Forum non conveniens: Richterliche Beschränkung der Wahl des Gerichtsstandes im deutschen und amerikanischen Recht [1 ed.] 9783428485673, 9783428085675

In internationalen Rechtsstreitigkeiten kann der Kläger regelmäßig zwischen verschiedenen Gerichtsständen wählen. Die Wa

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Forum non conveniens: Richterliche Beschränkung der Wahl des Gerichtsstandes im deutschen und amerikanischen Recht [1 ed.]
 9783428485673, 9783428085675

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Christoph Dorsel · Forum non conveniens

Schriften zum Internationalen Recht Band 73

Forum non conveniens Richterliche Beschränkung der Wahl des Gerichtsstandes im deutschen und amerikanischen Recht

Von Christoph Dorsel

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Dorsel, Christoph: FoJ;Um non conveniens : richterliche Beschränkung der Wahl des Gerichtsstandes im deutschen und amerikanischen Recht I von Christoph Dorsel. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Schriften zum Internationalen Recht ; Bd. 73) Zug!.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08567-1 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-08567-I Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Vorwort Diese Arbeit hat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-LudwigsUniversität, Freiburg, 1994 als Dissertation vorgelegen. Sie wurde von Prof. Dr. Rainer Frank betreut. Thm danke ich herzlich für seine stete Diskussionsbereitschaft und die damit einhergehenden Anregungen sowie für die Förderung durch ihn während der schönen Zeit als Mitarbeiter an seinem Institut. Prof. Dr. Götz von Craushaar bin ich für die Mühe der Zweitkorrektur zu Dank verpflichtet. Besonderen Dank verdient Prof. Artbur T. von Mehren, Harvard Law School, für seine freundliche Unterstützung; er hat mich auf das Thema dieser Arbeit aufmerksam gemacht und mir wertvolle Anregungen gegeben. Prof. Kevin M. Clermont, Comell Law School, gilt mein Dank für zahlreiche aufschlußreiche Gespräche mit Bezug zum amerikanischen Teil der Arbeit. Barbara Nowotsch, LL.M., bin ich für die kritische und sorgfältige Durchsicht der Arbeit dankbar. Paul Neufang, LL.M., danke ich für viele hilfreiche Diskussionen. Last but not least danke ich meinen Eltern, die meine Ausbildung jederzeit großzügig unterstützt haben. Mönchengladbach, August 1995

Christoph Dorsel

Inhaltsverzeichnis Einleitung A. Problem ............... ......................... ................... ..... ..... B. Gang der Darstellung.................................................. .. ..

21 21 22

Erster Teil Forum non conveniens im amerikanischen Recht § 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte........ . . . . . . . . . . . .

23 23

A. Jurisdiction und ihre Grundlage im amerikanischen Recht.......... 23 I. Power................................................................... 24 II. Minimum Contacts und long-arm statutes . ................ ....... 26 1. Die International Shoe-Entscheidung ...... .... ...... ........ . 26 2. Folgen der International Shoe-Entscheidung................. 27 3. Weitere Entwicklung der Rechtsprechung des Supreme Court.... ... .... ....... .................. .. .... ..... ....... .... ... ... 28 111. Zusammenfassung........ ..... ........... ........... ............... .. 31 B. Ermessen bei der Bestimmung und Ausübung von jurisdiction..... 32 I. Traditionelle Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Modeme Lehre............................... .................... ... .. 34 C. Forum non conveniens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 111. Nebenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 IV. Verhältnis der Lehre zu denjurisdiction-Regeln ......... .. ..... 39 § 2 Entwicklung der Lehre vom forum non conveniens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

A. Schottland.................. ................................................. B. England ... .................. .................... .. ............ ........ .... ...

41 42

8

lnhaltsveneichnis

C. USA .......................................................................... I. Frühes Stadium . .. . .. . ....................................... ......... II. Der Gilbert-FalL. .. . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. .. . . . . . . . III. Der Piper Aircraft-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . IV. 28 U.S.C. § 1404(a) ........................ ......................... V. Das Recht der Einzelstaaten................ ................... ... ...

47 47 48 51 54 56

§ 3 Voraussetzungen der Klagabweisung wegen forum non conveniens . . .

57

A. Bundesrecht als Maßstab.................................................. 57 B. Jurisdiction.................................................................. 60 C. Alternatives Forum.... ... .. ................... ............................ 60 I. Verfügbarkeil eines alternativen Forums .................... ..... 61 II. Geeignetheil des alternativen Forums................... .... ...... 62 1. Geeignetheil und anwendbares Sachrecht........... .... ...... 63 2. Geeignetheil und anwendbares Prozeßrecht..... .. .... ....... 64 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 III. Fehlen eines alternativen Forums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 D. Anwendung derforumnon conveniens-Lehre nicht ausgeschlossen........................................................................... 67 I. Vorrang von 28 U.S.C. § 1404 (a) .... ................. ........... 67 II. Gesetzliche Schranken . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 III. In remjurisdiction über unbewegliches Vennögen........ ...... 70 § 4 Begriff der Inconvenience.. .. ... ...... .... ..... ....... ........ ................

70

A. Prüfungsmaßstab.......... ... ............... ............................... B. Private Interessen .... ... . . . .. . . .. .. ...... .. . . .. ............................ I. Nationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfassungsrechtliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausländischer Kläger............................................ 3. Amerikanischer Kläger... ....................................... 4. Ausländischer Beklagter.... .. ..... ... ........................... 5. Amerikanischer Beklagter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ausländischer Kläger und Beklagter. ...... ....... ... ... ... ... II. Wohnsitz............................................................... 111. Handlungsort ...... .. . . ...... ...... .. .. . ... . . .. .. ....... ............. ..

70 72 72 72 73 75 76 77 78 78 80

Inhaltsverzeichnis

9

IV. Verfügbarkeit von Beweismitteln.................................. 81 1. Erheblichk.eit des Beweismittels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Einzelne Beweismittel........................................... 82 3. Pretrial Discovery . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 V. Zeitige Antragstellung . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 VI. Verfahrenskonzentration.. .. ............ .... .. ........ .......... .. ... 85 1. Impleader...... . ............ ............ ... ................. ....... 85 2. Lis Pendens Alibi .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. 86 VII. Durchsetzbarkeil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 VIII. Gerichtsstandswahl. ... .. ....... .. .. . . ........ ... .. ........ ...... .. ... 88 1. Derogation .. . . .. .. .. . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. .. .. .. . 89 2. Prorogation... ...... .................... ... ................. .... ... IX. Wechsel des anwendbaren Rechts........ ... ............ ..... ... ... 1. Rechtsprechung . . .. .. .. . .. . .. .. . . . .. .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. 2. Kritik der Literatur............................................... 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Andere Faktoren.. ....................... ... ... ................. .... .. C. Öffentliche Interessen . .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. I. Anwendbares Recht .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . II. Interessen des Gerichtsstaates........ .......... .......... ...... .. ... III. Öffentliche Lasten . .. ... .. ........ .... ... ... ... ................. .......

89 90 90 93 94 94 95 95 97 99

D. Zusammenfassung.... ..... .......... .. ........ .. ..... .. ..... ..... ........ 101 § 5 Ermessen des Gerichts....... ... ................. .. .................. .........

102

A. Vermutung zugunsten der klägerischen Forumwahl.. .. .. .... .. ..... B. Schranken des Ermessens . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schranken bezüglich des Abwägungsvorgangs.................. II. Schranken bezüglich des Abwägungsergebnisses .. .. .. .. .. .. .. .

102 105 106 108

§ 6 Verfahren und dismissal-Entscheidung ...... .. .. .... .. .. .... .. ............

109

A. Verfahren. ........ .. ..... .... ...... .......... . .. ... .. . ...................... I. Antrag auf Klagabweisung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sua sponte dismissal .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. .. B. Dismissal Entscheidung...... ............................ ..... ... . ....... I. Einfache Klagabweisung.................... ... ... ..... .... .. .. .....

109 109 111 112 112

10

Inhaltsverzeichnis

II. Bedingte Klagabweisung .................... .................... .. . 112 III. Einzelne Bedingungen................. ...... ................ ... .... 113 IV. Stellungnahme...... ... ..................... ... ............... ....... . 116 § 7 Rechtsmittelverfahren .... .. . . . .. .. .............. .. ...... .......... ... ... .....

118

A. Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung... ..................... ... .... 118 B. Überprüfungsmaßstab ....................... ................... ...... .... 120 § 8 Diskussion. .. ........... ...... ...... ....... ... .. ... ...... ............. .... .. ... . 122

A. Kritik an derforumnon conveniens-Lehre ................... .. .. .. .. I. Rechtsunsicherheit. .. ...... ........... ... ... ... ............... .... .. . II. Mangelhafte Rechtsmittelfähigkeit........................ .. ... ... III. Auswirkungen derforumnon conveniens-Lehre .......... ... .. IV. Rechtspolitische Erwägungen. ...... .... .. ... ...................... V. Systematische Einwände................ ... ... ...................... B. Stellungnahme....................................................... ...... I. Mängel der gegenwärtigen Lehre..... ............................ 1. Benachteiligung des Klägers ........ .... ... ..... ..... ........ .. 2. Vergleich zu 28 U .S.C. § 1404 (a)........................... II. Strengerer Prüfungsmaßstab .......................................

122 122 124 125 126 128 128 128 128 130 130

Zweiter Teil Forum non conveniens im deutschen Recht

132

§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht ............... ........ ..

132

A. Vorüberlegung . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die örtliche Zuständigkeit als Grundlage für die internationale Zuständigkeit... ... ......... ........... .. ..... .. ....... ..... .... II. Besonderheiten der internationalen Zuständigkeit.. ...... ..... . B. Internationale Übereinkommen........................ ................. I. Übereinkommen über die internationale Zuständigkeit.. ...... 1. EuGVÜ und Luganoü............ .............................. a) Ausschluß exorbitanter Gerichtsstände - Art. 3 EuGVÜ ........ ...... ...... ......... ...................... ..... b) Ausschließliche Zuständigkeiten - Art. 16 EuGVÜ ....

132 132 133 135 135 136 137 139

Inhaltsverzeichnis

aa) Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ..... .. . . . . ......... .. . .. ......... bb) Art. 16 Nr. 2-5 EuGVÜ.. .......... ........ .... .. .... c) Gerichtsstandsvereinbarungen- Art. 17 EuGVÜ .... . .. d) Anderweitige Rechtshängigkeit - Artt. 21 ff. EuGVÜ. 2. Haager Minderjährigenschutzabkommen (MSA)........ ... 3. Andere Abkommen.................... ............ ............. II. Übereinkommen zum IPR... .. ........ ... ............ ........... ... C. Innerstaatliche Regelungen................ .... ... ................ .... ... I. Ansätze im Zuständigkeitsrecht ...... .. ... ... ......... .. . .. .... ... 1. Freiwillige Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 47 FGG. ..... ....................................... ......... b) Rechtsprechung...... ....................... .................. 2. Gleichlauftheorie ........... ..... . .... ... ...... .. ... ..... .. .. ... . 3. Wesensfremde Zuständigkeit..... .... ................... ...... 4. Auslegung und ungeschriebene Tatbestandsmerkmale ... . a) Das BGH-Urteil zu § 23 ZPO. .. .... . .. . . .. ...... ... .. .. ... b) Der Begriff des "hinreichenden Inlandsbezuges" ...... . 5. Rechtsmißbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Anderweitige Rechtshängigkeit.. .... ................... .... .. 7. Gerichtsstandsvereinbarungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prorogation........ ...................................... .... .. b) Derogation. ... .................... ..... ... ............ ... ..... II. Klage auf Unterlassen einer Klage- Counter Injunction .. .... D. Zwischenergebnis......... ........... .... .... .. ... ................... ... .. '§

11

140 143 145 146 149 150 150 151 152 152 152 152 155 158 159 159 162 164 165 166 166 167 168 169

10 Ergänzende GeneralklauseL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A. Bedarf an einer Generalklausel .. .. ..... .. ........ .. .... .. .. .. . . ....... . I. Fallbeispiele............ ...... . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . 1. Fallbeispiel - § 32 Z.PO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 2. Fallbeispiel - § 29 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fallbeispiel - § 27 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fallbeispiel - § 20 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Argumente zugunsten einer Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169 169 169 170 170 171 171 172

12

Inhaltsverzeichnis

I. Flexibilität und Einzelfallgerechtigkeit.. ................... ... ... 172

II. Begünstigung alternativer Gerichtsstände.................. ... ... III. Problemlose Einfügung in das gegenwärtige Zuständigkeitssystem............. .. ...................... ..................... .... ... C. Einwände gegen eine Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . I. RechtsunsicherheiL................... ... ... ... ................... .. . II. Gebot des gesetzlichen Richters.. ...... ... .. ...................... III. Justizgewährungsanspruch . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . IV. Schranken des EuGVÜ und Lugano Übereinkommen... .. ... . 1. Grundsätzliche Unzulässigkeil der forum non conveniensLehre im Rahmen der Übereinkommen .. ............... .... . 2. Drittstaatenproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schlußbemerkung .. ... ........... .... ..... ............... ..... ....... .. .. .

173 174 176 176 178 179 182 182 184 187

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Verzeichnis der amerikanischen Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Abkürzungsverzeichnis A. a.

a. A. Abs. A.C. AcP A.D. Advoc. Q. aff'd. AG AGBG All. E.R. A.L.R.

Alt. Am. J. Comp. L. Anm. Ark. Art., Artt. Aufl. AWD BayObLG BB Bd. Beschl. BGB BGBI. BGH BGHZ Boston U.L. Rev. B.R. Bsp. Bspr.

Atlantic Reporter auch andere Ansicht Absatz Law Reports, Appeal Cases, House of Lords Archiv für civilistische Praxis Appellate Division (New York) Advocat Quarterly affirmed Amtsgericht Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen All England Law Reports American Law Reports Alternative American Journal of Comparative Law Anmerkung Arkansas Artikel Auflage Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Bayrisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Band Beschluß Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt E!_undesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Boston University Law Review Bankruptcy Reporter Beispiel Besprechung

14

BVerfG BVerfGE bzw. Cal. Cal. App. Cal. L. Rev. Cal.2d, 3d C. civ. C.D. cert. den. CIM

Abkünungsverzeichnis

Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise California California Court of Appeals Reports California Law Review California Reporter, second, third series Code civil Central District certiorari denied Anhang B zum COTIF über Eisenbahnbeförderung von Gütern Circuit Cir. Anhang A zum COTIF über EisenbahnbeförCIV derung von Personen und Gepäck Civil Procedure Civ. Proc. Genfer Übereinkommen vom 19.5.1956 über CMR den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr Co. Company Carriage of Goods by Sea Act COGSA Colo. Colorado Colo. L. Rev . Colorado Law Review Columbia L. Rev. Columbia Law Review Cornell Int'l. L.J. Cornell International Law Journal Cornell Law Quarterly Cornell L. Q. Cornell Law Review Cornell L. Rev. Corporation Corp. Übereinkommen über den internationalen EiCOTIF senbahnverkehr Cicil Practice, Law and Rules CPLR Court Ct. District D. Distriel of Columbia D.C. Delaware Dei. Den. J. Int' 1. L. & Pol 'y. Denver Journal of International Law and Policy derselbe ders. das heißt d. h. Dissertation Diss. Div. Division Dt. & pratique com. intern. Droit et pratique de commerce international DWiR Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

Abkürzungsveneichnis

ebd. E.D. EFTA EG EG-Abl. EGBGB Emory L.J. et al. EU EuGH EuGHE EuGVÜ EuZW f., ff. F. 2d, 3d FamRZ F.D.R. FGG Fla. FN Fordham Int'l. L.J. FRCP FS F. Supp.

G.

Geo. Wash. L. Rev. GG ggfs. Harv. Int'l. L. J. Harv. L. Rev. H.L. Hrsg. I.C.L.Q. i. d. F. Ill. Inc. Iod. Ins.

15

ebenda Eastern District European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Emory Law Journal et altera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht folgende Federal Reports, second, third series Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Federal Rules Decisions Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Florida Fußnote Fordham International Law Journal Federal Rules of Civil Procedure Festschrift Federal Supplement Gesetz George Washington Law Review Grundgesetz gegebenenfalls Harvard International Law Journal Harvard Law Review House of Lords Herausgeber International and Comparative Law Quarterly in der Fassung Illinois Incorporated Indiana lnsurance

16

Abkürzungsverzeichnis

intern. IPR IPRax

international Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts im Sinne Internationales Zivilprozeßrecht Internationales Zivilverfahrensrecht Juristische Arbeitsblätter Journal of Air Law and Commerce Journal of Business Law Journal of Comparative Business and Capital Market Law Judicial Review Juristenzeitung Kansas Kapitel King's Bench Division, Law Reports Kammergericht Kentucky Law Journal Louisiana Law and Contemporary Problems Landgericht Law Journal Nachschlagwerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. von Lindenmaier/Möhring Lloyds Maritime and Commercial Law Quarterly Law Quarterly Review Limited Journal of Maritime Law and Commerce Maryland meines Erachtens Minnesota Missouri Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes Minderjähriger Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Northern District

IPRspr.

i. s. IZPR IZVR JA J. Air L. & Com. J. Bus. L. J. Comp. Bus. & Cap. Market L. Jud. Rev. JZ Kan. Kap. K.B. KG Ky. L.J. La. Law & Contemp. Probl. LG L.J. LM L.M.C.L.Q. L.Q. Rev. Ltd. Mar. L. & Com. Md. m.E. Minn. Mo. MSA MüKo m.w.N. N.D.

Abkürzungsverzeichnis

New L.J. N.H. N.J. NJW Nr. N.W. Nw. U. L. Rev. N.Y. N.Y.S. Okla. L. Rev. OLG Oxford J.L. Stud.

P.

Pa. Q.B. RabelsZ Rec. des Cours Rev. crit. rev'd. Rev. dr. int. priv. Rev. int. dr. comp. RG RGRK

RGZ RICO R.l. Gen. L. RIW RN RPfleger R.R. Rs R. S. C. Ry

s. s.

s.c.

Scots. L.T. 2 Dorsel

17

New Law Journal New Hampshire New Jersey Neue Juristische Wochenschrift Nummer North Western Reporter Northwestern University Law Review New York New York Supplement Oklahoma Law Review Oberlandesgericht Oxford Journal of Legal Studies Pacific Reporter Pennsylvania Queen's Bench Division, Law Reports Zeitschrift für internationales und ausländisches Privatrecht, begründet von Ernst Rabel Recueil des Cours Revue critique de droit international prive reversed Revue de droit international prive Revue international de droit compare Reichsgericht Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, Kommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Racketeer and Corrupt Organisations Rhodes lsland General Law Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Der Deutsche Rechtspfleger Railroad Rechtssache Rules of the Supreme Court Railway Seite siehe South Carolina Scotland' s Law Times

18

Abkürzungsverzeichnis

S.Ct.

Supreme Court Southern District Session Cases (third series, edited by Murray) Southern Reporter sogenannt Southern Illinois Law Review Stanford Law Review United States Statutes at Large Das Standesamt, Zeitschrift für Standesamtswesen Supreme Court Review Superior Court South Western Reporter Texas Texas Bar Journal Texas International Law Journal Texas Law Review Tulane Law Review unter anderem University of British Columbia Law Review University of Chicago Law Review University of Illinois Law Review University of Pennsylvania Journal of International Business Law Urteil United States Supreme Court Reports United States Code versus vom Virginia Vanderbilt Journal of Transnational Law Vanderbilt Law Review vergleiche Wayne Law Review Western Distriel Wheaton's United States Supreme Court Reports (1816 - 1827) Wisconsin Westlaw Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen World Law Journal

s.o.

Sess. Cas. M . So. sog. Southern Ill. L. Rev. Stan. L. Rev. Stat. StAZ Sup. Ct. Rev. Super.

s.w.

Tex. Tex. BarJ. Tex. Intern. L.J. Tex. L. Rev. Tul. L. Rev.

u. a.

U.B.C.L. Rev. U. Chi. L. Rev. U. Ill. L. Rev. U. Pa. J. lnt'l Bus. L. Urt.

u.s. u.s.c.

V. V.

Va. Vand. J. Transnat'l. L. Vand. L. Rev. vgl. Wayne L. Rev. W.D. Wheat. Wis. WL W.L.R. WM World L.J.

Abkürzungsverzeichnis

WuB Yale L.J.

z. B.

ZfRV

ZIP ZLW ZPO zust. ZZP

19

Entscheidungssanunlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Yale Law Journal zum Beispiel Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Intern. Privatrecht und Europarecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht Zivilprozeßordnung zustimmend Zeitschrift für Zivilprozeß

Einleitung In einer jüngeren Entscheidung hat der BGH die Reichweite des § 23 ZPO für die Begründung der internationalen Zuständigkeit eingeschränkt, indem er das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des "hinreichenden Inlandsbezuges" aufstellte1 . Die Entscheidung des BGH hat eine Diskussion darüber entfacht, ob damit der Weg für die Einführung einerforumnon conveniens-Lehre wie im amerikanischen Recht in das deutsche Recht geebnet wird2 • Diese Diskussion und die ihr zugrundeliegende BGH-Entscheidung sind Anlaß für diese Arbeit. A. Problem

In internationalen Rechtsstreitigkeiten kann der Kläger regelmäßig zwischen verschiedenen Gerichtsständen wählen. Die Wahl des Klägers wird zugunsten des Forums ausfallen, das für ihn mit Blick auf den Prozeßausgang am günstigsten ist. Bei der Gerichtswahl des Klägers werden die Interessen des Beklagten und der Allgemeinheit mit Bezug auf einen bestimmten Gerichtsort nicht berücksichtigt. Das kann zu unliebsamen Folgen führen. So ist es möglich, daß der Wohnsitz des Beklagten oder der Ort, an dem sich der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt zugetragen hat, oder der Lageort von Beweismitteln weit von dem Ort entfernt ist, an dem der Rechtsstreit ausgetragen wird. Darüber hinaus kann das unbeschränkte Recht des Klägers, den Gerichtsort zu wählen, zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Fallaufkommens führen: Staaten, deren Gerichte bei bestimmten Rechtsstreitigkeiten notorisch klägerfreundlich sind, werden in erhöhtem Maße Prozesse an sich ziehen - unabhängig von der Eignung ihrer Gerichte zur konkreten Streitentscheidung. I BGH (Un. v. 2.7.1991 -XI ZR 206/90) = BGHZ 115, 90 = NJW 1991, 3092 = IPRax 1992, 160 = JZ 1992, 51 = LM § 23 ZPO Nr. 7 = MDR 1991, 988 = WPM 1991, 1692 = RIW 1992, 57. 2 Vgl. Geimer, NJW 1991, 3072; Schack, JZ 1992, 54; Schütze, DWiR 1991 , 239; Schlosser, IPRax 1992, 140; Stein/Jonas/Schumann, § 23 ZPO RN 31e; Pfeijfer, LM § 23 ZPO Nr. 7; Dannemann, I.C.L.Q. 41 (1992) 632; 'Ihode, WuB VIII A. § 23 ZPO 2.91.; Fischer, RIW 1992, 57; Lüke, ZZP 105 (1992) 321 ; Mark/Ziegenhain, NJW 1992, 3062; Fricke, NJW 1992,3066.

22

Einleitung

Um sicherzustellen, daß ein Gericht im konkreten Fall zur Streitentscheidung geeignet ist, ist es wünschenswert, die Gerichtsstandswahl des Klägers einzuschränken. Die US-amerikanischen Gerichte greifen zu diesem Zweck auf die Lehrevomforum non conveniens zurück. Diese Lehre erlaubt einem angerufenen Gericht, seine an sich gegebene Zuständigkeit nicht auszuüben, wenn dem Kläger ein eindeutig besser geeignetes Gericht zugänglich ist. Dem deutschen Recht ist die forum non conveniens-Lehre unbekannt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, ob es wünschenswert ist, die forum non conveniens-Lehre zu übernehmen. B. Gang der Darstellung Im ersten Teil der Arbeit werden Entwicklung, Funktion und Inhalt der amerikanischenforum non conveniens-Lehre anhand der Rechtsprechung der amerikanischen Bundesgerichte dargestellt. Untersucht werden zu diesem Zwecke insbesondere die über vierhundert bundesgerichtliehen forum non conveniens-Entscheidungen seit 1972. Der Piper Aircraft-Entscheidung des Supreme Court von 198Jl und ihren Auswirkungen wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Darstellung folgt eine Bewertung der amerikanischen forumnon conveniens-Lehre. Im zweiten Teil der Arbeit wird zunächst untersucht, inwieweit die Funktion derforumnon conveniens-Lehre im deutschen internationalen Zuständigkeitsrecht auf andere Art und Weise als durch eine Generalklausel eine Entsprechung findet. Im Anschluß daran wird die Frage nach dem Nutzen einer forum non conveniens-Generalklausel de lege ferenda für das deutsche Recht erörtert. Die amerikanische und deutsche Rechtsprechung und Literatur wurden berücksichtigt, soweit sie bis Anfang Mai 1994 veröffentlicht waren.

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Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235 (1981).

Erster Teil

Forum non conveniens im amerikanischen Recht § 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte Die Lehre vom forum non conveniens ist Teil des amerikanischen jurisdiction-Systems. Forum non conveniens-l..ehre und jurisdiction-Regeln ergänzen sich in Funktion und Ausgestaltung. Um das Zusammenspiel zwischen den beiden Aspekten des Zuständigkeitsrechts verstehen zu können, ist es erforderlich, sich ein Bild von den Regeln über die judicial jurisdiction bzw. internationale Zuständigkeit im amerikanischen Recht (A.) und die Rolle von Ermessensentscheidungen in diesem Bereich (B.) zu machen. Diese Punkte sollen daher zunächst näher dargestellt werden, bevor Inhalt und Funktion der forumnon conveniens-l..ehre erörtert werden (C.).

A. Jurisdiction und ihre Grundlage im amerikanischen Recht Ein amerikanisches Gericht darf nur dann eine Sachentscheidung treffen, wenn es "jurisdiction" hat. Zu unterscheiden sind subject-matter jurisdiction, die im deutschen Recht der sachlichen Zuständigkeit entspricht, und judicial jurisdiction oder territiorial jurisdiction 1, die am besten mit der Gerichtsbarkeit im Sinne des deutschen Rechts verglichen werden kann. Judicial jurisdiction hat zugleich enge Berührungspunkte mit der internationalen Zuständigkeit im Sinne des deutschen Rechts. Hat ein Gericht judicial jurisdiction, so ist es grundsätzlich auch international zuständig2. Während die internationale Zuständigkeit im deutschen Recht dem Prozeßrecht zugeordnet werden kann, ist die judicial jurisdiction im amerikanischen I Die Terminologie ist nicht einheitlich; mirunter wird auch von adjudicatory jurisdiction gesprochen. 2 Junker, IPRax 1986, 197, 199. Judicial jurisdiction dient in erster Linie der Zuständigkeitsabgrenzung der Bundesstaaten untereinander. Die Grundsätze der judicial jurisdiction werden aber auf die Frage der internationalen Zuständigkeit entsprechend angewandt. Daher ist es vertretbar, judicialjurisdiction mit internationaler Zuständigkeit zu übersetzen. Vgl. Junker, ebd.; Blum, Forum Non Conveniens, S. 20.

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

Recht in erster Linie ein verfassungsrechtliches Problem3 • Aufgeworfen wird die Frage, ob ein Gericht verfassungsrechtlich befugt ist, ein Urteil im konkreten Fall zu fällen4 • Die Ausübung von Gerichtsgewalt ist nach amerikaDiseher Auffassung nur zulässig, wenn dies mit der Due-Process-Klausel des 14. Amendment vereinbar ist5 • Was unter due process zu verstehen ist, wird in der Verfassung nicht präzisiert. Die inhaltliche Ausgestaltung dieses Prinzips erfolgte erst durch die Rechtsprechung des Supreme Court. Unabhängig von dieser verfassungsrechtlichen Schranke für die jurisdiction der Bundesgerichte sind die Bundesgerichte durch Rule 4 (e) FRCP vorbehaltlich anderslautenden Bundesrechts in ihrer Zuständigkeit beschränkt, da sie nur dann jurisdiction haben, wenn auch ein Gericht in dem Staat, in dem das Bundesgericht seinen Sitz hat, nach einzelstaatlichem Recht judicial jurisdiction hat6 • Daraus folgt, daß das Vorliegen von jurisdiction in zwei Schritten zu priifen ist. Zum einen muß eine rechtliche Grundlage existieren, auf die jurisdiction gestützt werden kann (Gesetz oder precedent), zum andem muß diese Grundlage verfassungsmäßig sein. Da die judicial jurisdiction Grundlage für die internationale Zuständigkeit amerikanischer Gerichte ist, soll die Entwicklung der Rechtsprechung zur judicial jurisdiction und Due-Process-Klausel im folgenden näher dargestellt werden. I. Power

Der Supreme Court hat die Grundzüge der traditionellen jurisdiction-Lehre 1878 in der Entscheidung Pennoyer v. Neff entwickelt. In dieser Entscheidung führte er die bis heute fortgeltende Dreiteilung der Klagearten im amerikanischen Recht ein. Dementsprechend unterscheidet man Klagen (actions) in personam, in rem und quasi in rem, die entsprechende jurisdiction voraus3 Hay, JZ 1977, 697; Junker, IPRax 1986, 197, 199. Der verfassungsrechtliche Ansatz in den Vereinigten Staaten wird deutlich, wenn man die jurisdiction Regel Kalifomiens betrachtet. Cal. Civ. Proc. Code § 410.10 lautet: "A court of this state may exercise jurisdiction on any basis not inconsistent with the Constitution of this state or of the United States." 4 Kane, Civil Procedure, S. 31 (1991). 5 Die Due Process Clause des 14. Amendments gilt nur für die Einzelstaaten. Die jurisdiction der Bundesgerichte wird über die Due Process Clause des 5. Amendments in gleicher Weise eingeschränkt. 6 S. Clermolll, 66 Comell L. Rev. 411, 427f. (1981). 7 Pennoyer v. Neff, 95 U.S. 714 (1878). Zu friiheren Quellen der Lehre vgl. Hazard, 1965 Sup. Ct. Rev. 241, 252ff.; Note, 73 Harv. L. Rev. 909, 915ff. (1960). S. a. Ehren;;weig, 65 Yale L.J. 289, 292 (1956), der bestreitet, daß das amerikanische Recht an alte common law Regeln über jurisdiction anknüpft; dagegen Levy, 78 Yale L.J. 52, 56 (1968).

A. Jurisdiction und ihre Grundlage im amerikanischen Recht

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setzen8 • In personam jurisdiction ist erforderlich, wenn dem Beklagten durch Urteil eine persönliche Haftung oder Verpflichtung auferlegt werden soll. In rem jurisdiction ist Voraussetzung für ein Urteil, das die Rechtslage einer Sache mit Wirkung gegenüber jedermann regeln soll. Schließlich ermöglicht quasi in remjurisdiction ein Urteil, das das Interesse eines Einzelnen an einer bestimmten Sache regelt; hierbei sind zwei Unterfälle zu unterscheiden: Zum einen der Fall, daß der Kläger ein bereits bestehendes (schuldrechtliches) Recht an der Sache realisieren möchte; zum anderen der Fall, daß der Kläger das Eigentum des Beklagten zur Befriedigung eines Anspruchs nutzen will, der mit der Sache selbst nichts zu tun hat (sog. attachment jurisdiction). Neben der Einführung der grundlegenden Klagearten begründete der Supreme Court in Pennoyer v. Neff aufbauend auf der Due-Process-Klausel den Rechtsgrundsatz, in jeder der genannten Klagearten sei Voraussetzung für ein Sachurteil, daß das entscheidende Gericht "power" über den Klagegegenstand (die Person des Beklagten oder eine seiner Sachen) habe9 • Ursprünglich war mit dem mittelalterlich anmutenden Ausdruck "power" Herrschaftsgewalt gemeint 10. Power wurde als gegeben angenommen, wenn die Person oder Sache, die Gegenstand des Rechtsstreits war, sich im Gerichtsstaat befand 11 . Denn nach hergebrachter Meinung hatte jeder Staat Souveränität über alle Personen und Sachen, die sich auf seinem Territorium befanden 12 . Klassische Grundlage für Herrschaftsgewalt insbesondere für in personam jurisdiction war neben der Anwesenheit (presence) auch die Zustimmung (consent) des Betroffenen. Presence und consent als Grundlage für judicial jurisdiction erwiesen sich im Laufe der Zeit als nicht ausreichend, um den Erfordernissen eines wachsenden Handels zwischen den Einzelstaaten Rechnung zu tragen13. Deshalb wurde der power-Begriff von der Rechtsprechung nach und nach ausgeweitet. So sollten auch Personen, die im Forumstaat ihr domicile 14 oder 8 Pennoyer v. Neff, 95 U.S. 714, 733f. (1878). Grundsätzliche Kritik an dieser Einteilung üben von Mehrentrrautman, 19 Harv. L. Rev. 1121, 1178f. (1966); sie halten die Dreiteilung für zu starr, als daß sie den policy considerations gerecht werden könnte, welche der Begründung von jurisdiction zugrunde liegen sollten. 9 Pennoyer v. Neff, 95 U.S. 714, 722 (1878). 10 Clermont, 66 Comell L. Rev. 411, 423 (1981). II MacDonald v. Mabee, 243 U.S. 90, 91 (1917): "The foundation of jurisdiction is physica1 power. • 12 Hierher rührt die gelegentlich verwendete Bezeichnung territorial jurisdiction, Clermont, 66 Comell L. Rev. 411, 413 (1981). 13 Hanson v. Denckla, 357 U.S. 235 (1958); Kane, Civil Procedure, S. 47 (1991); von Mehren. 63 Boston U.L. Rev. 279, 300 (1983). 14 Milliken v. Meyer, 311 U.S. 457 (1940).

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

die Staatsangehörigkeit des Forumstaates hatten15 , der jurisdiction dieses Staates unterliegen, unabhängig vom Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Klagerhebung. Ferner entschied die Rechtsprechung, für die Bejahung von "presence" bei Gesellschaften genüge es, daß diese als Beklagte bestimmte Handlungen im Gerichtsstaat vorgenommen habe. So sollte ausreichend sein, daß die beklagte Gesellschaft Handel getrieben (doing business) 16 oder eine unerlaubte Handlung begangen hatte17 . II. Minimum Contacts und long-arm statutes

1. Die International Shoe-Entscheidung

Die Tendenz zur extensiven Auslegung des Begriffs power in der Rechtsprechung führte schließlich zur Leitentscheidung International Shoe Co. v. Washington 18 • In dieser Entscheidung stellte der Supreme Court neben das traditionelle jurisdiction-Konzept, das auf dem Begriff power aufbaute, einen neuen Ansatz. Solle ein Beklagter, der sich nicht im Gerichtsstaat befindet, der in personam jurisdiction unterworfen werden, so verlange der Grundsatz des due process, daß der Beklagte bestimmte "minimum contacts" (Mindestkontakte) 19 zum Forumstaat habe; ferner dürfe die Durchführung eines Verfahrens gegen den Beklagten nicht gegen traditionelle Auffassungen von Fairneß und Gerechtigkeit verstoßen (reasonableness- oder fairnessTest)20. Durch diese Entscheidung wurde einer allzu extensiven Interpretation des power-Begriffs ein Riegel vorgeschoben21 . Gleichzeitig machte der Supreme Court in International Shoe aber deutlich, daß minimum contacts 15 Blackmer v. United Stares, 284 U.S. 421 (1932). 16 Henry L. Doherty & Co. v. Goodman, 294 U.S. 623 (1935). 17 Olberding v. lllinois Centrat R.R., 346 U.S. 338, 340f. (1938); s. a. Clermant, 66 Comell L. Rev. 411, 415 (1981), der weitere Beispiele für die Ausweitung des Begriffspower nennt. 18 International Shoe Co. v. Washington, 326 U.S. 310 (1945). 19 "Minimum contacts" sind nicht gleichbedeutend mit "minimal contacts". Daher ist die Übersetzung Minimalkontakte nicht korrekt; unzutreffend insoweit Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 92. 20 Ebd. 316: "... due process requires only that in order to subject a defendant to ajudgment in personam, if he be not present within the territory of the forum, he have certain minimum contacts with it such that the maintenance of the suit does not offend 'traditional notions of fair play and substantial justice'. • - Die Terminiologie in diesem Zusammenhang ist uneinheitlich. Statt von minimum contacts ist zuweilen von power oder von nexus die Rede; statt reasonableness wird mitunter der Begriff faimess verwendet. Der Begriff reasonableness spielt gelegentlich aber auch auf das Konzept der minimum contacts an. Vgl. hieJZu Schack. Jurisdictional Minimum Contacts Scrutinized, S. 23ff. 21 von Mehren, 63 Boston U.L. Rev. 279, 286 (1983).

A. Jurisdiction und ihre Grundlage im amerikanischen Recht

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nicht ausschließlich durch presence hergestellt werden können. Die Entscheidung führte so zu einer Liberalisierung des Zuständigkeitsrechts22. Ob der Beklagte Mindestkontakte zum Forumstaat hat, die es erlauben, gegen ihn ein Verfahren durchzuführen, hängt dem Supreme Court zufolge davon ab, in welchem Umfang der Beklagte von dem Privileg Gebrauch gemacht hat, im Forumstaat Aktivitäten zu entfalten und so die Vorteile und den Schutz der Gesetze des Forumstaates zu genießen23. Dem Fairneß-Gedanken, dem zweiten Teil des vom Supreme Court aufgestellten Tests, sei ausreichend Rechnung getragen, wenn man vernünftigerweise vom Beklagten erwarten könne, daß er sich gegen eine erhobene Klage im Forumstaat verteidige24. Kriterium hierfür ist u. a., inwieweit bei einem Verfahren im Gerichtsstaat der convenience des Beklagten Rechnung getragen werden kann. Im Vordergrund steht insoweit der Schutz des Beklagten2S. Sowohl minimum contacts- als auch fairness- bzw. reasonableness-Test dienen der Beschränkung der jurisdiction und damit dem Schutz des Beklagten. Die Klärung der Frage, wieviel Aktivitäten des Beklagten erforderlich sind, damit jurisdiction verfassungsgemäß angenommen werden kann, sollte noch zahlreiche nachfolgende Entscheidungen erfordern. In International Shoe machte der Supreme Court aber bereits deutlich, daß die Intensität der Kontakte zum bzw. der Aktivitäten im Forumstaat im Zusammenhang mit der Enge der Beziehung zwischen dem Klaggegenstand und der Art der Aktivitäten zu sehen sei26 . Ein zufatliger Kontakt zum Forumstaat reiche nicht aus, um jurisdiction für eine Klage zu begründen, die in keinem Zusammenhang zu diesem Kontakt stehe. Dauerhafte und intensive Kontakte zum Forumstaat seien demgegenüber, auch bei non-residents grundsätzlich ausreichende Grundlage für jurisdiction bei allen Klagen, die eine Zusammenhang zu diesen Beziehungen aufwiesen27.

2. Folgen der International Shoe-Entscheidung Durch die International Shoe-Entscheidung wurden die Einzelstaaten bezüglich der jurisdiction über non-residents aus den teilweise engen 22 Leflar et al., Conflicts of Law. S. 153 (1986). 23 Interno.tional Shoe Co. v. Washington, 326 U.S. 310, 319 (1945). 24 Ebd. 317. 25 Ebd. 317; s. a. World-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 U.S. 286, 292 (1980).

26 lnterno.tional Shoe Co. v. Washington, 326 U.S. 310, 317 (1945). 27 Ebd.; das Gericht sprach nicht die Fälle an, in denen der Beklagte engen Kontakt zum

Forumstaat hat, die Klage aber in keinem Bezug zu diesen Kontakten steht.

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

verfassungsrechtlichen Schranken entlassen, in die sie durch die Pennoyer v. Ne.ff-Entscheidung verwiesen worden waren28 . Von der neuen Freiheit machten die Staaten Gebrauch, indem sie weitreichende long-arm statutes verabschiedeten. Diese Gesetze zählten, je nach Bundesstaat mehr oder weniger großzügig, Aktivitäten auf, welche ausreichen sollten, um einen Beklagten der in personam jurisdiction zu unterwerfen29 . Einige Staaten gingen soweit, die Ausübung von jurisdiction immer dann zuzulassen, wenn dies nicht gegen die Verfassung des Bundes und die des eigenen Staates verstoße30 . Die long-arm statutes führten zu weiteren Verfahren vor dem Supreme Court, in denen die verfassungsrechtlichen Grenzen für die Annahme von jurisdiction zu klären waren. 3. Weitere Entwicklung der Rechtsprechung des Supreme Court

Zunächst sah es so aus, als solle die traditionelle power-Lehre zugunsten einer flexibleren reasonableness-Lehre aufgegeben werden, bei der die Interessen aller Beteiligten gegeneinander abgewogen werden, ohne daß starre Regeln zur Anwendung kommen31 . Die Bereitschaft, auf das Vorliegen von power im herkömmlichen Sinne zu verzichten, wurde u. a. in McGee v. International Life lnsurance Co. sichtbar. Dort stützte sich das oberste Gericht ausschließlich auf reasonableness-Erwägungen, um die Verfassungsgemäßheil von jurisdiction in einem Fall zu bejahen, in dem der einzige Kontakt des Beklagten zum Forumstaat darin bestand, daß er Versicherungsverträge in den Gerichtsstaat gesandt hatte32 • In Hanson v. Denckla33 stellte der Supreme Court aber klar, daß der Begründung von jurisdiction über non-residents engere Grenzen gesetzt seien. Die Due-Process-Klausel der Verfassung verlange nicht nur, daß der "convenience" des Beklagten und der anderen Verfahrensbeteiligten ausreichend Rechnung getragen werde. Darüber hinaus sei unerläßlich, daß der Beklagte ausreichende "minimum contacts" mit dem Forumstaat gehabt habe, 28 Vgl. Leflar et al. , Conflicts of Law, S. 153 (1986). 29 Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 316f. (1992); Leflar et al., Conflicts of Law, S. 107 (1986). 30 S. z. B. Califomien: Cai.Civ.Proc. Code§ 410.10, Wonlaut abgedruckt aufS. 24, FN 3; s. a. Rhodes lsland: R.I.Gen.L. § 9-5-33. 31 s. Mullane v. Cenrral Hanover Bank & Trust Co., 339 U.S. 306, 312f. (1950), wo der traditionelle Ansatz als überholt eingestuft wird. 32 McGee v. International Life lnsurance Co., 355 U.S. 220, 223f. (1957). 33 Hanson v. Denckla, 357 U.S. 235 (1958).

A. Jurisdiction und ihre Grundlage im amerikanischen Recht

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da andernfalls die territorialen Herrschaftsbeschränkungen der Staaten einer Ausübung von jurisdiction entgegenstünden34 . Reasonableness allein reiche nicht aus, um eine Grundlage für jurisdiction zu Iiefern35 . In Shaffer v. Heitner36 wurden die beiden Ansätze von Pennoyer v. Nef/und International Shoe, power und reasonableness, schließlich verbunden37 • Auf der Grundlage der traditionellen jurisdiction-Lehre erklärte der Supreme Court in dieser Entscheidung, daß der für die in personam jurisdiction entwickelte Grundsatz, demzufolge die Ausübung von in personam jurisdiction "minimum contacts" voraussetze und "reasonable" zu sein habe, auch für die in rem und die quasi in rem jurisdiction gelten müsse38 . Belegenheil von Eigentum des Beklagten im Forumstaat sei für sich allein keine ausreichende Grundlage für die Begründung von jurisdiction bei Klagen, die keinen Bezug zur Sache selbst haben39 ; auch in diesen Fällen sei erforderlich, daß die Ausübung von jurisdiction reasonable und fair sei. Mit dieser Entscheidung verlor die quasi in rem jurisdiction in der Unterform der attachment jurisdiction - des amerikanischen Pendants zum deutschen Vermögensgerichtsstand zumindest für Inlandsfälle ihre Bedeutung. Nach Shaf!er war für alle Arten von jurisdiction (nicht nur für in personam sondern auch für in rem und quasi in rem jurisdiction) neben "power" auch "reasonableness" erforderlich. 34 Ebd. 251: " Those restrictions [on personal jurisdiction] are more than a guarantee of immunity from inconvenient or distant Iitigation. They are a consequence of a territorial Iimitation on the power of the respective States. However minimal the burden of defending in a foreign tribunal, a defendant may not be called upon to do so unless he has bad the "minimal contacts • with that State that are a prerequisite to its exercise of power over him." World-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 U.S. 286, 292 (1980): "The concept of minimurn contacts ... protects the defendant against the burdens of Iitigation in a distant and inconvenient forum." International Shoe Co. v. Washington, 326 U.S. 310, 317 (1945). 35 Kritisch hierzu McDougal, 35 Vand L. Rev. 1, 8ff. (1982), der meint, das Festhalten am Erfordernis der minimum contacts führe zu unbefriedigenden Ergebnissen, da es die Möglichkeit, jurisdiction zu begründen, zu sehr einschränke. 36 Shaffer v. Heitner, 433 U.S. 186 (1977). 37 Clermont, 66 Comell L. Rev. 411, 419ff. (1981); von Mehren, 63 Boston U.L. Rev. 279, 281 und 284 (1983). S. a. Restatement (Second) of Conjlicts of Law, S. 121 (1971), in dem beide Ansätze nebeneinander gestellt werden: So lautet § 24(1): •A state has power to exercise judicial jurisdiction over the person if the person' s relationship to the state is such as to make the exercise of such jurisdiction reasonable." § 28 lautet: "A state has power to exercise judicial jurisdiction over an individual who is present within its territory, whether permanently or temporarily. • 38 Shaffer v. Heitner, 433 U.S. 186, 207 (1977): "The case for applying to jurisdiction in rem the same test of 'fair play and substantial justice' as govems assertions of jurisdiction in personamissimple and straightforward. • S. a. McDougal, 35 Vand L. Rev. 1. 4 (1982). 39 Etwas anderes mag aber gelten, wenn ein anderes Gericht als das der belegenen Sache dem Kläger [in den USA] nicht zur Verfügung steht, Shaffer v. Heitner, 433 U.S. 186, 216 FN 37 (1977); s. hierzu Note, 12 Comell Int'l. L.J. 67 (1979). Zu weiteren, fortbestehenden Anwendungsbeispielen für attachment jurisdiction s. Clermont, 66 Comell L. Rev. 411, 426 (1981).

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

Das in Shaffer zu Tage getretene Bemühen des Supreme Court, dem Ausufern von jurisdiction entgegenzutreten, wurde in nachfolgenden Entscheidungen fortgeführt40. Die Erfordernisse von "purposeful conduct" (auf den Forumstaat zielende Aktivitäten) und "reasonableness" sollten auch weiterhin eine bedeutende Schranke für die Eindämmung der staatlichen jurisdiction sein. So stellte der Supreme Court in World-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson fest, daß bei einer Klage, die auf einen Autounfall in Oklahoma zurückging, gegenüber dem New Yorker Autohändler und dem regionalen Großhändler keine jurisdiction gegeben sei; denn keiner der beiden Beklagten habe versucht, zielgerichtet (purposefully) den Markt in Oklahoma zu bedienen. Beide Beklagten hätten ihre Aktivitäten lediglich auf den regionalen Markt gerichtet. Es sei nicht ausreichend, daß sie möglicherweise Einkommen und somit Vorteile aufgrund des Umstandes erzielten, daß die Autos, die sie vermarkteten, mobil waren und daher auch in Oklahoma gebraucht werden konnten. Die einseitige Handlung des Klägers, den gekauften Wagen nach Oklahoma zu fahren, reiche ebenfalls nicht aus, um den erforderlichen minimum contact zum Gerichtsstaat zu begründen41 . In einer späteren Entscheidung machte der Supreme Court allerdings deutlich, daß für international tätige Produzenten ein strengerer Maßstab gilt, wenn sie bewußt in den amerikanischen Markt eintreten, um dort Gewinn zu erzielen. In derartigen Fällen sei auch durch Produktionstätigkeit und Export ins Ausland ein ausreichender Kontakt gegeben, auf den jurisdiction über den Produzenten gestützt werden könne42 . In einem solchen Fall müsse der Produzent nämlich damit rechnen, daß er sich unter Umständen in einem anderen Staat vor Gericht zu verteidigen habe, denn dann sei vorhersehbar, daß das eventuell defekte, vermarktete Produkt mit dem Handelsstrom (strearn of commerce) in den Gerichtsstaat gelange. Im konkreten Fall wurde aber der reasonableness-Test zur Rettung für den Beklagten. Nach dem Vergleich der Hauptparteien ging es nur noch um den Regreßanspruch eines taiwanesischen Reifenherstellers, der seine Reifen u. a. nach Kalifomien exportiert hatte, 40 Kulko v. Superior Coun, 436 U.S. 84 (1978) (Der Supreme Coun verneinte die personal jurisdiction, die darauf gestützt worden war, daß der in New York lebende Vater dem Wunsch seiner Tochter zugestimmt hatte, bei ihrer Mutter in Kalifomien leben zu dürfen. Der Beklagte, so das Gericht, habe damit nicht "benefits and protection" des kalitomisehen Rechts in Anspruch genommen.); Rush v. Savchuk, 444 U.S. 320 (1980) (Der Supreme Coun ließ die Belegenheit einer Versicherungsforderung nicht als Grundlage fiir jurisdiction genügen.); World-Wide Volkswagen Corp. ·v. Woodson, 444 U.S. 286 (1980). 41 World-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 U.S. 286, 298f. (1980). Wie bezüglich des international tätigen Herstellers und des lmponeurs in den Vereinigten Staaten, die ebenfalls verklagt worden waren, zu entscheiden gewesen wäre, blieb offen, da diese nicht gegen die Ausübung von jurisdiction durch Oklahoma vorgegangen waren. 42 Asahi Metal /ndustry Co. v. Superior Coun, 480 U.S. 102 (1987), besprochen von Dethloff, NJW 1988, 2160.

A. Jurisdiction und ihre Grundlage im amerikanischen Recht

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gegen einen japanischen Ventilhersteller. Unter diesen Umständen, meinte der Supreme Court, es sei unvernünftig (unreasonable), diesen Fall durch kalifornisehe Gerichte entscheiden zu lassen43. Spiegelbildlich zur Beschränkung der jurisdiction über einen lokalen Händler entschied der Supreme Court in Helicopteros Nacionales de Colombia v. Hall44 , daß es für die Begründung der jurisdiction über einen non-resident nicht ausreiche, daß dieser Käufe im Forumstaat getätigt habe, soweit die Klage nicht mit diesen Käufen zusammenhänge. Anders soll es sich aber verhalten, wenn ein auswärtiger Beklagter gezielt einen Langzeitvertrag aushandelt, der dauerhaften Bezug (contact) zum Gerichtsstaat vorsieht und die Klage gegen ihn aus diesem Vertrag erwächst. In einem solchen Fall kann der Beklagte nicht vorbringen, er habe eine Klage gegen sich im Gerichtsstaat nicht vorhersehen können; vielmehr hat er durch seine Aktivitäten eine ausreichende Basis hergestellt, um ihn der jurisdiction des Gerichtsstaat zu unterwerfen45 . 111. Zusammenfassung Versucht man die Quintessenz aus den zahlreichen Entscheidungen zu ziehen, die zur Verfassungsmäßigkeit der jurisdiction ergangen sind, so kann man folgende Feststellungen treffen. Die neuere Rechtsprechung gestattet die Ausübung von jurisdiction, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen müssen "minimum contacts" zwischen Beklagtem und Gerichtsstaat bestehen (modifizierter power-Test), zum anderen muß es "fair" bzw. "reasonable" sein, jurisdiction über den Beklagten auszuüben. Ob das erforderliche Maß an Mindestkontakten gegeben ist, hängt davon ab, wie eng und dauerhaft die Beziehung ist, die der Beklagte zum Forumstaat unterhält bzw. unterhielt und davon, wie eng diese Beziehungen mit dem Gegenstand der Klage verknüpft sind. Sind die unterhaltenen Beziehungen 43 Anders entschied der Supreme Coun hinsichtlich der sogenannten transient jurisdiction, bei der die vorübergehende Anwesenheit im Forumstaat als Grundlage für jurisdiction reicht. In derartigen Fällen neigt der Supreme Coun dazu anzunehmen, es sei dem Beklagten gegenüber nicht "unreasonable" oder "unfair", jurispiction auszuüben, Burnham v. Superior Coun, 495 U.S. 604, 62lf. (1990). Als Grund wurde u. a. angeführt, die transient jurisdiction sei "firmly embedded in the American legal tradition." Kritisch hierzu Hay, 1990 U. Ill. L. Rev. 593, 599 (1990); Otte, IPRax 1991, 263, 267; s. a. Peterson, IPRax 1991, 267. 44 Helicopteros Nacionales de Colom!Jiq v. Hall, 466 U .S. 408 (1984). Mit dieser Entscheidung trug das Gericht der Sorge der ameri~~Jnischen Regierung Rechnung, daß extensive jurisdiction wirschaftliehe Nachteile für die Vereinigten Slaaten mit sich bringen könne; so Friedrich, 26 Harv. Int. L.J. 630, 634f. (1985). 45 Burger King Corp. v. Rudzewicz, 471 U.S . .462 (1985).

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

lediglich von vorübergehender und eher zufälliger Natur, so mag es für eine Klage selbst dann an der nötigen jurisdiction fehlen, wenn sie im Zusammenhang mit dieser flüchtigen Beziehung zum Gerichtsstaat steht. Auf der anderen Seite gilt, soweit der Beklagte enge Verbindungen zum Gerichtsstaat unterhält, ist es auch zulässig, in diesem jurisdiction bezüglich solcher Klagen anzunehmen, die in keinem Zusammenhang mit den unterhaltenen Beziehungen stehen46 . Liegen die erforderlichen Mindestkontakte vor, so kann jurisdiction ausgeübt werden, es sei denn, daß es unfair wäre, den Beklagten der jurisdiction des Gerichtsstaates zu unterwerfen47 . Ob dies der Fall ist, ist durch Abwägen der Interessen aller Beteiligten, d. h. des Beklagten, des Klägers und der Öffentlichkeit zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind hier u. a. die Belastungen, die ein Verfahren am Gerichtsort für den Beklagten bedeuten würde48 • Dabei ist ein Wechselspiel zwischen contacts und faimess zu beobachten. Je enger der Kontakt des Beklagten zum Forumstaat ist, desto eher wird die Hürde desfaimess-Tests genommen werden und umgekehrt49 • B. Ermessen bei der Bestimmung und Ausübung von jurisdiction I. Traditionelle Lehre

"[The courts] have no right to decline the exercise of jurisdiction which is given, then to usurp that which is not given. The one or the other would be

46 Vgl. Helicopteros Nacionales de Colombia v. Hall, 466 U.S. 408 (1984); in dieser Entscheidung knüpfte der Supreme Coun an die Unterscheidung zwischen generat jurisdiction und specific jurisdiction an, wie sie von von Mehren/Trautman vorgeschlagen worden ist, 79 Harv. L. Rev. 1121, 1136ff., 1144ff. ( 1966). General jurisdiction setzt enge Kontakte zum Forumstaat voraus, nicht aber, daß die Klage mit diesen Kontakten im Zusammenhang steht. Specific jurisdiction setzt voraus, daß die Klage auf bestimmte Kontakte des Beklagten zum Forumstaat Bezug nimmt, begnügt sich dafür aber mit weniger engen Kontakten. 47 Der Beklagte hat insoweit die Behauptungs- und Beweislast, Burger King v. Corp. v. Rudzewicz, 471 U.S. 462, 477 (1985). 48 McGee v. International Life /nsurance Co., 355 U.S. 220, 223 (1957); Burger King v. Corp. v. Rudzewicz. 471 U.S. 462, 483f. (1985): "The Court has suggested that inconvenience may at some point become so substantial as to achieve constitutional magnitude. • 49 Burger King v. Corp. v. Rudzewicz. 471 U.S. 462, 484 (1985). S. a. World-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 U.S. 286, 292 (1980): "The concept of minimum contacts ... protects the defendant against the burdens of Iitigation in a distant and inconvenient forum. • Das Wechselspiel zwischen minimum contacts- und reasonableness- bzw. fairness-Test führt dazu, daß die beiden Tests nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden.

8. Ermessen bei der Bestimmung und Ausübung von jurisdiction

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treason to the Constitution. "50 . Dieses Zitat von Chief Justice Marshall verdeutlicht, daß im letzten Jahrhundert jurisdiction und Ermessen als zwei unversöhnliche Dinge betrachtet wurden51 . Das Denken der Bundesgerichte war beherrscht von der traditionellen power-Lehre, die keinen Platz für Ermessenserwägungen bei der Begründung oder Ausübung von jurisdiction vorsah. Die Regeln über judicial jurisdiction wurden vielmehr in einer mechanischen und neutralen Weise und ohne Ermessensspielraum ausgeübt52 . Wertende Entscheidungen im Zusammenhang mit jurisdiction Fragen waren weitestgehend undenkbar53 ; derartige Fragen wurden nach einem Schwarzweiß-Muster beantwortet54. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sind die Fälle aus dem Bereich der bundesgerichtliehen Adrnirality-Rechtsprechung, in denen die Gerichte sich weigerten, bestimmte Streitigkeiten - namentlich unter Ausländern - zu hören55 . Grundlage für Ermessen der Gerichte war in derartigen Fällen die ermessensbestimmte Natur der Equity-Gerichtsbarkeit56 , zu der die Adrnirality-Fälle gehörten57 . Wie es im Ermessen eines Equity-Gerichts stand, ein equitable remedy zuzusprechen, so stand es auch im Ermessen des Gerichts, seine Zuständigkeit überhaupt wahrzunehmen5 8 • Nachdem common law und equity durch die Rules of Civil Procedure von 1938 verschmolzen worden waren, verlor die Unterscheidung zwischen 50 Cohens v. Virginia, 6 Wheat 264, 304 (1821). S. a. Hyde v. Stone, 61 U.S. (20 How.) 170, 175 (1857): "The courts of the United States are bound to procede to judgment and to afford redress to suitors beford them in every case to which their jurisdiction extends. • Justice Black sprach sich in seiner dissenting opinion in Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 513 (1947), unter Bezugnahme auf die beiden zitierten Entscheidungen gegen die Einführung einer forum non conveniens-Lehre aus. 51 Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380, 394 (1947). 52 von Mehren, 63 Boston U.L. Rev. 279, 286 und 303 (1983). S. a. McAllen, 13 Soutitern Ill. U.L. Rev. 191, 195 (1982). In anderem Kontext ist Ermessen der Tatsacheninstanz den amerikanischen Gerichten durchaus nicht unbekannt, s. Friendly, 31 Emory L.J . 747, 773ff. (1982) 53 Zu vereinzelten Ausnahmen s. Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380, 395 (1947). 54 Kulko v. Superior Court ofCalifornia, 436 U.S. 84,92 (1978). 55 s. z. 8. Mason v. Ship Blaireau, 2 Cranch 240. 264 (U.S. 1804). 56 McAllen, 13 Southem Ill. U.L. Rev. 191, 231 (1982). Zur Entstehung und Natur der Equity s. James, English Law, S. 29ff. (1989). 57 Auf diese Überlegung stützte Justice Black seine dissenting opinion in Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 514 (1947): • ... courts of admirality act upon enlarged principles of equity. • 58 Trotz des Ermessens der Admirality-Gerichte, in bestimmten Fällen keine Sachentscheidung zu treffen, sollen die Admirality-Fälle nicht als Ursprung der forum non conveniens-Lehre anzusehen sein; so ausdrücklich der Supreme Court in American Dredging Co. v. Miller, 114 S. Ct. 981, 986 (1994). 3 Dorsel

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

beiden Rechtsquellen allerdings ihre Tragfähigkeit als Grund dafür, Ermessen der Admirality-Gerichte hinsichtlich der Ausübung von jurisdiction zu bejahen, ein ebensolches Ermessen für andere Gerichte aber zu verneinen. Dieser Umstand begünstigte die Ausweitung des richterlichen Ermessens innerhalb des jurisdiction-Systems. Anders als bei den Bundesgerichten verhielt es sich bei den Gerichten einiger Einzelstaaten. Seit 1817 lassen sich Fälle nachweisen, in denen einzelstaatliche Gerichte für sich in Anspruch genommen haben, Ermessen hinsichtlich der Frage zu haben, ob sie ihre jurisdiction ausüben wollen59 • Gegenstand entsprechender Fälle waren regelmäßig Streitigkeiten zwischen Ausländern oder non-residents. Die Selbstverständlichkeit, mit der einige Gerichte die Ausübung ihrer jurisdiction ablehnten, wird in der Entscheidung Discanto-Gesellschaft v. Umbreit deutlich. Dort führte das Gericht aus: "To hold that two foreigners may import, bodily, a cause of action, and insist, as a matter of right, that taxpayers, citizens, and residents shall await the lagging steps of justice in the anteroom while the court hears and decides the foreign controversy, seems, on the face of it, to be unreasonable, if not absurd. "60 II. Moderne Lehre

Einen Wandel hinsichtlich der Zurückhaltung der Bundesgerichte, Ermessen im Rahmen der jurisdiction-Frage zuzulassen, brachte die Entscheidung International Shoe Co. v. Washington, durch die der Supreme Court die als zu starr empfundene traditionelle jurisdiction-Lehre um einen flexibleren Ansatz ergänzte. Der Supreme Court eröffnete den Gerichten mit der Einführung des minimum contacts-Konzepts durch diese Entscheidung die Möglichkeit, jurisdiction auch in Fällen anzunehmen, in denen die Gerichte wegen der teils zu geringen Reichweite der ursprünglichen Pennoyer-Rule61 bisher keine Möglichkeit hatten, sich für zuständig zu erklären. Gleichzeitig beschränkte der Supreme Court die Reichweite der traditionellen jurisdiction-Lehre, indem er den bereits erwähnten reasonableness-Test aufstellte62 . Das mit der International Shoe-Entscheidung eingeführte Konzept für jurisdiction war geprägt durch auslegungsbedürftige Begriffe wie "purposeful conduct", 59 Gardener v. 'Ihomas, 14 Johns 134, 138 (N.Y. 1817) (zitiert nach Blair, 29 Col. L. Rev. 1, 3 (1929); w. N. ebd.). Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 914f. (1947). 60 Discanto-Gesellschaft v. Umbreit, 127 Wis. 651, 662; 106 N.W. 821, 823 (1906), aff'd., 208 U.S. 570 (1908). Aus heutiger Sicht ist diese Entscheidung ein Beispiel für die Lehre vom forumnon conveniens; diese Lehre war zum Zeitpunkt des Urteils aber noch nicht im amerikanischen Rech! etabliert. 61 Vgl. S. 24ff. 62 s. oben S . 26.

C. Forum non conveniens

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"reasonableness" und "fairness". Diese Begriffe brachten unweigerlich einen gewissen Spielraum für die Gerichte mit sich, über die Reichweite ihrer jurisdiction zu entscheiden63. Die Entscheidung entsprach dem damals aufkommenden Bestreben des Supreme Court, den Gerichten mehr Flexibilität bei ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit Zuständigkeitsfragen zu ermöglichen. Diesem Bestreben entsprach auch die Gilbert-Entscheidung, die nur zwei Jahre nach der International Shoe-Entscheidung erging. Sie griff einen anderen Kritikpunkt an den jurisdiction-Regeln auf. Bereits die traditionelle jurisdiction-Lehre war kritisiert worden, da sie keinen Raum für Überlegungen bezüglich der Geeignetheil des Gerichtsortes ließ64 . Hier brachte die moderne jurisdiction-Lehre des Supreme Court zwar einen Wandel, da ihr zufolge ein verfassungsrechtlich gebotenes Mindestmaß an convenience gewährleistet sein mußte. Auch dieser Ansatz ließ aber Wünsche offen, da er keine Möglichkeit vorsah, die bessere Eignung eines alternativ zuständigen Gerichts zu berücksichtigen. Abhilfe zugunsten einer flexibleren Handhabung in dieser Hinsicht sollte die Lehre vom forum non conveniens schaffen, welche den Gerichten bei der Frage Ermessen einräumt, ob an sich gegebene jurisdiction auszuüben sei. C. Forum non conveniens Die verschiedenen Einzelstaaten haben in unterschiedlichem Maße großzügig von ihrer Freiheit Gebrauch gemacht, die Grenzen ihrer jurisdiction zu bestimmen. Eine Selbstbeschränkung bei der Zuständigkeitsregelung dahingehend, daß zuständig immer nur ein Gericht sein sollte, welches im Vergleich zu alternativen Gerichten als forum conveniens angesehen werden kann, erfolgte nicht65 • Für die Bejahung von jurisdiction spielt die bessere Eignung eines anderen Gerichts vielmehr keine Rolle. Es kommt daher nicht selten vor, daß sich ein angerufenes Gericht für zuständig erklären muß, da alle verfassungsrechtlichen und einfachgesetz63 s. Kulko v. Superior CourtofCalifomia, 436 U.S. 84,92 (1980): "Like any standard that requires a standard of 'reasonableness', the 'minimum contacts' test of International Shoe is not susceptible to mechanical application: rather the facts of each case must be weighed to determine whether the requisite 'affiliating circumstances' are present. We recognize that this determination is one in which few answers will be written in black and white. The grays are dominant and even among them the shades arc innumerable". 64 von Mehren, 63 Boston U.L. Rev. 279, 286 (1983). 65 Für ein Zuständigkeitssystem, das auf dem "forum conveniens" basiert, plädiert Ehrenzweig, 65 Yale L.J. 289, 312 (1956). Kritisch dazu Morley, Nw. U.L. Rev. 24, 35 (1973).

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

liehen Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbegründung erfüllt sind, obwohl es im Vergleich zu einem anderen, ebenfalls zuständigen ausländischen Gericht weniger geeignet ist, eine Streitentscheidung herbeizuführen6(i. In derartigen Fällen greifen die Gerichte auf die Lehrevomforum non conveniens zurück. I. Inhalt

Derforum non conveniens-Lehre zufolge hat ein Gericht Ermessen, die Ausübung seiner Zuständigkeit abzulehnen, obwohl alle rechtlichen Voraussetzungen für jurisdiction gegeben sind67 . Voraussetzung ist, daß dem Kläger ein anderes Gericht zur Verfügung steht, das besser geeignet (more convenient) ist, den konkreten Streitfall zu entscheiden als das zuerst angerufene Gericht68 . Zentraler Prüfungspunkt bei einerforumnon conveniens-Entscheidung ist daher, ob ein anderes, ebenfalls zuständiges Gericht, "more convenient" ist. Die Frage, ob das angerufene Gericht convenient ist, spielt bereits bei der Frage eine Rolle, ob das Gericht jurisdiction hat69 . In diesem Kontext kommt der Überlegung, welche Unannehmlichkeiten (inconveniences) eine Klage im Gerichtsstaat für den Beklagten oder die anderen Verfahrensbeteiligten mit sich bringen würde, allerdings nur eine sehr beschränkte Aufgabe zu. Funktion des minimum contacts- und des faimess-Tests - in deren Rahmen die Überlegungen zur convenience angestellt werden - ist lediglich, die Wahrung eines verfassungsrechtlich absolut gebotenen Mindeststandards sicherzustellen. Nur selten wird man zu dem Ergebnis gelangen, daß die inconvenience, 66 Friedenthal/Kane!Miller, Civil Procedure, S. 88 (1985); Major-Duval, 77 Comell L. Rev. 650, 669 (1992). -Anders verhält es sich freilich, wenn man wie der Supreme Court of Califomia bei der Frage, ob jurisdiction gegeben ist, überlegt, "whether, from a standpoint of the logical and orderly distribution of interstate Iitigation, the forum State is what Profesor Ehrenzweig called a 'forum conveniens' ." Buckeye Boiler v. Superior Coun, 71 Cal.2d 893, 899; 458 P2d 57, 62 (1969). Ähnlich Comelison v. Chaney, 16 Cal.3d 143, 148; 545 P2d 264, 268 (1976). Unterstützung findet der Ansatz des Supreme Court of Califomia bei Stewan, 74 Cal. L. Rev. 1259, 1324 (1986). Kritisch dagegen der Supreme Coun of Wisconsin in Lau v. Chicago & N. W. Ry, 111 N.W.2d 158, 161 (1961): "[T]o determine jurisdiction as if it involved the doctrine of forumnon conveniens can only Iead ... to confusion and error." 67 GulfOil Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501, 507 (1947): "The principle offorum non conveniens is simply that a court may resist imposition upon its jurisdiction even when jurisdiction is authorized by the Ietter of a generat venue statute." 68 Ebd. 507f. 69 Vgl. S. 27. S. a. WolinskY. 47 U. Chi. L. Rev. 352, 378 (1980). Major-Duval, 77 Comell L. Rev. 650, 665 (1992); Ehrenzweig, 65 Yale L.J . 289, 312 (1956); Stewan, 74 Cal. L. Rev. 1259, 1324 (1986), meint deshalb, derforumnon conveniens-Lehre komme nur eine "repetitive role" zu.

