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English Pages 237 [255] Year 2005
Walter Bittner Flugmechanik der Hubschrauber
Walter Bittner
Flugmechanik der Hubschrauber Technologie, das flugdynamische System Hubschrauber, Flugstabilitäten, Steuerbarkeit
2., aktualisierte Auflage Mit 122 Abbildungen
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Dipl. -Ing. Walter Bittner Alpenstraße 22A 85614 Kirchseeon e-mail: [email protected]
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isbn 3-540-23654-6 2. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York isbn 987-3-540-23654-2 Springer Berlin Heidekberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Printed in The Netherlands Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. din, vdi, vde) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.
Einbandgestaltung: Struve & Partner, Heidelberg Satz: Werbung + Gestaltung, E. Kirschner-Lüthje, Kirchseeon Herstellung: medionet AG, Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier 68/3020 - 5 4 3 2 1 0
Widmung
Dieses Buch ist meiner Tochter Barbara Sabine Bittner gewidmet, die, ganz im Gegensatz zu meiner Leidenschaft für die theoretische und praktische Luftfahrt, als Geologin eine Berufung mit ausgesprochener Bodenhaftung gefunden hat.
Vorwort zur zweiten Auflage Das Interesse an der Hubschraubertechnik, und damit auch an meinem Buch, hat sich als erfreulich groß erwiesen, entsprechende Erfahrungen aus meinen Vorlesungen an der TU München und an der Uni-Bw München haben sich damit bestätigt. Speziell die erstmalige Darstellung des flugmechanischen Hintergrundes, und das hochaktuell, wurde sehr begrüßt. Die Flut von E-mails, die mich erreichten, brach jäh ab durch die Löschung meiner Adresse bei der Firma Eurocopter. Seit dem bin ich zu erreichen unter: [email protected]. Nach der Erstauflage haben sich Neuerungen, Erweiterungen und Ergänzungen ergeben. Ich nutze die Gelegenheit der Zweitauflage diese einzuarbeiten. Heuer werden die ersten Serienmaschinen des NH90 und des UH-Tiger in Dienst gestellt. Was gibt es schöneres für einen Dipl. Ing. der Luft- und Raumfahrt wie mich, die Produkte als gelungen zu sehen, an deren Entstehung er als damaliger Leiter im Vorentwurf des Hubschrauberbereiches von MBB und auch über weite Strecken der Entwicklung entscheidend beteiligt war! Zingst, MV, im Sommer 2004
Walter Bittner
Vorwort zur ersten Auflage Die Flugmechanik beschreibt als zentraler Themenkreis aller Entwicklungsarbeiten innerhalb der Luftfahrt die flugführungsbezogenen Eigenschaften von Luftfahrzeugen. Ihre Arbeitsschwerpunkte umfassen Flugeigenschaften, Stabilität und Steuerbarkeit, Flugregelung, Simulation, Erprobung, Dynamik, Lasten- und Flugleistungsberechnungen. So, wie bereits nach der Vorentwurfsphase eines Hubschraubers zwei Drittel seiner späteren Kosten feststehen, liegen auch schon sehr frühzeitig seine Flugeigenschaften und damit seine spätere Einsatzeignung fest. Es ist deshalb unerlässlich, schon weit im Vorfeld von Neuentwicklungen die flugmechanischen Charakteristika der neuen Hubschraubertechnologien zu beherrschen und die später zu erfüllenden Anforderungen und anzuwendenden Vorschriften komplett und abgestimmt vorliegen zu haben. Nur unter diesen Voraussetzungen kann zielorientiert entwickelt werden, und teure Korrekturen sind später nicht mehr zu erwarten. Hubschraubernutzer stellen sehr schnell fest, dass moderne Hubschrauber ohne Kenntnisse des Systemverhaltens nur unzureichend, vor allem aber nicht mit bestmöglicher Sicherheit und Wirtschaftlichkeit betrieben werden können. Mit der damals revolutionären Entwicklung des Hubschraubers Bo105 unter der Regie von Herrn Dipl.-Ing. Emil Weiland in der Firma MBB erhielt die in
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Europa und den USA verfolgte Hubschraubertechnik einen entscheidenden Anstoß in Richtung Spitzentechnologie, die sie heute ist. In anspruchsvollster Ingenieurskunst wurden innovative Auslegungsphilosophien und -methoden erarbeitet und verwirklicht, um damit für Hubschrauber bis dato undenkbare Flugeigenschaften und Einsatzeignungen zu erreichen. Die wichtigste aus der langen Reihe verwirklichter Innovationen ist die des gelenklosen Rotors. In einer Zeit, in der für jedermann feststand, dass Rotorblätter über Schlag- und Schwenkgelenke an den Rotorkopf angelenkt werden müssen, gerade diese Gelenke zu eliminieren, war die Durchsetzung dieser Vorstellung, unter Wahrung von deren aus flugmechanischer Sicht auch weiterhin unabdingbaren funktionalen Aufgaben, nur mit maximaler Beherrschung der vollen Wissensbreite aller benötigten Technologien zu verwirklichen. Das ursprüngliche Bestreben war dabei die beiden wartungsintensiven Gelenklager zu eliminieren, den Rotorkopf widerstandsärmer und weniger komplex zu gestalten. Nach der Verwirklichung dieser Idee stellte sich jedoch die mit dieser Technologie zu erzielende überlegene Agilität des Hubschraubers im Flug als der wichtigere Nutzen dieser Innovation heraus. Technologisch wurde dies durch die erstmalige Verwendung faserverstärkter Werkstoffe zum Bau hochbelasteter Strukturen, in diesem Fall speziell für Rotorblätter, ermöglicht. Dr. Ludwig Bölkow hat auf der Grundlage seiner profunden Kenntnisse aller Technologien in der von ihm geschaffenen Firma die VTOL-Technik, wie sie in Ottobrunn betrieben wurde, als Schlüssel- und Hochtechnologie implantiert, inspiriert und durch zuverlässige Förderung entscheidend vorangetrieben. Vor allem durch ihn konnte eine Entwicklungsmannschaft aufgebaut werden, die weltweit als eine der höchstqualifizierten anerkannt war. Dies zeigte sich in wiederholten Bitten namhafter Firmen um Mitarbeit, speziell bei der Entwicklung neuer Rotoren, dem Herz aller Hubschrauber. Hier ist vor allem die Firma Boeing mit der damaligen UTTAS-Ausschreibung zu nennen. Nur Firmenkulturen wie die von Dr. Bölkow initiierte, vorgelebte und an Spitzenprodukten orientierte machen Innovationen, gekrönt mit solchen Erfolgen, möglich. Woraus diese Kulturen zu bestehen haben, stellt er in seinem Buch „Der Zukunft verpflichtet“ [1] als Geist von Ottobrunn treffend dar. Komplementär zu dieser Firmenkultur existierte auf der Arbeitsebene eine kürzestgeschlossene Entwicklungsspirale. Diese durchläuft zunächst die originären Entwicklungsbereiche Technologie, Konstruktion und Festigkeit, Musterbau, Komponenten- Systemund Flugerprobung und läuft, die gewonnenen Erkenntnisse rückkoppelnd, wieder zur Technologie zurück. Später sind in diesen Zyklus die Serienreifmachung und die Fertigung mit aufzunehmen. Die Flugmechanik ist in diesem Prozess die Kommunikationsebene zwischen der Flugerprobung und der Technologie. Für die gesamte Entwicklungsspirale ist das Entwicklungs-Know-How die Arbeitsebene. Die Entwicklungsspirale muss immer wieder und so lange durchlaufen werden, bis sich die Auslegung auf das Optimum fokussiert hat. Geschieht dies nicht, entstehen nicht konkurrenzfähige Produkte. Sind die genannten Entwicklungssparten organisatorisch oder räumlich getrennt, dann explodieren die Kosten durch überdehnte Laufzeiten. Die gleichen Folgen haben Unterqualifikationen oder Inkompatibilitäten, selbst wenn dies nur in einer einzigen der Sparten der Fall sein sollte. Eine typische Unterqualifikation entsteht, wenn der fertigungstypische
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Einflug als ausreichend für die von der Entwicklung benötigte Flugerprobung angesehen wird. Nach dem beschriebenen Zyklus zu bearbeitende Entwicklungsarbeiten fallen in der Luftfahrtindustrie im Laufe aller Programmphasen an: zunächst während der eigentlichen Entwicklung, dann im Verlauf der Serienreifmachung, der Serienfertigung, der Nutzungsphase, durch Weiterentwicklungen um die erst im praktischen Einsatz, wieder nur durch die Entwicklung, zu erkennenden Reserven und um neueste technologische Fortschritte auszunutzen, bei Weiterentwicklungen zu militärischen und zivilen Varianten, im Rahmen von Produktpflegemaßnahmen, Anpassentwicklungen, Kampfwertsteigerungen und Erhaltungsmaßnahmen, alles sowohl im Soft- als auch im Hardwarebereich. Solche innovativen Entwicklungskulturen sind mit fertigungsorientierten Strukturen ebensowenig kompatibel wie mit managementorientierten Organisationen. Für neue Produkte in der LRI sind Entwicklungskonfigurationen der beschriebenen Leistungsfähigkeit unabdingbar. Nur die Kombination: einer, vor allem auch im technischen Wissen, höchst kompetenten Firmenleitung in Verbindung mit einer höchst qualifizierten und alle Ingenieurdisziplin umfassenden, systemfähigen Entwicklungsmannschaft ermöglicht solche Erfolge wie die der Hubschrauberentwickler in Ottobrunn und sichert durch laufend innovative Produkte mit höchsten Ansprüchen auf Spitzentechnologie die Zukunft. Mit den Rotoren für den PAH 2 „Tiger“ und für den zivilen Vielzweckhubschrauber EC135 sind dem genannten Team weitere überzeugende Leistungsbeweise gelungen. Der „Tiger“ ist mit seinem FEL-Rotor seinen derzeitigen Konkurrenten in den entscheidenden Einsatzbereichen überlegen, das gleiche gilt für den EC135; dieser erreicht zusätzlich mit seinem völlig lagerlosen FVW-Rotor hohe Wirtschaftlichkeit. Für die Konkurrenz war die Adaption der überlegenen Hubschraubertechnologie des Bo105 ein langwieriger, aber notwendiger Lernprozess, da auch auf Seiten der Hubschrauberbetreiber die Flugeigenschaften dieses Hubschraubers bald als optimal erkannt wurden - unser Markterfolg, obwohl Newcomer, hat dies gezeigt. Mit dem Hubschrauber Bo105 wurden neue, höchst anspruchsvolle Standards gesetzt. Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis diese auch festgeschrieben würden. Es dauerte trotzdem Jahrzehnte, bis das hohe Leistungsniveau des Bo105 zum allgemeinen Standard der Hubschraubertechnik wurde. Heute gültige Entwurfsrichtlinien für Neuhubschrauber orientieren sich an den Flugeigenschaften des Bo105, allerdings übertrifft dieser, etwa im Präzisionsflug, diese Forderungen immer noch bei weitem, denn er erreicht die überlegenen Steuereigenschaften von Starrflüglern. In der Flugmechanik wurden in dem angesprochenen Technologieschub die traditionellen Analysemethoden im Sinne einer Open-Loop-Steuerung einschließlich der, für den Präzisionsflug wichtigen mittelschnellen Steuerimpulse verfeinert. Mit dem Einzug der Elektronik auch in die Steuerungssysteme der Hubschrauber, als Stabilisierungshilfen oder auch als Autopiloten von immer höherer Komplexität und Autorität, wurden die Steuerimpulse immer kürzer, d.h. höherfrequenter und vor allem auch rückkoppelnd, im Sinne von Closed-Loop-Systemen. Um
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die sich daraus für den Hochleistungsflug ergebenden völlig neuartigen, jedoch hoch relevanten Systemeigenschaften überhaupt erfassen, um sie quantifizieren und bewerten zu können, mussten die flugmechanischen Methoden ausgebaut werden. Dabei wurde die Vorgehensweise der elektronischen Verstärkertechnik adaptiert, wobei zu den klassischen Methoden für die auch weiterhin relevanten nieder- bis mittelfrequenten, nicht rückkoppelnden Steuerbewegungen kein systematischer Bruch auftreten durfte. Die neuen Technologien, einschließlich der Methoden, sie zu erfassen, berücksichtigen eine Vielzahl höchst komplexer und vor allem systemtechnisch voneinander abhängiger Auslegungsparameter. Ihre optimale Kombination ergibt sich erst im oben beschriebenen Entwicklungsprozess. Künftige Hochleistungshubschrauber können deshalb nicht länger nach zu verwendenden Technologien und zu erreichenden primären Flugleistungen bzw. über die Abflugmasse definiert werden. Heute ist die Abflugmasse eine zentrale Auslegegröße aller Entwicklungsverträge, unbegründeterweise, denn sie hat für den praktischen Einsatz nur eine sehr sekundäre Bedeutung. Die Erfüllung aller flugmechanischer Forderungen ist entscheidend. In Zukunft werden missionsbezogene Flugeigenschaften gefordert, für die Handling Quality Ratings bestmöglichen Levels erreicht werden müssen. Daraus ergeben sich dann sowohl die optimale Konfiguration und Abflugmasse als auch am günstigsten anzuwendenden Technologien bzw. auf der anderen Seite die Kosten. Diese neue Systematik, Projekte zu definieren, bedingt auch bei den Auftraggebern weitestgehende Fachkompetenzen, wobei die mit anderen Mustern gemachten Erfahrungen in die Spezifikationen mit einfließen können. Nach dem beschriebenen Technologieschub ist auch im Bereich der Flugmechanik eine gewisse Konsolidierung eingetreten. Ein erneuter Schub ist aus verschiedenen Gründen nicht zu erwarten, der wichtigste Grund hierfür wird im Buch „Der Zukunft verpflichtet“ [1] herausgearbeitet. Es erscheint mir deshalb sinnvoll, das erreichte Wissen zu dokumentieren. Das vorliegende Buch stellt einen Beitrag dazu dar. Es diene als eine Grundlage für die Weiterentwicklung der Hubschraubertechnik, die mit Sicherheit noch ein umfangreiches Potential besitzt. Flugmechanisch weist der Hubschrauber im Vergleich zum Starrflügler typische Besonderheiten auf. Durch die Art und Weise, diese Extravaganzen sowohl technisch als auch flugmechanisch in den Griff zu bekommen, und auf Grund ihrer Komplexität entfernt sich die Hubschraubertechnik mittlerweile schon in vielen Bereichen sehr stark von der allgemeinen Flugtechnik. Mein Dank gilt vor allem Herrn Dipl.-Ing. Emil Weiland und Herrn Prof. Dipl.Ing. Volker von Tein. Ersterem für den mir gewährten profunden Einstieg in die Hubschraubertechnik und dem Zweiten für die Chance, durch Ausbau der Vorlesung Flugmechanik der Hubschrauber an der TU München dieses Buch zu verfassen. Der Leser wird feststellen, dass mit zunehmender Aktualität des behandelten Stoffes die Anglizismen zunehmen. Sich dagegen aufzulehnen wäre sinnlos. Vorschriften und Standards sind in englischer Sprache verfasst, vor allem auch von der JAA, die auch in Deutschland gültig sind. Das von staatenübergreifenden Firmen als Verkehrssprache vereinbarte Englisch ist in internationalen Programmen schon lange Usus. Zwanghafte Übersetzungen führten nur zu Verständigungsproblemen. Diese Toleranz sollte auch den Dimensionen der auftretenden
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Zahlenwerte entgegengebracht werden. Solange es z. B. in der Geographie Bogenminuten gibt, wird es auch nautische Meilen als Strecken- und Knoten als Geschwindigkeitseinheiten geben. Unsere sperrige Art, die Zeit zu messen, müsste sonst auch in Frage gestellt werden. Lediglich nicht physikalisch begründete Dimensionen wie slugs, pints, pounds, imperial galons, US galons, short und long tons, horse power und yards/feet/inches sollten ausgephast werden, wie es mit Kilopond und PS bereits geschehen ist. Eine Reihe von Angaben und Werten in diesem Buch sind Vorschriften und Veröffentlichungen entnommen. Das kann nicht davon entbinden, für die praktische Arbeit auf die Originalunterlagen zurückzugreifen, um eventuelle Übertragungsfehler folgenlos bleiben zu lassen bzw. auch um Vorgaben zu berücksichtigen, die im Rahmen der vorliegenden Darstellung nicht erwähnt wurden. Angegebene technische und flugmechanische Daten zu einzelnen Hubschraubern sollen nur Bezüge zu praktisch auftretenden Werten herstellen - schon das Fehlen von Angaben wie Weiterentwicklungsvariante der Maschine, Ermittlungsverfahren der Daten, Randbedingungen u. ä. zeigt, dass diese nur Anhaltswerte sein können. Kirchseeon, im Sommer 2001
Walter Bittner
Inhaltsverzeichnis
Verwendete Formelzeichen.........................................................................XIX
1 Evolution des Hubschraubers ...................................................................1 1.1 Die Natur hat Drehflügler, aber keine Hubschrauber hervorgebracht .......1 1.1.1 Entwicklung des Hubschraubers....................................................1 1.1.2 Periode der Tragschrauber (1919–1935) .......................................8 1.1.2.1 Erfindung und Verwirklichung des Schlaggelenkes ........8 1.1.2.2 Erfindung des Schwenkgelenkes......................................9 1.1.2.3 Unterschied zwischen Propeller (als Hubschuberzeuger) und Rotor .........................................................................9 1.2 Entstehen der ersten brauchbaren Hubschrauber.....................................10 1.2.1 Bréguet/Dorand ...........................................................................12 1.2.2 Professor Focke ...........................................................................12 1.2.3 Igor Sikorsky ...............................................................................14 1.3 Phase der Reife und Spezialisierung .......................................................15
2 Hubschraubermissionen und Markt ................................................. 19
3 Wesentliche Bauelemente der Hubschrauber ................................. 31 3.1 Übersichten..............................................................................................31 3.2 Beschreibung und Wirkungsweise des Hauptrotors ................................34 3.2.1 Blattanlenkung, Schlag- und Schwenkbewegungen ....................34 3.2.2 Kollektive und zyklische Blattverstellung ...................................37 3.2.3 Taumelscheibe, Steuermomente ..................................................37 3.2.4 Steuerelemente ............................................................................39 3.2.5 Rotorbedingte Kopplungen..........................................................40
4 Grundzüge der Leistungsrechnung.................................................. 47 4.1 Strahltheorie (Bernoulli)..........................................................................47
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Inhaltsverzeichnis
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
Der stationäre Schwebeflug.........................................................49 Reale Rotoren im Schwebeflug ...................................................50 Senkrechter Steigflug (idealer Rotor) ..........................................51 Senkrechter Sinkflug (idealer Rotor)...........................................53 4.1.4.1 Der langsame Sinkflug...................................................53 4.1.4.2 Das Wirbelringstadium (WR) ........................................53 4.1.4.3 Der schnelle Sinkflug.....................................................54 4.1.4.4 Autorotation (AR) ..........................................................54 4.1.4.5 Strahlkontraktion............................................................55 4.1.4.6 Übergang zum Flug mit Horizontalgeschwindigkeit .....55 4.2 Die Blattelementenmethode ....................................................................56 4.2.1 Ideale Verwindung ......................................................................58 4.2.2 Mittlere aerodynamische Beiwerte und Einstellwinkel ...............62 4.2.3 Reale und sonstige Effekte ..........................................................63 4.2.3.1 Ungleichförmige induzierte Geschwindigkeit................64 4.2.3.2 Blattspitzenverluste........................................................65 4.2.3.3 Trapezform, Zuspitzung.................................................66 4.2.3.4 Bodeneffekt....................................................................67 4.2.3.5 Drall, Zirkulation, dynamische Verwindung, Grenzschicht ..................................................................68 4.2.3.6 Leistungsbedarf im Schwebeflug ...................................69
5 Die Schlagbewegung der Rotorblätter ............................................. 71 5.1 Trägheitsmoment des Rotorblattes ..........................................................71 5.2 Herleitung der Schlaggleichung ..............................................................72 5.2.1 Rotoren mit zentralem Schlaggelenk...........................................72 5.2.2 Ein Blick in die Schwingungslehre..............................................73 5.2.3 Rotoren mit Schlaggelenksabstand..............................................75 5.3 Die Schlagbewegung unter Einbeziehung der Luftkräfte........................76 5.4 Der gelenklose Rotor...............................................................................78 5.5 Quantifizierung der Schlagbewegung .....................................................80 5.5.1 Die Rotoransteuerung ..................................................................81 5.5.2 Der Konuswinkel.........................................................................81 5.5.3 Die Schlagkoeffizienten ..............................................................83
