Finger, Bilder, Rechnen - Anleitung: Förderung des Zahlverständnisses im Zahlraum bis 10. Anleitung
 9783666462467, 3525462468, 9783525462461

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Heidrun Claus / Jochen Peter

Finger, Bilder, Rechnen Förderung des Zahlverständnisses im Zahlraum bis 10 Unter Mitarbeit von Albrecht Gründler, Anita Rudolph und Sabine Schulz

Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar. ISBN 3-525-46246-8

© 2005, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen. Internet: www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Herstellung: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

A.

Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

I.

Vom Rechnenlernen und seinen Schwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Bedeutung des Zahlraums bis 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entwicklung des Zahl- und Operationsverständnisses im Zahlraum bis 10 . . . . . . . . . . . . . . 3. Störungen im Erwerb mathematischer Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Förderung bei mathematischen Lernschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 9 9 14 17

II.

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zielsetzung, Zielgruppe und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Leitorientierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Arbeitsmittel: Finger und Zehnerfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Fördermethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zum praktischen Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 18 19 19 22 24 25

B.

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

I.

Das Verständnis der Kardinalzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Lernschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

II.

Das Verständnis der Zahlzerlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Lernschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

III. Das Verständnis der Addition und Subtraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Lernschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

C.

Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

1.

Die Arbeitsmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

2.

Die Fingerbilder der Zahlen von 0 bis 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

6

Inhalt

3.

Die Darstellung der Zahlen von 0 bis 10 im Zehnerfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

4.

Die Darstellung der Zerlegungen der Zahlen von 2 bis 10 durch Fingerbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

5.

Die Darstellung der Zerlegungen der Zahlen von 2 bis 10 im Zehnerfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

6.

Facheinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

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Vorwort

Das Rechnen mit Hilfe der Finger steht in keinem guten Ruf. Vielfach gilt es gar als Inbegriff des Scheiterns der Lernbemühungen im mathematischen Bereich. Das ist – so paradox es klingen mag – zutreffend und ungerecht zugleich. Denn einerseits lässt sich tatsächlich beobachten, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die »noch« mit den Fingern rechnen, wesentliche Lernschritte nur sehr langsam, unvollständig oder gar nicht bewältigen: Sie haben meist große Schwierigkeiten, die Grundaufgaben des kleinen Einspluseins und des kleinen Einsminuseins zu erwerben, den Stellenaufbau unserer Zahlen zu verstehen und sinnvolle Strategien des Kopfrechnens im erweiterten Zahlraum zu entwickeln. Auf der anderen Seite ist es jedoch ungerecht, diese Schwierigkeiten und Misserfolge den Fingern anzulasten. Vielmehr ist es die zugrunde liegende Rechenstrategie – das zählende Rechnen – und das mit ihr verbundene einseitige Zahlverständnis, die dem weitergehenden Lernfortschritt im Wege stehen. Das bemerken Lehrer und Eltern immer dann, wenn sie ihre Kinder auffordern, nun endlich einmal die Finger wegzulassen – nur um festzustellen, dass sich dadurch die Schwierigkeiten im Rechnen eher verstärken als abmildern. Werden die Finger dagegen als Lern- und Arbeitsmittel im Zusammenhang eines mengenorientierten Zahl- und Rechenverständnisses benutzt, so legen sie eine bemerkenswerte Produktivkraft an den Tag. Tatsächlich gehören sie zu den ältesten Rechenwerkzeugen des Menschen (Ifrah 1991). Sie sind stets verfügbar und leicht handhabbar. Eine zentrale Bedeutung kommt ihnen deswegen zu, weil sie durch ihre Anordnung den Aufbau anschaulicher Vorstellungsbilder für Mengen in ihrer Gesamtheit außerordentlich erleichtern, ohne dass diese jeweils einzeln zählend ermittelt werden müssen. Es liegt daher nahe, die Finger als Arbeits- und Lernmittel für den Erwerb grundlegender mathematischer Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb des Zahlraumes bis 10 heranzuziehen. Beim Rechnen und Rechnenlernen mit Hilfe der Finger ist also darauf zu achten, dass sie nicht als

Hilfsmittel eines zählenden Rechnens benutzt werden. Stattdessen ist der Erwerb eines mengenorientierten Rechenverständnisses zu fördern: Fingerrechnen – aber richtig. Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA) ist ein systematisches Programm zur Förderung des Zahl- und Rechenverständnisses im Zahlraum bis 10. Es besteht allerdings nicht der Anspruch, den gesamten Schulstoff der ersten Klasse abzudecken. Der Lernende soll zunächst die Zahl als Anzahl (kardinaler Zahlaspekt) sowie die Zahlzerlegungen verstehen und beherrschen lernen. Auf dieser Grundlage wird der Erwerb geeigneter Strategien eines teilmengenorientierten Rechnens unterstützt, der schließlich in die sichere Beherrschung der Ergebnisse der Grundaufgaben in diesem Zahlraum mündet. Die eigenen Finger werden dabei als ein Lernmittel eingesetzt, das Zahleigenschaften, Zahlbeziehungen und Rechenoperationen erfahrbar macht. Sie werden ergänzt durch ein zweites Arbeits- und Lernmittel: das Zehnerfeld. In ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden ergänzen sich diese beiden Darstellungsmedien in optimaler Weise. Das Förderprogramm ist im Verlaufe einer über zwölfjährigen lerntherapeutischen Arbeit im Rahmen des Institutes für Mathematisches Lernen – Praxis für Dyskalkulietherapie Hamburg entwickelt worden. Dabei wurden wichtige sonderpädagogische Konzepte (Kutzer und Probst) ebenso aufgegriffen und verarbeitet wie neuere mathematikdidaktische Untersuchungsergebnisse (Gerster und Schulz). Wesentliche Anregungen ergaben sich auch durch den Erfahrungsaustausch mit anderen lerntherapeutischen Einrichtungen. Der mehrjährige praktische Einsatz des Programms in der lerntherapeutischen Arbeit unseres Institutes hat gezeigt, dass es eine hohe Wirksamkeit in der Erreichung der eigenen Ziele besitzt. Eine empirische Evaluation ist in Vorbereitung. Das Programm richtet sich an Lehrer, Sonderpädagogen und andere Fachkräfte (im Praxisteil

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Vorwort

»Anwender« genannt) die mit der Förderung mathematischer Grundlagenkenntnisse befasst sind. Es kann zum einen im Rahmen des Förderunterrichtes eingesetzt werden. Zum anderen können Lehrer ihm auch Anregungen für die Gestaltung des Regelunterrichtes entnehmen. Allerdings nehmen innerhalb des Programms die individuelle Rückmeldung und das gemeinsame Gespräch über die einzelnen Lernschritte einen breiten Raum ein. Damit sind der Gruppengröße enge Grenzen gesetzt – es wird empfohlen, nicht mehr als zwei Teilnehmer pro Fördergruppe vorzusehen. Kinder erwerben das Verständnis der Zahlzerlegungen und eines mengenorientierten Rechnens in der Regel im Verlaufe des ersten Schuljahres. Damit ist eine untere Altersgrenze für die Zielgruppe des Förderprogramms gesetzt. Nach oben hin ergibt sich keine eindeutige Altersgrenze. Insofern Schwierigkeiten beim Rechnen auf die mangelhafte Beherrschung des Zahlraums bis zehn zurückzuführen sind, was bis ins Erwachsenenalter hinein der Fall sein kann, bietet sich die Arbeit mit den Fingerbildern an. Zwar zeigen ältere Kinder, Jugendliche und Er-

wachsene manchmal eine anfängliche Abwehr dagegen, mit Fingern und Zehnerfeld zu arbeiten. Wenn es jedoch gelingt, sie von der Nützlichkeit dieses Vorgehens zu überzeugen, erweist es sich auch in diesen Altersgruppen als ausgesprochen wirkungsvoll. Kein Förderprogramm ist jedoch so vollkommen, dass es nicht noch verbessert werden kann. Daher sind wir, die Autoren des Hamburger Zahl- und Rechenaufbaus, sehr daran interessiert, Rückmeldungen und Erfahrungsberichte von den unterschiedlichen Anwendern zu erhalten. Als Kontaktmöglichkeit möchten wir dazu auf die Web-Site www.iml-hamburg.de aufmerksam machen. Hier finden Interessierte auch die Adressen von Einrichtungen im deutschsprachigen Raum, die bei Lernschwierigkeiten im mathematischen Bereich durch Angebote der Diagnose, Beratung und der Therapie weiterhelfen können. Für fachübergreifende allgemeindidaktische Beratung danken wir Prof. Gerhard Henke-Bockschatz, Universität Frankfurt.

Die Autoren Heidrun Claus, Pädagogin, ist bereits seit vielen Jahren als Lerntherapeutin mit dem Schwerpunkt mathematische Lernstörungen tätig. Seit 1992 ist sie Mitglied des Leitungsteams des Institutes für Mathematisches Lernen – Praxis für Dyskalkulietherapie Hamburg. Dr. Jochen Peter ist als Diplom-Psychologe seit 1983 mit den Schwerpunkten Lernstörungen im schriftsprachlichen und im mathematischen Bereich tätig. Seit 1992 ist er Mitglied des Leitungsteams des Instituts für Mathematisches Lernen – Praxis für Dyskalkulietherapie Hamburg.

Kontakt: Institut für Mathematisches Lernen – Praxis für Dyskalkulietherapie Grindelberg 45 D-20144 Hamburg Telefon: (040) 422 42 21 Fax: (040) 42 91 29 10 E-Mail: [email protected] Internet: www.iml-hamburg.de

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A. Theoretische Grundlagen

I.

Vom Rechnenlernen und seinen Schwierigkeiten

Die Bewältigung des Alltagslebens in unserer modernen Gesellschaft verlangt auf Schritt und Tritt den sicheren Umgang mit Mengen, Zahlen und Größen. Er gehört neben der Beherrschung der Schriftsprache zu den zentralen Grundkompetenzen, die der Heranwachsende erwerben muss. So wird Mathematik bereits in der Grundschule zu den wichtigsten Hauptfächern gerechnet. Die Leistungen in diesem Fach entscheiden mit über den schulischen Werdegang und über die berufliche Zukunft. Diese Zusammenhänge werden von den Kindern in den ersten Schuljahren nicht immer in ihrer vollen Tragweite durchschaut. Doch auch für sie hat das Erlernen mathematischer Kenntnisse in der Regel eine hohe subjektive Bedeutung: Sie wollen endlich die Uhrzeit verstehen oder mit Geld umgehen können. Vor allem aber wollen sie »gute Schüler« sein – und dazu gehören auch nach ihrer Auffassung gute Leistungen im Fach Mathematik.

1.

Rechenoperationen herausgebildet. Gelingt es dem Heranwachsenden, in diesen Teilbereichen zutreffende Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, so verfügt er über gute Voraussetzungen, um auch die weitergehenden Lernanforderungen erfolgreich zu bewältigen. Gelingt ihm dies hingegen nicht, so sind aufbauende Lernbemühungen bereits im Ansatz gestört. So verwundert es nicht, dass es einen Bedarf nach geeigneten Hilfestellungen gibt, um sich die Kenntnisse und Fertigkeiten, die diesem Zahlraum zugeordnet sind, erfolgreich anzueignen. Mit der vorliegenden Veröffentlichung legen wir ein im Laufe langjähriger Fördertätigkeit entwickeltes systematisches Konzept vor. Dieses Förderkonzept stützt sich auf die Analyse der Grundprozesse, die die Entwicklung mathematischer Kenntnisse und Fertigkeiten in diesem elementaren Zahlbereich auszeichnen und ist in seinem Aufbau diesen gemäß strukturiert.

Die Bedeutung des Zahlraums bis 10 2.

Einer Reihe von Schülern gelingt es nicht, sich mathematische Sachverhalte und Vorgehensweisen in zutreffender Weise anzueignen. Sie entwickeln fehlerhafte Rechenstrategien, kommen über ein rein schematisches Verständnis für Zahlbeziehungen und Rechenoperationen nicht hinaus oder haben Schwierigkeiten, sich neue Kenntnisse und Rechenstrategien anzueignen. Hier zeigt die Praxis der Lernförderung, dass die Bewältigung der Lernanforderungen, die sich innerhalb des Zahlraumes bis 10 stellen, eine Vorentscheidung für den weiteren Entwicklungsweg im mathematischen Bereich beinhaltet. In diesem grundlegenden Bereich werden die Weichen für den weiteren Lernprozess gestellt, wird das individuelle Verständnis für Zahlaspekte, Zahlbeziehungen und

Die Entwicklung des Zahl- und Operationsverständnisses im Zahlraum bis 10

2.1. Primat des mathematischen Verständnisses Im Bereich der mathematischen Kompetenz lassen sich individuelle Konzepte – also zum Beispiel Vorstellungen über die Eigenschaften von Zahlen und Rechenoperationen – und stärker praktisch ausgerichtete Fertigkeiten – wie die Fertigkeiten des Zählens oder die des Ausrechnens von Additionsaufgaben mit einem Zehnerübergang in mehreren Schritten – unterscheiden. Beide Bereiche bedürfen im Verlauf des Erwerbs der mathematischen Kompetenz einer zufrieden stellenden Entwicklung. Allerdings besteht hier die Gefahr, dass Rechenfertig-

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Theoretische Grundlagen

keiten in rein schematischer Form – also ohne ein zugrunde liegendes angemessenes Verständnis der Rechenoperation bzw. der dabei involvierten Zahlbeziehungen – erlernt werden. Die auf diese Weise erworbenen Fertigkeiten erweisen sich jedoch als wenig nützlich: Sie werden schnell vergessen, können nicht aus einem Verständnis der Sache heraus »rekonstruiert« werden. Außerdem bereitet es Schwierigkeiten, sie bei einem Wechsel der Aufgabenstellung sinngemäß abzuwandeln. Schematische Vorstellungen und Lösungsstrategien stellen daher häufig ein Kernproblem im Zusammenhang mathematischer Lernschwierigkeiten dar (Lorenz 2004; s. a. Gerster u. Schulz 2000, S. 40). Der Erwerb sinnvoller mathematischer Kompetenzen setzt daher voraus, dass Fertigkeiten auf der Grundlage eines angemessenen inhaltlichen Verständnisses der beteiligten Zahlen und Rechenoperationen angeeignet werden. Erst wenn Zahlen und Rechenoperationen in ihren charakteristischen Eigenschaften verstanden sind, können Rechen-, Zählund andere Fertigkeiten in einer Weise erworben werden, die ihren sinnvollen Einsatz und ihre dauerhafte Beherrschung gewährleistet.

mente einer Menge ungeachtet ihrer Beschaffenheit nur die Anzahl repräsentieren und dass die Anzahleigenschaft einer Menge weder durch die Beschaffenheit noch durch die Anordnung ihrer Elemente affiziert wird (Abstraktion auf Quantität). ■ Stück-für-Stück-Zuordnung als Verfahren des Mächtigkeitsvergleichs von Mengen. Jedem Element der einen Menge wird genau ein Element der anderen Menge zugeordnet. Das Ergebnis der Zuordnung ist im Hinblick auf die Gleichmächtigkeit oder Ungleichmächtigkeit zu beurteilen. ■ Klassifikation und Seriation von Mengen in Bezug auf ihre Mächtigkeit. Unterschiedliche Objektmengen lassen sich im Hinblick auf ihre Mächtigkeit ungeachtet der qualitativen Beschaffenheit ihrer Elemente einer Klasse zuordnen. Jede mächtigere Menge enthält dabei die Mengen geringerer Mächtigkeit (Klasseninklusion). Diese Klassen lassen sich unter dem Gesichtspunkt größerer oder geringerer Mächtigkeit anordnen (Seriation). Zahlwort und Zahlsymbol

2.2. Mengen-, Zahl- und Operationsverständnis im Zahlraum bis 10 Die Grundlegung der mathematischen Kompetenz erfolgt im Aufbau eines angemessenen Verständnisses für wesentliche Grundeigenschaften von Mengen, Zahlen und Rechenoperationen. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Einsichten und Fertigkeiten. Pränumerischer Mengenbegriff Das Verständnis für die Eigenschaften von Mengen umfasst mehrere Teilkompetenzen: ■ Zunächst ist die Fähigkeit zur Bildung von Mengen zu entwickeln. Dazu gehört die Fähigkeit, Objekte im Hinblick auf gleiche oder unterschiedliche Eigenschaften in Gruppen und Untergruppen einzuteilen (Abstraktion auf Qualität). ■ Repräsentanz und Invarianz. Hierbei ist ein Verständnis dafür zu entwickeln, dass die Ele-

Der Erwerb von Zahlworten und Zahlsymbolen begründet zum einen die Fähigkeit, die einzelnen Worte und Zeichen zu identifizieren und voneinander zu unterscheiden, sie aber zum anderen auch selber aktiv und regelgerecht zu bilden. Ordinaler Zahlaspekt Dieser Zahlaspekt richtet sich auf die Zahl als Teil einer Zahlenreihe. Sein Verständnis verlangt zunächst den Erwerb und die praktische Beherrschung einer Zahlen- oder Zahlwortreihe, innerhalb derer jede Zahl einen bestimmten Platz einnimmt, die durch Vorgänger- und Nachfolgerbeziehungen eindeutig festgelegt ist. Über das Zählen hinaus geht das Abzählen, bei dem jedem Element einer Objektmenge ein Zahlwort zugeordnet wird, um die Mächtigkeit der Menge zu ermitteln. Als Ordnungszahl im eigentlichen Sinne des Wortes ermöglicht die Zahl es schließlich, einem Objekt in einer geordneten Reihe von Objekten eine bestimmte Position zuzuordnen.

Vom Rechnenlernen und seinen Schwierigkeiten

Kardinaler Zahlaspekt Er bezieht sich auf die Zahl als Bezeichnung der Anzahl der Elemente einer Menge. Sein Erwerb verlangt daher die Verknüpfung von Zahlwort bzw. Zahlsymbol mit einer spezifischen Mengenvorstellung. Darin eingeschlossen ist, dass deren Anzahleigenschaft als Einheit erfasst wird, ohne die einzelnen Elemente abzuzählen. Zahlbeziehungen Im Vordergrund steht die Herausbildung des Verständnisses, dass eine Zahl aus anderen, kleineren Zahlen zusammengesetzt ist, und die Beherrschung der Zerlegungen. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung teilmengenorientierter Rechenstrategien. Hinzu kommt die Beherrschung der Hälfte-/Doppeltes- sowie der Größer-/KleinerRelationen. Addition und Subtraktion im Zahlraum bis 10 Diese Rechenoperationen müssen als Teilmengenoperationen verstanden werden: die Addition als Mengenvereinigung, die Subtraktion als Restmengenbildung. Die Rechenzeichen (Plus und Minus) sind mit Vorstellungen über entsprechende Mengenoperationen zu verknüpfen. Darüber hinaus sind die Beziehungen zwischen verschiedenen Aufgaben (Tauschaufgaben, Umkehraufgaben) zu verstehen. Aufbauend auf den Kenntnissen der Zahlzerlegungen einerseits, dem Verständnis für den Gehalt der Rechenoperationen andererseits werden Strategien zur Lösung sämtlicher Grundaufgaben der Addition und Subtraktion im Zahlraum bis zehn erworben und deren Ergebnisse durch Automatisierung bis hin zur auswendig abrufbaren Form angeeignet. Diese Teilkompetenzen stehen nun nicht unverbunden nebeneinander, so als gehe es um eine bloße Aneinanderreihung von Themen und Kenntnisbereichen. Vielmehr handelt es sich um Konzepte und Fähigkeiten, die untereinander in einem sachlogisch begründeten Entwicklungszusammenhang stehen. Dies bedeutet, dass Verständnisleistungen und Fähigkeiten einer »höheren« Stufe – sollen sie angemessen herausgebildet werden – den erfolgreichen

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Erwerb von Kenntnissen einer »niedrigeren« Stufe voraussetzen. Sie stützen sich auf diese Teilkompetenzen und integrieren sie im Rahmen komplexerer Kenntnis- und Fähigkeitsstrukturen (Probst 1983). So kann ein Verständnis der Rechenoperationen als Teilmengenoperationen erst dann herausgebildet werden, wenn die Zahl als Zusammensetzung aus anderen Zahlen gewusst wird. Die Durchführung von Additions- und Subtraktionsaufgaben ohne zählendes Rechnen setzt die Vertrautheit mit den Zahlzerlegungen voraus. Die Aneignung der Zahlzerlegungen ist wiederum nur auf der Grundlage eines gesicherten Verständnisses des kardinalen Zahlaspektes möglich. Dieses wiederum kann nur dann entwickelt werden, wenn im Umgang mit Mengen die Teilaspekte der Invarianz bzw. der Repräsentanz keine Schwierigkeiten mehr bereiten. Zur Veranschaulichung des Aufbaus der mathematischen Kompetenz des Heranwachsenden – zunächst innerhalb des Zahlraumes bis 10 – lässt sich das Bild eines geistigen Gebäudes heranziehen. Es besteht aus Konzepten und Verständnisbausteinen, die zum Teil wie verschiedene Stockwerke aufeinander aufbauen, zum Teil sich wie einzelne Zimmer zu einem Stockwerk zusammenfügen. Es wäre allerdings verfehlt zu glauben, dass die individuelle Entwicklung des einzelnen Kindes in jedem Fall der Abfolge dieser Entwicklungsschritte entspricht. Sie ist aufgrund der geistig-konstruktiven Tätigkeit des Kindes und der Besonderheiten der jeweiligen Lernumgebung individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt (Gerster u. Schulz 2000). Gleichwohl macht sich die sachlogisch begründete Voraussetzungsstruktur als regelndes Prinzip für den Lernerfolg geltend. Denn tatsächlich lässt sich beobachten, dass der Erwerb mathematischer Teilkompetenzen nur dann gelingen kann, wenn die dabei vorausgesetzten Kenntnisse bereits zutreffend beherrscht werden. Ist dies nicht der Fall, so ist der Erfolg des anvisierten Entwicklungsschrittes im Ansatz in Frage gestellt. Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Heranwachsende innerhalb des Zahlraumes bis 10 erwerben kann und muss, beziehen sich auf grundlegende Aspekte des Zahl- und Rechenverständnisses. Schon dadurch kommt dem gesicherten Verständnis des Zahlraumes bis 10 im Zusammenhang der mathematischen Kompetenzentwicklung eine Schlüsselstellung zu.

