmten Zeitraum (h) und bei einer bestimmten Druckdifferenz (Pa) zwischen der inneren und äußeren Umgebung eine bestimmte Fläche (m2) durchdringt.

4.3.5 Wetterdichtheit Eine Fassade muss witterungsdicht sein. Die Fassadenkonstruktion sollte eine Reihe von „Sperrvorrichtungen“ in Form von Dichtungen gegen das Eindringen von Wasser besitzen. Die Dichtungen werden üblicherweise mit (extrudierten) Dichtungsprofilen (EPDM, Silikon) und Silikonkleber versehen. Die meisten Fassadensysteme mit belüfteten und wasserleitenden Zwischenräumen machen sich das Prinzip des Druckausgleichs zunutze: Die Zwischenräume werden nach hinten (Innenraum) Luftdicht und Wasserdicht versiegelt, sind nach vorne aber offen (Außenraum), um einen Druckausgleich zu ermöglichen und somit eine Witterungsdichtheit sicherzustellen. Dabei ist es wesentlich, dass sämtliche Hohl- und Zwischenräume einer Fassadenkonstruktion belüftet und mit einer Drainage ausgestattet sind, um eventuell eintretendes Wasser sicher nach außen zu leiten. Die Witterungsdichtheit einer Fassade wird üblicherweise an einem Mockup unter kontrollierten (statischen oder dynamischen) Druckbedingungen getestet. Zusätzlich können auf der Baustelle Tests mit dem Wasserschlauch durchgeführt werden, um die Ausführungsqualität zu überprüfen, die in den meisten Fällen wesentlich für die Sicherung der Witterungsdichtheit ist.

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

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4.3.6 Thermische Eigenschaften und Leistungen Eine Gebäudehülle muss den Wärmeaustausch zwischen dem Innenraum und der äußeren Umgebung eines Bauwerks begrenzen. Ziel dabei ist es, mit dem geringst möglichen Einsatz an natürlichen Ressourcen (Energie) ein behagliches Innenraumklima zu schaffen. In Klimazonen mit ausgeprägten Jahreszeiten muss eine Fassade unterschiedliche Wärmeflussrichtungen bei Winter- und Sommerbedingungen bewältigen. Im Winter ist das Ziel, den Wärmeverlust durch die Fassade nach außen zu begrenzen. Der Wärmeverlust durch eine Fassade ist durch seinen Wärmedurchgangskoeffizienten oder U-Wert (W/(m2·K)) definiert. Der U-Wert bestimmt die Wärmemenge, die in einem bestimmten Zeitraum (W=J/s) und bei einer bestimmten Temperaturdifferenz (K) zwischen Innen- und Außenbereich einer Fassade durch eine bestimmte Fläche (m2) dringt. Je niedriger der U-Wert der Fassadenelemente ist, desto geringer ist der Wärmeverlust durch die Gebäudehülle. Bei einschaligen Fassaden kann der allgemeine U-Wert einer Fassade leicht ausgerechnet werden. Komplexere Konstruktionen, die stark leitfähige Metallteile enthalten (wie beispielsweise Vorhangfassaden), erfordern jedoch computergestützte Berechnungsverfahren. Software basierend auf numerischen Analysen wird benutzt, um die 2D- oder 3D-Interaktion (Abb. 4.14, Abb. 4.15) unterschiedlicher Fassadenkomponenten zu analysieren und die gesamte Wärmeleistung eines Fassadensystems zu bewerten. Im Sommer ist das Ziel, den solaren Wärmeeintrag durch die Fassade in das Gebäude zu kontrollieren. Abhängig von der Art des Gebäudes und dessen Nutzung können solare Wärmeeinträge willkommen oder unerwünscht sein. So haben zum Beispiel Bürogebäude bereits hohe interne Wärmeeinträge durch Personen und Bürogeräte, sodass zusätzliche Wärmeeinträge aufgrund von Solareinstrahlung so weit wie möglich verhindert werden sollten. Wohngebäude hingegen können vom solaren Wärmeeintrag profitieren, weil sich dadurch der Heizbedarf im Winter verringern kann. Eine sommerliche Aufheizung sollte jedoch bei jedem Gebäude vermieden werden. Solare Wärmeeinträge erfolgen in der Hauptsache durch die verglasten Bereiche der Fassaden und werden anhand des Gesamtenergiedurchlassgrads (Solarfaktor) oder g-Werts bemessen. Der g-Wert einer Verglasung ist der Anteil der durch die Verglasung in das Gebäude eindringenden Sonnenenergie (W/m2) im Vergleich zu der auftreffenden Sonnenenergie (W/m2). Die Gesamtenergie ist die Summe aus der direkten Transmission durch solare Strahlung und der indirekten Abgabe der von der Verglasung absorbierten Energie durch Strahlung und Konvektion.

Abb. 4.14 2D-Bild einer numerischen Analyse der Wärmeleistung eines Vorhangfassadensystems. Detail einer Gebäudeecke, ein bezüglich der Wärmeleistung immer kritischer Bereich.

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Abb. 4.15 3D-Bild einer numerischen Analyse der

Wärmeleistung eines Vorhangfassadensystems. Dieses Detail zeigt, dass die Wärmeleitung effektiv unterbrochen ist.

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

4.3.7 Schallschutz Die Schallschutzwerte einer Vorhangfassade ergeben sich hauptsächlich aus der Masse und Beschaffenheit der Verglasung. Außerdem spielen die internen Dichtungen eine Rolle bei der Übertragung von Luftschall. Die Schalldämmung von Vorhangfassaden kann verbessert werden, indem schalldämpfende Zwischenschichten eingebaut werden und die Konstruktion so luftdicht wie möglich ausgeführt wird (Abb. 4.16). Die wichtigsten Parameter zur Bestimmung der Schallschutzleistung einer Glaswand sind: ― Glasdicke ― Luftdurchgang ― Glastyp (vergütetes Glas, Verbundglas, etc.) ― Art der Randverbunds ― Verbundfolien ― Scheibenzwischenraum (einzelne Rohglasscheiben) ― Art der Gasfüllung ― Randeffekt ― Scheibengröße

4.3.8 Brandschutz Entsprechende Maßnahmen sind wesentlich, um das Übergreifen von Feuer und Rauchgasen von einer Etage auf die andere zu verlangsamen. Zu den Maßnahmen gehört der Einsatz feuerhemmender Materialien, die im Zwischenraum zwischen der Rohdecke und der Vorhangfassade angebracht werden, außerdem Rauchschotts in den Freiräumen zwischen Deckenkante und der Rückseite der Vorhangfassade. Brüstungselemente müssen mit feuerfester Wärmedämmung ausgestattet sein. Unter Umständen sind Verglasungen, die im Brandfall eingeschlagen werden können, zur Entrauchung und für den Notzugang von außen erforderlich. Diese Scheiben bestehen in der Regel aus Einscheibensicherheitsglas (ESG), damit sie beim Einschlagen zerbröseln und einfach aus ihrem Rahmen lösen lassen.

45

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Ordnungsgemäße Luftdichtheit

Abb. 4.16 Schallschutzleistung eines Fensters mit

ordnungsgemäßer oder ungenügender Luftdichtheit am Beispiel eines Einflügelfensters aus Isolierglas (6mm vergütetes Glas, 9mm Luft, 5mm vergütetes Glas). Im ungenügenden Zustand entstehen Schallschutzwerte von 24 (OITC) und 26 (STC). Bei kompletter Abdichtung werden Werte von 27 (OITC) und 31 (STC) erreicht. OITC steht für Outdoor-Indoor Transmission Class, eine Norm, mit der die Schallübertragung zwischen Außen- und Innenräumen angegeben wird. STC steht für Sound Transmission Class; diese gibt mit einer ganzen Zahl an, wie gut eine Gebäudewand Luftschall dämpft.

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

Schallübertragungsreduktion [dB]

35

30

Ungenügende Luftdichtheit

25

20

15

10

5

0 100

1000

10,000

Frequenz [Hz]

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4.3.9 Thermische Spannungen im Glas Mit thermischen Spannungen werden Spannungen bezeichnet, die aufgrund von Temperaturunterschieden in verschiedenen Bereichen einer Verglasung auftreten. Glas dehnt sich, ob transparent oder opak, sobald es von der Sonne erwärmt wird. Je absorbierender das Glas, desto schneller reagiert es auf die Strahlung. Die Glaskanten sind aber unter Umständen durch die Rahmen bedeckt und somit nicht direkt der Strahlung ausgesetzt. Sie erwärmen sich langsamer und dehnen sich weniger stark aus. Ähnliche Effekte können durch Schattenwurf benachbarter Objekte auf die Glasscheibe hervorgerufen werden. Überschreitet die Temperaturdifferenz zwischen der Hauptfläche der Scheibe und den Kanten den sicheren Bereich, kann das Glas brechen. Wärmebruch erkennt man in der Regel daran, dass der Riss lotrecht zur Kante der Scheibe beginnt und sich allmählich mäandernd fortsetzt. Einfluss auf die thermische Sicherheit haben auch Jalousien, interne Wärmequellen, externe Sonnenschutzvorrichtungen und die geografische Lage. Wenn ein Wärmebruchrisiko besteht, muss das Glas thermisch behandelt werden, um thermische Sicherheit zu gewährleisten. Bei thermisch behandelten Gläsern unterscheidet man zwischen Teilvorgespanntem Glas (TVG) und Einscheibensicherheitsglas (ESG).

4.3.10 Sicherheit Bei der Integration von Photovoltaikanlagen in Gebäude sollten die Anforderungen an Personenschutz in der Bauphase und bei Wartungsarbeiten berücksichtigt werden. Die entsprechend geltenden Bauvorschriften kommen dabei zur Anwendung. Sicherheitsfragen sind grundsätzlich bei allen Elektroinstallationen zu berücksichtigen. Zwar stellt der Kontakt mit den Frontflächen von Photovoltaikmodulen keine Gefahr dar, aber dennoch sind auch bei Photovoltaikanlagen einige Aspekte zu beachten. ― Strom wird bei den unterschiedlichsten Lichtverhältnissen erzeugt. (Solarmodule lassen sich nur „ausschalten“, wenn sie mit einem opaken Gegenstand bedeckt werden.) ― Das Baugewerbe hat mit Gleichstrom weniger Erfahrung als mit Wechselstrom. ― Es können Spannungen auftreten, die höher sind als die gängigen 230V bei einphasigem Wechselstrom. Sicherheitsaspekte sind sowohl für die Monteure als auch für das Wartungspersonal gut zu dokumentieren.

4.3.11 Materialversagen und Sicherheit Einzelne Bestandteile der Fassade können während der Lebensdauer eines Gebäudes aus verschiedenen Gründen vorzeitig versagen, aufgrund von: ― Ungewollte Beschädigung ― Materialmängel ― Vandalismus ― Sprengstoffexplosion (Abb. 4.17, Abb. 4.18) Zu den normalen Sicherheitsvorkehrungen für Glasfassaden gehört die Abschirmung von Nutzern, sowie der Schutz von Nutzern und externen Personen im Fall von Glasbruch. Bei der Planung einer vertikalen oder horizontalen (Überkopf-) Verglasung sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen: ― Die Auswirkung fallender Menschen oder Gegenstände auf die Verglasung ― Funktionale Nutzung des Raumes und die Wahrscheinlichkeit von Aufprallunfällen ― Folgen von Glasdefekten hinsichtlich des Personen- und Objektschutzes sowie der Sicherung des Glasbruchs 58

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

― Sicherheitsfragen bezüglich Wartung und Reinigung ― Austausch von Verglasungen Ein ständiges Risiko bei vorgespanntem Glas ist die Gefahr eines spontanen Bruchs aufgrund von Nickelsulfid- (NiS) Einschlüssen. Diese Einschlüsse können während des Fertigungsprozesses von Floatglas auftreten. Während des Vorspannprozesses ändern sie ihre Größe und verwandeln sich von einer Niedertemperaturstruktur in eine kristalline Hochtemperaturstruktur. Bei schneller Abkühlung sind die NiSPartikel nicht in der Lage, in ihre ursprüngliche Form zurückzukehren. Über einen bestimmten Zeitraum wandelt sich NiS langsam in seine ursprüngliche Form zurück, was mit einer Volumenerhöhung um ca. 2–4 Prozent einhergeht und schließlich zu spontanem Glasbruch aufgrund von Spannungen führen kann. Der Spannungsprozess kann sich über mehrere Jahre hinziehen und wirft wegen seiner Unvorhersehbarkeit große Sicherheitsprobleme auf. Um zu verhindern, dass Glasscheiben montiert werden, die ein Bruchrisiko aufgrund von Nickelsulfiteinschlüssen aufweisen, wird ein Heißlagerungstest durchgeführt, bei dem die Scheiben rasch erwärmt werden. Sind Einschlüsse vorhanden, wandeln sich diese während des Tests rasch um und führen zum Bruch, bevor die Scheibe verwendet wird. Durch den Heißlagerungstest lässt sich die Wahrscheinlichkeit von Glasbruch am Gebäude verringern, jedoch nicht völlig ausschließen.

4.4 Wartung photovoltaischer Anlagen Nach der Inbetriebnahme einer photovoltaischen Anlage ist eine Wartung der Solarmodule nicht unbedingt erforderlich. Dennoch ist es vorteilhaft, einen Wartungsplan aufzustellen. So lässt sich gewährleisten, dass das Solarfeld mit der bestmöglichen Leistung arbeitet und Fehlfunktionen frühzeitig erkannt und behoben werden können. Nachstehend einige Empfehlungen für einen solchen Wartungsplan: ― Monatliche Prüfung und Aufzeichnung der elektrischen Leistung ― Jährliche Sichtprüfung des Solarfelds ― Gegebenenfalls jährliche Reinigung des Solarfeldes, um Verschmutzungen zu entfernen

Stütze Halterung der Fassade an der Deckenplatte Deckenplatte Druckwelle von der Fassade Druckwelle

Druckwelle

Reaktion der Fassadenträger

Abb. 4.17 Kraftübertragung einer Explosion durch ein Verbundglasfenster.

4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

Abb. 4.18 Kraftübertragung bei einer Explosion über die Fassade auf die Tragkonstruktion.

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Ein Solarfeld besteht aus mehreren elektrischen Bauteilen, die effizient zusammenwirken müssen. Bei den ersten GIPV-Systemen verursachten die Wechselrichter die meisten Probleme. Deren Konstruktion ist mittlerweile aber so ausgereift, dass sie sich durch eine hohe Betriebssicherheit auszeichnen. Ferner sind sie mit vielen nützlichen Funktionen wie der Aufzeichnung elektrischer Parameter und Fehlerprotokollierung ausgestattet. Das Spektrum der Probleme mit den Elektroinstallationen reicht von defekten Leitungen oder korrodierten Anschlüssen in einem Modul bis hin zum Ausfall des Wechselrichters. Bemerkbar machen sich diese Probleme durch eine gegenüber dem sonst üblichen Vergleichswert verringerte monatliche Leistung. Der Einfluss der Verschmutzung hängt stark vom Standort ab. Verschmutzungen können Leistungseinbußen von bis zu 10 Prozent bewirken. Zwar hat Regen eine gute Reinigungswirkung, da er Staub, Pollen und ähnliche Partikel abwäscht. Stark haftende Substanzen wie Vogelkot oder Ablagerungen aus den Abgasen einer Heizanlage kann aber selbst Schlagregen nicht vollständig beseitigen. Sie lassen sich ebenso wie eventuelle Flechtenbildung nur manuell entfernen. Der kritischste Teil eines Moduls ist die Unterseite – dort können sich am Rahmen Verschmutzungen festsetzen, insbesondere wenn der Neigungswinkel gegenüber der Horizontalen weniger als 30° beträgt. Oft setzen sich Verschmutzungen zwischen Scheibe und Rahmen fest, nachdem sich dort mehrmals Wasser angesammelt hat und wieder verdunstet ist. Mit der Zeit lagert sich so viel Schmutz ab, dass Pflanzenwachstum möglich ist. Sobald Verunreinigungen zu Verschattungseffekten führen, reduziert sich die Leistungsfähigkeit eines Moduls. Besonders gefährdet sind Solarmodule, die einen geringen Abstand zwischen den Zellen und der unteren Rahmenkante aufweisen. Verschmutzung ist in der Regel ein reversibler Effekt, der sich durch jährliche manuelle Reinigung beheben lässt. Bei Laminaten kann das Wasser besser ablaufen, deshalb sind sie von diesem Effekt weniger stark betroffen. Mit einer sorgfältigen Überprüfung des Solarfelds lassen sich auch andere Probleme feststellen. Dazu gehören der Ausfall eines Moduls aufgrund von Delaminierung oder äußerer Beschädigung durch mechanische Einwirkungen oder Blitzschlag. In diesem Fall ist ein Austausch des Moduls notwendig.

4.5 Verkabelung des Solarfeldes Solarmodule sind an ihrer Rückseite oft mit Verteilerkästen ausgestattet, in denen Anschlüsse und Bypass-Dioden untergebracht sind. Bei gebäudeintegrierten Photovoltaikanlagen kommt es häufig vor, dass freie Zuleitungen vorhanden sind, die mittels Steckverbindungen an andere Leitungen angeschlossen werden. Die Module werden in der Regel miteinander verkettet. Das heißt, der Ausgang eines Moduls wird mit dem Eingang des nächsten verbunden. Die photovoltaischen Bauteile werden mittels Kabel untereinander verbunden, und wie bei jeder anderen Elektroinstallation müssen diese Kabel für die jeweiligen Umweltbedingungen und die übertragenen Lasten ausgelegt sein. Kabel, die in Bereichen verlegt werden, die sich leicht aufheizen (z.B. an der Rückseite der Module), müssen aufgrund der höheren Temperaturen dicker sein. Ebenso ist bei der Auswahl der Kabel, Kabelführungen und Verteilerkästen darauf zu achten, ob Wasserdampf eindringen kann (z.B. bei einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade). Die Kabelwege sollten ebenso kurz wie praktisch gewählt werden, um die Montage zu vereinfachen sowie Kosten und Spannungsabfälle auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die zahlreichen benötigten Kabel müssen sorgfältig ausgewählt werden, damit sie das äußere Erscheinungsbild nicht beeinträchtigen. Das gilt insbesondere für Fassaden mit photovoltaischen Anlagen sowie für semitransparente Solarfelder. Kabel müssen für die Bewohner grundsätzlich unzugänglich, für das Wartungspersonal aber gut zu erreichen sein.

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4. GESTALTUNG DER GEBÄUDEHÜLLE

5. VERSCHATTUNGSSYSTEME

5.1 Allgemeines Architekten sind stets bemüht, den Tageslichteinfall und den Ausblick für die Gebäudenutzer so angenehm wie möglich zu gestalten. Dies führt häufig zum Einsatz großflächiger transparenter Fassadenbereiche, die jedoch eine übermäßige solare Erwärmung des Gebäudeinneren zur Folge haben können. Diesem Effekt kann mittels externer Verschattungssysteme entgegen gewirkt werden, anstelle eines vermehrten Einsatzes von Klimageräten. Außerhalb des Gebäudes angebrachte Verschattungssysteme bieten zudem die Möglichkeit, ein eindrucksvolles visuelles Statement abzugeben. Externer Sonnenschutz erfreut sich bei Architekten steigender Akzeptanz und wird immer öfter ein Entwurfsbestandteil. Externer Sonnenschutz kann starr oder beweglich sein, aus Metall oder Glas, großformatig oder kleinteilig und kann mit Wartungsstegen kombiniert werden. Der Begriff Sonnenschutzlamellen bezeichnet verstellbare und starre Verschattungselemente.

5.2 Konstruktionsprinzipien Horizontale und auch vertikale Lamellen kommen an vielen Gebäuden zum Einsatz (Abb. 5.1). Die Lamellen können sehr dicht oder in einem gewissen Abstand vor das Fenster gesetzt werden und einige lassen sich zum Reinigen einfahren. Die Unterkonstruktion der Lamellen wird entweder an der Rahmenkonstruktion der Fassade, oder durch die Fassade hindurch direkt am Rohbau befestigt. Die Art der Befestigung ist abhängig von Größe, Gewicht und Abstand zur Fassade. Die größten Probleme von externen Lamellen sind deren Widerstandsfähigkeit gegenüber Windlasten, die durch Wind bedingten Geräusche und Vibrationen, deren Haltbarkeit sowie die Wartung und Reinigung der Lamellen und der Fassade. Bewegliche Lamellen können manuell oder/und durch ein Gebäudemanagementsystem (GMS) gesteuert werden. Einige externe Verschattungselemente können hohen Windlasten nicht standhalten und werden deshalb bei starkem Wind automatisch durch das GMS geschlossen oder eingefahren. Größere und widerstandsfähigere Verschattungssysteme werden oft mit Wartungsstegen kombiniert, die an der Fassade angebracht sind und den Zugang für Reinigungs- und Wartungsarbeiten ermöglichen.

Deckenplatte

Befestigungswinkel Lamelle

Befestigungsbügel für Lamellen Glasscheibe Aluminiumpfosten Aluminiumriegel

Verglastes Brüstungspaneel

Abb.5.1 Grundsätzliche Bestandteile einer Pfosten-Riegel Fassade mit Sonnenschutzlamellen.

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5. VERSCHAT TUNGSSYSTEME

5.3 Integration von Photovoltaikmodulen Zeitgenössische Gebäude bieten gute Möglichkeiten, Photovoltaik-Module mit Sonnenschutzsystemen zu kombinieren (Abb. 5.3). Deren Einsatz verleiht dem Willen Ausdruck Energie einzusparen, indem sowohl Kühllasten reduziert als auch die Sonnenenergie genutzt werden kann. Photovoltaik-Module können jederzeit anstelle von Sonnenschutzlamellen aus Metall, Holz oder Kunststoff eingesetzt werden. Um diese in einer beweglichen Konstruktion einzusetzen, müssen die Module aufgrund deren Zerbrechlichkeit mit entsprechenden Schutzvorrichtungen versehen werden. Die gegenseitige Verschattung der Lamellen muss unbedingt vermieden werden, wenn die Vorausetzungen zur Solarenergiegewinnung gut sind (d.h. wenn die Sonne nicht schräg, sondern fast senkrecht darauf scheint). Mit einer 3D-Software sollte eine genaue Verschattungsanalyse durchgeführt werden. Alternativ ist die Verwendung einzelner, großflächiger Vorrichtungen für jede Fensterreihe denen mit mehreren schmalen Lamellen vorzuziehen. Eine vielversprechende Möglichkeit für Photovoltaiklamellen besteht darin, sie in einem gewissen Abstand zum Fenster anzubringen und mit Stegen zu kombinieren, die den Zugang für Reinigungs- und Wartungsarbeiten ermöglichen (Abb. 5.2). Einige Verschattungssysteme werden automatisch gelenkt, so dass sie je nach Einfallswinkel der Sonne maximale Verschattung bieten. Nur bei Sonnenschein wird Energie für diesen Vorgang benötigt und wenn die Jalousien mit Photovoltaikelementen versehen sind, könnte diese Energie im Prinzip aus den Photovoltaikmodulen selbst gewonnen werden. Ein weiteres mögliches Einsatzgebiet für Photovoltaikmodule sind große Sonnensegel. Sie können zum Verschatten eines ganzen Stockwerks, eventuell auch von zwei oder drei Stockwerken, verwendet werden. Auch hier wäre die Integration von Wartungs- und Reinigungsstegen denkbar und die Sonnensegel selbst könnten mit Photovoltaikmodulen versehen werden. Die Halterungen und die Unterkonstruktion der Verschattungselemente können so ausgebildet werden, dass sie die Anschlusskabel der Module aufnehmen und diese von den Solarfeldern ins Gebäudeinnere führen. Außerdem sollten sämtliche der Witterung ausgesetzten Kabelführungen mit einer Entwässerungsmöglichkeit versehen und hinterlüftet sein. Um die Anzahl der Fassadendurchdringungen möglichst gering zu halten, sollten die Kabel an wenigen zentralen Punkten zusammengeführt und nach innen geleitet werden. Siehe auch Kragdächer in Kapitel 10.

Abb. 5.2 Wartungsstege für die Photovoltaiklamellen am Caltrans-Gebäude in Los Angeles. Foto: Roland Halbe Mit Genehmigung von: Arup

Abb. 5.3 Detailansicht (von innen) der Glas-Glas-

laminierten Photovoltaiklamellen am CaltransGebäude in Los Angeles. Foto: Jim Sinsheimer Mit Genehmigung von: Arup

5. VERSCHAT TUNGSSYSTEME

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5.4 Instandhaltung und Austausch Photovoltaikmodule sind hauptsächlich für den Einbau in größere, robustere Lamellen und Verschattungssysteme geeignet. Diese Verschattungssysteme verfügen oft über externe Laufstege oder Gitterroste, die speziell Reinigungs- und Wartungszwecken dienen. Von daher sollte die Konstruktion des integrierten Photovoltaiksystems den direkten Zugang zu den Modulen, Befestigungspunkten, Verteilerdosen und dazugehörigen Elektroleitungen ermöglichen. Für die Konstruktion sollte zusätzlich ein Reinigungskonzept entwickelt werden. Die Photovoltaikmodule sollten zu Reinigungszwecken von den Stegen aus direkt erreichbar sein, oder durch einen Drehmechanismus die exponierten Flächen in Richtung Stege wenden können. Die Stege müssen zudem so dimensioniert werden, dass sie alle aus dem Verschattungselement resultierenden Lasten oder die beim Austausch der Verglasung auftretenden Lasten aufnehmen können. Für den Austausch der Verglasung bedarf es eines speziellen Austauschkonzepts, da das Verschattungssystem den direkten Zugang und somit auch das Auswechseln der Scheiben von außen eventuell verhindert. Da sehr wahrscheinlich auch Elektroleitungen in den Wartungsstegen verlegt werden, sollte das System ausreichend Schutz bieten sowie eine einfache Inspektion und Wartung ermöglichen.

Abb. 5.4 Photovoltaiklamellen an einem Bürogebäude in Neustrelitz (D). Foto: Schüco International KG 64

5. VERSCHAT TUNGSSYSTEME

5. VERSCHAT TUNGSSYSTEME

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5.5 Fallstudie: Galleria Naviglio

Ort

― Ort, Land: Faenza, Italien Breitengrad, Längengrad, Höhe: 44,313°; 11,898°; 23m Horizontale Einstrahlung: 3,82kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 285m² Spitzenleistung: 23kWP Leistung: 33345kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1937 & 220×299mm Technologie: Module aus polykristallinem Silizium Hersteller: Schüco Gebäude

― Typ: Büroräume, Geschäfte, Wohnungen Höhe, Stockwerke: 11m, 4 Geschossfläche: 4000m² Architekten: Studio Technico Fertigstellung: 2003

5.5.1 Rahmenbedingungen Der Galleria Naviglio Komplex besteht aus zwei Gebäuden mit insgesamt 4000m2 Büro-, Verkaufs- und Wohnfläche. Er befindet sich in einem Gebiet Italiens, in dem ökologisches Bauen durch finanzielle Zuschüsse oder die Genehmigung größerer Gebäudeflächen gefördert wird. Innerhalb des für ökologische Bauprojekte vorgesehenen Gebietes, wird von einem zentralen Blockheizkraftwerk Wärme und Strom erzeugt und mittels Fernwärmenetz die angeschlossenen Wohungen, Verkaufsräume und Büros versorgt. Weitere ökologische Merkmale des Gebäudekomplexes sind die Begrünung eines großen Teils der Dachfläche und die gebäudeintegrierte Photovoltaik in den Verschattungselementen (Abb. 5.6).