C. Forum non conveniens

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die sich für den Beklagten oder andere Personen aus der Wahl des Gerichtsortes ergibt, die geltend gemachte Zuständigkeit verfassungswidrig werden läßfO. Von der Frage, ob ein Gericht jurisdiction hat, wird die Frage unterschieden, ob ein Gericht gegebene jurisdiction ausüben muß. Sie wird im Rahmen der forum non conveniens-Untersuchung erörtert. Bei dieser Untersuchung wird ein relativer Maßstab bezüglich der Eignung (convenience) des angerufenen Gerichts angelegt, der strenger ist als der verfassungsrechtlich gebotene. Anders als bei der Frage, ob der Staat von Verfassungs wegen jurisdiction hat, ist Voraussetzung für eine positive forum non conveniensEntscheidung, daß ein anderes Gericht zuständig ist, das die Klage an Stelle des angerufenen Gerichts entscheiden könnte. Unter dieser Prämisse ist es zulässig, höhere Anforderungen an die Geeignetheit des angerufenen Gerichts zu stellen. II. Funktion

Der bei der forum non conveniens-Untersuchung angelegte Maßstab bezüglich der Eignung des angerufenen Gerichts gibt Aufschluß über die Funktion der forum non conveniens-Lehre. Funktion der Lehre ist es, die relative Eignung des angerufenen Gerichts zur Streitentscheidung zu sichern. Die relative Eignung des Gerichts wird in Bezug auf konkurrierende internationale (bzw. einzelstaatliche) Zuständigkeiten festgestellt. Durch die Berücksichtigung der relativen Eignung des angerufenen Gerichts sollen Härten für die Beteiligten eines Verfahrens - insbesondere für den Beklagten und das angerufene Gericht, aber auch für etwaige Zeugen vermieden werden, die sich aus der Wahl eines ungeeigneten Gerichts durch den Kläger ergeben können71 . Das Mittel, mit dem dieses Ziel erreicht werden soll, ist das Ermessen, das den Gerichten erlaubt, im Einzelfall auf die Ausübung ihrer Zuständigkeit zu verzichten, soweit sie für die Streitentscheidung im Vergleich mit einem alternativen Forum relativ ungeeignet sind. 111. Nebenfolge

Neben diese Funktion der forum non conveniens-Lehre tritt das weitere Motiv, dem in den Vereinigten Staaten so verbreiteten wie ungeliebten forum 70 Burger King v. Corp. v. Rudzewicz, 471 U.S. 462, 484 (1985). 71 Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 373f. (1992).

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

shopping zu begegnen72 • In manchen Entscheidungen wird dieses Motiv als gewünschte Nebenfolge nicht aber als eigentliches Ziel der forum non conveniens-Lehre dargestellt13.

Die Abneigung gegen forum shopping ist bereits in relativ frühen Entscheidungen des Supreme Court zu erkennen74 . In Piper Aircraft kommt zum Ausdruck, forum shopping verursache unnötig teure und ineffiziente Streitverfahren, da der Kläger das für ihn beste, nicht aber das "natürliche" Forum wähle75 . Außerdem führe es zu einer ungleichmäßigen Verteilung der zu entscheidenden Streitigkeiten und so zur Überlastung (congestion) einzelner Gerichte76 . Nach Auffassung des Gerichts sind die amerikanischen Gerichte ein Paradies für ausländische Kläger. Die Hoffnung auf ein klägerfreundliches Recht, insbesondere hohe Schadensersatzsummen, sowie der grundsätzlich verbürgte Anspruch auf eine Jury77 und pretrial discovery sowie das System der contingent fees für Anwälte seien Elemente, die Amerika zu einem Magneten für Kläger machten78. Dies führt zu der Sorge, die Errungenschaften des amerikanischen Rechtssystems könnten von Ausländern mißbraucht werden, die aus Staaten kommen, welche ihnen nicht in gleichem Umfang rechtlichen Schutz gewährten79 . Dabei stößt die Vorstellung, daß amerikanische Produzenten bzw. die amerikanische Gesellschaft ausländi-

72 Juenger, 63 Tul. L.R. 553, 555f. (1989); Friendly, 59 Comell L. Rev. 634, 641 (1974); Currie, 22 U. Chi. L. Rev. 405, 416ff. (1955); Rosato, J. Comp. Bus. & Cap. Market L. 8 (1986) 169, 170. Bereits 1967 bezeichnete Wright, 13 Wayne L. Rev. 317, 333 (1967), forum shopping als "national legal pastime". Zum Phänomen des forum shopping s. a. Freedman, Product Liability, S. 17ff. (1988). 73 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 252 (1981). 74 Erie Railroad v. Tompkins, 204 U.S. 64, 78f. (1938); Hanna v. Plumer, 380 U.S. 460, 468 (1965). Der Literatur zufolge sind dies die beiden Supreme Court Entscheidungen, die am meisten zur Verurteilung von forum shopping beigetragen haben, Note, 103 Harv. L. Rev. 1677, 1680 (1990). 75 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 250f. (1981). 16 Ebd. 252. Eng verbunden mit der Überlastung einzelner Gerichte ist die Sorge über die finanzielle Belastung, die mit "importierten" Streitverfahren einhergeht, Jennings v. Boeing Co., 660 F. Supp. 796, 804 (D.C. Pa. 1987); Blair, 29 Col. L. Rev. 1, 15, 34 (1929). 77 Jury Entscheidungen werden oft als Ursache für die hohen Schadensersatzsummen angesehen, die in den Vereinigten Staaten verbreitet sind. Clermant und Eisenberg verweisen demgegenüber bezüglich Produkthaftungs- und medical malpractice Fällen darauf, daß Richter eher als Juries dazu geneigt sind, hohe Schadensersatzsummen und Schmerzensgelder zuzusprechen, 77 Comell L. Rev. 1124. 1126 (1992). 78 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 252 (1981). 79 Diese Sorge kommt in Dowling v. Richardson-Merrellnc., 727 F.2d 608 (6th Cir. 1984) zum Ausdruck. S. a. Reynolds, 10 Tex. L. Rev. 1663, 1691 (1992); Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 405 (1987), derforumnon conveniens als "Hauptwaffe" gegenforum shopping ansieht.

C. Forum non conveniens

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sehen Klägern Schadensersatzsummen zahlen, die diese nie in ihren Herkunftsstaaten erzielen könnten, auf keine Gegenliebe80 . IV. Verhältnis der Lehre zu den jurisdiction-Regeln

In der deutschen81 aber auch in der amerikanischen82 Literatur wird häufig darauf hingewiesen, forum non conveniens sei als Gegenstück zur modernen jurisdiction-Lehre zu verstehen, die weitreichende und exorbitante Zuständigkeiten geschaffen habe, welche es zu beschränken gelte. Diese These mag auf den ersten Blick bestechen. Eine entsprechende These sucht man in der für die forum non conveniens-Lehre zentralen Gilbert-Entscheidung83 oder bei Blair84, dem Vater der amerikanischen forum non conveniens-Lehre, allerdings vergebens. Betrachtet man zudem die Praxis der Rechtsprechung, so erweist sich die These als nicht überzeugend85 • Dennoch ist ihr in der Literatur, soweit ersichtlich, kein Widerspruch begegnet. Untersucht man die forum non conveniens-Rechtsprechung näher, so fällt auf, daß bei der Masse der Entscheidungen, die insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten zum Thema forum non conveniens ergangen ist, die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht aus einer exorbitanten Zuständigkeitsnorm folgte. Vielmehr hatten sich die Beklagten in der Mehrzahl der Fälle - namentlich in den zahlreichen Produkthaftungsklagen86 - an ihrem Sitz zu verteidigen87 • 80 Vgl. Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1679ff. (1992). 81 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 42f. und lllf.; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 90; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozeßrecht, S. 29f.; ders., Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 495; Schlosser, IPRax 1983, 285; Kropholler, Handbuch I, Kap. III RN 204; ders., IPR, S. 493, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf die transient rule; Elsing, Produkthaftung Intern. 1990, 252, 254; Reuss, RIW 1991, 542, 544; Jasper, Forum Shopping in England und Deutschland, S. 122; Nagel, IZPR, RN 106; Spellenberg, JA 1978, 57, 59; s. a. Schneider, Rev. int. dr. comp., 1975, 601, 632. 82 Morley, 68 Nw. U.L. Rev. 24f. und 43 (1973); McAI/en, 13 Southern 111. U.L. Rev. 191, 192 (1982); Lejlar er al., Conflicts of Law, S. 102 (1986); Juenger, 63 Tul. L.R. 553, 555f. (1989). 83 GulfOil Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501 (1947). 84 Blair, 29 Col. L. Rev. 1 (1929). 85 Im wirtschaftlich bedeutenden Bundesstaat Kalifornien, dessen Gerichte jurisdiction bis an die Grenzen der Verfassungsmäßigkeit ausüben dürfen, ist beispielsweise keine Häufung von forum non conveniens-Entscheidungen zu beobachten. 86 Wawrow, N.Y.L.J. 24 July 1989, S. 25, sieht als wesentliche Fallgruppe fürforumnon conveniens-Fälle Klagen, die auf einen Flugzeugabsturz zurückgehen. 87 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235 (1981); Baumgan v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F.2d 824 (5th Cir. 1993); Mercier v. Sheraton Intern., 981 F.2d 1345 (Ist Cir. 1992); Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 604 (3d Cir. 1991); Jennings v. Boeing Co., 660 F.

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§ 1 Das jurisdiction-System der amerikanischen Gerichte

Auch die als besonders exorbitant empfundene transient rule, derzufolge für die Begründung von jurisdiction die zufällige Durchquerung des Gerichtsstaats durch den Beklagten ausreichen soll, war nicht, wie man nach dem Studium der Literatur vermuten mag88 , besonders häufiger Anlaß für forum non conveniens-Entscheidungen. Gegen eine entsprechende Vermutung spricht bereits, daß kein zeitlicher Zusammenhang zwischen dieser klassischen Grundlage für jurisdiction und der Einführung der forum non conveniens-Lehre besteht. Unabhängig von dieser theoretischen Überlegung kann man feststellen, daß die transient rule in der Praxis der forum non conveniens-Rechtsprechung faktisch keine Rolle spielt. Daß die auf der transient rule beruhende Zuständigkeit eines Gerichts erfolgreich mit dem Einwand des forum non conveniens angegriffen wird, kommt nicht vor. Unter den zahlreichen seit 1972 veröffentlichten bundesgerichtliehen Entscheidungen zum Themaforum non conveniens fiel lediglich eine auf, bei der die Zuständigkeit auf die transient rule gestützt wurde. Dort wurde im Ergebnis bereits eine erfolgreiche Klagzustellung gegenüber dem polnischen Kardinal Glemp während einer Prozession in New York verneint. Gleichzeitig wurde aber klargestellt, daß eine Klagabweisung wegen forum non conveniens nicht zu erwarten gewesen wäre89 • Hinsichtlich der ebenfalls als exorbitant empfundenen attachment jurisdiction kann ähnliches gesagt werden wie über die transient rule. Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, daß die Lehre vomforum non conveniens nicht als eine notwendige Schranke für die angeblich zu weitreichenden Zuständigkeitsregeln angesehen werden kann. Sie dient vielmehr dazu, einen Vergleich konkurrierender, international zuständiger Gerichte hinsichtlich ihrer Eignung zur Streitentscheidung zu ermöglichen, um gegebenenfalls die Klage am relativ ungeeigneten Forum abzuweisen.

Supp. 796 (D.C. Pa. 1987); Neo Sack v. Vinmar lmpex, lnc., 810 F. Supp. 829, 834 (S.D. Tex. 1993) (Klage wegen Vertragsbruch). Angesichts der zahlreichen Beklagten, die versuchen, einem Verfahren an ihrem Sitz zu entkommen, meinen Fleming!Grayson, 55 Tex. Bar J. 808 (1992), die Lehrevomforum non conveniens habe nichts mehr mit convenience zu tun. 88 Auf die transient rule nehmen u. a. ausdrücklich Bezug Schlosser, IPRax 1983, 285; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 90. 89 Weiss v. Glemp, 792 F. Supp. 215 (S.D.N.Y. 1992). - Der im Zusammenhang mit der transient rule immer wieder zitierte Fall Grace v. McArthur, 170 F.Supp. 442 (E.D. Ark. 1959), in dem jurisdiction durch Klagzustellung im Flugzeug begründet wurde, als man sich über dem gewünschten Gerichtsstaat Arkansas befand, ist sicher Beispiel für die Mißbrauchsmöglichkeiten, die die transient rule eröffnet. Er wird aber wohl deshalb so regelmäßig zitiert, weil er in seiner Maßlosigkeit ein Einzelfall geblieben ist. Forum non conveniens war kein Thema bei dieser Entscheidung.

A. Schottland

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§ 2 Entwicklung der Lehre vom forum non conveniens

A. Schottland Der Ursprung der forum non conveniens-Lehre ist nicht völlig geklärt90 • Die ersten Entscheidungen zu dieser Lehre stammen aus der schottischen Rechtsprechung des frühen 19. Jahrhunderts91 . In seiner frühesten Form wurde die Lehreforum non competens genannt und diente dazu, nicht ausreichende jurisdiction des Gerichts oder andere Fragen hinsichtlich der Kompetenz des Gerichts zu rügen92 • Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die schottischen Gerichte, die Lehre für einschlägig zu halten, wenn es um das Ermessen ging, jurisdiction auszuüben, und nicht nur darum, das Vorliegen von jurisdiction zu vemeinen93. Die Entscheidung Clements v. Macauly94 wird als erste Entscheidung angesehen, in der der forum non competens-Antrag (plea) nicht zum Anlaß genommen wurde, die Frage zu klären, ob das angerufene Gericht jurisdiction habe. Das Gericht erörterte vielmehr, ob es geeignet sei, in der Sache zu entscheiden. Konkret ging es um eine Klage zwischen zwei Amerikanern, die auf Rechnungslegung gerichtet war. Jurisdiction war gegeben, da die Klagzustellung in Schottland erfolgt war, während der Beklagte dort auf Geschäftsreise war. Der Beklagte beantragte Klagabweisung mit dem Argument, das für die Klärung der Streitfrage geeignetere Gericht sei in Texas, dem Staat, in dem der zugrundeliegende Vertrag zwischen den Parteien geschlossen worden war. Das Gericht entschied, daß die Ausübung gegebenener jurisdiction nur bei Vorliegen zwingender Gründe verweigert werden dürfe95 • Ein solcher Grund könne gegeben sein, wenn das angerufene Gericht nicht das geeignete (appropriate) Gericht sei. In diesem Fall müsse die Klage entweder abgewiesen oder ausgesetzt werden, damit die Sache einem geeigneteren (more conve-

90 Einen Überblick über die Geschichte der Lehre geben Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111 (1985) und Herzog, Rev. crit. 1976, 1. 91 Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 909f. (1947); Gibb, International Law of Jurisdiction, 222 (1926). 92 Anton, Private International Law, 148f. (1967). 93 Abbott, !8 Vand. J. Transnat'l L. lll, 114 (1985); Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 909f. (1947). 94 Clements v. Macauly, 4 Sess. Cas. M. 583 (1866). 95 Ebd. S. 595.

42

§ 2 Entwicklung der Lehre vom forum non conveniens

nient) und zuständigen ausländischen Gericht zur Entscheidung vorgelegt werden könne96 • In Societe du Gaz de Paris v. "Les Amateurs Francais "97 wurde näher umschrieben, unter welchen Umständen ein forum non conveniens-Antrag Erfolg hat. Dort hielt das House of Lords die Klagabweisung des schottischen Gerichts aufrecht. Als Begründung führte es an, eine Klagabweisung sei zulässig, wenn ein anderes zuständiges Gericht gegeben sei, in dem der Rechtsstreit deutlich besser im Interesse der Parteien und der Gerechtigkeit entschieden werden könne98 . Eine bloße "balance of convenience" reiche aber nicht, um eine Klagabweisung zu rechtfertigen99 • In jüngeren schottischen Entscheidungen ist Abbott zufolge die Bereitschaft der Gerichte gewachsen, Klagenwegenforum non conveniens abzuweisent 00 • Abbott vetweist u. a. auf die Entscheidung Credit Chemique v. James Scott Engineering Group Ltd. tot. Dort fehlt die sonst in fast allen anderen schottischen forum non conveniens-Entscheidungen übliche Betonung, daß eine Klage nur bei Vorliegen zwingender Gründe abgewiesen werden könne, falls das angerufene Gericht jurisdiction habe. In seiner Begründung führte das Gericht an, daß es ausländisches Recht anzuwenden hätte, ein Umstand, der bisher keine nennenswerte Rolle in forum non conveniens-Entscheidungen spielte102. Die Berücksichtigung neuer Kriterien indiziert, daß das Gericht bereit war, die traditionelle schottische forum non conveniens-Lehre großzügiger anzuwenden. Im Ergebnis hielt das Gericht schließlich die französischen Gerichte wegen der engen Beziehung des Falles zum Land des Klägers für geeigneter und wies die Klage, die gegen eine schottische Gesellschaft gerichtet war, ab. B. England

In England dauerte es länger als in Schottland, bis die Rechtsprechung den Gerichten Ermessen hinsichtlich der Überprüfung der Angemessenheil

96 Ebd. S. 593. 97 Societe du Gaz de Paris v. "Les Amateurs Francais ", (1926] Sess. Cas. 13 (H.L.). 98 Ebd. S. 18. 99 Ebd. S. 19. 100Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111, 121 (1985). 101 Credit Chemique v. James Scott Engineering Group Ltd. [1982] Scots. L.T. 131. l02Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111, 124 (1985).

B. England

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(appropriateness), jurisdiction auszuüben, einräumte 103 . Dieses Ermessen war zudem anfangs vergleichsweise eng gefaßt 104 • Zunächst konnten englische Gerichte Klagen nur abweisen, wenn der Beklagte durch eine Klagerhebung vor einem englischen Gericht "belästigt" wurde105 . Dies wurde insbesondere im Fall des lis alibi pendens angenommen, also wenn bereits vor einem anderen Gericht eine Klagerhebung erfolgt war106. Das entscheidende Kriterium selbst in derartigen Fällen war, ob der Kläger seine Klage vor einem Forum erhoben hatte, das für den Beklagten schikanös, bedrängend oder ungerecht war (vexatious, oppressive oder unjust) 107 . Die Rechtfertigung, die für diesen Ansatz angeführt wurde, sah man in der Einschätzung, daß unter entsprechenden Umständen die Klagerhebung einen abuse of process, einen Rechtsmißbrauch, darstelle 108 . Die englische Rechtsprechung folgte so zunächst mit dem abuse of processAnsatz einem anderen Weg als die schottische, bei der darauf abgestellt wurde, welches von mehreren zuständigen Gericht das geeignetere für die Streitentscheidung war109. Der Unterschied zwischen dem ursprünglichen englischen und schottischen Ansatz wird in der Entscheidung St. Pierre v. South American Stores110 deutlich. Dort führte das Gericht aus, die bloße Abwägung von convenienceFaktoren könne keine ausreichend Grundlage für eine Klagabweisung sein, wenn das englische Gericht jurisdiction habe. Erforderlich dafür sei vielmehr zweierlei: Der Beklagte müsse das Gericht davon überzeugen, daß die Fortführung des Verfahrens für ihn schikanös und belästigend oder in anderer Hinsicht ein Rechtsmißbrauch sei. Ferner müsse der Beklagte darlegen, daß eine Verfahrensaussetzung für den Kläger keine unbilligen Nachteile mit sich bringe 111 • Das geringe Ermessen, das die englischen Gerichte ursprünglich bezüglich der Nichtausübung von jurisdiction hatten, wurde durch die Entscheidung The 103 Einen Überblick über die Entwicklung geben Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111, 125ff. (1985), Feldman/Vella, 1989 Advoc. Q. 161. S. a. Jolowicz, Current Legal Problems 1990, 77, 86ff.; Jasper, Forumshopping in England und Deutschland, S. 64ff.; Beaumont, 36 Int'l & Comp. L.Q. 116ff. (1987) zuforum non conveniens in Scheidungsfallen. 104Herzog, Rev. crit. 1976, 6f.;Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111, 125 (1985). 105 Gibb, International Law of Jurisdiction, 213f. (1926). 106 Ebd. 107 Logan v. Bank of Scotland, [1906] I K. B. 141, 150f. 108 St. Pierre v. South American Stores, [1936] I K. B. 382, 398; Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 911 (1947). 109Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111 , 126f. (1985). 110St. Pierre v. SouthAmerican Stores, [1936] 1 K. B. 382. 111 Ebd. 398.

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Atlantic Star112 erheblich ausgeweitet. In dieser Entscheidung des House of Lords wurden die Begriffe vexation, oppression und abuse of process mit neuen Inhalten gefüllt. Das Gericht führte aus, die feststehenden Kriterien für die Nichtausübung der internationalen Zuständigkeit seien weit und liberal auszulegen 113 • Gleichzeitig wies das Gericht aber darauf hin, daß die Ausweitung des richterlichen Ermessens, Klagenaufgrund der Ungeeignetheil des angerufenen Gerichts abzuweisen, keine Übernahme der forum non conveniens-Lehre bedeute 114 • In MacShannon v. Rockware Glass Ltd. 115 ging das House of Lords einen Schritt weiter und hielt nicht länger daran fest, der Beklagte müsse zeigen, daß der Kläger in schikanöser oder belästigender Art und Weise gehandelt habe 116 . Das Gericht formulierte einen neuen Test, demzufolge eine Aussetzung des Verfahrens möglich ist, wenn der Beklagte zweierlei zeigen kann. Zunächst muß der Beklagte darlegen, daß ein alternatives Gericht internationale Zuständigkeit hat, vor dem der Rechtsstreit erheblich leichter und billiger durchgeführt werden kann; ferner darf eine etwaige Aussetzung des Verfahrens nicht dazu führen, daß der Kläger legitimer persönlicher oder rechtlicher Vorteile beraubt wird, die ihm ein Verfahren vor englischen Gerichten garantiert 117 • Was legitim in diesem Zusammenhang bedeutet, führt das Gericht nicht näher aus 118. Grund für diesen Wandel der Rechtsprechung war die Auffassung des Gerichts, daß das "natürliche" Gericht den Vorzug verdiene gegenüber einem als unnatürlich empfundenen, das nur aus der Sicht des Klägers zur Streitentscheidung geeignet ist 11 9. Mit seiner Entscheidung gab das House of Lords den ursprünglichen abuse of process-Ansatz zugunsten eines most suitable forum-Ansatzes auf120 . Die gegenwärtigen Rechtslage in England wird in der Entscheidung Spiliada Maritime Corp. v. Cansulex Ltd. widergespiegelt 121• Hier faßt das House of Lords die bisherige Rechtslage in England zusammen und spricht 1121he Atlantic Star. [1974] A. C. 436. 113 Ebd. 454 und 468. 114 Ebd. 464f. 115 MacShannon v. Rockware Glass Lid. , [1978] A.C. 795; dazu Kronke, RIW 1977, 613, 614f. 116 MacShannon v. Rockware Glass Lid., [1978] A.C. 795, 810. 117 Ebd. 812.

118 Kritisch dazu Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111 , 131f. (1985). 119 MacShannon v. Rockware Glass Lid., [1978] A.C. 795, 812.

120Robenson, 103 L.Q. Rev. 398, 41lf. (1987); Abbott, 18 Vand. J. Transnat' l L. 111 , 135 (1985). 121 Spiliada Maritime Corp. v. Cansulex Lid. , [1986] 3 W.L.R. 972; dazu Slater, 104 L.Q. Rev. 554 (1988).

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sich für eine großzügige Anwendung derforumnon conveniens-Lehre aus 122 . Die Ausübung der internationalen Zuständigkeit kann von einem an sich international zuständigen Gericht abgelehnt werden, wenn es davon überzeugt ist, daß den Interessen der Parteien und der Gerechtigkeit vor einem anderen Gericht besser gedient werden kann123 . Die Faktoren, die das Gericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat, sind zahlreich; dementsprechend kann auch keine klare Richtschnur dafür gegeben werden, wie diese Faktoren abzuwägen sind 124 . Einige der relevanten Faktoren sind die Verfügbarkeit von Zeugen, das anwendbare Recht sowie der Handlungsort und Wohnsitz der Parteien125 • Der beschriebene Ansatz findet nicht nur in den Fällen Anwendung, in denen der Beklagte eine Aussetzung des Verfahrens beantragt. Er ist auch einschlägig, wenn der Kläger gemäß Order 11 der Rules of the Supreme Court die Genehmigung beantragt, die für eine Klagzustellung außerhalb von England und Wales erforderlich ist126. Eine solche Genehmigung kann gemäß Order 11 unter verschiedenen Voraussetzungen erteilt werden. Die Erteilung ist zulässig, wenn der Beklagte sein domicile in England hat, wenn die Klage unbewegliches Vermögen in England zum Gegenstand hat oder wenn die Klage auf einem Vertrag basiert, der in England geschlossen wurde, auf den englisches Recht anzuwenden ist, der in England verletzt wurde oder in dem die internationale Zuständigkeit englischer Gerichte vereinbart wurde. Die Erteilung der Genehmigung ist schließlich auch zulässig, wenn die Klage auf eine unerlaubte Handlung in England gestützt wird. Allerdings schreibt Order 11 vor, daß bei Vorliegen eines oder mehrerer dieser formalisierten Gründe die Genehmigung der Klagzustellung im Ausland nur erfolgen soll, falls das Gericht der Überzeugung ist, daß die Klage eine Klagzustellung im Ausland rechtfertigt127 . Diese Klausel gewährt den Gerichten erhebliches Ermessen1 28. 122 Kaye, 134 Solic. J. 683, 684 (1990). S. zur Entwicklung der Lehre in England Inglis, 81 L.Q. Rev. 380, 386ff. (1965); s. a. Edinger, 16 U.B.C.L. Rev. 1, 12ff(l982) zur Entwicklung in British Columbia. 123 Spiliada Maritime Corp. v. Cansulex Ltd., [1986] 3 W.L.R. 972, 983. 124 Ebd. 975. 125 Ebd. 987.

126 Kaye, 134 Solic. J. 683ff. (1990); Jasper, Forum shopping in England und Deutschland, S. 58ff. Zur sog. forum conveniens-Lehre des englischen Rechts, die in Order 11 aufgegriffen wird, s. Inglis, 81 L.Q. Rev. 380, 382ff. (1965). 127 •... that the case isaproper one for service out of the jurisdiction under this Order." 128Dicey and Morris, The Conflicts ofLaw, 305f. (1987).

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In der Spiliada-Entscheidung wies das House of Lords darauf hin, daß sich die Order 11-Fälle und die Fälle, in denen die Aussetzung des Verfahrens beantragt werden, nur in der Frage der Beweislastverteilung unterscheiden, soweit es um die Eignung des angerufenen Gerichts geht. In der ersten Fallgruppe hat der Kläger 129 , in der zweiten der Beklagte die Beweislast bezüglich der Eignung bzw. mangelnden Eignung des Gerichts 130. Mit Bezug auf dieforumnon conveniens-Fälle erklärte das House of Lords in der Spiliada-Entscheidung ferner, gelegentlich sei es angebracht, die Nichtausübung der internationalen Zuständigkeit nur unter Bedingungen auszusprechen. Solche Bedingungen können z. B. sein, daß der Beklagte auf die Einrede der Verjährung vor dem alternativen Forum verzichtet 131 , oder daß er anderen Regelungen zustimmt, die notwendig sind, um dem Kläger legitime Vorteile zu sichern, die er bei einem Verfahren vor einem englischen Gericht gehabt hätte 132 • Zu denken ist hier beispielsweise an die Zustimmung zu einem pretrial discovery-Verfahren, wie es das englische Prozeßrecht kennt133 • Nicht zuletzt durch diesen Aspekt der englischen Version des forum non conveniens wird erkennbar, daß sich die neuere englische Rechtsprechung an der amerikanischen Rechtsprechung orientiert, die schon seit geraumer Zeit die bedingte Klagabweisung praktiziert 134. Mit lokrafttreten des Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982, der das EuGVÜ für Großbritannien umsetzt, hat die forum non conveniens-Lehre im Anwendungsbereich des EuGVÜ ihre Bedeutung verloren135 . Hierauf soll aber erst an späterer Stelle näher eingegangen werden 136.

129 Spiliada Maritime Corp. v. Cansulex l.Jd., [1986] 3 W.L.R. 972, 990. 130 Ebd. 986. 131 Ebd. 993, 996. 132 Ebd. 992f.; s. a. Schuz.. (1986) 35 I.C.L.Q. 374, 389ff. m.w. Bsp. 133 s. Schuz., (1986) 35 I.C.L.Q. 374, 391. 134Robenson, 103 L.Q. Rev. 398,413 (1987), mit kritischen Anmerkungen zu Fehlvorstellungen des Berichterstatters in der Spiliada Entscheidung, Lord Goff, über die amerikanische forumnon conveniens-Lehre. S. auch unten S. 112ff. 135 So S & W Berisford Pie. v. New Hampshire lnsurance Co., [1990] 2 All E.R. 321; Arkwright Mutuallnsurance Co. v. Bryanstone lnsurance Co., [1990] All E.R. 335; dazu Briggs, L.M.C.L.Q. 1991, 10. Diese Entscheidungen sind durch eine jüngere Entscheidung des House of Lords teilweise in Frage gestellt worden. S.ln re Harrods (Buenos Aires) l.Jd., [1991] 3 W.L.R. 397; dazu Kohler, FS für Matscher (1993), 250ff. 136 s. unten Seite 187ff.

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C.USA I. Frühes Stadium

Der Begriff forum non conveniens wurde in Amerika von Paxton Blair eingeführt 137 . In einem Aufsatz in der Columbia Law Review vertrat Blair 1929 die Auffassung, jedes Gericht habe die immanente Befugnis, Klagen trotz Vorliegens seiner Zuständigkeit abzuweisen, wenn dies für die wirkungsvolle Erfüllung der gerichtlichen Funktion erforderlich sei 138 . Blair leitete seine Ansicht aus schottischen aber auch amerikanischen Entscheidungen her, ·in denen die Gerichte sich das Recht nahmen, nach ihrem Ermessen Klagen abzuweisen, obwohl an sich jurisdiction gegeben war13 9 • Blair stellte fest, daß amerikanische Gerichte die Idee der forum non conveniens-Lehre angewandt hätten, ohne jedoch den entsprechenden Terminus zu verwenden, indem sie Klagen aus Gründen der. comity140 und convenience abgewiesen hätten141 . Die Richtigkeit dieser These Blairs ist in Frage gestellt worden 142 . So wird von Stein behauptet, viele der von Blair zitierten Entscheidungen stützten dessen Schlußfolgerungen nicht. In zahlreichen Fällen sei die jurisdiction des klagabweisenden Gerichts nicht gegeben gewesen, weil die einschlägigen Normen eine Klage von fremden (out-of-state) Klägern von vornherein ausgeschlossen hätten; dementsprechend hätten die Gerichte in derartigen Fällen auch kein Ermessen gehabt, bzw. für sich in Anspruch genomrnen 143 . Nichtsdestoweniger folgten dem Blair-Artikel mehrere Supreme Court Entscheidungen, in welchen das Gericht die Grundlage für eine amerikanische forum non conveniens-Lehre legte und in diesem Zusammenhang Blair zitierte144 . Bereits 1941 sprach der Supreme Court Richter Frankfurter von 137 Barrett. 35 Cal. L. Rev, 380, 388 (1947). 138 Blair, 29 Col. L. Rev. 1 (1929). 139 Ebd. 2ff.

140 Comity: Respekt, Rück~ichmahme gegenüber einem anderen Staat; vgl. Black's Law Dictionary, 267 (1990). 141 Blair, 29 Col. L. Rev. 1, 2ff. (1929). Die früheste Entscheidqng, die Blair in diesem Zusammenbang anführt, ist Gardener v. 17zomas, 14 Johns. 134, 138 (N.Y. 1817) (zitiert nach Blair, ebd. 3). 142 Stein, 100 Yale L.J. 781, 796 (1991). 143 Stein, ebd.; s. a. Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 912 (1947), der wie Stein meint, daß zwar nicht alle von Blair angeführten Fälle dessen Thesen stützen, Blairs Beobachtung aber dennoch Rückhalt bei den meisten der zitierten Fällen findet. 144 Williams v. Green Bay & W.R.R., 326 U.S. 549, 555 (1946); Canada Malring Co. v. Patersan S.Ss., Ltd., 285 U.S. 413, 423 (1932); Douglas v. New York, N.H. & H.R.R. , 279

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der "vertrauten forum non conveniens-Lehre", die fester Bestandteil des amerikanischen Rechts sei 145 . Trotz dieser wohlwollenden Aufnahme von Blairs Standpunkt durch die höchste Rechtsprechung 146 war der Anwendungsbereich der forum non conveniens-Lehre zunächst zweifelhaft, da der Supreme Court in Meredith v. Winter Haven deren Anwendungsbereich auf Fälle beschränkte, in denen Bundesgerichte in Ausübung ihrer equity jurisdiction die Gewährung eines equity remedy versagen konnten 147 . II. Der Gilbert-Fall

Die umfassende Anwendbarkeit der forum non conveniens-Lehre vor Bundesgerichten wurde erst durch die Entscheidungen Gulf Oil Corp. v. Gilbert 148 und Koster v. Lumbermens Mutual Co. 149 festgestellt 150 . Gegenstand des Rechtsstreits in Gilbert war die Klage eines amerikanischen Unternehmers, Gilbert, der behauptete, sein Warenhaus in Virginia sei aufgrund der Fahrlässigkeit der Beklagten, der Gulf Oil Corp., bei der Anlieferung von Benzin den Flammen zum Opfer gefallen; die Beklagte war eine in Pennsylvania errichtete und eingetragene Gesellschaft. Der Kläger erhob Klage vor einem Bundesgericht in New York, einem der Staaten, in denen die Beklagte Handel trieb (doing business), so daß das New Yorker Bundesgericht grundsätzlich seine Zuständigkeit hätte bejahen können. Eine Verbindung zwischen dem Gerichtsstaat New York und dem konkreten Fall bestand aber nicht. Die Beklagte beantragte deshalb die Verweisung der Klage an das zuständige Bundesgericht in Virginia mit der Begründung, daß Virginia der geeignete Gerichtsort im konkreten Fall sei. Hierzu führte sie aus, daß Virginia der Bundesstaat sei, in dem der Kläger lebe und die Beklagte Handel treibe, wo alle erheblichen Ereignisse stattgefunden hätten und dementsprechend auch die meisten Zeugen ansässig seien151.

U.S. 377, 382 (1929); s. a. Rogers v. Guamty Trust Co., 288 U.S. 123 (1933), wo eine Bezugnahme auf Blair fehlt. 145 Baitimare & Ohio R.R. v. Kepner, 314 U.S. 44, 55f. (1941). 146Stein. 100 Yale L.J. 781, 811 (1991), merkte hierzu an: "Biair's article was met with the kind of judicial reception that law professors dream of." 147 Meredith v. Winter Haven, 320 U.S. 228, 234 (1946). Barren, 35 Cal. L. Rev. 380, 396 (1947). 148 GulfOil Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501 (1947). 149 Koster v. Lumbermens Mutual Co., 330 U.S. 518 (1947). 150Barren, 35 Cal. L. Rev. 380,397 (1947). 151 GulfOil Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501, 502f. (1947).

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Der Supreme Court bestätigte das erstinstanzliehe Urteil, durch das die auf Schadensersatz in Geld gerichtete Klage und damit eine Klage "at law" und nicht "in equity" aufgrund von forum non conveniens-Erwägungen abgewiesen worden war. Der Supreme Court erklärte erstmals, daß die forum non conveniens-Lehre sowohl in equity-Fällen als auch in Fällen "at law" anwendbar seil 52 . In Koster bestätigte der Supreme Court die umfassende Anwendbarkeit der Lehre153 • Die Gilben-Entscheidung hat darüber hinaus Bedeutung, da der Supreme Court in ihr erstmals ausführlicher den Inhalt der forum non conveniens-Lehre darlegte. Zur Begründung der forum non conveniens-Lehre begnügte das Gericht sich damit, auf die Mißbrauchsmöglichkeiten hinzuweisen, die dem Kläger offenstünden, wenn ein Gericht nicht die Ausübung seiner Zuständigkeit angesichts der Erreichbarkeil eines besser geeigneten Gerichts ablehnen könne 154 • Der Supreme Court führte in diesem Zusammenhang aus, das Vorliegen sachlicher und örtlicher Zuständigkeit gebe dem Kläger kein absolutes Recht, an dem von ihm gewählten Gerichtsort zu prozessieren, vielmehr sei dies nur Grundlage für das angerufene Gericht, um eine Sachentscheidung zu fällen, soweit dies im übrigen angezeigt (appropriate) erscheine155 . Die Rechtfertigung des Klägers, von einer New Yorker Jury könne eher erwartet werden, daß sie eine Vorstellung von der großen Geldsumme habe, um die es bei der Schadensersatzklage ging, hielt das Gericht für nicht stichhaltig 156 . Das Gericht fuhr fort, eine abschließende Bestimmung aller Faktoren, die bei der Abwägung eine Rolle spielen, ob eine gegebene Zuständigkeit auszuüben sei oder nicht, sei unmöglich. Dementsprechend lasse die forum non conveniens-Lehre den erstinstanzliehen Gerichten notwendigerweise viel Ermessen bei der Entscheidung, in welchen Fällen sie ihre Zuständigkeit ausüben wollen. Dennoch bemühte sich der Supreme Court, die wichtigsten Faktoren, die bei einerforumnon conveniens-Entscheidung Beachtung finden sollten, aufzuzeigen. Dabei unterschied er "private" und "öffentliche" Faktoren. Das Gericht erklärte: "Important considerations are the relative ease of access to sources of proof; availability of compulsory process for attendance of unwilling, and the cost of obtaining attendance of willing, witnesses; possibility 152 Ebd. 505 (FN 4). 153 Koster v. Lumbermens Mutual Co., 330 U.S. 518, 527 (1947); s. a. Barren, 35 Cal. L. Rev. 380, 396f. (1947). 154 GulfOil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 507 (1947). 155 Ebd. 506. 156 Ebd. 510. 4 Dor•el

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of view of premises, if view would be appropriate to the action; and all other practical problerns that make trial of a case easy, expeditious and inexpensive. There may also be questions as to the enforceablility of a judgment if one is obtained. The court will weigh relative advantages and obstacles to fair trial. It is often said that the plaintiff may not, by choice of an inconvenient forum, 'vex', 'harass', or'opress' the defendant by inflicting upon him expense or trouble not necessary to bis own right to pursue bis remedy. But unless the balance is strongly in favour of the defendant, the plaintiff's choice of forum should rarely be disturbed. Factars of public interest also have place in applying the doctrine. Administrative difficulties follow for courts when Iitigation is piled up in congested centers instead of being handled at its origin. Jury duty is a burden that ought not to be imposed upon the people of a community which has no relation to the Iitigation. . . . There is a local interest in having localized controversies decided at home. There is an appropriateness, too, in having the trial of a diversity case in a forum that is at home with the state law that must govem the case, rather than having a court in some other forum untangle problerns in conflict of laws, and in law foreign to itself. •1S7 Eine Erklärung dafür, warum die Gerichtsortwahl des Klägers in der Regel respektiert werden solle, gab das Gericht nicht 158 . Sowohl die geforderte grundsätzliche Respektierung der klägerischen Gerichtswahl als auch der Hinweis auf die Gefahren des Rechtsmißbrauchs bei unbeschränkter Wahlfreiheit des Klägers deuten aber darauf hin, daß der Supreme Court in Gilben davon ausging, die forum non conveniens-Lehre solle in ihrem Anwendungsbereich auf "abuse of process"-Fälle beschränkt bleiben 159 . ConvenienceErwägungen sollten nicht für sich allein zum Schlüssel der jorum non conveniens-Abwägung werden. Betrachtet man die Rechtsprechung der unteren Gerichte, die auf Gi/ben folgte, so kann man feststellen, daß die Richter von ihrer Möglichkeit, Klagen wegen Ungeeignetheil des angerufenen Gerichts abzuweisen, nur in vergleichsweise geringem Umfang Gebrauch gemacht haben. Im großen und ganzen folgten die Gerichte damit dem abuse of process-Ansatz, der der Gilben Entscheidung zu Grunde lag. Daß die Gerichte diesem Ansatz folgten, wird auch an der Wortwahl in den Urteilsgründen deutlich. Dort ist davon die 157 Ebd. 508f. 158Vgl. Stein. 100 Yale L.J. 781,817 (1991). 159 Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 401 (1987).

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Rede, daß eine Klagabweisung nur in Betracht komme, wenn der Beklagte durch die Gerichtswahl unfair benachteiligt (unfairly prejudiced) 160 oder wesentlicher Rechte beraubt wird (deprived of substantial justice) 161 . Von den veröffentlichen forum non conveniens-Entscheidungen, die weniger zahlreich waren als in folgenden Jahren, mündete - insofern wenig überraschend - nur ein kleiner Teil in einer Klagabweisung162. 111. Der Piper Aircraft-FaU

Erst fünfunddreißig Jahre nach der Gilbert-Entscheidung untersuchte der Supreme Court die forum non conveniens-Lehre und ihre Anwendung durch die untergeordneten Gerichte erneut in seiner Entscheidung Reyno v. Piper Aircraft163 . Gegenstand des zugrundeliegenden Rechtsstreits war der Absturz eines Flugzeugs, bei dem alle Passagiere und der Pilot ums Leben kamen. Der Absturz ereignete sich in Schottland. Die beklagte Gesellschaft, die das Flugzeug hergestellt hatte, war in Pennsylvania gegründet worden und dort auch registriert. Der Pilot, die Passagiere und ihre Erben waren britische Staatsangehörige. Halter und Eigentümer des in Großbritannien registrierten Flugzeugs war eine britische Gesellschaft. Die Unfalluntersuchung wurde von britischen Behörden durchgeführt und das Unfallwrack wurde in England aufbewahrt 164 . Die Nachlaßverwalterio (administratrix) der Verunglückten erhob Produkthaftungsklage gegen die Flugzeugherstellerio und einen Zulieferer vor einem einzelstaatlichen kaliforniseben Gericht. Dieses verwies die Sache auf Antrag der Beklagten an ein kalifornisches Bundesgericht. Der Distriel Court verwies die Klage seinerseits gemäß 28 U.S.C. § 1404 (a) an das zuständige Bundesgericht in dem Bundesstaat, in dem die Flugzeugherstellerio ihren Sitz hatte, Pennsylvania. Dieses wies die Klage schließlich wegenforumnon conveniens ab ungeachtet der Tatsache, daß die Kläger von schottischen Gerichten nur einen wesentlich geringeren Schadensersatz erwarten konnten als von ameri-

160 Kloeckner Reederei v. AIS Hakedal, 210 F.2d 754, 756 (2d Cir. 1954). 161 Volkswagen of America, lnc. v. S.S. Si/ver /sie, 257 F. Supp. 562, 564 (N.D. Ohio 1966); s. a. Altman v. Centrat ofGeorgia R. Co. , 363 F.2d 284, 285f. (D.C. Cir. 1966). 162Robertson, 103 L.Q. Rev . 398,403 (1987). 163 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235 (1981). 164 Ebd. 235.

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kanischen. Der District Court in Pennsylvania entschied, geeigneter für die Streitentscheidung seien die schottischen Gerichte 165 • Nachdem der Court of Appeals 166 gegenteilig entschieden hatte, bestätigte der Supreme Court die Entscheidung des District Court. Dieses Ergebnis lag nicht unbedingt auf der Hand, da sich erhebliches Beweismaterial, das für die Frage eines Konstruktions- und Herstellungsfehlers relevant war, in den Vereinigten Staaten befand. Der Supreme Court kam dennoch zu dem Ergebnis, daß eine Klagabweisung vertretbar sei und leitete damit eine großzügigere Anwendung der forum non conveniens-Lehre ein. Die beiden zentralen Aspekte, die der Supreme Court in Piper Aircraft ansprach, betrafen zum einen die Frage, ob es für die Abwägung im Rahmen der forum non conveniens-Lehre relevant sei, daß die Streitentscheidung durch ein anderes Gericht zur Anwendbarkeit eines für den Kläger ungünstigeren Rechts führe. Zum anderen befaßte sich das Gericht mit der Frage, in welchem Umfang die klägerische Gerichtswahl zu respektieren sei. Die unteren Gerichte waren bisher unterschiedlicher Auffassung hinsichtlich der Frage gewesen, ob eine dem Kläger nachteilige Wandel des materiellen Rechts im Falle einer Klage vor einem ausländischen Gericht Sperrwirkung bezüglich einer Klagabweisung wegen forum non conveniens haben sollte. Einige Gerichte argumentierten, daß das Erfordernis eines geeigneten alternativen Forums bedeute, die Klagabweisung dürfe zu keinen materiell-rechtlichen Verschlechterungen der Klägerposition führen 167 . Gestützt werden konnte diese Auffassung auf eine Supreme Court Entscheidung, derzufolge eine Verweisung gemäß 28 U.S.C. § 1404 (a), der "nationalen" forum non conveniens-Norm, nicht zu einem Wechsel des anwendbaren Rechts führen sollte 168 . Der Supreme Court stellte klar, daß im Rahmenvonforum non conveniensFällen ein Wechsel des anwendbaren Rechts grundsätzlich kein ausreichender Grund sein könne, von einer Klagabweisung Abstand zu nehmen169 . Andernfalls würde dieforumnon conveniens-Lehre praktisch nutzlos 170 . Das Gericht stützte sein Ergebnis auch auf die praktische Überlegung, daß es bei Berücksichtigung eines Wechsels des anwendbaren Rechts sehr schwer würde, einen 165 Reyno v. Piper Aircraft Co., 479 F. Supp. 727 (D.C. Pa. 1979). 166 Reyno v. Piper Aircraft Co., 630 F.2d 149 (3d Cir. 1980). 167 De Mareos v. Texaco, 562 F.2d 895, 899 (3d Cir. 1977): Reyno v. Piper Aircraft Co., 630 F.2d 149, 164 (3d Cir. 1980), rev'd., Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235 (1981); vgl. Stein, 100 Yale L.J. 781, 826 (1991). 168 Van Dusen v. Barrack, 376 U.S. 612, 639 (1964). 169 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 249 (1981). 170 Ebd. 250.

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Antrag auf Klagabweisung zu entscheiden, da zunächst zu ermitteln wäre, welches Recht das eigene und welches das alternative Gericht anwenden würde, um dann zu klären, ob die gegebenenfalls verschiedenen Rechte zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Den erstinstanzliehen Gerichten sollte eine derartige "complex exercise in comparative law" erspart bleiben 171 . Wichtig für die weitere Entwicklung der forum non conveniens-Rechtsprechung war auch die Haltung, die der Supreme Court hinsichtlich der Frage einnahm, inwieweit die Gerichtswahl des Klägers zu respektieren sei. Das Gericht unterschied zwischen fremden (foreign) und einheimischen Klägern (residents) 172 • Es sei vernüftig anzunehmen, daß die Wahl des HeimatGerichtes zweckmäßig (convenient) sei. Wähle demgegenüber ein ausländischer Kläger ein amerikanisches Gericht, so bestehe eine derartige Vermutung nicht 173 . Selbst wenn der Beklagte im Forumstaat seinen Wohnsitz habe, so spräche dies nicht ohne weiteres für die Ausübung einer gegebenen internationalen Zuständigkeit174. Der Umstand, daß eine Klagabweisung auch in Frage kommen soll, wenn der Kläger das Gericht am Wohnsitz des Beklagten wählt, verdeutlicht, daß sich der Supreme Court in Piper Aircraft vom abuse of process-Ansatz der Gilbert-Entscheidung zugunsten eines most convenient forum-Ansatzes gelöst hat 17S. Denn in derartigen Fällen ist in der Regel nicht davon auszugehen, daß der Beklagte durch die Wahl des Gerichtsortes schikaniert oder belästigt wird 176 . Auch für Fälle mit amerikanischen Klägern kann man eine entsprechende Entwicklung feststellen. Denn insoweit deutet der Supreme Court in Piper Aircraft an, daß das bis dahin als unverbrüchlich angesehene Recht eines amerikanischen Staatsbürgers, zu Hause (at home) 177 zu klagen 178 , nicht uneingeschränkt Geltung habe. Auch die Klage eines amerikanischen Staats-

171 Ebd. 251. 172 Kritisch hierzu Major-Duval, 77 Cornell L. Rev. 650, 681 (1992). 173 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255f. (1981): "When the home forum has been chosen, it is reasonable to assume that this choice is convenient. When the plaintiff is foreign, however, this assumption is much Iess reasonable." 174 Ebd. 252. 175 Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 405 (1987). 176 Darauf, daß die Gilbert Entscheidung nicht auf Fälle zielte, in denen der Beklagte an seinem (Wohn-)Sitz verklagt wird, weist auch Braueher hin. 60 Harv. L. Rev. 908, 919 (1947). 177 Ob mit dieser Formulierung der jeweilige Einzelstaat oder die USA gemeint sind, blieb offen. Vgl. hierzu unten S. 79f. 178 s. Freedman, Product Liability, S. 26 (1988).

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§ 2 Entwicklung der Lehre vom forum non conveniens

bürgers könne unter Umständen abgewiesen werden, wenn sie für den Beklagten unnötig mühsam sei1 79. Es überrascht nicht, daß die unteren Gerichte im Anschluß an die Piper Aircraft-Entscheidung vermehrt mit forum non conveniens-Anträgen befaßt waren180. Diese Entwicklung ist zwar teilweise mit der Zunahme der internationalen (Wirtschafts)aktivitäten zu erklären, geht aber auch auf den Segen zurück, den der Supreme Court der forum non conveniens-Lehre in Piper Aircraft erteilt hat1B1. Bei der Entscheidung der forum non conveniensAnträge legten die Gerichte verstärktes Gewicht auf die Herkunft der Parteien und entschieden großzügiger zugunsten von Klagabweisung wegen forum non conveniens. Insbesondere bei ausländischen Klägern waren die Gerichte leichter mit einer Klagabweisung bei der Hand182. IV. 28 U.S.C. § 1404(a)

Der Gi/ben-Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, der zwar mehrere Einzelstaaten berührte, aber keinen Bezug zum Ausland aufwies. Für derartige "lnlandsfälle" trat, kurze Zeit nachdem der Supreme Court den GilbertFall entschieden hatte, im Rahmen einer Revision des Judicial Code 183 28 U .S.C. § 1404(a) in Kraft. Mit dieser Norm wird das gleiche Ziel verfolgte, das der Supreme Court bei seiner Gilbert-Entscheidung vor Augen hatte, nämlich die Einschränkung des Mißbrauchs konkurrierender Zuständigkeiten184. Mit Einführung von 28 U.S.C. § 1404(a) wurde die forum non conveniens-Lehre auch vom Gesetzgeber als Bestandteil des Bundesrechts 179 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255 (1981): •A [U.S.] citizen's forum choice should not be given dispositive weight . . . Citizens or residents deserve somewhat more deference than foreign plaintiffs, but dismissal should not be automatically barred when a plaintiff has filed suit in his home forum. As always, if the balance of convenience suggests that trial in the chosen forum would be unnecessarily burdensome for the defendant or the court, dismissal is proper. • 180 In der Zeit von 1972 - 1981 (dem Jahr in dem der Supreme Coun den Piper Aircraft Fall entschied) berichtet Westlaw von 59 Distriel Court Fällen unter der keynumber (inhaltsbezogener Code für das systematische Auffinden von Gerichtsentscheidungen) für forum non conveniens. Für 1982- 1991 werden 219 derartiger Fälle berichtet. Die Zahl der Entscheidungsbände war dabei für die jeweiligen Berichtszeiträume praktisch identisch. Die Zunahme der berichteten forum non conveniens-Entscheidungen geht also nicht auf eine allgemeine Zunahme der veröffentlichten Entscheidungen zurück. 181 Vgl. Stein, 100 Yale L.J. 781, 831 (1991); McAllen, 13 Southem Ill. U.L. Rev. 191, 191 (1982); Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1665 (1992). 182 Vgl. die in FN 284ff. (S. 75) zitierten Fälle und begleitenden Text. So auch Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111, 145 (1985). 183 s. 62 Stat. 937 (1948). 184 Currie, 22 U.Chi. L. Rev. 405, 416ff. (1955); Stein, 100 Yale L.J. 781, 807 (1991).

C. USA

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anerkannt. Die Norm erlaubt einem erstinstanzliehen Gericht, im Interesse der Leichtigkeit des Verfahrens für die Parteien und Zeugen und im Interesse der Gerechtigkeit eine Zivilklage an ein anderes Gericht zu verweisen, bei dem die Klage hätte eingereicht werden können 185 • Durch diese Gesetzesänderung wurde die Gilbert-Entscheidung für Inlandsfälle obsolet. Die Entscheidung behielt ihre Bedeutung jedoch für internationale Rechtsfälle, in denen eine Verweisung nicht möglich ist, und für die eher theoretische Möglichkeit, daß ein District Court ein einzelstaatliches Gericht für geeigneter hält 186 . Auch wenn die forum non conveniens-Lehre für Inlandsfälle formal durch 28 U .S.C. § 1404 (a) verdrängt wurde, so ist doch ein interessantes Wechselspiel zwischen der Lehre und 28 U .S.C. § 1404 (a) zu beobachten. Zunächst wurden naheliegenderweise die Richtlinien, die der Supreme Court in Gilbert für die Abwägung der bei einer forum non conveniensEntscheidung relevanten Interessen aufgestellt hatte, von der Rechtsprechung auf den Abwägungsvorgang im Rahmen der Verweisungsentscheidung gemäß 28 U .S.C. § 1404 (a) übertragen187 . Die Anforderungen, die an die bessere Eignung des alternativen Gerichts gestellt wurden, waren allerdings deutlich geringer als im Fall derforumnon conveniens-Abwägung 188 . Denn anders als bei einer Klagabweisung Wegenforum non conveniens führt der Transfer einer Streitsache nicht zu einem Wechsel des anwendbaren Rechts 189 . Zudem bringt eine Verweisung keine so einschneidende Verfahrensunterbrechung wie eine Klagabweisung mit sich. Dies erklärt, warum die Gerichte den mit großer Häufigkeit gestellten190 Verweisungsanträgen gemäß 28 U.S.C. § 1404 (a) großzügig stattgaben. Nachdem sich die Großzügigkeit, mit der Anträge gemäß 28 U.S.C. § 1404 (a) entschieden wurden, etabliert hatte, übertrug sich der Maßstab, der in diesen Fällen hinsichtlich der Frage angelegt wurde, ob das alternative 185 28 U.S.C. § 1404: [Change of venue] (a) For lhe convenience of parties and wimesses, in lhe interest of justice, a district court may transfer any civil action to any olher district or division where it might have been brought ... • (Alle bundesrechtlichen Normen sind, soweit nicht anders vermerkt, in der Fassung Stand I. April 1992 zitiert.) 186 Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 383 (1992). 187 Norwood v. Kirkpatrick, 349 U.S. 29, 32 (1955); De Sairigne v. Gould, 83 F. Supp. 270 (S.D.N.Y. 1949), aff'd., 177 F.2d 515 (2d Cir. 1950}, cert. den., 339 U.S. 912 (1950). !88Norwood v. Kirkpatrick, ebd.; s. a. Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 253 (1981); Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 383 (1992). 189 Van Dusen v. Barrack, 376 U.S. 612, 639 (1964). l90Marcus, 93 Yale L.J. 677. 679f. (1984), berichtet, daß seit 1975 jährlich etwa 2000 Verweisungsanträge gestellt werden.

56

§ 2 Entwicklung der Lehre vom forum non conveniens

Gericht geeigneter sei, - wenn auch nicht in vollem Umfang - auch auf die

forum non conveniens-Fälle 191 • Diese Entwicklung wurde durch die Piper Aircraft-Entscheidung begünstigt, in der der Supreme Court ausdrücklich klargestellt hatte, daß ein Wechsel des anwendbare Rechts im Rahmen der

forum non conveniens-Abwägung außer Betracht zu bleiben habe und der

Gerichtswahl ausländischer Kläger kein entscheidendes Gewicht beizumessen sei. So ergänzten sich der vom Supreme Court in Piper Aircraft vollzogene Wechsel vom abuse-of-process Ansatz zum most-convenient-forum Ansatz und die Rechtsprechungspraxis, die sich zu 28 U.S.C. § 1404 (a) entwickelt hatte 192 .

V. Das Recht der Einzelstaaten Die Lehre vom forum non conveniens hat nach und nach Einzug in das Recht der meisten Einzelstaaten gehalten 193 . Die Ausgestaltung, die sie dabei erfahren hat, variiert von Staat zu Staat194 . Dies ist bei einigen Autoren auf Kritik gestoßen, die eine einheitliche forum non conveniens-Lehre in allen Einzelstaaten für wünschenswert halten195. Die Lehre ist auch Bestandteil des Second Restatement of ·the Law geworden 196. Darüber hinaus wurde die Lehre in den Uniform Interstare and International Procedure Act aufgenommen197.

191 Vgl. S. 54, FN 180; Abbott, 18 Vand. J. Transnat'l L. 111. 147 (1985); McAllen, 13 Soulhem Ill. U.L. Rev. 191. 207 (1982). !92Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 404f. (1987); Major-Duval, 77 Comell L. Rev. 650, 678 (1992). S. a. Speck, 18 J. Mar. L. & Com. 185, 215 (1987). 193 Duval-Major, 77 Comell L. Rev. 650, 659 (1992); Kanne, 69 Iowa L. Rev. 975, 984f. (1984). Weintraub, Tex. Bar J. 1992, 346, 349, zufolge hat nur die Rechtsprechung in Louisiana, welches ein civil law-Staat ist, die Lehre vom forum non conveniens abgelehnt. Anderes gilt selbstverständlich auch dort, soweit die Lehre gesetzlich verankert ist; s. Fox v. Board ofSupervisors ofL.S.U.• 576 So. 2d 978 (La. 1991). 194 Ein Überblick über die Unterschiede in den diversen einzelstaatlichen Regelungen findet sich bei McMahon, 57 A.L.R. 41h 973 (1987). S. a. Wahl, Verfehlte Zuständigkeit und Berger, RabelsZ 41 (1977) 39ff. 195 Paretl)cy, 10 U. Pa. J. Int'l Bus. L. 663, 695 (1988); Washington, 55 J Air L. & Com. 303, 347 (1989). Miller, 58 U. Chi. L. Rev. 1369, 1392 (1991), spricht sich demgegenüber dafiir aus, daß die Einzelstaaten die Aufgabe von "laboratories of federalism" wahrnehmen. 196 Restatement (Second) of Conflicts of Law § 84: "A state will not exercisc jurisdiction if it is a seriously inconvenient forum for lhe trial of lhe action provided !hat a more appropriate forum is available to lhe plaintiff." 197 Dieses Gesetz wurde 1962 von der National Conference of Commissioners on Uniform State Laws und der American Bar Association gutgeheißen. § 1.05 [lnconvenient Forum] lautet:

A. Bundesrecht als Maßstab

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Die einzelstaatlichen forum non conveniens-Lehren räumen den Gerichten die Befugnis ein, Klagen abzuweisen, wenn sie in einer anderen jurisdiction, sprich einem anderen Staat, von einem geeigneteren Gericht entschieden werden können. Eine Verweisung ist hier mangels gesetzgeberischer Kompetenz der Einzelstaaten nicht möglich. Ferner haben die meisten Einzelstaaten sog. venue rules, die der bundesrechtlichen Norm 28 U.S.C. § 1404 (a) entsprechen. Venue rules regeln die örtliche Zuständigkeit innerhalb eines Staates. Die 28 U.S.C. § 1404 (a) entsprechenden venue rules ermöglichen es den Gerichten, eine Streitsache an ein anderes, als besser geeignet erachtetes Gericht innerhalb der eigenen jurisdiction, d. h. des eigenen Staates, zu verweisen198 . Von Interesse in diesem Zusammenhang ist eine Norm im New Yorker Prozeßrecht, CPLR § 327 (b), nach der bei Verträgen mit einem Volumen von einer Millionen Dollar oder mehr, die eine Gerichtsstandsvereinbarung beinhalten, eine Klagabweisung wegen forum non conveniens nicht möglich ist. Durch diese Regelung soll die Bedeutung New Yorks als internationales Wirtschaftszentrum gesichert werden199.

§ 3 Voraussetzungen der Klagabweisung wegen foru.m non conveniens A. Bundesrecht als Maßstab In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage diskutiert, ob ein Bundesgericht bei einer forum non conveniens-Entscheidung Bundesrecht oder das Recht des Einzelstaates anzuwenden hat, in dem es seinen Sitzt hat. Grundsätzlich wird bei der Frage nach dem von einem Bundesgericht anzuwendenden Recht danach unterschieden, woraus sich die sachliche Zuständigkeit des Bundesgerichts (subject matter jurisdiction) ergibt. Die sachliche Zuständigkeit eines Bundesgerichts kann entweder daraus folgen,

"When the court finds that in the interest of substantial justice the action should be heard in another forum, the court may stay or dismiss the action in whole or in part on any conditions that may be just." 198 Die entsprechende Norm des Bundesstaates New York, CPLR § 510, lautet: "The court, upon motion may change the place of trial wbere ... (3) the convenience of material witnesses and the ends of justice will be promoted by the change; .. . " 199 Ebenrothfl'zeschlock, IPRax 1988, 197, 201f.

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§ 3 Voraussetzungen derforumnon conveniens-Lehre

daß eine bundesrechtliche Frage zu entscheiden ist200 , oder daraus, daß ein sogenannter diversity-Fall vorliegt. Diversity ist gegeben, wenn die Parteien eines Rechtsstreits Angehörige verschiedener Einzelstaaten sind, oder wenn eine Partei einem Einzelstaat angehört und die andere Ausländer ist20I. Ergibt sich die sachliche Zuständigkeit daraus, daß eine bundesrechtliche Frage zu entscheiden ist, so besteht Einigkeit darüber, daß Bundesrecht auch hinsichtlich einer etwaigen forum non conveniens-Entscheidung anzuwenden ist202. In diversity-Fällen gehen die Ansichten demgegenüber auseinander. Untergeordnete Gerichte haben wiederholt die Auffassung vertreten, daß Bundesgerichte gemäß der Erie-Entscheidung203 Bundesrecht hinsichtlicht der forum non conveniens-Frage anzuwenden hätten204 . Auch der Court of Appeals für den fünften Bezirk vertritt die Ansicht, hinsichtlich der forum non conveniens-Frage sei Bundesrecht anzuwenden. Er führt als Begründung an, die Bundesgerichte hätten ein berechtigtes Interesse an "Selbstverwaltung, administrativer Unabhängigkeit und Selbstmanagement. "205 Die Bundesgerichte hätten immanente administrative Machtbefugnis, welche es zu respektieren gelte, auch wenn die Anwendung von Bundesprozeßrecht auf die forum non conveniens-Frage im Einzelfall zu forum shopping führen könne, soweit das Recht des Einzelstaates, das alternativ anzuwenden wäre, vom

20028 u.s.c. § 1331: [Federal Question]: "The district courts shall have original jurisdiction of all civil actions arising under the Constitution. laws, or treaties of the United States... " 201 28 u.s.c. § 1332: [Diversity of citizenship; ... ]: "(a) The district courts shall have original jurisdiction of all civil actions where the matter in controversy exceeds the sum or value of $ 50,000, ... , and is between(1) citizens of different States; (2) citizens of a State and citizens or subjects of a foreign state; (3) citizens of different States and in which citizens or subjects of a foreign state are additional parties; and (4) a foreign state, ... , as plaintiff and citizens of a State or different States.... 202Reynolds, 70Tex. L. Rev. 1663,1701 (1992). 203 Erie v. Tompkins, 304 U.S. 64, 75ff. (1938). Der Erie Entscheidung zufolge ist die Frage nach dem anwendbaren Recht (einschließlich Kollisionsnormen) danach zu beurteilen, ob das Interesse an der Anwendung des jeweils eigenen Rechts auf Seiten des Bundes oder auf Seiten des Einzelstaates, in dem das angerufene Bundesgericht seinen Sitzt hat, überwiegt. 204Hodson v. Robinson Co., 528 F. Supp. 809, 817 (E.D. Va. 1980); Marquest Medical Products v. EMDE Corp. , 496 F. Supp. 1242 (D. Colo. 1980). 205Jn re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1159 (5th Cir. 1987) (en banc).

A. Bundesrecht als Maßstab

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Bundesrecht abweiche2°6 • Diese Ansicht findet Unterstützung bei Teilen der Literatur207 . Von einigen Autoren wird demgegenüber die gegenteilige Ansicht vertreten. Forum shopping sei die drohende Folge, wenn abzusehen sei, daß gleichermaßen sachlich zuständige Bundesgerichte und einzelstaatliche Gerichte unterschiedliche forum non conveniens-Regeln anwenden würden. Dies gelte es zu verhindem208. Der Supreme Court hat in Piper Aircraft die Frage nach dem anwendbaren Recht ausdrücklich offen gelassen. Er verwies darauf, daß kalifomisches und Bundesrecht im konkreten Fall zum selben Ergebnis führten209 . Die Zurückhaltung des Gerichts verwundert, denn gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verfassung hat der Supreme Court keine Kompetenz, das Recht der Einzelstaaten zu bestimmen. Daher muß der Supreme Court implizit Bundesrecht angewendet haben, als er Piper Aircraft entschied2 10. Die Anwendung von Bundesrecht in forum non conveniens-Fragen findet mittelbar Unterstützung in der KosteTEntscheidung, in der der Supreme Court sich dafür aussprach, daß die Bundesgerichte autonome Befugnisse haben sollten, sich ihrer Fälle zu entledigen211. Eine andere Frage, die mit dem Problem des anwendbaren Rechts zusammenhängt, ist die, ob die forum non conveniens-Entscheidung eines einzelstaatlichen Gerichts bindende Wirkung für ein später angerufenes Bundesgericht hat. Die Frage ist zu verneinen. Dies folgt aus dem autonomen Charakter derforumnon conveniens-Entscheidung. Darüber hinaus kann die forum non conveniens-Frage auf Bundes- und Staatenebene durchaus unterschiedlich zu beantworten sein. Vorstellbar ist beispielsweise, daß das zuständige einzelstaatliche Gericht stärker überlastet ist als das Bundesgericht und sich deshalb eher als forum non conveniens einstufen mag als dies hinsichtlich des Bundesgerichts gerechtfertigt wäre212 • 206Ebd. 207 Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380, 398f. (1947); Reynolds, 70 Tex. L. Rev . 1663, 1697 (1992); Speck, 18 Mar. L. & Com. 185, 196 (1987) m.w.N .; Major-Duval, 77 Comell L. Rev. 650, 661 (1992). 208Stein, 100 Yale L.J. 781,820 (1991). Maltz, 79 Ky . L.J. 231,250 (1991), schlägt vor, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob Bundesrecht oder einzelstaatliches Recht anzuwenden ist. Ähnlich Speck, 18 J. Mar. L. & Com. 185, 194ff. (1987). 209 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 249 (1981). 210 Überraschenderweise wird dieses Argument soweit ersichtlich nicht in der Literatur angesprochen. 211 Koster v. Lumbermens Mutual Co. , 330 U.S. 518, 520 (1947). 212 Vgl. Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 383 (1992), mit Bezug auf die "nationale" forum non conveniens-Vorschrift 28 U.S.C. § 1404 (a).

60

§ 3 Voraussetzungen derforumnon conveniens-Lehre

B. Jurisdiction Die Lehre von forum non conveniens ist nicht anwendbar, soweit ein Gericht angerufen wurde, dem die internationale, sachliche oder örtliche Zuständigkeit (jurisdiction) fehlt213 • Dies entspricht der Funktion der Lehre. Sie ist die letzte Möglichkeit für ein Gericht, die Ausübung seiner Zuständigkeit in Fällen abzulehnen, in denen zwar alle verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Voraussetzungen für die Bejahung der Zuständigkeit gegeben sind, in denen aber unbillige Härten für die Verfahrensbeteiligten und das Gericht angesichts eines verfügbaren und besser geeigneten alternativen Forums entständen, wenn man die an sich gegebene Zuständigkeit ausüben würde, anstatt die Klage abzuweisen214 . Einige Gerichte wenden forum non conveniens-Überlegungen bereits an, wenn noch zu entscheiden ist, ob jurisdiction überhaupt gegeben ist215 . Dies geschieht in der Regel im Zusammenhang mit der Frage, ob minimum contacts zum Forum gegeben sind. Dieses Vorgehen entspricht der von Ehrenzweig vorgeschlagenen Lehre vomforum conveniens216 • Es ist wie die Lehre selbst auf Kritik gestoßen, da es die unterschiedliche Funktion der verfassungsrechtlichen Schranken bezüglich jurisdiction einerseits und der forumnon conveniens-Lehre andererseits nicht anerkennt217 . Die geschilderte Praxis entspricht nicht der herrschenden Meinung der Bundesrichter. C. Alternatives Forum Die Anwendbarkeit der Lehrevomforum non conveniens setzt voraus, daß wenigstens ein anderes Gericht zur Verfügung steht, bei dem der Kläger ebenfalls klagen kann218 . Das alternative Forum muß zudem zur Verfahrensdurchführung besser geeignet (more convenient) sein als das Gericht, bei dem die Klage ursprünglich eingereicht wurde. Diese Voraussetzung soll im nächsten Kapitel behandelt werden. Außerdem muß das alternative Forum verfügbar (available) und geeignet (adequate) sein. Die Verfügbarkeil und Geeignetheit eines alternativen 213 GulfOil Corp. v. Gi/ben. 330 U.S. 501, 503 (1947). 214 GulfOil Corp. v. Gi/ben, ebd. ; Scoles/Hay, Conflict of Laws, 373f. (1992). 215 Buckeye Boiler v. Superior Coun, 71 Cal.2d 893, 899; 458 P2d 57, 62 (1969); Comelison v. Chaney, 16 Cal.3d 143, 148; 545 P2d 264, 268 (1976). 216Ehrenzweig, 65 Yale L. Rev. 289, 312ff. (1956). 217 s. oben S. 35, FN 65. 218 GulfOil Corp. v. Gilben, 330 U.S. 501, 507 (1947).