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Theoretische Grundlagen

Hinzu kommt, dass der Erwerb weiter gehender mathematischer Kenntnisse auf den Fähigkeiten, die innerhalb dieses Zahlraumes herausgebildet werden, aufbaut. Es lässt sich beobachten, dass die Entwicklung eines Verständnisses für den Stellenaufbau der Zahlen, für die Addition und Subtraktion zweistelliger Zahlen, aber auch die Ermittlung des Ergebnisses von Multiplikationsaufgaben durch geeignete Ableitungsstrategien – um nur drei besonders wichtige Beispiele zu nennen – offenbar darauf beruht, dass spezifische Kenntnisvoraussetzungen in der Auseinandersetzung mit dem Zahlraum bis 10 erworben worden sind. Nicht selten sind Probleme bis in den Sekundarbereich hinein darauf zurückzuführen, dass der Zahlraum bis 10 nur ungenügend beherrscht wird. Auf der anderen Seite zeigt die Untersuchung des Zahl- und Operationsverständnisses von Kindern mit Lernschwierigkeiten, dass sie gerade innerhalb des Zahlraums bis 10 auf besondere Hürden stoßen (Gerster 2004). Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Lernschritte: ■ Die Herausbildung des kardinalen Zahlverständnisses erfolgt nur mangelhaft, so dass ein ordinales Zahlverständnis dominiert: Die Zahl wird einseitig als Zählzahl aufgefasst. ■ Das Verständnis von Zahlen als Zusammensetzung aus anderen Zahlen, also der Zahlzerlegungen, bleibt ungenügend. ■ Das Verständnis der Rechenoperationen (hier der Addition und der Subtraktion) als Teilmengenoperationen unterbleibt. ■ Die rasche, mühelose Abrufbarkeit der Grundaufgaben (hier der Addition und der Subtraktion im Zahlraum bis 10) wird nicht geleistet. Der Förderung eines gesicherten Kenntniserwerbs innerhalb dieses Zahlraumes kommt deshalb eine Schlüsselstellung im Prozess der mathematischen Entwicklung zu.

2.3. Mathematisches Lernen Im Mittelpunkt mathematischer Lernprozesse steht die Herausbildung von geistigen Begriffen oder Konzepten. Mathematische Entwicklung ist daher

grundsätzlich als ein Prozess der Denkentwicklung aufzufassen. Die Veränderung bestehender Vorstellungen und der Aufbau neuer Konzepte verdankt sich dabei einer geistigen Tätigkeit der Abstraktion und der »Konstruktion« auf Seiten des lernenden Subjektes selbst (Piaget u. Szeminska 1972). Mathematische Konzepte besitzen folgerichtig eine eigene psychologische Qualität (Gerster u. Schulz 2000). Ihre Herausbildung oder Modifizierung findet zwar an anschaulichen Erfahrungen und Sinneswahrnehmungen ihren Ausgangspunkt und ihr Material. Sie ist jedoch nicht auf eine bloße Integration von Sinneswahrnehmungen und Gedächtnisfunktionen zu reduzieren. Neue Erfahrungen und Lernanregungen verarbeitet der Lernende, indem er sie zu seinen bereits vorhandenen Vorstellungen über Mengen, Zahlen und Rechenoperationen in Beziehung setzt. Ein Verständnis für mathematische Sachverhalte kommt daher nicht auf dem Wege eines einseitig-rezeptiven Prozesses zustande, in dem der Heranwachsende die ihm von anderen angebotenen Vorstellungen und Begriffe einfach übernimmt. Der Erwerb dieser Konzepte setzt vielmehr voraus, dass der Lernende sie vermittels eigener gedanklicher Aktivitäten und vor dem Hintergrund bereits bestehender Vorstellungen und Fähigkeiten selber »konstruiert« (Gerster u. Schulz 2000). Gleichwohl bleiben die Bedeutungszuweisungen anderer Menschen nicht ohne Einfluss auf diesen Prozess der individuellen Konzeptbildung. In der Interaktion mit anderen – etwa innerhalb des Schulunterrichtes – kommt es vielmehr zu einer Aushandlung der Bedeutung mathematischer Sachverhalte, die idealerweise in die Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses des jeweiligen Themas oder Sachverhaltes mündet. Daraus ergeben sich für die Gestaltung von Lernsituationen und Förderprozessen wichtige Konsequenzen: 1. Mathematisches Wissen kann nicht einfach übertragen werden. Es geht darum, Erfahrungen anzubieten, die dazu anregen, Vorstellungen und Rechenstrategien in einer konstruktiven Weise weiter zu entwickeln. 2. Dabei sind die Ausgangsvorstellungen zu berücksichtigen, die das Kind mitbringt. Insbesondere ist durch geeignete – gegebenenfalls förderdia-

Vom Rechnenlernen und seinen Schwierigkeiten

gnostische – Abklärungen sicherzustellen, dass es die Kenntnisvoraussetzungen, derer es für die Umsetzung eines Lernschrittes bedarf, auch tatsächlich besitzt. Lernangebote müssen auf diese Ausgangsvorstellungen zugeschnitten sein. Dies schließt auch die Auseinandersetzung mit bereits herausgebildeten Fehlkonzepten ein. Sie können nicht einfach übergangen und ignoriert werden; der Lernende sollte vielmehr im Dialog Gelegenheit bekommen, diese verständig zu korrigieren. 3. Die Rolle des Lehrers besteht also einerseits darin, solche Lernanregungen anzubieten, die auf den Entwicklungsstand des Lernenden ausgerichtet sind. Auf der anderen Seite trägt er durch geeignete Lerndialoge zur Herausbildung und Ausarbeitung der neuen Konzepte bei.

2.4. Der Aufbau mathematischer Konzepte auf dem Wege schrittweiser Verinnerlichung Die Welt der Zahlen erscheint gerade Kindern mit Lernschwierigkeiten häufig als eine abgeschiedene Welt der Symbole, in der eigene Regeln herrschen, die ohne Bezug zur Realität sind. Hier besteht die Gefahr, dass mathematische Sachverhalte rein schematisch aufgefasst werden. Solche »Kenntnisse« sind jedoch kaum geeignet, zur Lösung von Problemen in konkreten Anwendungssituationen beizutragen. Soll eine solche Fehlentwicklung vermieden werden, stehen die Kinder vor der Aufgabe, Zahlen mit zutreffenden Bedeutungen zu versehen. Dies geschieht dadurch, dass Zahlsymbole und Operationszeichen mit Vorstellungen verknüpft werden, die sich auf Quantitäten bzw. auf Handlungen mit den Quantitäten richten. Der Aufbau solcher quantitativer Vorstellungen birgt aber eine besondere Herausforderung in sich. Denn sie beziehen sich auf einen Wirklichkeitsaspekt, der gar nicht unmittelbar und in selbstständiger Form gegeben ist. Quantitäten wie die Anzahl 7 existieren in unserer Lebenswelt zunächst nur als Attribut konkreter Objektmengen. So mag es 7 Tage, 7 Zwerge oder 7 Weltwunder geben – aber die Zahl 7 an und für sich ist nie unmittelbar gegeben. Erst als Resultat einer Abstraktion und als kulturel-

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les Produkt – die vom Menschen geschaffene Zahl 7 – können wir sie als solche zum Gegenstand unseres vorstellenden und analysierenden Denkens machen. Wie gelangen Kinder nun in ihrer individuellen Entwicklung dazu, Zahlsymbole mit zutreffenden Bedeutungen zu versehen? Wie erwerben sie quantitative Vorstellungen? Dies geschieht in einem Prozess der fortschreitenden Verinnerlichung, die sich über mehrere Stufen vollzieht, die unterschiedlichen Repräsentationsweisen mathematischer Sachverhalte entsprechen (Aebli 1976; Bruner 1971). Stufe 1: Effektiver Vollzug einer Handlung mit Arbeitsmaterial Das Kind erhält durch geeignetes Arbeitsmaterial die Möglichkeit, Quantitäten und ihre Beziehungen in Form gegenständlicher Repräsentationen zu erfassen. Durch den handelnden Umgang mit Material lernt es die Eigenschaften und Beziehungen der Quantitäten und der Operationen mit ihnen kennen und untersucht sie. Dadurch eignet es sich mathematische Sachverhalte auf der Ebene des konkrethandelnden Umgangs an. Stufe 2: Aufbau anschaulicher Vorstellungsbilder Auf der nächsten Stufe gelangt der Lernende nun dahin, sich die Zahlen und mathematischen Operationen – so wie er sie im handelnden Umgang mit dem Material erkundet hat – innerlich vorzustellen. Der Erwerb solcher anschaulicher Vorstellungsbilder gestattet es ihm, sich bei der Repräsentation mathematischer Sachverhalte von dem unmittelbaren Vorhandensein des Arbeitsmaterials zu lösen. Stufe 3: Verknüpfung von Zahl- und Rechenzeichen mit den Vorstellungsbildern Diese Vorstellungsbilder werden mit Zahl- und Rechenzeichen und mit den entsprechenden Begriffen verknüpft. Dabei ermöglicht – etwa im Fall einer Rechenaufgabe – der wiederholte Wechsel zwischen einer bildlichen und einer zeichengebundenen Darstellung die Herausbildung eines zunehmend sicheren Verständnisses für die einzelnen Zahlen, Rechenzeichen und ihre Beziehungen im Gesamtzusammenhang der Operation. In einem weiteren Verinnerlichungsschritt geht der Lernende dazu über, die Zahl- und Rechenzeichen nicht

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Theoretische Grundlagen

mehr nur mit anschaulichen Vorstellungsbildern, sondern mit einer unanschaulichen, gedanklichen Repräsentation der quantitativen Struktur (Grissemann u. Weber 1990, S. 13f.) zu verknüpfen. Stufe 4: Automatisierung im Zeichenbereich Auf der Grundlage der vorangehenden Stufen wird das bedeutungszuweisende Verstehen von Zahl- und Rechenzeichen ebenso wie der Vollzug von Rechenoperationen soweit eingeübt, dass es in einer automatisierten Form erfolgen kann. Da diese Automatisierung auf der Grundlage eines entfalteten inhaltlichen Verständnisses erfolgt, ist sie nicht mit einem mechanisch-assoziativen Auswendiglernen zu verwechseln.

2.5. Anforderungen an das Arbeitsmaterial Aus den beschriebenen Stufen ergeben sich Anforderungen an das Arbeitsmaterial. Es erfüllt im Zusammenhang dieses Verinnerlichungsprozesses eine zweifache Funktion: Es dient einerseits dazu, quantitative Operationen in konkret-handelnder Form darzustellen. Auf der anderen Seite regt es ihre Verinnerlichung durch den Aufbau von anschaulichen Vorstellungsbildern an. Damit ergeben sich zwei grundlegende Kriterien für die Qualität solcher Arbeitsmaterialien: Sie müssen einerseits dem Anspruch genügen, die Eigenschaften und Beziehungen von Quantitäten darstellbar, handhabbar und erfahrbar zu machen. Auf der anderen Seite müssen sie den Gegebenheiten des Anschauungs- und Vorstellungsvermögens entsprechen – insbesondere der begrenzten Möglichkeit, Anzahlen visuell simultan zu erfassen. Allerdings verfügt auch das perfekteste Material nicht über die magische Eigenschaft, Kenntnisse und Lernschritte automatisch zu vermitteln. Das lernende Subjekt muss das Material vielmehr selbst erst einmal erkunden und verstehen, um dann mit seiner Hilfe die Eigenschaften und Beziehungen von Zahlen oder Rechenoperationen zu untersuchen und zu erlernen. Auch die zu verinnerlichende quantitative Handlung geht keineswegs in den unmittelbaren (wenn man so will: den physischen) Akten des Hantierens mit dem Arbeitsmaterial auf. Es ist vielmehr sicherzustellen, dass das lernende Sub-

jekt die Handlung als Darstellung einer quantitativen Struktur versteht. Dafür bedarf es einer »Aufmerksamkeitsfokussierung« (Lorenz 1992) auf die wesentlichen, also die quantitativen Aspekte des Ablaufs, die gleichbedeutend ist mit der Abstraktion von allen für die quantitative Struktur unerheblichen Aspekten des Materials und des Handlungsvollzuges (also z. B. der Farbe, der Größe und anderen Eigenschaften). Um diese Fokussierungs- und Abstraktionsprozesse zu erleichtern und zu fördern, ist die Einbettung des individuellen Aneignungsprozesses in einen Lerndialog nötig. Im Gespräch über das Arbeitsmaterial und die mit seiner Hilfe dargestellten Zahlbeziehungen und Rechenoperationen werden die in Entwicklung begriffenen Konzepte des Lernenden durch ihre Verbalisierung einer weiteren Klärung und Verdeutlichung zugeführt. Die Darstellung mathematischer Sachverhalte in unterschiedlichen Repräsentationsformen (konkrethandlungsgebunden, anschaulich-vorstellend oder zeichengebunden) ist nicht nur im Verlauf des ursprünglichen Erwerbs mathematischer Kognitionen von Bedeutung. Der flexible Wechsel zwischen unterschiedlichen Darstellungsformen stellt vielmehr eine wirksame Strategie zur Erschließung unklarer Aufgabenstellungen und zur Ermittlung passender Lösungswege dar. Daher spielt diese Fähigkeit im Gesamtzusammenhang der mathematischen Kompetenz eine bleibend wichtige Rolle.

3.

Störungen im Erwerb mathematischer Konzepte

3.1. Zählendes Rechnen Das zählende Rechnen ist eine häufig anzutreffende Fehlentwicklung. Zwar stützt sich die überwiegende Mehrzahl der Kinder bei der Lösung ihrer ersten Additions- und Subtraktionsaufgaben auf Zählstrategien. Den meisten von ihnen gelingt es aber im Lauf der Zeit, sich von dieser Vorgehensweise zu lösen und andere, effizientere Rechenstrategien zu erwerben. Bei einigen Schülern jedoch findet diese Ablösung nicht statt – sie bleiben dem zählenden Rechnen verhaftet. Damit drohen sie in eine Sackgasse ihrer mathe-

Vom Rechnenlernen und seinen Schwierigkeiten

matischen Kompetenzentwicklung zu geraten. Wenn es ihnen zu Beginn des 2. Schuljahres noch nicht gelungen ist, sich von dem Verfahren des zählenden Rechnens frei zu machen, sehen sie sich in zunehmendem Maße mit Lern- und Leistungsproblemen konfrontiert. In Folge dieser Lösungsstrategie kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen in den Rechenleistungen. Häufig nimmt der Rechenvorgang viel Zeit in Anspruch und verlangt ein hohes Maß an Konzentration. In der Regel kann er nur unter Zuhilfenahme von gegenständlichen Zählhilfen (zumeist der Finger) bewältigt werden. Hinzu kommt das Verzählen um 1 als eine systematische Fehlertendenz, die in der Art der Rechenstrategie begründet liegt (Gerster u. Schulz 2000, S. 362f.). Ist der Rechenvorgang bereits aufgrund der vorgenannten Schwierigkeiten stark fehleranfällig, so stellt sich häufig heraus, dass die Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben mit zweistelligen Zahlen auf dem Wege des Kopfrechnens nur sehr mühselig oder gar nicht mehr zu leisten ist. Die kognitive Verarbeitung von Zahlen und Rechenaufgaben ist daher insgesamt vielfach durch einen ausgeprägten Konkretismus beeinträchtigt, das heißt die mangelnde Ablösung von gegenständlichen Zahlrepräsentanten. Dabei schafft die schlichte Aufforderung zum Rechnen im Kopf keine Abhilfe. Denn in der Regel wird »im Kopf« selbstverständlich das fortgesetzt, was an den Fingern als unzulängliche Strategie durchgeführt wurde: die Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben durch das Vorwärts- und Rückwärtsgehen an der Zahlenreihe. Dies verlangt ein doppeltes Zählen: So ist zum einen das eigentliche Entlanggehen an der Zahlenreihe zu vollziehen, während auf der anderen Seite zugleich die Anzahl der Zählschritte selbst festgehalten und kontrolliert werden muss. Zur Bewältigung dieses doppelten Zählvorgangs werden in der Regel Zählhilfen eingesetzt – in erster Linie die Finger. Oft sind sie jedoch bei dem rechnenden Kind selbst verpönt und werden dann durch andere Methoden, wie etwa rhythmische Bewegungen oder das Zählen von Punkten abgelöst. Jedes einzelne dieser Leistungsprobleme – so zeigt die genauere Untersuchung – ergibt sich als folgerichtige Konsequenz aus einer Rechenstrategie, die Aufgabenstellungen der Addition und der

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Subtraktion auf dem Wege des Vorwärts- und Rückwärtsschreitens an der Zahlenreihe zu lösen sucht. Ihr liegt ein fehlerhaft entwickeltes Operationsverständnis zugrunde: Die Rechenzeichen werden als Aufforderung zur Durchführung einer Zählhandlung aufgefasst; ein Verständnis der Rechenoperationen als Vorgänge der Mengenvereinigung bzw. der Restmengenbildung ist nicht gegeben oder bleibt zumindest ohne Einfluss auf das praktische Rechenvorgehen. Auch die Zahlvorstellung, auf der diese Strategie basiert, erweist sich als mangelhaft: Sie orientiert sich in einseitiger Weise am ordinalen Zahlaspekt. Die an einer Aufgabe beteiligten Zahlen werden entweder als Anfangspunkt bzw. als Endpunkt einer Zählprozedur oder als Anzahl der Zählschritte aufgefasst. Ein Verständnis der Zahl in ihrer kardinalen Bedeutung haben Schüler, die zählend rechnen, entweder noch nicht entwickelt oder aber nicht für die Herausbildung geeigneter Rechenstrategien fruchtbar gemacht. Damit lässt sich die Strategie des zählenden Rechnens als Ergebnis einer Kompensationsbemühung verstehen: Aufgrund der mangelnden Herausbildung eines kardinalen Zahlverständnisses und der Zahlzerlegungen gelingt es dem Lernenden nicht, teilmengenorientierte Rechenstrategien herauszubilden. Um trotzdem Aufgaben der Addition und Subtraktion bearbeiten zu können, greift er zur Strategie des zählenden Rechnens. Kommt es zu einer Verfestigung dieser Rechenstrategie, ist mit einer nachhaltigen Beeinträchtigung des weiteren Lernprozesses zu rechnen. Das zählende Rechnen erschwert oder verunmöglicht die erfolgreiche Bewältigung aufbauender Lernschritte und erweist sich damit als Sackgasse in der mathematischen Kompetenzentwicklung: ■ Die häufige Wiederholung des Zählvorgangs führt eher zu einer Perfektionierung der Zählprozedur als zur Aneignung der Grundaufgaben des kleinen Einspluseins und Einsminuseins. Ihr Erwerb erfolgt nur sehr mühsam und mangelhaft und misslingt oft ganz. ■ Da das Verständnis der Zahl als Anzahl und der Zahlzerlegungen unentwickelt bleibt, ist es für viele dieser Kinder sehr schwierig, den Aufbau mehrstelliger Zahlen als Zusammensetzung aus Einern und Zehnern nachzuvollziehen.