5.5.2 Konstruktion Die beiden Gebäude bestehen aus einer, den Anforderungen in Erdbebengebieten gerechten, Stahlbetonskelettkonstruktion. Die Ausfachungen der Nordfassaden sind Betonfertigteile mit außen liegendem Sichtmauerwerk. Die Süd-, Ost- und Westfassaden sind vorgehängten Glasfassaden, die aufgrund des hohen Öffnungsanteils bevorzugt wurden. Die im Südosten, Nordosten und Südwesten verwendeten, außen liegenden Glaslamellen bieten einen gewissen Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung. Die Lamellen sind mit Solarzellen aus monokristallinem Silizium bestückt (Abb. 5.5). Sie sind um 70° gegenüber der Horizontalen geneigt und haben eine Gesamtfläche von 285m2. Die Leistung des Solarfelds beträgt 23kWP. 66

5. VERSCHAT TUNGSSYSTEME

Abb. 5.5 Detailansicht der externen Photovoltaiklamellen an der Galleria Naviglio. Die Lichtdurchlässigkeit zwischen den Zellen zeigt sich beim Betrachten der Spiegelung der untersten Lamellenreihe auf der Fassade. Foto: Schüco International KG Abb. 5.6 Blick auf die südgerichtete Glasfassade mit externen Photovoltaiklamellen. Foto: Schüco International KG

5. VERSCHAT TUNGSSYSTEME

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

6.1 Allgemeines Eine vorgehängte hinterlüftete (VH-) Fassade bildet einen zweistufigen Schutz vor der Witterung, wobei Regenschutz und Dämmebene durch einen Luftzwischenraum voneinander getrennt sind. Die äußere Schale dient als Regenschutz, sodass die innere Schicht, die als Dämmebene fungiert, relativ trocken bleibt. Die innere, konstruktive bzw. tragende Schicht kann aus verschiedenen Materialien, z.B. Stahlbeton oder Mauerwerk bestehen oder eine Stahlkonstruktion sein. Auf die Außenseite der tragenden Wand wird eine Dämmung aufgebracht, die auf der warmen Seite (entspricht im mitteleuropäischen Klima der Innenseite) mit einer Dampfsperre versehen wird und auf der kalten Seite (in Mitteleuropa die Außenseite) eventuell eine diffusionsoffene wasserdichte Membran erhält. Vertikale Schienen oder Montageprofile werden am Rohbau befestigt und nehmen die Fassadenbekleidung auf (Abb. 6.1). Die äußere Schale sowie ein durchdachtes Entwässerungs- und Belüftungssystem schützen die innere Schicht vor den schädlichen Folgen von Durchnässung und Sonneneinstrahlung und reduzieren somit die Auswirkungen thermischer Ausdehnung und Kontraktion auf ein Mindestmaß. Die äußere Schale übt zudem eine ästhetische Funktion aus. Zusätzlich zur Anwendung im Neubau werden VH-Fassaden häufig auch zur Erneuerung oder zur Sanierung alter, schlecht gedämmter Gebäudehüllen verwendet. Die komplette Fassadensanierung kann durchgeführt werden, ohne dass das Gebäude dafür geräumt werden muss.

Abb. 6.1 Schema einer Wetterschutzschale vor einer opaken Wand

Tragende Wand

Befestigungsschiene aus Aluminium

Dämmung

Hinterlüftung

Wetterschutzfassadenplatte

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

Abb. 6.2 Vertikalschnitt durch eine Horizontalfuge

einer offenen und hinterlüfteten Wetterschutzfassade aus Metall.

Abb. 6.3 Vertikalschnitt durch eine Horizontalfuge einer Wetterschutzfassade mit stehender Luftschicht.

Dämmung Außenseite der Rohbauwand

Vertikale Entwässerungsebene Rohbau

Hinterlüftung

Fassadenbekleidung

Dampfsperre Kehlblech Wasser Luft

Dämmung

Wetterschutzschale Vertikaler Entwässerungskanal

Hinterlüftungshohlraum Tragende Gebäudewand

Luftweg für Druckausgleich

Feuchtigkeitssperre

Zugelassene Feuchtigkeitssperre Kehlblech Wasser Luft

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

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6.2 Konstruktionsprinzipien Es gibt zwei Varianten der vorgehängten hinterlüfteten (VH-) Fassade: eine offene mit Luftbewegung sowie eine annähernd geschlossene mit stehender Luft. Diese Systeme unterscheiden sich durch die unterschiedliche Menge an Wasser, die in den Zwischenraum gelangen kann. Bei der offenen VH-Fassade (Abb. 6.2) wird der Wassereintritt durch die Fugen nicht verhindert, sodass relativ große Regenwassermengen eindringen können, die dann hinter der der Bekleidung abfließen. Dieses Wasser kann aus dem Hohlraum ablaufen und verdunsten. Bei den Systemen mit stehender Luft (Abb. 6.3) wird der Wassereintritt durch Maßnahmen wie Leitbleche, Unterteilungen, Ablaufrinnen, Aufkantungen, Schotts und Öffnungsgrößen kontrolliert gesteuert, um zwischen Luftzwischenraum und Außenraum einen Druckausgleich zu gewährleisten. Somit wird die Wucht des Regens gemindert, die Verdunstung der Feuchtigkeit hinter der Fassadenbekleidung begünstigt und ein Wassereintritt in den Luftzwischenraum auf ein Minimum reduziert. Entwässerungsvorrichtungen und die Belüftung garantieren, dass auch letzteres abgeleitet wird. Die Schotts dienen dem Brandschutz, da sie den Kamineffekt im Hohlraum hemmen. Für beide Varianten werden gängigerweise Fassadenbekleidungen aus Leichtmetall verwendet, meistens aus beschichtetem Aluminium. Weitere verwendete Materialien sind zum Beispiel Stein-, Terrakotta- und Betonplatten. Diese werden mit Schrauben, Dübeln oder speziell entwickelten Unterkonstruktionen am Rohbau befestigt. Bei Verwendung von Einhängesystemen werden zusätzliche mechanische Befestigungselemente benötigt, um die Bekleidung zu fixieren und gegen Abheben zu sichern.

Trennwand Gipskartonplatte Dämmung Verankerung Aluminiumprofil Photovoltaikmodul

Anschlusskasten für Photovoltaik

Abb. 6.4 Detail einer Wetterschutzplatte mit Photovoltaik einschließlich der Anschlüsse an das elektrische System

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

6.3 Integration von Photovoltaikmodulen VH-Fassaden bieten eine sehr gute Möglichkeit, Photovoltaikmodule zu integrieren (Abb. 6.4). Bei den heute verwendeten Bekleidungssystemen sind für den Einbau von Solarmodulen keine großen Änderungen erforderlich. Zudem trägt die Hinterlüftung dazu bei, die Betriebstemperaturen der Photovoltaikzellen zu reduzieren. Die Leichtmetallbekleidung einer gängigen VL-Fassade lässt sich anpassen, um Photovoltaikmodule aufzunehmen, in dem sie zu einem Rahmen ausgebildet wird, in dem die Module eingebaut werden. Die Kanten der Solarmodule können an zwei oder vier Seiten mit Aluminium- oder Edelstahlprofilen eingefasst und auf Schienen oder speziellen Bügeln befestigt werden. Abhängig von der Tiefe der Hinterlüftungsebene und der Lage des betroffenen Fassadenbereichs können die Verteilerdosen auf der Rückseite der mit Solarzellen bestückten Fassadenelemente angebracht werden. Die Kabel liegen hinter den Platten abseits vom bewitterten Bereich, und verlaufen entlang der vertikalen (entwässerbaren und belüfteten) Unterkonstruktion, mit denen diese am Rohbau befestigt werden. Die Kabel werden am Fuß der Wand zusammengeführt, um sie durch eine präzise ausgeführte Durchdringung der Außenwand in das Gebäudeinnere zu führen. Zu beachten ist, dass VH-Fassaden mit stehender Luftschicht die besten Voraussetzungen für die Integration einer Photovoltaikanlage bieten, da nur begrenzt Wasser hinter die Fassadenbekleidung eindringen kann. Eine VH-Fassade wird normalerweise im Bezug auf die Geschosshöhe und das Fensterraster eines Gebäudes dimensioniert. Das entstandene Fassadenraster gibt die Maße der Leichtmetall-Bekleidungselemente vor. Maßgefertigte Photovoltaikmodule können verwendet werden, führen aber zu höheren Kosten. Serienmäßig gefertigte Standardmodule halten die Kosten zwar niedrig, wirken sich aber auf die Abmessungen des Fassadenrasters aus. Bei einigen VH-Fassaden, wie zum Beispiel bei der einfachen fensterlosen Wand in Abb. 8.2, können die Rastermaße an die Größe der Module angepasst werden. Ein weiteres Beispiel ist der Cooperative Insurance Tower, der in diesem Kapitel näher vorgestellt wird und mit einer Photovoltaikfassade versehen werden konnte, ohne dass auf Fenster geachtet werden musste. Standardmodule können auch dann in VH-Fassaden eingesetzt werden, wenn die Größe der Module nicht den Abmessungen der Fassade entspricht. Ein Beispiel dafür ist die Fallstudie des Northumberland Building (siehe Kapitel 12 über Sanierung). Die Modulhöhe passt zur Höhe der Auskragung, jedoch muss die Modulreihe in der Breite nicht den Fenstern entsprechen.

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

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6.4 Wartung und Austausch Eine Photovoltaikfassade muss normalerweise nicht gereinigt werden, da das ablaufende Regenwasser die Module bis zu einem gewissen Grad reinigt (Abb. 6.5). In Gegenden, in denen die Luft aber so verunreinigt ist, dass Rückstände auf den Modulen verbleiben, die ihre Leistung verringern, sollte die Photovoltaikfassade im gleichen Intervall gereinigt werden, wie alle anderen Glas- oder Metallfassaden des Gebäudes. Wenn eine Fassadenbefahranlage vorhanden ist, können die Photovoltaikmodule damit gereinigt werden. Solch ein spezielles Reinigungssystem ermöglicht auch den Zugang zu den Modulen für Wartungs- und Austauschzwecke, sofern Größe und Gewicht der Module begrenzt sind. Im Regelfall kann eine Fassadenbefahranlage Lasten bis 250kg aufnehmen. Deshalb muss für den Austausch großer und schwerer Module eine spezielle Strategie entwickelt werden, ähnlich wie bei den Vorhangfassaden (siehe Kapitel 7). Die Wartung und der Austausch von Solarmodulen sind sehr leicht durchführbar, da alle Photovoltaikkomponenten von außen zu erreichen sind. Einzelne Module könnten rasch durch Lösen der Halterungen demontiert werden. Nach dem Ausbau eines einzelnen Moduls oder einer Reihe von Modulen kann auf die Verkabelung zugegriffen werden.

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

Abb. 6.5 Wetterschutzfassade mit PV-Integration am North Manchester Sixth Form College Foto: Arup/Daniel Hopkinson Mit Genehmigung von: Arup

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

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6.5 Fallstudie: The Co-operative Insurance Tower

Ort

― Ort, Land: Manchester, Großbritannien Breitengrad, Längengrad, Höhe: 53,487°; –2,238°; 78m Horizontale Einstrahlung: 2,53kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 3972m² Spitzenleistung: 391kWP Leistung: 183000kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1200×530mm Technologie: Module aus polykristallinem Silizium Hersteller: Sharp Fertigstellung: 2004 Gebäude

― Typ: Büroräume, Geschäfte, Wohnungen Höhe, Stockwerke: 118m, 28 Geschossfläche: 54000m² Architekten: Heritage Architecture Ltd.

6.5.1 Örtliche Gegebenheiten Der Co-operative Insurance Tower ist ein 28-stöckiges Bürogebäude im Zentrum von Manchester, Großbritannien (Abb. 6.6). Der Turm wurde 1962 als neuer Firmensitz der Versicherung errichtet und dominiert seitdem die Skyline der Stadt. Das Gebäude besteht aus drei verschiedenen Baukörpern: einem Sockelbau, einem Bürokomplex mit einer verglasten Aluminiumvorhangfassade und einem fensterlosen Betonturm mit Betriebsanlagen auf der Südwestseite. Die Architekten des Originalentwurfs, G.S. Hay von CWS und Gordon Tait von Sir John Burnet, Tait and Partners entschieden sich dafür, den Betonturm mit 14 Millionen Mosaiksteinen bzw. -fliesen mit einer Größe von 20× 20mm zu verkleiden, um eine „schimmernde und glitzernde Säule“ zu erschaffen (Abb. 6.10). Das Gebäude steht unter Denkmalschutz „Grade II“, da es als „Gebäude von besonderem architektonischem oder historischem Interesse“ in England und Wales gilt. Die Mosaikfliesen wurden direkt auf die Betonkonstruktion geklebt, da aber keine Bewegungs- oder Dehnungsfugen vorgesehen waren, traten im Mörtel zwischen Betonkonstruktion und Mosaikverkleidung Spannungen auf. Fast während der gesamten Standzeit des Gebäudes lösten sich regelmäßig Fliesen von der Gebäudehülle (Abb. 6.11). Man suchte nach einer innovativen Lösung für dieses Problem und beschloss schließlich, das zerstörte Mosaik mit Photovoltaikmodulen zu verkleiden, die gleichzeitig eine VH-Fassade bilden. Das entstehende Solarfeld würde mit dazu beitragen, die Abhängigkeit des Gebäudes vom öffentlichen Stromnetz zu verringern, indem es ungefähr 180MWh Strom pro Jahr erzeugt.

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

Abb. 6.6 Blick von Süden auf den Turm mit fertiggestellter Photovoltaikverkleidung. Foto: David Millington Photography Limited Mit Genehmigung von: Arup

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

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6.5.2 Warum ein Solarfeld? Zunehmende Bedenken wegen der Gefährdung durch herabfallende Fliesen waren 2003 ausschlaggebend für die Suche nach einer Lösung. Drei mögliche Varianten wurden erarbeitet: 1. Austausch durch ein neues Mosaik, wobei Spannungs-/Dehnungsfugen integriert würden. Das Ersatzmaterial wäre dem ursprünglichen Material ähnlich, wobei das Aussehen nur durch die neuen Fugen verändert werden würde. Jedoch würde die Entfernung der alten Fliesen langwierig und teuer werden. 2. Entfernung aller Mosaiksteine und Streichen oder Verputzen der blanken Oberfläche. Obwohl dies die kostengünstigste Möglichkeit gewesen wäre, hätte diese Lösung zu ernsthaften Problemen mit dem Denkmalschutz geführt, da sie das Aussehen des Gebäudes wesentlich und negativ verändert hätte. 3. Erhaltung der Mosaike unter einer Verkleidung bis eine technische Weiterentwicklung die Befestigung der Mosaiksteine auf Beton ermöglicht. Dieser Ansatz bot die größte Sicherheit, da die vorhandene Mosaikoberfläche unter der Verkleidung erhalten werden könnte. Das Aussehen würde sich zwar verändern, aber es bestand die Möglichkeit, ein qualitativ hochwertiges und dauerhaftes ästhetisches Ergebnis zu erzielen. Zudem ergäbe sich die Chance, im Entwurf Vorkehrungen für zukünftige Wartungsarbeiten zu treffen. Die Umsetzung von Variante 3, also die Errichtung einer Bekleidung, hätte aufgrund des Denkmalschutzes Bedenken über Art und Aussehen des Bekleidungsmaterials hervorrufen können. Die Entscheidung hierfür PV Module zu verwenden stellte eine große Herausforderung dar. Die Verwendung neuer Materialien und die Gewinnung erneuerbarer Energie mit geringer Emission wurden jedoch gleichzeitig als ein entscheidender Vorteil gewertet. Die Versicherung schreibt soziale Verantwortung groß und ermutigt ihre Manager, im Sinne von Nachhaltigkeit zu denken und zu handeln. Daher wurde das Konzept, ein Teil der für die Nutzung des Gebäudes benötigten Energie durch erneuerbare Energien zu gewinnen als vorrangig betrachtet. Bezüglich der äußeren Erscheinung akzeptierte die Planungsbehörde im Stadtrat, den besonderen Effekt der Photovoltaikmodule, bestand allerdings darauf, dass die massive, monolithische Erscheinung des Turms erhalten bleibt. English Heritage, eine Einrichtung zur Erhaltung und Pflege von Denkmälern in England, wurde zu Rate gezogen und gab ihre Zustimmung für den Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes.

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Abb.6.7 Detailansicht der Verkleidung mit polykristallinen Modulen. Das Aussehen dieser Kasettenmodule steht in deutlichem Kontrast zu den darunter verwendeten Modulattrappen aus beschichtetem Stahlblech. Foto: David Millington Photography Limited Mit Genehmigung von: Arup

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

6.5.3 Wahl der Photovoltaiktechnologie In einer ersten Beurteilung erschien die Dünnschicht-Technologie ein ästhetisch angemessenes Bekleidungsmaterial darstellen zu können. Die Module sind preiswerter als kristalline Silikonmodule. Zudem sind standardisierte Dünnschichtmodule in verschiedenen Größen erhältlich. Die Planungsbehörde hatte allerdings Bedenken bezüglich des Erscheinungsbilds der Dünnschichtmodule am Gebäude. Der Gesamteindruck würde zu einheitlich werden und die 3,74m hohe geschossweise Gliederung, die ein wichtiges Gestaltungsmerkmal des Originalentwurfs ist, ginge verloren. Polykristalline Module erzielen ein ansprechenderes Erscheinungsbild. Außerdem wurden die gestalterischen Bedenken der Planer durch die Maße, in denen die Standardmodule erhältlich sind, beseitigt (Abb. 6.8). Man entschied sich für das Modul Sharp NE-8E2E mit einer Breite von 1200 mm, einer Höhe von 530mm und einer Rahmendicke von 35mm. Aus sieben Modulen konnte ein Panel gebildet werden, dessen Gesamthöhe von 3,71m der von der Planungsbehörde geforderten geschossweisen Gliederung entsprach. Mit einer Panelbreite von 1,20m konnten die breite Südfassade und die schmalen Ost- und Westfassaden nicht vollständig bedeckt werden, dennoch war ein einheitliches Erscheinungsbild wesentlich. Für die sichtbaren Flächen wurden darum elektrisch inaktive Photovoltaikmodule mit einer maßgefertigten Breite von 230mm verwendet (Abb. 6.7). Für schwer einsehbare Bereiche begnügte man sich mit pulverbeschichteten blauen Metallpaneelen.

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

Abb. 6.8 Blick auf die drei Typen vereinende nord-

westliche Gebäudeecke. Neben den aus sieben Photovoltaikelementen bestehenden, elektrisch aktiven Modulkassetten sind an den Ecken kleinere Module mit identischem Aussehen verbaut, die jedoch inaktiv sind. Um die Lüftungsöffnungen herum konnten kostengünstige Modulattrappen aus beschichtetem Stahlblech eingesetzt werden, da dieser Teil der Fassade vom Boden aus nicht einsehbar ist. Foto: Tom Swailes

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6.5.4 Fassadentechnik Als Verkleidung wurde eine VH-Fassade mit stehender Luftschicht gewählt. Die Wand ist aus Stahlbeton, deshalb galt die größte Aufmerksamkeit beim Aufbau der VH-Fassade der Montage der Photovoltaikmodule. Vor dem Einbau der Photovoltaikmodule wurde ein Drahtgeflecht zur Sicherung des Mosaiks befestigt (Abb. 6.13). Über die gesamte Höhe des Turms erstrecken sich Aluminiumpfosten, die mit Wandhaltern an der Betonkonstruktion befestigt wurden (Abb. 6.9). Sieben Photovoltaikmodule wurden vertikal durch einen Aluminiumrahmen miteinander verbunden und bilden je ein Paneel. Die Paneele wurden dann an die Pfosten befestigt, in denen auch die Anker integriert sind, die für den Einsatz der Fassadenbefahranlage benötigt werden. Der Einbau sollte über mehrere, um den Turm herum angebrachte „Mastkletterbühnen“ erfolgen. Dies sind durchgängige Arbeitsbühnen, von denen aus das Drahtgeflecht, die Wandhalter und die Pfosten befestigt werden. Die PV-Paneele wurden auf den Bühnen abgelegt, auf die erforderliche Höhe gefahren und in Position gebracht. Die Paneele verfügten über eine angenietete Hakenvorrichtung, die eingehängt wurde. Für die schon von weitem erkennbare geschossweise Gliederung war eine vertikale Fuge zwischen den Kassetten von 75mm nötig. Dieses Maß stimmte mit der Einhängekonstruktion überein, sodass jedes einzelne Paneel unabhängig voneinander nachträglich ausgetauscht werden kann. Im Entwurf war eine Fassadenbefahranlage vorgesehen. Schlitten, die an der Bühne befestigt sind und entlang der Pfosten laufen, gewährleisten die Stabilität für die Hängebühne. Sollte einmal ein Modul beschädigt sein und ausgetauscht werden müssen, kann mit der Hängebühne ein neues Paneel an den entsprechenden Ort transportiert, das Paneel mit dem beschädigten Modul ausgebaut und durch das neu ersetzt werden. Das beschädigte Paneel kann dann nach unten befördert werden, wo es problemlos auseinandergebaut und das beschädigte Modul entfernt und repariert werden kann.

Tragende Wand Drahtgeflecht Mosaik Aluminium-Wandhalter Aluminiumpfosten

Aluminiumrahmen des Paneels Photovoltaikmodul Halterung für Hängebühne

Abb. 6.9 Querschnitt durch einen Montagebügel, mit dem die Photovoltaikmodule an der Außenwand befestigt werden.

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

6.5.5 Elektrik Jede der aus sieben Modulen bestehenden Kassetten wurde in Reihe geschaltet. Jeweils drei Kassetten bilden einen String, dessen Betriebsspannung etwa 360V (Gleichstrom) beträgt. Jeder String wurde wiederum mit einem Paar doppelt isolierter, einadriger Kabel an einen DC-Trennschalter angeschlossen. Die Verlegung der Kabel erfolgte in einem Kabelschacht an der Unterkonstruktion innerhalb des 25mm breiten Bereichs zwischen Haltewinkel und Drahtgeflecht. Die DC-Trennschalter sind so bemessen, dass der Stromfluss zum Wechselrichter selbst unter Volllast sicher getrennt werden kann. Wechselrichter wandeln den von den in Reihe geschalteten Solarmodul-Strings erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um, der sich dann im Gebäude nutzen lässt. Die drei Seiten des Turms erhalten bei direkter Sonneneinstrahlung sehr unterschiedliche Strahlungsdichten. Deshalb wurden verschieden bemessene, auf die Anordnung der Solarmodule abgestimmte Photovoltaikwechselrichter eingesetzt, um sicherzustellen, dass das Solarfeld zu jeder Tageszeit die maximale Wechselstrommenge erzeugt. Der Strom aus den Wechselrichtern wurde zunächst in einen Wechselstrom-Verteilerkasten geführt und von dort über die abgehängte Decke im Aufzugsvorraum in einen auf jedem Stockwerk vorhandenen Schaltschrank für die Steigleitungen weitergeleitet. Der Strom aus dem Photovoltaiksystem wird an sechs Punkten in das vorhandene Wechselstromverteilersystem des Gebäudes eingespeist. Abb.6.10 Blick auf den Co-operative Insurance Tower vor dem Umbau. Der Turm mit Mosaikverkleidung befindet sich links des Büroturms. Foto mit Genehmigung von: Arup

6.5.6 Leistungsanzeigetafel Als kommunikatives Element wurde eine große Anzeigetafel im Foyer des Gebäudes aufgestellt (Abb. 6.12), die Mitarbeitern und Besuchern aktuelle Informationen zu Leistung (kW), Gesamtmenge des erzeugten Stroms (kWh) und Menge der CO2Emissionen bietet, die durch die Photovoltaikanlage eingespart werden konnte.

Abb. 6.11 Die Mosaikverkleidung vor der Verkleidung mit Photovoltaikelementen mit deutlich sichtbar beschädigten Bereichen. Foto mit Genehmigung von: Arup

Abb. 6.12 Die großformatige Anzeigetafel im Hauptfoyer zeigt die aktuelle Leistung des installierten Photovoltaiksystems. Foto: David Millington Photography Limited Mit Genehmigung von: Arup Abb. 6.13 Drahtgeflecht über dem Mosaik und

Haltebügel für Aluminiumpfosten. Die Kabeltragschiene für die Anschlusskabel des Moduls ist ebenfalls zu sehen. Foto mit Genehmigung von: Arup

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

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6.6 Fallstudie: Xicui Entertainment Complex

Ort

― Ort, Land: Peking, VR China Breitengrad, Längengrad, Höhe: 39,910°; 116,390°; 29m Horizontale Einstrahlung: 4,32kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 534m² Spitzenleistung: 79,05kWP Leistung: 38929 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 890×890mm Technologie: mit Siliziumzellen beschichtete Verglasung Hersteller: Sunways, Schüco & Suntech Fertigstellung: 2008 Gebäude

― Typ: Entertainmentkomplex Höhe, Stockwerke: 12,4m, 9 Geschossfläche: 2200m² Architekten: Simone Giostra & Partners Inc.

6.6.1 Örtliche Gegebenheiten Der Xicui Entertainment Complex ist ein neungeschossiges Gebäude im Westen Pekings in der Nähe der olympischen Sportstätten. Das Gebäude wurde 2005 fertig gestellt und beherbergt ein Kino und ein Restaurant. Die Metallverkleidung der Ostfassade wurde 2006 durch eine 60m× 33m große Vorhangfassade nach einem Entwurf von Simone Giostra Architekten mit Unterstützung von Arup ersetzt (Abb. 6.16). Die Auftraggeber wünschten ein interessantes, innovatives und aufregendes Fassadendesign, um das Gebäude zu beleben. Der Entwurf entsprach diesem Wunsch mit einer „organischen Lösung“ aus lichtdurchlässigen Photovoltaikmodulen und Leuchtdioden (LEDs).

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

Abb. 6.14 Ein Lichmuster, erzeugt von der LEDInstallation am Xicui Entertainment Complex. Foto: Frank P. Palmer Mit Genehmigung von: Simone Giostra & Partners/ Arup

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

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Abb. 6.15 Die drei verschiedenen verwendeten Fas-

sadenmodule aus Verbundglas, mit entweder null, 12 oder 24 einlaminierten Photovoltaikzellen. Foto: Frank P. Palmer Mit Genehmigung von: Simone Giostra & Partners/ Arup

Abb. 6.16 Blick auf die Südostecke des Xicui Entertainment Complex während der Installation der Photovoltaik- und LED-Fassade auf der Ostseite des Gebäudes. Foto: Frank P. Palmer Mit Genehmigung von: Simone Giostra & Partners/ Arup

6.6.2 Warum Photovoltaik? Mit dem Konzept einer „organischen Lösung“ wollten die Architekten eine Fassade entwickeln, die aus derselben Energie, die von der Fassade zuvor absorbiert wurde, Licht erzeugen kann. Außerdem wollten sie eine Interaktion der Fassade mit dem Gebäudeinneren und dem umgebenden öffentlichen Raum erreichen. Die vertikale Verkleidung besteht aus transluzenten Glasmodulen, die unterschiedlich dicht mit Photovoltaikzellen bestückt sind und tagsüber ein eindrucksvolles Muster bilden. Hinter der transluzenten Verglasung befinden sich ungefähr 2300 LEDs, womit die Fassade die derzeit größte LED-Wand der Welt ist (Abb. 6.14). Am Tag wird der Strom, der von den Photovoltaikzellen erzeugt, aber nicht im Gebäude benötigt wird, ins Netz eingespeist. In der Nacht „entnimmt“ die mediale Gebäudehülle den zuvor gewonnenen Strom wieder aus dem Netz und erzeugt mit den LEDs ein Lichtspiel.

6.6.3 Photovoltaikmodule Die Hauptelemente der Fassade sind Verbundglasmodule mit einer Größe von 890× 890mm mit offener Fuge (Abb. 6.19) und eingebetteten polykristallinen Photovoltaikzellen, die mit der Verkleidung verschraubt wurden. Um die Vielfalt der Reflexionen des Sonnenlichts auf der Fassade während des Tages zu erhöhen, wurde die Hälfte der Glasmodule um 5° nach links oder rechts geneigt. Die Photovoltaikzellen wurden mithilfe einer transluzenten Haftschicht zwischen zwei Glasscheiben fixiert. Tagsüber gelangt genügend Tageslicht durch die Wandöffnungen in das Gebäude, so dass im Gebäude hinsichtlich der Lichtqualität ein hohes Maß an Behaglichkeit erreicht wird. Durch den Streueffekt der Zwischenschicht soll von außen die Sicht auf die Unterkonstruktion eingeschränkt werden. Die Lichtstreuung bildet auch einen Kontrast zu den dunklen Photovoltaikzellen, sodass diese tagsüber ebenfalls ins Auge fallen. Es gibt drei verschiedene Modultypen (Abb. 6.15), und zwar mit geringer, mittlerer und hoher Transparenz je nach Dichte und Anzahl der Photovoltaikzellen. Diese drei Typen werden in einem vorher bestimmten Muster an der Fassade angebracht und sollen eine Meereslandschaft darstellen. Nachts strahlen die LEDs von hinten die Platten an und die diffuse Zwischenschicht verteilt das Licht.

