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German Pages 288 [289] Year 1972
Vadim Nikolajew Forschung und Entwicklung im Imperialismus
Vadim Nikolajew
Forschung und Entwicklung im Imperialismus
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1972
Das 1. Kapitel wurde von Dr. K.-H. Heise, Berlin, verfaßt
Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Copyright 1971 by Akademie-Verlag GmbH Lektor: Dieter Graf Umschlaggestaltung: Karl Salzbrunn Lizenznummer: 202 • 100/276/71 Herstellung: IV/2/14 VEB Druckerei „Gottfried Wilhelm Leibniz", 445 Gräfenhainichen/DDR • 3635 Bestellnummer: 5905 • ES 5 B 2 ED\f: 751 981 1 18,-
Inhaltsverzeichnis
I. Staatsmonopolistische Forschungspolitik — ihre Zielsetzungen und Grundlagen (Dr. K.-H. Heise) 1. 2.
Forschungsstrategie — Ausdruck imperialistischer Aggressivität und Expansion Zur Rolle der staatlichen Forschungspolitik im Prozeß der Kapitalverwertung
II. Die staatsmonopolistische Regulierung und Kontrolle der Forschung und Entwicklung 1. 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5. 2.
Der Mechanismus der staatlichen Beeinflussung der wissenschaftlichen Forschung USA Großbritannien Westdeutschland Frankreich Japan Das staatsmonopolistische Instrumentarium
III. Aufwendungen und Personal in Forschung und Entwicklung 1. 2.
Die Dynamik der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und des Personals Verschiedene Zielsetzungen für die Durchführung der Forschung und Entwicklung
IV. Forschung und Entwicklung und die Entwicklung der Industrie . . . 1. 2.
7 8 26
35 38 38 48 55 64 72 77 101 101 115 133
Die Verteilung der Forschung und Entwicklung in der Industrie Zur Konzentration der Forschung und Entwicklung
133 146
V. Forschung und Entwicklung und Prognosen der Entwicklung von Wissenschaft und Technik
167
VI. Zu den Auswirkungen der Forschung und Entwicklung auf das ökonomische Wachstum führender kapitalistischer Industrieländer . . . . . .
205
1.
Differenzierte Auswirkungen der Forschung und Entwicklung auf das ökonomische Wachstum führender kapitalistischer Industrieländer 218
5
1.1. Zu einigen Unterschieden im Wachstum zwischen den U S A und anderen führenden kapitalistischen Ländern
218
1.2. Zu einigen Unterschieden im Wachstum zwischen anderen führenden kapitalistischen Industrieländern 2.
226
Die Verallgemeinerung der Beziehungen zwischen der Forschung und Entwicklung und dem ökonomischen Wachstum
232
2.1. Prozesse der Erweiterung und Substitution in der Entwicklung der Volkswirtschaft eines kapitalistischen Industrielandes
237
2.2. Die Entwicklung des physischen und wertmäßigen Produktionsvolumens
241
2.3. Veränderung des Anteils der Zwischenproduktion
242
3.
243
Zusammenfassung
Schlußbemerkungen
247
Anlagen
253
6
I.
Staatsmonopolistische Forschungspolitikihre Zielsetzungen und Grundlagen
Von Jahr zu Jahr schwillt in den hochentwickelten kapitalistischen Ländern die Flut wissenschaftlicher Abhandlungen zu Fragen der Forschung und Entwicklung weiter an. Es gibt kaum ein anderes Gebiet imperialistischer Wirtschaftspolitik, das in der letzten Zeit einen solch breiten Strom von Analysen, Empfehlungen, Gutachten, Entgegnungen, Appellen und Forderungen auslöste wie gerade der wissenschaftlich-technische Sektor, dem innerhalb des staatsmonopolistischen Herrschaftsgefüges immer mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Aber ebenso lawinenartig weitete sich die. staatliche Aktivität auf dem wissenschaftlich-technischen Gebiet aus, die sich keineswegs in den rapide anwachsenden staatlichen Aufwendungen erschöpft, sondern sich mehr und mehr auf eine qualitativ höherwertige Nutzung des Forschungspotentials erstreckt. So nimmt es denn nicht wunder, wenn die Kette regierungsamtlicher Verlautbarungen zur Forschungspolitik nicht abreißt, ganz gleich, ob es sich nun um Forschungsberichte, Schwerpunktprogramme, Sonderforschungsbereiche, Großforschungsvorhaben oder um Fragen der Forschungsplanung handelt, bei denen vornehmlich strategische Gesichtspunkte sowie entsprechende räumlich-zeitliche Dimensionen im Mittelpunkt stehen. Auf die Zukunft orientierte forschungsstrategische Konzeptionen stehen hoch im Kurs, glaubt man doch, auf ihrer Basis der zunehmenden Irrationalität kapitalistisch determinierter Forschungsziele entgegenwirken und so der Forschungspolitik rationellere Züge verleihen zu können. Alle diese Anstrengungen imperialistischer Staaten, ihr Forschungspotential auszubauen, zu intensivieren und effektiver auszunutzen, resultieren aus den Bedingungen, unter denen sich gegenwärtig der Imperialismus entwickelt. Er steht unter dem Zwang, sein System, das schon längst nicht mehr dem Entwicklungsniveau der modernen Produktivkräfte entspricht, soweit den Anforderungen der wissenschaftlich-technischen Revolution anzugleichen, wie das im Rahmen des staatsmonopolistischen Systems möglich ist. So sind die imperialistischen Staaten bemüht, den systemimmanenten Schranken in der Entwicklung der Wissenschaft zu begegnen und ihr Herrschaftssystem möglichst mit den objektiven Er7
fordernissen der Wissenschaft in Einklang zu bringen. Sie sehen sich dazu um so stärker veranlaßt, als die qualitativ neue Funktion der Wissenschaft, nämlich ihre Schlüsselstellung im Prozeß der wissenschaftlich-technischen Entwicklung, stetig wächst und so das wissenschaftlich-technische Entwicklungsniveau immer maßgeblicher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes bestimmt. Forschung und Entwicklung erweisen sich zusehends als wichtige Voraussetzung des intensiven wirtschaftlichen Wachstums. Diese inneren Prozesse des Imperialismus sind aufs engste mit der weltweiten Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus verknüpft, in deren Verlauf sich das Kräfteverhältnis zusehends zugunsten des Sozialismus verändert. Wie Leonid Breshnew dazu auf der Internationalen Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien 1969 in Moskau bemerkte, lassen sich viele wesentliche Merkmale des Imperialismus damit erklären, „daß er gezwungen ist, sich den neuen Bedingungen, den Bedingungen des Kampfes der zwei Systeme anzupassen . . . Die Politik des Imperialismus wird in immer größerem Maße durch die Klassenziele des gemeinsamen Kampfes gegen den Weltsozialismus, gegen die nationale Befreiungsrevolution und die Arbeiterbewegung bestimmt." 1
1.
Forschungsstrategie — Ausdruck imperialistischer Aggressivität und Expansion
Angesichts dieser für das Monopolkapital neuen strategischen Situation geht der Imperialismus dazu über, „gewissermaßen die Flucht nach vorn" anzutreten. „Er will — gestützt auf seinen historisch bedingten, zeitweiligen ökonomischen Vorsprung — seine wachsende Aggressivität mit ökonomischer Leistungskraft untermauern. Er setzt Wissenschaft und Technik im großen Stil als entscheidende Waffe im ökonomischen, politischen und militärischen Ringen der beiden Weltsysteme ein. Er will aus der Defensive herauskommen und ist bestrebt, das internationale Kräfteverhältnis zu seinen Gunsten zu verändern." 2 Der Imperialismus steht dabei vor der unlösbaren Aufgabe, sein ökonomisches, militärisches und politisches Machtpotential gleichzeitig an mehreren Fronten einzusetzen: für die Auseinandersetzung mit dem Sozialismus, für die Eindämmung der nationalen Befreiungsbewegung, für die Unterdrückung der eigenen Arbeiterklasse sowie für den sich zu1 L. I. Breshnew: Für die Festigung des Zusammenschlusses der Kommunisten — für einen neuen Aufschwung des antiimperialistischen Kampfes, Berlin 1969, S. 7/8. 2 W. Ulbricht: Festigen wir die Einheit der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung, stärken wir den Internationalismus! Berlin 1969, S. 11/12.
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spitzenden Konkurrenzkampf zwischen den imperialistischen Staaten. In dem Maße, wie die imperialistischen Mächte ihre ausweglose strategische Lage in Form neuer tiefgreifender Erschütterungen ihres Herrschaftssystems zu spüren bekommen, offenbart sich die Tendenz, mit gesteigerter Aggressivität auf den Zerfallspro^eß des Kapitalismus zu reagieren. Forschung als Mittel militärischer
Machtpolitik
In den führenden imperialistischen Ländern beruhen die außerordentlichen staatlichen Aktivitäten auf dem wissenschaftlich-technischen Sektor zu einem großen Teil auf den wachsenden militärpolitischen Anforderungen an die Forschung und Entwicklung. Um ihre reaktionären politischstrategischen Ziele zu verwirklichen, streben die Länder danach, Fortschritte in Wissenschaft und Forschung für ihre aggressiven Pläne auszunutzen.3 Militärpolitische Erfordernisse üben überall dort einen gravierenden Einfluß auf den wissenschaftlich-technischen Entwicklungsprozeß aus, wo das betreffende imperialistische Land eine relativ hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, über ein bedeutendes ökonomisches, technisches und militärisches Potential verfügt, im Kampf um die Vorherrschaft in der Welt eine maßgebliche Rolle spielt und in der imperialistischen Globalstrategie im Kampf gegen das sozialistische Weltsystem und die nationale Befreiungsbewegung strategisch entscheidende Positionen innehat oder sie beansprucht. Nicht zufällig ist in den USA, der imperialistischen Führungsmacht, die militärpolitische Durchdringung der Forschung am weitesten vorangeschritten, was sich wiederum nachhaltig auf die Herausbildung einer militärisch-industriellen Machtstruktur auswirkte. 4 Die zunehmende Verflechtung von Rüstung und Forschung ist aufs engste mit den durch Wissenschaft und Forschung verursachten militärtechnischen Wandlungen verbunden. Mit der Revolution im Militärwesen erhöht sich vor allem ganz erheblich das relative Gewicht des wissenschaftlich-technischen Potentials als militärischer und politischer Machtfaktor. 5 Technologische Fragen bestimmen immer maßgeblicher die 3
Siehe dazu G. Speer: Die Militarisierung der Forschung in Westdeutschland. In: DWI-Berichte, 6/1968; K. Engelhardt/K. H. Heise: Westdeutsche Rüstungsmonopole in der Expansionsphase. In: DWI-Berichte, 10/1969; K. H. Heise: Grundlagen und Funktionen der Rüstungsforschung im Spätkapitalismus. In: Wirtschaftswissenschaft, 11/1970.
4
Siehe dazu K . Engelhardt/K. H. Heise: 27 Thesen zum imperialistischen MilitärIndustrie-Komplex. In: DWI-Berichte, 4/1970; K. Engelhardt/ K . H. Heise: Militärisch-industrieller Komplex — eine neue Stufe der Militarisierung. In: Einheit, 8/1970. Siehe dazu: Probleme der Militärökonomie, Deutscher Militär-Verlag, Berlin 1967, S. 20ff.
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9
imperialistische Militärstrategie, wodurch die Rüstungspolitik mehr und mehr qualitative Züge annimmt, bei der nicht so sehr die konventionelle Massenaufrüstung gefragt ist, sondern vielmehr die technologisch hochqualifizierte Rüstung, wie sie etwa die Erzeugung atomarer Waffen bietet. Es gibt zahlreiche westliche Militärexperten, für die das wissenschaftlichtechnische Potential das wichtigste Kriterium militärischer Macht verkörpert, während sie den ehemals klassischen Merkmalen militärischer Stärke eine immer geringere Bedeutung beimessen. Nach Ansicht P. Gallois ist „das wissenschaftliche Potential. . . weitaus wichtiger geworden als die Größe der Bevölkerung, die Ausdehnung des Staatsgebietes und die individuelle Massenproduktion". 6 Befürworter der militärischen Stärke erblicken im technologischen Wettlauf eine wesentliche Form des modernen Krieges, weshalb sie meinen, daß „heute das Gleichgewicht der wissenschaftlichen oder militärischen Machtmöglichkeiten und damit der politische Führungsanspruch der einzelnen hochindustrialisierten Länder physisch durch das nationale Potential der Natur- und Ingenieur Wissenschaften bedingt wird und deshalb . . . der politische Führungsanspruch daran gemessen werden muß." 7 Als entscheidende Komponente militärischer Macht soll die Rüstungsforschung dazu beitragen, außenpolitische Ziele durchzusetzen, was z. B. R. Schräder, der westdeutsche Vertreter in der Wissenschaftsabteilung der NATO, so kommentiert: „Von jeher war militärische Stärke ein wichtiges Element der Außenpolitik. Durch die moderne Wehrtechnik übt daher die Wissenschaft bei weitem den größten Einfluß auf die internationalen Angelegenheiten aus." 8 Alles das verbindet sich mit illusionären Hoffnungen der Imperialisten, allen voran des USKapitals, eines Tages einen solchen entscheidenden Durchbruch auf technologischem Gebiet zu erzielen, der ihnen ein militärisches Übergewicht gegenüber dem sozialistischen Weltsystem sichern würde. So unterliegt die spätkapitalistische Gesellschaft zusehends der eigengesetzlichen Dynamik der Rüstungsforschung: ständig steigende militärische Anforderungen an das wissenschaftlich-technische Niveau der Rüstungsgüter, wodurch das militärpolitische Denken fortwährend revolutioniert und das Kriegsbild verändert wird, was wiederum zu neuen strategischen Überlegungen führt, aus denen sich gleich einem circulus vitiosus noch höhere militärische Ansprüche an das wissenschaftlichtechnische Potential ergeben, denen das imperialistische System dann c
P. Gallois: Der paradoxe Frieden, Stuttgart 1968, S. 190.
7
M. Schreiterer: Die Natur- und Ingenieurwissenschaften in der heutigen Außenpolitik. In: VDI-Zeitschrift, Düsseldorf 1/1967, S. 8.
8
R. Schräder: Wissenschaft im auswärtigen Dienst. In: Wirtschaft und Wissenschaft, Essen 5 - 6 / 1 9 6 4 , S. 2.
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wiederum über eine noch engere Verflechtung von Rüstung und Forschung nachzukommen versucht. Auf diese Weise entwickelt die militärische Forschung gleichsam selbst immer wieder aufs neue die Bedingungen für ihre stufenweise Entfaltung, was sich schließlich in der Eskalation der Waffensysteme widerspiegelt. An diesem Prozeß ist ganz besonders das Monopolkapital beteiligt, das nicht nur aus politisch-strategischen Überlegungen, sondern auch aus unmittelbaren Profitinteressen an einer beschleunigten Militarisierung der Forschung interessiert ist. 9 Da die Rüstungsforschung nahezu vollkommen staatlich subventioniert wird, bietet sie den betreffenden forschungsintensiven Monopolen die Möglichkeit, die aufwendigen technischen Vorleistungen aus dem privatkapitalistischen Risiko auszuklammern und gewinnbringend an den Staat zu verkaufen. Weil der monopolistische Staat an militärischen Spitzenleistungen interessiert ist und dabei keine Aufwendungen scheut, sind die privatkapitalistischen Schranken der Rüstungsforschung im Vergleich zu anderen Bereichen weniger spürbar, was es den Rüstungsindustriellen ermöglicht, umfassende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten relativ unabhängig vom Markt vorzunehmen. Indem große Teile des Monopolkapitals von den durch die Rüstungsforschung außergewöhnlich verbesserten Verwertungsbedingungen des Kapitals partizipieren, wächst das Interesse der Rüstungsindustriellen, den technisch-wissenschaftlichen Vernichtungsapparat beschleunigt auszubauen und ihren unmittelbaren Profitinteressen unterzuordnen. Gerade auf dieser dynamischen Verflechtung von militärpolitischen Zielsetzungen und partiellen Profitinteressen beruht die zunehmende Perpetuierung des Rüstungswettlaufs imperialistischer Staaten. Nun ist den an der forcierten Rüstungsforschung interessierten Kräften sehr daran gelegen, ihre wahren Motive zu verbergen, was sie vornehmlich dadurch zu erreichen hoffen, daß sie gegenwärtig in allen Variationen den „Nutzen der Rüstungsforschung für die zivile Produktion" preisen 10 , wobei ihre extremsten Befürworter nicht einmal davor zurückschrecken, der Wehrtechnik ganz und gar die Schrittmacherfunktion in der wissenschaftlich-technischen Entwicklung einzuräumen. Als typische Repräsentanten des westdeutschen militärisch-industriellen Komplexes gehören der CSU-Vorsitzende F. J . Strauß und Zimmermann, Vorsitzender des Bonner Verteidigungsausschusses, zu den eifrigsten Verfechtern der Schrittmacherrolle der Rüstungstechnik, die nach ihren Worten von jeher — ganz im 9
10
Siehe dazu K. Engelhardt/K. H. Heise: Westdeutsche Rüstungsmonopole in der Expansionsphase, a. a. O. Siehe dazu K. H. Heise: Grundlagen und Funktionen der Rüstungsforschung im Spätkapitalismus, a. a. O.
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Sinne des Heraklitischen Wortes vom „Krieg als Vater aller Dinge" — maßgeblich den technisch-industriellen Fortschritt befruchtet hätte. Wer auch immer die Wehrtechnik so zu rechtfertigen versucht, keiner kann dabei die Tatsache bestreiten, daß hierbei lediglich Nebenprodukte oder Abfälle für die zivile Fertigung anfallen, die natürlich mitunter technischen Neuerungen außerhalb des militärischen Bereichs den Weg ebnen, was beispielsweise für solche Entwicklungen zutrifft wie Radar, Regelungstechniken, Informations- und Rechentechnik, Operationsforschung, Methoden der Systemanalyse oder Netzwerkplanung ä la Pert. Aber alle diese Beispiele besagen recht wenig. Es bleibt doch bei alledem stets die Frage offen, was erreicht werden kennte, wenn man die gleichen Mittel, die für die militärische Forschung bereitstehen, gezielt für die Förderung des allgemeinen wissenschaftlich-technischen Fortschritts einsetzte. Eines steht fest: Solange der überwiegende Teil des Forschungsaufwandes militärisch genutzt wird, kann es gar nicht anders sein, als daß die Wehrtechnik vielfach die entscheidende, oft auch die einzige Quelle für bestimmte zivile technische Entwicklungen darstellt. Somit wird von vornherein das gerechtfertigt, was faktisch gegeben ist. Einige staatliche Vertreter der Rüstungspolitik, wie z . B . K. Seemann, erklären deshalb auch unumwunden, daß es gar nicht opportun sei, alternative Überlegungen darüber anzustellen, wie die Mittel für die Forschung am sinnvollsten verwendet werden können, denn „es verbleibt im zwischenstaatlichen Bereich noch immer die Machtpolitik, so daß Fragestellungen, die von einer zweckmäßigeren Verwendung der über die militärischen Haushalte laufenden Mittel in der friedlichen Forschung ausgehen, zur Zeit jedenfalls irreal sind oder an der aktuellen Problematik vorbeigehen". 1 1 Das bestätigt nur, daß es den militanten Streitern einer forcierten Rüstungsforschung überhaupt nicht darauf ankommt, ernsthaft zwischen dem volkswirtschaftlichen Nutzen militärischer oder friedlicher Forschung abzuwägen, sondern daß es ihnen einzig und allein darum geht, bewußt vordergründig auf die Nebenwirkungen der Wehrtechnik zu orientieren, um so besser ihre eigentlichen Motive und Funktionen tarnen zu können. Dabeisind sie bestrebt, das faktisch Gegebene, nämlich die aus der vorrangigen Entwicklung der Rüstungstechnik resultierenden Nebenwirkungen auf die zivile Forschung, demagogisch als Stimulanzien zu preisen, die speziell nur der Wehrtechnik wesenseigen seien. Sofern man dann von der gegenwärtigen Wirklichkeit spätkapitalistischer Systeme ausgeht und deren begrenzte Möglichkeiten zum Maßstab nimmt, so erweist sich die Rüstungstechnik nicht selten als „Schrittmacher" des technischen Fortschritts, " Enthalten in: Perspektive 1980, Hamburg 1967, S. 83f.
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aber nicht etwa, weil sie es ihrer Natur nach ist, sondern weil die gesellschaftlichen Verhältnisse des niedergehenden Kapitalismus solche Auswirkungen hervorbringen. Geht man nun nicht nur von dem aus, was ist, sondern von dem, was unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen und entsprechend gewandelten politischen Prioritäten staatlicher Ausgaben möglich wäre und den Interessen des werktätigen Volkes entspräche, so zeigt sich ganz offensichtlich, daß die BJistungsforscbung die Möglichkeiten des realen wissenschaftlichtechnischen Fortschritts ganz erheblich einschränkt. Mit der wachsenden Militarisierung der Forschung verschieben sich die Proportionen, in denen sich der wissenschaftlich-technische Entwicklungsprozeß in den imperialistischen Ländern durchsetzt. Es verarmen die technischen Neuerungen für den zivilen Bedarf zugunsten des militärischen Sektors. Das beweisen die vielen ungelösten und sich immer mehr verschärfenden sozialen Probleme der USA zur Genüge: Bildung und Erziehung, Wohnungsbau, medizinische Betreuung, Wasserversorgung, Verschmutzung der Gewässer und der Luft u. a. m. Da das Forschungspotential eines jeden imperialistischen Landes begrenzt und nicht unerschöpflich ist, hängen die Forschungsresultate angesichts der zunehmenden Vergesellschaftung der Forschung immer stärker von den Schwerpunkten ab, denen sich die „gezielte" staatliche Forschungsaktivität zuwendet. Das, was erforscht werden soll, wird bereits heute schon maßgeblich durch die wissenschaftliche Fragestellung bestimmt, von der die Forschung ausgeht. Gibt man militärischen Anforderungen den Vorrang, so werden die verfügbaren Wissenschaftler und Finanzen anderen Forschungsprojekten entzogen, was nichts anderes heißt, als daß anderweitige erhebliche Lücken in der wissenschaftlichtechnischen Entwicklung auftreten. Es kommt zwangsläufig zu einer ungeheuren Verschiebung der gesellschaftlichen Orientierung der Forschung, wenn die aggressiven Kräfte Forschungsziele setzen, die auf die Vernichtung der Menschheit gerichtet sind und so zur Pervertierung des technischen Fortschritts führen. Mit zunehmender Rüstungsforschung sagt sich der auf diese Weise geförderte technische Fortschritt immer mehr vom eigentlichen Zweck menschlicher Produktion los, nämlich der allseitig freien Entwicklung der Individuen. Es kommt hinzu, daß mit der militärischen Dominanz nicht nur einseitig Schwerpunkte wissenschaftlicher Forschung geschaffen werden; es entstehen gleichzeitig auch Zentren der politischen Bewußtseinsbildung. Letztlich prägen die machtpolitischen und ökonomischen Interessen langfristig die Integrationszentren für ganze Komplexe von Wissenschaften, was sich auf das gesellschaftliche Bewußtsein der Schichten auswirkt, die infolge ihrer Tätigkeit in diese Zentren einbezogen sind. G. Picht bemerkt hierzu treffend: „Die 13
verfassungsrechtliche Garantie der Freiheit von Lehre und Forschung hat nur geringen Wert, wenn Finanzierung und Apparaturen Abhängigkeitsverhältnisse schaffen, die notgedrungen die gesamte Orientierung der Forschung für Jahre, ja Jahrzehnte präjudizieren." 12 Aber selbst dann, wenn die Rüstungsforschung gelegentlich die zivile Produktion inspiriert, ist ihr „volkswirtschaftlicher Nutzen" — gemessen am Aufwand — äußerst gering. Es ist besonders aufschlußreich, daß sich auch in den imperialistischen Ländern immer mehr Kritiker des militärischindustriellen Komplexes finden, die ganz entschieden die „hervorragende" Anwendbarkeit wehrtechnischen Wissens auf den zivilen Bereich bestreiten. So geht z. B. aus einer entsprechenden Studie der Rand Corporation, eines der führenden amerikanischen Institute für Zukunftsforschung, hervor, daß nahezu 90—95% der neuen militärischen Erkenntnisse und Innovationen unmittelbar wieder anderen Waffensystemen zugute kommen, während der Nutzen für die zivile Industrie nur als minimal bezeichnet wird. Wie ihre Analyse' zeigt, ist u. a. der nachträgliche Umbau von Militärflugzeugen für die zivile Luftfahrt wesentlich teurer als die Neukonstruktion eines Flugzeuges. Zu ähnlichen Resultaten gelangte eine Untersuchung, bei der die Patente von 15 führenden amerikanischen Rüstungsfirmen analysiert wurden, wobei sich dann herausstellte, daß die für die Rüstungsforschung verausgabten Mittel in Höhe von 7,6 Mrd. Dollar lediglich 7190 Patente einbrachten, während die im gleichen Zeitraum für die industrielle Forschung verausgabten eigenfinanzierten Mittel in Höhe von 5,8 Mrd. Dollar rund 23880 Patentanmeldungen ermöglichten. 13 Das erklärt sich größtenteils aus der qualitativen Entwicklung des Rüstungspotentials, dem Übergang zur Erzeugung hochspezialisierter Waffensysteme. Sofern sich nämlich die Rüstungsindustrie mehr und mehr auf technologisch hochqualifizierte Waffensysteme ausrichtet, unterliegt auch die Rüstungsforschung zusehends einer hochgradigen Spezialisierung, so daß ihre Ergebnisse meistens nicht mehr auf den zivilen Sektor übertragbar sind. Auf der gleichen Ebene liegen die Erfahrungen englischer Experten, über die sich H. Krauch wie folgt äußert: „Englische Fachleute schätzen, daß man den rein wirtschaftlichen Nutzen der modernen militärischen Forschung und Entwicklung für weniger als ein Viertel der Investitionen erhalten kann, wenn man die Forschung auf langfristiges wirtschaftliches 12
13
G. Picht: Notwendig: Eine europäische Wissenschaftspolitik. In: Das 198. Jahrzehnt, Hamburg 1969, S. 368. H. Schuhmann: Der zivile Nutzen wehrtechnischer Forschung und Entwicklung. In: Wehrkunde, München 11/1967, S. 568.
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Wachstum ausrichtet." 14 Und selbst die US-Regierung kommt in einer ihrer Erfahrungsberichte zu dem bemerkenswerten Eingeständnis: „Die direkte zivile Anwendung von Ergebnissen der Verteidigungs- oder Raumforschung ist sehr klein im Vergleich zu, den Investitionen in die Verteidigungs- und Raumforschung. Trotz bewußter Anstrengungen . . . wird das zivile Nebenprodukt. . . künftig wahrscheinlich immer kleiner." 1 5 Hinter diesen realistischeren Einschätzungen stehen ganz besonders jene Kreise des Monopolkapitals, die keinen bzw. nur geringen unmittelbaren ökonomischen Nutzen aus der Rüstungsforschung ziehen, in der unkontrollierten Machtausweitung des militärisch-industriellen Komplexes eine bedrohliche Überforderung des ökonomischen Potentials erblicken, eine weitere enorme Zuspitzung ungelöster innerer Spannungen und sozialer Konflikte erwarten, auf längere Sicht das intensive wirtschaftliche Wachstum gefährdet sehen und so neue Erschütterungen des inneren Gefüges des kapitalistischen Systems befürchten. Deshalb neigen diese Monopolgruppen mehr dazu, ihre Herrschaft durch die Festigung der inneren Klassenpositionen zu stabilisieren, bestimmte soziale Konfliktstoffe vermittels systemerhaltender Reformen abzubauen sowie die Auseinandersetzung mit dem sozialistischen Weltsystem noch viel stärker auf das ökonomische Gebiet zu verlagern, wozu es notwendig ist, Forschung und Entwicklung unmittelbar in den Dienst hoher Wachstumsraten zu stellen. In diesen Reaktionen eines Teils der Großbourgeoisie äußert sich das Bestreben, sich dem veränderten Kräfteverhältnis in der Welt anzugleichen, um so im internationalen Konkurrenzkampf besser bestehen und der Herausforderung des Sozialismus wirksamer begegnen zu können. E s ist bezeichnend für die Wachstums- und Expansionsstrategie breiter Kreise des westdeutschen Monopolkapitals, wenn sie im Rahmen ihrer forschungspolitischen Konzeption dafür eintreten, daß der Bonner Staat seine Förderungsmaßnahmen viel stärker als in den USA und den westeuropäischen Staaten direkt auf den Sektor der zivilen, unmittelbar ökonomisch verwertbaren Forschung konzentrieren soll. Auf diese Weise hoffen die forschungsintensiven und exportorientierten Industriemonopole Westdeutschlands, längerfristig mit größerem Erfolg der amerikanischen und japanischen Konkurrenz sowie der ökonomischen Auseinandersetzung mit dem Sozialismus gewachsen zu sein. In den letzten Jahren, insbesondere seit der Bildung der SPD/FDP-Regierung, entsprach das Bonner Kabinett weitgehend den Forderungen dieser Monopolgruppen, indem es nicht nur 14 Handelsblatt, Düsseldorf, v. 28.12.1963. 15 Zitiert nach R. Rilling: Kriegsforschung und Wissenschaftspolitik in der B R D (II). In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Köln, 1/1970, S. 53/54.
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die bereits initiierten Schwerpunktprogramme (Kern-, Weltraum- und Luftfahrtforschung) intensivierte, sondern auch noch neue einführte: elektronische Datenverarbeitung, Meeresforschung und neue Technologien. Mit diesen Programmen Bonns verbinden sich ökonomische, militärische und machtpolitische Zielsetzungen. In der mittelfristigen Finanzplanung Bonns weisen die hierfür vorgesehenen Aufwendungen überdurchschnittliche Steigerungsraten auf und rangieren somit hinsichtlich ihres relativen Zuwachses an der Spitze aller Ausgabenpositionen, wobei auch die unmittelbaren Ausgaben für die Kriegsforschung — wehrtechnische Aufwendungen im Rüstungsetat — im Vergleich zu anderen Ausgabenbereichen eine Sonderstellung einnehmen und dementsprechend zahlenmäßig hohe Zuwachsraten zu verzeichnen haben. Ganz offensichtlich ist Bonns Forschungsstrategie vorrangig darauf eingestellt, den wissenschaftlich-technischen Fortschritt direkt zu fördern sowie die expansiven Bestrebungen des Großkapitals unmittelbar zu unterstützen, um so wirksamer die längerfristigen Bedingungen des intensiven wirtschaftlichen Wachstums beeinflussen zu können. Forschungspolitik
— Bestandteil imperialistischer
Wacbstumsstrategien
Wachstumsstrategische Überlegungen zählen heutzutage zu den selbstverständlichen Themen staatsmonopolistischer Wirtschaftspolitik, die in allen programmatischen Erklärungen imperialistischer Regierungen einen zentralen Platz einnehmen. Zu diesem Zweck sind unzählige Wissenschaftler und Vertreter des staatlichen Regulierungsapparates damit beschäftigt, die verschiedenartigsten Wachstumsmodelle zu konstruieren, die kurz- und langfristigen Wachstumsbedingungen zu analysieren, Prognosestudien anzufertigen, Zielprojektionen aufzustellen sowie die geeignetesten Mittel und Methoden herauszufinden, mit denen gezielt auf das wirtschaftliche Wachstum eingewirkt und so sein Tempo gesteigert werden kann. Dem imperialistischen Staat bleibt keine andere Wahl, als sich „dem Wettbewerb um Wachstumsraten zu stellen" 16 — ob ihm das zusagt oder nicht. Es gibt hierfür mehrere Gründe 1 7 , von denen aber tine Ursache die größte Aufmerksamkeit beansprucht: die Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Die imperialistischen Staaten werden immer mehr gezwungen, sich dem Kampf in der entscheidenden Sphäre der menschlichen Tätigkeit — der materiellen Produktion — zu stellen. Somit wird der Wettbewerb um die Bewältigung der wissenschaftlich-technischen 16 Der Arbeitgeber, Düsseldorf 1967, Nr. 23/24, S. 704. 17
Siehe dazu:
D i e Wachstumsstrategie des westdeutschen Imperialismus und deren
Widersprüche. I n : Spätkapitalismus ohne Perspektive, Berlin 1969.
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Revolution zum ausschlaggebenden Abschnitt des Kampfes der beiden Weltsysteme, wobei das System den Sieg davon tragen wird, das sich als fähig erweist, auf der Basis höchster Arbeitsproduktivität den eigentlichen, menschlichen Zweck der Produktion zu verwirklichen, nämlich die allseitige freie Entwicklung der Individuen. Schon heute haben die sozialistischen Länder auf vielen entscheidenden Gebieten bewiesen, daß sie gegenüber dem Kapitalismus über weitaus bessere Potenzen verfügen, um den ökonomischen Wettbewerb für sich zu entscheiden. Das wirkt sich immer nachhaltiger auf die Entwicklungsprozesse in den imperialistischen Industrieländern aus, aber auch die unterentwickelten Länder unterliegen zusehends dem Einfluß des sozialistischen Weltsystems. In den jungen Nationalstaaten wächst die Bereitschaft der werktätigen Massen, den sozialistischen Weg einzuschlagen, weil ihnen zusehends bewußt wird, daß einzig und allein der Sozialismus eine reale Perspektive bietet. Natürlich sind die imperialistischen Staaten nicht gewillt, sich damit abzufinden. Deshalb setzen sie alles daran, ihre Mittel und Kräfte im Kampf gegen den Sozialismus zu aktivieren. Sie reagieren besonders allergisch auf die Erfolge der sozialistischen Länder bei der stetigen, schnellen Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums. Um so mehr sind die imperialistischen Staaten bemüht, hohe Wachstumsraten zu erzielen, was sie nötigt, ihre Wachstumspotenzen zu erweitern und effektiver auszunutzen. Da das wirtschaftliche Wachstum immer stärker von langfristig wirkenden Faktoren abhängig wird, stehen die Regierungen und Monopolverbände vor der Aufgabe, weitreichende, auf lange Sicht berechnete Entscheidungen zu treffen, die strategischen Charakter tragen. Das gilt in besonderem Maße für die Forschung und Entwicklung, denen in allen imperialistischen Wachstumsstrategien eine zentrale Stellung eingeräumt wird, gelten doch die Forschungs- und Entwicklungsausgaben als wichtigste Komponente des technischen Fortschritts, von dem wiederum ausschlaggebende Impulse auf das wirtschaftliche Wachstum ausgehen. Mit der vollen Entfaltung der wissenschaftlich-technischen Revolution wächst die Bedeutung der wissenschaftlichen Forschung als Wachstumsfaktor. Die langfristige und zukunftsorientierte Forschung wird mehr und mehr zum Schlüssel des beschleunigten wirtschaftlichen Wachstums. Es ist deshalb kein Zufall, wenn sich in der letzten Zeit die Appelle bürgerlicher Wissenschaftler mehren, Forschung und Entwicklung als ein erstrangiges Politikum anzusehen, von dem die Zukunft des Kapitalismus abhängig sei. Beschwörend bemerkt z. B. G. Picht, daß „in der wissenschaftlich-technischen Zivilisation . . . nur solche politischen und sozialen Gefüge eine Zukunft (haben), die sich das Forschungspotential zu schaffen mögen, auf dem die Leistungs2
Nikolajcw, Forschung
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fähigkeit einer modernen Wirtschaft und die Funktionsfähigkeit einer modernen Gesellschaft beruhen." 18 Unter diesen Bedingungen wird der friedliche Wettstreit zwischen den beiden Weltsystemen im wesentlichen dadurch entschieden, welche Gesellschaftsordnung über die größeren Potenzen verfügt, Wissenschaft und Technik voranzutreiben und deren Ergebnisse zum Wohle der Menschheit auszunutzen. Wie die großartigen wissenschaftlichen Leistungen der sozialistischen Länder, insbesondere der Sowjetunion, beweisen, hat das Großkapital sein einstiges Monopol auf den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und dessen Nutzung eingebüßt. Somit wirkt der Sozialismus der dem Monopol immanenten Tendenz zur Hemmung des technischen Fortschritts entgegen und zwingt die imperialistischen Staaten, die wissenschaftlich-technische Entwicklung zu forcieren. 19 Das ist um so stärker der Fall, als das Tempo des wissenschaftlich-technischen Fortschritts nicht mehr nur die einzelnen Monopolverbände berührt, sondern für die Existenz des gesamten kapitalistischen Systems von ausschlaggebender Bedeutung ist. Nun löst der wachsende Einfluß des Sozialismus nicht nur entsprechende Abwehrreaktionen des Imperialismus aus, sondern er ist noch viel mehr bestrebt, die dem kapitalistischen System gegebenen Möglichkeiten der wissenschaftlich-technischen Entwicklung offensiv zum Ausbau seiner Machtpositionen gegenüber den sozialistischen Ländern, den jungen Nationalstaaten sowie den antiimperialistischen Kräften in den westlichen Industriestaaten einzusetzen. Die führenden imperialistischen M.chte sehen in dem Ausbau und der Intensivierung des Forschungspotentials die entscheidende Basis ihrer machtpolitischen Bestrebungen. Wie weitgehend diese Zielsetzungen die Forschungsstrategie imperialistischer Staaten bestimmen, beweisen z. B. die programmatischen Erklärungen des Leiters der Sachgebietsgruppe „Wissenschafts- und Forschungspolitik" im Planungsstab des Bonner Bundeskanzleramtes, K. Scherf. Er geht bei seinen Ausführungen von der Behauptung aus, daß „seit dem II. Weltkrieg . . . in starkem Maße evident geworden (ist), daß die militärische, wirtschaftlich und finanzielle Kraft eines Landes in erster Linie von seinem Forschungspotential bestimmt wird". 2 0 Da nach seiner Meinung die einzelnen Machtstrukturen eines Landes — ökonomische, wissenschaftlich-technische, militärische sowie außenpolitische Potentiale — zu18 G. Picht, a. a. O., S. 365. 1 9 Siehe dazu: Imperialismus heute, Berlin 1968, S. 148; Wissenschaft im Klassenkampf, Berlin 1968, S. 60ff. 2 0 K. Scherf: Bildungsund Wissenschaftspolitik in internationaler Sicht. In: VDIZeitschrift, a. a. O., 33/1968.