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Theoretische Grundlagen

■ Die Lösung von Aufgaben der Addition und der Subtraktion im erweiterten Zahlraum bis 100 setzt im Allgemeinen die Kenntnis von Analogien voraus (7 – 4 = 3; 70 – 40 = 30; 37 – 4 = 33 usw.). Da Kinder, die dem zählenden Rechnen verhaftet geblieben sind, die Grundaufgaben des Einspluseins und Einsminuseins jedoch in der Regel nicht beherrschen, erkennen sie diese nicht. Sie müssen auch diese Aufgaben auf dem Wege des Zählens in Einer- und Zehnerschritten oder durch mechanisches Auswendiglernen von Zahlensätzen bewältigen.

3.2. Rechenschwäche Von einer Rechenschwäche wird gewöhnlich dann gesprochen, wenn umfangreiche und nachhaltige Schwierigkeiten im Erlernen mathematischer Kenntnisse und Vorgehensweisen (Lernstörung) oder im Rechnen selbst (Leistungsstörung) zu beobachten sind. Das Bemühen, zu einer näheren Charakterisierung von Eigenart und Erscheinungsbild der Rechenschwäche zu gelangen, die auch als Orientierungshilfe für Diagnostik und Förderung geeignet sind, ist heutzutage in starkem Maß durch die Festlegungen der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestimmt. Im Kapitel über »Entwicklungsstörungen« werden unter der Codierung F81.2 diejenigen Merkmale angeführt, die nach Ansicht der WHO charakteristisch für eine »Rechenstörung« sind und zugleich als Kriterien für die Diagnose dienen sollen. Demnach handelt es sich bei ihr um »eine umschriebene Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine eindeutig unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten (…)« (Dilling et al. 1991). Kennzeichnend für diese Definition ist zunächst die Einführung eines Diskrepanzkriteriums. Eine Rechenschwäche zeichnet sich demnach dadurch aus, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Rechenleistungen einerseits und der allgemeinen

Intelligenz andererseits festgestellt wird. Beide sollen auf dem Wege quantitativ ausgerichteter Leistungs- und Intelligenztests erhoben werden. Auf der anderen Seite legt die Definition der ICD-10 strikte Ausschlusskriterien vor. Demzufolge kann dann nicht von einer Rechenschwäche gesprochen werden, wenn die Beeinträchtigungen auf unangemessene Beschulung oder direkt auf Defizite im Sehen, im Hören bzw. auf neurologische Störungen zurückzuführen sind. In beiden Teilkomponenten – Diskrepanzkriterium und Ausschlusskriterien – erweist sich diese Definition jedoch als wenig sinnvoll. Gegen die Diskrepanzannahme ist einzuwenden, dass hierbei der komplexe Zusammenhang von Intelligenz und mathematischen Leistungen nicht berücksichtigt wird (Ricken u. Fritz 1998). Auch die Ersetzung der Intelligenz durch die sonstigen Schulleistungen als Vergleichsbezugspunkt bringt hier keine Lösung. Grundlegender ist jedoch der Einwand Gaidoschiks. Er weist darauf hin, dass die Diskrepanzdefinition eine inhaltliche Charakterisierung der beeinträchtigten Rechenleistungen geradezu vermeidet. »Sie sagt nämlich nur, was das rechenschwache Kind nicht tut. Es rechnet nicht so, wie es seinem Intelligenzniveau angemessen wäre. Es wird aber gar nichts darüber gesagt, was das rechenschwache Kind stattdessen schon tut, wenn es rechnet. Es findet also keine inhaltliche Beschäftigung mit dem Rechnen und Denken rechenschwacher Kinder statt« (Gaidoschik 2003, S. 12f.). Die Hinwendung zu einer inhaltlichen Charakterisierung würde es aber ermöglichen, Rechenschwäche ohne die Bezugnahme auf ein Außenkriterium wie das der Intelligenz oder der allgemeinen Schulleistungen zu definieren. Auch die in der Definition der WHO enthaltenen Ausschlusskriterien erweisen sich als fragwürdig. Mathematische Kompetenz wird durch das Kind in einem Entwicklungsprozess herausgebildet, in dem äußere Umstände – insbesondere die schulischen Lernbedingungen – einen erheblichen Einfluss ausüben. Das gleiche gilt für die individuelle Herausbildung einer Rechenschwäche. Auch hier sind schulische Gegebenheiten (u. a. didaktische Mängel, häufiger Lehrerwechsel etc.) als Bedingungsfaktoren für die Entwicklung einer Rechenschwäche zu berücksichtigen. Stellt sich im Einzelfall heraus, dass sie an

Vom Rechnenlernen und seinen Schwierigkeiten

der Entwicklung der Lernschwierigkeiten einen starken Anteil besitzen, so ist nicht einzusehen, warum dies gegen das Vorliegen einer Rechenschwäche sprechen soll (Lorenz u. Radatz 1993). Nach dieser Auffassung liegt eine Dyskalkulie nur dann vor, wenn an ihrer Entstehung keine äußeren Einflüsse beteiligt sind. Rechenschwäche wird damit zu einer unabhängig vom durchlaufenen Lernprozess vorliegenden Eigenart des Kindes erklärt. Implizit ist darin eine Behauptung über die (Nicht-) Korrigierbarkeit von Rechenschwierigkeiten enthalten, die schwerwiegende Folgen bezüglich der Fördermöglichkeiten nach sich zieht. Um die Eigenart der Rechenschwäche zu bestimmen, muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Bearbeitung mathematischer Aufgabenstellungen (Leistungsaspekt), aber auch der Erwerb neuer Kenntnisse (Lernaspekt) in erster Instanz durch die mathematischen Konzepte und Strategien, über die der Schüler bereits verfügt, bestimmt ist. Im Falle der Rechenschwäche lässt sich beobachten, dass die für sie charakteristischen nachhaltigen Lern- und Leistungsprobleme auf falsche Vorstellungen (»Misskonzepte«, Stern 1996) und unangemessene Strategien zurückzuführen sind. Im Zuge eines negativen Lern- und Entwicklungsverlaufes kommt es dabei zur Herausbildung eines individuellen »Gebäudes« fehlerhafter mathematischer Kognitionen und Strategien gekommen. »›Rechenschwäche‹ ist demnach auf der Ebene des kindlichen Denkens ein klar beschreibbarer (…) Zusammenhang von Fehlvorstellungen, fehlerhaften Denkweisen und letztlich nicht zielführenden Lösungsmustern zu den ›einfachsten‹ mathematischen Grundlagen« (Gaidoschik 2003, S. 13). Bei der Frage nach den Ursachen einer Rechenschwäche ist es von wesentlicher Bedeutung, den Entwicklungsverlauf dieser Störung zu untersuchen. Geht es um ihre ursprüngliche Entstehung, so sind die hierfür verantwortlichen Ursachen vielfältig und in ihrer Wirkung durch die besondere Situation des Einzelfalles bestimmt. So kann der mathematische Lernprozess des betroffenen Kindes durch spezifische Teilleistungsstörungen, durch unzureichende Lernstrategien, aber auch durch emotional belastende Lebensereignisse oder durch die krankheitsbedingte Abwesenheit vom Unterricht beeinträchtigt sein. Dadurch kann es zu Lernrückständen

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kommen, die den weiteren Entwicklungsfortschritt beeinträchtigen, wenn sie nicht aufgearbeitet werden. Auf der anderen Seite können auch Defizite auf Seiten des Unterrichts (didaktische Mängel, häufiger Lehrerwechsel etc.) den Anstoß zur Entwicklung einer Rechenschwäche geben. Aufgrund einer solchen – individuell jeweils spezifischen – Ursachenkonstellation kann sich eine Rechenschwäche als subjektiver Zusammenhang von Fehlvorstellungen und -strategien herausbilden. Hinzu kommt, dass sich im Verlauf einer negativen Lerngeschichte Gefühle und Einstellungen (negatives Leistungsselbstbild, Misserfolgserwartungen, Versagensängste, Vermeidungsimpulse) herausbilden und verfestigen, die das »System Rechenschwäche« vervollständigen. Hat sich eine Rechenschwäche auf diese Weise erst einmal etabliert, so werden die verfestigten Fehlvorstellungen bzw. -strategien ebenso wie die motivationalen Misserfolgsorientierungen selbst zur wesentlichen Quelle der Beeinträchtigung des weiteren Lernverlaufes. Sie stellt also ein eigenständiges Störungsbild dar, das auch als solches aufgearbeitet werden muss. Selbstverständlich ist dabei darauf zu achten, dass ursprüngliche Verursachungsmomente wie eine Teilleistungsstörung oder Defizite des Unterrichtes nicht mehr als Quelle der Beeinträchtigung fortdauern. Die Förderung muss allerdings den Schwerpunkt auf die Aufarbeitung des individuellen Gebäudes mathematischer Vorstellungen und Strategien legen, die sich als neuer und eigentlicher Kern der Lernstörung geltend machen.

4.

Förderung bei mathematischen Lernschwierigkeiten

Bei Lernschwierigkeiten im mathematischen Bereich ist sinnvoller Weise zu unterscheiden zwischen Angeboten der Prävention und Förderung und einer eigentlichen Lerntherapie. Das Ziel der Prävention und Förderung besteht darin, die Herausbildung fehlerhafter Vorstellungen und Strategien zu vermeiden und den angemessenen Verständnisaufbau zu unterstützen. Dies findet zum einen bereits innerhalb des Mathematikunterrichtes statt, zum anderen in ergänzenden Förder-

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Theoretische Grundlagen

angeboten. Dabei wird der Kenntniserwerb unterstützt durch die besondere Berücksichtigung der Hürden und Stolpersteine innerhalb des Lernstoffes, durch die besondere Sorgfalt in der Auswahl geeigneter Lernmaterialien und -methoden und durch die Berücksichtigung besonderer Lernerschwernisse (z. B. Teilleistungsstörungen) auf Seiten des Lernenden. Da der Verständnisaufbau bei lernschwachen Kindern sich nicht grundlegend von dem Vorgehen lernstarker Kinder unterscheidet (Gerster u. Schulz 2000; Lorenz u. Radatz 1993), ergeben sich hierbei keine grundsätzlichen Unterschiede im Vorgehen. Allerdings wird bei lernschwachen Kindern eher deutlich, welche Hürden der mathematische Lernbereich dem Bemühen zu seiner Aneignung in den Weg stellt. Dieses Vorgehen ist dann nicht ausreichend, wenn Kinder und Jugendliche bereits ein individuelles System aus fehlerhaften Vorstellungen und Strategien herausgebildet haben, das zur Folge hat, dass sie die altersgemäßen Lern- und Leistungsanforderungen als Überforderung erfahren. In diesem Fall ist die Durchführung einer mathematischen Lerntherapie bzw. einer Dyskalkulietherapie erforderlich. Sie stützt

sich auf eine umfangreiche Eingangsdiagnostik, die sich in ihrem mathematischen Teil darauf richtet, das individuelle System mathematischer Vorstellungen und Strategien des betroffenen Schülers zu erfassen. Hinzu kommt die Untersuchung des Lernverhaltens und der Motivation im mathematischen Bereich. Gestützt auf die Ergebnisse einer solchen Diagnostik wird ein individuell ausgerichtetes Förderkonzept erstellt, dessen Hauptkomponente in der Aufarbeitung des persönlichen Gebäudes mathematischer Konzepte und Strategien besteht. Es richtet sich zum einen auf die kritisch-überprüfende Auseinandersetzung mit bestehenden fehlgeleiteten Vorstellungen und Strategien, zum anderen aber auf den positiven Kenntniserwerb. Hinzu kommt die Förderung des Lernverhaltens und der Motivation. Das ausgeprägt individualisierte Profil der Lern- und Verständnisschwierigkeiten des zu fördernden Kindes macht es notwendig, dass die Lerntherapie als Einzeltherapie oder in einer Zweiergruppe durchgeführt wird; größere Gruppenstärken erweisen sich als kontraproduktiv. Die unterstützende Einbeziehung von Elternhaus und Schule ist das Ziel geeigneter Beratungstätigkeiten.

II. Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA)

1.

Zielsetzung, Zielgruppe und Anwendungsbereich

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA) ist ein systematisches Programm. Es orientiert sich an den folgenden inhaltlichen Lernzielen: ■ Verständnis des kardinalen Zahlaspektes, ■ Verständnis und Erwerb der Zahlbeziehungen im Zahlraum bis 10 (mit Schwerpunktsetzung auf den Zerlegungen der Zahlen bis 10), ■ Aufbau eines teilmengenorientierten Verständnisses von Addition und Subtraktion innerhalb des Zahlraumes bis 10, ■ Verfügbarkeit der Ergebnisse der Grundaufgaben

des Einspluseins und des Einsminuseins als auswendig abrufbares Wissen. Ein weiteres Ziel besteht darin, die individuelle Fähigkeit zur Beobachtung, zur Reflexion und zur selbstständigen Überprüfung eigener Lösungshandlungen zu stärken. Die Entwicklung des pränumerischen Mengenverständnisses wird in wesentlichen Teilen vorausgesetzt. Auch die Beherrschung von Zahlwörtern und Zahlzeichen sowie der Erwerb des ordinalen Zahlverständnisses sind nicht Bestandteil des Förderprogramms. Es ist daher vor Beginn der Förderung sicherzustellen, dass diese Kenntnisse bei den Kindern und Jugendlichen tatsächlich vorhanden sind.

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA)

Bei der Zielgruppe handelt es sich in erster Linie um Kinder, die sich im Rahmen des Anfangsunterrichtes mit dem Zahlraum bis 10 auseinandersetzen. Allerdings zeigt die praktische Erfahrung, dass auch Jugendliche und Erwachsene, die hier einen Förderbedarf aufweisen, durch das Programm wirksam unterstützt werden können. Da das Vorgehen sich stark auf den Einsatz konkret-handlungsbezogener und anschauungsgebundener Darstellungsformen stützt, ist es darüber hinaus auch gut geeignet, lernschwache Kinder im Verständnisaufbau zu fördern. Das Förderprogramm kann einerseits als präventive Maßnahme eingesetzt werden. Dann geht es darum, bereits die Herausbildung von Lern- und Leistungsschwierigkeiten durch die besondere Förderung des Zahl- und Rechenverständnisses im Zahlraum bis 10 zu vermeiden und den weiteren mathematischen Entwicklungsweg auf ein gesichertes Fundament zu stellen. Diese Unterstützung kann im Rahmen des schulischen Förderunterrichtes oder auf dem Wege der außerschulischen Förderung geschehen. Im Rahmen einer Lerntherapie geht es dagegen darum, ein fehlerhaft aufgebautes Gebäude mathematischer Vorstellungen und Strategien – wie es charakteristisch für die Rechenschwäche ist – aufzuarbeiten. In ihrem Zusammenhang kann das Förderprogramm nur ein Teilelement eines umfassenden Maßnahmenbündels sein.

2.

Allgemeine Leitorientierungen

2.1. Verständnis vor Fertigkeiten entwickeln Nicht selten herrscht die Ansicht, dass Kinder mit besonderen Lernschwierigkeiten Rechenfertigkeiten in rein schematischer Weise – also ohne ein zugrunde liegendes Verständnis der Rechenoperation bzw. der dabei involvierten Zahlbeziehungen – erlernen sollten. Die so erworbenen Fertigkeiten erweisen sich jedoch als wenig nützlich (s. Abschnitt A.I.2.1.). Schematische Vorstellungen und Lösungsstrategien stellen vielmehr häufig ein Kernproblem im Zusammenhang mathematischer Lernschwierigkeiten dar (Lorenz 2004).

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Gerade bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten ist daher in besonderem Maße Wert darauf zu legen, dass Rechenfertigkeiten nicht in rein schematischer Form eingeübt werden, sondern auf der Grundlage eines vorab hergestellten Verständnisses von Zahlbeziehungen und der Eigenart der Rechenoperationen entwickelt werden (Gerster u. Schulz 2004).

2.2. Selbstständigkeit entwickeln Kinder oder Jugendliche mit mathematischen Lernschwierigkeiten sind in ihrem Selbstvertrauen zumeist stark beeinträchtigt. Selbst dort, wo sie über zutreffende Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen, stellen sie deren Verlässlichkeit aufgrund fortdauernder Misserfolgserfahrungen und Selbstzweifel in Frage. Dies beeinträchtigt aber in erheblichem Maße ihre Fähigkeit, ausgehend von bestehenden Kenntnissen selbstständig unklare Aufgabenstellungen zu explorieren bzw. zu neuen Erkenntnissen zu gelangen (Kretschmann u. Dobrindt 2003, S. 402). In der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten muss die Förderung des selbstständigen Arbeitens und Lernens daher ein wichtiges Teilziel darstellen. Dies verlangt jedoch ein abgestuftes Vorgehen: So ist durch ein stärker strukturiertes Vorgehen zu gewährleisten, dass das Kind oder der Jugendliche zunächst Wege kennen lernt, mit deren Hilfe er sich eigenständig Sicherheit in seinem mathematischen Denken und Urteilen verschaffen kann. Erst auf dieser Grundlage kann es zu einem zunehmend selbstständigen Explorieren mathematischer Sachverhalte und zur Erprobung eigener Strategien der Erkenntnisgewinnung kommen.

3.