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6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

Abb. 6.17 Detailzeichnung der Halterung von LEDs und Photovoltaikmodulen

Halteplatte für die LED-Montage Langlöcher für horizontale Anpassung in zwei Richtungen LED-Montageschiene LED Montageschiene für Photovoltaikelemente

Unterlegscheiben zur Angleichung von Abweichungen

vorgefertigter Edelstahlmontagebügel Photovoltaikmodul

6.6.4 Fassadentechnik Die zur Verkleidung verwendete Wetterschutzschale ist hinterlüftet. Die Wand war bereits bauseits mit Dämmung und Dampfsperren versehen, sodass sich die Montage der Wetterschutzschale hauptsächlich auf die Photovoltaikmodule beschränkte. Die Pfosten sind an den horizontalen Stahlbindern und vertikalen Stahlträgern befestigt, die zur Vorfertigung in Modulbauweise entworfen wurden. Diese Bauteile ließen sich aufgrund ihrer Größe problemlos zur Baustelle transportieren und wurden an der vorhandene Gebäudestruktur befestigt. Die Binder tragen auf jeder Ebene einen Wartungssteg, der den Zugang für Wartungs- und Reinigungsarbeiten erleichtert. Jedes Modul ist mit einer Vier-Punkthalterung verschraubt, die an Pfosten aus rostfreiem Stahl angebracht ist (Abb. 6.17, Abb. 6.18). Die Punkthalterungen verfügen über Langlöcher, um die Befestigungsschrauben aus den Glasmodulen aufnehmen zu können. Dichtungen um die Schrauben gleichen Nutzlasten, Verschiebungen und Verdrehungen der Module aus, sodass sie sich infolge von Witterungseinflüssen ausdehnen, zusammenziehen und verbiegen können, ohne Biegemomente über die Halterungen zu übertragen. Die Stahlkonstruktion der Photovoltaikmodule trägt auch das Gitter der LED-Installationselemente, das 600mm hinter die Glasoberfläche zurückversetzt ist. Nach der Systeminstallation wurde jedes LED-Element so ausgerichtet, dass sein Lichtstrahl in der Mitte des jeweiligen Photovoltaikmoduls auftrifft.

Abb. 6.18 Rückwärtige Ansicht der Photovoltaik-

fassade mit Glashaltern, Tragstruktur und Anschlusskabeln. Foto: Frank P. Palmer Mit Genehmigung von: Simone Giostra & Partners/ Arup

Abb. 6.19 Detailansicht der Verbundglas-Photo-

voltaikmodule, die die Neigung einzelner Module um 5° aus der ebenen Fassadenfläche zeigt, was die Vielfalt der Sonnenreflexion erhöht. Foto: Frank P. Palmer Mit Genehmigung von: Simone Giostra & Partners/ Arup

6. VORGEHÄNGTE HINTERLÜFTETE FASSADEN

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7. PFOSTENRIEGEL-FASSADEN

7.1 Allgemeines Vorhangfassaden werden nach Art ihrer Herstellung und Montage in zwei Kategorien unterteilt: Pfosten-Riegel-Fassaden und Elementfassaden. Erstere ist die traditionelle Bauform einer Vorhangfassade, bei der die Riegel und Pfosten auf der Baustelle montiert werden. Elementfassaden werden zur Verkürzung der Montagezeit zu fertigen Elementen vormontiert und voll verglast zur Baustelle geliefert (siehe Kapitel 8). Das Pfosten-Riegel-System wird häufig für Vorhangfassaden verwendet. Dabei werden montagefertige Einzelkomponenten des Systems zur Baustelle geliefert. Dazu zählen die Pfosten (vertikale Bauteile), die Riegel (horizontale Bauteile), die Verglasungselemente (für Fensterbereiche), opake Glasbauteile oder gedämmte Paneele (für undurchsichtige Brüstungsbereiche), außerdem Dichtungen und Halterungen zur Befestigung der Fassade am Gebäude. Pfosten-Riegel-Fassaden werden hauptsächlich für Gebäude mit reduzierter Geschosszahl verwendet, für die ein kleines bis mittelgroßes System benötigt wird. Für Hochhäuser ist ihr Einsatz nicht zu empfehlen, weil das Gebäude für die Montage eingerüstet werden müsste und diese nur in einem begrenzten Maße Nutzlasten aufnehmen können. Für den Aufbau dieses Konstruktionstyps sind geschulte Fachkräfte unabdingbar, da die komplette Montage auf der Baustelle erfolgt und die Komponenten nicht im Werk vormontiert werden. Folglich muss die Qualitätskontrolle auf die Arbeiten vor Ort konzentriert werden.

7.2 Konstruktionsprinzipien Bei einer Vorhangfassade übertragen die Pfosten die horizontalen Windlasten und die Eigenlasten der Fassade auf die Geschossdecken und das Tragwerk des Gebäudes (Abb. 7.1). Die Länge der Pfosten entspricht für gewöhnlich einer Geschosshöhe, kann aber auch je nach verfügbarer Länge der Profile zwei oder maximal drei Geschosse überspannen. Die Riegel werden zwischen den Pfosten angebracht und bilden einen Rahmen, der die Maße der Fenster- und Brüstungsflächen definiert und die Eigenlast der Füllelemente aufnimmt. Diese Rahmen werden in den transparenten Fassadenbereichen mit Festverglasungen oder Öffnungsflügeln bestückt. Die Brüstungsbereiche werden mit Glas, Metall, Stein oder anderen opaken Materialien bekleidet. In der Fassadenkonstruktion werden Bewegungsfugen ausgeführt, um Bewegungen der Fassadenkonstruktion in sich selbst, zwischen Rahmenkonstruktion und Gebäudetragwerk und innerhalb Gebäudetragwerks auszugleichen. Die äußere Dichtung zwischen Füllelement und Rahmen bildet die erste Dichtungsebene gegen die Witterung. Sie wird mit Dichtungsprofilen, gelegentlich auch mit Dichtbändern oder Dichtmassen hergestellt. Die Füllelemente werden mit verschraubten Pressleisten in die Rahmen der Fassade gedrückt. In einer typischen

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7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

Pfosten-Riegel-Fassade ist die Konstruktion demnach bewusst sichtbar in Form der Pressleisten und eventuell zusätzlich vorhandener Deckleisten. Es wird also bewusst auf ein glattes Fassadenbild verzichtet, bei der die Konstruktion flächeneben oder gar versteckt hinter die Bekleidung tritt. Sollte Letzteres erwünscht sein, so ist dies durch die Verwendung spezieller versteckter Halterungen im Glasrandverbund möglich. Hinter der äußeren Dichtungsebene befindet sich ein druckgleicher Luftzwischenraum. Dieser muss zur Gewährleistung einer Hinterlüftung sowie einer Entwässerung im Fußpunkt teilweise perforiert, sein. Um dem Winddruck standhalten zu können, sind die Pressleisten punktuell perforiert, um einen Überdruck zu vermeiden. Obwohl dank dieser Vorrichtung das Eindringen von Wasser in den Hohlraum hinter der äußeren Dichtungsebene auf ein Mindestmaß reduziert wird, sollte der Hohlraum dennoch als wasserführende Ebene betrachtet werden. Die Luftdichtigkeit von innen nach außen wird durch das innere Dichtungsprofil gewährleistet, das als zweite Dichtungsebene fungiert.

Deckenplatte Befestigungswinkel Opakes Fassadenpaneel Aluminiumpfosten Aluminiumriegel Verglasung Aluminiumpressleiste

Abb. 7.1 Schematische Darstellung der Montage

einer Pfosten-Riegel-Fassade. Die Pfosten übertragen die horizontalen Windlasten und die vertikalen Gewichtslasten der Fassade auf die Geschossdecken und das Tragwerk des Gebäudes.

7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

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Abb. 7.2 Schematische Darstellung der Sekundär-

konstruktion zur Aufnahme einer geschraubten Ganzglasfassade.

Vertikaler Strang

Horizontale Glashalterung

Tragende Stütze

Fassadenplatte aus Glas

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7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

7.3 Verglasungsarten In diesem Abschnitt werden verschiedene Verglasungsarten erläutert (weitere Arten siehe Kapitel 8).

7.3.1 Edelstahlklemmen für Verglasungen Eine Alternative zur Befestigung von Verglasungen an der Rahmenkonstruktion sind Edelstahlklemmen, die an dieser festgeschraubt werden. Diese Knochen werden in vorgerichtete Schienen, die in den Abstandshaltern der Doppelverglasung integriert sind, verhakt. Eine zusätzliche Silikondichtung, welche die Fuge zwischen benachbarten Glasscheiben schließt, bildet die abschließende Wetterdichtung. Abb. 7.3 Detaildarstellung von Punkthalterungen für geschraubte Ganzglasfassaden. Foto: Fischerwerke

7.3.2 Punkthalterungen Einfach- oder Doppelverglasungen aus vorgespanntem Glas werden mit Spezialschrauben und Halterungen montiert und von einer Unterkonstruktion getragen, wodurch eine fast transparente, ebene Fassade oder Dachfläche entsteht (Abb. 7.2, Abb. 7.3 und Fallstudie 6.6 in Kapitel 6). Hierfür muss thermisch vorgespanntes Glas verwendet werden, da die Glasscheiben durchbohrt werden und die konzentrierten Spannungen im Bereich der Bohrung aufnehmen können muss. Zum Abdichten der Fugen zwischen benachbarten Scheiben/Glasbauteilen wird vor Ort eine Nassdichtung appliziert. Bei der Sanierung von wärmegedämmten Fassaden kann eine punktgehaltene Vorhangfassade als zusätzliche äußere Glashaut eingesetzt werden, die dem Gebäude ein neues Aussehen verleiht und, wenn die neue Außenhaut abgedichtet wird, als thermische und akustische Pufferzone dient. Der Abstand zwischen den beiden Schalen ist wählbar und abhängig von der Reinigungsstrategie. Für eine „schmale Doppelfassade“ sind 150–200mm Abstand erforderlich, wobei alle inneren Scheiben zu öffnen sein müssen. Wenn zwischen den beiden Schalen Wartungsstege angebracht werden sollen, muss der Abstand mindestens 600 mm betragen (siehe auch Kapitel 9 über Doppelfassaden). Derzeit sind mehrere patentierte Ausführungen von Punkthalterungen mit unterschiedlichen Eigenschaften auf dem Markt erhältlich. Beide Arten der Verglasung sind für die Integration von Photovoltaikmodulen geeignet, obwohl die verdeckte Installation der Kabel und Wechselrichter eines Photovoltaiksystems einer typischerweise transparenten Fassade widerspricht.

7.3.3 Glasleisten In Mauerwerkswänden sind Fensterfassaden, bei denen die Verglasung mittels Glashalteleisten in Rahmen gehalten wird, am gebräuchlichsten. Das Gewicht der Verglasung wird über Verklotzungen abgetragen. Die Glasleisten dienen neben der mechanischen Befestigung der Scheiben auch deren Abdichtung.

7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

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7.4 Integration von Photovoltaikmodulen Photovoltaikmodule können entweder in die transparenten Bereiche oder in die Brüstungsflächen einer Pfosten-Riegel-Fassade integriert werden und einfach- oder doppelverglaste Scheiben durch klare oder opake, einfach- oder doppelverglaste Photovoltaikmodule ersetzen (Abb. 7.4). Diese Photovoltaikmodule werden genau wie alle anderen Fassadenelemente in die Fassade eingebaut und abgedichtet. Wenn Photovoltaikmodule in die Fensterflächen einer Vorhangfassade integriert werden, so geschieht dies in Form einer Doppelverglasung, bei der die PV-Module auf die äußere Scheibe laminiert werde. Ferner handelt es sich dabei um eine Verglasung mit geringer Emissivität, Sonnenschutzbeschichtungen und eventuellen anderen Hochleistungsbeschichtungen. Um Glasbruch durch thermischen Schock zu vermeiden, wird die beschichtete Scheibe gewöhnlich aus thermisch vorgespanntem Glas hergestellt. Die Doppelverglasung muss auch Windlasten und den gegebenfalls Anpralllasten wiederstehen können. Weitere Informationen zur Verglasung enthält Kapitel 8. Für die Integration von Photovoltaikmodulen in die Brüstungsbereiche einer Vorhangfassade können opake oder semitransparente Solarlaminate verwendet werden. Die semitransparenten Laminate werden in eine so genannte Shadow-Box eingesetzt, die den Eindruck von Tiefe und Lichteinfall entstehen lässt, obwohl der Blick durch die Scheibe in das Gebäude nicht möglich ist. Die Photovoltaikmodule können in einfach- oder doppelverglaste Scheiben eingesetzt werden. Bei einer Doppelverglasung können keramische Beschichtungen auf eine der Scheiben aufgebracht werden, jedoch muss darauf geachtet werden, dass die Leistung der Photovoltaikmodule durch eine Verschattung nicht verringert wird.

Aluminiumpfosten Abstandshalter

Verkabelung Aluminiumquerriegel

Aluminiumpressleiste Dichtung

Innere Scheibe der Doppelverglasung Verglastes, auf ein Trägerglas laminiertes Photovoltaikmodul

Abb.7.4 Detailskizze von Photovoltaikmodulen und Anschlüssen in einer Pfosten-Riegel-Fassade. Die Photovoltaikmodule wurden auf ein Trägerglas laminiert.

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7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

Der Hohlraum hinter den Photovoltaikmodulen in einem Brüstungselement oder einer Shadow Box muss entwässert werden können und einen Druckausgleich mit außen gewährleisten. Die Rückseite ist mit Wärmedämmung zu versehen. Da sich in diesem Hohlraum Wärme stauen kann, sollte die äußere Scheibe aus thermisch vorgespanntem Glas bestehen. Photovoltaikmodule können auch in die Brüstungsbereiche einer Vorhangfassade eingebaut werden, indem sie auf die Außenseite eines gedämmten Sandwich-Elements aufgebracht werden. Sandwichelemente bestehen meistens aus zwei gekanteten Aluminiumblechen, zwischen denen sich eine Schicht Dämmmaterial befindet. Das äußere Blech kann durch ein Photovoltaikmodul ersetzt werden. Die Kanten werden im Werk versiegelt und in einer der Doppelverglasung entsprechenden Stärke hergestellt, um passgenau in das Pfosten-Riegel-System eingebaut zu werden, ohne Adapterstücke verwenden zu müssen. Eine weitere Möglichkeit ist ein System zum Einhängen oder Verschrauben der Photovoltaikmodule vor die Brüstungsbereiche der Vorhangfassade, nachdem die Fassade montiert und abgedichtet wurde. Die Module bilden dann eine Wetterschale (siehe Kapitel 6). Nachdem alle erforderlichen Elemente (wie Verglasung, Dämmung, Dichtungen) eingebaut sind, werden die Photovoltaikmodule an speziellen Halterungen, die in den Brüstungsbereichen der Verkleidung angebracht wurden, befestigt. Ein entwässerbarer, belüfteter Zwischenraum trennt die Photovoltaikmodule von den gedämmten Paneelen. Durch den Zwischenraum wird die Kühlung der Zellen ermöglicht, sodass deren Leistungsfähigkeit erhalten bleibt. Folgende Punkte müssen während der Planung und Ausführung besonders beachtet werden: ― Einbauort und Integration der Verteilerdose am Photovoltaikmodul ― Führung der elektrischen Leitungen entlang der Pfosten und Riegel oder durch diese hindurch (Abb. 7.4)

Aluminiumpfosten

Dichtung Aluminiumquerriegel

Abstandshalter

Innere Glasscheibe Verglastes Photovoltaikmodul

Abb.7.5 Explosionsdarstellung einer PfostenRiegel-Fassade mit Photovoltaikmodulen, die mit Silikonklebstoff befestigt sind.

7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

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→ 7.4

― Wetter- und Luftdichtigkeit der Bohrungen in den Fassadenprofilen ― Verteilerdose und Kabel, die an den Kanten der Doppelverglasungen austreten, sowie die Haltbarkeit des Randverbunds ― Widerstandsfähigkeit der Photovoltaikplatten gegenüber Beanspruchungen aus Windlasten und Wartungsarbeiten. Entscheidend ist die Frage, ob es besser ist, sämtliche Kabel außen zu führen und sie an einem Punkt in den Innenraum zu leiten oder mehrere Durchdringungspunkte vorzusehen und die Verkabelung im Innenraum vorzusehen. Beide Möglichkeiten müssen unter Berücksichtigung des erforderlichen Raumes, der Zugänglichkeit, der Wetterbeständigkeit usw. gut durchdacht werden.

7.5 Wartung und Austausch Wartung und Austausch erfolgen bei einer Pfosten-Riegel-Fassade mit integrierten Photovoltaikmodulen meist von außen. Wie der Austausch von Glasscheiben und Photovoltaikmodulen erfolgen kann, ist ein wichtiger Punkt, der schon während der Planung der Gebäudehülle beachtet werden muss. So sollte bereits im Entwurf berücksichtigt werden, dass externe und/oder interne Halterungen und Kabel leicht zugänglich sind. Wenn Photovoltaikmodule in Form einer Verglasung in die Fassadenbekleidung integriert sind, müssen für den Austausch im Regelfall die Pressleisten, Schrauben und Dichtungen gelöst werden, um die Elemente aus dem Rahmen ausbauen zu können. Der Austausch dieser Bauteile bedeutet demzufolge eine kurzzeitige und lokalisierte Entfernung des Wetterschutzes eines Gebäudes. Bei Gebäuden mit geringer Geschosszahl können die Elemente von außen mittels Anleiterung oder über hydraulische Arbeitsbühnen erreicht werden. Höhere Gebäude verfügen oft über eine Fassadenbefahranlage, die es ermöglicht, alle Fassadenbereiche zu erreichen. Bei der Entscheidung, wie die Elemente gegebenenfalls ausgetauscht werden können, muss der Planer auch die Größe und das Gewicht der Verglasungselemente und der Photovoltaikmodule beachten. Für größere Elemente müssen eventuell spezielle Hub- und Transportmittel vorgesehen werden.

7.6 Pfosten-Riegel-Fassaden mit Einsatzpaneelen Pfosten-Riegel-Fassaden mit Einsatzpaneelen sind eine Weiterentwicklung des herkömmlichen Pfosten-Riegel-Systems, mit welcher eine bessere Qualität durch ein höheres Maß an Vorfertigung angestrebt wird. Die äußere Erscheinung diese Fassadentyps ähnelt eher einem Bilderrahmen als dem eines Gitters, wie bei herkömmlichen Pfosten-Riegel-Fassaden. Wie beim herkömmlichen Pfosten-Riegel-System wird auf der Baustelle aus den Elementen ein Rahmen hergestellt. Danach werden die Fensterbereiche und Brüstungsfelder mit vorgefertigten Elementen, auch Paneele genannt, bestückt. Die Paneele bestehen aus einer Glasscheibe oder sonstiges Bekleidungsmaterial das, mit Dämmung versehen, auf ein Trägerprofil montiert wird. Die Paneele werden werkseitig hergestellt und eingedichtet. Sie werden anschließend mittels mechanischer Halterungen in die Rahmenkonstruktion der Fassade eingebaut. Pfosten-Riegel-Fassaden mit Einsatzpaneelen stellen gegenüber herkömmlichen Pfosten-Riegel-Systemen eine Verbesserung dar, da ihre Montage nicht im gleichen Grad von hoch spezialisierten Fachkräften vor Ort abhängig ist. Die äußeren Dichtungen können unter kontrollierten Werksbedingungen angebracht werden, sodass eine bessere Qualitätskontrolle möglich ist. Dennoch bleibt der Einbau der Paneele in den Fassadenrahmen ein schwieriger Arbeitsschritt. Die längeren Herstellungszeiten werden durch die kürzeren Bauzeiten vor Ort ausgeglichen.

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7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

Abb. 7.6 Südfront des Westgebäudes des Hauptsit-

zes der Tobias Grau GmbH mit Blick auf die Photovoltaikelemente der geklebten Ganzglasfassade. Foto: Schüco International KG

7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

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7.7 Fallstudie: Firmensitz Tobias Grau GmbH

Ort

― Ort, Land: Rellingen, Deutschland Breitengrad, Längengrad, Höhe: 53,631°; 9,885°; 16m Horizontale Einstrahlung: 2,73kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 179 m² Spitzenleistung: 18 kWP Leistung: 10800 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1970×1430mm Technologie: Polykristallines Silizium Hersteller: Schüco Gebäude

― Typ: Büro für Leuchtendesigner Höhe, Stockwerke: 10m, 2 Geschossfläche: 4160m² Architekten: BRT Architekten Fertigstellung: 2001

7.7.1 Rahmenbedingungen Der Leuchtenhersteller Tobias Grau GmbH benötigte ein Bürogebäude in Rellingen bei Hamburg mit attraktiv gestalteten, funktionellen Räumen und innovativen Technologien. Der Entwurf der Architekten Bothe Richter Teherani entsprach dem Wunsch mit zwei lang gezogenen, ovalen Gebäuden (Abb. 7.7). Die beiden röhrenförmigen Bauwerke liegen parallel zueinander und sind durch einen quergestellten Zwischenbau miteinander verbunden, der dem Komplex eine H-Form im Grundriss verleiht. Der Hauptbau besteht aus gebogenen Holzleimbindern, die 20m überspannen und im Abstand von 5m errichtet wurden. An dieser Holzkonstruktion wurden Aluminium-Sandwichplatten angebracht, wodurch die Röhrenform des Gebäudes gebildet wird. Nach Norden wird die Röhre von einer voll verglasten, nicht verschatteten, nach innen geneigten Fassade begrenzt, während auf die Südfassade eine Solarfläche montiert ist. Die gebogenen Ost- und Westfassaden sind ebenfalls verglast und verfügen über außen liegende, bewegliche Lamellen von je 2,5m Länge, die Schutz vor der Sonneneinstrahlung bieten. Aufgrund der geringen Höhe der Fassaden (circa 8m) und des erwünschten flächenbündigen Erscheinungsbildes wurden die Module in eine Pfosten-Riegel-Konstruktion mittels Structural-Sealant-Glazing-Technologie (geklebte Ganzglasfassade) integriert.

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7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

Abb. 7.7 Ansicht des röhrenförmigen Ostgebäudes von Südosten mit Blick auf die Südfassade. Foto: Schüco International KG

7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

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Abb. 7.8 Die Innenansicht der Südfassade zeigt die

Abstände zwischen den einzelnen Photovoltaikzellen, durch die gefiltertes Tageslicht in die Halle einfällt. Foto: Tobias Grau GmbH

7.7.2 Integration der Photovoltaik An den vertikalen Südfassaden beider Gebäude befinden sich auf einer Gesamtfläche von 179m2 Photovoltaikmodule. Das Westgebäude (Abb. 7.8) ist auf einer Fläche von 128m2 mit 45 Modulen bestückt. Die Module bestehen aus transparenten Laminaten mit blauen, polykristallinen Zellen. Die Zellen haben einen Abstand von 10 mm zueinander, so dass an dieser Stelle auch ein wenig Tageslicht ins Innere gelangt, während die Zellen gleichzeitig als Sonnenschutz fungieren. Dieser Aspekt und die hohe Transparenz der anderen Fassaden zeigen, dass die Nutzung des Tageslichts ein zentrales Thema bei diesem Projekt ist. Die Module haben eine Größe von 1,97× 1,43m. Die beiden Photovoltaiksysteme wurden vom Bundesland Schleswig-Holstein gefördert und verfügen über eine Leistung von 18kWP. Sie erzeugen rund 11 MWh Strom pro Jahr.

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7. PFOSTEN-RIEGEL-FASSADEN

8. ELEMENTFASSADEN

8.1 Allgemeines

Abb. 8.1 Montage einer Elementfassade (ohne Photovoltaik). Foto: Nicolò Guariento

Elementfassaden wurden entwickelt, um die Probleme, die beim Aufbau von Pfosten-Riegel-Fassaden entstehen (siehe Kapitel 7), zu umgehen und die Montagezeit vor Ort zu verringern. Sie bestehen aus großen Modulen, deren Abmessungen einen Transport vom Werk zur Baustelle noch ermöglichen. Das gängige Maß liegt bei einer Breite von 1,5m und der Höhe eines Geschosses. Die größten dieser Module können geschosshoch und bis zu 9m breit sein. Die Module werden bei der Fertigung im Werk mit allen erforderlichen Komponenten für eine Gebäudeaußenhaut hergestellt: Witterungsschutz, Dämmung, Dampfsperre, Rahmenkonstruktion, Brandschutzvorrichtungen, Fensterflächen sowie innere Bekleidung. Man muss sich diese – allgemein als vorgefertigte Fassadenelemente bezeichneten – Module als Konstruktionseinheit, als einen der Grundbausteine des Gebäudes vorstellen. Der Abschluss der Elemente nach Außen besteht oft aus einer Metall- oder Natursteinbekleidung in den Brüstungs- bzw. opaken Bereichen der Fassade und aus Isolierverglasung in den transparenten Bereichen. Eine Möglichkeit, Tiefe und Lichteffekte in Brüstungsbereichen zu erzeugen, sind sogenannte Shadow-Box-Konstruktionen, bei denen die Brüstungselemente aus einer Einfach- oder Doppelverglasung, einem Luftzwischenraum und einer Wärmedämmung mit abschließendem Blechpaneel auf der Innenseite bestehen. Die Montage von Elementfassaden an ein Gebäude ist relativ einfach und kann über die Geschossdecken vom Gebäudeinneren her erfolgen. Somit ist ein Einrüsten des Gebäudes hierfür nicht erforderlich (Abb. 8.1, Abb. 8.2). Da ein Großteil der Arbeiten im Werk vonstatten geht, kann der gesamte Arbeitsablauf viel effektiver und wirtschaftlicher organisiert, durchgeführt und überwacht werden als bei einem System, das auf der Baustelle montiert wird. Elementfassaden sind besonders für stark gegliederte, hochwertige Fassaden geeignet und werden nicht selten mit Natursteinbekleidungen gefertigt. Die maßgefertigten Fassadenelemente liegen im mittleren bis hohen Preissegment und werden deshalb häufig bei exklusiven Geschäftsbauten in Stadtzentren eingesetzt.

Deckenplatte

Fassadenelemente Verglastes Modul Aluminiumquerriegel

Photovoltaikmodul Aluminiumpfosten Befestigungswinkel

Abb. 8.2 Schematische Darstellung der Lagerung

von Elementfassadenbauteilen auf der Baustelle und des Aufbaus von innen ohne Gerüst.

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8. ELEMENTFASSADEN

8.2 Tragende Rahmenkonstruktionen Die Rahmenkonstruktion eines Elements ist so dimensioniert, dass sie sowohl dessen Eigengewicht als auch alle einwirkenden Kräfte, hauptsächlich Windlasten, aufnehmen kann. Für gewöhnlich wird durch die Verbindung von Pfosten- und Riegelementen aus Aluminiumstrangpressprofilen ein starrer Rahmen gebildet. Zwischen den einzelnen vorgefertigten Fassadenelementen wird eine Bewegungsfuge ausgebildet (Abb. 8.3), die Fassadenbewegungen aufnimmt. Vorgefertigte EPDM- oder Silikondichtungen werden in die speziell hierfür vorgesehenen Kanäle der extrudierten AluminiumProfile eingeschoben. Anschließend wird eine Isolierglaseinheit in den Glasfalz eingesetzt und mit Pressleisten oder Silikonklebstoff befestigt. Die Konstruktion ist druckausgleichend (siehe Kapitel 6). Die Fassadenaußenseite bildet die primäre Wetterschutzebene. Im Falle einer Bekleidung mit Natursteinplatten, wahlweise mit offenen oder versiegelten Fugen, verfügen die Fassadenelemente über Vorrichtungen zur Entwässerung und Belüftung. Die Luftdichtigkeit zwischen Außen- und Innenraum wird über dampfdichte Konstruktionen der Fassadenelemente gewährleistet, sowie über vorgefertigte Dichtungsprofile im Bereich der Elementstöße. Das Material, das für die Gebäudebekleidung verwendet wird, bestimmt in hohem Maße die Wahl des Rahmenmaterials. Bekleidungen aus Naturstein, in der Regel 40–50mm dick, erfordern aufgrund ihres Gewichts unter Umständen eine Rahmenkonstruktion aus Stahl- oder verstärkten Aluminiumprofilen, eine leichte Metallbekleidung hingegen nur eine Rahmenkonstruktion aus einfachen, stranggepressten Aluminiumprofilen. Die Wahl des Rahmenmaterials wird auch durch die Brandschutzanforderungen beeinflusst. Die Bekleidung wird mit Bolzen, Schrauben oder Schienen am Rahmen befestigt und bedeckt einen Luftzwischenraum von ungefähr 50mm sowie eine Wärmedämmung und eine Dampfsperre. Brandschutzbekleidungen sowie die Innenbekleidung werden rückseitig auf die Rahmenkonstruktion aufgebracht. Elementfassaden lasten auf jeder Geschossebene ab und nehmen gewöhnlich Deckendurchbiegungen von 10 bis 12mm auf.