6 Die Schwenkbewegung der Rotorblätter ......................................... 85 6.1 Schwenken zunächst ohne Coriolis- und Luftkräfte................................85 6.2 Die Schwenkbewegung unter Berücksichtigung der Luft- und der Corioliskräfte...........................................................................................87
7 Die höherfrequenten Rotorblattschwingungen ..................................89 7.1 Blattverformungen, das Resonanzdiagramm...........................................89
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7.2 Formänderungen des Rotorsystems, Luft- und/oder Bodenresonanz ......91 7.3 Unterdrückung von Schwingungen und Vibrationen ..............................94
8 Leistungsbedarf, Flugleistungen ...................................................... 96 8.1 8.2 8.3 8.4
Einsatzenvelope von Hubschraubern.......................................................96 Wichtige Leistungsparameter und -begriffe ............................................96 Standardbedingungen, Druckhöhe/Dichtehöhe .......................................96 Die Leistungspolare.................................................................................98 8.4.1 Schwebeflug ................................................................................98 8.4.2 Vorwärtsflug................................................................................98 8.4.2.1 Induzierte Leistung ........................................................99 8.4.2.2 Profilwiderstandsleistung.............................................101 8.4.2.3 Schädliche Leistung .....................................................101 8.4.2.3 Manöverleistung am Beispiel „Steigen" ......................102 8.4.3 Gesamtleistungsbedarf...............................................................103 8.5 Flugleistungen .......................................................................................106 8.5.1 Triebwerksleistungen.................................................................106 8.5.2 Leistungsbilanzen ......................................................................108 8.6 Höhen-/Geschwindigkeitsdiagramm, Avoid Zones...............................115 8.7 Autorotation (AR) .................................................................................117
9 Auslegung des Hauptrotors ............................................................ 121 9.1 Rotordurchmesser..................................................................................122 9.2 Blattspitzenumlaufgeschwindigkeit ......................................................123 9.3 Blattgeometrie .......................................................................................124 9.3.1 Blattflächen und -tiefen .............................................................128 9.3.2 Manövrierbarkeit .......................................................................129 9.3.3 Blattzahl.....................................................................................129 9.3.4 Trapezform, Zuspitzung ............................................................130 9.3.5 Verwindung ...............................................................................131 9.4 Profilierung............................................................................................134 9.4.1 Grenzen des maximalen Auftriebsbeiwertes, stationär..............135 9.4.2 Maximale Auftriebsbeiwerte im Bereich hoher Machzahlen ....136 9.4.3 Instationäre Auftriebsbeiwerte...................................................137 9.4.4 Der Widerstandsbeiwert, stationär und dynamisch ...................138 9.4.5 Der Momentenbeiwert stationär und dynamisch .......................138 9.4.6 Feinabstimmungen der Profilierung ..........................................141 9.5 Weitere Auslegungsparameter...............................................................143 9.5.1 Drehrichtung, Trägheitsmomente, Blattspitzen .........................143 9.5.2 Zusammenstellung aktueller Rotoren ........................................144
10 Der Hubschrauber als Gesamtsystem............................................ 147
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10.1 Die Bewegungsgleichungen ..................................................................148 10.1.1 Der allgemeine instationäre Flug...............................................148 10.1.2 Eingrenzung der Freiheitsgrade.................................................150 10.1.3 Der stationäre Flug ....................................................................151 10.1.3.1 Schwebeflug als Grenzfall sehr langsamen Vorwärtsfluges .............................................................151 10.1.3.2 Stationärer Vorwärtsflug..............................................152 10.2 Flugdynamik..........................................................................................152 10.2.1 Linearisierter Ansatz für die Luftkräfte .....................................153 10.2.2 Die Bewegungsgleichungen für kleine Störungen.....................154 10.2.3 Flugdynamische Eigenschaften .................................................156 10.2.3.1 Ermittlung der Eigenwerte ...........................................156 10.2.3.2 Laplace-Transformation der Bewegungsgleichungen..160 10.2.3.3 Dynamikmatrix, charakteristische Gleichung ..............160 10.2.3.4 Stabilitätskriterien ........................................................161 10.2.3.5 Typische Eigenwerte eines Beispiel-Hubschraubers....165 10.2.4 Inverse Bestimmung der Derivativa, Übertragungsfunktionen .170 10.2.4.1 System- oder Parameter-Identfikation .........................172 10.2.4.2 Multidimensionale Vorgehensweise der Flugregelung 172
11 Flugtechnische Stabilitäten ............................................................. 174 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8
Die statische Längsstabilität ..................................................................174 Die Anstellwinkelstabilität ....................................................................175 Richtungsstabilität, Spiralbewegung .....................................................175 Das laterale Gleichgewicht....................................................................176 Dynamische Stabilität............................................................................177 Mindestforderungen bezüglich der Stabilitäten.....................................178 Künstliche Stabilität, Flugregelung .......................................................178 Kopplungen ........................................................................................... 181
12 Steuerbarkeit ..................................................................................... 187 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5
Steuerbarkeitsforderungen an Zivilhubschrauber..................................188 Zeitkonstante, Steuerempfindlichkeit, -wirksamkeit .............................188 Rating Scales .........................................................................................191 Normpilotenmodell ...............................................................................192 Das Steuerbarkeitsdiagramm.................................................................192 12.5.1 Langsame Steuereingaben .........................................................193 12.5.2 Ursprüngliche Forderungen .......................................................193 12.5.3 Neufassung der Steuerbarkeitsforderungen ...............................195 12.6 Höherfrequente Ansteuerungen/Reaktionen..........................................198 12.6.1 Dynamische Stabilitätskriterien mittelschneller Reaktionsbewegungen ...............................................................198 12.6.1.1 Die Nickbewegung.......................................................199 12.6.1.2 Die Rollbewegung........................................................200
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12.6.2 Sekundärreaktionen ...................................................................201 12.6.3 Hochfrequente rückkoppelnde Steuerbewegungen kleiner Amplituden ................................................................................202 12.6.3.1 Grundlagen...................................................................203 12.6.3.2 Geforderte Systemeigenschaften..................................206 12.6.3.3 Ergebnisse aus der Flugerprobung ...............................210 12.6.3.4 Vergleichende Darstellung von Messergebnissen........211 12.7 Flugerprobung unter Berücksichtigung der neuen Kriterien ................. 213
13 Spiegelung des Aeronautical Design Standard 33 an Projekten. 214 13.1 Nachweisbedingungen...........................................................................215 13.1.1 Zuordnung der Leistungskategorien zu den MTE .....................215 13.1.2 Sichtverhältnisse, G/DVE..........................................................217 13.1.3 Hilfen zur Wahrnehmung der Umgebung, UCE........................217 13.1.4 Einsatzenvelope (Operational Flight Envelope, OFE)...............218 13.1.5 Geteilte Aufmerksamkeit (Divided Attention Operation, DAO)219 13.1.6 Ausfälle .....................................................................................219 13.2 Die neue Systematik in der Praxis.........................................................220 13.2.1 Definitionen und Generelles ......................................................221 13.2.2 Quantitative Kriterien ................................................................222 13.2.3 Hochfrequente Steuerbarkeit der UH-60A Black Hawk............224 13.3 Flugversuchsmanöver............................................................................225 13.3.1 Flugversuchsmanöver für Transporthubschrauber ....................225 13.3.2 Definition der Versuchsbedingungen und -manöver .................226 13.3.3 Auswertung der Messkampagnen..............................................229
14 Ausblick ............................................................................................. 231
Literatur................................................................................................... 233
Bildnachweis .......................................................................................... 234
Stichwortverzeichnis ............................................................................. 235
Verwendete Formelzeichen
a a a* a0 a 1, b 1 A An B B bC BWgain BWphase c ca ca,max cA cd0 cd0 = δ
m m ° ° N div. m/sec² rad/sec rad/sec m -
cm cP cQ cQ0 cQi cT cw cWi cWP cWR
-
dA dZ dP dm dM dϑ0;L;Q;HeRo
N N N kg Nm
D D
m Nmsec/°
Steigung der aufgelösten Polaren Schlaggelenksabstand fiktiver Schlaggelenksabstand Konuswinkel Schlagkoeffizienten Luftkraft Faktoren der Frequenzgleichung Blattspitzenverlust Position des Schlaggelenkes Coriolisbeschleunigung Bandbreite aus der Amplitudenverstärkung Bandbreite aus der Phasenverschiebung Blatttiefe (ggf. mittlere) Profilauftriebsbeiwert maximal möglicher Profilauftriebsbeiwert mittlerer aerodynamischer Auftriebsbeiwert mittlerer Widerstandsbeiwert Rotor mittlerer Widerstandsbeiwert angenäherter Polaren Profilmomentenbeiwert Powerbeiwert Torquebeiwert Torquebeiwert aus dem Profilwiderstand Torquebeiwert induziert Thrustbeiwert Profilwiderstandsbeiwert Beiwert des induzierten Widerstandes Profilwiderstandsbeiwert mittlerer Widerstandsbeiwert des Gesamt-HS bezogen auf F differenzielle Luftkraft differenzielle Zentrifugalkraft differenzielle Trägheitskraft Massenelement differenzielles Luftkraftmoment Differenzielle Steuerwinkel: kollektiv, längs, quer, Heckrotor Rotordurchmesser Schwenkdämpfung
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Verwendete Formelzeichen
e E F F0,1,2 fs G G/F GAbfl GLeer Gmax GNutz GZul IB IDreh IΕ
m m² m² m² N N/m² N N N N N kgm² kgm² kgm²
k kδ kF kF kz l L & m mS mSE M Maerodyn MD MF MP MTr Mz n N NR NRo,0 NRotor,ideal NT0 p p 0, p ∞ p1 p 1/ P PC q q r, dr
Nm/° Nm/° m Nm kg/sec kgm kgm Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm 1/sec Nm W W W W °/sec N/m² N/m² N/m² N N °/sec m
Schwenkgelenksabstand, Exzentrizität Position des (ggf. fiktiven) Schwenkgelenkes Rotorkreisfläche; Blattquerschnittsfläche Flächen des Stromfaden in den Ebenen 0, 1, 2 schädliche Widerstandsfläche Abfluggewicht Kreisflächenbelastung Abfluggewicht Leergewicht maximales Abfluggewicht Nutzlast Zuladung Massenträgheitsmoment des Schlagblattes Massenträgheitsmoment des Rotors Massenträgheitsmoment um das Schwenkgelenk Dämpfungsfaktor Federkonstante des Schwenkdämpfers Federkonstante für Biegung Katzenbergerfaktor Schubbeiwert Länge des profilieren Blattes axiales Rollmoment Luftmassenstrom Massenmoment Massenmoment in Schwenkrichtung axiales Nickmoment Luftkraftmoment Dämpfermoment Federmoment Moment aus der Massenkraft Moment aus der Massenträgheit Moment aus der Zentrifugalkraft Rotornenndrehzahl axiales Giermoment Rotorleistungsbedarf Rotorleistungsbedarf im Schwebeflug Rotorleistungsbedarf ohne Verluste Bezugstriebwerksleistung Rollgeschwindigkeit Umgebungsdruck Druck unmittelbar oberhalb des Rotors Druck unmittelbar unterhalb des Rotors Trägheitskraft Corioliskraft Nickgeschwindigkeit Logarithmisches Dekrement laufender Rotorradius, Radiuselement
Verwendete Formelzeichen
R r RD S si S* SL t t0,63 tAR tD tH T T0
m °/sec N N sec sec sec sec sec sec °K
Tip als Index: u U v V, v
m/s m/sec m/s m/sec
V* v0 v1
m/sec m/sec m/sec
v2 vi vi (x, oder r) vi0 vr Vres vt
m/sec m/sec m/sec m/sec m/sec m/sec m/sec
vz Vz w x = r/R x X y Y z z Z Z zp zσ
m/sec m/sec m/s m N m N m N N m m
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Rotorradius Giergeschwindigkeit Routhsche Diskriminante Rotorschub Eigenwerte Zuschlag zum Schubbedarf Sea Level Zeitvariable Zeitkonstante Zeit als Maßzahl für AR Doppelwertszeit Halbwertszeit Schwingungsdauer, Periode; Tangentialkraft Temperatur bei Abgabe der Bezugstriebwerksleistung an der Rotorblattspitze axiale Vorwärtsgeschwindigkeit Blattspitzenumlaufgeschwindigkeit axiale Seitwärtsgeschwindigkeit Fluggeschwindigkeit bzw. Anströmgeschwindigkeit örtliche Anströmgeschwindigkeit Anströmgeschwindigkeit in der Ebene „Null“ Durchströmgeschwindigkeit in der Ebene „Eins“, Rotorebene Abströmgeschwindigkeit in der Ebene „Zwei“ induzierte Geschwindigkeit Verteilung der induzierten Geschwindigkeit induzierte Geschwindigkeit im Schwebeflug Relativgeschwindigkeit resultierende Anströmgeschwindigkeit Tangentialanströmungsgeschwindigkeit am Blattelement senkrechte Fluggeschwindigkeit Σvi+vz axiale Normalgeschwindigkeit dimensionsloser Rotorradius axiale Längsrichtung axiale Längskraft axiale Querrichtung axiale Seitenkraft axiale Normalrichtung Blattzahl Zentrifugalkraft axiale Normalkraft Druckhöhe Dichtehöhe
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Verwendete Formelzeichen
α αAnstr αgeom α β, β0
° ° ° ° °
γ γ Λ δ, δ0 δ3 ∆NH ∆NT
° ° ° -
ζ ζkrit ηe η Φ Φ ϑ0,7;s;c ϑBlatt Θ Θ Θ,Θ0,1,2 µ ρB σ τ
− ° ° ° ° ° ° ° kg/m³ sec
τP ϕ ω ω/
sec 1/sec 1/sec
ω0 ω1 ωBWgain ωBWphase ωm ωn
1/sec 1/sec rad/sec rad/sec 1/sec 1/sec
ωnδ ψ Ψ Ω
1/sec ° ° Hz
aerodynamisch wirksamer Anstellwinkel Anströmwinkel geometrischer Anstellwinkel mittlere aerodynamische Anstellung Schlagwinkel (Index „null“: Mittellage, Konuswinkel) Lockzahl Steigwinkel Flügelstreckung Schwenkwinkel (Index „null“: Mittellage) Rücksteuerungswinkel Höhenabhängigkeit der Triebwerksleistung Temperaturabhängigkeit der Triebwerksleistung relative Dämpfung kritisches Dämpfungsmaß Einbauwirkungsgrad von Triebwerken Wirkungsgrad, Schwebegüte axiale Hängewinkel induzierter Winkel Trimmwinkel Blattansteuerungswinkel axiale Nickwinkel Steuerwinkel, geometrischer Anstellwinkel Ansteuerungswinkel Fortschrittsgrad mittlere Blattdichte Flächendichte; Luftdichteverhältnis Verzögerung der Reaktion auf eine Steuereingabe Phase Delay Luftdruckverhältnis Drehfrequenz; Eigenfrequenz Schlageigenfrequenz der gedämpften Schwingung Nullfrequenz Schlageigenfrequenz des gelenklosen Rotors Grenzfrequenz Amplitudenverstärkung Grenzfrequenz Phasenverschiebung Dämpfungsparameter Schlageigenfrequenz der ungedämpften Schwingung Schwenkeigenfrequenz Umlaufwinkel axiale Gierwinkel Rotordrehfrequenz
1 Evolution des Hubschraubers
1.1 Die Natur hat Drehflügler, aber keine Hubschrauber hervorgebracht Darstellungen historischer Entwicklungen bieten immer einen guten Einstieg in technische Problemkreise. Der Lernprozess der frühen Erfinder ist gleich dem des heutigen Interessenten. Für den Hubschrauber (HS) gibt es keine natürlichen Vorbilder; u.a. diese Tatsache hat dessen Entwicklung stark verzögert. Aus der Natur kennen wir lediglich antriebs- und steuerungslos autorotierende Drehflügler. Sie nutzen die ihnen mitgegebene potentielle Energie, um durch eine Art Segelflug auch horizontale Strecken zu erfliegen. Doch fehlen ihnen zwei entscheidende Komponenten: Die Natur hat die Maschinenelemente Welle/Nabe oder auch Achse/Nabe nicht entwickelt. Diese Baugruppen sind für den Hubschrauber unabdingbar, weil ohne sie der Pilot und die Nutzlast mit dem Flügel rotieren müssten. Erst nach der Erfindung des Rades war das Prinzip Achse/Nabe bekannt. Der Kolibri und die Libelle werden oft als natürlicher Hubschrauber gesehen, weil beide den Schwebeflug beherrschen, sogar rückwärts fliegen können und mit ihren Flügeln Kreisflächen bestreichen. Dabei müssen aber beide ihre Flügel nach vorn und wieder zurück bewegen! Sie sind damit nicht einmal Drehflügler. Erschwerend zu dem Mangel an natürlichen Vorbildern kam hinzu, dass viele Problemkreise in ihrer vollen Tiefe erst erkannt werden konnten, als man begann, sich mit solchem Fluggerät intensiver zu befassen. Dabei handelt es sich vor allem um Probleme der Dynamik und der Flugmechanik. 1.1.1 Entwicklung des Hubschraubers Erste Ansätze, den Luftraum zu erobern, findet man in China bereits vor unserer Zeitrechnung. Dort war man mit einem Gerät, das wir heute als Kinderdrachen bezeichnen würden, der restlichen Welt flugtechnisch weit voraus. Es wurden damit angeblich bereits Personen und Lasten in die Luft gehoben. In diese Zeit fällt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Erfindung des „chinesischen Luftkreisels“, eines Spielzeugs, das auch bei uns mindestens seit dem 14. Jahrhundert bekannt ist, wie Bild 1.1 oben rechts zeigt und das auch heute noch hergestellt wird, freilich entsprechend den modernen Möglichkeiten verbes-
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1 Evolution des Hubschraubers
Bild 1.1 Flämische Illustration von 1325
sert. Es handelte sich um ein rotorähnliches Gebilde aus angestellten Vogelfedern. Wenn es in Drehung versetzt wurde, konnte es, ähnlich einem Hubschrauber, senkrecht in die Luft aufsteigen. Leonardo da Vinci (1452–1519) baut erstaunlicherweise nicht auf dem Prinzip des Luftkreisels auf, als er sich im 15. Jahrhundert mit dem Hubschrauberprinzip beschäftigt. Vielleicht verhalfen seine Kenntnisse über die Funktion der archimedischen Wasserschraube, damals schon seit langer Zeit bei der Wasserförderung im praktischen Einsatz, dem Universalgenie zu der Erkenntnis, dass eine wendelförmige Fläche an einem vertikalen Mast, mit ausreichender Geschwindigkeit in Umdrehung versetzt, imstande sein müsste, durch Beschleunigen von Luft nach unten eine Last vom Boden zu heben und in der Luft zu halten. Dass dazu die Luftdichte ausreichen müsste, hatte er aus der Bewegung von Blättern im Wind gefolgert. Leonardo hielt seine Überlegungen zum Hubschrauber-Prinzip auf der bekannten Skizze fest, Bild 1.2. Sie zeigt eine Wendelschraube mit senkrechter Achse und einer Plattform als Basis. Eine darauf stehende Person sollte die Luftschraube antreiben. Das Problem des Drehmomentenausgleiches wurde von Leonardo da Vinci nicht gelöst. Der gesamte Problemkreis der Flugsteuerung lag noch außerhalb seiner Betrachtungen. Der von ihm vorgesehene Motor Mensch ist zum Antrieb eines solchen Fluggerätes nicht leistungsfähig genug.