Die Arbeitsmittel: Finger und Zehnerfeld

3.1. Die Finger und die Fingerbilder Die Darstellung von Zahlen und Rechenvorgängen durch die Finger unserer Hände wird von der Mehrzahl der Kinder als natürlich und nahe liegend

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Theoretische Grundlagen

empfunden. Die Untersuchungen von Brissiaud (1992) zeigen, dass diese gestische Darstellungsform sich bei manchen Kindern bereits frühzeitig parallel zum Erwerb der Zahlenreihe als selbstständige Form der Zahlrepräsentation etabliert. Das Rechnen mit Hilfe der Finger ist allerdings bei vielen Kindern, Eltern und Lehrern geradezu verpönt: Es wird als Hinweis auf eine Störung des mathematischen Lernprozesses gewertet. Das ist jedoch nur dort gerechtfertigt, wo die Finger im Rahmen des zählenden Rechnens (s. Abschnitt A.I.3.1.) eingesetzt werden. Die gravierenden Schwächen dieses Rechnens sind freilich nicht auf die Verwendung der Finger als solcher zurückzuführen, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der angewandten Rechenstrategie und des zugrunde liegenden Zahlverständnisses. Werden die Finger hingegen gezielt als Hilfsmittel zum Aufbau eines kardinalen Zahlverständnisses eingesetzt, so entfalten sie eine erstaunliche Produktivität. Tatsächlich sind sie hervorragend geeignet, die mathematischen Sachverhalte und Zusammenhänge, die in der Auseinandersetzung mit dem Zahlraum bis 10 zu erlernen sind, gegenständlich darzustellen. Dies gilt in besonderer Weise für die folgenden Förder- und Lernschritte: ■ Die Zahlen als Anzahl, also als Einheit, die aus anderen Einheiten zusammengesetzt ist, darstellen. ■ Die einzelnen Zahlen an die 5 und die 10 anbinden. Die Finger stellen auf natürliche Weise einen Zehnerraum her, der in zwei Fünfer unterteilt ist. ■ Zahlen als Zusammensetzung aus anderen Zahlen darstellen. Dabei besteht ein wichtiger Vorteil darin, dass das Fingerbild sichtbar macht, dass in der größeren die kleinere Zahl – in der Konfiguration, wie wir sie kennen – enthalten ist. ■ Zahlbeziehungen wie die 1-mehr-/1-weniger-Relation ablesbar machen. ■ Rechenoperationen der Addition und der Subtraktion im Kontext der Zahlzerlegungen, das heißt als Mengen- oder Teilmengenoperationen, darstellen. Die Finger sind darüber hinaus in besonderer Weise geeignet, den Aufbau anschaulicher Vorstellungsbilder von Zahlen, Zahlbeziehungen und Rechenope-

rationen zu unterstützen. Dazu tragen auch die folgenden Faktoren bei: ■ Vertrautheit. Die Finger sind den meisten Kinder als ein Medium der Zahldarstellung und des Rechnens vertraut. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass Kinder dieses Medium häufig in einer Weise verwenden und verstehen, die einem ungeeigneten Zahl- und Rechenverständnis entspricht. ■ Verfügbarkeit. Die Finger sind allzeit dabei. Daher kann jederzeit auf sie als Medium der Darstellung und Überprüfung von Zahlbeziehungen und Rechenoperationen zurückgegriffen werden. ■ Erleichterung der Wahrnehmung und Vorstellung von Quantitäten. Die Fünfer-Unterteilung der Zahldarstellung entspricht den Möglichkeiten und Grenzen des menschlichen Vorstellungsvermögens. So vermögen Menschen die Mächtigkeit von Mengen mit bis zu vier Elementen auf dem Wege der simultanen Erfassung zu erkennen. Bei Mengen mit mehr Elementen ist dies nicht mehr möglich – hier muss eine besondere Art der Anordnung der Elemente die Anzahlerfassung erleichtern. Gerade die Fünfer-Unterteilung in der Zahldarstellung – wie sie durch die Finger der menschlichen Hand angeboten wird –, hat sich als besonders wirkungsvoll herausgestellt. Sie ermöglicht es dem menschlichen Vorstellungsvermögen in eleganter Weise, auch solchen Anzahlen, die größer als vier sind, eine innere Repräsentation zu geben und mit ihnen vorstellend zu operieren. ■ Verknüpfung mehrerer Sinnesmodalitäten. Die Fingerdarstellung unterstützt den Aufbau innerer Vorstellungsbilder durch Erfahrungen in verschiedenen Sinnesmodalitäten. Der Schwerpunkt liegt in der Verbindung des taktil-propriozeptiven und des visuellen Sinnesbereichs. Dadurch wird die Wirksamkeit des Vorstellungsaufbaus erhöht. Der Aufbau der einzelnen Fingerbilder ergibt sich aus den folgenden Überlegungen: ■ Das Bild soll so strukturiert sein, dass die jeweilige Zahl möglichst leicht und zugleich eindeutig – also unverwechselbar – erkannt werden kann. Das wird durch die Zuhilfenahme der natürlichen

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA)

Unterteilung der Finger in jeweils fünf Finger einer Hand ermöglicht. Dadurch wird die Beziehung jeder einzelnen Zahl zur Zahl Fünf und zur Zahl Zehn anschaulich erfassbar. ■ Das Bild soll andererseits bereits in visueller Form deutlich machen, dass in der jeweiligen Zahl andere, kleinere Zahlen enthalten sind. Diese Anforderung wird beispielsweise durch die Würfelbilder nicht ausreichend erfüllt. So ist am Fingerbild der Zahl Drei (Abbildung 1) zu erkennen, dass von der Drei bis zur Fünf noch zwei Finger, bis zur Zehn dagegen sieben Finger fehlen. Zugleich ist zu erkennen, dass in der Drei die Zwei – so wie wir sie als Fingerbild kennen – enthalten ist.

Abbildung 1: Das Fingerbild der Drei

Dasselbe lässt sich am Fingerbild der Zahl Sechs (Abbildung 2) zeigen: Hier wird die Beziehung zur Fünf und zur Zehn unmittelbar ablesbar.

Abbildung 2: Das Fingerbild der Sechs

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Damit werden nicht nur wichtige quantitative Beziehungen dieser Zahlen anschaulich erfassbar, sie tragen zugleich unmittelbar zur Prägnanz und Einprägsamkeit des jeweiligen Mengenbildes bei. Auf diese Weise lassen sich alle Zahlen bis zur Zehn darstellen (siehe Anhang 2).

3.2. Das Zehnerfeld Das Zehnerfeld erlaubt eine Zahldarstellung, die in ihrer Grundstruktur dem Aufbau der Fingerbilder entspricht (s. Anhang 3). Die besondere Potenz der Fingerbilder, Zahlen, Zahlbeziehungen und Rechenoperationen in ihren mathematischen Eigenschaften einer konkret-anschaulichen Darstellung zuzuführen, kommt daher auch dem Zehnerfeld zu. Die Strukturgleichheit der Anordnung befördert die weitere Herausbildung des Zahlverständnisses: Auch im Zehnerfeld wird die Darstellungsweise durch die gleichen, wesentlichen Zahleigenschaften (insbesondere die Beziehung zur Fünf und zur Zehn) bestimmt. Darauf beruht zugleich die Einprägsamkeit dieser Zahlenbilder, die es gestattet, Mengen in einem Akt als Einheit wahrzunehmen. Die Leistung der Fingerbilder in der Festigkeit der Anordnung wird also gerade erhalten und es wird nicht zu einem beliebigen anderen Material gewechselt. Auf der anderen Seite gibt es Unterschiede zwischen Zehnerfeld und Fingerbildern, die fruchtbar für den gesicherten Verständnisaufbau sind: ■ Der Aufbau des Zahlbildes unterscheidet sich darin, dass die zwei Fünferreihen im Zehnerfeld nicht nebeneinander, sondern übereinander angeordnet sind. Die Kombination der beiden unterschiedlichen Anordnungen ermöglicht dem Lernenden damit die Erkenntnis, dass die jeweilige Zahl nicht mit einer bestimmten Konfiguration der darstellenden Elemente in eins fällt. ■ Die Zahldarstellung innerhalb des Zehnerfeldes ist bereits ein Stück weit vorangeschritten von der dreidimensionalen gegenstandsgebundenen zu einer zweidimensionalen abstrakteren Darstellung. ■ Das Zehnerfeld kann im Unterschied zu den Fingern in Distanz zur eigenen Person gehandhabt werden kann.

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Theoretische Grundlagen

Die Hinzuziehung einer anderen, strukturanalogen Darstellungsform hat auch in pragmatischer Hinsicht Vorteile: Wenn ein Kind Probleme mit dem Erwerb der Fingerbilder hat, kann es auch sinnvoll sein, das Zehnerfeld überhaupt als alternative Darstellungsform heranzuziehen. Dies ist dann zu erwägen, – wenn motorische Schwierigkeiten das Kind daran hindern, seine Finger in der gewünschten Weise zu bewegen; – wenn die Finger emotional negativ besetzt sind, »weil nur Babys mit den Fingern rechnen«; – wenn das Kind ein schon lange eingefleischter Zähler ist und dieses Vorgehen von den Fingern nicht abzulösen ist. Der Aufbau der einzelnen Zahlbilder ergibt sich aus den gleichen Überlegungen, die auch für den Aufbau der Fingerbilder gelten: ■ Das Bild soll so strukturiert sein, dass die jeweilige Zahl möglichst leicht und zugleich eindeutig – also unverwechselbar – erkannt werden kann. ■ Das Bild soll andererseits bereits in visueller Form deutlich machen, dass in der jeweiligen Zahl andere, kleinere Zahlen enthalten sind. Entsprechend sind die Zahlbilder im Zehnerfeld aufgebaut (s. Anhang 3).

4.

Die Fördermethoden

4.1. Erarbeitung mathematischer Sachverhalte am Material Die Erarbeitung mathematischer Kenntnisse und Fertigkeiten vollzieht sich im ersten Schritt in der Auseinandersetzung mit konkret-anschaulichem Material – den Fingern bzw. dem Zehnerfeld. Dabei geht es darum, dass das Kind sich anschauliche Repräsentationen für Zahlen, Zahlbeziehungen und Rechenoperationen erarbeitet, die zwei Kriterien entsprechen: – sie müssen die mathematischen Sachverhalte zutreffend wiedergeben,

– sie müssen den Aufbau innerer Vorstellungsbilder unterstützen. Dieser Erarbeitungsprozess wird in einem interaktiven Aushandlungsprozess zwischen Anwender und Kind umgesetzt, der zu Beginn stärker von Vorgaben der fördernden Person seinen Ausgang nimmt, später jedoch immer stärker durch die selbstständigen Untersuchungen, Entdeckungen und Vorschläge des Lernenden bestimmt ist. Im beständigen Wechsel zwischen den Versuchen des Lernenden, Zahlaspekte und Rechenoperationen handelnd darzustellen, und den Rückmeldungen der fördernden Person kommt es zu einer »kognitiven Modellierung« (Kretschmann u. Dobrindt 2003) mathematischer Vorstellungen und Handlungen. Die Begleitung dieses Prozesses durch verbale Beschreibungen wirkt der Gefahr entgegen, dass hier schematische Handlungsweisen ohne ein inneres Verständnis eingepaukt werden.

4.2. Erarbeitung verbaler Beschreibungen Die verbale Beschreibung mathematischer Sachverhalte ist in mehrfacher Hinsicht produktiv für den Lernprozess. Sie gestattet nicht nur in besonderer Weise, die Fokussierung der Aufmerksamkeit (Lorenz 1992) auf die mathematisch relevanten Aspekte der handlungsgebundenen oder anschaulichen Darstellungen zu lenken. Zugleich unterstützt sie sehr wirkungsvoll die Modellierung und Verinnerlichung von anschaulichen Vorstellungsbildern. Schließlich fördert sie in erheblichem Maße die Beobachtung, Reflexion und Überprüfung der eigenen Rechenhandlung. Die Erarbeitung solcher Beschreibungen vollzieht sich ebenfalls in einem Prozess der Interaktion zwischen Anwender und Kind. Dabei wird zunächst eine materialgebundene Zahldarstellung oder Rechenhandlung begleitend beschrieben. Hier gilt es, eine gemeinsame Sprache für die Vorgänge zu finden, die ihren mathematischen Gehalt zu benennen vermag. Ist die Beschreibung ausreichend gesichert, so kann sie zunehmend ohne die Begleitung der Finger- oder Zehnerfelddarstellung aktiviert werden. Auf diese Weise leistet die verbale Beschreibung ihrerseits einen Beitrag zur Verinnerlichung der mathematischen Kenntnisse.

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA)

Allerdings stellt der Übergang vom handelnden Umgang mit Material zur sprachlichen Beschreibung dessen, was dabei geschieht, eine besondere Herausforderung dar, die insbesondere lernschwachen Kindern einige Schwierigkeiten bereitet. Hier kann durch geeignete Angebote der Benennung und Beschreibung mathematischer Vorgänge eine Erleichterung bewirkt werden. Die Einkleidung von Lerndialogen in »Lerngeschichten« leistet eine Anpassung an die Vorstellungswelt der Kinder und wirkt damit motivierend und verständnisfördernd.

4.3. Fehler finden Kinder sehen sich gerne in die Rolle des Lehrers versetzt, der die Arbeitsergebnisse anderer bewertet. Diesen Umstand macht sich eine Fördermethode zunutze, bei der dem Schüler Aufgaben mit Lösungen präsentiert werden. Er soll herausfinden, welche Lösungen richtig, welche falsch sind. Zusätzlich soll er durch das Demonstrieren mit Material oder durch verbale Erläuterungen »zeigen«, dass seine Bewertung zutrifft. Vorausgesetzt ist dabei, dass der mathematische Sachverhalt, um den es geht, ausreichend geklärt ist. Diese Methode hat mehrere Auswirkungen: ■ Das Verständnis für den gerade behandelten mathematischen Sachverhalt wird gestärkt. ■ Die Benutzung eigener Kenntnisse und Fertigkeiten als Mittel zur Beurteilung mathematischer Lösungen wird gefördert. ■ Eigenständigkeit und Selbstvertrauen im mathematischen Lernbereich werden verbessert.

4.4. Aufbau innerer Bilder Ein wesentlicher Schritt in der Verinnerlichung mathematischer Operationen besteht im Aufbau innerer Bilder für Zahlen, Zahlbeziehungen und Rechenoperationen. Diese Bilder nehmen ihren Ausgang von den Darstellungen als Fingerbilder und im Zehnerfeld. Ihr Aufbau wird im Rahmen unseres Förderprogramms durch verschiedene Übungstypen angeregt, die im Praxisteil näher erläutert werden:

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■ »sehen versteckter Fingerbilder« (Finger teilweise verdeckt), ■ »blindes Sehen« (Finger z. B. unter einem Tuch), ■ verbale Beschreibung von Zahlen und Zahlzerlegungen, ■ malen von Zahlen als Fingerbilder oder in Zehnerfelddarstellung.

4.5. Wechsel zwischen den Darstellungsformen Der beständige Wechsel zwischen handlungsbezogener, vorstellend-anschaulicher, verbal-beschreibender und zeichengebundener Darstellung mathematischer Sachverhalte und Vorgänge ermöglicht die Herstellung und Festigung einer gesicherten Verknüpfung der Darstellung in Zeichenform mit den anderen Repräsentationsformen. Der flexible Wechsel zwischen den Darstellungsformen ist nicht nur für den ursprünglichen Erwerb mathematischer Kenntnisse wichtig. Er stellt zugleich eine wesentliche Teilkomponente der Fähigkeit zur eigenständigen Überprüfung mathematischer Ergebnisse und Lösungen dar. Außerdem erleichtert er das Explorieren neuartiger Probleme und die Entwicklung geeigneter Lösungswege.

4.6. Überprüfung und Begründung eigener Arbeitsergebnisse Mathematische Kompetenz besteht nicht nur in einem zutreffenden Verständnis der Grundeigenschaften von Mengen, Zahlen und Rechenoperationen und in der Verfügung über gut entwickelte Rechenfertigkeiten. Zu ihr gehört vielmehr auch die Fähigkeit, diese Kenntnisse dazu zu benutzen, um eigene Zweifel auszuräumen und sich selber Sicherheiten zu verschaffen. Und – daran anknüpfend – die Fähigkeit, neue und ungewohnte Aufgabenstellungen durch die Aufstellung und Prüfung von Vermutungen zu explorieren und einer Klärung zuzuführen. Kinder mit Lernschwierigkeiten haben häufig eine schematische Auffassung mathematischer Sachverhalte und Ausdrücke entwickelt. Dass man eine Rechenaufgabe als Mengenvorgang verstehen und ihr Ergebnis begründen kann, ist ihnen zumeist

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Theoretische Grundlagen

fremd. Damit fehlt ihnen aber auch die Grundlage dafür, sich in der Befassung mit solchen Aufgabenstellungen eigenständig Sicherheit zu verschaffen. Sie sind daher gezwungen, sich in der Beurteilung eigener Rechenergebnisse an der Reaktion anderer, etwa des Lehrers oder der Eltern, zu orientieren. In dem Maß, wie diese Kinder sich jedoch ein zutreffendes und verlässliches Verständnis von Zahlen und Rechenaufgaben erarbeiten, erwerben sie aber auch die Voraussetzungen zur selbstständigen Beurteilung der eigenen Rechenergebnisse. Sie können nun dabei unterstützt werden, ihre neuen Erkenntnisse dafür zu benutzen, eigene Arbeitsergebnisse zu überprüfen und Zweifel auszuräumen. Dies geschieht dadurch, dass die Rechen- und Arbeitsergebnisse des Kindes immer wieder in Frage gestellt werden. »Ist das wirklich so? Kommt bei dieser Aufgabe wirklich das von dir genannte Ergebnis heraus?« Durch solche Nachfragen wird das Kind dazu angeregt, »zu zeigen, dass es wirklich so ist, wie ich gesagt habe«. Dabei lernt es, die Verdeutlichung des Mengengehaltes von Zahlen, Zahlbeziehungen und Rechenoperationen mit Hilfe von Fingerbildern und Zehnerfeld nicht nur dazu heranzuziehen, ein Ergebnis zu ermitteln, sondern auch dazu, es zu prüfen oder zu begründen. Allerdings sollte dieser Förderschritt erst dann unternommen werden, wenn das Kind in dem jeweiligen Kenntnisbereich auch bereits über gefestigte Kenntnisse verfügt, da es sonst zu einer schädlichen Verunsicherung kommen kann. Wichtig ist, dass das Kind im weiteren Verlauf die Erfahrung macht, dass es über Mittel und Wege verfügt, eigene Arbeitsergebnisse auch gegenüber kritischen (aber unzutreffenden) Nachfragen anderer zu vertreten.

4.7. Üben Schließlich gehören auch Übungssequenzen zu den Fördertechniken. Sie dienen zur Automatisierung von mathematischen Vorstellungen und Handlungen. Es ist zu berücksichtigen, dass solche Übungsphasen erst dort angebracht und Erfolg versprechend sind, wo ein inhaltlich ausgewiesenes und zutreffendes Verständnis des jeweiligen mathematischen Sachverhaltes bereits in gesicherter Form aufgebaut worden ist.

5.

Zum praktischen Vorgehen

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRa) richtet sich an Lehrer, Sonderpädagogen und andere Fachkräfte, die mit der Förderung des Erwerbs mathematischer Grundlagenkenntnisse und -fertigkeiten befasst sind. Diese Förderung kann im Rahmen des schulischen Förderunterrichtes oder der außerschulischen Lernförderung stattfinden. Darüber hinaus können dem Programm aber auch Anregungen für den Vorschulbereich und die Gestaltung des Regelunterrichtes im Fach Mathematik entnommen werden. Bei der praktischen Anwendung des Förderprogramms sind die folgenden Gesichtspunkte zu berücksichtigen: ■ Altersgruppe. Die inhaltliche Ausrichtung des Förderprogramms entspricht dem Entwicklungsbereich des ersten Grundschuljahres. Entsprechend sollte eine untere Altersgrenze beachtet werden. Nach oben hin ergeben sich hingegen keine eindeutigen Abgrenzungen. Das Programm hat sich auch in der Förderung von Jugendlichen und Erwachsenen praktisch bewährt. Allerdings ist damit zu rechnen, dass bei älteren Teilnehmern Vorbehalte hinsichtlich der Altersangemessenheit der Arbeit mit Fingerbildern bestehen. Der Erfolg des Förderprozesses ist davon abhängig, dass solche Bedenken bereits zu Beginn ausgeräumt werden können. ■ Lernvoraussetzungen. Das Förderprogramm setzt einen bestimmten Entwicklungsstand auf seiten des Kindes voraus. Dies betrifft insbesondere das sichere Verständnis des Mengenbegriffes, die Beherrschung von Ziffern, Zahlworten sowie der Zahlenreihe bis 10 (Zählzahlaspekt). Erforderlich ist daher die Durchführung einer mathematischen Lernstandsdiagnostik. Sie hat zu klären, 1. ob bei dem Kind in dem Entwicklungsbereich, auf den das Programm abzielt, ein Förderbedarf vorliegt und 2. ob die oben genannten Lernvoraussetzungen gegeben sind. ■ Setting: Die Förderung des Verständnisses und der Fertigkeiten des Kindes ist an Lerndialog und interaktion (interaktive Modellierung) als sein Me-

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau (HamZaRA)

dium gebunden. Dieses Vorgehen lässt sich aber in größeren Lerngruppen nicht ausreichend verwirklichen. Als optimal hat sich daher die Durchführung im Einzel- oder Zweiersetting herausgestellt. Die einzelne Fördereinheit sollte eine Dauer von 45 bis 55 Minuten nicht überschreiten. Innerhalb einer solchen Einheit können mehrere Lernblöcke vorgesehen werden, die nicht länger als 20 Minuten dauern sollten. Dazwischen sind Spiele und andere Entspannungsaktivitäten angebracht. ■ Lernsequenzen: Das Programm sieht eine inhaltlich begründete Abfolge von Lernschritten vor. Die Geschwindigkeit, mit der diese Lernschritte durch-

6.

25

laufen werden, orientiert sich an den Fortschritten des Kindes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der individuelle Verständnisaufbau sich niemals so geradlinig vollzieht, wie es ein Förderprogramm idealtypisch vorsieht. Es sind daher auch verteilte Wiederholungen vorzusehen. Auf der anderen Seite kann die Erarbeitung eines neuen Lernschrittes bereits beginnen, sobald der bisher behandelte Themenbereich nur mehr der übenden Automatisierung bedarf. Das ausschlaggebende Kriterium für die Gestaltung des Vorgehens ist hier allein der erreichte Lernstand des Kindes.

Literatur

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B. Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

I.

Das Verständnis der Kardinalzahl

1.