Wärmedämmung Aluminiumrahmenprofil

Dichtung als Witterungsschutz

Thermische Trennung

Doppelverglasung

Photovoltaikpaneel

Abb. 8.3 Horizontalschnitt durch eine Stoßfuge mit eingebauter Toleranz zum Ausgleich von Differenzialbewegungen.

8. ELEMENTFASSADEN

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8.3 Verglasungsarten Folgende Verglasungstechniken kommen beim Bau von Elementfassaden zum Einsatz. Weitere Techniken sind in Kapitel 7 beschrieben.

8.3.1 Trockenverglasung Bei einer Trockenverglasung drücken die Pressleisten die Verglasung mittels Dichtungsprofilen in die Rahmen. Die Ecken der Dichtungsprofile sind so ausgeformt, dass damit eine kontinuierliche Wetterdichtigkeit erreicht wird. Bei dieser Art der Verglasung liegen die Kopplungspfosten- und Riegelprofile der Rahmenkonstruktion offen. Bei einem Pfosten-Riegel-System (Kapitel 7) mit Trockenverglasung spricht man auch von einer mechanischen Befestigung mit Pressleisten. Die Bauteile werden mit Dichtungsprofilen abgedichtet und mit Pressleisten gehalten, die alle 150 bis 300mm mit Schrauben an der Rahmenkonstruktion befestigt werden. Diese werden unter einer Deckleiste verborgen, die mit einem Schnappverschluss befestigt wird und abgenommen werden kann, um bei Bedarf an die Verschraubung zu gelangen. Die Befestigungselemente müssen ausreichend festgezogen werden, damit die Verglasungen/Füllelemente sicher gehalten und die Dichtungen ausreichend angedrückt werden, um den Witterungsschutz zu gewährleisten.

8.3.2 Nassverglasung Bei einer Nassverglasung wird die Verglasung mittels einer tragenden Silikonversiegelung in den Aluminiumrahmen geklebt. Mit geklebten Ganzglasfassaden erhält man eine ebene Fassadenfläche, da hervorstehende Profile entlang der Rahmenbauteile nicht mehr erforderlich sind. Aus Gründen der Haltbarkeit sollte das Silikon jedoch unter kontrollierten Werksbedingungen aufgetragen werden. Mit dieser Verglasungsmethode können völlig ebene Oberflächen geschaffen werden, die aufgrund ihrer ästhetischen Erscheinung von Architekten sehr geschätzt werden. Muss jedoch eine defekte Scheibe ausgetauscht werden, dann muss die Silikonversiegelung aufgeschnitten und nach der Reparatur vor Ort wieder versiegelt werden. Dies birgt ein gewisses Risiko, da die Neuversiegelung lückenlos und qualitativ einwandsfrei ausgeführt werden muss, damit eine dauerhafte und zuverlässige Verbindung sichergestellt ist. In einigen außergewöhnlichen Situationen, beispielsweise unter extrem kalten oder heißen klimatischen Bedingungen, wenn ein Widerstand gegen Explosionsgefahren gefordert ist oder örtliche Bauvorschriften es verlangen, sind zusätzliche mechanische Halter anzubringen. Diese bieten eine zusätzliche Sicherheit für den Fall, dass die Silikonverbindung versagt.

8.3.3 Kombinierte Verglasung Um Silikonversiegelungen nicht auf der Baustelle anbringen zu müssen, wird oft eine Kombination aus beiden Verglasungsarten gewählt, bei der die Glasscheibe mit Silikon auf einen Aluminiumrahmen geklebt wird. Der Rahmen kann dann wiederum entsprechend dem Prinzip der Trockenverglasung mit Dichtungsprofilen an der Rahmenkonstruktion der Fassadenelemente befestigt werden. Muss eine Scheibe ausgetauscht werden, werden die mechanischen Halterungen gelöst und der Aluminiumrahmen herausgenommen. Die neue Scheibe wird dann unter Werksbedingungen mit Silikon in den Aluminiumrahmen geklebt. Anschließend wird dieser zur Baustelle transportiert und wieder eingebaut, ohne dass erneut eine tragende Versiegelung appliziert werden muss.

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8. ELEMENTFASSADEN

8.4 Integration von Photovoltaikmodulen Photovoltaikmodule können sowohl in die transparenten Bereiche als auch in den opaken Bereichen einer Elementfassade integriert werden. Einfach- oder Doppelverglasungen können durch klare oder opake, einfach- oder doppelverglaste Photovoltaikmodule ersetzt werden (Abb. 8.4) und in die Fassadenelemente integriert und eingedichtet werden. Dies geschieht schon während der Fertigung der Elemente im Werk. Somit können alle Durchdringungen der Rahmenbauteile und der Dichtungen für die Verkabelung unter Werksbedingungen abgedichtet und einer genauen Qualitätskontrolle unterzogen werden. Um einen hohen Qualitätsstandard zu sichern, werden herkömmliche Systeme mit umlaufender, die Verglasung tragender Silikondichtung nicht empfohlen, da im Falle eines Scheibenaustauschs das Silikon nicht im Werk, sondern vor Ort angebracht werden müsste. Wenn Photovoltaikmodule in die transparenten Bereiche einer Elementfassade integriert werden, bilden die Module die äußere Scheibe einer Isolierglaseinheit, die sich meistens zusätzlich durch hochwertige Sonnenschutzbeschichtungen und geringe Emissivität auszeichnet. Um einen Glasbruch durch thermischen Schock zu vermeiden, werden die Glaslaminate der Module in der Regel aus thermisch vorgespanntem Glas hergestellt. Der Einbau erfolgt wie bei der Pfosten-Riegel-Fassade (siehe Kapitel 7). Die Versiegelung der Fugen zwischen den Modulen mit Silikon im Nassverfahren muss mit großer Sorgfalt erfolgen. Ein Kontakt zwischen dem Silikon und den Abstandhaltern auf Acrylbasis im Randverbund von Isolierglaseinheiten oder den PVB-Folien von Verbundsicherheitsgläsern sollte strikt vermieden werden, um chemischen Reaktionen vorzubeugen. Aus diesem Grund werden Silikonprofile als Abstandshalter in den Fugen eingesetzt.

Verkabelung

Aluminiumpfosten Aluminiumquerriegel

Silikonklebstoff Abstandhalter Innere Glasscheibe

Abb.8.4 Detail einer Elementfassade mit Photo-

Verglastes Photovoltaikmodul

voltaikmodulen in doppelverglasten Scheiben. Die Kabelführung erfolgt innerhalb der Pfosten.

8. ELEMENTFASSADEN

103

→ 8.4

Bei Isolierglasmodulen sollte die Versiegelung mit noch größerer Sorgfalt geschehen, da die Kabel entlang der Verglasungskanten aus den Modulen heraus und durch die Versiegelung hindurch in die Rahmenkonstruktion geführt werden müssen. Die Kabelisolierung darf nicht in direkten Kontakt mit dem Silikon kommen. Bei Verglasungssystemen mit Pressleisten muss der Aufbau der Abdeckungen so klein wie möglich gehalten werden, um eine ungewollte Verschattung der Photovoltaikzellen zu vermeiden. Alternativ dazu verhindert eine flach aufgebrachte Silikondichtung zwischen den Photovoltaikscheiben den Verschattungseffekt, birgt jedoch Probleme in Bezug auf Wetterdichtheit und Dauerhaftigkeit der Kanten der Photovoltaikelemente.

8.5 Wartung und Austausch Die Wartung und der Austausch einer Elementfassade mit integrierten Photovoltaikmodulen erfolgen meist von außen. Bereits zu Beginn des Entwurfs der Gebäudehülle muss die Strategie für den Austausch von Verglasungen und Photovoltaikmodulen entwickelt und die Zugänglichkeit zu externen und/oder internen Halterungen und Kabel bedacht werden. Beim Austausch beschädigter Paneele müssen in der Regel die Schrauben, Pressleisten, Dichtungen und/oder mechanischen Halterungen gelöst werden, die Paneele aus dem Rahmen entnommen und durch neue ersetzt werden. Der Austausch dieser Bauteile bedeutet demzufolge eine kurzzeitige und teilweise Entfernung des Wetterschutzes eines Gebäudes. Photovoltaikmodule zum Anschrauben oder zum Einhaken ermöglichen einen einfachen Austausch, ohne dass der Wetterschutz dabei beeinträchtigt wird. Handelt es sich bei der Fassadenkonstruktion um ein System mit Einsatzpaneelen, liegt der Vorteil darin, dass sämtliche Dichtungen und Versiegelungen von Austauschpaneelen bereits im Werk unter kontrollierten Bedingungen erfolgen können (siehe Kapitel 7.6). Elementfassaden werden meistens an mehrgeschossigen Gebäuden angebracht, die oft mit einer Fassadenbefahranlage ausgerüstet sind, die es ermöglicht, alle Fassadenbereiche zu erreichen. Bei der Entscheidung, wie die Bauteile im Bedarfsfall ausgetauscht werden sollen, muss der Planer auch die Größe und das Gewicht der Verglasungen und der Photovoltaikmodule beachten. Mit der entsprechenden Strategie und geeigneten Geräten sollten auch größere Bauteile problemlos ausgewechselt werden können.

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8. ELEMENTFASSADEN

8.6 Fallstudie: Alan Gilbert Building

Ort

― Ort, Land: Melbourne, Australien Breitengrad, Längengrad, Höhe: –37,800°; 144,959°; 52m Horizontale Einstrahlung: 4,12kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 426m² Spitzenleistung: 46 kWP Leistung: 40000 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1220×939mm–2664×1895mm Technologie: Polykristallines Silizium Hersteller: BP Solar Gebäude

― Typ: Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Höhe, Stockwerke: 24m, 8 Geschossfläche: 4550m² Architekten: Metier3 Fertigstellung: 2001

8.6.1 Rahmenbedingungen Das Alan Gilbert Building ist das erste große Neubauprojekt mit gebäudeintegrierter Photovoltaik in Australien (Abb. 8.5). Das achtgeschossige Gebäude wurde im Dezember 2001 fertiggestellt und ist Teil von Melbournes neuem University Square Campus. In der obersten Etage befindet sich auf einer Gesamtfläche von 426 m2 die Gebäudetechnik. Die geneigte Fassade wurde als Elementfassade ausgeführt, da sie mehr als drei Geschosse hoch ist und sich aufgrund der Neigung eine Montage von innen anbot.

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8. ELEMENTFASSADEN

Abb. 8.5 Außenansicht des Alan Gilbert Buildings.

Zu sehen ist die Photovoltaik-Integration in die Fassade der beiden obersten Stcokwerke. Foto: Dianna Snape Mit Genehmigung von: Arup

8. ELEMENTFASSADEN

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Abb.8.6 Die Detailansicht der Nordfassade des Alan Gilbert Building zeigt den Kontrast zwischen den polykristallinen PV-Modulen und der konventionellen Fassade darunter. Deutlich erkennbar sind die der internen Struktur von Stützen und Decken folgenden Anpressleisten. Foto: Dianna Snape Mit Genehmigung von: Arup Abb.8.7 Blick auf die Ostseite des Alan Gilbert Building mit Sicht auf die beiden oberen Etagen der Nordfassade, die um 70° bis 74° gegenüber der Horizontalen geneigt sind. Foto: John Gollings Mit Genehmigung von: Arup

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8. ELEMENTFASSADEN

8.6.2 Integration der Photovoltaik Verwendet wurden laminierte Glas-Glas-Module aus polykristallinem Silizium, wobei die Siliziumzellen mit etwas Abstand angeordnet sind, damit Tageslicht durch die Fassade einfallen kann (Abb. 8.8). Die äußere Schicht des Laminats besteht aus einem eisenarmen, vorgespannten Glas mit einer Dicke von 6mm, die innere besteht aus einer vorgespannten Klarglasscheibe, ebenfalls 6mm dick. Die beiden Scheiben trennt eine 2mm starke flüssige Zwischenschicht (aus Harz), in welche die polykristallinen Zellen eingebettet sind. Die Wahl fiel auf polykristalline Zellen, da sie kostengünstiger sind als monokristalline Zellen und besser zum Erscheinungsbild des Gebäudes passen. Die in Sydney von BP Solar gefertigten 21400 polykristalline Zellen wurden nach Deutschland geschickt, wo sie auf das Trägerglas laminiert wurden. Anschließend wurden die Scheiben wieder nach Australien zurückgesandt, wo der Fassadenbauer Permasteelisa die fertigen Fassadenelemente für den Einbau auf der Baustelle herstellte. Die Elemente wurden mit einer geklebten Verglasung (Structural Glazing) versehen. Jedes fünfte Modul wird außenseitig durch Pressleisten gerahmt, wodurch eine Gliederung der Fassade entstand, die die Primärkonstruktion des Gebäudes aus Stützen und Decken widerspiegelt. Die Photovoltaikfassade besteht aus 148 Modulen in acht verschiedenen Größen (von 1220× 939mm bis 2664× 1895mm), die sich in der Anzahl ihrer Zellen und somit auch in ihrer Ausgangsspannung unterscheiden. Die Module werden zu verschiedenen Gruppen zusammengeschlossen, die unterschiedliche Ausgangsspannungen erreichen (Abb. 8.9). Aus diesem Grund besitzt auch jede Gruppe einen eigenen Wechselrichter, der auf die spezielle Leistung der jeweiligen Modulgruppe ausgelegt ist. Das gesamte Solarfeld verfügt über eine Spitzenleistung von 47,3kWP. Mit dem gewonnenen Strom wird zunächst das Gebäude versorgt. Wenn mehr Strom erzeugt wird als das Gebäude benötigt, werden diese Überkapazitäten ins öffentliche Netz eingespeist.

Abb. 8.8 Innenansicht des obersten Stockwerks, in

dem die Gebäudetechnik untergebracht ist. Die Photovoltaikzellen erzeugen ein Schattenmuster auf dem Fußboden. Foto: John Gollings Mit Genehmigung von: Arup

Abb. 8.9 Anschlusskasten für das Solarfeld am Alan Gilbert Building mit der halbtransparenten Fassade im Hintergrund. Foto: John Gollings Mit Genehmigung von: Arup

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8.7 Fallstudie: Wal-Mart Experimental Supercenter

Ort

― Ort, Land: McKinney, USA Breitengrad, Längengrad, Höhe: 33,221°; –96,630°; 197m Horizontale Einstrahlung: 4,54 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: Polykristalline Siliziummodule 287m², Dünnschichtsiliziummodule 27m² Spitzenleistung: Polykristalline Siliziummodule 32 kWP, Dünnschichtsiliziummodule 3 kWP Leistung: Polykristalline Siliziummodule 23500 kWh/Jahr (geschätzt), Dünnschichtsiliziummodule 2400 kWh/Jahr (geschätzt) Größe der einzelnen Module: 1500×1500mm Technologie: Polykristalline und Dünnschichtsiliziummodule Hersteller: Schott Solar Gebäude

― Typ: Einzelhandelsgebäude Höhe, Stockwerke: 11m (geschätzt), 1 Geschossfläche: 20000m² Architekten: LPA Inc. Fertigstellung: 2005

8.7.1 Rahmenbedingungen Wal-Mart eröffnete 2005 im Rahmen eines Versuchs zwei sogenannte Experimental Supercenter – eines in McKinney, Texas (Abb. 8.10), und eines in Aurora, Colorado. Mit dem Bau dieser Einkaufszentren sollte der Einsatz von Recyclingmaterialien, energiesparenden Technologien und erneuerbaren Energien erprobt und bewertet werden. Unabhängige Prüfinstitute überwachten von 2005 bis 2008 die Leistung der verwendeten Technologien, um die möglichen Vorteile bewerten zu können, die der Einsatz nachhaltiger Technologien bietet. Zu den untersuchten Technologien mit erneuerbarer Energie zählten mehrere Solarfelder, zwei kleine Windräder und eine Bio-Treibstoff-Heiztherme, in der Öl aus dem Betrieb des Einkaufszentrums aufbereitet und verbrannt wird. Da es sich hier um ein Studienprojekt handelte, wurden mit möglichst vielen verschiedenen Photovoltaikmaterialien experimentiert, um herauszufinden, welches die beste Leistung bringt. Es wurden Zellen aus polykristallinem Silizium und Dünnschichtzellen aus amorphem Silizium an einer vertikalen Fassade und auf dem geneigten Dach des Gebäudes installiert.

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8. ELEMENTFASSADEN

Abb.8.10 Blick auf das Wal-Mart Experimental Supercenter in McKinney (USA). Foto: Chris Costea Mit Genehmigung von: Arup

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8.6.2 Photovoltaik in der Vorhangfassade Die Südfassade bot die Möglichkeit, sowohl polykristalline als auch Dünnschichtmodule aus amorphem Silizium zu verwenden. Diese wurden in horizontalen Bändern in eine vertikal unterteilte Elementfassade über die gesamte Länge des Einkaufszentrums integriert (Abb. 8.11). Die Anlage besteht aus einem oberen, opaken Band aus quadratischen, polykristallinen Zellen und einem unteren, semitransparenten Band aus amorphen Dünnschichtmodulen. Durch die PV-Fassade gelangt Tageslicht ins Gebäudeinnere und erhellt den Eingangs- und Kassenbereich. Das obere Band besteht aus 121 Glaslaminaten mit polykristallinem Silizium, die einen charakteristischen blauen Streifen entstehen lassen (Abb. 8.11). Im unteren Band befinden sich 39 Glaslaminate mit dünnschichtigem Silizium hoher Transparenz. Die kristallinen Module verfügen über eine Spitzenleistung von 110WP/m2, gegenüber einem Wert von nur 45WP/m2 bei den Dünnschichtmodulen. Insgesamt erreichen beiden Technologien eine Spitzenleistung von 35kWP und generieren eine Gesamtstrommenge von ungefähr 26000kWh/Jahr. Die Solarmodule wurden von Schott Solar hergestellt und von Wausau Window and Wall Systems werkseitig auf Rahmen montiert, um den Anforderungen hinsichtlich Ästhetik, Statik und Dichtigkeit gerecht zu werden. Durch die Vorfertigung der Module konnte der Einbau vor Ort problemlos und schnell erfolgen. Die Rahmen waren so konzipiert, dass die Verkabelung mittels Stecker und Buchsen auf der Baustelle leicht angeschlossen werden konnte. Der produzierte Gleichstrom wird in Wechselstrom umgewandelt und direkt ins Stromnetz eingespeist.

8.6.3 Photovoltaik auf den Dachflächen Abb. 8.11 Ansicht des Kassenbereichs im Experi-

mental Supercenter mit Blick auf den blauen Streifen aus polykristallinen Modulen im oberen Bereich der Fassade. Der durchsichtigere Teil der Fassade besteht aus semitransparenten, amorphen Dünnschichtmodulen. Foto: Chris Costea Mit Genehmigung von: Arup

Abb. 8.12 Innenansicht des Gartencenters mit in die nach Süden orientierte Dachfläche integrierten polykristallinen Photovoltaikmodulen. Foto: Chris Costea Mit Genehmigung von: Arup

Abb. 8.13 Innenansicht einer der Eingangshallen mit amorphen Dünnschichtmodulen in der horizontalen Dachfläche. Foto: Chris Costea Mit Genehmigung von: Arup

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Auch die Dachflächen des Einkaufszentrums sind in mehreren Bereichen mit PVModulen ausgestattet worden.Das Dach über dem Gartencenter wurde mit polykristallinen Siliziummodulen bestückt, die für eine optimale Ausbeute geneigt angebracht wurden (Abb. 8.12). Das Solarfeld besteht aus 44 Glaslaminaten mit einer Gesamtleistung von 11 kWP und erzeugt eine geschätzte Gesamtstrommenge von 14600kWh/Jahr. In die horizontalen Dachflächen der Eingangshallen wurden jeweils 90 Glaslaminate aus dünnschichtigen, amorphen Siliziummodulen integriert (Abb. 8.13). Sie bedecken eine Fläche von 78m2, haben eine Spitzenleistung von 6,75kWP und eine geschätzte Stromausbeute von 8400kWh/Jahr. Eine dritte Photovoltaik-Variante besteht aus dünnschichtigen, direkt auf die Dachhaut aufgeklebten Siliziumlaminaten und wurde über dem Werkstattbereich angebracht. Die Laminate wurden von United Solar Systems in Troy, Michigan, hergestellt und von Solar Integrated Technologies auf die Dachhaut geklebt. Es kamen drei Laminatfelder mit einer Fläche von 53m2, einer Leistung von 4,6kWP und einer geschätzten Ausbeute von 5700kWh/Jahr zum Einsatz. Insgesamt verfügen die Einkaufszentren über eine Spitzenleistung von 57kWP und erzeugen ungefähr 54600kWh/Jahr.

8. ELEMENTFASSADEN

8. ELEMENTFASSADEN

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9. DOPPELFASSADEN

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9. DOPPELFASSADEN

9.1 Allgemeines Doppelfassaden bestehen aus zwei Schichten, die durch einen belüfteten Fassadenzwischenraum getrennt sind (Abb. 9.1). Hauptzweck dieses Luftraums ist es, die physikalischen Eigenschaften der Fassade das Jahr hindurch anzupassen und somit die Performance des Gebäudes zu verbessern. Zwischen der wärmegedämmten inneren Fassade und der vorgesetzten äußeren Fassade befindet sich eine unbeheizte thermische Pufferzone, die bei Bedarf belüftet wird und mit beweglichen Sonnenschutzvorrichtungen ausgestattet werden kann. Doppelfassaden passen sich den lokalen Bedingungen an und gleichen saisonal bedingte Klimaschwankungen aus. Wärme-, Kälte-, Licht- und Windeinflüsse werden reguliert, um eine optimale Behaglichkeit ohne komplexen Technik- oder hohen Energieeinsatz zu erreichen. Manchmal wird die Wärmeenergie, die sich in dem Fassadenzwischenraum bildet, nicht nur passiv, sondern auch aktiv genutzt. Die äußere Schicht eignet sich in hohem Maße für die Integration von Photovoltaik, da sie aus einer Einfachverglasung besteht und die Photovoltaikmodule auch als Sonnenschutz fungieren können. In der Regel werden Verschattungselemente (fest angebrachte opake Lamellen, Raffstores, Rollläden, etc.) im Fassadenzwischenraum angebracht, um übermäßige solare Energieeinträge oder Blendung zu vermeiden. Wenn der Zwischenraum belüftet wird, kann dadurch die von der Sonneneinstrahlung verursachte und von den Verschattungselementen absorbierte Wärme abziehen, wodurch der Energieeintrag in das Gebäude durch Sekundärtransmission verhindert wird (Abb. 9.2). Die Wirksamkeit der Verschattungselemente hängt auch von den Eigenschaften ihrer Oberfläche (Farbe, Beschaffenheit) ab. Dieses System kann für eine angemessene Regulierung der Innenraumbedingungen sorgen, sowohl hinsichtlich Sonneneinstrahlung (im Falle von beweglichen Lamellen) durch die Anpassung von Winkel und Position der Verschattungselemente, als auch in thermischer Hinsicht, indem die Lüftung innerhalb des Fassadenzwischenraums reguliert wird. Bezüglich der Ästhetik ermöglicht eine Doppelfassade die Schaffung einer glatten Fassade mit hohem Glasanteil, da die innere Schicht die Funktion der wirksamen thermischen Hülle übernimmt. Dank der zweiten Glashaut können die Gebäudenutzer die Fenster bei unterschiedlichen Witterungsverhältnissen wie Wind oder Regen geöffnet lassen. Die äußere Schicht der Gebäudehülle schützt das gesamte Gebäude und ermöglicht so eine natürliche Lüftung über den Luftraum zwischen den beiden Fassadenebenen. Dank einer Doppelfassade ist es möglich, Fenster 24 Stunden geöffnet zu lassen, ohne dass dies zu Lasten der Behaglichkeit geht. Eine Doppelfassade erreicht zudem bei geöffneten Fenstern ähnlich gute Schalldämmwerte wie eine klassische Glasfassade bei geschlossenen Fenstern. Im Winter wird die Luft im Fassadenzwischenraum durch die Sonneneinstrahlung erwärmt, wodurch eine Verbesserung sowohl der Wärmeschutzeigenschaften als auch der thermischen Leistung der Fassade erreicht wird, bei gleichzeitiger Reduktion der Heizkosten. Im Sommer wiederum können mittels natürlicher Lüftung, der sogenannten Nachtkühlung, die Kosten für die Gebäudeklimatisierung deutlich gesenkt werden.

Abb. 9.1 Beispiel für eine Doppelfassade ohne Photovoltaik-Integration. Foto: Chris Gascoigne Mit Genehmigung von: VIEW

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9.2 Konstruktionsprinzipien Die Eigenschaften einer Doppelfassade werden hauptsächlich von der Lüftung innerhalb des Fassadenzwischenraums und den Maßnahmen, mit denen die Luftströmung in Gang gebracht wird, bestimmt. Die nachfolgend beschriebenen Lüftungsstrategien werden vor allem in Mitteleuropa und in Regionen mit vergleichbaren klimatischen Bedingungen angewendet. In Abhängigkeit von standorttypischen Witterungsverhältnissen werden unterschiedliche Strategien bevorzugt.

9.2.1 Natürliche Lüftung Bei einer hinterlüfteten Fassade ohne mechanische Lüftung beruht die Luftbewegung auf den unterschiedlichen Druckverhältnissen. Diese Druckunterschiede werden vom Wind und vom Kamineffekt verursacht, der aufgrund des thermischen Auftriebs innerhalb des Luftraums zwischen den Fassadenschichten entsteht: Kalte Luft dringt von unten ein, erwärmt sich, strömt nach oben und tritt auf einer höheren Ebene wieder aus. Diese Art der Lüftung ist abhängig von den Randbedingungen des Systems (Innen- und Außentemperaturen, Winddruck). Die Regelung durch das Gebäudemanagementsystem beschränkt sich auf die Steuerung der Lüftungsklappen, die in die Öffnungen der beiden Gebäudeschichten eingebaut sind. Wenn der Kamineffekt allein nicht die erforderliche Luftbewegung bewirkt, kann das System mit Ventilatoren ausgestattet werden, die nur in Zeiten mit ungenügender natürlicher Lüftung zugeschaltet werden. In diesem Falle handelt es sich um eine Fassade mit ventilatorgestützter Lüftung. In einem typischen mitteleuropäischen Klima wird einer hinterlüfteten Fassade im Sommer Außenluft zugeführt, die wieder nach außen abgegeben wird (äußere Lüftung), was sich kühlend auf die Verschattungselemente auswirkt (Abb. 9.2). Im Winter dagegen werden die Lüftungsklappen geschlossen und der Fassadenzwischenraum dient als Pufferzone, die für eine Reduzierung des Wärmedurchgangs der Fassade sorgt und somit Wärmeverluste des Gebäudes mindert (Abb. 9.3).

Lüftungsklappen geschlossen Lüftungsklappen geöffnet

Sonnenschutz

Sonnenschutz

Lüftungsklappen geöffnet

Abb. 9.2 Luftströmung durch den Zwischenraum einer natürlich belüfteten Fassade im Sommer. Links: Tagsüber mit heruntergelassenem Sonnenschutz zur Reflexion der Direktstrahlung. Rechts: In der Nacht mit hochgezogenem Sonnenschutz.

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Lüftungsklappen geschlossen

Abb. 9.3 Eine natürlich belüftete Fassade im Winter, wenn die Lüftungsklappen für die Außenluft geschlossen sind. Schnitt durch den Fassadenzwischenraum: Tagsüber mit hochgezogenem Sonnenschutz, wenn Direktstrahlung erwünscht ist (links). In der Nacht mit heruntergelassenem Sonnenschutz zur Minimierung von Strahlungswärmeverlusten aus dem Gebäudeinneren.

9. DOPPELFASSADEN

9.2.2 Mechanische Lüftung Bei einer mechanischen Lüftung wird die in den Fassadenzwischenraum einströmende Zuluft in eine Lüftungsanlage geleitet. In einem typischen mitteleuropäischen Klima strömt die Luft üblicherweise von außen in den Zwischenraum, von dort innerhalb der Fassade weiter in die Lüftungsanlage und dann wieder nach draußen. Im Winter strömt die Luft von außen in den Zwischenraum, wird innerhalb der Fassade vorgewärmt, in der Luftaufbereitungsanlage weiter erwärmt und in das Gebäudeinnere geleitet (Abb. 9.4).