C. Alternatives Forum

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Gerichts stehen am Beginn der forum non conveniens-Untersuchung219 . Die Beweislast diesbezüglich liegt beim Beklagten22o. I. Verfügbarkeil eines alternativen Forums

Verfügbarkeil bedeutet, daß alle Beklagten im alternativen Forum verklagt werden können221 und daß die Zuständigkeit des anderen Gerichts sich auf den gesamten Streitgegenstand erstreckt222. Es ist nicht erforderlich, daß das alternative Gericht bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Klagerhebung zuständig war223 . Vielmehr wird das alternative Gericht auch als verfügbar betrachtet, sobald der Beklagte sich der Gerichtsgewalt dieses Gerichts unterwirft. Dies gilt selbst dann, wenn der Beklagte erst nach der ursprünglichen Klageinreichung der Klagerhebung vor dem anderen Gericht zustimmt224 . Einige einzelstaatliche Gerichte verweigern eine Klagabweisung wegen forum non conveniens in derartigen Fällen225 . Diese Position entspricht der alten common law Regel, derzufolge forum non conveniens nur anwendbar war, soweit die Klage "mala fide" erhoben worden und für den Beklagten schikanös und schwer erträglich (vexatious und oppressive) war. Malafide, d. h. Bösgläubigkeit kann aber nicht angenommen werden, wenn zur Zeit der Klagerhebung kein Zugang zu einem anderen Gericht bestand226. Die Bundesgerichte haben sich von den Ursprüngen der forum non conveniens-Lehre im common law gelöst und entscheiden anders. Nach heute vorherrschender Auffassung besteht der Zweck der forum non conveniensLehre darin, eine Klage unabhängig vom guten oder bösen Glauben des Klägers vor ein geeignetes Gericht zu bringen, und ist nicht darauf 219 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255 (1981). 220 Maganlal &: Co. v. M.G. Chemical Co., 942 F.2d 164, 167 (2d Cir. 1991); Sherrill v.

Brinkerhoff Maritime Drilling, 615 F. Supp. 1021, 1030 (D.C. Ca!. 1985). 221 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255 (1981); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1164 (5th Cir. 1987); Mercier v. Sheraton Intern., 935 F.2d 419, 424 (Ist Cir. 1991). 222Jn re Air Crash Disaster near New Orleans, ebd.; Mercier v. Sheraton Intern., ebd. 223 Veba-Chemie A.G. v. MIV Getajix, 711 F.2d 1243, 1245f. (5th Cir. 1983). 224 Veba-Chemie A.G. v. MIV Getajix, ebd. Insoweit unterscheidet sich die forum non conveniens-l..ehre von 28 U.S.C. § 1404 (a). Zu dieser Verweisungsnorm führte der Supreme Court in Hoffman v. Blaski, 363 U.S. 80 (1960) aus, daß "where the action might have been brought" voraussetze, daß die Klage am alternativen Gericht tatsächlich zu dem Zeitpunkt hätte erhoben werden können, zu dem die Klage im angerufenen Gericht erhoben wurde. 225 Hili v. Upper Mississippi Towing Corp., 89 N.W. 2d 654 (S.Ct. Minn. 1958); Dietrich v. Texas National Petroleum Co., 193 A.2d 579 (Del.Super. 1963). 226 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 62.

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§ 3 Voraussetzungen derforumnon conveniens-Lehre

beschränkt, schikanöser Rechtsverfolgung zu begegnen. Daher ist es nach Ansicht der Bundesgerichte ausreichend, wenn der Beklagte ein alternatives Forum erst durch seine Zustimmung nach Erhebung der ursprünglichen Klage schafft. Dem entspricht es, wenn Klagabweisungen durch Bundesgerichte wegen forum non conveniens oft an die Bedingung geknüpft werden, daß der Beklagte freiwillig und ohne Rüge des Fehlens der internationalen Zuständigkeit am Verfahren vor dem anderen Gericht teilnimmt227 . So soll sichergestellt werden, daß der Kläger seine Ansprüche tatsächlich vor dem alternativen Forum geltend machen kann228. Durch eine weitere Maßnahme versuchen Bundesgerichte sicherzustellen, daß ein alternatives Forum, nach dessen Recht Verjährung droht oder eingetreten ist, verfügbar bleibt bzw. wieder verfügbar wird. Der Gebrauch der Formulierung "Verfügbarkeit des Gerichts" im Zusammenhang mit Verjährung spiegelt das dem amerikanischen Recht zugrundeliegende prozessuale Verständnis der Verjährungseinrede wider. Droht eine Verjährungseinrede des Beklagten im Verfahren vor dem anderen Gericht, weil die dort relevante Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist oder in Kürze ablaufen wird, so sprechen die Gerichte die Klagabweisung in der Regel nur unter der Bedingung aus, daß die Klage vor dem alternativen Forum nicht als verjährt abgewiesen wird. Der Beklagte hat in solchen Fällen regelmäßig auf die Verjährungseinrede zu verzichten229 . Eine derartige Bedingung ist nicht unfair, da es der Beklagte ist, der die Klagabweisung begehrt. II. Geeignetheit des alternativen Forums

Das alternative Forum wird als geeignet angesehen, soweit dort ein faires Verfahren gewährleistet ist. Ferner muß abzusehen sein, daß das alternative Gericht der Klage zumindest teilweise stattgeben wird, vorausgesetzt, der Kläger kann die Richtigkeit seiner Tatsachenbehauptungen beweisen, ohne daß der Beklagte eine umfassende und wirksame Einrede vorbringen kann23°.

227 Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1666 (1992). 228 Weintraub, Comrnentary on the Conflicts of Law, 214 (1986). 229 Crimson Semiconductor, lnc. v. Electronum, 629 F. Supp. 903, 908f. (S.D.N.Y. 1986);

Feenerty v. Swiftdrill, lnc. , 706 F. Supp. 519, 524 (E.D. Tex 1989). 230 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255 (1981); Capri Trading Corp. v. Bank Bumiputra Malaysia Berhard, 812 F. Supp. 1041, 1043 (N.D. Cal. 1993).

C. Alternatives Forum

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Grundsätzlich besteht eine Vermutung, daß das alternative Forum geeignet ist231 . Nur in wenigen Fällen wird diese Vermutung zu widerlegen sein232.

1. Geeignetheit und anwendbares Sachrecht Dem Supreme Court zufolge sind Mängel (deficiencies) des materiellen Rechts, welches das andere Gericht anwenden würde, nur erheblich, falls die Anpruchsgrundlage, auf die sich der Kläger nach dem alternativ anzuwendenden Recht stützen könnte, eindeutig unzureichend oder unbefriedigend wäre, so daß man vom Fehlen einer Anspruchsgrundlage überhaupt reden könnte233. Ist das Recht, das das alternative Forum anwenden würde, lediglich weniger vorteilhaft für den Kläger, so reicht dies nicht aus, um von einem ungeeigneten Forum sprechen zu können234 . Stellt das alternativ anzuwendende Recht beispielsweise keine punitive damages oder keinen Schadensersatzanspruch für erlittene psychische Schmerzen zur Verfügung, so bedeutet dies noch nicht, daß das andere Gericht ungeeignet ist23S. Es ist nicht erforderlich, daß im konkreten Fall eine tatsächliche Chance besteht, zumindest einen teilweisen Klagerfolg zu erzielen. Eine Klagabweisung ist vielmehr auch möglich, wenn abzusehen ist, daß der Beklagte im alternativen Forum mit einer Einrede ganz oder zum Teil gehört werden wird -zu denken ist z. B. an die Einrede der Nichtbeachtung von Formerfordernissen -, die nach dem ursprünglich anzuwendenden Recht irrelevant gewesen wäre, solange das andere Gericht nur im allgemeinen eine Anspruchsgrundlage in Fällen der vorliegenden Art zur Verfügung stellt236. · Dieses Ergebnis ist nicht befriedigend. Aus Klägersicht macht es keinen Unterschied, ob das alternativ anwendbare Recht gemessen an amerikanischen Maßstäben generell keinen ausreichenden Schutz bzw. Ersatz bietet, oder ob 231 Torreblanca de Aguilar v. Boeing Co., 806 F. Supp. 139, 143 (E.D. Tex. 1992). 232 s. Mercier v. Sheraton Intern .. 935 F.2d 1345, 1351 (Ist Cir. 1992). Dort führte das

Gericht mit Blick auf den Gesichtspunkt des fairen Verfahrens aus, die behauptete Voreingenommenheit türkischer Gerichte gegenüber Amerikanern bzw. Frauen mache die Türkei nicht zu einem ungeeigneten Forum. S. a. Rosato, J. Comp. Bus. & Cap. Market L. 8 (1986) 169. 174. 233 Piper Aircraft v. Reyno. 454 U.S. 235, 255 (1981). Die Gerichte kommen nur sehr selten zum Ergebnis, das ausländische Forum stelle kllillll ausreichende Anspruchsgrundlage zur Verfügung und sei deshalb ungeeignet. 234Ebd.

23S De Melo v. Lederte I.Aboratories, 801 F.;2d 1058, 1061 (8th Cir. 1986); s. a. Mercier v. Sheraton Intern. , 935 F.2d 419, 429 (Ist Cir. 1991); Torreblanca de Aguilar v. Boeing Co., 806 F. Supp. 139, 143 (E.D. Tex. 1992); a. A., liDSCheinend Marriott v. Sedco Forex Intern Resources, Lid, 827 F. Supp. 59, 69f. (D. Mass 199:}). 236 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 247 (1981).

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§ 3 Voraussetzungen derforumnon conveniens-Lehre

dies bloß im konkreten Fall so ist. Zudem ist es der Rechtssicherheit abträglich, daß es grundsätzlich keine Rolle spielt, wenn das Recht des alternativen Forums für den Kläger weniger vorteilhaft ist als das von einem amerikanischen Gericht anzuwendende Recht, daß aber ausnahmsweise das alternative Gericht doch wegen Unzulänglichkeiten des von ihm anzuwendenden materiellen Rechts ungeeignet sein soll - nämlich dann, wenn das vom alternativen Forum anzuwendende Recht "eindeutig unbefriedigend" ist. Die vom Supreme Court angesprochene Grenze zwischen eindeutig unbefriedigendem Recht und gerade noch akzeptablem Recht ist nicht klar. 2. Geeignetheil und anwendbares Prozeßrecht Während die Versagung der Klagabweisung wegen Mängeln des vom alternativen Forums anzuwendenden materiellen Rechts bisher praktisch keine Rolle spielte, unterblieb die Klagabweisung gelegentlich wegen Mängeln im Prozeßrecht des alternativen Gerichts. Dennoch gilt auch hier, daß Mängel im Prozeßrecht des alternativen Forums oder bloße Abweichungen vom amerikanischen Prozeßrecht die Geeignetheil des alternativen Forums in der Regel ebenfalls unberührt lassen237. Wiederholt wurde die Frage erörtert, ob die fehlende Möglichkeit des mittellosen Klägers, am alternativen Gerichtsort ein Erfolgshonorar vereinbaren zu können (contingency fees), einer Klagabweisung wegen forum non conveniens entgegensteht. In seltenen Fällen wurde angenommen, daß dieser Umstand zur Ungeeignetheil des alternativen Gerichts führt238 . Anders verhält es sich jedoch, wenn das alternative Gericht Prozeßkostenhilfe gewährt, oder wenn der obsiegenden Partei ihre Kosten und Auslagen erstattet werden. Dann verbietet das Fehlen eines contingencyjee Systems die Klagabweisung nicht239 . Ist am anderen Gerichtsort pretrial discovery nicht möglich, oder wird dort kein Jury-Verfahren gewährleistet, so führt dies grundsätzlich nicht dazu, daß das andere Gericht als ungeeignet eingestuft wird240 . 237 Gleiches gilt, wenn das Verfahren im Ausland nicht so schnell zu einem Ende geführt werden kann wie in den Vereinigten Staaten, s. Neo Sack v. Vinmar lmpex, lnc., 810 F. Supp. 829, 834 (S.O. Tex. 1993). 238Fiorenza v. U.S. Steellntem., 311 F. Supp. 117, 120f. (S.D.N.Y. 1969); Odita v. Eider Dempster IJ.nes, 286 F. Supp. 547, 551 (S.D.N.Y. 1968); zurückhaltend Rudetsky v. O'Dowd, 660 F. Supp. 341, 348 (E.D.N.Y. 1987). 239 De Melo v. Lederle lAboratories, 801 F.2d 1058, 1061 (8th Cir. 1986); Coakes v. Arabian Am. Oil Co., 831 F.2d 572, 575 (5th Cir. 1987). 240 Lockman Found. v. Evangelical Alliance Mission, 930 F.2d 764, 768 (9th Cir. 1991); Murty v. Aga Khan, 92 F.R.D. 478, 482 (E.D.N.Y. 1981). Anders die ältere Entscheidung Mobil Tankers Co. v. Mene Grande Oil Co., 363 F.2d 611 , 614 (3d Cir. 1966); dort wurde das

C. Alternatives Forum

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Auch praktische Barrieren können, wenn sie groß genug sind, dazu führen, daß das andere Gericht als ungeeignet eingestuft wird und daher eine Klagabweisung wegenforumnon conveniens ausgeschlossen ist241 • Insbesondere eine extrem lange Verfahrensdauer beim alternativen Forum kann als Verletzung des Grundsatzes des rechtsstaatliehen Verfahrens (due process) angesehen werden und die genannte Folge haben242 • In der Regel ist aber auch eine längere Verfahrensdauer im Ausland keine vielversprechende Verteidigung gegen eine Klagabweisung. Manchmal sprechen Gerichte die Klagabweisung unter der Bedingung aus, daß das Verfahren im Ausland zügig durchgeführt wird. So soll zum Schutze des Klägers einer Verfahrensverschleppung durch den Beklagten vorgebeugt werden243 • Die Effektivität derartiger Bedingungen ist zweifelhaft, insbesondere wenn die Verzögerung vom ausländischen Gericht ausgeht. Immerhin aber wird durch die bedingte Klagabweisung dem Kläger die Möglichkeit gegeben, zu den amerikanischen Gerichte zurückzukehren. Schließlich kann auch das Unvermögen eines fremden Staates, ein faires und zuverlässiges Verfahren zu garantieren, dazu führen, daß der Kläger nicht auf ein ausländisches Gericht verwiesen wird244 . Allerdings werden Unzulänglichkeiten in der Rechtspflege anderer Staaten nur selten offen angesprochen; die Gerichte neigen eher dazu, einen forum non conveniensAntrag aus anderen Gründen abzulehnen245 • Wie die Grenzziehung zwischen eindeutig unbefriedigendem Recht und gerade noch akzeptablem Recht ist auch die Grenzziehung zwischen relevanten und irrelevanten Mängeln im Prozeßrecht des alternativen Forums bzw. alternative Forum in Venezuela wegen unzureichender Beweisermittlungsmöglichkeiten und wegen als zu eng empfundener Grenzen bezüglich der Einbeziehung von Sachverständigen für ungeeigent befunden. 241 Darman v. Emerson Elec. Co, 789 F. Supp. 688, 692 (E.D. Mo. 1992). 242Hatzlachh Supply v. Savannah Bank, 649 F. Supp. 688,692 (S.D.N.Y. 1986); s. a. Neo Sack v. Vinmar lmpex, lnc., 810 F. Supp. 829, 834 (S.D. Tex. 1993). 243 Borden, /nc. v. Meiji Milk Products Co.,919 F.2d 822, 829 (2d Cir. 1990), cert. den. 111 S.Ct. 2259 (1991). 244 Rasoulzadeh v. Associated Press, 574 F. Supp. 854, 860 (S.D.N.Y. 1983); das Gericht ging davon aus, daß das Leben des Klägers geflihrdet sei, wenn er seine Ansprüche im Iran geltend machen würde. Walpex Trading v. Yaciminientos Petrliferos, 712 F. Supp. 383, 393 (S.D.N.Y. 1989); angesichts Bürgerunruhen und politischem Chaos hielt das Gericht Bolivien für einen ungeeignetes Gerichtsort. Carl Zeiss Stiftung v. V.E.B. Carl Zeiss, Jena, 293 F. Supp. 892, 907f. (S.D.N.Y. 1968), modijied 433 F.2d 686 (2d Cir. 1970), cert. den. 403 U.S. 905 (1971); das erstinstanzliehe Gericht nahm an, daß die Gerichte der ehemaligen DDR keine richterliche Unabhängigkeit genössen. 245Hatz/achh Supply v. Tradewind Ailways Ltd., 659 F. Supp. 112, 116 (S.D.N.Y. 1987); das Gericht deutete lediglich an, daß es Zweifel an der Fairness eines etwaigen Verfahrens in Nigeria hatte. 5 Dorsel

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§ 3 Voraussetzungen derforumnon conveniens-Lehre

die zwischen erheblichen und unerheblichen praktischen Schwierigkeiten nicht klar. Insoweit hat die Rechtsprechung noch keine verläßlichen Abgrenzungskriterien entwickelt. Allerdings kann man feststellen, daß die Ablehnung eines forum non conveniens-Antrages sehr selten mit der Ungeeignetheit des alternativen Gerichts begründet wird. 3. Stellungnahme

Nicht überzeugend ist, daß ein für den Kläger nachteiliger Wechsel hinsichtlich des Prozeßrechts oder praktische Schwierigkeiten bei der Rechtsverfolgung im Ausland eher dazu führen, daß das alternative Forum als ungeeignet qualifiziert wird, als ein ebenfalls für den Kläger nachteiliger Wechsel hinsichtlich des anwendbaren materiellen Rechts. Man sollte erwarten, daß einem Wechsel des anwendbaren materiellen Rechts, der sich regelmäßig im Prozeßergebnis auswirkt, größere Bedeutung beigemessen wird als bloßen prozessualen Fragen, die nicht notwendig das Prozeßergebnis beeinflussen. Dessen ungeachtet stellen die Gerichte auch bei der Abwägung der relevanten privaten und öffentlichen Interessen in der Regel nicht darauf ab, ob die Verweisung des Klägers auf eine Klage in einem anderen Land einen Einfluß auf das Ergebnis des Prozesses hat246. 111. Fehlen eines alternativen Forums

Das Fehlen eines alternativen Forums führt grundsätzlich dazu, daß eine Klagabweisung wegen forum non conveniens nicht erfolgt247 . Einige Gerichte haben allerdings obiter dicta ausgeführt, daß die Voraussetzung der Verfügbarkeit eines anderen Gerichts entfallen könne, wenn der Kläger selber für die Nicht-Verfügbarkeit eines anderen geeigneten Gerichts verantwortlich sei. So führte das Gericht in Veba-Chemie A.G. v. MIV Getafix z. B. aus, ein Gericht habe möglicherweise die Befugnis, das Fehlen eines alternativen Forums zu ignorieren, wenn dieses auf das klägerische Verhalten zurückgeführt werden könne. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn der Kläger vorsätzlich so spät vor einem als ungeeignet anzusehenden amerikanischen

246Vgl. unten S. 91ff. 247 Ale:cander, 86 Colum. L. Rev. 1000, 1006 (1986). In einigen Einzelstaaten wird es nicht als unerläßliche Voraussetzung für eineforumnon conveniens-Entscheidung angesehen, daß ein alternatives Forum vorhanden ist, s. McMahon , 57 A.L.R. 4th 973, 984ff. (1987); Barber, N.Y.L.J. 26. März 1990, S.3.

D. Anwendung derforumnon conveniens Lehre nicht ausgeschlossen

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Gericht Klage erhebe, daß im Zeitpunkt der Klagerhebung das alternative Forum nicht mehr verfügbar sei248. Diese Möglichkeit hat aber in der Praxis keine nennenswerte Bedeutung. Sollte es aufgrunddes Ablaufs von Verjährungsfristen dazu kommen, daß das ausländische Gericht nach amerikanischem Verständnis, demzufolge Verjährungsfristen prozessualen Charakter haben, nicht mehr "verfügbar" ist, so läßt sich dieses Problem grundsätzlich leicht beheben. Denn die Klagabweisung kann unter der Bedingung erfolgen, daß der Beklagte sich vor dem ausländischen Gericht nicht auf die Verjährung beruft. In mehreren Fällen verzichteten die Gerichte sogar auf diese Möglichkeit, obwohl das Fehlen eines erreichbaren Gerichts auf den Kläger zurückgeführt wurde und wiesen den Antrag des Beklagten auf Klagabweisung wegen forum non conveniens mangels alternativen Forums ab249. D. Anwendung derforumnon conveniens-Lehre nicht ausgeschlossen I. Vorrang von 28 U.S.C. § 1404 (a)

Die Anwendung der forum non conveniens-Lehre ist ausgeschlossen, wenn das alternative Forum ein Bundesgericht wäre. In diesem Fall geht 28 U.S.C. 1404 (a) als Iex specialis vor250 . Wie erwähnt sieht 28 U.S.C. § 1404 (a) vor, daß ein Bundesgericht eine bei ihm eingereichte und zulässige Klage an ein anderes Bundesgericht verweisen kann, wenn die Klage auch bei diesem anderen Gericht hätte erhoben werden können. Das Ermessen, das den Richtern durch diese Norm eingeräumt wird, ist größer als das, welches ihnen nach der forum non conveniens-Lehre zusteht, da im Fall des 28 U .S.C. 1404 (a) die Sache lediglich an ein anderes Gericht verwiesen wird, eine Klagabweisung also unterbleibt251.

Dieforum non conveniens-Lehre und nicht 28 U .S.C. 1404 (a) ist anwendbar, wenn das alternative Forum ein einzelstaatliches bzw. territoriales oder ein ausländisches Gericht ist252 . Daß ein einzelstaatliches Gericht als besser geeignet angesehen wird, ist allerdings selten253.

248 Veba-Chemie A.G. v. M/V Getajix, 711 F.2d 1243, 1248 (5th Cir. 1983). 249 Esso Transp. Co. v. Terminales Maracaibo, C.A., 352 F. Supp. 1030, 1031 (S.D.N.Y.

1973). 250 Der Wortlaut der Norm ist abgedruckt aufS. 55, FN 185. 251 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 235 (1981).

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§

3 Voraussetzungen derforumnon conveniens-Lehre

Als Gerichte im Sinne der forum non conveniens-Lehre kommen auch Schiedsgerichte in Betracht254. II. Gesetzliche Schranken

Gesetze können das richterliche Ermessen, Klagen wegen forum non conveniens abzuweisen, ausschließen255 . Ob ein Gesetz beabsichtigt, die Ausübung der jurisdiction der amerikanischen Gerichte sicherzustellen, bestimmt sich nach dem Gesetzeswortlaut, dem Zweck des Gesetzes und insbesondere danach, ob das Gesetz darauf zielt, dem Kläger ein Wahlrecht hinsichtlich des Gerichtsortes zu gewährleisten, oder darauf, den Gerichten eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der Gerichtswahl des Klägers zu belassen256 . Das am häufigsten diskutierte Beispiel bezüglich der die forum non conveniens-Lehre ausschließenden Wirkung eines Gesetzes ist der Iones Act251 . Dieses Gesetz regelt, daß ein Seemann, der in Ausübung seiner Tätigkeit durch Fahrlässigkeit des Eigentümers, Kapitäns oder eines anderen Besatzungsmitglieds des Schiffes, auf dem er arbeitet, einen Schaden erleidet, Anspruch auf Ersatz seines Schadens hat. Ziel dieses Gesetzes ist es, Seeleute zu schützen, die früher und vermutlich auch noch heute keinen leichten Zugang zu anderen Gerichten hatten bzw. haben, bei denen sie einen etwaigen Schaden geltend machen konnten bzw. können258 . Aus dieser Zielsetzung entnehmen einige Gerichte, daß die forum non conveniens-Lehre wenigstens dann ausgeschlossen sei, wenn amerikanisches Recht zur Anwendung komme259 . Die herrschende Meinung geht aber davon aus, daß dieforumnon conveniens-Lehre nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß der Jones Act anwendbar ist260.

252 Jeans v. Michell, 418 F. Supp. 730, 734 (D. Minn. 1976). 253 Ein vereinzeltes Beispiel ist Sirnon v. Silfen, 247 F. Supp. 762, 763 (S.D.N.Y. 1965); in diesem Fall war bereits eine Klage in gleicher Sache vor dem einzelstaalichen Gericht anhängig. S. a. Ott v. Kaiser Georgetown Community Health Plan lnc., 689 F. Supp. 9 (D.D.C. 1988). 254 Naviera v. Cementos del Valle, 159 F.2d 1027, 1031 (2d Cir. 1985). 255 Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F.2d 824, 834 (5th Cir. 1993). 256Ebd. 257 46 u .s.c. § 688. 258McAIIen, 13 Southem Ill. U.L. Rev. 191, 223f. (1982). 259 Zipfel v. Halliburton, 820 F.2d 1438, 1449 (9th Cir. 1987); das Gericht folgte ausdrücklich nicht der Entscheidung Cruz v. Maritime Co. of Phillippines, 702 F.2d 47, 48 (2d Cir. 1983), die zum gegenteiligen Ergebnis gekommen war. S. a. McCielland Engineers, lnc. v. Munusamy, 784 F.2d 1313, 1316f. (5th Cir. 1986); das Gericht vertrat die Ansicht, daßforum non conveniens nur anzuwenden sei, soweit der Jones Act nicht anwendbar sei.

D. Anwendung derforumnon conveniens Lehre nicht ausgeschlossen

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Im allgemeinen ist die Rechtsprechung sehr zurückhaltend mit der Annahme, ein Gesetz wolle das richterliche Ermessen, jurisdiction nicht auszuüben, einschränken. In den letzten Jahren zeichnete sich auf der Ebene der Bundesgerichte sogar die gegenteilige Entwicklung ab. So gaben viele Gerichte früher vertretene Ansichten auf, denenzufolge die Anwendbarkeit der forum non conveniens-Lehre durch bestimmte Gesetze ausgeschlossen oder beschränkt sei261 . Dadurch wuchs die Bedeutung der forum non conveniens-Lehre. Einzelstaatliche Gerichte scheinen demgegenüber eher gewillt zu sein, Gesetze dahingehend auszulegen, daß sie das richterliche Ermessen ausschließen, Klagen wegen forum non conveniens abzuweisen. Besondere Aufmerksamkeit in diesem Zusammenhang erhielt die Entscheidung Dow Chemical Co. v. Alfaro des Supreme Court von Texas262 . Das Gericht entschied, die Anwendung der forum non conveniens-Lehre sei in Texas ausgeschlossen, wenn es um widerrechtliche Tötungs- und Körperverletzungsklagen gehe263.

260 Sigalas v.Lido Maritime, lnc., 776 F.2d 1512, 1518 (11th Cir. 1985); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1163 (5th Cir. 1987); der Court of Appeals gab seine frühere Ansicht auf und erklärte, daß die forum non conveniens-Lehre in allen Fällen, einschließlich des Jones Acts und anderer seerechtlicher Fälle, anwendbar sei. S. zum Streitstand O'Shea, 14 Fordham Int'l. L.J. 696 (1990-91); Edelman. 15 J. Mar. L. & Com. 517, 529ff. (1984). S. a. Contact Lumber Co. v. P.T. Moges Shipping Co. Ltd., 918 F.2d 1446, 1451 (9th Cir. 1990), wo das Gericht entschied, daß die Anwenbarkeit des Carriage of Goods by Sea Act (COGSA) die Anwendbarkeit der forum non conveniens-Lehre nicht ausschließe. 261 In der Entscheidung Transunion Corp. v. Pepsico, Inc., 811 F.2d 127. 130 (2d Cir. 1987) führt der Court of Appeals aus, daß die forum non conveniens-Lehre sowohl auf antitrustals auch auf R/CO-Kiagen (Racketeer and Corrupt Organisations) Anwendung finde. Bezugnahmen im R/CO-Gesetz auf die aktuelle Antitrust Gesetzgebung zeigten deutlich, so das Gericht, daß die frühere Auffassung des Gerichts, derzufolge die forum non conveniens-Lehre in derartigen Fällen nicht anwendbar sei, nicht länger aufrechterhalten werden könne. Die Courts of Appeals für den fünften und neunten Bezirk vertreten dieselbe Auffassung, s. Kempe v. Ocean Drilling and Exploration Co., 876 F.2d 1138, 1144 (5th Cir. 1989) und Lockman Found. v. Evangelical Alliance Mission, 930 F.2d 764, 768f. (9th Cir. 1991). S. a. Proyecfin de Venzuela v. Banco lndustrial de Venezuela, 760 F.2d 390, 394 (2d Cir. 1985); Capri Trading Corp. v. Bank Bumiputra Malaysia Berhard, 812 F. Supp. 1041 , 1045f. (N.D. Cal. 1993). In der Entscheidung In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1161f. (5th Cir. 1987) vertrat der Court of Appeals für den zweiten Bezirk die Ansicht, die Warschauer Konvention garantiere dem Kläger kein absolutes und unantastbares Recht, ein nationales (amerikanisches) Gericht zu wählen, vor dem er seine Ansprüche geltend machen könnte. 262 Dow Chemical Co. v. Alfaro, 786 S. W.2d 674 (Tex. 1990). cert. den. 111 S.Ct. 671 (1991). Ablehnend besprochen von Weintraub, Tex. Bar J. 1992, 346, 348; House, Tex. Bar J. 1991, 558, 560; Kreindler, N.Y.L.J. 4. September 1990, S. 3ff. Zustimmend Schlesinger/Sanocki, N.Y.L.J. 17. Mai 1990, S. 3ff. S. a. Fammler, RIW 1990, 808. 263 Ebd. S. 679.

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§ 4 Begriff der Inconvenience

111. In rem jurisdiction über unbewegliches Vermögen

Streiten die Parteien über unbewegliches Vermögen (real property), das in den Vereinigten Staaten belegen ist, vor dem Gericht der belegeneo Sache, so ist eine Klagabweisung wegen besserer Eignung eines ausländischen Gerichts nicht zulässig264 . In derartigen Fällen gilt die forum non conveniens-Lehre als nicht anwendbar. Dies ist allerdings eher von theoretischer als von praktischer Bedeutung. Denn in Fällen, in denen über in Amerika belegenes, unbewegliches Vermögen gestritten wird, wird man kaum zum Ergebnis gelangen, ein ausländisches Gericht sei besser geeignet, den Streit zu entscheiden. Dies gilt umso mehr, als in rem jurisdiction traditionell als besonders tragfähige Basis für jurisdiction gilt265.

§ 4 Begriff der lnconvenience A. Prüfungsmaßstab Das Anliegen der forum non conveniens-Lehre, so wie sie heute in der Rechtsprechung angewandt wird, ist es sicherzustellen, daß der Gerichtsort und das Gerichtsverfahren für die Beteiligten und das Gericht convenient sind266 . Maßstab für die forum non conveniens-Vntersuchung ist nicht das verfassungsrechtlich gebotene, absolute Mindestmaß an convenience. Vielmehr ist ein relativer Maßstab zugrundezulegen, bei dem die Mühen und Probleme, die das Gerichtsverfahren am angerufenen Gerichtsort verursachen würde, mit denen zu vergleichen sind, die es am alternativen Forum verursachen würde267 . Bei diesem Vergleich hat das Gericht zahlreiche private und öffentliche Interessen zu berücksichtigen, wie sie in der Gilbert-Entscheidung aufgezählt wurden268 . Die Berücksichtigung privater Interessen dient in erster Linie dem Schutz des Beklagten. Er soll vor schwerwiegenden Nachteilen 264 Republic of Philippines v. Marcos, 806 F.2d 344, 361 (2d Cir. 1986). 265 von Mehren, 63 Boston U.L. Rev. 279, 287f. (1983). 266 Mercier v. Sheraton Intern. , 935 F.2d 419, 424 (1st Cir. 1991). In Cunningham v. Ford

Motor Co., 413 F. Supp. 1101, 1105 (D.S.C. 1976) fühn das Gericht aus, Ziel der Lehre sei es, "to find the fairest trial for all concemed." 267 Nolan v. Boeing Co., 919 F.2d 1058, 1070 (5th Cir. 1990), Day &: Zimmennann, /nc. v. Exportadora Salecedo de Elaboradoros de Cacao, S.A., 549 F. Supp. 383, 385 (E.D. Penn. 1982). 268 Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U .S. 501, 507 (1947). Die Gerichte zitieren die in dieser Entscheidung genannten Interessen nicht selten en bloc.

A. Prüfungsmaßstab

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bewahrt werden, die sich aus der Gerichtsstandswahl des Klägers für ihn ergeben können. Dieser Problembereich wird in der Rechtsprechung regelmäßig mit Begriffen wie "oppression", "vexation" oder "harassment•269 und "trial convenience", "fair trial" oder "ends ofjustice" angesprochen270 . Die Berücksichtigung der sog. öffentlichen Interessen soll die Öffentlichkeit im jeweiligen Gerichtsbezirk vor unnötigen Verzögerungen in der Bearbeitung der offenen Verfahren schützen, die durch ungebührliche Belastung der Gerichte mit Verfahren entstehen können, die keinen ausreichenden Bezug zum Gerichtsbezirk haben271 . Auch soll vermieden werden, daß die Bevölkerung durch Jury-Verpflichtungen sowie gesteigerte Ausgaben für die Justizverwaltung übermäßig belastet wird272 . Aus diesen Überlegungen ergibt sich der Prüfungsmaßstab, der anzulegen ist, wenn es darum geht, ob eine Klage abgewiesen werden soll, weil das angerufene Gericht weniger geeignet erscheint als ein verfügbares alternatives Gericht. Es muß eindeutig sein, daß die Ausübung der jurisdiction für den Beklagten Schikane oder schwere Belästigung mit sich bringen würde, oder daß diese so nachteilig für den Beklagten wäre, daß die Vorteile, die der Kläger durch Klage am von ihm gewählten Gericht haben würde, in keinem Verhältnis zu den Nachteilen stehen, die diese Klage für den Beklagten mit sich bringen würde. Sind die Nachteile für den Beklagten nicht in diesem Maße manifest, sondern halten sich die Nachteile für den Beklagten und die Vorteile für den Kläger die Waage, so ist darauf abzustellen, ob sich eindeutig abzeichnet, daß die Ausübung der jurisdiction nicht wünschenswert ist, weil das konkrete Gericht bzw. die Bevölkerung durch verwaltungstechnische, rechtliche oder andere Probleme unverhältnismäßig belastet würde273 .

269 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 604 (3d Cir. 1991); Sibaja v. Dow Chemical Co .• 757 F.2d 1215, 1218 (11th Cir. 1985); Miskow v. Boeing Co.• 664 F.2d 205. 208 (9th Cir. 1981); Weiss v. Glemp, 792 F. Supp. 215. 229 (S.D.N.Y. 1992). 210Jennings v. Boeing Co., 660 F. Supp. 796, 799 (D.C. Pa. 1987); Hasakis v. Trade Bulkers, lnc.• 690 F. Supp. 260 261 (S.D.N.Y. 1984); American Horne Assur. Co. v. lnsurance Corp. of Ireland, 603 F. Supp. 636, 640 (D.C.N.Y. 1984); Transunion Corp. v. Pepsico, lnc.• 640 F. Supp. 1211, 1215 (S.D.N.Y. 1986); Ledingham v. Parke-Davis Div. of Warren-lAmbert Co., 628 F. Supp. 1447, 1419 (E.D.N.Y. 1986). 271 Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 508f. (1947); Blair. 29 Co!. L. Rev. 1, 25ff. (1929). 272 Ebd.

273 Miskow v. Boeing Co., 664 F.2d 205, 208 (9th Cir. 1981); Sibaja v. Dow Chemical Co., 757 F.2d 1215, 1218 (11th Cir. 1985); lAny v. E.l. Du Pont de Nemours & Co .• 935 F.2d 604, 609 (3d Cir. 1991).

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§ 4 Begriff der lnconvenience

Im Rahmen der Ermessensausübung darf nicht einem isolierten Interesse übermäßiges Gewicht beim Abwägungsvorgang beigemessen werden274 . Diese Maßgabe des Supreme Court macht die Darstellung der zahlreichen zu berücksichtigenden Interessen schwierig. Man muß sich daher immer vor Augen halten, daß es gilt, die verschiedenen Interessen, die im folgenden vorgestellt werden, in einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen.

B. Private Interessen I. Nationalität

Die Nationalität der Parteien spielt eine zentrale Rolle bei der Interessenabwägung der forum non conveniens-Lehre. Die Rechtsprechung ist eher geneigt, Klagen von ausländischen Staatsangehörigen wegen forum non conveniens abzuweisen, als von amerikanischen; gleichzeitig ist es für ausländische Staatsangehörige schwieriger, sich einer Klage vor amerikanischen Gerichten zu entziehen, als für amerikanische. Das hat in der Literatur zur Diskussion über die Frage geführt, ob durch die Unterscheidung zwischen amerikanischen und ausländischen Staatsangehörigen der Gleichheitssatz (Equal Proteerion Clause) der Verfassung27S verletzt wird276. 1. Verfassungsrechtliche Erwägungen

Es ist nicht eindeutig, welcher Prüfungsmaßstab bei der Frage anzulegen ist, ob die Differenzierung zwischen Ausländern und amerikanischen Staatsangehörigen hinsichtlich des Zugangs zu den amerikanischen Gerichten rechtmäßig ist. Ausgangspunkt ist die Entscheidung Graham v. Richardson277 . Dort qualifizierte der Supreme Court Ausländer als sog. suspeet class218 . Er ging daher, seinem eigenen Prüfungssystem in Equal Proreetion Fällen entsprechend, davon aus, daß der sogenannte close judicial serutiny Maßstab anzuwenden sei. Dies bedeutet, daß die Differenzierung zwischen 274 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 249f. (1981); Harnmond Nonh Associates, lnc. v. ABG Financial Services, lnc. 708 F. Supp. 334, 335 (S.O. Fla. 1989). 275 14. Amendment Section 1 S. 2. Das 14. Amendment ist nicht unmittelbar auf Bundesgerichte anwendbar. Die Due Proces Clause des 5. AmendmentS wird aber so interpretiert, daß sie den Bundesgerichten Verpflichtungen auferlegt, die der Equal Proteerion Clause entsprechen. 276 Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1691ff. (1992). 277 Graham v. Richardson, 403 U.S. 365 (1971). 278 Ebd. 372.

B. Private Interessen

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Ausländern und Amerikanern erforderlich sein muß, um zwingende staatliche Interessen verwirklichen zu können279. Das Gericht stellte in der Entscheidung Graham v. Richardson klar, daß das fiskalische Interesse des Staates, begrenzte Ressourcen für wohlfahrtstaaliche Rechte seinen eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten, nicht ausreiche, um die Unterscheidung zwischen Ausländern und amerikanischen Staatsangehörigen zu rechtfertigen. Dies bedeutet allerdings nicht notwendig, daß auch im Kontext der forum non conveniens-Lehre die Differenzierung zwischen Staatsangehörigen und Ausländern als verfassungswidrig einzustufen ist. In Graham v. Richardson war ein Argument des Supreme Court zugunsten der Gleichbehandlung von Ausländern, daß diese Steuern zahlten280 . Dies trifft regelmäßig nicht bei ausländischen Klägern zu, die ihr Recht vor amerikanischen Bundesgerichten suchen. Vor allem wird man aber darauf verweisen können, daß es bei der Unterscheidung im Kontext derforumnon conveniens-Abwägung primär um die Sicherung einer geordneten Rechtspflege und nur sekundär um die Wahrung fiskalischer Interessen geht. Der Supreme Court setzte in Piper Aircraft die Verfassungsmäßigkeit der Differenzierung nach Staatsangehörigkeit stillschweigend voraus28t. 2. Ausländischer Kläger In Piper Aircraft führte der Supreme Court aus, es sei vernünftig, davon auszugehen, daß ein angerufenes Gericht convenient, also zur Streitentscheidung geeignet, sei, soweit der Kläger ein Gericht in seinem Heimatstaat (homeforum) anrufe. Wenn aber der Kläger ein ausländisches Gericht anrufe, 279 Richmond v. J. A. Croson Co., 488 U.S. 469 (1989). 280 Graham v. Richardson, 403 U.S. 365, 373ff. (1971). 281 In einigen völkerrechtlichen Verträgen wird den Staatsangehörigen des jeweiligen

Vertragsstaates garantien, daß sie gleichen Zugang zu den Gerichten der Vereinigten Staaten haben wie amerikanische Staatsangehörige; s. Stevenson, 13 Hastings Int'l & Comp. L. Rev. 267, 275ff. (1990). Soweit ein derartiger Yenrag einschlägig ist, muß die Vermutung zugunsten der Eignung der klägerischen Gerichtsstandswahl bei ausländischem und amerikanischem Kläger gleich ausfallen; Maritima Aragua v. Mrr Trade Resolve, 823 F. Supp. 143, 150 (S.D.N.Y. 1993). Deranige Venräge schließen es aber nicht aus, daß bei Klagen ausländischer Staatsangehöriger aus Vertragsstaaten eher eine Klagabweisung ausgesprochen werden darf als bei amerikanischen Staatsangehörigen, solange die Staatsangehörigkeit nicht das Differenzierungskriterium ist, sondern bspw. der Wohnsitz. Vgl. bzgl. Vertrag zwischen Irland und USA. Jennings v. Boeing Co., 660 F. Supp. 796, 800 (D.C. Pa. 1987): "The Treaty provides for similar treatment in like situations; clearly it affords Irish citizens no greater rights than those afforded to United States citizens." S. a. lrish Nat'l/nsurance Co. v. Aer Lingus Teoranta, 739 F.2d 90, 91f. (2d Cir. 1984).

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§ 4 Begriff der Inconvenience

sei diese Vermutung leichter zu widerlegen282 . Die Urteilsgründe lassen nicht eindeutig erkennen, ob das Gericht bei dieser Unterscheidung auf den Wohnsitz des Klägers oder seine Staatsangehörigkeit abstellte. Der in diesem Kontext verwendete Begriff foreigner ist ebenfalls nicht eindeutig. In dem Sachverhalt, der der Piper Aircraft-Entscheidung zugrunde lag, waren die Kläger Ausländer mit Wohnsitz im Ausland. In einer Fußnote283 nimmt die Entscheidung allerdings Bezug auf den Fall Pain v. United Technologies Corp. 284 , in welcher der Court of Appeals entschieden hatte, daß ein amerikanischer Wohnsitz eher als eine amerikanische Staatsangehörigkeit die Geeignetheil des angerufenen Gerichts indiziere. Im Anschluß an die Piper Aircraft Enstscheidung nahmen die Bundesgerichte bei ihrenforumnon conveniens-Abwägungen dennoch häufiger auf die Staatsangehörigkeit der Parteien als auf deren Wohnort Bezug285 . Dabei wird grundsätzlich auf die wirklichen Parteien abgestellt. Nominelle bzw. vorgeschobene Parteien können nicht damit rechnen, daß für ihre Gerichtsstandswahl eine Vermutung der Geeignetheil spricht286 . Entscheidet sich ein Ausländer dazu, sein Recht vor amerikanischen Gerichten zu suchen, so sind diese grundsätzlich nicht geneigt zu vermuten, daß diese Gerichtswahl von der Absicht getragen war, ein besonders geeignetes Gericht mit der Streitsache zu befassen287 • Immerhin weisen einige Gerichte darauf hin, daß der bloße Ausländerstatus des Klägers kein ausreichender Grund sei, eine Klage abzuweisen; der ausländische Kläger habe allerdings besondere Gründe vorzubringen, warum das von ihm gewählte Gericht im konkreten Fall zur Sachentscheidung geeignet sei288. 282 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255f. (1981). 283 Ebd. FN 22. 284 Pain v. United Technologies Corp. , 637 F.2d 775, 797 (D.C. Cir. 1980). 28S Empresas Lineas Maritimas Argentinas v. Schichau-Unterweser, A. G., 955 F .2d 368, 373 (5th Cir. 1992); Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 609 (3d Cir. 1991); Vaz Borra/ho v. Keydril Co., 696 F.2d 379, 390 (5th Cir. 1983). In Reid-Walen v. Hansen, 933 F.2d 1390, 1394 (8th Cir. 1991), sprach sich das Gericht ausdrücklich für den Vorrang der Staatsangehörigkeit vor dem Wohnsitz aus. 286 Pain v. United Technologies Corp. , 637 F.2d 775, 797f. (D.C. Cir. 1980); In re Disaster at Riyadh Airport, 540 F. Supp. 1141, 1144 (D.D.C. 1982). 287 Empresas Lineas Maritimas Argentinas v. Schichau-Unterweser, A.G., 955 F.2d 368, 373 (5th Cir. 1992). 288Lony v. E.I. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 604, 609 (3d Cir. 1991); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1164 (5th Cir. 1987); La Seguridad v. Transytur Line, 707 F.2d 1304, 1308 (11th Cir. 1983); Banco Nominees Lid. v. Iroquois Brands Lid., 748 F. Supp. 1070, 1074 (D.C. Dei. 1990); s. a. Neo Sack v. Vinmar Impex, Inc., 810 F. Supp. 829, 839 (S.O. Tex. 1993), wo das Gericht betont, daß der ausländische Kläger kein "inherent right" habe, in den Vereinigten Staaten zu klagen. Gegen die Schlechterstellung ausländischer Kläger spricht sich Major-Duval aus, 77 Comell L. Rev. 650, 681 (1992).

B. Private Interessen

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3. Amerikanischer Kläger

Der amerikanische Kläger ist in einer angenehmeren Ausgangsposition. Er hat kaum zu befürchten, daß seine Klage wegen forum non conveniens abgewiesen wird289 . Denn der Beklagte muß, wie ein Gericht es beschrieb, eine beinahe unlösbare Aufgabe erfüllen, will er erreichen, daß einem Amerikaner der Zugang zu den Gerichten seines Landes verwehrt wird290 . Die schwere Last, die dem Beklagten aufgebürdet wird, veranlaßte andere Gerichte dazu, vom Talismann-Effekt der amerikanischen Staatsangehörigkeit zu sprechen291 . Es gibt aber auch vereinzelt Gerichte, die den Brotkorb für den Beklagten nicht so hoch hängen und betonen, daß der amerikanischen Staatsangehörigkeit nicht ein jede Klagabweisung ausschließendes Gewicht beigemessen werden darf292. Nichtsdestoweniger bleibt die Staatsangehörigkeit ein entscheidender Vorteil für den amerikanischen K.läger293. Dies läßt sich anband zweier Fälle zeigen. In beiden Fällen ging es um beinahe identische Hubschrauberabstürze in der Nordsee vor der Küste Norwegens. Beide verunglückten Hubschrauber waren von der Beklagten, der United Technologies Corporation, hergestellt worden; Eigentümer und Halter der Hubschrauber waren norwegische Firmen. Nachdem die Hubschrauber abgestürzt waren, wurde die Untersuchung der jeweiligen Unfallursache von norwegischen Behörden geleitet. Nach dem Absturz des Hubschraubers im Fall Dahf294 machte der Vertreter (personal representative) der vier Norweger, die bei dem Unglück ums Leben gekommen waren, Schadensersatz wegen widerrechtlicher Tötung gegenüber United Technologies Corporation vor dem Gericht geltend, in dem die Beklagte ihren Sitz hatte. Gestützt war die Klage auf Konstruktions- und Herstellungsfehler. Die Klage wurde wegen forum non conveniens abgewie-

289 Die unterschiedliche Behandlung von ausländischen und amerikanischen Klägern wird grundsätzlich begrüßt von Reynolds, 10 Tex. L. Rev. 1663, 1695 (1992). 290Mizokami Bros. of Arizona Inc. v. Boyehen Corp. , 556 F.2d 975, 977 (9th Cir. 1977) ("almost impossible burden"); in Contact Lumber Co. v. P.T. Moges Shipping Co. Ltd. , 918 F .2d 1446, 1449 (9th Cir. 1990) zitiert das Gericht die vorgenaiUlte Entscheidung und fährt fort: "Die Fälle zeigen, daß die Beklagten nicht selten dieser Herausforderung gewachsen sind.· S. a. Freedman, Product Liability, S. 26 (1988). 291 Sussman v. Bank of Israel, 801 F. Supp. 1068, 1073 (S.D.N.Y. 1992); Flynn v. General Motors Co., 141 F.D.R. 5, 8 (E.D.N.Y. 1992). 292 Forsythe v. Saudi Arabian Airlines Corp., 885 F.2d 285, 290 (5th Cir. 1989); In re Donald G. A"eberry v. Barclays Bank, 159 B.R. 1, 8 (D.C. Kan. 1993). 293 Yukins, 20 Stan. L. Rev. 57, 82 (1967). 294 Dahl v. United Technologies Corp., 472 F. Supp. 696 (D.C. Dei. 1979), aff'd., 632 F.2d 1027 (3d Cir. 1980).

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sen295. Im Fall Fiacco296 , der sich wenig später zutrug, klagten die Angehörigen der Opfer vor dem Southern District of New York. Sieben der Opfer waren Norweger, ein weiteres war Brite. Das neunte Opfer war ein Bürger des Staates New York. Deshalb wurde der Antrag der Beklagten, die Klage wegenforumnon conveniens abzuweisen, zurückgewiesen297 . Dieser Differenzierung scheint eine weitere Entscheidung zu widersprechen, bei der United Technologies einmal mehr wegen eines Hubschrauberabsturzes vor der Küste Norwegens verklagt wurde. Die Tatsachen waren weitestgehend mit denen der beiden erstgenannten Fälle identisch. Auch hier waren norwegische Firmen Eigentümer und Belreiber des Helikopters. Die Kläger waren französischer, norwegischer, britischer, kanadischer und last but not least arnerikanischer Staatsangehörigkeit. Doch trotz der Tatsache, daß einer der Kläger die arnerikanische Staatsangehörigkeit besaß, gab der Court of Appeals für den District of Columbia dem Antrag der Beklagten statt, die Klage wegen forum non conveniens abzuweisen298 . In diesem Fall hatte United Technologies allerdings zugesichert, es werde seine Haftung dem Grunde nach nicht bestreiten, soweit nur die Klage "außerhalb der Vereinigten Staaten" erhoben würde299 • Dieses Zugeständnis ersparte eine schwierige und langwierige Beweisaufnahme und daher war das Gericht gewillt, jedes der anderen zuständigen Gerichte für "more convenient" zu halten. Daß es der in Produkthaftungsfällen erfahrenen Beklagten allerdings um das Ergebnis der Klage und wohl kaum um convenience ging, liegt nahe.

4. Ausländischer Beklagter In der Rechtsprechung hat die Nationalität des Beklagten kein nennenswertes Gewicht300 . Ist die verklagte Partei ein ausländischer Staatsangehöriger, so kommt diesem Umstand allenfalls in Verbindung mit anderen Umständen, die auf die bessere Eignung eines ausländischen Gerichts hindeuten, Bedeutung zu.

295 Ebd. S. 698.

296Fiacco v. United Technologies Corp., 524 F. Supp. 858 (S.D.N.Y. 1981). 297 Ebd. S. 859. Ähnlich Macedo v. 1he Boeing Co., 693 F.2d 683 (7th Cir. 1982). 298 Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775 (D.C. Cir. 1980) 299 Ebd. S. 780. 300 So auch Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1696 (1992).

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5. Amerikanischer Beklagter Läßt sich eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht vermeiden, so sollte man annehmen, daß es für den Beklagten am angenehmsten ist, vor dem Gericht seines Wohnsitzes verklagt zu werden. Dementsprechend sollte man erwarten können, daß amerikanische Beklagte, die in den Vereinigten Staaten verklagt werden, keinen Antrag auf Klagabweisung wegen forum non conveniens stellen30l . Sie tun es aber gleichwohl. Der bereits erwähnte Fall Pain3°2 ist kein Einzelfall, vielmehr liegt der Mehrzahl der forum non conveniensEntscheidungen die Konstellation zugrunde, daß ein amerikanischer Beklagter die Klagabweisung beantragt3°3. Das Motiv für derartiges Verhalten ist regelmäßig sogenanntes reverse forum shopping. Die Beklagten können in der Regel hoffen, daß sie von einem ausländischen Gericht - wenn überhaupt nur zu einem Bruchteil der Schadensersatzsumme verurteilt werden, die sie vor einem amerikanischen Gericht zu befürchten haben304 . Dies gilt mitunter selbst dann, wenn das ausländische Gericht amerikanisches Recht anwendet. Auch werden durch eine Klagabweisung wegen forum non conveniens dem Kläger andere Vorteile des klägerfreundlichen amerikanischen Rechts genommen. In der Rechtsprechung wird zwar darauf hingewiesen, daß die forum non conveniens-Lehre nicht dazu gedacht ist, reverse forum shopping zu ennög-

lichen305. Dennoch halten die Geriche aber amerikanische Beklagte nicht davon ab, genau dies zu tun, wenn sie den Anträgen auf Klagabweisung wegen inconvenience stattgeben, obwohl das Verfahren gegen den Beklagten an dessen Wohn- oder Unternehmenssitz stattfinden soll. Eine Klagabweisung ist unter derartigen Umständen allenfalls gerechtfertigt, wenn alle anderen für die forum non conveniens-Abwägung relevanten Faktoren nahe legen, daß ein anderes Gericht zur Verfahrensdurchführung eindeutig besser geeignet ist306 . Die Gerichte sind aber den amerikanischen Beklagten gegenüber großzügiger. Durch bereitwillige Klagabweisungen in Fällen der genannten Art handelten sich die Gerichte erhebliche Kritik ein307. 301 Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380 (1947). 302 Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775 (D.C. Cir. 1980) 303 s. u. a. Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235 (1981); In re Union Carbide Corp. Gas

Plant Disasterat Bhopal, lndia, in Dec., 1984, 809 F.2d 195 (2d Cir.1987). 304 Freedman , Product Liability, S. 11 (1988).

305 Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 791f. (D.C. Cir. 1980)

306 So auch Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 919 (1947). 307 Weinberg, 20 Tex. Intern. L.J. 307, 315 (1985); Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 405 (1987); Schack, Einfiihrung in das US-amerikanische Zivilprozeßrecht, S. 31.

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§ 4 Begriff der Inconvenience

6. Ausländischer Kläger und Beklagter

Das bisher Gesagte legt die Vermutung nahe, eine Klagabweisung sei beinahe unvermeidbar, wenn beide Parteien ausländische Nationalität haben308 . Dies ist aber nicht immer der Fall. Nicht selten übten die amerikanischen Gerichte in diesen Fällen ihre jurisdiction aus, weil eine umfassende Abwägung der relevanten Interessen dafür sprach, den Kläger nicht an ein anderes Gericht zu verweisen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Streitigkeit auf geschäftliche Beziehungen zurückgeht, die ihre Wurzel in den Vereinigten Staaten haben309 , oder wenn die Parteien die Zuständigkeit eines amerikanischen Gerichts vereinbart haben310. 11. Wohnsitz

Der Wohnsitz der Parteien ist ein wesentliches Kriterium bei der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung. Wie die anderen zu berücksichtigenden Interessen hat er aber kein allein ausschlaggebendes Gewicht3 11 . Nicht ganz eindeutig ist, ob bei der Bestimmung der Lage des Wohnsitzes auf den Einzelstaat innerhalb der USA oder das Land (country) abzustellen ist, in dem die Parteien ihren (Wohn-)Sitz haben. Diese Unterscheidung ist von Bedeutung, wenn der Wohnsitz der Parteien in einem anderen Einzelstaat der USA liegt als dem, in dem das Gericht sich befindet. In Stangvik v. Shiley Inc.3 12 unterschied der Supreme Court von Kalifornien zwischen "instate" und. "out-of-state" Klägern und nicht zwischen Klägern, die innerhalb bzw.

308 So noch die der forum non conveniens-Lehre den Weg bahnende Entscheidung DiscontoGesellschaft v. Umbreit, 127 Wis. 651, 662, 106 N.W. 821, 823 (1906), aff'd., 208 U.S. 570 (1908); vgl. S. 34, FN 60. 309 Ferruzzi ltalia, S.p.A. v. Trade & Transpon, Inc., 683 F. Supp. 131, 136 (D.C. Md. 1988); in diesem Fall unterblieb die Klagabweisung sogar, obwohl die Paneien die Anwendung englischen Rechts vereinban hatten. S. a. Fuentes v. Sea-Land Services, 665 F. Supp. 206, 210f. (S.D.N.Y. 1988); in diesem Fall stritten die Paneien über eine Ladung Kaffee, die in den Vereinigten Staaten beschlagnahmt worden war. 310 Vgl. auch die Regelung im Bundesstaat New York, derzufolge unabhängig von der Nationalität der Paneien bei einem Streitgegenstand von einer Millionen Dollar oder mehr die Klagabweisung wegenforumnon conveniens ausgeschlossen ist, s. FN 198. 311 Lehrnun v. Humphrey Cayman, Ltd., 713 F.2d 339, 341 (8th Cir. 1983), Piper Aircraft v. Reyno zitierend; Manu Intern. v. Avon Products, lnc., 641 F.2d 62, 67 (2d Cir. 1980); Koster v. Lumbermens Mutual Co., 330 U.S. 518, 524 (1947). S. a. Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255f. (1981), wo der Supreme Coun die mehrdeutigen Begriffe "foreigner" und "at home" verwendet ohne zu klären, ob damit auf die Nationalität oder den (Wohn)sitz Bezug genommen wird. 312 Stangvik v. Shiley Inc., 819 P.2d 14 (1991).

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außerhalb der USA residieren313 . Das Gericht bezog sich dabei auf die Piper Aircra.ft-Entscheidung, in der der Supreme Court der USA entschied, die Gerichtsstandswahl des Klägers, der zuhause (at home) Klage erhebe, verdiene, grundsätzlich respektiert zu werden314 . Die Bezugnahme des kaliforniseben Supreme Court auf den Einzelstaat dürfte damit zu erklären sein, daß es sich beim kaliforniseben Supreme Court um ein einzelstaatliches Gericht handelt. Die bundesstaatliehen Gerichte stellen demgegenüber bei der Berücksichtigung des Wohnsitzes der Parteien auf das jeweilige Land ab, in dem der Wohnsitz liegt315. Wird eine Klage im Wohnsitzstaat des Klägers erhoben, so spricht eine Vermutung dafür, daß das angerufene Gericht geeignet, convenient, ist316 . Diese Vermutung ist noch stärker, wenn beide bzw. alle Parteien im Forumstaat ansässig sind. Sind dagegen weder die klägerische noch die beklagte Partei in den USA ansässig, so besteht eine Vermutung in die andere Richtung, selbst wenn eine der Parteien die amerikanische Staatsangehörigkeit besitzt317 . Das Gewicht, das dem Wohnsitz beigemessen wird, läßt sich an Hand von Fällen ermessen, in denen die Klage von Amerikanern mit der Begründung abgewiesen wurde, sie hätten keinen Wohnsitz in den Vereinigten Staaten318 . Derartige Fälle können aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Rechtsprechung der Staatsangehörigkeit der Parteien im Zweifel mehr Gewicht beimißt als ihrem Wohnsitz319 . M. E. ist eine Präferenz zugunsten des Wohnsitzes vorzugswürdig, da der (Wohn-)Sitz im Zweifel eher Sachverhaltsund Beweisnähe garantiert als die Staatsangehörigkeit.

313 Ebd. S. 19. Diese Unterscheidung liegt nicht ganz fern, wenn man sich beispielsweise vor Augen fühn, daß Alaska weiter von New York entfernt ist als Europa. 314 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255f. (1981). 315 Mercier v. Sheraton Intern., 935 F.2d 419, 4JO (Ist Cir. 1991); der Coun of Appeals fühne in diesem Fall aus, daß das erstinstanzliehe Gericht zu Unrecht darauf abgestellt habe, welche Belastung die Klage eines Amerikaners, der nicht in diesem Einzelstaat ansässig war, für die Bürger von Massachusetts mit sich bringen wünje. Richtiger Bezugspunkt seien die Bürger der USA insgesamt, wenn das alternative Forum in d!!r 1ürkei liege. 316 Early v. Travel Leisure Concepts, Inc., 674 F. Supp. 1199, 1200 (E.D. Va. 1987). 317 Basin l.Jd. v. Broken Hili Proprietary Co. Lid., 613 F. Supp. 483, 489 (D.C.N.Y. 1985). S. a. Blair, 29 Col. L. Rev. 1, 18 (1929), dernzufpll!e es keine verfassungsrechtliche Garantie dafür gibt, daß non-residents andere non-residents in den USA gerichtlich verfolgen können. 318 Mercier v. Sheraton Intern. , 935 F.2d 419 Ost Cir. 1991). 319Vgl. oben S. 74, FN 285 und begleitenden Text.

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§ 4 Begriff der Inconvenience

111. Handlungsort

Auch der Handlungsort ist relevantes Kriterium für die Geeignetheil des angerufenen Gerichts320 . Dies ist angesichts der Intention der long-annstatutes, welche nach der International Shoe-Entscheidung neue Zuständigkeiten erschlossen, nicht überraschend. Ziel derstatutesist es, Gerichtsschutz in demjenigen Staat sicherzustellen, in dem ein Wirtschaftsgeschäft (business transaction) oder eine unerlaubte Handlung stattgefunden hat321 . Der Handlungsort erlangt im Rahmen der forum non conveniens-Untersuchung aber erst dann Gewicht, wenn andere Kriterien für die Zuständigkeit desselben Gerichts sprechen. Andernfalls steht er einer Klagabweisung nicht im Wege. Sind z. B. erforderliche Beweismittel nicht unmittelbar am Handlungsort zugänglich, so wird eine Klage mitunter abgewiesen, obwohl sie beim Gericht des Handlungsortes erhoben wurde322 • Ist der Handlungsort rein zufälliger Natur, so wird ihm kein Gewicht beigemessen323. Größeres Gewicht als bei der Abwägung der privaten Interessen hat der Handlungsort bei der Gewichtung der öffentlichen Interessen, wenn nämlich die Gerichte entsprechend den Vorgaben der Gilbert-Entscheidung324 danach fragen, wo ein Rechtsstreit lokalisiert ist325.

320 Opert v. Schmid, 535 F. Supp. 594f. (S.D.N.Y. 1982); die Klage hatte eine Verleumdung in einer deutschen Zeitschrift zum Gegenstand und wurde wegen forum non conveniens abgewiesen. Murty v. Aga · Khan, 92 F.D.R. 478, 481 (E.D.N.Y. 1981); ein Amerikaner verklagte einen Franzosen wegen angeblichen Vertragsbruchs in Frankreich. Die Klage wurde abgewiesen. 321 s. Illinois Revised Statutes Chapter 110 § 17(1)(a) und (b). 322 Fustok v. Banque Populaire Suisse, 546 F. Supp. 506 (S.D.N.Y. 1982); ein ausländischer Kläger ohne Wohnsitz in den USA klagt wegen eines Betruges, der angeblich im Zusammenhang mit einem Vertrag stattgefunden hatte, der in den USA geschlossen worden war. Die Beweismittel befanden sich im Ausland und ausländisches Recht hätte angewandt werden müssen. Die Klage wurde abgewiesen. Sussman v. Bank of Israel, 801 F. Supp. 1068, 1073 (S.D.N.Y. 1992); der Kläger hat in den USA einen Vertrag über ein ausländisches Investitionsprojekt geschlossen und machte geltend, er sei betrogen worden. 323 Canada Malring Co. v. Patersan Steamships, 285 U.S. 413 (1932); der Supreme Court bestätigte eine Klagabweisung in einem Fall, in dem zwei kanadische Dampfschiffe im amerikanischen Teil des Lake Superior kollidiert waren. Diesem Umstand wurde angesichts der Reiserouten der Schiffe, die in Kanada begannen und endeten. sowie anderer Faktoren kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen. 324 GulfOil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501 (1947). 325 s. unten S. 99f.

B. Private Interessen

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IV. Verfügbarkeit von Beweismitteln

Bei der Abwägung der für die forum non conveniens-Entscheidung relevanten Interessen legt die Rechtsprechung besonderes Gewicht auf die Verfügbarkeil von Beweismitteln. Befinden sich Zeugen, Dokumente oder andere Beweismittel im Zuständigkeitsbereich eines Gerichts, so spricht dies nachhaltig dafür, daß dieses jurisdiction auszuübt. Grund hierfür ist, daß entsprechende Umstände erheblichen Einfluß auf die Einfachheit der Verfahrensdurchführung haben. Voraussetzung ist, daß die jeweiligen Beweismittel erheblich sind. Die Bedeutung, die der Lageort der benötigten Beweismittel hat, ist je nach Art des Beweismittels verschieden326 .

1. Erheblichkeif des Beweismittels Die Verfügbarkeit eines konkreten Beweismittels ist nur insoweit zu berücksichtigen, als die Tatsache, die mit ihm bewiesen werden soll, erheblich und beweisbedürftig ist327 . Beweismittel werden außer acht gelassen, wenn sie eine Tatsache beweisen sollen, welche entweder für die Fallentscheidung nicht maßgebend ist, oder nicht bestritten wird328 . Gleiches gilt, wenn kein ausreichender Zusammenhang zwischen angebotenem Beweismittel und behaupteter Tatsache besteht. Die Beklagten sind sich dieser Praxis der Gerichte bewußt, und sie versuchen, sie für sich nutzbar zu machen. Im Fall In re Aircrash at Riyadh Airpon boten die Beklagten beispielsweise an, ihre Haftung dem Grunde nach einzuräumen. Dieses Zugeständnis war allerdings an die Bedingung geknüpft, daß die Klage in den USA abgewiesen und der Rechtsstreit in Saudi-Arabien verhandelt würde329 . Für das Gericht war das bedingte Angebot der Beklagten Grund genug, dem Antrag der Beklagten auf Klagagabweisung stattzugeben. Das genannte Beispiel ist kein Einzelfall. Es wurde u. a. im Fall Jennings v. Boeing330 kopiert. In diesem Rechtsstreit ging es um eine Schadensersatz-

klage gegen den Flugzeug- und Hubschrauberhersteller Boeing. Klägerin war eine Irin, deren Mann bei einem Hubschrauberabsturz in der Nordsee tödlich 326 s. zu den einzelnen Beweismitteln unten S. 83f. 327 Shephard Niles Crane & Hoist Corp. v. Fiat, S.p.A. , 84 F.D.R. 299, 304 (W.D.N.Y.

1979).

328 Ebd. 329 In re Aircrash at Riyadh Airport, 540 F. Supp. 1141 (D.D.C. 1982). 330 Jennings v. Boeing Co. , 660 F. Supp. 796 (E.D. Pa. 1987), aff'd. 838 F.2d 1206 (3d

Cir. 1988). 6 Dorsel

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§ 4 Begriff der Inconvenience

verunglückt war. Die in Seattle ansäßige Firma Boeing bot an, die Haftung für kompensatorischen Schadensersatz anzuerkennen, wenn die Sache im übrigen nicht vor dem angerufenen Bundesgericht in Pennsylvania sondern vor dem ebenfalls zuständigen, aber doppelt so weit entfernten schottischen Gericht verhandelt würde. Das Gericht gab daraufhin dem Antrag auf Klagabweisung wegen forum non conveniens statt, da, wie es ausführte, das Verfahren unter dieser Bedingung in Umfang, Dauer und Komplexität wesentlich begrenzt werden könne: Pretrial discovery sei bei Anerkennung der Haftung dem Grunde nach nur noch hinsichtlich der Schadenshöhe nicht aber hinsichtlich der Schadensursache erforderlich331 . Auf diese Weise entging der Flugzeughersteller dem Risiko, zu punitive damages verurteilt zu werden.