Lernziele

Sollen Heranwachsende Rechenoperationen (z. B. 7 – 5 = 2 oder 3 + 2 = 5) in ihrem Gehalt verstehen und sinnvoll handhaben, so setzt dies das Verständnis der Kardinalzahl voraus – die Verknüpfung der Zahl mit einer spezifischen Mengenvorstellung. Wird die Zahl hingegen noch einseitig als Ordinalzahl – d. h. als Station oder Punkt innerhalb der Zahlenreihe – aufgefasst, dann werden Rechenoperationen folgerichtig als Anweisung zum Vorwärtsoder Rückwärtszählen missverstanden oder sie werden in rein schematischer Form – also ohne ein Verständnis für ihren Mengengehalt – auswendig gelernt. Der Erwerb eines kardinalen Zahlverständnisses vollzieht sich durch den Aufbau anschaulicher Vorstellungsbilder für die einzelnen Zahlen – hier innerhalb des Zahlraumes bis 10. Einmal etabliert machen sie die Zahlen spontan und zugleich unverwechselbar in ihrer Anzahleigenschaft zugänglich. Damit ermöglichen sie zugleich den inneren Nachvollzug von Mengenoperationen. Allerdings ist es dem Menschen nur bei Mengen bis zu vier Elementen möglich, deren Anzahl simultan und sicher zu erfassen – es sei denn, sie werden dem Betrachter in einer bestimmten Anordnung dargeboten, die den Aufbau von Sehgewohnheiten erleichtert. Dies ist der Fall bei Würfelbildern, deren quantitative Wertigkeit »auf einen Blick« erfasst werden kann. Eine dem dekadischen Zahlsystem angemessenere Anordnung besteht in der Fünfer-Unterteilung, wie sie der Zahldarstellung mit Hilfe von Fingerbildern und Zehnerfeld zugrunde liegt. Im ersten Schritt geht es darum, das Kind mit der Erfassung von Quantitäten durch geordnete Mengen in Form der Fingerbilder bzw. des Zehnerfeldes vertraut zu machen. Da in vielen Fällen die Benut-

zung der Finger bisher für das zählende Rechnen erfolgte, ist es erforderlich, mit dem Kind den Unterschied in der Vorgehensweise zu klären. Dies schließt ein Eingehen auf den Unterschied von Ordinalzahl, Kardinalzahl und Ordnungszahl im eigentlichen Sinne ein. In einem zweiten Schritt erfolgt die Verinnerlichung dieser Mengendarstellungen. Damit ergeben sich die folgenden Lernziele: ■ Vorbereitungen: Kennenlernen der einzelnen Finger, die Unterscheidung zwischen Ordinalzahl und Kardinalzahl. ■ Erwerb strukturierter Mengenbilder, mit deren Hilfe die Zahlen von 0 bis 10 als Quantitäten oder Anzahlen einer bestimmten Größe dargestellt und in einem Akt ohne Zählen erfasst werden können. ■ Verfügbarkeit dieser Mengenbilder in der Darstellung mit konkretem Material, in bildlicher Form und als inneres Vorstellungsbild, wenn möglich auch in sprachlicher Darstellung. ■ Zuordnung von Zahlwort, Zahlzeichen und Mengenbildern. ■ Automatisierung.

2.

Lernschritte

2.1. Vorbereitungen Damit das Kind die Fingerbilder und die Zehnerfelddarstellungen der Zahlen bis zur Zehn verstehen und übernehmen kann, müssen zwei Voraussetzungen hergestellt werden: Zum einen sollten die Kinder mit den fünf Fingern ihrer Hand vertraut sein.

Das Verständnis der Kardinalzahl

Zum anderen sollten sie ein Grundverständnis für die kardinale Bedeutung (im Unterschied zu einem ordinalen Verständnis) der Zahl besitzen.

2.1.1. Die zehn Finger kennen lernen Für die Arbeit mit Fingerbildern ist es wichtig, dass die Kinder die fünf Finger ihrer Hand gut kennen. Darauf richten sich die folgenden zwei Übungen. Das Kind legt seine linke Hand auf ein Blatt Papier (oder hält sie an die Tafel) und malt mit einem Stift ihre Umrisse aus. Dann wird daneben auch die rechte Hand hingemalt. Im Anschluss wird gemeinsam geschaut, welche Finger es schon mit Namen kennt. Namen, die es noch nicht kennt, werden ergänzt. Warum heißen Zeigefinger, Mittelfinger, kleiner Finger so? Die Kenntnis der einzelnen Finger wird gefestigt und automatisiert, indem spielerisch Finger und Fingernamen durch Benennen und Zeigen bzw. durch Zeigen und Benennen verbunden werden.

2.1.2. Drei Finger und den dritten Finger unterscheiden Hier geht es in einem ersten Schritt darum, zu sehen, wie das Kind die Zahl Drei für sich darstellt und ob es mit Zahlen bereits eine Mengenvorstellung verbindet. Der Anwender fordert das Kind auf, eine Drei mit Hilfe seiner Finger darzustellen.

Diese Übung hat zunächst eine diagnostische Funktion. Dabei stehen die folgenden Fragen im Vordergrund: ■ Zeigt das Kind die Zahl Drei als Fingermenge (Ansatz eines kardinalen Zahlverständnisses) oder als einzelnen Finger (Dominanz des ordinalen Zahlverständnisses)?

27

■ Kann es die Finger alle in einem Zug zeigen oder klappt es sie einzeln auf – wie es dem zählenden Rechnen entspricht? Das Beobachtungsergebnis entscheidet mit darüber, welches Gewicht einzelnen der folgenden Übungen und Lernschritte zukommt. Wenn wir eine Menge von Objekten abzählen, steht das Zahlwort (z. B. »drei«) in einem doppelten Bezug. Es richtet sich einerseits auf das gerade hinzugezählte, hier das dritte Objekt. Zugleich bezeichnet es die Gesamtanzahl der bisher gezählten Objekte, also die Kardinalzahl. Stellt sich nun heraus, dass das Kind die Zahl Drei einseitig mit einem, nämlich dem dritten gezählten Element einer Menge (hier also mit dem dritten Finger) verknüpft, so ist zunächst die Besonderheit der kardinalen Zahlbedeutung in Absetzung zur Ordnungszahl herauszuarbeiten. Der Anwender zeigt dem Kind drei Finger – eventuell auch als gemaltes Bild. Das Kind wird aufgefordert, die Finger zu zählen. »Wir gehen einmal die einzelnen Finger entlang. Das ist der erste, das ist der zweite usw.« »Zeigst Du mal den ersten Finger, den dritten Finger usw.?« Im Unterschied zu »dem dritten Finger« wird nun hervorgehoben, dass »die Finger-Drei« nicht aus einem einzelnen Finger, sondern aus allen drei Fingern zusammen besteht: »Die Drei, das sind diese drei Finger zusammen. Der dritte Finger – wie viele Finger sind das?« Nun wird das Kind aufgefordert, die zwei Zahlaspekte eigenständig zu verdeutlichen: »Zeigst Du mal die Drei/den dritten Finger? Zeigst du mal die Fünf/den fünften Finger?« usw. »Wir malen jetzt den dritten Finger und den fünften Finger rot an. Wie viele Finger sind rot?«

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Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

2.2. Die Fingerbilder

2.2.2. Die Aneignung der Fingerbilder

2.2.1. Den Nutzen geordneter Mengenbilder erkennen

Der Erwerb der Fingerbilder erfolgt für alle Zahlen bis zur 10 in der gleichen Schrittfolge. Dabei wird zunächst das Fingerbild der Zahl erarbeitet. In der Folge wird das Bild als Aktivitäts- und Wahrnehmungsmuster automatisiert und dabei zugleich mit der Zahl verknüpft. In einem dritten Schritt wird das Bild verinnerlicht. Mit welcher Zahl begonnen wird, ist von den Vorkenntnissen des Kindes abhängig zu machen. So kann es sich als sinnvoll erweisen, zunächst mit den Zahlen bis zur Fünf zu beginnen, um hier Grundsicherheiten zu schaffen. Der Aufbau der Fingerbilder für die einzelnen Zahlen wurde bereits in der theoretischen Einführung (s. Abschnitt A.II.3.) vorgestellt. Eine Besonderheit gibt es bei den Fingerbildern für die Zahlen Vier und Neun. Hier hat sich im Laufe der Förderarbeit herausgestellt, dass es sinnvoll ist, zwei Darstellungsweisen zu ermöglichen. Für das Fingerbild der Vier gibt es folgende Varianten (Abbildung 3 u. Abbildung 4):

Der Anwender legt 6 Plättchen ungeordnet auf den Tisch. Frage an das Kind: »Kannst du die Plättchen so hinlegen, dass du auch ohne zu zählen sehen kannst, wie viele es sind?« Wenn das Kind keine Anordnung findet, ordnet der Anwender die Plättchen als Würfelbild an.

Diese Übung gibt uns die Möglichkeit, mit dem Kind zunächst den Vorteil geordneter Mengenbilder zu klären. Dabei sind die folgenden Punkte von Bedeutung: Unser Zahlsystem zählt nicht mit Strichen oder kleinen Steinen, also Repräsentanten für ein Element, sondern fasst mehrere zu einer Einheit zusammen. Sie sind sozusagen schon vorgezählt. Das ist praktisch. Dann kann man aber auch nicht mehr an Strichen abzählen, wie viele 7 sind. Man muss die Bedeutung kennen und es ist günstig, wenn man sich mit einem Akt vorstellen kann, wie viele das sind. Durch geordnete Mengenbilder können wir eine Anzahl »auf einen Blick« erfassen. Die Alternative zu ihnen ist das Abzählen der Menge. Und das hat deutliche Nachteile: ■ Es ist zeitaufwendig. ■ Es ist fehleranfällig: Man muss aufpassen, dass kein Element der Menge ausgelassen oder doppelt gezählt wird. ■ Wird man unterbrochen, muss man wieder von vorne anfangen.

Abbildung 3: Das Fingerbild der Vier (Variante A)

Darauf aufbauend wird der Vorteil, Fingerbilder als Zahldarstellungen zu benutzen, besprochen: ■ Wir haben sie als unsere Rechenmaschine immer dabei. ■ Mit den Fingern können wir alle Zahlen von der Eins bis zur Zehn darstellen. ■ Wir erkennen alle Zahlen auf einen Blick. Abbildung 4: Das Fingerbild der Vier (Variante B)

Das Verständnis der Kardinalzahl

Variante A folgt stringent der Logik des sukzessiven Aufbaus der Fingerbilder, bereitet jedoch eventuell Schwierigkeiten in der motorischen Umsetzung. Dagegen ist Variante B leichter zu zeigen, folgt aber nicht dem bisherigen Aufbau, nach dem die Eins durch den Daumen repräsentiert wird. Die Zahl Neun lässt sich ebenfalls in zwei Varianten darstellen (Abbildung 5 u. Abbildung 6):

Abbildung 5: Das Fingerbild der Neun (Variante A)

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2.2.2.1. Die Erarbeitung der Fingerbilder »Die vielen Sechser« Es gibt zahlreiche verschiedene Möglichkeiten, die Zahl Sechs mit Hilfe der Finger darzustellen. Mathematisch betrachtet sind sie als Repräsentationen der Sechs völlig gleichberechtigt. Die Verdeutlichung dieses Umstandes dient einerseits zur Festigung der Verknüpfung des Zahlwortes »Sechs« mit einer Mengenvorstellung. Auf der anderen Seite dient sie zur Vorbereitung der Festlegung auf eine bestimmte Fingerkonstellation als Darstellung der Sechs. In diesem Lernschritt geht es darum, möglichst viele Darstellungsweisen der Sechs zu finden. Dies kann zunächst durch den Anwender demonstriert werden. Der Mengenbezug des Zahlworts Sechs wird immer wieder durch die Hervorhebung verdeutlicht, dass alle sechs Finger zusammen die Sechs repräsentieren.

»Unsere Finger-Sechs«

Abbildung 6: Das Fingerbild der Neun (Variante B)

Bei der Einführung der Fingerbilder ist jedoch darauf zu achten, dass das Kind sich auf jeweils eine dieser Varianten festlegt. Im Folgenden wird der Erwerb der einzelnen Fingerbilder am Beispiel der Zahl Sechs verdeutlicht. Alle anderen Fingerbilder werden in der gleichen Weise eingeführt.

Einführung »Wir haben gesehen, dass es viele FingerSechser gibt. Wir wollen von jetzt ab eine bestimmte Finger-Sechs festlegen« (zeigt die Finger-Sechs). Die Vorteile der Festlegung auf eine bestimmte Finger-Sechs werden mit dem Kind besprochen: – Einmal erworben kann dieses Fingerbild sehr schnell – in einem Akt – erzeugt werden. – Auch das visuelle Erkennen der dargestellten Zahl vollzieht sich zunehmend »auf einen Blick«. Das Kind legt das Finger-Bild der Sechs. Gemeinsam werden die charakteristischen Eigenschaften des Bilds beschrieben. Welche Finger gehören dazu? (Beispiel: »Alle fünf Finger der einen Hand und der Daumen der anderen Hand«).

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Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

»Fehler« finden Der Anwender zeigt jetzt verschiedene Finger-Sechser. Wenn der festgelegte Sechser kommt, soll das Kind rufen: »Stopp«. Dieses Spiel wird mit vertauschten Rollen gespielt. Die Finger-Sechs malen: Hier wird bereits der Aufbau innerer Vorstellungsbilder gefördert. Allerdings dient die Übung hier zunächst der Sicherung und Festigung der gewählten Fingerdarstellung für die Zahl Sechs.

2.2.2.2. Automatisieren der Fingerbilder

Wenn die Fingerbilder für alle Zahlen von der Eins bis zur Zehn gesichert sind, wird die Reihenfolge innerhalb des Fingerbildes von Fall zu Fall variiert. So lässt sich aus einer gelegten Finger-Zwei (Daumen und Zeigefinger der linken Hand) eine FingerSieben einfach dadurch erstellen, dass die volle rechte Hand hinzugefügt wird. Das resultierende Fingerbild ist nun zwar »seitenverkehrt«, es entspricht aber sonst den wesentlichen Eigenschaften des Fingerbildes der Sieben. »Seitenverkehrt-Übungen« fördern das Verständnis dafür, dass die Quantität Sieben nicht mit einer bestimmten Fingerkonstellation zusammenfällt.

Nachdem das Fingerbild erarbeitet ist, wird es als Aktivitäts- und als Wahrnehmungsmuster des Kindes automatisiert. Dies geschieht durch verschiedene Übungen und Spiele, bei denen mehrere Fingerbilder parallel geübt werden.

»Seitenverkehrte« Fingerbilder Der Anwender bittet das Kind, eine FingerVier zu zeigen. »Kannst du daraus eine FingerNeun machen, ohne die Vier umzuordnen?« In gleicher Weise wird diese Übung mit der Drei und der Acht und mit der Eins und der Sechs durchgeführt.

Der Anwender zeigt ein bestimmtes Fingerbild – das Kind soll die Zahl dazu sagen.

Die Automatisierung der Fingerbilder wird durch eine Reihe von Spielen gefördert:

Der Anwender sagt eine Zahl – das Kind soll dazu das vereinbarte Fingerbild zeigen.

Fingerbilder würfeln Material: Fingerbilderkarten, ein Zehnerwürfel mit Ziffern, zehn Plättchen für jeden Mitspieler. Die Kärtchen werden auf dem Tisch ausgelegt. Jeder Spieler erhält zehn Plättchen. Dann wird gewürfelt. Wer zuerst ein Plättchen auf die zur gewürfelten Zahl passende Fingerbildkarte legt, hat einen Punkt. Gewonnen hat, wer zuerst alle Plättchen gelegt hat.

Bei beiden Übungen ist darauf zu achten, dass das Kind sich in das vorher vereinbarte Fingerbild einübt. Werden die Finger noch einzeln – also zählend – »aufgeblättert«? Nutzt es die leichtere motorische Handhabbarkeit, indem es bei der Vier alle Finger außer dem Daumen auswählt? Anstelle der Fingerbilder beziehungsweise der gesagten Zahlen werden FingerbilderKärtchen eingesetzt. »Blitzfinger«: Das Aufzeigen der Finger wird – sowohl durch den Anwender, aber auch durch das Kind – immer schneller durchgeführt. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Überforderung des Kindes eintritt. Ist dies gewährleistet, so bereitet diese Übung den Kindern in der Regel viel Spaß.

Tafelrennen Material: Wandtafel und Kreide, ein Zehnerwürfel mit Ziffern, acht magnetische Wendeplättchen für jeden Mitspieler. Die Fingerbilder werden an die Tafel gemalt. Jeder Spieler erhält acht Plättchen. Es wird mit einem Zehnerwürfel mit Ziffern gewürfelt. Wer zuerst sein Plättchen an das entsprechende Fingerbild heftet, bekommt einen Punkt.

Das Verständnis der Kardinalzahl

Domino Material: Fingerbilder-Dominokarten. Das Spiel wird nach den üblichen DominoSpielregeln gespielt. Fingerbilder-Memory Material: Fingerbilder- und Zahlenkarten. Die Karten werden gemischt und auf dem Tisch umgekehrt ausgelegt. Gesucht werden die zusammengehörigen Paare aus Fingerbildkarte und der entsprechenden Zahlenkarte. Der Spielverlauf entspricht dem bekannten Vorbild. Gewonnen hat, wer am Ende die meisten Kartenpaare gefunden hat.

2.2.2.3. Der Aufbau innerer Vorstellungsbilder Damit das Kind Zahlen als Mengen mit einer bestimmten Anzahleigenschaft versteht, ist es nicht nur erforderlich, dass es sie als Fingerbilder darstellen und auf Grund ihrer Anordnung wieder erkennen kann. Diese hergestellte oder gesehene Anordnung muss auch in Form eines inneren Vorstellungsbildes internalisiert werden, das jederzeit reproduziert und geistig abgerufen werden kann. Die folgenden Übungen zielen auf die Förderung dieses Vorgangs einer schrittweisen Verinnerlichung.

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halb aller aufliegenden zehn Finger das entsprechende Fingerbild. »Sehen im Kopf« Das Kind soll sich die genannte Zahl im Kopf vorstellen und sie verbal beschreiben. »Roboter« Der Anwender will eine Zahl darstellen und fordert das Kind auf, ihm Anweisungen zu geben, wie er das tun kann. Zahlen malen Das Kind wird aufgefordert, eine oder mehrere Zahlen als Fingerbild zu malen.

Hier dient das Malen zur Förderung der Verinnerlichung der Zahlenbilder, da die inneren Vorstellungen überprüft, gefestigt und weiter eingeübt werden können.

2.3. Die Zahlen im Zehnerfeld 2.3.1. Einführung des Zehnerfelds Das Zehnerfeld ist den Kindern in der Regel nicht vertraut. Daher bedarf es einer Einführung.

»Sehen versteckter Fingerbilder« Das Kind legt alle zehn Finger auf den Tisch. Der Anwender legt über die verschiedenen »Zahlen« die Hand (also z. B. über drei, vier oder sieben Finger). Das Kind soll die verdeckte Zahl nennen.

Da die Finger hierbei dem Blick entzogen sind, wird der Aufbau und die Aktivierung innerer Vorstellungen angeregt. Zugleich wird die taktile Bewegungserfahrung als Grundlage für ihre Herausbildung hervorgehoben. »Blindes Sehen« Die Hände des Kindes werden zum Beispiel durch ein Tuch seinem Blick entzogen. Der Anwender nennt eine Zahl. Das Kind soll möglichst schnell das entsprechende Fingerbild legen. Variante: Das Kind bewegt inner-

Abbildung 7: Das Zehnerfeld

Jüngere Kinder können die Struktur des Zehnerfelds in der Regel besser behalten, wenn sie es mit Dingen, die ihnen aus dem Alltag bekannt sind, verknüpfen. So stellen sich manche Kinder das Zehnerfeld gerne als einen Lastwagen vor, der mit verschiedenen Kisten beladen ist. Ein anderes Kind macht aus ihm einen Pferdewagen. So entwickelt jedes Kind seine eigene Vorstellung, die ihm hilft, das Zehnerfeld zu erlernen und zu behalten.

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Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

Fünf / zur Zehn ist. Dann wird mit dem Kind vereinbart, dass die jeweilige Zahl in Zukunft in der neuen Anordnung dargestellt werden soll. Im Folgenden schließen sich Übungen an, die den Erwerb der Zehnerfelddarstellungen fördern sollen. Abbildung 8: Jenny stellt sich das Zehnerfeld als einen Pferdewagen vor

Einführung des Zehnerfeldes. Hier können die Kinder ihre eigenen Vorstellungen entwickeln.

Wichtig ist, dass die Anordnung der 5er-Unterteilung festgehalten wird und die Parallele zu den Fingerbildern erkannt wird.