9.2.3 Hybridlüftung Bei der Hybridlüftung kommt sowohl die natürliche wie die mechanische Lüftung zum Einsatz. In Mitteleuropa werden Fassaden im Sommer typischerweise natürlich oder ventilatorgestützt belüftet, was eine Kühlung der Verschattungselemente bewirkt, während im Winter eine mechanische Lüftung betrieben wird (Abb. 9.5).

LAA

LAA

LAA

LAA

Abb. 9.4 Mechanisch belüftete Fassade während des Sommer- (links) und Winterbetriebs (rechts). (LAA = Luftaufbereitungsanlage)

Abb. 9.5 Fassade mit Hybridlüftung im Sommer (links) und im Winter (rechts). (LAA = Luftaufbereitungsanlage)

9. DOPPELFASSADEN

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Im Sommer geöffnete Lüftungsklappen für die Zufuhr von kühler Luft

starker Kamineffekt

Lüftungsöffnung zum Kanal

Äußere Fassadenschale

Innere Fassadenschale

Horizontale Unterteilung

Abb. 9.6 Eine Doppelfassade mit Lüftungskanälen im Querschnitt (links) und in der Ansicht (rechts).

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9. DOPPELFASSADEN

9.2.4 Luftströmungswege Der Strömungsweg der Luft innerhalb des Fassadenzwischenraums sowie dessen Unterteilung sind wesentliche Faktoren hinsichtlich der Leistung und der Wahl der Belüftungsart einer Doppelfassade. Unter Umständen muss der Fassadenzwischenraum horizontal und vertikal unterteilt werden, um beispielsweise der Rahmenkonstruktion von PV-Modulen zu entsprechen. Wenn dies den Querschnitt des Zwischenraums einschränkt, könnte der Kamineffekt darunter leiden und somit eine auf natürlicher Lüftung basierende Strategie zunichte machen. Wenn der Fassadenzwischenraum in tiefe, horizontale Segmente unterteilt ist, entstehen begehbare Korridore. Ist dieser jedoch nur ein Geschoss hoch und erstreckt über die gesamte Fassadenbreite, so reduziert sich dadurch der Kamineffekt. Entsprechend ungünstig ist eine solche Anordnung für den Einsatz einer natürlichen Belüftung. Um die Effektivität der natürlichen Lüftung zu steigern und somit deren Einsatz zu fördern, kann folgendes Konstruktionsprinzip angewendet werden: Der Fassadenzwischenraum wird horizontal und vertikal unterteilt und bildet somit eine Anreihung von Kammern. Die Zuluft wird am Fußpunkt der Kammern eingelassen und wird mittels Lüftungskanäle durch eine Reihe von weiteren Kammern geführt, bevor sie den Fassadenzwischenraum verlässt. Dadurch wird der Kamineffekt und somit die Effektivität der Doppelfassade gesteigert.

Abb. 9.7 Doppelfassade eines mehrgeschossigen Gebäudes. Die Geschossebenen sind nur durch einen horizontalen Gitterrost getrennt. Foto: Harris Poirazis

9.2.5 Doppelfassaden bei mehrgeschossigen Gebäuden Bei diesem Fassadentyp wird in der Regel ebenfalls auf eine natürliche Belüftung zurückgegriffen (Abb. 9.7). In diesem Fall ist der Fassadenzwischenraum weder vertikal noch horizontal gegliedert, einzig Gitterroststege auf jeder Geschossebene ermöglichen ein Zugang zum Zwischenraum vom Gebäudeinneren aus. Ähnlich verhält es sich bei der Lamellenfassade eines mehrgeschossigen Gebäudes. In diesem Fall besteht die äußere Schicht aus verstellbaren Lamellen, die auch in geschlossenem Zustand nicht luftdicht sind.

9.2.6 Leistungsfähigkeit der beiden Fassadenebenen Ein wichtiger Aspekt bei Doppelfassaden ist die Leistungsfähigkeit der beiden Glasschichten. Üblicherweise ist eine der beiden Fassadenebenen in thermischer Hinsicht leistungsfähiger, in der Regel dank einer Doppelverglasung aus beschichtetem Glas mit geringer Emissivität, die für eine deutliche thermische Trennung zwischen der kalten äußeren Umgebung und dem warmen Innenraum sorgt. Die andere Schicht ist meist weniger leistungsfähig und ihr Zweck dient lediglich der Schaffung eines Luftzwischenraums. Die Lage der thermisch leistungsfähigen Schicht hängt von der Zuluft-/Abluftstrategie ab, die einen Einfluss auf das Risiko der Kondenswasserbildung hat. Allgemein sollte beachtet werden, dass sich bei einem Kontakt zwischen der Innenraumluft und der kalten Außenschale Kondenswasser bilden kann. Demzufolge müsste sich die Wärmedämmebene nach außen verschieben um diese Gefahr auszuschließen. Wenn jedoch Photovoltaik in die äußere Schale einer Doppelfassade integriert wird, kann dieses Risiko durch den Erwärmungseffekt der Photovoltaikmodule effektiv verringert werden.

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9.3 Integration von Photovoltaikmodulen Um aus den Photovoltaikmodulen die größtmögliche Leistung herauszuholen, müssen diese in die äußere Fassadenschale integriert werden, die üblicherweise aus vollverglasten Elementen besteht. Meist werden Doppelfassaden errichtet, indem vorgefertigte, zweischalige Module montiert werden, jedoch können die beiden Schalen auch separat als Pfosten-Riegel- oder Elementfassade gebaut werden. Somit erfolgt die Integration von Photovoltaikmodulen in eine Doppelfassade genau wie in den vorstehenden Kapiteln beschrieben, indem die einfach oder doppelt verglasten Elemente der äußeren Haut durch einfach oder doppelt verglaste Photovoltaikmodule ersetzt werden. Da Photovoltaikmodule gewöhnlich in die transparenten Bereiche einer Vorhangfassade integriert werden, bilden die Module die äußere Scheibe einer transparenten Doppelverglasung mit geringer Emissivität und Sonnenschutzbeschichtung oder weiterer hochleistungsfähiger Beschichtungen. Um Glasbruch aufgrund eines thermischen Schocks zu vermeiden, werden die Glaseinheiten in der Regel aus thermisch vorgespanntem Glas zusammengebaut. Die Doppelverglasung muss zudem Windlasten und gegebenenfalls Anpralllasten durch die Gebäudenutzer widerstehen können. Wenn die äußere Schale eines Gebäudes opake Brüstungsfelder aufweist, können hierfür opake oder semitransparente Verglasungen verwendet werden, als Einfachoder Doppelverglasungen, in denen die PV-Module integriert sind. Im Falle einer Doppelverglasung kann eine der Glasscheiben keramisch beschichtet oder lackiert werden. Der Zwischenraum hinter den PV-Modulen sollte entwässert werden, druckausgleichend ausgeführt sein und mit Wärmedämmung und Dampfsperre abgeschlossen sein. Photovoltaikmodule können auch in den Fassadenzwischenraum einer Doppelfassade integriert werden. Über ihre Hauptfunktion als Stromlieferanten hinaus können sie zudem den Gebäudeinnenraum vor übermäßiger Sonneneinstrahlung schützen. Als zwischenliegende Verschattungselemente absorbieren die Photovoltaikmodule die Sonneneinstrahlung, erwärmen sich dadurch und verlieren konsequenterweise an Leistungsfähigkeit. Um dies zu verhindern, kann der Luftstrom innerhalb des Fassadenzwischenraums als Kühlvorrichtung für die PV-Module genutzt werden.

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9. DOPPELFASSADEN

9.4 Wartung und Austausch Der Austausch von Glasscheiben und Photovoltaikmodulen ist ein wichtiger Faktor bei der Planung der Gebäudehülle. Bereits zu Beginn des Entwurfs muss sorgfältig bedacht werden, dass externe und/oder interne Halterungen und Kabel leicht zugänglich sein müssen. Bei Photovoltaikmodulen, die in die äußere Schale einer Doppelfassade integriert sind, erfolgt die Wartung und der Austausch wie bei einer Elementfassade in der Regel von außen (siehe Kapitel 7). Der Austausch von defekten Füllelementen umfasst normalerweise die Demontage von Schrauben, Pressleisten, Dichtungen, und/ oder mechanischen Halterungen, um diese aus ihrer Rahmenkonstruktion zu lösen und austauschen zu können. Dabei ist zu beachten, dass dies eine temporäre Entfernung des Witterungsschutzes eines Teils der Gebäudehülle bedeutet. Ein System, bei dem die Photovoltaikmodule eingehakt oder angeschraubt werden, gewährleistet einen einfachen Austausch, ohne dass dabei die Wetterschale des Gebäudes beeinträchtigt wird. Handelt es sich bei der Fassadenkonstruktion um eine System mit Fassadenpanelen als Einsatzelementen, liegt der Vorteil darin, das sämtliche Dichtungen und Versiegelungen der Austauschpanele bereits im Werk unter kontrollierten Bedingungen ausgeführt werden können. Mehrgeschossige Gebäude mit Doppelfassaden verfügen oftmals über eine Fassadenbefahranlage, die es ermöglicht alle Fassadenbereiche zu erreichen. Bei der Bestimmung einer Strategie für den Austausch von Glasbauteilen und Photovoltaikmodulen muss der Planer auch deren Größe und Gewicht in Betracht ziehen. Ausrüstung und Zugangsmöglichkeiten müssen so geplant werden, dass auch größere Bauteile leicht ausgetauscht werden können. Bei Photovoltaikmodulen, die in die innere Schale einer Doppelfassade integriert sind, erfolgen Wartung und Austausch vom Gebäudeinneren her. Ein Zugang zur Pufferzone erleichtert die Demontage von Dichtungen, Schrauben und/oder mechanischen Halterungen, um die Füllelemente aus deren Rahmen zu lösen.

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9.5 Fallstudie: Pompeu Fabra Bibliothek

Ort

― Ort, Land: Mataró, Spanien Breitengrad, Längengrad, Höhe: 41,538°; 2,434°; 37m Horizontale Einstrahlung: 4,31 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 255m² Spitzenleistung: 20 kWP Leistung: 20000 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1100×2150mm Technologie: Polykristallines Silizium Hersteller: ASE, TFM (Teulades I Façanes Multifunctionals) Gebäude

― Typ: Öffentliche Bibliothek Höhe, Stockwerke: 11m, 3 Geschossfläche: 1600m² Architekten: Miquel Brullet i Tenas, Teulades i Façanes Multifuncionals Fertigstellung: 1996

9.5.1 Rahmenbedingungen Mitte der 1990er Jahre entwickelte die 20km nördlich von Barcelona gelegene Stadt Mataró ein Programm für Nachhaltigkeit, um der Charta von Aalborg (Charta der europäischen Städte und Gemeinden auf dem Weg zur Nachhaltigkeit) beizutreten. Im Rahmen dieses Programms entstanden Aktionspläne für Energie und Umwelt, in deren Folge auch die Pompeu Fabra Bibliothek errichtet wurde. Der Bibliotheksbau gehört zu den ersten Projekten, bei denen Photovoltaiksysteme vollständig in die Gebäude- und Energieplanung und in die architektonische Gestaltung integriert wurden. Zusätzlich zu den Energie- und Umweltfragen wurden bei der Planung Themen wie Lichtqualität und Erscheinungsbild in den Mittelpunkt gestellt. Die Herausforderung bestand darin, eine Balance zwischen Energiestrategie, Komfort, Qualität der Innenraumbeleuchtung, Ästhetik und Wirtschaftlichkeit zu finden. Eine weitere Zielsetzung war, die Möglichkeiten und Fähigkeiten der europäischen Photovoltaikindustrie unter Beweis zu stellen. Dafür arbeiteten verschiedene Hersteller zusammen und nutzten diverse Technologien: opake und semitransparente, monokristalline und polykristalline Siliziumzellen sowie amorphe DünnschichtZellen (Abb. 9.8). Die Bibliothek hat eine einfache, rechteckige Gebäudeform, in die an zwei Stellen Solarfelder integriert wurden: Zum einen in der großen Südfront, die aus einer Doppelfassade mit integrierten semitransparenten Photovoltaikmodulen besteht, zum anderen in die Dach-Oberlichter, die mit monokristallinen und amorphen Siliziummodulen ausgestattet sind. Das Projekt wurde vom Programm „Joule II“ der Generaldirektion für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung der Europäischen Kommission (GD XII) gefördert. 124

9. DOPPELFASSADEN

Abb. 9.8 Ansicht von Süden auf die PhotovoltaikDoppelfassade der Pompeu Fabra Bibliothek in Mataró (E). Foto: Jordi Miralles

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9.5.2 Integration der Photovoltaik in die Doppelfassade

Warmluftauslass, im Winter an die Heizungsanlage angeschlossen, im Sommer nach draußen abgeführt Luftfilter

Die Südfassade des Gebäudes ist 39,6m breit und 6,5m hoch, so dass eine Photovoltaikfläche von insgesamt 255m2 entsteht (Abb. 9.8). Sie ist als hinterlüfte Doppelfassade ausgeführt worden, in deren äußere Haut semitransparente Photovoltaikmodule integriert sind (Abb. 9.9). Die 1,1× 2,5m großen Module bestehen aus zwischen zwei Glasscheiben einlaminierten polykristallinen Zellen. Das Glas wurde thermisch vorgespannt, um den hohen Temperaturen und den dadurch bedingten thermischen Spannungen widerstehen zu können. Die Zellen sind quadratisch und mit einem Abstand von jeweils 14 mm zueinander angeordnet, so dass Tageslicht in das Gebäude eindringen und die Nutzung von künstlichem Licht verringert werden kann (Abb. 9.10). Die Photovoltaikmodule an der Fassade sind in drei Felder unterteilt und erreichen insgesamt eine Leistung von 20kWP. Jedes Feld ist an einen separaten Wechselrichter angeschlossen, die speziell aufgrund ihrer Effizienz, harmonischen Verzerrung und Zuverlässigkeit ausgewählt wurden.

9.5.3 Fassadenleistung Dämmpaneel Luftkammer

Isolierdoppelverglasung Äußere Schale aus Klarglas oder semitransparenter Photovoltaik

Zwischen den beiden Schichten der Doppelfassade liegt ein 150mm breiter Zwischenraum, der die mechanische/natürliche bzw. hybride Lüftung innerhalb der Fassade ermöglicht (Abb. 9.9). Im Sommer wird die Fassade natürlich belüftet und die einströmende Außenluft zur Kühlung der Photovoltaikzellen genutzt, bevor sie wieder nach draußen abgegeben wird. Im Winter wird vorgewärmte Luft aus dem Fassadenzwischenraum mechanisch zu einem Wärmerückgewinnungssystem geleitet, wo sie zur Erwärmung der zugeführten Frischluft genutzt wird. Auf diese Weise wird durch die Lüftung der Doppelfassade Wärme gewonnen und gleichzeitig die Leistung der Photovoltaikzellen verbessert. Eine von der Universität von Barcelona und vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Stuttgart entwickelte siebenmonatige Kontrollüberwachung der Anlage ergab, dass die Gesamtleistung des Photovoltaik- und Heizsystems einen Wirkungsgrad von 62% aufwies.

Jalousie Kamineffekt oder unterstützte Lüftung

Außenliegendes, opakes Photovoltaikmodul

Luftfilter Luftzufuhr

Abb. 9.9 Lüftungsschema der Doppelfassade

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9. DOPPELFASSADEN

Abb. 9.10 Innenansicht der Photovoltaikfassade der Pompeu Fabra Bibliothek in Mataró. Die semiransparenten Photovoltaikbereiche kontrastieren mit der Klarverglasung der Eingangstüren. Foto: Jordi Miralles

9. DOPPELFASSADEN

Abb. 9.11 Detailansicht der Doppelfassade der

Pompeu Fabra Bibliothek in Mataró von innen. Die äußere Schale verfügt über semitransparente Photovoltaikmodule. Sichtbar auch die elektrischen Anschlüsse im belüfteten Fassadenzwischenraum. Foto: Jordi Miralles

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

10.1 Allgemeines Glasdächer sind seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein Merkmal moderner Architektur und durch die Öffnung eines Gebäudes zum Himmels Ausdruck des Strebens nach Licht (Abb. 10.1). Deren Konstruktion ist jedoch mit nicht unerheblichen Risiken verbunden: Die Steuerung des Lichteinfalls erweist sich als schwierig, es besteht die Gefahr von erhöhtem Wärmeverlust im Winter und starker Aufheizung des Innenraums im Sommer. Auch stellt die Dichtheit von Glasdächern eine stete Herausforderung dar. Bei der Planung von Atrien oder Oberlichtern stehen daher deren Auswirkungen auf die Bedingungen im Gebäudeinneren im Mittelpunkt. Solarmodule können hier eine wichtige Rolle als Verschattungselemente spielen. Vordächer ähneln Atrien, da sie ebenfalls aus horizontalen oder leicht geneigten Flächen im oberen Bereich eines Gebäudes bestehen. Sie bieten eine gute Möglichkeit für die Integration photovoltaischer Anlagen. In Kapitel 5 finden sich außerdem Gemeinsamkeiten zu Verschattungsvorrichtungen.

Abb. 10.1 Glasdach des Berliner Hauptbahnhofs mit einem Solarfeld aus 10× 6 Photovoltaikmodulen. Foto: Ed Heine

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

10.2 Konstruktionsprinzipien Die Konstruktion von Glasoberlichtern kann entweder auf der Grundlage eines Pfosten-Riegel-Systems (siehe Kapitel 7) oder eines Elementsystems (siehe Kapitel 8) erfolgen. Die Pfosten dienen dabei als Sparren und die Riegel als Pfetten zur Einleitung der Vertikallasten (Eigengewicht, Wind, Schnee, Wartung) in das Tragwerk des Gebäudes. Die Länge der Pfosten überschreitet üblicherweise keine 4 Meter, um eine übermäßige Durchbiegung zu vermeiden, die Pfosten werden gegebenenfalls zusätzlich verstärkt. Die Füllelemente bestehen aus einer Doppelverglasung, wobei die Innenscheibe aus Verbundsicherheitsglas besteht um ein Herausfallen bei Glasbruch zu vermeiden Insbesondere bei Oberlichtern mit einer geringen Neigung besteht das Risiko von Kondenswasserbildung an der Innenseite und Schmutzansammlungen auf der Außenseite der Scheibe. Das Risiko der Kondenswasserbildung auf der Innenseite muss berechnet werden, damit durch entsprechende Belüftung und den Einsatz von Hochleistungsbeschichtungen die Innenseite der Scheibe warm gehalten werden kann. Das Verschmutzungsrisiko an der Oberseite lässt sich durch einen stärkeren Neigungswinkel sowie durch eine flächenbündige Anordnung der Glaselemente verringern, sodass das Regenwasser ungehindert abfließen kann. In der Regel werden die Pressleisten der geneigten Pfosten mit Deckschalen bestückt und mit Silikon versiegelt. Für die horizontalen Fugen über den Riegeln werden Trockendichtungen oder Nassversiegelungen angewendet. Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Bau von Oberlichtern ist die Wetterdichtheit. Das Pfosten-Riegel-System muss so geplant werden, dass Wasser, das in die Fugen zwischen den Glasscheiben eindringt, kontrolliert über die Riegel und Pfosten zum Fußpunkt des Oberlichts nach draußen abgeführt werden kann. Hierbei ist insbesondere auf den Druckausgleich – wie beim Prinzip der vorgehängte hinterlüftete Fassade (siehe Kapitel 6) – zu achten. Außerdem muss die Konstruktion mit Bewegungsfugen ausgeführt werden, um etwaige Bewegungen derer Elemente aufnehmen zu können.

10.3 Integration von Photovoltaikmodulen Bei Oberlichtern als Pfosten-Riegel-Konstruktion lassen sich Photovoltaikmodule entweder in die transparenten Bereiche oder – falls vorhanden – in die Brüstungsfelder integrieren. Die Doppelverglasung kann durch transparente oder opake Solarmodule, vorzugsweise doppelverglast, ersetzt werden. Diese lassen sich genauso witterungsbeständig wie normale Isolierverglasungen in Oberlichter integrieren. Wenn Photovoltaikmodule in die transparenten Bereiche eines Oberlichts integriert werden, bilden sie die Außenseite einer Doppelverglasung mit geringer Emissivität, sowie Sonnenschutz- oder anderen Hochleistungsbeschichtungen (Abb. 10.2). Um Glasbruch aufgrund von thermischen Spannungen zu vermeiden, sollte hierfür thermisch vorgespanntes Glas verwendet werden. Die Doppelverglasung muss zudem Windlasten, wartungsbedingte Lasten und gegebenenfalls Anpralllasten durch Gebäudenutzer widerstehen können. Die nach innen gewandte Scheibe muss aus Verbundsicherheitsglas hergestellt sein, um bei Glasbruch deren Herausfallen zu vermeiden. Wenn Photovoltaikmodule in die Brüstungsbereiche eines Oberlichts integriert werden, können hierfür opake oder semitransparente Verglasungen verwendet werden, als Einfach- oder Doppelverglasungen, in denen die PV-Module integriert sind. Das Photovoltaikmodul könnte die Außenseite eines wärmegedämmten Sandwichpanels bilden. Im Falle einer Doppelverglasung kann eine der Glasscheiben keramisch beschichtet oder lackiert werden. Der Zwischenraum hinter den PV-Modulen sollte entwässert werden, druckausgleichend ausgeführt sein und mit Wärmedämmung und Dampfsperre abgeschlossen sein. Die im Luftraum hinter der Brüstung oder in einer Shadow-Box-Konstruktion entstehende Wärme macht die Verwendung von vorgespanntem Glas notwendig. Eine Brüstungskonstruktion muss dampfdicht und über den Glasfalz nach außen entlüftbar sein.

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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Abb. 10.2 Detaildarstellung einer horizontalen Überkopfverglasung mit Photovoltaikmodulen.

Structural Sealant Glazing (geklebte Ganzglasfassade) Verglastes Photovoltaikmodul Glasscheibe Abstandshalter

Aluminiumrahmen für die Glaselemente

Aluminiumpfette Aluminiumsparren

Verkabelung

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

→ 10.3

Eine andere Integrationsmöglichkeit kann in Form von vorgesetzten, verschraubten oder eingehängten Photovoltaikmodulen in den Brüstungsbereichen eines Oberlichts realisiert werden, nachdem das Oberlicht aufgebaut und abgedichtet wurde. Wenn alle herkömmlichen Komponenten wie Verglasung, Dämmung, Dichtungen eingebaut sind, werden die Photovoltaikmodule nachträglich auf eine Unterkonstruktion in den Brüstungsbereichen des Dachs montiert. Ein entwässerter, hinterlüfteter Hohlraum wird zwischen PV-Modul und Fassadenpaneel geschaffen, der dafür sorgt, dass die Zellen gekühlt werden. Dadurch wird deren Wirkungsgrad aufrecht erhalten. Während der Planungs- und Konzeptionsphase ist vor allem auf folgende Faktoren zu achten: ― Position und Integration des Verteilerkastens an den Solarmodulen ― Elektrische Verkabelung entlang der bzw. durch die Pfosten und Riegel ― Wetterdichtheit der Bohrungen in den Pfosten- und Riegelprofilen ― Verteilerkästen und die an den Rändern der Doppelverglasung austretenden Kabel sowie die Beständigkeit des Randverbundes ― Widerstandsfähigkeit der Photovoltaikmodule gegenüber Windlasten und wartungsbedingten Lasten. Außenliegende Sonnenschutzlamellen als Aufsatzkonstruktion bieten sich idealerweise für die Integration von PV-Modulen an. Die Lamellen können beweglich sein, um dem Lauf der Sonne zu folgen. Außerdem ermöglichen die Zwischenräume eine Hinterlüftung und somit die Kühlung der Module.

10.4 Wartung und Austausch Bei Photovoltaikmodulen, die in ein Oberlicht als Pfosten-Riegel-Konstruktion integriert sind, erfolgen Wartung und Austausch immer von außen. Der Austausch von Glasscheiben und Photovoltaikmodulen ist ein wichtiger Faktor bei der Planung der Gebäudehülle. Bereits zu Beginn des Entwurfs muss sorgfältig darauf geachtet werden, dass externe und/oder interne Halterungen und Kabel leicht zugänglich sind. Wenn Photovoltaikmodule als Verglasungen in die Gebäudehülle integriert sind, umfasst dies normalerweise die Demontage von Schrauben, Pressleisten, Dichtungen, und/oder mechanischen Halterungen, um diese aus ihrer Rahmenkonstruktion zu lösen und austauschen zu können. Dabei ist zu beachten, dass dies eine temporäre Entfernung des Witterungsschutzes eines Teils der Gebäudehülle bedeutet. Bereits in der Planungsphase muss bedacht werden, dass die Dachlandschaft in unmittelbarer Umgebung um das Oberlicht zu Wartungszwecken und zur Reinigung von außen zugänglich ist. Bei der Bestimmung der Austauschstrategie muss der Planer zudem Abmessungen und Gewicht der Glaselemente und Photovoltaikmodule berücksichtigen. Zugangsstrategie und Ausrüstung sollten immer eine bequeme Handhabung auch größerer Bauteile ermöglichen.

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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10.5 Fallstudie: Jubilee Campus der Universität Nottingham

Ort

― Ort, Land: Nottingham, Großbritannien Breitengrad, Längengrad, Höhe: 52,954°; –1,189°; 34m Horizontale Einstrahlung: 2,65 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 450m² Spitzenleistung: 53 kWP Leistung: 51240 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1497×1170mm Technologie: Monokristallines Silizium Hersteller: BP Solar Gebäude

― Typ: Wirtschaftshochschule Höhe, Stockwerke: 10m, 3 Geschossfläche: 1600m² Architekten: Michael Hopkins & Partners Fertigstellung: 1999

10.5.1 Rahmenbedingungen Die am Hauptcampus University Park gelegene Universität von Nottingham ist für die Förderung nachhaltiger Architektur bekannt. Als Anfang der 1990er Jahre die Studentenzahlen kontinuierlich stiegen, hatte die Universität keinen Platz mehr zur Erweiterung. Deshalb wurde 1996 ein Architekturwettbewerb für eine großflächige Entwicklung an einem neuen Standort ausgeschrieben, die in der Region als Vorbild für nachhaltige Entwicklung dienen sollte. Der Wettbewerb führte schließlich zum Bau des Jubilee Campus, der auf einem ehemaligen Industriegebiet errichtet wurde (Abb. 10.3). Zu den Schwierigkeiten bei Planung und Konzeption der ersten Gebäude auf dem Jubilee Campus zählte die Forderung, ein herausragendes, innovatives Projekt in kurzer Zeit und mit einem knappen Budget umzusetzen. Das Bauvorhaben wurde von der Europäischen Kommission aus dem Fond der Fond der EU-Thermie-Förderung (Technologies Européennes pour la Maîtrise de l’Energie) mit £750000 unterstützt. Damit konnte die Entwicklung eines Niedrigenergie-Lüftungssystems vorangetrieben werden. Dazu gehören auch die über den Lüftungseinheiten installierten, signifikanten Windtürme in Form von aluminiumbekleideten Kegeln (Abb. 10.4). Die Förderung trug auch zur Finanzierung der Photovoltaikanlagen bei, die in die geneigten Glasdächer über den Atrien integriert sind (Abb. 10.6).