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mindest teilweise wechselseitig substituierbar sind, wäre es der BRD möglich, die im Vergleich zur ökonomischen Macht geringere außenpolitische Ausstrahlungskraft auszugleichen. „Die BRD kann . . . das fehlende außenund militärpolitische Potential durch Forschungspotential und technologisches Potential kompensieren." 21 Seine Ansichten decken sich mit den Auffassungen verschiedener bürgerlicher Wissenschaftler und Politiker, die eingestehen müssen, daß es im Zeitalter der Atomwaffen und angesichts der militärischen Kraft des sozialistischen Weltsystems nicht mehr so ohne weiteres möglich ist, militärische Stärke in politische Stärke umzusetzen. Da der militärische und teils auch der politische Spielraum der imperialistischen Führungsmächte erheblich eingeengt wurden, zerbrach die frühere Parallelität zwischen militärischer und politischer Macht. Deshalb erblickt man in der Erweiterung des Forschungspotentials einen geeigneten Faktor, den Machtverlust auszugleichen. Den Ausgangspunkt sieht Scherf im Ausbau des nationalen Forschungspotentials, das sowohl dem Verwertungsbedürfnis der Monopole als auch den außenpolitischen Anforderungen gerecht werden muß. Der nächste Schritt zielt darauf ab, eine einheitliche westeuropäische Forschungspolitik zu entwickeln, bei der die BRD infolge ihres angestrebten wissenschaftlichtechnischen Übergewichts den Ton angeben soll. Da es zur Zeit akute Widersprüche und Meinungsverschiedenheiten zwischen den westeuropäischen Staaten hinsichtlich multilateraler Vereinbarungen auf dem wissenschaftlich-technischen Sektor gibt, empfiehlt Scherf, eine „transeuropäische wissenschaftspolitische Konzeption" auszuarbeiten, die „eine enge wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit mit den USA und Japan als den beiden zukunftsreichsten Mächten der nichtkommunistischen Welt" 22 vorsieht. Es läge an der BRD, „eine transeuropäische Initiative (zu) entwickeln, um die europäische Stagnation zu überwinden" 23 , womit bezweckt wird, „daß andere europäische Länder von der deutschen Initiative mitgerissen werden und die Einigung neue Impulse erhält". Als politisches Fernziel gilt dann „letztlich eine große wissenschaftlich-technologisch fundierte Ost-West-Achse USA-EWG-Japan, die allen denkbaren Konkurrenzsituationen gewachsen wäre". 24 Ähnliche machtpolitische Interessen verfolgen die imperialistischen Staaten, wenn sie, wie z. B. in den USA, Wissenschaftler damit beauftragen, konterrevolutionäre Strategien gegen die nationale Befreiungsbewegung zu entwickeln. Verschiedene amerikanische Universitäten sind seit Jahren an Ebenda Ebenda 2 3 Ebenda 2'' Ebenda 21
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2»
19
der Ausarbeitung eines weltweiten Antiguerilla-Forschungsprogramms beteiligt, das strategische Entscheidungshilfen offerieren soll, um revolutionäre Bewegungen unterdrücken sowie die Herrschaft der jeweiligen Regierungs- oder Militärdiktaturcliquen und ihre Handlanger absichern zu können. Daneben bedient sich der Imperialismus noch anderer Mittel, um über die wissenschaftliche Forschung auf die weltpolitische Entwicklung einzuwirken. Dazu zählen u. a. alle Maßnahmen, mit denen gegenüber den jungen Nationalstaaten beabsichtigt wird, Teile des nationalen Forschungspotentials zu okkupieren (z. B. massenhafte Abwerbung von Wissenschaftlern und Technikern), vermittels imperialistisch manipulierter Entscheidungshilfen auf ihre politischen Strategien einzuwirken, systemkonforme Theorien und Ideologien zu übertragen sowie sie von dem ökonomisch-wissenschaftlich-technischen Entwicklungsniveau imperialistischer Länder abhängig zu machen. H. J . Abs äußerte sich in einem seiner Vorträge höchst befriedigt über die neuen Bonner Schwerpunktprogramme, befände sich doch damit die B R D „auf dem rechten Wege", da diese staatliche Forschungspolitik die Möglichkeit böte, „die Entwicklung zu neuen Formen intensiver Kooperation, auch über die Grenzen hinweg und zu großen Unternehmereinheiten" mittelbar zu unterstützen. 25 Schließlich ist dem Imperialismus daran gelegen, speziell über die bürgerliche Prognostik frühzeitig und umfassend Voraussagen über für das System und die Systemauseinandersetzung entscheidende Entwicklungen, über sich anbahnende ökonomische, politische und ideologische Konflikte zu bekommen, mit deren Hilfe die Herrschenden rechtzeitig reagieren, ihre Machtverhältnisse besser absichern und wirksamer stabilisieren könn'en.26 In der Monopolisierung wissenschaftlicher Voraussagen erblicken sie eine neue Quelle zur Erhaltung ihrer monopolistischen Herrschaftsverhältnisse. Die staatsmonopolistischen Führungsgremien erwarten z. B. von der bürgerlichen Futurologie konkrete Hinweise über wahrscheinliche gesellschaftliche Konfliktmöglichkeiten der nächsten Jahrzehnte, Kristallisationspunkte antiparlamentarischer und antiimperialistischer Einstellungen in der Bevölkerung. Auf diese Weise hoffen die imperialistischen Regierungen, zum richtigen Zeitpunkt notwendig gewordene Anpassungsreformen vornehmen bzw. entsprechende effektive soziale Befriedigungssysteme einführen zu können. In ähnlicher Form soll die neue Kommunikationstechnologie dazu mißbraucht werden, bestehende Machtstrukturen zu erhalten und zu vervoll25 26
Vortragsreihe des Deutschen Industrieinstituts, Köln, 49/1968. Siehe
dazu:
Staatsmonopolistischer
Kapitalismus
und
prognose. In: Spätkapitalismus ohne Perspektive, a. a. O.
20
bürgerliche
Gesellschafts-
kommnen. Welche Wunschträume mit zukünftigen Kommunikationssystemen verbunden sind, offenbart z. B. das visionäre Szenario, das Analytiker des Hudson-Instituts entworfen haben. Da ist von einem amerikanischen Präsidenten die Rede, der über ein solches Kommando- und Kontrollsystem verfügt, das ihm ermöglicht, mit Fernsehkameras jedes neue „Vietnam" bzw. jeden inneren Unruheherd selbst zu beobachten und sofort unmittelbar die entsprechenden Gegen-Maßnahmen anzuordnen. 27
Das wissenschaftlich-technische Niveau als maßgeblicher Indikator der ungleichmäßigen Entwicklung imperialistischer Länder In dem Maße, wie das sozialistische Weltsystem dem Expansionsdrang imperialistischer Staaten absolute Schranken setzt und ihren Aktionsraum stetig verengt, müssen sie sich im Kampf um die entscheidenden ökonomischen und politischen Einflußsphären innerhalb ihres Machtbereiches gegenseitig den Rang streitig-machen. Wer sich aber in diesen erbitterten Machtkämpfen behaupten will, darf auf wissenschaftlich-technischem Gebiet nicht zurückbleiben. Nur Länder und Unternehmen mit hohem wissenschaftlich-technischem Leistungsstand sind imstande, im internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen. Da die wachstumsstarken, forschungsintensiven Industriezweige hochgradig exportorientiert sind, müssen sie ihre Produktions- und Absatzpolitik auf den Weltmarkt ausrichten. Mit dem technisch-ökonomischen Zwang zur Großforschung, zur Großtechnik sowie zur Großserienfertigung wächst die Abhängigkeit innovativer Zweige von größeren Märkten. Technologischer Höchststand und neue Erzeugnisse prägen mehr und mehr die Auseinandersetzungen zwischen den imperialistischen Staaten um die entscheidenden Positionen auf dem Weltmarkt. Neben ergiebigeren technologischen Verfahren bringt die Forschung laufend neue Erzeugnisse hervor, deren systematische und geplante Entwicklung — die Produktinnovation — infolge ihrer stimulierenden Wirkung auf die Nachfrage eine zentrale Stellung in der Absatzpolitik großer Konzerne beansprucht. Auf diese Weise nimmt der Welthandel mit forschungsintensiven Produkten sowie Patenten und Lizenzen zu. 28 Deshalb wirken sich wesentliche Veränderungen im wissenschaftlich-technischen Entwicklungsprozeß der einzelnen imperialistischen Länder nachhaltig auf das internationale Kräfteverhältnis aus. Je einschneidender die forschungsintensiven Industrie27
Vgl. D . Bell: Die nachindustrielle Gesellschaft. In:
Das 198. Jahrzehnt, a. a. O.,
S. 3 6 1 . 28
Siehe hierzu R. Gündel/K. Nehls:
Zur Wirkungsweise des Gesetzes der ungleich-
mäßigen, sprunghaften ökonomischen und politischen Entwicklung der kapitalistischen Länder. In: DWI-Forschungshefte, 1/1970.
21
zweige auf die Wirtschaftsstrukturen einwirken und deren Gefüge bestimmen, um so mehr entscheiden sie darüber, welche Position das betreffende imperialistische Land im internationalen Konkurrenzkampf einnimmt. Bleibt ein Land auf wissenschaftlich-technischem Gebiet zurück, so sind seine ökonomischen Einflußsphären ernsthaft bedroht und seine Aussichten gering, die gegebenen Machtstrukturen zu seinen Gunsten zu verändern. Im Zusammenhang mit der wissenschaftlich-technischen Invasion der USA-Konzerne in Westeuropa ist in der letzten Zeit um die technischen Lücken des westeuropäischen Kontinents ein heftiger Meinungsstreit entbrannt, der, so verwirrend die kontrastreichen Äußerungen in den zahlreichen Studien, Denkschriften und Debatten auch sein mögen, unverkennbar das wachsende Unbehagen der Monopolbourgeoisie widerspiegelt. Wo immer auch die Rückstände gesucht werden, ob in der Wissenschaft, im Bildungswesen, im Management, in der Technologie, in der Größe des Marktes oder etwa im Tempo der technischen Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wie unterschiedlich auch das Ausmaß des Zurückbleibens beurteilt wird, ob als Gefälle, Lücke oder Kluft — in einem ist man sich einig: Es gibt auf einigen Gebieten wissenschaftlich-technische Rückstände gegenüber den USA, die für die westeuropäischen Monopole alarmierend wirken. 29 Das allein erklärt allerdings nicht die Vehemenz, mit der diese Diskussionen geführt werden. Hinter den allergischen Reaktionen der Monopolherren auf alle Anzeichen technischer Lücken verbirgt sich gleichzeitig ihre Absicht, die Debatten hierüber bewußt dramatisch zuzuspitzen, bieten sie doch einen willkommenen Anlaß, den Staat zu noch umfassenderen und intensiveren Förderungsmaßnahmen herauszufordern. Alle Debatten über das Für und Wider technischer Rückstände erhalten noch dadurch eine besondere politische Note, daß sie letztlich solchen reaktionären Gruppierungen wie dem Rechtskartell in der BRD dazu dienen, die politische Integration Europas im Sinne des CSU-Vorsitzenden F. J . Strauß zu propagieren und beschleunigt voranzutreiben. Nach ihrer Meinung komme es weniger darauf an, technische oder ManagementLücken als vielmehr die „europäische" politische Lücke zu schließen. Beschwörend erklärt Strauß in seinem „Programm für Europa": „Unser Kontinent droht — politisch wie wirtschaftlich — zu einem unterentwickelten Gebiet zu degenerieren, wenn seine Staaten sich nicht über die mehr oder Siehe hierzu K . H. Heise: Bonner Wissenschaftspolitik v o r unlösbaren Widersprüchen.
29
In: DWI-Berichte, 9/1969; L. W i n t e r : Wissenschaftspolitik des westdeutschen Imperialismus. In: DWI-Berichte, 5/1970.
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minder lockere Kooperation hinaus zu einer Verschmelzung ihrer nationalstaatlichen Potentiale entschließen". 30 Viele Politiker und Konzernherren sehen deshalb in der drastisch zugespitzten Polemik über die technischen Zukunftsaussichten Westeuropas zugleich eine geeignete Begründung zur beschleunigten Durchsetzung ihrer ökonomischen und politischen Ziele. Sofern solche technischen Lücken tatsächlich bestehen, gibt es einige Momente, die teils zu einer gewissen Ausweitung beitragen. Wenn z. B. die forschungsintensiven US-Großkonzerne ihren technischen Vorsprung in einigen zukunftsorientierten Wirtschaftszweigen dazu ausnutzen, Westeuropa mit einem Netz industrieller Stützpunkte zu überziehen, so bieten sich ihnen einige Möglichkeiten, den Abstand gegenüber ihren europäischen Konkurrenten zu vergrößern. Es ist für sie u. a. äußerst vorteilhaft, wenn sie auf die westeuropäischen Akkumulationsquellen zurückgreifen sowie das gegebene Bildungs- und Forschungspotential für ihre Zwecke in Anspruch nehmen können. Dadurch ist es den amerikanischen Konzernen internationaler Größenordnung möglich, ihre Positionen als Herd des technischen Fortschritts auszubauen, was gleichzeitig das technische Abhängigkeitsverhältnis solcher Unternehmen verstärkt, die bereits zu Satelliten der transnationalen Konzerne geworden sind. 31 Sie verfolgen das Ziel, schrittweise ein globales Netz von Beteiligungen, Lizenzverträgen, Aufkäufen und Neugründungen in den entwickeltsten kapitalistischen Ländern Europas aufzubauen, um damit sowohl die stärksten Konkurrenten als auch die derzeitig ergiebigsten Absatzmärkte unter Kontrolle zu bringen. Insofern bereitet es den westeuropäischen Ländern erhebliche Schwierigkeiten, auf bestimmten wissenschaftlich-technischen Teilgebieten den Vorsprung des US-Kapitals auszugleichen, zumal der finanzielle und personelle Aufwand für einige Forschungsprojekte solche Ausmaße erreicht hat, daß es einem einzelnen Land im Rahmen seines begrenzten Potentials schon gar nicht mehr möglich ist, technische Lücken zu verhindern oder zu überbrücken. 32 Auf der anderen Seite offenbart der wissenschaftlich-technische Entwicklungsprozeß der kapitalistischen Industrieländer in zunehmendem Maße Elemente, die auf eine beschleunigte Nivellierung des technischen Leistungsstandes hinauslaufen, was sich noch viel gravierender als die gegenläufige Tendenz auf die Verschärfung der ungleichmäßigen Ent•W F. J. Strauß: Herausforderung und A n t w o r t . Ein Programm f ü r Europa, Stuttgart 1968, S. 149. Siehe dazu L. Zahn:
Zur Globalstrategie und inneren Struktur v o n Monopolunter-
nehmen internationaler Klasse. In: Wirtschaftswissenschaft 11/68. :!2
J. Kuczynski: Die zunehmende Ungleichmäßigkeit der ökonomischen Entwicklung des Kapitalismus. In: Probleme des Friedens und des Sozialismus, 10/11 1968.
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wicklung imperialistischer Staaten auswirkt. 33 Dieser verstärkte Nivellierungseffekt des technischen Niveaus beruht vor allem auf zwei wechselseitig miteinander verbundenen gesellschaftlichen Prozessen: einmal auf der zunehmenden Vergesellschaftung der Produktion und zum anderen auf den ihr adäquaten neuen Formen des Monopols, vor allem internationaler Supermonopole. Je mehr sich die wissenschaftlich-technische Revolution entfaltet, desto notwendiger wird es, den wissenschaftlich-technischen Fortschritt in den internationalen Monopolisierungsprozeß einzubeziehen. Es entstehen neue Kartellvarianten, neue Formen internationaler Kooperation, bei denen gerade wissenschaftlich-technische Vereinbarungen (Austausch von wissenschaftlichen Informationen, gemeinsame Forschung und Entwicklung, wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit) einen beachtlichen Platz einnehmen und mitunter sogar den Ausschlag geben, wie das z. B. bei Patentund Lizenzkartellen der Fall ist. 34 Ähnliche Impulse löst der wissenschaftlich-technische Entwicklungsprozeß bei Fusionen großer Konzerne aus, deren privatmonopolistische Machtentfaltung die höchste Stufe erreicht, wenn Monopolallianzen mit internationaler Struktur entstehen, die neuerdings immer mehr als Konglomeratformen in Erscheinung treten. 35 Gerade die den Konglomeraten eigene Vertiefung der inneren und äußeren Diversifikation gestattet den Monopolisten eine für kapitalistische Verhältnisse vielseitigere Ausnutzung der Forschungsergebnisse. Mit der neuen Stufe der internationalen Monopolisierung verlagert sich allmählich der Schwerpunkt der internationalen Vergesellschaftung von der Zirkulationssphäre auf den unmittelbaren Produktionsbereich, 36 was sich nicht nur in den kooperativen Abmachungen der Monopole, sondern ebenso in den strukturellen Wandlungen der Außenwirtschaftsbeziehungen der imperialistischen Länder widerspiegelt, von denen wiederum katalytische Wirkungen auf den Nivellierungsprozeß des technischen Niveaus kapitalistischer Industrieländer ausgehen. Im Außenhandel der hochentwickelten kapitalistischen Länder nimmt der Austausch von Industrie-Erzeugnissen laufend zu, was ganz speziell für die Waren der forschungsintensiven Industriezweige zutrifft. Da auch der Handel mit Patenten und Lizenzen eine steigende Tendenz aufweist, werden zusehends neue Techniken und Technologien importiert, die erheblich zum 33 34
Siehe hierzu R. Gündel/K. Nehls, a. a. O. Siehe hierzu E. Chmelnitzkaja: Neues in der Organisationsstruktur der Monopole. In: Weltwirtschaft und internationale Beziehungen, Moskau, 1/1969, russ.
35
Siehe hierzu G. Hall: Eine schroffe Wende der Geschichte und die Krise des Imperialismus. In: Probleme des Friedens und des Sozialismus, 11/1969.
36
Siehe hierzu E. Chmelnitzkaja, a. a. O.
24
Ausgleich technischer Niveauunterschiede beitragen. 37 Den größten Nivellierungseffek't lösen zweifellos die internationalen Direktinvestitionen in den forschungsintensiven Zukunftsindustrien aus, weil gerade sie den Druck auf den technischen Erneuerungsprozeß aller übrigen Industriezweige verstärken. Ganz gleich, in welchen Formen der Import neuer Technologien stattfindet, in jedem Fall beschleunigen sie die Tendenz der technischen Nivellierung in den kapitalistischen Industrieländern, denn sie liefern neue Modelle für den technischen Umwälzungsprozeß der gesamten Industrie, fordern die herkömmlichen Industriezweige heraus und begünstigen das Eindringen forschungsintensiver Konzerne in die traditionellen Industriezweige. Da das wissenschaftlich-technische Leistungsvermögen eines Landes zu den maßgeblichen Indikatoren der ungleichmäßigen Entwicklung imperialistischer Länder zählt, gehören forschungsstrategische Konzeptionen zu den Grundsäulen imperialistischer Expansionspläne. Das ist um so bedeutsamer, als sich heute der Kampf um die Erweiterung oder Neuaufteilung ökonomischer und politischer Einflußsphären vornehmlich in solchen Formen vollzieht, bei denen es darauf ankommt, führende Positionen in Bündnissen bzw. territorialen oder internationalen Integrationssystemen zu erringen. So sind z. B. die expansiven Bestrebungen führender westdeutscher Monopolverbände darauf ausgerichtet, sich rechtzeitig und initiativ an der Formierung von Konzernen internationalen Formats zu beteiligen, um in diesen beherrschende Stellungen einzunehmen. 38 Inwieweit das gelingt, hängt u. a. auch davon ab, ob die betreffenden Monopole über einen entsprechenden wissenschaftlich-technischen Vorlauf verfügen. Nicht minder bedeutsam ist das wissenschaftlich-technische Potential eines Landes für die erbitterten Positionskämpfe in den zahlreichen supranationalen Gremien der EWG oder in solchen internationalen Vereinigungen, die sowieso gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten vorbehalten sind. 39 Schon jetzt ist abzusehen, daß sich künftig die machtpolitischen Auseinandersetzungen um dominierende Positionen noch mehr auf derartige supranationale Forschungsgremien konzentrieren werden, erweist sich doch die Technik zusehends als wichtige Komponente zur Herausbildung internationaler Integrationssysteme in Form wissenschaftlich-technischer Allianzen, bei denen jedes imperialistische Land bestrebt ist, seine Einfluß37 38
Siehe hierzu R. Gündel/K. Nehls, a. a. O. Siehe hierzu: Ökonomische Entwicklungstendenzen und Klassenwidersprüche Westdeutschlands im Übergang zu den siebziger Jahren (Thesen).
In: Wirtschaftswissen-
schaft 8/1969. 39
Siehe hierzu: Wissenschaft im Klassenkampf, a. a. O., S. 2 1 1 f f .
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Sphären zu vergrößern. Was die Expansionsstrategie der westdeutschen Finanzoligarchie anbelangt, so verfolgt sie gegenwärtig vornehmlich das Ziel, im Rahmen dieser imperialistischen Integrationssysteme Schritt um Schritt ihren Drang nach Hegemonie in Westeuropa zu verwirklichen. 2.
Zur Rolle der staatlichen Forschungspolitik im Prozeß der Kapitalverwertung
Alle diese machtpolitischen Motive imperialistischer Forschungspolitik sind wechselseitig mit den inneren kapitalistischen Triebkräften des wissenschaftlich-technischen Fortschritts verknüpft, die sich aus den Anforderungen und Bedingungen der Kapitalverwertung im Prozeß der wissenschaftlich-technischen Revolution ergeben. Es entspricht dem heutigen Verhältnis von Politik und Ökonomie im Imperialismus, wenn das kapitalistische System primär aus politischen Erwägungen darauf bedacht sein muß, mit den relativen Schranken des Kapitals im Prozeß der wissenschaftlichtechnischen Entwicklung fertig zu werden. Aber auch die unmittelbaren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals fordern ständig neue Bemühungen der imperialistischen Staaten heraus, den inneren Widersprüchen der Kapitalverwertung auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung zu begegnen.
Kapitalverhältnis als relative Schranke der Forschung Gerade der Forschungssektor demonstriert augenfällig die weitere Entfaltung des kapitalistischen Grundwiderspruchs: Die fortschreitende Vergesellschaftung der Produktion dehnt sich zusehends auf die Forschung aus, während die privatkapitalistische Aneignung der wissenschaftlichtechnischen Ergebnisse die Verteilung des Nationaleinkommens noch mehr zugunsten des Monopolkapitals verändert. Im unmittelbaren Zusammenhang mit der qualitativ neuen Funktion der Wissenschaft erreicht die Produktion wissenschaftlichen und technischen Wissens eine höhere Stufe der Vergesellschaftung. 40 Indem Wissenschaft und Forschung immer stärker in die Dimensionen der Großforschung vorstoßen, nimmt der wissenschaftliche Arbeitsprozeß industrielle Formen an, der sich damit in dem gleichen Maße in einen Teilprozeß der technisch-industriellen Produktion verwandelt. Das verlangt die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Wissenschaftler und Techniker der verschiedenartigsten wissenschaftlichtechnischen Disziplinen, das um so mehr, als die Differenzierung der einzelnen Wissenschaftsgebiete weiter rasch fortschreitet. Infolgedessen er40 Ebenda, S. 47ff. 26
weist sich die Produktion neuen wissenschaftlichen und technischen "Wissens heute als ein hochgradig arbeitsteiliger, spe2ialisierter und kooperativer Arbeitsprozeß, der seinem gesellschaftlichen Charakter nach eindeutig der privatkapitalistischen Aneignungsweise widerspricht, immer offensichtlicher den privatkapitalistischen Grundlagen entwächst und objektiv eine solche gesamtgesellschaftliche Planung und Leitung erfordert, wie das erst unter sozialistischen Verhältnissen möglich ist. Schon allein die Kostenprogression der Groß- und Projektforschung übersteigt die Möglichkeiten privatmonopolistischer Kapitalakkumulation und sprengt so den Rahmen der auf der relativen Beschränktheit und Isoliertheit des privatkapitalistischen Eigentums beruhenden Aneignungsweise. Mit jeder wissenschaftlich-technischen Neuerung steigen die Forschungs- und Entwicklungskosten überproportional an, die oft in keinem Verhältnis zu dem unmittelbaren Nutzen stehen, den die Konzerne aus den wissenschaftlichen Forschungsresultaten ziehen können. Vielfach überschreiten die laufenden Kosten einzelner Geräte der Großfoschung den ständigen A u f w a n d ganzer Universitäten. Somit setzt die Großforschung völlig neue Maßstäbe für die Größe des Kapitals, das für den wissenschaftlichen Arbeitsprozeß bereitgestellt werden muß. Überfordert das ansteigende Kapitalminimum für die Forschung zusehends die Akkumulationsmöglichkeiten des Einzelmonopols, so widerspricht auch der langfristige Charakter der Kapitalanlage auf dem Forschungssektor gänzlich den traditionellen Gegebenheiten privatmonopolistischer Kapitalakkumulation, die entsprechend den kurz- und mittelfristigen Profiterwartungen der kapitalistischen Unternehmer auf eine möglichst rasche, direkte Verwertung des Kapitals zugeschnitten ist. Mit den rapiden Wandlungen bestehender Wirtschaftsstrukturen und ihren weitreichenden Folgen ändern sich die zeitlichen Dimensionen der Kapitalanlage. 41 Um die Produktionsstruktur auf lange Sicht beeinflussen zu können, müssen beizeiten längerfristige wissenschaftlich-technische Entscheidungen getroffen werden, wofür auch die entsprechenden Kapitalmassen für größere Zeiträume aufgebracht werden müssen, was dem Verwertungsbedürfnis des privaten Kapitals widerstrebt, zumal mit dem gleichzeitig ansteigenden Forschungsaufwand die Kapitalanlage immer größere Risiken birgt. In dem zunehmenden Risiko wissenschaftlich-technischer Entwicklungen, das immer mehr das privatkapitalistisch noch vertretbare und kalkulier-
«
41
Siehe hierzu K . Zieschang: Zu den Entwicklungstendenzen des kapitalistischen Grundwiderspruches
unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution
(Thesen). In: Wirtschaftswissenschaft 6/1969.
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bare Maß übersteigt, äußert sich ein weiteres Moment der relativen Beschränkung der Forschung durch das Kapitalverhältnis. Das ergibt sich nicht nur aus den neuen finan2iellen und zeitlichen Anforderungen, sondern beruht auch auf der Dynamik der wissenschaftlichen Forschung, die zwei wesentliche Aspekte aufweist. Hinmal sehen sich die kapitalistischen Unternehmer einer steigenden Flut wissenschaftlich-technischen Wissens gegenüber, bei der es immer schwieriger und gleichzeitig auch hinsichtlich ihrer Konkurrenzfähigkeit immer entscheidender wird, die Techniken und Forschungsergebnisse für ihre Entwicklung und Massenproduktion auszuwählen, die sich dann später nach Aufwand, Ergebnis und Absatzmöglichkeiten als optimale Innovationen erweisen. In Anbetracht der Vielzahl wissenschaftlich-technischer Projekte sind Fehlentscheidungen nicht ausgeschlossen, die für die kapitalistischen Betriebe fatale Auswirkungen haben. Zum anderen tritt mit der Erhöhung des Tempos wissenschaftlichtechnischer Erfindungen eine Verkürzung des Zeitraumes ein, in dem eine Entdeckung technisch-wirtschaftlich genutzt werden kann, was wiederum den moralischen Verschleiß des fixen Kapitals beschleunigt. Insofern trägt auch die Verkürzung der Innovationszeiten zum höheren Risiko bestimmter Forschungsvorhaben bei, da die Unternehmer stets damit rechnen müssen, daß ihre Projekte entweder von ihren Konkurrenten übertroffen oder von ihnen nur für kurze Zeit profitabel genutzt werden können. Riskante Forschungen widersprechen deshalb genau so dem kapitalistischen Verwertungsprinzip wie allzu hohe Kapitalaufwendungen, deren eigentliche Verwertung lange Zeit auf sich warten läßt. Es ist deshalb erklärlich, wenn speziell etablierte Monopole in den herkömmlichen Wirtschaftszweigen im Falle relativ stabilisierter Verwertungsbedingungen sehr oft kein Verlangen verspüren, ihren Machtbereich bzw. ihre Einflußsphären durch riskante und ungewisse Forschungen zu gefährden, die eventuell Folgen heraufbeschwören können, die zu Veränderungen der monopolistischen Machtstrukturen führen. Selbst führende amerikanische Innovations-Spezialisten, wie z. B. D. A . Schon, kommen zu dem Schluß, daß den etablierten Konzernen die tiefste innere Bedrohung aus den technischen Neuerungen erwächst, „weil sie die corporate society auf allen Ebenen gefährden. Die corporate society . . . müssen den nichtrationalen Prozessen der Erfindung und Erneuerung schon deshalb Widerstand leisten, weil sie schwer zu beherrschen seien. Sie widersprächen dem Unternehmen, deren Organisation ihrem Produktionsprozeß entspricht: rational, ordentlich, uniformiert und alles ist voraussagbar." 42 Aus diesem Grunde neigen solche Monopolverbände oft dazu, sich auf eine gewisse «
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Zitiert nach: Die Zeit, Hamburg, N r . 12 (22. 3.1968).
vorbeugende oder „Vorsichts"-Forschung zu beschränken — weniger um technische Neuerungen durchzusetzen als sich vielmehr vor unliebsamen Überraschungen von Seiten der Konkurrenten zu schützen. Nicht selten überlassen gerade die großen Konzerne kostspielige und äußerst risikoreiche Forschungen ganz bewußt kleinen und mittleren Unternehmen, denen ihre „Pionierrolle" oft zum Verhängnis wird, so daß sie dann genötigt sind, technisch ausgereifte und erfolgversprechende Forschungsprojekte zu minimalen Preisen an die Großbetriebe zu verkaufen. Häufig zeigen die kleineren und mittleren Unternehmen eine im Verhältnis zu ihrem Potential weitaus größere innovative Aktivität als bereits etablierte Großunternehmen herkömmlicher Industriezweige. Nach wie vor ist dem Monopol die Tendenz eigen, den wissenschaftlich-technischen Fortschritt zu hemmen, die mitunter noch zeitweilig in einzelnen Industriezweigen ökonomisch wirksam wird. Eine vorübergehend betont defensiv eingestellte Forschungsstrategie bestimmter Monopolverbände ergibt zwangsläufig eine Lücke zwischen potentiellen und tatsächlichen technischen Neuerungen. Obwohl die gegenwärtige ökonomische. Wirklichkeit des Imperialismus infolge seiner derzeitigen Entwicklungsbedingungen weniger durch Stagnation als vielmehr durch fortschreitende wissenschaftlich-technische Umwälzungen gekennzeichnet ist, steht das kapitalistische System vor der ständigen Aufgabe, den monopolistischen Beschränkungen des technischen Fortschritts zu begegnen. Schließlich stellt gerade die wissenschaftlich-technische Entwicklung besonders hohe Anforderungen an die Leitung und Lenkung dieser Prozesse im gesamtgesellschaftlichen Maßstab. Wie kaum ein anderes Gebiet des gesellschaftlichen Lebens verlangen Wissenschaft und Forschung ein hohes Maß an Koordination, gesamtgesellschaftlicher Regulierung, perspektivisch orientierter Volkswirtschaftsplanung und wissenschaftlicher Prognostik. Aber diese objektiven Formen zur Anwendung moderner Produktivkräfte widersprechen ebenfalls dem privatkapitalistischen System, dessen Regulierungsmechanismus immer weniger imstande ist, Forschung und Entwicklung mit den gesamtgesellschaftlichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Es besteht ein offensichtlicher Antagonismus, wenn die Forschung einerseits dem Profitmotiv unterworfen ist, während die gesamtgesellschaftlichen Bedingungen und Erfordernisse der Forschung immer mehr den unmittelbaren Verwertungsbedürfnissen des privaten Kapitals entwachsen. Viele bürgerliche Wissenschaftler geben das klägliche Versagen des Profit- und Marktmechanismus auch zu. So stellt z. B. GlückertMenke fest: „Es besteht kein Zweifel, daß das System der Marktwirtschaft nicht zu einem für die gesellschaftliche Wohlfahrt und das wirtschaftliche Wachstum optimalen Verteilung der Forschungs- und Entwicklungs29
mittel führt." 43 Nach den Zielsetzungen des privaten Kapitals ist die optimale Effizienz des wissenschaftlich-technischen Fortschritts dann gegeben, wenn in relativ kurzer Zeit ein Maximum an Profit erzielt werden kann. Welche Folgen es hat, wenn die wissenschaftlich-technische Entwicklung nicht den Bedürfnissen der Menschen, sondern dem Profitstreben des Kapitals untergeordnet wird, bekommen die hochentwickelten imperialistischen Länder u. a. in den anwachsenden Gefahren der allmählichen Zerstörung der biologischen Lebensgrundlagen zu spüren. In der letzten Zeit häuften sich die alarmierenden Meldungen über die zunehmende Erosion der natürlichen Umweltbedingungen des Menschen, die u. a. in solchen bedrohlichen Erscheinungen sichtbar wird, wie Verpestung der Luft, Verschmutzung des Wassers, der Seen, der Flüsse und teilweise auch schon der angrenzenden Meere. Diese Bedrohungen können die imperialistischen Länder auf die Dauer nicht hinnehmen, nicht nur aus Angst vor sozialen Konfliktstoffen, sondern auch aus Gründen des wirtschaftlichen Wachstums. Um die Abfallprodukte zu beseitigen, die natürlichen Lebensbedingungen zu erhalten u ld solche grundlegenden Elemente des natürlichen Milieus wie Wasstr und Luft zu degenerieren, bedarf es von vornherein riesiger gesamtgesellschaftlicher Kapitalfonds, die schon nicht mehr auf die unmittelbaren, individuellen Profitinteressen des privaten Kapitals, sondern auf die Bedürfnisse des Gesamtkapitals ausgerichtet sein müssen. Je mehr die wissenschaftlich-technische Revolution voranschreitet, um so mehr verschärft sich der Widerspruch zwischen dem, was objektiv erforderlich und unter sozialistischen Verhältnissen auch möglich ist, und dem, was das kapitalistische System tatsächlich zu entwickeln vermag. Sowohl die zunehmende Militarisierung als auch das Kapitalverhältnis erweisen sich zusehends als relative Schranken des wissenschaftlich-technischen Entwicklungsprozesses. Diese relativen Schranken stehen aber im Gegensatz zur wachsenden Rolle der Forschung und Entwicklung, deren Ergebnisse auf lange Sicht maßgeblich die machtpolitischen Zielsetzungen sowie die unmittelbaren Profitaussichten des Monopolkapitals beeinflussen. Staatliche Forschungspolitik im Dienst monopolistischer
Kapitalverwertung
Mit wachsendem Unvermögen des privaten Kapitals, den objektiven Erfordernissen der Forschung gerecht zu werden, intensivieren die imperialistischen Länder ihre Anstrengungen, das ökonomische Potential des Staates zur Förderung der wissenschaftlich-technischen Entwicklung heranzuziehen. Es gehört schon zur Gepflogenheit der Unternehmerverbände, « Enthalten in: Zukunft im Zeitraffer, Düsseldorf 1968, S. 198.
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ihre Betrachtungen über forschungspolitische Fragen mit ständigen maßlosen Appellen zu verknüpfen, der Staat möge eine noch großzügigere Förderung von Wissenschaft und Forschung in die Wege leiten. Unverblümt erklärt H. Wagner, Präsidialmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, daß der „stärkeren staatlichen Förderung bestimmter Gebiete der industriellen Forschung und Entwicklung . . . ein ökonomischer Sachzwang zugrunde" läge, für den er keine Alternative sähe. 44 Was H. Wagner hierbei den Schein des ökonomischen Sachzwangs verleihen will, ist im Grunde das unfreiwillige Eingeständnis, daß das private Kapital von sich aus nicht mehr imstande ist, die erforderlichen Kapitalmassen längerfristig vorzuschießen und das entsprechende Risiko zu tragen und deshalb auf dii Unterstützung des monopolistischen Staates angewiesen ist, dem weitgehend die Finanzierung und das Risiko aufgebürdet werden, während das Monopolkapital — befreit von dem notwendigen und zunehmenden Kapitalaufwand — den unmittelbaren Nutzen daraus zieht, indem es die staatlich finanzierten Forschungsergebnisse in zusätzlichen Profit ummünzt. In diesem Sinne handelt es sich dann bei dem zunehmenden Engagement des Staates auf dem wissenschaftlich-technischen Sektor um einen zwangsläufigen Prozeß, der von dem Bestreben diktiert ist, das kapitalistische System innerhalb seiner Grenzen mit Hilfe des Staates den objektiven Bedingungen wissenschaftlich-technischer Entwicklung anzugleichen. Diese enge Kooperation zwischen Staat und Monopolkapital auf dem Forschungssektor ist letztlich eine entscheidende Komponente der vollen Entfaltung des staatsmonopolistischen Kapitalismus, auf dem einerseits die wissenschaftlich-technische Allianz von Monopolen und Staat basiert, die aber andererseits wiederum maßgeblich die Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus beschleunigt. Bekanntlich hatte Lenin eingehend den Übergang vom monopolistischen zum staatsmonopolistischen Kapitalismus analysiert, den er definierte als „die Vereinigung der Riesenmacht des ivapitalismus mit der Riesenmacht des Staates zu einem einzigen Mechanismus, der viele Millionen Menschen in einer einzigen Organisation des Staatskapitalismus erfaßt" 45 . An dieser Entwicklung wird das Fortschreiten des Monopolisierungsprozesses deutlich, der über die Ebene des Privatmonopols hinausgeht und sich immer stärker auf die ganze Gesellschaft erstreckt, wodurch es möglich wird, in noch stärkerem Maße die Schranken des Privatkapitals zu durchbrechen und dem Monopolkapital die Verfügungsgewalt über noch größere gesellschaftlich mobilisierte Kapitalmassen einzuräumen. Mit der VerEnthalten in: Vortragsreihe des Deutschen Industrieinstituts, a. a. O., 3/1970. « W . I. LLnin: Werke, band 24, S. 401.
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einigung der Macht der Monopole mit der Macht des Staates zu einem einheitlichen, festgefügten Herrschaftsmechanismus versucht das kapitalistische System, die vom Monopol selbst erzeugten ökonomischen, politischen und sozialen Widersprüche zu lösen. 46 Auf ökonomischem Gebiet fällt dem monopolistischen Staat vor allem die Aufgabe zu, das Monopolkapital vor den Auswirkungen der Widersprüche der Kapitalverwertung, insbesondere vor den Folgen des tendenziellen Falls der Profitrate zu bewahren. 47 Zu diesem Zweck muß der Staat im wachsenden Umfange gesellschaftliches Kapital mobilisieren und anwenden, ohne selbst gezwungen zu sein, das Kapital unmittelbar zu verwerten, so daß die eigentliche Verwertung, die Realisierung des Profits, im privatmonopolistischen Bereich stattfindet. Das trifft ganz besonders für das Forschungskapital zu, das größtenteils der Staat aufzubringen hat, während den Monopolen die unmittelbare Verwertung der wissenschaftlichtechnischen Resultate überlassen wird, womit beabsichtigt ist, die kapitalentwertenden Folgen des Forschungsaufwandes vom Privatkapital fernzuhalten. Das verstärkte Streben der großen Konzerne, die Verfügungsgewalt über entscheidende wissenschaftlich-technische Neuerungen mit Hilfe des Staates zu monopolisieren und ihren weitgespannten machtpolitischen und unmittelbaren Profitinteressen unterzuordnen, löst maßgebliche Impulse zu einer noch engeren Verflechtung des privatmonopolistischen und staatlichen Machtpotentials aus. Nach Auffassung Menke-Glückerts müsse bei der „Funktionalisierung der Forschungspolitik" von der Erfahrung ausgegangen werden, „daß seit Beginn der Industrialisierung sich alle europäischen Nationalstaaten als unfähig erwiesen haben, die Aufgaben der Technik ohne Rückgriff auf Mittel der totalitären Praxis zu lösen" 48 . Dem entspricht dann auch die gerade in der letzten Zeit so oft und dringend gestellte Forderung nach der „Assoziation" von Staat, Wissenschaft und Wirtschaft, die zu einer „Funktionseinheit" zusammenwachsen müßten. Es zeugt von dem Drang der Monopole nach totalitärer Macht, wenn sie alles daran setzen, die zunehmende wissenschaftlich-technische Kooperation von politischen Instanzen, wissenschaftlichen Institutionen und industriellem Management dazu auszunutzen, um ihr Herrschaftssystem zu stabilisieren und auszubauen. Die staatsmonopolistische Förderung der Forschung, 46 47
48
Siehe hierzu: Zur Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus, Berlin 1967. Siehe hierzu K. H. Heise: Profitbesteuerung und Regulierung der Kapitalakkumulation. In: DWI-Forschungshefte, 3/1968. P. Menke-Glückert: Europas technologische Lücke. In: Wirtschaft und Wissenschaft, a.a.O., 2/1968 (Beilage), S. VIII. '
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insbesondere der Groß- und Projektforschung, begünstigt im militärischwissenschaftlich-industriellen Komplex Monopolbildungen, die alle bisherigen Machtstrukturen übertreffen. Indem der Imperialismus bemüht ist, die Anforderungen an die wissenschaftlich-technische Entwicklung mit den Erfordernissen der Kapitalverwertung sowie seinen machtpolitischen Zielsetzungen in Übereinstimmung zu bringen, verstärkt er die dem kapitalistischen System immanenten Widersprüche. In diesem Prozeß bestätigt sich das, was bereits Marx mit den Worten umriß: „Sobald es (das Kapital — K. H. Heise) anfängt, sich selbst als Schranke der Entwicklung zu fühlen und bewußt zu werden, nimmt es zu Formen Zuflucht, die, indem sie die Herrschaft des Kapitals zu vollenden scheinen, durch Zügelung der freien Konkurrenz, zugleich die Ankündigung seiner Auflösung und der Auflösung der auf ihr beruhenden Produktionsweise sind." 49 Ganz offensichtlich trägt das vielschichtige und äußerst weitgehende staatsmonopolistische Förderungssystem der Forschung maßgeblich dazu bei, daß sich der kapitalistische Grundwiderspruch fortwährend verschärft. Es treibt nicht nur die Vergesellschaftung der Produktion enorm voran, sondern ergänzt diesen Prozeß, indem der Gesellschaft nunmehr zusehends zugemutet wird, auch die Verluste bzw. den Kapitalaufwand der großen Konzerne zu tragen, während den Monopolen ständig steigende Profite zufallen. Selbst prinzipielle Befürworter der staatsmonopolistischen Forschungspolitik kommen gelegentlich nicht umhin, auf diesen Gegensatz aufmerksam zu machen, gab doch z. B. der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Lohmar zu, daß es nicht anginge, die Forschung zu „sozialisieren", während die damit erzielten Gewinne sowie die darauf beruhende Macht privatisiert werden. 50 Mit der Vergesellschaftung privatmonopolistischen Kapitalaufwandes flüchtet das forschungsintensive Kapital aus dem Risiko des privatkapitalistischen Eigentums, dessen latente Negation eine neue Stufe erreicht. Diese Entwicklungstendenz veranlaßt bürgerliche Ökonomen, wie z. B. W . Wannenmacher, zu der besorgten Feststellung: „Ist es gerecht, Verluste zu sozialisieren, wenn man vorher die Gewinne privatisierte? Ist die freie Unternehmerinitiative wert, geduldet zu werden, wenn sie im Ernstfall aus dem Risiko flüchtet und dem Staat als Bürgen die Sorge fürs Zahlen überläßt?" 5 1 Die Vertiefung des kapitalistischen Grundwiderspruchs ist aufs engste mit der Entfaltung der inneren Widersprüche der Kapitalverwertung ' l9 K. Marx: Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Berlin 1953, S. 544/545. 50 Die Zeit, a. a. O., Nr. 6 (14. 3.1969). 5 1 W. Wannenmacher: Der geduldete Kapitalismus, Düsseldorf 1964, S. 233. 3
Nikolajew, Forschung
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verbunden. In dem Maße, wie der Staat die Finanzierung der Forschung übernimmt, trägt er die Last der Kapitalentwertung, die sich zusehends auf gesellschaftlicher Ebene vollzieht. Auf der einen Seite mindert das staatliche Engagement auf dem Forschungssektor den Druck auf das private Kapital, mit eigenen Mitteln die Forschungskapazitäten zu erweitern, was einem potentiellen Verlust an Forschungskraft gleichkommt. Auf der anderen Seite zieht das Großkapital den Nutzen aus dem mit staatlichen Mitteln vergrößerten Forschungspotential, ohne genötigt zu sein, den vorgeschossenen Kapitalfonds zurückzuerstatten bzw. ihre Profite in dem notwendigen Ausmaß für neue Forschungen heranzuziehen. Der fehlerhafte Kreislauf ist unverkennbar: Indem das private Kapital infolge der systembedingten Schranken die Forschungskraft stets potentiell einschränkt, stellt es in dem gleichen Maße ständig weitergehende Ansprüche an den Staat, um auf dessen Kosten — genauer: zu Lasten der Werktätigen die unterlassenen Erweiterungen vorzunehmen. Insofern hängt die Entfaltung des Forschungspotentials mehr und mehr davon ab, wie der Staat sich einschaltet. Er kann es nur in dem Umfange tun, wie seine finanzielle Potenz dies erlaubt, und diese wiederum ist nicht unerschöpflich, weil ihre permanente Erweiterung schließlich ebenfalls an die allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Reproduktion gebunden ist. Die Kluft zwischen dem, was der staatlichen Forschungsaktivität abverlangt wird, und dem, wozu der Staat wirklich imstande ist, wird um so größer, je mehr auch in anderen Bereichen der Wirtschaft staatliche Interventionen unumgänglich werden. So vermag der Staat zwar das Privatkapital vor den kapitalentwertenden Folgen der Forschung zu bewahren, aber auch nur dadurch, daß er sie in der permanenten Überforderung seiner Staatsfinanzen zu spüren bekommt. Es verlagert sich lediglich die Ebene, auf der die tiefen, unüberbrückbaren Konflikte der Kapitalverwertung ausgetragen werden. Schließlich führt die militärische Durchdringung der Forschung dazu, daß erhebliche Teile des vorhandenen Potentials parasitär genutzt und somit im volkswirtschaftlichen Sinne vergeudet werden. Die maßlosen militärischen Anforderungen an das Forschungspotential bestimmen weitgehend dessen strukturelle Entwicklung, wodurch zwangsläufig in vielen wissenschaftlichen Teilbereichen Forschungslücken auftreten müssen, die wiederum langfristig das wirtschaftliche Wachstum beeinträchtigen und somit der Erweiterung des Forschungspotentials Grenzen setzen. Somit bewegt sich die staatsmonopolistische Forschungspolitik ständig im Spannungsfeld relativer Stabilisierung und zunehmender Labilität des spätkapitalistischen Gesamtsystems.