1.1 Die Natur hat Drehflügler, aber keine Hubschrauber hervorgebracht
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Bild 1.2 Leonardo da Vincis „Helikopter“
Leonardo da Vinci gilt als der Vater des Hubschraubers, auf ihn geht der Wortstamm für den Begriff „Helikopter“ („helix“ = Spirale, „pteron“ = Flügel) zurück, obwohl diese Bezeichnung schon nicht auf die damalige und erst recht nicht auf die heutigen Konfigurationen zutrifft; er wird trotzdem im Englischen benutzt. Stellvertretend für die Vielzahl der aus den 18. und 19. Jahrhunderten bekannten hubschrauberähnlichen Fluggeräte sollen nur einige der wesentlichen Erfindernamen genannt werden: Michail Lomonossow (1711–1765, nach ihm ist die Moskauer Universität benannt), Bau eines Hubschraubermodells mit koaxialen Rotoren zur Erforschung der Atmosphäre. 1861 erhält Gustave de Ponton d‘Amecourt ein Patent auf ein koaxiales Rotorenkonzept. Beiden war offensichtlich die Notwendigkeit des Drehmomentenausgleichs bewusst. Sie erfüllten diese durch Einbau zweier gegenläufiger Hauptrotoren. Im Jahre 1874 skizzieren Fritz und Wilhelm von Achenbach einen Hubschrauber mit Haupt- und Heckrotor, Bild 1.3. Als Antrieb sollte eine Dampfmaschine dienen.
Bild 1.3 Heutige „Standard-HS-Konfiguration“
Um 1890 unternimmt Wilhelm Kress Messungen an einem Fluggerät mit Koaxialrotoren. Er ermittelte den Zusammenhang von Rotordurchmesser, Leistung und Auftrieb. Schon sehr früh war also erkannt, dass und wie das Rotordrehmoment auszugleichen ist. Die Gebrüder von Achenbach schlugen sogar schon die heute gebräuchlichste Hubschrauberkonfiguration vor. Sicher wurde auch festgestellt, dass kein geeigneter Antrieb zur Verfügung stand, die bekannte Dampfmaschine hatte keine ausreichende Leistungsdichte. Befruchtend und anspornend wirkten die sonstigen Fortschritte der Flugtechnik. Sie erbrachten Erkenntnisse, die auch dem Hubschrauber von hohem Nutzen waren.
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1 Evolution des Hubschraubers
In den Jahren 1891–1896 absolvierte Otto Lilienthal mehr als 2000 Gleitflüge. Lilienthal könnte somit als der Vater des Segelfluges betrachtet werden. Mit Sicherheit ist er der Vater des Drachenfluges. Er hat im Rahmen der Entwicklung seiner mit Gewichtsverlagerung gesteuerten Gleitapparate als erster nachweislich Profilpolaren vermessen: ein Diagramm zentraler Bedeutung für die gesamte Flugtechnik. Seine Flugapparate hat er bereits vermarktet. Die späteren Erfinder der ersten motorisierten Flugzeuge haben von seinen Gleitflügen profitiert. Die heutigen Flugdrachen stellen wohl das dar, was sich Lilienthal in seinen kühnsten Träumen erhofft hatte. Oft unerwähnt bleibt folgender entscheidender Beitrag zur Luftfahrttechnik: Zur Jahrhundertwende hatte der Verbrennungsmotor, 1862 von F. A. Otto erfunden und erstmalig 1876 verwirklicht, seine Einsatzreife und eine für die Verwendung in der Luftfahrt ausreichende Leistungsdichte erlangt. Erst damit war der Weg frei für den Bau leistungsfähiger Fluggeräte, ob Drehflügler, Starrflügler oder Luftschiff. Ursprüngliche HS-Enthusiasten wandten sich einfacheren Aufgaben zu: Dayton, Ohio 15. Januar 1909 „Wie alle Neulinge begannen wir mit dem Hubschrauber, sahen aber bald ein, dass Hubschrauber einfach keine Zukunft haben und ließen daher das Projekt fallen. Der Hubschrauber vermag nur mit größter Anstrengung das zu tun, was ein Ballon ohne Mühe schafft, und er ist keinesfalls besser als der Ballon zum schnellen horizontalen Flug geeignet. Wenn sein Triebwerk ausfällt stürzt er mit tödlicher Wucht ab, denn er kann weder schweben wie ein Ballon, noch wie ein Flugzeug gleiten. Hubschrauber sind viel leichter zu konstruieren als Flugzeuge. Ist die Konstruktion jedoch gelungen, ist sie nutzlos.“ Wilbur Wright Die Gebrüder Wilbur und Orville Wright bauten einen Starrflügler, mit dem sie 1903 erstmals flogen. Dieser Erfolg war nur möglich, da sie sehr zielstrebig, ingenieurmäßig und öffentlichkeitswirksam vorgingen. Über Gleitflüge und Windkanalversuche kamen sie zu ihrem Wright Flyer, dem ersten bekannt gewordenen bemannten, gesteuerten und motorisierten Fluggerät der Menschheit. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kannten die Gebrüder Wright Gustav Weißkopf, der sich, nach Amerika ausgewandert, dort Whitehead nannte. Über ihn liegen Informationen vor, wonach er schon vorher ein ebenso lufttüchtiges Flugzeug gebaut und 1901 erstmals geflogen habe. Leider geschah dies nicht öffentlichkeitswirksam und auch deshalb unzureichend dokumentiert. Am 18.8.1903, also ein halbes Jahr vor den Wrights, flog Karl Jatho bei Hannover erstmalig mit seinem Dreidecker und im November mit einem Doppeldecker. Für beide Flüge gibt es Zeugenaussagen. Jatho scheiterte an den Kosten, vor allem für die Motorisierung seiner Flugzeuge. Der Wright Flyer war jedoch allen anderen bekannten Fluggeräten dieser Zeit objektiv weit voraus. Obwohl flugmechanisch instabil, war er dank seiner sehr guten Steuerbarkeit gut fliegbar. Mit ihm begann explosionsartig die ingenieurmäßige Weiterentwicklung der Fluggeräte schwerer als Luft. Solche Geräte sind in allen Einzelteilen schwerer als Luft, sie nutzen zum Flug die Aerodynamik.
1.1 Die Natur hat Drehflügler, aber keine Hubschrauber hervorgebracht
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Am Anfang des 20. Jahrhunderts folgte eine Flut von Rekorden durch ständige Leistungssteigerungen (Geschwindigkeit, Flugdauer, Flughöhe, Blindflug) und der Entwicklung eines breiten Anwendungsspektrums (zivil und militärisch). Wichtige Meilensteine waren: 1919: erste Atlantiküberquerung durch Alcock und Brown, 1927: erste Atlantiküberquerung im Alleinflug durch Charles Lindberg, 1939: erstes Flugzeug mit Strahlantrieb, die He 178, mit einem TL-Triebwerk von Pabst von Ohain. Konstrukteur war E. Heinkel. Der Schwebeflug war schon früher bekannt, nämlich mit Fluggeräten leichter als Luft. Sie bestehen größtenteils aus Bauteilen, die schwerer sind als Luft. Durch Integration von Elementen leichter als Luft entsteht ein Gerät, das in der Summe leichter ist als Luft, also aerostatisch fliegt. Das dazu erforderliche Material für Fluggeräte leichter als Luft war schon sehr früh vorhanden, nämlich: • Papier, Seide, leichte Stoffe, • warme und deshalb aufsteigende Luft (Die glühende Asche eines Feuers steigt sichtbar auf!). Aus diesem Grunde ist es erstaunlich, warum es so lange dauerte, bis der Heißluftballon und, auf dieser Erfahrung aufbauend, der Gasballon erfunden wurde: 1783: Heißluftballon der Gebrüder Montgolfier, 1783: Gasballon von Prof. Charles, 1852: luftschiffähnlicher Ballon des Franzosen Henri Giffard mit einer Dampfmaschinenantrieb des Propellers. N = 2,2 kW, v = 8 km/h, R = 30 km. 1900–1930: weltweiter Einsatz von Luftschiffen, als Zeppeline bezeichnet, in regelmäßigem Luftverkehr. In Form von Höhenballons, Sportballons und selten als kommerzielle Luftschiffe sind solche Geräte auch heute noch im Einsatz. Die technischen Grenzen dieser „Aerostaten“ sind eng gezogen. Weitaus leistungsfähigere Fluggeräte, darunter die Hubschrauber, haben deshalb die Fluggeräte leichter als Luft an Bedeutung schnell überholt. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts konnte also schon recht zuverlässig geflogen werden, selbst der Schwebeflug war bekannt. Die Notwendigkeit, einen Hubschrauber zu bauen, war deshalb sicher kaum zu begründen. Dazu kam erschwerend die Komplexität des Systems, in Bezug auf Konstruktion und Festigkeit, mit seiner multidimensionalen Dynamik. Trotzdem befassten sich in fast allen entwickelten Ländern Erfinder mit Fluggeräten, die man heute als Vorläufer der Hubschrauber betrachten kann. 1907: Gyroplane Nr.1 der Gebrüder Bréguet in Zusammenarbeit mit Professor Richet: mit vier gegenläufigen Rotoren, 45-PS-Benzinmotor, 580 kg Abflugmasse. Aber nicht steuerbar! Tandem-HS von Paul Cornu (Frankreich): mit zwei Rotoren, gegenläufig an Auslegern hintereinander, mit ca. 20 m langen Riemen angetrieben, 24-PSAntoinette-Motor, 260 kg, nicht steuerbar. Erstes Abheben eines Hubschraubers.
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1 Evolution des Hubschraubers
1916: Jakob Christian Ellehammer (Dänemark) baute einen Hubschrauber mit koaxialen Rotoren, mit kollektiver und zyklischer Blattverstellung (der Italiener Crocco hatte dies 1906 vorgeschlagen). Ellehammer ist damit der Erfinder der heute allgemein üblichen Rotoransteuerung! Dabei bedeutet kollektive Ansteuerung, dass bei allen Rotorblättern der Anstellwinkel gleichsinnig um den gleichen Betrag verändert wird. Sie bewirkt Schubänderungen. Die zyklischen Ansteuerungen verändern den Blattanstellwinkel über dem Umlauf entsprechend einer sin- bzw. cos-Funktion des Umlaufwinkels. Damit werden die Nick- und Rollbewegungen gesteuert. Ellehammers Fluggerät hat sich allerdings schon am Boden zerlegt. 1918: Die Ungarn Stefan von Petroczy, Theodore von Kámán, Asboth und Wilhelm Zurovec testeten erfolgreich eine gefesselte Spähplattform (als Alternative zu den damals üblichen Fesselballons, die im Ersten Weltkrieg stellenweise eingesetzt wurden). Merkmale: koaxialer Rotor, drei Motoren mit je 120 PS Leistungsabgabe. Mit diesem Gerät wurde ein Mann 50 m hoch in die Luft gehoben. Zu praktischen Einsätzen kam es nicht. 1919/22: Henry A. Berliner konstruierte in den USA einen HS mit koaxialen Rotoren und experimentierte mit Hubschraubern mit Rotoren in SbS (Side by Side)-Anordnung. Mit beiden unternahm er freie Schwebeflüge von kurzer Dauer.
Bild 1.4 4-koaxial-4-Blatt-Rotor-HS von Pescara
1923/1924: Der in Argentinien geborene Marquis Paul Pateras Pescara erzielte mit seinem dritten HS-Projekt, mit vier koaxialen Rotoren mit je vier Blättern (Bild 1.4) einen überlegenen Fortschritt gegenüber allen bis dahin gebauten Geräten. Die Steueror-
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gane für kollektive und zyklische Blattverstellung funktionierten. Bei Motorausfall konnte dieser HS schon autorotieren und blieb steuerbar. 1924 flog er ca. 700 m weit („fliegender Totempfahl“). 1923: Dr. George de Bothezat flog in den USA einen HS mit vier Rotoren auf Auslegern und zwei zusätzlichen kleineren Steuerrotoren. Merkmale dieses damals größten HS der Welt: 220 PS, 1600 kg Abflugmasse, Pilot und Passagiere. 1924: Etienne Oemichen, ein aus der französischen Automobilindustrie kommender Ingenieur, baute einen Hubschrauber, der von den damaligen Zeitgenossen als eine „Ansammlung von Windmühlen“ bezeichnet wurde. Merkmale: vier Hauptrotoren (verstellbar), fünf Propeller zur Stabilisierung, zwei Propeller zum Vortrieb, ein Propeller zur Steuerung, 180-PS-Gnôme-Motor. Obwohl er mit diesem außerordentlich komplizierten Gerät den ersten offiziell anerkannten „Weltrekord“ für Hubschrauber flog (Reichweite 525 m), muss dieser Weg als eine technische Sackgasse eingestuft werden. Das gleiche gilt für die Geräte von Bothezat und Pescara. 1925-1930: Die heute gebräuchliche Rotoranordnung mit je einem Haupt- und Heckrotor versuchte der Holländer A. G. von Baumhauer zu realisieren, wobei er den Hauptrotor, der ca. 15 m Durchmesser hatte, mit einem 200-PS-Motor antrieb. Für den Antrieb des Heckrotors verwendete er einen eigenen Motor mit 80 PS. Der Erstflug fand 1930 statt. Nach dem Bruch eines Hauptrotorblattes wurden die Versuche nicht mehr fortgeführt, obwohl dieses Gerät sehr nahe an der heutigen Standardkonfiguration war. 1930: Nicholas Florine erprobte in Belgien relativ erfolgreich einen HS mit TandemRotoranordnung. Dieser HS, der zwei Vierblattrotoren von 7,2 m Durchmesser hatte, ca. 950 kg wog und von einem 220-PS-Hispano-Suiza-Motor angetrieben wurde, erlaubte Schwebeflüge von bis zu zehn Minuten. Der von d'Ascanio konstruierte HS mit koaxialen Rotoren und drei verstellbaren Zusatzpropellern stellte mit seinen „Weltrekorden“ den Maßstab für die damalige Zeit dar, seine Flugleistungen: Streckenflug: 1078 m, Flughöhe: 18 m, Flugdauer: 9 min. 1932: Unter der Leitung von Jurjew wurde in der Sowjetunion ein Hubschrauber mit einem Hauptrotor und je zwei Steuerrotoren am Bug und am Heck entwickelt. Dieser Hubschrauber hatte bei 1200 kg Abflugmasse zwei Motoren mit je 120 PS Leistung und ermöglichte angeblich relativ erfolgreiche Schwebeflüge. 1930-1935: Zu erwähnen ist noch, dass von Asboth in Ungarn und Rieseler in Deutschland mit Hubschraubern mit koaxialen Rotoren experimentierten, bei denen die Steuerbarkeit mit Leitwerken im Rotorabwind verbessert werden sollte. Die Abbrüche all dieser Projekte waren Folge der noch nicht beherrschten Komplexität des Systems Hubschrauber. Auf die Problematik der Flugeigenschaf-
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1 Evolution des Hubschraubers
ten war noch keiner gestoßen. Bedauerlicherweise wurden auch ausgesprochene Irrwege beschritten. 1.1.2 Periode der Tragschrauber (1919–1935) Obwohl der Spanier Juan de la Cierva keinen Hubschrauber im Sinn hatte, leistete er bei der Entwicklung seiner Tragschrauber (Autogiro, Bild 1.5) entscheidende Beiträge zur Verwirklichung des Hubschraubers. Die ihm gestellte Aufgabe forderte ein überziehsicheres Flugzeug.