2. Einzelne Beweismittel Dem Zeugenbeweis kommt besondere Bedeutung bei der Abwägung der relevanten privaten Interessen im allgemeinen und dem Interesse der Beweisnähe im besonderen zu. Ein Gericht ging gar so weit, die Schonung von Zeugen zum wesentlichen Kriterium für die forum non conveniens-Abwägung zu erklären332. Sind Zeugen in der Nähe des alternativen Forums konzentriert, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, daß die Klage abgewiesen wird. Beim Zeugenbeweis findet nicht nur die Belastung der Zeugen durch die Anreise zu einem bestimmten Gerichtsort Beachtung333 . Auch Sprachprobleme, Kosten für Dolmetscher und Übersetzungen334 sowie Reisekosten werden berücksichtigt335 . Die Beschwer, die umfangreiche Übersetzungen mit 331 Ebd. S. 805. Ähnlich wurde in Pain v. United Technologies Corp. , 637 F.2d 775 (D.C. Cir. 1980) argumentiert. 332 lnterpane Coatings, Inc. v. Australia and New Zealand Banking Group Ltd., 732 F. Supp. 909, 916 (N.D. Ill. 1990). 333 Rudetsky v. O'Dowd, 660 F. Supp. 341 (E.D.N.Y. 1987); Hatzlachh Supply v. Tradewind Airways Ltd., 659 F. Supp. 112, 116 (S.D.N.Y. 1986); das Gericht entschied, daß es dem Hauptzeugen nicht zugemutet werden könne, nach Nigeria zu reisen, da er sein Unternehmen praktisch allein führte. 334s. Fassi v. UN Toys, Ltd., 753 F. Supp. 486, 489f. (S.D.N.Y. 1990), aff'd. 948 F.2d 1276 (2d Cir. 1991); dort trat der italienische Kläger dem Antrag der New Yorker Beklagten auf Klagabweisung mit dem Argument entgegen, ein Verfahren in Italien, wo ähnliche Klagen anhängig waren, erfordere umfangreiche und teure Übersetzungen. Die Klage wurde dennoch abgewiesen. In Update Art, lnc. v. Maariv Israel Newspaper, lnc., 635 F. Supp. 228, 233 (S.D.N.Y. 1986) ging es um eine Copyright-Verletzung mit Bezug auf eine einzelne Ausgabe einer hebräischen Zeitung. Die daraus resultierenden Übersetzungsprobleme reichten dem Gericht nicht für eine Klagabweisung. 335 Reid-Walen v. Hansen, 933 F.2d 1390, 1397 (8th Cir. 1991); das Gericht maß hier der Tatsache, daß wichtige Zeugen in Jamaika wohnten, keine besondere Bedeutung zu, da ihre

B. Private Interessen

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sich bringen, hilft dem Beklagten aber nicht immer, eine Klagabweisung zu erreichen. Im Fall Mercier verwies das Gericht die amerikanische Beklagte darauf, sie habe sich willentlich auf eine Vertragsdurchführung in der Türkei eingelassen, und können sich nun nicht auf die bereits beim Vertragsschluß absehbaren Übersetzungsprobleme berufen, um eine Klagabweisung zu erreichen336. Dies vermag nicht zu überzeugen, wenn Maßstab für die forum non conveniens-Entscheidung die Leichtigkeit des Verfahrens (convenience) vor dem angerufenen Gericht sein soll. Denn Übersetzungsprobleme berühren die Leichtigkeit des Verfahrens unabhängig davon, ob derartige Probleme beim Vertragsschluß vorhersehbar waren oder nicht337. Bei der Interessenahwägung wird auch darauf abgestellt, ob die Verfahrensteilnahme wichtiger Zeugen sichergestellt werden kann. Können Zeugen der beklagten Partei nicht zum Erscheinen vor dem alternativen Forum gezwungen werden, spricht aber sonst vieles dafür, die Klage wegen forum non conveniens abzuweisen, so kann dem Kläger, falls er Einfluß auf die Zeugen nehmen kann, zur Auflage gemacht werden, das Erscheinen am anderen Gerichtsort sicherzustellen33S. Anders als bei einfachen Zeugen wird auf die Bequemlichkeit von Sachverständigen (expert witnesses) keine besondere Rücksicht genommen. Die Gerichte lassen die Interessen dieser in der Regel gut bezahlten Verfahrensbeteiligten weitestgehend außer Betracht339 . Gelegentlich ist die Besichtigung des Tatortes für das Verfahren von Bedeutung. Dann ist das Tatortgericht insoweit besonders geeignet. Dennoch kommt es vor, daß Bundesgerichte, die nicht Tatortgerichte sind, ihre jurisdiction in derartigen Fällen ausüben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gericht davon ausgeht, daß die Inaugenscheinnahme von Unfallorten etc. durch Luftaufnahmen, Lageskizzen oder andere Beweismittel einschließlich Zeugenaussagen ersetzt werden kann340 . Dem Lageort von

Aussagen im pretrial discovery Stadium wie in der Hauptverhandlung mit allgemein gebräuchlichen Kommunikations- und Reisemitteln beigeschafft werden könnten. 336 Mercier v. Sheraton Intern .• 981 F.2d 1345. 1352 (1st Cir. 1992). 337 Letztlich wurden die Klage aus anderen Erwägungen unter dem Gesichtspunkt des forum non conveniens abgewiesen. 338 Banco Nominees Ltd. v. Iroquois Brands Ltd., 748 F . Supp. 1070. 1075 (D.C. Dei. 1990). 339 Reyno v. Piper Aircraft Co., 479 F. Supp. 727, 732 (D.C. Pa. 1979}, affd. 454 U.S. 235 (1981). Anders David Tunick, lnc. v. Kornfeld, 813 F. Supp. 988, 992 (S.D.N.Y. 1993). 340 Reid-Walen v. Hansen, 933 F.2d 1390, 1397 (8th Cir. 1991).

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beweglichen Beweismitteln wird angesichts moderner Transport- und Kommunikationsmittel nur untergeordnete Bedeutung beigemessen341 . 3. Pretrial Discovery Pretrial discovery ist die Bezeichnung für das Beweisermittlungsverfahren im Vorfeld der Hauptverhandlung. Sie ist von zentraler Bedeutung im amerikanischen Zivilprozeß342 . In den meisten Ländern ist das Institut der pretrial discovery unbekannt. In den Ländern, die ebenfalls ein discovery-Verfahren kennen, wie z. B. England, ist es in der Regel nicht so umfassend wie in den Vereinigten Staaten343 . Die amerikanischen Gerichte sind sich dieser Tatsache bewußt344 . Die fehlende oder eingeschränkte Möglichkeit, pretrial discovery im Rahmen des Verfahrens vor dem alternativen Forum durchführen zu können, hat aber nicht zur Folge, daß die Klagabweisung wegen forum non conveniens ausgeschlossen ist. Vielmehr betrachten die amerikanischen Bundesgerichte verschiedene Beweissammlungsverfahren grundsätzlich als gleichwertig und messen unterschiedlichen Verfahren kein nennenswertes Gewicht bei der Interessenahwägung zu. In einzelnen Fällen sind die Gerichte aber bereit, die Klagabweisung nur unter der Bedingung auszusprechen, daß der Beklagte dem Kläger auch im Rahmen des Verfahrens vor dem alternativen Gericht ähnliche Beweiserhebungsmöglichkeiten eröffnet, wie sie ihm bei einem Verfahren vor einem amerikanischen Gericht offenstehen würden345 . V. Zeitige Antragstellung

Ein Ziel der forum non conveniens-Lehre ist es sicherzustellen, daß Gerichtsverfahren zügig und kostengünstig durchgeführt werden. Daher sollten Anträge, eine Klage wegen forum non conveniens abzuweisen, in einem möglichst frühen Stadium gestellt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, daß die Parteien ihre Energie und Mittel auf ein Verfahren verschwenden, das letztlich nicht zu einer Sachentscheidung führt. Dementsprechend besteht die Vermutung, daß eine Klagabweisung nicht angebracht ist, wenn die Parteien 341 Allstote Life Ins. Co. v. Linter Group Ltd., 782 F. Supp. 215, 224f. (S.D.N.Y. 1992). 342 Grundlegend dazu Junker, Pretrial discovery, S. 42ff.; s. a. Reitz, ZZP 1991, 380. 343Boyes, 64Tex. L. Rev. 193, 199ff. (1985). 344 s. z. B. Overseas National Airways, lnc. v. Cargolux Airlines Intern., 712 F.2d 11, 14 (2d Cir. 1983). 345 Mercier v. Sheraton Intern., 981 F.2d 1345, 1353 (Ist Cir. 1992); Barris v. Sulpicio Lines, lnc., 932 F.2d 1540, 1551 (5th Cir. 1991); Dowling v. Richardson-Merrell, lnc., 727 F.2d 608, 611 (6th Cir. 1984).

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bereits erhebliche Zeit und Mittel in die Vorbereitung der Hauptverhandlung investiert haben346. Der Kläger ist gehalten, seinen Antrag auf Klagabweisung wegenforumnon conveniens innerhalb einer vernünftigen Überlegungsfrist zu stellen. Diese

Frist beginnt, nachdem der Beklagte alle relevanten Tatsachen und Umstände, die Grundlage für seinen Antrag sind, kennt oder kennen müßte347 . Allzu streng sind die Anforderungen an die zeitgerechte Antragstellung allerdings nicht348. Wird der Klagabweisungsantrag erst kurz vor dem Termin der Hauptverhandlung gestellt, so wird ihm in der Regel nicht mehr entsprochen349. Nichtzeitgerechte Antragstellung wird allerdings nicht als Verzicht auf die forum non conveniens-Einrede interpretiert. Dies ist in der Literatur auf Kritik gestoßen350. VI. Verfahrenskonzentration

Besonderes Gewicht mißt die forum non conveniens-Lehre der Verfahrenskonzentration bei. Ein Rechtsstreit soll möglichst in einem Verfahren erledigt werden. Der Grundsatz der Verfahrenskonzentration hat nach amerikanischem Verständnis zwei Aspekte. Zum einen soll es möglich sein, etwaige Dritte in das begonnene Verfahren einzubeziehen; zum anderen soll eine Doppelprozeßführung an verschiedenen Gerichtsorten vermieden werden.

1. Impleader Effizienz und Widerspruchsfreiheit der Rechtspflege werden gefördert, wenn Regreßansprüche zusammen mit dem Hauptverfahren behandelt werden. Daher ist es wünschenswert, daß dem Beklagten gegebenenfalls die Möglichkeit offensteht, einem Dritten den Streit zu verkünden. Nicht selten aber wird der Beklagte vor dem Problem stehen, daß das vom Kläger in der Hauptsache 346Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 604, 614f. (3d Cir. 1991); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1166 (5th Cir. 1987). 341Jn reAir CrashDisasternearNew Orleans, 821 F.2d 1147, 1165 (5th Cir. 1987). 348 s. Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp. , 981 F.2d 824, 837 (5th Cir. 1993); Frist von 130 Tagen wurde als noch zeitgerecht angesehen. Neo Sack v. Vinmar lmpex, lnc. , 810 F. Supp. 829, 835 (S.D. Tex. 1993); Frist von beinahe einem Jahr bei einem Verfahren, das zwischenzeitlich nicht ernstlich betrieben worden war, wurde als noch akzeptabel eingestuft. 349 Gates Learjet Corp. v. Jensen , 743 F.2d 1325, 1335 (9th Cir. 1984); Vaz Borralho v. Keydril Co., 696 F.2d 379, 387 (5th Cir. 1983). 350s. Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380, 418 (1947); er fordert, der Beklagte solle dazu verpflichtet werden, seinen forum non conveniens-Antrag spätestens mit der Klagerwiderung zu stellen.

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angerufene Gericht hinsichtlich eines potentiellen Streitverkündeten nicht international zuständig ist. In solchen Fällen hat der Beklagte gute Aussichten, eine Klagabweisung zu erreichen, wenn vor dem alternativen Forum eine Streitverkündung möglich wäre3 51 . Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Kläger zeigen kann, daß er - z.B. im Fall einer Widerklage - ähnlichen Problemen im alternativen Forum gegenüberstehen würde. Die Bedeutung der Streitverkündungsproblematik nimmt wesentlich ab, wenn das Gericht zu der Überzeugung kommt, daß bei einem weiteren Verfahren im Ausland kein nennenswertes Risiko besteht, daß dieselben Beweismittel mehrfach präsentiert werden müssen oder widersprechende Urteile gefallt werden352 . In derartigen Fällen wird die fehlende Möglichkeit einer Streitverkündung im Rahmen des Verfahrens vor dem angerufenen Gericht keine entscheidende Rolle spielen.

2. Lis Pendens Alibi Anders als das Recht einiger Einzelstaaten353 kennt das Prozeßrecht der USA auf Bundesebene keine eigenständige Einrede der anderweitigen Rechtshängigkeit354. Die anderweitige Rechtshängigkeit wird aber im Rahmen der forum non conveniens-Abwägung berücksichtigt. Streiten die Parteien einer Rechtssache über den selben Gegenstand bereits vor einem ausländischen Gericht, so spricht dies in der Regel für eine K.lagabweisung, da so verhindert werden kann, daß die Parteien und das Gericht ihre Ressourcen durch doppelte Prozeßführung verschwenden. Ferner wird so der Gefahr widersprechender Entscheidungen vorgebeugt355. Hat der Kläger allerdings die Klage im Ausland lediglich als präventive Maßnahme erhoben, z. B. um einer drohenden Verjährung zuvorzukommen, so neigen die Gerichte mitunter dazu, eine derartige anderweitige Rechtshängigkeit mit dem Hinweis zu ignorieren, daß in solchen Fällen die doppelte Klagerhebung keinen schikanösen Charakter habe356. 351 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 259 (1981); Nolan v. Boeing Co., 919 F.2d 1058, 1069 (5th Cir. 1990); Ball v. Deere & Co., 684 F. Supp. 1455, 1459 (C.D. 111. 1988). 352 Reid-Walen v. Hansen, 933 F.2d 1390, 1398 (8th Cir. 1991). 353 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 89f. 354 Schack, Einfiihrung ili das US·amerikanische Zivilprozeßrecht, S. 37. 355 Contact Lumber Co. v. P.T. Moges Shipping Co. l.Jd., 918 F.2d 1446, 1452 (9th Cir. 1990); Fassi v. UN Toys l.Jd., 753 F. Supp. 486, 490 (S.D.N.Y. 1990); Banco Nominees l.Jd. v.lroquois Brands l.Jd., 748 F. Supp. 1070, 1078 (D.C. Dei. 1990); Rolls Royce, l.Jd. v. Cayman AiTways, l.Jd. , 617 F. Supp. 17, 19 (S.D. Fla. 1985). 356 Depanment of Economic Development v. Anhur Andersen, 683 F. Supp. 1463, 1485 (S.D.N.Y. 1990).

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VII. Durchsetzbarkeit

Das Urteil eines amerikanischen Gerichts kann unter Umständen nicht im Ausland vollstreckt werden. Für den Kläger ist es dann möglicherweise mehr oder weniger wertlos. In derartigen Fällen ist der Aufwand eines Verfahrens vor amerikanischen Gerichten nicht zu rechtfertigen. Mangelnde Vollstreckbarkeit im Ausland wird daher als Argument für eine Klagabweisung angeführt, wenn der Kläger auf Vollstreckung im Ausland angewiesen ist357 . Vice versa kann gegen eine Klagabweisung unter Umständen auch ins Feld geführt werden, daß ein klagstattgebendes Urteil des alternativen Forums in den Vereinigten Staaten nicht vollstreckt werden könnte. In der Praxis spielt das Vollstreckungsargument lediglich eine untergeordnete Rolle. Der Beklagte trägt die Beweislast, wenn er behauptet, das Urteil eines amerikanischen Urteils könne in den USA nicht vollstreckt werden, da er (der Beklagte) dort kein Vermögen habe3 58 . Dies bringt den Beklagten in die mißliche Lage, daß er die Nichtexistenz von ihm gehörendem Vermögen in den USA beweisen muß. Selbst wenn ihm das gelingen sollte, kann er nicht darauf bauen, daß eine Klagabweisung folgt. Denn der Kläger kann möglicherweise nachweisen, daß er das in den Vereinigten Staaten erstrittene Urteil in einem anderen Land vollstrecken kann359. Soweit der Kläger einem Antrag auf Klagabweisung wegen forum non conveniens mit dem Argument entgegentreten will, ein vom alternativen Gericht ausgesprochenes Urteil sei in den Vereinigten Staaten nicht vollstreckbar, begegnen die Gerichte diesem Einwand regelmäßig durch eine bedingte K.lagabweisung. Der Beklagte wird verpflichtet, einem etwaigen klagstattgebenden Urteil Folge zu leisten oder auf jeden Einwand gegen die Vollstreckung in den USA zu verzichten360 . Die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile in den Vereinigten Staaten ist aber auch deshalb kein größeres

357 Broadcasting Rights Intern. Corp. v. Societe de Tour de France, S.A.R.L .• 675 F. Supp. 1439, 1446 (S.D.N.Y. 1987); Transunion Corp. v. Pepsico, Inc., 640 F. Supp. 1211, 1213 (S.D.N.Y. 1986); Munsell v. La Brasserie Molson, 618 F. Supp. 1383, 1387f. (D.C.N.Y. 1985); GulfOil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501,508 (1947). 358 Empresas Lineas Maritimas Argentinas v. Schichau-Unterweser, A. G., 955 F.2d 368, 375 (5th Cir. 1992).

359Ebd.

360 Baris v. Sulpicio Lines, Inc., 932 F.2d 1540, 1551 (5th Cir. 1991); Contact Lumber Co. v. P.T. Moges Shipping Co. Ltd. , 918 F.2d 1446, 1450 (9th Cir. 1990); In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disasterat Bhopal, 634 F. Supp. 842, 851f. (S.D.N.Y. 1986).

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§ 4 Begriff der Inconvenience

Problem, weil die amerikanischen Gerichte als besonders großzügig hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Urteile anzusehen sind361 . VIII. Gerichtsstandswahl

Lange Zeit standen die amerikanischen Gerichte der Anerkennung von Gerichtsstandsklauseln sehr reserviert gegenüber. Die Abneigung resultierte aus der Wirkung der Klauseln, den Gerichten ihre jurisdiction zu nehmen362. Diese Lage hat sich infolge einer jüngeren Entscheidung des Supreme Court verändert. In M/S Bremen v. Zapata Off-Shore Co. 363 führte das Gericht aus, daß Gerichtsstandsklauseln zukünftig anzuerkennen seien, wenn sie vernünftig (reasonable) sind und das Ergebnis freier Verhandlungen zwischen erfahrenen und gleich starken Vertragsparteien darstellen364 . Im konkreten Fall hatten die amerikanische und die deutsche Partei den Londoner Court of Justice als ausschließlich zuständiges Gericht vereinbart. Der Supreme Court betrachtete diese Gerichtsstandsklausel als prima facie "reasonable". Er führte aus, daß die Partei, die in einem anderen als dem vertraglich vereinbarten Gerichtsstand prozessieren wolle, den Nachweis erbringen müsse, daß ein Verfahren am vertraglichen Gerichtsstand so schwierig durchzuführen und umständlich sei, daß die beschwerte Partei faktisch um Gerichtsschutz bzw. ihren "day in court" gebracht würde, wenn man sie an der Vereinbarung festhielte365 . Da der Kläger einen solchen Tatbestand nicht aufzeigen konnte, wurde seine Klage abgewiesen. Im Anschluß an diese Supreme Court Entscheidung gewannen vertragliche Gerichsstandsklauseln erhebliches Gewicht im Rahmen der forum non conveniens-Abwägung.

361 Westbrook, 20 Tex. Int'l. L.J. 321, 327 (1985); s. a. von Mehren!Trautman, Multistate Problems, S. 870f. (1965) bezugnehmend auf die Urteilsanerkennung im Zusammenhang mit Fragen der Rechtskrafterstreckung und S. 992f. (zuruckhaltender) mit Bezug auf Vollstreckungsanerkennung. 362 Bom!Westin, International Litigation, S. 232 (1992). 363 MIS Bremen v. Zapata Off-Shore Co., 407 U.S. 1 (1972). 364 Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB, die nicht Gegenstand von Verhandlungen gewesen sind, haben nach Ansicht von Boehmer/Jander, AWD 1972, 449, 452, kaum eine Chance, anerkannt zu werden. 365 MIS Bremen v. Zapata Off-Shore Co., 407 U.S. 1, 18 (1972).

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1. Derogation Haben die Parteien die ausschließliche Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts vereinbart, so wird die Klage einer dieser Parteien vor einem Bundesgericht in der Regel abgewiesen366 . Dem Kläger bleibt aber die Möglichkeit, die Vermutung zu widerlegen, daß die vereinbarte Gerichtsstandsklausel vernünftig (reasonable) ist. Hierzu muß der Kläger Umstände aufzeigen, aus denen sich ergibt, daß die Gerichtsstandsklausel für ihn schwere, nicht zurnutbare Nachteile mit sich bringt367 . Maßstab für die Zumutbarkeit einer Gerichtsstandsklausel ist der sog. "reasonableness test". Bei diesem Test greift die Rechtsprechung auf die für forum non conveniensEntscheidungen charakteristische lnteresssenabwägung zurück. Ähnliches gilt, wenn sich die Parteien auf ein Schiedsgericht geeinigt haben und so die amerikanischen Gerichte derogiert wurden. Unterschiede können sich aber bei der Rechtsfolge ergeben. So billigte der Supreme Court in Scherk v. Alberto-Culver Co. einen "stay of proceedings" für die Zeit, während der die Parteien vor der Internationalen Handelskammer in Paris ein Schiedsgerichtsverfahren betrieben368. 2. Prorogation Veröffentlichte forum non conveniens-Fälle, in denen die Parteien die ausschließliche Zuständigkeit amerikanischer Gerichte vereinbart hatten, sind selten. Das verwundert nicht weiter, da in entsprechenden Fällen in der Regel nicht damit zu rechnen ist, daß ein Klagabweisungsantrag auf forum non conveniens gestützt werden wird. Anders verhielt es sich in Banco Metropolitano v. Desarollo de Autopista369 . Dort hatten sich die guatemaltekischen Parteien vertraglich darauf geeinigt, etwaige Rechtsstreite vor einem New Yorker Bundesgericht auszutragen. Dieses Gericht wies die konkrete Klage aber nichtsdestoweniger auf Antrag der beklagten Partei wegen forum non

366 Royal Bed &: Spring v. Famossul lndustria e Comercia, 906 F.2d 45 (Ist Cir. 1990); Mercury Coal &: Coke, lnc. v. Mannesmann, 696 F.2d 315 (4th Cir. 1982); Polar Shipping Ltd. v. Oriental Shipping Corp., 680 F.2d 627 (9th Cir. 1982); Hoes of America v. Hoes, 493 F. Supp. 1205 (D.C. Dl. 1979). 367 Firemen's Ins. Co. v. Keating, 153 F. Supp. 1137, 1145 (S.D.N.Y. 1990).

368Scherk v. Alberto-Culver Co., 417 U.S. 506 (1974). Die Entscheidung ist ungewöhnlich, weil Bundesgerichte normalerweise im Zusammenhang mit forum non conveniens-Entscheidungen nur Klagabweisungen nicht aber eine Aussetzung des Verfahrens aussprechen. 369 Banco Metropolituno v. Desarollo de Autopista, 616 F. Supp. 301, 305 (S.D.N.Y. 1985).

§ 4 ,Begriff der Inconvenience

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conveniens ab, weil weder Zeugen noch andere Beweismittel in den Vereinigten Staaten lokalisiert waren370.

Der Antrag des Beklagten erscheint bereits rechtsmißbräuchlich. Unabhängig davon darf man Zweifel anmelden, ob eine Klagabweisung in derartigen Fällen dem Sinn und Zweck von Gerichtsstandsklauseln gerecht wird. Oft wird von den Parteien einer Gerichtsstandsklausel beabsichtigt, die Zuständigkeit eines neutralen und kompetenten Gerichts für eventuelle Streitgkeiten auf dem Gebiet des internationalen Wirtschaftsrechts sicherzustellen. Solch ein neutrales Gericht hat regelmäßig keinen engen Bezug zur Streitsache und wird daher entsprechend oft als inconvenient erscheinen. In derartigen Fällen sollten die Gerichte jedoch die Unannehmlichkeiten für die Parteien ignorieren, die sich aus der Gerichtsstandswahl ergeben, soweit die Gerichtsstandsklausel frei zwischen den Parteien ausgehandelt wurde371 . Es ist . nicht erforderlich, daß die Gerichte den Parteien mit Blick auf deren Gerichtsstandsvereinbarungen sagen, was gut für sie ist und was nicht372 . IX. Wechsel des anwendbaren Rechts

Wird eine Klage von einem amerikanischen Gericht wegen forum non conveniens abgewiesen, so bleibt dem Kläger die Möglichkeit eines erneuten Verfahrens vor einem ausländischen Gericht. Das ausländische Gericht wird allerdings möglicherweise ein anderes Sachrecht auf die Streitfrage anwenden als das amerikanische. 1. Rechtsprechung

Einem derartigen Wechsel des anwendbaren Rechts, soll im Rahmen der forum non conveniens-Abwägung grundsätzlich kein wesentliches oder gar maßgebliches Gewicht beigemessen werden. So entschied der Supreme Court in Piper Aircraft313 und verwarf damit die Ansicht des Court of Appeals für 370Ebd. 371 Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 381 (1992); Freedman, Product Liability, S. 22 (1988). 372 Es ist einzuräumen, daß die Derogation amerikanischer Gerichte durch ausländische Parteien zur Folge haben kann, daß die Parteien forensische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ohne die damit verbundenen Kosten durch die zu zahlenden Gerichtsgebühren abzudecken. Zu beachten ist aber, daß es der gegenwärtigeforumnon conveniens-Lehre zufolge fiir die Begründung einer Klagabweisung nicht ausreicht, wenn lediglich die öffentlichen nicht aber auch die privaten Interessen ein Verfahren vor dem alternativen Gericht nahelegen. S. unten S. 106.

373 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 247 (1981).

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den dritten Bezirk, der in der gleichen Sache genau anders entschieden hatte374 . Damit wird dem Kläger die Möglichkeit genommen, einem Antrag auf Klagabweisung wegen forum non conveniens mit dem Argument zu begegnen, das materielle Recht, das das alternative Forum anwenden würde, sei weniger günstig für ihn, als das Recht, welches das angerufene Gericht anzuwenden habe. Der Supreme Court führte mehrere Gründe für seine Position an. Zum einen verwies er darauf, daß die Gerichte vor erheblichen praktischen Problemen ständen, sollten sie in jedem forum non conveniens-Fall prüfen müssen, ob mit der Klagabweisung eine materiellrechtliche Schlechterstellung des Klägers einherginge. Zunächst hätten die Gerichte zu bestimmen, welches Recht sie selbst und welches Recht das alternative Forum anwenden würde. Dann hätten sie die Ergebnisse, zu denen die jeweils anwendbaren Rechtsordnungen führen, zu vergleichen. Derartige "komplexe Übungen in Rechtsvergleichung" wollte der Supreme Court den Untergerichten ersparen375 . Zur Sorge um die Prozeßökonomie kam die Furcht des obersten Gerichts, die Lehre vom forum non conveniens könne bei anderslautender Entscheidung ihre Flexibilität verlieren376• Denn wäre ein nachteiliger Wechsel des anwendbaren Rechts relevant, müßte der Kläger nur nachweisen, daß er durch geschicktes forum shopping das ihm günstigste Gericht mit seiner Sache befaßt habe, um mit einem Ausschluß der forum non conveniens-Lehre belohnt zu werden377. Von dem Grundsatz, daß ein Wechsel des anwendbaren Rechts irrelevant ist, macht der Supreme Court eine Ausnahme. Ist der rechtliche Schutz, den das andere Gericht für den Kläger bereithält, so unzureichend und unbefriedigend, daß er überhaupt nicht als Schutz angesehen werden kann, stehe eine Klagabweisung nicht im Interesse der Gerechtigkeit378 ; dann fehle es bereits an einem geeigneten alternativen Forum. Wann ein derartiger Ausnahmefall gegeben ist, läßt sich nur schwer sagen. Beispiele aus der Rechtsprechung, in denen das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes bejaht wurde, sind selten. In Piper Aircraft nahm der Supreme Court Bezug auf die Entscheidung Phoenix 374 Reyno v. Piper Aircraft Co., 630 F.2d 149 (3d Cir. 1980). 375 Ebd. S. 251. 376 Ebd. S. 249f. 377 Ebd. S. 249. 378 Ebd. S. 254: "We do not hold !hat the possibility of an unfavorable change in law should never be a relevant consideration in a forum non conveniens inquiry. Of course, if the remedy provided by the alternative forum is so clearly inadequate or unsatisfactory !hat it is no remedy at all, the unfavorable change in law may be given substantial weight; the district coun may conclude !hat dismissal is not in the interest of justice. •

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Canada Oil Co. Ltd v. Texaco lnc.319 • In diesem Fall wies das crstinstanzliehe Gericht den Antrag auf Klagabweisung primär deshalb zurück, weil unklar war, ob das alternative Forum seine internationale Zuständigkeit bejahen würde. Weiterer Grund für die Klagabweisung war, daß - anders als nach amerikanischem Recht - keine (kodifizierte) Anspruchsgrundlage für einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und die ebenfalls geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung in der Rechtsordnung bestanden, die das alternative Gericht angewandt hätte. Kriterium für die Qualifizierung einer anderen Rechtsordnung als unzureichend ist damit, ob dieser abstrakt gesehen eine Anspruchsgrundlage fehlt, die einer im konkreten Fall einschlägigen Anspruchsgrundlage im amerikanischen Recht entsprechen würde. Nicht erheblich soll demgegenüber sein, ob der Kläger im konkreten Fall tatsächlich Aussicht auf einen teilweise oder im vollen Umfang erfolgreichen Prozeßausgang hat. Ist im Recht, das vom alternativen Forum angewendet würde, eine Anspruchsgrundlage für Fälle der vom Kläger vorgebrachten Art gegeben, so kann seine Klage auch abgewiesen werden, wenn abzusehen ist, daß der Beklagte vor dem anderen Gericht mit einer Einrede ganz oder zum Teil Erfolg haben und der Kläger unterliegen wird. Anders entscheiden die Gerichte nur, wenn beim alternativen Forum eine Klagabweisung wegen Verjährung droht oder bereits eingetreten ist380 . In diesem Fall werden Klagen regelmäßig nur unter der Bedingung abgewiesen, daß der Beklagte die Einrede der Verjährung vor dem alternativen Gericht nicht geltend macht. Stimmt der Beklagte dieser Bedingung nicht zu, wird sein Antrag auf Klagabweisung zurückgewiesen. Die damit getroffene Unterscheidung zwischen dem Wechsel hinsichtlich des anwendbaren Verjährungsrechts einerseits und dem Wechsel hinsichtlich des im übrigen anwendbaren Rechts andererseits ist unstimmig. Sie läßt sich auch nicht mit der in Amerika vorherrschenden Auffassung erklären, die Verjährung sei ein prozeßrechtliches Institut. Für den Kläger machte es keinen Unterschied, ob er seinen Anspruch wegen einer Verjährungseinrede oder einer anderen Einrede vor dem alternativen Forum nicht durchsetzen kann.

379 Phoenix Canada Oil Co. Lid v. Taaco Inc. , 78 F.D.R. 445 (D.C. Dei. 1978). 380 Crimson Semiconductor, lnc. v. Electmum, 629 F. Supp. 903, 908f. (S.D.N.Y. 1986); Feenerty v. Swiftdrill, lnc., 706 F. Supp. 519, 524 (E.D. Tex. 1989).

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2. Kritik der Literatur

Die Literatur hat die grundsätzliche Irrelevanz eines Wechsels des anwendbaren Rechts in Frage gestellt. Einige Autoren haben vorgeschlagen, das Problem solle entsprechend der Regel des 28 U.S.C. § 1404 (a) behandelt werden381 . Wird eine Sache gemäß dieser Norm an ein anderes Bundesgericht verwiesen, so hat das Gericht, an das verwiesen wird, dasselbe Recht anzuwenden, das das verweisende Gericht angewandt hätte382 . Der Supreme Court begründete seine Auslegung des 28 U.S.C. § 1404(a) mit dem Hinweis, der Zweck der Norm bestehe darin, auf der Grundlage von "convenience" und "faimess" lediglich einen "change of courtroom" zu ermöglichen383 . Dem Kläger bleiben damit mögliche Vorteile erhalten, die sich aus dem Recht ergeben, welches das von ihm angerufene Gericht anwenden würde. Der Vergleich zwischen 28 U.S.C. § 1404 (a) und der Lehre vom forum non conveniens hinkt allerdings. Das Ermessen, das 28 U .S.C. § 1404 (a) den Bundesgerichten einräumt, um Klagen wegen inconvenience an ein anderes Bundesgericht zu verweisen, ist weiter als das Ermessen das den Gerichten mit der forum non conveniens-Lehre eingeräumt wird384 . Dies macht einen "change of courtroom" wahrscheinlicher. Man kann nun argumentieren, es sei gerechtfertigt, den Kläger für das Risiko einer Verweisung dadurch zu entschädigen, daß man ihn nicht auch noch mit einem möglicherweise nachteiligen Wechsel des anwendbaren Rechts konfrontiert. Größere Bedeutung hat aber eine praktische Überlegung. Der Bundesgesetzgeber hat zwar die Kompetenz, mit bindender Wirkung gegenüber dem Bundesgericht, an das verwiesen wird, zu entscheiden, ob eine Verweisung gemäß 28 U.S.C. § 1404 (a) einen Wechsel des anwendbaren Rechts ausschließt. Eine solche Kompetenz fehlt ihm aber in Bezug auf die Gerichte anderer Einzelstaaten oder Länder. Besteht man unter diesen Umständen darauf, daß eine Klagabweisung wegen forum non conveniens nicht dazu führen darf, daß ein anderes Recht zur Anwendung kommt, ohne gleichzeitig sicherstellen zu können, daß das alternative Gericht das gleiche Recht anwendet wie das klagabweisende, so wird die Gefahr akut, daß die forum non conveniens-Lebre in ihrer jetzigen Form nicht mehr praktikabel ist385 .

381 s. Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1671 (1992); Scoles!Hay, Conflict of Laws, S. 384 (1992). Der Wonlaut von 28 U.S.C. § 1404 (a) ist abgedruckt aufS. 55, FN 185. 382 Van Dusen V. Barrack, 376 U.S. 612, 639 (1964). 383 Ebd. 384 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235. 253 (1981). 385 So der Supreme Coun ebd.

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3. Stellungnahme

Im Ergebnis vermag es dennoch nicht zu überzeugen, daß ein Wechsel des anwendbaren Rechts bei einer Klage vor dem alternativen Gericht grundsätzlich keine Bedeutung haben soll. Wie bereits erwähnt, kann die Verweisung des Klägers auf ein anderes Gericht bedeuten, daß der Beklagte dort mit einer Einrede ganz oder zum Teil Erfolg haben wird. Wenn aber eine Klage aus Gründen der Einfachheit des Verfahrens (convenience) abgewiesen wird, obwohl abzusehen ist, daß dem Kläger vom alternativen Forum erheblich weniger oder eventuell sogar nichts zugesprochen werden wird, dann wird die forum non conveniens-Entscheidung letztlich zu einer Sachentscheidung im prozessualen Gewande. Die Irrelevanz des Wechsels des anwendbaren Rechts ändert insofern den Charakter einer als prozessual gedachten Entscheidung, die angeblich lediglich darauf abzielt, einen geeigneten Gerichtsort zu gewährleisten. Solch ein Ergebnis ist aber nur akzeptabel, wenn die ursprüngliche Gerichtswahl des Klägers grundsätzlich respektiert und nur in engen Ausnahmefällen beiseite geschoben wird. Die mögliche Tragweite einer Klagabweisung spricht dafür, eine solche nur auszusprechen, wenn der Kläger rechtsmißbräuchlich von der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts Gebrauch gemacht hat. Die gegenwärtige Praxis ist aber weit davon entfernt, diesen strengen Maßstab anzuwenden. X. Andere Faktoren

Die Liste der relevanten Interessen, die der Supreme Court in der Gi/benEntscheidung aufgestellt hat, ist nicht abschließend386 . Nur kurz sollen im folgenden weitere Aspekte erwähnt werden, die in der Praxis der Gerichte Bedeutung erlangt haben. Alle Umstände, die darauf hindeuten, daß der Kläger den Beklagten durch die Wahl seines Gerichtsortes belästigen will, sind ein starkes Argument zugunsten einer Klagabweisung387 • Eine Klagabweisung ist insbesondere geboten, wenn der Kläger einen Gerichtsstand wählt, der keine besondere Sachverhaltsnähe aufweist, ohne für seine Wahl einen plausiblen Grund nennen zu können388 . Für eine Klagabweisung wegen forum non conveniens ist aber nicht ausreichend, wenn der Kläger den Beklagten zwar durch die 386 GulfOil Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501, 508f. (1947). 387 Lake v. Richardson-Merrel, Inc., 538 F. Supp. 262, 267 (D.C. Ohio 1982); s. a. GulfOil

Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501, 507 (1947). 388 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 249 (1981).

C. Öffentliche Interessen

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Klage an sich, nicht aber durch die Gerichtsstandswahl im besonderen belästigen will. Auch der Umstand, daß der Kläger im Land des alternativen Forums nicht von den Vorteilen eines contingency fees-Systems profitieren kann, kann Bedeutung gewinnen. Das Fehlen eines solchen Vergütungssystems für Anwälte führt zwar in der Regel nicht dazu, daß ein alternativer Forum als per se ungeeignet angesehen wird389 . Es ist aber ein Umstand, der bei der Interessenahwägung zulasten einer Klagabweisung in die Waagschale fallt. Dies gilt insbesondere, wenn einer armen Partei aus finanziellen Gründen vernünftigerweise nicht zugemutet werden kann, eine Klage im Ausland zu erheben390 • Währungskontrollgesetze sind ein weiterer Gesichtspunkt, auf den die Rechtsprechung mitunter abstellt. Im Fall Hatzlachh wäre es dem Kläger bei erfolgreicher Klage in Nigeria nicht möglich gewesen, den erstrittenen Schadensersatz ins Ausland zu transferieren, da ein entsprechender Kapitaltransfer gegen die nigerianischen Währungsgesetze verstoßen hätte391 • Dies sprach nach Auffassung des entscheidenden Gerichts gegen eine Klagabweisung wegenforumnon conveniens. C. Öffentliche Interessen Neben den privaten Interessen sind öffentliche Interessen zu berücksichtigen. Im Vordergrund stehen dabei das Interesse, Belastungen zu vermeiden, die aus der Anwendbarkeit fremden Sachrechts resultieren können (1.), und das Interesse des Gerichtsstaats, eine Sachentscheidung durch seine Gerichte zu treffen (II.); am Rande werden auch die öffentlichen Lasten berücksichtigt, die ein Verfahren vor einem amerikanischen Gericht mit sich bringt (III.). I. Anwendbares Recht

Der Frage, welches Recht in einem Rechtsstreit zur Anwendung kommt, wird von der Rechtsprechung grQße Bedeutung für die forum non conveniens-

389 s. oben s. 64. FN 238. 390Reid-Walen v. Hansen, 933 F.2d 139Q, 1398f. (8th Cir. 1991); Rudetsky v. O'Dowd, 660 F. Supp. 341 , 346 (E.D.N.Y. 1987). 391 Hatzlachh Supply, lnc. v. Tradewind AiFifays LJd.• 659 F. Supp. 112, 115 (S.D.N.Y. 1987).

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§ 4 Begriff der Inconvenience

Abwägung beigemessen392 . Denn ob amerikanisches oder ausländisches Recht von den Gerichten anzuwenden ist, bestimmt maßgeblich den Arbeitsaufwand, der von den Gerichten zu leisten ist. Die Courts of Appeals messen der Frage soviel Gewicht bei, daß sie von den Untergerichten verlangen, immer das anwendbare Recht zu ermitteln, bevor sie eine Klage abweisen393 . In der Regel folgen die erstinstanzliehen Gerichte dieser Vorgabe. Tun sie es nicht, kann ihre Klagabweisung aufgehoben werden. So ging beispielweise in McClelland Engineers der Court of Appeals davon aus, daß das Untergericht sein Ermessen mißbraucht habe, als es eine Klagabweisung wegen forum non conveniens aussprach, ohne zuvor geklärt zu haben, ob ausländisches oder amerikanisches Recht zur Anwendung komme394 . Die Bedeutung, die dem anwendbaren Recht zukommt, folgt auch daraus, daß es besser ist, wenn ein Rechtsstreit vor einem Gericht ausgetragen wird, das mit dem anwendbaren Recht vertraut ist, als wenn ein Gericht mit der Sache befaßt wird, das sich womöglich "im Dickicht der !PR-Probleme und einem ihm fremden Recht verstrickt"395 . Soweit auf den Rechtsstreit amerikanisches Recht anzuwenden ist, spricht dies daher dafür, daß das angerufene Bundesgerichtaufgrund seiner Vertrautheit mit dem anwendbaren Recht seine jurisdiction ausübt396 • Umgekehrt ist es ein Argument für eine Klagabweisung, wenn vom amerikanischen Gericht ausländisches Recht anzuwenden wäre397 . Dies gilt um so mehr, falls das ausländische Recht nicht mit ausreichender Sicherheit oder nur mit großen Schwierigkeiten ermittelt werden kann.

392 Auch bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts werden die öffentlichen Interessen analysiert; die Analyse in diesem Zusammenhang unterscheidet sich aber von der hier angesprochenen. S. dazu De Sieno, 20 J. Mar. L. & Com. 375, 393 (1989). 393 Contact Lumber Co. v. P.T. Moges Shipping Co. Lid., 918 F.2d 1446, 1450 (9th Cir. 1990); Quintero v. Klavenes Ship Lines, 914 F.2d 717, 725 (5th Cir. 1990); De Melo v. Lederle Laboratories, 801 F.2d 1058, 1061 (8th Cir. 1986); La Seguridad v. Transytur Line, 707 F.2d 1304, 1310 (11th Cir. 1983); a. A. Kryvicky v. Scandinavwn Airlines, 807 F.2d 514, 517 (6th Cir. 1986). 394 McCiel/and Engineers, Inc. v. Munusamy, 784 F.2d 1313, 1317 (5th Cir. 1986). 395 GulfOil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 509 (1947); Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 79lf. (D.C. Cir. 1980). 396 Vaz Borra/ho v. Keydril Co., 696 F.2d 379 (5th Cir. 1983); Rivendell Forest Products v. Canadian Pacijic, 2 F.3d 990, 994 (10th Cir. 1993); Needham v. Phillips Petroleum Co. of Norway, 719 F.2d 1481, 1483 (10th Cir. 1983); McCielland Engineers, Inc. v. Munusamy, 784 F.2d 1313, 1317 (5th Cir. 1986); Raffaele v. Companie Generale Maritime, 707 F.2d 395, 402 (9th Cir. 1983). 397 Ernst v. Ernst, 722 F. Supp. 61, 65f. (S.D.N.Y. 1989).

C. Öffentliche Interessen

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Die Notwendigkeit, ausländisches Recht anzuwenden, ist selbstverständlich für sich allein kein ausreichender Grund, eine Klage abzuweisenl98 • Dies gilt insbesondere dann, wenn alle potentiell anwendbaren Sachrechtsordnungen nicht nur für das angerufene Bundesgericht, sondern auch für das alternative Forum ausländische Rechte sind399 . In der Literatur ist die Berücksichtigung des anwendbaren Rechts im Rahmen derforumnon conveniens-Abwägung kritisiert worden400 • Sie stehe im Widerspruch zur vom Supreme Court in Piper Aircrajt401 vertretenen Auffassung, ein Wechsel des anwendbaren Rechts sei grundsätzlich zu ignorieren. Dies trifft aber so nicht zu. Bei dem Problem des Wechsels des anwendbaren Rechts und bei der Frage nach dem anwendbaren Recht geht es um zwei verschiedene Dinge. Indem der Supreme Court entschied, daß ein Wechsel des anwendbaren Rechts außer Betracht zu bleiben habe, wollte er den Gerichten die umständliche und zeitraubende Aufgabe ersparen, klären zu müssen, wie das Urteil des alternativen und wie das des angerufenen Gerichts lauten würde. Soweit es aber lediglich um die Frage geht, welches Recht das angerufene Gericht anzuwenden hat, falls es seine jurisdiction ausübt, geht es um die zu erwartende Arbeitsbelastung und Kompetenz des Gerichts im konkreten Fall. Die Beantwortung dieser Frage stellt für sich allein aber noch keine besondere Belastung für die Gerichte dar, vor der man sie schützen müßte. II. Interessen des Gerichtsstaates

Im Rahmen der Abwägung der öffentlichen Interessen wird dem Ort, an dem ein Rechtsstreit lokalisiert ist, von der Rechtsprechung erhebliches Gewicht beigemessen. Die Untergerichte folgen damit einer Maßgabe des Supreme Court, der in Gilbert von der Existenz eines "local interest in having localized controversies decided at home" ausging402 . Die Suche nach einem local interest läßt sich in diesem Zusammenhang umschreiben als ein Versuch zu klären, welcher Staat einen Fall entscheiden will oder sollte.

398 Schexnider v. MeDermon Intern., lnc., 817 F.2d 1159, ll63f. (5th Cir. 1987); Herbstein

v. Bruetman, 743 F. Supp. 1184, 189 (S.D.N.Y. 1990).

399 Villar v. Crowley Maritime Corp. , 782 F.2d 1478, 1483 (9th Cir. 1986). 400 Reynolds. 70 Tex. L. Rev. 1663, 1678 (1992). 401 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 247 (1981). 402 GulfOil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 509 (1947). 7 Dorsel

98

§ 4 Begriff der Inconvenience

Die damit zusammenhängende Frage, wo eine Streitigkeit lokalisiert ist, läßt sich nicht immer leicht beantworten. Die Rechtsprechung klärt diese Frage in Anlehnung an den "center of gravity"- oder "most significant relationship"-Test, wie er auch im Internationalen Privatrecht gebräuchlich ist403. Indizien für ein Interesse des Staates an einer Sachentscheidung durch die eigenen Gerichte sind nach der Rechtsprechung neben dem Handlungs- bzw. Tatort die Nationalität der Parteien, deren Aufenthaltsort sowie alle andere Faktoren, die einen Bezug zwischen Rechtsstreit und Forumstaat begründen404. Insbesondere wenn alle Verfahrensbeteiligten amerikanische Staatsangehörige sind, gehen die Gerichte davon aus, daß eine erhebliches öffentliches Interesse bestehe, ein Gericht in den Vereinigten Staaten zur Verfügung zu stellen40S. Daneben erlangt aber auch das anwendbare Recht erhebliche Bedeutung406 , das aus der Sicht des amerikanischen Kollisionrechts mittelbar ebenfalls andeutet, welche Rechtsgemeinschaft am engsten mit einer konkreten Streitsache verbunden ist407 . · Die hier angeführten Kriterien wurden bereits teilweise behandelt, als es um die privaten Interessen ging. Dort wurden sie aber unter einem anderen Blickwinkel betrachtet. Während Kriterien wie Nationalität, Aufenthaltsort etc. dort unter dem Gesichtspunkte erörtert wurden, inwieweit sie ein Interesse des Rechtssuchenden begründen, eine Entscheidung durch ein amerikanisches Gericht zu erlangen, geht es hier um die Frage, inwieweit dies Kriterien ein staatliches Interesse begründen, eine vorgelegte Frage zu entscheiden. Neben dem Interesse, Rechtsstreitigkeiten mit lokalem Bezug durch amerikanische Gerichte zu entscheiden, finden policy-Interessen Berücksichtigung in der Rechtsprechung, die nicht an den örtlichen Bezug des konkreten Rechtsstreits zum Gerichtsstaat anknüpfen. In Produkthaftungsfällen wurde von einigen Gerichten die Frage aufgeworfen, ob die amerikanischen Bürger 403Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663; 1680 (1992). Nähere Ausführung zum Inhalt der Begriffe "center of gravity" und "most significant relationship" finden sich bei Richmcm/Reynolds, Conflict of Laws, 155ff. (1984).

404 Mercier v.

40S

Sheraton Intern. , 981 F.2d 1345, 1355 (Ist Cir. 1992).

Ebd.

406 Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F.2d 824, 837 (5th Cir. 1993); Ernst v. Ernst, 722 F. Supp. 61, 65f. (S.D.N.Y. 1989). 407 Am Rande sei hier auf den Fall Raffaele v. Compagnie Generale Maritime, 707 F.2d 395, 398 (9th Cir. 1983) hingewiesen. Don fragte das Gericht, ob der Staat des alternativen Forums "(bad] expressed (Hervorhebung des Verfassers) [a) substantially stronger sovereignty interest". Bei Klärung dieser Frage stellte das Gericht dann allerdings darauf ab, welches Recht nach amerikanischer Sicht anwendbar wäre, ohne zu fragen, welches Recht das alternative deutsche Gericht angewandt hätte. Dies überzeugt nicht, da allenfalls das IPR des alternativen Forums Aufschluß darüber geben kann, ob der Staat, in dem dieses Gericht seinen Sitz hat, ein abstraktes Interesse an einer Sachentscheidung zum Ausdruck gebracht hat.

C. Öffentliche Interessen

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ein Interesse daran hätten sicherzustellen, daß amerikanische Hersteller keine schadhaften Produkte - sei es für den amerikanischen oder einen ausländischen Markt - herstellen408 . Die Gerichte sind zwar bereit, ein solches Interesse generell anzuerkennen. Sie zweifeln aber, ob ein Verfahren vor einem amerikanischen Gericht zur Verwirklichung dieses Interesses beitragen kann409 • In Piper Aircraft stellte der Supreme Court die Behauptung auf, es sei anzunehmen, daß "die erhöhte Abschreckung, die von einem Verfahren vor einem amerikanischen Gericht ausgehe, unbedeutend sei. "410 Bei anderen deliktischen Ansprüchen fällt das Ergebnis mitunter anders aus. So entschied der Court of Appeals in Lony, es bestehe ein starkes öffentliches Interesse daran, jurisdiction in einem Verfahren auszuüben, bei dem es um einen Betrug einer in Delaware ansässigen Firma zum Nachteil eines (west)deutschen Hersteller ging; der Betrug war in Deutschland begangen worden41 1. 111. Öffentliche Lasten

"The federal courts believe they are overworked. That might be even true. One often hears in ... cases the collective sigh of the swamped judicary. "41 2 Mit diesem Zitat wird ein Aspekt der forum non conveniens-Lehre angesprochen, der am Anfang ihrer Entwicklung stand. In seinem Plädoyer für eine forum non conveniens-Lehre führte Blair aus, der praktisch relevanteste Grund für die Einführung dieser Lehre sei das Interesse, die Bürger des Forumstaates vor unbilligen Belastungen zu schützen, die unweigerlich mit "importierten Rechtsstreiten" einhergingen. Blair benannte zwei Belastungen explizit: Die erhöhten Aufwendungen aus Steuermitteln für die Justizverwaltung und die Verzögerung in der Erledigung von (lokalen) Rechtsstreitigkeiten413. Daß diese Überlegungen nicht nur akademischer Natur sind, verdeutlicht ein Bericht in der New York Times aus jüngster Zeit mit dem Titel "Federal

408 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 260 (1981); Chhawchharia v. Boeing Co., 657 F. Supp. 1157, 1161 (S.D.N.Y. 1987). 409 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 260f. (1981); Chhawchharia ebd. 410 Piper Aircraft ebd. 411 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 604, 616 (3d Cir. 1991). 412 Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1682 (1992) bezugnehmend auf den Bericht des Federal Courts Study Comrnittee 109 (1990). S. a. Ginsburg, 55 Colo. L. Rev. I (1983). 413 Blair, 29 Col. L. Rev. 1, 25 (1929).

100

§ 4 Begriff der Inconvenience

Judges Blame Money Woes for Slowdown" 414 . In diesem Bericht heißt es, daß die meisten Bundesrichter wegen der erheblichen Mittelknappheit keine weiteren Zivilsachen im Haushaltsjahr terminieren wollten, sondern nur die dringlicheren Strafsachen. Tausende von Zivilverfahren, die meisten unter ihnen Handelssachen, verzögern sich dadurch. Die Rechtsprechung greift das Anliegen Blairs auf. Sie ist der Auffassung, die Verwendung von administrativen Ressourcen der Justizverwaltung sei nur zu rechtfertigen, wenn ein ausreichender Zusammenhang zwischen dem Rechtsstreit und dem angerufenen Gericht bestehe415 . Fehlt ein solcher Sachzusammenhang, so werden die Überlastung der Gerichte416 , administrative Probleme417 und die Belastungen, die für Einzelne aus Jurypflichten erwachsen können418 , als Argumente zugunsten einer Klagabweisung berücksichtigt. In Mercier v. Sheraton International schlug der Court of Appeals für den ersten Bezirk kürzlich einen besseren Beurteilungsmaßstab vor. Anstatt lediglich auf die Belastung des eigenen Gerichts abzustellen, solle entscheidend sein, ob der Rechtsstreit im alternativen Forum schneller entschieden werden könne als im angerufenen Gericht41 9 • Auch bei Zugrundelegen dieses Maßstabes bleibt die Berücksichtigung administrativer Schwierigkeiten problematisch, da es mit dem Gewaltmonopol des Staates und dem rechtsstaatliehen Justizgewährungsanspruch kaum zu vereinbaren ist, eine rechtsschutzsuchende Partei darauf zu verweisen, es fehle am erforderlichen Personal etc., um sich ihrer Sache annehmen zu

414 Labaton, New York Times, 9. April 1993, B16, Col.3. 415 Paper Operations Consultants Intern., Ltd v. S.S. Hong Kong Amber, 513 F.2d 667, 671

(9th Cir. 1975); Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 784 (D.C. Cir. 1980). 416 Jeha v. Arabian American Oil Co., 751 F. Supp. 122, 128 (S.O. Tex. 1990), aff'd. 936 F.2d 569 (5th Cir. 1991); Jennings v. Boeing Co., 660 F. Supp. 796, 807 (D.C. Pa. 1987); American Horne Assur. Co. v. lnsurance Corp. of lreland, 603 F. Supp. 636, 642 (D.C.N.Y. 1984). 417 Weiss v. Glemp, 792 F. Supp. 215,229 (S.D.N.Y. 1992); Allstale Ufe Ins. Co.v. Unter Group Ltd., 782 F. Supp. 215, 223 (S.D.N.Y. 1992).- S. a. Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 243 (1981), wo das Gericht seiner Sorge Ausdruck verlieh, ein Verfahren, bei dem zwei materielle Rechte nebeneinander zur Anwendung kommen, könne "hoffnungslos komplex und verwirrend für eine Jury sein. Dieses Problem läßt aber eher Zweifel an der Geeignetheit des Jurysystems an sich als an der Eignung eines bestimmten Gerichts aufkommen. 418 Hanunond Nonh Assoc., lnc. v. ABG Financial Services, lnc.,708 F. Supp. 334, 335 (S.O. Fla. 1989); Mercier v. Sheraton Intern., 935 F.2d 419, 430 (1st Cir. 1991); das Gericht vertrat in seiner Entscheidung die Auffassung, Bezugspunkt hinsichtlich der Belastung für die Juroren seien die Vereinigten Staaten und nicht lediglich die Bürger des Einzelstaates, in dem das angerufene Gericht seinen Sitz hat, wenn das alternative Forum im Ausland gelegen sei. 419 Mercier v. Sheraton Intern., 935 F.2d 419, 428f. (1st Cir. 1991).

D. Zusammenfassung

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können. Dies wurde auch von richterlicher Seite kritisiert420 • Einige Gerichte weisen auch darauf hin, daß die Überlastung der Gerichte für sich allein kein Grund sein kann, eine Klage abzuweisen421 . Dieser Auffasung entspricht im Ergebnis die Praxis aller Gerichte: Eine Entscheidung, bei der die Belastung der Gerichte ausschlaggebend zugunsten einer Klagabweisung in die Waagschale fiel, ist soweit ersichtlich nicht zu finden. D. Zusammenfassung In Gilbert entschied der Supreme Court, daß alle Faktoren, die einen Prozeß teuer und langwierig machen, bei der forum non conveniens-Abwägung zu berücksichtigen sind422 . Die Praxis der untergeordneten Gerichte zeigt allerdings, daß nicht alle Faktoren das gleiche Gewicht haben423. Die Gerichte stellen vielmehr einige Interessen in den Vordergrund. Unter den privaten Interessen haben Nationalität und Wohnsitz der Parteien, Verfügbarkeil von Beweismitteln, Verfahrenskonzentration und Gerichtsstandsklauseln herausragende Bedeutung. Unter den öffentlichen Interessen wird besonderes Gewicht auf das anwendbare Recht und das Interesse der zuständigen Gerichte, den Rechtsstreit zu entscheiden, gelegt. Die Gewichtung der relevanten Interessen ist kein arithmetischer Prozeß und wird nicht mit einer Apothekerwaage vorgenommen424 • Es handelt sich vielmehr um ein grobes Abwägen inkommensurabler lnteressen425 . Allgemeingültige Regeln, wie die relevanten Interessen gegeneinander abgewogen werden, lassen sich kaum aufstellen. Als Daumenregel kann aber formuliert werden, daß die Faktoren, die für ein Verfahren vor dem alternativen Gericht sprechen, diejenigen, die für eine Ausübung der jurisdiction sprechen, zahlenmäßig klar überwiegen müssen. Andernfalls ist eine Klagabweisung wegenforumnon conveniens grundsätzlich nicht zu erwarten.

420 In Rini v. N. Y. Centrat RR. Co., 240 A.2d 372, 376 (Pa. 1968) bemerkte Richter Musmano in einer dissenting opinion, "if caseload is to determine availability of the courts to injured persons, then justice has become a commodity dependent on the size of the court house and the number of personnet therein ... • 421 Herbstein v. Bruetman, 743 F. Supp. 184, 189 (S.D.N.Y. 1990). 422 GulfOil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 508 (1947). 423 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 932 F.2d 170, 182 (3d Cir. 1990). 424 United States v. E.l. Du Pont de Nemours &: Co., 87 F. Supp. 9962, %5 (N.D. 111. 1950). 42S McAIIen, 13 Southem lll. U.L. Rev. 191, 194 (1982). S. a. Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1683 (1992), der beklagt, daß private und öffentliche Interessen nicht vergleichbar seien.

102

§ 5 Ennessen des Gerichts

§ 5 Ennessen des Gerichts

Forum non conveniens-Entscheidungen sind Ermessensentscheidungen. Das Ermessen der Gerichte bezieht sich zunächst auf die Frage, ob sie ihre jurisdiction ausüben, oder eine Klagabweisung aussprechen wollen. Darüber hinaus haben die Gerichte Ermessen hinsichtlich der Frage, ob sie eine etwaige Klagabweisung bedingt oder unbedingt aussprechen wollen426. Die gerichtlichen Entscheidungen bezüglich dieser Fragen unterliegen keiner umfassenden Kontrolle durch die Rechtsmittelinstanz. Die erstinstanzliehen Gerichte haben dennoch diverse Vorgaben zu beachten. Ausgangspunkt ihrer Ermessensentscheidung muß immer die Vermutung sein, daß das vom Kläger gewählte Gericht zur Streitentscheidung geeignet ist (A.). Neben dieser Vorgabe bestehen weitere Ermessensbeschränkungen (B.). Werden diese Schranken nicht beachtet, so ist die Entscheidung des Gerichts ermessensfehlerhaft und aufzuheben. A. Vennutung zugunsten der klägerischen Forumwahl Die Gerichtsstandswahl des Klägers ist grundsätzlich zu respektieren427 . Der Grund für diesen Ausgangspunkt bei forum non conveniens-Entscheidungen ist vieldiskutiert428. Als die jurisdiction noch auf der Anwesenheit des Beklagten im Forumstaat basierte, konnte man als Erklärung für die grundsätzliche Respektierung der klägerischen Gerichtswahl auf den Grundsatz actor sequitur forum rei zurückgreifen. Diesem Grundsatz zufolge hatte der Kläger seine Klage am Aufenthaltssoft des Beklagten zu erheben. Unter diesen Umständen durfte man die Vermutung aufstellen, daß der Gerichtsort zumindest für den Beklagten geeignet war429 . Angesichts einer solchen Vermutung war es gerechtfertigt, die Wahl des Gerichtsortes durch den Kläger zu respektieren. II

II

426 Daß die Gerichte Ennessen haben, ihre forum non conveniens-Entscheidungen unter bestimmten Bedingungen auszusprechen, hat der Supreme Court ausdrücklich anerkannt; Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 257 (1981). Zu den möglichen Bedingungen s. unten S. 112ff.

427 GulfOil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501, 508 (1947): "But unless the balance is strongly in favor of the defendant, the p1aintiff's choice of forum should rarely be disturbed." Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 255f. (1981): "[A) plaintiff's choice of forum is entided to ... deference. • 428 Ein umfassender Überblick über diese Diskussion findet sich bei McAllen, 13 Southem IIJ. U .L. Rev. 191 (1982). 429 Freedman, Product Liability, S. 22 (1988).

A. Vermutung zugunsten der klägerischen Forumwahl

103

In einem Rechtssystem, das dem Kläger wesentlich weitergehende Möglichkeiten der Wahl eines Gerichtsstandes läßt, ist diese Überlegung nicht länger zwingend. Denn wenn die Wahl eines Gerichtsstandes nicht durch enge Zuständigkeitsregeln eingeschränkt wird, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß eine Vermutung zugunsten der Geeignetheil des vom Kläger gewählten Gerichts besteht430. Dennoch lassen sich Gründe dafür finden, die klägerische Gerichtswahl nicht durch richterliche Ermessensentscheidungen zu korrigieren. Der Kläger, der einen ihm genehmen Gerichtsstand wählt, macht lediglich von einer Wahlmöglichkeit Gebrauch, die ihm von der Rechtsordnung angeboten wird, die sich selbst als zuständig für die Streitentscheidung ansieht431 . Die Wahlmöglichkeit, die eine Rechtsordnung mit der einen Hand gibt, sollte sie nicht mit der anderen wieder nehmen. Ein weiterer Grund für die Respektierung der klägerischen Gerichtswahl folgt aus der Absicht, unproduktive Auseinandersetzungen über die Zuständigkeitsfrage zu vermeiden, die nicht unmittelbar für die Sachentscheidung von Bedeutung sind. So können Zeit und Ressourcen der am Verfahren Beteiligten geschont werden432 . Rechtstechnisch ist die Respektierung (deference) der Wahl des Klägers als widerlegbare Vermutung zugunsten der Geeignetheil des angerufenen Gerichts zu interpretieren. Das Zuständigkeitssystem der amerikanischen Bundesgerichte sichert zwar, wie bereits dargestellt, durch die Verknüpfung des "powertest" mit dem "reasonableness test" einen Minimum-Standard an Fairness und convenience433 . Es bleiben dennoch Grenzfälle, welche die Schwelle der genannten jurisdiction-Regeln überwinden, in denen die Ausübung der jurisdiction aber unbefriedigend wäre, weil sie zu einem Verfahren vor einem vergleichsweise ungeeigneten Gericht führen würde. Kann der Beklagte zeigen, daß ein solcher Grenzfall vorliegt, so soll er die Möglichkeit haben, die Vermutung zu widerlegen, daß die jurisdiction-Regeln zu einem Verfahren vor einem geeigneten Gericht führen. Die grundsätzliche Respektierung der klägerischen Gerichtswahl beschränkt die Ausübung des richterlichen Ermessens bei der forum non conveniensAbwägung. Das Gericht darf von dieser Grundregel nur abweichen, wenn die 430 von Mehren, 63 Boston U.L. Rev. 279, 307 (1983). 431 Note, 103 Harv. L. Rev. 1677 (1990). 432 McAIIen, 13 Southem Ill. U.L. Rev. 191 , 242 (1982). Es ist zweifelhaft, ob der Supreme Court sich dieses Argument zu eigen machen würde; in Sha.ffer v. Heitner, 433 U.S. 186, 211

(1977), führte er aus, daß "the cost of simplifying the Iitigation by avoiding the jurisdictional question rnay be the sacrifice of 'fair play and substantial justice'. That cost is too high." 433 Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 374 (1992). S. a. oben S. 36.

104

§ 5 Ennessen des Gerichts

zu beachtenden Interessen des Beklagten gegebenenfalls in Verbindung mit öffentlichen Interessen dies eindeutig nahelegen434 . Der Gi/ben-Entscheidung zufolge ist dies u. a. dann der Fall, wenn die klägerische Gerichtsstandswahl an Rechtsmißbrauch grenzt (abuse of process)435 . Der Umfang, in dem die klägerische Gerichtsstandswahl von den Gerichten respektiert wird, ist allerdings seit der Gilben-Entscheidung zurückgegangen. Zwar bekennen sich die Gerichte noch immer zum Ausnahmecharakter der Klagabweisung wegen forum non conveniens436 • Die Ausnahmen werden heute aber weiter gefaßt als noch zu Zeiten der Einführung der Lehre437 • Die Tragweite der Vermutung hat sich auch in einer weiteren Hinsicht seit der Gi/ben-Entscheidung verändert. Heute wird bei der Vermutung zugunsten der klägerischen Gerichtsstandwahl grundsätzlich zwischen ausländischen und heimischen Klägern unterschieden. Soweit der Kläger Ausländer ist, gilt die Vermutung, daß er ein geeignetes Gericht angerufen hat, nur eingeschräflkt438. Zwar verdient auch die Gerichtswahl des ausländischen Klägers der Rechtsprechung zufolge, respektiert zu werden439 • Aber der ausländische Kläger muß bessere Argumente für die Geeignetheil des angerufenen Gerichts ins Feld führen als der inländische Kläger, um einem etwaigen Antrag auf Klagabweisung erfolgreich begegnen zu können. Auch wenn der ausländische Kläger dadurch stärker belastet wird, liegt die Beweislast hinsichtlich der Ungeeigentheit des angerufenen Gerichts nach wie vor beim Beklagten440 • Besonderes Gewicht sollte die Vermutung der Geeignetheil des gewählten Gerichts m. E. im Falle von vertraglichen Gerichtsstandsvereinbarungen haben. Denn im Fall von Gerichtsstandsvereinbarungen haben sich die Parteien im vorhinein darauf verständigt, daß das angerufene Gericht geeignet ist. Die Gerichte sollten sich unter derartigen Umständen in der Regel nicht in die Einschätzung durch die Parteien einmischen. Dies sollte auch dann gelten,

434Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 886 F.2d 628, 635 (3d Cir. 1989); American Cyanamid Co. v. Picasso-Anstalt, 741 F. Supp. 1150, 1155ff. (D.N.J. 1990). 435 Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S. 501 (1947). Vgl. Sibaja v. Dow Chemical Co., 757 F.2d 1215, 1218 (11th Cir. 1985); Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 784 (D.C. Cir. 1980). 436Jnc. v. Costain Group PLC, 808 F. Supp. 1425, 1441 (E.D. Mo. 1992); Doe v. Hyland 1herapeutics Div. , 807 F. Supp. 1117, 1122 (S.D.N.Y. 1992); Peabody Holding Co. , lnc. v. Costain Group PLC, 808 F. Supp. 1425, 1441 (E.D. Mo. 1992). 437 Vgl. Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235 (1981) mit Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 u.s. 501 (1947). 438PiperAircraft v. Reyno, 454 U.S. 235,255 (1981). 439 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 886 F .2d 628, 633 (3d Cir. 1989). 440 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., ebd. S. 640.

B. Schranken des Ennessens

105

wenn die Parteien ein anscheinend ungeeignetes Gericht gewählt haben, soweit es neutral ist oder über großen Sachverstand verfügt441 . Die Gerichte entscheiden nicht immer in diesem Sinne. In Banco Metropolitano z. B. wies das Gericht eine Klage ab, obwohl das angerufene New Yorker Bundesgericht durch eine Gerichtsstandsklausel von den guatemaltekischen Parteien für etwaige Rechtsstreite vereinbart worden war. Das Gericht begründete die vom Beklagten beantragte Klagabweisung vor allem damit, daß keine Beweismittel in New York zugänglich waren und die Parteien bereits begonnen hatten, in Guatemala zu prozessieren. Überzeugender wäre es gewesen, wenn das Gericht den Antrag des Beklagten auf Klagabweisung wegen forum non conveniens als rechtsmißbräuchliches reverse forumshoppingzurückgewiesen hätte. B. Schranken des Ennessens

Wenn auch eine Vermutung zugunsten der klägerischen Forumwahl besteht, bleibt dem erstinstanzliehen Gericht doch erhebliches Ermessen bei seiner forum non conveniens-Abwägung442 . "In kluger Weise" - wie Jackson es in Gilben mit Bezug auf die von ihm übermittelte Entscheidung des Supreme Court ausdrückte - "wurde [in dieser Entscheidung] darauf verzichtet, einen Katalog derjenigen Umstände aufzuzählen, welche eine Klagabweisung oder Ausübung der jurisdiction rechtfertigen oder gar erfordern. Die Lehre [vom forum non conveniens] überläßt viel dem Ermessen des Gerichts, an das sich der Kläger wendet ... •443 Dies bedeutet allerdings nicht, daß die Ermessensausübung eine nicht nachvollziehbare, willkürliche und schrankenlose Entscheidung zum Ergebnis hat444 . Die Rechtsprechung hat vielmehr durch die Vielzahl der Entscheidungen zur forum non conveniens-Lehre nach und nach Richtlinien für den Entscheidungsprozeß der erstinstanzliehen Gerichte entwickelt, welche die Ausübung von "structured discretion" verlangen445 . Eine umfassende 441 Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 381 (1992); s. a. MIS Bremen v. Zapata Off-Shore Co., 407 u.s. 1, 12 (1972). 442Fustok v. Banque Populaire Suisse, 546 F. Supp. 506,514 (D.C.N.Y. 1982). 443 GulfOil Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501, 508 (1947). 444 Skeptisch insoweit Ehrenzweig, Conflicts of Laws, S. 125 (1962). 445[n re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1165 (5th Cir. 1987); Lony v. E.l. Du Pont de Nemours &: Co., 886 F.2d 628, 632 (3d Cir. 1989); Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 781 (D.C. Cir. 1980). Briggs, (1983) 3 Legal Studies 74, 77, spricht demgegenüber von "unstructured and unstructurable discretion", das die forum non conveniens-Rechtsprechung präge.