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II.
Die staatsmonopolistische Regulierung und Kontrolle der Forschung und Entwicklung
Der staatsmonopolistische Mechanismus (staatliche Institutionen in ihrer gesamten Struktur sowie ihre Funktionen) und das entsprechende Instrumentarium (Hebel, denen sidh der Staat bei der Realisierung seiner Zielsetzungen in der Forschung und Entwicklung bedient) haben sich in einem historischen Prozeß herausgebildet. Dieser Prozeß setzt sich auch heute fort. Ständig werden neue Institutionen der staatsmonopolistischen Eingriffe in die wissenschaftliche Forschung gebildet, alte entsprechend den gewachsenen Anforderungen auf den neuesten Stand gebracht bzw. abgeschafft. Die Organisation des staatlichen Mechanismus in Verbindung mit der Vervollkommnung der Hebel und Methoden zur Regulierung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung erweist sich als ein sehr dynamisches Element in der gegenwärtigen Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus. Die Organisation der Forschung und Entwicklung sowie die Methoden, die der Staat bei der Lenkung der wissenschaftlichen Forschung verwendet, weisen in jedem einzelnen Land nationale Züge und Besonderheiten auf. Wenn sie jedoch aus der Vogelperspektive bei einer Querschnittsuntersuchung betrachtet werden, können gewisse allgemeine Tendenzen und Gesetzmäßigkeiten festgestellt werden. Dabei muß die historische Betrachtung dieser Entwicklung berücksichtigt werden, d.h., einige Besonderheiten in der Entwicklung der Forschung und Entwicklung werden durch zeitlich unterschiedliche Stufen in der Herausbildung des staatsmonopolistischen Mechanismus bedingt. In der historischen Retrospektive kann eine Ungleichmäßigkeit dieser Entwicklung festgestellt werden. So war es zu Anfang das frühere imperialistische Deutschland, in dem der staatsmonopolistische Apparat im Vergleich zu anderen Ländern stark ausgeprägt war. Das Gegenteil traf für die USA zu. Gegenwärtig hat sich die Lage geändert. Es ist heute Westdeutschland, das gewisse allgemein geltende Entwicklungstendenzen mit Verzögerung wiederholt. Die USA setzen sich dagegen an die Spitze dieser Entwicklung. Sicher sind die Beziehungen zwischen dem Staat und der wissenschaftlichen Forschung keine Monopolerscheinung der Gegenwart. Man kann sie durch Jahrhunderte der menschlichen Geschichte verfolgen. 3*
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Es war jedoch Anfang des X X . Jahrhunderts, als sich ein qualitativ neues Verhältnis zwischen kapitalistischem Staat und Wissenschaft herauszukristallisieren anfing. Nicht mehr Mäzenentum, Laune des Kaisers oder Königs bzw. die Mode, sondern die Anerkennung des Nutzens der wissenschaftlichen Forschung und ihrer steigenden Rolle bei der Realisierung wichtiger Ziele der herrschenden Kreise kapitalistischer Länder war der wirkliche Grund für das zunehmende Interesse des Staates für die Wissenschaft. Da unter diesen Zielen Hegemonieansprüche und Kriegsvorbereitung einzelner imperialistischer Mächte den Vorrang hatten, stand die staatsmonopolistische Entwicklung auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung mit der Militarisierung in einem engen Zusammenhang. E s war kein Zufall, daß sich das Kaiserdeutschland, das nach der Umverteilung der Welt strebte, an die Spitze dieser Bewegung setzte. Damit hat die Militarisierung von vornherein als ein mächtiger Katalysator der staatsmonopolistischen Entwicklung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung gewirkt. Bereits der I. Weltkrieg hat demonstriert, welche großen potentiellen Möglichkeiten die Wissenschaft hatte. Mit dem Ausbruch des II. Weltkrieges fing eine neue Etappe in der Entwicklung des staatsmonopolistischen Mechanismus der Forschung und Entwicklung und seines Instrumentariums an. So hat England von vornherein sein gesamtes wissenschaftliches Potential für die Kriegführung mobilisiert. In den USA entstand zum ersten Mal in kapitalistischen Ländern eine Großforschung. Sie hing mit dem berühmten Brief von Albert Einstein an den US-Präsidenten Roosevelt zusammen, in dem er Roosevelt vor der Gefahr des Mißbrauchs der Atomenergie durch die Nazis warnte. Als Reaktion darauf wurde das „Manhattan-Project" gegründet, das ca. 7000 Wissenschaftler und Ingenieure umfaßte und an den staatlichen Apparat mit seiner Kriegsmaschine angeschlossen war. Nach der Beendigung des II. Weltkrieges haben sich die Positionen der führenden imperialistischen Mächte in der Welt weiter verschlechtert. Unter diesen Bedingungen versuchte der kapitalistische Staat, die Wissenschaft durch eine zielorientierte Förderung der Forschung in seine aggressiven Pläne einzubeziehen. Dadurch wurde die Wissenschaft zu einem wichtigen Bestand des kalten Krieges. In diesem Zusammenhang wurde der staatliche Einfluß ausgebaut und vertieft. Es haben sich vor allem in den USA und Großbritannien zwei Schwerpunkte der Forschung abgezeichnet: Militärforschung und Atomforschung — zwei Großforschungsgebiete (big sciences). Dies zeigt gleichfalls, wie sich der Ausbau des staatsmonopolistischen Mechanismus auf dem Gebiet der wissenschaftlichen 36
Forschung oft als eine bestimmte Reaktion des Staates auf ungünstige Entwicklung sowohl im Ausland als auch im Innern des Landes vollzieht. Der erfolgreiche Start des ersten sowjetischen Sputniks hat im kapitalistischen Lager einen echten Schock verursacht. Sofort entstand in führenden kapitalistischen Industrieländern ein drittes Großforschungsgebiet — die Raumfahrtforschung. Es wäre jedoch eine starke Simplifizierung, wenn man sich bei der Charakterisierung des staatsmonopolistischen Kapitalismus nur auf bereits geschilderte Erscheinungen beschränkt. Es zeigen sich qualitativ neue Prozesse und Beziehungen, die davon sprechen, daß es sich um bestimmte allgemeine Entwicklungstendenzen und Gesetzmäßigkeiten handelt. So werden die Verbindungen zwischen dem Staat und den Monopolen in der Forschung und Entwicklung, die früher einen sporadischen Charakter trugen, bedeutend gefestigt. Sie tragen jetzt einen regelmäßigen Charakter. Der kapitalistische Staat übernimmt die Funktion, die Wissenschaftsgebiete zu fördern, die die ökonomischen Möglichkeiten der mächtigsten Konzerne übersteigen bzw. für die Privatindustrie nicht profitabel sind. So fallen in den Bereich dieser Förderung meistens unrentable Grundlagenforschung, ein Teil der angewandten Forschung sowie ganze Gebiete, die aus diesem Grund zu nationalen Schwerpunktprogrammen erklärt werden. Der Staat geht dazu über, eine Art Informationsdienst im nationalen und internationalen Maßstab zu organisieren. Der Staat übernimmt zunehmend die Aufgaben der Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung sowie der Organisation der Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb des Landes. Damit setzt sich bewußt oder unbewußt die Erkenntnis durch, daß die Effektivität der Forschung und Entwicklung in einem bedeutenden Maße nicht von einzelnen erfolgreichen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, sondern von der Förderung eines Komplexes abhängt. Dieser Komplex erfaßt solche organischen Bestandteile wie Grundlagenforschung, angewandte Forschung, Entwicklung, Ausbildung der Fachkräfte, Informationsdienst und ähnliches. Im Rahmen dieses Komplexes wird zunehmend versucht, die Beziehungen zwischen technischen und Naturwissenschaften und Gesellschaftswissenschaften zu festigen. Wenn die Machtstellung eines kapitalistischen Industrielandes in einem engen Verhältnis zu seiner ökonomischen Stärkung steht, ist der kapitalistische Staat gezwungen, sich den rein ökonomischen Wachstumsproblemen zuzuwenden. Dazu ist ebenfalls die Förderung der Forschung und Entwicklung erforderlich, die nicht unmittelbar mit Militär-, Atombzw. Raumfahrtforschung zusammenhängt. Es reicht z. B. für die Stellung Großbritanniens im kapitalistischen Lager nicht mehr aus, daß es imstande ist, Atomwaffen herzustellen, Raketen und Flugzeuge zu bauen, wissen37
schaftlich-technische Leistungen zu vollbringen. Das Prestige Englands als Weltmacht ist dadurch erheblich gesunken, daß sich seine Wirtschaft im Vergleich zu anderen kapitalistischen Ländern langsamer entwickelt, daß seine Wachstumsraten niedriger als in anderen Ländern (u. a. in Westdeutschland) liegen. Es genügt also einem kapitalistischen Industrieland nicht mehr, die Forschung und Entwicklung zu betreiben, um nur neue Kriegstechnik zu entwickeln bzw. einige wissenschaftlich-technische Leistungen schlechthin zu demonstrieren. Der Staat muß durch die Forschung und Entwicklung auch das Wachstum der Monopole fördern, sogar in den Reproduktionsprozeß der Betriebe eingreifen. Daraus entstehen enge Verkopplungen zwischen Staat und Monopolen, die diese staatsmonopolistische Förderung zu ihrem Vorteil auszunutzen verstehen. Aus der Gesamtheit der staatsmonopolistischen Eingriffe in die wissenschaftliche Forschung geht hervor, daß die führenden kapitalistischen Industrieländer insgesamt auf die Ausarbeitung einer Wissenschaftspolitik im nationalen Maßstab zielen, die die gesamte wissenschaftliche Forschung erfassen und sie entsprechend den imperialistischen Zielsetzungen des Staates lenken und steuern soll. Diese Wissenschaftspolitik soll nicht unbedingt ein einziges Dokument sein bzw. unter der Überschrift einer Wissenschaftspolitik füngieren. Sie kann in einer Reihe von inhaltlich nicht aufeinander abgestimmten Dokumenten ausgedrückt werden. Diese Dokumente zeigen jedoch eine bestimmte Wissenschaftspolitik hinsichtlich der Zielsetzungen, Methoden und Mittel für ihre Realisierung usw. Im folgenden wird auf zwei Aspekte der staatlichen Regulierung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung eingegangen. Einer davon beinhaltet die Untersuchung des Mechanismus der staatlichen Beeinflussung der wissenschaftlichen Forschung sowie der Institutionen, die mit der Ausarbeitung einer Wissenschaftspolitik beauftragt werden. Der andere Aspekt hängt mit dem Instrumentarium zusammen, das für die Durchführung der Wissenschaftspolitik eingesetzt wird.
1.
1.1.
Der Mechanismus der staatlichen Beeinflussung der wissenschaftlichen Forschung
USA
Die Rolle, die der amerikanische Staat (die Bundesregierung) bis Anfang des II. Weltkrieges bei der Organisation der Forschung Lande spielte, war bescheiden. Die Zahl der Institutionen des Staates, sich mit der Forschung und Entwicklung beschäftigten, war begrenzt. 38
zu im die So
können neben den Forschungseinrichtungen in der Landwirtschaft und Medizin noch National Advisory Committee for Aeronautics (Nationales Beratungskomitee für Aeronautik — gegründet 1915) sowie Naval Research Laboratory (Forschungslaboratorium der Kriegsmarine — gegründet 1923) genannt werden. Die Herausbildung des staatlichen Mechanismus der Forschung und Entwicklung wird durch die Beteiligung der USA an dem II. Weltkrieg bedeutend forciert. Gleich am Anfang wurde das National Defence Research Committee (das Nationalkomitee für die Verteidigungsforschung) gebildet, das Wissenschaftler aus den Universitäten und der Industrie für die Entwicklung der Militärtechnik einsetzen sollte. Eine weitere Institution — Office of Scientific Research and Development (Office für die wissenschaftliche Forschung und Entwicklung) —, die danach im Jahre 1941 gegründet wurde, hatte einen breiteren Tätigkeitsbereich und beabsichtigte, das gesamte wissenschaftliche Potential des Landes für die Kriegführung zu mobilisieren. Das Office erhielt im weiteren die Aufgaben, die wissenschaftliche Forschung zwischen verschiedenen Ministerien zu koordinieren sowie staatliche Verträge mit den Monopolen abzuschließen. Der Direktor des Office of Scientific Research and Development unterstand dem Präsidenten der USA. Das Office besaß keine eigenen Laboratorien. Es unterstützte jedoch die Gründung der Forschungszentren, die den Hochschulen auf der Vertragsbasis in die Verwaltung übergeben wurden. Solche Forschungszentren z. B. waren: Applied Physics Laboratory der John-Hopkins-Universität, Radiation Laboratory des Massachusetts Institute of Technology, Jet Propulsion Laboratory des California Institute of Technology. Damit hat sich die Besonderheit der amerikanischen staatlichen Forschung von vornherein abgezeichnet, die meisten staatlichen Forschungsvorhaben als Vertragsforschung zu betreiben. Der Direktor des Office of Scientific Research and Development, Vannevar Bush, hat 1944 in dem Bericht an den Präsidenten die Gründung einer staatlicheil Institution empfohlen, der National Science Foundation, die sich mit der Förderung der Grundlagenforschung und Bildung im nationalen Maßstab beschäftigen sollte. Der Vorschlag stieß jedoch auf Widerstand des Kongresses, und seine Realisierung wurde bis 1950 verzögert. Wenn auch das Office of Scientific Research and Development nach dem Kriege abgeschafft wurde, so setzte man doch die Militärforschung in den amerikanischen Streitkräften fort. 1947 wurde die Research and Development Board (Forschungs- und Entwicklungsbehörde) in dem National Military Establishment (später Verteidigungsministerium) gegründet, um 39
die Militärforschung zu organisieren und zu koordinieren. Noch früher, im Jahre 1946, wurde die Atomic Energy Commission (Kommission für die Atomenergie) ins Leben gerufen. Damit haben sich gleich nach dem Kriege zwei Schwerpunkte der staatsmonopolistischen Förderung der Forschung und Entwicklung deutlich abgezeichnet: Militär- und Atomforschung, die mit den aggressiven Zielen des amerikanischen Imperialismus zusammenhingen. Ein weiterer Schritt in der Organisation des staatsmonopolistischen Mechanismus der Forschung und Entwicklung bestand in der Gründung (1950) der staatlichen Stiftung zur Förderung der Grundlagenforschung und Bildung — National Science Foundation. In dieser Funktion wurde sie jedoch bisher nicht effektiv, weil die Grundlagenforschung schlechthin weder die amerikanische Regierung noch amerikanische Militärs interessierte. Als Reaktion auf den ersten sowjetischen Sputnik wurde 1957 der Posten eines Sonderberaters für Wissenschaft und Technik beim Präsidenten eingeführt (Special Assistant to the President for Science and Technology). Ihm oblag die Beratung des Präsidenten in Fragen der nationalen Politik unter der Einbeziehung der Wissenschaft und Technik (vgl. Abb. 1). Der Sonderberater wurde gleichzeitig zum Vorsitzenden des in dem gleichen Jahr gebildeten President's Science Advisory Committee (des Beratungskomitees des Präsidenten für wissenschaftliche Fragen) sowie zum Direktor des Office of Science and Technology (Amt für Wissenschaft und Technik), das 1962 gegründet wurde, ernannt. In seiner Funktion als Direktor des Office of Science and Technology tritt der Sonderberater als politischer Vertreter der amerikanischen Wissenschaft vor dem Kongreß und im Ausland auf. Die Bildung des Postens eines Sonderberaters und anderer staatlicher Institutionen zeigt eine weitere Besonderheit der Organisation der staatlichen Forschung und Entwicklung in den USA — das pragmatische Herangehen an die Schaffung neuer Organe. Sobald von der amerikanischen Regierung ein wichtiges Problem anerkannt wird, das die Einbeziehung der Wissenschaft und Technik erfordert, folgt die Bildung einer zuständigen staatlichen Institution. Dies ist ein besonderes Merkmal der amerikanischen Forschung. Das im Jahre 1957 gegründete President's Science Advisory Committee sollte die fachliche Beratung des Präsidenten durchführen sowie Studien und Analysen über die Lage der wissenschaftlichen Forschung im Lande unternehmen. Das Komitee arbeitet Vorschläge zur Entwicklung der Wissenschaft und Technik aus. Es ist eine rein konsultative Institution und umfaßt 18 profilierte Wissenschaftler und Ingenieure aus den Universitäten, der Industrie sowie anderen Forschungseinrichtungen. Das Komitee bezieht in seine Arbeit Experten von außerhalb, darunter alle bisherigen Sonder40
berater der Präsidenten, ein. Bereits der Aufbau dieser Institution zeigt, daß das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf inhaltlichen Untersuchungen der Entwicklung der Wissenschaft sowie der Verwertung der Forschungsergebnisse in der Wirtschaft in großen Zügen liegt. Von diesem Standpunkt aus beteiligt sich das Komitee an der Ausarbeitung der Wissenschaftspolitik (vgl. Abb. 1). Für die Förderung der Raumfahrtforschung — des dritten Gebietes der Großforschung der USA — wurde 1958 die National Aeronautics and Space Administration (NASA) gegründet. Die Behörde, die mit der Durchführung von großen zivilen Forschungsprogrammen in der Raumfahrt beauftragt wurde, erhielt auch die Aufgaben, das dafür benötigte Personal auszubilden sowie Informationen über die Raumfahrtforschung zu sammeln und zu verbreiten. Die Behörde besitzt zwar ihre eigenen Laboratorien, betreibt jedoch die Forschung und Entwicklung zu ca. 90% auf der Vertragsbasis außerhalb der Behörde. 1 Die Spezifik einer weiteren Regierungsinstitution, des Federal Council for Science and Technology (Bundesrat für Wissenschaft und Technik), der 1959 ins Leben gerufen wurde, ist bereits aus seiner Zusammensetzung ersichtlich. Ihm gehören hohe Regierungsbeamte an, die für die Fragen der Wissenschaft und Technik in Bundesministerien und anderen staatlichen Organen zuständig sind; ferner der Special Assistant to the President for Science and Technology und je ein Vertreter mit offiziellen Vollmachten von folgenden Ministerien und Behörden: Pentagon, Innenministerium, Ministerien der Landwirtschaft, Finanzen, Gesundheit, Bildung, darin sind auch eingeschlossen: der Direktor der National Science Foundation, der Administrator der National Aeronautics and Space Administration, ein Vertreter der Atomic Energy Commission. Der Council untersucht in seiner Arbeit Probleme der Wissenschaft und Technik, die mehrere staatliche Ministerien und andere hohe Organe betreffen bzw. Bedeutung für die gesamte Forschung im Lande haben. Dies sind also im wesentlichen verwaltungsbezogene Probleme in der Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus kann der Rat solche Aspekte der Wissenschaftspolitik untersuchen wie — Einfluß der Forschung und Entwicklung, die durch den Staat finanziert wird, auf die sonstige Forschung und Entwicklung des Landes; — langfristige Forschungsprogramme, die die Anforderungen der Bundesregierung an die wissenschaftlich-technische Forschung widerspiegeln sollen, sowie — Einfluß der sonstigen Forschung und Entwicklung auf die wissenschaftliche Forschung, die durch den Bund gefördert wird. 1 Reviews of National Science Policy, United States, O E C D , Paris, S. 115, 1968.
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Die Arbeit des Rates erfolgt in spezialisierten Komitees. Die Koordinierung der problembezogenen und der verwaltungsbezogenen Aspekte der wissenschaftspolitischen Maßnahmen wird dadurch erreicht, daß sowohl der President's Science Advisory Council aus Vertretern der Wissenschaft und Monopole als auch der Federal Council for Science and Technology aus Vertretern der Ministerien von dem Sonderberater des Präsidenten für wissenschaftliche Fragen geleitet werden. Ein weiteres beratendes Organ ist das Office of Science and Technology, das 1962 auf Beschluß des Kongresses geschaffen wurde. Ähnlich wie die bereits geschilderten Organe wird das Office of Science and Technology ebenfalls vom Sonderberater des Präsidenten geleitet. Der Sonderberater benutzt das Office zur: — Ausarbeitung der politischen Grundlinien, Pläne und Programme der wissenschaftlich-technischen Forschungsarbeiten, indem er den militärischen, militär-politischen und strategischen Aspekten und der Verbindung von wissenschaftlich-technischen Forschungsarbeiten mit der ökonomischen Entwicklung des Landes die Hauptaufmerksamkeit widmet; — Prüfung der einzelnen technischen Programme im Lichte der allgemeinen Politik des Staates; — Durchführung der allgemeinen Untersuchungen und Koordinierung der wichtigsten staatlichen Maßnahmen auf dem Gebiete der Forschung und ihrer Koordinierung mit den nichtstaatlichen Forschungseinrichtungen; — Förderung der Entwicklung von Wissenschaft und Technik im Rahmen des Staates. Die Bedeutung des Office of Science and Technology besteht darin, daß dieses Organ gleichzeitig zum Executive Office of the President gehört, Zutritt zu allen staatlichen Quellen hat, mit dem Kongreß verbunden ist und für seine Arbeit die Dienste der Vertreter sowohl des staatlichen als auch des nichtstaatlichen Sektors ausnutzen kann. Das Office of Science and Technology kann zu seinen Arbeiten das President's Science Advisory Committee, Federal Council for Science and Technology, National Science Foundation, National Academy of Sciences und Bureau of Budget heranziehen. Das Office of Science and Technology spielt eine besondere Rolle bei der Ausarbeitung des Bundeshaushaltes. Das Office und das Bureau of Budget besprechen gemeinsam wichtige Probleme auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik. Dabei stützen sie sich auf Untersuchungen und Analysen, die von dem Federal Council for Science and Technology und anderen Institutionen vorbereitet werden. Der Sonderberater für wissenschaftliche Fragen, der zum Präsidenten der USA unmittelbaren Zugang hat, hält die Beziehungen aufrecht: durch 42
President's Science Advisory Committee zur Wissenschaft, zu den Monopolen und sonstigen Forschungseinrichtungen des Landes, durch den Federal Council for Science and Technology zu Ministerien und sonstigen staatlichen Organen, durch das Office of Science and Technology zum Kongreß. Es muß jedoch berücksichtigt werden, daß die Funktionen der amerikanischen staatlichen Organe, die sich mit der Forschung und Entwicklung beschäftigen, nicht exakt abgegrenzt sind. Bei der globalen Betrachtung des amerikanischen staatsmonopolistischen Mechanismus der Regulierung und Kontrolle der Forschung und Entwicklung muß die besondere Rolle des Präsidenten in diesem System hervorgehoben werden. Diese Spezifik der amerikanischen Struktur kann am besten mit der folgenden Beschreibung veranschaulicht werden. „ . . . Betrachte die Regierung der US als die größte Corporation in der Welt mit etwa 10 Hauptabteilungen (Divisions) und mit den 25 Institutionen, die sich am meisten mit der Forschung und Entwicklung befassen, und mit den Aufwendungen von etwa 15 Mrd. Dollar pro Jahr von den 100 Mrd. Dollar des verfügbaren Haushalts. Ihre wissenschaftlichen und technologischen Projekte schließen u. a. ein: Waffensysteme, Raumfahrttechnik, nukleare Reaktoren, landwirtschaftliche Verfahren, Wettervorhersagen, Gesundheitswesen, Entwicklung von Naturressourcen, Transportsysteme und Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Der Leiter dieser großen Corporation ist der Präsident." 2 Die wichtige Rolle, die der Präsident der USA bei der Ausarbeitung und Durchführung der wissenschaftlich-technischen Programme im Maßstab des Landes spielt, schlägt sich in der Struktur des zentralen Apparates des Präsidenten nieder. Das Informations-, Koordinierungs- und Kontrollinstrument bildet dabei das Executive Office des Präsidenten, das aus einer Gruppe von Institutionen und Komitees zusammengestellt wird, die dem Präsidenten bei der Ausarbeitung und Durchführung von imperialistischen Zielsetzungen helfen. Von der Bedeutung dieses „Generalstabes" der amerikanischen Globalstrategie spricht bereits die Tatsache, daß die Zahl seiner Mitarbeiter von 1940 bis 1965 von 912 auf 1969 Personen anstieg. 3 Im Rahmen des Executive Office des Präsidenten beschäftigen sich mit den Problemen der Wissenschaftspolitik spezialisierte und nichtspezialisierte Institutionen und Komitees. Von den nichtspezialisierten Institutionen können National Security Council (Nationaler Sicherheitsrat) sowie Council of Economic Advisers 2 Reviews of National Science Policy, United States, OECD, Paris, 1968, S. 6 1 . 3
Reviews of National Science Policy, United States, OECD, Paris, 1968, S. 67.
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(Rat der ökonomischen Berater) und Bureau of Budget (Vorbereitung des Staatshaushaltes) genannt werden. Von den spezialisierten Institutionen, die sich innerhalb des Executive Office mit allgemeinen Problemen der Formulierung, Koordinierung und Kontrolle der Wissenschaftspolitik im Lande beschäftigen, können das bereits dargestellte Office of Science and Technology, President's Science Advisory Committee und das Federal Council for Science and Technology erwähnt werden. Für die Überwachung und Kontrolle bestimmter wichtiger Gebiete der wissenschaftlichen Forschung dienen solche Behörden wie National Aeronautics and Space Council (Nationalrat für Luftfahrt und Raumfahrtforschung — gegründet 1958) und National Council for Marine Resources and Engineering Development (Nationalrat für Meeresressourcen und die Technik ihrer Gewinnung — gegründet 1966). Von der Bedeutung dieser Institutionen spricht bereits ihre Zusammensetzung. So schließt der National Aeronautics and Space Council den Staatssekretär, den Verteidigungsminister, den Leiter der N A S A und den Vorsitzenden der Atomic Energy Commission ein. Der Apparat für die Ausarbeitung und Durchführung von Entscheidungen des Präsidenten auf dem Gebiet der Wissenschaftspolitik ist insgesamt in der Abbildung 1 dargestellt. Der amerikanische Kongreß hat seinerseits einen bestimmten Mechanismus, mit dem er in die wissenschaftliche Forschung des Landes effektiv eingreifen kann. Im Repräsentantenhaus dienen dazu u. a. solche Komitees wie das Appropriation Committee, das die Probleme des Staatshaushaltes, darunter die Mittel für die Forschung und Entwicklung, untersucht. Im weiteren ist im Senat auf dem Gebiet der Militärforschung das Armed Forces Committee tätig. Die Atomforschung wird von dem Kongreß durch das gemeinsame Komitee — Joint Committee on Atomic Energy — überwacht und kontrolliert. Auf dem Gebiet der Raumfahrtforschung bestehen ebenfalls Komitees des Repräsentantenhauses und des Senats. Wichtige Untersuchungen der Lage in der wissenschaftlichen Forschung auf bestimmten Gebieten werden durch die sogenannten Hearings in dem Kongreß (Diskussionen unter Einbeziehung von Regierungsbeamten und Vertretern der Industrie, der Universitäten und sonstigen Institutionen) durchgeführt. Zusammenfassend läßt sich erkennen, daß der Bundesmechanismus der Regulierung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung im Lande aus zwei Gruppen von Institutionen besteht: — Institutionen, die dem Präsidenten untergeordnet sind und dem Executive Office angehören. Sie sind an der Vorbereitung und Durchführung von
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Entscheidungen des Präsidenten auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung beteiligt; — Institutionen, die im Kongreß tätig sind. Alle diese Institutionen bedienen sich im starken Maße der fachlichen Beratung der Experten von außerhalb. Dies ist überhaupt ein wesentliches Merkmal der Organisation der wissenschaftlichen Forschung in den USA. Die Beteiligung der Experten auf verschiedenen Ebenen ist durch die Mobilität der wissenschaftlichen Kräfte (häufiger Arbeitsplatzwechsel zwischen den Monopolen und den Universitäten und dem Staatsapparat) bedeutend erleichtert. Diese Expertenberatung wird von den Monopolen und bestimmten akademischen Kreisen ausgenutzt, die von der Militär-, Atom- und Raumfahrtforschung besonders profitieren. Dies ist bereits dadurch bedingt, daß die wissenschaftlichen Experten hauptamtlich in den Konzernen und an den Universitäten und in sonstigen Forschungseinrichtungen tätig sind. Sie können ihre Beratung zur Beeinflussung der Regierungsentscheidungen in eigennützigen Interessen von bestimmten Monopolgruppen ausnutzen, die mit den aggressiven Plänen des amerikanischen Imperialismus besonders eng verbunden sind. Ein weiteres spezifisches Merkmal des amerikanischen staatsmonopolistischen Mechanismus der Regulierung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung besteht in ungenauen Abgrenzungen der Tätigkeitsbereiche einzelner staatlicher Institutionen. Dadurch entstand die pluralistische Struktur des amerikanischen Mechanismus der Regulierung und Kontrolle der Forschung und Entwicklung. Zum Beispiel betreiben die Raumfahrtforschung neben der NASA das Pentagon, die Atomenergiekommission und weitere staatliche Institutionen. Obgleich dieser Pluralismus vom Staat in gewissen Grenzen gefördert wurde, um eine Monopolstellung einzelner Regierungsbehörden für bestimmte Forschungsgebiete zu vermeiden und dadurch die Effektivität der Entscheidungen übet wissenschaftliche Programme im Interesse des gesamten Monopolkapitals zu erhöhen, können sogar die Vertreter der amerikanischen Regierung nicht verschweigen, daß auf diese Weise eine riesige Vergeudung der gesellschaftlichen Ressourcen entsteht. Beispielsweise wurden zwischen der Regierung der USA und der Industrie ca. 400 verschiedene Verträge für die Entwicklung eines neuen optischen Laser-Gerätes abgeschlossen. Nach Meinung der Spezialisten würden bereits 40 Verträge ausreichen, um dasselbe Projekt erfolgreich durchzuführen. Mit anderen Worten: die Mittel für 360 Verträge hätten für andere nützliche Ziele eingesetzt werden können/* 4 Reviews of National Science Policy, United States, OECD, Paris, 1968, S. 97.
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Diese Besonderheit des amerikanischen Systems wird besonders ersichtlich, wenn man dabei die Zunahme der Forschungsprogramme für die Forschung und Entwicklung und eine Verlangsamung der Wachstumskurve der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen berücksichtigt. Aus diesem Grund wird gegenwärtig eine Kompromißlösung angestrebt. Bei der Vielzahl der staatlichen Institutionen, die sich mit der Forschung und Entwicklung befassen und ihre Funktionen und Tätigkeitsbereiche bei der Bestimmung von Forschungsvorhaben nicht abgrenzen, ergibt sich die Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung als ein besonders schwieriges Problem. Da es keinen Staatshaushalt als solchen für die Forschung und Entwicklung in den USA gibt und keine Möglichkeit besteht, durch das einheitliche wissenschaftliche Budget die Forschung zu steuern, werden gegenwärtig ca. 50000 Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung eingespeichert, um dadurch einen allgemeinen Überblick über die Forschung und Entwicklung zu gewinnen, die vom Staat gesteuert wird. 5 Die Möglichkeit der Koordinierung der Forschung wird durch die Struktur des Executive Office des Präsidenten gegeben, in dem alle staatlichen Behörden vertreten sind, die die Forschung und Entwicklung betreiben. Eine besondere Rolle ist dabei dem Office of Science and Technology zugewiesen. E s kann bei der Koordinierung solche Mittel einsetzen wie Diskussionen, Erklärungen, Konferenzen, Berichte, Zusammenkünfte der interessierten Seiten, Druck mit Hilfe des Staatshaushaltes sowie Entscheidungen des Präsidenten. Spezialisierte Behörden des Präsidenten können bestimmte Gebiete der Forschung koordinieren. So koordiniert z. B. der National Aeronautics and Space Council die Raumfahrtforschung der NASA, des Pentagons, der Atomenergiekommission, des Handelsministeriums und der National Science Foundation. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß in den USA keine einheitliche Wissenschaftspolitik mit einem gesondert dafür ausgewiesenen Haushalt für die Finanzierung vorhanden ist. Die Vielzahl von staatlichen Institutionen, die der Bundesregierung ermöglichen, nationale wissenschaftliche Ressourcen im Interesse des Monopolkapitals zu mobilisieren, zu orientieren und zu kontrollieren, gibt ein scheinbares Mosaik oder eine Konstellation von verschiedenen wissenschaftlichen Forschungsprogrammen. Diese Mosaikstücke vereinigen sich letzten Endes in einer Art Wissenschaftspolitik. Dies geschieht nicht unmittelbar, d. h. nicht in Form eines einheitlichen Dokumentes, das mit dem Titel der Wissenschaftspolitik vers Op. cit. S. 544.
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A b b . 1. Struktur des staatlichen Mechanismus f ü r Forschung und Entwicklung ( U S A ) Quelle: Reviews of National Science Policy, United States, O E C D , Paris 1968, S. 76
sehen wird, sondern durch die Integration der Forschungsprogramme in größere politische Konzeptionen, die insgesamt die Politik der amerikanischen Globalstrategie bilden. Hinzu kommt noch, daß wichtige Ziele in der wissenschaftlichen Forschung im nationalen Maßstab durch strategische imperialistische Zielsetzungen definiert werden, die von der Regierung der USA zusammen mit dem Kongreß ausgearbeitet werden. Der Präsident der USA spielt dabei eine wichtige Rolle, und die Prozedur der Ausarbeitung und Bestätigung des Staatshaushaltes bleibt die beste Garantie, daß diese Zielsetzungen sowie die Entscheidungsmacht des Präsidenten gesichert werden. Die Prioritätsprogramme in der Forschung und Entwicklung, die in dem 47
Jahresbudget festgelegt werden, bilden eine „Charta" der amerikanischen Regierung. Eine Art Wissenschaftspolitik, die durch die staatliche Finanzierung realisiert wird, wird dabei im wesentlichen vom Bureau of Budget, vom Office of Science and Technology des Executive Office des Präsidenten, von der National Science Foundation und vom Committee for Science and Public Policy (Komitee für Wissenschaft und öffentliche Politik) der Nationalen Akademie der Wissenschaften ausgearbeitet. Wie bereits erwähnt, spielen dabei das Bureau of Budget und das Office of Science and Technology eine entscheidende Rolle.
1.2.
Gr oßbritannien
Die Herausbildung des staatsmonopolistischen Mechanismus zur Lenkung und Kontrolle der Forschung und Entwicklung fängt in Großbritannien um die Jahrhundertwende an. Als ein Beispiel kann die Gründung des staatlichen National Physical Laboratory im Jahre 1900 genannt werden. Der staatliche Einfluß auf die wissenschaftliche Forschung im Lande wurde durch den I. Weltkrieg verstärkt. Einen wichtigen Schritt bildete dabei im Jahre 1916 die Gründung des Department of Scientific and Industrial Research (Department für wissenschaftliche und Industrieforschung). Die neue Einrichtung wurde beauftragt, die Industrieforschung durch eigene Laboratorien bis zur Anwendungsreife der Ergebnisse zu fördern. Zu weiteren staatlichen Neugründungen, die sich mit der Forschung befaßten, gehören in der Zeit zwischen zwei Weltkriegen das Medical Research Council (medizinischer Forschungsrat — gegründet 1920) sowie der Agricultural Research Council (landwirtschaftlicher Forschungsrat — gegründet 1931). Die Entwicklung des staatsmonopolistischen Mechanismus auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung wurde durch den II. Weltkrieg beschleunigt. Gleich beim Ausbruch der Kriegshandlungen wurde das Scientific Advisory Committee (wissenschaftliches Beratungskomitee) in dem Kriegskabinett gebildet. Das Komitee wurde mit der Koordinierung der Zivil- und Militärforschung beauftragt. Nach der Beendigung des Krieges setzte in England eine beschleunigte Entwicklung der staatlichen Institutionen ein, die sich mit einer zielgerichteten Förderung der wissenschaftlichen Forschung befassen sollten. Die Intensivierung der staatsmonopolistischen Entwicklung auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung ist zweifelsohne auf die Rolle des 48
englischen Imperialismus zurückzuführen, im Bündnis mit der anderen Siegermacht — den USA — zu versuchen, das kapitalistische System vor dem Zerfall zu bewahren. So wurde gleich nach dem Krieg das Defence Research Committee (Komitee für Forschungspolitik für Militärziele) gegründet. Die staatliche Unterstützung der Forschung verfolgte auch ein anderes Ziel. Es bestand darin, durch eine staatlich geförderte Integration der wissenschaftlichen Forschung in den Reproduktionsprozeß die weitgehend verschlechterte ökonomische Stellung des englischen Monopolkapitals zu verbessern. Der ebenfalls nach der Beendigung des Krieges gebildete Advisory .Council on Scientific Policy (Beratungsrat für Wissenschaftspolitik) wurde mit der Beratung der Regierung über Fragen der wissenschaftlichen Forschung, Vorbereitung der Gutachten sowie allgemeiner Überwachung der Wissenschaftspolitik des Landes beauftragt. Für die Förderung der Atomforschung, die der Staat von vornherein als seine Aufgabe betrachtete, wurde 1954 die Atomic Energy Authority (Atomenergiebehörde) gegründet. Sie unterstand zu Anfang dem Ministerpräsidenten, wurde jedoch mit der Gründung des Postens des Wissenschaftsministers (1959) dem letzteren übergeben (das Gebiet der Zivilforschung). 1964 wurde die Zuständigkeit des Wissenschaftsministers auf das Ministerium für Bildung und die Forschungsräte auf dem Gebiet der Grundlagenforschung (Research Councils) erweitert. Daraus entstand das Ministerium für Bildung und Wissenschaft. Eine wichtige Reorganisation des staatlichen Regulierungsmechanismus auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung fing 1965 an. Danach wurde das Department of Scientific and Industrial Research aufgelöst und seine Funktionen zwei neuen Räten und dem neuen Ministerium für Technik übergeben (vgl. Abb. 2). Dabei war der Science -Research Council (der wissenschaftliche Forschungsrat) für die Finanzierung der Universitäten und die Lenkung der Grundlagenforschung zuständig. Der zweite der Räte — Natural Environment Research Council (Umweltprobleme) — wurde mit einem breiten Spektrum ökologischer Probleme beauftragt, unter anderem Geophysik und Meeresforschung. Mit der Auflösung des Department of Scientific and Industrial Research übernahm das neue Ministerium für Technik die Leitung der Forschungsinstitute. Es wurde gleichzeitig für die Atomenergiebehörde (Zivilforschung) sowie die National Research Development Corporation (Nationale Korporation für die Entwicklung der Forschungsergebnisse) verantwortlich gemacht. Die letzte Institution, die seit 1949 existiert, fördert die Verwertung der Forschungsergebnisse der staatlichen Forschungslaboratorien in den Monopolen und unterstützt bestimmte For4
Nikolajew, Forschung
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schungsprojekte, indem sie sich an der Finanzierung dieser Projekte und damit am Risiko beteiligt. Sie fördert ein breites Spektrum von Forschungsvorhaben: Arzneimittel, elektronische Datenverarbeitungsanlagen, Luftkissenschiffe und andere wichtige Ergebnisse der Wissenschaft und Technik. Großbritannien ist das einzige führende kapitalistische Industrieland, das ein spezielles Ministerium für Technik gegründet hat. Dies drückt die Bedeutung aus, die in England nicht nur der Förderung der Wissenschaft schlechthin, sondern der staatlichen Unterstützung der Überleitung von Forschungsergebnissen in die Produktion beigemessen wird. Zu den Funktionen des neugegründeten Ministeriums gehören: — Leitung der Forschungsstationen, die früher dem Department of Scientific and Industrial Research unterstellt waren, — Unterstützung der Gemeinschaftsforschung in der Industrie, d. h. der Forschung, die im Rahmen des Industrial Research Associations (industrielle Forschungsgemeinschaften) betrieben wird, — Beauftragung der Industriebetriebe mit der Durchführung der Forschung und Entwicklung auf der Vertragsbasis, — Bereitstellung der Fonds für die National Research Development Corporation, — Leitung der Zivilforschung der Atomenergiebehörde. Das Ministerium stellt die Beziehungen zwischen den Monopolen und den Universitäten her und festigt sie. Zu diesem Zweck werden die Vertreter der Monopole an die Hochschulen entsandt. 6 Ihre Arbeit wird vom Ministerium für Technik unterstützt. Das Ministerium für Technik fördert die Zusammenarbeit zwischen der Industrie und anderen Forschungseinrichtungen von außerhalb sowie die Zusammenarbeit innerhalb der Monopole in einzelnen Teilen des Landes durch seine regionalen Büros, Forschungslaboratorien des Ministeriums und die Ausarbeitung von gemeinsamen Programmen. Die Entwicklung der Organisation der wissenschaftlichen Forschung bildet im staatsmonopolistischen Kapitalismus ein sehr dynamisches Element, das sich im Prozeß einer ständigen Wandlung und Anpassung an jeweilige Bedingungen befindet. Gegenwärtig hat das Ministerium für Technik ein neues Projekt der Reorganisation der Forschung in bezug auf die Industrie unter dem Namen „Neue Organisation in den 70er Jahren" ausgearbeitet. 6
Ungefähr 70 Vertreter, vgl. Reviews of National Science Policy, United Kingdora, Germany, Paris, OECD, 1967, S. 68.