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

Abb. 10.3 Blick auf die Westfront des Jubilee Campus der Universität Nottingham. Foto: Paul McMullin Mit Genehmigung von: Arup

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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Abb. 10.4 Die beiden geneigten Photovoltaik-

dächer der School of Management and Finance auf dem Jubilee Campus. Die Dachauslässe im Hintergrund sind Teil des natürlichen Lüftungssystems. Foto: Paul McMullin Mit Genehmigung von: Arup

Abb. 10.5 Photovoltaikmodule in der Dachkonstruktion mit sichtbaren elektrischen Anschlüssen. Foto: Paul McMullin Mit Genehmigung von: Arup Abb. 10.6 Atrium der School of Management and Finance auf dem Jubilee Campus. Man sieht die integrierten Photovoltaikmodule im Mittelbereich des Dachs. Foto: Paul McMullin Mit Genehmigung von: Arup

10.5.2 Photovoltaiksystem Das Dach des Atriums besteht aus einer Tragkonstruktion aus Holzleimbindern (Abb. 10.5). Das photovoltaische System arbeitet mit monokristallinen Zellen, wobei jeweils 88 Zellen in jedes Glas-Glas-Modul laminiert wurden. Die Zellen verfügen über eine rechteckige Form mit gefasten Ecken und sind auf Abstand zueinander angeordnet, um eine gewisse Transparenz herzustellen. Die Abmessungen der Module betragen 1497mm× 1170mm. Alle 256 Module bedecken zusammen eine Fläche von 450m2. Die Spitzenleistung der gesamten Photovoltaikanlage beträgt 53,3kWP, die Jahresleistung erreicht 51MWh. Die PV Anlage ist so bemessen, dass der Energiebedarf des Lüftungssystems im Gebäude gedeckt wird, wenn die Windgeschwindigkeit für die Wirksamkeit der Windtürme unzureichend ist. Die Photovoltaikmodule stellen jedoch nicht nur die Energie für die Lüfter zur Verfügung, sondern sorgen auch für die Verschattung der Atrien. Wenn der Verschattungseffekt der Solarmodule hoch ist und das Umgebungslicht nachlässt, steuern Lichtsensoren bei Bedarf die künstliche Beleuchtung der Atrien. Manuelle Lichtschalter sind nicht vorhanden.

136

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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10.6 Fallstudie: California Academy of Sciences

Ort

― Ort, Land: San Francisco, USA Breitengrad, Längengrad, Höhe: 37,770°; –122,466°; 77m Horizontale Einstrahlung: 4,57 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 920m² Spitzenleistung: 172 kWP Leistung: 213000 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1046×1559mm Technologie: Monokristallines Silizium Hersteller: Sun Power Corp. Gebäude

― Typ: Museum Höhe, Stockwerke: 19m, 5 Geschossfläche: 38000m² Architekten: Renzo Piano Fertigstellung: 2008

10.6.1 Örtliche Gegebenheiten In Zusammenarbeit mit den Architekten Renzo Piano und Gordon H. Chong and Partners entwarf Arup das neue Museum der California Academy of Sciences im Golden Gate Park in San Francisco (Abb. 10.7). Das neue Gebäude wurde 2008 eröffnet und beherbergt neben anderen öffentlichen Bereichen ein Aquarium, ein Planetarium sowie eine Naturkunde-Austellung. Entsprechend der Vorstellungen der Academy wurde das Museumsgebäude mit dem Ziel geplant, hocheffektiv in der Nutzung zu sein, bei gleichzeitig minimalen Auswirkungen auf die Umwelt und reduzierten Betriebskosten. Im Bestreben, das Platin-Zertifikat des LEED-Systems (Leadership in Energy and Environmental Design) als besonders nachhaltiges Gebäude zu erhalten, wurden zahlreiche Maßnahmen am Gebäude unternommen, um dieses Ziel erreichen zu können. Dazu gehören ein begrüntes Dach, natürliche Lüftung, umfassende Nutzung des Tageslichts, reduzierter Wasserverbrauch, alternative Verkehrsmittel sowie die Einbindung in den Park und die Umgebung. Gebäudeintegrierte Photovoltaik spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Eine Bestandsaufnahme zeigt, dass das neue Gebäude erheblich effizienter mit Energie umgeht, die Menge an eingeleitetem Regenwasser reduziert ist, Wärmeinseleffekte minimiert werden und die schädliche Auswirkungen auf die Biodiversität eingeschränkt sind.

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

Abb. 10.7 Blick von Nordwesten auf die California Academy of Sciences. Foto mit Genehmigung von: Arup

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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10.6.2 Photovoltaiksystem Das Hauptdach der Academy ist als künstliche Hügellandschaft gestaltet und größtenteils begrünt worden (Abb. 10.12). Ein flaches Vordach, das sich um den gesamten Dachrand erstreckt (Abb. 10.10), bietet beste Möglichkeiten zur Integration von Photovoltaik. Monokristalline Siliziumzellen, in maßgefertigte Glas-Glas-Module laminiert, wurden bandförmig in das Vordach integriert. Die Glasscheiben haben Abmessungen von jeweils 1046× 1559× 8 mm; ein Modul setzt sich aus 77 Solarzellen zusammen. Das PV-Zellen-Band wird beidseitig von Klarglasfeldern gerahmt und das Muster der opaken Zellen wird in der Klarverglasung, in Form von einer keramischen Beschichtung, fortgeführt (Abb. 10.9). Das Vordach enthält 720 Photovoltaikmodule, die eine Fläche von 920m2 bedecken – damit ist es das größte mit einer Photovoltaikanlage ausgestattete Vordach in den Vereinigten Staaten. Das gesamte Dach erzeugt schätzungsweise 213000kWh pro Jahr und deckt damit etwa 5% des Strombedarfs der Einrichtung. Die tragende Konstruktiondes Vordachs besteht aus wiederverwertetem Stahl. Sie ist mittels Befestigungswinkeln mit dem Gebäude verbunden (Abb. 10.7) und wird an den statisch relevanten Punkten durch Stützen getragen (Abb. 10.8 und Abb. 10.10). Die Normalverglasung und die Photovoltaikmodule sind auf der Oberseite der Konstruktion angebracht.

10.6.3 Nachhaltigkeitsmerkmale Neben dem mit Photovoltaik bedecktem Vordach ist das Gebäude der Academy of Sciences mit einer Reihe von Technologien und Materialien ausgestattet, die dazu beitragen, Wärme- und Feuchtehaushalt zu regeln, Tageslicht und natürliche Lüftung optimal zu nutzen, erneuerbare Energiequellen maximal auszuschöpfen und Wasserressourcen sowie recycelte Baumaterialien effizient zu nutzen. Beispielsweise öffnen sich die in das begrünte Dach eingelassenen Oberlichter automatisch, um bei Bedarf übermässige Wärme abzuleiten (Abb. 10.11 und Abb. 10.12). Ergänzend sind motorbetriebene Fenster vorgesehen, die sich automatisch öffnen, um kühle Luft nachströmen zu lassen. Das Beleuchtungssystem ist mit Photosensoren ausgestattet, die die künstliche Beleuchtung je nach Umgebungshelligkeit herunterdimmen und damit den Energiebedarf für die Innenbeleuchtung minimieren.

Abb. 10.8 Unterseite des Vordachs mit den opaken Solarzellen und den vertikalen Stützen. Foto: Cody Andreson

Abb. 10.9 Befestigungswinkel zur Verbindung der Kragdachkonstruktion mit dem Dach. Foto mit Genehmigung von: Arup

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

Abb. 10.10 Vordach mit Photovoltaik-Integration. Foto mit Genehmigung von: Arup Abb. 10.11 Detailaufnahme eines geöffneten Oberlichts. Foto mit Genehmigung von: Arup Abb. 10.12 Begrüntes Dach der California Academy of Sciences mit Oberlichtern auf einem der Hügel. Foto mit Genehmigung von: Arup

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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10.7 Fallstudie: Vauxhall Transport Interchange

Ort

― Ort, Land: London, Großbritannien Breitengrad, Längengrad, Höhe: 51,486°; –0,124°; 10m Horizontale Einstrahlung: 2,73 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 237m² Spitzenleistung: 30 kWP Leistung: 23760 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1320×895mm Technologie: Hybrid HIT: Kombination aus monokristallinem Silizium und amorphem Dünnschicht-Silizium Hersteller: Sanyo Gebäude

― Typ: Busbahnhof Höhe, Stockwerke: 7m, 1 Geschossfläche: 2847m² Architekten: Arup Associates Fertigstellung: 2005

10.7.1 Örtliche Gegebenheiten Der am Vauxhall Cross in Süd-London gelegene Busbahnhof Vauxhall Transport Interchange ist heute ein geschäftiger Verkehrsknotenpunkt, lag aber früher in einer heruntergekommenen, für ihren starken Verkehr berüchtigten Gegend. Die Londoner Verkehrsbetriebe (Transport for London, TfL) wollten mit einem attraktiven und effizienten Umsteigeknoten für Bus, Bahn und U-Bahn die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel fördern. Ein weiteres Ziel des Vorzeigebaus war eine Aufwertung der Umgebung. Die TfL gab eine Reihe von Entwürfen in Auftrag und das Londoner Bürgermeisteramt stellte hierzu zwei zentrale Forderungen: ― Es sollte ein strategisches Verkehrszentrum zur Förderung der Nutzung und Zugänglichkeit der öffentlichen Verkehrsmittel gebaut werden, das den Schwerpunkt auf Fußgänger und Radfahrer legt und eine Verringerung von Verkehrsstaus zur Folge hat. ― Der Bau sollte sich an den Zielen der im Jahr 2004 eingeführten Londoner Energiestrategie orientieren. Diese sieht eine Verringerung des Ausstosses an Treibhausgasen, die Beseitigung der sog. „Fuel Poverty“, also der durch hohe Energiekosten verursachten Armut, sowie die Förderung und Bereitstellung nachhaltiger Energie für öffentliche Verkehrsmittel vor. Das Ergebnis ist ein Busbahnhof als eindrucksvolles Symbol der Erneuerung. Der von den Architekten Arup Associates geplante Bau besteht aus einem 200m langen, 12m breiten wellenförmigen Edelstahlband (Abb. 10.13). Die Wellen der Dachkonstruktion weisen auf die Anzahl der Haltestellen hin. Jede Erhöhung markiert

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

Abb. 10.13 Das wellenförmige Dach des Busbahnhofs Vauxhall Transport Interchange. Foto: Christian Richters

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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Abb. 10.14 Hybrid-Solarmodule auf den Kragarm-

dächern des Bahnhofs Vauxhall Transport Interchange. Foto: Christian Richters

Photovoltaikmodul

Aluminiumrahmen

horizontale Tragstruktur

Kabel

Vertikalstruktur

Abb. 10.15 Das Befestigungssystem der Photovoltaikmodule am Bahnhof Vauxhall Transport Interchange.

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

Abb. 10.16 Nordende des Bahnhofs Vauxhall Trans-

port Interchange mit der vom Boden aus sichtbaren Photovoltaikanlage. Foto: Christian Richters

→ 10.7.1 eine solche und bietet zudem jeweils Sitzgelegenheiten, was die Annehmlichkeit erhöht. Die Höhe des Dachs überragt die der typischen Londoner Doppeldeckerbusse. Am Nordende des Daches, unter dem sich die Betriebseinrichtungen der Anlage befinden, trifft der intermodale Verkehr zusammen. Gekennzeichnet wird dieser Punkt durch die spektakulären Zwillings-Kragdächer, die die Verkehrswege überdecken und den Zugang zu den unterirdischen Verkehrseinrichtungen kennzeichnen. Die Oberseiten der Kragdächer sind mit Solarfeldern bestückt, die zusätzliche Energie für den Betrieb der Einrichtung erzeugen.

10.7.2 Photovoltaiksystem Als Solarmodule wurde aufgrund des hohen Wirkungsgrades die Hybrid HIT-Technologie eingesetzt (Details siehe Kapitel 2). Diese Technik verbindet ultra-dünnes amorphes Silizium mit monokristallinem Silizium zu einer einzigen Zelle (Abb. 10.14). Neben der hohen Leistung besitzt diese Technik außerdem den Vorteil, dass die amorphe Komponente auch diffuses Licht aus bedecktem Himmel wirkungsvoll nutzt. Die Kragarme sind in einem Neigungswinkel von 20° gegenüber der Horizontalen und nur um 5° in Richtung Westen aus der Südachse gedreht angebracht. Aufgrund ihrer Neigung sind die Solarzellen von der Umgebung aus ersichtlich, wodurch die Nutzung erneuerbarer Energien der Öffentlichkeit eindrucksvoll demonstriert wird (Abb. 10.16). Die Module sind auf die Edelstahl-Dacheindeckung der Kragarme montiert worden. Die von Arup konzipierte Unterkonstruktion der PV-Anlage kann die Bewegungen der Auskragungen problemlos aufnehmen. Die Module werden in einem schwarz eloxiertem Aluminiumrahmen gehalten und mittels für den Toleranzausgleich geschlitzter Montagewinkel mit Abstand an darunter laufenden Schienen befestigt (Abb. 10.15). Beide Kragarme tragen je vier Subsolarfelder aus 21 Modulen. Diese Module sind in Reihe zu Strings geschaltet, die mit acht photovoltaischen Wechselrichtern im Elektroanlagenraum verbunden sind und einphasigen Wechselstrom mit 230V und 50Hz liefern. Die 168 Module bedecken eine Fläche von 237m² auf der Oberseite der langen Kragarme. Die gemessene Jahresleistung beträgt fast 24MWh und deckt etwa 30 Prozent des Energiebedarfs des Busbahnhofs ab.

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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10.8 Fallstudie: Olympiapark Peking

Ort

― Ort, Land: Peking, VR China Breitengrad, Längengrad, Höhe: 39,999°; 116,390°; 43m Horizontale Einstrahlung: 4,32 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 341m² Spitzenleistung: 18 kWP Leistung: 17800 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1000×415–857mm Technologie: Kupfer-Indium-Diselenid (CIS) Hersteller: Odersun Gebäude

― Typ: Mehrstöckiges Parkhaus Höhe, Stockwerke: 8m, 6 Geschossfläche: 19792m² Architekten: Odersun AG Fertigstellung: 2008

10.7.1 Rahmenbedingungen Diese PV-Dachanlage wurde vom Pekinger olympischen Organisationskomitee als Demonstrationsprojekt für den Einsatz neuer Solarenergietechnik ausgewählt. Die Photovoltaikanlage besteht aus vier Runddächern, die zur Tiefgarage des Besucherzentrums des Olympiaparks in Peking (Abb. 10.17) gehören. Die Dächer überdecken Zufahrtsrampen, die spiralförmig nach unten zu den auf mehrere Geschosse verteilten Parkdecks führen. Jedes Dach besteht aus trapezförmigen Modulen, die zu vier konzentrischen Ringen angeordnet sind (Abb. 10.18). Jede Anlage setzt sich aus 496 Solarpaneelen zusammen, die in vier Sektoren zu je 124 Paneelen unterteilt sind. Vorgabe war, das runde Dach vollständig mit einem Solarfeld zu bedecken.

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

Abb. 10.17 Blick nach Süden auf drei Solarkreise im Olympiapark, im Hintergrund sieht man das Pekinger Olympiastadion. Foto: Arthur Thill Mit Genehmigung von: Odersun AG Abb. 10.18 Anordnung der Solarmodule in den Solarkreisen.

10. ATRIEN UND VORDÄCHER

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10.8.2 Photovoltaiktechnik Bei diesem GIPV-Projekt bestand die Herausforderung in der Herstellung trapezförmiger Photovoltaikmodule. Die von der Firma Odersun AG angewendete CIS-Technologie eignet sich für eine derartige Sonderanfertigung. Odersun ist darauf spezialisiert, CIS auf durchlaufende Kupfersubstratstreifen von 1cm Breite aufzubringen. Diese Streifen werden zu einer „Superzelle“ verbunden, bei der mehrere Streifen in Serie geschaltet sind. Die Verbindung wird dabei durch Überlappen hergestellt (Abb. 10.19). Superzellen lassen sich in vielen Größen herstellen. Die einzelnen Zellenstreifen werden einfach in der Länge von der Rolle abgeschnitten, die der abzugreifenden Strommenge entspricht. Die Anzahl der in Reihe geschalteten Zellen legt die Spannung fest. Da diese Technologie eine große Flexibilität hinsichtlich der Abmessungen zulässt, ist sie auch für trapezförmige Module geeignet. Jedes Modultrapez erfordert Superzellen in drei unterschiedlichen Größen. Aufgrund der vier konzentrischen Ringe benötigt man Trapeze in vier verschiedenen Größen – daher wurden für das Gesamtprojekt Superzellen in zwölf verschiedenen Größen gefertigt. Bei den Modulen kommt die Photovoltaiktechnik CIS-CuT zum Einsatz. Dabei wird ein photovoltaisches Nicht-Silizium-Material auf Metallstreifen aufgebracht, die dann durch partielles Überlappen miteinander zu einer Superzelle verbunden werden. Die Superzellen können sich aus einer unterschiedlichen Anzahl von Streifen zusammensetzen und unterschiedliche Längen aufweisen, was sich auf die Leistung des Moduls auswirkt. Die Photovoltaikanlage ist auf eine horizontale Stahlstruktur montiert, die durch vertikale Doppel-T-Träger gestützt wird, die wiederum mit zylindrischen Stützen verbunden sind. Diese bilden das Tragwerk für die Zufahrtsrampen zu einem Tiefgaragenabschnitt. Die Stützen wurden im Kopfbereich nicht geschlossen, da sie als Lüftungsauslass für die verschiedenen Parkebenen dienen. Diese Funktion durfte durch die Installation der PV-Anlage nicht beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund musste die PV-Anlage einschließlich ihrer Unterkonstruktion in offener Bauweise ausgeführt werden.

Abb. 10.19 Schematische Darstellung, wie Zellen aus CIS-CuT-Streifen mittels Überlappung in Serie geschaltet werden.

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10. ATRIEN UND VORDÄCHER

11. WOHNBAUTEN

11.1 Allgemeines Wohnbauten lassen sich in Geschosswohnungsbauten und Gebäude mit geringer Geschosszahl unterteilen. Geschosswohnungsbauten haben viele Gemeinsamkeiten mit gewerblich genutzten Gebäuden, wie Bürogebäuden, in die verschiedene Photovoltaiksysteme integriert werden können, wie sie in den Kapiteln 5–10 beschrieben wurden. In diesem Kapitel erläutern wir dagegen die unterschiedlichen Anforderungen, die an Fassaden von Wohngebäuden gestellt werden. Bei traditionellen Wohngebäuden mit geringer Geschosszahl bieten sich am ehesten Dachanlagen und vorgehängte hinterlüftete Fassaden für die Integration von Photovoltaik an. In Bezug auf Photovoltaikanlagen unterscheiden sich Wohnbauten von anderen Gebäuden hauptsächlich dadurch, dass stärker darauf geachtet wird, die mittels photovoltaischer oder sonstiger Anlagen erzeugte Energie auf den Energiebedarf des Gebäudes abzustimmen. Gebäudeintegrierte Photovoltaik in Wohngebäuden wird zu einem Bestandteil einer umfassenden Energiestrategie, in die auch Gebäudeform, Orientierung sowie Heizungsart und Stromverbrauch einbezogen werden.

11.2 Geschosswohnungsbau Für Geschosswohnungsbauten gelten anders als bei den zuvor beschriebenen gewerblich genutzten Gebäuden strengere Vorschriften hinsichtlich des Wärmeverlusts. Bei Leichtbauten bedeutet dies höhere Anforderungen an die Fassade. Im Falle einer geplanten Vorhangfassade muss der Anteil an transparenten Bereichen geringer ausfallen, oder aber stattdessen auf eine traditionelle Fassadentypologie zurückgegriffen werden. Weiterhin muss die Fassade eine höhere Luftdichtigkeit aufweisen und zugleich ein Mindestmaß an natürlicher Belüftung ermöglichen. Die Optionen für gebäudeintegrierte Photovoltaik lassen sich, wie in Kapitel 4 erläutert und in Abb. 4.1 schematisch dargestellt, wie folgt zusammenfassen: ― Kapitel 5: Verschattungssysteme eignen sich für Photovoltaik, allerdings bieten sie nur eine geringe Nutzfläche. Ohnehin geht die Tendenz beim Wohnbau hin zu reduzierten Verglasungsflächen. ― Kapitel 6: Vorgehängte hinterlüftete Fassaden mit integrierter Photovoltaik eignen sich für Wände in traditioneller Bauweise. ― Kapitel 7: Pfosten-Riegel-Fassaden müssen sehr leistungsfähig sein, um den Anforderungen gerecht zu werden. ― Kapitel 8: Elementfassaden bieten sich bei Wohn-Hochhäusern an, müssen aber ebenfalls sehr leistungsfähig sein. ― Kapitel 9: Doppelfassaden kommen vor allem an repräsentativen Bürogebäuden zum Einsatz. Aufgrund der hohen Kosten eignen sie sich kaum für Wohngebäude. ― Kapitel 10: Dächer sind wesentliche Flächen für die Ausstattung mit Photovoltaiksystemen, wobei die Hinweise aus Kapitel 3, Abb. 3.10, zu beachten sind.

11.3 Einfamilienwohnhäuser Diese Gebäude zeichnen sich durch eine schwere oder leichte Holzrahmenkonstruktion oder einer massiven Bauweise, zumeist in Form von Mauerwerk, aus. Die Möglichkeiten für gebäudeintegrierte Photovoltaik sehen wie folgt aus (siehe auch Kapitel 4, Abb. 4.1). ― Als vorgehängte hinterlüftete Fassade vor aufsteigenden Wänden ― Als Dachanlage, vorzugsweise auf geneigten Dächern. Photovoltaische Dachsysteme sind mittlerweile hoch entwickelt. Standardmodule lassen sich leicht montieren. Die Zahl der auf dem Markt erhältlichen PV-Dacheindeckungen wächst. Sie lassen sich unkompliziert in eine Vielzahl existierender Dachtypologien integrieren (Abb. 11.1).

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11. WOHNBAUTEN

Abb. 11.1 PV-Eindeckung (CIS) eines geneigten Dachs eines Einfamilienhauses. Foto: Avancis

11. WOHNBAUTEN

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11.4 Fallstudie: K2 Apartments

Ort

― Ort, Land: Melbourne, Australien Breitengrad, Längengrad, Höhe: –37,852°; 144,983°; 19m Horizontale Einstrahlung: 4,1 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 268m² Spitzenleistung: 22 kWP Leistung: 25000 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1000×2000mm Technologie: Monokristallines Silizium Hersteller: BP Solar Gebäude

― Typ: Wohnblock Höhe, Stockwerke: 14, 17 und 25m; 3, 4 und 7 Geschossfläche: 4800m² Architekten: Design Inc Fertigstellung: 2007

11.4.1 Rahmenbedingungen Die K2 Apartments umfassen 96 Wohnungen und gehören zu einer öffentlich geförderten Wohnsiedlung mit mittlerer Bebauungsdichte in Windsor, einem Vorort von Melbourne in Australien (Abb. 11.2). K2 ist ein ökologisch nachhaltiges Vorzeigebauprojekt, mit dem die Regierung des Staates Victoria Ansätze zur Bekämpfung von Klimawandel und Wasserknappheit umgesetzt hat. Die ökologischen Zielsetzungen beim Bau des Komplexes waren primär die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und des Wasserverbrauchs, die Langlebigkeit des Gebäudes sowie der Einsatz von wiederverwendbaren Werkstoffen und Recyclingmaterial. Bereits in der Entwurfsphase wurden die Grundlagen für die nachhaltige Architektur gelegt. Zu den vielen Aspekten, die bei der umweltfreundlichen Planung berücksichtigt wurden, gehörten eine Anlage zur Grauwasseraufbereitung sowie die sorgfältige Auswahl der Baumaterialien, die auf der Basis der Grauenergiewerte, der Biodiversität, der Reststoffe, der Lebensdauer, der Wiederverwendbarkeit/der Recyclingfähigkeit, der Robustheit und der Toxizität für Bewohner, Hersteller und Umwelt getroffen wurde. Die baulichen Aspekte orientieren sich an der passiven Solarnutzung, die sowohl im Sommer als auch im Winter für ein hohes Maß an Behaglichkeit sorgt. Photovoltaik- und Sonnenkollektorsysteme sind die aktiven Komponenten der verwendeten Solartechnologie. Die genannten Faktoren sichern im Jahresverlauf großen Wohnkomfort im Innenraum und gleichzeitig geringere Betriebskosten im Vergleich zu konventionellen Wohnanlagen. Für diese Erfolge wurde der Komplex bereits mehrfach ausgezeichnet.

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11. WOHNBAUTEN

Abb. 11.2 Blick von Norden auf den Apartmentkomplex K2 in Melbourne (AU). Foto: Peter Hyatt Mit Genehmigung von: Arup 11. WOHNBAUTEN

153

Abb. 11.3 Großaufnahme der Solaranlage auf den Dächern und den Erkern im Vordergrund. Die Dächer im Hintergrund sind mit flachen thermischen Solarpaneelen zur Erwärmung des Warmwassers ausgestattet. Fotograf: Peter Hyatt Mit Genehmigung von: Arup

11.4.2 Photovoltaiktechnologie Bei der Photovoltaik entschied man sich für monokristallines Silizium aufgrund des höheren Wirkungsgrades im Vergleich zu polykristallinem und amorphem Silizium. Die Solarmodule wurden an einigen nach Norden orientierten Dächern und Erkern angebracht. Die Photovoltaikflächen an den Erkern sind etwa 40° gegenüber der Horizontalen geneigt, um die Energieausbeute zu erhöhen (Abb. 11.3). Die Solarmodule bedecken zusammen eine Fläche von 268 m² und erzeugen ca. 25000kWh pro Jahr. Die Wechselrichteranlage befindet sich auf dem Dach und ist in die Unterkonstruktion der Module integriert.

11.4.3 Merkmale der Niedrigenergie Eine passive Solarnutzung wurde durch die Optimierung der Form und der Orientierung des Gebäudes erreicht. Auf diese Weise wird die natürliche Lüftung und somit die Abfuhr übermäßiger Wärme auch unter extremen Witterungsbedingungen gefördert (Abb. 11.4). Ferner verhindern die Formgebung und Orientierung des Gebäudes, dass eine Überhitzung der Innenräume durch die im Sommer in einem steilen Winkel stehende Sonne erfolgt. Im Winter sorgen doppelverglaste Fenster, unverputzte Betondecken, gemauerte Wände und eine wärmegedämmte Konstruktion für eine Verringerung von Wärmeverlusten und ein ausgeglichenes Raumklima. Neben den Solarfeldern wurden in den nach Norden orientierten Dachbereichen Warmwasser-Sonnenkollektoren installiert. Sie sind so bemessen, dass sie mindestens 50 Prozent des Bedarfs der Haushalte an Warmwasser decken. Um den Gesamtenergiebedarf des Komplexes zu reduzieren, werden systematisch energieeffiziente Beleuchtungssysteme und Aufzüge eingesetzt. Um die Leistung des Gebäudes und seiner Komponenten zu überwachen und die umgesetzten Nachhaltigkeitsmaßnahmen besser im Bewusstsein der Bewohner zu verankern, ist jede Wohnung mit einem Energiezähler ausgestattet.

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11. WOHNBAUTEN

Abb. 11.4 Schematische Darstellung einiger Niedrigenergiemerkmale der K2 Apartments. Photovoltaikmodule und flache Sonnenkollektoren für Warmwasser auf der Nordseite der Dächer Abschirmung von der steil stehenden Sommersonne durch Erker und Balkone

Grauwassernutzung für Gartenbewässerung und Toilettenspülung

Einbündig organisierte Flure ermöglichen Querlüftung

S

N

Die Bekleidung der nach Süden orientierten Laubengänge sorgt für Witterungsschutz. Sie wirkt unkontrollierten Wärmeverlusten effektiv entgegen.

11. WOHNBAUTEN

155

11.5 Fallstudie: Upton ZED Terrace

Ort

― Ort, Land: Northampton, Großbritannien Breitengrad, Längengrad, Höhe: 52,232°; –0,942°; 70m Horizontale Einstrahlung: 2,7 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 157m² Spitzenleistung: 22 kWP Leistung: 16230 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1318×994mm Technologie: Monokristallines Silizium Hersteller: Sharp Gebäude

― Typ: Wohnhaus Höhe, Stockwerke: 8m, 2 Geschossfläche: 602m² (6 Häuser) Architekten: ZEDfactory Fertigstellung: 2009

11.5.1 Rahmenbedingungen Upton ist eine Siedlungserweiterung von Northampton, für die Metropolitan Housing Partnership als Projektentwickler und Vermieter von Sozialwohnungen verantwortlich ist. Die ersten Wohneinheiten wurden 2007 fertiggestellt. Das Projekt wurde zusammen mit English Partnerships durchgeführt, die hohe Nachhaltigkeitsstandards vorschrieben. Das Gesamtprojekt ist ein Vorzeigeprojekt für nachhaltiges Städtewachstum auf nationaler Ebene und Vorbild für die Gestaltung weiterer Stadtentwicklungen im ganzen Land. Die Gebäude erfüllen den Niedrigenenergie-Standard dank ihrer hochwertigen Dämmung, der hohen Luftdichtheit kombiniert mit einer Wärme-Rückgewinnungsanlage und verschiedenen Arten von Technologien zur Gewinnung erneuerbarer Energien. Noch während des Baus im Jahr 2007 verabschiedete die britische Regierung ein Verordnung über nachhaltiges Wohnen, den sogenannten „Code for Sustainable Homes“. Auf Stufe 6, der höchsten Stufe der Bewertungsskala, erhöht sich der Standard bezüglich der Umweltverträglichkeit von Wohnhäusern signifikant. So muss ein Wohnhaus der Stufe 6 CO2-neutral sein, sowohl im Bezug auf den Energieverbrauch für Heizzwecke und Warmwasseraufbereitung, als auch bezüglich des gesamten Stromverbrauchs des Haushalts. Die Verordnung stellt einen neuen internationalen Industriestandard für kohlendioxidneutrales, umweltfreundliches Wohnen dar. Die britische Regierung verfolgt das Ziel, dass diese Standards ab 2016 für alle Wohnneubauten im Vereinten Königreich gelten.