2.3.2. Die Aneignung der Zahlenbilder Der Erwerb der Zehnerfeldbilder vollzieht sich in der gleichen Schrittfolge, wie wir sie von den Fingerbildern her kennen. Auch hier wird zunächst das Bild der Zahl erarbeitet. In der Folge wird das Bild als Aktivitäts- und Wahrnehmungsmuster automatisiert und dabei zugleich mit der Zahl verknüpft. In einem dritten Schritt wird das Bild verinnerlicht.

2.3.2.1. Die Erarbeitung der einzelnen Zahlenbilder Einführung der Zahldarstellungen Material: Leeres Zehnerfeld als Karte oder als Arbeitsblatt. Einfarbige (möglichst blaue) Plättchen. Nun wird das Kind aufgefordert, mit Hilfe der Plättchen die Zahl 6 im Zehnerfeld zu legen.

Oft wählen die Kinder eigene Anordnungen (v. a. die Würfel-Sechs), die nicht der hier favorisierten Anordnung entsprechen. Hier ist zunächst hervorzuheben, dass diese anderen Anordnungen genauso die Zahl Sechs wiedergeben. Daher sollte der Anwender die neue Anordnung einführen und ihre Vorteile verdeutlichen: Man kann in der Zehnerfeld-Sechs die Fünf – so wie wir sie kennen – auffinden und es ist sogleich zu sehen, wie weit es bis zur

Verbale Beschreibung des Zahlenbildes Hier wird eine Zahl in Zehnerfelddarstellung herangezogen, um dann gemeinsam eine Beschreibung zu finden, die das Kind für sich übernehmen kann. Dabei ist nicht nur die Beschreibung dessen, was »da ist«, von Bedeutung – zum Beispiel: »Die Acht, das ist unten eine Fünfer-Reihe und oben sind drei Fächer voll«. Auch die Beschreibung dessen, was »fehlt«, ist wichtig für die Erfassung der Anordnung – zum Beispiel: »Bei der Acht sind zwei Fächer frei bis zur Zehn«. Herausfinden »unserer Zehnerfeld-Acht« Diese Übung kann mit Hilfe von Plättchen auf der Zehnerfeld-Karte mit einem leeren Zehnerfeld durchgeführt werden. Stattdessen können aber auch mehrere Arbeitsblätter mit einem leeren Zehnerfeld benutzt werden, in die die entsprechenden Zahlanordnungen mit einem farbigen Filzstift eingetragen werden. Dem Kind werden unterschiedliche Anordnungen von acht Plättchen bzw. ausgefüllten Feldern im Zehnerfeld präsentiert. Er soll diejenige Anordnung herausfinden, die vorher gemeinsam festgelegt worden ist.

Beim Erwerb der Zahldarstellungen im Zehnerfeld werden die Darstellungen einzelner Zahlen als Fingerbild und innerhalb des Zehnerfelds verglichen. Wesentliche Zahleigenschaften (Beziehung zur Fünf und zur Zehn) werden hervorgehoben, damit sich dem Kind die Zehnerfeld-Zahlenbilder besser einprägen. Der Anwender legt ein Kärtchen mit der Finger-Sieben und ein anderes Kärtchen mit der Zehnerfeld-Sieben auf den Tisch. Im Gespräch werden die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede der beiden Darstellungsformen zusammengetragen.

Das Verständnis der Kardinalzahl

Das Kind soll vorgegebene Zahlen in einem leeren Zehnerfeld (wiederum mit Hilfe von Plättchen oder durch Ausmalen mit einem Filzstift) eintragen. Abweichende Darstellungen werden korrigiert und die gemeinsam festgelegte Anordnung in der Vorstellung des Kindes sicher verankert. Das Kind soll Zahlenbilder mit kleinen Tierstempeln in ein leeres Zehnerfeld stempeln. Das Kind soll eine oder mehrere Zahlen in Zehnerfelddarstellung malen, ohne dass es ein leeres Zehnerfeld als Vorgabe erhält.

Abbildung 9: Lotte malt die Acht zuerst so (links) und später so (rechts)

2.3.2.2. Die Automatisierung der Zahlenbilder Nachdem das Zehnerfeldbild erarbeitet ist, wird es als Wahrnehmungsmuster des Kindes automatisiert. Dies kann durch verschiedene Übungen und Spiele gefördert werden, bei denen auch mehrere Zahlenbilder parallel geübt werden. Material: Zehnerfeld-Zahlenkarten. Der Anwender zeigt ein beliebiges Zahlenbild – das Kind sagt die Zahl dazu.

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Kästchen, sondern (für die Fünf und die Zwei) jeweils »in einem Rutsch« durchzuführen.

Auch hier wird die Automatisierung durch Spiele gefördert: Zehnerfeldzahlen würfeln Material: Zehnerfeldkarten, ein Zehnerwürfel mit Ziffern, zehn Plättchen für jeden Mitspieler. Die Kärtchen werden auf dem Tisch ausgelegt. Jeder Spieler erhält zehn Plättchen. Dann wird gewürfelt. Wer zuerst ein Plättchen auf die zur gewürfelten Zahl passende Zehnerfeldkarte legt, erhält einen Punkt. Gewonnen hat, wer zuerst alle Plättchen gelegt hat. Tafelrennen Material: Wandtafel und Kreide, ein Zehnerwürfel mit Ziffern, acht magnetische Wendeplättchen für jeden Mitspieler. Die Zehnerfeldbilder werden an die Tafel gemalt. Jeder Spieler erhält acht Plättchen. Es wird mit einem 10er Würfel mit Ziffern gewürfelt. Wer zuerst sein Plättchen ans gewürfelte Bild heftet, bekommt einen Punkt. Zehnerfeld-Memory Material: Zehnerfeld- und Ziffernkarten Die Karten werden gemischt und auf dem Tisch umgekehrt ausgelegt. Gesucht werden die zusammengehörigen Paare aus Zehnerfeldkarte und der entsprechenden Ziffern. Der Spielverlauf entspricht dem bekannten Vorbild. Gewonnen hat, wer am Ende die meisten Kartenpaare gefunden hat.

Material: Zehnerfeld-Zahlenkarten. Der Anwender sagt eine Zahl – das Kind zeigt das dazu passende Zahlenbild.

2.3.2.3. Der Aufbau innerer Vorstellungsbilder

»Blitzkarten« Diese Übungen werden nun mit zunehmender Geschwindigkeit durchgeführt.

Die Verinnerlichung der Zehnerfelddarstellungen zu Vorstellungsbildern geschieht in ähnlicher Weise wie bei den Fingerbildern.

»In einem Rutsch« Ausmalen der Sieben im Zehnerfeld mit einem dicken Filzstift. Dabei wird das Kind aufgefordert, das Ausmalen nicht Kästchen für

»Sehen im Kopf« und beschreiben Das Kind stellt sich die genannte Zahl als Zehnerfeld-Darstellung im Kopf vor und beschreibt sie verbal.

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Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

»Roboter« Material: Leeres Zehnerfeld, Filzstift. Der Anwender will eine Zahl durch Ausmalen darstellen und fordert das Kind auf, ihm Anweisungen zu geben, wie er das tun kann.

Zahlsymbolen hergestellt und gefördert. Dazu dienen die folgenden Übungen: Zeigen von Fingerbildern und Zehnerfeldbildern Material: Zehnerfeld-Karten. Der Anwender zeigt eine Zahl als Zehnerfeldbild – das Kind zeigt das Fingerbild. Nach einiger Zeit werden die Rollen getauscht: Der Anwender zeigt eine Zahl als Fingerbild – das Kind findet das passende Zehnerfeldbild.

»Zehnerfeldbilder malen« Dem Kind wird auf einem Arbeitsblatt ein Zehnerfeld-Rahmen – also ohne die zehn einzelnen Fächer – vorgegeben. Es soll mit einem dicken Farbstift eine Sieben, eine Acht usw. malen.

Domino-Spiel Material: Die Fingerbilder-Domino-Karten.

2.4. Verknüpfung von Zahlsymbolen, Fingerbildern und Zehnerfelddarstellungen

Memory Die Ziffernkarten, die Fingerbild- und die Zehnerfeldkarten können als Memory-Karten eingesetzt werden. Dabei wird man in der Regel jeweils zwei der drei Kartensätze kombinieren.

Nachdem die Fingerbilder und die Zehnerfelddarstellungen jeweils für sich erarbeitet sind, wird ihre Verknüpfung untereinander und mit den jeweiligen

II. Das Verständnis der Zahlzerlegungen 1.

Lernziele

Zahlen sind zusammengesetzt aus anderen Zahlen. Anders ausgedrückt: Zahlen können zerlegt werden in andere Zahlen, die in ihnen enthalten sind. Hierbei kommt der Möglichkeit, eine gegebene Zahl in zwei Teilmengen – also in ein Zahlenpaar – zu zerlegen, besondere Bedeutung zu – nicht zuletzt deshalb, weil sich ein teilmengenorientiertes Verständnis der Addition und der Subtraktion auf das Wissen um diese Zerlegungen gründet. Lernziele des folgenden Abschnittes sind: ■ Verständnis, dass man Zahlen zerlegen kann bzw. dass Zahlen aus anderen Zahlen zusammengesetzt sind. ■ Darstellung einzelner Zahlzerlegungen mit Hilfe von Material, in bildlicher Form und in sprachlicher Form. Aufbau innerer Vorstellungsbilder der Zahlzerlegungen. ■ Darstellung der Zerlegungen als »Zahlensatz«.

Sichere Zuordnung von materialgebundenen oder anschaulichen Darstellungsformen zu den Darstellungen in Ziffernform. ■ Aneignung der einzelnen Zerlegungsmöglichkeiten für jede Zahl bis 10 als abrufbares Wissen.

2.

Lernschritte

2.1. Die Darstellung der Zahlzerlegungen mit Hilfe von Fingerbildern, im Zehnerfeld und im Zahlenhaus Die Zerlegung einer gegebenen Zahl lässt sich einerseits mit Hilfe der Fingerbilder darstellen. Dabei wird etwa das Bild der Acht gezeigt. Innerhalb dieses Fingerbildes lassen sich nun die Teilzahlen durch »Winken« mit den entsprechenden Fingergruppen darstellen.

Das Verständnis der Zahlzerlegungen

Abbildung 10: Zerlegung der Finger-Acht in eine Fünf und eine Drei durch »Winken«

Da diese Darstellungsweise eine gewisse Fingerfertigkeit voraussetzt, fällt sie den Kindern (und Anwendern) nicht immer leicht. Erweisen sich diese Probleme als schwerwiegend, dann sollte der Schwerpunkt auf die Darstellung im Zehnerfeld gelegt werden.

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die sie als eigenständiges Fingerbild oder als Zehnerfeldbild besitzen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass diese größeren Teilzahlen auch innerhalb einer umfassenden Gesamtzahl möglichst leicht zu erkennen sind. Entsprechend wird die Sechs innerhalb des Achterbildes sinnvollerweise durch die fünf Finger einer Hand und den Daumen dargestellt. Dadurch erhält wiederum »automatisch« die Zwei innerhalb dieses Zerlegungspaares ihren Platz im Fingerbild der Acht und entsprechend im Zehnerfeld (Abbildung 12).

Abbildung 12: Zerlegung der Acht in eine Sechs und eine Zwei im Zehnerfeld Abbildung 11: Zerlegung der Acht in eine Fünf und eine Drei im Zehnerfeld

Innerhalb des Zehnerfelds lassen sich die Zahlzerlegungen durch unterschiedliche Färbungen darstellen. So kann innerhalb der Gesamtzahl Acht die Fünf blau , die Drei hingegen rot gefärbt sein. Beide Darstellungsweisen bieten die Möglichkeit, mit ihrer Hilfe alle drei beteiligten Anzahlen – die Gesamtzahl und die beiden Teilzahlen – simultan zu erfassen. Besondere Aufmerksamkeit verlangt die »Verortung« der Teilzahlen in der jeweiligen Gesamtzahl. Zwar gibt es innerhalb des Fingerbildes (oder des Zehnerfeldbildes) der Acht zahlreiche Möglichkeiten, eine Zwei, eine Drei oder eine Fünf unterzubringen. Allerdings ist es für die praktische Handhabung und die Aneignung der Zahlzerlegungen nötig, die Zwei an einer bestimmten Stelle innerhalb der Acht zu verorten. Diese Festlegung ist die Vorbedingung dafür, dass ein sicher verfügbares inneres Bild der Zerlegung aufgebaut werden kann. Welche Position die Teilzahlen innerhalb eines Fingerbildes einnehmen, bestimmt sich nach dem folgenden Erfordernis: Größere Teilzahlen – also insbesondere Zahlen größer als die Vier – erhalten innerhalb der Gesamtzahl genau diejenige Position,

In symbolischer Darstellungsweise lässt sich die Zahlzerlegung in einem Zahlenhaus eintragen. Dabei wird die Gesamtzahl im Dach notiert, die beiden Teilzahlen belegen jeweils ein Zimmer im darunter liegenden Stockwerk.

Abbildung 13: Das Zahlenhaus für die Zerlegung der Zahl Sieben in eine Fünf und eine Zwei

Wollen wir alle Zerlegungen einer Zahl aufschreiben, so kann dies in einer »mehrstöckigen« Variante des Zahlenhauses geschehen.

Abbildung 14: Das Zahlenhaus für die Zahl Sieben

36

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

2.2. Die Aneignung der Zahlzerlegungen Der Erwerb der Zahlzerlegungen vollzieht sich in mehreren Schritten. Zunächst wird ein Grundverständnis aufgebaut, dass Zahlen zerlegt werden können und wie dies mit Fingerbildern, im Zehnerfeld und im Zahlenhaus dargestellt werden kann. Im Anschluss daran werden die einzelnen Zerlegungen der Zahlen bis zur 10 erarbeitet und automatisiert. Die Herausbildung innerer Vorstellungsbilder bildet auch hier den Abschluss.

2.2.1. Die Einführung der Zahlzerlegungen Verstehen, dass in einer Zahl andere Zahlen enthalten sind Zunächst einmal muss das Kind verstehen, dass in einer gegebenen Zahl – in unserem Beispiel der Acht – überhaupt andere, meist kleinere Zahlen enthalten sind. Das Kind soll die Finger-Acht zeigen und dann schauen, ob es in ihr andere Zahlen als die Acht selber findet. Diese Teilzahlen in der Acht werden durch das »Winken« mit ihnen hervorgehoben, ohne dass die Gesamtzahl Acht damit aus dem Blick gerät. Das Kind wird nun aufgefordert, weitere Teilzahlen zu finden, die im Fingerbild der Acht zu finden sind. Mit diesen winkt es, ohne die 8 Finger wegzuklappen. Das Kind zeigt und benennt in der Zehnerfeld-Acht die enthaltenen Teilzahlen. Diese gefundenen Zahlzerlegungen können innerhalb eines leeren Zehnerfeldes durch unterschiedliche Farben dargestellt werden. Die Gesamtzahl Acht bleibt erhalten, die Fünf in ihr wird in blauer, die Drei hingegen in roter Farbe ausgemalt. Das Kind wird nun aufgefordert, weitere Teilzahlen zu finden, die im Fingerbild der Acht sowie in der Zehnerfelddarstellung zu finden sind. Dies kann durch das farbige Ausfüllen ei-

nes leeren Zehnerfeldes oder durch die entsprechenden Zehnerfeld-Zerlegungs-Karten deutlich gemacht werden.

Verstehen, dass in einer Zahl andere Zahlen als Zerlegungspaare enthalten sind Einen Schritt weiter führt die Feststellung, dass die Teilzahlen innerhalb der Gesamtzahl stets als Zahlen- oder Zerlegungspaare enthalten sind. Es wird an die Entdeckung angeknüpft, dass in der Acht eine Fünf enthalten ist. Das Kind wird nun darauf aufmerksam gemacht, dass die Fünf in der Acht zusammen mit einer anderen Zahl – der Drei – enthalten ist. Es soll nun andere Zahlenpaare in der Acht ermitteln.

Festhalten der Zerlegungen einer Zahl in Ziffernform Die gefundenen Zahlenpaare werden in Ziffernform notiert. Hierzu wird das Zahlenhaus eingeführt: Im Dach steht die Gesamtzahl, in den beiden Zimmern der darunter liegenden Etagen stehen die beiden Teilzahlen. Das Kind trägt alle im Fingerbild oder Zehnerfeld gefundenen Zahlzerlegungen der Acht ins Zahlenhaus ein. Das Verständnis wird dadurch gefestigt, dass das Kind ein bereits ausgefülltes Zahlenhaus erläutert und in Zehnerfelddarstellung wiedergibt oder die passenden Zerlegungskarten heraussucht.

2.2.2. Die Erarbeitung aller Zerlegungen der Zahlen bis zur Zehn Bereits früher wurde darauf hingewiesen, dass es für das Erlernen und die sichere Handhabung der Zahlzerlegungen notwendig ist, den Teilzahlen innerhalb der Gesamtzahl einen festen »Ort« zuzuweisen. Die Erarbeitung der einzelnen Zahlzerlegungen macht es daher erforderlich, dass das Kind sich mit dieser

Das Verständnis der Zahlzerlegungen

Verortung der Teilzahlen in einer Gesamtzahl vertraut macht. Daran anschließend kann es lernen, welche Zerlegungsmöglichkeiten es für einzelne Zahlen gibt. Für jede einzelne Zahlzerlegung werden feste Konfigurationen vereinbart, wie sie als Fingerbild oder im Zehnerfeld dargestellt werden. Selbstverständlich werden diese Darstellungsmuster nicht »aus dem Stand« beherrscht. Daher müssen sie sorgfältig eingeübt werden. Dies geschieht zunächst mit den Zahlen in Fingerbilddarstellung. Der Anwender sagt eine Zahl und eine in ihr enthaltene Teilzahl (z. B.: »In der Acht ist eine Sechs – zusammen mit einer …?«). Das Kind soll nun die Gesamtzahl (hier die Acht) als Fingerbild zeigen und in ihr durch Winken die bekannte Teilzahl (hier die Sechs) hervorheben. Dann hebt es auch durch Winken die andere Teilzahl (hier die Zwei) hervor.

Dabei ist darauf zu achten, dass das Kind die Teilzahlen innerhalb des Fingerbildes »richtig« verortet. Der Anwender zeigt eine Zahlzerlegung als Fingerbild und das Kind soll angeben, um welche Zerlegung es sich handelt.

Die Erarbeitung der Zahlzerlegungen innerhalb des Zehnerfeldes kann auf verschiedene Weise erfolgen. Erarbeitung der Zahlzerlegungen mit Hilfe der Zehnerfeld-Zahlen-Karten und der Rechenkarten. Der Anwender sagt eine Zahl und eine in ihr enthaltene Teilzahl (z. B.: »In der Acht ist eine Zwei – zusammen mit einer …?«). Das Kind sucht nun die Zehnerfeld-Zahlen-Karte für die Zahl Acht heraus und legt sie vor sich hin. Nun muss es aus den Rechenkarten, die die Menge Zwei darstellen, diejenige Karte heraussuchen, bei der die Zwei »richtig« verortet ist. Es legt sie über die Zahlen-Karte. Nun wird die Teilmenge Zwei dunkler bzw. schwarz dargestellt, und zugleich tritt die andere Teilmenge (hier die Sechs) hervor.

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Abbildung 15: Die passende Rechenkarte für die Zwei wird auf die Zehnerfeld-Sechs gelegt.

Der Einsatz der Rechenkarten fördert die richtige »Verortung« der Teilmengen innerhalb des Zehnerfeldbildes der Gesamtzahl. Damit leistet er bereits einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau innerer Vorstellungsbilder für die einzelnen Zahlzerlegungen. Erarbeitung der Zahlzerlegungen durch das Ausmalen leerer Zehnerfelder. Das Kind hat ein Arbeitsblatt mit einem leeren Zehnerfeld vor sich. Der Anwender sagt eine Zahl und eine in ihr enthaltene Teilzahl (z. B.: »In der Neun ist eine Drei – zusammen mit einer …?«). Das Kind soll nun mit Hilfe verschiedenfarbiger Filzstifte die Gesamtzahl Neun sowie die beiden Teilzahlen Drei und Sechs in das Zehnerfeld hineinmalen.

Schließlich können die Zerlegungen auch mit Hilfe der Zehnerfeld-Zerlegungs-Karten erarbeitet werden. Sie geben in zweifarbiger Darstellung die unterschiedlichen Zerlegungsmöglichkeiten für die Zahlen von Drei bis Zehn wieder. Das Kind hat die Zehnerfeld-Zerlegungs-Karten vor sich liegen. Der Anwender sagt eine Zahl und eine in ihr enthaltene Teilzahl (z.B.: »In der Neun ist eine Drei – zusammen mit einer …?«). Das Kind soll nun diejenige Karte heraussuchen, die diese Zerlegung darstellt. Der Anwender zeigt eine der Zehnerfeld-Zerlegungs-Karten. Das Kind soll nun sagen, welche Zahlzerlegung dargestellt ist.