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In dem neuen Projekt handelt es sich um die Gründung einer Korporation (British Research and Development Corporation-B. R. D.C.), die die Forschungsstellen des Ministeriums für Technik, die Atomenergiebehörde und das Nationale Komitee für Forschung und Entwicklung (N. R. D. C.) vereinigen soll. Damit wird mit dem staatsmonopolistischen Instrumentarium erneut angestrebt: — Förderung der Erfindungen und wissenschaftlich-technischen Weiterentwicklungen und ihre Anwendung in den Monopolen; — Durchführung von Programmen in der Grundlagenforschung und in der angewandten Forschung im Interesse der staatsmonopolistischen Entwicklung; — bessere Ausnutzung der Neuerungen, die aus den von der Regierung finanzierten Programmen stammen. Ähnlich wie in den USA spielen bei der Ausarbeitung und Durchführung der Wissenschaftspolitik Beratungsinstitutionen eine wichtige Rolle. Die wichtigsten darunter sind: der Council on Scientific Policy (Rat für Wissenschaftspolitik), der Advisory Council on Technology (Beratendes Gremium für Technik), das Committee on Manpower Resources for Science and Technology (Komitee für Fragen der Forschungskader) sowie das bereits erwähnte Defence Research Committee (vgl. Abbildung 2). Der Council on Scientific Policy wurde 1965 anstelle des früheren Advisory Council on Scientific Policy gegründet. Er untersteht dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft. Seine Haupttätigkeit besteht in der Beratung des Ministers bei der Ausarbeitung und Durchführung der Wissenschaftspolitik. Ein wichtiges Problem bleibt dabei die globale Abstimmung der Hauptrichtungen für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung im Maßstab des Landes. Der Rat gründet für die Untersuchung von bestimmten Problemen Arbeitsgruppen. In die Arbeit des Rates werden profilierte Wissenschaftler sowie Vertreter der Monopole einbezogen. So gründete der Rat die Arbeitsgruppe zur Untersuchung der Bedürfnisse der Universitäten an Datenverarbeitungsanlagen für die Forschung. Eine weitere Arbeit bezog sich auf die Untersuchung der Möglichkeiten der Benutzung staatlicher Forschungsstellen durch Hochschulen für Bildungszwecke. Eine besondere Institution, die vom komplexen Herangehen des englischen Staates an die staatliche Lenkung der Forschung und Entwicklung spricht, ist das bereits erwähnte Committee on Manpower Resources for Science and Technology (vgl. Abb. 2). Mit diesem Organ wird ein Versuch unternommen, eine Verbindung zwischen der Forschung und Entwicklung und der Bildung, also zwischen Wissenschafts- und Bildungspolitik, im Maßstab des Landes herzustellen. Die Mitglieder des Komitees werden von 4*
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V e r t r ä g e mit Ministerien und Forschungsinstituten
(öffentlich)
Abb'. 2. Struktur des staatlichen Mechanismus f ü r Forschung und Entwicklung (Großbritannien) Direkte administrative und finanzielle Verantwortung — — Allgemeine Übersicht und Finanzierung - - - - Finanzielle Unterstützung Quelle: Reviews of National Science Policy, United Kingdom, Germany, OECD, Paris 1967, S. 236
dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft nach Konsultationen mit dem Minister für Technik ernannt. Um die Beziehungen dieses Organs sowohl zum Ministerium für Bildung und Wissenschaft als auch zum Ministerium für Technik zu festigen, werden im Sekretariat des Komitees Vertreter des Departments und des Ministeriums für Technik ernannt. Das Ministerium für Technik verfügt ebenfalls über sein eigenes Beratungsorgan — Advisory Council on Technology (Gremium für Technik) —, das 1964 gegründet wurde. Der Minister leitet diesen Rat. Ihm gehören Vertreter der akademischen Kreise, der Industrie und Gewerkschaften an. Unter den Mitgliedern befinden sich auch Vertreter des Council for Science Policy und des Committee on Manpower Resources. Das Defence Research Committee ist ebenfalls ein beratendes Organ. E s beschäftigt sich mit der allgemeinen Überwachung der Militärforschung und bezieht Wissenschaftler in seine Arbeit ein. (Die Organisation und Durchführung der Forschungsprogramme obliegt den Komitees des Verteidigungsdepartments .) Im Unterschied zu den U S A werden in Großbritannien Forschungseinrichtungen direkt an staatliche Institutionen angeschlossen. Dies sind die Forschungsstationen des Ministeriums für Technik sowie Forschungsinstitute, Forschungseinheiten und -gruppen der 4 Forschungsräte des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft. Einzelne Ministerien (Departments) verfügen ebenfalls über ihre eigenen Forschungsstellen. Dies betrifft insbesondere das Kriegsministerium. Damit ist der staatsmonopolistische Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der Forschung und Entwicklung auf die Verwirklichung von bestimmten Zielen ausgerichtet. Der Mechanismus sichert vor allem solche Forschungsgebiete wie Atom- und Raketenforschung (Atomenergiebehörde, Luftfahrt- und Kriegsministerien), Militärforschung. Der Staat fördert die Zivilforschung durch das Ministerium für Technik und die National Research Development Corporation sowie durch industrielle Forschungsgemeinschaften. Diese Förderung erfolgt differenziert nach der strategischen Bedeutung von einzelnen Forschungsrichtungen für den englischen Imperialismus ( z . B . elektronische Datenverarbeitung, Luftkissenschiffe und andere Luftfahrtprojekte). Mit anderen Worten, der Staat versucht die Gebiete zentral zu fördern, die für einzelne Monopole in der Anfangsphase oder überhaupt unrentabel sind bzw. ihre Möglichkeiten übersteigen. Das weitere Gebiet der staatlichen zielgerichteten Förderungsmaßnahmen ist die Entwicklung der Wissenschaft und des Bildungswesens. Durch die Gründung des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft werden diese Gebiete als ein einheitlicher Komplex behandelt. Im staats53
monopolistischen Kapitalismus besteht eine andere Aufgabe des Staates in der Durchführung eines Informationsdienstes. Damit beschäftigen sich sowohl spezialisierte Behörden wie das Office for Scientific and Technological Information (Büro für wissenschaftliche und technologische Information) des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft als auch nichtspezialisierte Institutionen wie das Ministerium für Technik (zuständig für die Verbreitung der Informationen über Forschungsergebnisse, insbesondere für diejenigen, die in seinen eigenen Laboratorien gewonnen wurden). Der kapitalistische Staat übernimmt einen Teil der Funktionen, die mit der Herstellung, Aufrechterhaltung und Koordinierung der internationalen Beziehungen auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung zusammenhängen. Unter anderem handelt es sich dabei um Beteiligung an den internationalen wissenschaftlichen Organisationen, Austausch von Wissenschaftlern und Ingenieuren sowie Ernennung spezieller Regierungsvertreter für Fragen der Wissenschaft und Technik, die zum diplomatischen Corps gehören. Solche Vertreter wurden gegenwärtig nach Washington, Moskau, Paris, Bonn, Stockholm, New Delhi und Tokio entsandt. Das weitere komplizierte Problem, das der kapitalistische Staat zu lösen versucht, besteht in der Koordinierung der Tätigkeit zahlreicher Forschungseinrichtungen und der Sicherung ihrer Querbeziehungen, z. B . die Herstellung der Verbindung der Forschung und Entwicklung an den Universitäten mit der Forschung in den Monopolen. Im Unterschied zu den meisten anderen kapitalistischen Ländern wird in Großbritannien der Akzent auf die Spezialisierung der staatlichen Institutionen bei der Leitung der Forschung und Entwicklung gelegt. Durch die Gründung des Ministeriums für Technologie wird dabei die Bedeutung der Anwendung von Forschungsergebnissen in den Monopolen hervorgehoben. Damit entstehen gleichzeitig weitere Probleme, die sich aus der staatlichen Organisation der Forschung ergeben. Ein wichtiges Problem bildet u. a. die Überleitung der Forschungsergebnisse aus der Grundlagenforschung (organisatorisch gehört sie zum Ministerium für Bildung und Wissenschaft) in die Phase ihrer Entwicklung (damit beschäftigt sich das Ministerium für Technik). Dabei stellt sich die Frage, ob interministerielle Koordinierung, personelle und organisatorische Beziehungen der Regierung, der akademischen Kreise und des Monopolkapitals sowie die Beteiligung der Wissenschaftler an der Beratung und Vorbereitung von Entscheidungen in Fragen der Wissenschaftspolitik, Koordinierung der Jahreshaushalte mit den langfristigen Bedürfnissen der wissenschaftlichen Forschung und Prognosen diese Querverbindungen und Verflechtungen sichern.
54
1.3.
Westdeutschland
Die Herausbildung des staatsmonopolistischen Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung fiel in Deutschland zeitlich mit dem raschen Aufstieg des deutschen Imperialismus und seinen Bestrebungen zusammen, die Karte der Welt nach seinem Geschmack zu ändern. Die Hegemonieansprüche der herrschenden Kreise Deutschlands auf Weltherrschaft stützten sich von Anfang an auf einen bereits gut entwickelten Staatsapparat. Gleichzeitig galt damals Deutschland als ein Land, das eine unbestrittene Führung in der Entwicklung von Natur- und technischen Wissenschaften aufwies, internationales Ansehen und allgemeine Anerkennung genoß. Es waren deshalb alle Voraussetzungen dafür gegeben, daß die Herausbildung des staatsmonopolistischen Mechanismus auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung besonders intensiv in Deutschland vor sich gingZum ersten Mal wurde mit staatlicher Unterstützung ein System von Forschungsinstituten geschaffen, in denen die Wissenschaftler, getrennt von der Lehrtätigkeit, sich den Forschungsproblemen widmen konnten. In diesem -Sinne wurde mit der Gründung der „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft" im November 1909 eine Neuentwicklung eingeleitet, die andere Länder zur Nachahmung veranlaßte. Innerhalb kurzer Zeit entstanden im Rahmen der „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft" (heutige „Max-PlanckGesellschaft") 37 Institute, die Forschung in Natur- und technischen Wissenschaften betrieben. 7 Die Beziehungen zwischen Wissenschaft und imperialistischem Staat entwickelten sich in Deutschland von Anfang an in einer Atmosphäre von zunehmendem Nationalismus und Chauvinismus. Dies stellt z. B. einen Unterschied zur staatsmonopolistischen Entwicklung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung in den USA dar, die sich zu den ausländischen Wissenschaftlern und Ingenieuren sowie ausländischen wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgeschlossen verhalten. Das Beispiel Deutschlands veranschaulicht gleichzeitig, wie verheerend und erstickend sich der Nationalismus auf die Entwicklung der Wissenschaft auswirkt. Bereits zu Anfang des Jahrhunderts veranlaßte die Entwicklung der Wissenschaft in Deutschland Norbert Wiener, den Erfinder der Kybernetik, zu folgender Bemerkung: „. . ., daß sich die große deutsche 7
Country Reports on the Organisation of Scientific Research, Germany, OECD, 1963, S. 10.
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Wissenschaft immer mehr in eine gehorsame Dienerin der staatlichen Maschine verwandelte. Reale Erfolge, die das deutsche Imperium im Ergebnis des Französisch-Preußischen Krieges erzielt hatte, vermehrten das Heer der Eitelen und der Freunde der leichten Erfolge. Der Geist an den Universitäten hat sich geändert. Dort traten offensichtlich viele Menschen auf, denen es bei weitem nicht gleichgültig war, aus welcher Richtung zu ihnen die Ideen kamen. Dies alles führte dazu, daß die deutschen Gelehrten im Laufe der Jahre zu einer geschlossenen Kaste wurden. Für einen Fremdling waren die Wege zu dieser Kaste verschlossen." 8 Der nationalistische Trend, der die Entwicklung der Wissenschaft in der Zeit der finsteren Jahre des Faschismus charakterisierte, brachte ganze Wissenschaftsdisziplinen und Forschungsgebiete zum Stillstand. Viele prominente Wissenschaftler und Ingenieure mußten das Land verlassen, einige wurden entlassen bzw. in Konzentrationslager eingesperrt. Viele kamen um. Die Ursachen für den heutigen Stand der westdeutschen Forschung, der international auf einigen wichtigen Gebieten einen ernsten Rückstand aufweist 9 , müssen also nicht nur in der Zeit der Nazidiktatur bzw. in der Niederlage im II. Weltkrieg gesucht werden, wie es oft gehandhabt wird. Sie hängen mit der gesamten Entwicklung des deutschen Imperialismus, mit seiner besonderen Aggressivität zusammen. Nach der Niederlage des deutschen Imperialismus im I. Weltkrieg übernahm der kapitalistische Staat unter anderem die Aufgabe, an der Erhaltung des wissenschaftlichen Potentials des Landes mitzuwirken. Zu diesem Zweck wurde 1920 die „Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft" (heute Deutsche Forschungsgemeinschaft) mit dem Status einer Privatgesellschaft gebildet. In derselben Zeit entstand auch der „Stifterverband der Notgemeinschaft" (gegenwärtig „Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft"), um zur Finanzierung der wissenschaftlichen Forschung beizutragen. Sowohl die „Max-Planck-Gesellschaft" als auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft haben ihre zentrale Rolle bei der Förderung der wissenschaftlichen Forschung nach dem II. Weltkrieg beibehalten. Gegenwärtig umfaßt die Deutsche Forschungsgemeinschaft 31 Hochschulen der Bundesrepublik und Westberlins, 4 Akademien der Wissenschaften und 5 wissenschaftliche Gesellschaften und Vereinigungen: 8
9
Wiener, N . „ I A m a Mathematician" (Russische Übersetzung), Verlag „Nauka", Moskau 1967, S. 40. „Stand und Rückstand der Forschung in Deutschland", Deutsche Forschungsgemeinschaft, Wiesbaden 1964.
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— „Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften"; — „Deutscher Verband Technisch-wissenschaftlicher Vereine"; — „Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte" ; — „Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung". Zu den wichtigen staatsmonopolistischen Maßnahmen der Nachkriegszeit zählt das „Königsteiner Abkommen" der Länder vom Jahre 1949 über die Finanzierung der Forschung, darunter die der „Max-Planck-Gesellschaft". Die Bildungsminister der Länder bildeten eine Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder. Für die Koordinierung der Pläne der wissenschaftlichen Forschung und Bildung wurde 1957 der Wissenschaftsrat gebildet. Auf seine Bedeutung deutet bereits seine Zusammensetzung hin. Er schließt 22 profilierte Wissenschaftler und Politiker sowie 6 Vertreter der Bundesregierung und 11 Landesminister ein. Dem Wissenschaftsrat obliegt: — Entwicklung allgemeiner Entwicklungsrichtungen für die Förderung der wissenschaftlichen Forschung; — Koordinierung der Pläne für wissenschaftliche Forschung und Bildung zwischen Bund und Ländern; — Ausarbeitung der jährlichen Prioritätsprogramme der Förderung der wissenschaftlichen Forschung, — Ausarbeitung von Empfehlungen über die Verteilung der Haushaltsmittel des Bundes und der Länder für die wissenschaftliche Forschung. Der Wissenschaftsrat hat bisher seine Tätigkeit hauptsächlich auf dem Gebiet der Bildungspolitik entwickelt. Seit der Gründung der Bundesrepublik fand die Förderung der Atomforschung besondere Aufmerksamkeit von der Seite des westdeutschen Staates, was zweifelsohne mit den revanchistischen Plänen bestimmter Kreise Westdeutschlands im engen Zusammenhang steht. Zuerst war es das Ministerium für Atomforschung, das dieses Gebiet leitete. Später wurde die Leitung der Atomforschung dem 1962 gegründeten Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung, dem Nachfolger des Ministeriums für Atomforschung, übergeben. Die Neugründung befaßt sich ebenfalls mit dem anderen Großforschungsgebiet — der Raumfahrtforschung. Daneben besteht noch eine Gruppe von Forschungseinrichtungen. Sie schließt die Atomforschungszentren in Jülich und Karlsruhe, die Deutsche Gesellschaft für Flugwissenschaften sowie die „Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung" (gegründet 1949) ein. Die letzte Institution kann in gewisser Hinsicht mit der englischen National Research Development Corporation verglichen werden. Sie soll sich mit der Unterstützung einzelner Forschungsvorhaben durch den Staat be57
schäftigen. Diese Gesellschaft spielt gleichzeitig eine besondere Rolle bei der Durchführung der Militärforschung in Westdeutschland. Es wird in Westdeutschland zur Zeit kein einheitliches Dokument für eine umfassende Förderung der wissenschaftlichen Forschung verfaßt. Die staatsmonopolistische Politik in der Forschung und Entwicklung wird durch Schwerpunktprogramme sowie Maßnahmen zur zielgerichteten Förderung der Wissenschaft durchgeführt. Zu diesen Schwerpunktprogrammen gehören die bereits erwähnte Atom- und Raumfahrtforschung und die Militärforschung (wird vom Ministerium für Verteidigung geleitet, koordiniert und finanziert). Für zwei große Forschungsgebiete (Atom- und Raumfahrtforschung) bestehen in dem Ministerium für wissenschaftliche Forschung spezielle Kommissionen: für die Raumfahrtforschung die Kommission für die Raumfahrtforschung, auf dem Gebiet der Atomforschung die (West-) Deutsche Atomkommission. Der staatsmonopolistische Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung in Westdeutschland hat eine Reihe von Besonderheiten. Zunächst kann dabei das Nebeneinander von historisch herausgebildeten Institutionen wie Deutsche Forschungsgemeinschaft, „Max-Planck-Gesellschaft" und Neugründungen wie Ministerium für wissenschaftliche Forschung und ähnliches erwähnt werden. Diese uneinheitliche Struktur aus alten und neuen staatsmonopolistischen Institutionen bringt einige Probleme mit sich, die die gegenwärtige Situation in Westdeutschland kennzeichnen. Eines davon ist die Notwendigkeit, die bereits vorhandenen Institutionen in das allgemeine Konzept der staatsmonopolistischen Politik zu bringen. Dies wird zur Zeit „von innen" durch die Vertretung des Staates in der Deutschen Forschungsgemeinschaft und die Erhöhung seines Gewichtes bei Entscheidungen erreicht. So sind in der Deutschen Forschungsgemeinschaft neben den Wissenschaftlern (im Senat) 6 Vertreter der Bundesregierung, 11 Vertreter der Länder und 5 Vertreter des Stifterverbandes im Kuratorium anwesend. Dies ist das Organ, das für die entscheidendsten Fragen, die der Finanzierung, zuständig ist. Der Hauptausschuß schließt ebenfalls 15 Mitglieder des Senats, 6 Vertreter der Bundesregierung, 6 Vertreter der Länder und 2 Vertreter des Stifterverbandes ein. Diese Behörde beschäftigt sich mit dem so wichtigen Problem der Verteilung der Forschungsmittel. Der Max-Planck-Gesellschaft gehören neben den Wissenschaftlern auch die Vertreter der Monopole und des Staates an, die auf Entscheidungen Einfluß nehmen können. Die Existenz von alten neben neu gebildeten Institutionen, die mit "der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung beauftragt
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werden, ist unter anderem auf die besondere Situation Westdeutschlands nach dem II. Weltkrieg zurückzuführen. Die Niederlage des faschistischen Deutschlands im II. Weltkrieg bedeutete zu Anfang eine gewisse Unterbrechung der Kontinuität der staatsmonopolistischen Entwicklung auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung. Wenn in Großbritannien und den USA der Apparat der staatlichen Forschung und Entwicklung in der Nachkriegszeit viel von den Kriegsinstitutionen geerbt hat, war dies in Westdeutschland nicht der Fall. Infolge der Niederlage hat die Militärund Atomforschung in der ersten Nachkriegsperiode nicht im gleichen Maße wie im größenmäßig vergleichbaren Großbritannien oder Frankreich •die Rolle eines Katalysators bei der Beschleunigung der staatsmonopolistischen Entwicklung gespielt. In dieser Situation tat der westdeutsche Imperialismus sein mögliches, um gewisse strategische Richtungen in der Forschung und Entwicklung durch den Staat so zu sichern, daß bei der ersten günstigen Gelegenheit der Anschluß an den Welthöchststand beschleunigt gewonnen werden kann. Das sozialistische Lager sowie die fortschrittliche Weltöffentlichkeit haben die Versuche der westdeutschen Revanchisten systematisch entlarvt, sich Atomwaffen anzueignen bzw. moderne Kriegstechnik zu entwickeln. Es muß ebenfalls berücksichtigt werden, daß auch im kapitalistischen Lager selbst keine Einheitlichkeit in bezug auf die westdeutschen Anmaßungen zu Grenzrevisionen existiert. Dies alles zusammen führte dazu, daß sowohl Atom- als auch Raketenforschung in Westdeutschland nicht in dem Maße entwickelt sind, wie es die herrschenden Kreise wollten. Eine weitere Besonderheit der westdeutschen Forschung und Entwicklung bestand darin, daß die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bis in die letzte Zeit keinen unmittelbaren Zwang auf den Staat ausgeübt hat, den staatsmonopolistischen Mechanismus der Eingriffe in die wissenschaftliche Forschung zum Zwecke der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Interessen des Monopolkapitals beschleunigt zu vervollkommnen, wie es in Großbritannien der Fall war. Dies trägt ebenfalls zur Erklärung einer bestimmten Verzögerung in der Entwicklung eines mit Großbritannien oder Frankreich vergleichbar umfassenden und modernisierten staatlichen Mechanismus der Forschung und Entwicklung bei. Im weiteren muß berücksichtigt werden, daß auch ein Teil der Forscher Westdeutschlands, der in der Emigration bzw. im faschistischen Deutschland selbst schwere Jahre hinter sich hatte, eine Abneigung den Maßnahmen gegenüber zeigte, die die staatliche Kontrolle über Forschung und Entwicklung verstärken. Diese Tatsache veranlaßte den Präsidenten der 59
National Academy of Sciences und wissenschaftlichen Berater Kennedys, Frederick Seitz, zur folgenden Charakterisierung: 10 „Aus vielerlei Gründen ist Westdeutschland weniger willens, Neuerungen in der Organisation der Naturwissenschaften einzuführen als irgendeines der übrigen technisch fortgeschrittenen westlichen Länder vergleichbarer Größe. Die Universitäten und ihnen verwandte Forschungsstätten beruhen immer noch hauptsächlich auf dem Instituts-System, das sich vor nahezu einem Jahrhundert entwickelt hat. Sowohl industrielle als auch andere nichtakademische staatliche Forschungslaboratorien widmen ihre Aufmerksamkeit der angewandten Forschung. Man vermutet, daß dies durch die von 1933 bis 1945 verlorengegangenen Jahre bedingt ist. Bei Kriegsende waren die führenden Akademiker, vorwiegend ältere Persönlichkeiten, ängstlich bemüht, die politische Einmischung, die sie in der Zeit desNationalsozialismus erdulden mußten, abzuschütteln, und drehten deshalb die Uhr auf die beste Zeit zurück, die sie gekannt hatten, nämlich die Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Weder die Universitätslehrer noch die Regierung haben bisher wirksam versucht, den gegenwärtigen Stand der Dinge zu ändern. Das heutige System erlaubt (West-)Deutschland leider nicht, seine ausgebildeten jungen Naturwissenschaftler in Stellunge.n mit entsprechender Verantwortung und Ansehen unterzubringen. Infolgedessen gehen ständig Naturwissenschaftler an andere Länder, insbesondere an die USA, verloren." Auf einige Besonderheiten des westdeutschen staatsmonopolistischen Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung wurde ebenfalls in dem internationalen Vergleich zwischen Westdeutschland und Großbritannien hingewiesen. Der Vergleich wurde im Auftrage der O E C D von zwei Gruppen englischer und westdeutscher Wissenschaftler durchgeführt und verdient deshalb Beachtung. In der Untersuchung heißt es unter anderem: „. . . es schien uns, daß dort (in Westdeutschland — d. Autor) nicht derselbe Grad der bereits bestehenden vielleicht unbewußten Gemeinsamkeit vorhanden ist, den wir in England als existierend empfinden. In England scheinen die Prinzipien der Beziehungen zwischen Regierung und Wissenschaft akzeptiert zu sein, sogar wenn sie von einer starken Kritik überschattet werden. In (West-) Deutschland scheint die Haltung weniger entspannt zu sein. E s besteht die Tendenz, daß technische Fragen die Bedeutung der Prinzipien bekommen. Ein Ausdruck dieses Unterschiedes können die Prinzipien der Mitgliedschaft in den vergleichbaren Behörden in beiden Ländern sein. 10
Seitz, F. „Wissenschaft i m Vormarsch", in S V — Schriftenreihe zur Förderung der Wissenschaft, September 1 962, S. 13/14.
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In England werden die Mitglieder nach ihren persönlichen Kapazitäten ernannt. Zahlenmäßige Verhältnisse zwischen Wissenschaftlern und Vertretern der Regierung gehören zu unbedeutenden Fragen. In (West-) Deutschland besteht ein starkes Element der organisatorischen Vertretung, die durch eine sorgfältig entwickelte Bilanz zwischen Bund, Ländern und Wissenschaft sowie in dem System der Ernennung ausgedrückt wird." 1 1 Bei der Klärung dieses Unterschiedes muß berücksichtigt werden, daß der westdeutsche Mechanismus der staatsmonopolistischen Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung in seiner institutionellen Gestalt bisher nicht den Entwicklungsstand des englischen erreicht hat. Die Positionen des Staates bei den Entscheidungen über die Wissenschaftspolitik sind in Großbritannien bereits durch die Struktur der staatlichen Organe gesichert. Dabei spielen Probleme der zahlenmäßigen Verhältnisse zwischen Wissenschaftlern, Politikern und Vertretern der Monopole wirklich die zweitrangige Rolle. Anders ist die Situation in Westdeutschland. Hier vollzieht sich der Prozeß der Herausbildung des staatlichen Mechanismus auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung sowohl durch die zunehmende staatliche Beeinflussung von Entscheidungen in alten Institutionen sowie durch die Gründung von neuen. In dieser Übergangszeit kann der Staat seine Politik auf dem Gebiet der Wissenschaft nur durch seine Vertretung innerhalb alter, historisch herausgebildeter Organe durchsetzen. Dies erklärt die Härte des inneren Kampfes, der gegenwärtig in westdeutschen Institutionen der Leitung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung vor sich geht. Bei der globalen Betrachtung der wissenschaftlichen Forschung in Westdeutschland zeigt sich ein buntes Bild. Hinsichtlich der Zugehörigkeit der Forschungseinrichtungen ist ein Teil dem Bund und andere den Ländern untergeordnet. Hinzu kommt noch die Finanzierung der Forschungseinrichtungen durch Bund und Länder. Im weiteren sind es zahlreiche Stellen, die sich mit der Forschung befassen: Institute der Hochschulen, Institute der „Max-Planck-Gesellschaft", Akademien der Wissenschaften in Göttingen, München, Heidelberg und Mainz, Bundesforschungsanstalten, einzelne Forschungsinstitute des Bundes oder der Länder, Institute, die durch Stadtgemeinden finanziert werden, sowie Forschungseinrichtungen der Monopole. Die Koordinierung dieser zahlreichen Forschungseinrichtungen erfolgt zum Teil durch allgemeine Tätigkeit des Bundestages sowie der Regierung. Zu diesem Zweck wurden verschiedene interministerielle 11
Reviews of National Science Policy, United Kingdom and Germany, OECD, Paris, 1967, S. 57.
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Komitees und beratende Organe geschaffen. (Vgl. Abbildung 3.) Der Wissenschaftsrat, der auf der Basis von Einzelplänen des Bundes und der Länder einen allgemeinen Plan zur Förderung der Wissenschaft auszuarbeiten sowie Schwerpunkte und Prioritäten hinsichtlich ihrer Finanzierung festzulegen hat, arbeitet dabei eng mit der (West-)Deutschen Forschungsgemeinschaft zusammen. Die letzte übt eine beratende Funktion aus. Ihre Beratung umfaßt Wissenschaftsdisziplinen, Forschungsvorhaben und Bereitstellung von Spezialausrüstungen. Die (West-)Deutsche Forschungsgemeinschaft führt zu diesem Zwecke Untersuchungen aller Gebiete der Grundlagen- und angewandten Forschung durch, um Mängel und Rückstände festzustellen. So leitete die (West-)Deutsche Forschungsgemeinschaft von 38 Schwerpunktprogrammen in Natur- und technischen Wissenschaften 4 Programme seit 1953 (Genetik, Computer-, Luftfahrt- und Schiffbauforschung). 27 Forschungsvorhaben in den Natur- und technischen Wissenschaften, die 1953 begonnen wurden, sind abgeschlossen. 12 Was die Arbeit des Ministeriums für wissenschaftliche Forschung anbetrifft, so bezog sich seine Haupttätigkeit bisher auf die Atom- und Raumfahrtforschung. Wenn jedoch seine Entwicklung über mehrere Jahre verfolgt wird, ist zweifellos die Steigerung seiner Rolle in dem staatsmonopolistischen Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung zu verzeichnen. Analog anderen führenden kapitalistischen Industrieländern ist die Tätigkeit des Ministeriums darauf ausgerichtet, die Wissenschaftspolitik mit den imperialistischen strategischen Zielsetzungen des Staates in Einklang zu bringen. Wie bereits erwähnt, besteht jedoch zur Zeit ein bedeutender Unterschied zu anderen Ländern in dem Umfang seiner Vollmachten, dies zu verwirklichen. Weitere Forschungsgebiete werden vom Staat durch das Kriegsministerium (direkte Militärforschung und für militärische Ziele perspektivische Richtungen der Forschung und Entwicklung) sowie durch das Wirtschaftsministerium (Gemeinschaftsforschung der Industrie) koordiniert. Es muß jedoch hervorgehoben werden, daß der westdeutsche staatsmonopolistische Mechanismus der Eingriffe in die wissenschaftliche Forschung nicht den Stand von Frankreich oder Großbritannien hinsichtlich der Anwendung von modernen Organisationsformen und der Zentralisation der Vollmachten erreicht hat. Der Prozeß der Herausbildung dieses Mechanismus darf jedoch nicht streng nach dem Muster beider Länder eingeschätzt werden. Wenn einerseits gewisse allgemeine Tendenzen hier ebenfalls vorhanden sind, ist jedoch mit eigenen westdeutschen Formen des Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung 12
Reviews of National Science Policy, United Kingdom, Germany, op. cit. S. 45.
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Forschungsinstitute mit staatlicher I
Unterstützung I
A b b . 3. S t r u k t u r d e s staatlichen M e c h a n i s m u s d e r F o r s c h u n g u n d E n t w i c k l u n g ( W e s t d e u t s c h l a n d ) Direkte administrative und finanzielle Verantwortung Allgemeine Übersicht und Finanzierung Finanzielle Unterstützung Quelle: Reviews of National Science Policy, United Kingdom, Germany, O E C D , Paris 1 9 6 7 , S. 237
zu rechnen, die den Besonderheiten der Entwicklung des Landes Rechnung tragen. Es muß berücksichtigt werden, daß in Westdeutschland bereits günstige Voraussetzungen für die Weiterentwicklung eines umfangreichen staatsmonopolistischen Mechanismus zur Lenkung der wissenschaftlichen Forschung gegeben sind. Sie bestehen von der Seite der Forschung in hohen Forschungs- und Entwicklungsausgaben (höher als z. B. in Japan), an denen sich der Staat beteiligt, in bereits vorhandenen Forschungskapazitäten an Hochschulen, in den Monopolen und Forschungsinstituten sowie in den Traditionen einer straffen staatlichen Organisation der wissenschaftlichen Forschung. Zum anderen brauchen bestimmte Kreise Westdeutschlands einen entwickelten staatsmonopolistischen Mechanismus, um ihre Hegemonieansprüche sowie die Bestrebungen nach der Revision der Ergebnisse des II. Weltkrieges zu verwirklichen. Dies deutet darauf hin, daß die Voraussetzungen für ein „westdeutsches Wunder" auf diesem Gebiet bereits gegeben sind. 1.4.
Frankreich
Der Prozeß der Anerkennung der steigenden Rolle der wissenschaftlichen Forschung durch den Staat wurde in Frankreich ähnlich wie in Großbritannien durch den I. Weltkrieg beschleunigt. Noch 1914 wurde für die Kriegführung die „Commission supérieure des inventions" (Hohe Kommission für das Erfindungswesen) gegründet. Ihr folgte 1915 eine andere Institution — „Direction des inventions intéressant la Défense nationale" (Direktion für die Erfindungen, die für die nationale Verteidigung von Interesse sind). Diese zwei Institutionen wurden später unter der Bezeichnung „Office national des recherches scientifiques industrielles et des inventions" (Büro für wissenschaftliche industrielle Forschung und Erfindungswesen) zusammengeführt. 1938 wurde auch diese Institution, die sich mit der Förderung der Forschung und Entwicklung befaßte, durch eine Neugründung — „Centre national de la recherche scientifique" (Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung) ersetzt, das in einer modifizierten Form seine Existenz bis heute fortgesetzt hat. Das Zentrum sollte sich ursprünglich mit der Grundlagen- sowie mit der angewandten Forschung beschäftigen. Ein weiterer wichtiger Schritt bei der Entwicklung von Beziehungen zwischen dem Staat und der Wissenschaft bestand darin, daß 1936 ein Vertreter der 64
akademischen Kreise Frankreichs in das Regierungskabinett aufgenommen wurde. Als erste wurde dabei Madame Irène Joliot-Curie ernannt. Die Herausbildung des staatsmonopolistischen Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der Forschung und Entwicklung, die durch den II. Weltkrieg unterbrochen war, wurde nach der Beendigung des Krieges mit der Gründung des Kommissariats für Atomenergie fortgesetzt. Ein wichtiger Schritt zur Konstituierung der gegenwärtigen Struktur der staatlichen Forschung in Frankreich bestand 1954 in der Gründung des „Conseil supérieur de la recherche scientifique et du progrès technique" (des Hohen Rates für wissenschaftliche Forschung und technischen Fortschritt). Von diesem Rat wurde eine wichtige Reform des gesamten staatlichen Mechanismus der Forschung und Entwicklung vorgeschlagen und ausgearbeitet. Sie wurde 1958 durchgeführt und bildete die Grundlage für die gegenwärtige Organisation der französischen Forschung (vgl. Abbildung 4). Gegenwärtig wird die Forschung und Entwicklung im französischen Regierungskabinett durch den Minister für wissenschaftliche Forschung und Fragen der Atom- und Raumfahrtforschung vertreten. Das höchste Gremium für gesamte nationale Entscheidungen bildet das Interministerielle Komitee, das aus zehn Ministern (folgende Ressorts sind vertreten: Wissenschaft, Militärbereich, Bildung, Finanzen und Wirtschaftsfragen, Industrie und Handel, Landwirtschaft, Gesundheitswesen und Bevölkerungsprobleme, Post und Nachrichtenwesen, öffentliche Werke, auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit) zusammengesetzt ist und vom Ministerpräsidenten geleitet wird. Das Komitee beschäftigt sich : — mit der Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung des Landes, — mit der Ausarbeitung von Vorschlägen und der Vorbereitung von Entscheidungen der Regierung zur Förderung von Forschung und Entwicklung, \ — mit der Ausarbeitung der Programmentwürfe über die Ausstattung der Forschung und Entwicklung mit Ausrüstungen und Geräten und der Verteilung der Ressourcen. Dies betrifft insbesondere die Finanzierung verschiedener Ministerien im Rahmen des Staatshaushaltes. Dabei läßt es sich von den Plänen der Planifikation leiten. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß sich das Komitee bisher hauptsächlich nur mit den Problemen der Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung im Interesse des Monopolkapitals befaßte. Bei der Erfüllung seiner Funktionen bezieht das Ministerkomitee die fachliche Beratung der Wissenschaftler in seine Arbeit ¡m starken Maße ein. Damit befaßt sich das Beratungskomitee, das aus 12 profilierten Wissenschaftlern (12 „Weisen") zusammengesetzt wird. Die Mitglieder 5
Nikolajcw, Forschung
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desBeratungs''omitees werden auf folgender Basis ernannt: Sie können sowohl aus staatlichen Forschungseinrichtungen als auch aus den Monopolen kommen, sie werden nicht als Vertreter irgendeiner Institution, sondern nur entsprechend ihren persönlichen Eigenschaften als Wissenschaftler ernannt. Durch die Zusammensetzung des Komitees werden sowohl Naturund technische Wissenschaften als auch Gesellschaftswissenschaften, Industrieforschung sowie Forschung an den Hochschulen vertreten. Das Komitee beschäftigt sich mit der Untersuchung des Staatshaushaltes sowie mit den Problemen der Struktur, der Finanzierung und Festlegung von globalen Entwicklungsrichtungen auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung. Seine Haupttätigkeit besteht in der Beratung der Regierung über wissenschaftliche Fragen. Das Ministerkomitee sowie das Beratende Komitee haben ein gemeinsames Organ, das sich mit den technischen Problemen der Ausarbeitung der Forschungspolitik beschäftigt — die Délégation Générale à la Recherche Scientifique et Technique (Amt für wissenschaftliche und technische Forschung). Der Leiter dieser Institution wird in das Ministerkomitee aufgenommen. Die Delegation hat einen ständigen Kaderstamm von etwa 100 Wissenschaftlern, Ökonomen, Experten auf dem Gebiet der Finanzen und des Rechts. Sie kann in ihre Arbeit über 40 Konsultanten von außerhalb einbeziehen. Die Délégation Générale konzipiert und arbeitet die Wissenschaftspolitik der Regierung aus (deshalb manchmal „Generalstab" genannt). Ihre administrativen Vollmachten sind jedoch sehr beschränkt, sie verfügt über keine eigenen Forschungseinrichtungen. Weitere Funktionen der Délégation Générale bestehen — in der Durchführung einer permanenten Inventarisierung der Forschungseinrichtungen des Landes, — in der Vorbereitung der Arbeit des Beratenden Komitees und des Ministerkomitees in bezug auf die Fragen des Staatshaushaltes, — in der Verwaltung der Fonds für die wissenschaftliche Forschung, — in der Leitung der Arbeit der französischen wissenschaftlichen Attachés im Ausland. Die Funktionen des 1938 gegründeten Centre National de la recherche scientifique sind gegenwärtig sehr beschränkt. Sie erstrecken sich hauptsächlich auf die Förderung der Grundlagenforschung sowie auf die Erteilung und Verbreitung der Information und Koordinierung der Grundlagenforschung. Das Centre National verfügt über eigene Laboratorien. Eine besondere Stellung in den imperialistischen Konzeptionen der französischen herrschenden Kreise nehmen die Militär- und die Atomforschung ein. L»ie Entscheidungen über diese Forschungsgebiete werden sowohl aus dem Ministerkomitee als auch aus dem Beratenden Komitee heraus66
genommen und besitzen einen Sonderstatus. Für die Untersuchung der Probleme der Militärforschung wurde eine spezielle Institution — „das Komitee für wissenschaftliche Aktion für Verteidigung" (CASD) — gegründet. Es besteht aus 6 Mitgliedern: Je zwei werden vom Ministerpräsidenten, dem Wissenschafts- und dem Verteidigungsminister ernannt. Entsprechend dem zu untersuchenden Problem werden weitere 6 Mitglieder in das Komitee aufgenommen. Das Kriegsministerium verfügt über sein eigenes Organ zur Ausarbeitung der Politik auf dem Gebiet der Mili tärfo rschung. Die Prinzipien für die Durchführung einer Wissenschaftspolitik des Staates können wie folgt skizziert werden: — eine systematische Vergrößerung des Forschungspotentials des Landes (Personal und Ausrüstungen). Dies wird gegenwärtig vor allem durch die Steigerung der Mittel für die Forschung und Entwicklung im Haushalt erreicht ; — die Förderung der Forschung und Entwicklung in den Monopolen. Dies wird weniger durch die direkte Unterstützung (diese direkte Unterstützung betrug 10 Mill. Fr. 1965, war also gering 1 3 ), vielmehr aber durch Vertragsforschung bzw. Teilung des Risikos mit den Monopolen bei neuen Forschungsvorhaben verwirklicht. Dadurch hat der Staat die Mittel in der Hand, die Forschung und Entwicklung zielgerichtet zu fördern; — Entwicklung von Schwerpunktprogrammen für die Forschungsgebiete, die von großer wissenschaftlicher und politischer Bedeutung sind. Hierzu zählen zum Beispiel Atom- und Raumfahrtforschung und Elektronik, Militärforschung, Flugzeug- und Raketenbau, Unterstützung bestimmter Gebiete der Grundlagenforschung sowie der Gebiete der angewandten Forschung, die für die Industrie unrentabel sind, aber in den Entwicklungstrends der Wissenschaftspolitik liegen ; — Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Bekanntlich vertritt Frankreich gegenwärtig einen realistischen Standpunkt hinsichtlich der Zusammenarbeit in der Forschung und Entwicklung mit den sozialistischen Ländern. Die französische Forschung und Entwicklung wird durch einige Merkmale charakterisiert. So hat 1959 ein Untersuchungskomitee dem Ministerpräsidenten einen Bericht über die Bildung von „konzertierten Programmen" (Schwerpunktprogrammen) vorgelegt. Daraus entstand das System der sogenannten „actions concertées" 14 . Gleichzeitig wurde ein 14
Reviews of National Science Policy, France, OECD, Paris 1966, S. 34. Dardel, D.: „Qu'est-ce qu'une action concertée" in: Le Progrès scientifique Nr. 105, Februar 1967, Paris, S. 2 - 1 2 .