106

§ 5 Ermessen des Gerichts

Darstellung dessen, was unter dem Begriff "structured discretion" zu verstehen ist, fehlt bislang allerdings. Dies hat der Rechtsprechung Kritik eingebracht. Stein beklagt, eine Ansammlung von willkürlichen und widersprüchlichen Entscheidungen verschanze sich hinter einer Lehre, deren einziger, unklarer Maßstab für die Ermessensausübung sei, ob die Ausübung von jurisdiction "appropriate" sei446 . Und in der Tat gibt es gelegentlich Entscheidungen, bei denen sich die Sachverhalte in den wesentlichen Punkten kaum unterscheiden, die aber dennoch unterschiedlich behandelt werden447 . Derartige Fälle sind aber die Ausnahme. So kommen andere Autoren auch zu einen positiveren Urteil hinsichtlich des Bemühens der Gerichte, willkürliche Entscheidungen zu vermeiden448 . Betrachtet man die Entscheidungen der Courts of Appeals einschließlich einiger Entscheidungen der District Courts aus den beiden letzten Jahrzehnten, so zeichnen sich verhältnismäßig klare Schranken des Ermessensspielraums bzw. der "structured discretion " der Gerichte ab. Die Schranken beziehen sich zum einen auf den Abwägungsvorgang und zum anderen auf das Abwägungsergebnis. Die District Courts respektieren diese Schranken durchaus. Sie nehmen Bezug auf vergleichbare Entscheidungen (precedents), auch wenn sie sich bei der Ausübung ihres Ermessens nicht durch das strenge Prinzip der stare decisis gebunden fühlen449 . I. Schranken bezüglich des Abwägungsvorgangs

Nachdem das erstinstanzliehe Gericht festgestellt hat, daß ein adäquater alternativer Gerichtsstand zur Verfügung steht, hat es alle relevanten privaten und öffentlichen Interessen gegeneinander abzuwägen und festzustellen, ob eine Klagabweisung wegenforumnon conveniens geboten ist. Ausgangspunkt dieser Abwägung muß wie erwähnt die Vermutung sein, die Gerichtsstandswahl des Klägers sei nicht zu beanstanden. Sprechen die privaten Interessen dafür, die gegebene jurisdiction des angerufenen Gerichts auszuüben, so darf der Richter nicht auf öffentliche Interessen zurückgreifen, um eine Klagabweisung zu begründen. Das Gericht kann auf ~ie öffentlichen Interessen zur Begründung einer Klagabweisung nur 446 Stein, 100 Yale L.J. 781, 795 (1991). 447 s. z. B. Dowling v. Richardson-Merrell, Inc., 727 F .2d 608 (6th Cir. 1985) (jurisdiction ausgeübt) und Kontoulas v. A.H. Robinson Co., 745 F.2d 312 (4th Cir. 1984) (Kiagabweisung). 448 Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1689f. (1992). 449 Vgl. Bickel, 35 Comell L.Q. 12, 40 (1949).

B. Schranken des Ennessens

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zurückgreifen, wenn die Abwägung der privaten lnteresssen nicht eindeutig zu dem Ergebnis führt, das Gericht solle seine jurisdiction ausüben, d. h. wenn die privaten Interessen gleichgewichtig für die Klagabweisung und die Ausübung der jurisdiction sprechen oder gar eine Klagabweisung nahelegen450. Ein Verstoß gegen den Vorrang der privaten Interessen ist ermessensfehlerhaft. Bei der forum non conveniens-Abwägung sind alle relevanten Interessen zu berücksichtigen. Ermessensfehlerhaft ist es daher, wenn der erstinstanzliehe Richter es unterläßt, ein relevantes Interesse in den.Abwägungsprozeß einzustellen. In einem solchen Fall ist die Ermessensentscheidung des Gerichts aufzuheben45 1• Die Tatsachen, die der Ermessensausübung zugrunde gelegt werden, müssen umfassend ermittelt werden und sich an den Umständen des konkreten Falles orientieren452. Abstrakte Erwägungen sind unzureichend. Ferner muß die Entscheidung über die Klagabweisung durch das erstinstanzliehe Gericht spezifische Gründe angeben, so daß eine Überprüfung durch die Revisionsgerichte möglich ist45 3. Summarische Begründungen für die Ablehnung oder Stattgabe eines Antrags auf Klagabweisung führen in der Regel als Ermessensfehlgebrauch zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung454 455.

450 Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F.2d 824, 837 (5th Cir. 1993); Baris v. Sulpicio lines, lnc., 932 F,2d 1540, 1549 (5th Cir. 1991); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1165f. (5th Cir. 1987); Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 792 (D.C. Cir. 1980); Capri Trading Corp. v. Bank Bumiputra Malaysia Berhard, 812 F. Supp. 1041, 1045 (N.D. Cal. 1993). 45I[n re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1166f. (5th Cir. 1987). 452Mediterranean Golf, lnc. v. Hirsh, 783 F. Supp. 835,840 (D.N.J. 1991). 453 Lacey v. Cessna Aircraft. Co .• 862 F.2d 38, 43 (3d Cir. 1988). 454 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d 38, 43 (3d Cir. 1988); Gonzales v. Naviera Neptuno A. A., 832 F.2d 876, 881 (5th Cir. 1987); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1166 (5th Cir. 1987). 455 Im allgemeinen werden die erstinstanzliehen Gerichte in ihren veröffentlichten Entscheidungen dieser Maßgabe gerecht. Bei dieser Einschätzung wurde berücksichtigt, daß in manchen Fällen die Ablehnung eines Klagabweisungsantrags eine detaillierte Begründung nicht wert ist, da der Sachverhalt keine nennenswerte Grundlage für eine solche Entscheidung liefert. Nur ganz selten begnügen sich die Gerichte damit, die in der Gilbert-Entscheidung genannten privaten und öffentlichen Interessen aufzuzählen und eine knappe summarische Abwägung folgen zu lassen. Eine der seltenen Ausnahmen ist Update Art, lnc. v. Maariv Israel Newspaper, lnc., 635 F. Supp. 228 (S.D.N.Y. 1986); auch hier wurde eine Klagabweisung allerdings abgelehnt.

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§ 5 Ermessen des Gerichts

II. Schranken bezüglich des Abwägungsergebnisses

Das Abwägungsergebnis der erstinstanzliehen Gerichte ist in begrenztem Umfang einer inhaltlichen Kontrolle durch die Rechtsmittelinstanz zugänglich. So überprüfen die Courts of Appeals, ob bei der Gewichtung der zu berücksichtigenden Interessen einem Einzelinteresse eindeutig zu großes Gewicht beigemessen wurde. Ist dies der Fall, so wird die forum non conveniens-Entscheidung als ermessensfehlerhaft aufgehoben456 . Ein klarer Fall der Ermessensdisproportionalität457 ist gegeben, wenn einem der relevanten Interessen für sich allein unzulässigerweise ausschlaggebendes Gewicht beigemessen wird458 . Ansonsten ist eine klare Linie, jenseits derer ein Abwägungsergebnis als ermessensfehlerhaft anzusehen ist, schwer zu ziehen. Dies liegt am unklaren Prüfungsmaßstab, den die Rechtsmittelgerichte anzuwenden haben459 . Die inhaltliche Überprüfung erstreckt sich auf die Frage, ob eine Partei durch die Ermessensentscheidung begünstigt wurde. Eine unzulässige Begünstigung liegt insbesondere vor, wenn das erstinstanzliehe Gericht durch seine Ermessensentscheidung ohne sachlichen Grund ein etwaiges reverse forum shopping des Beklagten unterstützt hat460. Sie führt zur Ermessensfehlerhaftigkeit. Die Inhaltskontrolle durch die Courts of Appeals erfaßt schließlich auch die Frage, ob und ggfs. welche Bedingungen an eine Klagabweisung zu knüpfen sind. Kommt das erstinstanzliehe Gericht zu dem Ergebnis, daß eine Klagabweisung sachlich gerechtfertigt ist, so hat es den Zugang des Klägers zum alternativen Forum sicherzustellen. Soweit erforderlich hat die Klagabweisung unter Bedingungen461 zu erfolgen, die gewährleisten, daß der Kläger seine Klage im alternativen Forum erheben oder ggfs. an ein amerikanischens Bundesgericht zurückkehren kann, wenn ihm ein Verfahren vor dem alternativen Forum nicht offenstehen sollte, oder wenn sich der Beklagte einem Verfahren vor dem alternativen Gericht zu entziehen versucht462. Unterläßt 456 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 886 F.2d 628, 632 (3d Cir. 1989). 457 Dieser Begriff wird von der amerikanischen Rechtsprechung nicht verwendet. 458Roynat, lnc. v. Richmond Transp. Corp., 712 F. Supp. 417,419 (S.O. Ind. 1991). 459 Vgl. dazu unten S. 120f. 460 Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 784 (D.C. Cir. 1980). 461 Zu den gängigen Bedingungen s. unten S. 112ff. 462 In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1166 (5th Cir. 1987); Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775, 780 (D.C. Cir. 1980); Forsythe v. Saudi Arabian Airlines Corp., 885 F .2d 285, 291 (5th Cir. 1989).

A. Verfahren

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das erstinstanzliehe Gericht die Anordnung von Bedingungen, obwohl diese geboten erscheinen, ist seine Entscheidung fehlerhaft. Folge ist in diesem Fall aber nicht notwendigerweise die Aufhebung der Klagabweisung. Die Courts of Appeals begnügen sich vielmehr damit, die zu überprüfende Entscheidung durch Anordnung geeigneter Bedingungen abzuändem463 .

§ 6 Verfahren und dismissai-Entscheidung A. Verfahren I. Antrag auf Klagabweisung

Das Bundesprozeßrecht sieht vor, daß nur der Beklagte Klagabweisung wegen forum non conveniens beantragen kann. 28 U.S.C. § 1404 (a) räumt demgegenüber auch dem Kläger das Recht ein, eine Verweisung an ein anderes Bundesgericht zu beantragen. Der Beklagte ist gehalten, die Klagabweisung zeitig zu erheben, d. h. sobald er die Umstände und Tatsachen, die eine Klagabweisung begründen, kennt oder kennen müßte464. Eine Nichtbeachtung dieser Regel hat aber nicht per se zur Folge, daß ein Klagabweisungsantrag keine Aussicht auf Erfolg mehr haben kann. Zwar spielt der Zeitpunkt der Antragstellung eine Rolle bei der Abwägung der relevanten lnteresssen, soweit im Fall einer späten Antragstellung bereits wertvolle Ressourcen der Verfahrensbeteiligten investiert worden sind. Eine nicht zeitgerechte Antragstellung führt aber nicht zum Verlust der Einrede des forum non conveniens465 • Ist dagegen bereits ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten ergangen, so wird ein nachfolgender Antrag auf Klagabweisung als unzweckmäßig betrachtet und führt in der Regel nicht zum Erfolg466. Beantragt der Beklagte eine Verweisung an ein anderes Bundesgericht, obwohl ein Klagabweisungsantrag das richtige Rechtsmittel wäre, so wird der Verweisungsantrag als Klagabweisungsantrag ausgelegt467 . 463 Borden, lnc. v. Meiji Milk Products Co., 919 F.2d 822, 827ff. (2d Cir. 1990). . 464/n re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1165 (5th Cir. ;1987); Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380, 418 (1947). 46S s. oben S. 85. 466fntem. Housing Ltd. v. Rajidain Bank lraq, 712 F. Supp. 1112, 1120 (S.D.N.Y. 1989). 467 Damigos v. Flanders Compania Naviera, S.A., 716 F. Supp. 104, 105 (S.D.N.Y. 1989); Nieves v. American Airlines, 769, 770f. (S.D.N.Y. 1988).

110

§ 6 Verfahren und dismissai-Entscheidung

Die Beweislast dafür, daß das angerufene Gericht weniger geeignet ist als ein anderes verfügbares Forum, liegt beim Beklagten168. Dies gilt auch, wenn der Kläger Ausländer ist; ein Beweislastumkehr zu Lasten ausländischer Kläger findet nicht statt469 . Allerdings sind die Anforderungen an den Beklagten niedriger hinsichtlich des Nachweises, daß das angerufene Gericht ungeeignet ist, wenn der Kläger Ausländer ist. In jedem Fall hat der Beklagte konkrete Tatsachen zu benennen, die seine Behauptung unterstützen. Eine Behauptung, die lediglich auf pauschale Argumente gestützt wird oder ohne jede Substantiierung vorgetragen wird, ist nicht ausreichend470 . Die Anforderungen, die an die Beweisführung des Beklagten gestellt werden, sind im Rahmen einesjorum non conveniens-Antrags geringer als bei anderen Beweisen. Es ist ausreichend, wenn der Beklagte eidesstattliche Versicherungen (affidavits) vorlegt, die seine Behauptungen hinsichtlich der Ungeeignetheil des Gerichts untermauern471 . Dabei müssen die eidesstattlichen Versicherungen nicht sehr detailliert sein472 • Zu hohe Anforderungen an die Detailliertheil könnten dem Sinn und Zweck der jorum non conveniensLehre gar zuwiderlaufen, da sie teure und unnütze Ermittlungen fordern könnten. Einige Gerichte verlangen nicht einmal unter allen Umständen eidesstaatliche Versicherungen473 • Bevor die Frage der Klagabweisung wegen jorum non conveniens nicht entschieden ist, haben die Parteien keinen Anspruch auf Durchführung von pretrial discovery-Maßnahmen bezüglich anderer Aspekte als der Geeignetheit des angerufenen Gerichts474 . Andernfalls bestünde die Gefahr, daß die Parteienangesichts einer drohenden Klagabweisung unbillig durch gegnerische Beweisermittlungen belastet würden. Sobald die entscheidungserheblichen Argumente und Tatsachen dem Gericht vorgelegt worden sind, hat dieses zu bestimmen, ob es selbst oder das alternative Gericht geeigneter ist, das begonnene Verfahren durchzuführen. Eine summarische Prüfung ist dabei nicht ausreichend. Das Gericht hat vielmehr ausdrücklich darzulegen, auf welche Gründe und Tatsachen es seine Entschei-

468Lony v. E.l. Du Pont de Nemours &: Co., 886 F.2d 628, 640 (3d Cir. 1989); Clijfs-Nedrill Turnkey Intern. v. MII' Rich Duke, 734 F. Supp. 142, 145 (D. Dei. 1990); Mowrey v. Johnson &: Johnson, 524 F. Supp. 771, 775 (D.C. Pa. 1981); Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380, 418 (1947). 469 Lony v. E.I. Du Pont de Nemours &: Co., ebd. S. 640. 410Roynat, Inc. v. Richmond Transport Corp., 772 F. Supp. 417,421 (S.D.Ind. 1991).

471 Lony v. E.I. Du Pont de Nemours &: Co. , 886 F.2d 628, 634 (3d Cir. 1989). 472 Baris v. Sulpicio lines, Inc., 932 F.2d 1540, 1549f. (5th Cir. 1991). 473 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours &: Co. , 886 F.2d 628, 632 (3d Cir. 1989). 474 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 736 F. Supp. 662 (W.D. Pa. 1990).

A. Verfahren

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dung stüzt475 . Nach Auffassung des Court of Appeals für den fünften Bezirk soll es dabei gleichwertig sein, ob das erstinstanzliehe Gericht seine Entscheidung mündlich oder schriftlich begründet476. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, die anhängige Klage sollte wegen forumnon conveniens abgewiesen werden, so kann es sich dennoch entscheiden, hinsichtlich einer Widerklage seine jurisdiction auszuüben477 • II. Sua sponte dismissal

Blair hat in seinem für die arnerikanische forum non conveniens-Lehre grundlegenden Aufsatz vorgeschlagen, die Gerichte sollten auch dann zur Klagabweisung wegen forum non conveniens befugt sein, wenn der Beklagte keinen entsprechenden Antrag stellt478. Mehrere Staaten folgten diesem Vorschlag und erließen Gesetze, die es dem angerufenen Gericht gestatten, eine Klage sua sponte abzuweisen479• In den veröffentlichten Entscheidungen der Bundesgerichte findet man kaum Entscheidungen, die das Problem der sua sponte-Klagabweisung ansprechen. Die wenigen Entscheidungen, die sich zur Frage der sua sponte-Klagabweisung finden, lassen nicht eindeutig erkennen, ob ein Antrag auf Klagabweisung für erforderlich gehalten wird oder nicht. In Panaconti Shipping Co. v. MIV Ypapanti480 beispielsweise berichtet der Court of Appeals lediglich, daß das erstinstanzliehe Gericht, das Thema forum non conveniens "sua sponte angesprochen" hat; ob ein Antrag auf Klagabweisung folgte, wird nicht mitgeteilt481 • In Friends for all Children, lnc. v. Lockheed Aircraft Corp. 482 berichtet der Court of Appeals gar, das erstinstanzliehe Gericht habe zunächst den Antrag des Beklagten auf Klagabweisung abgelehnt und dann zu einem späteren Zeitpunkt während einer pretrial discovery-Konferenz wieder von sich aus aufgegriffen. 475 IAcey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d J8, 39 (3d Cir. 1988); Ganzales v. Naviera Neptuno A. A .• 832 F.2d 876, 881 (5th Cir. 1987); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147, 1166 (5th Cir. 1987). 416Jn re Air Crash Disaster near New Orlean;s, ebd. 477 Summit, Ltd v. Levy, 660 F. Supp. 708, 71lf. (S.D.N.Y. 1987). 478 Blair, 29 Col. L. Rev. 1, 2 (1929). 479 s. z. B. Califomia Code of Civil Proce!lyre § 410.30. Ein Überblick über das Recht der Einzelstaaten findet sich bei McMahon, 57 A.L.R. 4th 973 (1987). 480 Panaconti Shipping Co. v. MIV Ypapanti, 865 F.2d 705, 707 (5th Cir. 1989). 481 Ähnlich Proyecjin v. Banco lndustrial tle Venezuela, 760 F.2d 390, 391 (2d 1985); s. a. Nonh Branch Products v. Fisher, 284 F.2d 6U, 612 (D.C. Cir. 1960). 482 Friends for all Children, lnc. v. IAokheed Aircraft Corp., 717 F.2d 602, 604 (D.C. Cir. 1983).

112

§ 6 Verfahren und dismissai-Entscheidung

Anscheinend wird das forum non conveniens-Thema im allgemeinen bereits vom Beklagten angesprochen. Nichtsdestoweniger ist es sinnvoll, dem Gericht die Befugnis zu geben, sua sponte eine Klage abzuweisen, wenn die Interessen des Gerichts und der amerikanischen Öffentlichkeit eine Klagabweisung (in Verbindung mit den Interessen des Beklagten483) nahelegen. Diese im Rahmen der forum non conveniens-Abwägung relevanten Aspekte sind dazu bestimmt sicherzustellen, daß das Interesse an einer effektiven Justizverwaltung (administration of justice) verwirklicht wird. Wenn man diesen öffentlichen Interessen Gewicht beimißt, dann sollten die Gerichte auch in der Lage sein, sie bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen, selbst wenn der Beklagte keinen Klagabweisungsantrag gestellt hat484 . B. Dismissal Entscheidung I. Einfache Klagabweisung

Kommt das angerufene Gericht zu dem Ergebnis, daß der anhängige Rechtsstreit besser von einem anderen Gericht entschieden wird, so hat es nur die Möglichkeit, die Klage abzuweisen. Eine Aussetzung des Verfahrens, wie sie das Recht mehrerer Einzelstaaten vorsieht4 85 , ist den Bundesgerichten bei forum non conveniens-Entscheidungen nicht möglich486 . Auch haben die Gerichte nicht die Möglichkeit, den Fall an ein anderes einzelstaatliches oder ausländisches Gericht zu verweisen, wie dies nach 28 U.S.C. § 1404 (a) bezüglich der Verweisung an ein anderes Bundesgericht möglich ist. Der Kläger ist damit darauf angewiesen, eine neue Klage vor dem alternativen Forum zu erheben. II. Bedingte Klagabweisung

Wird eine Klage abgewiesen, so wird formal eine rein prozessuale Entscheidung und keine Sachentscheidung getroffen. Nichtsdestoweniger besteht für den Kläger das Risiko, daß er vor dem alternativen Forum erfolg483 Wie oben ausgeführt, reicht es nicht aus, wenn zwar die öffentlichen nicht aber auch die privaten Interessen für eine Klagabweisung sprechen. S. oben S. 106. 484 Barrett, 35 Cal. L. Rev. 380, 404 (1947). 485 s. z. B. Bader & Bader v. Ford, 66 A.D.2d 642, 648f. , 414 N.Y.S.2d 132, 137 (1979). 486 s. Canadian Overseas Ores v. Companiade Acero del Pacijico, 727 F.2d 274, 276 (2d Cir. 1984). Offengelassen wurde die Frage, ob auch eine Aussetzung des Verfahrens möglich ist, in Zeidenberg v. Polly Peck lnt'l. Plc., 1992 WL 178626 (S.D.N.Y. 1992) (nicht im F. Supp. Reporter veröffentlicht).

B. Dismissal Entscheidung

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los bleiben wird. Ursache dafür kann zum einen sein, daß die Klage bereits wegen formaler Gründe wie z. B. dem Fehlen der internationalen Zuständigkeit abgewiesen wird. Zum anderen ist es aber auch möglich, daß der Beklagte vor dem alternativen Forum erfolgreich Einreden geltend macht, mit denen er vor dem ursprünglich angerufenen Gericht keinen Erfolg gehabt hätte, wie beispielsweise der Einrede der Verjährung. Um derartige als hart empfundene Folgen für den Kläger zu mildem, haben die Gerichte Ermessen, die Klage unter Bedingungen abzuweisen, die es dem Kläger ermöglichen, unter bestimmten Umständen die Klage erneut bei dem klagabweisenden Gericht anzubringen487. Das Ermessen, das die Gerichte haben, bezieht sich auf die Frage, ob und gegebenenfalls welche Bedingungen auszusprechen sind. Funktion der Bedingungen ist in erster Linie zu gewährleisten, daß der Kläger nicht durch das andere Gericht abgewiesen wird, bevor er seinen Fall zu Gehör bringen konnte. Bedingungen können aber auch dazu dienen sicherzustellen, daß das andere Gericht tatsächlich das besser geeignete ist488 . 111. Einzelne Bedingungen

Die Gerichte machen von der Möglichkeit bedingter Klagabweisungen regen Gebrauch. Die Art der ausgesprochenen Bedingungen variiert; oft werden verschiedene Bedingungen kumuliert. Um einem negativen Kompetenzkonflikt vorzubeugen, wird die Klagabweisung oft unter der Bedingung ausgesprochen, daß der Beklagte auf die Rüge des Fehlens der internationalen Zuständigkeit des alternativen Gerichts verzichtet. Eine solche Bedingung erspart die Notwendigkeit, aufwendige Untersuchungen hinsichtlich des internationalen Prozeßrechts des alternativen Forums anzustellen; es muß lediglich festgestellt werden, daß die Zuständigkeit des anderen Gerichts durch Vereinbarung zwischen den Parteien begründet werden kann489 . Um sicherzustellen, daß ein Verfahren vor dem alternativen Gericht tatsächlich zustande kommt, gehen die Gericht mitunter noch weiter. So erfolgte in einem Fall die Klagabweisung zugunsten eines Verfahrens vor 487 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 257 (1981); Great Prize, S.A. v. Mariner Shipping Pty. , Lid., 967 F.2d 157, 173 (5th Cir. 1992); Forsythe v. Saudi Arabian Airfines Corp. , 885 F.2d 285, 294 (5th Cir. 1989); Gonzales v. Naviera Neptuno A. A., 832 F.2d 876. 881 (5th Cir. 1987). 488 Forsythe v. Saudi Arabian Airfines Corp., 885 F.2d 285, 291 (5th Cir. 1989); Vaz Borra/ho v. Keydril Co., 696 F.2d 379, 394f. (5th Cir. 1983). S. oben S. 81. 489 Vaz Borra/ho v. Keydril Co., 696 F.2d 379, 392 (5th Cir. 1983); das Gericht unterließ eine ausführliche Erörterung der Zuständigkeit des anderen Gerichts mit dem Argument, schlimmstenfalls könne der Kläger wieder zum klagabweisenden Gericht zurückkehren. 8 Dorsel

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§ 6 Verfahren und dismissai-Entscheidung

einem französischen Gericht unter der Bedingung, daß der Beklagte versprach, keine Schritte einzuleiten, um ein Verfahren, das der Kläger in Frankreich beginnen würde, aussetzen oder unterbrechen zu lassen490 . Erwähnt wurde bereits die Klagabweisung unter der Bedingung, daß der Beklagte auf die Einrede der Verjährung unter allen Umständen verzichtet491 . Nicht alle Gerichte fordern vom Beklagten einen so umfassenden Verzicht. Einige begnügen sich damit zu verlangen, daß der Beklagte auf die Verjährungseinrede verzichtet, soweit die Frist gemäß dem Recht, das das alternative Forum anwenden wird, abgelaufen ist, nachdem die Klage vom Kläger beim abweisenden Gericht eingereicht wurde492 • Dies kann dazu führen, daß eine Klagabweisung erfolgt, obwohl aus Sicht des alternativen Forums bereits Verjährung eingetreten ist. Es überzeugt nicht, wenn Gerichte die Bedingung eines lediglich eingeschränkten Verzichts auf die Verjährungseinrede aussprechen. Wenn die Verjährungsfrist des alternativen Forums abläuft, bevor die Klage beim abweisungswilligen Gericht eingereicht wird, dann gibt es im Zeitpunkt der Klagerhebung kein verfügbares alternatives Forum mehr; die Verfügbarkeil ist nach arnerikanischer Sicht entfallen, da die Statutes of Iimitation, die Verjährungsregelungen, als prozeßrechtliche Zulässigkeilsschranken verstanden werden. Eine Klagabweisung ist in solchen Fällen regelmäßig ausgeschlossen, es sei denn, das alternative Forum wird wieder verfügbar, weil der Beklagte auf seine Einrede der Verjährung verzichtet. Man mag nun spekulieren, daß die Gerichte den Kläger strafen wollen, der vorsätzlich seine Klage spät erhebt und so die Nicht-Verfügbarkeit des anderen Gerichts herbeiführt. Ob die Klagerhebung allerdings vorsätzlich spät erfolgt, ist in der Regel kaum nachzuweisen. Darüber hinaus wäre eine derartige Motivation der Gerichte nicht mit der Rechtsprechung des Supreme Court in Einklang zu bringen. Dieser hat in Keeton v. Hustler Magazine, lnc. klargestellt, daß es nicht zu beanstanden sei, wenn ein Kläger das Gericht wählt, das die längsten Verjährungsfristen zugrundelegt493 . Unter diesen Umständen darf dem Kläger aber auch kein Nachteil daraus erwachsen, daß er eine Klage erst einreicht, nachdem die Verjährungsfrist eines alternativen Gerichts bereits abgelaufen ist. Eine andere Bedingung, die von den Gerichten gelegentlich ausgesprochen wird, geht dahin, daß der Beklagte versprechen muß, im Rahmen des Verfah490 Broadcasting Rights Intern. Corp. v. Societe du Tour de France, S.A.R.L., 675 F. Supp. 1439, 1449 (S.D.N.Y. 1987). 491 s. z. B. Barris v. Sulpicio Lines, Inc .. 932 F.2d 1540. 1551 (5th Cir. 1991). 492 Vaz Borralho v. Keydril Co., 696 F.2d 379, 394 (5th Cir. 1983); Dowling v. RichardsonMerrell, lnc., 727 F .2d 608, 611 (6th Cir. 1984). 493 Keeton v. Hustler Magazine, lnc., 104 S.Ct. 1473, 1476 (1984).

B. Dismissal Entscheidung

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rens vor dem anderen Gericht pretrial discovery in einem größeren Umfang zuzulassen, als dies nach dem Prozeßrecht des alternativen Forums möglich wäre494 . Eine derartige Bedingung ist mitunter erforderlich, damit der andere Gerichtsstand tatsächlich besser geeignet ist. Problerne kann eine derartige Bedingung machen, wenn der Beklagte keine Kontrolle über wichtige Zeugen oder Dokumente und deshalb keinen Einfluß auf die Erfüllung der Bedingung hat495 . Bedenken allgerneiner Art wurden vorn Court of Appeals für den zweiten Bezirk hinsichtlich Bedingungen der genannten Art angeführt. Er hielt die Bedingung, der Beklagte habe sich dem Kläger gegenüber zu verpflichten, pretrial discovery entsprechend den Regeln der Federal Rules of Civil Procedure zu gewähren, für unzulässig. Als Begründung führte das Gericht zurecht an, eine derart weitreichende Bedingung dränge das andere Gericht zur Anwendung ausländischen (hier sogar Prozeß-) Rechts, ein Ergebnis das die Lehrevomforum non conveniens eher vermeiden wolle496 . Eine weitere Bedingung, auf die man in einzelnen Fällen trifft, geht dahin, den Beklagten zu dem Versprechen zu verpflichten, ein eventuell vor dem anderen Gericht durch den Kläger errungenes Urteil zu erfüllen497 ; durch eine solche Verpflichtung soll das Problem ausgeräumt werden, daß der Kläger ein erstrittenes Urteil nicht vollstrecken kann. Vereinzelt erfolgt die Klagabweisung auch unter der Bedingung, daß das ausländische Gericht zügig entscheidet. In Borden v. Meiji Milk Products Co. erlaubte das Gericht dem Kläger, seine Klage erneut vor einem amerikanischen Gericht zu erheben, falls das alternative Forum nicht innerhalb von 60 Tagen über den einzureichenden Antrag auf einstweilige Verfügung entscheiden würde498 . Gelegentlich zeigen die Courts of Appeals Grenzen hinsichtlich des SpielraUins der Gerichte bei der Aufstellung von Bedingungen auf. So hielt der Court of Appeals in Mercier v. Sheraton Intern., Inc. die Bedingung, daß der 494 Mercier v. Sheraton Intern., 981 F.2d 1345, 1353 (Ist Cir. 1992); Barris v. Sulpicio Lines, lnc., 932 F.2d 1540, 1551 (5th Cir. 1991); Dowling v. Richardson-Merrell, lnc., 727 F.2d 608, 611 (6th Cir. 1984). 495 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 932 F.2d 170, 183 (3d Cir. 1991); in diesem Fall hatten sich die Eigentumsverhälmisse an einem der beteiligten Unternehmen geändert und der Kläger behauptete, wichtige Dokumente seien nicht länger unter der Kontrolle des Beklagten. 496fn re Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster at Bhopal, 809 F.2d 195, 205 (2d Cir.1987). 497 Contact Lumber Co. v. P.T. Moges Shipping Co. l.Jd., 918 F.2d 1446, 1450 (9th Cir. 1990); Barris v. Sulpicio Lines lnc., 932 F.2d 1540, 1551 (5th Cir. 1991); Dowling v. Richardson-Merrell, lnc., 727 F.2d 608, 611 (6th Cir. 1984). S. a. In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disasterat Bhopal, 809 F.2d 195, 205 (2d Cir.1987), wo das Gericht eine derartige Bedingung für unzulässig hielt. 498 Borden v. Meiji Milk Products Co., 919 F.2d 822, 829 (2d Cir. 1990).

116

§ 6 Verfahren und dismissai-Entscheidung

Beklagte auf Stellung einer Sicherheit seitens des Klägers für die Kosten verzichte, für unzulässig499 . Zur Begründung verwies das Gericht darauf, daß der Kläger nicht mittellos und die Sicherheit, die grundsätzlich von ausländischen Klägern im alternativen Gerichtsland Türkei verlangt wird, unter den Umständen des Falles nicht exzessiv war. Im allgemeinen wird nur der Beklagte mit der Forderung konfrontiert, bestimmte Bedingungen zu erfüllen. Das ist deshalb nur billig, weil er es ist, der die Klagabweisung will. Wo der Beklagte allerdings dazu gedrängt wird, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, ist es gerecht, vom Kläger zu verlangen, daß er die Klagerhebung vor dem alternativen Gerichtsstand innerhalb einer betimmten Frist erhebt. Anderfalls kann vom Beklagten vernünftigerweise nicht erwartet werden, daß er die Bedingung des Einredeverzichts erfüllt. Deshalb sprechen einige Gerichte unter entsprechenden Umständen die Klagabweisung unter der zusätzlichen Bedingung aus, daß der Kläger die neue Klage vor dem anderen Gericht innerhalb einer angemessenen Frist ab Klagabweisung erhebt500. IV. Stellungnahme Bedingungen werden gelegentlich dazu benutzt sicherzustellen, daß das andere Gericht besser geeignet ist als das angerufene amerikanische Gericht501 . Schließlich scheint es aber auch, daß die Gerichte zugunsten des Klägers durch bedingte Klagabweisungen einen Ausgleich für die Probleme schaffen wollen, die sich zwangsläufig daraus ergeben, daß der Kläger in einem anderen Land eine neue Klage erheben muß. Eine solche Intention steht allerdings im Widerspruch zur Piper Aircraft Entscheidung, derzufolge ein Wechsel des anwendbaren materiellen Rechts einer Klagabweisung nicht im Wege steht. Urnsomehr sollte ein Wechsel des anwendbaren Prozeßrechts keine Rolle spielen, da dieses allenfalls mittelbar Einfluß auf das materielle Ergebnis hat und insofern weniger Beachtung verdient als das Sachrecht. Nichtsdestoweniger berücksichtigen die erstinstanzliehen Gerichte Verschlechterungenfür den Kläger insbesondere im Bereich des Prozeßrechts. Sie nutzen die Möglichkeit der bedingten Klagabweisung als Hintertür, um die in Piper Aircraft aufgestellte Regel zu umgehen. 499 Mercier v. Sheraton Intern., 981 F.2d 1345, 1353 (Ist Cir. 1992).

500Feenerty v. Swiftdrill, lnc., 706 F. Supp. 519, 524 (E.D. Tex. 1989); die Frist für die erneute Klagerhebung betrug im konkreten Fall 90 Tage. 501 Vgl. Jennings v. Boeing Co., 660 F. Supp. 796, 805 (D.C. Pa. 1987); In re Aircrash at Riyadh Airport, 540 F. Supp. 1141 (D.D.C. 1982); Pain v. United Technologies Corp. , 637 F.2d 775, 780 (D.C. Cir. 1980).

B. Dismissal Entscheidung

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Die Möglichkeit, die Klagabweisung unter Bedingungen auszusprechen, kann aber nicht verhindern, daß die materiellen Rechte des Klägers regelmäßig doch verkürzt werden, wenn das von ihm angerufene Gericht sich dazu entscheidet, seine jurisdiction nicht auszuüben. Dies wird namentlich in den Fällen deutlich, in denen die beklagte Partei nicht nur willens ist, sich der Zuständigkeit des alternativen Forums zu unterwerfen und auf Verjährungseinreden zu verzichten, sondern darüber hinaus sogar bereit ist, ihre Haftung dem Grunde nach anzuerkennen, wenn das amerikanische Gericht sich nur zu einemforum non conveniens erklärt502. Braueher hat sich gegen die Möglichkeit einer bedingten Klagabweisung ausgesprochen503. Er weist darauf hin, daß die Gilbert-Entscheidung in erster Linie zum Ziel hatte, ein Mittel bereitzustellen, um Klagen abzuweisen, die als rechtsmißbräuchlich anzusehen sind. In derartigen Fällen bestehe aber kein Bedarf, den Kläger durch bedingte Klagabweisung zu schützen. Dem ist zuzustimmen. Es überzeugt nicht, dem Kläger den Zugang zu einem zuständigen Gericht durch Klagabweisung wegen mangelnder Eignung des angerufenen Gerichts zu nehmen, wenn die Zuständigkeit eines alternativen Gerichts erst durch Bedingungen begründet werden muß. Ist das alternative Gericht nicht zuständig, so spricht dies gegen die Einschätzung, daß es das geeignetere Forum ist. Gegen die Bedingung, derzufolge die Klagabweisung nur erfolgt, wenn der Beklagte auf die Einrede der Verjährung vor dem alternativen Gericht verzichtet, spricht, daß sie im Widerspruch zur grundsätzlichen Irrelevanz des Wechsels des anwendbaren Rechts steht. Ähnliches gilt für den Fall, daß die Klagabweisung davon abhängig gemacht wird, daß der Beklagte weitgehende Beweiserhebung durch den Kläger zuläßt. Wenn schon ein Wechsel des anwendbaren Rechts irrelevant sein soll, so muß dies erst recht für einen Wechsel des anwendbaren Prozeßrechts gelten. Selbst das Versprechen des Beklagten, den Urteilsspruch zu erfüllen, ist keine sinnvolle Bedingung. Hat der Kläger tatsächlich ein ungeeignetes Gericht angerufen, so ist nicht einzusehen, warum er dafür belohnt werden soll, indem ihm erweiterte Vollstreckungsmöglichkeiten erschlossen werden, die ihm bei Klage vor dem vermeintlich geeigneteren Gericht nicht zugestanden hätten.

502 Vgl. oben S. 81.

503 Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 930f. (1947).

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§ 7 Rechtsmittelverfahren

§ 7 Rechtsmittelverfahren A. Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung

Wird einem Antrag auf Klagabweisung wegen forum non conveniens stattgegeben, so stellt die Klagabweisung ein Endurteil dar und ist als solches gemäß 28 U.S.C. § 1291 rechtsmittelf3hig504 . Wird der Antrag auf Klagabweisung abgelehnt, sind die Dinge komplizierter. In derartigen Fällen steht eine Überprüfung der Entscheidung durch die Obergerichte in der Regel nur zur Verfügung, nachdem ein Endurteil über die Streitsache gesprochen wurde. Zu einem solchen Zeitpunkt sind die Appellationsgerichte allerdings sehr abgeneigt, einen Fall noch unter forum non conveniens-Gesichtspunkten zu überprüfen und wegen Ungeeignetheil des erstinstanzliehen Gerichts die Sache in der zweiten Instanz abzuweisen505 . Denn die Parteien und das erstinstanzliehe Gericht haben in diesem Stadium bereits alle Zeit und Geld, die zur Herbeiführung einer Sachentscheidung erforderlich sind, eingesetzt und durch eine nachfolgende Klagabweisung würden die erreichten Ergebnisse zunichte gemacht. Dies widerspräche aber dem von der forum non conveniens-Lehre verfolgten Grundsatz der Prozeßökonomie. Damit stellt sich die Frage, ob eine Ablehnung des Antrags auf Klagabweisung wegen forum non conveniens auf anderem Wege als im Rahmen der Überprüfung eines Endurteils zu einem Court of Appeals gelangen kann. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an die vom Supreme Court entwickelten sog. collateral order exception. Diese Ausnahmeregel gestattet die unmittelbare Überprüfung von anderen Entscheidungen als Endurteilen durch die Courts of Appeals. Voraussetzung ist, daß die zu überprüfende Entscheidung eine wichtige von der Hauptstreitigkeit separate Streitfrage beantwortet und nicht effektiv mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann, das gegen das Endurteil in der Hauptsache gerichtet ist506 . Die Courts of Appeals gingen in der Mehrzahl der Fälle davon aus, daß eine abschlägige Entscheidung eines 504 Moore et al., Moore's Federal Practice, 157 (1992). 505 Vgl. Marin, 59 Geo. Wash. L. Rev. 715, 728 (1991), die darauf hinweist, daß nur in sechs von vielen hundert durch die Courts of Appeals während der letzten 50 Jahre überpruften forumnon conveniens-Entscheidungen eine Überprufung stattfand, nachdem eine Sachentscheidung bereits vorlag. S. Ganzales v. Naviera Neptuno A. A., 832 F.2d 876 (5th Cir. 1987); In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147 (5th Cir. 1987); Szumlicz v. Norwegian Am. Line, 698 F.2d 1192 (11th Cir. 1983); Fisher v. 1he Agios Nikolaos V, 628 F.2d 308 (5th Cir. 1980), cert. den. , 454 U.S. 816 (1981); Conte v. Flora Mercante del Estado, 227 F.2d 664 (2d Cir. 1960); Hopson v. Hopson, 221 F.2d 839 (D.C . Cir. 1955). 506 Coopers & Lybrand v. Livesay, 437 U.S. 463, 468 (1978).

A. Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung

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forum non conveniens-Antrags nicht unter die collateral order exception falleS07 . Lediglich der Court of Appeals für den vierten Bezirk nahm das Gegenteil an508 . Klarheit hinsichtlich dieser Frage brachte eine Entschiedung des Supreme Court. Dieser entschied in Van Cauwenberghe v. Biard, daß eine Ablehnung eines forum non conveniens-Antrags nicht unter die genannte Ausnahmeregel falleS09 . Der Supreme Court stützte seine Auffassung unter anderem darauf, daß in derartigen Fällen 28 U.S.C. § 1292 (b) als Spezialvorschrift Vorrang genieße, der die Möglichkeit des sog. interlocutory appeal eröffnet510 . Diese Norm läßt eine Überprüfung einer Entscheidung, die grundsätzlich nicht rechtsmittelfähig ist, allerdings nur unter engen Voraussetzungen zu. Sowohl der District Court als auch der Court of Appeals müssen eine rechtliche Überprüfung für wünschenswert erachten; Grund für die Einschätzung der Gerichte muß sein, daß eine zentrale Rechtsfrage einer grundsätzlichen Klärung bedarf. Obwohl der Anwendungsbereich von 28 U.S.C. § 1292 (b) damit sehr eng gesteckt ist, ermutigen einige Courts of Appeals die untergeordneten Gerichte, von der Möglichkeit der interlocutory appeals im Zusammenhang mit abschlägigen forum non conveniens-Entscheidungen großzügig Gebrauch zu machen511 . Dennoch sind interlocutory appeals selten. Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß eine effektive Überprüfbarkeil von nicht stattgebenden forum non conveniens-Entscheidungen nicht gewährleistet ist512 . Dies hat die begrüßenswerte Folge, daß umfangreiche Strei-

507 Carlenstolpe v. Merck & Co., 819 F.2d 33, 36 (2d Cir. 1987); Partrderiet Treasure Saga v. Joy Mfg. Co., 804 F.2d 308, 310 (5th Cir. 1986); Rosenstein v. Merrell Dow Pharmaceuticals, 169 F.2d 352, 354 (6th Cir. 1985); Coastal Steel Corp. v. Tilghman Wheelabrator Ltd., 709 F.2d 190, 195 (3d Cir.1983), cert. den. 464 U.S. 938 (1983). 508 Kontou/as v. A. H. Rohins Co., 745 F.2d 312 (4th Cir. 1984). 509 Van Cauwenberghe v. Biard, 486 U.S. 517, 522 (1988). 510 Ebd. S. 529. 28 U.S.C. § 1292 (b) lautet: "When a district judge, in making in a civil action an order not otherwise appealable under this section, shall be of the opinion that such order involves a controlling question of law as to which there is substantial ground for difference of opinion and that an immediate appeal from the order may materially advance the ultimate termination of the Iitigation, he shall so state in writing in such order. The Court of Appeals .. . may thereupon, in its discretion, permit an appeal to be taken from such order ... " 511 Gonzales v. Naviera Neptuno A. A., 832 F.2d 876, 881 (5th Cir. 1987); dies ist zugleich einer der seltenen Fälle, in denen eine Klagabweisung wegen forum non conveniens erfolgte, obwohl zum Zeitpunkt, in dem der Court of Appeals den interlocutory appeal entschied, bereits ein Sachurteil des erstinstanzliehen Gerichts vorlag. S. a. Wilson v. Humphreys Cayman Ltd., 916 F.2d 1239 (7th Cir. 1990). 512 Stein, 100 Yale L.J. 781, 832 (1991); Reynolds, 10 Tex. L. Rev. 1663, 1685 (1992).

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§ 7 Rechtsmittelverfahren

tereien über die Zuständigkeitsfrage, die der von ihr getrennten Sachentscheidung vorangeht, aber nicht an ihre Stelle treten sollte, vermieden werden. B. Überprüfungsmaßstab

In Piper Aircraft entschied der Supreme Court, daß die stattgebende forum non conveniens-Entscheidung des erstinstanzliehen Gerichts nur aufgehoben werden darf, "wenn ein klarer Ermessensmißbrauch [seitens des Gerichts] gegeben ist; wenn das Gericht dagegen alle relevanten privaten und öffentlichen Interessen berücksichtigt hat und diese Interessen in vernünftiger Form gegeneinander abgewogen hat, gebührt seiner Entscheidung substantieller Respekt. "513 Der Prüfungsmaßstab der den Courts of Appeals damit für forum non conveniens an die Hand gegeben ist, ist doppeldeutig, da er gleichzeitig auf zwei graduell unterschiedliche Tests abstellt. Zum einen soll Maßstab ein bloßer Mißbrauchstatbestand sein, zum anderen wird auf die "reasonableness" bzw. Vernünftigkeit der gerichtlichen Entscheidung abgestellt. Daher ist der in Piper Aircraft aufgestellte Maßstab nur bedingt hilfreich und wurde in der Literatur kritisiert. Reynolds fragt beispielsweise, was geschehen soll, wenn das überprüfende Gericht zu dem Ergebnis kommt, daß die vom erstinstanzliehen Gericht vorgenommene Abwägung zwar als unvernünftig aber nicht unbedingt als Mißbrauch des richterlichen Ermessens zu beurteilen ist514 . Die Courts of Appeals halten sich nicht sehr streng an die Aufforderung des Supreme Court, die erstinstanzliehen Entscheidungen nur in Ausnahmefällen nicht zu respektieren. Die Auswertung der 125 Entscheidungen der Courts of Appeals in den Jahren 1973 - 1993 zeigt, daß im Rechtsmittelverfahren etwa ein Drittel der zu überprüfenden forum non conveniens-Entscheidungen aufgehoben werden515 • Dabei behaupten die Courts of Appeals nur gelegentlich, das erstinstanzliehe Gericht hätte mißbräuchlich entschieden. Der Supreme Court entschied in Piper Aircraft auch, daß die Courts of Appeals nicht dazu befugt sind, ihre Wertung an die Stelle der Wertung des trial court zu setzen516 • Die Courts of Appeals folgen dem grundsätzlich und betonen in ihren Urteilen, daß bei der Überprüfung der forum non conveniens-Entscheidung der erstinstanzliehen Gerichte eine de novo-Prüfung 513

Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 257 (1981).

514 Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1686 (1992). 515 Anders Stein, 100 Yale L.J. 781 , 828 (1991); er geht ohne Angaben von Zahlen davon aus, daß die Entscheidungen der trial courts nur selten aufgehoben werden. 516 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 257 (1981).

B. Überprüfungsmaßstab

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ausgeschlossen sei, so daß nicht in eine neue Tatsachenfeststellung eingetreten werden könne5 17 . Das hindert sie aber nicht daran, oft umfangreiche Ausführungen zu der Frage zu machen, welches Gewicht einzelnen Interessen beim Abwägungsprozeß zu geben gewesen sei, um dann die Entscheidung des trial court aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen. Dies führt dazu, daß der District Court den Fall neu entscheiden muß. Nicht selten kommt er zum gleichen Ergebnis wie bei seiner ersten Entscheidung und kann dann sogar hoffen, daß bei erneuter Überprüfung durch den Court of Appeals die neue Begründung Bestand hat518 . Auf der anderen Seite gibt es aber auch zahlreiche Entscheidungen der Courts of Appeals, die zwar die Abwägung des erstinstanzliehen Gericht bemängeln, dann die Entscheidung aber doch respektieren, da kein Ermessensmißbrauch zu erkennen sei5 19 . Der Supreme Court hatte zum Ziel, die Streitigkeiten vor den Courts of Appeals überforumnon conveniens-Fragen so gering wie möglich zu halten. Deshalb formulierte er in Piper Aircraft den Maßstab des klaren Ermessensmißbrauchs520. Dadurch daß er gleichzeitig auf die reasonableness der Abwägung abstellt, öffnete er den Courts of Appeals die Möglichkeit, einen strengeren Maßstab anzulegen. Die Courts of Appeals nutzen diese Möglichkeit und unterlaufen so das vom Supreme Court angestrebte Ziel. Sie ziehen auf diese Weise zahlreiche Revisionverfahren an sich521.

517 Forsythe v. Saudi Arabian Airlines Corp., 885 F.2d 285, 290 (5th Cir. 1989); Cowan v. Ford Motor Co., 713 F.2d 100, 103 (5th Cir. 1983). 518 Mercier v. Sheraton Intern., 935 F.2d 419, 429f. (Ist Cir. 1991); das Gericht hob die Klagabweisung des trial courts auf, da dieser der U .S.-Staatsangehörigkeit des Klägers angeblich nicht genug Gewicht beigemessen hatte. Nach der Neuverhandlung sprach der Distriel Court erneut eine Klagabweisung aus, die der erneuten Überprüfung durch den gleichen Court of Appeals standhielt, Mercier v. Sheraton Intern., 981 F.2d 1345, 1355 (Ist Cir. 1992). Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 886 F.2d 628, 631ff. (3d Cir. 1989); der Court of Appeals verwies zunächst an den Distriel Court zurück. Daraufhin wies dieser erneut ab. Auch die zweite Klagabweisung wurde allerdings vom Court of Appeals aufgehoben, Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 604 (3d Cir. 1991). 519 Empresas Lineas Maritimas Argentinas v. Schichau-Unterweser, A.G., 955 F.2d 368, 375 (5th Cir. 1992); Borden, lnc. v. Meiji Milk Products Co. ,919 F.2d 822, 827ff. (2d Cir. 1990); der Court of Appeals kritisierte aber respektierte die Entscheidung des Distriel Court grundsätzlich. Er änderte sie aber ab, indem er sie an eine Bedingung knüpfte. 520 So Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1687 (1992). 521 Zwischen 1972 und 1993 berichtet die Westlaw Datenbank über 125 veröffentlichte Fälle der Courts of Appeals unter der keynumber für forum non conveniens und über 300 veröffentlichte Fälle der District Courts zur gleichen keynumber (lnhaltsbezogener Code für das systematische Auffinden von Gerichtsentscheidungen).

122

§ 8 Diskussion

§ 8 Diskussion A. Kritik an der forum non conveniens-Lehre Justice Frankfurter betrachtete die Lehrevomforum non conveniens als eine "manifestation of a civilized judicial system. "522 In jüngerer Zeit ist an die Stelle dieser Begeisterung für die Lehre die harsche Kritik zahlreicher Autoren getreten. Die Spitze dieser Kritik gipfelt in der Be- bzw. Verurteilung der gerichtlichen Entscheidungspraxis als ein "crazy quilt of ad hoc, capricious, and inconsistent decisions. "523 Auch wenn diese Einschätzung in ihrer Schärfe übertrieben ist und in der übrigen Literatur nicht wiederholt wird, so kann man doch feststellen, daß zahlreiche Autoren meinen, die forum non conveniens-Lehre sei unter theoretischen und praktischen Gesichtspunkten ein Fehlschlag und bedürfe einer grundlegenden Revision, wenn man sie nicht ganz abschaffen wolleS24 • Eine per saldo positive Einschätzung ist die AusnahmeS25 . I. Rechtsunsicherheit Zentraler Kritikpunkt an der forum non conveniens-Lehre ist die Rechtsunsicherheit, die mit ihr einhergeht526 . Der bei forum non conveniensEntscheidungen unerläßliche Abwägungsprozeß zwischen den relevanten privaten und öffentlichen Interessen läßt dem erstinstanzliehen Gericht erheblichen Ermessensspielraum. Dieser besteht nicht nur bezüglich der Frage, welche Interessen mit welchem Gewicht zu berücksichtigen sind527 , sondern auch hinsichtlich der Frage, in welchem Grade die Gerichtswahl des Klägers zu respektieren ist. Aus dem Ermessensspielraum folgt unweigerlich eine Ungewißheit hinsichtlich des Ausgangs der Abwägung528. 522 Dissenring opinion in Baitimare & Ohio R. Co v. Kepner, 314 U.S. 44, 55 (1941). 523 Stein, 100 Yale L.J. 781, 785 (1991). 524McAilen, 13 Southem Ill. U.L. Rev. 191, 196 und 278 (1982) ("The experiment [of forum non conveniens] has been a failure"); Stewan, 74 Cal. L. Rev. 1259, 1324 (1986). Robenson, 103 L.Q. Rev. 398, 426 (1987) ("In tenns of delay, expense, uncenainty, and a fundamental loss of judicial accountability, the most suitable forum version of forum non conveniens clearly costs more than it is worth. ") 525 Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1704f. (1992). 526Stein, 100 Yale L.J. 781, 841 (1991); Speck, 18 J. Mar. L. & Com. 185, 206 (1987); Ehlers, ZLW 1986, 327, 349f. 527 McDougal, 35 Vand L. Rev. 1, 10 (1982). 528 Uneinheitliche Ennessensausübung wird von einigen Autoren auch gerügt, weil sie zu Verstößen gegen den Gleichheitsgrundsatz führe, da gleich gelagerte Fälle mitunter ungleich

A. Kritik an der forum non conveniens-Lehre

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Unerfreulich ist dies vor allem für den Beklagten, der sich nicht aussuchen kann, vor welches Gericht er gezogen wird. Für den Kläger gilt dies nicht im gleichen Umfang, da er bei Verfügbarkeit mehrerer zuständiger Gerichte von vornherein die Möglichkeit hat, ein geeignetes Forum zu wählen und damit einer Klagabweisung vorzubeugen529. Der Vorwurf, die Ergebnisse der forum non conveniens-Entscheidungen seien nicht ausreichend vorhersehbar, geht auf das klassische Spannungsverhältnis zwischen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zurück530 . Klare und mechanisch anwendbare Regeln erhöhen die Rechtssicherheit, mindern gleichzeitig aber die Flexibilität der Rechtsanwendung. Dieforum non conveniensLehre will demgegenüber die Flexibilität der Rechtsanwendung erhöhen und verzichtet deshalb auf starre, allgemeingültige Regeln. Wie der Konflikt zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit aufzulösen ist, ist letztlich eine rechtspolitische Frage·531• Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage sollte man nicht aus den Augen verlieren, daß fast fünf Jahrzehnte nach Einführung der forum non conveniens-Lehre im amerikanischen Bundesrecht die Rechtsunsicherheit auf diesem Gebiet eher ab- als zugenommen hat, obwohl spätestens mit der Piper Aircraft-Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lehre stattgefunden hatte. Inzwischen gibt es zahlreiche precedents, die den erstinstanzliehen Gerichten relativ klare Maßstäbe an die Hand geben. Daher ist es nicht länger gerechtfertigt, vom "Chaos des forum non conveniens" zu sprechen532 . Ein hohes Maß an Rechtssicherheit wurde aber trotz zahlreicher precedents nicht erreicht. entschieden würden. Morley, 68 Nw. U.L. Rev. 24, 35 (1973); Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1688 (1992); s. a. McDougal, 35 Vand L. Rev. 1, 10 (1982); Barrett, X Air Law 58, 64 (1985) . Dieser Kritikpunkt ist nicht gerechtfertigt. Es darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Einräumung von Ermessen es gerade ermöglichen soll, losgelöst von mechanischen Regeln Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, um so den GleiCheitssatz besser verwirklichen zu können. Daß dies mangels einheitlicher Ermessensausübung nicht immer gewährleistet ist, trim zwar in vereinzelten Fällen zu (s. oben S. 106), ist aber eher die Ausnahme. 529Briggs, 9 Oxford J.L. Stud. 251,254 (1989): "The plaintiffhas only himselfto blame if he chooses to sue in a forum from which the defendant may be able to escape." Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 111. 530 Friendly, 31 Emory L.J. 747, 754f. (1982). 531 Stein, 100 Yale L.J. 781, 842ff. (1991), schlägt vor, dieforumnon conveniens-Lehre durch jurisdiction-Regeln zu ersetzen, um so das Ermessen der Richter zu beschränken. Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1706 (1992), hält dem entgegen, daß die forum non conveniens-Fälie zu kompliziert seien, "to confine judicial decisionmaking to a Procustean bed of rules." - Zum Spannungsverhältnis zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit s. Esser, in: Summa ius, summa injuria, S. 22f. und Baur, ebd. S. 97, 105ff. 532 Vgl. Ehrenzweig, Conflicts of Laws, S. 150 (1962), der vom "chaos offorum non conveniens" sprach. Eine vergleichbare Bewertung findet sich nicht mehr in einem späteren Werk des

124

§ 8 Diskussion

II. Mangelhafte Rechtsmitteirähigkeit

In der Gilbert-Entscheidung schrieb Justice Jackson: "The doctrine [of

forum non conveniens] leaves much to the discretion of the court to which

plaintiff resorts, and experience has not shown a judicial tendency to renounce one's own jurisdiction so strong as to result in many abuses. "533 Diese Einschätzung wird heute von vielen Autoren in Frage gestellt. Nicht wenige verleihen ihrer Sorge Ausdruck, daß in Zeiten überlasteter Gerichte die Unvoreingenommenheit der Richter in Frage gestellt ist, wenn sie dazu berufen sind, mittelbar über ihre eigene Arbeitsbelastung zu entscheiden534.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, daß in der Literatur die Forderung nach der Möglichkeit einer de novo-Entscheidung durch die Rechtsmittelinstanz laut wird. Dadurch soll sichergestellt werden, daß die forum non conveniens-Entscheidung unabhängig von persönlichen Interessen des entscheidenden Richters getroffen wird535. Diese Forderung ist problematisch. Kann die Rechtsmittelinstanz ohne weiteres ihr Urteil an die Stelle der erstinstanzliehen Entscheidung setzen, so wird dadurch ein Anreiz für die in der ersten Instanz bezüglich der forum non conveniens-Frage unterlegene Partei536 geschaffen, Rechtsmittel einzulegen. Denn wenn das Rechtsmittelgericht eine eigene Abwägung vorzunehmen hat, ohne das Ermessen der Vorinstanz respektieren zu müssen, erhöht sich die Chance der unterlegenen Partei, daß von der zweiten Instanz in ihrem Interesse entschieden wird537 . Dies kann als unerwünschte Folge eine unnötige selben Autors, in dem der forum non conveniens-Lehre ein Kapitel gewidmet ist. S. Ehrenzweig/Jayme, Private International Law, S. 37ff. (1972). 533 GulfOil Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501 , 508 (1947). 534Friendly, 31 Emory L.J. 747, 750 und 754 (1982), spricht von "unconscious bias" und "starkem Anreiz", Klagen abzuweisen. S. a. Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 414 (1987); Stewart, 74 Cal. L. Rev. 1259, 1324 (1986); Bickel, 35 Comell L.Q. 12, 47 (1949). 535 Friendly, 31 Emory L.J. 747, 756ff. (1982); Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 415f. (1987); Major-Duval, 77 Comell L. Rev . 650, 684 (1992). Dworkin, 35 U. Chi. L. Rev. 14, 32 (1967), weist darauf hin, Wesensmerkmal des Ermessens sei, daß die Überprüfung in einer Rechtsmittelinstanz ausgeschlossen sei. 536 Dies ist vorbehaltlich einer Ausweitung der Rechtsmittelfähigkeit von forum non conveniens-Entscheidungen der Kläger, da dem Beklagten in der Regel kein Rechtsmittel zur Verfügung steht. 537 Dieses Problem besteht bereits jetzt. Zu welchen Auswüchsen die jurisdiction-Frage in Ausnahmefällen führen kann, wird am Fall Lacey v. Cessna Aircraft deutlich. Dort geriet der Streit über die Ausübung der jurisdiction des Gerichts zu einem Ping-Pong-Spiel zwischen erster und zweiter Instanz: in fünf veröffentlichten Fällen wurde die Frage diskutiert, ob der Fall wegenforumnon conveniens abgewiesen werden sollte oder nicht. 674 F. Supp. 10 (W.D. Pa. 1987), rev'd., 862 F.2d 38 (3d Cir. 1988), on remand, 717 F. Supp. 365 (W.D. Pa. 1989); 736 F. Supp. 662 (W.D. Pa. 1990), rev'd., 932 F.2d 170 (3d Cir. 1991).

A. Kritik an der forum non conveniens-Lehre

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Belastung der gerichtlichen Kapazitäten und eine Verschwendung der Ressourcen der Parteien mit sich bringen!i3S. Besser als eine umfassende Überprüfung der forum non conveniens-Entscheidungen ist es, wenn die Rechtsmittelgerichte den Tatsacheninstanzen klarere Richtlinien und vor allem einen strengeren Prüfungsmaßstab an die Hand geben, die das Ermessen der Gerichte eingrenzen und so dem Ermessensmißbrauch durch Richter vorbeugen. 111. Auswirkungen der forum non conveniens-Lehre

Mit Blick auf 28 U.S.C. § 1404 (a), die forum non conveniens-Regel für Verweisungen an ein anderes Bundesgericht, führte der Supreme Court aus, es gehe bei Verweisung gemäß dieser Norm bloß um den Wechsel des Gerichtssaals539 . Die Parallelen zwischen der Lehre vom forum non conveniens und 28 U.S.C. § 1404 (a) legen die Vermutung nahe, daß Ähnliches auch für eine Klagabweisung wegen besserer Eignung eines ausländischen Gerichts gelten mag540 • Tatsächlich verhält es sich allerdings deutlich anders. Eine Klagabweisung ist anders als eine Verweisung gemäß 28 U.S.C.

§ 1404 (a) faktisch oft auch eine Sachentscheidung541 . Nach einer Klagabwei-

sung steht der Kläger gewöhnlich vor erheblichen Problemen, wenn es darum geht, einen neuen Prozeß im Ausland erfolgreich zu fiihren542 . Diese Probleme können nicht einfach durch Bedingungen aus der Welt geschafft werden, an die die Klagabweisung geknüpft wird. Die Bedingung, daß der Beklagte beispielsweise auf den Einwand der fehlenden Zuständigkeit verzichtet, hilft dem Kläger nicht, wenn seine Klage vor dem alternativen Gericht an einer anderen Einrede des Beklagten scheitert.

538 s. McDougal, 35 Vand L. Rev. 1, 11 (1982), der darauf hinweist, daß die Entscheidung darüber, ob jurisdiction gegeben und auszuüben ist, für sich selbst eine langwierige und teure Vorfrage werden kann, obwohl sie lediglich ein von der Sachentscheidung separates "threshold problem" ist. 539 Van Dusen v. Barrack, 376 U.S. 612, 639 (1964), "change of courtrooms". 540Vgl. Sibaja v. Dow Chemical Co. , 757 F.2d 1215, 1219 (11th Cir. 1985), wo das Gericht ausführte, eine Klagabweisung sei "not a decision going to the character and result of the controversy." 541 McAilen, 13 Southem 111. U.L. Rev. 191, 257 (1982), Robenson, 103 L.Q. Rev. 398, 420 (1987). 542 Zu nennen sind hier beispielsweise Sprachprobleme, die Schwierigkeit, einen zuverlässigen Anwalt im Ausland zu ermitteln, und der Fortfall des klägerfreundlichen contingent feeSystems.

126

§ 8 Diskussion

Häufig läßt sich der Kläger bereits durch die Schwierigkeiten, eine Klage im Ausland zu erheben, abschrecken und verzichtet von vornherein auf diese Möglichkeit. Zu diesem Ergebnis kommt Robertson in einer Fallstudie543. Nur in 13 von 85 untersuchten Fällen wurde nach Klagabweisung durch ein amerikanisches Gericht eine neue Klage im Ausland erhoben. In keinem der Fälle gewann der Kläger letztlich vor einem ausländischen Gericht544 . Der Umstand, daß es in der Regel nicht zu einem Verfahren vor dem alternativen Gericht kommt, kann nicht ohne Folgen für die Beurteilung der forum non conveniens-Lehre bleiben. Es ist realitätsfern, sich über die convenience eines Verfahrens vor einem anderen Gericht den Kopf zu zerbrechen, wenn abzusehen ist, daß ein Verfahren anderorts nie stattfinden wird545 . Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, den Kläger leichter Hand auf ein Verfahren an ein velllleintlich geeigneteres Gericht zu verweisen. IV. Rechtspolitische Erwägungen

Kritik an der forum non conveniens-Lehre wird auch mit Blick auf ProdukthaftungsfäHe und große Unglücke geübt. In der Literatur546 und Rechtsprechung547 ist immer wieder die Rede von der Notwendigkeit, amerikanische Hersteller durch das Risiko substantieller Schadensersatzpflichten davon abzuhalten, unerlaubte Handlungen im Ausland geschehen zu lassen. Dies könne nur gewährleistet werden, wenn es möglich sei, die Hersteller vor amerikanischen Gerichten zu verklagen. 543Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 417ff. (1987). wird von 36 Vergleichen berichtet. Allerdings lag die Vergleichssumme in der Regel weit unter dem von der befragten Partei geschätzten Streitwert, Robertson, ebd. 419f. 545 Vgl. Irish Nat. Ins. Co. v. Aer Ungues Teoranta, 739 F.2d 90, 91 (2d Cir. 1984). "The doctrine of forum non conveniens ostensibly is invoked to determine in which of two jurisdictions a case should be tried. In some instances, however, invocation of the doctrine will send the case to a jurisdiction which has imposed such severe monetary limitations on recovery as to eliminate the likclihood that the case will be tricd. Whcn it is obvious that this will occur, discussions of convenience of witnesses takes a Kafkaesque quality - everyone knows that no witness ever will be called to testify. • 546Freedman, Product Liability, S. 136f. (1988). Major-Duval, 77 Comell L. Rev. 650, 672ff. (1992); Rosqto, J. Comp. Bus. & Cap. Market L. 8 (1986) 169, 183; McGarity, 20 Tex Int'l. L.J. 333, 338f. (1985), verweist auf die Ähnlichkeit der Union Carbide Fabrik in Bhopal, Indien, und den Fabriken des Unternehmens in den Vereinigten Staaten und folgert, daß es den Sicherheitsstandard der amerikanischen Fabriken förderlich wäre, wenn ausländischen Opfern der Zugang zu amerikanischen Gerichten offenstünde. 547 Dowling v. Richardson-Merrel /nc. , 727 F.2d 608 (6th Cir. 1984); Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F. Supp. 1117, 1129 (S.D.N.Y. 1992) (Die Beklagte hatte HIV-kontaminierte Blutprodukte auf den Weltmarkt gebracht.); s. a. Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235, 252 (1981), wo die abschreckende Wirkung von hohen Schadensersatzurteilen in Frage gestellt wird. 544 Immerhin

A. Kritik an der forum non conveniens-Lehre

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Die gutgemeinte Intention, die Bewohner anderer Länder von den gleichen rechtlichen Vorteilen profitieren zu lassen wie Bürger der Vereinigten Staaten, hat ihre Schattenseiten. Sie impliziert, daß andere Länder die gleichen rechtspolitischen Ziele gutheißen und auf ausländische Hersteller die gleichen Regeln angewandt sehen wollen, egal ob sie im Herkunftsstaat oder im Gastland produzieren548 . Das ist aber nicht notwendig der Fall. In Harrison v. Wyeth Lab. 549 , einem Produkthaftungsfall, bei dem es um pharmazeutische Produkte ging, riet das Gericht daher: "The United States should not impose its own view of the safety, waming, and duty of care required of drugs sold in the United States upon a foreign country when those same drugs are sold in that country [l]f the foreign country involved was . . . a country with a vastly different standard of living, wealth, resources, Ievel of health care and services, ... [it] must deal with entirely different and hi~hly complex problems ... Faced with different needs, problems and resources [the foreign country] may, in balancing the pros and cons of a drug's use give different weight to various factors than would our society, and more easily conclude that any risks associated with the Ul!e of a particular drug are far outweight by its overall benefits to [tht~ country] and its people. Should we impose our standards upon them in spite of such differences? We think not. " Es überrascht nicht, daß diese Auffassung des Gerichts auf Kritik gestoßen ist550 . So wird beispielsweise behauptet, durch die gegenwärtige Praxis der forum non conveniens-Rechtsprechung würden multinationale Unternehmen zu sehr geschützt55t . Die Länder, in die amerikanische Produkte exportiert werden, oder in denen amerikanischeUnternehmen produzieren, haben es auf der anderen Seite aber selbst in der Hand, durch entsprechende Ausgestaltung ihres internationalen Privatrechts oder materiellen Haftungsrechts den Haftungsstandard zu übernehmen, der in den Vereinigten Staaten üblich ist.

548Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1707 (1992), spricht in diesem Zusammenhang vc;m "economic imperialism". 549 Harrison v. Wyeth Lab., 510 F. Supp. 1, 4f. (E.D. Pa. 1980). affd.• 676 F.2d 685 (3d Cir. 1982). 550Nanda, 15 Den. J. Int'l. L. & Pol'y. :Z.3~, 251 (1987), hält diese "anscheinend noble Haltung" für "patemalistisch". Ismail, 11 B.C. 3d World L.J. 249,276 (1991). 551 Ismail, 11 B.C. 3d World L.J. 249, 276 (1991).

128

§ 8 Diskussion

V. Systematische Einwände

Neben die Kritik an den praktischen Auswirkungen der forum non conveniens-Lehre treten theoretische Einwände. Einige Autoren halten die Lehre für überflüssig. Die Aspekte, die im Rahmen der Lehre berücksichtigt werden, würden, so wird argumentiert, besser im Zusammenhang mit der Frage erörtert, ob das angerufene Gericht jurisdiction habe-552 . Die Übertragung der forum non conveniens-Grundsätze in das jurisdiction-Konzept würde auf eine Einführung einer forum conveniens-Lehre hinauslaufen, wie sie von Ehrenzweig gefordert wurde-553. Durch eine derartige Transformation würde die Rechtsunsicherheit nicht nachhaltig gemindert, die durch die forum non conveniens-Lehre ausgelöst wurde. Im Gegenteil, es bestünde sogar die Gefahr, daß sowohl die Rechtsunsicherheit als auch unnütze Streiterei über jurisdiction-Fragen noch zunähmen, da in jedem Fallforum (non) conveniens-Erwägungen anzustellen wären. Stein sieht dieses Problem, hofft aber, daß nach weiterer gerichtlicher und gesetzgebenscher Tätigkeit klare und restriktive jurisdiction-Regeln aufgestellt werden können, mit denen sich das genannte Problem meistern läßt554. B. Stellungnahme I. Mängel der gegenwärtigen Lehre

1. Benachteiligung des Klägers

Die Lehre vom forum non conveniens ist, so wie sie gegenwärtig von den amerikanischen Bundesgerichten angewandt wird, unbefriedigend. Mit ihrer Hilfe werden Fälle, in denen der Kläger ein als ungeeignet erachtetes Gericht gewählt hat, unter dem Mantel einer prozessualen Entscheidung faktisch oft inhaltlich entschieden. Dies wird zum einen an dem Umstand deutlich, daß im 552Stewart, 74 Ca!. L. Rev. 1259, 1324 (1986); Stein, 100 Yale L.J. 781 , 844ff. (1991). S. a. Major-Duval, 77 Comell L. Rev. 650, 680 (1992); Speck, 18 J. Mar. L. & Com. 185, 215 (1987). 553 Ehrenzweig, 65 Yale L.J. 289, 312 (1956); kritisch hierzu Morley, 68 Nw. U.L. Rev. 24, 34ff. (1973). Stein, 100 Yale L.J. 781 , 846 (1991}, schlägt ausdrücklich die Entwicklung einer forum conveniens-Lehre vor. 554Stein, 100 Yale L.J. 781, 843f. (1991). Diese Hoffnung steht im auffalligen Kontrast zu seiner scharfen Kritik an der angeblich durch extreme Rechtsunsicherheit geprägten Praxis der gegenwärtigenforumnon conveniens-Rechtsprechung.