Bild 1.5 Tragschrauber
Beim Tragschrauber handelt es sich um ein Fluggerät, bei dem der Vortrieb durch einen Propeller und der Auftrieb durch einen Drehflügel in Segelstellung erzeugt wird. Ein derartiges Fluggerät benötigt nur extrem kurze Start- und Landestrecken in Kombination mit der Fähigkeit, sehr langsam fliegen zu können. VTOL (Vertical Take Off and Landing) ist jedoch nicht möglich. Die Tragschraube (der Drehflügel) wird nur vom Fahrtwind in Eigendrehung (Autorotation) versetzt. Damit entfällt das Problem des Drehmomentenausgleichs, mit dem die Ingenieure beim Hubschrauber zu kämpfen hatten. 1.1.2.1 Erfindung und Verwirklichung des Schlaggelenkes De La Cierva erreichte mit seinen Tragschraubern schon relativ hohe Fluggeschwindigkeiten. Dadurch wurde er erstmalig mit den Auswirkungen, der asymmetrischen Rotoranströmung konfrontiert, die bei allen Drehflüglern im Vorwärts-
Bild 1.6 Anströmung der Rotorblattelemente
1.1 Die Natur hat Drehflügler, aber keine Hubschrauber hervorgebracht
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flug auftreten. Am vorlaufenden Blatt addieren sich Umlauf- und Fluggeschwindigkeit, am rücklaufenden Blatt subtrahieren sie sich, Bild 1.6. Der Drehflügel hat dadurch im Vorwärtsflug am vorlaufenden Blatt ein höheres Auftriebspotential als am rücklaufenden Blatt. Ein Drehflügler mit starr an der Nabe angelenkten Blättern (d.h. einem Propeller) hat demzufolge die starke Tendenz, bei Vorwärtsbewegung um die Längsachse zu rollen. Diesem Verhalten kann bei niedrigen Fluggeschwindigkeiten noch gegengesteuert werden; mit zunehmender Geschwindigkeit endet diese Möglichkeit jedoch sehr schnell am Anschlag des baulich begrenzten Steuerbereiches. De la Cierva griff 1922 die Idee auf, die Blätter nicht starr, sondern gelenkig an der Nabe zu befestigen. Dieses Konzept war im Deutschen Reichspatent Nr. 249702 aus dem Jahre 1912 von Max Bartha und Dr. Josef Madzsar im Zusammenhang mit der Kopfkippsteuerung für einen koaxialen Rotor patentiert worden. Durch diese sogenannten Schlaggelenke der Rotorblätter können keine Biegemomente mehr auf die Nabe übertragen werden. Die Blätter reagieren auf die von der ungleichförmigen Anströmung verursachten Unsymetrie der Luftkräfte mit einer, durch die Gelenke ermöglichte, freie Schlagbewegung. Diese verläuft senkrecht zur Rotorebene. 1.1.2.2 Erfindung des Schwenkgelenkes Mit Einführung der Schlaggelenke erfuhren die Blätter während des Umlaufes neben den wechselnden Luftkräften auch Corioliskräfte in der Rotorebene, die zu Materialermüdungen an den Blättern führten. Um dies zu vermeiden, wurde ein zusätzliches Gelenk in die Blattwurzel eingebaut, das Schwenkgelenk. Die Schwenkbewegung liegt in der Rotorebene. 1.1.2.3 Unterschied zwischen Propeller (als Hubschuberzeuger) und Rotor Propellerblätter sind steif gegen jede Biegung. Die Rotorblätter besitzen Schlagund Schwenkgelenke, sind also momentenfrei an der zentralen Nabe angelenkt. Bei modernen gelenklosen Rotoren sind die Gelenke in der Form biegeweicher Blatthälse ausgeführt. Der bauliche Unterschied zwischen Propeller und Rotor hat entscheidende Auswirkungen auf die Dynamik, die Steuerung und die Flugmechanik des Hubschraubers. Änderungen der an aerodynamischen Profilen Luftkräfte erzeugenden Parameter Anströmgeschwindigkeit und/oder Anstellwinkel bewirken entsprechende Änderungen der Luftkräfte am Drehflügel. Propellerblätter geben unmittelbar in der Umlaufposition veränderten Schubes das resultierende Biegemoment aus den Luftkräften multipliziert mit dem Abstand zum Blattanschluss an die zentrale Nabe weiter und damit ein Kräftemoment auf das gesamte Fluggerät. Ein Rotorblatt erfährt zwar ebenfalls die erhöhte Kraftwirkung an gleicher Stelle des Umlaufes, die Folgen sind jedoch von Grund auf andere: Die Kräfte können durch die eingeführten Gelenke nicht als Biegemomente auf die Nabe übertragen werden. Sie bewirken statt dessen Beschleunigungen des Blattes in Richtung der Kräfte und damit Auslenkungen.
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1 Evolution des Hubschraubers
In dem aus der Rotordrehung vorhandenen radialen Zentrifugalkraftfeld verhält sich das Blatt damit wie ein angestoßenes Pendel. Dem entsprechend sind Ursache (Kraft) und Wirkung (Auslenkung) um einen Phasenwinkel verschoben. Beim idealen Pendel beträgt der Phasenwinkel 90°. Eingesteuerter Zusatzschub am vorlaufenden Blatt, d.h. beim Umlaufwinkel ψ = 90° (die Umlaufposition ψ = 0° ist definiert bei nach hinten stehendem Blatt, s. Bild3.5), erzeugt eine maximale Blattauslenkung nach oben erst entsprechend später im Umlauf, nämlich bei ψ = 180°, d.h. sie erfolgt über der Hubschraubernase. Für die übergeordnete Baugruppe, den Rotor, bedeutet dies: Die Blattspitzenkreisfläche des Rotors wird dadurch nach hinten gekippt. Da der Rotorschubvektor immer nahezu senkrecht und mittig auf der Blattspitzenkreisfläche steht, wird der Schubvektor mit geneigt, nach Winkel und Richtung gezielt. Seine Wirklinie verläuft jetzt nicht mehr durch den HS-Schwerpunkt. Über den so entstehenden Hebelarm wirkt der Schub jetzt auch als Moment auf die Gesamtmaschine. Dieses Moment dient zur Steuerung der Hubschrauberbewegungen. Der grundlegende Unterschied der Steuerwirkungen eines Propellers zu denen eines Rotors ist neben der verlängerten Reaktionszeit vor allem die Phasenverschiebung. Eine Schubänderung am vorlaufenden Blatt, also bei ψ = 90°, erzeugt: • beim Propeller ein Rollmoment, • beim Rotor ein Nickmoment. Ein Aufdrehen der Blätter bei ψ = 180° erzeugt: • beim Propeller ein Nickmoment, • beim Rotor ein Rollmoment.
1.2 Entstehen der ersten brauchbaren Hubschrauber Wenn ein Hubschrauber als Fluggerät definiert wird, • • • • • •
das schwerer als Luft ist, durch einen Motor angetrieben wird, mindestens einen Menschen tragen kann, senkrecht starten und landen kann, Schwebeflüge und Transitionen in alle Richtungen ausführen kann und dabei voll steuerbar bleibt,
dann ist es wirklich schwer, objektiv festzustellen, wer den ersten echten Hubschrauber gebaut hat. Obwohl 1907 erste hubschrauberähnliche Geräte entstanden, die das erforderliche Leistungsgewicht für Schwebeflüge und auch schon einen Drehmomentenausgleich hatten, war der Weg zum voll steuerbaren Fluggerät noch weit. Warum war es so schwer, einen Hubschrauber zu bauen? Eine Analyse des ersten bekannten Flugzeuges im Vergleich zu einem hypothetischen Hubschrauber kann dies aufzeigen: Um mit einem Fluggerät von etwa gleicher Größe wie dem Wright Flyer einen Schwebeflug ausführen zu können (Tabelle 1.1), hätte man bei gleichem Gewicht
1.2 Entstehen der ersten brauchbaren Hubschrauber
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den Flügel als angetriebenen Drehflügel ausbilden müssen und hätte bei einem in erforderlichen Rotordurchmesser von etwa 12 mØ einen mehr als doppelt so leistungsfähigen Motor benötigt. Innerhalb des Gewichtslimits von 3400 N hätten zusätzlich die Probleme des Drehmomentausgleichs und der Steuerbarkeit im Schwebeflug gelöst werden müssen. Tabelle 1.1 Vergleich Hubschrauber zu Flugzeug am Anfang des 20. Jahrhunderts Erstes Flugzeug
Erste hubschrauberähnliche Fluggeräte
1903 Gebrüder Wright USA Fahrradfabrikanten
1907 Paul Cornu Frankreich Fahrradfabrikanten
1907 Bréguet/Richet Frankreich Elektomotorenbauer
3000 N Abfluggewicht 9 kW 53 m mit v = 50 km/h 12 sec Flugzeit
2500 N Abfluggewicht 22 kW 0,3 m Schwebehöhe 20 sec (?) Flugzeit
6000 N Abfluggewicht 33 kW 0,6 m Schwebehöhe, von 4 Männern gehalten
Voll steuerbar
Nicht voll steuerbar, jedoch erste Ansätze
Nicht steuerbar
In den Bildern 1.7 und 1.8 ist die Entwicklung von Hubschraubern erreichter Reichweiten und Flughöhen als Funktion der Zeit dargestellt. Danach kann für die Fluggeräte von Bréguet und vor allem für die von Professor Focke die Fw 61 (Bild 1.9), die FL 282 und die Fa 223 den Anspruch erhoben werden, die ersten gewesen zu sein, die der oben genannten Definition entsprachen. Somit gab es erst 1936/37 die ersten brauchbaren Hubschrauber. Also 33 Jahre später als Flächenflugzeuge, zu einer Zeit als Verkehrsflugzeuge schon den Atlantik überquerten, das erste Strahlflugzeug in Rostock und, beides in Berlin, die Raketentechnik und der erste Computer entstanden. Dieser Verzug ist ein Tribut an die Komplexität des Systems Hubschrauber.
Bild 1.7 Maximale Reichweiten von HS
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1 Evolution des Hubschraubers
Bild 1.8 Maximale Flughöhen von HS
1.2.1 Bréguet/Dorand In Frankreich hat Louis Bréguet an der Entwicklung des Hubschraubers weitergearbeitet. 1931 gründete er eine eigene Firma mit dem Zweck, seine Ideen und Konzepte zu verwirklichen. Der technische Direktor war Réne Dorand. Bréguets neuer Hubschrauber besaß zwei zweiblättrige Rotoren in Koaxialanordnung: Rotordurchmesser ca. 19 m, 350-PS-Hispano-Sternmotor. Der Rotor konnte sowohl zyklisch als auch kollektiv angesteuert werden; die Steuerung um die Hochachse wurde erreicht durch unterschiedlichen Schub, also auch Drehwiderstand, der beiden Rotoren und damit unterschiedlich großen gegenläufigen Drehmomenten, die sich nur noch zum Teil ausglichen (diese Anordnung wird heute noch bei den russischen Kamov-Hubschrauber angewendet!). Im Jahre 1936 konnten mit diesem im Verhältnis zu den Vorgängern relativ einfachen Hubschrauber die Weltrekorde erheblich gesteigert werden. Der HS von Bréguet kam über das Versuchsstadium nicht hinaus, da die Firma Bréguet-Dorand „Gyroplane Laboratoire“ in Frankreich nicht die staatliche Unterstützung fand, die den Hubschrauberprojekten in Deutschland und Rußland zuteil wurde. 1.2.2 Professor Focke Professor Focke, der sich insbesondere bei den Focke-Wulf-Werken mit der Entwicklung und Fertigung von Starrflüglern einen Namen gemacht hatte, erkannte als einer der ersten in Deutschland das Zukunftspotential der Tragschrauber von De la Cierva. Er erwarb 1931 die Lizenz zum Nachbau des Autogiros C 19 und später auch für die C 30. Damit legte er den Grundstein für seine zweite Karriere. Ab 1933 widmete Focke sich ganz der Entwicklung des ersten wirklich brauchbaren und voll einsatzfähigen Hubschraubers der Welt, der Fw 61, mit Dreiblattro-
1.2 Entstehen der ersten brauchbaren Hubschrauber
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toren in SbS-Anordnung (Bild 1.9). Die Luftschraube vor dem Sternmotor ist ein Kühlgebläse. Die Fw 61 flog am 26. Juni 1936 zum ersten Mal und eroberte später sämtliche Rekorde. 1938 wurde sie der Weltöffentlichkeit in Berlin in der Deutschlandhalle von der bekannten Pilotin Hanna Reitsch vorgeflogen. Überzeugt von ihrer Leistungsfähigkeit, wurde die Fw 61 sehr schnell in der neuen Firma Focke-Achgelis weiterentwickelt, zur Fa 226 für den zivilen Einsatz und zur Fa 223 für den militärischen, Tabelle 1.2. Weltweit wurden nun in aller Eile ähnliche Entwicklungen begonnen. In England wurde die Fw 61 mit der Bezeichnung Weir W 5 nachgebaut, ebenso in den USA unter der Bezeichnung Platt-LePage XR-1 und in der damaligen Sowjetunion als OMEGA I und II. In Frankreich wurde sie nach 1945 unter Mitarbeit von Prof. Focke als SE 3000 weiterentwickelt.
Bild 1.9 Focke Wulf Fw 61
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1 Evolution des Hubschraubers
Tabelle 1.2 die Fw 61 und ihre Derivate
Erstflug Abflugmasse Zuladung Rotordurchmesser Antriebsleistung Geschwindigkeit Reichweite Dienstgipfelhöhe Bemerkungen
Fw 61
Fa 226 (zivil)
Fa 223 (militärisch)
1936 1024 kg 132 kg 2 mal 7 mø 110 kW 122 km/h 109 km (1937) 230 km (1938) 2439 m (1937) 3427 m (1939) 1937 Autorotation
1939 gefesselt 3200 kg 1000 kg 2 mal 12 mø 590 kW 190 km/h >510 km je nach Kraftstoff 5500 m
1940 4300 kg 1119 kg 2 mal 12 mø 735 kW >200 km/h 300 km
Abbruch 1939 zugunsten Fa 223
Serienfertigung
7782 m
1.2.3 Igor Sikorsky Eigene Wege beschritt in den USA Igor Sikorsky als technischer Direktor der Firma Vought-Sikorsky Aircraft Corporation. Er entwickelte ab 1939 die VS-300, die in ihrer vierten Version 1940 erfolgreich frei flog (Bild 1.10.). 1939 war sie bereits gefesselt geflogen. Für die VS-316, einer leistungsgesteigerten Version, erhielt Sikorsky von der Regierung einen ersten Auftrag zur Serienfertigung. Damit war er seiner amerikanischen Konkurrenz Bell, Hiller, Kellet und Piasecki zuvorgekommen. Mit der VS-300/VS316, mit Dreiblatt-Hauptrotor und EinblattHeckrotor, Abflugmasse 1150 kg, angetrieben mit 185 PS, ist es Sikorsky, der die heutige Standardkonfiguration zum Erfolg führte.
Bild 1.10 Sikorsky VS300
1.3 Phase der Reife und Spezialisierung
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Zeitzeugen berichten: Igor Sikorsky war nicht in ausreichender Tiefe über die Entwicklungsarbeiten des Spaniers Juan De La Sierva an dessen Tragschraubern informiert, obwohl er einige Zeit in der französischen Luftfahrtindustrie gearbeitet hatte. Die nach Einführung der Blattgelenke festzustellende Phasenverschiebung zwischen Einsteuerung der Blattwinkelung und deren Wirkung, das ist die zu Steuerzwecken unbedingt erforderliche Schlagbewegung der Rotorblätter, war ihm wohl deshalb anfangs nicht geläufig. Er glaubte noch zwei Jahre nach seinem Erstflug, dass die Steuerung beim Hubschrauber wie beim Starrflügler reagieren müsse. Er stellte aber zu seinem Erstaunen im Flug ( ! ) fest, dass er den Stick nach links drücken musste um Fahrt aufzunehmen (sein Rotor drehte gegen den Uhrzeigersinn).