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11. WOHNBAUTEN

Abb. 11.5 Blick auf die Südfassade der ZED-Häuserzeile in Upton. Foto: www.ruralzed.com Mit Genehmigung von: ZEDfactory Ltd.

11. WOHNBAUTEN

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Abb. 11.6 Nahaufnahme der nach Süden ausgerich-

teten Dachfläche der ZED-Reihenhäuser in Upton mit Dachentlüfter (auf der Nordseite des Dachs), Sonnenkollektoren für Warmwasser nahe dem Dachfirst und dem darunter liegenden Solarfeld. Zwischen den beiden Hälften des Solarfelds sind die horizontalen Tragschienen für die Solarmodule sichtbar. Foto: www.ruralzed.com Mit Genehmigung von: ZEDfactory Ltd.

Abb. 11.7 Detailansicht des Befestigungssystems der Solarmodule. Man sieht, wie die Tragschiene mit dem Stehfalz verbunden ist. Foto: www.ruralzed.com Mit Genehmigung von: ZEDfactory Ltd.

Abb. 11.8 Blick von Südosten auf die Bebauung mit den sechs Reihenhäusern im Vordergrund. Visualisierung: Franklin Ellis Architects

→ 11.5.1 In der Siedlung Upton haben die Architekten sechs energetisch hoch wirksame Reihenhäuser entworfen (Abb. 11.5 und Abb. 11.8). Das Projekt wurde „Solar ZED“ genannt, wobei „ZED“ für „Zero (fossil) Energy Development“ steht und somit ein sogenanntes „Null-Energie-Haus“ bezeichnet, das ohne die Nutzung fossiler Energien auskommt. Hierfür wird der solare Wärmeeintrag an der Südfassade in Kombination mit der thermischen Masse der Konstruktionselemente, die im Gebäudeinneren als Wärmespeicher fungiert, genutzt. Die Gebäude wurden für eine weitere Entwicklung ausgewählt, mit dem Ziel der Stufe 6 entsprechend ein CO2-neutrales Gebäude-Ensemble zu schaffen.

11.5.2 Energieversorgung Die Häuserzeile ist nach Süden orientiert und hat somit einen geringeren Heizwärmbedarf als Häuser mit Ost/West-Ausrichtung. Eine hochwertige Verglasung sorgt mit großen Glasflächen für eine optimale Ausnutzung des Tageslichts bei gleichzeitigem passiven Wärmeeintrag (Abb. 11.5). Die Süd-Fenster sind gleichzeitig mit ausfahrbaren Verschattungssystemen ausgestattet, um eine Überhitzung im Sommer zu vermeiden. Die Konstruktion wurde hochwertig gedämmt, hinsichtlich der Luftdichtheit optimiert und durch ein Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung ergänzt. Um eine ausreichende Durchlüftung ohne elektrisch betriebene Lüfter sicherzustellen, wurden windgetriebene Lüftungshauben mit Wärmerückgewinnungsvorrichtung installiert (Abb. 11.6 und Abb. 11.9). Dank Biomasse und Solarthermie wird 100 Prozent des Warmwasserbedarfs der Haushalte gedeckt, während passiver Wärmegewinn durch die nach Süden ausgerichteten Wintergärten fast den gesamten Heizbedarf abdeckt und die Biomasse nur als ergänzende Energiequelle bei Bedarfsspitzen herangezogen wird. Zusammen mit 32 anderen Wohneinheiten sind die sechs ZED-Reihenhäuser an ein Fernwärmesystem angeschlossen und werden von einem nahegelegenen, Holzpellet-Blockheizkraftwerk versorgt. Für die Warmwasserversorgung durch Solarthermie kommen effiziente Vakuumkollektoren zum Einsatz. Deren Anzahl wurde auf zwei pro Wohneinheit beschränkt, um einen Teil der nach Süden ausgerichteten Dachfläche für Photovoltaikmodule freizuhalten. Um Stufe 6 der Skala des „Code for Sustainable Homes“ gerecht zu werden, müssen Technologien verwendet werden, die wenig oder gar kein CO2 freisetzen (LZC = Low

158

11. WOHNBAUTEN

Grünes Dach Solarthermische Vakuumkollektoren

Dachentlüfter für windgetriebene Belüftung

Photovoltaikmodule Dachstuhl aus Weichholz

Stehfalz-Aluminiumdach 0,9mm

Deckenbalken aus Weichholz

Abb. 11.9 Schnitt durch das Dach der

ZED-Häuserzeile in Nord-Süd-Richtung mit Darstellung der verwendeten Materialien. Grafik mit Genehmigung von: www.zedfactory.com

Luftdurchlässige Membrane Mineralwolledämmung Faserverbundplattte

and Zero Carbon), um den Stromverbrauch für Beleuchtung und Haushaltsgeräte zu kompensieren. Als Hauptstromerzeugungsquelle wurde eine netzgekoppelte PV-Anlage gewählt. Da die ZED-Reihenhäuser eine Modellfunktion für die verschiedenen erneuerbaren Technologien erfüllen sollte, wurden einige Häuser mit einer Mikrowindturbine ausgestattet, obwohl eine Photovoltaikanlage allein die kostengünstigereLösung gewesen wäre. Die Mikrowindturbine von Swift mit Horizontalachse arbeitet nach dem Auftriebsprinzip und liefert 1,5kW bei einer Windgeschwindigkeit von 12,5m/s. Der fünfblättrige Rotor hat einen Durchmesser von 2,12m. Die Spitzenleistung wird bei Windgeschwindigkeiten zwischen 13m/s und 20m/s erreicht. Es wird geschätzt, dass sich mit einer solchen Windturbine ca. 500kWh/Jahr erzeugen lassen.

11.5.3 Photovoltaiktechnologie Die Wohneinheiten mit je vier Zimmern und einer Wohnfläche von 100m2 sind mit Niedrigenergiegeräten und -beleuchtung ausgestattet. Der Strombedarf dafür wird mit 3208kWh/Jahr veranschlagt. Dies entspricht CO2-Emissionen von 1354kg/Jahr, wenn man den für das britische Stromnetz geltenden Faktor von 0,422kg CO2/kWh zugrunde legt. Um die nach Süden orientierte Dachfläche für die Photovoltaikanlage zu vergrößern, wurde der First hinter die mittlere Längsachse der Häuserzeile verschoben (Abb. 11.9). Man entschied sich für monokristalline Siliziummodule mit einer Leistung von jeweils 180WP. Pro Wohneinheit werden 20 Module zu einem 3,6kWP-Solarfeld zusammengeschaltet. Die vom BRE-SAP-Rechner ermittelten Sonneneinstrahlungswerte belaufen sich auf 933 kWh/(m2q+BIS CFJFJOFN/FJHVOHTXJOLFMWPO‹VOEƽL8I Nq+BIS  bei einem Neigungswinkel von 30°. Für das um 19° geneigte Solarfeld wurde daraus der Wert 1002kWh/(m2q+BIS FSSFDIOFU%JFTG×ISU[VFJOFSWPSBVTTJDIUMJDIFOFMFLUSJschen Leistung von 2705kWh/Jahr. Da die Anlage netzgekoppelt ist, wird der Umwandlungsfaktor in CO2-Emissionen als „Netzersatz“ bezeichnet und berücksichtigt die Übertragungsverluste. Der Faktor beträgt 0,568kg CO2/kWh – also entspricht die Reduktion 1536kg CO2/Jahr, was mehr als die 1354kg CO2/Jahr für die aus dem Netz entnommene Elektrizität ist – damit gilt das Haus als CO2-neutral. Die Module sind mittels einer Rahmenkonstruktion am Stehfalz-Aluminiumdach befestigt (Abb. 11.6 und Abb. 11.7). Ein Abstand zum Dach von 50mm ermöglicht die Hinterlüftung zum Ableiten der Wärme und somit eine Senkung der Betriebstemperatur der PV-Module und ergibt gleichzeitig ein einheitlicheres Erscheinungsbild.

11. WOHNBAUTEN

159

12. SANIERUNG

12.1 Sanierungsfälle In einigen Fällen bietet sich im Zuge der Sanierung eines Gebäudes die Integration einer Photovoltaikanlage an: ― Bei Beschädigungen der Fassade oder des Dachs, die behoben werden müssen. ― Wenn Verbesserungsbedarf bei der Leistung einer Fassade oder eines Dachs besteht. ― Um ein Gebäude für potentielle Mieter attraktiver zu machen. Mit den oben genannten Sanierungsfällen vergleichbar sind Gebäude, die nicht abgerissen werden können, da sie dem Denkmalschutz unterliegen oder sich in einem baulich erhaltenswerten Gebiet befinden und mit PV ausgestattet werden sollen. In erhaltenswerten Gebieten betrifft dies höchstwarscheinlich nur die Fassade. In diesem Fall kann eine Entkernung eine Lösung darstellen. Die Herausforderung bei der Integration von Photovoltaik im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen besteht darin, dass innerhalb der Einschränkungen durch den Bestand und unter Einhaltung lokaler Bauvorschriften gearbeitet werden muss. Bei denkmalgeschützten Gebäuden kommt eventuell noch erschwerend hinzu, dass bestimmte Details mit den Denkmalschutzbeauftragten abgestimmt werden müssen.

12.2 Möglichkeiten für gebäudeintegrierte Photovoltaik Wird eine gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage in Betracht gezogen, muss zwischen Vorhangfassaden und traditioneller Bauweise (siehe Kapitel 4) unterschieden werden. Wenn ein Gebäude mit einer Vorhangfassade saniert wird, bedeutet das in der Regel, dass die gesamte Fassade bis zum Rohbau abgerissen wird. Trotz der Bezeichnung Sanierung handelt es sich hier vielmehr um eine neu errichtete Fassade. Aus diesem Grund treffen auf derartige Sanierungsmaßnahmen die Erläuterungen in Kapitel 7 über Pfosten-Riegel-Fassaden und in Kapitel 8 über Elementfassaden uneingeschränkt zu. Bei älteren oder historischen Gebäuden können gelegentlich durch das Vorsetzen einer äußeren Glasschicht die Originalwände erhalten und sichtbar bleiben, während die neue Schicht der Fassade Schutz bietet. Diese relativ seltene Ausführung entspricht einer neu errichteten Doppelfassade, wie in Kapitel 9 beschrieben. Gebäude in traditioneller Bauweise, wie sie in Kapitel 4 erläutert werden, bieten die besten Voraussetzungen, wenn im Rahmen einer Sanierung eine vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) errichtet wird, in die eine gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage installiert werden soll. Die Fallstudie in diesem Kapitel befasst sich mit einer solchen VHF und zeigt auf, wie Standardmodule in bereits bestehende Fensterbänder eines Gebäudes eingefügt werden können. Als Referenz können auch die beiden Fallstudien aus Kapitel 6 „Vorgehängte hinterlüftete Fassaden“ dienen, da es sich dabei effektiv um Bestandsgebäude handelt. Die neue VHF in der Fallstudie 6.5 wurde aufgrund von Bauschäden an der Fassade montiert und in der Fallstudie 6.6 galt es, die zuvor eher gewöhnliche Fassade attraktiver zu gestalten. Jedoch bestanden die Fassaden in beiden Fällen aus großen, ebenen Flächen mit nur wenigen räumlichen Einschränkungen. Entsprechend gering waren die Zwänge, somit war die Planung dieser Fassade mit der eines Neubaus vergleichbar. Aus diesem Grund wurden diese beiden Fälle bereits in Kapitel 6 behandelt.

12. SANIERUNG

163

12.3 Fallstudie: Northumberland Building

Ort

― Ort, Land: Newcastle upon Tyne, Großbritannien Breitengrad, Längengrad, Höhe: 54,978°; –1,608°; 51m Horizontale Einstrahlung: 2,6 kWh/(m²·t) PV

― Fläche: 430m² Spitzenleistung: 40 kWP Leistung: 25000 kWh/Jahr Größe der einzelnen Module: 1180×520mm Technologie: Monokristallines Silizium Hersteller: BP Solar Fertigstellung: 1994 Gebäude

― Typ: Institutsgebäude Höhe, Stockwerke: 18m, 4 Geschossfläche: 4700m² Architekten: Ove Arup & Partners

12.3.1 Örtliche Gegebenheiten Im Jahr 1991 belegte eine vom britischen Wirtschaftsministerium finanzierte Untersuchung zum Potenzial gebäudeintegrierter Photovoltaik an Geschäftsbauten, dass Photovoltaik in Fassadenbekleidungen integriert werden könne. Zudem sei die Leistungsanpassung von Photovoltaikmodulen ideal für Geschäftsbauten geeignet. Um diese Ergebnisse zu veranschaulichen, wurde ein geeignetes Gebäude gesucht. An der Untersuchung war unter anderem das Newcastle Photovoltaic Applications Centre der Universität von Northumbria beteiligt. Auf dem Gelände dieser Hochschule bedurfte ein Stahlbetongebäude mit einer Fassade aus Betonfertigteilen der Sanierung (Abb. 12.1). Es handelte sich um einen typischen Bau aus den 1960er Jahren, dessen äußere Schale über 20 Jahre zuverlässigen Schutz geboten hatte. Das Gebäude mit rechteckiger Grundfläche und vier Geschossen ist so positioniert, dass seine beiden Längsfassaden fast exakt nach Norden und Süden wiesen. An der Betonverkleidung mit Mosaikoberfläche traten Ausblühungen auf, die Bewehrung begann zu korrodieren und die Mosaiksteine lösten sich, sodass die gesamte Fassade inklusive der Fenster erneuert werden musste. Dies bot ideale Voraussetzungen, um die Integration von Photovoltaik in ein Gebäude zu demonstrieren. Doch obwohl die Universität über die finanziellen Mittel für die Erneuerung der Fassadenbekleidung verfügte, konnte sie die zusätzlichen Gelder für die Photovoltaikanlage nicht aufbringen. Schließlich wurde die Finanzierung durch private und öffentliche Mittel sichergestellt: 40% wurden über einen Fonds der EG („Thermie“) bereitgestellt, 9% über ETSU, ein Referat zur Förderung der Energietechnik in Großbritannien und 51% kamen von privaten Sponsoren.

164

12. SANIERUNG

Abb. 12.1 Blick auf die Südwestecke des Northumberland Buildings vor der Sanierung. Foto mit Genehmigung von: Arup Abb. 12.2 Südfassade des Northumberland Build-

ings mit um 25° geneigter Photovoltaikverkleidung zwischen den Fensterreihen. Foto mit Genehmigung von: Arup

12. SANIERUNG

165

Abb. 12.3 Rahmenkonstruktion eines Bekleidungspanels bestehend aus fünf Standardmodulen. Foto mit Genehmigung von: Arup

Abb. 12.4 Einhängesystem für die Aufnahme der Unterkonstruktion der PV-Module. Foto mit Genehmigung von: Arup

12.3.2 Fassadenaufbau Die Fassadenbekleidung mit Photovoltaikanlage basierte auf dem Prinzip einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade, bei der die Bekleidung Schutz vor den Umwelteinflüssen bietet und deren Hinterlüftung gleichzeitig einen Druckausgleich zwischen den Räumen sicherstellt und die Kondensatsbildung unterbindet. Die Bekleidung der Südfassade erfolgte mit integrierten Photovoltaikelementen, während an der Nordfassade herkömmliche Aluminiumbleche als Bekleidung angebracht wurden. Um eine bessere Ausbeute der Sonnenenergie besonders bei tiefstehender Wintersonne zu erreichen, wurden die Verkleidungselemente an der Südfassade um 25° geneigt angebracht (Abb. 12.2, Abb. 12.5 und Abb. 12.6). Die so entstandene Auskragung verursacht zudem eine gewisse Verschattung des darunter befindlichen Fensters und reduziert somit während des Sommers den solaren Wärmeeintrag in das Gebäude. Darüber hinaus verleiht die geneigte Anordnung dem Gebäude ein ansprechenderes Erscheinungsbild. In der Ausführung wurden Standardsolarmodule von BP mit einer Größe von 1180× 520mm und einer nominalen Leistung von 85WP verwendet. Jeweils fünf dieser Module wurden, von einem 3mm starken, pulverbeschichteten Aluminiumprofil umrahmt, zu einem Paneel zusammengefasst (Abb. 12.3). Jedes dieser Paneele entspricht einer Breite von vier Fensterelementen. Die Beleidungselemente wurden im Werk vorgefertigt und vor Ort auf eine in den Bestand gedübelte Aluminiumkonstruktion montiert (Abb. 12.4). Durch die geneigte Anordnung entsteht ein Hohlraum, der zum einen der Hinterlüftung dient und somit die Temperatur der Module reguliert, und zum anderen Kabel, Anschlusskästen und Überwachungsgeräte aufnehmen kann. Die Konstruktion sieht vor, dass jedes Bekleidungselement separat befestigt und angeschlossen ist. Im Falle einer Beschädigung eines Paneels könnten somit Wartungsarbeiten ausgeführt werden, ohne dass das gesamte System davon beinträchtigt wäre.

166

12. SANIERUNG

Neue Verglasung

Bestehende Stahlbetonkonstruktion

Photovoltaikmodul

Aluminiumunterkonstruktion

Perforiertes Bekleidungspanel

Abb. 12.5 Schematische Darstellung zweier geneigt angebrachter Photovoltaikmodule. Abb. 12.6 Vertikalschnitt durch die Haltekonstruktion der Photovoltaikmodule.

12. SANIERUNG

167

12.3.3 Verkabelung Jeder aus 15 Laminaten bestehender String ist in Reihe geschaltet und gibt bei maximaler Energie eine Nennbetriebsspannung von 270V ab. Die von den 31 Strings erzeugte Energie wird in einen netzgeführten Thyristor-Wechselrichter mit einer Nennleistung von 40kW eingespeist. Dieser wandelt den Gleichstrom in dreiphasigen Wechselstrom mit 415V um, der mit der herkömmlichen Stromversorgung des Gebäudes vergleichbar ist. Der von der SMA GmbH gefertigte und gelieferte Wechselrichter ist mit „Maximum Power Point Tracking“ ausgestattet. Er entspricht den Bestimmungen der örtlichen Elektrizitätsgesellschaften (G-5911) und schaltet sich automatisch ab, wenn die Versorgungsspannung oder -frequenz im Netz über die definierten Grenzen hinaus schwankt. Jedoch wurde für die Schutzschalter eine Relaxationszeit von 0,5–2 Sekunden zugelassen. Der Wechselrichter ist so ausgelegt, dass er bei 25 Prozent Last seinen höchsten Wirkungsgrad erreicht. Kompensationsschaltungen sorgen aber dafür, dass über die gesamte Lastkurve hinweg ein relativ hoher Wirkungsgrad erzielt wird. Das Gleichstrom-Schaltfeld ist mit Leistungsschutzschaltern und Lasttrennschaltern für jeden String, Sperrdioden zum Schutz verschatteter Strings, Strom- und Spannungsüberwachungsvorrichtungen sowie Anschlüssen zur Messung der I-V-Charakteristik von Strings versehen. Die Leistungsschutzschalter entsprechen den Bestimmungen über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, die vorschreiben, dass ein Leistungsschalter so nahe wie möglich an der Stromquelle installiert sein muss (in diesem Fall am Solar-String). Der Lasttrennschalter ermöglicht die Inspektion eines einzelnen Strings, ohne dass hierzu das gesamte System heruntergefahren werden muss. Die fünf Solarmodule in jedem Bekleidungselement wurden bereits werkseitig voll verkabelt, um die Montage vor Ort schneller durchführen zu können.

12.3.4 Installation Die Arbeiten an dem Gebäude begannen im Juni 1994 mit der Entfernung der alten Bekleidung und dem Austausch der Fenster. Die Betonbrüstungen wurden mit einer zusätzlichen Dämmung versehen. Im September 1994 begann die Elektroinstallation der Photovoltaikanlage mit der Montage der Verteiler und der Verkabelung der Wechselrichter. Im Oktober wurde die PV Bekleidung montiert und an die Verteiler angeschlossen. Die Montage wurde von oben nach unten durchgeführt. Da die Solarmodule Strom erzeugen, sobald sie Licht ausgesetzt werden, waren die Module während der Montage von einer schwarzen Plastikfolie umhüllt. Die Folie wurde erst abgezogen, nachdem alle Elemente fertig montiert und vollständig verkabelt waren.

12.3.5 Leistung Mit einer Spitzenleistung von 40kW Gleichstrom haben sich die ursprünglichen Ertragsberechnungen bewahrheitet. Die von den 465 Photovoltaikmodulen erzeugte Leistung deckt etwa 30 Prozent des durchschnittlichen Strombedarfs des Gebäudes. An den Wochenenden wird ein Teil der Energie an andere Gebäude des Universitätscampus weitergeleitet. Der durchschnittliche Leistungsfaktor im Zeitraum 1995/96 lag bei 0,609. Ein unverschattetes Solarfeld lässt einen Leistungsfaktor von 0,75–0,85 erwarten, aber aufgrund der Verschatttung lag der höchste erzielte Wert bei 0,659. Da es sich um ein Vorzeigeprojekt und die erste im großen Maßstab durchgeführte Integration von Photovoltaikmodulen in die Fassade eines gewerblich genutzten Gebäudes handelte, kann die Umsetzung dieses Projekts als ein Lernprozess betrachtet werden, den alle an der Planung und Installation Beteiligte durchlaufen haben.

168

12. SANIERUNG

13. LEISTUNGSWERTE AUS DEN FALLSTUDIEN

13.1 Allgemein Dieses Handbuch enthält 14 Fallstudien von verschiedenen Standorten welweit, anhand derer verschiedene Möglichkeiten der GIPV erläutert werden. Ferner sind deren Leistungswerte aus dem Betrieb genannt und deren Aufbau detailliert beschrieben. In diesem Kapitel sind für jede Fallstudie der jährliche spezifische Ertrag sowie der jährliche Flächenertrag ermittelt, um die Leistungsfähigkeit vergleichen zu können.

13.2 Jährlicher spezifischer Ertrag In Kapitel 3 wurden einige der Faktoren vorgestellt, die entscheidenden Einfluss auf die Leistung haben. Die real gemessene Leistung von Anlagen in Betrieb ist eine hilfreiche Informationsquelle für die Abschätzung der voraussichtlichen Leistung neuer Anlagen unter ähnlichen Bedingungen. Ein nützlicher Parameter hierfür ist der spezifische Ertrag, der in diesem Kapitel berechnet und aufgeführt wird. Beim jährlichen spezifischen Ertrag handelt es sich um „die im Laufe eines Jahres von einer spezifischen Anzahl installierter Photovoltaikmodule [1kWP] erzeugte Energiemenge [kWh]“. Zu beachten ist, dass die Messung unabhängig von der Art der verwendeten Solartechnologie erfolgt. Der spezifische Ertrag wird von den folgenden Faktoren beeinflusst: ― Breitengrad Dieser bestimmt die Sonnenbahn an einem bestimmten Standort und dient als grober Anhaltspunkt für die insgesamt verfügbare Sonnenenergie. Bei einem geringen Breitengrad (in Äquatornähe) steht die Sonne am Mittag hoch am Himmel. Deshalb sollte in diesem Fall ein geringer Neigungswinkel gewählt werden. Die Einstrahlungswerte sind in der Regel hoch. ― Einstrahlung Dies ist ein meteorologischer Messwert, der sowohl vom Breitengrad als auch von den lokalen Wetterverhältnissen beeinflusst wird. ― Neigung Die Neigung bezieht sich auf die Art der Integration der Photovoltaik an einem Gebäude. Dabei kann es sich um eine vertikale Fassade (90°) handeln, um ein horizontales Dach (0°) oder um Werte dazwischen entsprechend der Neigung des Fassadenelements, auf dem sich die Anlage befindet. Um im Jahresmittel die maximale Leistung zu erzielen, wird in der Regel ein Neigungswinkel gewählt, der etwa 20° geringer ist als der Breitengrad. ― Orientierung Dies ist ein wesentlicher Faktor für jene PV-Felder, die mit einer Neigung gegenüber der horizontalen installiert wurden. Um im Jahresverlauf die maximale Leistung zu erzielen, ist ein geneigtes Solarfeld auf der Nordhalbkugel in Richtung Südwest bis Südost, auf der Nordhalbkugel in Richtung Nordwest bis Nordost auszurichten. Der spezifische Ertrag wird noch von weiteren Faktoren beeinflusst, wie Verschattungseffekte, der Qualität der Verkabelung sowie der Leistung des Wechselrichters.

13.3 Jährlicher Flächenertrag Ausgehend vom spezifischen Ertrag berechnet sich die erforderliche Fläche auch danach, welche Art von Photovoltaiktechnologie eingesetzt wird und ob die Zellen in ein Modul eingebettet oder aus Gründen der Transparenz mit einem Abstand zueinander angeordnet sind. Einzelheiten zu den verschiedenen Photovoltaiktechnologien finden Sie in Kapitel 2.

170

13. LEISTUNGSWERTE AUS DEN FALLSTUDIEN

13.4 Verwendung der Tabelle Die folgende Tabelle gibt auf der Grundlage der in den Fallstudien erzielten Erträge Hinweise zur Leistung, die von einem GIPV-system erwartet werden kann. Da die Leistung einer Anlage erheblich vom Breitengrad abhängt, wurden die Projektstandorte der Fallstudien in der Reihenfolge ihrer Breitengrade aufgeführt. Soll die Tabelle für ein neues Projekt herangezogen werden, sind die Zeilen maßgeblich, die sich auf einen Breitengrad in der Nähe des geplanten Projekts beziehen. Der entsprechende jährliche spezifische Ertrag hilft festzustellen, mit welchem kWP bei dem geplanten Solarfeld gerechnet werden kann. Wenn dagegen der Ertrag eines Solarfeldes an einer verfügbaren Fläche eines Gebäudes ermitteln werden soll, ist der jährliche Flächenertrag heranzuziehen. Daneben dienen auch die übrigen Tabellenwerte zur Beurteilung, ob bei dem geplanten Projekt mit mehr oder weniger Leistung zu rechnen ist. ― Ist der Einstrahlungswert des Standorts bekannt, lässt er sich mit den Werten in der Tabelle für den gewünschten Breitengrad vergleichen. Wenn nicht, ist die Karte mit den weltweiten Einstrahlungswerten (Abb. 3.20) heranzuziehen. ― Außerdem zu beachten ist der Einfluss von Neigung und Orientierung. Abb. 3.5 und 3.6 zeigen auf, wie sich die verschiedenen Ausrichtungen einzelner Gebäudeteile vergleichen lassen. Breitengrad Kapitelangabe

(positiv auf der Nordhalbkugel, negativ auf der Südhalbkugel)

Land, Stadt

durchschnittliche tägliche horizontale Einstrahlung [kWh/(m²·t)]

Neigung gegenüber der Ebene (hor.): horizontal, deshalb spielt die Aufsicht keine Rolle

Jährlich spezifischer Ertrag [kWh/ (kWP·j)]

Technologie (siehe Kapitel 2)

Jährlicher Flächenertrag [kWh/ (kWP·j)]

Spitzenleistung, Fläche

Jahresleistung der Photovoltaikanlage [kWh/j]

Fallstudie

12.2

55°

Großbritannien, Newcastle

2,62

65° S

633

mcs

58

40 kWP, 430m²

25000

Northumberland Building

7.7

54°

Deutschland, Hamburg

2,73

90° S

599

pcs

60

18 kWP, 179m²

10800

Firmensitz Tobias Grau GmbH

6.5

53°

Großbritannien, Manchester

2,53

90° NW-SO

468

pcs

46

391 kWP, 3972m²

183000

The Co-operative Insurance Tower

10.5

53°

Großbritannien, Nottingham

2,65

0° (hor.)