8 . Stellungnahme

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Fall einer Klagabweisung in der Regel keine Klage arn angeblich bequemeren bzw. geeigneteren ausländischen Gerichtsort erhoben wird und der Kläger somit nicht zu seinem Recht kommt555. Unabhängig von der Frage, ob ein Kläger nach Klagabweisung einen erneuten Anlauf bei einem ausländischen Gericht unternimmt, folgt der Sachentscheidungscharakter der forum non conveniens-Entscheidungen auch aus dem Umstand, daß bei derforumnon conveniens-Abwägung ein Wechsel des anwendbaren Rechts infolge erneuter Klage in einer anderen Rechtsordnung keine Beachtung findet. Das kann dazu führen, daß ein Kläger an ein anderes Gericht verwiesen wird, obwohl abzusehen ist, daß er vor diesem Gericht teilweise oder gar vollständig unterliegen wird, da das Recht, das vor dem alternativen Forum Anwendung finden wird, für ihn nachteilig ist. In derartigen Fällen wird durch die Klagabweisung zugleich eine sachliche Entscheidung über den Anspruch des Klägers getroffen556. Ein derartiges Ergebnis ist hinzunehmen, wenn der Kläger bei der Wahl des Gerichtes, vor dem die Klage erhoben wurde, rechtsmißbräuchlich gehandelt hat. Denn der rechtsmißbräuchlich agierende Kläger ist nicht schutzwürdig. Die Rechtsprechung legt heute aber bei der Frage, in welchem Umfang die klägerische Gerichtswahl zu respektieren ist, einen wesentlich weniger strengen Maßstab an. Spätestens nach der Piper Aircraft Entscheidung findet die forumnon conveniens-Lehre nicht nur Anwendung, wenn es darum geht, den Kläger daran zu hindern, bei konkurrierenden Zuständigkeiten das ungeeignetste Gericht zu wählen. Die Lehre führt vielmehr selbst dann zu Klagabweisungen, wenn der Kläger sein Recht arn Sitz des Beklagten sucht. Dieses Ergebnis läßt sich nur schwerlich rechtfertigen. Es ist widersinnig, den Kläger aufgrund bloßer Abwägung der Eignung des angerufenen und eines alternativen Gerichts an ein vermeintlich geeigneteres Gericht zu verweisen, obwohl feststeht, daß er dort sein Ziel nicht wird erreichen können. Die harschen Folgen, die eine Klagabweisung für den Kläger mit sich bringt, sind nur dann gerechtfertigt, wenn dieser sich mißbräuchlich an ein Gericht gewandt hat, das im Vergleich zu einem anderen, ebenfalls zuständigen Gericht eindeutig weniger zur Verfahrensdurchführung geeignet ist.

555 Vgl. die Fallstudie von Robertson, 103 L.Q. Rev. 398, 418ff. (1987). 556 Vgl. Friendly, 31 Emory L.J. 747, 754 (1982), der feststellt, daß es im Piper Aircraft-Fall

letztlich um die Frage ging, ob amerikanisches oder schottisches Produkthaftungsrecht gelten soll. 9 Dorsel

130

§ 8 Diskussion

2. Vergleich zu 28 U.S.C. § 1404 (a)

Schließlich kann man feststellen, daß die forum non conveniens-Lehre nicht mit der ihr verwandten Regelung in 28 U .S.C. § 1404 (a)557 in Einklang zu bringen ist. Diese Norm ermöglicht es dem Kläger, ein Gericht zu wählen, das nicht das bestgeeignetste ist, ohne daß er im Fall einer Verweisung an ein anderes Bundesgericht damit rechnen muß, daß ein anderes Recht angewandt werden wird, als das, welches das zuerst angerufene Gericht angewandt hätte558 . So kann selbst der mißbräuchlich agierende Kläger sich die Vorteile sichern, die er sich durch die Wahl eines bestimmten Gerichts und damit durch eine mittelbare Rechtswahl erhofft559 . II. Strengerer Prüfungsmaßstab

Angesichts der harten Folgen, die eine Klagabweisung regelmäßig für den Kläger mit sich bringt, ist es nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt, die Ausübung von jurisdiction abzulehnen. Die Rechtsprechung erklärt zwar in Anlehnung an die Gilben-EntscheidungS60, die Wahl des Gerichts durch den Kläger dürfe nur in Ausnahmefällen gestört werden561 . De facto aber ist dieser Ausnahmetatbestand heute viel weiter gefaßt, als es dem Supreme Court vor Augen stand, als er den Gilben-Fall entschied562 . Es wäre zu begrüßen, wenn die Rechtsprechung den Ausnahmetatbestand wieder enger fassen würde5 63. Sie sollte nur in dem Fall eine Klage wegen 557 Der Wenlaut der Norm ist abgedruckt aufS. 55 , FN 185. 558 s. Van Dusen v. Barrack, 376 U.S. 612, 639 (1964). 559 Der Umstand, daß bei 28 U.S.C. § 1404 (a) der Transfer nicht zu einem Wechsel des anwendbaren Rechts führen kann, wohl aber bei einer Klagabweisung wegen jorum non conveniens spricht dafür, bei der Klagabweisung höhere Anforderungen an die Ungeeignetheil des angerufenen Gerichts zu stellen. Andernfalls bestünde ein Schieflage zwischen den ansonsten vergleichbaren Regelungen. 560 GuljOi/ Corp. v. Gi/ben, 330 U.S. 501, 508 (1947). 561 Beispiele hierfür aus jüngerer Zeit sind Doe v. Hyland Therapeutics Div. , 807 F. Supp. 1117, 1122 (S.D.N.Y. 1992); Peabody Holding Co., Inc. v. Costain Group PLC, 808 F. Supp. 1425, 1441 (E.D. Mo. 1992). 562Braucher, 60 Harv. L. Rev. 908, 930 (1947); Robenson, 103 L.Q. Rev. 398, 401 (1987). S. a. Thomson v. Palimeri, 355 F.2d 64, 66 (2d Cir. 1966): "The central question is one of convenience and we should respect lhe plaintiff's choice of forum as long as no harassment is intended. • 563 Für eine strengere Anwendung der forum non conveniens-Lehre spricht sich auch McAIIen aus, 13 Soulhem Ill. U.L. Rev. 191, 278 (1982).

B. Stellungnahme

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forum non conveniens abweisen, in dem der Kläger durch die Wahl eines

bestimmten Gerichts das anstehende Verfahren so wesentlich erschwert, insbesondere für den Beklagten, daß man von Rechtsmißbrauch sprechen kann.

Vorteil eines eng gefaßten Ausnahmetatbestandes wäre u. a., daß die Zahl der Fälle, in denen Rechtsunsicherheit bezüglich der Frage aufkommen kann, ob das Gericht seine Zuständigkeit wahrnimmt oder nicht, abnehmen würde, da nur noch Grenzfalle in den Anwendungsbereich der Lehre fallen würden. Weiterer Vorteil wäre, daß die Möglichkeit der Gerichte, sich unliebsamer Fälle durch Klagabweisung wegenforumnon conveniens zu erledigen, verringert würde.

Zweiter Teil

Forum non conveniens im deutschen Recht § 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht A. Vorüberlegung Ziel der Lehrevomforum non conveniens ist es, eine Möglichkeit dafür zu schaffen, daß im Einzelfall auf die Ausübung der Zuständigkeit eines für die konkrete Streitentscheidung relativ ungeeigneten Gerichts verzichtet werden kann. Die Relativität des Maßstabes für die Eignung drückt sich aus in der Berücksichtigung konkurrierender internationaler Zuständigkeiten ausländischer Gerichte. Die Eignung dieser Gerichte zur Streitentscheidung wird mit der Eignung des angerufenen Gerichts verglichen. Damit beinhaltet die Lehre vomforum non conveniens ein komparatives Element. Ein derartiges vergleichendes Element findet sich auf den ersten Blick im deutschen Recht der internationalen Zuständigkeit nicht. I. Die örtliche Zuständigkeit als Grundlage für die internationale Zuständigkeit

Ausgangspunkt für die Frage nach der internationalen Zuständigkeit ist im deutschen Recht in der Regel die örtliche Zuständigkeit, soweit nicht einschlägige internationale Abkommen oder spezielle Vorschriften über die internationale Zuständigkeit Vorrang haben. Die örtliche Zuständigkeit indiziert grundsätzlich die internationale Zuständigkeit1; man spricht daher auch von einer Doppelfunktionalität der örtlichen Zuständigkeit2 • Die Indizwirkung bzw. Doppelfunktionalität der örtlichen Zuständigkeit wird nur I BGH (Beschl. v. 14.6.1965- GSZ 1/65) BGHZ 44, 46f.; BGH (Urt. v. 18.4.1985 - VII ZR 359/83) BGHZ 94, 156f. m.w.N.; Schock, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 236. S. auch BGH (Urt. v. 6.2.1981 -I ZR 148178) BGHZ 79, 332 = NJW 1981, 1902. Dort waren die deutschen Gerichte gemäß Art 31 I CMR zuständig; deMoch verneinte der BGH die internationale Zuständigkeit im Ergebnis, weil es an einer örtlichen Zuständigkeit fehlte. 2 Durch das IPR-NeuregelungsG von 1986 wurden erstmals vermehrt Regeln speziell für die internationale Zuständigkeit aufgestellt, die von den Regeln über die örtliche Zuständigkeit losgelöst waren. S. z. B. §§ 606a, 640a ZPO.

A. Vorüberlegung

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äußerst selten durchbrochen3; sie stellt einen strengen Grundsatz mit engen Ausnahmen dar. Beispiel für eine Durchbrechung sind die seltenen Fälle der wesensfremden Zuständigkeit4 . Der Umstand, daß die örtliche Zuständigkeit theoretisch lediglich Indizwirkung hat, wird von den Gerichten nicht als Grundlage für Ermessensentscheidungen bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit bzw. als Ansatzpunkt für die vergleichende Berücksichtigung ausländischer Gerichtsstände verstanden. Der Grundsatz der Doppelfunktionalität führt im Ergebnis vielmehr zu einem starren Regelungssystem der internationalen Zuständigkeit5 • So gesehen ist charakteristisch für das deutsche Recht der internationalen Zuständigkeit, daß der Blickwinkel auf die örtliche Zuständigkeit der nationalen Gerichte verengt wird6 • Damit wird gleichzeitig der Blick für konkurrierende internationale Zuständigkeiten ausländischer Gerichte versperrt. Diese finden bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit grundsätzlich keine Beachtung. Von daher ist es richtig, wenn in der Literatur gelegentlich anklingt, die Lehre vom forum non conveniens stehe im Widerspruch zum gegenwärtigen System des deutschen Zuständigkeitsrechts7 • II. Besonderheiten der internationalen Zuständigkeit

Die Doppelfunktionalität der örtlichen Zuständigkeit wird in der Literatur mit dem Hinweis gerechtfertigt, durch die örtlichen Zuständigkeitsregeln würden die selben Interessen berücksichtigt, die auch bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit zu beachten seien8 . Diese Einschätzung ist aber so nicht richtig. Das Bedürfnis nach einer von der örtlichen Zuständigkeit unabhängigen Regelung der internationalen Zuständigkeit hat der Gesetzgeber durch Erlaß der Normen zur Regelung der internationalen Zuständigkeit anerkannt (z. Bsp. §§ 606a, 640a ZPO). Die internationale Zuständigkeit weist im Vergleich zur örtlichen Zuständigkeit Besonderheiten auf, die nicht selten eine andere Ausgestaltung der Zuständigkeitsregeln fordern, als sie bei der örtlichen Zuständigkeit sachgerecht erscheint. 3 Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 42. Für eine zurückhaltende Herleitung der internationalen aus der örtlichen Zuständigkeit waren Neuner, Internationale ZuständigkeitS. 31 und Walchshöfer, ZZP 80 (1967), 165, 189ff. 4 s. unten S. 158. 5 Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 42 sieht dennoch in der Doppelfunktioanlität der Regeln über die örtliche Zuständigkeit einen Ansatzpunkt für die Lehrevomforum non conveniens, der aber nicht genutzt wird. 6 Vgl. Beitz:ke, FamRZ 1967, 592, 594. 7 So allerdings ohne Begründung Nagel, IZPR, Ili RN 106. 8 Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. Ili RN 208.

134

§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Die Besonderheiten der internationalen Zuständigkeit gegenüber der örtlichen Zuständigkeit sind darin zu sehen, daß erstere oft einen entscheidungserheblichen Einfluß auf das Ergebnis eines Rechtsstreits hat, da durch die Wahl des Gerichtsstaates die Weichen sowohl hinsichlieh des anwendbaren Prozeß- als auch Sachrechts gestellt werden. Aber nicht nur in rechtlicher Hinsicht unterscheidet sich die Bedeutung der internationalen Zuständigkeit von der der örtlichen. Auch in tatsächlicher Hinsicht sind Unterschiede zu verzeichnen. Sprachprobleme, Entfernungen, Unterschiede im "sozialen und juristischen Klima" 9 und Kosten des Rechtsstreits spielen bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten eine größere Rolle als bei reinen Inlandsfällen oder treten gar nur bei diesen auf. Letzteres gilt auch bezüglich der Schwierigkeit für das Gericht, ausländisches Recht anzuwenden und sich in die Denkweise ausländischer Richter einzufühlen. Die angesprochenen Besonderheiten der internationalen Zuständigkeit fanden bei der Regelung der örtlichen Inlandszuständigkeit naturgemäß keine Beachtung. Sie lassen sich zudem nur begrenzt in generell-abstrakten Normen berücksichtigen, da sie in starkem Maße einzelfallabhängig sind 10 • Insbesondere kommt der Frage besonderes Gewicht zu, welche alternative internationale Zuständigkeit eröffnet ist; nur wenn sie im Einzelfall beantwortet wurde, ist ein Vergleich der Eignung der verfügbaren Gerichte möglich. Vor diesem Hintergrund gewinnt dieforumnon conveniens-Lehre an Reiz, da sie es ermöglicht, eine gegebene Zuständigkeit nicht auszuüben, wenn es aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falles sachgerechter erscheint, den Rechtsstreit vor einem anderen Gericht auszutragen. Das deutsche Zuständigkeitsrecht kennt - abgesehen von vereinzelten Ausnahmetatbeständen wie § 47 FGG - keine Regelung, die der amerikanischen Lehre vom forum non conveniens inhaltlich und dogmatisch entspricht. Es ist aber zu beobachten, daß das Zuständigkeitsrecht auf anderem Wege ansatzweise einen Vergleich zwischen deutschen und ausländischen Gerichten hinsichtlich der Eignung zur Streitentscheidung anstellt und so den Besonderheiten internationaler Rechtstreitigkeiten Rechnung trägt. Diese Ansätze sollen im folgenden getrennt nach ihren Grundlagen in internationalen Übereinkommen einerseits und im innerstaatlichen Recht andererseits dargestellt werden, bevor in einem weiteren Kapitel der Arbeit die Frage untersucht werden soll, inwieweit die Ergänzung des gegenwärtigen Zuständigkeitsrechts

9 So Wahl. Verfehlte Zuständigkeit, S. 28. 10 Vgl. Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 30ff.; Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 129.

B. Internationale Übereinkommen

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durch eine Generalklausel im Sinne der jorum non conveniens-Lehre wünschenswert ist. B. Internationale Übereinkommen I. Übereinkommen über die internationale Zuständigkeit

Internationale Übereinkommen sind für die Sicherung der Eignung internationaler Gerichtsstände von zentraler Bedeutung. Ihnen wohnt automatisch ein vergleichendes Element inne, insofern als sie die internationale Zuständigkeit nicht mit Blick auf bloß einen Staat, sondern mit Blick auf alle Vertragsstaaten regeln. Der Normgeber vergleicht die Eignung verschiedener in Betracht kommender Gerichte bereits bei Festlegung der Zuständigkeitsregelungen. Damit kommen Übereinkommen über die internationale Zuständigkeit der Lehre Ehrenzweigs vom jorum conveniens entgegen11 . Dem Bedürfnis nach einem entsprechenden Vergleich durch den Richter im konkreten Fall wird so vorgebeugt. Internationale Übereinkommen bestimmen die internationale Zuständigkeit für die Vertragsstaaten einheitlich und harmonisieren so das Zuständigkeitsrecht. Sie verhindern zwar in der Regel nicht, daß konkurrierende Zuständigkeiten im Anwendungsbereich des Übereinkommens auftreten können; wohl aber tragen sie dazu bei, daß die Zahl der konkurrierenden Zuständigkeiten verringert wird und exorbitante Zuständigkeiten entbehrlich werden. Dies geschieht dadurch, daß regelmäßig die Zuständigkeit wenigstens eines vertragsstaatlichen Gerichts sichergestellt wird, das einen sachgerechten Bezug zum Rechtsstreit aufweist. Damit entfällt das Bedürfnis des nationalen Gesetzgebers, Zuständigkeiten mit schwachem oder gar minimalem Bezug zum Rechtsstreit in seinem Machtbereich zu eröffnen, um "Justizgewährung" sicherzustellen. Indem internationale Übereinkommen dazu beitragen, konkurrierende Zuständigkeiten zu verringern, beugen sie auch der Gefahr eines forum shopping vor12, bei dem mitunter um der erhofften Entscheidung wegen ein ungeeignetes Gericht vom Kläger gewählt wird. Durch die Regelung der Zuständigkeit auf zwischenstaatlicher Ebene kann über den Ausschluß exorbitanter Zuständigkeiten hinaus auch in anderer Hinsicht erreicht werden, daß die zuständigen Gerichte ein hohes Maß an Sach- und Rechtsnähe aufweisen. So wird die Eignung des zuständigen II Vgl. Ehrenzweig, 65 Yale L.J. 289, 312 (1956). 12 Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. III RN 162f.; ders., FS Firsching, S. 165, 170; Siehr, ZfRV 25 (1984) 124, 140.

136

§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Gerichts mitunter dadurch gefördert, daß ein Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht herbeigeführt wird13. Wie Übereinkommen im einzelnen dazu beitragen, die Eignung internationaler Gerichtsstände zu sichern bzw. der Zuständigkeit ungeeigneter Gerichtsstände vorzubeugen, soll im folgenden anband einzelner internationaler Verträge aufgezeigt werden.

1. EuGVÜ und Luganoü Die wichtigsten Übereinkommen zur Regelung der internationalen Zuständigkeit sind das Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Randesisaehen (EuGVÜ) und das Parallelübereinkommen von Lugano. Das EuGVÜ verfolgt gemäß seiner Präambel in Ausführung des Art. 220 EWGV das Ziel, "innerhalb der Gemeinschaft den Rechtsschutz der dort ansässigen Personen zu verstärken." 14 Zu diesem Zweck begnügte man sich nicht damit, die Anerkennung von Entscheidungen zu erleichtern, wie es für die meisten zwischenstaatlichen Verträge auf dem Gebiet des internationalen Verfahrensrechts kennzeichnend ist. Vielmehr gingen die Vertragsparteien des EuGVÜ, das am 1.2.1973 für die EG-Gründungsstaaten in Kraft trat 15 , einen wesentlichen Schritt weiter, indem sie die internationale Entscheidungszuständigkeit ihrer Gerichte festlegten. So wird bei der Frage nach der internationalen Zuständigkeit der nationale Blickwinkel des angerufenen Gerichts durch einen internationalen ersetzt. Die Regelungen des EuGVÜ verdrängen das Zuständigkeitsrecht der Vertragsstaaten im sachlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens in Zivil- und Handelssachen. Die fortschreitende Integration in Europa legte eine Harmonisierung der internationalen Entscheidungs- und Anerkennungszuständigkeit über die Grenzen der Europäischen Gemeinschaft hinaus nahe. Die Mitgliedstaaten der EG/EU und der EFTA verhandelten daher über ein entsprechendes Übereinkommen und unterzeichneten am 16.9.1988 in Lugano das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher

13 s. Art. 2 MSA; dazu unten S. 149. 14 Dieses Ziel wird auch in der Präambel des Luganoü angeführt. 15 In seiner ersten Fassung vom 27.9.1968; BGBI. 1972 II 774. Der Beitritt von zunächst Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich, dann Griechenland und schließlich Portugal und Spanien fiihrte zu jeweils neuen Fassungen. Zum lokrafttreten der jeweiligen Fassung s. Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 82.

B. Internationale Übereinkommen

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Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LuganoÜ) 16. Das Übereinkommen ist darauf angelegt, seinen räumlichen Anwendungsbereich auszuweiten: Art. 62 LuganoÜ sieht vor, daß dem Übereinkommen auch Staaten beitreten können, die weder Mitgliedstaaten der EU noch der EFTA sind. Inhaltlich ist das Übereinkommen nicht völlig identisch mit dem EuGVÜ 17; die Grundlinien beider Übereinkommen sind aber die gleichen. Die folgenden Ausführungen zum EuGVÜ gelten daher soweit nicht anders vermerkt für das Luganoü entsprechend. Weder EuGVÜ noch Luganoü enthalten eine forum non conveniensKlausel. Bereits bei der Formulierung der Zuständigkeitsregeln dieser Übereinkommen wurden allerdings verschiedene mögliche intemationäle Gerichtsstände berücksichtigt und ihre relative Eignung gegeneinander abgewogen. Darüber hinaus greift das diesen Übereinkommen zugrundeliegende Zuständigkeitssystem zuständigkeitsbeschränkende Aspekte der forum non conveniens-Lehre auf, die sich an verschiedenen Stellen der Zuständigkeitsregeln widerspiegeln. Dies soll an Hand einzelner Regelungen im folgenden verdeutlicht werden. a) Ausschluß exorbitanter Gerichtsstände - Art. 3 EuGVÜ Das EuGVÜ hat auf exorbitante Gerichtsstände verzichtet. Als exorbitante Gerichtsstände bezeichnet man solche, die auf einen Anknüpfungspunkt gestützt werden, welcher lediglich einen sehr schwachen Bezug zwischen Rechtsstreit und Gerichtsstand gewährleistet 18 • Exorbitante Gerichtsstände eröffnen dem Kläger eine Klagmöglichkeit unter Außerachtlassung des Grundsatzes actor sequitur forum rei. Dies kann in engen Ausnahmefallen sinnvoll sein, insbesondere dann, wenn dem Kläger ausnahmsweise nicht zugemutet werden kann, im Ausland zu klagen 19 . Grundsätzlich sind exorbitante Zuständigkeiten jedoch abzulehnen, da sie naturgemäß die Zuständigkeit eines ungeeigneten, weil sachfemen Gerichts fördern. Als Beispiel für eine exorbitante Zuständigkeitsregelung im deutschen Recht wird häufig § 23 ZPO zitiert20 . 16 EG-Abl. 1988 L 319, S. 9ff. Das LuganoÜ ist am 1.1.1992 für Frankreich, die Niederlande und die Schweiz in Kraft getreten. Es gilt inzwischen auch für Luxemburg ( 1.2.1992), das Vereinigte Königreich (1.5.1992) und Portugal (1.7.1992); Jayme/Kohler, IPRax 1992, 346. 17 Kritisch dazu Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 110. 18 Vgl. Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 195. 19 Vgl. Schack, ZZP 97 [1984], 46ff., der exorbitante Gerichtsstände unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll hält. 20 s. dazu unten S. 159ff.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Der Verzicht auf exorbitante Gerichtsstände im EuGVÜ ist sinnvoll vor dem Hintergrund, daß das EuGVÜ im Rahmen seines persönlichen Anwendungsbereichs (Beklagter hat seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat) stets mit Art. 2 I einen Gerichtsstand zur Verfügung stellt und andererseits die Anerkennung von Entscheidungen eines vertragsstaatlichen Gerichts durch die anderen Vertragsstaaten grundsätzlich gewährleistet21 . Denn bei einer späteren Anerkennung der ausländischen Entscheidung im Inland ist es dem Kläger regelmäßig zuzumuten, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, in einem anderen Vertragsstaat (insbesondere dem Wohnsitzstaat des Beklagten) zu klagen. Die Begünstigung des Klägers durch einen exorbitanten und für den Beklagten unzumutbaren Gerichtsstand ist unter diesen Umständen nicht mehr gerechtfertigt. Indem das EuGVÜ auf exorbitante Gerichtsstände verzichtet, vermeidet es, daß der Kläger durch eine entsprechende Gerichtswahl die Zuständigkeit von prima facie ungeeigneten Gerichten ifora non convenientia) geltend machen kann. Der Verzicht auf exorbitante Gerichtsstände, der sich in Art. 3 EuGVÜ widerspiegelt, entspricht insoweit von seiner Funktion her der Lehrevomforum non conveniens auf einer generellabstrakten Ebene22. Die exorbitanten Gerichtsstände der nationalen Rechtsordnungen, von denen Art. 3 II EuGVÜ einige aufzählt, sind bereits wegen des Vorrangs der in ihrem sachlichen Anwendungsbereich abschließenden Regelungen des EuGVÜ ausgeschlossen23 . Die Aufzählung in Art. 3 II EuGVÜ ist daher nach Schack24 so zu verstehen, daß die dort genannten Gerichtsstände gegenüber einem Beklagten, der seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat, auch insoweit ausgeschlossen sind, als sie lediglich zur Ausfüllung der örtlichen Zuständigkeit herangezogen werden sollen. Der Ausschluß exorbitanter Gerichtsstände ist dennoch nicht umfassend. Bei Klagen gegen einen Beklagten, der keinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat, bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Vertragsstaats gemäß Art. 4 I EuGVÜ nach dessen eigenen Gesetzen. Art. 4 II EuGVÜ ordnet darüber hinaus an, daß sich jede Person, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat, in diesem Staat auf die dort geltenden Zuständigkeitsvorschriften wie ein Inländer berufen kann, ohne daß es auf die Staatsangehörigkeit ankommt. Durch diese Norm soll die Gleichbehandlung aller Personen mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat gefördert werden. Kehrseite 21 22 23 24

Ausnahmen vom Grundsatz der Anerkennung ergeben sich aus An. 27 EuGVÜ. Ähnlich Huber, RIW 1993, 977, 979f. Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 19. Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 332; anders Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. lß RN 330.

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dieser Regelung ist, daß die Bedeutung solcher exorbitanter Gerichtsstände gefördert wird, die an die Staatsangehörigkeit einer Partei anknüpfen. Dies gilt beispielsweise für Art. 14 C. civ., der jedem Kläger mit französischer Staatsangehörigkeit einen inländischen Gerichtsstand zur Verfügung stellt. So kann das EuGVÜ ausnahmsweise zur Erweiterung der exorbitanten Gerichtsstände und zur Zuständigkeit eines vergleichsweise ungeeigneten Gerichts führen25 . b) Ausschließliche Zuständigkeiten- Art. 16 EuGVÜ Das EuGVÜ legt in Art. 16 mehrere ausschließliche Zuständigkeiten fest. Geregelt wird dort die internationale, nicht auch wie in Art. 5 EuGVÜ zugleich die örtliche Zuständigkeit. Die Ausschließlichkeit hat zur Folge, daß die Frage der Entscheidungszuständigkeit ausdrücklichen oder stillschweigenden Parteivereinbarungen entzogen ist, Art. 17 III, 18 S. 2 EuGVÜ. Ein Gericht hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es in einer Sache angerufen wird, bezüglich derer gemäß Art. 16 EuGVÜ die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Vertragsstaates besteht. Bei Nichtbeachtung dieser Regelung werden Anerkennung und Vollstreckung versagt, Art. 28 I, 34 II EuGVÜ. Die Anordnung von ausschließlichen Entscheidungszuständigkeiten in einem internationalen Übereinkommen wie dem EuGVÜ kann man als Sonderfall einer generell-abstrakten forum non conveniens-Regelung auffassen. Dadurch, daß die Vertragsstaaten für bestimmte Streitigkeiten die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte eines Vertragsstaates festlegen, erklären sie die Gerichte aller anderen Vertragsstaaten quasi zu fora non convenientia für eben diese Streitigkeiten26 . Eine solche Spielart der forum 25 Kritisch zu diesem Ergebnis von Mehren, Rec. des Cours 167 (1980-11), 9. 98ff.; s. auch Jayme, Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, S. 3, 7. 26 Wie das EuGVÜ und andere internationale Übereinkommen kennt auch das nationale deutsche Recht ausschließliche Zuständigkeiten. S. §§ 24, 29a (vgl. Art. 16 Nr. I EuGVÜ), 32a, 802 ZPO (vgl. Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ), § 7 HaustürWG, § 26 FernUSG, § 61 Abs. 3 GmbHG und § 246 Abs. 3 S. I AktG (vgl. Art. 16 Nr. 2 EuGVÜ). Regelmäßig folgt aus der Ausschließlichkeit der örtlichen Zuständigkeit die Ausschließlichkeit der internationalen Zuständigkeit, Schock, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 197. Es bestehen aber vereinzelte Ausnahmen von diesem Grundsatz, vgl. § 606 mit§ 606a Abs. I S. 2 ZPO. Anders als bei internationalen Übereinkommen sind nationale Ausschließlichkeitsregelungen allenfalls als entfernte Spielart der forum non conveniens-Lehre zu verstehen. Denn beim Ausschluß konkurrierender Zuständigkeiten durch rein nationale Gesetze erklärt der Gesetzgeber nicht seine eigenen Gerichte zu fora non convenientia, sondern die aller anderer Staaten. Bei der Festlegung ausschließlicher örtlicher Zuständigkeiten im nationalen Recht mit ihren nur mittelbaren Folgen für die internationale Zuständigkeit steht zudem - anders als bei der

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

non conveniens-Lehre hat den Vorteil, daß sie die Zuständigkeit eines als

besonders geeignet angesehenen Gerichts herbeiführen kann, ohne daß es zu der Rechtsunsicherheit kommt, die der klassischen forum non conveniensLehre eigen ist. Eine zu bereitwillige Festlegung ausschließlicher Zuständigkeiten birgt auf der anderen Seite die Gefahr, daß die Zuständigkeit potentiell geeigneter oder im konkreten Fall gar geeigneterer Gerichte ausgeschlossen wird. Im EuGVÜ wird die Tragweite der ausschließlichen Zuständigkeiten dadurch erhöht, daß die Anwendbarkeit des Art. 16 unabhängig vom Wohnsitz der Parteien ist. Art. 16 EuGVÜ gilt auch bei Klagen gegen einen Beklagten, der keinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat. Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeitsbestimmung sind lediglich bestimmte Streitgegenstände. Klagt beispielsweise ein Brite gegen eine Person mit Wohnsitz in den Vereinigten Staaten auf Minderung der Miete für Gewerberäume, die in Deutschland belegen sind, so sind die deutschen Gerichte gemäß Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ausschließlich zuständig. Die Verfasser des EuGVÜ haben diese Folge gesehen und gewollt27 • Auf der anderen Seite geht der EuGH davon aus, daß Art. 16 EuGVÜ nicht weiter auszulegen ist, als sein Ziel erforderlich macht, da dem Kläger durch die Ausschließlichkeit der Gerichtsstände des Art. 16 EuGVÜ die Möglichkeit, einen Gerichtsstand zu wählen, genommen wird28 . Die Begründungen, die für die Festlegung der ausschließlichen Zuständigkeiten in Art. 16 EuGVÜ gegeben werden, sollen im folgenden daraufhin untersucht werden, inwieweit sie Gedanken derforumnon conveniens-Lehre aufgreifen. aa) Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ Als Begründung für Art. 16 Nr. 1 1. Alt. EuGVÜ (ausschließlicher dinglicher Gerichtsstand) wird im Jenard-Bericht angeführt, die Festlegung der ausschließlichen Zuständigkeit sei erforderlich, um einer Beeinträchtigung der Lehrevomforum non conveniens- die Berücksichtigung alternativer ausländischerforanicht im Vordergrund. Die Anordnug einer ausschließlichen internationalen Zuständigkeit im nationalen Recht kann schließlich -anders als An. 16 EuGVÜ im geographischen Anwendungsbereich des Übereinkommens - nicht im Ausland durchgesetzt werden. Sie birgt damit die Gefahr widersprechender Urteile bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten. Hieran kann auch die Versagung der Anerkennung ausländischer Urteile nach§ 328 Nr. 1 ZPO nichts ändern. 27 Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 34. 28 EuGH (Rs 73/77- Sanders/van der Putte) EuGHE 1977, 2383, 2390f. = RIW 1978, 336.

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"Freizügigkeit der Urteile" vorzubeugen. Sowohl Deutschland als auch Italien keiUle einen dinglichen Gerichtsstand; beide Staaten betrachteten ihn als Teil ihres ordre public. Würde das Übereinkommen nicht auch eine ausschließliche Zuständigkeit für dingliche Klagen einführen, so köMe es dazu kommen, daß ein vertragsstaaliches Gericht ein Urteil erlasse, daß in Deutschland oder Italien weder anerkannt noch vollstreckt werden kö1Ulte29 . Für die Einführung des Art. 16 Nr. 1 1. Alt. EuGVÜ sprächen auch die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege. Die Sach- und Rechtsnähe des Belegenheilsgerichts sowie die Notwendigkeit, daß Eintragungen in Grundbücher oder Register an dem Ort erforderlich seien, an dem die unbewegliche Sache belegen sei, lege eine ausschließliche Zuständigkeit des Belegenheitgerichts nahe3°. Indem der Ausschuß auf die örtliche Nähe des zuständigen Gerichts sowie seine Vertrautheit mit dem anwendbaren Recht abstellte, legte er seiner Entscheidung Überlegungen zugrunde, die typischer Weise auch bei forum non conveniens Abwägungen angestellt werden31 . Ähnlich wie bei der 1. Alternative des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ argumentierte der Ausschuß auch bei der 2. Alternative. Miet- und Pachtverhältnisse unterlägen meist Sonderregelungen. Es sei siiUlvoll, die Anwendung dieser regelmäßig besonders komplizerten Normen ausschließlich den Gerichten des Landes vorzubehalten, in dem sie gelten32. Dies soll nach Ansicht des EuGH selbst daM gelten, weM Streitgegenstand lediglich die kurzfristige Überlassung einer Ferienwohnung ist33 . Das hat zur Folge, daß bei einem Streit zwischen zwei Deutschen über die Überlassung einer Ferienwohnung in Griechenland die griechischen Gerichte ausschließlich zuständig sind. Die Regelung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ist in der Literatur kritisiert worden. Es wird angeführt, die Unterscheidung zwischen dinglichen und persönlichen Klagen überzeuge nicht, da es an einem Grund für diese Differenzierung fehle34 . Ferner ist bemängelt worden, daß Art. 16 Nr. 1 2. Alt. EuGVÜ eine Zuständigkeitskonzentration nicht zuläßt35 • Bei einer Klage, die 29 Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 35. 30 Ebd. 31 s. oben S. 80f. und 96ff. 32 Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 35. 33 EuGH (Rs 241/83 - Rösler/Rotwinkel) EuGHE 1985, 99, 126f. = IPRax 1986, 97 m. Anm. Kreuzer, S. 75 = NJW 1985, 905 m. Anm. Rauscher, S. 892. Einschräkend EuGH (Rs 280/90 - Hacker/Fa. Euro Relais) EuGHE 1992, 1111, 1131f. = IPRax 1993, 31 m. Anm. Jayme, 18. 34 Remien, RabelsZ 51 (1987), 245, 250; Zöller/Geimer, ZPO, Anhang, Art. 16 GVÜ, RN 3. Zur vertragsautonomen Bestimmung des Begriffs "dingliches Recht" s. Schlosser-Bericht, EG-ABI. 1979, C 59, S. 120ff. 35 Kreuzer, IPRax 1991, 25.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

die Miete für Grundbesitz in mehreren Vertragsstaaten zum Gegenstand hat, ist jedes Gericht lediglich für den Teil des Grundbesitzes ausschließlich zuständig, der im Hoheitsgebiet seines Sitzstaates belegen ist36 • Eine Ausnahme hiervon soll nur dann zulässig sein, wenn der Grundbesitz ganz überwiegend in einem Vertragsstaat belegen ist37 . Schließlich ist die Entscheidung des EuGH zur kurzfristigen Überlassung von Ferienwohnungen überwiegend als unsachgemäß kritisiert worden38 . Der Kritik ist hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit einer Zuständigkeitskonzentration und der Anwendung des Art 16 Nr. 1 EuGVÜ auf Ferienwohnuggen- zuzustimmen. Mit Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ sollte primär ein Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht hergestellt werden, soweit die Kompliziertheit der rechtlichen Materie besondere Vertrautheit mit dem anwendbaren Recht erforderlich macht. Dieses Ziel ist nicht zu erreichen, wenn man eine Zuständigkeitskonzentration zuläßt. Mitunter ist eine Zuständigkeitskonzentration aber wichtiger als ein Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die rechtlichen Fragen vergleichsweise einfach gelagert sind und auch von einem Gericht leicht gelöst werden können, das nicht sein eigenes Recht anwenden kann. Auch das Beispiel der Überlassung einer Ferienwohnung zeigt, daß die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts der belegeneo Sache mitunter zu mißlichen Ergebnissen führt . Die Vorteile, die der Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht mit sich bringt, überwiegen nicht immer die Nachteile, die sich ergeben, wenn die Parteien an einem fernen Ort in einem fremden Land prozessieren müssen, obwohl sie ein gemeinsames Wohnsitzland haben und womöglich die Geltung des gemeinsamen Heimatrechts vereinbart wurde39. Anband von Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ wird deutlich, daß einer generellabstrakten forum non conveniens-Regelung Grenzen bei der sachgerechten 36 EuGH (Rs 158/87- Scherrens/Manhout) EuGHE 1988, 3791, 3805 = RlW 1989, 644 = IPRax 1991, 44. 37 Ebd.

38 MüKo-Gottwald, IZPR Art. 16 RN 12; Kreuzer, IPRax 1986, 75; Rauscher, NIW 1985, 892; Geimer/Schütze I 693. 39 Die Kritik an den Ferienwohnungsfällen hat zu einer Neufassung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ geführt. Art. 16 Nr. 1b EuGVÜ i.d.F. des (noch nicht in Kraft getretenen) 3. Beitrittsübereinkommens ( 1989) sieht eine Ausnahme für Streitigkeiten aus kurzfristigen Miet- und Pachtverhältnissen zum privaten Gebrauch vor, weM beide Vertragsparteien natürliche Personen sind und ihren Wohnsitz in dem gleichen Vertragsstaat haben. - Etwas weiter gefaßt ist das insoweit abweichende LuganoÜ. Die Ausschließlichkeit der Zuständigkeit entfällt bereits, weM der Mieter bzw. Pächter eine natürliche Person ist und keine Partei ihren Wohnsitz im Belegenheitsstaat hat. S dazu Jayme/Kohler, IPRax 1989, 337, 339.

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Abwägung zwischen widerstreitenden Kriterien für die Eignung eines Gerichts gesetzt sind. Thr fehlt die Flexibilität der einzelfallbezogenen forum non conveniens- Entscheidung. Auf der anderen Seite verdeutlicht Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ die funktionelle Parallele zwischen ausschließlicher Zuständigkeit und forum non conveniensLehre. Vergleicht man nämlich die Regelung des dinglichen Gerichtsstands im EuGVÜ mit dem amerikanischen Prozeßrecht, so fällt auf, daß der Kläger in den Vereinigten Staaten zwischen dem Gericht der belegenen Sache und jedem Gericht, das für die konkrete Streitsache in personam jurisdiction über den Beklagten hat, wählen kann. Ein Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen in rem und in personam jurisdiction besteht nicht40. Es bedarf daher des Instruments der forum non conveniens-Lehre, um erreichen zu können, daß das Gericht der belegeneo Sache die Streitfrage entscheidet. Im Anwendungsbereich des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ergibt sich dieses Ergebnis automatisch. bb) Art. 16 Nr. 2- 5 EuGVÜ Art. 16 Nr. 2 EuGVÜ legt die auschließliche Zuständigkeit für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten über Unwirksamkeit, Auflösung und Organbeschlüsse fest41 . Zuständig ist allein der Staat, in dem die Gesellschaft oder juristische Person ihren Sitz hat42. Das Motiv für diese Regelung wird im Jenard-Bericht angesprochen43 . Zur Wahrung der Rechtssicherheit müsse vermieden werden, daß sich über das Bestehen von Gesellschaften oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe widersprechende Entscheidungen ergeben könnten. Die Verhinderung sich widersprechender Entscheidungen ist auch bei forum non conveniensAbwägungen von erheblichem Interesse44 . Diese Zielsetzung rechtfertigt angesichts der grundlegenden Bedeutung der von Art. 16 Nr. 2 EuGVÜ erfaßten Streitgegenstände den Ausschluß aller anderen Zuständigkeiten. Anders als Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ist Nr. 2 sogar eher zu eng als zu weit gefaßt. Da sein Wortlaut die ausschließliche Zuständigkeit auf Klagen

40 Scoles/Hay, Conflict of Laws, S. 226f., 350ff. (1992).

41 Zum Begriff der Gesellschaft in diesem Zusammenhang s. MüKo-Gottwald, IZPR Art. 16 RN 13. 42 Zu den Problemen bei Doppelsitz s. MüKo-Gottwald, IZPR Art. 53 RN 9. 43 Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 35. 44 s. oben S. 86f.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

beschränkt, sind nur kontradiktorische Verfahren vom Anwendungsbereich erfaßt, nicht aber einseitige Amtsverfahren45 . Art. 16 Nr. 3 EuGVÜ bestimmt, daß für Klagen über die Gültigkeit und Wirkung von Eintragungen in öffentliche Register allein die Gerichte des Vertragsstaates zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet die Register geführt werden. Die Regelung betrifft vorwiegend die Eintragungen in Grundbücher, Handels- und Vereinsregister. Aus diesem Umstand läßt sich das Ziel der Bestimmung herleiten. Auch hier soll ein Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht erreicht werden. Darüber hinaus soll die Sachnähe des entscheidenden Gerichts sowie die Durchsetzbarkeil der Entscheidung sichergestellt werden. Ähnliche Ziele werden mit Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ verfolgt46 , der die Zuständigkeit für Klagen zum Gegenstand hat, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von (nationalen) Patenten, Warenzeichen, Mustern sowie ähnlicher Rechte betreffen, die einer Hinterlegung oder Eintragung bedürfen. Diese Norm ist einschlägig, soweit nicht besondere Zuständigkeitsbestimmungen des Münchener Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente47 oder des Luxemburger Übereinkommens über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt48 vorgehen49. Schließlich soll auch durch Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ, dem Gerichtsstand für Zwangsvollstreckungssachen50 , die Durchsetzbarkeit51 und Rechtsnähe sichergestellt werden. Insgesamt stellt Art. 16 EuGVÜ einen gelungenen Versuch dar, die Wahl eines vergleichsweise ungeeigneten Gerichts von vornherein durch Anordnung der ausschließlichen Zuständigkeit eines für den jeweilige Streitgegestand besonders geeigneten Gerichts zu verhindern. Als Kriterien für die besondere Eignung des ausschließlich zuständigen Gerichts dienen Erwägungen, die auch bei der forum non conveniens-Abwägung Berücksichtigung finden. Die

45 Vgl. MüKo-Gottwald, IZPR An. 16 RN 14 mit Hinweis auf§§ 144, 144a FGG. 46 Vgl. Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 36. 47 Übereinkommen vom 5.10.1973; BGBI. II 1976, S. 649 und 826. 48 Übereinkommen vom 15. 12.1975. Das Übereinkommen wurde ersetzt durch die Vereinbarungen über Gemeinschaftspatente vom 15.12.1989 (ABl-EG Nr. L 40111), MüKo-Gottwald, IZPR An. 16 RN 27.

49 Schlosser-Bericht, EG-ABI. 1979, C 59, S. 123. 50 s. zum Regelungsbereich der Norm EuGH (Rs 220/84 - AS Autoteile Service/Malhe)

EuGHE 1985, 2267, 2277 = NJW 1985, 2892; s. auch Bspr. Geimer, IPRax 1986, 208. 51 Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 989.

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Reichweite der einzelnen ausschließlichen Zuständigkeiten ist im wesentlichen vorsichtig eng gezogen, so daß die Zuständigkeit von anderen ebenfalls geeigneten Gerichten nicht unnötig ausgeschlossen wird. Forum non conveniens-Probleme sind bei Gerichtständen, die sich aus Art. 16 EuGVÜ ergeben, weitestgehend ausgeschlossen. c) Gerichtsstandsvereinbarungen - Art. 17 EuGVÜ Gemäß Art. 17 EuGVÜ können Parteien Gerichtsstandsvereinbarungen treffen, wenn wenigstens eine Partei einen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat52 • Diese Vereinbarungen bedürfen der Schriftform53 • Durch Art. 17 EuGVÜ sind die Parteien in der Lage, ein aus ihrer Sicht geeignetes Gericht mit ihren Streitigkeiten zu befassen. Eine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung verdrängt die gesetzliche Zuständigkeitsregelung des Übereinkommens, soweit diese nicht ausschließlicher Natur ist. Treffen die Parteien eine formwirksame Gerichtsstandsvereinbarung, so wird vermutet, daß diese die ausschließliche Zuständigkeit des gewählten Gerichts zur Folge haben soll54 . Insofern unterscheidet sich Art. 17 EuGVÜ von § 38 ZPO, der keine entsprechende Vermutung aufstellt. Entgegen dem Wortlaut des Art. 17 EuGVÜ können die Parteien auch eine lediglich konkurrierende Zuständigkeit vereinbaren55 • Die Gerichte der Vertragsstaaten sind an die Prorogation des Gerichts eines Vertragsstaates gebunden. Ein objektiver Zusammenhang zwischen dem vereinbarten Gericht und dem Streitgegenstand muß nicht bestehen56 • Beschränkungen der Prorogationsfreiheit ergeben sich allerdings aus den Zuständigkeitsregelungen bezüglich Versicherungs- und Verbrauchersachen (Artt. 12, 15 EuGVÜ) und den ausschließlichen Zuständigkeiten, die in Art. 16 EuGVÜ geregelt sind57 • 52 Zum umstrittenen Anwendungsbereich des Art. 17 EuGVÜ s. im übrigen MüKoGottwald, IZPR Art. 17 RN I ff.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 463 ff. 53 s. dazu MüKo-Gottwald, IZPR Art. 17 RN 16 ff.

54 EuGH (Rs 56/79 • Zelger/Salinitri) EuGHE 1980, 89, 96 = NJW 1980, 1218; EuGH (Rs 22/85 - Anterist/Credit Lyormais) EuGHE 1986, 1951, 1962; s. auch BGH (Beschl. v. 19.3.1987- I ARZ 903/86) RIW 1987, 624f. = WM 1987,704. 55 Kohler, IPRax 1986, 340, 342; Gottwald, IPRax 1987, 81f.; Stein/Jonas!Leipold § 38, RN29. 56 EuGH (Rs 56/79- Zelger/Salinitri) EuGHE 1980, 89, 97 = IPRax 1981, 89, 91; s. auch Kohler, IPRax 1983, 265, 269. 57 Das 3. Beitrittsübereinkommen von 1989 schränkt die Möglichkeit der Gerichtsstandsvereinbarungen auch für Einzelarbeitsverträge ein. Diese sind nur zulässig, werm sie nach Entstehung der Streitigkeit getroffen werden, oder werm der Arbeitnehmer sie geltend macht, um ein anderes Gericht als das am Wohnsitz des Beklagten oder das in Art. 5 Nr. 1 bezeichnete 10 Dorsel

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Auch an die Derogation eines nach EuGVÜ zuständigen Gerichts sind die Gerichte der Vertragsstaaten grundsätzlich gebunden58 • Werden sie abredewidrig angerufen, so haben sie sich für unzuständig zu erklären. Dies gilt auch, wenn das an Stelle des derogierten Gerichts vereinbarte Gericht in einem Nicht-Vertragsstaat liegt59_ Im amerikanischen Recht führen Gerichtstandsvereinbarungen, bei denen Ausschließlichkeit gewollt ist, dazu, daß ein derogiertes Gericht zum forum non conveniens wird; das prorogierte Gericht dagegen wird ausschließlich zuständig. Ähnlich verhält es sich bei Art. 17 EuGVÜ. Damit haben Gerichtsstandsvereinbarungen gemäß Art. 17 EuGVÜ eine vergleichbare Bedeutung für die Frage der internationalen Zuständigkeit wie die Vereinbarung der ausschließlichen Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts als Abwägungskriterium im Rahmen der klassischenforumnon conveniens-Lehre des amerikanischen Rechts60 . Anders als das amerikanische Recht läßt das EuGVÜ in Art. 17 aber keinen Raum für eine Inhaltskontrolle; es vertraut ausschließlich auf eine Einbeziehungskontrolle61 • Nationale Derogations- oder Prorogationsverbote, insbesondere in Form des AGBG, sind daneben nicht anwendbar62 • Die formale Behandlung von Gerichtsstandsvereinbarungen ist zwar der Rechtssicherheit dienlich, sie kann aber zu Härten im Einzelfall führen63. d) Anderweitige Rechtshängigkeit- Artt. 21 ff. EuGVÜ Das amerikanische Recht kennt keine eigenständige Lehre der anderweitigen Rechtshängigkeit, wie sie in kontinental-europäischen Ländern bekannt ist. Liegt ein Fall anderweitiger Rechtshängigkeit vor, so wird dies, anzurufen. Das LuganoÜ ist insoweit noch restriktiver, da es nur nachträgliche Gerichtsstandsvereinbarungen zuläßt. 58 MüKo-Gonwald, IZPR Art. 17 RN 10 59 Schlosser-Bericht, EG-ABI. 1979, C 59, S. 124. 60 s. oben S. 88ff. 61 Vgl. Basedow, IPRax 1985, 133, 137, der Art. 17 EuGVÜ deshalb eine Mißgeburt nennt. Das Fehlen einer Inhaltskontrolle erklärt die strengen formalen Anforderungen, die der EuGH an die Einbeziehung von Gerichtsstandsvereinbarungen stellt; Basedow, ebd. Kritisch in diesem Zusammenhang ist, daß die Formvorschriften des Art. 17 EuGVÜ dadurch umgangen werden können, daß die Vereinbarung eines Erfüllungsortes unabhängig von Art. 17 EuGVÜ möglich ist, vgl. Samt/eben, RabelsZ 46 (1982), 716, 722. 62 Zöller/Geimer, Art. 17 EuGVÜ RN 12; Staudinger/Schlosser § 12 AGBG RN 6; OLG München, RlW 1989, 902; MüKo-Gonwald, IZPR Art. RN Art. 17 RN 49. a. A. Hom/Wolf/Lindacher, AGBG § 9 RN G 135. 63 Vgl. Basedow, IPRax 1985, 133, 137.

B. Internationale Übereinkommen

wie dargestellt, berücksichtigtM.

im

Rahmen

der forum

non

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conveniens-Abwägung

Im Anwendungsbereich des EuGVÜ sind in derartigen Fällen die Artt. 21 ff. einschlägig. Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ verpflichtet ein Gericht, sich für unzuständig zu erklären, wenn ein Gericht in einem anderen Vertragsstaat wegen desselben Streitgegenstandes früher angerufen worden ist65 . Diese Rechtshängigkeitssperre tritt auch ein, wenn die zuerst erhobene Klage eine negative Feststellungsklage ist, auf die eine Leistungsklage folgt66 . Sie ist auch unabhängig von der Anerkennungsprognose bezüglich einer Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts67 . Gemäß Art. 21 Abs. 2 EuGVÜ kann das Gericht, das sich für unzuständig zu erklären hätte, die Entscheidung aussetzen, wenn das Fehlen der Zuständigkeit des anderen Gerichts gerügt wird. Durch Beachtung der anderweitgen Rechtshängigkeit soll eine doppelte Prozeßführung vermieden und sich widersprechenden Entscheidungen vorgebeugt werden68 . Noch weiter geht Art. 22 EuGVÜ. Diese Norm kommt der amerikanischen forum non conveniens-Lehre besonders nahe69 . Für den Fall, daß die Gerichte verschiedener Vertragsstaaten mit Streitgegenständen befaßt werden, die im 64 Ähnlich Schlosser-Bericht, EG-ABI. 1979, C 59, S. 125, für England, Wales und mit Einschränkung für Schottland. - Englische Gerichte haben in jüngeren Entscheidungen die Lehre vomforumnon conveniens, in deren Rahmen das Problem des lis alibi pendens erörtert wird, für nicht anwendbar erklärt, soweit das EuGVÜ einschlägig ist. Gerichte, die ihre Zuständigkeit auf das EuGVÜ stützten, hätten diese auch auszuüben; S &: W Berisford Pie. v. New Hampshire Ins. Co., [1990] 2 QB 631; Arkwright Mutual Ins. Co. v. Bryanston Ins. Co. l.Jd., [1990] 2 QB 649. Dies führte in den konkreten Fällen zu dem nicht überzeugenden Ergebnis, daß die anderweitige Rechtshängigkeit in einem Nichrvertragsstaat keine Berücksichtigung findet. Dieses Ergebnis widerspricht den Intentionen der Verfasser des EuGVÜ, die eine derartige Berücksichtigung grundsätzlich wollten, wie die Am. 21 ff. EuGVÜ zeigen: Daß durch Art. 21 EuGVÜ die Berücksichtigung einer andeiWeitigen Rechtshängigkeit in einem Nichrvertragsstaat ausgeschlossen werden sollte, ist nicht anzunehmen. Kritisch zu den genannten Entscheidungen Rauscher/Gutknecht, IPRax 1993, 21, 23. 65 In Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ i.d.F. des Beitrittsübereinkommens von 1989 ist Rechtsfolge der andeiWeitigen Rechtshängigkeit die Aussetzug des Verfahrens; damit soll Härten vorgebeugt werden, die sich aus einer voreiligen Klagabweisung ergeben können, wenn sich das zuerst angerufene Gericht als unzuständig eiWeist; vgl. MüKo-Gottwold, IZPR Art. 21 RN 11 . Ebenso Art. 21 Abs. 1 Luganoü. - Den seltenen Fall der andeiWeitigen Rechtshängigkeit bei ausschließlicher internationaler Zuständigkeit regelt Art. 23 EuGVÜ entsprechend. 66 EuGH (Rs 144/86 - Gubisch Maschinenfabrik/Palumbo) EuGHE 87, 4861, 4875f. = IPRax 1989, 157m. Anm. Schock, 139; Roth, IPRax 1992, 67; s. auch Leipold, FS Arens, S. 227ff. Zu diesem vom deutschen Recht abweichenden Ergebnis kam der EuGH durch vertragsautonome Auslegung des EuGVÜ. - Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit wird demgegenüber nicht vertragsautonom bestimmt. Er richtet sich vielmehr nach der Iex fori des jeweils angerufenen Gerichts. Kritisch dazu Schock, IPRax 1991, 270. 67 Kritisch dazu Jayme, IPRax 1987, 295, 297. 68 Vgl. Kaye, J. Bus. L. 1992, 47, 57. 69 So auch Kaye, J. Bus. L. 1992, 47, 49.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Zusammenhang stehen, ordnet Art. 22 Abs. I EuGVÜ an, daß das später angerufene Gericht seine Entscheidung aussetzen kann, solange beide Klagen im ersten Rechtszug anhängig sind. Gemäß Abs. 2 dieser Norm kann sich das Gericht auf Antrag einer Partei sogar für unzuständig erklären, wenn die Verbindung im Zusammenhang stehender Verfahren nach dem Recht dieses Gerichts70 zulässig und das andere Gericht für beide Klagen zuständig ist; Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ ist aber nicht zuständigkeitsbegründend71 . Insbesondere Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ greift das Anliegen der forum non conveniens-Lehre auf, die Verfahrenskonzentration zu fördern72 • Das Ermes-

sen, das Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ dem Gericht einräumt, gleicht dem Ermessen, das den amerikanischen Gerichten durch die Lehre vom forum non conveniens eingeräumt wird. Denn die Kann-Bestimmung des Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ eröffnet den Gerichten der EuGVÜ-Vertragsstaaten die Möglichkeit, ihre an sich gegebene Zuständigkeit nicht auszuüben, um einem geeigneter erscheinenden Gericht den Vortritt zugunsten einer umfassenden Streitentscheidung zu lassen. Im Prozeß vor einem deutschen Gericht ist Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ bedeutungslos, da das deutsche Prozeßrecht in § 147 ZPO lediglich eine Verbindung für die bei demselben Gericht anhängigen Verfahren zuläßt. Dies reicht aber nicht aus, um den Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ zu genügen. Der Wortlaut der Norm ist zwar nicht eindeutig73 . Die Entstehungsgeschichte läßt aber erkennen, daß es den Verfassern des EuGVÜ darum ging, den Wünschen Deutschlands und Italiens entgegen zu kommen und die Anwendbarkeit des Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ für diese Länder auszuschließen74. Dies ist bedauerlich. Begrüßenswert nicht nur im Hinblick auf eine einheitliche Anwendungspraxis sondern auch im Hinblick auf eine Förderung der Verfahrenskonzentration wäre es, wenn Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ für alle Vertragsstaaten zum Tragen käme und darüber hinaus die bindende Verweisung des konnexen Verfahrens an das zuerst angerufene Gericht möglich wäre75 . Denn so könnte in sinnvoll begrenztem Umfang eine Verfahrens70 Kritisch hierzu zurecht MüKo-Gonwald, IZPR Art. 22 RN 5. 71 MüKo-Gonwald, IZPR Art. 22 RN 4; Leipold, IPRax 1986, 222, 224f. Als zuständig-

keitsbegründendes Gegenstück zu An. 22 EuGVÜ ist An. 6 EuGVÜ zu sehen. insbesondere dessen Nr. 3. 12 Im Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 41, wird dieses Ziel nicht als Ratio des Art. 22 EuGVÜ genannt, wohl aber der Wunsch, gegensätzliche Entscheidungen zu vermeiden. 73 •... wenn die Verbindung im Zusammnehang stehender Verfahren nach seinem Recht zulässig ist ... " 74 Jenard-Bericht, EG-ABI. 1979 C 59, S. 41. 75 So auch Schock, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 768.

B. Internationale Übereinkommen

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konzentrationgefördert und der Gefahr widersprüchlicher Urteile vorgebeugt werden.

2. Haager Minderjährigenschutzabkommen (MSA) Ist die internationale Zuständigkeit mehrerer Gerichte gegeben, so gilt der Lehre vom forum non conveniens zufolge dasjenige Gericht als besonders geeignet zur Fallentscheidung, welches sein eigenes Recht anwenden würde. Damit wird ein Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht favorisiert76. Die Begünstigung eines derartigen Gleichlaufs läßt sich auch bei einzelnen internationalen Übereinkommen beobachten. Als Beispiel sei hier das Haager Minderjährigenschutzabkommen vom 5.10.1961 erwähnt77 • In Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 MSA wird bestimmt, daß die nach dem Übereinkommen zuständigen Staaten diejenigen Maßnahmen zum Schutze des Minderjährigen treffen können, die nach ihrem nationalen Recht zulässig sind. Grund für die Anordnung des Gleichlaufs war die Überlegung, daß die Verwobenheit von öffentlichem und privatem Recht einerseits und materiellem und formellem Recht andererseits im Bereich des Minderjährigenrechts eine Vertrautheit der zuständigen Stelle mit dem anwendbaren Recht besonders nachdrücklich fordert78 . Die Verknüpfung von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht hat den Vorteil, daß die Zuständigkeit automatisch eine besondere Eignung des zuständigen Gerichts bzw. Staatsorgans mit sich bringt. Auf der anderen Seite ist gegenüber der starren Verknüpfung von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht Zurückhaltung geboten. Denn der Unterschied zwischen den Interessen, die bei der Frage nach der internationalen Zuständigkeit und der nach dem anwenbaren Recht zu beachten sind79 , ist so wesentlich, daß ein allgemeiner Grundsatz, forum und ius zu verbinden, als nicht sachgerecht erscheintso.

76 s. oben S. 96ff. 77 Ein anderes Abkommen, das internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht verknüpft, ist das Haager Adoptionsabkommen vom 15.11.1965. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Übereinkommen nicht gezeichnet.

78 Ferid, RabelsZ 27 (1962/3) 411, 440f.; Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 30. 79 s. dazu Zöller!Geimer, ZPO, IZPR RN 40. 80 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 129ff.

150

§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

3. Andere Abkommen

Die Funktion derforumnon conveniens-Lehre kann wie bereits angesprochen von internationalen Übereinkommen über die internationale Zuständigkeit wahrgenommen werden. Neben EuGVÜ, Luganoü und MSA gibt es eine Vielzahl von Abkommen, die die nationalen Zuständigkeitsregelungen zugunsten vereinheitlichter und harmonisierter Zuständigkeitsregelungen zwischenstaatlicher Natur verdrängen. So wird sichergestellt, daß der Zugang zu wenigstens einem als geeignet anzusehenden Gerichte offensteht und exorbitante Zuständigkeiten überflüssig werden. Darüber hinaus wird mitunter auch eine Ausschließlichkeit der staatsvertragliehen Zuständigkeiten festgelegt; dadurch werden weniger geeignete konkurrierende Zuständigkeiten ausgeschlossen. Übereinkommen über die internationale Zuständigkeit wurden insbesondere auf dem Gebiet des Transport- und Schiffahrtsrechts geschlossen81 • Beispielhaft erwähnt seien hier: Art. 31 Abs. 1 CMR82 für den Straßengüterverkehr; Art. 52 CIV83 und Art. 56 CIM84 für den Eisenbahnverkehr und Art. 34 Abs. 2 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte85 . 11. Übereinkommen zum IPR

Das Ziel der forum non conveniens-Lehre, die Entscheidung eines Rechtsstreits durch ein vergleichsweise ungeeignetes Gericht zu verhindern, ist am besten über Zuständigkeitsregelungen zu erreichen. Auf diesem Wege läßt sich auch die erwünschte Nebenfolge der forum non conveniens-Praxis erreichen, dem forum shopping vorzubeugen. Diese Nebenfolge kann aber auch auf dem Wege der Vereinheitlichung des internationalen Kollisionsrechts bewirkt werden. Regelmäßig ist forum shopping die Ursache dafür, daß ein vergleichsweise ungeeignetes Gericht mit einer Streitigkeit befaßt wird. Ein wichtiges Motiv für forum shopping ist die Aussicht, daß am angerufenen Gerichtsort ein dem Kläger günstiges Recht zur Anwendung kommen wird. Dieser Anreiz entfällt, 81 Weitere Abkommen sind aufgefiihrt bei Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 54 ff. 82 Vom 19.5.1956, BGBI. 1961 II 1119. In Kraft seit dem 5.2.1962.

83 Anhang A (Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck) des Übereinkommens vom 9.5.1980 über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF), BGBI. 1985 II 130. In Kraft seit dem 1.5.1985). 84 Anhang B (Eisenbahnbeförderung von Gütern) des genannten Abkommens. 85 Vom 17.10.1868, Neufassung BGBI. 1969 II 597.

C. Innerstaatliche Regelungen

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wenn der Kläger sich ausrechnen kann, daß an mehreren konkurrierenden Gerichtsständen dasselbe materielle Recht zur Anwendung kommt. Daher wird in der Literatur empfohlen, dem forum shopping dadurch zu begegnen, daß man internationales Kollisionsrecht und materielles Recht vereinheitlicht86. Jüngeres Beispiel für eine derartige Vereinheitlichung ist das EGSchuldvertragsübereinkommen vom 19.6.1980, das einem forum shopping auf der Grundlage des EuGVÜ vorbeugen soll87 . Eine derartige Vereinheitlichung, die auch unter dem Gesichtspunkt des internationalen Entscheidungseinklangs grundsätzlich wünschenswert ist, wurde in einigen Bereichen des Rechts erzielt. Insgesamt sind ihr aber enge Grenzen gesetzt. Die Ausarbeitung von Staatsverträgen fordert erheblichen Einsatz und trifft nicht selten auf schwer zu überwindende Widerstände88 • Darüber hinaus ist zu buücksichtigen, daß das anwendbare Recht nicht der einzige Anreiz für eine bestimmte Gerichtswahl ist. Ein erheblicher Anreiz kann auch vom Prozeßrecht des Forums ausgehen, das dem Kläger beispielsweise Vorteile in beweisrechtlicher Hinsicht oder bezüglich der Verfahrenskosten bieten kanns9. Im Ergebnis kann man daher feststellen, daß unerwünschtes forum shopping mit seinen negativen Auswirkungen auf die Gerichtswahl - wenn auch nur in begrenztem Umfang- durch eine Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts begegnet werden kann90 • C. Innerstaatliche Regelungen Die Frage, welcher konkurrierenden internationalen Zuständigkeit der Vorrang eingeräumt werden soll, spielt bei den innerstaatlichen Zuständigkeitsregeln in der Regel keine Rolle. Hat das angerufene Gericht erst einmal festgestellt, daß es international zuständig ist, so schenkt es einer konkurrierenden internationalen Zuständigkeit grundsätzlich keine Beachtung mehr. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen im deutschen Zuständigkeitsrecht. Diese sollen im folgenden dargestellt werden. 86 Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 47; Kropholler, FS Firsching, S. 165, 17lf.; Gamillscheg, Bericht der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1959, S. 29; Siehr, ZtRV 25 (1984) 124, 140. S. auch Flecheux/Hautot, Dt. & pratique com. intern. 1988, 389, 400; Roth, IPRax 1984, 183, 184; Geddes, New L.J. 1988, 542, 543. 87 Giuliano/Lagarde-Bericht, EG-ABI. 1980, C 282, S. 5. 88 Zweigen/Kötz, Rechtsvergleichung I, S. 29f. 89 s. dazu Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 223 ff. 90 Juenger, RabelsZ 47 (1982) 708, 712.

152

§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

I. Ansätze im Zuständigkeitsrecht

Dem nationalen Zuständigkeitsrecht ist ein allgemeiner Grundsatz des forum non conveniens unbekannt91 . Den Gerichten stehen aber rechtstechnische Instrumentarien zur Verfügung, die zumindest ansatzweise zu ähnlichen Ergebnissen führen wie die amerikanische Lehre vom forum non conveniens. I. Freiwillige Gerichtsbarkeit

Der Gedanke der forum non conveniens-Lehre wird im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Gesetzgebung und Rechtsprechung in mehrfacher Weise aufgegriffen. Darüber hinaus wurde in der Literatur wiederholt der Ruf nach einer Kodifizierund der Lehre vom forum non conveniens für diesen Rechtsbereich laut92 • a) § 47 FGG Eine Annäherung an die forum non conveniens-Lehre im deutschen Recht findet sich in § 47 FGG. Abs. 1 dieser Norm bestimmt, daß ein deutsches Gericht die Anordnung einer Vormundschaft unterlassen kann, wenn sowohl das deutsche Gericht als auch die Gerichte eines anderen Staates für die Anordnung einer Vormundschaft zuständig sind und ein entsprechendes Verfahren im anderen Staat anhängig ist93 . Maßstab für die Entscheidung des Gerichts ist das Interesse des Mündels. Ähnlich ist in Abs. 2 die Abgabe einer Vormundschaft an ein übernahmebereites ausländisches Gericht vorgesehen. Das Gericht hat damit Ermessen, seine an sich gegebene Zuständigkeit nicht auszuüben94 . b) Rechtsprechung Über den Anwendungsbereich des § 47 FGG hinaus wurde die Lehre vom forum non conveniens durch die Rechtsprechung in weiteren Bereichen der 91 OLGMünchen (Urt. v. 22.6.1983- U 5522/82) IPRax 1984, 319; LGMünchen (Urt. v. 25.11.1982- 12 HKO 20848/81) IPRax 1984,318. 92 Döpfel/Siehr, RabelsZ 44 (1980) 344, 353; Neuhaus/Kropholler, ZZP 95 (1982) 494, 495; Jayme, FS Bosch, S. 459, 466; zurückhaltend Firsching , ZZP 95 (1982) 121 , 131. 93 Gemäß § 47 Abs. 3 FGG gilt diese Regelung auch für die Pflegschaft und die Beistandschaft. 94 Jansen, FGG § 47 RN 2.