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13
spezieller Fonds für die Entwicklung der Forschung und Entwicklung gegründet, der unmittelbar dem Ministerpräsidenten untergeordnet wurde. Der Fonds sollte einen schnellen Ausbau von aussichtsreichen Forschungsrichtungen ermöglichen. Die ersten „actions concertées" wurden 1961 eingeführt, die zweite Gruppe folgte 1963 (im Rahmen des IV. Planes der ökonomischen Entwicklung). Die „actions concertées" führten ebenfalls neue Formen der Forschungen ein: Zusammenarbeit der Wissenschaftler und Ingenieure verschiedener Disziplinen und Einrichtungen, die den Hochschulen, staatlichen Forschungslaboratorien und Forschungsstellen der Monopole angehören können. Die Programme für „actions concertées" wurden nach bestimmten Kriterien ausgewählt. Sie müssen für die strategische Entwicklung der Wissenschaft im Interesse der herrschenden Klassen von großer Bedeutung sein. Sie müssen dabei eine Zusammenarbeit zwischen den Wissenschaftlern fördern. Ihr Ziel besteht also nicht in der Erzielung von konkreten brauchbaren Forschungsergebnissen, sondern in der Vorbereitung der französischen Forschung für eine günstige Position im internationalen Vergleich, sowie in der Beseitigung von Engpässen und Rückständen. (Eine Liste der „actions concertées" ist in der Anlage 1 angeführt.) Die Forschung und Entwicklung wird in die französische Planifikation einbezogen. Dies veranschaulicht die Abbildung 5. Der Teil des Planes, der sich auf die Forschung und Entwicklung bezieht, wird von den staatlichen Institutionen ausgearbeitet (Militär- und Atomforschung herausgenommen). Entsprechend den allgemeinen Vorstellungen bezweckt diese Ausarbeitung die Festlegung von allgemeinen Forschungszielen in der Planperiode sowie die Festlegung von Ausrüstungen, die zu ihrer Realisierung benötigt werden. Bei der Durchführung der Grundlagenforschung werden keine ökonomischen Kriterien in Erwägung gezogen. Anders verhält man sich bei der Festlegung der Entwicklungsrichtungen für gezielte Grundlagenforschung sowie angewandte Forschung. Man versucht, sie mit den Entwicklungsrichtungen der Volkswirtschaft in Beziehung zu bringen. Es sollen dabei sowohl die Anforderungen der Wirtschaft an die Forschung und Entwicklung in Betracht gezogen als auch die Vorstellungen der Wissenschaftler über mögliche neue Entdeckungen und Erfindungen sowie ihre Verwertung überprüft werden. Die Erfahrungen zeigten jedoch, daß 4- bis 5-Jahrespläne sehr kurzfristig sind, um eine effektive Steuerung der Forschung und Entwicklung vorzunehmen. Die Ausarbeitung der Pläne erfolgt deshalb auf der Basis der vorhandenen Forschungsergebnisse. 68
Die Planung der Forschung und Entwicklung (praktisch für die nächsten Planperioden) wird dabei wie folgt durchgeführt. Ausgehend davon, daß einerseits kein Zweifel über die große Bedeutung der Forschung für die ökonomische Entwicklung besteht, andererseits dies jedoch mehr ein „Akt des Glaubens als das Ergebnis irgendwelcher gut fundierter ökonomischer Kriterien" 15 ist, werden die staatlichen Forschungsaufwendungen in den administrativen Ausgaben neben Investitionen, Außenhandel usw. in dem Plan ausgewiesen. Die Hälfte administrativer Ausgaben entfällt auf Forschung und Entwicklung, Bildung und Kultur. Dadurch wird für die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen die obere Grenze gesetzt, und es werden Rahmenbedingungen festgelegt. Danach erfolgt die konkrete Planung der Forschung in der „Commission du Plan". Die Vertreter der französischen Planification sind sich selbst über die Mängel (vor allem starker Subjektivismus und uneffektive Verbindung mit den Bedürfnissen) dieser Methode der Ermittlung der staatlichen Forschungsaufwendungen im klaren. Deshalb werden gegenwärtig zunehmend Versuche unternommen, die Forschung und Entwicklung durch integrierte Prognose- und Planungsmethoden in die wirtschaftliche Entwicklung im Interesse der Monopole einzubeziehen. (Dies wird unten in dem Kapitel über Beziehungen zwischen Forschung und Entwicklung und Prognosen erläutert.) Von allen hier untersuchten kapitalistischen Industrieländern unterscheidet sich Frankreich durch einen besonders straffen staatsmonopolistischen Dirigismus. Dies geht bereits aus der Darstellung des staatsmonopolistischen Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung hervor sowie aus Versuchen des Staates, die Forschung und Entwicklung in die Entwicklungspläne der Volkswirtschaft einzubeziehen. Dieser Eindruck wird durch den Mechanismus der Koordinierung der Forschung weiter bestätigt. Diese Koordinierung erfolgt auf der oberen Ebene durih das Interministerielle Komitee, in dem alle Ministerien vertreten sind, die Forschung und Entwicklung betreiben. Sie wird durch die „L'enveloppe recherche"Methode fortgesetzt. Nach dieser Methode werden bei der Ausarbeitung des Haushaltsentwurfes alle Forschungsvorhaben der Ministerien ausgesondert, gruppiert und der Délégation Générale zur Untersuchung vorgelegt. Die Entwürfe der Ministerien werden von der Délégation studiert und aufeinander abgestimmt. Danach wird das Ergebnis der Untersuchung dem Beratungskomitee, dem Ministerkomitee und später der Regierung vorgelegt. Durch dieses Verfahren wird die Forschung der Ministerien und 15
Reviews of National Science Policy, France, op. cit. S. 86.
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teilweise der Industrie (durch Vertragsforschung) entsprechend den allgemeinen Zielsetzungen koordiniert. Dieses Verfahren erfaßte 1963 jedoch nur ca. 16 Prozent der gesamten staatlichen Finanzierung, weil wiederum die Militär- und Atomforschung sowie einige weitere wichtige Forschungsprogramme (über 60 Prozent) aus dieser Methode ausgeschlossen werden. 16
Abb. 4. Struktur des staatlichen Mechanismus der Forschung und Entwicklung (Frankreich) x
Zur Zeit verantwortlich für Probleme der Grundlagenforschung Veränderungen, die nach dem 16. 6. 1965 auftraten Quelle: Reviews of National Science Policy, France, OECD, Paris, 1966, S. 22. 16
Reviews of National Science Policy, France, op. cit. S. 30.
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Vertikale Kommissionen
Forschungskommissionen Vorbereitungsgruppen Mathematik Physik Chemie Bodenkunde Humanitäre Wissenschaft Ozeanographie Biologie-Medizin Weltraum Landwirtschaft Wasser Bauwesen, öffentliche Arbeiten, Stadtplanung
Interdisziplinäre Gruppen Metallurgie Allgemeine ökonomische Angelegenheiten und Finanzen
Allgemeine Dienste Steuern —Patente-Handelsmarken und Copyrights Technische Forschung und Entwicklung
Horizontale Kommissionen
A b b . 5. Integration der wissenschaftlichen F o r s c h u n g in die Planifikation (Frankreich) Quelle: Reviews of National Science Policy, France, OECD, Paris, 1966, S. 87
71
1.5.
Japan
Neben Deutschland war Japan vor dem I. Weltkrieg eine andere junge imperialistische Macht, die eine Umverteilung der Machtbereiche in der Welt anstrebte und die Revision der Weltkarte mit militärischer Gewalt durchsetzen wollte. Die moderne Entwicklung Japans fing relativ spät mit der Restauration der Meiji-Dynastie an. Die wissenschaftliche Forschung spielte dabei nicht die Rolle, die ihr bereits in westeuropäischen kapitalistischen Ländern zugewiesen wurde. Die Übernahme der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus westeuropäischen Ländern, die sich im Zuge einer schnellen Modernisierung des Landes vollzog, hat bereits Japan in dieser Zeit charakterisiert. Es können jedoch bereits im I. Weltkrieg und in der Periode zwischen zwei Weltkriegen Entwicklungen festgestellt werden, die auf den Anfang der Herausbildung des staatsmonopolistischen Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung hindeuten. 1916 wurde in Japan das Institut für physikalische und chemische Forschung gegründet. Bei der Durchführung der Grundlagenforschung sollte das Institut die Bedürfnisse der Industrie berücksichtigen. Der nationale Forschungsrat, der 1920 gegründet wurde, erhielt die Aufgabe, Beziehungen zwischen Grundlagenforschung, Bildung und technologischen Entwicklungen zu untersuchen. Der weitere Schritt auf dem Wege zur Herausbildung des staatsmonopolistischen Mechanismus auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung bestand 1933 in der Gründung der Japanischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft, die mit der staatlichen Unterstützung erfolgte. Die Niederlage Japans im II. Weltkrieg hat die Kontinuität der staatsmonopolistischen Entwicklung auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung zeitweilig unterbrochen. Jedoch bereits unter der amerikanischen Besatzung erfolgte die Gründung des Wissenschaftsrates Japans (Science Council of Japan). Seine Aufgaben bestanden in der Ausarbeitung von Empfehlungen über Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Verwertung der Forschungsergebnisse, Ausbildung der Forscher sowie über die Integration der wissenschaftlichen Forschung in die Industrie und andere volkswirtschaftliche Bereiche. Der Wissenschaftsrat konnte staatliche Entscheidungen über wissenschaftspolitische Maßnahmen als Hilfsorgan des Ministerpräsidenten sowie durch Ausarbeitung und Unterbreitung von Vorschlägen auf eigene Initiative beeinflussen. Für die Förderung der Beziehungen zwischen wissenschaftlicher Forschung und Monopolen wurde 1949 die Kommission für Verwaltung der Wissenschaft und Technologie (Science and Technology Administration 72
Commission) gegründet. Sie erwies sich jedoch bei der Ausübung ihrer Tätigkeit als uneffektiv. Deshalb wurde sie 1956 durch die Behörde für Wissenschaft und Technologie (Science and Technology Agency) ersetzt (vgl. Abbildung 6). Die letztere Institution erfüllt eine Reihe von wichtigen Funktionen. Sie dient als Koordinierungsorgan bei der Durchführung von Forschungsprogrammen und bildet gleichzeitig ein Sekretariat, das mit den Konsultationen der Regierung beauftragt wird. Der Leiter dieser Behörde ist ein Kabinettsmitglied und leitet die Atomenergiekommission. Der Science and Technology Agency unterstehen 6 Beratungsräte. Damit werden wichtige volkswirtschaftliche Bereiche erfaßt, die durch den Staat im Interesse der Monopole gefördert werden müssen. Diese Räte sind im einzelnen: — Consulting Engineer Examiners und Consulting Engineer Council (gegründet 1957). Sie befassen sich mit der Ermittlung und Erfassung der Ingenieure und Techniker des Landes; — der Nationale Rat für Luftfahrt (National Aeronautical Council), gegründet 1954, und der Rat für Elektronik (Electronic Council, gegründet 1958) fördern die Zusammenarbeit in der Forschung und Entwicklung zwischen Staat und Industrie auf folgenden Gebieten: Überschallund V/STOL-Flugzeuge, elektronische Datenverarbeitungsanlagen, Mittel für Automatisierung und Nachrichtenwesen; — der Rat zur Förderung des Erfindungswesens (gegründet 1952) arbeitet Empfehlungen über die Verteilung der Subsidien für die Durchführung von Forschungsvorhaben aus; — der Rat für Ressourcenprobleme (Resources Council) beschäftigt sich mit den Ressourcen des Landes. Die Probleme der Wissenschaftspolitik werden in dem 1959 gegründeten Rat für Wissenschaft und Technologie (Council for Science and Technology) untersucht (vgl. Abbildung 6). Die Zusammensetzung dieser Institution deutet bereits auf ihre Funktionen hin. In diesem Rat, dessen Sitzungen unter der Leitung des Ministerpräsidenten stattfinden, sind 4 Mitglieder des Regierungskabinetts vertreten. Es sind dies die Minister für Bildung und Finanzen, die Leiter der Ökonomischen Planungsbehörde (Economic Planning Agency) und der Science and Technology Agency. Zu weiteren Mitgliedern dieses Rates zählen der Präsident des Science Council of Japan und 5 andere profilierte Wissenschaftler, die vom Ministerpräsidenten ernannt und vom Parlament bestätigt werden müssen. In seiner Arbeit stützt sich der Rat auf die Spezialisten der Unterkomitees. Er bezieht ebenfalls Fachkenntnisse anderer Spezialisten in seine Arbeit ein. 73
74
Die Hauptziele des Science and Technology Council bestehen in der Ausarbeitung einer Art langfristiger Planung der Wissenschaftspolitik sowie in der Festlegung und Untersuchung der Forschungsprojekte und Koordinierung eigener Arbeit mit der Tätigkeit des Science Council of Japan. Der japanische Staat betrachtet die Sicherung von strategischen Forschungsrichtungen durch die Realisierung von staatsmonopolistischen Maßnahmen als seine wichtigste Aufgabe. Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von spezialisierten Institutionen gegründet. Dazu gehören die Atomenergiekommission, die 1956 ins Leben gerufen wurde (Atomic Energy Commission). Die Kommission führt eine langfristige Planung der Forschungspolitik auf dem Gebiet der Atomforschung durch, leitet staatliche Laboratorien und organisiert die Zusammenarbeit mit den Monopolen. Die Kommission zählt 10 Unterkomitees, die sich mit der Durchführung der technischen Arbeit (140 Personen) beschäftigen. Administrative Probleme der Kommission werden durch das Büro für Atomenergie der Science and Technology Agency behandelt (vgl. Abbildung 7). Zunehmende Aufmerksamkeit wird gegenwärtig vom japanischen Staat der Raumfahrtforschung gewidmet. Die Forschung auf diesem Gebiet wird durch den Space Activities Council (Rat für Raumfahrtforschung) organisiert und koordiniert. Dieser Rat wurde 1960 geschaffen. Ein weiteres Forschungsgebiet, das sich zu einer international anerkannten Großforschung entwickeln kann, ist die ozeanographische Forschung. Die Förderung der ozeanographischen Forschung wird vom japanischen Staat durch den Council for Marine Science and Technology (Wirtschaftsrat für maritime Fragen) vorgenommen. Dem Rat obliegt unter anderem die Forschung über Meeresressourcen, Meteorologie und Transport. Der staatsmonopolistische Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung in Japan schließt ein: — verschiedene Ministerien, die mit der Durchführung von Forschungsvorhaben beauftragt wer dt n, sowie — beratende Institutionen allgemeinen und spezifischen Charakters. Die Ministerien verfügen innerhalb ihrer Bereiche über eigene Forschungslaboratorien. Die Forschung in diesen Laboratorien konzentriert sich auf die Probleme, die einerseits von großer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der japanischen Wirtschaft sind, andererseits von einzelnen Monopolen nicht bewältigt werden können. Zum Beispiel hat das Ministerium für Verkehrswesen Forschungsinstitute für Schiffbau, Meteorologie. Das Ministerium für Post und Nachrichtenwesen besitzt drei Betriebe, die wiederum über eigene Laboratorien verfügen: Nippon Telegraph and Telephone Corporation, International Radio and Cable Corporation und Japan Broadcasting Corporation. 75
A b b . 7. D a s System der beratenden u n d administrativen F u n k t i o n e n ( J a p a n ) Minister(Präsident) ist Mitglied Sekretariat Quelle: Reviews of National Science Policy, Japan, OECD, Paris, 1967, S. 85
Japan ist international als ein Land bekannt, das für seine ökonomische Entwicklung viele Forschungsergebnisse aus dem Ausland importiert. Mit dem 1957 gegründeten Japan Information Centre for Science and Technology (das japanische Informationszentrum für Wissenschaft und Technologie) bildete der japanische Staat einen Informationsdienst. Das Zentrum beschäftigt sich mit Erwerb und Verarbeitung der in- und ausländischen Informationen über Wissenschaft und Technik und der Weitergabe dieser Informationen an die Monopole. Es leistet auch andere Dienste, die nach ihrem Umfang und Charakter die Möglichkeiten einzelner Monopole übersteigen. Was die Wissenschaftspolitik des Landes als Ganzes anbetrifft, so ist sie erst im Entstehen. Durch bereits bekannte staatsmonopolistische Maßnahmen werden bestimmte einzelne Forschungsrichtungen vom Staat
76
gefördert. So hat zum Beispiel der Council for Science and Technology 1963 detaillierte Empfehlungen über die Raumfahrtforschung sowie Entwicklung der forschungsintensiven Zweige ausgearbeitet. Auf dem Gebiet der Raumfahrtforschung bezogen sich diese Empfeh lungen auf zwei Schwerpunktprogramme: Entwicklung von Erdsatelliten und Raketen sowie Durchführung der Beobachtungen im Weltraum. Wie bereits erwähnt, unterstützt der Staat im starken Maße die Atomforschung. Er rüstet die Laboratorien für die Durchführung insbesondere der Grundlagenforschung aus, stellt Beziehungen zwischen Laboratorien der Hochschulen und den Monopolen her. Eine wichtige Rolle spielen dabei Unterlagen über staatliche Untersuchungen des Standes auf bestimmten Forschungsgebieten, die zur Verfügung gestellt werden. So führt die Science and Technology Agency seit 1960 Studien über elektronische Datenverarbeitung, Automation, Kontrollgeräte für Schiffbau, Nachrichtenübertragung, Anwendung der Elektronik in der Medizin usw. durch. Es existiert gegenwärtig jedoch keine staatliche Behörde, die sich mit der Wissenschaftspolitik als Ganzem befaßt. Im weiteren fehlt auch die Koordinierung der Forschung in der Industrie, wenn von einigen bereits aufgezählten Gebieten der staatlich geförderten Forschung abgesehen wird.
2.
Das staatsmonopolistische Instrumentarium
Die bereits geschilderten staatsmonopolistischen Organisationsformen reichen allein nicht aus, um das Funktionieren des staatsmonopolistischen Mechanismus der Lenkung und Kontrolle der Forschung zu charakterisieren. Die Aufzählung der staatlichen Organe, die sich mit der Forschung und Entwicklung befassen, sowie die Untersuchung ihrer Beziehungen untereinander und zu anderen nichtstaatlichen Institutionen bilden zwar einen wichtigen Schritt bei der Erforschung der staatsmonopolistischen Entwicklung auf diesem Gebiet, genügen jedoch nicht, um die Wirksamkeit der staatlichen Maßnahmen sowie die Intensität der staatlichen Eingriffe in die wissenschaftliche Forschung zu zeigen. Das Bild wird erst lebendig, die Dynamik wird nur dann eingetragen, wenn die untersuchten Organisationsformen mit den Hebeln in Verbindung gebracht werden, die zusammen das staatsmonopolistische Instrumentarium bilden. Der moderne kapitalistische Staat bedient sich dieser Hebel, um den bereits dargestellten Mechanismus in Bewegung zu setzen und seine Forschungspolitik bzw. verschiedene Forschungsprogramme und Konzeptionen effektiv durchzuführen. 77
Das Instrumentarium umfaßt eine Reihe vdn Hebeln. Zu den wesentlichen gehören: staatliche Finanzierung der Forschungsvorhaben, Ausarbeitung und gesetzliche Festlegung einer bestimmten Politik hinsichtlich Steuern und Abschreibungen für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Patentrecht, Förderung einer für die Forschung insgesamt günstigen öffentlichen Meinung mit Hilfe der Massenmedien u. a. Eines der wesentlichsten Merkmale der modernen Forschung sind steigende Kosten, die benötigt werden, um Forschungsvorhaben durchzuführen. Einige Vergleiche der Vergangenheit mit der Gegenwart veranschaulichen dies besonders deutlich. Richard Watson wurde als erster Chemieprofessor an der Universität in Cambridge 1760 ernannt. Das Laboratorium, das er besaß, gehörte zu den Plätzen, die niemanden interessierten. Sein größtes Verdienst bestand darin, daß es ihm gelungen war, die Leitung der Universität zu überreden, ihm jährlich 100 Pfund Gehalt zu zahlen. 17 Das berühmte Laboratorium Cavendish in Cambridge, in dem viele wichtige Entdeckungen gemacht wurden und das viele Nobelpreisträger kannte, wurde 1871 für 8450 Pfund erbaut. Die jährlichen Ausgaben des Laboratoriums beliefen sich 1895 auf 1000 Pfund, gegenwärtig betragen sie ca. 300000 Pfund. 18 In der Zeit der wissenschaftlich-technischen Revolution gehört es zum Alltagsbild, daß die (West-)Deutsche Forschungsgemeinschaft in Westdeutschland für den Kauf von Großgeräten 1966 9,3 Mill. DM, elektronischen Rechenanlagen 16,4 Mill. DM ausgibt. Es wundert keinen, daß für elektronische Rechenanlagen von 1966 bis 1968 jährlich 13—14 Mill. DM, für andere Großgeräte 8—9 Mill. DM veranschlagt werden sollten. 19 Die Kosten für den Bau eines 200 Ge-V Beschleunigers bei Chicago belaufen sich auf 240 Mill. Dollar. 20 Anhand dieser Beispiele kann gleichzeitig erklärt werden, warum es oft amerikanische Wissenschaftler sind, die Nobelpreise insbesondere für die Forschungsergebnisse erhalten, die hohe Ausgaben, starke Konzentration der finanziellen Mittel und des Personals erfordern. Der kapitalistische Staat kann durch die Finanzierung der Forschungsvorhaben die Forschung und Entwicklung in erwünschte Richtungen lenken. In einigen führenden kapitalistischen Ländern, die in der staatsmonopolistischen Entwicklung auf dem Gebiet der Forschung führend Bowden, „Les problèmes d'organisation de la science dans le monde moderne" in „Le Progrès scientifique", Paris, Nr. 113, November 1967, S. 42. 18 Ebenda, S. 4 3 - 4 4 . 19 Bundesbericht Forschung II, Westdeutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Drucksache V/1054, Bad Godesberg, 28. Juli 1967, S. 62. 20 Reviews o£ Science Policy, United States, op. cit. S. 120. 17
78
sind, entstand eine A r t A r b e i t s t e i l u n g : D e r Staat gibt f ü r die Forschung und E n t w i c k l u n g m e h r aus, als er in seinen eigenen staatlichen Forschungsstellen verbraucht. Tabelle 1 Die größten Vertragspartner des Pentagon Reihenfolge 1967
Konzerne
Volumen in Mio. Dollar
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Lockheed Aircraft Corp. General Dynamics Corp. General Electric Co. Western Electric Co., Inc. Mc Donnell Douglas Corp. North American Aviation, Inc. Boeing Co. Hughes Aircraft Co. Martin Marietta Corp. Westinghouse Electric Corp. Avco Corp. Philco-Ford Corp. Raytheon Co. IBM., Inc. Sperry Rand Corp.
709 461 439 414 237 236 220 166 156 122 112 102 98 90 82
16 20 14
92 71 71 31 21 19 19 17
3 2 1 6 5 7 4 11
17 16
12 10
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Laboratorien Massachusetts Institute of Technology John Hopkins University Aerospace Corp. Stanford Research Institute Mitre Corp. Rand Corp. System Development Corp. University of California Cornell Aeronautical Laboratory, Inc. Columbia University
Reihenfolge 1966 1 2 4 3 6 10 7 5 11 18
Quelle: BusinessWeek, Chicago, Nr. 2006, Februar 10, 1968, S. 58.
Die Tabelle 2 , die sich auf die einheitlichen A n g a b e n des Ersten Internationalen J a h r e s f ü r die Sammlung der D a t e n über die Forschung u n d E n t w i c k l u n g in den OECD-Ländern stützt, zeigt, daß der A n t e i l des Staates an der Finanzierung der Forschung u n d E n t w i c k l u n g in den U S A , G r o ß b r i t a n n i e n u n d Frankreich der höchste w a r . W i e aus der Darstellung
79
des Mechanismus der staatlichen Lenkung und Kontrolle hervorgeht, sind es ebenfalls die Länder, die in der Entwicklung des staatsmonopolistischen Mechanismus bisher führend waren. Tabelle 2 Der Anteil des Staates bei der Finanzierung und Durchführung der Forschung und Entwicklung
in % Insgesamt
Staat
(1)
Industrie
(2)
(1)
(2)
USA (1963/64) 100,0 67,3 18,8 28,8 66,0 Großbrit. (1964/65) 100,0 53,1 25,9 40,4 65,9 Westdeutschl. (1964) 100,0 38,2 3,6 58,8 64,4 Frankreich (1963) 100,0 62,4 36,1 30,9 50,0 Japan (1963) 100,0 27,8 12,2 64,6 64,6 Italien (1963) 100,0 33,1 22,9 62,4 62,6 (1) Finanzierung; (2) Durchführung
Nichtprofitbringende Institute (2) (1)
(1)
(2)
(1)
2,4
2,5
1,1
12,7
0,4
0,8
0,6
0,3
7,6
5,4
1,3
11,5
—
20,5
1,7
0,3
0,5
0,4
13,4
6,0
2,6
3,7
4,2
19,5
0,8
3,5
14,5
1,0
-
-
Hochschulen
Sonstige
Quelle: International Statistical Year for Research and Development, A Study of Resources devoted to R & D in: OECD Member countries in 1963/64, Band 2, OECD, Paris 1968, S. 4 0 - 4 1 .
Ihnen folgt Westdeutschland. Die Tabelle wird von Japan und Italien abgeschlossen, die einen besonders niedrigen Anteil der staatlichen Finanzierung an den gesamten Forschungsaufwendungen aufweisen. Die staatlichen Ausgaben in den USA sind in der Zeit von 1940 bis 1964 durchschnittlich um 24,9% jährlich gestiegen. In derselben Zeit vergrößerte sich der Anteil der staatlichen Forschungsaufwendungen am Bruttosozialprodukt von 0,07% auf 2,32%. Dies bedeutet zweifelsohne eine enorme Steigerung. 21 1965 betrug der Anteil der staatlichen Aufwendungen für die Forschung und Entwicklung an den gesamten Aufwendungen der USA ca. 64%. Gleichzeitig verbrauchte die Bundesregierung in ihren eigenen Forschungsstellen nur ca. 15% der gesamten Forschungsmittel des Landes. 22 Der Reviews of Science Policy, United States . . . op. cit. S. 33. 22 Ebenda, S. 33. 21
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nichtstaatliche Sektor, der amerikanischen Wirtschaft finanzierte die Forschung und Entwicklung zu etwa 36%, verbrauchte dagegen in seinen Laboratorien 85% aller Forschungsmittel. 23 Die staatliche Finanzierung, die hauptsächlich durch die Bundesregierung der USA vorgenommen wird, hat zur Steigerung der Rolle der zentralen staatlichen Macht in den USA bedeutend beigetragen. Der Anteil der staatlichen Finanzierung der gesamten Forschung und Entwicklung lag in Frankreich noch höher als in den USA und betrug 1966 bereits 69%. 24 Der V Plan der Entwicklung der französischen Wirtschaft (1966—1970) hat die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen des Staates in der Höhe von 41 Mrd. Fr. vorgesehen. Der Anteil der privaten Wirtschaft wird in derselben Periode nur auf etwa 15—17 Mrd. Fr. geschätzt. Dementsprechend sehen auch die Zuwachsraten einzelner Finanzierungsquellen aus: — die Zuwachsraten für die staatlichen Forschungsaufwendungen, die der interministeriellen Entscheidung und Verteilung unterliegen, werden 22,3% j ährlich betragen ; — sonstige staatliche Aufwendungen werden jährlich um 11,2% steigen; — die Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in den Monopolen wird dagegen nur auf 6—10% geschätzt. 25 Die staatlichen Forschungsaufwendungen bilden einen bedeutenden Posten im Staatshaushalt Frankreichs. So stieg der Anteil der Forschungsaufwendungen in der Zeit von 1958 bis 1965 von 2,46% auf 6,00% an. 26 Auch in der Bundesrepublik hat die im Juli 1967 beschlossene mehrjährige Finanzierung der wissenschaftlichen Forschung durch den Bund eine weit über dem Durchschnitt liegende Steigerung der Wachstumsraten vorgesehen. Im Vergleich dazu ist der Anteil der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen am Staatshaushalt Japans in der Zeit von 1960 bis 1967 nur unwesentlich von 2,9% auf 3,3% gestiegen. 27 Ein bedeutender Teil der staatlichen finanziellen Mittel, die durch die Umverteilung des Nationaleinkommens aufgebracht werden, wird für die Forschungen ausgegeben, die mit den aggressiven politischen Zielsetzungen der herrschenden Klassen kapitalistischer Länder unmittelbar zusammenEbenda. Le Progrès scientifique, Paris, Nr. 126, Januar 1969, S. 23. 2 5 Les Moyens consacrés par l'Etat à la recherche et développement en 1966, in der Spezialausgabe der Zeitschrift Le Progrès scientifique, Paris, Februar 1969, S. 80. 26 Ebenda, S. 31. 2 7 Le Progrès scientifique, Paris, Nr. 11, Dezember 1967, S. 81. 23
6
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hängen. Es handelt sich dabei um solche Großforschungsgebiete wie Militär-, Atom- und Raumfahrtforschung sowie die mit ihnen verwandten Forschungsprogramme. So betrug z. B. der Anteil der Militär-, Raumfahrt- und Atomforschung an den Aufwendungen der amerikanischen Regierung für die Forschung und Entwicklung 1955 46,7%, 1960 48,1% und 1965 62,3%.28 Das Spektrum der staatlich begünstigten Forschungsgebiete in Frankreich umfaßt noch weitere Forschungsprogramme. So sind ca. 50% staatlicher Aufwendungen für die Forschung und Entwicklung auf folgende Schwerpunkte konzentriert : — Erzeugung der Elektroenergie in den Atomkraftwerken, — Raumfahrtforschung, — Entwicklung der Atomwaffen, — Entwicklung des Überschallpassagierflugzeuges Concorde und des Airbusses, — Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung („Plan calcul"). 29 Der Unterschied zu den USA ist dabei auf Besonderheiten der französischen Wirtschaft zurückzuführen, die u. a. darin bestehen, daß der Konzentrationsgrad des Kapitals in Frankreich nicht die Ausmaße der USA angenommen hat. Es fehlen die mit den mächtigsten USA-Konzernen vergleichbaren französischen Unternehmen, die riesige Forschungsvorhaben allein bewältigen könnten. Deshalb erweitert der Staat seine Unterstützung auf weitere Forschungsgebiete. Der überwiegende Teil der Bundesmittel für die Forschung und Entwicklung (1966 70%) in Westdeutschland wird ebenfalls für die Förderung bestimmter Forschungsprojekte ausgegeben (Atorpforschung und kerntechnische Entwicklung, Weltraumforschung, Militärforschung und Datenverarbeitung). 30 Ähnlich wie in anderen führenden kapitalistischen Industrieländern stiegen in Japan die staatlichen Forschungsaufwendungen auf den Gebieten der Atom- und Raumfahrtforschung sowie bei der Unterstützung einzelner Forschungsvorhaben in den Monopolen, z. B. der elektronischen Datenverarbeitung. Es wäre jedoch eine starke Simplifizierung der gegenwärtigen Beziehungen zwischen dem kapitalistischen Staat und der Wissenschaft, hinter jeder vom imperialistischen Staat ausgegebenen Geldeinheit einen direkten, und von vornherein berechneten Nutzen erblicken zu wollen. Die ForReviews of Science Policy, United States, op. cit. S. 38. 29 Le Progrès scientifique, Paris, Nr. 126, Januar 1969, S. 32. 3 0 Bundesbericht Forschung II, . . . op. cit. S. 12. 28
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schung und Entwicklung ist und bleibt in ihrem Wesen ein Vorstoß ins Unbekannte. Dies bezieht sich sowohl auf die Erforschung noch nicht bekannter Phänomena als auch auf die Einschätzung der Bedeutung einzelner Erfindungen und Entdeckungen für die Zukunft. Innere Zusammenhänge in der Entwicklung der Wissenschaft sowie Verflechtungen zwischen Wissenschaftsdisziplinen sind zu ungenügend erforscht, als daß der kapitalistische Staat darin bedingungslos einzugreifen wagte. Im weiteren sind die Probleme, mit denen der imperialistische Staat konfrontiert wird, zahlreich und vielschichtig. Ihre Zahl nimmt ständig zu. Ihre Lösung hängt nicht nur mit der Förderung der bereits geschilderten Forschungskomplexe zusammen. Die herrschenden Klassen aller führenden kapitalistischen Länder sind sich über schwerwiegende Folgen eines zu straffen Dirigismus und exakten Vorschreibens in der wissenschaftlichen Forschung im klaren. Um bedeutende Rückstände und gefährliche Lücken in der wissenschaftlichen Forschung zu vermeiden, die in der Endkonsequenz zu einer Schwächung der politischen, militärischen und ökonomischen Macht führen, ist der imperialistische Staat gezwungen, in gewissen Grenzen bei der Finanzierung der Forschung und Entwicklung „großzügig" zu verfahren, „Freiheit" in der Forschung und Entwicklung zu tolerieren usw. Diese „Großzügigkeit" bezieht sich zunächst auf die Finanzierung der sogenannten allgemeinen Wissenschaftsförderung, die jedoch in der Endkonsequenz ebenfalls unter der Berücksichtigung staatlicher politischer Konzeptionen erfolgt. Sie besteht im weiteren darin, daß vom Staat oft nur die Richtungen und Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche Forschung vorgegeben werden. In diesem Rahmen darf sich die „Freiheit" der wissenschaftlichen Forschung entfalten. Die Forschung wird auch dadurch gelenkt, daß die Mittel durch einzelne Ministerien verteilt werden. Jedes der Ministerien ist dabei bestrebt, seine Interessen in den Vordergrund zu stellen. Z. B. fördert die Kriegsmarine der USA Grundlagenforschung in der Ozeanographie, im Gesundheitswesen und in der Bildung und unterstützt biomedizinische Forschung. Die NASA führt Untersuchungen der Atmosphäre, der Meteorologie und Astronomie durch. Die Atomenergiebehörde befaßt sich mit Atomforschung. Entsprechend dem Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern von 1964 in Westdeutschland finanzieren beide Vertragspartner den Zuschußbedarf der westdeutschen Forschungsgemeinschaft je zur Hälfte. Unter den Forschungsvorhaben der westdeutschen Forschungsgemeinschaft befinden sich auch solche wie Materialforschung, Reinhaltung der Luft, Lärmbekämpfung oder Meeresforschung, Programme der Umwelthygiene, Verkehrsplanung und Raumordnung. Daß dabei diese Forschungs6«
83
vorhaben wie Waisenkinder behandelt werden, geht erst aus der Höhe der staatlichen Mittel hervor, die den Forschern dafür zur Verfügung gestellt werden. (Auf dieses Thema wird in dem Kapitel über die Verteilung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen eingegangen.) Der amerikanische Staat finanzierte die Grundlagenforschung zu über 60%. 3 1 Bemerkenswert ist jedoch, daß bereits 1946 mit der Aufgabe der Förderung der Grundlagenforschung das Office of Naval Research (Office für die Forschung für die Kriegsmarine) beauftragt worden war. Die 1950 von der Regierung gegründete National Science Foundation sollte die Aufgabe der Förderung der Grundlagenforschung übernehmen. Bisher verfügt sie jedoch nur über etwa 12% der finanziellen Mittel, die vom Staat für die Grundlagenforschung ausgegeben werden, d. h. weniger als Verteidigungsund sonstige Ministerien. 32 So geben nationale medizinische Institute der USA für die Durchführung der Grundlagenforschung 274 Mill. Dollar aus. Die gesamten Aufwendungen der National Science Foundation für die Grundlagenforschung betrugen nur 171 Mill. Dollar. 33 Wie die Tabelle 3 veranschaulicht, wurden durch das Pentagon in der Periode 1940-1967 (bzw. 1958-1967) 57,3 Breshnew, L . I., „ F ü r die Festigung des Zusammenschlusses . . . op. cit. S. 11.