967

mcs

114

53 kWP, 450m²

51240

Jubilee Campus

11.5

52°

Großbritannien, Upton

2,74

19° S

751*

mcs

103*

22 kWP, 157m²

16230*

Upton ZED terrace

10.7

51°

Großbritannien, London

2,73

20° S

792

HIT

100

30 kWP, 237m²

23760

Vauxhall Transport Interchange

5.5

44°

Italien, Faenza

3,82

70° SW-NO

1482*

mcs

117*

23 kWP, 285m²

33345*

Galleria Naviglio

9.4

42°

Spanien, Mataró

4,31

90° S

995

pcs

93

20 kWP, 255m²

20000

Pompeu Fabra Library

10.8

40°

VR China, Peking

4,32

6° in alle Richtungen

989*

CIS

52*

18 kWP, 341m²

17800*

Olympiapark Peking

6.6

40°

VR China, Peking

4,32

90° O

492

pcs

73

79 kWP, 534m²

38929

Xicui Entertainment Complex

11.4

– 38°

Australien, Melbourne

4,12

25°, 40° N

1136

mcs

93

22 kWP, 268m²

25000

K2 Apartments

8.6

– 38°

Australien, Melbourne

4,12

70°, 74° N

870

pcs

94

46 kWP, 426m²

40000

Alan Gilbert Building

10.6

38°

USA, San Francisco

4,57

0° (hor.)

1238

mcs

232

172 kWP, 920m²

213000

California Academy of Sciences

mcs

82*

32 kWP,

23500*

33°

USA, McKinney

734*

8.7

4,54

90° S 800*

tfas

89*

3 kWP,

2400*

Wal-Mart Experimental Supercenter

* Schätzwert, da keine Messdaten vorhanden CIS: Kupfer-Indium-Diselenid, HIT: Hybrid, d.h. Kombination aus mcs und tfas, mcs: Monokristallines Silizium, pcs: Polykristallines Silizium, tfas: Amorphes Silizium in Dünnschichttechnik

13. LEISTUNGSWERTE AUS DEN FALLSTUDIEN

171

14. GLOSSAR UND INDEX

EVA

A

Gängiges Verkapselungsmedium für Zellen in Photovoltaikmodulen. Es handelt sich dabei um vernetzbares Ethylenvinylacetat.

Amorph Mikrophysikalischer Zustand von Festkörpern, bei dem die Atome im Gegensatz zu Kristallen keine geordnete Struktur bilden.

F

Fassadenbekleidungselement

B

Bauteil, das dem Gebäude eine Haut oder Hülle verleiht. Es kann entweder direkt am Rohbau des Gebäudes befestigt sein oder mittels einer speziellen Fassadenkonstruktion, bestehend aus Pfosten und Riegeln, getragen werden.

Bestrahlung Die kumulierte Menge an Sonnenenergie, die auf eine Oberfläche auftrifft [kWh/m2].

Bestrahlungsstärke Die unmittelbare Intensität der Solarstrahlung auf einer Oberfläche [W/m2].

Brüstungselement Opakes, wärmegedämmt und dampfdicht ausgeführtes Fassadenbekleidungselement in Höhe der Geschossdecke, das dazu dient, die konstruktiven Bereiche eines Gebäudes wie das Tragwerk, Deckenhohlräume, Doppelböden oder Brüstungen zu verdecken.

Bypass-Diode Dient der parallelen Verschaltung eines Teils der Solarzellen eines Photovoltaikmoduls, um diese Solarzellen vor thermischer Zerstörung zu schützen, wenn ein Teil der Solarzellen teilweise oder ganz verschattet ist, während der andere Teil der prallen Sonne ausgesetzt ist. Bypass-Dioden werden in Sperrrichtung des Moduls gepolt, so dass sie Strom nur bei Verschattung des Moduls leiten.

G

Geklebte Ganzglasfassade (Structural Glazing) Fassadentyp, bei dem die Verglasung/Fassadenbekleidung mittels Silikon an die Metall-Rahmenkonstruktion der Fassade geklebt wird. Bedarf im Prinzip keiner mechanischen Halterung, was die Gefahr eines Schattenwurfs auf die Verglasung durch Halteprofile vermeidet.

Gleichstrom (DC) Elektrischer Strom, der in einer Richtung vom positiven Pol eines bestrahlten Solarmoduls über die elektrischen Verbraucher zum negativen Pol fließt.

Globalstrahlung Die insgesamt auf eine Oberfläche einfallende Solarstrahlung, die sich aus der Direkt- und der Diffusstrahlung zusammensetzt.

D

Diffusstrahlung Solarstrahlung, die durch die Erdatmosphäre, insbesondere durch Wolken, gestreut wird.

I

Inselanlage Autonomes oder hybrides PV System, das nicht ans öffentliche Stromnetz angeschlossen ist und im Regelfall mit Akkumulatoren oder anderen Speichervorrichtungen ausgestattet ist.

Dichtungsprofil Eine vorgefertigte dauerelastische, profilierte Dichtung, die als Verbindungselement zwischen Bauteilen dient. Wird oft dafür verwendet, Toleranzen und Bewegungen auszugleichen, nebst ihrer Funktion als Sperre gegen Wind und Regen.

Diode

K

Kristallin Mikrophysikalischer Zustand von Festkörpern, bei dem die Atome eine geordnete Struktur bilden.

Elektronisches Bauteil, das elektrischen Strom nur in einer Richtung passieren lässt.

Direktstrahlung Solarstrahlung, die von der Erdatmosphäre ungehindert direkt auf der Erde auftrifft.

L

Luftmassenzahl Maß zur Definition der spektralen Verteilung des Sonnenlichts für Beleuchtungsanlagen, die zur Prüfung von Modulen verwendet werden. Die Zahl bezeichnet die Länge des Wegs, den das Sonnenlicht im Vergleich zum kürzesten Weg durch die Atmosphäre zurücklegen muss.

Druckausgleich Druckausgleich zwischen unterschiedlichen Hohlräumen einer Fassadenkonstruktion verhindert, dass Regenwasser aufgrund der kinetischen Energie in die Fassade eindringt.

Luftmasse 1.5 (AM 1.5)

E

Gibt an, dass der Weg des Sonnenlichts durch die Atmosphäre um 50 Prozent länger ist als bei lotrecht auf die Erde auftreffenden Sonnenstrahlen. Die Sonne steht in diesem Fall in einem Winkel von 48° am Himmel. Diese Position betrifft Standorte, die sich auf Breitengraden außerhalb der Wendekreise befinden.

Eigenlasten Ständig wirkende Lasten aller Wände, Trennwände, Dächer, Decken und sonstiger ortsgebundener Konstruktionselemente.

Elektron Negativ geladenes Elementarteilchen. Die Wanderung von Elektronen durch ein Material wie Metall oder einen Halbleiter wird als elektrischer Strom bezeichnet.

Elementfassade Ein Vorhangfassadentyp bei dem Pfosten, Riegel und Füllelemente im Werk zu fertigen Modulen von üblicherweise 1,5m × Geschosshöhe zusammengebaut werden.

174

M

Markisen Textiler, flexibler Schutz für Personen und Gebäudeteile gegen Sonne oder Regen.

Maximum Power Point Tracker (MPPT) Bestandteil eines Wechselrichters, der als optimaler elektrischer Verbraucher für Photovoltaikmodule wirkt.

14. GLOSSAR UND INDEX

Mehrschichtzellen

Standardtestbedingungen (STC)

Zwei oder mehr verschiedene Zellen mit mehr als einem p-n Übergang. Mit einer derartigen Anordnung lässt sich ein größerer Teil des Lichtspektrums in Elektrizität umwandeln.

Monokristallines Silizium Für Solarzellen verwendetes Silizium mit einer einzigen, kontinuierlichen Kristallgitterstruktur, die kaum Defekte oder Verunreinigungen aufweist.

Die Standardtestbedingungen entsprechen folgenden Werten: Bestrahlungsstärke von 1000W/m2 bei normalem Einfallswinkel und einer AM 1,5 entsprechenden spektralen Verteilung der Strahlung. Die Zelltemperatur wird mit 25°C angesetzt.

String Mehrere elektrisch in Reihe geschaltete Solarmodule.

Systemertrag Die Menge an nutzbarer Energie, die von der Photovoltaikanlage für die Verbraucher bereitgestellt wird. Der Systemertrag wird als Funktion der Nennleistung des Solarfelds [kWh pro kWP] über die Dauer eines Jahres hinweg ausgedrückt.

N

Nennleistung des Solarfeldes Leistungsangabe eines Solarfeldes in WP, wie sie unter Standardtestbedingungen (STC) ermittelt wurde.

Nutzlasten Veränderbare Lasten, die durch die geplante Nutzungsart (Menschen, Einrichtungsgegenstände) entstehen.

T

Tedlar Handelsname der Firma Dupont für eine Polyvinylfluoridfolie (PVF), die üblicherweise als Laminat für die Rückseite von Photovoltaikmodulen verwendet wird.

P

Parallelschaltung Art der Schaltung von Geräten, die Elektrizität erzeugen oder verbrauchen. Die Spannung bleibt gleich, während sich die Stromstärken addieren.

U

Umwandlungswirkungsgrad Verhältnis zwischen der von einer Solarzelle erzeugten elektrischen Energie und der Energie, die im Sonnenlicht enthalten ist, das auf die Zelle einfällt und in der Regel unter den Standardtestbedingungen (STC) angegeben wird.

Pfosten Metallprofil, das senkrecht zwischen Geschossen oder anderen Fixpunkten spannt. Dienen der Aufnahme von Fassadenbekleidungen. Üblicherweise aus Aluminium gefertigt.

Pfosten-Riegel-Fassade

Übrige Systemkomponenten [Balance of system = BOS]

Ein Fassadentyp, bei dem die Rahmenkonstruktion für die Aufnahme der Bekleidungselemente aus einem System aus vor Ort montierten Pfosten und Riegeln besteht.

Photovoltaische (PV) Zelle/Solarzelle Halbleitervorrichtung zur Umwandlung von Licht in elektrischen Strom unter Ausnutzung des photovoltaischen Effekts.

Photovoltaikmodul/Solarmodul

Alle Bestandteile eines Photovoltaiksystems, die nicht Teil des eigentlichen Solarfeldes sind (z.B. Unterkonstruktion, Verkabelung, Isolatoren und Wechselrichter). V

Vorhangfassade Fassadensystem in Leichtbauweise, das üblicherweise aus transparenten und opaken Elementen auf einer AluminiumUnterkonstruktion besteht. Das System trägt außer seinem Eigengewicht und etwaigen montierten Vorrichtungen keine weiteren vertikalen Lasten und abgesehen von Windlasten und Lasten aufgrund von Wartungsmaßnahmen und der Gebäudenutzung auch keine horizontalen Lasten.

Mehrere zusammengeschaltete Solarzellen, die zwischen Schutzmaterialien (Glas, Polymere usw.) verkapselt und mitunter in einen Aluminiumrahmen montiert sind.

p-n Übergang Übergangsschicht in einem Halbleitermaterial zwischen unterschiedlichen Dotierungsbereichen. Die übliche Konfiguration für eine Solarzelle.

Vorgehängte hinterlüftete Fassade Ein verhältnismäßig günstiges Bekleidungssystem mit offenen Fugen, das mittels einer Metallunterkonstruktion an einer abgedichteten massiven Wand oder ähnlichem befestigt ist.

Polykristallines Silizium Silizium, das so schnell erstarrt ist, dass sich zahlreiche kleine Kristalle (Kristallite) gebildet haben. Die Atome innerhalb eines Kristallits sind symmetrisch angeordnet, während die Kristallite selbst unregelmäßig verteilt sind. R

Reihenschaltung Art der Schaltung von Geräten, die Elektrizität erzeugen oder verbrauchen. Die Spannung addiert sich, während die Stromstärke in jedem Abschnitt des Stromkreises gleich bleibt. S

W

Watt (W) Einheit der Leistung. Je nach Zusammenhang kann sich die Angabe auf Lichtenergie mit Strahlung oder auf elektrische Energie beziehen.

Wattstunde (Wh) Einheit der Energie. Eine Wh entspricht dem Verbrauch von einem Watt Leistung über die Dauer von einer Stunde.

Wechselrichter

Selektives Glas Glas, bei dem eine Oberfläche mit einer selektiven Sonnenschutzbeschichtung behandelt worden ist, die das sichtbare Spektrum des Sonnenlichts passieren lässt, während ein Großteil der energiereichen langwelligen Strahlung nach außen reflektiert wird.

Spitzenleistung (WP) Leistung eines Solarmoduls unter Standardtestbedingungen.

14. GLOSSAR UND INDEX

Elektrisches Gerät, das die von Solarmodulen erzeugte Gleichspannung in ein- oder mehrphasige Wechselspannung umwandelt. Netzverbund-Wechselrichter wandeln die Energie nur dann um, wenn das Versorgungsnetz verfügbar ist.

Wechselstrom (AC) Elektrischer Strom, bei dem sich die Polung ständig ändert. Im öffentlichen Versorgungsnetz wird Wechselstrom mit einer Frequenz von 60Hz (in Europa) bzw. 50Hz (in Nordamerika) bereitgestellt.

175

Index A

― Abdichtung 53 Acryl 29 Alan Gilbert Building 106, 171 Aluminiumrahmen 25, 102 Aluminiumstrangpressprofil 101 amorphes Silizium 20, 25, 40 Anpralllast 92 Anschlusskabel 25, 63 Anschlusskonzept 37 Antireflexbeschichtung 18, 22 Atrien 45, 51, 130 Auftrieb, thermisch 118 B

― Bauweise, traditionell 163 Begrünung 66 Bekleidung 78, 101 Bestrahlungsstärke 33 Bewegungsfugen 88 Biomasse 158 Blendung 117 Bodenanlage 10 Boiler Plate Specification 30 Bor 16 Brandschutz 57, 101 Breitengrad 170 Brüstungsbereiche, undurchsichtig 88 Bypass-Diode 39 C

― California Academy of Sciences 138, 171 CO2-Emissionen 81 CO2-neutral 156 Code for Sustainable Homes 156 Czochralski-Methode 18 D

― Dampfsperre 70 DC-Trennschalter 81 Denkmalschutz „Grade II“ 76 Dichtung 88 Dichtungsprofil 55 Doppelfassade 45, 51, 91, 117, 120, 150, 163 Doppelverglasung 23, 53 Dotierung 16 Doxford International Business Park 32 Druckausgleich 55, 89, 101, 131 Dünnschichtmodul 27, 29 Dünnschichtzellen 18, 20, 79, 110 Dunst 33 E

― Edelstahlklemmen 91 EFG (Edge-defined Film-fed Growth) 18 Eigenlast 48, 88 Einkristall 18 Einspeisetarif 15

176

Einstrahlung 170 elektrische Leistung 41, 42 elektrisch inaktive Photovoltaikmodule 79 Elektronen 16 Elementfassade 45, 50, 88, 100, 122, 150, 163 Elementsystem 131 Emaillierung 28 Energieausbeute, spezifisch 42 energieeffiziente Gebäudeplanung 9 Energiestrategie 150 Energiezähler 154 EPDM 55 erneuerbare Energien 10 Ertrag, spezifisch 170 Ethylenvinylacetat (EVA) 23 EVA 25 Explosions- und Erdbebengefahren 54 F

― Fassade, geneigt 106 Fassadenbefahranlage 80 Fassadenzwischenraum, belüftet 117 Fassade, vorgehängt, hinterlüftet, mit integrierter Photovoltaik 150 Fertigteilfassade 50 Feuchtigkeitssperre 47 feuerhemmend 57 Firmensitz Tobias Grau GmbH 96, 171 Fläche, erforderlich 21 Flächenertrag 171 Flächenertrag, jährlich 170 Fläche, verfügbar 171 Flash Simulator 30 G

― Galleria Naviglio 66, 171 Garantie 24 Gebäudebewegungen 54 Gebäude, denkmalgeschützt 163 gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage 10, 44 Gebäudemanagementsystem (GMS) 62 Gebäude, mehrgeschossig 104 Gesamtenergiedurchlassgrad 56 Geschosswohnungsbau 150 Glas, gehärtet 25 Glas-Glas-Laminat 19, 27 Glashalteleiste 91 Glas, vorgespannt 91 Gleichstrom 15, 22, 37 globale horizontale Sonnenstrahlung 41 Globalstrahlung 33, 34 Grauwasseraufbereitung 152 Grenzzustand der Tragfähigkeit 54 g-Wert 56 H

― Halbleitermaterialien 16 Heißlagerungstest 59 hinterlüftete Fassade, vorgehängt 45, 46, 70, 150, 163

Hinterlüftung 40, 85 HIT Photovoltaikzelle 21 Hochleistungsbeschichtung 131 Holzpellets 158 Holzrahmenkonstruktion 150 Hybridlüftung 119 I

― IEA 10 Infrarot 16 Inselanlage 10 Insolation 33 J

― Jubilee Campus 134, 171 K

― K2 Apartments 152, 171 Kabel 60 Kabelausgang 25 Kadmium-Tellurat (CdTe) 20, 25 Kaltfassade 47 Kamineffekt 118 Kenndaten 30 Kleineisenzeug 53 kombinierte Verglasung 102 Kondenswasserbildung 51, 121, 131 Kontakt an der Rückseite 19 Kosten 9 Kräfte 48 Kristallblock 18 kristallin 18 kumulierte Leistung installierter PV 11 kundenspezifische Modulgröße 26 Kunstharz 23 Kupfer-Indium-Diselenid (CIS) 20, 146 L

― Ladungsträger 39 Lamellen 46 Lamellen, beweglich 62 laminiert 22 Lebensdauer 24, 53 LED 82, 84, 85 Leistung 41 Leistung, gemessen 170 Leistungsfähigkeit 54 Leistungsfaktor 168 Lichtfilterung 27 Luftdichtheit 44, 55, 57 Luftdurchlässigkeit 55 Luftmasse 30 Luftschicht, stehend 80 Luftströmungsweg 121 Lüftung, mechanisch 119 Lüftung, natürlich 117, 154 Lüftungsanlage 119 Lüftungsstrategien 118 Luftzwischenraum 46, 70 M

― Makrolon 23

14. GLOSSAR UND INDEX

Mastkletterbühne 80 Materialmangel 58 Materialversagen 58 Mauerwerkswand 91 Mauerwerk, tragend 46 Maximum Power Point Tracker (MPPT) 38 Membran, wasserdicht 70 Metallgitter 19 Metallkontakte 16 Mikrowindturbine 159 Mockup 55 Modulattrappe 26 Modul, flexibel 29 Modul, gebogen 29 Modul, rahmenlos 25 Mörtel 46 Mosaiksteine bzw. -fliesen 76 multikristallin 19 N

― nachhaltige Architektur 152 Nachtkühlung 117 Nassverglasung 102 N-Bereiche 16 Neigung 33, 170 Nellis Air Force Base 10 Nennbetriebstemperatur (NOCT) 30, 40 Nickelsulfid (NiS) 59 Northumberland Building 73, 164, 171 O

― Oberlicht 130, 140 öffentliches Stromnetz 41 ökologische Bauprojekte 66 Olympiapark Peking 146, 171 Orientierung 33, 170 Oxidschicht, transparent, leitend (TCO) 20 P

― P-Bereiche 16 Perforation 27 Pfosten-Riegel-Fassade 45, 48, 49, 88, 122, 131, 150, 163 Pfosten-Riegel-Fassaden mit Einsatzpaneelen 94 Phosphor 16 photoelektrischer Prozess 16 Photovoltaikmodul, maßgefertigt 73 Photovoltaikmodul, transluzent 27 Photovoltaik, semitransparent 27, 126 Planungsbehörde 78 Polycarbonat 29 Polyethylen-Terephthalat (PET) 23 polykristallin 79 Polytetrafluorethylen (PTFE) 23 Polyvinylbutyral (PVB) 23 Polyvinylfluorid (PVF) 23 Pompeu Fabra Bibiliothek 124, 171 Pressleiste 102 Pufferzone 51, 118

14. GLOSSAR UND INDEX

PV-Dacheindeckung 150 PV-Systeme, netzgekoppelt 15 PV-System, netzfern 10 PV-Wechselrichter 15, 22 R

― Rahmen 25 Rahmenkonstruktion 53 Rauchschott 57 Reflexion 84 Regenwasser 131 Reinigung 62, 64, 133 S

― Sammelschiene 19 Sandwichelement 93 Sanierung 91, 163 Schallschutz 57 Schicht, wirksam 53 Schneelast 54 semitransparent 92 Shadow-Box 92, 100, 131 Sicherheit 58 Silikon 55 Silikonversiegelung, tragend 102 Silizium, monokristallin 18 Silizium, polykristallin 19, 109, 110 Solarfaktor 56 Solarmodulattrappe 38 Solarnutzung, passiv 152 Solar Shade Control Act 36 Solarthermie 158 Solarzelle, doppelseitig nutzbar 21 Sonnenbahn 33, 170 Sonnenbahnanalyse 35 Sonneneinstrahlung 41 Sonnenschutz, extern 62 Sonnenschutzlamellen 62, 63 Sonnenschutzlamellen, außenliegend 133 Sonnensegel 63 Sonnenspektrum 16 Spannungen im Glas, thermisch 58 spektrale Lichtverteilung 30 spezifischer Ertrag, jährlich 170 Sprengstoffexplosion 58 Standard-Testbedingungen (STC) 30 Stege 63 Strahlung, diffus 33 Strahlung, direkt 33 Strahlungsstärke 30 String 37, 81 String-Ribbon-Prozess 18 Strings, in Reihe geschaltet 37 String-Wechselrichter 38 Superzelle 148

T

― Tedlar 23, 25 Teflon 23 Teilverschattung 39 Temperatur 30, 40 Teststandard 26 The Co-operative Insurance Tower 171 thermisch vorgespanntes Glas 92 thermoplastisches Polyurethan (TPU) 24 tote Zellen 26 transluzent 84 Transparenz 27, 170 Treibhausgasemissionen 152 Trockenverglasung 102 U

― Überdachung 45, 51 Überkopfverglasung 58 Überlandleitung 39 Übrige Systemkomponenten (BOS) 15, 42 Unterkonstruktion 53 Upton ZED Terrace 156, 171 U-Wert 56 V

― Vandalismus 58 Vauxhall Transport Interchange 142, 171 Vegetation 35 Verbindungsmittel 53 Verbundglasmodul 84 Verbundsicherheitsglas (VSG) 23 Verglasungsarten 91 Verglasungstechniken 102 Verkabelung 37, 60, 170 Verkapselung 22, 23, 25 Verschattung 35, 63, 104, 130, 166, 170 Verschattungselemente 45, 117, 122 Verschattungssysteme 62, 150, 158 Verschattungsverlust 19 Verschmutzungen 51 verschrauben 84 Verteilerkasten 25 Vier-Punkthalterung 85 Vordach 130, 140 Vorhangfassade 46, 48, 88, 163 W

― Wal-Mart Experimental Supercenter 110, 171 Wandkonstruktion, einschalig 47 Wärme 40 Wärmedurchgangskoeffizient 56 Warmwasserkollektor 40 Warmwasser-Sonnenkollektoren 154 Wartung 74, 94, 123, 133 Wasserverbrauch 152 Watts Peak 30 Wechselrichter 37, 168, 170 Wechselstrom 15, 22, 37 Wechselstrom-Verteilerkasten 81

177

Weißglas 22 Wetterdichtheit 55, 131 Wetterdichtungen 53 Widerstand, elektrisch 19 Widerstand gegen Explosionsgefahren 102 Winddichtung 55 Windlast 54 Windlasten, horizontal 88 Wirkungsgrad 18, 21, 28, 40 Wohngebäude 56, 150 Wolken 33 WP 30 X

― Xicui Entertainment Complex 82, 171 Z

― Zellenanordnung 27 Zinnoxid 20 Zugluft 44 Zwischenschicht 28 Zwischenschicht, flüssig 109

178

14. GLOSSAR UND INDEX

Danksagungen Die erste Version dieses Buches war ein Planungsleitfaden für den Fassadenbau von Pieter Mattelaer aus dem Jahr 2003, zur internen Verwendung bei Arup vorgesehen. Dieser Leitfaden wurde 2005 von Ignacio Fernandez im Rahmen des gemeinschaftlichen Forschungsprogramms „BIPV-CIS“ (Improved Building Integration of PV by using Thin Film Modules in CIS Technology) zu einem Handbuch für Architekten weiterentwickelt. Für die Förderung dieses Forschungsprojekts im 6. EU-Forschungsrahmenprogramm unter der Priorität 6.1 „Sustainable Energy Systems“ möchten wir uns bedanken. Ebenfalls Dank sagen möchten wir an dieser Stelle auch Dieter Geyer und unseren europäischen Kollegen aus der Forschungsarbeitsgemeinschaft. Bei der Aktualisierung dieser früheren Arbeiten waren wir auf Beiträge und Nachprüfungen von Kollegen bei Arup und anderen Institutionen angewiesen. Unser besonderer Dank gilt dabei Edith Mueller, Graham Dodd, Rick Wheal, Chris Jofeh, Deborah Lazarus, Harris Poirazis und Professor David Infield für die Lieferung von technischen Inhalten. Sehr dankbar sind wir auch für die Textrezension durch Richard Hough, Colin Axon, Professor John Twidell, Ann Marie Aguilar, David Seager, Malcolm Ball, Jacob Dunn and Antony Rix. Danke auch an Laurent Ngoc von Arup Berlin für seinen Einsatz für die technische Richtigkeit der deutschen Ausgabe. Wir möchten allen Projektleitern und sonstigen Personen danken, die es uns ermöglicht haben, die Fallstudien möglichst genau zu beschreiben. Etwaige Auslassungen oder Ungenauigkeiten sind uns selbst zuzuschreiben. Danke an Keith Rudd, Natalie Drew, Alisdair McGregor, John King, Steve Walker, Schaun Landman, Carlos Prada, Nick Adams, Cody Andersen, Korinna Penndorf, David Fletcher, Keith Morrison and Pagani Paola. Für die Abstimmung der ganzen Fotos sagen wir Flora Tonking und den Mitarbeitern des Bilderarchivs von Arup, insbesondere Pauline Shirley und Joanne Johnstone, aufrichtigen Dank. Deborah Bird und Angela Bennett waren eine große Hilfe bei der Beschaffung von Fotos und wir möchten an dieser Stelle unseren Dank auch auf die vielen Fotografen ausweiten, die uns erlaubt haben, ihre Arbeiten zu verwenden. Die Umwandlung unserer Skizzen in hochwertige Grafiken verdanken wir dem Einsatz von Phil Bogan, Sam Wai, Sean McDermott und Daniel Blackhall. Zusätzliche Hilfestellungen leisteten Rebecca Roberts und Jenny Bonwick. Finanzielle Unterstützung wurde vom Arup Design and Technical Fund gewährt. Abschließend danken wir Ulrike Ruh, Nadine Rinderer, Alexander Felix und Jan K. Knapp vom Birkhäuser Verlag für ihr Ideenreichtum, ihr Engagement sowie ihre Sorgfalt bei der Umwandlung unserer Arbeit in das vorliegende Buch.

Autoren: Simon Roberts, Nicolò Guariento Redaktionelle Mitarbeit: Alexander Felix, Jan K. Knapp Bildredaktion: Flora Tonking, Jan K. Knapp Titelbild: Der Xicui Entertainment Complex in Peking während der Installation der Photovoltaik- und LED-Fassade. Foto: Frank P. Palmer Mit Genehmigung von: Simone Giostra & Partners/Arup Cover- und Layoutentwurf: Nadine Rinderer Satz: Nadine Rinderer, Amelie Solbrig Die in dem Buch enthaltenen technischen Empfehlungen reflektieren den aktuellen Stand der Technik, bedürfen aber ausdrücklich der expliziten Abstimmung durch die verantwortlichen Fachplaner mit den geltenden und aktuellen Gesetzen, Vorschriften und Normen des jeweiligen Landes. Autor und Verlag können in keiner Weise für den Entwurf, die Planung oder die Ausführung von fehlerhaften Konstruktionen haftbar gemacht werden. Übersetzung ins Deutsche: Büro Antoinette Aichele-Platen, München Fachlektorat der deutschen Ausgabe: Laurent Ngoc Dieses Buch ist auch in englischer Sprache erschienen: ISBN 978-3-7643-9948-1 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. © 2009 Birkhäuser Verlag AG Basel · Boston · Berlin Postfach 133, CH-4010 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media

Gedruckt auf 100% Altpapier Printed in Germany ISBN 978-3-7643-8949-9 987654321

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