Der Schüttelkasten (s. Anhang 1.) weist in der Zahldarstellung die gleiche Anordnung auf wie das Zeh-

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Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

nerfeld. Er leistet daher bei der Erarbeitung und Automatisierung der Zerlegungen als zusätzliches Arbeitsmittel gute Dienste. Zerlegungen der 7 im Schüttelkasten Hinter dem verdeckten Fenster verschwinden Kugeln. Wie viele sind es? Weißt du das ohne Zählen? Wie sah die 7 vorher aus, wo fehlen jetzt welche Teilmengen?

Damit sind wir bereits so weit fortgeschritten, dass wir vom Erlernen einzelner Zerlegungen zur Erarbeitung aller Zerlegungen einer bestimmten Zahl übergehen können. Das Kind wird aufgefordert, alle Zerlegungen der jeweils gegebenen Zahl – z. B. der Sieben – zu finden. Diese werden sowohl durch Winken mit den Teilzahlen in den Fingerbildern gezeigt wie auch durch Heranziehen der passenden Zehnerfeldkarten. Die verschiedenen Zerlegungen, die bei einer Zahl möglich sind, werden nebeneinander betrachtet und verglichen. Anschließend werden sie im Zahlenhaus eingetragen.

Betrachten wir zusammen mit dem Kind die Zerlegungen im Zusammenhang, lassen sich Beziehungen zwischen ihnen entdecken: ■ Sie lassen sich in eine Reihenfolge bringen. ■ Es lässt sich feststellen, wie man innerhalb dieser Reihe von einer Zerlegung zur nächsten gelangt (z. B. »Bei den Roten kommt immer einer dazu, bei den Blauen kommt einer weg. Alle zusammen bleiben immer gleich viele«). ■ In der Reihe kann man gut erkennen, ob eine Zerlegung fehlt. Ein anderer Weg zur Prüfung auf Vollständigkeit besteht darin, dass wir schauen, welche Zahlen in den Zerlegungen vorkommen. So muss im Fall der Zahl Sieben jede Zahl zwischen 0 und 7 in der Reihe der Zerlegungen vorkommen. ■ Innerhalb des Zehnerfeldes ergeben sich zwei verschiedene Darstellungen für die Zerlegung der Sieben in eine Fünf und eine Zwei: Blaue Fünf und rote Zwei. Rote Fünf und blaue Zwei.

Nun ist es für eine Fußball-Mannschaft natürlich ein Riesen-Unterschied, ob sie (»die Blauen«) fünf Tore geschossen haben und die gegnerische Mannschaft (»die Roten«) nur zwei oder ob das Spiel genau umgekehrt ausgegangen ist. Wenn es aber nur darum geht, die Zerlegungen der Sieben zu finden und darzustellen – dann ist dieser Unterschied gleichgültig. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, einige Zerlegungen zu streichen und den Gesamtumfang der Zerlegungen, die bei einer Zahl möglich sind, zu reduzieren. Die Kenntnis dieser Beziehungen hilft dem Kind, die Reihe der Zerlegungen einer Zahl für sich zu strukturieren. Ihre Aneignung sollte durch weitere Übungsschritte gefördert werden. Beispiel: Dem Kind wird eine Auswahl von Zerlegungen einer Zahl in Zehnerfelddarstellung vorgelegt. Ist die Reihe vollständig? Welche Zerlegungen sind doppelt vorhanden, welche fehlen? Die Übung wird in gleicher Weise mit einem Zahlenhaus durchgeführt, das in willkürlicher Reihenfolge ausgefüllt worden ist.

2.2.3. Der Aufbau innerer Vorstellungsbilder Verdecktes Operieren (I) Am Fingerbild wird eine Teilzahl verdeckt. Das Kind soll angeben, welche Teilzahl die verdeckte ist. Das gleiche Vorgehen bei Zehnerfeld-Darstellung. Verdecktes Operieren (II) Das Kind legt mit geschlossenen Augen eine Fingerbild-Neun. Der Anwender nennt eine Teilmenge: »Die Neun besteht aus der Sechs und einer?« Das Kind bewegt die Sechs und die Drei und nennt dabei die Drei. So werden alle Zerlegungen der Neun in beliebiger Reihenfolge gezeigt und genannt. Verbale Beschreibung Zunächst werden Beschreibungen zeitgleich mit der Darstellung von Zerlegungen durch Fingerbilder und im Zehnerfeld entwickelt. Danach

Das Verständnis der Zahlzerlegungen

soll sich das Kind eine Finger- oder eine Zehnerfeld-Neun im Kopf vorstellen. Wie sieht die Zerlegung in eine Sieben und eine Zwei jetzt aus? Die Zerlegungen der Neun werden im Zehnerfeld gestempelt. Material: Leeres Zehnerfeld auf Papier und zwei verschiedene Stempel. Die Zerlegungen der Neun werden frei gemalt, ohne dass ein leeres Zehnerfeld zugrunde gelegt wird.

Dieses Vorgehen wird für alle Zahlen von Drei bis Zehn durchgeführt. Im Wechsel wird eine kleinere und eine größere Zahl erarbeitet. Die Zerlegungen der Zahlen von Drei bis Zehn werden durcheinander geübt. Dabei wird das Kind ausdrücklich dazu aufgefordert, sich ein Mengenbild der aufgerufenen Zahl vorzustellen (»Siehst du die Zehn? Sie besteht aus einer 6 und einer?«). Schrittweise werden diejenigen Zerlegungen, die gut beherrscht werden, weggelassen. Die übrig bleibenden werden gesondert notiert und wieder mit (vorgestellten) Fingerbildern oder im Zehnerfeld betrachtet. Dabei werden besondere Schwierigkeiten einzelner Zerlegungen angesprochen (typisch: die Sieben in Vier und Drei. Oder die Neun in Sechs und Drei, in Sieben und Zwei).

2.2.4. Automatisieren im Zeichenbereich Die sichere Beherrschung aller Zahlzerlegungen im Zeichenbereich ist von großer Bedeutung für die zutreffende Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben. Die im vorigen Abschnitt vorgestellten Übungen zur Verinnerlichung der Zahlzerlegungen leisten bereits einen wichtigen Beitrag zur Förderung dieser Kenntnisse. Die folgenden Übungen wirken auf ihre weitergehende Automatisierung hin.

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Zahlenhäuser mit Lücken Dem Kind werden Zahlenhäuser (für die Sechs, die Sieben etc.) vorgegeben, in denen bei den Zerlegungspaaren jeweils nur eine Zahl aufgeführt wird. Es soll die zweite Teilzahl hinzufügen.

Dabei zeigt sich, dass das Kind einige Zerlegungen und Zerlegungspaare bereits in der Form auswendig abrufbaren Wissens kennt. Andere muss es hingegen noch durch Rückgriff auf innere Vorstellungsbilder oder die Fingerbilder bzw. Zehnerfelddarstellungen ermitteln. Das weitere Üben konzentriert sich naturgemäß auf diese Zerlegungen. Für einzelne Zahlen ergeben sich oftmals besondere Übungsmöglichkeiten. So lässt sich im Falle der Sieben der Umstand ausnutzen, dass beim normalen Würfel die Ober- und die Unterseite zusammen sieben ergeben. »Zaubern mit dem Würfel« Der Anwender verkündet, dass er zaubern kann. Er lässt eine Zahl würfeln und sagt (nachdem er vorher magische Bewegungen und Rituale vollzogen hat) die Zahl, die sich auf der Unterseite des Würfels befindet. Die Kinder sind in der Regel verblüfft. Sie freuen sich, wenn sie nach der Einführung in die Geheimkunst selbst mit dem Würfel zaubern können.

Schließlich kann die Automatisierung auch durch eine Reihe von Spielen gefördert werden. Spiel: Alle Neune. Zahlzerlegungsspiel im Holzkasten (s. Anhang 1). Spiel: Eine Zahl wird vereinbart, zum Beispiel die Neun. Dann wird gewürfelt. Es fällt die Sechs. Wer weiß schneller, welche Zahl zusammen mit der Sechs in der Neun ist?

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Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

III. Das Verständnis der Addition und Subtraktion 1.

Lernziele

Für viele Schüler gehören Gleichungen wie 5 + 4 = 9 oder 7 – 3 = 4 einer fremden Welt an, in der Zahlsymbole und Rechenzeichen in einer Weise miteinander kombiniert werden, die nur den Erwachsenen bekannt ist. Dass diese Gleichungen reale Vorgänge – nämlich quantitative Operationen – wiedergeben, bleibt ihnen verborgen. Damit fehlt ihnen aber auch die Voraussetzung dafür, Additions- und Subtraktionsoperationen in alltäglichen Lebensvollzügen sinnvoll einzusetzen und wirkungsvolle Rechenstrategien zu entwickeln. Der verständige Umgang mit Additions- und Subtraktionsaufgaben erfordert daher ein Grundverständnis dieser Rechenoperationen, das ihren quantitativen Gehalt, d.h. die beteiligten Mengenvorgänge in den Mittelpunkt stellt. Ein entwickeltes Operationsverständnis umfasst folgende Bereiche:

■ Ist der quantitative Gehalt der Rechenoperationen für sich verstanden, so erschließen sich darauf aufbauend weitergehende Zusammenhänge zwischen diesen Aufgabenarten. So stehen Addition und Subtraktion in einem inversen Zusammenhang zueinander, der sich auch in Gestalt von Umkehraufgaben realisiert. Dadurch dass jede Additions- und Subtraktionsaufgabe eine bestimmte Zahlzerlegung enthält und benutzt, ergeben sich des weiteren Beziehungen zwischen jeweils zwei Additions- und Subtraktionsaufgaben, die sie zu einer »Aufgabenfamilie« machen.

■ Im Alltag tauchen Rechenoperationen als quantitativer Aspekt von realen Abläufen und Geschehnissen auf. Dem Lernenden stellt sich hier die Aufgabe, den quantitativen Gehalt solcher Sachsituationen sicher herauszufiltern und in seinen Teilphasen zu erfassen. ■ Addition als einen Vorgang der Vereinigung zweier Mengen zu einer Gesamtmenge mit dem Ergebnis, dass die Ausgangsmenge vergrößert wird. ■ Subtraktion als Vorgang der Verringerung einer Gesamtmenge um eine Teilmenge mit dem Ergebnis, dass eine andere Teilmenge als Rest übrig bleibt.

■ Die Herausbildung dieses Verständnisses für den quantitativen Gehalt der Rechenoperationen ist die Grundlage für den Erwerb angemessener und verlässlicher Rechenfertigkeiten. Dabei kommt es darauf an, die bereits erworbenen Kenntnisse der Zahlzerlegungen für die Lösung einzelner Additions- und Subtraktionsaufgaben nutzbar zu machen. Die Fingerbilder und das Zehnerfeld werden dabei auch als »Taschenrechner« eingesetzt. Sie ermöglichen die Bearbeitung von Rechenaufgaben in anschaulicher Form. Auf sie baut die Herausbildung innerer Vorstellungsbilder auf, die wiederum zur Voraussetzung für den gesicherten Erwerb der Grundaufgaben der Addition und der Subtraktion wird.

Die eigentlichen Fertigkeiten des Rechnens, also Strategien und Kenntnisse zur Lösung aller Grundaufgaben werden erst dann unter Benutzung der Kenntnis der Zahlzerlegungen entwickelt.

Darauf aufbauend wird die mathematische Zeichensprache entwickelt, die diese Vorgänge in symbolischer Schreibweise erfasst.

Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Lernziele:

■ Für den Lernenden ist es erforderlich, die Bedeutung der Operationszeichen und des Gleichheitszeichens zu erfassen, sowie die inhaltliche Bedeutung der Positionen oder »Plätze« der beteiligten Zahlen innerhalb der jeweiligen Rechenoperation.

■ Operationsverständnis von Addition und Subtraktion – Sachsituationen in ihrem quantitativen Gehalt als Additions- und Subtraktionsvorgänge erfassen, – Addition als Vereinigung von zwei Teilmengen zu einer Gesamtmenge verstehen,

Das Verständnis der Addition und Subtraktion

– Subtraktion als Verminderung einer Gesamtmenge um eine Teilmenge verstehen, – den quantitativen Gehalt von Aufgaben in symbolischer Schreibweise, sowie Operationszeichen und Plätze in der Aufgabe in ihrer Bedeutung verstehen, – Aufgaben mit den zugehörigen Zahlzerlegungen in Verbindung bringen, – den inversen Zusammenhang von Addition und Subtraktion verstehen, – Aufgabenfamilien verstehen. ■ Rechenfertigkeiten zur Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben mit Hilfe der Zahlzerlegungen – Aufgaben mit Hilfe der Fingerbilder und des Zehnerfeldes darstellen und lösen, – Aufgaben mit Hilfe innerer Vorstellungsbilder darstellen und lösen, – die Ergebnisse aller Grundaufgaben automatisieren.

2.

41

2.1.1.1. Sachsituationen mit konkretem Material durchführen Die Einführung der Addition wie auch später der Subtraktion als Mengenvorgänge erfolgt mit Hilfe von Sachsituationen, die an die Alltagserfahrungen der Kinder anknüpfen. Auf diese Weise können sie die Vorgänge des Hinzufügens und des Wegnehmens ganz unmittelbar als Kernvorgang der beiden Rechenoperationen wahrnehmen und in ihrem Ablauf erfassen. Auf der anderen Seite erhalten sie eine Hinführung und Ermunterung, die beiden Rechenoperationen in den verschiedensten alltäglichen Vorgängen zu entdecken. Solche Handlungsszenen sind vielfältig. Die Durchführung der Handlungen erfolgt mit den Zehnerfeldkarten, in die Tiere gestellt oder gestempelt werden, Autos geparkt werden, Leute als Spielfiguren einsteigen, Kisten gestapelt werden. Auf diese Weise kann das Zehnerfeld in einen Bus verwandelt werden, in den Leute ein- und aussteigen, oder in einen LKW, bei dem Kisten aus- und eingeladen werden.

Lernschritte

2.1 Entwicklung des Operationsverständnisses 2.1.1. Addition als Mengenvorgang verstehen In diesem Abschnitt geht es darum, das inhaltliche Verständnis der jeweiligen Rechenoperation zu fördern. Die Ermittlung von Ergebnissen ist nicht Lerngegenstand. Die Durchführung erfolgt für Addition und Subtraktion gleichermaßen in folgenden Stufen: – erzählte Geschichten werden in Handlungen mit konkretem Material umgesetzt, – erzählte Geschichten werden handelnd mit abstraktem Material durchgeführt: Fingerbild und Rechenkarte, – sachliche Vorgänge werden in Aufgaben in symbolischer Schreibweise übersetzt, – Rechnungen in symbolischer Schreibweise werden als Handlung durchgeführt und in eine Geschichte übersetzt, – die beteiligten Zahlen werden gemäß ihrem Gehalt den Positionen zugeordnet.

Abbildung 16: Zehnerfeld als Bus

Der Anwender führt mit Hilfe des ZehnerfeldBusses eine Spiel-Szene vor: Der Zehnerfeld-Bus fährt mit drei Mitfahrern an eine Haltestelle. Dort steigen zwei Passagiere zu.

Diese Szene wird nun »in Zeitlupe« untersucht, um ihren mathematischen Gehalt herauszuarbeiten. Dabei sind die folgenden Gesichtspunkte von Bedeutung: – Zum einen wird die Phasenabfolge hervorgehoben. – Zum zweiten wird auf die Mengen und Zahlen als das interessierende Moment aufmerksam ge-

42

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

macht. Schließlich werden die Beziehungen und Veränderungen der Mengen im Verlauf der Szene festgehalten. Beispieldialog: Was passiert? Schritt 1: Was ist am Anfang los? Zuerst sind drei Leute da. Wir haben also eine Drei. Schritt 2: Was passiert dann? Dann kommen zwei Leute dazu. Es findet also eine Vergrößerung der Anfangszahl statt, es werden mehr Leute. Es ist auch klar, um wie viele es mehr werden, es kommt eine Zwei dazu. Schritt 3: Was ist am Ende los? Dann haben wir insgesamt fünf Leute. Da haben wir also eine Fünf, in der die Leute vom Anfang und die dazugekommenen enthalten sind. Schritt 4: Die gefundene Aufgabe wird in mathematischer Sprechweise festgehalten: »Drei plus zwei gleich fünf.« Diese Abfolge – Durchführung als Handlung, Besprechen der Handlung hinsichtlich Anfangszustand, Vergrößerung und Gesamtmenge als Ergebnis – wird an verschiedenen Sachsituationen durchgeführt, mehrmals mit den gleichen Zahlen drei, zwei und fünf. Der Wechsel der Aufgabenstellungen stärkt das Verständnis für den Mengenvorgang als einen Situationsaspekt, der unabhängig von der konkreten Natur des Geschehens (ob es nun die Fahrgäste eines Busses, Kühe auf der Weide etc. sind) den gleichen quantitativen Gehalt besitzt. Das Kind wird aufgefordert, die Beschreibungen zunehmend selbsttätig durchzuführen. Darstellung anderer Sachsituationen Tiere auf der Weide, Autos auf einem Parkplatz etc. Sie werden »in Zeitlupe« wiederholt und untersucht.

2.1.1.2. Untersuchung von Sachsituationen mit abstrakterem Material Kinder erkennen häufig ganz verschiedene Rechenaufgaben, je nachdem in welchem Material sie dargestellt werden. Die Darstellung von Additionsauf-

gaben in verschiedenem – und gerade auch in abstrakterem – Rechenmaterial fördert hingegen die Fähigkeit, den jeweiligen Mengenvorgang ohne die Vermischung mit der Beschaffenheit des jeweiligen Sachkontextes zu erkennen und in seinen Teilschritten zu erfassen. Deshalb werden dieselben Rechengeschichten nicht mehr mit Figuren, Tieren durchgeführt, sondern mit dem Fingerbild und den Rechenkarten. Drei plus Zwei ergibt immer Fünf. Darstellung von Additionsaufgaben Material: Plättchen; Finger; Zehnerfeld-Zahlenkarten zusammen mit den Rechen-Karten. Beispiel: Der Anwender erzählt eine Rechengeschichte zur Aufgabe 6 plus 2 ist 8, das Kind legt die Zahlen-Karte der Sechs im Zehnerfeld und die passende Rechen-Karte für die Zwei dazu. Auch hier wird der Vorgang »in Zeitlupe« wiederholt und durchgesprochen.

Abbildung 17: Die passende Rechenkarte für die Zwei wird auf die Zehnerfeld-Sechs gelegt

2.1.1.3. Aufgaben in symbolischer Schreibweise verstehen Bisher wurden Additionsoperationen, so wie sie in Sachsituationen vorkommen, untersucht und geklärt. Dabei wurde die jeweilige Aufgabe auch in symbolischer Darstellung bereits eingeführt – allerdings zunächst nur begleitend in gesprochener Form (also z. B. »Drei plus zwei gleich fünf.«). Für das Verständnis und die sichere Beherrschung von Additionsaufgaben in symbolischer Darstellung ist nun allerdings eine eingehendere Behandlung erforderlich. Sie nimmt ihren Ausgang von Sachsitua-

Das Verständnis der Addition und Subtraktion

tionen und untersucht, wie die in ihnen enthaltenen Mengenvorgänge in der niedergeschriebenen Aufgabe ihre Darstellung finden. Dabei klärt sich nicht nur, welche Mengenvorgänge durch die Operationszeichen symbolisiert werden – zu erlernen ist auch die quantitative Bedeutung, die sich mit der Position oder dem Platz verbindet, die eine Zahl innerhalb der Aufgabe einnimmt. Von der Sachsituation zur Aufgabe in symbolischer Form … Der Anwender erzählt eine Rechengeschichte, z. B.: »Am Anfang sind 4 Kühe auf der Weide, es kommen 2 Kühe dazu. Damit sind es zusammen 6 Kühe. Oder: Damit hat sich die Anzahl auf sechs vergrößert.« Das Kind führt die passende Handlung im Zehnerfeld aus. Anschließend notiert es den Vorgang als Aufgabe. Hier ist im Gespräch mit dem Kind Folgendes zu klären: Was wir so besprechen, können wir auch aufschreiben. Mathe hat dafür eine eigene Zeichensprache erfunden, die im Unterschied zum Vorgang der Vermehrung reine Vereinbarungssache ist. Den Matheleuten ist das Aufschreiben von Sätzen wie »Es findet eine Vergrößerung um zwei statt, damit sind es gleich viele wie sechs« einfach zu lang. Die Zeichen 4, 6 und 2 für die Zahlwörter kennen wir schon. Für den Vorgang der Vergrößerung von Mengen gibt es das Wort »PLUS« und das Zeichen +. Für »gleichviel« das Zeichen =. Im Anschluss wird die Szene in ihren Phasen besprochen: Zu jeder Phase weist das Kind auf die jeweiligen, bereits niedergeschriebenen Zahlen und Rechenzeichen hin.