C. Innerstaatliche Regelungen

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freiwilligen Gerichtsbarkeit ausdrücklich übernornrnen95 . So entschied das Kammergericht in einer Adoptionssache bereits im Jahre 1959 unter Berufung auf das forum non conveniens-Prinzip, der Grundsatz der perpetuatio fori gelte nicht schlechthin auch für die internationale Zuständigkeit96. Sei der zuständigkeitsbegründende Aufenthalt einer antragsberechtigten Partei nach Verfahrensbeginn fortgefallen, so sei ein weiteres Verfahren vor den deutschen Gerichten mitunter nicht mehr angebracht, wenn eine konkurrierende Zuständigkeit eines anderen Staates insbesondere des Heimatstaates der Partei bestehe97. Diese Entscheidung ist in der Rechtsprechung98 und der Literatur99 auf Zustimmung gestoßen. Die Lehre vom forum non conveniens hat auch im Bereich des elterlichen Sorgerechts Einzug gehalten 100. So verneinte das OLG Bamberg seine internationalen Zuständigkeit für die Regelung des Sorgerechts der getrennt lebenden Eltern in einem Fall unter Hinweis auf die größere Sachnähe des alternativ zuständigen ausländischen Gerichts 101 ; derartige Erwägungen sind typisch fürforumnon conveniens-Entscheidungen. Auch in Fällen, in denen an sich internationale Verbundzuständigkeit gegeben war, lehnten Gerichte ihre internationale Zuständigkeit unter Berufung auf die Lehre vom forum non 95 Eine entsprechende Rechtsprechung zeichnet sich trotz der weiten Zuständigkeit deutscher Gerichte in diesem Bereich soweit ersichtlich für Vaterschaftsfeststellungsverfahren noch nicht ab; vgl. Schlosser, IPRax 1987, 153. S. auch BayObLG (Beseht. v. 28.1.1981 - BReg. 1 Z 106/81) FamRZ 1982, 640f., zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Anordnung eines Ergänzungspflegers zur Vertretung im Ehelichkeitsanfechtungsprozeß; sie soll bei einem deutschen Kind immer gegeben sein, auch wenn es zwei Staatsangehörigkeiten hat. 96 KG (Beseht. v. 4.6.1959- 1 W 522/59) IPRspr. 1958/59 Nr. 209, 210f. 97 Im konkreten Fall wurde die weitere Beschwerde eines Kindes wegen fehlender internationaler Zuständigkeit zurückgewiesen. Die Beschwerde richtete sich gegen die Versagung der Bestätigung eines Adoptionsvertrages. 98 OLG Frankfun (Beseht. v. 12.7.1973 - 20 W 260173) StAZ 1975, 98f. (Das Gericht betont, daß die konkurrierende Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nicht genüge; hinzukommen müsse, daß die Sache bei dem anderen Gericht besser aufgehoben sei); OLG Zweibrücken (Beseht. v. 30.11.1972 - 3 W 120/72) FamRZ 1973, 479f.; BayObLG (Beseht. v. 25.7.1966- lb Z 44/66) BayObLGZ 1966, 248, 250f.; LG Mainz (Beseht. v. 17.10.1974- 8 T 74174) DAVorm 1977, 211f.; AG Würzburg (Beseht. v. 7.8.1984- XVI 31/82) IPRax 1985, 111. 99 Jansen, FGG § 66 RN 19; Soergei/Sieben/Kegel, vor Art. 7 EGBGB RN 307; Schlosser, IPRax 1983, 285, 287; s. auch Wengler, NJW 1959, 127, 130; Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. III RN 205; Luther, FS Bosch, S. 559, 567. Ablehnend Gündisch, FamRZ 1961, 352, 353. 100 Vgl. die Rechtslage in den Niederlanden, wo der Bereich der elterlichen Sorge einer der wenigen Bereiche ist, in denen die grundsätzlich anerkannte Lehre vom forum non conveniens praktisch relevant wird, Verheul, (1986) 35 I.C.L.Q. 413, 417f. 101 OLG Bamberg (Beseht. v. 1.7.1981-2 UF 75/80) FamRZ 1981, 1106 mit zustimmender Anm. Henrich, IPRax 1982, 28f. (Das deutsch-amerikanische Kind lebte bei seinem Vater in den Vereinigten Staaten.)

154

§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

conveniens und in Durchbrechung des Grundsatzes der perpetuatio fori ab102.

Mitunter verneinte die Rechtsprechung ihre weitreichende internationale Verbundzuständigkeit auch von Anfang an unter Berufung auf die Grundsätze des forum non conveniens103 • Ausschlaggebend war in allen genannten Fällen, daß das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte und nicht angehört werden konnte; hinzu kam die Sorge, daß die zu treffende Entscheidung im Ausland nicht durchsetzbar sein würde 104 . Soweit bei Sorgerechtsentscheidungen das MSA anwendbar ist, hält die Rechtsprechung die Lehre vom forum non conveniens für ausgeschlossen, da sie im MSA eine abschließende Regelung sieht 105 . Dies ist überzeugend. Bei Anwendbarkeit des MSA bedarf es einer Durchbrechung des Grundsatzes der perpetuatio fori nicht. Ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes läßt die Zuständigkeit des ehemaligen Aufenthaltstaates entfallen, soweit er nicht als Heimatstaat gemäß Art. 4 MSA unabhängig vom Aufenthalt des Kindes zuständig ist. In der Literatur sind die forum non conveniens-Erwägungen der Rechtsprechung bei Sorgerechtsentscheidungen zurecht auf grundsätzliche Zustimmung gestoßen106 . Die Praxis der Gerichte ist sinnvoll vor dem Hintergrund, daß Entscheidungen auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur begrenzt

102 OLG Frankfurt (Beseht. v. 15.11.1982 - 3 UF 326179) IPRax 1983, 294, 296 (Das Kind griechischer Eltern, die in Deutschland geschieden worden waren, lebte in Griechenland). S. auch OLG Hamburg (Beschl. v. 7.5.1986- 12 WF 29/86) IPRax 1987, 319f.; OLG Stuttgart (Beseht. v. 23.6.1975 - W 181175) FamRZ 1975, 644, 645f. S. auch Heldrichl Schröder, Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 10, S. 145f.; sie halten die Lehre vom forum non conveniens für eine erforderliche Ergänzung der internationalen Verbundzuständigkeit. 103 AG EggenJetden (Urt. v. 6.11.1981 - F 82179) IPRax 1982, 78f. m. zustimmender Anrn. Jayme, ebd. 104 Vor einer zu großzügigen Anwendung des Gedankens desforumnon conveniens warnt Jayme, FamRZ 1979, 22f.; FS Keller, 451 , 455. Er fordert, auch bei gewöhnlichem Aufenthalt des Kindes im Ausland am Grundsatz der internationalen Verbundzuständigkeit festzuhalten, soweit das Gericht bereits Kennmisse über die Verhälmisse der Eltern gewonnen hat, die das alternative Gericht erst erwerben müßte. Gegebenenfalls sei in analoger Anwendung des § 50b Abs. 3 FGG auf eine Anhörung zu verzichten, IPRax 1982, 78, 79. 105 OLGHamm (Beseht. v. 13.6.1989-1 UF 117/89) FamRZ 1989, 1109f.; OLGDüsseldoif (Beseht. v. 11.5.1981-4 UF 66/81) FamRZ 1981, 1005f.; so auch Jayme, FamRZ 1979, 22f.; s. zur perpetuatio fori im Anwendungsbereich des MSA Beit'llce. FS Rammos, S. 78ff. 106 Für die Möglichkeitvonforum non conveniens-Entscheidungen bei kindschaftsrechtlichen Gestaltungsakten auch Jayme, FS Bosch S. 459, 466f. Fürforum non conveniens im Bereich der FGG-Sachen Mitz.kus, Intern. Zust. im Vormundschafts-, Pflegschafts- und Sorgerecht, S. 390ff.; Beit'l}ce, FamRZ 1967, 592, 594; Firsching, Einführung in das 1PR, S. 128; Heldrich/Schröder, Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 10, S. 149.

C. Innerstaatliche Regelungen

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auf Durchsetzbarkeil im Ausland hoffen können und in Fällen der erwähnten Art eine Anhörung des Kindes praktisch nicht erfolgen kann• 07 . 2. Gleichlauftheorie

Der Gleichlauftheorie zufolge leitet sich die internationale Zuständigkeit vom anwendbaren Recht ab. Diese Theorie findet im deutschen Recht in Nachlaßsachen AnwendunglOB. Ist dem nationalen IPR zufolge deutsches Erbrecht unmittelbar oder infolge renvoi anwendbar, so sind die deutschen Gerichte zuständig 109• Der Gleichlauf von anwendbarem Recht und Zuständigkeit hat neben seiner zuständigkeitsbegründenden auch zuständigkeitsbeschränkende Wirkung. Ist in einem Fall ausländisches Erbrecht anzuwenden, so ist die Zuständigkeit der deutschen Gerichte grundsätzlich ausgeschlossen110. Die deutschen Gerichte werden von vomherein als fora non convenientia betrachtet. Als Begründung für die Gleichlauftheorie wird in der Literatur111 und Rechtsprechung 112 auf den engen Zusammenhang zwischen Verfahrensrecht und materiellem Recht auf dem Gebiet des Erbrechts hingewiesen. Bezüglich der zuständigkeitsbegründenden Wirkung wird angeführt, daß die Nachlaßverwaltung die Haftung des Erben beschränken und die Nachlaßgläubiger gegenüber den Erbengläubigem schützen solle 113 . Hinsichtlich der zuständigkeitsbeschränkenden Wirkung heißt es, das von den Gerichten anzuwendende deutsche Verfahrensrecht stelle nicht die zur Verwirklichung des ausländischen materiellen Rechts geeigneten Mittel zur Verfügung; ferner würde so Widersprüchen zu Entscheidungen der nach deutscher Vorstellung an sich zuständigen Gerichte vorgebeugt 114. Heldrieb deutet darüber hinaus die 107 Vgl. OLG Harnburg (Beschl. v. 7.5.1986- 12 WF 29/86) IPRax 1987, 319f.

l08BayObLG (Beschl. v. 18.5.1988 - 1a Z 14/88) Rpfleger1988, 366; OLG Zweibrücken (Beschl. v. 10.7.1985 -3 W 133/85) IPRax 1987, 108m. Anm. Witz/Bopp S.83; BayObLG (Beschl. v. 13.11.1986- 1 Z 4/86) IPRax 1987,252. KG (Beschl. v. 22.5.1984- 1 W 5196/83) OLGZ 1984, 428, 430; Dölle RabelsZ 27 (1962) 201, 212ff.; Ebenroth, Erbrecht RN 1314. 109 MüKo-Birk, Art. 25 EGBGB RN 302 f. Die in § 73 ff. FGG geregelte örtliche Zuständigkeit indiziert der Rechtsprechung zufolge damit nicht auch die internationale Zuständigkeit. 110 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 202. 111 Staudinger/Firsching, Vorbem. zu Artt. 24-26 RN 315; Ebenroth, Erbrecht RN 1314. S. auch Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. llOf., der auch die größere Vertrautheit des zuständigen Gerichts mit dem anwendbaren Recht anspricht. ll2BGH (Urt. v. 26.10.1967- VII ZR 86/65) BGHZ 49, 1, 2 = NJW 1968, 353; BayObLG (Beschl. v. 22.6.1976- BReg. 1 Z 96174) BayObLGZ 1976, 151, 156. 113 BayObLGZ 1976, 151, 156. l14Ebenroth, Erbrecht RN 1314; Neuhaus, NJW 1967, 1167, ll68.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Vermutung an, daß die Rechtsprechung zur Gleichlauftheorie auch durch eine verständliche Abneigung der Richter, ausländisches Recht anzuwenden, gefördert werde 115 . Der Ausschluß der eigenen Zuständigkeit bei Anwendbarkeit fremden Sachrechts wird durch diese Überlegungen aber oft nicht gerechtfertigt. Hat der ausländische Erblasser seinen Wohnsitz oder nur Vermögen in Deutschland, so fordern der Fürsorgegedanke und das Gebot, eine Rechtsverweigerung zu vermeiden, regelmäßig zumindest eine Notzuständigkeit der deutschen Gerichte 116• Die Praxis des internationalen Erbrechts kennt dementsprechend - neben der durch § 2369 BGB vorgegebenen - zahlreiche Durchbrechungen des Gleichlaufprinzips. So betrachteten sich deutsche Nachlaßgerichte, deren örtliche Zuständigkeit gemäß §§ 73 f. FGG gegeben war, in diversen Fällen auch für international zuständig, obwohl ausländisches Erbrecht anwendbar war117 • Die in Anspruch genommene Notzuständigkeit wurde aber jeweils auf die Bedürfnisse des Falles beschränkt und bezog sich auf Teilaspekte des Nachlaßverfahrens. Als Beispiele derartiger Notzuständigkeiten seien hier erwähnt die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft zugunsten der Nachlaßgläubiger118, die Errichtung eines Inventars 119, die Ausschlagung der Erbschaft120 und die Entlassung eines Testamentsvollstreckers121 • Bejaht ein deutsches Gericht seine internationale Zuständigkeit trotz ausländischen Erbstatuts, so bestimmt sich ausschließlich nach deutschem Recht, welche Maßnahmen unter welchen Voraussetzungen zu treffen sind 122 . Die Gleichlauftheorie und ihre Durchbrechungen verdeutlichen den spiegelbildlichen Charakter der Notzuständigkeiten im Vergleich zur Lehre vomforum non conveniens123 • Während bei Fällen der letztgenannten Art eine gegebene Zuständigkeit ausnahmsweise nicht ausgeübt wird, wird in Fällen 115 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 213; ders., FS Ficker,

s. 205,210.

116 MüKo-Birk, An. 25 EGBGB RN 308. 117 Übersicht bei MüKo-Birk, An. 25 EGBGB RN 306f. S. auch Dölle RabelsZ 27 (1962) 201, 212ff., 219. 118BGH(Un. v. 26.10.1967- VII ZR 86/65) BGHZ 49, 1, 2. 119Bay0bLG (Beschl. v. 2.12.1965- BReg. 1b Z 67/65) BayObLGZ 1965, 423 m. Anm. Neuhaus, NJW 1967, 1167. Zustimmend zu den Durchbrechungen der Gleichlauftheorie auch Heldrich, NJW 1967,417, 418ff. 120 BayObLGZ 1965, 423, 429 121 OLG Frankfurt (Beschl. v. 30.9.1975-20 W 128173) OLGZ 1977, 180. 122 MüKo-Birk, An. 25 EGBGB RN 305. 123 Im Ergebnis so auch Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 44, allerdings ohne Bezug auf das Gleichlaufprinzip.

C. Innerstaatliche Regelungen

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der erstgenannten Art eine Zuständigkeit grundsätzlich verneint, in Ausnahmefällen aber doch angenommen. In der Literatur ist die Gleichlauftheorie auf erhebliche Kritik gestoßen. Die erforderlichen Durchbrechungen der Gleichlauftheorie werden als Indiz dafür gewertet, daß die Gleichlauftheorie insgesamt zu unbefriedigenden Ergebnissen führt 124 . Teilweise wird die Ansicht vertreten, die von der Praxis zugestandenen Durchbrechungen seien nicht ausreichend, um dem Fürsorgegrundsatz Genüge zu tun. Es sei nicht einzusehen, warum der Schutz der Nachlaßgläubiger im Inland durch Nachlaßverwaltung, -vergleich oder konkurs hinsichtlich des inländischen Nachlasses davon abhängen soll, daß deutsches Recht die Erbfolge bestiimnt125 . Zumindest hinsichtlich Vermögen, das in Deutschland belegen sei, müsse es möglich sein- entgegen der gegenwärtigen Praxis 126 - auch bei ausländischem Erbstatut die Anordnung und Durchführung einer Nachlaßverwaltung erwirken zu können 127 • Grundsätzlich kritisch zur Gleichlauftheorie äußert sich Kegel128. Er entgegnet der Behauptung, der enge Zusammenehang zwischen materiellem und Verfahrensrecht fordere einen Gleichlauf, daß ein ähnlich enger Zusammenhang auch auf anderen Gebieten bestehe (z. B. in Vormundschaftssachen), ohne daß die Notwendigkeit eines Gleichlaufs angenommen würde129 . Nach seiner Auffassung ist die Gleichlauftheorie in Nachlaßsachen aufzugeben, da sie gegen den Grundsatz des internationalen Verfahrensrechts verstößt, demzufolge die Verfahrensarten grundsätzlich austauschbar sind 130. Berechtigt erscheint Kegel der Ausschluß der eigenen Zuständigkeit in Nachlaßsachen nur dann, wenn die Aufgaben, die den Gerichten durch das ausländische Erbstatut aufgegeben werden, schlechthin mit der Organisation und dem Verfahren der inländischen Gerichte unvereinbar sind. Dann sei eine 124 MüKo-Birk, Art. 25 EGBGB RN 304; Kegel, Internationales Privatrecht, S. 664ff.; Ebenroth, Erbrecht RN 1315 m.w.N.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 505. 125 Kegel, Internationales Privatrecht, S. 665.

126Bay0bLG(Beschl. v. 22.6.1976- BReg. 1 Z 96174) BayObLGZ 1976, 151, 156. 127 MüKo-Birk, Art. 25 EGBGB RN 357. 128 Kegel, Internationales Privatrecht, S. 665. 129 Kegels Kritik an der Gleichlauftheorie findet bezüglich der Lehrevomforum non conveniens eine spiegelbildliche Entsprechung in Schacks Forderung. diese Lehre dürfe nicht dazu mißbraucht werden, einen für erstrebenswert gehaltenen Gleichlauf von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Sachrecht herzustellen, Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 498. 130 Kegel ebd.; im Ergebnnis ebenso Heldrich , Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 223. Ähnlich MüKo-Birk, Art. 25 EGBGB RN 304, der fordert, daß wenigstens das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt wird. Grundsätzliche Bedenken gegen die Gleichlauftheorie äußert auch Basedow, NJW 1986, 2971, 2979.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

wesensfremde Zuständigkeit gegeben131 . Diese wird im folgenden näher betrachtet.

3. Wesensfremde Zuständigkeit Der Lehre von der wesensfremden Zuständigkeit 132 zufolge darf ein Gericht seine an sich gegebene internationale Zuständigkeit nicht ausüben, wenn sein Tätigwerden die Durchführung einer Maßnahme erfordern würde, die dem deutschen Verfahrensrecht "wesensfremd" ist 133 . Die Gerichte haben sich in Fällen dieser Art für unzuständig zu erklären. Die Lehre hat damit zuständigkeitsbeschränkende Wirkungen, welche an die forum non conveniensRechtsprechung erinnern 134. Der Anwendungsbereich der Lehre ist allerdings sehr klein. Beispiele aus der Rechtsprechung sind rar. In einer älteren Entscheidung lehnte das KG die Bestätigung eines Adoptionsvertrages ab, da das französische Adoptionsstatut eine richterliche Kontrolltätigkeit forderte, die über den Rahmen der im deutschen Adoptionsrecht dem Richter zugewiesenen Aufgaben hinausging 135 . Die eher theoretische Bedeutung der Lehre von der wesensfremden Tätigkeit läßt sich erklären. Ein deutsches Gericht darf, soweit es ausländisches Recht anzuwenden hat, seine Zuständigkeit grundsätzlich nicht mit dem Hinweis verneinen, das ausländische Recht verlange von ihm die Vomahme einer Tätigkeit, die das deutsche Recht den Gerichten nicht zugewiesen habe. Die Befugnis, auch "wesensfremde" Tätigkeiten auszuüben, wird dem Gericht mit dem Rechtsanwendungsbefehl des Kollisionrechts erteilt; sein Funktionskreis ist als entsprechend erweitert anzusehen136.

131 Kegel, Internationales Privatrecht, S. 666; ebenso Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 214. 132 Der Begriff geht auf Reu zurück, Die staatliche Zuständigkeit im IPR, S. 171ff. Kritisch zu diesem Begriff Schock, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 504. 133 Ähnlich Firsching, Einführung in das IPR, S. 129; Dölle RabelsZ 27 (1962) 201, 225ff. 134 Jayme, IPRax 1984, 303; s. auch ders., IPRax 1984, 121, 124. 135 KG, (Beschl. v. 15.1.1932 -X 1592/31) RabelsZ 6 (1932) 311, 312f. Ablehnend dazu Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 261. 136 Schtechtriem, Ausländisches Erbrecht S. 16; Hetdrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 260; Dölte RabelsZ 27 (1962) 201, 230. Vgl. BGH (Urt. v. 22.3.1967IV ZR 148/65) BGHZ 47, 324, 333f. Dort entschied der BGH, daß das italienische Rechtsinstitut der Trennung von Tisch und Bett und die den Gerichten in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgaben der deutschen Rechtsordnung nicht so fremd und wesensverschieden seien, daß sie völlig aus dem dem deutschen Richter obliegenden Aufgabenbereich herausfielen. Zustimmende Anm. von Jayme, RabelsZ 32 (1968) 323, 330f.

C. Innerstaatliche Regelungen

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Wie Heldrich 137 darlegt, ist der Funktionskreis aber nicht unbegrenzt. Verlangt die Anwendung ausländischen Rechts vom Gericht die Ausführung unbekannter Aufgaben, so hat es zu versuchen, diese mit Hilfe des inländischen Verfahrensrechts zu bewältigen. Soweit sich auf diesem Wege nicht alle Hindernisse aus dem Weg räumen lassen, ist das Gericht gehalten, eigenes Verfahrensrecht analog anzuwenden oder ausländisches Verfahrensrecht zu kopieren. Erst wenn auch diese Bemühungen nicht gangbar erscheinen, darf das Gericht vom Vorliegen einer wesensfremden Tätigkeit ausgehen und seine Zuständigkeit verneinen 138.

4. Auslegung und ungeschriebene Tatbestandsmerkmale a) Das BGH-Urteil zu § 23 ZPO Beispiel für Ansätze der forum non conveniens-Lehre im deutschen Recht aus jüngerer Zeit ist eine Entscheidung des BGH zur Auslegung des § 23 ZP0 139 . "112 Jahre nach lnkrafttreten des§ 23 ZPO (damals§ 24 CPO) hat der XI. Senat für Zivilsachen des BGH ein neues Tatbestandsmerkmal des Vermögensgerichtsstands endeckt." 140 Bei der Entdeckung handelte es sich um das Merkmal des Inlandsbezuges 141 . Dem BGH zufolge ist Voraussetzung für die Annahme der internationalen Zuständigkeit gemäß § 23 ZPO neben der Vermögensbelegenheil ein hinreichender Inlandsbezug des Rechtsstreits. Fehlt es an einem derartigen Bezug, so hat sich das angerufene Gericht für unzuständig zu erklären142.

137 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 269ff. 138 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 274. 139 BGH (Urt. v. 2.7.1991- XI ZR 206/90) = BGHZ 115, 90 = NJW 1991, 3092 = IPRax 1992, 160 = JZ 1992,51 = LM § 23 ZPO Nr. 7 = MDR 1991, 988 = WPM 1991, 1692 = RIW 1992, 57. Dem BGH folgend OLG München (Urt. v. 7.10.1992- 7 U 2583/92) IPRax 1993, 237, 239m. kritischer Anm. von Geimer, S. 216. Anders noch in einem vergleichbaren Fall BGH (Urt. v. 22.11.1988- VI ZR 226/87) NJW 1989, 1154, 1155. 140 Schack, Anmerkung JZ 1992, 54. 141 Für ein derartiges, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal plädierte bereits Hausmann, IPRax 1982, 51, 56. Vgl. auch Jayme, Bankgeschäfte (1977), S. 28f., der vorschlägt, die Lehre vomforumnon conveniens im Rahmen des§ 23 ZPO anzuwenden. 142 Bereits in früheren Entscheidungen hat der BGH den Vermögensgerichtstand als international "unerwünscht" bezeichnet, BGH (Urt. v. 30.9.1964 - VII ZR 195/61) BGHZ 42, 194, 199f.; 52, 256. Für verfehlt hält § 23 ZPO auch Fricke, Anerkennungszuständigkeit, S. 104ff. m. w. N. entsprechender Einschätzungen in der Literatur. A. A. Lüderitz, JZ 1986, 96, 97; Schack, ZZP 97 (1984) 46, 55ff.; Schütze, IZPR, S. 63.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die zypriotische Bauunternehmerio M Ltd. verpflichtete sich, für D in Libyen eine Hafenanlage zu bauen. D leistete eine Anzahlung, welche durch eine Garantie der beklagten türkischen Bank gesichert war. Für die Garantie hatte M bei der Bank 20 Mio. US-$ hinterlegt. Als es zur Vertragsauflösung zwischen D und M kam, nahm D die Garantie in Anpruch. M bestritt den GarantiefalL Sie trat den behaupteten Rückzahlungsanspruch, teilweise an die Klägerin, eine Direktorin der M, und deren Ehemann ab. Diese klagten einen Teil des abgetretenen Anspruchs in Deutschland ein, wo die beklagte Bank eine Niederlassung und Vermögen besaß. Die Klage wurde in zweiter und dritter Instanz wegen fehlender internationaler Zuständigkeit abgewiesen. Der BGH stützte seine restriktive Auslegung des § 23 ZPO auf den Hinweis, daß bereits die Vorgängernorm- § 34 des Anhangs zur Preußischen Allgemeinen Gerichtsordnung- nur Inländern zur Verfügung stand 143. Ferner sei eine restriktive Auslegung durch die völkerrechtliche Vertragspraxis geboten, die von dem Bemühen geprägt sei, exorbitante Gerichtsstände wie Vermögensgerichtsstände auszuschließen oder einzuschränken144 . Als rechtspolitisches Argument führte der BGH darüber hinaus an, daß es erforderlich sei, außenwirschaftlichen und außenpolitischen Belastungen vorzubeugen, die daraus resultieren könnten, daß mit § 23 ZPO eine Zuständigkeit zur Verfügung gestellt würde, die zum forum shopping einladel45. Die Entscheidung des BGH hat in der Literatur gemischte Reaktionen hervorgerufen 146 . Bei den ablehnenden Reaktionen ist die Sorge der Autoren zu erkennen, die Entscheidung des BGH könne der Anfang einer forum non conveniens-Lehre im deutschen Recht sein 147 . Die Ablehnung der Entschei143 BGH NJW 1991, 3092, 3093. Die nicht eindeutige Entstehungsgeschichte des § 23 ZPO deutet wie der BGH Stein/Jonos/Schumann, § 23 ZPO RN 31e. Kritisch hierzu Fischer. RIW 1992, 57, 58; Schock, JZ 1992, 54, 55. 144 BGH NJW 1991, 3092, 3093f. Kritisch hierzu Pfeiffer, LM § 23 ZPO Nr. 7, der darauf hinweist, daß die vom BGH erwähnte Vertragspraxis nur in Verbindung mit einer Erweiterung der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen vorstellbar sei. Vgl. auch Schock, JZ 1992, 54, 55, der den Verzicht auf§ 23 ZPO als "einseitige Abriistung" bezeichnet. l45BGHNJW 1991 , 3092,3094. 146 Zustimmend: Schlosser, IPRax 1992, 140; Fischer, RIW 1992, 57; Stein/Jonos/Schumann, § 23 ZPO RN 31e; Mork!Ziegenhoin, NJW 1992, 3062; mit Einschränkung auch Lüke, ZZP 105 (1992) 321; Fricke, NJW 1992, 3066. Ablehnend: Geimer, NJW 1991, 3072; Schütze, DWiR 1991, 239; Schock, JZ 1992, 54; Pfeijfer, LM § 23 ZPO Nr. 7; Donnemann, I.C.L.Q. 41 (1992) 632; 1hode, WuB [Enscheidungssammlung zum Wirschaftsund Bankrecht 1985] VIII A. § 23 ZPO 2.91. 147 Geimer, NJW 1991, 3072, 3074; Schock, RabelsZ 58 (1994), 40, 47; Schütze, DWiR 1991, 239, 240. Zurliekhaltend Donnemann, I.C.L.Q. 41 (1992) 632, 636. Dogmatisch ist die

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dung des BGH wird daher auch mit dem Hinweis auf die Rechtsunsicherheit begründet, die für die Lehre vom forum non conveniens typisch sei 148 . Darüber hinaus führen Schack und Geimer an, solange eine umfassende Anerkennung ausländischer Urteile nicht gesichert sei, sei ein Vermögensgerichtstand erforderlich, um eine Vollstreckungsmöglichkeit im Inland gewährleisten zu können 149 . Auf die Möglichkeit, den Anwendungsbereich des als exorbitant geschmähten 150 § 23 ZPO sinnvoll einzuschränken, ohne unliebsame Rechtsunsicherheit als Folge unbestimmter Rechtsbegriffe in Kauf nehmen zu müssen, indem man den Vermögensbegriff restriktiv auslegt, weist schließlich Schütze hin151. Trotz dieser Kritik ist die Entscheidung des BGH m. E. zu begrüßen. Die Zeit der Gerichte ist ein ebenso knappes wie teures Gut. Mit ihr ist daher sparsam umzugehen. Das bedeutet auch, daß Zuständigkeiten der deutschen Gerichte grundsätzlich nur dann gegeben sein sollten, wenn ein wenigstens minimaler Zusammenhang zwischen dem angerufenen Gericht und der Streitsache besteht 152 . Daran fehlt es, wenn wie in dem vom BGH zu entscheidenden Fall überhaupt kein Inlandsbezug gegeben ist. In derartigen Fällen sollte nicht versucht werden, die Zuständigkeit deutscher Gerichte dennoch gemäß § 23 ZPO zu bejahen. Gegen eine umfassende Anwendbarkeit des § 23 ZPO spricht auch, daß in Fällen ohne Inlandsbezug regelmäßig ausländisches Recht zur Anwendung kommt. Das macht das Gerichtsverfahren nicht nur teurer, sondern erhöht zugleich die Gefahr einer unrichtigen Entscheidung. Diese Konsequenz fehlender Rechts- und Sachnähe, betont die Ungeeignetheil exorbitanter Gerichtsstände. Durch eine restriktive Auslegung des Vermögensbegriffs oder eine Begrenzung der Zuständigkeit auf den Wert der belegenen Sache153 allein kann kein unter den genannten Gesichtspunkten befriedigendes Ergebnis erzielt werden.

restriktive Auslegung des § 23 ZPO von der forum non conveniens-Lehre verschieden, da den Gerichten durch die Möglichkeit der Auslegung kein Ermessen eingeräumt wird. 148 Geimer, NJW 1991, 3072, 3074; Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 47; Schütze. DWiR 1991, 239, 242. Fischer, RIW 1990, 794, 796. 149 Schack, JZ 1992, 54; Geimer, NJW 1991, 3072, 3073. 150 Stein/Jonas/Schumann, § 23 ZPO RN 31c m.w.N. 151 Schütze, DWiR 1991, 239, 240f. - Der BGH machte von dieser Möglickeit, den Anwedungsbereich des § 23 ZPO einzuschränken unlängst Gebrauch, als er entschied, daß die deutsche Enkelgesellschaft kein Inlandsvermögen der ausländischen Konzernobergesellschaft ist, BGH (Un. v. 20.4.1993- XI ZR 17/90) NJW 1993, 2683. 152 Vgl. Heldrich, FS Ficker, S. 205, 207, der betont, daß das Interesse des Staates, Gerichtsschutz zu gewähren, um so geringer ist, je schwächer die Inlandsbeziehung des Falles ist. II Dorsel

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Die Behauptung mancher Autoren, auf einen umfassenden Anwendungsbereich des § 23 ZPO könne angesichts der eingeschränkten Anerkennungsmöglichkeiten ausländischer Urteile nicht verzichtet werden, weil andernfalls Vollstreckungsexklaven entstehen könnten1S4 , reicht nicht aus, um die exorbitante Natur des § 23 ZPO zu rechtfertigen. Sind die Möglichkeiten der Anerkennung ausländischer Urteile tatsächlich nicht ausreichend, so scheint es naheliegender, das Anerkennungsrecht zu ändern, als exorbitante Zuständigkeiten zu eröffnen. Sollte es in Ausnahmefällen tatsächlich erforderlich sein, daß einer Partei eine Zuständigkeit zur Verfügung gestellt wird, so kann man, worauf der BGH hinwiesiSS, mit einer Notzuständigkeit helfen. Auf diese Weise kann auch der Gefahr eines negativen Kompetenzkonflikts1S6 begegnet werden. b) Der Begriff des "hinreichenden Inlandsbezuges" Ernst zu nehmen ist allerdings die Sorge um die Rechtssicherheit im Bereich der internationalen Zuständigkeit. Ihr muß durch geeignete Konkretisierung des Begriffs "hinreichender Inlandsbezug" Rechnung getragen werden. Ausgangspunkt für die Konkretisierung sollte dabei sein, daß es bei dem Bemühen, den Anwendungsbereichs des § 23 ZPO einzuschränken, vorrangig darum gehen muß, Streitigkeiten auszuklammern, die (abgesehen von der Vermögensbelegenheit und der Anrufung eines deutschen Gerichts) keinen Inlandsbezug aufweisen. Zieht man den Kreis der Fälle, die nicht von § 23 ZPO erfaßt werden sollen, weiter, so erhöht man zugleich die Zahl der Fälle, die zu Streitigkeiten über die internationale Zuständigkeit führen können. Dies schwächt den Ausnahmecharakter der Klagabweisung wegen mangelnden Inlandsbezugs und führt zu größerer RechtsunsicherheiL Sollen die Unsicherheiten, die sich durch das Tatbestandsmerkmal des Inlandsbezugs ergeben, nicht zu groß werden, so ist es notwendig, den hinreichenden Inlandsbezug großzügig zu bejahen. Dies tat das OLG Stuftgart grundsätzlich in seinem Urteil 157 , das der Entscheidung des BGH zu § 23

IS3 So Schütze, DWiR 1991, 239, 240f. Vgl. insoweit Dannemonn, l.C.L.Q. 41 (1992) 632, 637, der meint, das durch § 23 ZPO ennöglichte forum shopping in internationalen Rechtstreitigkeiten sei auf diesem Wege nicht zufriedenstellend einzuschränken. 154 Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht. RN 325. 155 BGH (Un. v. 2.7.1991- XI ZR 206/90) NJW 1991,3092, 3094. 156 Hierzu Kropho/ler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. lll RN 211. 157 OLG Srungart (Un. v. 6.8.1990- 5 U 77/89) RIW 1990, 829.

C. Innerstaatliche Regelungen

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ZPO zugrunde lag. Ihm zufolge reicht es für den erforderlichen Inlandsbezug aus, wenn sich der Kläger im Inland dauerhaft aufhält, wenn der Sachverhalt, welcher der Klage zugrunde liegt, einen Schwerpunkt im Inland hat oder deutsches Recht zur Anwendung kommt. Diese Aufzählung ist aus Sicht des OLG Stuttgart nicht abschließend, wie sich aus dem Hinweis ergibt, daß auch sonstige berechtigte Interessen des Klägers an einer Entscheidung des angerufenen Gerichts ausreichen können, um den Inlandsbezug zu vermitteln 158 • Der BGH ließ in seiner Entscheidung offen, ob die vom OLG Stuttgart genannten Kriterien für die Annahme eines Inlandsbezugs tatsächlich ausreichen 15 9 • Ein berechtigtes Interesse des Klägers, das hinreichenden Inlandsbezug vermittelt, sollte jede Sach- oder Beweisnähe der deutschen Gerichte sein. Dies sollte - anders als vom OLG Stuttgart nahegelegt - auch gelten, ohne daß der Sachverhalt einen Schwerpunkt in Deutschland hat. Liegen Rechtsoder/und Sachnähe bzw. Beweisnähe vor, so ist das angerufene Gericht nicht ungeeignet. Ist eine mangelnde Eignung des angerufenen Gerichts zu verneinen, dann bedarf es auch keiner restriktiven Auslegung des § 23 ZPO. Problematisch sind Fälle, in denen versucht wird, den hinreichenden Inlandsbezug durch Abtretung der Klagforderung an einen deutschen Kläger herzustellen 160 • In derartigen Fällen empfiehlt es sich, die vorgeschobene Partei außer Betracht zu lassen und auf die tatsächlich interessierte Partei abzustellen. Andernfalls könnte die beschränkende Funktion des Merkmals "hinreichender Inlandsbezug" allzu leicht ausgehebelt werden 161 • Das Erfordernis des hinreichenden Inlandsbezugs muß zudem zurücktreten, wenn andernfalls die Gefahr der Rechtsverweigerung droht. Dies ist u. a. der Fall, wenn der Kläger nicht erreichen kann, daß ein im Ausland erstrittener oder zu erstreitender Titel in Deutschland anerkannt wird 162. Gleiches hat für den Fall des negativen Kompetenzkonflikts zu gelten 163 .

1580LG Stuftgart (Urt. v. 6.8.1990- 5 U 77/89) RIW 1990, 829, 831. Besprochen von Fischer. RIW 1990. 794ff. 159 BGH NJW 1991, 3092, 3094. Ablehnend dazu Schock, JZ 1992, 54, 55 ; Geimer, NJW 1991, 3072, 3074. In BGH (Urt. v. 29.4.1992 -XII ZR 40/91) NJW-RR 1993, 5, deutet der BGH an, daß die deutsche Staatsangehörigkeit des Beklagten immer ausreicht, um einen hinreichenden Inlandsbezug zu begründen. - Kritisch zur Notwendigkeit, das Vorliegen einer bestimmten Fallgruppe darzulegen, Fischer, RIW 1992, 57, 59. 160 Vgl. OLG München (Urt. v. 7.10.1992 - 7 U 2583/92) IPRax 1993, 237, 238. Dort hatte die ursprüngliche Klägerin ihre Forderung an eine in Gründung befindliche Tochtergesellschaft abgetreten; das OLG München wies die Klage dennoch in Anlehnung an BGH NJW 1991, 3092 ab. 161 Vgl. zur entsprechenden Praxis der amerikanischen Bundesgerichte oben S. 75.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

§ 23 ZPO lädt aufgrund seines weit gefaßten Tatbestande$ zum forum shopping geradezu ein 164 • Dies bringt die Gefahr mit sich, daß ungeeignete Gerichte zur Sachentscheidung berufen werden. Eine restriktive Auslegung dieser Norm ist daher begrüßenswert. Legt man die dargelegten Grundsätze bei der Anwendung des § 23 ZPO zugrunde, so läßt sich weitestgehend vermeiden, daß § 23 ZPO zur Zuständigkeit eindeutig ungeeigneter Gerichte führt, ohne daß der Anwendungsbereich der Norm derart unscharf wird, daß große Rechtsunsicherheit zu befürchten wäre. Ob die neue Auslegung des § 23 ZPO durch den XI. Senat allerdings Bestand haben, oder durch eine Entscheidung des Großen Senats des BGH revidiert werden wird, bleibt abzuwarten 165 .

5. Rechtsmißbrauch

In der Literatur besteht Einigkeit darüber, daß die Ausübung der internationalen Zuständigkeit zu unterbleiben hat, wenn sie rechtsmißbräuchlich erschlichen wurde 166 . So wird vermieden, daß die Zuständigkeit eines ungeeigneten Gerichts willkürlich herbeigeführt werden kann. Rechtsmißbrauch ist anzunehmen, wenn der Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen der Zuständigkeit arglistig geschaffen, beispielsweise Vermögen des Beklagten in den Gerichtsstaat verbracht hat 167 . Die Rechtsprechung ist bei der Annahme eines Rechtsmißbrauchs sehr zurückhaltend 168 . Die praktische Bedeutung der Zuständigkeitsbeschränkung wegen Rechtsmißbrauchs ist dementsprechend gering. In Fällen, in denen Rechtsmißbrauch vorliegt, wird regelmäßig bereits die örtliche Zuständigkeit wegen des

162 So Mark!Ziegenhain, NJW 1992, 3062, 3065. Zweifelnd Lüke, ZZP 105 (1992) 321, 328. 163 Stein/Jonas!Schumann, ZPO § 23 RN 31g; Mark!Ziegenhain, NJW 1992, 3062, 3065. Vgl. BGHNJW 1991,3092,3094. 164Jünger, 63 Tul. L.R. 553, 570 (1989). 165 Die Möglichkeit einer Entscheidung des Großen Senats gegen die Auslegung des XI. Senats legt der Richter am BGH 1hode nahe, WuB VIII A. § 23 ZPO 2.91. 166 Kropholler, Handbuch IZVR Bd. I, Kap. III RN 176ff, 203; Stein/Jonas/Schumann Einl. XV F RN 764; vor§ 253 ZPO RN 117; Schlosser, IPRax 1983, 285, 287. 167 Stein/Jonas/Schumann § 1 ZPO RN 12; § 23 ZPO RN 30. 168 Kropholler, Handbuch des IZVR Bd. I Kap. III RN 176f. S. auch BGH (Urt. v. 4.6.1971 -IV ZR 97170) FamRZ 1971, 519, 520; der BGH verneinte im konkreten Fall einen Rechtsmißbrauch, obwohl der Kläger seine Staatsangehörigkeit gewechselt hatte, um wenig später vor einem deutschen Gericht einen Scheidungsantrag stellen zu können.

C. Innerstaatliche Regelungen

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Rechtsmißbrauchs zu verneinen sein. Damit entfällt dann auch die Indizwirkung der örtlichen für die internationale Zuständigkeit 16>·.

6. Anderweitige Rechtshängigkeit Ähnlich wie Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts für den Fall der anderweitigen Rechtshängigkeit anordnet, regelt § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, daß eine anderweitige Rechtshängigkeit die Unzulässigkeil der Klage zur Folge hat. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO gilt nicht nur bei anderweitiger Rechtshängigkeit vor einem deutschen Gericht sondern auch dann, wenn der gleiche Streitgegenstand bei Klagerhebung bereits vor einem ausländischen Gericht rechtshängig ist 170• Voraussetzung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist bei anderweitiger Rechtshängigkeit vor einem ausländischen Gericht neben der Identität des Streitgegenstandes eine postttve Anerkennungsprognose 171 • Diese Prognose setzt gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Gegenseitigkeit der Anerkennung voraus. Auf die positive Anerkennungsprognose konnte im Rahmen des EuGVÜ verzichtet werden, da Art. 26 Abs. 1 EuGVÜ die gegenseitige Anerkennung von Urteilen zum Regelfall erklärt. Bei anderweitiger Rechtshängigkeit vor einem ausländischen Gericht ist es um der größeren Flexibilität willen angebracht, nicht eine Klagabweisung wegen Unzulässigkeil auszusprechen, sondern das Verfahren analog § 148 ZPO auszusetzen. Denn trotz ausländischer Rechtshängigkeit kann ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers bestehen, z. B. wenn bei späterem Fortfall der anderweitigen Rechtshängigkeit eine Fristwahrung infolge Klagabweisung nicht mehr möglich ist112. Diesem Umstand wird eine Aussetzung besser gerecht als eine Klagabweisung. Aussetzung und nicht Klagabweisung wegen 169 Stein/Jonas/Schumann

Einl. XV F RN 764.

170 Stein/Jonas/Schumann § 261 ZPO RN 11. Ausdrücklich ist die Beachtung der ausländi-

schen Rechtshängigkeit nur in § 738a Abs. 1 HOB vorgeschrieben. 171 Schütze, ZZP 104 (1991) 104, 137m. w. N. -Als weitere Voraussetzung kann man den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz ansehen, daß die Sperrwirkung der ausländischen Rechtshängigkeit nicht infolge unverhältnismäßiger Dauer des ausländischen Verfahrens praktisch zur Rechtsschutzverweigerung führen darf. S. BGH (Urt. v. 26.1.1983 - IVb ZR 335/81) NJW 1983, 1269 = IPRax 1984, 152, 154 m. Anm. Luther, S. 141; zustimmend Geimer, NJW 1984, 527, 529f.; vgl. a. BGH (Urt. v. 10.10.1985- I ZR 1/83) NJW 1986, 2195, 2196. 172 Schock, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 764; dagegen Stein/Jonos/Schumann § 261 ZPO RN 23. Schock schlägt auch vor, bei ausländischer Rechtshängigkeit nicht von einer negativen Prozenvoraussetzung auszugehen, wie dies bei vorheriger Anrufung eines inländischen Gerichts der Fall ist. Besser sei es, die Rechtshängigkeit vor einem ausländischen Gericht als Problem des Rechtschutzinteresses zu behandeln; ebd.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Unzulässigkeil der Klage als Folge anderweitiger Rechtshängigkeit ordnen auch Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ i. d. F. des Beitrittsübereinkommens von 1989 sowie Art. 21 Abs. 1 Luganoü an. Die Regelung der anderweitigen Rechtshängigkeit im deutschen Recht verfolgt das Ziel, eine Verfahrenskonzentration zu ermöglichen, um die Ressourcen der Gerichte und der Parteien, insbesondere die des Beklagten, zu schonen. Darüber hinaus ermöglicht sie es, widersprechenden Urteilen vorzubeugen173. Damit fallt der Regelung der anderweitigen Rechtshängigkeit eine vergleichbare Funktion zu wie bei ihrer Berücksichtigung im Rahmen der Lehrevomforum non conveniens.

7. Gerichtsstandsvereinbarungen Die bisher erörterten Ansätze im nationalen Recht, die eine der forum non conveniens-Lehre vergleichbare Zielsetzung aufweisen, beruhen auf den

Rechtsregeln, die ein Gericht unabhängig vom Willen der Parteien anzuwenden hat. Der potentielle Beklagte hat darüber hinaus die Möglichkeit, die Geeignetheil des Gerichts, das der Kläger im Fall eines eventuellen Rechtsstreits anrufen kann, seinerseits sicherzustellen, indem er mit seinen Geschäftspartnern Gerichtsstandsvereinbarungen trifft, die die ausschließliche Zuständigkeit eines geeigneten Gerichts vorsehen174 . Wie auch im Rahmen des EuGVÜ können im nationalen Recht vertragliche Gerichtsstandsvereinbarungen die gesetzliche Zuständigkeitsregelung verdrängen. Mit Hilfe solcher Vereinbarungen kann der Beklagte der Gefahr vorbeugen, sich vor einem ungeeigneten Gericht verteidigen zu müssen175 . a) Prorogation Die im Verhältnis zum EuGVÜ subsidiären Regelungen der§§ 38, 40 ZPO gestatten grundsätzlich die Vereinbarung eines Gerichtsstands, wenn auch in engerem Umfang als das EuGVÜ. Der Rechtsprechung zufolge gilt für Gerichtsstandsvereinbarungen im Sinne der §§ 38, 40 ZPO, daß die verein-

173 Stein!Jonas!Schumann § 261 ZPO RN 51; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 747f. 174 Vgl. Basedow, IPRax 1985, 133. Samt/eben, RabelsZ 46 (1982), 716, 718, sieht die Gefahr eines pre-trial forum shopping durch Gerichtsstandsklauseln. 175 Entsprechendes gilt für Schiedsvereinbarungen, s. dazu Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 50f.

C. Innerstaatliche Regelungen

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harte örtliche Zuständigkeit die internationale Zuständigkeit indiziert 176. Dies wird auch in § 38 Abs. 2 ZPO deutlich. Gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 2. Alt. ZPO scheitert eine Prorogation deutscher Gerichte (überraschenderweise), wenn aus deutscher Sicht die ausschließliche Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts gegeben ist 177 . Ein Inlandsbezug ist demgegenüber grundsätzlich nicht erforderlich 178. b) Derogation Konkurrierende Zuständigkeiten können ausgeschlossen werden, indem die Parteien die ausschließliche Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts vereinbaren. Die mit einer ausschließlichen Zuständigkeit einhergehende Derogation der gesetzlichen Gerichte ist in analoger Anwendung der §§ 38, 40 ZPO zulässig, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind. Ob die Ausschließlichkeit der Zuständigkeitsvereinbarung gewollt ist, ist durch Auslegung der Parteivereinbarung zu ermitteln. Eine Vermutung zugunsten der Ausschließlichkeit, wie sie Art. 17 EuGVÜ aufstellt, ergibt sich aus § 38 ZPO genausowenig wie eine gegenteilige Vermutung1 79 . Die Derogation soll allerdings nicht zulässig sein, wenn sie gegen den deutschen ordre public verstößt. Diese Einschränkung ist von der im amerikanischen Recht vorgenommenen Kontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen zu unterscheiden. Während das amerikanische Gericht prüft, ob die Gerichtsstandsvereinbarung nicht zur Zuständigkeit eines forum non conveniens führt, dient die ordre public-Kontrolle durch das deutschen Gericht dazu sicherzustellen, daß einer deutschen Partei nicht durch das Kollisionsrecht des prorogierten Gerichts der Schutz zwingenden deutschen Sachrechts verloren geht 180. Die Verknüpfung von materiell-rechtlichen Erwägungen mit 116BGH (Urt. v. 17.5.1972- Vlli ZR 76171) BGHZ 59, 23, 29; BGH (Urt. v. 26.1.1979- V ZR 75/76) NJW 1979, 1104. 177 Stein/Jonas/Bork § 40 RN 7.- Ob hinsichltlich der inlernationalen Zuständigkeit auch die in § 40 Abs. 2 S. 1 1. Alt. ZPO genannte Voraussetzung der vermögensrechtlichen Streitigkeit gegeben sein muß, ist streitig. In diesem Sinne Kropholler, Handbuch des lZVR Bd I, Kap. 111 RN 527; dagegen Stein/Jonas/Bork § 40 RN 7. 178 Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 48. Anders offenbar LG Harnburg (Urt. v. 6.8.1975- 24 0 56/75) RIW 1976, 228; s. auch Trinker, BB 1972, 766, 767. 179 BGH (Urt. v. 5.7.1972- VIII ZR 118171) BGHZ 59, 116, 119; RG (Urt. v. 16.2.1939IV 201/38) RGZ 159, 254, 256. 180 BGH (Urt. v. 12.3.1984 - II ZR 10/83) IPRax 1985, 216, 218 m. Anm. Roth 198; BGH (Urt. v. 15.6.1987- II ZR 124/86) IPRax 1989, 163, 164m. zust. Anm. Samtleben 148, 152; BGH (Urt. v. 21.12.1970 - II ZR 39/70) NJW 1971, 325. - Gegen eine Aufhebung von Pround Derogationen durch forum non conveniens-Erwägungen - wie im amerikanischen Recht möglich - spricht sich Geimer aus, lZPR RN 1084.

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§ 9 Ansätze zur Problemlösung im deutschen Recht

Zuständigkeitsfragen ist in der Literatur zurecht kritisiert worden181 . Der Gesetzgeber kann zwar zwingendes materielles Recht durch ausschließliche Zuständigkeiten absichern. Tut er dies aber nicht, so sollten Fragen des ordre public bezüglich der Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen grundsätzlich keine Bedeutung haben, sondern lediglich bei der Urteilsanerkennung (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) berücksichtigt werden 182 . II. Klage auf Unterlassen einer Klage - Counter lnjunction

Droht einer Partei, daß sie vor einem ausländischen Gericht verklagt wird, welches im konkreten Fall als unbilliger Gerichtsstand anzusehen ist, so eröffnen das amerikanische und das englische Recht dieser Partei die Möglichkeit, gegen eine Klage vor dem ausländischen Gericht vorzugehen. Der potentielle oder tatsächliche Beklagte kann eine antisuit injunction beantragen, durch die dem Kläger untersagt wird, ein Verfahren vor dem ausländischen Gericht einzuleiten oder fortzuführen 183 . Der Maßstab für die Frage, ob der vom Kläger gewählte Gerichtsstand unbillig ist, entspricht weitestgehend denforumnon conveniens-Erwägungen 184 . Das deutsche Recht stellt dem (potentiellen) Beklagten eine derartige Verteidigungsmöglichkeit grundsätzlich nicht zur Verfügung. Eine Klage auf Unterlassen der Prozeßführung im Ausland kann in dem seltenen Fall Erfolg haben, daß der Beklagte einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Unterlassen hat. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht bereits aus einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung 185 . AUenfalls mag sich ein Unterlassungsanspruch aus § 826 i. V. m. § 249 S. 1 BGB ergeben. So verurteilte das RG in einem Fall eine Partei gestützt auf § 826 BGB dazu, eine in Lettland erhobene zulässige Scheidungsklage zurückzunehmen186 . Das Gericht betrachtete die Klagerhebung im Ausland angesichts der deutschen Staatsangehörigkeit beider 181 Kritisch zur Rechtsprechung des BGH Schlosser. FS Steindorff 1990, 1379f.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 453. Wie der BGH Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. III RN 540. 182 So Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 453. 183 Hartley, 35 Am. 1. Comp. L. 487 (1987); Reynolds, 70 Tex. L. Rev. 1663, 1711 (1992). S. auch Schack, Einführung in das US-Recht, S. 50ff. 184Hartley, 35 Am. 1. Comp. L. 487,490 (1987); Smith, RIW 1993,802, 805f. 185 Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. 111 RN 168. Geimer, IZPR RN 1717. A. A. Schröder, FS Kegel, S. 523, 531f.; Krause-Ablaß/Bastuk, FS Stiefel, S. 445; Kurth, Inländischer Rechtsschutz gegen Verfahren vor ausländischen Gerichten, 60ff. !86RG (Urt. v. 3.3.1938 -IV 224/37) RGZ 157, 136, 140. - MüKo-Gottwald, IZPR Art. 21 RN 13, vertrin die Ansicht, ein Anspruch aus Vertrag oder § 826 BOB auf Unterlassen anderweitiger Prozeßfiihrung scheide im Anwendungsbereich des EuGVÜ bereits wegen Art. 21 EuGVÜ aus, da dieser das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lasse.

A. Bedarf einer Generalklausel

169

Ehegatten als unerlaubte Handlung, da sie darauf gerichtet sei, deutsches Recht zu umgehen. Ob diese Einschätzung richtig ist, scheint zweifelhaft. Eine andere Frage ist, ob dem ausländischen Scheidungsurteil die Anerkennung gern. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (ordre public) zu versagen ist. Dies hätte man im konkreten Fall annehmen dürfen. Die Entscheidung des RG hat in der Rechtsprechung soweit ersichtlich keine Nachahmung gefunden. Ein gleichwertiges Pendant zur counter injunction des amerikanischen und englischen Rechts stellt das deutsche Recht damit nicht zur Verfügung. D. Zwischenergebnis Das deutsche Recht enthält keine Generalklausel, die ähnlich wie die Lehre vom forum non conveniens danach fragt, ob bei gegebenener internationaler Zuständigkeit die Ausübung derselben nicht zugunsten eines alternativen, zur Verfahrensdurchführung besser geeigneten Forums unterbleiben sollte. Es finden sich aber vereinzelte Ansätze - insbesondere im Rahmen des EuGVÜ aber auch im Rahmen des nationalen Rechts-, die diese Fragestellung aufgreifen. Dem deutschen Zuständigkeitssystem entsprechend sind diese Ansätze aber nicht als Ermessensregeln ausgebildet, sondern in feste und relativ klare Regeln gegossen. Der Anwendungsbereich dieser Regeln ist vergleichsweise gering.

§ 10 Ergänzende Generalklausel A. Bedarf einer Generalklausel Mit Hilfe der geschilderten, ansatzweisen Parallelen des deutschen Rechts zur forum non conveniens-Lehre lassen sich verschiedene denkbare Fallkonstellationen nicht befriedigend lösen. Dies läßt sich an Hand einiger Fallbeispiele verdeutlichen. I. Fallbeispiele

1. Fallbeispiel - § 32 ZPO Eine tschechische Reisegruppe reist mit einem Privatwagen durch Bayern. Infolge Trunkenheit fährt der Fahrer seinen Wagen in den Straßengraben und

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

verursacht dadurch die Verletzung der Mitfahrer. Ein polizeiliches Unfallprotokoll wird nicht aufgenommen; außer den Mitreisenden gibt es keine Zeugen des Unfalls. Das Fahrzeug ist in Tschechien zugelassen und versichert. Die Mitfahrer verklagen den Fahrer und Wagenhalter am Unfallort auf Schadensersatz in der Hoffnung, von einem deutschen Gericht höheren Schadensersatz zugesprochen zu bekommen als von einem tschechischen. Die internationale Zuständigkeit ergibt sich in diesem Fall aus der entsprechenden Anwendung des§ 32 ZPO. Eine Ablehnung der Zuständigkeit ist dem angerufenen Gericht nicht möglich; eine Parallele zur Auflockerung des internationalen Deliktsstatuts, wie sie sich in den letzten Jahren in der Rechtsprechung herausgebildet hat187 , kennt das internationale Zivilprozeßrecht nicht. 2. Fallbeispiel- § 29 ZPO

Zwei amerikanische Gesellschaften schließen nach erfolgreichen Vertragsverhandlungen in den Vereinigten Staaten einen Warenkaufvertrag und vereinbaren als Erfüllungsort für die Warenlieferung Hamburg, wo die Verkäuferin direkt an einen Kunden der Käuferin liefern soll. Die Parteien vereinbaren die Anwendbarkeit des amerikanischen Rechts; eine Gerichtsstandsvereinbarung wird nicht getroffen. Die Käufetin zahlt den Kaufpreis nicht. Um die kleine Käufer-Gesellschaft unter Druck zu setzen 188 , klagt daraufhin die Verkäufer-Gesellschaft vor dem Hamburger Landgericht auf Zahlung. Die internationale Zuständigkeit folgt hier aus § 29 Abs. 2 ZPO. Über die mit der Vereinbarung des Erfüllungsortes Harnburg verbundene Begründung des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes, war sich die Käufer-Gesellschaft womöglich nicht im klaren 189. Dennoch kann sie der Zuständigkeit des deutschen Gerichts nicht entkommen. 3. Fallbeispiel - § 27 ZPO

Der Franzose M stirbt an seinem Wohnsitz in Freiburg, wo er ein Haus hat. Seine Frau F zieht zurück nach Paris, wo auch die Kinder der Eheleute leben. 187 Vgl. hierzu v. Bar, Internationales Privatrecht, Bd. II, S. 472ff. 188 Von der Praxis, Klagen nur deshalb vor einem ausländischen Gericht zu erheben, um den Gegner vergleichsbereit zu machen, berichtet Geimer, NJW 1984, 527, 529. 189 Das amerikanische Recht kennt eine internationale Zuständigkeit des Erfüllungsortes nicht; vgl. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozeßrecht, S. 26.

A. Bedarf einer Generalklausel

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Als Erben hat M testamentarisch seine Kinder eingesetzt; eine Wahl des Erbstatuts hinsichtlich seines Grundstückes (Art. 25 Abs. 2 EGBGB) hat er nicht getroffen. F klagt vor dem Landgericht Freiburg auf ihren Pflichtteil an dem Grundstück in Freiburg. Die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts ergibt sich aus § 27 Abs. 1 ZPO. Sie ist hier streitentscheidend. Das deutsche Gericht wendet deutsches Recht auf die Pflichtteilsfrage an, da es den renvoi des französischen Kollisionsrechts bezüglich des in Deutschland belegenen Grundstücks annimmt. Ein französisches Gericht würde demgegenüber französisches Recht anwenden, da es seinerseits den renvoi des deutschen Kollisionsrechts annimmt. Anders als das deutsche Recht kennt das französische Recht aber kein Pflichtteilsrecht des überlebenden Ehegatten. 4. Fallbeispiel- § 20 ZPO Ein polnischer Bauarbeiter mit Wohnsitz in Posen arbeitet vier Tage in der Woche in einem Bautrupp in Greifswald. Dort wird er vor dem zuständigen Gericht von einem Landsmann, der ebenfalls in Posen wohnt, auf Ersatz des Schadens verklagt, den er bei einer Schlägerei in Posen verursacht hat. Der Landsmann erhofft sich von einem deutschen Gericht ein höheres Schmerzensgeld als von einem polnischen. Alle Zeugen leben in Polen. Die internationale Zuständigkeit des Gerichts folgt aus § 20 ZPO, der auf die Anwesenheit des Beklagten in Deutschland abstellt. Ein Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand und dem Aufenthaltsort ist nicht erforderlich190. II. Bewertung

Allen Fallbeispielen ist gemeinsam, daß dem Kläger der Zugang zu den deutschen Gerichten offensteht, obwohl diese für die Durchführung eines Prozesses im Vergleich zu den Gerichten im Heimatstaat der Parteien ungeeignet sind. Dabei ergibt sich die internationale Zuständigkeit nicht aus exorbitanten Zuständigkeitsnormen, sondern aus Normen, die grundsätzlich ihre Berechtigung haben, im konkreten Fall aber als zu weitreichend anzusehen sind 191 . 190 Zöller!Vollkommer, ZPO. § 20 RN 3 und 5. Dort finden sich weitere Beispiele für die geringen Anforderungen an den Aufenthalt i. S. v. § 20 ZPO. 191 Über die genannten Fallbeispiele hinaus sind weitere Fälle denkbar, in denen deutsche Gerichte trotz mangelnder Eignung zur Streitentscheidung international zuständig sind. S. insbe-

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

Abhilfe könnte bei § 29 ZPO und eventuell auch bei den §§ 32 und 27 ZPO dadurch geschaffen werden, daß man den Anwendungsbereich der Normen durch das Kriterium des hinreichenden Inlandsbezuges einschränkt. Bei § 20 ZPO bietet sich eine strengere Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Aufenthalt" an, um ungeeigneten Zuständigkeiten vorzubeugen. Eine allgemeine Regel, mit deren Hilfe die genannten und andere Zuständigkeitsnormen eingeschränkt werden können, kennt das deutsche Recht demgegenüber nicht. Dies führt zu der Frage, ob es wünschenswert ist, eine Generalklausel in das deutsche Recht der internationalen Zuständigkeit aufzunehmen, die es ermöglichen würde, in Fällen mit Aulandsberührung forum non conveniensErwägungen grundsätzlich berücksichtigen zu können. Es verwundert nicht, daß die Einführung einer derartigen Klausel bereits von mehreren Autoren vorgeschlagen worden ist 192 . Diese Vorschläge blieben aber bisher nicht nur ohne positive Folgen auf dem Gebiet der Gesetzgebung; sie stießen auch auf nachdrückliche Kritik in der Literatur193. Die Argumente beider Lager in der Literatur sollen im folgenden dargestellt und untersucht werden.

B. Argumente zugunsten einer Generalklausel I. Flexibilität und Einzelfallgerechtigkeit

Ist die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts in einem konkreten Fall gegeben, so kann es vorkommen, daß gleichzeitig die konkurrierende Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts gegeben ist, das unter Gesichtspunkten der Rechts- und Beweisnähe, der Effektivität der Entscheidung sowie der Prozeßökonomie deutlich besser geeignet ist, den Streitfall zu entscheiden, als das deutsche Gericht. Das starre Zuständigkeitssystem des deutschen Rechts erlaubt es in einem derartigen Fall nicht, die Ausübung der Zuständigkeit zu unterlassen.

sondere §§ 606a, 640a ZPO. Kritisch zu diesen und anderen weiten Zuständigkeitsregeln, Schlosser, IPRax 1987, 153f. Ein weiteres Beispiel aus der Praxis findet sich bei Jayme, FS Bosch, S. 459, 466. 192 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 114ff.; Wengler, NIW 1959, 127, 130; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 486ff.; Jayme, StAZ 1975, 91, 94; ders. IPRax 1984, 121, 124; Siehr, RabelsZ 34 (1970) 585, 629; s. auch von Hojfmann, IPRax 1982, 217, 222. Von der Übernahme der Lehre in das israelische Recht in jüngerer Zeit berichtet Siehr, RIW 1988, 909. 193 Geimer, IZPR RN 1075ff.; Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. III RN 209ff; Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 44ff. m. w. N.

B. Argumente zugunsten einer Generalklausel

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Eine jorum non conveniens-K.lausel erweist sich in solchen Fällen als flexibler als das gegenwärtige Zuständigkeitssystem194 • Sie eröffnet dem angerufenen Gericht Ermessen, seine an sich gegebene Zuständigkeit nicht auszuüben, und bietet so die Möglichkeit, der Verfahrensdurchführung vor dem besser geeigneten, alternativen Forum Vorrang zu gewähren. Die den starren Zuständigkeitsregeln zugrundeliegenden Zuständigkeitsinteressen könnten so im Einzelfall effektiver verwirklicht werden. Wahl sieht neben der Flexibilität die Einzelfallgerechtigkeit als Vorteil einer jorum non conveniens-K.lauseii 9S. Er meint "die Möglichkeit, in einem anderen Verfahren eine richtigere Entscheidung zu erhalten", sei wesentlich für die Erreichung des Prozeßzwecks. Diese Sichtweise ist nicht unproblematisch. Sie birgt die Gefahr, daß die Leichtigkeit des Verfahrens (convenience) dazu mißbraucht wird, materiell unterschiedliche Ergebnisse zu rechtfertigen, die sich aus einer Klagabweisung wegen Ungeeignetheit des angerufenen Gerichts aufgrund unterschiedlichen Kollisionsrechts ergeben können. Diese Gefahr besteht nicht nur theoretisch, wie die Erfahrungen mit der amerikanischen Rechtsprechung zeigen. 11. Begünstigung alternativer Gerichtsstände

In der Literatur herrscht die Auffassung vor, die jorum non conveniensLehre sei aus dem Bedürfnis heraus entstanden, zu weit geratene Zuständigkeiten einzuschränken. Auch wenn dies, wie oben gezeigt wurde, so nicht stimmt 196 , so läßt sich diese Sicht der jorum non conveniens-Lehre doch als Argument für die Lehre ummünzen. Eine Zuständigkeitsnorm läßt sich leichter bejahen, wenn man die Ausübung der in ihr angelegten Zuständigkeit notfalls ablehnen kann 197 • Die Lehre vom jorum non conveniens birgt damit nicht nur eine Beschränkung der klägerischen Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des Gerichtsstandes. Unter Umständen eröffnet sie dem Kläger auch neue Wahlmöglichkeiten. Erweitert der Gesetzgeber die internationale Zuständigkeit und eröffnet er gleichzeitig die Möglichkeit, die Ausübung dieser Zuständigkeit im Einzelfall abzulehnen, so kann die dem Kläger zustehende 194 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 35f.; ähnlich Wengler, AcP 165 (1965), 367, 368 und 370; Berger, RabelsZ 41 (1977) 39, 66f. 195 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 123. Ähnlich von Hojfmann, IPRax 1982, 217, 222, der der Lehre auch mit der Überlegung zuneigt, daß gegenwärtig das internationale Privatrecht dabei sei, die Alternative zwischen abstrakt-genereller und individuell-fallbezogener Schwerpunktbestimmung zu überwinden. 196 Vgl. oben S. 39f. 197 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 112; Blum, Forum Non Conveniens, S. 202f.

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

Rechtsverfolgungsgarantie besser verwirklicht werden, ohne das Schutzbedürfnis des Beklagten im konkreten Fall zu gefährden. 111. Problemlose Einfügung in das gegenwärtige Zuständigkeitssystem

Wahl wirbt für eine Übernahme derforumnon conveniens-Lehre mit dem Argument, eine solche Übernahme stelle lediglich eine sachgerechte Anwendung der Lehre vom Rechtsschutzbedürfnis im Bereich des internationalen Zivilprozesses dar198 . Wahl zufolge weist die Lehre vom Rechtsschutzbedürfnis unverkennbare Parallelen zur Lehrevomforum non conveniens auf. In beiden Fällen gehe es darum, dem Richter eine gewisse Entscheidungsfreiheit einzuräumen, um im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände eine Entscheidung hinsichtlich der Durchführung des vom Kläger angestrebten Verfahrens zu treffen. Auch das Ziel der beiden Lehren sei vergleichbar: beim Rechtsschutzbedürfnis gehe es um die Sicherung des Prozeßzwecks im Einzelfall, bei der Lehre vom forum non conveniens darum sicherzustellen, daß das einzelne Verfahren den "ends of justice" dienlich sei 199 . Angesichts dieser Parallelen meint Wahl, die Grundsätze vom forum non conveniens könnten Bestandteil der Lehre vom Rechtsschutzbedürfnis werden und plädiert für die Ausweitung des Anwendungsbereichs jener Lehre. Bisher werde das internationale Rechtsschutzbedürfnis allenfalls verneint, wenn der Kläger kein anerkennenswertes Interesse am Erlaß eines Urteils des angerufenen Gerichts aufzeigen kann, weil dessen Urteil allein im Ausland wirken soll, dort aber nicht anerkannt werden wird. Im internationalen Rechtsverkehr könne der Prozeßzweck aber auch auf andere Weise verfehlt werden als durch den Erlaß eines wirkungslosen Urteils200. Nach der allgemeinen Lehre vom Rechtsschutzbedürfnis fehlt diese Prozeßvoraussetzung, wenn der Kläger kein schutzwürdiges Interesse an einem Urteil hat, weil er sein Ziel vollständig auf billigerem und einfacherem Weg erreichen kann201 . Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einem Urteil ist nach Wahl darüber hinaus zu verneinen, wenn sich abzeichnet, daß ein Verfahren in Deutschland im Vergleich zu anderen Gerichtsständen nicht "als geeignet anzusehen ist, im konkreten Fall Prozeßökonomie, Verfahrens198 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 114f. Zustinunend Jayme, StAZ 1975, 91, 93; Graf, Internationale Verbundzuständigkeit, S. 80; ähnlich RGRK-Wengler Bd. VI/1, S. 331. Kritisch Eickhoff, Inländische Gerichtsbarkeit, S. 106; Hoyer, ZfRV 1977, 160. 199 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 119f. 200 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 120. 201 Zöller/Stephan, ZPO, vor § 253 RN 18.