1.3 Phase der Reife und Spezialisierung Die in Tabelle 1.3 aufgeführten fünf Hubschrauberkonfigurationen – keine hat mehr als zwei Hauptrotoren – erwiesen sich schließlich als praktikabel und sind heute weltweit im Gebrauch: Tabelle 1.3 Bewährte Hubschrauber-Konfigurationen
Side by Side
Tandem
Koxial
Kämmend (Achsen gekippt)
Heutige „Standardkonfiguration" (etwa 90% aller HS)
Fw61 Omega II (1946) XHJ D1 (1946) Omega III (1953)
HUP H 21 Br 173 Yak 27 YH 16
G 20 Dorand G 1E Bréguet SkyTrac 1 Wagner
FL 282 Flettner
Verwendet von den Firmen: Eurocopter Agusta Westland MIL Kamov PZL Sikorsky Bell-HC Boeing-HC Robinson Kaman Hiller Enström Schweizer
Mi 12 (1970) MIL
HH 43 Husky
CH 46 CH 47 Boeing-HC
Ka 10 Ka 25 Ka 26 Ka 32 Ka 50 Kamov
K-Max Kaman
16
1 Evolution des Hubschraubers
Nachfolgend werden typische Vertreter der jeweiligen Konfiguration gezeigt. Die SbS (Side by Side)-Konfiguration hat mit der Mil Mi-12 Homer1, (Bild 1.11), in der damaligen UdSSR ihren Höhepunkt erreicht. Es handelte sich um den größten HS, der bis heute in der Welt gebaut wurde. Typ: Schwerlast-Hubschrauber Abflugmasse: 105 t Rotor/en: 2 x 35 mø Antrieb: 4 x 4846 kW Geschwindigkeit: 260 km/h Reichweite: 500 km, 35 t Nutzlast Dienstgipfelhöhe: 3,5 km Rekord: 40 t auf 2,2 km Höhe Erstflug: 1969 Bild 1.11 MIL Mi 12
Die Tandembauweise (Rotoren in Flugrichtung hintereinander) wurde in den USA von Boeing-Vertol oder heute Boeing-Helicopters erfolgreich weiterverfolgt. Entsprechende HS werden heute noch gebaut, z.B. CH-46, CH-47, Chinook1, Bild 1.12 . Typ: mittlerer Transport-HS Abflugmasse: 24,5 t Rotor/en: 2 x 18,29 mø Antrieb: 3217 kW Geschwindigkeit: 285 km/h Reichweite: 1207 km Dienstgipfelhöhe: 3,4 km Erstflug: 1961
Bild 1.12 Boeing Helicopters CH47D
Kamov verwendet für seine vorwiegend für die sowjetische Marine gebauten HS koaxiale Rotoren. Ein Vertreter ist die Ka 50 Hokum1, Bild 1.13. Typ: Spezial-HS Abflugmasse: 10,8 t Rotor/en: 2 x 14,5 mø Antrieb: 2 x 1633 kW Geschwindigkeit: 300 km/h Reichweite: 450 km Dienstgipfelhöhe: 5,5 km Erstflug: 1982 1
Bild 1.13 Kamov Ka 50
1.3 Phase der Reife und Spezialisierung
17
Die Konfiguration von Flettner - mit zwei Rotoren nebeneinander, etwas nach außen gekippt und ineinander kämmend – wurde in den USA bei Kaman für den K1200 K-Max1 erfolgreich weiterentwickelt, Bild 1.14, und hat sich in praktischem Einsatz bewährt. Typ: Spezial-HS Abflugmasse: 5,86 t Rotor/en: 2 x 14,73 mø Antrieb: 1119 kW Geschwindigkeit: 185 km/h Reichweite: 556 km Schwebehöhe OBE: 8,88 km Erstflug: 1991
Bild 1.14 Kaman K1200 K-Max
Am erfolgreichsten ist die Bauart mit Haupt- und Heckrotor, Bild 1.15 (Beispiele: EC 135, MIL Mi26, EH101 Merlin1, UH60 Black Hawk1, CH-53 Stallion1). Sie wird heute in Ost und West überwiegend angewendet und gilt deshalb quasi als Standardkonfiguration für Hubschrauber. Typ: leichter Vielzweck-HS Abflugmasse: 2,72 t Rotor: 10,2 mø Antrieb: 2 x 435 kW Geschwindigkeit: 257 km/h Reichweite: 745 km Dienstgipfelhöhe: 6,1 km Erstflug: 1994
Bild 1.15 EC 135 von Eurocopter
Nachdem die amerikanische Firma Bell über Jahrzehnte mit KipprotorExperimentalgeräten entsprechende Erfahrungen sammeln konnte und man heute die notwendigen Technologien beherrscht, hat man in den USA beschlossen, ein Kipprotorfluggerät für die US-Streitkräfte zu bauen (Projekt V-22 Osprey von Bell/Boeing, Bild 1.16). Die Firmen Bell und Agusta entwickeln ein Kipprotorflugzeug für den zivilen Markt (BA 609) und Eurocopter den EUROFAR. Typ: Kipprotorflugzeug Abflugmasse: 24,0 t Rotor/en: 2 x 11,61 mø Antrieb: 2 x 4586 kW Geschwindigkeit: 565 km/h Reichweite: 953 km Dienstgipfelhöhe: 7,93 km Erstflug: 1989
Bild 1.16 Bell Boeing V-22 Osprey
18
1 Evolution des Hubschraubers
Obwohl sich zur Zeit kein Hubschrauber mit SbS-Rotoranordnung entwickelt wird, ist zu erwarten, dass diese Konfiguration für Schwerlasthubschrauber in Zukunft wieder verfolgt wird. Für diese Größenklasse wäre dann auch wieder der Blattspitzenantrieb, Bild 1.17, zu untersuchen, wie er von der Firma Bölkow Entwicklungen schon 1964 für einen Kranhubschrauber erprobt wurde, nachdem Dornier im Jahr 1962 mit dem nach diesem Prinzip angetriebenen Ein-MannHubschrauber, der Do32 erstgeflogen war.
Bild 1.17 Blattspitzenantrieb
Die Beispiele der Bilder 1.11 bis 1.16 zeigen, dass sich auch beim HS die Turbine als Antrieb durchgesetzt hat. Als Strahlturbine erfunden von Hans Joachim Pabst von Ohain, 1937 erstmals betrieben und 1939 in einer He178 erstgeflogen. Die auf dieser Technologie fußende Wellenturbine hat mittlerweile ihre über lange Zeit gravierendsten Nachteile überwunden, den hohen spezifischen Kraftstoffverbrauch und den ursprünglich höheren Wartungsaufwand. Ihr Gewichtsvorteil war von Anfang an gegeben. Die Leistungsklasse der Wellenturbinen ist nach unten begrenzt. Für Kleinhubschrauber bleibt deshalb ein Bedarf entsprechender Kolbenmotoren geringerer Leistung. Für den Antrieb von Leichthubschraubern überschneiden sich die beiden Technologien. Hohe Antriebsleistungen sind mit Kolbenmotoren in der Luftfahrt u. a. aus Gewichtsgründen und der Kreiselwirkung massereicher drehender Bauteile nicht sinnvoll. Neben dem Hubschrauber, der sich heute allgemein als Lufttransportmittel durchgesetzt hat, gibt es noch andere hubschrauberähnliche Konfigurationen, die man unter dem Oberbegriff „Drehflügler“ zusammenfasst: 1. Tragschrauber (Autogiro, auf kleine/leichte Geräte begrenzt, Rotor antriebslos aber angesteuert zur Flugsteuerung, oft mit Kopfkippsteuerung) 2. Flugschrauber (mit Teilleistung angetriebener Rotor liefert nur Hubschub, verkürzt die Startstrecke, Vortrieb mittels Propeller) 3. Verbundhubschrauber (Compound, Hub- und/oder Schubentlastung durch Flügel oder Propeller bzw. Schubtriebwerk) 4. Kipprotorflugzeug (Verwandlungsflugzeug)
1
Oft taufen Hubschrauberhersteller ihre Produkte: Tiger (PAH-2), Merlin (EH 101), die USStreitkräfte nach Indianern: Chinook (CH-47), Apache (AH-64), Black Hawk (UH-60). Die NATO verleiht gegnerischen Hubschraubern Codenamen: Homer (Mi 12), Hind (Mi 24).
2 Hubschraubermissionen und Markt
Nur überlegene Hubschrauber werden sich auf Dauer am Markt durchsetzen. Überlegenheit kann sich auf ein Optimum aller relevanter Eigenschaften beziehen, aber auch auf Spezialitäten, wie z.B. Kran-Einsätze oder Wild-Weasel-Missionen. Immer aber werden bestmögliche Flug- und Steuereigenschaften gefordert sein. Dies macht die Flugmechanik zur zentralen Aufgabe bei der Entwicklung von Hubschraubern. Mit ihr sind die Missionserfüllung und damit die Wirtschaftlichkeit, die Sicherheit und die Akzeptanz zu verbessern. Maßstab sind die Konkurrenzprodukte, die in ihrer Leistungsfähigkeit, eventuell sogar mit Hilfe von Nachprojektierungen, zu relativieren sind. In der Regel enthalten Herstellerangaben Leistungseckwerte, die nicht kompatibel sind. Zu Angaben über erreichte Fluggeschwindigkeiten fehlen in der Regel die dabei angenommenen atmosphärischen Bedingungen und/oder das momentane Fluggewicht; zu erfliegbaren Reichweiten fehlen oft die zugehörigen Geschwindigkeiten. Die Zuladung wird oft als Nutzlast bezeichnet. Daneben sind genaue Kenntnisse über die Anforderungen aus bekannten Einsatzmöglichkeiten, vor allem auch aus sich möglicherweise neu abzeichnenden, unabdingbar. Beim Hubschrauber handelt es sich um das im Einsatz flexibelste Fluggerät überhaupt. Nachdem diese heute einen hohen Sicherheitsstandard und eine entsprechende Einsatzzuverlässigkeit erreicht haben, werden sie für die verschiedensten und zum Teil nur von ihnen zu bewältigenden Aufgaben eingesetzt. Siehe nachstehende Tabellen 2.1 und 2.2. Tabelle 2.1 Aufgaben für zivile Hubschrauber Hobby
Arbeit
Spezialaufgaben
Privatfliegerei Kino und Reportagen Helicopter Skiing
Überwachung von Elektro-, Gas- und sonstigen Leitungen Bohr- Inselversorgung Schulung, Sprühen Forstarbeiten, Fischerei TV-Übertragung, Luftaufnamen
Rettungsaufgaben Lotsen versetzen Brandbekämpfung Exploration Krankentransport Spezielle Montageaufgaben
Transport
Öffentlicher Dienst
Lastentransport, wo VTOL erforderlich ist VIP-Transport Off Shore-Einsätze Airport-Shuttle Sightseeing
Polizeidienst Katastrophenschutz Auto- und Eisenbahnüberwachung Grenzkontrolle Terroristenbekämpfung
20
2 Hubschraubermissionen und Markt
Tabelle 2.2 Aufgaben für militärische Hubschrauber Heer
Luftwaffe
Marine (land- und schiffsgestützt)
Transport von Soldaten und Material Verbindung und Beobachtung Aufklärung Aufspüren Elektronischer Kampf Kampfunterstützung Begleitschutz Panzerabwehr Zielbeleuchtung Sanitätswesen Schulung/Training
Transport von Soldaten und Material C/SAR (Combat Search and Resque) Schulung/Training
C/SAR ASW (Anti Submarine Warfare) ASVW (Anti Surface Vessel Warfare) Aufklärung Minenräumen Transport von Soldaten und Material Datenübertragung Zielbeleuchtung Schiffsversorgung Schulung/Training
Starts und Landungen an beliebigem Ort sind in der Regel nicht erlaubt. Für die zivile Verwendung der Hubschrauber ist deshalb wesentlich, dass eine entsprechende Infrastruktur vorliegt. Hier haben viele Länder noch einen starken Nachholbedarf an Landeplätzen. In Deutschland befinden sich über 400 Landeplätze für Luftfahrzeuge, davon sind 17 internationale Verkehrsflughäfen. Dazu kommen für den Hubschrauber ca. 150 Heliports.
Tabelle 2.3 Die wichtigsten Hubschrauberhersteller (zur Zeit finden weltweit starke Restrukturierungen statt) Hersteller
Standort
Land
Agusta SpA Bell Helicopter Textron Bell Helicopter Textron Canada Boeing Defense and Space Group Helicopters Division Denel/Atlas Aviation CATIC (China National AeroTechnology Import and Export Corp.) Changhe Aircraft Factory Enstrom Helicopter Eurocopter HAL (Hindustan Aeronautics) Kaman Aerospace Kamov Kawasaki Heavy Industries Mil PZL Swidnik Robinson Helicopter Sikorsky Aircraft Westland Helicopters
Cascina Costa di Samarate, Varese Fort Worth, Texas St. Janvier, Quebec Philadelphia, Pennsylvania und Mesa, Arizona Kempton Park Beijing (Peking)
Italien USA Kanada USA
Jingdezhen City, Jiangxi Menominee, Michigan Paris Bangalore Bloomfield, Connecticut Moscow (Moskau) Tokyo (Tokio) Moscow (Moskau) Lublina Torrance, California Stratford, Connecticut Yeovil, Somerset
VR China USA Frankreich Indien USA Rußland Japan Rußland Polen USA USA Großbrit.
Südafrika VR China
2 Hubschraubermissionen und Markt
21
Weltweit befassen sich zahlreiche Firmen mit dem Hubschrauber als Produkt (Tabelle 2.3). Aber nur wenige davon beherrschen die Technologie in voller Tiefe, d.h. sind systemfähig. Der Einstieg in den Hubschrauberbau wird oft über Lizenzfertigungen versucht. Einen schnelleren Weg bieten Kooperationen mit systemfähigen Firmen. In beiden Fällen müssen sich für die Know-How-Lieferant wichtige Vorteile ergeben: Erschließung eines sonst nicht zu erreichenden Marktes, potenter Erstkunde, finanzielle und kapazitive Beiträge des Partners bei der Neuentwicklung, Mittragen des Entwicklungs- Fertigungs- und Vermarktungsrisikos, besondere Weiterentwicklungs- und Vertriebsrechte. Eine Reihe von Firmen können sich auf einen abgeschotteten Markt stützen. Das gilt vor allem stark für Osteuropa zum Schutz der dortigen Industrie, und nahezu absolut für die USA im militärischen Sektor, dem größten Marktsegment der Welt. Zur Zeit findet ein starker Verdrängungswettbewerb zwischen den einzelnen Hubschrauberfirmen statt. Da die amerikanischen Firmen Wettbewerbsvorteile infolge großer exklusiver militärischer Serien, der daraus preiswert abzuleitenden Zivilvarianten und des großen Heimatmarktes haben, können die europäischen Hersteller nur erfolgreich sein, wenn sie ihr Vorgehen abstimmen und zu möglichst breiten Kooperationen oder Zusammenschlüssen finden. Im Einsatz sind etwa 25000 zivile Hubschrauber in 160 Ländern. In Tabelle 2.4 sind die größten Flotten aufgelistet. Zum Teil fliegen noch ausgesprochen alte Maschinen. Was sich aber auf die Flugsicherheit nicht auswirken kann, da alle Flugzeuge immer in absolut sicherem Zustand gehalten werden müssen. Der Aufwand für diese Instandhaltung wächst aber so stark, dass Neuanschaffungen auch in dieser Hinsicht (neben den unverantwortlich hohen Betriebskosten, verursacht durch hohen Wartungsaufwand und unzeitgemäßem Kraftstoffverbrauch) wirtschaftlicher werden. Wenn z.B. die CH-53G der Bundeswehr wie beabsichtigt (erst) 2030 ausgemustert wird, dann ist sie 60 Jahre alt. Ersatzteile sind schon viel früher nicht mehr auf dem Markt, Kampfwertsteigerungs- und -erhaltungsmaßnahmen kommen dadurch dann in Wirklichkeit Neukonstruktionen gleich. Die Länder mit den ausgeprägtesten zivilen Hubschrauberflotten sind die USA, der Bereich der ehemaligen Sowjetunion und Kanada, das sind Staaten mit großer Flächenausdehnung. Tochterfirmen in solchen Flächenstaaten sind für Europäer zwangsläufig. Ähnlich großflächige Staaten, die sich zunehmend auch in wirtschaftlicher Hinsicht entwickeln, bilden unsere Zukunftsmärkte. Eine Aufgliederung des zivilen Hubschrauberbestandes nach Herstellern, Gewichtsklassen, Missionen und Antriebsarten zeigt Tabelle 2.5. Mit Kolbenmotoren angetriebene Hubschrauber sind zahlreich, sie füllen den Sektor der Kleinhubschrauber, für die es keine Turbinen gibt. Das Verhältnis von Einzel- zu Mehrturbinenhubschraubern wird sich aufgrund neuer Einsatzvorschriften bezüglich Sicherheit zur zweiten Kategorie hin verschieben (JAR OPS3).
22
2 Hubschraubermissionen und Markt
Tabelle 2.4 Bestand ziviler Hubschrauber (die 20 bedeutendsten, 1994) Nach Ländern
Nach Regionen
USA frühere Sowjetunion Kanada Japan UK Frankreich Deutschland Australien Italien Brasilien Neuseeland Mexiko Spanien Polen Schweiz Schweden Indonesien Venezuela Kolumbien
9200 2555 1500 1119 843 836 719 676 490 371 356 340 254 232 226 188 170 167 162
Nordamerika Westeuropa frühere Sowjetunion Asien Australien Süd- und Mittelamerika Afrika Osteuropa Mittlerer Osten
47,5 % 17,7 % 10,9 % 8,2 % 5,0 % 4,3 % 2,9 % 2,5 % 1,0 %
Tabelle 2.5 Aufgliederung des zivilen Hubschrauberbestandes Hersteller Agusta Bell Enstrom Eurocopter Hiller Hughes MDHC Robinson Schweizer Sikorsky Sonstige
Turbine/n
Kolbenmotor
1,9 % 47,9 % 28,8 % 12,1 % 4,6 % 4,7 %
26,6 % 8,9 % 10,3 % 15,8 % 25,8 % 4,8 % 7,8 %
Missionen Öffentliche Aufgaben: EMS, Polizei, Zoll Geschäftsreise Nutztransport Off shore -Einsatz Andere
Gewichtsklassen Leicht, Mono-TW ( 0, wird die Phasenverschiebung ∆ψ < 90°. Dies ist bei der Festlegung der Anlenkpunkte der Steuerstangen an der Taumelscheibe zu berücksichtigen. Solange die Abweichungen zwischen den Steuerachsen und den Kippachsen der Taumelscheibe in Hubschrauberlängs- und -querrichtung klein bleiben (zum Beispiel durch Kompensieren der Minderung der Phasenverschiebung mit Hilfe nacheilend eingebauter Steuerhörner an den Blattwurzelbeschlägen), bewirkt ein seitliches Kippen der Taumelscheibe, also um die Achse in Flugrichtung, eine Neigung des Schubvektors unter Berücksichtigung der Phasenverschiebung nach vorne oder hinten, folglich werden Nickbewegungen erzeugt. Die Neigung der Taumelscheibe um die Querachse steuert entsprechend die Rollbewegung. Mit den Kraftmomenten aus dem Schlaggelenksabstand als Hebelarm mal den Querkraftanteilen der am Schlaggelenk wirkenden Kräfte entstehen weitere Beiträge zu den Steuermomenten. Beim gelenklosen Rotor „System Bölkow“ sind die Rotorblätter nicht mittels Gelenken an die Rotornabe angeschlossen. Bei ihm erbringen elastische Blatthälse die Gelenkwirkung; man spricht von „fiktiven Gelenken“, mit den fiktiven Schlaggelenksabständen a*. Mit solchen Rotoren sind Werte für a*/R von 0,05– 0,12 zu verwirklichen je nach gewünschten Steuereigenschaften.