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von exakt definierten Zielen zugeschnitten werden. Über die Entwicklung von Waffen hinaus unternahmen Systemanalytiker Studien und Analysen der Probleme, die mit politischen und militärischen Konzeptionen der herrschenden Klassen zusammenhingen. Die Ausweitung des Anwendungsbereiches der Systemanalyse auf Probleme der Politik und Strategie wurde von Militärs im Pentagon zu Anfang mit Skepsis zur Kenntnis genommen. Erst später setzte sich das neue Herangehen auch bei der L ö s u n g von großen Problemen auf der staatlichen Ebene durch. Zu dieser Zeit entstand das beinahe klassische Schema des systemanalytischen Herangehens. (Gegenwärtig wird jedoch mit Recht bestritten, ob so ein Schema in der Systemanalyse überhaupt möglich wäre.) (Vgl. Abbildung 20.) Aus diesem Schema wird ersichtlich, daß die Verallgemeinerung, die darin enthalten ist, durch die Aufgaben der Entwicklung der Militärtechnik im starken Maße beeinflußt wurde. Wenn die Systemanalyse in den U S A ihre Geburt dem Militarismus zu verdanken hat, erfolgte später eine starke Verbreitung des systemanalytischen Herangehens auf viele andere, darunter auch zivile Bereiche. Wenn die Systemanalyse in ihren Anfangszeiten mit der Planung der Forschung und Entwicklung in einem begrenzten Rahmen bestimmter Waffensysteme zusammenhing, drängt sie gegenwärtig als ein allgemeingültiges Herangehen an die L ö s u n g von Systemproblemen in alle Bereiche hinein, in denen komplizierte Prozesse vorhanden sind. Die Systemanalyse wird unter anderem bei der Ausarbeitung von Systemprognosen angewandt. Einige Beispiele dafür sind: — „ T e m p o " der „General Electric" arbeitete mit Hilfe der Systemanalyse die Prognose der atomgetriebenen Handelsflotte bis 1985 aus; — „ T e m p o " führte die Untersuchung der zukünftigen Nachrichtenübertragung durch die Erdsatelliten durch. Weitere Arbeiten behandelten Probleme der Wasserressourcen und Energie, Probleme der Entwickder Städte; — R A N D Corporation wandte die Systemanalyse bei der Prognose des Transportwesens bis 1990 an; — System Development Corporation untersuchte mit Hilfe der Systemanalyse zukünftige Probleme des Bildungswesens; — Stanford Research Institute wandte die Systemanalyse bei der Untersuchung des Wechselspiels zwischen Wissenschaft, Technik und Gesellschaft an. Die Systemanalyse als ein neues Herangehen setzt sich gegenwärtig in westeuropäischen Ländern durch. Bemerkenswert ist, daß sich die meisten sogenannten Prognoseinstitute in den kapitalistischen Ländern, „Denkfabriken", bei der Ausarbeitung von Prognosen, Studien und Analysen der Methodologie der System191
analyse bedienen und diese Methodologie weiter entwickeln. Gegenwärtig dringt die Systemanalyse in die prognostischen Untersuchungen in der Soziologie, Politik und Ideologie ein. Das systemanalytische Herangehen findet außer den Kriegsministerien in anderen staatsmonopolistischen Institutionen kapitalistischer Länder ihre Anwendung. Die Monopole beauftragen „Denkfabriken" bzw. ihre eigenen „Denkabteilungen" mit der Ausarbeitung von Prognosen auf der Basis der Systemanalyse, um ihre Produktion auf künftige Bedürfnisse im Interesse des Profits rechtzeitig einzustellen. Deshalb werden solche Gebiete wie Ozeanographie, Bildung, Transport und ähnliches untersucht.
Abb. 20. Mögliche Etappen der Durchführung einer Systemanalyse Quelle: System Analysis and Policy Planning, Applications in Defense, American Elsevier Publishing Company, Inc. New York, 1968, S. 14
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Die Ausweitung der Anwendungsgebiete für die Systemanalyse führte zu Veränderungen in den Formen des Herangehens selbst. Eine größere Rolle spielt gegenwärtig die Untersuchung der qualitativen Faktoren, der Begriff Kosten/Effektivität wurde erweitert, die Bedeutung der funktionalen Beziehungen der Teilsysteme hat zugenommen. Auf diese Weiterentwicklung haben bereits die Erfinder der Systemanalyse in den USA hingewiesen. Quade schrieb dazu: „Dies soll nicht überraschend sein, daß viele Komplexstudien, sogar der größte Teil der allgemeinen Analysen, in seiner Natur verbal als quantitativ ist". 30 Damit entwickelt sich die Systemanalyse zu einer allgemeinen Methode des Herangehens an die Lösung grundsätzlicher Probleme, ohne dabei die Rolle einzelner Wissenschaftsdisziplinen zu negieren. Im Zuge dieser Entwicklung verliert sie den Charakter einer allgemeinen Empfehlung und wird zu einem besonderen Beruf — dem des Systemanalytikers, der mit der Ausarbeitung von Systemlösungen auf verschiedenen Gebieten beauftragt wird. Die Entwicklung der Systemanalyse und ihre Durchsetzung u. a. bei der Ausarbeitung von Systemprognosen ist in den kapitalistischen Ländern eine äußerst widersprüchliche Reaktion des Spätkapitalismus auf bestimmte objektive Entwicklungstendenzen. Es ist u. a. die Notwendigkeit einer tiefen, komplexen Analyse von Tendenzen in der Entwicklung von Wissenschaft und Technik und ihr Einfluß auf die sozial-ökonomische Entwicklung der Gesellschaft. Daraus entsteht ein ganzer Problemkomplex, der den Rahmen einzelner Prognosemethoden auf dem Gebiet des wissenschaftlichtechnischen Fortschritts übersteigt. Die Lösung von Problemen erfordert die Untersuchung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung, die Erforschung von objektiven Tendenzen, die die Entwicklung der gegebenen gesellschaftlich-ökonomischen Formation bestimmen. Die wirklich wissenschaftlich begründeten Prognosen sind ohne Berücksichtigung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung, ohne eine konkrete historische Analyse konkreter Triebkräfte der Entwicklung der Gesellschaft unmöglich. Die Systemanalyse im staatsmonopolistischen Kapitalismus ist ein Versuch, dem Systemcharakter der Probleme des wissenschaftlich-technischen Fortschritts Rechnung zu tragen. Dies kann jedoch nur dann in vollem Umfange und effektiv erfolgen, wenn sich die Systemanalyse auf das feste Fundament des dialektischen und historischen Materialismus stützt, was im Kapitalismus unmöglich ist. In diesem Zusammenhang kann auf eine breite Entwicklung der Systemanalyse in der Sowjetunion hingewiesen werden, die die marxistisch-leni•*> Quade, E. S., a. a. O., S. 15. 13
Nikolajew, Forschung
193
nistische Weltanschauung einschließt und einen prinzipiell anderen Charakter trägt. Einige kennzeichnende Züge dieser Entwicklung bestehen darin, daß in dem Instrumentarium der Systemanalyse immer mehr Erkenntnisse der Systemforschung angewandt werden. Der Begriff der Systemanalyse wird auf die Konzipierung und Realisierung der Systemlösung eines umfassenden Problems erweitert. „Die Systemanalyse ist die Methodologie der Lösung von großen Problemen, die sich auf die Konzeption der Systeme stützt. Die Systemanalyse kann auch als Methodologie der Entwicklung von Organisationen betrachtet werden, weil diese Organisationen als Faktor angesehen werden können, die die Methodologie der Problemlösung verwirklichen. 31 — lautet eine der sowjetischen Definitionen der Systemanalyse. Das Wesen der Systemanalyse besteht dabei nicht in dem formellen mathematischen Instrumentarium, das „Systeme" oder „Systemlösungen" beschreibt (obwohl die Arbeiten zur Mathematisierung der Etappen der Systemanalyse eine große Rolle spielen), sondern in seinem Erkenntnisapparat, in seinem Herangehen an die Lösung der Probleme, in seiner logischen Struktur. 32 Deshalb darf die Systemanalyse nicht als eine neue Wissenschaftsdisziplin aufgefaßt werden, die andere Wissenschaftsdisziplinen zu verdrängen versucht, sondern als ein Instrumentarium zum Konstruieren von Systemlösungen, als ein Instrument der Entscheidungsfindung, das in sich alle notwendigen Erkenntnisse vereinigt, die die Problemlösung sichern. In diesem Sinne verwendet die Systemanalyse Erkenntnisse aus vielen benachbarten und verwandten Gebieten: aus der Theorie der Systeme, Operationsforschung, Kybernetik usw. Im Rahmen des systemanalytischen Herangehens muß „alles" an Kenntnissen angewandt werden, um das Problem zu lösen. Das Kriterium für die Wahl bestimmter Wissenschaftsdisziplinen bleibt die Lösung des großen Problems. Als Methodologie der Problemlösungen weist die Systemanalyse eine notwendige Reihenfolge der zusammenhängenden Operationen auf, die in großen Zügen in der Aufdeckung des Problems, dem Konstruieren der Problemlösung und der Realisierung dieser Lösung bestehen. 33 D a die Systemanalyse als Methodologie die Lösung von verschiedenen Problemen beinhaltet, duldet sie keine Routine. Die ersten Anwendungsfälle des systemanalytischen Herangehens beim Prognostizieren sowie Planung und Leitung von komplexen Forschungs31
Nikanorow, S. P., Einführung in die sowjetische Ausgabe des Buches von Stanford L . Optner „System Analysis for Business and Xndustrial Problem Solving", Verlag „Sowjetskoje Radio", Moskau 1969, S. 10—11.
3 2 Ebenda, S. 1 8 - 1 9 . 33 Ebenda, S. 14.
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und Entwicklungsprogrammen in der Sowjetunion zeugt von großen Perspektiven dieses Herangehens. 34 Es steht bereits fest, daß die enge Verbindung der Forschung und Entwicklung mit Prognosen sowie das systemanalytische Herangehen bei der Ausarbeitung von Systemprognosen neue Möglichkeiten bei der Meisterung der wissenschaftlich-technischen Revolution eröffnet. Die Anwendung des systemanalytischen Herangehens beim Prognostizieren des wissenschaftlich-technischen Fortschritts wird im folgenden am Beispiel der Zielbaummethoden gezeigt. Mit der Entwicklung von Systemprognosen wie P A T T E R N und CPE wurde in kapitalistischen Ländern die Verbindung der Forschungsprogramme mit globalen Zielsetzungen angestrebt, die der imperialistischen Politik dieser„Länder entsprechen. Zielbaummethoden (Kelevance Trees) Die Entwicklung von Zielbaummethoden in den USA und Frankreich ist auf die Notwendigkeit zurückzuführen, Forschungsprogramme für die Zukunft so zu konzipieren, daß dadurch im voraus vorgegebene Zielsetzungen möglichst effektiv und rasch realisiert werden. Internationale Erfahrungen zeigen, daß — kein Industrieland gegenwärtig imstande ist, alle Gebiete der Wissenschaft gleichmäßig intensiv und führend zu bearbeiten; — die bereits vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse viel größer als die Möglichkeiten eines Landes sind, sie alle bis zur Produktionsreife zu bringen. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit der Auswahl von Forschungsrichtungen und -gebieten. Die wechselseitigen Beziehungen zwischen der Wissenschaft und der Entwicklung von Produktivkräften werden dadurch kompliziert, daß der ökonomischen Entwicklung eines Industrielandes verschiedene heterogene Kriterien zugrunde gelegt werden (ökonomische Kriterien, politische Kriterien — eine konkrete Form dieser Kriterien sind zum Beispiel „Prioritätskriterien" usw.). Dies alles führt zur Ausarbeitung von bestimmten strategischen Zielsetzungen, die konkrete Entwicklungsrichtungen für das Land festlegen und unterschiedliche Kriterien sowie das zunehmende Tempo der wissenschaftlich-technischen Revolution berücksichtigen. Zu diesen strategischen Zielsetzungen gehören unter anderem Prozesse und Entwicklungen, deren Realisierung einen Komplex von Maßnahmen, Entscheidungen auf verschiedenen Ebenen sowie die Zusammenarbeit zahlreicher Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen und Wissenschaftsdisziplinen erfordert. 34 2 . B. Systeme SPUTNIK und SKALAR. Vgl. Technische Gemeinschaft, Nr. 3, 1970, Berlin sowie Methode von Prof. Gluschkow und andere. 13»
195
Die praktische Realisierung der Zielsetzung erfordert, daß sowohl die Zielsetzung selbst als auch die Maßnahmen entsprechend der Problemstellung weiter zu präzisieren und in verschiedenen Ebenen in Form eines hierarchischen Systems aufzugliedern sind. An den Zielbaummethoden wird gegenwärtig in vielen Ländern, sowohl in den sozialistischen als auch in den kapitalistischen, gearbeitet. Aus führenden kapitalistischen Ländern liegen Informationen über einige Zielbaummethoden vor. Besondere Beachtung verdienen gegenwärtig zwei Systeme : P A T T E R N und C P E (Centre de Prospective et d'Evaluation). 35 Das P A T T E R N System wurde zum Beispiel bei dem Apollo-Projekt angewandt. Das CPESystem wird für die Lösung einiger Transportprobleme in Frankreich angewandt, seine weiteren Anwendungsbereiche werden in Betracht gezogen. Es gibt sogar Anzeichen dafür, daß das CPE-System von der U N E S C O übernommen wird. 36 Das PATTE RN-Sjsfem Das erste numerische Entscheidungsmodell für die Planung von großen komplexen Forschungsprogrammen, P A T T E R N (Planning Assistence Through Technical Evaluation of Relevance Numbers), wurde von dem amerikanischen Konzern Honeywell ausgearbeitet und 1964 erfolgreich eingeführt. Die Entwicklung des PATTERN-Systems steht mit den aggressiven Plänen des amerikanischen Imperialismus im engen Zusammenhang. E s wurde vor allem zur Forcierung der Rüstungs- und Raumfahrtprogramme ausgearbeitet und genoß persönliche Betreuung des ehemaligen Verteidigungsministers der USA, McNamara. In diesem Zusammenhang ist das PATTERN-System ein krasses Beispiel des Mißbrauchs einer an sich wissenschaftlichen Leistung (was die Methode des P A T T E R N betrifft). Seine Anwendungsgebiete zeigen gleichzeitig die objektiv vorhandenen Schranken des kapitalistischen Systems. Im Wettbewerb mit dem sozialistischen Weltsystem ist der amerikanische Imperialismus gezwungen, die Methoden zu entwickeln, die Komplexe von militärischen, ökonomischen, 35
36
P A T T E R N vgl. Jestice, A. L . : „Project P A T T E R N " , Honeywell, Inc. Washington, D. C. 1964, Sigford, I. V., Parvin, R. H.: „Project P A T T E R N " : „ A Methodology for Determining Relevance in Complex Decision-Making" in : I E E E Transactions on Engineering Management, New York, Vol. EM-12, Nr. 1, März 1965, S. 9—13. C. P. E . vgl. L'Estoile, H. : „La programmation de la recherche appliquée" in Le Progrès Scientifique, Nr. 118, April 1968, Paris, S. 8 - 5 0 . Vgl. auch Nikolajew, V.: „ Zielbaummcthoden — neue Möglichkeiten in der Prognostik" in „Technische Gemeinschaft", Berlin, Nr. 3, 1969, S. 16—25. L'Estoile, H.: a. a. O., S. 11.
196
politischen, wissenschaftlichen und technischen Maßnahmen beinhalten und eine Art „Planung" der Forschung und Entwicklung im Rahmen nationaler Programme einführen sollen. Hiermit soll das wissenschaftlichtechnische Potential des Landes in den Dienst der amerikanischen Globalstrategie gestellt werden. Die effektive Ausnutzung der Möglichkeiten von solchen integrierten Systemen wie PATTERN für sonstige volkswirtschaftliche Zwecke erweist sich unter kapitalistischen Bedingungen nur als begrenzt möglich. Die widerspruchsvolle Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus kommt unter anderem dadurch zum Ausdruck, daß er einerseits hochqualifizierte wissenschaftliche und technische Kräfte mobilisiert, andererseits läßt er die Ergebnisse ihrer Arbeit nur soweit realisieren, wie sie in dem engen Spielraum des kapitalistischen Systems mit seinen politischen, sozialen und anderen Zielen nicht in Kollision geraten. Eine prinzipielle Auseinandersetzung mit dem PATTERN-System als einer widerspruchsvollen staatsmonopolistischen Entwicklung schließt jedoch nicht aus, daß nach kritischer Überprüfung einige Erkenntnisse aus seinen Methoden auch für die sozialistische Wirtschaftspraxis verwendet werden können. Dabei trifft voll und ganz die Bemerkung von W. I. Lenin zu, daß man den bürgerlichen Professoren, die fähig sind, die wertvollsten Arbeiten zu liefern, wenn es um Fachkenntnisse und Spezialkenntnisse geht, nicht glauben darf, wenn es um ihre inhaltliche theoretische, philosophische Interpretation der Forschungsergebnisse geht, sowie wenn man „auf die allgemeine Theorie der politischen Ökonomie zu sprechen kommt". 3 7 Ausschlaggebend für die Lösung der aufgeworfenen Probleme mit Hilfe des PATTERN-Systems ist das systemmethodische Herangehen. Durch das System werden Tausende von Elementen erfaßt, nach der Kausalität ihrer Beziehungen in Ebenen untergliedert und in Form eines hierarchischen Zielbaumes eingeordnet. Die Probleme, die mit Hilfe von PATTERN gelöst werden müssen, beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 1970 bis 1980 und eventuell darüber hinaus. Es handelt sich also um ein mittelfristiges Prognosesystem. Für die richtigen Zielsetzungen und den Aufbau des Zielbaumes wird von vielen Experten auf Grund der Informationen „von außen" ein Drehbuch geschrieben. Das Drehbuch stellt die allgemeine Situation in der Welt, mögliche Entwicklungstendenzen und Probleme dar, mit denen ein Land in Zukunft konfrontiert wird. Bei der Festlegung der technischen 37
Lenin, W . I.: „Materialismus und Empiriokritizismus", Werke, Dietz Verlag, Berlin 1962, Band 14, S. 377.
197
Probleme auf den unteren Ebenen wurden zahlreiche Experten in die Arbeit einbezogen sowie Trendextrapolationen, logistische Kurven, morphologische Forschung und sonstige Prognosemethoden im starken Maße angewendet. Die Expertenschätzungen, die den Inhalt von P A T T E R N bilden, werden in Form von Koeffizienten quantifiziert und in die elektronischen Datenverarbeitungsanlagen eingespeichert. Das PATTERN-System und seine Elemente sind in der Abbildung 21 dargestellt.
Drchbuch
Ziel bäum
Wissenschaft lich-technischc Prognosen
gegenseitige Nützlichkeit
»^EDVA^-
Einschätzung für gegebenen Zeitpunkt
Zustand und Frist A b b . 21. D a s P A T T E R N - S y s t e m und seine Elemente
Die Aufgliederung der Elemente in Form eines Zielbaums wird auf der Abbildung 22 dargestellt. Nachdem der Zielbaum aufgestellt ist, werden die Elemente nach ihrer Wichtigkeit von den Experten eingeschätzt und im Rahmen von Matrizen gegen Kriterien gewichtet. Die PATTERN-Methode wurde bereits für die Entscheidungen über die Verteilung der Forschungs- und Entwicklungsmittel und der Forschungskader sowie für die Bestimmung von Schwerpunkten in der Forschung und Entwicklung erfolgreich angewendet. Sie zeigte im weiteren die Bedeutung von einzelnen Maßnahmen für die Realisierung der Zielsetzungen der oberen Ebene. Die PATTERN-Methode kann die ungelösten Probleme in der Forschung und Entwicklung aufdecken, von denen letzten Endes die Lösung von strategischen Zielsetzungen abhängt. Dadurch wird die Forschung und Entwicklung zweckmäßig auf bestimmte Richtungen orientiert. Einzelne Unternehmen konnten aus dem Zielbaum wertvolle Informationen für die Organisation und Gestaltung ihrer eigenen Forschung und Entwicklung sowie über die künftige Produktion ihrer Betriebe gewinnen. 198
Allgemeine
Kriterien
Politische
Ziele
Regierung d. U S A - 3 Verteidigungsminister! — um — 8 A n d e r e Institutionen- 46 (Elemente der Ebenen v o n A bis C )
Kosten/Effektivität Möglichkeit d. prinzipiellen Lösungen E i n f ü h r u n g v . Forschungser gebnissen
Prinzipien u. Anforderungen an die Systeme Wissenschaftliche Forschung Systemprinzipien -
161
Funktionale Teilsysteme -425
Technische Probleme Entwicklung Möglichkeit d. Entwicklung Mittel Risiko Vorteile
Konstruktionen V.Teilsystemen 850 Technisdhe Probleme 987
A b b . 22. D e r Z i e l b a u m , seine E l e m e n t e u n d Kriterien
199
Die PATTERN-Methode gibt einen guten allgemeinen Überblick über das gesamte komplexe Vorhaben und speichert zahlreiche desaggregierte Informationen über Probleme verschiedener Ebenen ein. Gleichzeitig lassen bereits durchgeführte Untersuchungen bestimmte Grenzen der Methode erkennen: — sie läßt ökonomische Ressourcen sowie die materielle Sicherung der Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in den weiteren Phasen der Kette Forschung und Entwicklung — Produktion — Absatz unberücksichtigt; — sie gibt keine Auskunft über Erfolgschancen von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Stadium der Forschung und Entwicklung sowie über die Erfolgschancen von neuen Erzeugnissen und ihre Verbreitung auf dem Markt (zum Beispiel mengenmäßig); — das PATTERN ist ein straffes System. Dadurch sind seine Anwendungsbereiche begrenzt.
CPE (Le Centre de Prospective et cC Evaluation) Die Besonderheiten des französischen Systems CPE können in zwei Gruppen untergliedert werden: 1. Besonderheiten der Technik der Durchführung von Operationen in einem Zielbaum sowie die Aufstellung des Zielbaumes. Dies ermöglicht die Anwendung auf weiteren Gebieten 2. Anwendungsbereiche des Systems, die sich zum Teil von denen des PATTERN unterscheiden. Diese letztere Tatsache verdient besondere Beachtung. Die zweite Gruppe von Besonderheiten der CPE-Methode hängt mit ihren Anwendungsbereichen zusammen. Durch die Anwendung der Methode soll im Rahmen der französischen Planifikation ein Versuch unternommen werden, strategische Ziele der ökonomischen Entwicklung mit der Forschung und Entwicklung in Verbindung zu bringen. In einem ökonomischen Zielbaum wird bei der Zusammensetzung der Elemente und Kriterien von der Kette Forschung und Entwicklung — Produktion — Absatz ausgegangen. Im weiteren wird auf die Verbreitung von neuen Erzeugnissen in den Produzenten- bzw. Anwenderzweigen hingewiesen. Daraus ergeben sich zwei Sätze von Kriterien, die jeder im einzelnen die Interessen der Produzenten und der Anwender widerspiegeln.
Produzent
Kosten Materielle Sicherung Absatzmöglichkeiten usw. Aus dem allgemeinen ökonomischen Zielsetzungen ausgeht, können für 200
Anwender
Zuverlässigkeit Qualität Verwendung in dem eigenen Produktionssystem usw. Zielbaum, der von den strategischen strukturbestimmende Prozesse (wie
etwa für die Entwicklung der Transportmittel) weitere Zielbäume konstruiert und getrennt nach Anwender- und Produzentenkriterien gewichtet werden. Gleichzeitig muß darauf hingewiesen werden, daß die Autoren des CPE zu einer Überschätzung der Anwendungsmöglichkeiten des Systems neigen. Globale makroökonomische Prozesse (wie etwa der des ökonomischen Zielbaums) sind viel komplizierter, als daß man sie mit Hilfe einer Methode bewältigen kann. Zum Beispiel schließt die CPE-Methode Verflechtungen zwischen Zweigen bzw. Erzeugnisgruppen völlig aus. Bereits diese kurze Schilderung von zwei Zielbaummethoden deutet auf eine Reihe von Problemen hin, die bei ihrer Anwendung geklärt werden müssen. Dies betrifft zunächst sowohl die Zielsetzungen als auch die Kriterien (insbesondere die der oberen Ebenen). Da es sich meistens um die Zielsetzungen der Makroebene handelt, wurde, wie bereits erwähnt, vor dem Aufbau eines Zielbaumes ein Drehbuch geschrieben, in dem die wichtigsten internationalen und nationalen Entwicklungstendenzen in der Politik, Ökonomie, im Militärwesen, auf dem sozialen Gebiet niedergelegt wurden. Sie bildeten die Grundlage für die Ausarbeitung von verschiedenen Varianten der zukünftigen Entwicklungen. Anhand von Entwicklungstendenzen und Varianten können die Zielsetzungen und Kriterien der oberen Ebenen ermittelt werden. Als Beispiel eines solchen Drehbuches kann „Das Jahr 2000" angeführt werden. 38 Dabei muß hervorgehoben werden, daß die Drehbuchschreibung, insbesondere auf der oberen Ebene, einen ausgeprägten Klassencharakter trägt und im starken Maße die bürgerliche Ideologie vertritt. Dies drückt sich bereits bei der Darstellung von Entwicklungstendenzen, Ereignissen und ihrer Interpretation aus. In den Varianten werden dem Sozialismus feindliche Zielsetzungen angestrebt und aggressive Varianten durchgespielt. Daneben enthalten sie einige Abschnitte, die relativ neutralen Charakter tragen, zum Beispiel Entwicklungstendenzen in den Natur- und technischen Wissenschaften. Die Ähnlichkeit solcher Abschnitte darf natürlich über die ideologische Bezogenheit solcher Drehbuchschreibung nicht hinwegtäuschen. 39
39
Kahn, H. and Wiener, A. J . : „The Year 2000, A Framework For Speculation On the Next Thirty-Three Years", The McMillan Company, New York 1967. Auf diese Ähnlichkeit wird am Beispiel der sowjetischen Prognose „Im Jahr 2017" in der „Prawda" hingewiesen. Vgl. „Prawda", 2. 4. 1969, Nr. 92 (18505), Moskau. Vgl. auch: „Im Jahre 2017", APN, Moskau 1968.
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Es muß gleichzeitig berücksichtigt werden, daß die Drehbuchschreibung nicht unbedingt die gesamte politische, ökonomische und soziale Entwicklung erfassen muß. Es sind Drehbücher bekannt, die für ein spezielles Gebiet geschrieben wurden. Das wesentliche Merkmal der Zielbaummethoden besteht also darin, daß sowohl die Zielsetzungen als auch die Kriterien in das System „von außen" eingetragen werden. Dies setzt jedoch voraus, daß neben dem Aufbau eines Zielbaumes die Erkundungsprognosen im starken Maße durchgeführt werden. Die Zielbaummethoden und das Prognosesystem verhalten sich als Teil und Ganzes. Es muß berücksichtigt werden, daß trotz der großen und steigenden Bedeutung von normativen Prognosemethoden sie bestimmte Grenzen bei ihrer Anwendung aufweisen. Sie gehen von unseren gegenwärtigen Vorstellungen über die zukünftigen Entwicklungen aus, die selbst einer mehr oder weniger großen Korrektur bedürfen. Der Erkenntnisstand über die Bedeutung der bereits bekannten Erfindungen und Entdeckungen und insbesondere ihre ökonomisierung ist unvollständig. Zum Beispiel herrschten zu Anfang der Erschließung der Atomenergie sehr optimistische Prognosen über ihre ökonomisierung im großen Maßstab. Später trat an ihre Stelle eine pessimistische Einschätzung. Erst gegenwärtig wurde eine relativ realistische Einschätzung der Möglichkeiten der Ökonomisierung der Atomenergie erreicht. Das erste Projekt der Entwicklung eines amerikanischen Passagierflugzeuges mit Überschallgeschwindigkeit wurde eingestellt, als es sich herausstellte, daß die Einschätzung des wissenschaftlich-technischen Standes auf dem Gebiet mangelhaft war und das Projekt nicht realisierbar ist. Das Ergebnis waren Zeit- und Mittelverluste. Im weiteren muß berücksichtigt werden, daß viele wichtige wissenschaftliche Probleme überhaupt auf ihre Forscher warten. Ihre Lösung darf durch normative Prognosemethoden nicht blockiert werden. Bekanntlich ist es nur ein Teil der Forschung und Entwicklung, der unter bereits exakt definierten Zielsetzungen betrieben werden kann (insbesondere in der. Entwicklungsphase der Forschung und Entwicklung, teilweise in der angewandten Forschung). Die Forschung und Entwicklung wird ebenfalls betrieben, um die Wissenschaft in ihrer Gesamtheit weiter zu entwickeln bzw. Gebiete zu erforschen, die erst später der Reproduktion die Ergebnisse liefern können. Um die Forschungsgebiete zu ermitteln, die mögliche qualitative Sprünge in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zur Folge haben werden und als Ausgang für die Bestimmung der Zielsetzungen für Zielbaummethoden dienen können, werden andere Methoden angewendet. Von den intuitiven Methoden ist dabei besonders die Delphi-Methode be202
kannt. Es werden auch Verflechtungen der Wissenschaftsdisziplinen sowie Querschnittsprobleme mit möglichen Folgen für die ökonomische Verwertung der Ergebnisse aufgestellt. (Bekanntlich erweisen sich die Querschnittsprobleme in der Forschung und Entwicklung als besonders fruchtbar.) Ein Beispiel solcher Verflechtungen wird in der Abbildung 23 dargestellt. EDVA
Holographie
Laser -
Verbesserte Spektroskopie
Untersuchung des Komplexes Moleküle und Eiweiß
Biochemie und Chemie
Molekulare Genetik
I I
Antigene Arzneimittel
Kontrolle der Erbeigenschaften
A b b . 23. Ein Beispiel des Synergismus f ü r Grundlagenforschung
Dabei wird es ersichtlich, wie diese Verflechtungen oft mit einem Fragezeichen enden, weil wir heute nicht konkret wissen können, welche neuen Produkte daraus entwickelt werden können. Am Beispiel der Zielbaummethoden wurde die Entwicklung von Systemen für die Lösung komplizierter Probleme des wissenschaftlich-technischen Fortschritts gezeigt, die die Kenntnisse des Herangehens und der Prinzipien der Systemanalyse voraussetzen. Es bestehen gegenwärtig auch andere Richtungen beim Konzipieren der prognostischen Systeme auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung, die sich ebenfalls auf die Erkenntnisse der Systemforschung und insbesondere der Systemanalyse stützen. Ein Beispiel dafür bilden die französischen Systeme VEGEST und DARCAR sowie das amerikanische System QUEST. 40 10 Citti, L. E. und Guerillot, C. R., „ V E G E S T et D A R C A R , deux techniques nouvelles pour le management de la Recherche", in „Le progrès scientifique", Nr. 135, November 1969, Paris; Cetron, M. I., Q U E S T status report, IEEE Transactions on Engineering Management, EM-14, Nr. 1, März 1967, N e w - Y o r k .
203
In diesem Fall geht es nicht darum, die Forschung und Entwicklung mit der Ausarbeitung von Forschungsprogrammen in festgelegten Richtungen zu binden, sondern neue Erkenntnisse in der wissenschaftlichen Forschung, angefangen von der Grundlagenforschung, rechtzeitig aufzudecken und sie in Verbindung mit der Realisierung von globalen Zielen zu bringen. Die Entwicklung von solchen Systemen, die zuerst auf dem Gebiet des Militärwesens vor sich geht, erfordert weitere staatsmonopolistische Maßnahmen. Sie müssen das gesamte Informationswesen, Entwicklung eines Thesaurus im nationalen Maßstab sowie die Entwicklung von symbolischen Sprachen umfassen, die Kenntnisse verschiedener Spezialisten unterschiedlicher hierarchischer Ebenen miteinander verbinden und sie auf die Realisierung der globalen Zielsetzungen beziehen können. Wie das systemanalytische Herangehen dies erfordert, bindet man sich nicht an eine bestimmte Methode, sondern versucht, in dem System alle möglichen Methoden und Erkenntnisse anzuwenden, die letzten Endes zur Realisierung der globalen Zielsetzungen führen.
204
VI.
Zu den Auswirkungen der Forschung und Entwicklung auf das ökonomische Wachstum führender kapitalistischer Industrieländer
Die Beziehungen zwischen der Forschung und Entwicklung und dem ökonomischen Wachstum werden an einer Reihe führender kapitalistischer Industrieländer untersucht. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine Querschnittsforschung, die die Probleme der internationalen Vergleiche beinhaltet: Vergleiche im ökonomischen Wachstum sowie Vergleiche in der Forschung und Entwicklung. Dies wirft wiederum die Fragen der Quantifizierbarkeit der Kennziffern des ökonomischen Wachstums, ihrer Vergleichbarkeit sowie die Grenzen ihrer Aussagekraft auf. Wenn diesen Vergleichen ein und dasselbe Kriterium des ökonomischen Wachstums — die Dynamik des Bruttosozialprodukts bzw. des Nationaleinkommens 1 —zugrunde gelegt wird, ist bereits die Möglichkeit für einen internationalen Vergleich gegeben. Als Ausdruck dieses Kriteriums können Zuwachs bzw. Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts bzw. des Nationaleinkommens absolut sowie pro K o p f der Bevölkerung genommen werden. Dabei schlägt sich die intensive Seite des ökonomischen Wachstums in den Wachstumskennziffern, die pro K o p f der Bevölkerung berechnet 1
Nach den amerikanischen Untersuchungen können die Indizes des realen Nationaleinkommens (zu konstanten Preisen) und des realen Bruttosozialprodukts im Prinzip abweichen, doch die Erfahrungen zeigen, daß die Abweichungen unbedeutend sind . . . Die Berechnungen von John Kendrick zeigten z. B., daß das Verhältnis des realen Nettoprodukts zum realen Bruttosozialprodukt von 1909, 1929 und 1957 das gleichc war. (E. Denison, „The Sources of Economic Growth in the United States and the Alternative Before Us", Committee for Economic Development, New York 1962, S. 24, 25.) Samuelson weist in der Volkswirtschaftslehre auch darauf hin, daß die Entwicklung des Bruttosozialprodukts mit der Entwicklung des Nationaleinkommens über eine längere Periode parallel verläuft. (Samuelson, P. „Die Volkswirtschaftslehre", BundVerlag, Band I, Köln 1964, S. 258.) Wenn die Entwicklung des Bruttosozialprodukts über eine längere Periode der Entwicklung des Nationaleinkommens entspricht, können diese Größen substituiert werden, und die Schlußfolgerungen, die auf der Basis des Bruttosozialprodukts abgeleitet wurden, gelten in diesem Fall als Schlußfolgerungen auf der Basis des Nationaleinkommens.
205
werden, besser nieder. Die letzte Tatsache spielt bei den Vergleichen mit den Entwicklungsländern eine besonders große Rolle, weil in diesen Ländern ein bedeutender Teil des Wachstums durch einfache Bevölkerungszunahme bewirkt wird. Bei der Durchführung von Wachstumsvergleichen mit Hilfe solcher globalen Kennziffern wie Bruttosozialprodukt bzw. Nationaleinkommen stellen sich Schwierigkeiten heraus, die im wesentlichen ihren Ursprung im unterschiedlichen Inhalt des ökonomischen Wachstums haben. Eine weitere Präzisierung der globalen Wachstumskennziffern, die durch die Einbeziehung einiger repräsentativer Erzeugnisse (wie etwa Grundstoffe, langlebige Erzeugnisse bis zu einzelnen Dienstleistungen) angestrebt wird, bedeutet zweifelsohne einen Schritt vorwärts, bringt jedoch nur eine Teillösung mit. 2 Wie bereits geschildert, spielen sich in der ökonomischen Entwicklung eines Industrielandes gleichzeitig quantitative und qualitative Wachstumsprozesse ab, die dazu in bestimmten Rahmenbedingungen der Entwicklung eines Landes eingebettet sind. Sicher kann ein Vergleich an Aussagekraft dadurch gewinnen, wenn neben globalen Kennziffern auch zusätzliche Zahlen berücksichtigt werden. Das Problem der inhaltlichen Unterschiede, die ihren Ursprung in der Qualität des ökonomischen Wachstums haben, bleibt jedoch weiter bestehen. Die Unterschiede sind besonders groß, wenn die Vergleiche zwischen den Ländern durchgeführt werden, die sich auf weit voneinander entfernten Stufen der Entwicklung der Produktivkräfte befinden. Das Problem der Vergleichbarkeit wird weiter zugespitzt, wenn in einem internationalen Vergleich des ökonomischen Wachstums die Länder mit verschiedenen gesellschaftlichen Systemen gegenübergestellt werden. 3 Es sind bereits bemerkenswerte Versuche bekannt, die darauf hinauslaufen, die unterschiedliche Qualität von ähnlichen Gebrauchswerten mit Hilfe von bestimmten Koeffizienten auf- bzw. zu entwerten, sie zu quantifizieren und auf diese Weise weitgehende zahlenmäßige Vergleiche der Produktion durchzuführen. 4 Die Aussagen dieser Vergleiche erwiesen sich trotz eines großen Arbeitsaufwandes als begrenzt und vor allem problematisch. Dies ist dadurch zu erklären, daß die Qualitätsunterschiede in der 2 Vgl. dazu „The Growth of World Industry 1938-1961", UNO, New York 1963. ^ Auf die Darstellung der Spezifik der Wachstumsvergleiche zwischen kapitalistischen und sozialistischen Ländern wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen. 4 Gilbert, H. und Autorenkollektiv, „Comparative National Products and Price Levels", OEEC, Paris 1958.
206
Produktion einzelner Länder auch durch objektiv gegebene nationale Besonderheiten der ökonomischen Entwicklung hervorgerufen werden. Zum Beispiel ist ein Qualitätsunterschied in den Wohnungen in Italien und Schweden u. a. durch klimatische Bedingungen bestimmt. Wenn einerseits internationale ökonomische Wachstumsvergleiche für jedes Industrieland unentbehrlich geworden sind, müssen andererseits die Grenzen ihrer Aussagekraft stets im Auge behalten werden. Offensichtlich tritt bei jedem Vergleich ein kritischer Punkt ein, nach dem eine weitere Detaillierung und Präzisierung immer mehr Schwierigkeiten mit sich bringt, so daß ein rein zahlenmäßiger Vergleich an Zweckmäßigkeit verliert. Die einzige Lösung bleibt, die Aussagekraft durch zusätzliche Informationen, Fachkenntnisse, Intuition der mit dem Vergleich beauftragten Personen zu erhöhen. Internationale Vergleiche des ökonomischen Wachstums sind kompliziert. Ihre Ergebnisse drücken stets eine bestimmte Approximation aus und dürften nicht absolut aufgefaßt werden. Sie lassen einen breiten Raum für verschiedene Interpretationen und Ergänzungen zu. Bei der Bestimmung des Wachstums wurden in der Arbeit neben den Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts bzw. des Nationaleinkommens auch solche Kriterien wie gebrauchswertmäßige und wertmäßige Struktur des Bruttosozialprodukts bzw. des Nationaleinkommens sowie die Strukturveränderungen im breiten Sinne in die Untersuchung mit einbezogen. Damit wurde der qualitativen Seite des Wachstums eine große Rolle beigemessen. Die Untersuchung der Auswirkungen von Forschung und Entwicklung auf das ökonomische Wachstum wurde an einer Reihe von führenden kapitalistischen Ländern vorgenommen. Damit wurde das Ziel verfolgt, einige Gesetzmäßigkeiten zu erforschen, die für die Entwicklung der Produktivkräfte eines kapitalistischen Industrielandes unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution kennzeichnend sind. Mit der Auswahl der USA, Großbritanniens, Westdeutschlands, Frankreichs, Italiens und Japans wurde eine bewußte Gruppierung durchgeführt. Es handelt sich um große kapitalistische Länder, die ungefähr ähnliche Zweigstrukturen nach der Breite und einheitliche Merkmale aufweisen (die Proportionen zwischen materieller und nichtmaterieller Produktion, zwischen einzelnen Bereichen, Vorhandensein derselben Industriezweige, ähnliche Zuwachsraten und Entwicklungstendenzen in den modernen Industriezweigen usw.). Hinzu kommt noch, daß die Auswirkungen der Forschung und Entwicklung in diesen Ländern besser nachweisbar sind und die Forschung und Entwicklung sich in einem modernen Wachstumsfaktor deutlicher her-
207
ausgebildet hat. Die statistische Erfassung der Forschung und Entwicklung ist in diesen Ländern ebenfalls relativ besser als in anderen kapitalistischen Ländern. Der Untersuchung wurde die Periode der ökonomischen Entwicklung von 1950 bzw. 1953 bis 1964 und darüber hinaus zugrunde gelegt. Die Ausdehnung der Periode in die Zeit unmittelbar nach Ende des II. Weltkrieges würde die Tendenzen verzerren, weil damit der Wiederaufbau der Wirtschaft von solchen Ländern wie Westdeutschland und Japan nicht eliminiert werden könnte. Im weiteren hat sich die Forschung und Entwicklung in dem untersuchten Zeitraum als neuer Faktor, als neue Qualität herausgebildet. Wegen des mangelhaften Informationsmaterials über die Forschung und Entwicklung sowie über andere ökonomische Kategorien war es nicht möglich, die Untersuchung ständig in der Gesamtlänge der Periode durchzuführen. Lücken, die durch das Fehlen der statistischen Informationen entstanden sind, wurden mit Hilfe anderer zusätzlicher Informationen im wesentlichen ausgefüllt. E s muß zunächst darauf hingewiesen werden, daß die Beziehungen zwischen der Forschung und Entwicklung und dem ökonomischen Wachstum so viele Aspekte umfassen und so viele Probleme aufwerfen, daß eine Einschränkung des Untersuchungsgegenstandes sowie die Festlegung der Reihenfolge in der Untersuchung unbedingt erforderlich sind. Es stellt sich zunächst die Frage nach dem bestehenden Zusammenhang zwischen der Höhe der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und den Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts. Es wird heute die Feststellung bereits als ein Axiom akzeptiert, daß das ökonomische Wachstum eines hochentwickelten kapitalistischen Staates zunehmend auf die wissenschaftliche Forschung angewiesen ist. Gleichzeitig ergibt sich die Problemstellung, ob ein höheres Forschungs- und Entwicklungspotential — d. h. Forschungsund Entwicklungsaufwendungen und Forschungs- und Entwicklungspersonal — bzw. ein höherer Anteil der Forschung und Entwicklung am Bruttosozialprodukt zu einem schnelleren Wachstum desselben im Vergleich zu den anderen hochentwickelten kapitalistischen Ländern mit einem geringeren Forschungs- und Entwicklungsaufwand führen. Mit anderen Worten: Trifft es zu, daß ein Land mit einem höheren Anteil der Forschung und Entwicklung die anderen Länder im Wachstumstempo überholen muß ? Eine andere Problemstellung betrifft die Dynamik der Zuwachsraten iti einzelnen Zeitperioden der wirtschaftlichen Entwicklung. E s soll untersucht werden, ob größere Zuwachsraten der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen bzw. ein höherer Anteil der Forschungs- und Ent-
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wicklungsaufwendungen am Bruttosozialprodukt die Zuwachsraten eines Landes im Vergleich zu der vorhergehenden Zeitperiode einer ökonomischen Entwicklung vergrößern. Die oben dargestellte Dynamik der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen — absolut sowie als Anteil am Bruttosozialprodukt — hat bereits rein visuell gezeigt, daß kein einfach lineares Verhältnis zwischen der Höhe der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und dem Wachstumstempo des jeweiligen Landes im Vergleich zu den anderen festzustellen ist. 5 (Vgl. Tabelle 6) Die im Rahmen der OECD prognostizierte Einschätzung der Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts sowie die Prognosen über die Entwicklung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die den Zeitraum bis 1970 erfassen, haben ergeben, daß der direkte Zusammenhang zwischen den Wachstumsraten und den Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen auch in dieser Zeit nicht festgestellt werden kann. 6 Bei der zweiten Problemstellung wird untersucht, wie die Dynamik der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und der Zuwachsraten in einzelnen Zeitabschnitten der zu untersuchenden Periode verläuft und ob sich die Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der vorhergehenden Periode (Zuwachsraten bzw. Anteil am Bruttosozialprodukt) in den nachfolgenden Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts adäquat niederschlägt. Die Dynamik der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen für die einzelnen Zeitabschnitte, ihre Anteile am Bruttosozialprodukt und die Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts werden in Tabelle 19 dargestellt. Wenn wir eine Zeitverzögerung zwischen der Steigerung der Zuwachsraten der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen bzw. ihres Anteils am Bruttosozialprodukt und den Auswirkungen von Forschungs- und 5
Dies stellt offensichtlich einen Unterschied zu dem Zusammenhang zwischen dem Anteil der Investitionen am Bruttosozialprodukt und dem Wachstumstempo dar. Anteil der Investitionen am Bruttosozialprodukt in Prozent Zeit
USA
Japan
Westd.