Bo Argumente zugunsren einer Generalklausel

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gerechtigkeit und richtige Beurteilung des Sachverhalts zu gewährleisten "202 Nur wenn abzusehen sei, daß die angestrebte Entscheidung das "richtige Urteil" als Ergebnis eines gerechten Verfahrens sei, sei der staatliche Mitteleinsatz zur Verfahrensdurchführung gerechtfertigt203 0

0

Voraussetzung für die Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses ist auch, daß das einfachere Verfahren zum gleichen Ergebnis führt204 . Ausgehend von der These der Gleichwertigkeit der verschiedenen Rechtsordnungen stellt Wahl die Vermutung auf, "daß jede Rechtsordnung für jeden Sachverhalt gleichermaßen nach materieller Gerechtigkeit strebende Lösungen bereithält." Solange dies nicht widerlegt ist, soll Wahl zufolge so getan werden, als gelange das alternative Forum zum gleichen Ergebnis, wie ein deutsches Gericht20S. Denn andernfalls könne die Verneinung des internationalen Rechtsschutzbedürfnisses kaum praktisch werden206. Das von Wahl vorgeschlagene Verständnis des Rechtsschutzbedürfnisses ist problematisch. Zunächst ist zweifelhaft, ob tatsächlich das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers dadurch entfällt, daß ein ausländisches Gericht mit größerer Wahrscheinlichkeit ein "richtiges Urteil" fällt. Das Rechtsschutzbedürfnis kann kaum davon abhängen, ob sich im konkreten Fall das eine Gericht schwerer tut, eine richtige Sachentscheidung zu treffen, als das andere. Daß ein Gericht für seine Entscheidungsfindung größeren Aufwand treiben muß als ein anderes, läßt das Bedürfnis des Klägers nach Rechtsschutz grundsätzlich nicht entfallen. Das von Wahl vorgeschlagene Verständnis des Rechtsschutzbedürfnisses ist ferner zu kritisieren, da es die mitunter wesentlichen Auswirkungen eines Wechsels des anwendbaren Rechts bei Klage vor einem alternativen Forum nicht gebührend berücksichtigt. Grundsätzlich entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nur, wenn dem Kläger ein einfacheres und billigeres Verfahren zur Verfügung steht, mit dem er das gleiche Ziel erreichen kann. Ein Wechsel des anwendbaren Rechts hat nicht selten ein anderes materiell-rechtliches Ergebnis zur Folge. Soweit dies der Fall ist, kann nicht gesagt werden, die Möglichkeit eines Verfahren vor dem alternativen Forum lasse das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Denn dann kann das alternative Verfahren nicht mehr zum gleichen Ergebnis führen, wie das vom Kläger vor dem angerufenen Gericht begonnene Verfahren. Wahl beruft sich, um diesem Einwand zu begegnen, auf die Gleichwertigkeit der verschiedenen Rechtsordnungen. 202 Wahl. Verfehlte Zuständigkeit, So 1260 203 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, So 123fo 204 Zöller/Stephan, ZPO, vor§ 253 RN !So 205 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, So 1230 206 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, So 121.

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

Dieser Hinweis kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß seine Interpretation des internationalen Rechtsschutzbedürfnisses weit über den traditionellen Ansatz hinausgeht. Wenn Wahl behauptet, die Grundsätzevomforum non conveniens seien in der Lehre vom Rechtsschutzbedürfnis angelegt, so kann er dies nur tun, nachdem er dieser Lehre einen neuen Inhalt gegeben hat20 7 • Auf der anderen Seite wird von Wahl nicht überzeugend dargelegt, warum der "richtig verstandene" Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses eine ausreichende Grundlage dafür darstellen soll, ein dem Kläger unter Umständen nachteiliges Sachurteil des alternativen Forums rechtfertigen zu können. C. Einwände gegen eine Generalklausel I. Rechtsunsicherheit

Die Einführung von Ermessen im Bereich des Zuständigkeitsrechts bliebe nicht ohne Folgen für die RechtssicherheiL Wäre es dem Richter überlassen, die für die Zuständigkeitsfrage als relevant erachteten Interessen gegeneinander abzuwägen, so würde dies unvermeidbar zu Rechtsunsicherheit im Einzelfall führen208 • Die Rechtsunsicherheit muß zwar nicht einen Grad erreichen, der an Willkür denken läßt209• Es ist aber nicht zu übersehen, daß auch nach mehreren Jahrzehntenforum non conveniens-Rechtsprechung in den Vereinigten Staaten immer noch keine ausreichend klaren Kriterien für die forum non conveniens-Abwägung von Rechtsprechung oder Lehre entwickelt 207 Vgl. Kropholler. Handbuch des IZVR Bd I, Kap. III RN 208, der meint gegenüber dem Rechtsschutzbedürfnis sei die forum non convenien.r-Lehre ein aliud. Bedenken, ob das Institut des Rechtsschutzbedürfnisses geeignet ist, den Tätigkeitsbereich der inländischen Gerichte gegenüber den ausländischen abzugrenzen, äußert auch Marseher in Heldrich/Schröder, Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 10, 262. 208Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. 111 RN 209m. w. N.; Geimer, IZPR RN 1075; Zöller/Geimer, ZPO, IZPR RN 56; Schütze, IZPR, S. 39; Koh/er, FS Matscher, S. 251, 260f.; Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 45f.; Kralik, ZZP 89 (1976), 234f. S. auch Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. IIOf., der entgegenhält, auch durch feste Normen sei Rechtsunsicherheit nicht vollständig auszuräumen; im Ergebnis erkennt aber auch er an, daß die Rechtsunsicherheit bei der forum non convenien.r-Lehre größer ist. Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 488, meint, das Ermessen der Gerichte könne durch Konkretisierung der relevanten Interessen durch Rechtsprechung und Rechtswissenschaft "diszipliniert" werden. Geimer, FS Schwind, S. 23, macht darauf aufmerksam, daß sich die Rechtsunsicherheit u. U. auch auf Anerkennungsfälle erstreckt. Es stelle sich die Frage, ob der Richter, der über die Anerkennung bzw. Exequaturerteilung zu entscheiden habe, die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaates (=Erststaates) als Voraussetzung der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung anband generell-abstrakter Normen zu beurteilen habe, oder ob er eine forum non convenien.r-Prüfung zu berücksichtigen habe. 209 So die Sorge Geimers, IZPR RN 1075, der die Frage nach der Eignung des angerufenen Gerichts für "schlechthin nichtjustiziabel" hält; s. auch Zöl/er/Geimer, ZPO, IZPR RN 56.

C. Einwände gegen eine Generalklausel

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wurden, um von Rechtssicherheit in dieser Frage sprechen zu können. Anhaltspunkte dafür, daß für das deutsche Recht eine günstigere Prognose gestellt werden könnte, sind nicht in Sicht. Die Sorge über die Rechtsunsicherheit wird verstärkt, durch die nicht fernliegende Befürchtung, daß Gerichte in die Versuchung geraten könnten, sich komplizierter und lästiger Auslandsprozesse durch Klagabweisung zu entledigen21 0. Wahl stellt der Sorge um die mit einer Ermessensklausel einhergehende Rechtsunsicherheit das Argument gegenüber, die Rechtsunsicherheit zwinge den Kläger dazu, bei der Auswahl unter mehreren, verschieden geeigneten Gerichten ein klar geeignetes zu wählen, wenn er einer Klagabweisung vorbeugen wolle2 11 . Ob diese Hoffnung begründet ist, erscheint zweifelhaft. Zudem vermag diese Überlegung nicht zu rechtfertigen, daß auch der Beklagte im Ungewissen darüber sein kann, ob es zu einem umfassenden Prozeß mit abschließendem Sachurteil vor dem vom Kläger angerufenen Gericht kommen wird oder nicht. Die Entscheidung für Ermessen im Zuständigkeitsrecht bleibt allen beschwichtigenden Gegenargumenten zum Trotz zugleich eine "Wertentscheidung zugunsten der Rechtsunsicherheit" 212 . Diese Rechtsunsicherheit ist im amerikanischen Recht leichter erträglich, da das Zuständigkeitssystem der meisten Einzelstaaten nicht durch streng formalisierte Regeln geprägt ist, so daß die Rechtsunsicherheit, die mit der forum non conveniens-Lehre einhergeht, nicht so sehr ins Gewicht fallt. Anders verhält es sich in einer Rechtsordnung wie der deutschen, deren Zuständigkeitssystem durch klare und feste Regeln und weitestgehenden Verzicht auf normative Tatbestandsvoraussetzungen gekennzeichnet ist. Hier muß Rechtsunsicherheit unweigerlich als Systembruch empfunden werden213 ; sie ist dementsprechend weniger akzeptabel. Klare und sichere Zuständigkeitsregeln, wie sie das gegenwärtige Zuständigkeitssystem prägen2 14 , haben den unbestreitbaren Vorteil, daß in der Sache unergiebige Streitereien darüber vermieden werden, wo ein Sachurteil erstritten werden soll215 . Zudem schließen sie aus, daß die Zuständigkeit eines 210 Vgl. Geimer, FS Schwind, S. 22f.; Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I. Kap. III RN 211. 211 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 111. 212 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 111. 213 Schack, RabelsZ 58 (1994), 40, 45f. 214 Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 502. S. auch Schneider, Rev. int. dr. comp. 1975, 601, 641. 215 Vgl. insofern das Ping-Pong-Spiel zwischen den Instanzen im Fall lAcey v. Cessna Aircraft, der zu fünf veröffentlichten Entscheidungen über die forum non conveniens-Frage führte; zuletzt 932 F.2d 170 (3d Cir. 1991). 12 Dorsel

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

Gerichts durch das Verhalten des Beklagten nach Prozeßbeginn manipuliert werden kann216 . Daß dies nicht nur eine theoretische Sorge ist, zeigen die erwähnten Fälle der amerikanischen Praxis, in denen die Beklagten das jeweils angerufene Gerichtzumforum non conveniens machten, indem sie vor dem zunächst angerufenen Gericht ihre Haftung dem Grunde nach einräumten, um so die bessere Eignung des alternativen Forums herbeizuführen, von dem sie günstigere Urteile erhofften211 . II. Gebot des gesetzlichen Richters

Von einem Teil der Literatur wird die Ansicht vertreten, der in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verankerte Grundsatz des gesetzlichen Richters stehe der Einführung der Lehrevomforum non conveniens entgegen218 . Kropholler ist dieser Ansicht überzeugend entgegengetreten219 . Gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Diese Bestimmung fordert dem Verständnis des BVerfG zufolge, daß sich im Einzelfall möglichst eindeutig aus allgemeinen Normen ergibt, wer der gesetzliche Richter ist220 . Dies sei erforderlich, um der Gefahr vorbeugen zu können, daß die rechtssprechenden Organe durch Manipulierung sachfremden Ausflüssen ausgesetzt werden, und zwar gleichgültig, von welcher Seite die Manipulierung ausgeht221. Es ist bereits zweifelhaft, ob die im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens gegebene Möglichkeit des Richters, die eigene internationale Zuständigkeit abzulehnen, den Schutzbereich des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verletzt. Durch Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG soll in erster Linie eine Manipulation verhindert werden, die zu einer Richterverdrängung führt222 . Lehnt der angerufene Richter seine Zuständigkeit selbst ab, so fällt es schwer, von "Verdrängen" zu sprechen. Unabhängig von dieser Überlegung verlangt auch das BVerfG nicht, daß der Gesetzgeber den gesetzlichen Richter stets endgültig bestimmen muß. So hält es sowohl "bewegliche Zuständigkeiten" für zulässig als auch unbestimmte Rechtsbegriffe, solange diese nicht derart unbestimmt sind, daß 216 Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. ßi RN 209. 217 s. oben S. 82. 218 Geimer, IZPR RN 1075, ders., FS Schwind, S. 23; Schlosser,

IPRax 1983, 285f.; Schütze, DWiR 1991, 239, 242; MüKo-Patzina, § 12 ZPO RN 101. Zurückhaltend Schack. RabelsZ 58 (1994), 40, 45.

219 Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. III RN 210. 220 BVeifG (Urt. v. 16.1.1957- I BvR 134/56) BVerfGE 6, 45, 51. 221 BVeifG (Urt. v. 24.3.1964 -2 BvR 42, 83, 89/63) BVerfGE 17, 294, 299. 222von Münch/Kunig, GO-Kommentar 111, Art. 101 RN 3.

C. Einwände gegen eine Generalklausel

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sie gegen das Gebot der Nonnenklarheit verstoßen oder als unpraktikabel erscheinen223 . Angesichts dieser Vorgaben durch das BVerfG darf man davon ausgehen, daß der Grundsatz des gesetzlichen Richters nicht durch eine forum non conveniens-Lehre verletzt würde, wenn gesetzlich näher umschrieben würde, unter welchen Umständen ein Gericht die Ausübung seiner Zuständigkeit ablehnen darf224 . An die Stelle des richterlichen Ennessens träten allerdings unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Auslegung und Anwendung in der zweiten Instanz voll überprüfbar wären. 111. Justizgewährungsanspruch

Einige Autoren halten die Lehrevomforum non conveniens für unvereinbar mit dem Anspruch auf Justizgewährung225 . Grundlage des Anspruchs ist nach vorherrschender Ansicht das Rechtsstaatsprinzip226. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen. Da die eigenmächtige, gewaltsame Durchsetzung von Ansprüchen und Rechten grundsätzlich durch die staatlichen Ordnung verboten ist, hat der Staat Gerichte einzurichten und den Zugang zu diesen für jedennann in grundsätzlich gleicher Weise zu gewähren. Hier können die Parteien ihre Streitigkeiten in einem geordneten Verfahren austragen. Dem Verbot der Selbstjustiz steht ein Anspruch auf gerichtlichen Schutz gegenüber. Ob die Einführung einerforumnon conveniens-Lehre tatsächlich zur Versagung des Anspruchs auf Justizgewährung im Einzelfall führen kann, ist höchst zweifelhaft. Geht man von einer Generalklausel aus, die inhaltlich der amerikanischen Rechtspraxis nachgebildet ist, so scheidet ein Fall der Justizverweigerung schon deshalb aus, weil die amerikanische forum non conveniens-Lehre grundsätzlich die Verfügbarkeit eines alternativen Forums voraussetzt. Dem Anspruch auf Justizgewährung wird also wenigstens durch auslän223 BVetjV (Urt. v . 19.3.1959- I BvR 295/58) BVerfGE 9, 223, 226f., 229. 224 So im Ergebnis auch Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 489f.; Jayme, IPRax 1984, 303. Kropholler, Handbuch des IZVR Bd I, Kap. III RN 210, fragt, ob überhaupt eine forum non conveniens-Regel aufgestellt werden kann. die einerseits den Bestimmheitsanforderungen des BVetjV genügt, andererseits aber noch flexibel genug ist, um sachgerechtere Ergebnisse ermöglichen zu können als das gegenwärtige deutsche Recht. 225 Geimer, IZPR RN 1075; ders .• FS Nagel, S. 36, 46; Schlosser, IPRax 1983, 285f. A. A. Jayme, IPRax 1984, 303; Graf, Internationale Verbundzuständigkeit, S. 83f. S. auch Löber, IPRax 1986, 283. - Die Zulässigkeil derforumnon conveniens-Lehre wird, soweit diese Frage überhaupt diskutiert wird, in der amerikanischen Literatur nicht als verfassungswidrig angesehen. S. Blair, 29 Col. L. Rev. 1, 18 (1929). 226 BVetjV (Beschl. v. 13.3.1990- 2 BvR 94/88) NJW 1991 , 413; Geimer, IZPR RN 1075. Ein Teil der Literatur meint demgegenüber, der Anspruch sei Teil der materiellen Grundrechte, Schlosser, IPRax 1983, 285f.; dagegen Geimer, FS Schwind, S. 31.

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disehe Gerichte Genüge getan. Selbst wenn man bei einer deutschen Spielart der forum non conveniens-Lehre auf eine solche Voraussetzung verzichten wollte, so würde dies nicht bedeuten, daß im Einzelfall die Gefahr einer Justizverweigerung entstünde. Denn soweit ein Kläger keine Möglichkeit hat, ein Urteil im Ausland zu erstreiten, oder wenn keine Möglichkeit besteht, ein im Ausland erstrittenes Urteil im Inland anerkennen zu lassen, sind die Voraussetzungen für die Begründung einer Notzuständigkeit der deutschen Gerichte erfüllt227 • Rechtsverweigerung wäre auch in diesem Fall nicht zu befürchten. Zu fragen bleibt daher im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Justizgewährung nur, ob eine Partei möglicherweise einen Anspruch auf ein Sachurteil gerade durch ein deutsches Gericht hat228 . Dies wird man bei reinen Inlandsfällen annehmen müssen. Auf der anderen Seite ist aber klar, daß eine Allzuständigkeit der deutschen Gerichte für alle Streitigkeiten dieser Welt verfassungsrechtlich nicht vorgegeben ist. Vielmehr ist ein bestimmter Mindestinlandsbezug des Sachverhalts,·der Gegenstand der Klage ist, erforderlich, um einen Anspruch auf Justizgewährung auszulösen. Weitestgehend ungeklärt ist die Frage, wieviel Inlandsbezug erforderlich ist, um einen derartigen Anspruch entstehen zu lassen. Der Inlandsbezug, der einen verfassungsrechtlichen Justizgewährungsanspruch auslöst, ist wesentlich enger zu fassen, als der Inlandsbezug, jenseits dessen ein Tätigwerden der nationalen Gerichte als völkerrechtswidrig zu beurteilen ist229 . So ist die Staatsangehörigkeit der Parteien für sich keine ausreichende Grundlage, um einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Justizgewährung zu begründen230 ; das deutsche Recht stellt in Übereinstimmung mit dieser Beurteilung auch keine Auffangzuständigkeit für Klagen 227 Auf den Gesichtspunkt der Notzuständigkeit weist der BGH (Urt. v. 2.7.1991 - XI ZR 206/90) NJW 1991, 3092, 3094, in seiner Entscheidung zu § 23 ZPO hin, in der er das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des hinreichenden Inlandsbezugs in die Zuständigkeitsregelung des Vermögensgerichtsstands hineinlas. 228 Diese verfassungsrechtliche Frage unterscheidet sich von der völkerrechtlichen Frage, wann ein Staat als zuständig anzusehen ist, auf dem Gebiet der Gesetzgebung und Rechtsprechung tätig zu werden. S. dazu Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 766f. - Von der verfassungsrechtlichen Frage zu unterscheiden ist auch die Frage, inwieweit es rechtspolitisch wünschenswert ist, daß der Gesetzgeber im Ausland lebenden Staatsangehörigen den Zugang zu den Heimatgerichten eröffnet, wie dies beispielsweise in §§ 606a Abs. 1, 640a Abs. 2 geschehen ist; s. dazu Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 108. 229 Geimer. FS Schwind, S. 33f. Geimer versucht, den Inhalt des verfassungsrechtlichen Gebots der Justizgewährung näher zu bestimmen, ohne zu einem ihn befriedigenden Ergebnis zu gelangen, s. ebd. S. 34. -Zu dem Grad an lnlandsbezug, der ausreicht, um die Eröffnung von Gerichtsschutz als Interesse (nicht Pflicht) des Staates erscheinen zu lassen, vgl. Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. l06f. 230 So auch hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Klägers Geimer, FS Schwind, S. 34.

C. Einwände gegen eine Generalklausel

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deutscher Kläger oder gegen deutsche Beklagte zur Verfügung231. Auf der anderen Seite schließt fehlende Inländereigenschaft einen ausreichenden Inlandsbezug als Grundlage eines verfassungsrechtlichen Justizgewährungsanspruchs nicht aus232. Ähnlich wie bei der Staatsangehörigkeit verhält es sich hinsichtlich des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers oder Beklagten im Gerichtsstaat. Auch insofern ist nicht davon auszugehen, daß dieser zwingend einen hinreichenden Inlandsbezug vermittelt, um in jedem Fall eine Inlandszuständigkeit verfassungsmäßig zu garantieren233. Weniger eindeutig liegen die Dinge, wenn deutsches materielles Recht im konkreten Fall anwendbar ist. In einem solchen Fall, soll nach Ansicht einiger Autoren eine Pflicht bestehen, die deutschen Gerichte zur Durchsetzung dieses Rechts zur Verfügung zu stellen234 . Ob ein derartiger positiver Gleichlauf tatsächlich durch die Verfassung vorgegeben ist, muß bezweifelt werden. Zu recht weist Heldrieb darauf hin, daß die Interessen, die für die Anwendbarkeit eines bestimmten Rechts bzw. für die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts sprechen, häufig auf das Recht bzw. die Gerichte verschiedener Staaten deuten werden235 . So begründet die Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts genauso wenig zwingend einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Zugang zu den deutschen Gerichten, wie andererseits die Anwendbarkeit ausländischen Rechts einen solchen Anspruch nicht unbedingt ausschließt236 . Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß der Anspruch auf Justizgewährung der Einführung einer forum non conveniens-Lehre nicht entgegensteht. Die Fälle, in denen diese Lehre relevant wird, zeichnen sich durch große Rechts- und Sachfeme des angerufenen Gerichts aus. Trotz aller Schwierigkeiten, den Inhalt des Justizgewährungsanspruchs zu bestimmen, kann man davon ausgehen, daß in derartigen Fällen kein verfassungsrechtliches Gebot besteht, die Zuständigkeit gerade der deutschen Gerichte zu gewährleisten. 231 Anders das französische Recht in Art. 14 Code civil, wo eine Zuständigkeit zugunsten des französischen Klägers eröffnet wird. 232 Geimer. FS Schwind, S. 34. 233 Ebenso Geimer, FS Schwind, S. 36ff. Zurückhaltend insoweit anscheinend Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 106. Das begrenzte Gewicht, das Wohnsitz bzw. Aufenthalt hier beigemessen wird, bedeutet auch, daß der Grundsatz actor sequitur forum rei nicht verfassungsrechtlich garantiert ist.

234 Firsching, Einführung in das IPR, S. 126f. Ein entsprechendes Interesse des Staates sieht auch Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 111, ohne zugleich eine Pflicht des Staates anzunehmen, eine internationale Zuständigkeit zu eröffnen. 235 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, S. 110. 236 Geimer, FS Schwind, S. 35.

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Fehlt es an einem solchen Gebot, dann ist es unter dem Gesichtspunkt des Justizgewährungsanspruchs auch nicht verfassungswidrig, wenn eine einfachgesetzlich angeordnete Zuständigkeit aufgrund einer Generalklausel nicht ausgeübt wird. IV. Schranken des EuGVÜ und Lugano Übereinkommen

Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, daß die Anwendbarkeit des EuGVÜ (und die des LuganoÜ) die Klagabweisung wegen forum non conveniens-Erwägungen ausschließt (1.)237 . Umstritten ist die Vereinbarkeil von forumnon conveniens-Lehre und EuGVÜ bzw. Luganoü lediglich in Fällen, die nur zu einem Vertragsstaat und einem Drittstaat (Nichtvertragsstaat) Beziehungen aufweisen, nicht aber zu einem weiteren Vertragsstaat (2.). 1. Grundsätzliche Unzulässigkeil der forum non conveniens-Lehre im Rahmen der Übereinkommen

Für die grundsätzliche Unzulässigkeil der forum non conveniens-Lehre im Rahmen des EuGVÜ und Luganoü sprechen mehrere Argumente. Zunächst ist auf den Schlosser-Bericht zu verweisen. Dort kommt zum Ausdruck, daß die Unterhändler des Abkommens über den Beitritt des Vereinigten Königreichs zum EuGVÜ davon ausgingen, es bestehe eine Verpflichtung der Vertragsstaaten, eine nach dem EuGVÜ gegebene Zuständigkeit auch wahrzunehmen238. Dies folge bereits aus dem Gebot der RechtssicherheiL Darüber hinaus dürfe das Wahlrecht des Klägers hinsichtlich mehrerer zuständiger Gerichte, welches das EuGVÜ gewähre, nicht durch eine forum non conveniens-Lehre unterlaufen werden. Dem Bericht zufolge ist daher die Möglichkeit ausgeschlossen, daß sich ein angerufenes Gerichtzumforum non 237 Kohler, FS Matscher, S. 251, 260f.; ders., 34 l.C.L.Q. 563, 571 (1985); s. aber auch ders., in Schwind: Europarecht, IPR und Rechtsvergleichung, S. 125. 132f., wo die Ansicht geäußert wird, das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes der EU fordere eine systematische Korrekturmöglichkeit, um Störungen infolge forum shopping begegnen zu können; Schack, IPRax 1991, 270, 273f.; Geimer. FS Stiefel, S. 219, 232; ders., WM 1976, 830, 835f. ; Geimer/Schütze, Intern. Urteilsanerkennung Bd. U1, S. 283; Kropholler, Europ. ZPR, vor Art. 2 RN 19; ders. , FS Ferid, S. 239, 242; Jasper, Forumshopping in England und Deutschland, S. 77; MüKo-Gottwald, IZPR Art. 2 RN 9; Linke, IZPR. RN 198; Huber, RIW 1993, 977, 979f.; Trunk, Erweiterung des EuGVÜ-Systems, S. 9; Droz, Competence judiciaire, S. 128f.; Gaudemet-Tallon, Rev. crit. dr. int. pr. 1991, 491, 524; Kaye, J. Bus. L. 1992,47. 49; Byrne, EC Convention on Jurisdiction and Enforcement, S. 24; zurückhaltend Mennie, Jud. Rev. 1989, 150, 172. S. auch Juenger, FS Stein. S. 57, 67. 238Schlosser-Bericht, EG-ABI. 1979, C 59, S. 97, RN 78. S. auch Schlosser, IPRax 1983, 285.

C. Einwände gegen eine Generalklausel

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conveniens erklärt. Diese Schlußfolgerung kommt in der englischen Umsetzung des EuGVÜ leider nicht mit der wünschenswerten Klarheit zum Ausdruck. In sec. 49 des Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982 heißt es nämlich, daß die englischen Gerichte von ihren bisherigen Befugnissen, die ihnen durch die Lehre vom forum non conveniens eingeräumt worden sind, auch nach Inkraftttreten des EuGVÜ Gebrauch machen können, "where to do so is not inconsistent with the Convention of 1968." Weiteres Argument gegen die Zulässigkeit einer forum non conveniensLehre im Rahmen des EuGVÜ ist das Gebot der Einheitlichkeit der Anwendung der europäischen Zuständigkeitsnormen. Dieses Gebot fordert, daß das EuGVÜ einheitlich in allen Vertragsstaaten angewandt wird239 . Damit ist es nicht vereinbar, wenn die Gerichte einzelner Vertragsstaaten national-rechtliche Spielarten der forum non conveniens-Lehre im Anwendungsbereich des EuGVÜ berücksichtigen, andere aber nicht, da dies zwangsläufig zu einer uneinheitlichen Anwendung des Übereinkommens führen würde240 • Diese Gefahr läge bei Zulässigkeit der Berücksichtigung nationaler forum non conveniens-Lehren besonders nahe, da nur einige Vertragsstaaten diese Lehre in ihr nationales Recht aufgenommen haben24l. Die Unvereinbarkeit einer forum non conveniens-Lehre mit dem EuGVÜ ergibt sich schließlich auch aus der Überlegung, daß bei der Fassung der Zuständigkeiten des EuGVÜ die Funktion der Lehrevomforum non conveniens bereits aufgegriffen wurde, so daß grundsätzlich das Bedürfnis nach einer solchen Lehre im Anwendungsbereich des EuGVÜ gering ist, wenn es nicht sogar entfallt. Wie bereits ausgeführt, regelt das EuGVÜ die internationale Zuständigkeit mit Blick auf internationale Rechtsstreitigkeiten. Es unterscheidet sich damit von den national-rechtlichen Zuständigkeitsregeln beispielsweise des deutschen Rechts, die primär auf nationale Rechtsstreitigkeiten zugeschnitten sind und nur mangels spezieller Regelung der internationalen Zuständigkeit auch Anwendung auf grenzüberschreitende Streitigkeiten finden. Der Blickwinkel, der bei der Abfassung des EuGVÜ eingenommen wurde, ermöglichte es, diejenigen Interessen, die bei der forum non conveniens-Abwägung eingestellt werden, im vorhinein, d. h. bei der Formulierung der einzelnen Zuständigkeitstatbestände zu berücksichtigen. Auf diese Weise

239 EuGH (Rs. 228/82- Duijnstee/Goderbauer) EuGHE 1983, 3663 , 3674 RN 13. 240Kohler, FS Matscher, S. 251, 253; Huber, RIW 1993, 977, 979; Gaudemetfl'allon, Rev. crit. dr. int. pr. 1991 , 491 , 520f. 241 Dem Schlosser-Bericht, EG-ABI. 1979, C 59, S. 71 RN 76f., zufolge ist die Lehre nur im Vereinigten Königreich und in Irland akzeptiert. Über Ansätze im niederländischen Recht berichtet Verheul, (1986) 35 I.C.L.Q. 413, 417f.; praktische Anwendung findet die Lehre dort nur in wenigen Bereichen wie beispielsweise dem der elterlichen Sorge.

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

ist in der Regel sichergestellt, daß das gemäß EuGVÜ zuständige Gericht grundsätzlich ein forum conveniens ist242 • Die Unvereinbarkeit einer nationalen forum non conveniens-Lehre mit dem EuGVÜ ist unabhängig von dem Etikett, unter dem sie in das jeweilige nationale Recht Einzug hält. Auch wenn Wahl propagiert, die Idee der Lehre vom forum non conveniens in die Prozeßvoraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses aufzunehmen243, so ändert dies nichts an der Unvereinbarkeit eines solchen Vorgehens mit dem EuGVÜ, soweit dieses anwendbar ist. Zwar hat der EuGH entschieden, daß andere Prozeßvoraussetzungen als die der Zuständigkeit dem autonomen Prozeßrecht vorbehalten sind und nur die internationale Zuständigkeit vom EuGVÜ abschließend geregelt sei. Gleichzeitig stellt das Gericht aber klar, daß durch andere nationale Prozeßvoraussetzungen die Zuständigkeitsregeln des EuGVÜ nicht de facto unterlaufen oder beeinträchtigt werden dürfen244 . Gerade dies wäre aber die Folge, wollte man die Anforderung an das internationale Rechtsschutzbedürfnis im Sinne der forum non conveniens-Lehre erweitern.

2. Drittstaatenproblematik In seiner Entscheidung In re Harrods vertritt der britische Court of Appeal die Ansicht, die forum non conveniens-Lehre sei unter Umständen auch anwendbar, wenn sich die internationale Zuständigkeit der Gerichte aus dem EuGVÜ ergebe. Dies sei dann anzunehmen, wenn sich das alternative Forum in einem Drittstaat (Nichtvertragsstaat) befinde und keine Berührungspunkte zu einem anderen Vertragsstaat bestünden245 . Begründet wird dieser Standpunkt zum einen mit dem Hinweis darauf, daß das EuGVÜ nur die Beziehungen der Vertragsstaaten untereinander regele und seine Zielsetzung, ein zügiges und effektives Verfahren zur Urteilsanerkennung und -Vollstreckung bereitzustellen, nicht dadurch beeinträchtigt würde, daß ein englisches Gericht in Drittstaatenfällen seine Zuständigkeit nicht ausübe. Soweit nämlich ein englisches Gericht seine 242 Im Ergebnis ebenso Huber, RIW 1993, 977, 979f. 243 Wahl, Verfehlte Zuständigkeit, S. 119ff.; zustimmend Jayme, StAZ 1975. 91 , 93f. 244 EuGH (Rs. 365/88- Hagen/Zeehaghe) EuGHE 1990-1, 1845, 1865f. RN 17ff.

2451n re Harrods (Buenos Aires) l.Jd. , [1991] 3 WLR 397; dazu Briggs, 107 L.Q. Rev. 180 (1991); zustimmend Kaye, J. Bus. L. 1992, 47, 70ff., der allerdings eine starke Vermutung zugunsten der Eignung eines Gerichts als gegeben annimmt, wenn sich dessen Zuständigkeit aus dem EuGVÜ ergibt; kritisch North , IPRax 1992, 183, 184, und Jayme, IPRax 1992, 357f. Anders noch S &: W Berisford Pie. v. New Hampshire Ins. Co., [1990] 2 QB 631 ; Arkwright Mutual Ins. Co. v. Bryanston Ins. Co. l.Jd., [1990] 2 QB 649; dazu Collins, 106 L.Q. Rev. 535 (1990); Mennie, in Jayme: Internationales Zivilverfahrensrecht fiir Gesamteuropa, 173, 209f.

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Zuständigkeit nicht ausübe, erginge auch kein Urteil dessen Vollstreckung in anderen Vertragsstaaten sicherzustellen sei246 . Ferner führte das Gericht aus, Art. 2 EuGVÜ könne nicht ausnahmslos als zwingend angesehen werden. Wenn nämlich einem Gericht, dessen Zuständigkeit gemäß Art. 2 EuGVÜ gegeben sei, ausnahmslose untersagt sei, auf die Ausübung seiner Zuständigkeit zugunsten eines Drittstaates (Nichtvertragsstaates) zu verzichten, dann könne auch in Fällen ausländischer Rechtshängigkeit vor Gerichten eines Drittstaats und bei Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten eines Gerichts in einem Drittstaat nicht auf die Ausübung einer gemäß Art. 2 EuGVÜ gegebenen Zuständigkeit verzichtet werden247 . Die Position des Court of Appeal ist aus verschiedenen Gründen abzulehnen. Könnte ein Gericht auf die Ausübung der Zuständigkeit verzichten, die ihm durch das EuGVÜ eingeräumt wird, so würden dem Kläger die Vorteile genommen, die ihm das EuGVÜ sichern will, nämlich die problemlose Anerkennung und Vollstreckung eines Urteils aus einem Vertragsstaat. Die Ausübung gegebener Zuständigkeiten in Verbindung mit der Möglichkeit nachfolgender Anerkennung war der Hintergrund, vor dem die Bereitstellung exorbitanter Gerichtsstände in den einzelnen Vertragsstaaten aufgegeben wurde. Wäre sie nicht gewährleistet, würde eine Grundlage des EuGVÜ in Frage gestellt. Das EuGVÜ dient aber nicht nur der Erleichterung der Anerkennung von Entscheidungen der Gerichte eines Vertragsstaats. Es zielt auch auf die Vereinheitlichung der Regeln über die internationale Zuständigkeit der vertragsstaatlichen Gerichte248 • Es ist durchaus gerechtfertigt, das EuGVÜ als europäisches Einheitsrecht zu verstehen249 . Hierfür spricht u. a. die Parallele zum Römischen Übereinkommen über das auf Schuldverhältnisse anzuwendende Recht. Dieses Übereinkommen formuliert einheitliche Kollisionsnormen, die unabhängig davon gelten, ob ein Bezug zu einem Unterzeichnerstaat besteht oder nicht. Unterstützung erhält die hier vertretene Position durch eine jüngere Entscheidung des EuGH, in der der Gerichtshof davon Abstand nahm, für Art. 21 EuGVÜ ungeschriebene Anwendungs246[n re Harrods (Buenos Aires) l.Jd. , [1991]3 WLR 397, 416, 422; Collins, 106 L.Q. Rev. 535, 538f. (1990). 247 In re Harrods (Buenos Aires) l.Jd. , [1991]3 WLR 397, 416f. 248Huber, RIW 1993,977,982. 249 Geimer, IPRax 1991, 31, 33f.; Huber, RIW 1993, 977, 981; ähnlich mit Bezug auf Art. 17 EuGVÜ Kropholler, Europ. ZPR, Art. 17 RN 4; ders., FS Ferid, S. 239; Jayme, in: Schwind (Hrsg.), Europarecht, IPR, Rechtsvergleichung, S. 97, 101; ders. , IPRax 1992, 357; vgl. Kahler, FS Matscher, S. 251, 256ff.

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Voraussetzungen aufzustellen250 . Die Entscheidung kann als Hinweis gedeutet werden, daß der EuGH das EuGVÜ selbst als Einheitsrecht betrachtet251 . Daß der einheitsrechtliche Charakter des Übereinkommens nur im Verhältnis zu anderen Vertragsstaaten gelten soll, läßt sich aus Wortlaut, Systemtik und Zielsetzung des EuGVÜ nicht herleiten252 . Auch der Hinweis des Court of Appeal auf Fälle ausländischer Rechtshängigkeit vor Gerichten eines Drittstaats und auf Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten eines Gerichts in einem Drittstaat überzeugt nicht. Hinsichtlich der ausländischen Rechtshängigkeit erkennt das EuGVÜ in Artt. 21 ff. EuGVÜ eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Ausübung einer gegebenen Zuständigkeit an. Eine entsprechende Ausnahme stellt es aber hinsichtlich der weitergehenden forum non conveniens-Lehre nicht auf. Dementsprechend ist es zwar zulässig, wenn ein angerufenes Gericht die ausländische Rechtshängigkeit in einem Drittstaat nach Maßgabe des nationalen Rechts berücksichtigen wi11253 . Ein weitergehender Spielraum - etwa in Form der forum non conveniens-Lehre - bei der Frage, ob eine gegebene Zuständigkeit auszuüben ist, ist den Vertragsstaaten aber auch in reinen Drittstaatenfallen nicht einzuräumen254 . Auch die Berücksichtigung von Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten eines Vertragsstaates wird in Art. 17 EuGVÜ aus Respekt vor dem Willen der Parteien als Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Ausübung einer gegebenen Zuständigkeit anerkannt. In Anlehnung an diese Ausnahme berücksichtigt die h. M. auch die Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten von Drittstaaten und beurteilt deren Wirkung nach dem autonomen Recht des angerufenen Gerichts255 . Auch diese Ausnahme rechtfertigt es aber entgegen der Ansicht des Court of Appeal nicht, inforum non conveniens-Fällen nationales Recht anzuwenden. Denn das EuGVÜ liefert keinen Anhaltspunkt dafür, daß es auch die forum non conveniens-Lehre als Grundlage für eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Ausübung einer gegebenen Zuständigkeit anerkennen wi11256 . Auch in reinen Drittstaatenfallen ist daher die Anwendbarkeit der forum non conveniens-Lehre abzulehnen257 .

250 EuGH (Rs C- 351189- Overseas Union Ins. u.a.) EuGHE 1991-I, 33 17, 3348f. = IPRax 1993, 34. 251 Rauscher/Gutknecht, IPRax 1993, 21, 24; Huber, RIW 1993, 977, 981. 252 Vgl. Kohler, FS Matscher, S. 251, 257. 253 MüKo-Gortwald, IZPR Art. 21 RN I . 254Vgl. Huber, RIW 1993, 977, 983, Kohler, FS Matscher, S. 251, 259f. 255 Schlosser-Bericht, EG-ABI. 1979, C 59, S. 71; MüKo-Gortwald, IZPR Art. 17 RN 11; a. A. Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 467.

D. Schlußbemerkung

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D. Schlußbemerkung

Will man die widerstreitenden Argumente für und gegen die Einführung einer forum non conveniens-Klausel in das deutsche Zuständigkeitsrecht auf eine kurze Formel bringen, so kann man sagen, daß der Wunsch nach größerer Flexibilität im Einzelfall dem Wunsch nach Rechtssicherheit auf dem Gebiet der internationalen Zuständigkeitsregelung gegenübersteht. Ob man der Flexibilität oder der Rechtssicherheit Vorrang einräumen will, hängt letztlich davon ab, ob die Vorteile, die sich aus einer flexiblen Generalklausel im internationalen Zuständigkeitsrecht ergeben würden, schwerer wiegen als der Nachteil der RechtsunsicherheiL Beide Aspekte sind kaum quantifizierbar. Dennoch soll der Versuch einer Abwägung unternommen werden. Das Ergebnis sei vorweggenommen: Die Vorteile einer Generalklausel rechtfertigen das Abrücken von einem klaren und sicher anwendbaren Zuständigkeitssystem m. E. nicht. Fünf Jahrzehnteforum non conveniens-Rechtsprechung in den USA waren vonnöten, um die Lehre vom Vorwurf chaotischer Verhältnisse258 zu entlasten. Und dennoch wird die verbleibende Rechtsunsicherheit von vielen als unerträglich empfunden259 . Eine derforumnon conveniens-Lehre entsprechende Generalklausel im deutschen Recht dürfte kaum auf ein Wohlwollenderes Urteil hoffen können. Vom klaren gegenwärtigen Zuständigkeitssystem wird man daher nur abrücken wollen, wenn die erhofften Verbesserungen gravierend sind. Gerade dies aber erscheint zweifelhaft.

256Huber, RIW 1993,977, 982; im Ergebnis ebenso Kohler, FS Matscher, S. 251, 259f. 257 Die erörterte Drittstaatenproblematik erinnert an die umfangreiche Diskussion über den räumlich-persönlichen Anwendungsbereich des EuGVÜ in der deutschen Rechtsprechung und Literatur. Ygl. OLG München (Urt. v. 28.9.1989 - 24 U 391/87) IPRax 1991, 46 (zusammenfassende Darstellung der Argumente für eine restriktive Auslegung des EuGVÜ mit Blick auf dessen Art. 17); s. auch BGH (Urt. v. 12.10.1989- VII ZR 339/88) IPRax 1990,318. Gegen eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des EuGVÜ: Geimer, IPRax 1991, 31; Kropholler, Europ. IZPR, vor Art. 2 RN 2; Huber, RIW 1993, 977, 980ff.; Lorenz, IPRax 1990, 292, 295; Basedow, IPRax 1985, 133, 135; Jayme in Schwind (Hrsg.), Europarecht, IPR und Rechtsvergleichung, S. 97, 101f.; ders .• IPRax 1992, 357f.; Jayme/Kohler, IPRax 1992, 346f. - a. A. Schock, Internationales Zivilverfahrensrecht, RN 241; Piltz, NJW 1979, 1071, 1072; Samt/eben, NJW 1974, 1590ff. 258 Vgl. Ehrenzweig, Conflicts of Laws, S. 150 (1962), der vom "chaos offorum non conveniens" sprach. 259 Vgl. oben S. 123f.

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

Sicher sind Fälle denkbar, in denen es wünschenswert wäre, auf die Ausübung einer gegebenen Zuständigkeit zu verzichten260 . Ein starres Zuständigkeitssystem gerät mitunter in Widerspruch zu den ihm selbst zugrundeliegenden Zuständigkeitsinteressen261 . Dieses Problem ist aber eher theoretischer als praktischer Natur. Ein Bedarf an einer die Zuständigkeitsregeln korrigierenden Generalklausel, wie er in den Vereinigten Staaten besteht, ist in Deutschland nicht in gleichem Umfang gegeben. Dies liegt nicht etwa daran, daß die deutschen Zuständigkeitsregeln tatbestandlieh enger gefaßt wären. Vielmehr ist Grund hierfür in erster Linie der Umstand, daß das deutsche Recht wesentlich weniger klägerfreundlich als das amerikanische ist. So ist ein risikoloser Rechtsstreit angesichtsdes Verbots von contingency fees in Deutschland anders als in den USA nicht möglich. Auch hat der Kläger in einem Prozeß vor einem deutschen Gericht keine Möglichkeit, den Beklagten mit einem discovery-Verfahren zu überziehen262, das für sich allein nicht selten zur Vergleichsbereitschaft des Beklagten führt. Last but not least winken dem Kläger in Deutschland auch keine exorbitanten Schadensersatzsummen263. Daß ein Kläger in der Hoffnung auf prozessualrechtliche oder materiellrechtliche Vorteile einen ungeeigneten Gerichtsort wählt, ist daher im beklagtenfreundlichen Deutschland264 weniger wahrscheinlich als in den klägerfreundlichen USA265 . Die Aussichten auf ein besseres Ergebnis des Prozesses kann die Nachteile eines tatsächlich ungeeigneten Gerichtsstands nur selten aufwiegen. Dementsprechend sind die Fälle, in denen der Kläger sich an ein deutsches Gericht wendet, obwohl ein wesentlich sach- und rechtsnäheres Gericht in einem anderen Staat zur Verfügung steht, seltener als in den Vereinigten Staaten. Das Anwendungsgebiet für eine forum non conveniens-Klausel ist aber auch dadurch erheblich beschränkt, daß für eine solche Klausel im Anwendungsbereich des EuGVÜ und des noch nicht in Kraft getretenen Luganoü kein Platz ist. Diese Übereinkommen regeln die internationale Zuständigkeit auf 260 s. oben S. 169f. 261 Schock, RabelsZ 58 (1994), 40, 45. 262 Die grundlegenden Unterschiede zwischen deutschem und amerikanischem Recht allein in

diesem Punkt stellt Reitz, ZZP 104 (1991), 380, 381ff., anschaulich dar. Vgl. a. Juenger, RabelsZ 47 (1982) 708, 710f. 263 Eine im internationalen Vergleich auffällig vorteilhafte Ausgestaltung des Sachrechts ist in Deutschland auch in anderer Hinsicht kaum auszumachen. Vgl. aber Geddes, New L.J. 1988, 542f., der auf die verbraucherfreundliche Gesetzgebung im Bereich der Pharmaprodukthaftung in Deutschland hinweist. 264 Schlosser, IPRax 1992, 140. 265 Vgl. Lord Denning, M.R., in Smith Kline & French Loboratories Lid. v. Bloch, [1983] 2 All E.R. 72, 72 (C.A.): "As a moth is drawn to the light, so is a Iitigant drawn to the United States. If he can only get bis case into their courts, he stands to win a fortune. •

D. Schlußbemerkung

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dem Gebiet der Zivil- und Handelssachen bei Rechtsstreitigkeiten mit den wirtschaftlich und auch sonst aufs engste mit Deutschland verbundenen Nachbarländern und entziehen so einen Großteil der internationalrechtlichen Fälle der Regelbarkeil durch eine forum non conveniens-K.Iausel. Angesichts der rechtlichen Schranken für eine forum non conveniensK.Iausel und angesichts der im Vergleich zu den USA deutlich geringeren Wahrscheinlichkeit, daß ein deutsches Gericht trotz mangelnder Eignung mit einem Rechtsstreit befaßt wird, darf man davon ausgehen, daß die im deutschen Recht bereits vorhandenen Ansätze zur Lösung derartiger Problernfälle ausreichend sind und den Bedarf an einer deutschen Lehre vom forum non conveniens entfallen lassen. Die Rechtsprechung hat sich in den meisten kritischen Fällen, die in der Praxis auftraten, bisher zu helfen gewußt266 • Jüngst hat die Rechtsprechung einen vertretbaren Weg aufgezeigt, wie sich auch die als zu weit gefaßt empfundene Zuständigkeit, die aus § 23 ZPO abgeleitet wird, auf ein akzeptabel erscheinendes Maß begrenzen läßt. Als ungelöst sind allerdings die Fälle anzusehen, in denen die Zuständigkeit auf ein in Deutschland begangenes Delikt gestützt wird, obwohl ein wesentlich stärkerer Bezug zu einem anderen Land gegeben ist267 . Die Zahl dieser Fälle ist aber im Vergleich zu den USA aus den genannten Gründen verschwindend gering und stellt soweit ersichtlich kein ernsthafte Belastung für die Gerichte dar. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht ratsam, die Rechtssicherheit und -klarheit im Bereich des deutschen Zuständigkeitsrechts einer Lehre vom forum non conveniens zu opfern, deren praktischer Segen für die Gerichte als gering veranschlagt werden muß. Warnung vor einer Ergänzung des Zuständigkeitsrechts durch eine Generalklausel, die es erlaubt, auf die Ausübung einer gegebenen Zuständigkeit zu verzichten, sollte auch der Blick auf die Praxis der amerikanischen Bundesgerichte sein, die mitunter dem Verdacht einersachwidrig extensiven Anwendung derforumnon conveniensLehre unterliegt268. Ist erst einmal die Möglichkeit gegeben, sich unliebsamer Fälle zu entledigen, so entsteht die Gefahr, daß von ihr großzügiger als sachlich geboten Gebrauch gemacht wird. Dies kann, wie das amerikanische Beispiel zeigt, im Ergebnis soweit führen, daß Sachentscheidungen im Mantel einer prozessualen Klagabweisung getroffen werden269 .

266 s. oben S. 151ff. 267 s. oben S. 169. 268 s. oben S. 125. 269 s. oben S. 94.

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§ 10 Ergänzende Generalklausel

Trotz vereinzelter Unzulänglichkeiten, die man am deutschen Recht der internationalen Zuständigkeit auszusetzen haben mag, ist dieser Teil des Prozeßrechts aufgrund seiner Klarheit und der damit gewährleisteten Rechtssicherheit in seiner jetzigen Grundkonzeption erhaltenswert.

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14 Dorsel

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Verzeichnis der amerikanischen Entscheidungen

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Burger King Corp. v. Rudzewicz, 471 U.S. 462 (1985): 45, 47ff., 70 Burnham v. Superior Court, 495 U.S. 604 (1990): 43 Canada Malring Co. v. Patersan Steamships, 285 U.S. 413 (1932): 144, 323 Canadian Overseas Ores v. Companiade Acero del Pacifico, 727 F .2d 274 (2d Cir. 1984): 486 Capri Trading Corp. v. Bank Bumiputra Malaysia Berhard, 812 F. Supp. 1041 (N.D. Cal. 1993): 230, 261, 450 Carl Zeiss Stiftung v. V.E.B. Carl Zeiss, Jena, 293 F. Supp. 892 (S.D.N.Y. 1968), modified 433 F.2d 686 (2d Cir. 1970), cert. den. 403 U.S. 905 (1971): 244 Carlenstolpe v. Merck & Co., 819 F.2d 33 (2d Cir. 1987): 507 Chhawchharia v, Boeing Co., 657 F. Supp. 1157 (S.D.N.Y. 1987): 408 Clements v. Macauly, 4 Sess. Cas. M. 583 (1866): 94ff. Cliffs-Nedrill Tumkey Intern. v. Mfr Rich Duke, 734 F. Supp. 142 (D. Del. 1990): 468 Coakes v. Arabian Am. Oil Co., 831 F.2d 572 (5th Cir. 1987): 239 Coastal Steel Corp. v. Tilghman Wheelabrator Ltd., 709 F.2d 190 (3d Cir.1983), cert. den. 464 U.S. 938 (1983): 507 Cohens v. Virginia, 6 Wheat 264 (1821): 50 Contact Lumber Co. v. P.T. Moges Shipping Co. Ltd., 918 F.2d 1446 (9th Cir. 1990): 260, 290. 355, 360, 393 Conte v. Flota Mercantedel Estado, 227 F.2d 664 (2d Cir. 1960): 505 Coopers & Lybrand v. Livesay, 437 U.S. 463 (1978): 506 Cornelison v. Chaney, 16 Cal.3d 143; 545 P.2d 264 (1976): 66, 215 Cowan v. Ford Motor Co., 713 F.2d 100 (5th Cir. 1983): 517 Crimson Semiconductor, lnc. v. Electrnum, 629 F. Supp. 903 (S.D.N.Y. 1986): 229, 380 Cruz v. Maritime Co. of Phillippines, 702 F.2d 47 (2d Cir. 1983): 259 Cunningham v. Ford Motor Co., 413 F. Supp. 1101 (D.S.C. 1976): 266 Dahl v. United Technologies Corp., 472 F. Supp. 696 (D.C. Del. 1979), aff'd., 632 F.2d 1027 (3d Cir. 1980): 294 Damigos v. Flanders Compania Naviera, S.A., 716 F. Supp. 104 (S.D.N.Y. 1989): 467 David Tunick, lnc. v. Kornfeld, 813 F. Supp. 988 (S.D.N.Y. 1993): 339 Day & Zimmermann, lnc. v. Exportadora Salecedo de Elaboradoros de Cacao, S.A., 549 F. Supp. 383 (E.D. Penn. 1982): 267

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500

Ferruzzi ltalia, S.p.A. v. Trade & Transport, lnc., 683 F. Supp. 131 (D.C. Md. 1988): 309 Fiacco v. United Technologies Corp., 524 F. Supp. 858 (S.D.N.Y. 1981): 296 Fiorenza v. U.S. Steellntern., 311 F. Supp. 117 (S.D.N.Y. 1969): 238 Firemen's Ins. Co. v. Keating , 153 F. Supp. 1137 (S.D.N.Y. 1990): 367

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210

Verzeichnis der amerikanischen Entscheidungen

Hodson v. Rohins Co., 528 F. Supp. 809 (E.D. Va. 1980): 204 Hoes of America v. Hoes, 493 F. Supp. 1205 (D.C. Ill. 1979): 366 Hoffman v. Blaski, 363 U.S. 80 (1960): 224 Hopson v. Hopson, 221 F.2d 839 (D.C. Cir. 1955): 505 Hyde v. Stone, 61 U.S. (20 How.) 170 (1857): 50 In re Air Crash Disaster near New Orleans, 821 F.2d 1147 (5th Cir. 1987) (en banc): 205, 221, 260f., 288, 346, 445, 462, 475 In re Aircrash at Riyadh Airpon, 540 F. Supp. 1141 (D.D.C. 1982): 286, 329 In re Donald G. Atteberry v. Barclays Bank, 159 B.R. 1 (D.C. Kan. 1993): 292 In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disasterat Bhopal, India, in Dec., I984, 809 F.2d 195 (2d Cir.1987): 303, 496 In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disasterat Bhopal, 634 F. Supp. 842 (S.D.N.Y. 1986): 360 Inc. v. Costain Group PLC, 808 F. Supp. 1425 (E.D. Mo. 1992): 436 Intern. Housing Ltd. v. Rafidain Bank Iraq, 712 F. Supp. 1112 (S.D.N.Y. 1989): 466 International Shoe Co. v. Washington, 326 U.S. 310 (1945): 18, 20, 23ff., 34 Interpane Coatings, Inc. v. Australia and New Zealand Banking Group Ltd., 732 F. Supp. 909 (N.D. Ill. 1990): 332 Irish Nat. Ins. Co. v. Aer Lingues Teoranta, 739 F.2d 90 (2d Cir. 1984): 281, 545 Jeans v. Michell, 418 F. Supp. 730 (D.Minn. 1976): 252 Jeha v. Arabian American Oil Co., 751 F. Supp. 122 (S.D. Tex. 1990), aff'd. 936 F.2d 569 (5th Cir. 1991): 416 Jennings v. Boeing Co., 660 F. Supp. 796 (E.D. Pa. 1987), aff'd. 838 F.2d 1206 (3d Cir. 1988): 76, 87, 270, 281, 330, 416, 501 Keeton v. Hustler Magazine, Inc., 104 S.Ct. 1473 (1984): 493 Kempe v. Ocean Drilling and Exploration Co., 876 F .2d 1138 (5th Cir. 1989): 261 Kloeckner Reederei v. AIS Hakedal, 210 F.2d 754 (2d Cir. 1954): 160 Kontoulas v. A.H. Robinson Co., 745 F.2d 312 (4th Cir. 1984): 447,508 Koster v. Lumbermens Mutual Co., 330 U.S. 518 (1947): 149, 153, 211, 311 Kryvicky v. Scandinavian Airlines, 807 F.2d 514 (6th Cir. 1986): 393

Verzeichnis der amerikanischen Entscheidungen

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Kulko v. Superior Court, 436 U.S. 84 (1978): 40, 54, 63 La Seguridad v. Transytur Line, 707 F.2d 1304 (11th Cir. 1983): 288, 393 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 674 F. Supp. 10 (W.D. Pa. 1987): 537 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 717 F. Supp. 365 (W.D. Pa. 1989): 537 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 736 F. Supp. 662 (W.D. Pa. 1990): 423, 474, 537 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d 38 (3d Cir. 1988): 453, 475, 537 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 932 F.2d 170 (3d Cir. 1991): 495, 537 Lake v. Richardson-Merrel, lnc., 538 F. Supp. 262 (D.C. Ohio 1982): 387 Lau v. Chicago & N. W. Ry, 111 N.W.2d 158 (1961)= 66 Ledingham v. Parke-Davis Div. of Warren-Lambert Co., 628 F. Supp. 1447 (E.D.N.Y. 1986): 270 Lehman v. Humphrey Cayman, Ltd., 713 F.2d 339 (8th Cir. 1983): 311 Lockman Found. v. Evangelical Alliance Mission, 930 F.2d 764 (9th Cir. 1991): 240, 261 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co., 886 F.2d 628 (3d Cir. 1989): 434, 439, 445, 518 Lony v. E.l. Du Pont de Nemours & Co. , 935 F.2d 604 (3d Cir. 1991): 87, 269,273,285,346,411,518 M/S Bremen v. Zapata Off-Shore Co., 407 U.S. 1 (1972): 365, 441 MacDonald v. Mabee, 243 U.S. 90 (1917): 11 Macedo v. The Boeing Co., 693 F.2d 683 (7th Cir. 1982): 297 Maganlal & Co. v. M.G. Chemical Co., 942 F.2d 164 (2d Cir. 1991): 220 Manu Intern. v. Avon Products, lnc., 641 F.2d 62 (2d Cir. 1980): 311 Maritima Aragua v. MtrTrade Resolve, 823 F. Supp. 143 (S.D.N.Y. 1993): 281 Marquest Medical Products v. EMDE Corp., 496 F. Supp. 1242 (D. Colo. 1980): 204 Marriott v. Sedco Forex Intern Resources, Ltd, 827 F. Supp. 59 (D. Mass 1993): 235 Mason v. Ship Blaireau, 2 Cranch 240 (U.S. 1804): 55 McClelland Engineers, lnc. v. Munusamy, 784 F.2d 1313 (5th Cir. 1986): 259, 394 McGee v. International Life lnsurance Co., 355 U .S. 220 (1957): 32, 48 Mediterranean Golf, lnc. v. Hirsh, 783 F. Supp. 835 (D.N.J. 1991): 452

212

Verzeichnis der amerikanischen Entscheidungen

Mercier v. Sheraton Intern., 935 F.2d 419 (1st Cir. 1991): 221, 265, 315, 418, 518 Mercier v. Sheraton Intern., 981 F .2d 1345 (1st Cir. 1992): 87, 232, 336, 345, 404, 494, 518 Mercury Coal & Coke, Inc. v. Mannesmann, 696 F.2d 315 (4th Cir. 1982): 366 Meredith v. Winter Haven, 320 U.S. 228 (1946): 147 Milliken v. Meyer, 311 U.S. 457 (1940): 14 Miskow v. Boeing Co., 664 F.2d 205 (9th Cir. 1981): 269, 273 Mizokami Bros. of Arizona lnc. v. Baychen Corp., 556 F.2d 975 (9th Cir. 1977): 290 Mobil Tankers Co. v. Mene Grande Oil Co., 363 F.2d 611 (3d Cir. 1966): 240 Mowrey v. Johnson & Johnson, 524 F. Supp. 771 (D.C. Pa. 1981): 468 Mullane v. Central Hanover Bank & Trust Co., 339 U.S. 306 (1950): 31 Munsell v. La Brasserie Molson, 618 F. Supp. 1383 (D.C.N.Y. 1985): 357 Murty v. Aga Khan, 92 F.R.D. 478 (E.D.N.Y. 1981): 240, 320 Naviera v. Cementos del Valle, 159 F.2d 1027 (2d Cir. 1985): 254 Needham v. Phillips Petroleum Co. of Norway, 719 F.2d 1481 (10th Cir. 1983): 396 Neo Sack v. Vinmar Impex, Inc., 810 F. Supp. 829 (S.D. Tex. 1993): 87, 237,240,288,348 Nieves v. American Airlines, 169 (S.D.N.Y. 1988): 467 Nolan v. Boeing Co., 919 F.2d 1058 (5th Cir. 1990): 267, 351 North Branch Products v. Fisher, 284 F.2d 611 (D.C. Cir. 1960): 481 Norwood v. Kirkpatrick, 349 U.S. 29 (1955): 187 Odita v. Eider Dempster Lines, 286 F. Supp. 547 (S.D.N.Y. 1968): 238 Olberding v. lllinois Central R.R. , 346 U.S. 338 (1938): 17 Opert v. Schmid, 535 F. Supp. 594 (S.D.N.Y. 1982): 320 Ott v. Kaiser Georgetown Community Health Plan Inc. , 689 F. Supp. 9 (D.D.C. 1988): 253 Overseas National Airways, Inc. v. Cargolux Airlines Intern., 712 F.2d 11 (2d Cir. 1983): 344 Pain v. United Technologies Corp., 637 F.2d 775 (D.C. Cir. 1980): 284, 286,298, 302, 331,395,445,501 Panaconti Shipping Co. v. MIV Ypapanti, 865 F.2d 705 (5th Cir. 1989): 480

Verzeichnis der amerikanischen Entscheidungen

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Paper Operations Consultants Intern., Ltd v. S.S. Hong Kong Amber, 513 F.2d 667 (9th Cir. 1975): 415 Panrderiet Treasure Saga v. Joy Mfg. Co., 804 F.2d 308 (5th Cir. 1986): 507 Peabody Holding Co., Inc. v. Costain Group PLC, 808 F. Supp. 1425 (E.D. Mo. 1992): 436, 561 Pennoyer v. Neff, 95 U.S. 714 (1878): 7ff. Phoenix Canada Oil Co. Ltd v. Texaco Inc., 78 F.D.R. 445 (D.C. Dei. 1978): 379 Piper Aircraft v. Reyno, 454 U.S. 235 (1981): 73f., 87, 163ff., 209, 219, 230,251,274,282,303,311,351,373,388,408,437,487,513 Polar Shipping Ltd. v. Oriental Shipping Corp., 680 F.2d 627 (9th Cir. 1982): 366 Proyecfin de Venzuela v. Banco Industrial de Venezuela, 760 F .2d 390 (2d Cir. 1985): 261, 481 Quintero v. Klavenes Ship Lines, 914 F.2d 717 (5th Cir. 1990): 393 Raffaele v. Compagnie Generale Maritime, 707 F.2d 395 (9th Cir. 1983): 396,407 Rasoulzadeh v. Associated Press, 574 F. Supp. 854 (S.D.N.Y. 1983): 244 Reid-Walen v. Hansen, 933 F.2d 1390 (8th Cir. 1991): 285, 335, 352, 390 Republic of Philippines v. Marcos, 806 F.2d 344 (2d Cir. 1986): 264 Reyno v. Piper Aircraft Co., 479 F. Supp. 727 (D.C. Pa. 1979): 165, 339 Reyno v. Piper Aircraft Co., 630 F.2d 149 (3d Cir. 1980): 166, 374 Richmond v. J. A. Croson Co. , 488 U.S. 469 (1989): 278 Rini v. N. Y. Central RR. Co., 240 A.2d 372 (Pa. 1968): 420 Rivendell Forest Products v. Canadian Pacijic, 2 F.3d 990 (10th Cir. 1993): 396 Rogers v. Guamty Trust Co., 288 U.S. 123 (1933): 144 Rolls Royce, Ltd. v. Gayman Airways, Ltd., 617 F. Supp. 17 (S.O. Fla. 1985): 355 Rosenstein v. Merrell Dow Pharmaceuticals, 769 F.2d 352 (6th Cir. 1985): 507 Royal Bed & Spring v. Famossul Industria e Comercia, 906 F.2d 45 (Ist Cir. 1990): 366 Roynat, Inc. v. Richmond Transport Corp., 772 F. Supp. 417 (S.O. Ind. 1991): 458, 470

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Verzeichnis der amerikanischen Entscheidungen

Rudetsky v. O'Dowd, 660 F. Supp. 341 (E.D.N.Y. 1987): 238, 333, 390 Rush v. Savchuk, 444 U.S. 320 (1980): 40 Scherk v. Alberto-Culver Co., 417 U.S. 506 (1974): 368 Schexnider v. McDermott Intern., Inc., 817 F.2d 1159 (5th Cir. 1987): 398 Shaffer v. Heitner, 433 U.S. 186 (1977): 36, 38f., 432 Shephard Niles Grane & Hoist Corp. v. Fiat, S.p.A., 84 F.D.R. 299 (W.D.N.Y. 1979): 327 Sherrill v. Brinkerhoff Maritime Drilling, 615 F. Supp. 1021 (D.C. Cal. 1985): 220 Sibaja v. Dow Chemical Co., 757 F.2d 1215 (11th Cir. 1985): 269, 273, 540 Sigalas v.Lido Maritime, Inc., 776 F.2d 1512 (11th Cir. 1985): 260 Sirnon v. Silfen, 247 F. Supp. 762 (S.D.N.Y. 1965): 253 Stangvik v. Shiley Inc., 819 P.2d 14 (1991): 312 Summit, Ltd v. Levy, 660 F. Supp. 708 (S.D.N.Y. 1987): 477 Sussman v. Bank of Israel, 801 F. Supp. 1068 (S.D.N.Y. 1992): 291, 322 Szumlicz v. Norwegian Am. Line, 698 F.2d 1192 (11th Cir. 1983): 505 Thomson v. Palimeri, 355 F.2d 64 (2d Cir. 1966): 562 Torr,eblanca de Aguilar v. Boeing Co., 806 F. Supp. 139 (E.D. Tex. 1992): 231, 235 Transunion Corp. v. Pepsico, 1nc., 640 F. Supp. 1211 (S.D.N.Y. 1986): 261,270,357 Transunion Corp. v. Pepsico, Inc., 811 F.2d 127 (2d Cir. 1987): 261 United States v. E.I. Du Pont de Nemours & Co., 87 F. Supp. 9962 (N.D. Ill. 1950): 424 Update Art, Inc. v. Maariv Israel Newspaper, Inc., 635 F. Supp. 228 (S.D.N.Y. 1986): 334, 455 Van Cauwenberghe v. Bia~d, 486 U.S. 517 (1988): 509 Van Dusen v. Barrack, 376 U.S. 612 (1964): 168, 189, 382, 539, 558 Vaz Borra/ho v. Keydril Co., 696 F.2d 379 (5th Cir. 1983): 285, 349, 396, 488 Veba-ChemieA.G. v. MIVGetafix, 711 F.2d 1243 (5thCir. 1983): 223, 248 Villar v. Crowley Maritime Corp. , 782 F.2d 1478 (9th Cir. 1986): 399 Volkswagen of America, Inc. v. S.S. Silver Isle, 257 F. Supp. 562 (N.D. Ohio 1966): 161 Walpex Trading 1-1. Yaciminientos Petrliferos, 712 F. Supp. 383 (S.D.N.Y. 1989): 244

Veneichnis der amerikanischen Entscheidungen

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Weiss v. Glemp, 792 F. Supp. 215 (S.D.N.Y. 1992): 87, 269, 417 Williams v. Green Bay & W.R.R., 326 U.S. 549 (1946): 144 Wilson v. Humphreys Cayman Ltd., 916 F.2d 1239 (7th Cir. 1990): 511 World-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 U.S. 286 (1980): 25, 34, 40f., 49 Zeidenberg v. Polly Peck lnt'l. Plc., 1992 WL 178626 (S.D.N.Y. 1992) (nicht im F. Supp. Reporter veröffentlicht): 486 Zipfel v. Halliburton, 820 F.2d 1438 (9th Cir. 1987): 259

Sachregister

Abuse of process 43, 50, 104 Actor sequitur forum rei 103 Admirality 33f. Anwendbares Recht 96ff., 153 Beweismittel 81ff. Change of venue, 28 U .S.C. § 1404(a) 54ff., 68, 93f., 110, 126, 131 Contingent fee 38, 65, 95, 193 Convenience 27, 29, 37, 47 Counter injunction 171f. Deference 103f. Derogation 89f., 148, 170 Discovery, pretrial38, 65, 84,f., 115, 193 Dismissal110ff. Doppelfunktionalität der örtlichen Zuständigkeit 134f. Drittstaatenproblematik 189ff. Due process 24, 28, 65 Einzelfallgerechtigkeit 176 England 43ff. - "order 11" 45f. Equity 33f., 48f. Ermessen 33ff., 102ff., 176 -Schranken des Ermessens 106ff. EuGVÜ 137ff., 186ff., 194 Faimeß 26, 27, 32

Forum non competens 41 Forum non conveniens 35ff. -Verhältnis zujurisdiction 39ff. Forum shopping 38 - reverse forum shopping 78 Freiwillige Gerichtsbarkeit 154ff. Generalklausel 194 Gerichtsstand -alternativer 61ff., 177 - exorbitanter 39 Gerichtsstandsvereinbarungen 88ff., 95, 147f., 169ff. Gesetzlicher Richter 182f. Gleichlauftheorie 157ff. Handlungsort 80f. lmpleader 86f. Inlandsbezug 21, 162, 165ff. Interessenahwägung 71f. Jurisdiction 23ff., 60f. - attachment 25, 29 - general 32 -in personam 25, 26, 28f. - in rem 25, 29, 70 - judicial 23, - minimum contacts 26f, 29 -power 25, 30 - quasi in rem 25, 29 - specific 32 - subject-matter 23 - territorial 23

Sachregister

Jury 38 Justizgewährungsanspruch 183ff. Klagabweisung llOff. -bedingte 65, 77, 113ff. - einfache 113 Kosten 116, 135 Lis Alibi Pendens 43, 87 Long arm statutes 28 Luganoü 137ff., 186ff., 194 MSA 151f. Nationalität 73ff. Perpetuatio fori 155 Produkthaftung 40, 76, 127 Prorogation 90f., 147, 170f. Punitive damages 63, 83

Rechtsmißbrauch, s. a. abuse of process 95, 130, 167f. Rechtsmittel 119ff., 125 Rechtsschutzbedürfnis 178ff. Rechtsunsicherheit 123f., 180ff., 192 Schadensersatz 38, 193 Schottland 41 ff. Sua sponte dismissalll2f. Transient rule 40 Urteilsanerkennung 88 Verfahrenskonzentration 86ff. Verjährung 62, 93, 115 Vollstreckbarkeit 87f.

Reasonableness 26, 28, 30, 35, 89

Wandel des anwendbaren Rechts 52f., 55, 91ff., 98 Wohnsitz 79f.

Rechtshängigkeit, anderweitige 148ff., 168f., 191

Zuständigkeit 133ff. -ausschließliche 140ff.

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