3.2 Beschreibung und Wirkungsweise des Hauptrotors
39
Die Biegefederwirkung der elastischen Blatthälse erzeugt ein drittes zur Steuerung nutzbares Moment, das im besonderen auch bei Nullschub wirksam bleibt und sich obendrein viel schneller aufbaut als die aus der Schubvektorkippung und dem Schlaggelenksabstand. Aus den mit dieser Bauweise besonders gut möglichen hohen (fiktiven) Schlaggelenksabständen und der Federwirkung ihrer Blatthälse beziehen Hubschrauber mit gelenklosen Rotoren ihre überlegene Agilität, d.h. Steuerfolgsamkeit und letztendlich Flugsicherheit. Heckrotoren sind analog zu den Hauptrotoren aufgebaut, benötigen aber allein die kollektive Blattverstellung; weil an ihnen nur der Schub zu regeln ist. 3.2.4 Steuerelemente Die dem Piloten (der im Normal-HS rechts sitzt) zur Verfügung stehenden Steuerelemente zeigen die Bilder 3.9 und 3.10. Mit dem Steuerknüppel (englisch: stick), der mit der rechten Hand bedient wird, neigt er durch Längs- und/oder Quersteuereingaben die Taumelscheibe in die Richtung, die sich aus den beiden eingesteuerten Kippwinkeln ergibt. Dadurch wird, in der Umlaufrichtung phasenverschoben, die Blattspitzenebene und damit der Schubvektor des Rotors ebenfalls gekippt. Der Betrag des Kippwinkels ist dabei den Steuereingaben proportional. Mit dem Kollektivhebel (englisch: collectiv pitch), der mit der linken Hand bedient wird, initiiert der Pilot eine Parallelverschiebung der Taumelscheibe und damit eine Änderung des Schubvektors in seinem Betrag (direct lift control). Damit der Pilot auch noch andere Instrumente bedienen kann, baut der Kollektivhebel keine Rückstellkraft auf. Die drei mit diesen zwei Bedienelementen erzeugten Steuereingaben werden vom Steuergestänge zum nicht rotierenden Teil der Taumelscheibe übertragen. Es sind immer drei Steuereingaben erforderlich, um die Lage der Taumelscheibe im Raum eindeutig festzulegen. Anmerkung: Am 28.1.2002 ist, weltweit erstmalig, ein HS mit einem Hauptflugsteuerungssystem aus Lichtleitern geflogen (FbL), in Ottobrunn, in einer speziellen EC135 für die DLR. Die Steuerstangen sind dabei gegen Glaslichtleiter getauscht. Solche Übertragungen der Steuersignale sind leicht, Platz sparend, flexibel, gegen elektromagnetische Einflüsse störfest, ausfallsicher durch Redundanz und besitzen ein breites Spektrum zur Signalübertragung. Unmittelbar unter der Taumelscheibe befindet sich ein zweites wichtiges Bauelement im Strang der Steuerungsmechanik, das sogenannte Mischhebelgetriebe, das zur Ansteuerung der Taumelscheibe dient. Es handelt sich um einen Mechanismus, wie er in Bild 3.8 skizziert ist. Eine Kollektiveingabe bei festgehaltenem Stick führt zu drei gleichen Ausgangsbewegungen y zur Taumelscheibe hin. Sie erzeugen die Parallelverschiebung der Taumelscheibe. Die festgehaltenen Elemente der zyklischen Steuerung fixieren dabei die Kipplage. Zyklische Eingaben bei konstantem Kollektiv werden ungemischt weitergegeben. Sie führen zum Kippen der Taumelscheibe, in Summe um eine beliebige Achse wenn die Eingaben verschieden groß sind, in diesem Fall ohne Verschiebung.
40
3 Wesentliche Bauelemente der Hubschrauber
Da die Blattverstellkräfte, zumindest bei großen Hubschraubern, nicht unerheblich sind, wird der nicht rotierende Teil der Taumelscheibe meist über eine hydraulische Kraftverstärkung angesteuert. Die Funktion des Mischhebelgetriebes kann auch durch ein Hebelsystem erzielt werden. Dieses kann vorteilhaft im nicht kraftverstärkten Zweig des Steuergestänges liegen. Bild 30 zeigt ein solches System (im Gegensatz zum Bild 3.9 ist die Feinansteuerung nicht mit dargestellt). Mit den Pedalen (englisch: pedals) ist die kollektive Ansteuerung des Heckrotors veränderbar, also des Heckrotorschubes, und damit das Gegenmoment zum Hauptrotordrehmoment, bzw. bei bewusster Ungleichheit dieser beiden Momente zur Steuerung der Gierbewegung. Ebenfalls mit den Pedalen müssen die Rotoren von Koaxial-HS differentiellkollektiv, und die von SbS- und Tandem-HS differentiell-zyklisch angesteuert werden können, um deren Giersteuerung zu ermöglichen. 3.2.5 Rotorbedingte Kopplungen Kopplungen bewirken Reaktionen eines Systems auch in einer nicht beabsichtigten Richtung. Die erste wurde bereits im Zusammenhang mit der Einführung des Schlaggelenksabstandes im Abschnitt 3.2.3 erwähnt. Der zur theoretischen 90°-Phasenverschiebung fehlende kleine Winkel wurde dort als mit geeigneten Anlenkpunkten der Steuerstangen zu kompensieren dargestellt. Dies gelingt aber nicht für den gesamten Geschwindigkeitsbereich weil dieser Winkel mit der Geschwindigkeit veränderlich ist. Die zweite ist eine Rückkopplung, sie ist auf Bild 3.2 angedeutet. Liegt der Kopf des Steuerhorns nicht auf der Schlagachse, dann bewirkt die Schlagbewegung auch eine Blattwinkelung. Man spricht hier, auf Grund des eingezeichneten Winkels von der δ3-Kopplung. Sie wird beim Hautrotor möglichst vermieden, während sie am Heckrotor gezielt zur Unterdrückung von dort nicht erwünschten Schlagbewegungen eingesetzt wird. Eine schräg eingebaute Schlagachse erzeugt einen ähnlichen Effekt. Durch die konstruktiv vorgesehene Reihenfolge der drei Blattlager entstehen Kopplungen. Liegt z.B. das Schwenklager außerhalb des Schlaglagers, wie in Bild 3.2, dann beschreibt der Kopf des Steuerhorns eine elliptische Bahn. Über die Schlagachse hinaus und wieder zurück, wenn im Mittel (anders als im Bild 3.2 dargestellt) δ3 = 0 baulich vorgesehen ist. Zusätzlich wird die senkrechte Komponente des Abstandes von der TS zum Steuerhorn durch Schrägstellungen der Steuerstangen veränderlich. Oder, verlegt man das Winkelungslager in den Rotorkopf, dann tritt keine δ3Kopplung mehr auf. Dafür werden aber die ausgelenkten Blätter zu zusätzlichen Bewegungen gezwungen, senkrecht zu den Schlag- und Schwenkschwingungen. Idealerweise, unter Kopplungsgesichtspunkten, sollten alle drei Lager in einem Punkt liegen und die Ansteuerung bei gleichem Schlaggelenksabstand. Solche Rotoren sind möglich, ihre Blätter sind über sphärisch gekrümmte Elastomerlager (etwa wie druckbelastete Kugelgelenke) am Rotorkopf angelenkt.
3.2 Beschreibung und Wirkungsweise des Hauptrotors
41
Strukturell, auch auslegungsbedingt, kann in den Blättern eine elastische BiegeSchwenk-Kopplung auftreten (oder bewusst erzeugt werden). Rotorbedingte Kopplungen sind nie ganz auszuschließen. Bei der Auslegung neuer Rotoren sind die sich ergebenden möglichen Dynamiken zu simulieren. Es werden dabei immer dämpfende Koppeleffekte angestrebt. Die Auswirkungen der Kopplungen werden später dargestellt. 3.2.6 Belastung des Rotormastes Der Rotormast ist durch die vom Rotor erzeugten Kräfte und Momente sowie durch das Antriebsmoment belastet. Die Biegungen aus diesem Lastenkollektiv laufen um, es entstehen damit für die Dauerfestigkeit relevante Wechsellasten. Die Momente zur Aussteuerung der Nicklage können lebensdauerbegrenzende Größen annehmen. Hierfür kritische Fluglagen sind in der Regel Schräglandungen mit dem Bug nach unten und Sprungmanöver, beides mit großen Schwerpunktvorlagen. Der Mast kann nicht beliebig verstärk werden um ihn, wie üblich weil erforderlich, save life auszulegen. Es bleibt allein die Möglichkeit extreme Schwerpunktvorlagen zu verbieten. Das geschieht durch festlegen der vorderen Grenze im Schwerpunktdiagramm. Die dominierenden Belastungen der Rotorköpfe und Blattwurzeln entstehen: durch die Zentrifugalkräfte an den rotierenden Blättern, die Blattbiegung und das Antriebsmoment. Bei lagerlosen Rotoren kommt die Verdrillung dazu.
42
3 Wesentliche Bauelemente der Hubschrauber
Bild 3.6 Spezialhubschrauber
3.2 Beschreibung und Wirkungsweise des Hauptrotors
Bild 3.7 Prinzip der zyklischen und kollektiven Blattverstellung mit Hilfe der Taumelscheibe
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3 Wesentliche Bauelemente der Hubschrauber
Bild 3.8 Mischhebelgetriebe
3.2 Beschreibung und Wirkungsweise des Hauptrotors
Bild 3.9 Steuerungssystem BK 117
45
46
3 Wesentliche Bauelemente der Hubschrauber
Bild 3.10 Steuerungssystem UHTiger
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
4.1 Strahltheorie (Bernoulli) Die Strahl- oder Stromfadentheorie und die später noch verwendeten Prinzipien Impuls- und Energiesatz nehmen einen „idealen“ Rotor an. Als kreisförmiges Kontinuum, das in der Lage ist, Luft nach unten zu beschleunigen. Das allgemeine Strömungsbild zeigt Bild 4.1:
Bild 4.1 Stromfaden
Vernachlässigt werden dabei folgende realen Effekte: 1.
Profilwiderstand der Rotorblätter, der vor allem nutzlose leistungsverbrauchende Sekundärströmungen im Nachstrom verursacht, 2. Drall im abgehenden Luftstrom, als die wesentliche Sekundärströmung, 3. ungleichmäßige Druckverteilung über der Rotorebene und damit Scherungen, 4. ungleichmäßiger Durchfluss durch die Rotorebene, 5. zentraler Störkörper, Verdrängung, Verwirbelung, Strömungswiderstand, 6. Blattspitzenverluste, durch den Druckunterschied zwischen Blattober- zur -unterseite, 7. cutout (nicht profilierter Blatthals), der keinen Beschleunigungsbeitrag liefert, 8. endliche Blattzahl, dadurch punktuell unterschiedliche Beschleunigungen, 9. Kompressibilität der Luft, hier noch minimal, 10. Machzahleffekte, hier noch gering, 11. Re-Zahl, mit ihrem Einfluss auf den Umschlag laminar/turbulent in der Strömungsgrenzschicht.
48
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
Der Schub S entsteht durch beschleunigen der durchgesetzten Luftmasse m& . Dazu erzeugt der Rotor unmittelbar oberhalb der Rotorkreisfläche Unterdruck und unmittelbar unterhalb Überdruck : p1 < p 0 < p1/
Dieser Druckunterschied wirkt auf die Rotorkreisfläche, wodurch der Schub entsteht :
(
)
S = p1/ − p1 ⋅ F
(4.1)
Beide Drücke sind uns für die Leistungsrechnung rechnerisch nicht zugänglich. Andererseits bieten sich zur Schubberechnung als Parameter an: • Die Strömungsgeschwindigkeiten v0 in der Ebene (0) weit oberhalb des Rotors und v2 in der Ebene (2), in der sich der Druck in der Strömung wieder dem Umgebungsdruck angeglichen hat; womit hier auch die Strahlkontraktion beendet ist. • Der Luftmassendurchsatz, er muss im gesamten Stromfaden gleich sein (so ist der Stromfaden definiert). • Die Luftdichte, sie hat in der Ebene (2), wie der Druck auch, den Umgebungswert wieder angenommen. Es gelten folgende Beziehungen: Massenfluss: Schub nach dem Impulssatz:
m& = ρ ⋅ F ⋅ v1 = ρ ⋅ F 2 ⋅ v 2
(4.2)
S = m& ⋅ (v 2 − v0 )
(4.3)
(
)
N R = 1 2 ⋅ m& ⋅ v 22 − v02 =
(4.4)
= 1 2 ⋅ m& ⋅ (v 2 + v0 ) ⋅ (v 2 − v 0 )
(4.5)
Es gilt der Energiesatz:
Der Rotor arbeitet in der Ebene (1) und verbraucht entsprechend den dort vorhandenen Bedingungen Energie bzw. Leistung. Erforderliche Rotorleistung:
N R = S ⋅ v1
(4.6)
Dabei ergibt sich v1 , die Geschwindigkeit mit der der Rotor durchströmt wird, als Summe aus der Anströmgeschwindigkeit in der Ebene (0) und der so genannten induzierten Geschwindigkeit vi , die der Rotor auf die Strömung überträgt: vi = v1 − v0
N R = S ⋅ (v0 − vi )
Damit wird aus Gl. (4.6):
(4.7) (4.8)
Der Rotorleistungsbedarf muss der gleiche sein, ob er nach dem Impulssatz (4.3) oder dem Energiesatz (4.5) berechnet wird. Damit und mit Gl. (4.6): N R = m& ⋅ v1 ⋅ (v 2 − v0 ) = 1 2 ⋅ m& ⋅ (v 2 + v0 ) ⋅ (v 2 − v 0 )
(4.9)
woraus sich ergibt: v1 =
v 2 + v0 oder v 2 = 2 ⋅ v1 − v 0 2
(4.10)
4.1 Strahltheorie
49
und mit Gln. (4.2) und (4.7) bei v0 = 0, also ohne Eigenbewegung des Rotors: F2 = F 2
(4.11)
Gln. (4.7) und (4.9) eingesetzt in Gl. (4.3) ergibt: ⋅
S = 2 ⋅ m⋅ vi = 2 ⋅ ρ ⋅ F ⋅ v1 ⋅ vi S = 2 ⋅ ρ ⋅ F (v0 + vi ) ⋅ vi
(4.12)
4.1.1 Der stationäre Schwebeflug Auf der Basis der Gln. (4.1)–(4.10) ergeben sich wichtige Beziehungen für den stationären Schwebeflug. In diesem Flugfall gibt es keine Anströmgeschwindigkeit v0 in der Ebene (0) weit oberhalb des Rotors. Die Rotorebene wird allein mit der induzierten Geschwindigkeit für den Schwebeflug vi0 durchströmt. Aus den Gln. (4.7) und (4.9) folgt für diesen Fall: v 2 = 2 ⋅ vi0
(4.13)
Mit dem Rotorschub wird die Gewichtskraft des Hubschraubers ausgeglichen, d.h. die Beträge von S und G sind gleich. Aus Gl. (4.12) wird mit Gl. (4.13): G = S = 2 ⋅ ρ ⋅ F ⋅ vi20
vi 0 =
damit wird:
G 2⋅ρ⋅ F
(4.14)
(4.15)
und aus den Gln. (4.7) und (4.6): N Ro ,0 = G ⋅
G 2⋅ρ⋅ F
(4.16)
Damit ist ein erster Zusammenhang gefunden zwischen den Auslegungsgrößen Abfluggewicht G und der Rotorkreisfläche F einerseits und der vom Rotor im Schwebeflug benötigten Antriebsleistung NRo,0 andererseits. Der darin enthaltene Quotient G/F , die Rotorkreisflächenbelastung ist eine wichtige und grundlegende Auslegegröße für Hubschrauber. Die hier ermittelte Rotorleistung dient beim angenommenen idealen Rotor ausschließlich dazu, den geforderten Hubschub zu erzeugen. Sie entspricht damit der induzierten Leistung von Starrflügelflugzeugen. Dort natürlich erst ab einer ausreichend hohen Vorwärtsgeschwindigkeit. Diese Entsprechung wird später bei der Ermittlung des Leistungsbedarfes des Gesamthubschraubers, der Leistungspolaren, genutzt.
50
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
4.1.2 Reale Rotoren im Schwebeflug Für die Hauptrotor-Kreisflächenbelastungen findet man der Praxis folgende Werte: G/F=100..bis..500 N/m2. Wobei Kleinhubschrauber die niedrigeren Belastungen aufweisen, um für diese Klasse, mit in der Regel einmotorigen und stark leistungsbegrenzten Hubschraubern, durch große Rotoren gute Autorotations-(AR)-Eigenschaften und geringen Leistungsbedarf sicherzustellen. Die Rotoren von Großhubschraubern können, aus Handling-, Gewichts- und Kostengründen, nicht beliebig groß werden, was zu höheren Kreisflächenbelastungen führt. Das ist akzeptabel, weil für sie, da in der Regel mehrmotorig, AR weniger wichtig ist. Sie benötigen aber deshalb überproportional mehr Leistung. Bei hohen Kreisflächenbelastungen wächst v2 so stark an, dass bei Start und Landung Bodenerosion auftritt. Das Arbeiten unter schwebenden oder in der Nähe landender Hubschrauber wird unangenehm. Vor allem im Schwebeflug muss der Rotor einen etwas größeren Schub aufbringen als es zur Überwindung der Gewichtskraft nötig wäre, da die im Rotorabwind liegenden Hubschrauberteile Abtrieb erzeugen. Dieser Zuschlag aus der Strahlbeaufschlagung ist abzuschätzen:
Bild 4.2 Strahlbeaufschlagung
S∗ ≈
G ⋅ Σ F proj ⋅ c*w F
(4.17)
Der Widerstandsbeiwert der in der Darstellung schraffierten Projektionsfläche c*w ist mit den Mitteln der Aerodynamik zu bestimmen. Anhaltswert: 0,5.