Großbrit.
Frankr.
Italien
1950-59
17,0
24,6
21,3
14,4
17,8
19,9
1960-64
16,6
33,4
26,7
16,6
19,9
22,7
Quelle: Long Term Economic Growth (1860—1965), U. S. Department of Commerce, Washington 1966, S. 104.
G
14
Dieser Anteil entspricht bei der ersten groben Annäherung der Stellung des jeweiligen Landes im Wachstumstempo für die gegebene Periode. Die Angaben über die Entwicklung des Bruttosozialprodukts in „Economic Growth 1960-1970", OECD, Paris 1966, für die Forschung und Entwicklung vgl. Anlage 2. N i k o U j e w , Forschung
209
E n t w i c k l u n g s e r g e b n i s s e n i n d e r V o l k s w i r t s c h a f t b e r ü c k s i c h t i g e n , die z w i s c h e n 5 — 1 0 J a h r e n liegt, m u ß die v o r h e r g e h e n d e P e r i o d e i n d e r F o r s c h u n g u n d E n t w i c k l u n g die d a r a u f f o l g e n d e n Z u w a c h s r a t e n des B r u t t o s o z i a l p r o d u k t s e r h ö h e n . W i e T a b e l l e 1 9 v e r a n s c h a u l i c h t , t r i f f t diese S i t u a t i o n n u r bedingt für England zu.7 W i e o b e n e r w ä h n t w u r d e , h a n d e l t es sich u m die S c h ä t z u n g e n d e r Z u wachsraten f ü r das Bruttosozialprodukt. A u s den bereits bekannten w i r k T a b e l l e 19 Dynamik der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und der Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts (in einzelnen Zeitabschnitten) 1 Länder
Zuwachs der F/EAufwendungen
Anteil der F/E am BSP
Zuwachsraten des BSP % 2
USA
14,7% ( 1 9 5 3 -- 6 0 ) 9,3% ( 1 9 6 0 -- 6 5 ) 7,1% ( 1 9 6 5 -- 7 0 )
1,4% (1953) 2,7% (1960) 2,7% (1960) 3,1% (1965) 3,1% (1965) 3,2% (1970)
3,2 ( 1 9 5 0 --60) 4,5 ( 1 9 6 0 --65) 4,5 ( 1 9 6 5 --70)
Großbrit.
17,0% ( 1 9 5 6 -- 6 1 ) 5,5% ( 1 9 6 1 -- 6 4 ) 5,4% ( 1 9 6 4 -- 7 0 )
1,4% (1956) 2,3% (1961) 2,3% (1961) 2,3% (1964) 2,3% (1964) 2,1% (1970)
2,7 ( 1 9 5 0 --60) 3,3 ( 1 9 6 0 --65) 4,1 ( 1 9 6 5 --70)
Westdeutschl. 3
21,2% ( 1 9 5 3 --60) 21,0% ( 1 9 6 0 --65) 11,7% ( 1 9 6 5 -- 7 0 )
0,5% (1953) 1,0% (1960) 1,0% (1960) 1,7% (1965) 1,7% (1965) 2,4% (1970)
7,8 ( 1 9 5 0 --60) 4,8 ( 1 9 6 0 --65) 3,5 ( 1 9 6 5 --70)
30,0% ( 1 9 6 0 --63)
1,0% (1960) 1,6% (1963)
4,5 ( 1 9 5 0 --60) 5,1 ( 1 9 6 0 -•65)
11,711,5% ( 1 9 6 3 --70)
1,6% (1963) 2,4% (1970)
4,8 ( 1 9 6 5 -•70)
23,0% ( 1 9 5 4 --60) 20,7% ( 1 9 6 0 --64) 20,0% ( 1 9 6 4 --71)
0,7% (1954) 1,3% (1960) 1,3% ( I 9 6 0 ) 1,5% (1964) 1,5% (1954) 2,2% (1970)
8,9 ( 1 9 5 0 -•60) 9,6 ( 1 9 6 0 --65) 7,5 ( 1 9 6 5 -•70)
Frankreich über
Japan4
' Obwohl die Zeitreihen der Forschung und Entwicklung und des Bruttosozialprodukts nicht übereinstimmen, geben sie die Entwicklungstendenzen und Größenordnung der Zahlen wieder; 2 die Zuwachsraten wurden von der OECD auf der Basis der Entwicklung des Bruttosozialprodukts in konstanten Preisen ermittelt; 3 die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen von Westdeutschland wurden mit Hilfe eines Koeffizienten von Wissenschaftsausgaben abgeleitet. Der Koeffizient wurde auf der Basis der Umrechnungen errechnet, die in „LenzBericht" für frühere Jahre vorgenommen wurden; die japanischen Angaben enthalten die Ausgaben für Gesellschaftswissenschaften. Die vergleichbaren Forschungsund Entwicklungsaufwendungen liegen deshalb niedriger, als es angegeben wurde. Quellen: Vgl. Quellen der Tabelle 6 sowie auch Yearbook of National Accounts Statistics, 1961, UN, New York, 1962, S. 152, sowie die Anlage 2 und Fußnote 6. 7
Die wirklichen Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts lagen in Wirklichkeit niedriger als die vorausberechneten, so daß England auch keine Ausnahme f ü r die Erhöhung des Wachstumstempos war.
210
liehen Zuwachsraten der englischen Wirtschaft geht hervor, daß in Großbritannien diese Beschleunigung auch zwischen 1965—1970 nicht eintritt. Aus den Untersuchungen der allgemeinen Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts bzw. des Nationaleinkommens kann man gleichzeitig schließen, daß kausale Beziehungen zwischen der Forschung und Entwicklung und dem ökonomischen Wachstum viel komplizierter sind, als daß man sie nur auf die Beziehungen zwischen den Zuwachsraten zurückführen kann. Trotzdem sind internationale Versuche bekannt, die Wachstumsraten eines Landes unmittelbar mit der Entwicklung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zu verbinden. In der Mitte der 50er Jahre unternahm der amerikanische Wissenschaftler Ewell einen érsten Versuch, den Einfluß der Forschung und Entwicklung auf die wirtschaftliche Entwicklung der USA zu quantifizieren. Dabei verband er die Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts der USA für die Zeit 1910—1953 mit den Zuwachsraten der Aufwendungen für die Forschung und Entwicklung. Daraus hat Ewell die Schlußfolgerungen abgeleitet, daß ein dreiprozentiger Zuwachs des Bruttosozialprodukts eine zehnprozentige Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen erfordert. Diese Korrelation sollte nach Ewell so eng sein, daß die Reduzierung der Forschung auf Dreiprozentzuwachs eine Verminderung der Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts um 1—1,5 Prozent hervorgerufen hätte. 8 Wenn man statistisch nachweisen kann, wie sich beide Kennziffern quantitativ entwickelt haben, lassen sich daraus noch keine Schlußfolgerungen ableiten, daß diese enge quantifizierbare kausale Verbindung zwischen Zuwachs an Bruttosozialprodukt und Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen wirklich bestand. Noch problematischer ist die Anwendung solcher formellen Korrelationsmethoden bei der Durchführung von internationalen Vergleichen. 9 Man kann mit Sicherheit behaupten, daß das ökonomische Wachstum eines kapitalistischen Landes nicht auf die Entwicklung eines zwar wichtigen Wachstumsfaktors zurückgeführt werden darf, daß auf die wirtschaftEwell, R. H.: „Role of Research in Economic Growth", Chemical and Engineering News, Vol. 33, Nr. 29, July 18, 1955, S. 2980-2985. Ewell führt in seiner Arbeit die Beschränkung an, daß seine Methode nur für die USA in der gegebenen Periode gilt. ! Dies kommt deutlich in der Arbeit von H. K. Weiss zum Ausdruck, der die Entwick< lungstendenzen für die Länder mit unterschiedlicher ökonomischer Entwicklung durch rein formelle Korrelationsverfahren zu ermitteln versucht.
8
Vgl. z. B. Weiss, H. K . : „Some Growth Considerations of Research and Development and the National Economy", Management Science, Vol. 11, Nr. 3, Januar 1965.
14«
211
liehe Entwicklung neben der Forschung und Entwicklung auch andere moderne (d. h. die Faktoren, deren Bedeutung unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution besonders gestiegen ist) Wachstumsfaktoren wirken, wie z. B. Bildung, Organisation der Produktion und des Absatzes usw. Die Kompliziertheit des ökonomischen Wachstums eines kapitalistischen Industriestaates, die gegenseitigen Verflechtungen und die Bedingtheit einzelner Faktoren führten dazu, daß viele bürgerliche Ökonomen die Wachstumsfaktoren in drei Gruppen aufgegliedert haben: — Kapital (Investitionen) — Arbeitskräfte — technischer Fortschritt. Der letzte Faktor schließt dabei alle modernen Wachstumsfaktoren in sich ein, die sich offensichtlich von einer einfachen quantitativen Erweiterung von Kapital und Arbeitskräften unterscheiden, wie Bildung, Forschung und Entwicklung, wissenschaftliche Organisation der Produktion, des Absatzes, Strukturveränderungen usw. Nach den Angaben der amerikanischen Untersuchungen, die auch von der OECD in der Veröffentlichung „Science, Government and Economic Growth" übernommen wurden, betrug der Anteil des technischen Fortschritts an der Steigerung der Arbeitsproduktivität der USA 80 bis 90 Prozent. Nur 10 bis 20 Prozent sind auf die einfache Erweiterung des Kapitals bzw. der Arbeitskräfte „ohne technischen Fortschritt" zurückzuführen. 10 Damit sollte der Faktor „technischer Fortschritt" den entscheidendsten Beitrag zum ökonomischen Wachstum der USA geleistet haben. Bei der Quantifizierung des Anteils des technischen Fortschritts am Zuwachs wurde in der Regel die sogenannte Residual (Restfaktor)-Methode angewendet, die einige Varianten hat. 11 Der Anteil des technischen Fortschritts wird errechnet als: — Differenz zwischen den Größen der Produktion (output) und der Einsatzfaktoren (input), die, wie bereits gesagt, in Investitionen, Arbeitskräfte und technischen Fortschritt untergliedert, in wertmäßiger Form dargestellt und in konstanten Preisen ausgedrückt sind. (Diese Methode wurde von Hiram S. Davis angewendet.) — Verhältnis zwischen den Indizes der Produktion (output) und den Indizes der Einsatzfaktoren (inputs). Die Methode wurde von Schmockler, Abramovitz und Kendrick angewendet. 10 11
Economic Growth, Science and Government Policy, OECD, Paris 1963. Evsey, D. Domar, „On the Measurement of Technological Change", The Economic Journal, Vol. LXXI, Nr. 284, December 1961, S. 709.
212
— Verhältnis zwischen einem aggregierten arithmetischen Index der Produktion (output) und Einsatzfaktoren (input), die in Form einer linearen homogenen Produktionsfunktion untersucht werden. Die Methode wurde von Robert Solow angewendet. — Prozentuale Zuwachsrate, die als ein gewichteter arithmetischer Durchschnitt der Veränderungen in den Einsatzkoeffizienten zwischen zwei Zeitpunkten ausgerechnet wird. Diese Methode wurde von Leontieff in seinen Studien über die Verflechtungsbilanzen angewendet. Der auf diese Art errechnete Wachstumsfaktor „technischer Fortschritt" drückt die große Bedeutung aus, die dieser Faktor unter den Bedingungen der technischen Revolution für das ökonomische Wachstum einzelner führender kapitalistischer Industrieländer hat. Die bürgerlichen Ökonomen verwenden die „Residual"-Methode für die Errechnung des Koeffizienten „technischer Fortschritt", der danach bei der Modellierung und prognostischen Einschätzung des ökonomischen Wachstums eine breite Anwendung findet. Dieser Koeffizient wird u. a. bei der Errechnung der zukünftigen Zuwachsraten in die „Cobb-Douglas"Produktionsfunktion eingesetzt. In dem Koeffizienten „technischer Fortschritt" der „Cobb-Douglas"Produktionsfunktion wird eine Entwicklung formell, a posteriori, erfaßt und auf die Zukunft extrapoliert, ohne dabei auf eine inhaltliche Analyse der zukünftigen Entwicklung einzugehen. Das ist nicht der einzige Nachteil dieser „Residual"-Methode. E s muß berücksichtigt werden, daß sich der technische Fortschritt sowohl durch das Kapital (Investitionen) als auch durch die Arbeitskräfte auswirkt. Die Probleme der Erhöhung der Effektivität der gesellschaftlichen Reproduktion erfordern nicht nur allgemeine Feststellungen über die Wichtigkeit der Wissenschaft für die Entwicklung der Produktivkräfte bzw. über enge Korrelationen zwischen solchen Wachstumsfaktoren wie Arbeitskräften, Investitionen und wissenschaftlich-technischem Fortschritt, sondern ebenfalls die Einschätzungen über die Rolle oder Bedeutung einzelner unter den konkreten Bedingungen einer Volkswirtschaft wichtiger Faktoren wie Bildung, Forschung und Entwicklung, Überleitung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen in die Produktion, wissenschaftliche Organisation der Arbeit, Organisation der Marktforschung oder des Absatzes. Wenn die ökonomischen Gesetze unter den kapitalistischen Produktionsverhältnissen im wesentlichen blind und chaotisch wirken und die bürgerlichen Ökonomen nur das zusammenfassen und analysieren, was sich aus dem Zusammenspiel der von den Menschen nur wenig beherrschten Kräfte ergeben hat, besteht die Aufgabe der sozialistischen Ökonomie darin, die Welt unter Anwendung von ökonomischen Gesetzen bewußt zu gestalten. 213
Es reicht einfach nicht aus, das Geschehene zu interpretieren, ohne die zukünftige ökonomische Entwicklung aktiv zu beeinflussen. Ein anderer amerikanischer Wissenschaftler, E. Denison, hat versucht, den aggregierten Wachstumsfaktor „technischer Fortschritt" aufzuschlüsseln und nach einzelnen Faktoren zu gruppieren. Für die Ermittlung des Faktors „Fortschritt des Wissens" (einschließlich Forschung und Entwicklung) hat er dieselbe „Residual"-Methode verwendet. 12 Insgesamt hat E. Denison zwei Gruppen von Faktoren untersucht. Die erste Gruppe hing mit der Erweiterung von Einsatzfaktoren (inputs) zusammen. Er ging dabei auf solche Einsatzfaktoren wie Arbeitskräfte mit qualitativen Veränderungen innerhalb der Arbeitskräfte, bessere Auslastung der Frauen in den arbeitsfähigen Altersgruppen, Land und Kapital usw. ein. Die zweite Gruppe der Faktoren wurde mit der Steigerung der Produktion pro Einheit der Einsatzfaktoren ohne ihre Erweiterung verbunden. Es handelt sich dabei um solche Faktoren wie bessere Ausnutzung der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, Strukturveränderungen, Fortschritt des Wissens, Verringerung der Zeitverzögerung bei der Überleitung von wissenschaftlichen Ergebnissen in die Produktion. Nach der Berechnung von E. Denison hat der Fortschritt des Wissens 20 Prozent von den wirklichen Zuwachsraten in den USA für die Periode 1929-1957 verursacht.13 Die Berechnungen von E. Denison sahen wie folgt aus: a) Land — in der untersuchten Periode erfolgte keine Vergrößerung des Landes, deshalb kann es keinen Beitrag zum Wachstum leisten. b) Kapital — nach seinen Berechnungen betrug die Zuwachsrate des Kapitalbestandes 1929-1957 im Durchschnitt 1,88% jährlich. Er multipliziert diese Zahl mit dem Anteil der „Entlohnung" des Kapitals im Nationaleinkommen, d. h. 22,5 Prozent. Nach unwesentlichen Korrekturen beträgt das Ergebnis der Multiplikation 0,43 Prozent. Das ist der Anteil des Kapitals an der durchschnittlichen Zuwachsrate 1929—1957 von 2,93 Prozent. c) Arbeitskräfte — die von E. Denison berechnete Zuwachsrate der Arbeitskräfte 1929—1957 betrug 1,31 Prozent jährlich. Davon müssen 0,73 Prozent subtrahiert werden, die wegen der Verkürzung des Arbeitstages entstanden. Der Zuwachs der Effektivität der Arbeit auf Grund der Verkürzung der 12 Denison, E.: „The Sources of Economic Growth in the United States and the Alternatives Before Us", New York 1962, S. 20, 266. 13
Gegenwärtig hat Denison seine Methode auf mehrere kapitalistische Länder erweitert. Vgl. Denison, E.: „Why Growth Rates Differ" (Postwar Experience in Nine Western Countries) The Brookings Institution, Washington 1967.
214
Arbeitszeit beläuft sich auf 0,5 Prozent. Im Endergebnis betrug die Zuwachsrate 1,08 Prozent. Diese Zahl wurde mit dem Anteil der „Entlohnung" der Arbeitskräfte im Nationaleinkommen multipliziert (77,0 Prozent). Das Ergebnis ist 0,80 Prozent von der gesamten Zuwachsrate von 2,93 Prozent. d) Bildung — nach seinen Berechnungen betrug die Zuwachsrate der Verbesserung der Qualität der Arbeit jährlich 0,93 Prozent. Diese Rate wurde mit dem Anteil der „Entlohnung" der Arbeitskräfte im Nationaleinkommen multipliziert (77,0 Prozent). Das Ergebnis betrug 0,67 Prozent von der gesamten Zuwachsrate von 2,93 Prozent. Alle oben aufgezählten Faktoren zusammen mit den Faktoren wie größere Erfahrungen, besserer Einsatz der Frauen als Arbeitskräfte und Veränderungen in der Geschlechtsstruktur trugen 2 Prozent zu der Zuwachsrate von 2,93 Prozent bei. Der „Restfaktor" betrug deshalb 0,93 Prozent. Davon wurden 0,27 Prozent und 0,007 Prozent, die wegen der Massenproduktion und auf Grund der Erschließung der örtlichen Märkte entstanden, subtrahiert. „Der Fortschritt des Wissens" (im wesentlichen die Forschung und Entwicklung) als „Restfaktor" betrug 0,58 Prozent von 2,93 Prozent der Zuwachsrate oder ca. 20 Prozent des Wachstums. Karl Marx ist bereits im „Kapital" auf die vulgärökonomische Theorie der Produktionsfaktoren von Say eingegangen. 14 Er zeigte, daß die Zurechnungsmethode, nach der neben der lebendigen Arbeit auch Land und Kapital den Mehrwert bilden, wissenschaftlich nicht begründet ist. Gleichzeitig dient sie auch dazu, die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch das Kapital zu vertuschen und den Kapitalismus als eine Formation zu verschönen, in der „jeder nach seiner Leistung belohnt wird". Diese Kritik von Karl Marx an der Übertragung der Mehrwertbildung auf Kapital und Land hat an ihrer Aktualität nichts eingebüßt. Gleichzeitig muß man noch auf eine Seite dieser Zusammensetzung hinweisen, die bereits bei Marx enthalten ist. Sie hängt mit den funktionalen Beziehungen der Wachstumsfaktoren zusammen. Bekanntlich beteiligen sich neben der lebendigen Arbeit auch andere Produktionsfaktoren an der gesellschaftlichen Reproduktion. Der Gesellschaft ist es nicht gleichgültig, mit welchem Aufwand an vergegenständlichter Arbeit ein Ergebnis erzielt werden kann. Die Forschung und Entwicklung ist dabei einer der Produktionsfaktoren, der in einem bestimmten Verhältnis zu anderen gesetzt werden muß, mit denen er sich in diesen funktionalen Beziehungen befindet. Diese Rolle von Produktionsfaktoren wurde zu Recht in dem Artikel über die modernen bürger1/1
Marx, K . : „Das Kapital", 3. Band, Dietz Verlag, Berlin 1965, 48. Kapitel.
215
liehen Wachstumstheorien von dem sowjetischen Ökonomen Alter hervorgehoben. 15 Obwohl das Endergebnis der Produktion im Zusammenwirken von allen Produktionsfaktoren entstanden ist und sich nicht in einzelne Faktoren zerlegen läßt, können bei der Modellierung weitere Vereinfachungen bzw. Annähmen vorgenommen werden. Es kann zum Beispiel vorausgesetzt werden, daß sich nur die Forschung und Entwicklung in einer Variante vergrößert und andere Faktoren gleichbleiben. Rein rechnerisch wird die Vergrößerung des Endergebnisses in dem Modell nur auf die Vergrößerung der Forschung und Entwicklung zurückgeführt. Bei der Untersuchung der zukünftigen ökonomischen Entwicklung können Analysen und Studien mit einer starken Einbeziehung von internationalen Vergleichen über mögliche Wachstumsreserven eines kapitalistischen Landes durchgeführt werden, um daraus Schlußfolgerungen für Strategie und Taktik der Arbeiterklasse abzuleiten. Es geht dabei nicht darum, die Gesamtheit der Wachstumsfaktoren in einer in der Praxis unerreichbaren Vollständigkeit zu erfassen, sondern um die Ermittlung der konkreten Engpässe und ihrer Gewichtung, bezogen auf eine konkrete Situation und eine konkrete Zeitperiode. Es kann dabei zum Beispiel festgestellt werden, daß die weitere Produktionssteigerung in erster Linie von dem Neuheitsgrad der Erzeugnisse und in zweiter Linie von der Schaffung neuer Arbeitsplätze abhängt. Diese Schlußfolgerung deutet darauf hin, daß die Forschung und Entwicklung zu einem Schlüsselfaktor für die zukünftige Entwicklung wird. Durch weitere Berechnungen kann ermittelt werden, daß die Steigerung der Forschung und Entwicklung um eine bestimmte Prozentzahl den Engpaß beseitigt und eine Beschleunigung des Wachstums um eine bestimmte Prozentzahl ermöglicht. Demzufolge kann gesagt werden, daß die Steigerung der Forschung und Entwicklung um eine bestimmte Prozentzahl die Beschleunigung des Wachstums um eine bestimmte Prozentzahl zur Folge hatte. Die beiden dargestellten Möglichkeiten der Berechnung des Anteils der Forschung und Entwicklung an dem ökonomischen Wachstum tragen einen relativen Charakter und unterscheiden sich von den Berechnungen vonDenison. Die Berechnungen von Denison enthalten viele Annahmen, die sogar in bezug auf funktionale Beziehungen zwischen einzelnen Wachstumsfaktoren kaum bestätigt werden können. Folgende wichtige Fragen bleiben unter anderem unbeantwortet: 15
Alter, L.: „Methodologische Probleme der Theorie des ökonomischen Wachstums (Übers.) in „Konjunktur und Krise", Berlin, Nr. 2, 1967, S. 137.
216
— Wie würde das Ausfallen (vollständiges oder teilweises) eines der Faktoren (Hauptfaktoren) innerhalb des Faktors „Technischer Fortschritt" auf die Entwicklung der Produktion und das ökonomische Wachstum 'insgesamt wirken. Man kann mit Sicherheit annehmen, daß die fehlende Forschung und Entwicklung die Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts der USA nicht um 20% reduziert hätte, sondern zu ernsten ökonomischen Erschütterungen bzw. Krisen (zum Beispiel ähnlich wie 1929—1933) geführt hätte. Die „ResiduaT'-Methode berücksichtigt damit organische Verbindung, gegenseitiges Wechselspiel und die differenzierte Rolle von einzelnen Wachstumsfaktoren in der Dynamik nicht. In diesem Zusammenhang ist auf eine wichtige Besonderheit der modernen Wachstumsfaktoren zum Unterschied von Kapital und Arbeit hinzuweisen. Bekanntlich vollzieht sich unter den Wachstumsfaktoren Investitionen und Arbeitskräfte ein Substitutionsprozeß. Wenn zum Beispiel in Japan das Kapital im Verhältnis zu den Arbeitskräften teurer als in den USA war, versuchten die japanischen Konzerne, ihre Herstellungskosten mit der Substitution des Kapitals durch die Arbeitskräfte herabzusetzen. Das Gegenteil trifft für die USA zu. 16 Dieser Substitutionsprozeß ist nicht nur unter einzelnen kapitalistischen Ländern festzustellen, er erfolgt intensiv ebenfalls innerhalb einer Volkswirtschaft. Qualitativ anders sind die Wachstumsfaktoren, die den Faktor „technischer Fortschritt" bilden. Die Forschung und Entwicklung kann zum Beispiel durch die Bildung bzw. wissenschaftliche Organisation des Absatzes oder der Produktion nicht substituiert werden. Wie die Erfahrungen führender kapitalistischer Länder zeigen, führt eine Forcierung der Forschung und Entwicklung bei mangelhafter Organisation der Ausnutzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen zur Senkung der Effektivität der gesellschaftlichen Reproduktion, weil die Forschung und Entwicklung ohne Überleitung von Ergebnissen in die Produktion, volkswirtschaftlich gesehen, ein Verlustgeschäft ist. — Ob die Höhe der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die in den USA in der Zeit von 1929 bis 1953 erreicht wurde, wirklich erforderlich gewesen wäre, um den errechneten Beitrag in Höhe von 20 Prozent zu den Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts zu leisten. Wo liegen dabei die 16 Die amerikanischen Konzeine lieferten Ausrüstungen nach Italien nach der Beendigung des 2. Weltkrieges. Ein Teil davon erwies sich unter den italienischen Bedingungen als uneffektiv und vor allem unrentabel. Die Ursache lag darin, daß die Arbeitskräfte in Italien viel billiger als in den USA waren und das Substitutionsverhältnis zwischen Arbeit und Kapital anders lag.
217
Toleranzgrenzen der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die nach E. Denison die Steigerung von 20 Prozent der Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts verursacht haben. Die Mängel der bisher durchgeführten Studien über die Auswirkungen der Forschung und Entwicklung auf das ökonomische Wachstum eines kapitalistischen Landes bestanden eben darin, daß dieser Faktor aus einem organischen Zusammenhang losgelöst wurde, der sich neben allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung einer Volkswirtschaft unter den Bedingungen der technischen Revolution aus konkreten Bedingungen und Besonderheiten jedes kapitalistischen Industrielandes zusammensetzt. Im weiteren wurde der qualitativen Seite des Wachstums nicht genügend Rechnung getragen, die aber für die richtige Einschätzung der Rolle der Forschung und Entwicklung von großer Bedeutung ist. Deshalb wird im folgenden auf die Probleme der differenzierten Wirkung der Forschung und Entwicklung auf das ökonomische Wachstum sowie auf die richtige Eingliederung dieses Faktors in den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß in Zeit und Raum und des dynamischen Charakters dieser Auswirkungen eingegangen. 1.
Differenzierte Auswirkungen der Forschung und Entwicklung auf das ökonomische Wachstum führender kapitalistischer Industrieländer
1.1.
Zu einigen Unterschieden im Wachstum ^wischen den USA und anderen führenden kapitalistischen Uindern
Diese Gruppierung ist insofern berechtigt, weil die USA im kapitalistischen Lager die führende imperialistische Macht sind, die bestimmte Gesetzmäßigkeiten allgemeinen Charakters in der Entwicklung des technischen Fortschritts mit all seinen kapitalistischen Widersprüchen früher und vollständiger aufweist als ein anderes kapitalistisches Land. Unter den kapitalistischen Ländern nehmen die USA gegenwärtig in der wirtschaftlichen Entwicklung eine gewisse Pionierstellung ein. Zum Beispiel stammen aus den USA viele Verfahren der Massenproduktion für langlebige Waren, die Anwendung von modernen Managementmethoden, der breite Einsatz der elektronischen Datenverarbeitungstechnik, sogar die Industrialisierung der Forschung und Entwicklung selbst. Aus den USA kamen Supermärkte, Selbstbedienung, moderne Organisationsmethoden der Werbeindustrie, Marktforschung usw. nach Westeuropa. Weiterhin geht diese Gruppierung davon aus, daß Auswirkungen in der Bedeutung 218
der Forschung und Entwicklung für die wirtschaftliche Entwicklung der USA für die gegebene Periode teilweise anders waren als in den übrigen kapitalistischen Ländern. Die Gegenüberstellung der Anteile sowie materieller Produktion (ohne Handel, d. h. Bergbau, Landwirtschaft, verarbeitende Industrie, Bauwesen, Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Transport- und Nachrichtenwesen) als auch nichtmaterieller (sonstige volkswirtschaftliche Bereiche) zeigt einen bedeutenden Unterschied in der Dynamik der Struktur der Volkswirtschaft der USA und der anderen führenden kapitalistischen Länder. Wie Tabelle 20 veranschaulicht, ist der Anteil der materiellen Produktion in den USA für die gegebene Periode von 50,2 auf 48,8 Prozent gesunken. In anderen führenden kapitalistischen Ländern ist er dagegen gestiegen. 17 Diese Steigerung vollzog sich für Großbritannien von 59,4 Prozent auf 60,8 Prozent, für Westdeutschland von 66,0 Prozent auf 66,6 Prozent, für Frankreich von 63,0 Prozent auf 64,4 Prozent und für Italien von 66,2 auf 70,8 Prozent (Vgl. Tabelle 20). Dieser qualitative Unterschied wird dadurch verstärkt, daß der Anteil der materiellen Produktion in den USA bereits im Ausgangsjahr wesentlich niedriger als in anderen kapitalistischen Ländern lag. Die Zunahme der nicht materiellen Produktion in den USA zeigt objektiv eine Vertiefung der Arbeitsteilung im gesellschaftlichen Produktionsprozeß, die nur dann so deutlich zum Ausdruck kommt, wenn die Produktivkräfte des Landes eine hohe Stufe erreicht haben. Der Unterschied zwischen der materiellen und nichtmateriellen Produktion wirkt zugunsten höherer Wachstumsraten in anderen kapitalistischen Ländern, weil die Arbeitsproduktivität in der materiellen Produktion allgemein höher als in der nichtmateriellen Produktion liegt. Daraus ergibt sich ein wesentlicher Unterschied im Wachstum zwischen den USA und den anderen führenden kapitalistischen Staaten, der nur bedingt auf die Forschung und Entwicklung zurückgeführt werden kann. Die Ergebnisse der Untersuchung des Bereiches der materiellen Produktion ermitteln einen weiteren Unterschied. Wie Tabelle 21 zeigt, vollzogen sich in Westdeutschland, Frankreich, Italien und Japan bedeutende Veränderungen zwischen der Landwirtschaft und Industrie. Gegenwärtig nähert sich in Westdeutschland der Anteil der Landwirtschaft an der Gesamtproduktion den entsprechenden Anteilen in den USA und Großbritannien. Der Anteil der Landwirtschaft sinkt ebenfalls schnell in anderen kapitalistischen Ländern. 17
Die Tendenz wurde in Japan durch starke Strukturveränderungen zwischen der Landwirtschaft und sonstigen Wirtschaftsbereichen zum Teil gestört.
219
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Der durch die Strukturveränderungen ausgelöste Struktureffekt ist mit einer raschen Steigerung der Produktivität sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie verbunden und trägt damit zur Erhöhung von allgemeinen Zuwachsraten bei. Der Struktureffekt von der Strukturwandlung zwischen der Landwirtschaft und den üblichen volkswirtschaftlichen Bereichen ist in Tabelle 21 dargestellt. Daraus wird ersichtlich, daß der Struktureffekt, der mit der Veränderung des Anteils der Landwirtschaft verbunden war und auf die Forschung und Entwicklung nur bedingt zurückgeführt werden kann, zugunsten der Vergrößerung der Zuwachsraten in allen Ländern mit hohen Wachstumsraten für die gegebene Periode gewirkt hat. Tabelle 21 Strukturveränderungen zwischen Landwirtschaft und anderen volkswirtschaftlichen Bereichen in der Beschäftigung und ihr Einfluß auf die Erhöhung der gesamten Arbeitsproduktivität Länder
USA Großbritannien Westdeutschland Frankreich Italien Japan
Anteil der Arbeitsproduktivität in d. Landwirtschaft an d. ges. Arbeitsproduktivität
Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft an Gesamtbeschäftigten
Zuwachs der Arbeitsproduktivität auf Grund d. Strukturveränderung
Zuwachs des BSP pro Kopf der Bevölkerung
(%)
(%)
(%)
(%)
1964
1950
1964
1950 1960 - 6 0 —64
1950 -60
1960 -64
51 94 39 38 56 37
12,5 5,4 24,6 27,01 40,6 42,42
6,7 3,7 11,4 18,3 25,5 26,8
0,2
—
—
—
0,8 0,71 0,8 1,22
0,4 0,6 0,4 1,1
2,1 1,9 5,6 4,71 5,6 7,22
2,8 2,3 4,2 4,9 4,2 9,9
' 1954; bzw. 1954-1960 2 1953; bzw. 1953-1960 Quelle: „Economic Growth, 1960-1970", OECD, Paris 1966, S. 31.
Es stellt sich ebenfalls heraus, daß für Großbritannien ein Wachstum auf Kosten der Landwirtschaft überhaupt nicht möglich ist (wegen der etwa gleichen Arbeitsproduktivität und des niedrigen Anteils der Beschäftigten), daß sich für die USA diese Reserve ebenfalls erschöpft hat. Man kann auch für Westdeutschland mit dieser Quelle des Wachstums in Zukunft kaum mehr rechnen. Dagegen sind die potentiellen Auswirkungen des Struktur221
effekts der Landwirtschaft für Japan, Italien und Frankreich groß. Darin drückt sich der historische Charakter der Entwicklung der Produktivkräfte der kapitalistischen Industrieländer aus, die bestimmte allgemeine Gesetzmäßigkeiten — jedoch in unterschiedlichen Perioden — aufweisen. Die Untersuchung der Entwicklung der verarbeitenden Industrie ergibt weitere Unterschiede. Die Tabelle 20 zeigt, daß der Anteil der verarbeitenden Industrie an der gesamten Produktion der U S A gesunken, in anderen kapitalistischen Ländern dagegen bedeutend gestiegen war. Diese Entwicklung trägt ebenfalls zur Erhöhung des Wachstumstempos anderer kapitalistischer Länder bei, weil die Arbeitsproduktivität in der verarbeitenden Industrie allgemein höher liegt als in den anderen volkswirtschaftlichen Bereichen. Diese Entwicklung kann nicht ohne weiteres auf die Forschung und Entwicklung zurückgeführt werden. Weiterhin setzt sich das Wachstum der verarbeitenden Industrie aus dem Wachstum einzelner Industriezweige zusammen, die gegenwärtig grob in zwei Gruppen untergliedert werden: — alte bzw. traditionelle Industriezweige und — moderne, schnell wachsende Industriezweige. Zu der ersten Gruppe gehören z. B. Kohle- und Stahlindustrie, zu der zweiten Elektronik, Elektrotechnik bzw. Chemie. Bekanntlich haben in allen führenden kapitalistischen Ländern die modernen Industriezweige ein hohes Wachstumstempo. Unterschiedlich dagegen entwickeln sich die traditionellen Zweige. Während sie sich in den U S A und Großbritannien langsam entwickeln, stagnieren oder ihr Anteil an der gesamten Produktion sogar zurückgeht (manchmal ebenfalls die absolute Verringerung der Produktion), war das Wachstum dieser Zweige für die gegebene Periode in den Ländern mit allgemein hohen Zuwachsraten groß. Daraus resultierten die allgemein ^höheren durchschnittlichen Zuwachsraten als Summand. In Tabelle 22 wurde ein Auswahl von repräsentativen Erzeugnissen vorgenommen, die für die U S A bzw. Großbritannien einerseits und andere führende kapitalistische Länder andererseits eine unterschiedliche Entwicklung aufweisen, bei der Bestimmung von allgemeinen Zuwachsraten aber schwer ins Gewicht fallen. Die Erzeugnisse wurden in Naturalform aufgenommen, um den Einfluß unterschiedlicher Preisbildungen zu eliminieren. Tabelle 22 zeigt, daß die hohen Wachstumsraten von Japan, Westdeutschland, Italien und Frankreich vom Wachstum der traditionellen Zweige unterstützt waren. Deshalb kann diese Beschleunigung des Wachstums der Länder mit allgemein hohen Zuwachsraten auf Kosten der alten bzw. traditionellen Zweige nicht unmittelbar auf die Forschung und Entwicklung 2urückgeführt werden. 222
Tabelle 22 D i e Steigerung der Produktion einiger Erzeugnisse (Zuwachsraten) in der Periode 1953—1964 (gebrauchswertmäßige Entwicklung 1 umgerechnet auf Prozente) USA Kohle Erdölprodukte Koks Roheisen Stahl Baumwollcgarn Automobilproduktion Schiffbau 1
Großbrit.
Westd.
absolut pro Kopf absolut pro Kopf absolut pro Kopf absolut pro Kopf absolut pro Kopf absolut pro Kopf absolut
— 1,1 + 2,9 + 1,2 -2,8 -4,75 + 1,2 —0,4 + 1,2 -0,5 + 0,8 — 1,8 + 2,2
— 1,3 -0,2 + 8,4 + 7,7 -1,6 -2,7 + 4,0 + 3,5 + 3,6 + 3,1 -3,5 —4,25 + 9,8
+ 0,0 - 0,7 + 22,6 + 15,9
absolut
_2
— 2,1
+
+ 0,3
+
0,4 0,0
+ 5,0 + 3,8 + 6,8 + 5,4 + 1,0 - 0,3 + 17,6 0,8
Frankr.
Italien
+
—2 2
—
+ + + + + + + + + —
+
0,2 0,7 8,0 6,6 4,2 3,75 6,5 4,7 6,4 5,4 1,0 0,1 11,6 7,3
+ 14,5 + 13,8 + 6,1 + 6,0 + 9,7 + 8,0 + 9,8 + 8,2 + 1,9 + 1,25 + 18,1 +
3,1
Japan + -
0,8 0,0 40 40
+ + + + + +
9,8 6,5 16,1 15,7 16,1 14,8
+ +
1,8 0,6 40
über über
über
+ 19,9
VC'finn die wertmäßige Entwicklung in konstanten Preisen errechnet wird, spiegelt die gebrauchswertmäßige E n t wicklung der Produktion die wertmäßige wider.
2
Die Menge ist f ü r die wirtschafdiche Entwicklung des Landes unbedeutend.
Quellen: Industrial Statistics, 1900-1962. O E C D , Paris, 1964, S. 2, 84, 26, 85, 59, 8, 112-114; Statistical Yearbook, U N O , 1957, S. 257, 261, 258, 260; Statistical Yearbook 1959, U N O , S. 199-200, 234, 237, 252, 253; Statistical Yearbook
1965, U N O , S. 260, 294, 295, 2%, 300, 305, 317, 183-184, 318; Japan Statistical Yearbook 1964, S. 10,
168; Monthly Bulletin of Statistics, July 1966, N 7, S. 1—4; Economic Statistics Monthly, Japan, J u n e 1966, S. 137, 138.
Zwischen den USA und anderen kapitalistischen Ländern sind nicht nur in der Produktion Unterschiede vorhanden. Bei der Untersuchung der Rolle von Forschung und Entwicklung im Reproduktionsprozeß einzelner Länder erwies es sich als notwendig, ebenfalls auf die Absatzbezogenheit der Forschung kurz hinzuweisen. Bekanntlich ist der Binnenmarkt der USA von traditionellen Waren, insbesondere von langlebigen Erzeugnissen, viel mehr als in übrigen kapitalistischen Ländern gesättigt (sowohl absolut als auch pro Kopf der Bevölkerung). Dabei muß berücksichtigt werden, daß es sich um eine Sättigung handelt, die sich in dem begrenzten Rahmen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse bewegt und nicjit mit der maximalen Befriedigung der individuellen und kollektiven Bedürfnisse der Menschen wie im Sozialismus identisch ist. Diese Sättigung betrifft unter anderem die Waren, in denen sich der technische Fortschritt verkörpert, wie Autos, Kühlschränke, Klimaanlagen, Waschmaschinen, Fernsehapparate, Radios, Telefone usw. Selbstverständlich wird ein Teil der Forschung und Entwicklung dazu betrieben, 223
die Herstellungskosten zu senken (hauptsächlich auf dem Gebiet der Verfahrensforschung) und den Anteil bestimmter Erzeugnisse durch die Verbilligung der Produktion zu erweitern. Für die USA ist diese Erweiterung dadurch begrenzt, daß die Zahl der Haushalte für einige langlebige Waren den Absatz limitierte. 18 Die Untersuchung der Entwicklung von 375 Erzeugnisgruppen in der amerikanischen Industrie hat ergeben, daß neben dem Produktionsrückgang der alten Erzeugnisse, wie Wolle, Kohle, Seife usw., gleichfalls ein Rückgang der Produktion von solchen Erzeugnissen wie Kühlschränken, Waschmaschinen, Herrenanzügen, Mänteln usw. zu verzeichnen war. E s handelt sich dabei um Erzeugnisse, deren Bedarf bereits relativ befriedigt war. 19 Deshalb ist die Erweiterung der Produktion in den USA immer mehr auf das Erscheinen von neuen Erzeugnissen angewiesen, darunter grundlegend neuen, die mit Pionierleistungen in der Forschung und Entwicklung zusammenhängen. Nur auf diese Weise können amerikanische Monopole einen Durchbruch auf dem Binnenmarkt erzielen. Dadurch steigt die Bedeutung der Forschung und Entwicklung für das ökonomische Wachstum der USA besonders. Gleichzeitig vollzieht sich die Weiterentwicklung der bestehenden amerikanischen Produktionsarten intensiv auf dem Wege der Substitution. Sie besteht unter anderem im Erscheinen von zahlreichen neuen Modellen, in der weiteren Anpassung der Erzeugnisse an spezifische Kundenwünsche, die durch lokale, nationale, klimatische, historische und andere Besonderheiten bedingt sind, in der Diversifikation der Produktion bzw. in der Kombination der traditionellen Erzeugnisse mit den Ergebnissen der Forschung aus der Elektronik, Chemie usw. Als Beispiel kann der numerisch gesteuerte Mixer für Getränke dienen (die Rezepte für Getränke werden auf Lochkarten übertragen) bzw. zahlreiche Verbindungen von optischen und elektronischen Geräten. Allgemein kann man feststellen, daß auf der gegenwärtigen Stufe der wirtschaftlichen Entwicklung der USA der Substitutionsprozeß im Unterschied zu anderen führenden kapitalistischen Ländern eine viel größere Rolle spielt. Selbstverständlich ist auf dem Weltmarkt der Bedarf an traditionellen, nicht forschungsintensiven Industrieerzeugnissen bei weitem nicht befriedigt. Deshalb könnte der Außenhandel größere Impulse für die Erweiterung der Produktion in den USA geben, als es gegenwärtig der Fall ist. Die Situation auf dem Weltmarkt zeigt jedoch, daß die USA im 18 Vgl. „Strukturnye ismenenija . . ." op. cit. S. 12. 19
Survey of Current Business, Washington, Vol. 44, Nr. 9, September 1964, S. 23.
224
Außenhandel auf zunehmende Konkurrenz der Länder mit den günstigeren Produktionsbedingungen stoßen. Es stellt sich dabei heraus, daß die Anteile der Länder mit allgemein hohen Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts bzw. das Nationaleinkommens am Welthandel und Weltexport gestiegen sind (Westdeutschland, Japan, Italien und Frankreich). Die Anteile der USA bzw. Großbritanniens sind dagegen gesunken. Die Untersuchung von 158 amerikanischen Konzernen, die insgesamt ein Drittel des amerikanischen Exports an Industrieerzeugnissen ausmachen, zeigte, daß sich die große Steigerung des Exports bis 1973 für die Erzeugnisse der Elektronik/Elektrotechnik, des Transportmittelbaus, Maschinenbaus und der Chemie vollziehen wird. Diese Steigerung hängt im wesentlichen von drei Faktoren ab: 2 0 — hohem technischem Niveau, — Konkurrenzfähigkeit, — günstigen Voraussetzungen der Versorgung mit Rohstoffen. Wegen der hohen Arbeitskosten zeigen die amerikanischen Waren schlechte Konkurrenzfähigkeit. Der Vorteil des hohen technischen Niveaus und damit der Forschung und Entwicklung für den Export der USA findet unter anderem seinen Ausdruck in der Ausfuhr von elektronischen Investitionsgütern, Ausrüstungen für die Atomwirtschaft, Erzeugnisse der Flugzeug- und Raketenindustrie, des Gerätebaus, pharmazeutischen Produkten usw. Die Führung der USA und Großbritanniens in der Produktion und im Export von forschungsintensiven elektronischen Investitionsgütern veranschaulicht Tabelle 23. Der Anteil der USA an der Produktion elektronischer Investitionsgüter betrug 1964 81,9 Prozent, für Großbritannien 6,0 Prozent, für Westdeutschland 4,2 Prozent, für Frankreich 5,1 Prozent und für Japan 2,8 Prozent. Dieselbe Gewichtung geht aus der Verteilung der Anteile am Export für einzelne Länder hervor. Diese Anteile betrugen für die USA 60,5 Prozent, für Großbritannien 14,5 Prozent, für Westdeutschland 12,7 Prozent, für Frankreich 7,3 Prozent und für Japan 5,0 Prozent. Diese Verteilung entspricht im allgemeinen der Stellung einzelner Länder in der Forschung und Entwicklung. Es hat sich jedoch in der letzten Zeit herausgestellt, daß sich die Vorteile der amerikanischen Waren, die auf das hohe technische Niveau zurückzuführen sind, verringerten. Dazu trägt auch der amerikanische Kapitalexport bei. Die Monopole der USA finden es für sich profitabler, statt Waren zu exportieren, Niederlassungen zu gründen. Damit versuchen sie, den 20
Bulletin
der internationalen Kommerzinformation (BIKI), Moskau, Nr. 58 (3295)
v . 17.' 5. 1969, S. 2 (Russisch). 15
Nikolajcw, Forschung
225
Vorsprung auf einzelnen Gebieten der Forschung und Entwicklung mit anderen, für die Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit günstigen Faktoren in anderen kapitalistischen Ländern zu kombinieren. Es kann zusammenfassend festgestellt werden, daß die Vergrößerung der Anteile der Länder mit hohen Wachstumsraten am Welthandel keinesfalls unmittelbar auf die Forschung und Entwicklung zurückzuführen ist. Für die Erzeugnisse jedoch, wo es auf die Forschung und Entwicklung ankommt, hatten die USA unbestreitbare Führung und direkte Erweiterung. Im allgemeinen kann man behaupten, daß sich die Forschung und Entwicklung in den USA zum Teil unter qualitativ anderen ökonomischen Verhältnissen als in den übrigen führenden kapitalistischen Ländern auswirkte. Die Unterschiede sind vor allem auf Qualität des Wachstums, auf ein anderes Verhältnis von Substitution und Erweiterung und auf die Pionierstellung der USA in Produktion und Konsumtion zurückzuführen. Deshalb war das ökonomische Wachstum der USA für die gegebene Periode in größerem Umfange auf neue, darunter prinzipiell neue Pionierleistungen in der Forschung und Entwicklung angewiesen als zum Beispiel die Wirtschaft von Japan oder Westdeutschland, die jedoch höhere allgemeine Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts bzw. des Nationaleinkommens hatten.
1.2.
Zu einigen Unterschieden im Wachstum ^wischen anderen kapitalistischen Industrieländern
führenden
In diesem Abschnitt wird vorwiegend am Beispiel Großbritanniens gezeigt, daß nationale Besonderheiten des ökonomischen Wachstums innerhalb der Gruppe der Länder, die insgesamt den USA gegenübergestellt wurden, zu differenzierten Wachstumsraten einzelner Länder beigetragen haben. Die politische und wirtschaftliche Macht Großbritanniens stand in einer engen Verbindung mit seiner Kolonialherrschaft. Das Ende des großen Kolonialimperiums hatte schwerwiegende Auswirkungen auf den Charakter der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Der Verlust von Kolonien bedeutete gleichfalls das Eindringen anderer kapitalistischer Länder in die traditionellen Märkte der englischen Waren, begleitet von der Entwicklung der nationalen Industrie in den ehemaligen Kolonien. In einer besonders ungünstigen Lage befinden sich dabei die Zweige, die zum Aufstieg Großbritanniens als Weltmacht verholfen haben: Eisenund Stahlindustrie, Kohleindustrie, Maschinen- und Schiffbau sowie Textilindustrie. Sie werden charakterisiert durch Stagnation oder sinkende Zu226
wachsraten, Nichtauslastung der Kapazitäten, Arbeitslosigkeit und rückläufige Exportquotenkennziffern. In einem starken Kontrast dazu steht die Entwicklung der chemischen Industrie, die sich in einer ausgeprägten Expansion befindet. Der staatsmonopolistische Kapitalismus in Großbritannien setzte dabei eindeutig auf die Wissenschaft insgesamt und auf die Forschung und Entwicklung insbesondere. So waren die modernen Methoden der Leitung und Organisation der Produktion (Management) sowie der Prognosen in England in großen Monopolen z. T. besser als in anderen westeuropäischen Ländern entwickelt. Die führende Stellung Großbritanniens unter den westeuropäischen kapitalistischen Ländern in der Forschung und Entwicklung wird gegenwärtig anerkannt, obwohl diese Einschätzung immer problematischer wird, weil sich die Konkurrenz seitens Frankreichs und Westdeutschlands in der Forschung und Entwicklung bedeutend zugespitzt hat. Beide letztgenannten Länder wenden gegenwärtig ähnliche staatsmonopolistische Maßnahmen zur Forcierung der Forschung und Entwicklung wie Großbritannien an, ihre Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen wachsen ebenfalls schneller als die Großbritanniens. Die staatsmonopolistische Förderung der Forschung und Entwicklung hat in England entsprechende Ergebnisse gebracht. Die Tabelle 23 veranschaulicht neben den USA die Führung Großbritanniens in der Produktion und dem Export von besonders forschungsintensiven elektronischen Investititonsgütern. Von 25 Tausend Schiffen der kapitalistischen Welt besaßen 3 / 4 englische Radareinrichtungen, die meisten Flughäfen der kapitalistischen Länder (außer dem amerikanischen Kontinent) waren mit englischen Navigationsausrüstungen ausgestattet (Decca und Marconi). Neben den USA besitzt Großbritannien unter den kapitalistischen Ländern eine führende Stellung bei der Nutzung der Atomenergie für friedliche Zwecke; ca. 14 Prozent der in England erzeugten Elektrizität stammen aus den Atomkraftwerken. 2 1 Die kerntechnische Basis Großbritanniens umfaßt zur Zeit ein Werk für die Trennung von Uranisotopen, acht Plutoniumreaktoren, vier Versuchsreaktoren f ü r die Energiegewinnung, ein Werk für die Produktion von bestrahltem Brennstoff sowie 23 Atomreaktoren mit einer Gesamtleistung von 4 Mill. kW. Großbritannien verfügt hinsichtlich der Erzeugung von Atomenergie etwa über die gleiche Kapazität wie die gesamte EWG. 2 2 21
Marktinformationen für Industrie und Außenhandel der D D R , Berlin, Nr. 1 v. 6. 1. 1969, S. 2.
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Anlage 16 Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in der Industrie der U S A , gemessen am Umsatz, 1963 (in Prozent) Industriezweig
Insgesamt Nahrungsmittel Textilien, Bekleidung Holzprodukte, Möbel Papier Chemische Industrie Industrielle Erzeugnisse Pharmazeutika Sonstiges Erdölverarbeitung Gummi Steine, Erden, Glas Metallurgie Eisenmetalle NE-Metalle Metallverarbeitung Maschinenbau Elektrotechnik/Elektronik Nachrichtentechnik, Bauelemente Sonstiges Fahrzeugbau Flugzeug- und Raketenbau Gerätebau Meßgeräte Optische und medizinische Geräte, sonstiges Sonstige Industriezweige
Insgesamt
4,4 0,4 0,5 0,5 0,8 4,4 5,3 4,4 2,7
1,0
In Betrieben mit einer Beschäftigtenzahl unter von 1000 ab 1000 bis 4999 5000 1,9 1 1 1 1 2,8 1 4,5 2,6 1
1,9 0,3 0,7 0,4 0,9 4,0 5,5 6,4 1,9
5,2 0,4 0,4 0,3 0,7 4,8 5,5 3,8 3,6
2,1 0,8 0,7 0,9 2,0 5,6 11,1 13,5 9,1 5,5 27,0 10,6 17,1 7.8 0.7
1,0 1,0
2,2 1,8 0,8 0,7
1,0
1,5 1 1 1 1
1,6 4,0 10,0 12,5 7,5 3,4 25,8 8,4 9,8
1.4 1,8 4,9 7,6 3,7 1,0 8,5 6,0 6,0
1,0 1,0 0,5 1,3 1,2 2,8 5,2 8,8 3,2 0,9 12,9 4,9 3,2
7,4 0,9
6,1 1,0
6,9 1,4
1,0 1,0
1 nicht gesondert ausgewiesen, jedoch in der Gesamtsumme enthalten Quelle: Basic Research, Applied Research, and Development in Industry 1963, N S F 1966—15, Washington 196 S. 112.
274
Anlage 11 Kritische Masse und Zeit der Forschung und Entwicklung einiger Erzeugnisgruppen in England Erzeugnis
Radioempfänger VHF-Sender Radar für Handelsschiffe Einrichtungen für programmgesteuerte Werkzeugmaschinen Kleine Computer für wissenschaftliche Zweckc Forschungssatelliten Kameras für Farbfernsehen Große, vollständig elektronische Telefonstationen Computer für elektronische Datenverarbeitung mit Zusatzgeräten Nachrichtensatelliten
Kritische Masse (1000 Pf.)
Zeit (Jahre)
abgeleitete jährl. FE-Ausgaben (1000 Pf.)
80240100-
150 360 200
2 4 3
406033-
75 90 66
300-
600
3
1 0 0 - 200
1 0 0 0 - 2000 5 0 0 - 1500 1 6 0 0 - 3000
3 4 4
3 3 3 - 666 1 2 5 - 375 4 0 0 - 775
6 0 0 0 - 9000
6
1 0 0 0 - 1500
8 0 0 0 - 16000 1 0 0 0 0 - 40000
4 5
2 0 0 0 - 4000 2 0 0 0 - 8000
Quelle: National Institute Economic Review, London, Nr. 34, November 1965, S. 69
18*
275
Anlage 18 Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, Gewinn und Umsatzsteigerung einzelner Konzerne in den USA 1954 bis 1964 (inProzent) Industriezweig/Konzern
Stahl Copperweld-Steel Co. Allegheny Ludlum Steel Corp. Erdöl Standard Oil Co. of Ohio Standard Oil Co. of California Standard Oil Co. of New Jersey Socony-Mobil Oil Co. Inc. Fahrzeugbau Purolator Products Co. Eaton Manufacturing Co. Borg-Warnet Corp. Nachrichtentechnik und Bauelemente Texas Instruments Inc. AMP Inc. General Instrument Corp. International Telephone & Telegraph Corp. Elektrotechnische und elektronische Ausrüstungen Hewlett-Packard Co. Electronic Associates Inc. IBM Sperry Rand Corp. Industrieller und wissenschaftlicher Gerätebau Fairchild Camera Corp. Eastman Kodak Co. Chemische Industrie Monsanto Chemical Co. Dow Chemical Co. Union Carbide Allied Chemical Corp. Du Pont & Co. Hercules Corp. Pharmazeutika Baxter Laboratories Inc. Upjohn Co.
FE-Aufwendungen, Gewinn gemessen am je Aktie Umsatz 1962/64 1954/64
1954/64
0,50 1,35
6 3
5 2
1,25 1,25 0,75 0,75
5 4 3 2
4 7 6 8
1,30 1,40 4,25
10 1 0
10 10 4
7,90 12 5
25 15 15
32 18 16
3,50
7
13
8,65 10,30 6 1,90
17 15 21 (10)
29 21 19 7
8 6,30
13 9
16 6
4,90 5,50 4,75 2,60 2,30 3,65
10 5 4 2 2 8
13 8 6 6 4 11
5.45 10,50
17 10
17 8
Quelle: Research Management. London 10 (1967) 1. S. 25-29.
276
Umsatzsteigerung
Anlage 19 Ebenen der technologischen Verbreitung einzelner Methoden Ebenen I Wissenschaft II Technologie III Elementare Technologie IV Funktionale technologische Systeme V Anwendung VI der aufnehmende Bereich VII Soziale Systeme VIII Gesellschaft
(z. B. Erforschung des Phänomens der Halbleitung) (z. B. Diffusionstechnik, Planartechnik usw.) (z. B. Festkörpertechnologie, Technologie der integrierten Schaltkreise usw.) (z. B. Nachrichtensysteme und funktionale Teilsysteme) (z. B. Markt für die Nachrichtensysteme) (Nachrichtenwesen in der Industrie) (z. B. Militärwesen und sonstige Aspekte des Nachrichtenwesens) (Anwendung des Nachrichtenwesens für die Gesellschaft)
Einzelne Prognosemethoden und ihr Einfluß auf die technologische Verbreitung nach den 8 Ebenen Methoden
Ebenen der technologischen Verbreitung I
I. Intuitives Denken 1. Ideenkonferenzen —direkte Ideenkonferenzen —„Buzz"-Gruppenmethoden —operationtlle Kreativität 2. „Delphi"-Methoden 3. Utopia u. wissenschaftliche Zukunftsromane II. Erkundungsprognosen (Exploratory forecasting) 1. Extrapolation der Zeitreihen, analytische Modelle Adams Isenson Hartman Lenz (Analogie des biologischen Wachstums) Holton Putnam Ridenour 2. Extrapolation der Zeitreihen (phänomenologische) einzelne Trends
II
III
IV
V
VI
X
X
M
X
X (X)
X
X X
rx)
VII
VIII
M
fx)
X
X X
X
h h
•*—
1—
h
h
h h
X
X
h
h
ix)
277
Fortsetzung von Anlage 19 Methoden
Ebenen der technologischen Verbreitung I
vorausgesehene Entwicklungen (Precursive Events) Hüllkurven 3. Lernkurven 4. Kontextkarten (Contextual Mapping) Trend als Prozeß Trend als Evolution 5. Morphologische Forschung
II
III X • ^ x i-
X
X
X
-•
X X X
Iteration
Kotler
278
VI
VII
VIII
X
X
X
M
X
*
X
6. Drehbuchschreibung und Iteration durch Synopsis Drehbuch
7. Historische Analogie 8. Elemente der Wahrscheinlichkeitsprognose Mansfield Lancoud und Trachsel Propagation der Varianz Bayesische Statistik Monte Carlo Parametrische Sensitivität 9. Ökonomische Analysen Unverzinster Rückfluß Olsen Pacifico Teal Sobelman Verzinste Gewinne und Abschreibungen „Batch-wise" Disman Hoskold Kontinuierliche verzinste Gewinne und Abschreibungen SCAIR (General Electric) Cramer & Smith Dean & Sengupta Risikobewertung Bönke
V
X
X
X —^
IV
h
1
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X
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h
h X
h
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h
. h
Fortsetzung von Anlage 19 Methoden
Ebenen der technologischen Verbreitung I
II
III
IV
V
VI
VII VIII
10. Operationsmodelle Spiele Rigid (steife) Modelle Rea Churchman Lenz Abt. Associates Batteile Business Modelle 11. Methoden auf der aggregierten Ebene Statistische Modelle Input/Output-Analysen Industrielle Ketten Verbreitung d. Technologie Mansfield II. Normative Prognosemethoden 1. Horizontale Entscheidungsmatrizen Einsatz v. Ressourcen Programmkubus Französische Forschung/ Forschung Matrizen 2. Vertikale EntscheidungsFranzösische Forschung/ Industrie Matrix Forschung/Programm/Matrix Stanford Research Inst. Walter (North American Aviation) 3. Simple Methoden, Operationsforschung ökonomische Analysen/ Operationsforschung Lineare Programmierung Asher Freeman Dynamische Programmierung Hess Rosen & Sonder ,
279
"Fortsetzung von Anlage 19 Ebenen der technologischen Verbreitung
Methoden I 4. Simple Methoden der Entscheidungstheorie Prüflisten Hetrick u. Kimball De l'Estoile Mottley & Newton Garginlo Ansoff (ökon. Analyse/ Entscheidungstheorie) Pound (Zielbaum-Relevance Tree) Beckwith U. S. Navy 5. Integrierte Zielbaumschemata (Relevance Tree Schemes) Vertikaler Zielbaum (Relevance tree) SCORE PATTERN General IDynamics Swager (Batteile) PROFILE NASA Zwicky (?) Horizontaler Zielbaum (Relevance tree) Swager (Batteile) 6. Netzwerktechnik Cheaney (Batteile) Zebroski (General Electric) Abt. Associates Rosenbloom
II
III
IV
VI
VII VIII
Hh
-•h
-H
7. Operationsmodelle Spiele Cordon u. Helmer Spieltheorie Rigid (steife) Modelle Rea Thomas/Mc Crory (Batteile) Business Modelle 8. Systemanalysen RAND Corp.
280
-t — h
Fortsetzung von Anlage 19 Ebenen der technologischen Verbreitung
Methoden
II
III
IV
VI
VII
System Develop. Corp. TEMPO (General Electric) Erdöl- u. Raumfahrtgesellschaften 9. Rückkopplungsmethoden Erste Vorstellungen Rückkopplungsschleifen innerhalb der technologischen Verbreitung Cheane (Batteile) Zwicky (?) Lenz
Rückkopplungsschleifen zwischen Drehbüchern Osbekhan (System Devel. Corp.) Integrierte Systeme der technologischen Information
n
H TL
cc
€
u M
EI
Die angewandten Kennzeichen sind: x (x)
— Ebene der (einzelnen) Anwendung (in Klammern: zweifelhaft oder weniger begründet);
h
— Eine bedeutende Verbindung mit horizontalen Faktoren. | — | —y
4— * — • — • —
— Die Richtung der Verbreitung der Anwendungsbreite einer Methode (vertikale Trennung»* linien bedeuten, daß individuelle Einschätzung für die gegebene Ebene möglich ist. Eine unterbrochene Linie bedeutet, daß die Einschätzung nicht sicher ist). — Starke Ansätze für Rückkoppelung (durch die menschliche Einschätzung).
Quelle: Jantsch, E.: „Technological Forecasting" . . . op. cit., S. 119—122.
281
Personenregister
Abs, H. J. 20 Abramovitz, M. 212 Almon, C. 187, 188 Alter, L. 216 Ament, R. H. 173 Bell, D. 21 Bogdanow, O. 187 Bowden, B. V. 78 Breshnew, L. I. 8, 124, 190 Bush, V. 39 Cazcs, B. 165 Chmelnitzkaja, E. 24 Cetron, M. I. 203 Citti, L. E. 203 Dardel, D. 67 Davis, H. S. 212 Dcnison, E. 205, 214, 216, 218 Einstein, A. 36, 166 Eisenhower, D. L. 114 Engelhardt, K. 9, 11 Engels, F. 144 L'Estoile, H. 196 E well, R. H. 211 Fedorenko, N. P. 187 Fessenko, R. 168, 169 Freeman, C. 136, 150, 160 Freenfiled, E. W. 150 Freund, E. 135 Freudenmann, H. 153 Galbraith, J. K. Gallois, P. 10
282
237
Galvani, L. 248 Gendin, A. M. 178, 179 Gilbert, H. 206 Gluschkow, V. 195 Gordon, T. J. 185 Gündel, R. 21, 24, 25 Guerillot, C. R. 203 Hall, G. 24 Hamilton, W. 172, 176 Harbison, F. 112 Heise, K. H. 9, 11, 22, 32, 33 Helmer, O. 185 Heraklit 12 Isenson, R. S.
93
Jantsch, E. 94, 154, 155, 156, 164, 169, 170, 180, 182, 184, 186, 282 Jestice, A. L. 196 Johnson, L. B. 94, 114, 132 Joliot-Curie, I. 65 Jungh, R. 176 Kahn, H. 201 Karpow, J. N. 145, 156, 164 Kendrick, J. 205, 212 Kennedy, J. F. 60, 114 Konson, A. S. 166 Krauch, H. 14 Kuczynski, J. 23 Kusnetzow, B. G. 171 Lenin, W. I. 31, 170, 197 Leontief, W. 213 Lohmar, H. 33
Machlup, F. Maier, H.
113 188 92, 94, 196
Menke-Glückert, P.
29, 32
154, 161
10
Schuhmann, H. Seemann, K . Seitz, F.
14
12
60
Sherwin, Ch. W .
112
Nance, D .
10
Schreiterer, M.
McNamara, R. St. Morand, J.-C.
28
Schräder, R.
33, 215
Myers, Ch.
212
Schon, A. D .
Mansfield, E . Marx, K .
Schmockler, J .
112
172, 176
93, 94
Shockley, W.
166
Sigford, I. V.
196
Nehls, K . 21, 24, 25
Solow, R.
Nikanorow, S. P.
Sominsky, W . S.
Nikolajew, V. Nixon, R.
194
196
Speer, G.
194
Parvin, R. H.
196
13, 14, 17, 18 190, 193
11, 22, 23
Ulbricht, W.
8
Waddington, C. H. Wannenmacher, W.
36
211
Wiener, A. J . Wiener, N.
Saint-Sernin, E . Samuelson, P. Say, J . B.
Winter, L.
201 55, 56
22
205
215
Schapiro, A. Scherf, K .
95
33
78
Weiss, H. K .
15
Roosevelt, F. D .
98
31
Watson, R. Rilling, R.
110
Strauß, F. J .
Wagner, H. Quade, E . S.
166
9
Stoltenberg, G .
177
Optner, St. L.
Picht, G.
213
169 18, 19
Zahn, L.
23
Zieschang, K .
27
Zimmermann, F.
11
283
Sachregister
Angewandte Forschung 37, 57, 60, 62, 64, 67, 68, 93, 94, 95, 100, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 137, 138, 149, 158, 167, 202 Anteil der F/E-Beschäftigten an der Bevölkerung 103, 256 Anteil der F/E-Auf Wendungen — insgesamt USA 86, 101, 118, 120, 123, 126, 135, 217, 254, 256 Großbritannien 120, 123, 126, 227, 254, 256 Westdeutschland 123, 126, 227, 254, 256 Frankreich 123, 126, 227, 254, 256 Japan 123,254,256 Italien 123, 254, 256 Schweden 256 Norwegen 256 — in der Industrie USA 14, 133, 147, 259, 260, 261, 262, 268,269,270,275 Großbritannien 133, 163, 259, 260, 263 Westdeutschland 133, 137, 259, 260, 263 Frankreich 133, 148, 259, 260, 264, 271,272,273,274 Japan 133,136, 147, 164, 259, 260, 265, 266 Norwegen 133, 258 — am Bruttosozialprodukt 80, 102, 103, 104, 105, 106, 123, 208, 209, 210, 211, 218, 231, 256 — für Grundlagenforschung 117, 118, 119,120,13$ — am Nationaleinkommen 167
284
— am Umsatz 136, 148, 149, 161, 162, 174, 275, 277 — pro Kopf der Bevölkerung 103, 126, 256 Applikationsforschung 163,164, 165 Aufgliederung, dreistufige von Forschung und Entwicklung (Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Entwicklung) 37, 115, 116, 117, 120, 149, 167 Aufnahmezyklen für neue Erzeugnisse 156, 157 Bruttosozialprodukt 106, 113, 123, 205, 206, 207, 210, 220, 240, 242, 244, 246, 256 CPE (Systemprognose)
195,196, 200, 201
Diversifikation der Produktion 24, 140, 151,152,153,174,224, 230,241 Effektivität — von Forschung und Entwicklung 93, 97, 98, 106, 107, 113, 117, 120, 167,192,193,195,199 — der Grundlagenforschung 117 Entwicklung 116,117,118,120, 129, 138,149,167 Erkundungsprognosemethoden 180, 182,183,184, 202,278 Erweiterung der Produktion 152, 226, 232, 237, 238, 239, 243, 244
37, 141,
137, 181, 224,
Finanzierung von Forschung und Entwicklung
— durch den Staat 32, 34, 41, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 98,115,121 — durch die Industrie 80, 86, 87, 88, 133 — durch Hochschulen 80 Forschung und Entwicklung und Strukturveränderungen — direkte Auswirkungen 114, 115, 138, 140, 248 — indirekte Auswirkungen 138, 139, 221 Forschungszentren 35, 39, 40, 55, 56, 57, 61, 78, 84, 86, 115, 165, 189 führende Zweige 138, 145, 146, 161, 222, 225, 227, 228, 229 Großforschungsgebiete — Militärforschung 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 34, 36, 37, 39, 40, 44, 45, 48, 53, 58, 59, 62, 66, 67, 68, 70, 82, 88, 90, 92, 99, 116, 122, 123, 125, 126, 127, 128, 129, 130,131,132, 176, 254, 257 — Atomforschung 36, 37, 40, 44, 45, 49, 53, 57, 58, 59, 62, 65, 66, 67, 68, 70, 75, 77, 82, 83, 86, 88, 99, 114, 122, 123, 126, 127, 128, 129, 131, 138, 176, 257 — Raumfahrtforschung 15, 16, 37, 41, 44, 45, 57, 58, 62, 65, 67, 75, 77, 82, 88, 99, 122, 123, 126, 127, 128, 131, 173, 176, 233,257 Grundlagenforschung 37, 39, 40, 49, 54, 62, 64, 66, 67, 68, 72, 77, 83, 84, 93, 94, 95,100,114,115,116,117,118,119,120, 137, 138, 149, 153, 156, 158, 165, 167, 186, 204 Import ausländischer F/E-Ergebnisse 118 — von „know how" 251 — von Patenten und Lizenzen 21, 24, 129, 189, 251 Informationsdienst 37, 54, 76, 100 Innovation 14,21, 28, 29, 110,155,156,188 Integration von Forschung und Entwicklung in den Reproduktionsprozeß 49, 100, 106, 107, 108, 116, 149, 154, 167, 218, 223
Internationale Vergleiche in Forschung und Entwicklung 60, 68, 96, 102, 104, 105,126, 205, 211 „Invasion" der forschungsintensiven Industriezweige 141, 142,143 Konglomerate (Poliglotkorporationen) 24, 152 Konzentration von Forschung und Entwicklung - auf Zweige 131, 146, 149, 151,160, 189 — auf Erzeugnisgruppen 137, 151, 162, 189 Konzerne 21, 22, 23, 24, 25, 27, 28, 37, 45, 89, 92, 108, 109, 110, 138, 141, 146, 149, 151, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 164, 165, 174, 225, 236,241, 277 Kritische Masse in Forschung und Entwicklung 150, 158, 189, 276 Leitungsmethoden in Forschung und Entwicklung 45, 46, 51, 53, 57, 61, 64, 65, 66,69,73, 75,76,93, 95 Leitungstätigkeit in Forschung und Entwicklung 29,49, 50,54, 58,107 Marketing 108, 154 Materielle Produktion 16, 93, 139, 207, 219, 220, 233, 240 Militärkontrakte 89, 90, 124 Militarisierung der Forschung 9, 10, 34, 36,124,125,129,130 Moderne Industriezweige 129, 137, 145, 146, 148, 161, 222, 225, 227, 228, 229, 247 Monopole 11, 15, 17, 18, 19, 20, 22, 24, 25, 27, 28, 29, 31, 32, 33, 35, 37, 38, 39, 42, 43, 45, 49, 50, 51, 53, 54, 58, 61, 64, 66, 67, 69, 72, 73, 75, 76, 77, 81, 82, 84, 85, 88, 89, 90, 92, 93, 100, 106, 108, 109, 110, 115, 118, 122, 124, 125, 133, 138, 140, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 157, 158, 159, 160, 161, 165,
285
168, 169, 173, 174, 175, 178, 192, 224, 225, I I I , 235, 236, 237, 239 Nationaleinkommen 26, 81, 109, 112, 205, 206, 207, 214, 215, 233, 242, 244, 246 Nebenprodukte (spin off) der Militärforschung 14, 130, 131, 132 Neue Erzeugnisse 21, 109, 110, 122, 139, 142, 146, 150, 152, 153, 154, 155, 156, 159, 162, 163, 164, 200, 203, 216, 224, 230, 231, 237, 238, 239, 243, 244, 245, 248 Neuentwicklungen in Forschung und Entwicklung 45, 51, 137, 163, 237 Nichtmaterielle Produktion 139, 144, 207, 219, 220, 233 Normative Prognosemethoden 170, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 202, 280 Ökonomische Entwicklung, unterschiedliche 21, 22, 23, 24, 25, 206, 211, 218, 219, 226 Ökonomisch motivierte Forschung 114, 122, 123 Optimale Betriebsgröße und Forschung und Entwicklung 109, 161 Organisationsformen 106, 107 Organisation von Forschung und Entwicklung 38,'107, 115, 159 Paßfähigkeit der F/E-Ergebnisse 158, 159, 160 PATTERN 131, 181, 182, 183, 185, 195, 196, 197,198, 200, 281 Personal in Forschung und Entwicklung - USA 101, 103, 134, 135, 258, 261, 262 - Frankreich 102, 103, 104, 134, 148, 258, 264 - Großbritannien 103, 134, 258 - Westdeutschland 103, 258, 267 - Japan 101,103,104,136,147,258, 265,266 Pionierforschung 29, 162, 163, 189, 224 Planifikation 65, 68, 69, 71, 97, 175, 200 PPBS (Programming Planning Budgeting System) 94, 95, 177 286
Produktionsfaktoren 212, 214, 215 216, 217, 236, 241 Produktionsfunktion 187, 213 Prognose 54, 104,140, 167, 168, 169,170, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 187, 189, 191, 192, 193, 198, 209, 227 — kurzfristige 170, 173 — mittelfristige 170, 197 — langfristige 171, 172, 173,177, 191 — „Delphi"-Methode 171, 172, 173, 181, 184, 185, 202, 278, — Morphologisches Herangehen 181, 184, 186,198, 279 vgl. auch Systemprognosen (CPE, PATTERN) Prognose-Aufwendungen in den USA 169, 174 „Prognoseboom" 169 Prognoseinstitute 168, 169, 174, 177, 191, 282
Prognosemethoden 169, 170, 175, 188, 193 — Anwendung auf Makroebene 175, 176, 177, 183, 186, 187, 188, 201 — Anwendung auf Mikroebene 173, 175 — integrierte 69, 97, 170, 177 — intuitive 171, 180, 181, 184, 185, 202, 278 vgl. auch Erkundungsprognosemethoden; normative Prognosemethoden Projekt — „Hindsight" 93 — „Traces" 94 Proportionen zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Entwicklung 116, 119, 120, 137, 167 Qualitative Vervollkommnung der Produktion 139, 140, 232, 233 Restfaktor-(Residual-)methode 212, 213, 214,215, 217 Risiko 11, 27, 28, 29, 31, 33, 50, 67, 92, 109, 152, 199 Rückkopplungsprognosemethoden 179, 181,183, 282
Sättigungsprozesse 223, 224, 230, 231 Schwelleneffekt 189 Sonderabschreibungen, beschleunigte, in Forschung und Entwicklung 96 Staatsmonopolistische Regulierung und Programmierung 16, 29, 35, 45, 49, 111, 234 vgl. auch staatsmonopolistischer Mechanismus und staatsmonopolistisches Instrumentarium von Forschung und Entwicklung Staatsmonopolistischer Mechanismus von Forschung und Entwicklung 35, 77, 4 80, 88, 98, 100 - U S A 36, 39, 40, 44, 45, 47, 97 - Großbritannien 48, 49, 52, 53, 98, 99, 227 - Frankreich 65, 69, 70, 97, 227 - Westdeutschland 55, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 98, 99, 227 - Japan 72, 74, 75 vgl. auch staatsmonopolistische Regulierung und Programmierung sowie staatsmonopolistisches Instrumentarium von Forschung und Entwicklung Staatsmonopolistisches Instrumentarium von Forschung und Entwicklung 35, 36, 38, 51, 77, 7 8 , 1 0 0 vgl. auch staatsmonopolistische Regulierung und Programmierung sowie staatsmonopolistischer Mechanismus von Forschung und Entwicklung Strategie 7, 8, 9, 15, 17, 18, 19, 20, 25, 26, 29, 75, 154, 157, 162, 174, 191, 234 Struktureffekte 221, 222, 240 Strukturveränderungen 114, 115, 138, 139, 140, 182, 188, 207, 212, 214, 219, 220, 221, 233, 248 Substitution der Produktion 138, 139, 146, 224, 230, 238, 239, 241, 243, 244 Substitutionsprozeß 19, 144, 145, 217, 224, 226, 237, 238, 239, 240, 242, 243 Synergismen 115, 203 Systemanalyse 12, 181, 185, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 203, 204, 281
Systembezogene Betrachtung von schung und Entwicklung 107
For-
Traditionelle (alte) Erzeugnisse 140, 146, 163, 223, 224, 237, 238, 243, 244 Überleitung der F/E-Ergebnisse 50, 108, 109, 110, 113, 154, 156, 158, 159, 160, 165, 166, 213, 214, 217 Überleitungsphase von Forschung und Entwicklung 54, 107, 160, 248 Umweltschutz 30, 235, 236, 241 Verflechtungen in Forschung und Entwicklung 115, 203 Verhältnis zwischen Bildung und Forschung und E n t w i c k l u n g 51, 57, 69, 100, 112, 113, 150, 167,213 Verteilung der F/E-Aufwendungen in der Industrie 133, 134, 135, 136, 137, 138 Vertragsforschung - U S A 39, 91, 9 2 , 1 5 0 - Frankreich 67, 70, 92 Wachstum, Kriterien 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 233, 234 Wachstum, ökonomisches 8, 14, 15, 16, 17, 29, 30, 34, 37, 110* 111, 144, 146, 167, 205, 206, 207, 208, 211, 212, 213, 216, 217, 218, 221, 224, 226, 229, 232, 234, 235, 236, 237, 241, 242, 243, 246, 247 Wachstumsfaktor Forschung und Entwicklung, seine qualitative Vervollkommnung 8, 17, 106, 110, 207, 208, 230 Weiterentwicklungen 51, 144, 163, 237, 241,244,246 Wissenschaftspolitik 7, 18, 38, 41, 42, 43, 44, 46, 48, 49, 51, 54, 62, 66, 67, 73, 75, 76, 77, 9 9 , 1 7 2 Wissenschaftlich-technischer Fortschritt (technischer Fortschritt) 7, 11, 12, 13, 16, 17, 18, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 78, 90, 97, 98, 99, 100, 107, 108, 111, 113, 116, 117, 142, 143, 149,
287
150, 157, 158, 167, 168, 170, 172, 175, 178, 180, 182, 183, 185, 189, 190, 193, 195, 203, 207, 212, 213, 217, 218, 223, 234, 235, 237, 239, 241, 242, 243, 247, 248, 249, 250, 251 — negative Auswirkungen 13, 30, 114, 235,237, 241, 250 Zielbaummethoden 177, 183, 184, 185, 195,196,197,198,200, 201,202, 203, 281 Zielsetzung für Forschung und Entwicklung 7,35,36,38,47,49,68,70,90, 95,99, 100, 106,115,122,123,162,177,181,191, 195, 196, 198, 200, 201, 202, 204, 233
288
Zugriffsmöglichkeiten der F/E-Ergebnisse 159, 160 Zuwachsraten von Forschung und Entwicklung 81, 101, 102, 103, 105, 106, 114,118, 208 Zuwachsraten — des Bruttosozialproduktes 101, 102, 103, 105, 106, 205, 206, 208, 209, 210, 211, 217, 221, 225, 226, 230, 235, 239, 240, 241, 243, 246 — des Nationaleinkommens 205, 206, 211, 225, 226, 230, 239, 241, 243, 246 Zwischenprodukte 145, 242