4.1 Strahltheorie
51
Zusätzlich hat ein realer Rotor im stationären Schwebeflug folgende Verluste: • • • •
Profilwiderstand ungleichförmiger Durchfluss Restdrall im Luftstrom Blattspitzenverluste
20–30 % 5–7 % ca. 2 % 2–4 %
Zwischen der real benötigte Antriebsleistung und der ideal ermittelten, steht also ein Wirkungsgrad:
η = NRotor,ideal /NRotor , wobei gute Rotoren η = 0.6 ... 0.8 erreichen. Dieser Wirkungsgrad (die Schwebegüte) wird in der Gl. (4.16) berücksichtigt:
oder :
1 N Ro N Ro ,ideal = = ⋅ G F G G⋅η η ⋅ 2ρ
(4.18)
k N Ro N Ro ,ideal = = ⋅ G F G G⋅η η⋅ σ
(4.19)
k=
wenn :
1 2 ρ0
und σ = ρ ρ0
Die Gl. (4.19) wird oft als Schwebeflugformel bezeichnet. Sie gilt entsprechend für den Heckrotor. In beiden Fällen werden ausschließlich die benötigten Rotorleistungen berechnet, nicht der gesamte Leistungsbedarf des Hubschraubers. Lange Zeit stand allein diese Formel zur Verfügung um für Hubschrauber den Leistungsbedarf zu bestimmen. Auch heute noch ist sie fundamental. Vor allem auch deshalb, weil ein Hubschrauber, der senkrecht starten, immer auch vorwärts fliegen kann, und das bereits relativ schnell. Zahlenbeispiel für den Hubschrauber Bo 105: G R η F G/F
= 25000 N =5m = 0,7 2 2 = R ·π = 78,5 m 2 = 318 N/m
NRo (bei 15°C/MSL) vio v2 NRo/G
= 380 PS = 280 kW = 11,4 m/s = 22,8 m/s = 0,11 kW/daN
Die hier benutzte Strahltheorie lässt sich analog auf alle Typen von luftatmenden Schuberzeugern anwenden. Sie ermöglicht eine schnelle Abschätzung von deren Leistungsbedarf, des Luftdurchsatzes und der Abgasstrahlgeschwindigkeit für axiale Durchströmung. 4.1.3 Senkrechter Steigflug (idealer Rotor) Im stationären senkrechten Steigflug erfolgt schon in der Ebene (0) Anströmung mit vz , der umgekehrten Steiggeschwindigkeit. Sie überlagert die induzierte
52
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
Geschwindigkeit in der Rotorebene (1) und die Abströmung in Ebene (2). Dafür gilt entsprechend Gl. (4.10): S = (v z + vi ) ⋅ vi 2 ⋅ρ⋅ F
(4.20)
Wird zu Vergleichszwecken die linke Seite mit der des Schwebeflugfalles gleichgesetzt, dann ergibt sich folgender Zusammenhang zur Bestimmung der induzierten Geschwindigkeit vi im stationären Steigflug: vi ⎛⎜ v z + vi ⎞⎟ = 1 ⎜ ⎟ vi 0 ⎝ vi 0 vi 0 ⎠
(4.21)
Die Durchströmungsgeschwindigkeit in der Ebene (1) kann in Gl. (4.6) eingesetzt werden: v z + vi (4.22) N Ro = S ⋅ (v z + vi ) = S ⋅ vi 0 ⋅ vi 0 Mit der Schwebeleistung N Ro ,0 = S ⋅ vi 0 und Gl. (4.21) ergibt sich: ⎛ v z vi ⎞ ⎟⎟ + N Ro = N Ro ,0 ⋅ ⎜⎜ ⎝ vi 0 vi 0 ⎠
und daraus:
N Ro =
N Ro ,0
(4.23)
(4.24)
v i vi 0
Der Quotient vi/vi0 ist, neben der Rotorauslegung, abhängig von der Vertikalgeschwindigkeit vz . Dieser Zusammenhang ist darzustellen. Aus den Gln. (4.12) bzw. (4.20) ergibt sich mit der auch hier zutreffenden Gl. (4.15): 2
v i = − v z ± ⎛⎜ v z ⎞⎟ ± 1 ⎜ 2⋅ ⎟ 2 ⋅ vi0 vi0 ⎝ vi0 ⎠
(4.25)
Bild 4.3 Induzierte Geschwindigkeit
4.1 Strahltheorie
53
Der für den Steigflug so gut erfassbare Zusammenhang ist für mittelschnellen Sinkflug unterbrochen, um erst wieder für den schnellen Sinkflug zuzutreffen. Bei mittleren Sinkraten entstehen Strömungsbilder (Wirbelring WR s.u.), auf welche die getroffenen Annahmen nicht zutreffen. Erst im schnellen Sinkflug (s.u.) gilt Gl. (4.27) wieder. Mit den unteren Vorzeichen und nur im Bereich vz/vi0 > 2. 4.1.4 Senkrechter Sinkflug (idealer Rotor) Im praktischen Flugbetrieb sind Steig- und Sinkraten von 500ft/min also 2,5m/s ein gewisser Standard. Womit im Gültigkeitsbereich der Gl. (4.25) geflogen wird. 4.1.4.1 Der langsame Sinkflug Ohne Verlust an Komfort (Vibrationen) werden im etwas robusteren Arbeitseinsatz viermal höhere Sinkgeschwindigkeiten, also bis ≈ 10 m/s geflogen. Es sollte aber v z 2 vi
Damit und da vz jetzt negativ ist, sind die Summen vz+2vi und vz+vi negativ. Die Gl. (4.18) nimmt deshalb folgende Form an: vi ⎛⎜ v z + vi ⎞⎟ = −1 ⎟ ⎜ vi 0 ⎝ vi 0 vi 0 ⎠
aus Gl. (4.4) wird:
Und damit ergibt sich:
N Ro = S ⋅ (v z + vi ) = S ⋅ vi 0 ⋅
N Ro = −
N Ro ,0 vi vi 0
(4.27) v z + vi vi 0
(4.28)
(4.29)
Die Leistung hat ein negatives Vorzeichen, d.h. dem Rotor wird aus dem Luftstrom Energie zugeführt (Windmühle), was natürlich nur begrenzte Zeit erfolgen darf. Sowohl vi als auch vi0 entstehen primär um das Abfluggewicht zu heben, ersteres unter ungünstigeren Bedingungen, wodurch es etwas größer ausfällt. Der Quotient der beiden induzierten Geschwindigkeiten liegt aber immer nahe Eins. Das zeigt an, dass Hubschrauber für das Manöver stationäres Steigen nur relativ wenig Mehrleistung benötigen. 4.1.4.4 Autorotation (AR) Zwischen langsamem und schnellem Sinkflug liegt ein Betriebspunkt des Rotors, in dem ihm Leistung weder zugeführt werden muss, noch entzogen wird. Die Rotordrehzahl bleibt sichergestellt und ebenso wie die Steuerung. Dieser Betriebszustand ermöglicht den Autorotationsflug, hier den senkrechten (auf die AR wird
4.1 Strahltheorie
55
in Abschn. 8.7 detaillierter eingegangen). AR entspricht dem Segelflug der Starrflügler. Während der senkrechten Autorotation ist: vi = -vz , (4.30) repräsentiert durch die Strich-Punkt-Linie in Bild 4.3. Ab dem Schnittpunkt mit der Messkurve der induzierten Geschwindigkeit, gepunktete Linie, und darüber, ist AR stationär fliegbar. Im Idealpunkt mit minimal möglicher Sinkgeschwindigkeit (maximaler axialer Widerstand), darüber schneller. Mit der üblichen Definition des Widerstandsbeiwertes eines angeströmten Körpers, hier der Kreisscheibe, und der Schubgl. (4.12), für die stationäre AR sind beide im Betrag gleich, erhält man: cW = 4/(vz /vi0)²
(4.31)
Mit dem Zahlenwert aus dem Diagramm in Bild 4.3. von vz/vi0 = 1,8 wird cw = 1,23 , was dem Wert für eine senkrecht angeströmte Scheibe sehr nahe kommt. Das zeigt, dass ein ideal autorotierender Rotor im stationären Flug gemessen an seiner Sinkgeschwindigkeit einem Fallschirm gleichkommt. Bei komplettem Antriebsausfall ist mit der AR, jedenfalls aus den allermeisten Flugsituationen, eine sichere, immer aber eine gesteuerte Landung möglich. Lediglich aus den in Kapitel 8.6 behandelten Avoid Zones können Landungen härter werden. 4.1.4.5 Strahlkontraktion Die gegenüber dem Schwebeflug durch Steig- und Sinkflug anderen Strahlkontraktionen bzw. -expansionen ergeben sich aus der Kontinuitätsbedingung. Dabei bleibt die für den Schwebeflug gültige Gl. 4.13 erhalten. F2 = F
± v z 2 vi 0 +
(v z
2 vi 0 )² ± 1
2 (v z 2 vi 0 )² ± 1
(4.32)
Mit zunehmenden Steigraten wächst F2 , im Sinkflug nimmt F2 ab. Zwischen langsamem und schnellem Sinkflug versagt die Formel, für vz/vi0 = -2 wächst F2/F unbestimmt. 4.1.4.6 Übergang zum Flug mit Horizontalgeschwindigkeit Schwebeflüge münden in der Regel in Transitionen, worunter hier Übergänge in den Horizontalflug zu verstehen sind. Dazu wird der Rotor geneigt. Die entstehende Abweichung von den Bedingungen der Stromfadentheorie wird im Bereich kleiner Geschwindigkeiten durch die horizontale Komponente der Anströmung weitgehend kompensiert. Die Anstömung erfolgt weiterhin annähernd axial, vergleichbar dem vertikalen Steigflug. Der Leistungsbedarf ist dadurch relativ gleichbleibend im gesamten Bereich kleiner Geschwindigkeiten, in beliebiger Richtung.
56
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
Mit der Aufnahme von Horizontalgeschwindigkeit wird der Querschnitt des Stromfadens eine zunehmend flachere Ellipse. Das globale Strömungsbild ähnelt immer mehr dem eines Starrflügels geringer Streckung mit elliptischem Grundriss. Diese Beobachtung wird später bei der überschlägigen Berechnung des induzierten Widerstandes bei höheren Geschwindigkeiten ausgenutzt.
4.2 Die Blattelementenmethode Die Strahltheorie kann keine Auskunft darüber geben, wie die Rotorblätter auszubilden sind, um einen bestimmten Schub zu erzeugen. Die Profilverluste und einer Reihe anderer Verluste gehen dort nicht direkt in die Rechnung ein. Einige dieser Nachteile werden durch die Blattelementenmethode beseitigt. Diese Methode basiert auf der Annahme, dass jedes Element eines Rotorblattes als ein Tragflügelelement betrachtet werden kann, welches einen verschoben schraubenförmigen Flugpfad durchläuft. Die Schuberzeugung eines Elementes hängt ab von der Blattgeometrie, der Anstellung gemäß Bild 4.5, den Anströmverhältnissen am Element in der Rotorebene, wie im Bild 3.7 dargestellt, und von der Polaren des verwendeten Profils im Bild 4.6 Mit: V* = r⋅Ω+V⋅sinψ
örtliche Anströmgeschwindigkeit aus Vorwärtsflug und Rotordrehung x = r/R dimensionslose Blattlängenkoordinate c Blattiefe, wobei auch c=f(x)sein kann z Blattzahl σ = zc/πR Flächendichte n Rotornenndrehzahl Ω = π⋅n/30 Rotordrehfrequenz Θ Steuerwinkel, geometrischer Anstellwinkel, s. Bild 4.5 induzierter Winkel Φ = vi/Ω·r = vi/v α aerodynamisch wirksamer Anstellwinkel a Steigung der aufgelösten Polaren, entsprechend Bild 4.6 ca= a · α = a · (Θ − Φ) = a/x · (ΘTip– ΦTip) Für kleine Steuerwinkel, sie bleiben in allen praktisch auftretenden Flugfällen klein, kann vereinfacht werden : sin Θ ≅ Θ , cos Θ ≅ 1 ≅ tan Θ
dWi dA
dS Φ α Θ Φ
Steigungen : 2π a = δca/δα α
Bild 4.5 Anströmwinkel
Bild 4.6 Aufgelöste Polare
4.2 Die Blattelementenmethode
Damit ergeben sich : dA = ca ⋅ (c ⋅ dr ) ⋅
ρ 2 ⋅v 2
57
(4.33)
ρ ⋅ (Ω⋅r )2 ⋅ a ⋅ (Θ − Φ ) ⋅ c ⋅ dr (4.34) 2 Die Teilluftkräfte an jedem Element können entsprechend Gl. (4.34) berechnet werden. Schub und benötigtes Drehmoment ergeben sich dann als Integrale aller Kräfte an den Blattelementen über dem Radius, multipliziert mit der Blattzahl. Oft werden, aus anschließend ersichtlichen Gründen, dimensionslose Beiwerte gebildet (NASA-Gebrauch) unter Verwendung der Blattspitzenumlaufgeschwindigkeit und doppeltem Stauduck, folgendermaßen: Schubbeiwert (sein Index stammt von Thrust): dA =
A ≅ S = cT ⋅ π ⋅ R 2 ⋅ ρ ⋅ (Ω⋅ R )2
(4.35)
Momentenbeiwert (sein Index stammt von Torque): M = cQ ⋅ π ⋅ R 2 ⋅ ρ ⋅ (Ω⋅ R )2 ⋅ R
(4.36)
Leistungsbeiwert (sein Index kommt von Power): N = c P ⋅ π ⋅ R 2 ⋅ ρ ⋅ (Ω⋅ R )3
(4.37)
Als Vereinfachung ergibt sich: N = M⋅Ω somit sind cP und cQ numerisch gleich! Der Beiwert cQ besteht aus einem Beitrag aus der Schuberzeugung, also einem induzierten Anteil cQi und einem zweiten der vom Profilwiderstand herrührt cQ0. Die Beiwerte können durch gleichsetzen mit Gleichungen entsprechend Gl. (4.34) ermittelt werden: 1 1 (4.38) cT = ∫ σ x ⋅ ⋅ a ⋅ α ⋅ x 2 ⋅ dx 2 x = x0 1 1 cQi = ∫ σ x ⋅ ⋅ a ⋅ F ⋅ α ⋅ x3 ⋅ dx 2 x = x0
Mit:
1 1 cQ 0 = ∫ σ x ⋅ ⋅ c d 0 ⋅ x3 ⋅ dx 2 x = x0 = cQ cQi + cQ 0
(4.39)
(4.40) (4.41)
Für Rotoren mit Blättern beliebiger Geometrie (Tiefenverteilung, Verwindung, Profilierung) ergeben sich keine geschlossenen Lösungen. In diesen Fällen sind die entsprechenden Integrale mittels numerischer Verfahren zu lösen. Der aerodynamisch wirksame Anstellwinkel ist von x abhängig. Deshalb und aufgrund der zunächst noch unbekannten Anströmverhältnisse sind Rechnungen in Form von Iterationen erforderlich.
58
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
Stehen für die Profilbeiwerte keine Polaren zur Verfügung, dann können, wie in Gl. (4.40), für die mittleren Widerstandsbeiwerte Ansätze der folgenden Art herangezogen werden: nach Knight : (4.42) c d 0 = c d 0 min + ε ⋅ α 2 oder nach Sissingh : (4.43) c d 0 = δ0 + δ1 ⋅ α + δ 2 ⋅ α 2 Solche Berechnungen sind nur mit elektronischen Rechenanlagen zu bewältigen. Für jedes einzelne Blattelement werden für eine hinreichende Zahl von Umlaufwinkeln und einer ausreichenden Anzahl von Stützstellen über der Blattlänge der komplette Satz der Luftkäfte und -momente errechnet. Grundlagen hierbei sind, neben der Geometrie, Rundumpolaren aller verwendeten Profile im Bereich niederer bis hoher Machzahlen. In die Integration werden dann in der Regel die Luftkäfte und -momente aller anderen Bauteile mit einbezogen, womit also gleich der gesamte Hubschrauber berechnet wird. Mit iterativer Ermittlung aller erforderlichen Steuerwinkel, mit dem Ziel einen stationären Flugzustand zu berechnen, entsprechend den vorgegebenen Flugparametern. Die Schub- und Leistungsbedarfsberechnungen erfolgen somit im Rahmen von Trimmrechnungen. Entsprechende Programme existieren in jeder Firma, die sich mit Hubschraubern befasst. Dieser Übergang zu mehr formalisierten numerischen Simulationen erfordert Spiegelung der Ergebnisse an der Realität. Profunde Kenntnisse aller Funktionsprinzipien sind dazu auch weiterhin unabdingbar. Trimmrechnungen sind in der gesamten Spanne möglicher Fluggeschwindigkeiten durchzuführen. Hier wird ein zweiter Vorteil der Blattelementenmethode sichtbar. Sie ist nicht auf die Schwebeflugnähe begrenzt. Bei der Bestimmung der Anströmungen kann für jedes Blattelement die Vorwärtsgeschwindigkeit problemlos vektoriell addiert werden. Mit und trotz der genannten vereinfachenden Annahmen bildet die Blattelementenmethode die realen Verhältnisse gut ab. Damit ist die Basis zu legen zum Verständnis der Flugmechanischen Grundlagen des Hubschraubers. 4.2.1 Ideale Verwindung Eine wichtige Vergleichsbasis ergibt sich aus einer speziellen Blattgestaltung, der mit idealer Verwindung. Diese ist so gewählt, dass über der gesamten Rotorkreisfläche die gleiche Durchflussgeschwindigkeit vi0 herrscht, was einer gewissen Optimalauslegung entspricht. Diese Annahme stammt aus der Tragflügeltheorie. Unter dieser Bedingung treten im Strömungsfeld keine Schergeschwindigkeiten auf, eine der Ursachen für Strömungsverluste durch Verwirbelungen innerhalb des Stromfadens. Mit und trotz der genannten vereinfachenden Annahme bildet die Blattelementenmethode die realen Verhältnisse gut ab. Damit ist die Basis zu legen zum Verständnis der flugmechanischen Grundlagen des Hubschraubers. Der Rotor mit ideal verwundenen Blättern und konstanter Blatttiefe kann mit Hilfe geschlossener Lösungen berechnet werden. Im Schwebeflug soll also vi0(x) = konstant sein. Diese Bedingung kann durch geeignete Wahl des baulich vorzusehenden geometrischen Anstellwinkels als Funktion über der Blattlänge zu erfüllt werden.
4.2 Die Blattelementenmethode
59
Zunächst gilt für den induzierten Winkel an der Blattspitze: Φ Tip =
vi0 Ω⋅R
(4.44)
und für jede Stelle des Blattes : Φ = vi0 Ω⋅r
(4.45)
Durch gleichsetzen der induzierten Geschwindigkeiten ergibt sich: Φ = ΦTip ⋅
R r
(4.46)
Bild 4.7 Ideale Verwindung
Dies entspricht einem hyperbolischen Verlauf des induzierten Winkels, zur Blattspitze hin zudrehend. Um diesen Verlauf zu verwirklichen, ist der lokale geometrische Anstellwinkel Θ dem entsprechend, nämlich auch hyperbolisch, baulich vorzusehen: Θ = ΘTip ⋅
R r
(4.47)
was mit der Verwindung verwirklicht wird. Die Blätter werden dazu, zur Spitze hin zudrehend, also mit der Profilnase nach unten, verwunden. In der Praxis wird der hyperbolische Verlauf nur angenähert, oft linear. Gelegentlich, etwa zur Verbesserung von Strömungsproblemen an den Blattwurzeln und -spitzen, aber auch in Fällen anderer Optimierungen, stärker vom Ideal abweichend; unter Verzicht auf das durch Verwindung zu erreichende Leistungsoptimum. Zusätzlich müssen immer Kompromisse gefunden werden zwischen den Forderungen des Schwebefluges und denen anderer Flugfälle. Im Vorwärtsflug verursachen zu große Verwindungen inakzeptabel starke Vibrationen. Um starke Bodeneffekte und günstige AR-Eigenschaften zu erreichen sind ebenfalls moderate Verwindungen günstiger. Der Verlauf des lokalen Steuerwinkels ist durch die Verwindung festgelegt, sein Betrag ist mit der Ansteuerung veränderlich, wie in Bild 4.7 dargestellt.
60
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
Mit Gl. (4.45) wird Gl. (4.34), für z Blätter: dS ≅ dA = z ⋅
ρ (Ω ⋅ r )2 ⋅ a ⋅ R ⋅ (ΘT − ΦT ) ⋅ c ⋅ dr 2 r
(4.48)
Dies entspricht einer linearen, dreieckförmigen Verteilung des Auftriebes über der Blattlänge, dies zeigt Bild 4.10. Mit c = konst. ergibt sich: S = z⋅
3 ρ 2 ⋅ Ω ⋅ a ⋅ R ⋅ (ΘT − Φ T ) ⋅ c 2 2
(4.49)
Die S von Gln. (4.48) und (4.38) können gleichgesetzt werden, wodurch entsteht: cT =
a ⋅z⋅c (ΘT − Φ T ) 4⋅π⋅R
(4.50)
z⋅c π⋅R
(4.51)
a ⋅σ ⋅ (Θ T − Φ T ) 4
(4.52)
und mit der Flächendichte: σ=
wird: cT =
Dies ist der Schub- (hier: Thrust-)-beiwert eines Rotors mit z ideal verwundenen Blättern. cT/σ abzuleiten aus Gl. (4.52) ist die Blattbelastung, eine weitere grundlegende Auslegegröße. Entsprechendes Vorgehen liefert das für die Drehung des Rotors benötigte Drehmoment M und damit die benötigte Leistung. dM = z ⋅
ρ (Ω ⋅ r )2 ⋅ c ⋅ (c d 0 + c wi ) ⋅ r ⋅ dr 2
(4.53)
Mit d , einem mittleren cd0 für das gesamte Blatt: dM = z ⋅
2 ⎤ ⎡ ρ 2 3 ⋅ Ω ⋅ r ⋅ c ⋅ ⎢δ + Φ T ⋅ R ⋅ (ΘT − ΦT ) ⋅ a ⎥ ⋅ dr 2 r2 ⎦⎥ ⎣⎢
(4.54)
Das Moment aus dem Profilwiderstand wächst linear mit r, das vom induzierten Widerstand verursachte aber mit r²! Es kann also wirtschaftlicher sein, die Schuberzeugung mehr in die Blattmitte zu legen, durch modifizierte Verwindung oder durch mit x geeignet veränderlichen Blatttiefen. M = z⋅
ρ 2 4 ⎤ ⎡δ ⋅ Ω ⋅ R ⋅ c ⋅ ⎢ + a ⋅ ΦT ⋅ (ΘT − Φ T )⎥ 4 2 ⎦ ⎣
(4.55)
daraus ergibt sich die Rotorleistung entsprechend: N Ro = M ⋅ Ω
(4.56)
4.2 Die Blattelementenmethode
61
Die Momente entsprechend den Gln. (4.36) und (4.55) können gleichgesetzt werden, mit Gl. (4.51) ergibt sich: cQ =
ρ ⎡δ ⎤ ⋅ + a ⋅ ΦT ⋅ (ΘT − Φ T )⎥ 4 ⎢⎣ 2 ⎦
(4.57)
Dies ist der Drehmomenten- (oder Torque-)-beiwert eines Rotors mit z ideal verwundenen Blättern. Durch Gleichsetzen der aerodynamisch wirksamen Anstellwinkel (ΘΤ - ΦΤ) von Gl. (4.52) und Gl. (4.57) erhält man: cQ =
σ⋅δ + ΦT ⋅ cT 8
(4.58)
Aus der Strahltheorie ist die induzierte Geschwindigkeit im Schwebeflug bekannt, womit sich mit Gl. (4.52) ergibt: vi 0 =
S 2 ⋅ ρ ⋅ π ⋅ R2
=
2 cT ⋅ π ⋅ R 2 ⋅ ρ ⋅ (Ω ⋅ R ) = Ω ⋅ R ⋅ cT 2 2 ⋅ ρ ⋅ π ⋅ R2
(4.59)
Damit wird der induzierte Winkel an der Blattspitze: ΦT =
vi 0 = Ω⋅R
cT 2
(4.60)
mit der Gl. (4.60) in Gl. (4.58) eingesetzt erhält man den Torquebeiwert in folgender Form: 3
cT 2 + σ ⋅ δ cQ = 8 2
(4.61)
In dieser Gleichung sind offensichtlich die Einflüsse der realen Geometrie und des Profilwiderstandes im rechten Glied zusammengefasst, sie machen den Unterschied aus, zwischen dem idealen, also dem induzierten Anteil cQi, zum gesamten, realen Torquebeiwert. Dementsprechend ergibt sich folgender Wirkungsgrad zwischen Leistungsbedarf und Schuberzeugung: 3
η=
c Q , ideal cQ
=
cT 2 2 3 cT 2
2
+
σ⋅δ 8
(4.62)
62
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
Diese Gleichung wird später, in einer ergänzten Form, im Rahmen der Rotorauslegung benutzt um für Neuentwürfe Flächendichten optimaler Wirkungsgrade festzulegen. Aus der Gl. (4.62) ergeben sich Tendenzen zur Verbesserung dieses Wirkungsgrades durch geeignete Wahl des Schubbeiwertes und der Blattbelastung cT/σ, entsprechend den Bildern 4.8 und 4.9. Die dargestellten Kurven werden jedoch im oberen Bereich noch zu modifizieren sein. 1
η
1
η
σ1 σ2
δ = konst. σ = σ Rotor
δ = konst. σ2>σ1 0
cT
Bild 4.8 Schwebeflugwirkungsgrad über der Blattbelastung
0
cT / σ
Bild 4.9 Schwebeflugwirkungsgrad über den Schubbeiwert
Um gute Wirkungsgrade zu erreichen müssen demnach der Schubbeiwert cT und die Blattbelastung cT/σ möglichst hoch gewählt werden. Dies stößt jedoch an Grenzen, deren Ursachen oben vernachlässigt wurden, repräsentiert durch die Unveränderlichkeit des angenommenen δ. Später wird δ = f(α,M). Hohes cT wird erreicht durch sehr schlanke Blätter, die immer nahe am ca,max arbeiten, und damit weitab von günstigen cw-Werten. Mit Steigerung der Flächendichte, also mit tieferen Blättern und/oder höherer Blattzahl, könnte der Tendenz zu inakzeptabel hohen ca,max begegnet werden. Damit wäre aber der Beiwert für den Blattreibungswiderstand nicht zu halten, er würde anwachsen, wodurch auch hier der Wirkungsgrad η fiele. Die ideale Verwindung wird baulich nur angenähert. Aber schon lineare Verwindungen von 10° bis 14° können die Schwebegüte um ca. 5% verbessern. In der Strahltheorie wurde die induzierte Geschwindigkeit ebenfalls als gleich verteilt angenommen, die Verwindung also indirekt auch als ideal. Mit diesen Randbedingungen entspricht die nach Gl. (4.61) ermittelte Leistung, ohne dem rechten Verlustglied, der nach der Schwebeflugformel ermittelten, wieder ohne Berücksichtigung der dort später eingeführten Verluste. Hier treffen sich Strahltheorie und Blattelementenmethode. 4.2.2 Mittlere aerodynamische Beiwerte und Einstellwinkel Der cT -Beiwert wurde aus praktischen Gründen eingeführt, er ist in amerikanischer Literatur üblich. Wesentlich anschaulicher ist aber der ähnliche mittlere aerodynamische Auftriebsbeiwert c A .
4.2 Die Blattelementenmethode
63
Er ist über folgende Gleichung definiert: R
G = S = c A⋅ ∫ z ⋅ 0
ρ ⋅ (Ω⋅r )2 ⋅ c ⋅ dr 2
(4.63)
mit Gl. (4.28) ergibt sich: c A = 6⋅
cT σ
(4.64)
Dieser Beiwert kann direkt mit dem ca,max des verwendeten Profils in Relation gesetzt werden. Er gibt an, wieviel des maximal möglichen Auftriebs ausgenutzt ist. Durch seine Dichteabhängigkeit wächst er mit zunehmender Flughöhe, bis, bei Gleichheit mit ca,max , die maximal mögliche Höhe erreicht ist. Der mittlere aerodynamische Auftriebsbeiwert, er ist proportional der Blattbelastung cT/σ, ist ein wichtiger Auslegungsparameter. Er wird in Kap. 9 zur Feststellung der Flattergrenze benutzt. Zum mittleren Auftriebsbeiwert gehört ein mittlerer Anstellwinkel entsprechend: cT . (4.65) c A = α ⋅a = 6⋅ σ Worin, wie aus Bild 4.5. ersichtlich, die Steigung der aufgelösten Polaren a etwas weniger als 2π beträgt. Womit sich ergibt: α = cT σ in rad oder: α = 57,3 ⋅ cT σ in Grad.
(4.66)
Damit ist auch der in Gl. (4.53) verwendete mittlere Widerstandsbeiwert δ zu ermitteln. Nämlich aus der Polaren des verwendeten Profils, abgelesen bei einer mittleren Machzahl (üblich ist bei r/R = 0,75 weil sich gezeigt hat, dass, obwohl mit unterschiedlichen Verwindungen gebaut, alle Blätter an dieser Stelle mit nur minimalen Abweichungen die gleichen Anstellungen aufweisen). Aus Gl. (4.51), der Bedingung (4.43) und Gl. (4.15) ergibt sich der nötige geometrische Einstellwinkel an der Blattspitze: ⎞ ⎛4 ΘTip = 57,3 ⋅ ⎜ ⋅ cT σ + cT 2 ⎟ in Grad a ⎠ ⎝
(4.67)
4.2.3 Reale und sonstige Effekte Auch die idealisierte Blattelementenmethode kann eine Reihe auftretender Effekte nicht oder nur unzureichend erfassen. Schon durch den Übergang von der idealen zur realen Verwindung wächst cWi. Für die wichtigsten Effekte sind entsprechende Korrekturen vorzunehmen. Die Profileigenschaften wurden bisher nur angenähert. Der Übergang auf reale Charakteristika kann Nach- aber auch Vorteile bringen. Vor allem auf Grund der rotorspezifischen Arbeitsbedingungen und Effekte ist die Profilauswahl bzw. die Blattgestaltung sehr komplex. Darauf wird später im Rahmen der Rotorauslegung einzugehen sein.
64
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
4.2.3.1 Ungleichförmige induzierte Geschwindigkeit Mit einer Kombination aus Strahltheorie und der etwas variierten Blattelementenmethode kann, mit einem Minimum an vereinfachenden Annahmen, der nicht mehr notwendigerweise gleich verteilte Verlauf der induzierten Geschwindigkeit ermittelt werden, die Darstellung ist [ 3 ] entnommen. Die Ungleichförmigkeit entsteht durch die Blattspitzenwirbel und deren gegenseitige Beeinflussung. Die Gl. (4.34) lautet: ρ dA ≈ dS = z ⋅ ⋅ (Ω⋅ r )2 ⋅ a ⋅ (Θ − Φ ) ⋅ c ⋅ dr 2
(4.68)
Aus Gl. (4.12) kann abgeleitet werden: dS = 2 ⋅ ρ ⋅ dr ⋅ 2 ⋅ r ⋅ π ⋅ (v z + v i ) ⋅ v i
(4.69)
Wobei hier über Ringflächen: 2rπdr integriert wird. Die dS von Gl. (4.68) und Gl. (4.69) können gleichgesetzt werden. Unter Beachtung von Gl. (4.13) und dem lokalen induzierten Anstellwinkel entsprechend Gl. (4.35), ergibt sich, nach vi aufgelöst: ⎡ ⎤ ⎛ v ⎞ 2 ⋅ Ω ⋅ r ⋅ ⎜Θ − z ⎟ ⎢ ⎥ Ω⋅r ⎠ ⎛ vz z ⋅ a ⋅ c ⋅ Ω ⎞ ⎢ ⎝ ⎥ 1 − ⎟⋅ ⎢ 1+ v i (r ) = ⎜ + ⎥ 4 ⋅ π ⋅ v 2z 16 ⋅ π ⎠ z ⋅a⋅c⋅Ω ⎝2 + vz + ⎢ ⎥ 2⋅a⋅c⋅Ω 16 ⋅ π ⎢⎣ ⎥⎦
(4.70)
oder mit s(x) = z×c(x)/p×R und x = r/R: ⎤ ⎡ ⎥ ⎢ ( ) a R x R ⋅ Θ ⋅ ⋅ Ω ⋅ − ⋅ ⋅ Ω ⋅ 2 ⎞ ⎢ ⎛ vz σx vz ⎥ − 1 ⎟ ⋅ 1+ v i (x ) = ⎜ + ⎥ 4 ⋅ v 2z 16 σ ⎠ ⎢ ⎝2 x⋅a⋅Ω⋅ R + vz + ⎥ ⎢ a R ⋅ ⋅ Ω ⋅ 16 σx ⎦ ⎣
(4.71)
Mit diesen Funktionen vi(r) oder vi(x) lässt sich der induzierte Winkel an jeder Stelle r oder x berechnen:
(x ) + v z Φ(x ) = v i Ω⋅r ⋅x
(4.72)
Mit dem baulich vorgesehenen, also bekannten, geometrischen Anstellwinkel Θ(x), der Blattiefe die jetzt auch eine Funktion c(x) sein darf, und dem induzierten Winkel nach Gl. (4.72), kann mit Hilfe von Gl. (4.34) der Schub berechnet werden. Gleichungen wie (4.70) und (4.71) ergeben sich auch aus der Wirbeltheorie (s. Spezialliteratur), die herangezogen wird für genauere Berechnungen des Rotornachstromes.
4.2 Die Blattelementenmethode
65
4.2.3.2 Blattspitzenverluste Die Gl. (4.34) kann unter Beachtung der Bedingung (4.45) in folgende Form umgeschrieben werden: dA ρ 2 = ⋅ Ω ⋅ a ⋅ (ΘT − ΦT ) ⋅ c ⋅ R ⋅ r dr 2
(4.73)
Das entspricht einer Dreieckverteilung des Auftriebes über der Blattlänge, wie in Bild 4.10 gezeigt. Das gilt für alle Umlaufwinkel und bis zu relativ hohen Fluggeschwindigkeiten. Erst die Machzahl- und Überzieheffekte verzerren diese Verteilung. Zwischen dem Überdruck an der Blattunterseite und Unterdruck an der Blattoberseite findet sowohl am inneren Beginn des profilierten Blattes als auch an der Blattspitze ein gewisser Druckausgleich statt. Dieser führt zu Schubverlusten. Der innere ist minimal, da dort entsprechend der genannten Verteilung der Druckunterschied gering ist.
theoretisch
Ω
x0
BR R (x=1) x
Bild 4.10 Auftriebsverteilung
Der Verlust an der Blattspitze kann nach Prandtl und Betz (der Effekt tritt auch beim Tragflügel auf) mit Hilfe des folgenden Ansatzes abgeschätzt werden: B = 1−
2 ⋅ cT z
(4.74)
B dient dazu die rechnerische Lauflänge der Luftkraftintegrale über der Blattlänge einzuengen. Eine gute Annäherung ergibt sich nach: B = 1−
c Blattspitze , (Größenordnung ≈ 0,97) 2⋅R
(4.75)
Die obere Grenze der Integration liegt etwa so, dass durch sie oberhalb der realen Auftriebsverteilung eine gleich große Fläche einbezogen wird, wie sie unterhalb abgeschnitten wird.
66
4 Grundzüge der Leistungsrechnung
Im Innenbereich wäre ähnlich vorzugehen. Doch bewirkt hier der Umströmungseffekt im Vergleich zur Länge des cut out: x0, nur eine zu vernachlässigende Verkürzung der Laufweite des Integrals. Die neue Bezugs-Kreis-(ring-)fläche wird also:
(
)
(4.76) F eff = F ⋅ B 2 − x 02 Dies verursacht entsprechend höhere Flächenbelastungen, Durchströmgeschwindigkeiten, größeren Einstell- und Induktionswinkel, größere mittlere Auftriebsbeiwerte, mittlere Anstellwinkel und mittlere Widerstände. Zum Beispiel ergibt sich: Der gesteigerte Leistungsbedarf, aus Gl. (4.61) zu: 3
cT 2
cQ =
(
)
+
δ⋅σ 8
(4.77)
2 ⋅ B 2 − x 02 Mit reduzierter Schubausbeute, entsprechend Gl. (4.51):
(
)
σ ⋅ a ⋅ B 2 − x 02 ⋅ (ΘT − ΦT ) 4 Ursachengemäß sind diese Umströmungseffekte zu berücksichtigen: cT =
(4.78)
• nur bei der Berechnung der auftriebsabhängigen Beiwerte cT und cQi, • nicht die für die Berechnung des Widerstandsbeiwertes cQ0. Aus Gl. (4.66) wird: cT α = 57,3 ⋅ 2 σ 2 B − x0
(4.79)
und aus Gl. (4.67): ⎛ cT ⎜4 cT σ + ΘTip = 57,3 ⋅ ⎜ 2 ⋅ B 2 − x 02 ⎜ a B 2 − x 02 ⎜ ⎝
(
)
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
(4.80)
4.2.3.3 Trapezform, Zuspitzung Im Zusammenspiel mit der Verwindung kann die Trapezform der Blätter den Wirkungsgrad entsprechend Gl. (4.62) noch verbessern. Die örtlichen Blattiefen können so gewählt werden, dass an jeder Stelle r das Profil in seinem Leistungsoptimum arbeitet, d.h. dass alle Blattabschnitte, bei gleicher Profilierung, mit dem gleichen Anstellwinkel d.h. Auftriebsbeiwert arbeiten. Mit den gleichen Ausgangsgleichungen wie zur Berechnung der nichtliearen induzierten Geschwindigkeit Gl. (4.34) ergibt sich: vi 0 = v1 = Ω ⋅
z ⋅ c ⋅ r ⋅ ca 8π
(4.81)
4.2 Die Blattelementenmethode
67
Sollen v1 und ca konstant sein, dann muss die Blattiefe c einen hyperbolischen Verlauf erhalten: c=
cTip
(4.82)
r R
Ein solcher Rotor hätte in der Rotormitte unendlich tiefe Blätter. Der cut-out verhindert das. Die geometrische Anstellung ist dann die Summe aus (konstanter) aerodynamischer Anstellung und induziertem Anstellwinkel: Θ = α + v1 ⋅ r Ω
(4.83)
Rotorauslegungen mit idealer Verwindung bei konstanter Blattiefe, oder mit optimaler Trapezform und ohne Verwindung stellen Zwischenoptima dar. Ein Rotor mit idealer Kombination von Blattiefenverlauf und Verwindung stellt den absolut optimalen Rotor dar, aus Sicht der Leistungsoptimierung. Praktisch kann sein Umriss nur angenähert werden. Die Blattiefe an der Spitze darf zusätzlich nicht zu klein werden, weil sonst der Wert für ca,max einbricht und die Re-Zahl zu klein wird, wodurch hohes cw entsteht! Mit guter Trapezierung können 3–4% Schubgewinn erzielt werden. 4.2.3.4 Bodeneffekt Bei Schwebeflügen in Bodennähe (rechte Bildhälfte von Bild 4.11) kann die Luft nicht frei nach unten abströmen, sie wird vor dem seitlichen Abströmen gestaut. Durch diesen Staueffekt: • wird die induzierte Geschwindigkeit kleiner als im freien Flug: vi0,IBE