Diese Übung wird mit unterschiedlichen Sachsituationen und Arbeitsmaterialien wiederholt. … von der Aufgabe in symbolischer Form zur Sachsituation

Der Anwender schreibt eine Aufgabe in symbolischer Form auf. Er bittet das Kind, diese Aufgabe mit Hilfe von Arbeitsmaterial (Tiere, Autos, Fahrgäste etc. im Zehnerfeld) als Spielszene darzustellen. Der Anwender schreibt eine Aufgabe in symbolischer Form auf. Er bittet das Kind, zu dieser Aufgabe eine Rechengeschichte zu erzählen.

Die Bedeutung der Rechenzeichen und der verschiedenen Plätze innerhalb der Aufgabe mit Hilfe von Rechengeschichten klären Für das Verstehen von Additionsaufgaben in symbolischer Darstellung ist es erforderlich, die Bedeutung der Operationszeichen sowie die inhaltlich unterschiedene Bedeutung, die den einzelnen Plätzen für Zahlen innerhalb der Aufgabe zukommt, in allgemeiner Form zu klären. Schematisch lässt sich das wie folgt darstellen: Addition: TM

+

TM

=

GM

Anfangsmenge und hinzugefügte Menge ergeben die Gesamtmenge. Für diesen Lernschritt ist es sinnvoll, in den folgenden Übungen alle drei beteiligten Zahlen vorzugeben. Die Aufgabe des Kindes ist es, sie auf den richtigen Platz zu schreiben. Die Reihenfolge der vorgegebenen Zahlen variiert. Es gibt nichts auszurechnen. Zwei Kinder springen ins Schwimmbecken. Jetzt sind fünf Kinder im Wasser. Vorher waren es drei. Welche Zahl gehört auf welchen Platz? Sortiere die Zahlen in die vorgegebenen Aufgabenplätze ein.

3 Wenn die vorangehenden Übungen sicher durchgeführt werden können, wird die Reihenfolge von Sachsituation und symbolischer Aufgabe umgedreht.

43

+

2

=

5

44

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

Es sitzen sieben Vögel auf einer Stromleitung. Vorher haben wir gesehen, dass zu Beginn fünf Vögel dort saßen und dann zwei hinzukamen.

kommen sein müssen, da es nachher insgesamt neun sind. Gefragt wird danach, wie viele dazugekommen sein müssen. Oder: Um wie viele sind es mehr geworden?

Claudia hat vor ihrem Geburtstag vier MusikCDs und hinterher sechs. Ihr Bruder hat ihr zwei CDs geschenkt.

5

Wenn diese Übungen sicher beherrscht werden, wird dazu übergegangen, jeweils nur zwei Zahlen in der Rechengeschichte vorzugeben. Die Aufgabe des Kindes ist es nun, herauszufinden, für welche Plätze der Aufgabe die Zahlen genannt werden und nach welchem Platz gefragt wird. Welcher Platz bleibt frei? Wonach wird also gefragt? »Peter hat zehn Murmeln, nachdem ihm Lisa zwei geschenkt hat.« Im Gespräch über diese Aufgabe wird der Frage nachgegangen: Was erfahren wir? Dabei sind die folgenden Gesichtspunkte herauszuarbeiten: Es findet eine Vergrößerung statt, also müssen wir als Operationszeichen das + einsetzen. Wir wissen, wie viele Murmeln es nach der Vergrößerung sind: Zehn. Daher setzen wir eine Zehn auf den Platz für die Gesamtmenge. Wir erfahren auch, wie viele dazu gekommen sind, daher setzen wir eine Zwei auf den Platz für die zweite Teilmenge. Wenn es hinterher mehr sind, als dazugekommen sind, muss Peter vorher schon welche besessen haben. Wie viele ist unklar. Also setzen wir das ? auf den Platz der ersten Teilmenge.

+

?

=

9

In dieser Weise werden unterschiedliche Rechengeschichten vorgegeben, bei denen jeweils der Platz variiert wird, nach dem gefragt wird. In der Besprechung der Geschichte kommt es auf den unterschiedlichen Gehalt der Fragestellung an: Wie viele waren am Anfang da? Wie viele sind dazugekommen? Wie viele sind es zusammen? Der so genannte »Ergebnisplatz« hat in Additionsaufgaben eine andere Bedeutung als in Subtraktionsaufgaben, die Kinder verbinden aber häufig damit lediglich die Bedeutung Ergebnis. Die Bedeutung der Rechenzeichen und der verschiedenen Plätze innerhalb der Aufgabe mit Hilfe des Zahlenhauses klären Im Kapitel »Die Zahlzerlegungen verstehen« hat das Kind den Zahlensatz kennen gelernt, wie er mit Hilfe des Zahlenhauses dargestellt werden kann. Demnach lässt sich eine Gesamtzahl, die im Dach des Rechenhauses eingetragen wird, in zwei Teilzahlen zerlegen, die in den zwei Zimmern der darunter liegenden Wohnung aufgeschrieben werden. Jede Additionsaufgabe beinhaltet nun einen solchen Zahlensatz, dessen drei Zahlen sich in charakteristischer Weise auf die Plätze der Aufgabe verteilen. Teilzahl + Teilzahl = Gesamtzahl

?

+

2

=

10

»Man sieht fünf Kinder im Schwimmbecken. Nach einer Weile sind es neun.« Kannst Du die Zahlen den Plätzen zuordnen? Auf welchen Platz kommt das Fragezeichen? Hier sind im Gespräch die folgenden Überlegungen herauszuarbeiten: Es sind mehr Kinder geworden. Also handelt es sich um eine Plusaufgabe. Man erfährt, dass am Anfang fünf Kinder da sind und dass weitere dazuge-

Das Verständnis des Zusammenhangs einer Additionsaufgabe mit einem spezifischen Zahlensatz ergänzt das bisher bereits durch das Kind erworbene Wissen über die Eigenart und den Aufbau der Additionsoperation. Vorgabe eines leeren Zahlenhauses mit einem Stockwerk. Gemeinsam wird nochmals die Bedeutung der einzelnen Felder (Gesamtzahl bzw. Teilzahlen) erinnert.

Das Verständnis der Addition und Subtraktion

Unter dem Zahlenhaus wird eine Additionsaufgabe notiert. Das Kind soll sie mit Plättchen (oder anderem Material) legen. Lassen sich die Zahlen aus der Aufgabe in den Feldern des Zahlenhauses eintragen? In welchem Feld? Vorgegeben ist ein ausgefülltes Zahlenhaus der 7 mit allen Zerlegungen. Das Kind soll zu jedem Zahlensatz die passenden Plusaufgaben aufschreiben. Kann es den Vorgang auch mit Hilfe der Rechenkarten oder mit Hilfe von Fingerbildern zeigen? Fällt ihm eine Rechengeschichte dazu ein?

Die dazugehörigen Additionsaufgaben sind: 1+6=7 6+1=7 2+5=7 5+2=7 3+4=7 4+3=7 Abbildung 18: Das Zahlenhaus für die Zahl Sieben mit allen Zerlegungen.

Diese Übung wird für alle Zahlen bis zehn durchgeführt. Im Anschluss kann zu einer Verallgemeinerung geschritten werden:

45

2.1.2. Subtraktion als Mengenvorgang verstehen Die Einführung der Subtraktion vollzieht sich in der gleichen Abfolge von Lernschritten wie bei der Addition. Bei Vorgängen mit einem subtraktiven Gehalt neigen Kinder zu zwei typischen Fehlern. Werden sie aufgefordert die Minusaufgabe 7 – 2 = 5 mit Material zu legen oder durch Bewegen der Finger zu demonstrieren, so verkleinern sie nicht die Ausgangsgesamtmenge, sondern legen sowohl sieben wie zwei. Sollen sie umgekehrt zu einer durchgeführten Handlung die dazugehörige Aufgabe ermitteln, so sehen sie im Ergebnis nicht mehr die Gesamtmenge, die zu Beginn da war, vor sich, sondern nur mehr die beiden Teilmengen. Hier geben Kinder häufig anstatt der richtigen Aufgabe »Sieben minus zwei« die Aufgabe »Fünf minus zwei« an.

2.1.2.1. Sachsituationen mit konkretem Material durchführen Der Zehnerfeld-Bus fährt mit sieben Mitfahrern an eine Haltestelle. Dort steigen zwei Passagiere aus. Jetzt sitzen noch fünf Leute im Bus. Kennst Du eine Rechenaufgabe, die dazu passt?

Die »bearbeiteten Aufgaben und die zugehörigen Zahlenhäuser werden nebeneinander gelegt. Können wir eine Regel für die Additionsaufgabe finden? Auf welchem Platz steht bei ihr die Gesamtzahl? Auf welchem Platz finden wir die Teilzahlen? Die Regel kann dann niedergeschrieben werden. Z.B. so: »Typisch Plus: Teilzahl + Teilzahl = Gesamtzahl«

Die Szene wird »in Zeitlupe« untersucht, um ihren mathematischen Gehalt herauszuarbeiten. Es wird zum einen die Phasenabfolge hervorgehoben. Zum zweiten wird auf die Mengen bzw. Zahlen als das interessierende Moment aufmerksam gemacht. Schließlich werden die Beziehungen und Veränderungen der Mengen im Verlauf der Szene festgehalten.

Vorgegeben ist ein teilweise leeres Zahlenhaus. Das Kind soll die dazugehörigen PlusAufgaben ermitteln. Welche Plätze der Plusaufgabe sind bekannt, nach welchen wird gefragt? Kann es die Aufgaben auch mit Zehnerfeld oder dem dazugehörigen Fingerbild verdeutlichen?

Schritt 1: Was ist zu Anfang los? Zuerst sind 7 Leute da. Wir haben also eine Sieben. Schritt 2: Was passiert dann? Dann steigen 2 Leute aus. Was passiert also mit der Sieben? Sie wird weniger, sie wird verringert. Und zwar um zwei Leute. Die sind also nicht zusätzlich da, sondern in der Sieben ent-

Was passiert?

46

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

halten und werden von ihr weggenommen. Schritt 3: Was ist am Ende los? Da bleiben fünf Leute übrig. Da haben wir also eine Fünf als Rest der Sieben. Diese fünf Leute steckten also auch zu Beginn in der Sieben; sie bleiben von ihr übrig, nachdem zwei ausgestiegen sind. Schritt 4: Die gefundene Aufgabe wird in mathematischer Sprechweise festgehalten: »Sieben minus Zwei gleich Fünf.« Wie bei der Addition wird dieses Vorgehen – Durchführung als Handlung, Besprechen der Handlung hinsichtlich Gesamtmenge als Anfangszustand, Verkleinerung und Restmenge als Ergebnis – an verschiedenen Sachsituationen durchgeführt, zunächst immer mit den gleichen Zahlen Sieben, Zwei und Fünf. Darstellung anderer Sachsituationen (Tiere auf der Weide, Autos auf einem Parkplatz etc.) mit dem quantitativen Gehalt einer Subtraktion. Sie werden »in Zeitlupe« wiederholt und untersucht.

Die Ziele sind hier die gleichen wie bei der Addition: – Üben und Festigen des Herausarbeitens der einzelnen Phasen, der beteiligten Mengen und Zahlen sowie ihrer Beziehungen und Veränderungen, – zunehmend selbsttätige Beschreibung durch das Kind, – Verbesserung des Verständnisses für den Mengenvorgang als eigenständiger Situationsaspekt.

2.1.2.2. Untersuchung von Sachsituationen mit abstrakterem Material Es ergibt sich die gleiche Zielsetzung wie bei der Addition: Durch die Einbeziehung von abstrakterem Material werden die für die Subtraktion typischen Mengenvorgänge und -relationen deutlicher in ihrem rein quantitativen Gehalt fassbar.

Darstellung von Subtraktionsaufgaben Material: Plättchen; Finger; Zehnerfeld zusammen mit den Rechen-Karten. Der Anwender erzählt eine Rechengeschichte. »Peter hat sieben Spielzeugautos. Er schenkt Lisa zwei und hat danach noch fünf.« Das Kind sucht die passende Zehnerfeldkarte der Sieben heraus. Dann deckt es mit der passenden Rechen-Karte für die Zwei in der Sieben zwei Felder ab. Oder das Kind zeigt die Fingersieben und klappt zwei Finger weg. Auch hier wird der Vorgang »in Zeitlupe« wiederholt und durchgesprochen.

2.1.2.3. Aufgaben in symbolischer Schreibweise verstehen Auch die Darstellung von Subtraktionsoperationen in symbolischer Form bedarf der sorgfältigen Durcharbeitung, um die Operationszeichen und die Plätze für die Zahlen innerhalb der Aufgabe in ihrem quantitativen Bedeutungsgehalt zu verstehen. Die Erarbeitung dieses Verständnisses verläuft im Wesentlichen in den gleichen Schritten wie bei der Addition. Von der Sachsituation zur Aufgabe in symbolischer Form … Der Anwender erzählt eine Rechengeschichte. »Es stehen neun Kühe auf der Weide, zwei der Kühe gehen zurück in den Stall. Danach sind nur noch sieben Kühe übrig. Oder: Damit hat sich die Anzahl der Kühe auf sieben verringert.« Das Kind führt die passende Handlung im Zehnerfeld oder am Fingerbild aus. Anschließend notiert es die dazugehörige Aufgabe. Im Gespräch mit dem Kind ist hier das Folgende zu vermitteln: Auch hier hat Mathe für den Satz »Es findet eine Verkleinerung um zwei statt, damit sind es nach der Verkleinerung gleich viel wie sieben« eine kürzere symbolische Schreibweise erfunden. Die Ziffern für die Zahlwörter 9, 2 und 7 kennen wir schon. Für den Vorgang der Verkleinerung gibt es das Wort »MINUS« und das Zeichen –.

Das Verständnis der Addition und Subtraktion

Im Anschluss wird die Szene in ihren Phasen »in Zeitlupe« wiederholt. Zu jeder Phase weist das Kind auf die jeweiligen bereits niedergeschriebenen Zahlen und Rechenzeichen hin. »Am Anfang sind 9 Kühe auf der Weide. Ich schreibe also eine 9 hin. Dann gehen 2 Kühe zurück in den Stall. Da muss ich jetzt minus 2 hinschreiben. Und dann sind noch 7 Kühe übrig. Da schreibe ich hin: Ist gleich 7. Das ist die Minus-Aufgabe: 9 – 2 = 7.«

Diese Übung wird mit unterschiedlichen Sachsituationen und Arbeitsmaterialien wiederholt. … und von der Aufgabe in symbolischer Form zur Sachsituation Wenn die vorangehenden Übungen sicher durchgeführt werden können, wird die Reihenfolge von Sachsituation und symbolischer Aufgabe umgekehrt.

In den Übungen werden wieder alle beteiligten Zahlen in den Rechengeschichten vorgegeben, damit der Bedeutungsgehalt der Zahlen und nicht das Rechnen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Die Aufgabe des Kindes ist es, sie dem richtigen Platz gemäß der Bedeutung zuzusortieren. Die Reihenfolge der vorgegebenen Zahlen variiert. »Es werden drei von sieben neugeborenen Kätzchen verschenkt. Vier bleiben auf dem Bauernhof.« »Von zehn Bonbons sind noch drei übrig. Sieben hat Lisa aufgegessen.« »Von seinen acht Kuscheltieren verkauft Markus sechs auf dem Flohmarkt. Er behält nur seine zwei Lieblingstiere.«

Sortiere alle Zahlen auf die Aufgabenplätze: 8

Der Anwender schreibt eine Aufgabe in symbolischer Form auf. Er bittet das Kind, diese Aufgabe mit Hilfe von Arbeitsmaterial (Tiere, Autos, Spielfiguren im Zehnerfeld etc.) als Spielszene darzustellen. Der Anwender schreibt eine Aufgabe in symbolischer Form auf. Er bittet das Kind, zu dieser Aufgabe eine Rechengeschichte zu erzählen.

Die Bedeutung der Rechenzeichen und der verschiedenen Plätze innerhalb der Subtraktionsaufgabe mit Hilfe von Rechengeschichten klären Auch im Fall der Subtraktion wird die Rolle und die Bedeutung der Operationszeichen sowie der einzelnen Zahlen und ihrer Plätze in der Aufgabe in allgemeiner Form geklärt. Schematisch lässt sich das wie folgt darstellen: GM



TM

=

RM

Gesamtmenge minus Teilmenge gleich Restmenge

47



6

=

2

Wenn diese Übungen sicher beherrscht werden, wird dazu übergegangen, nur jeweils zwei Zahlen in der Rechengeschichte vorzugeben. Die Aufgabe des Kindes ist es herauszufinden, für welche Plätze der Aufgabe die Zahlen genannt werden und nach welchem Platz gefragt wird. Welcher Platz bleibt frei? Wonach wird also gefragt? »Peter hat acht Murmeln. Nachdem er Lisa einige davon geschenkt hat, hat er noch 5.« Gemeinsam wird nun überlegt: Was erfahren wir in dieser Geschichte? Dabei sind die folgenden Überlegungen anzuregen: Es findet eine Verkleinerung statt, also ist es eine Minus-Aufgabe. Wir wissen, wie viele Murmeln Peter anfangs, also als Gesamtmenge hat. Das ist der Platz, mit dem es bei einer Minus-Aufgabe losgeht. Wir erfahren, wie viele Murmeln nach dem Verschenken noch übrig sind von seiner Gesamtanzahl: Fünf Murmeln. Also gehört eine Fünf auf den Platz der Restmenge, das ist bei Minus die Bedeutung des Ergebnisses. Wir erfahren nicht, wie viele Murmeln er verschenkt hat, also um wie viel die Gesamtmenge ver-

48

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

kleinert wird. Also kommt das ? auf den Platz der abzuziehenden Teilmenge.

8



?

=

5

»Man sieht fünf Kinder aus dem Wasser kommen, vier schwimmen noch weiter.« Kannst Du die Zahlen den Plätzen zuordnen? Auf welchen Platz kommt das Fragezeichen?

?



5

=

4

Im Gespräch über diese Aufgabe sind beim Kind die folgenden Überlegungen anzuregen: Es gehen Kinder weg, es werden weniger. Also handelt es sich um eine Minusaufgabe. Man erfährt, wie viele Kinder weggehen, nämlich fünf Kinder. Also setzen wir eine Fünf auf den Platz für die Teilmenge, um die die Gesamtmenge verkleinert wird. Man erfährt auch, wie viele übrig bleiben, das ist das Ergebnis einer Minusaufgabe. Nicht gesagt wird allerdings, wie viele es am Anfang gewesen sein müssen, damit fünf gehen und vier Kinder übrig bleiben. Gefragt wird also nach der Gesamtmenge, die bei Minus-Aufgaben auf dem Anfangsplatz stehen.

In dieser Weise werden unterschiedliche Rechengeschichten vorgegeben, die sich dadurch unterscheiden, nach welchem Platz gefragt wird. In der Besprechung der Geschichte kommt es auf den unterschiedlichen Gehalt der Fragestellung an: Wie viele waren am Anfang als Gesamtmenge da? Um wie viel wird verkleinert? Wie viele bleiben von der Gesamtmenge nach der Verkleinerung als Restmenge übrig? Der so genannte »Ergebnisplatz« hat in Subtraktionsausgaben also eine andere Bedeutung als in Additionsaufgaben. Was dort das Ergebnis ist, ist hier der Ausgangspunkt. Die Bedeutung der Rechenzeichen und der verschiedenen Plätze innerhalb der Subtraktionsaufgabe mit Hilfe des Zahlenhauses klären Auch bei der Subtraktion ist es für die Erweiterung des Operationsverständnisses wichtig, den Zusam-

menhang dieser Rechenart zu den Zahlzerlegungen, wie sie als Zahlensatz festgehalten sind, herauszuarbeiten. Denn nicht nur jede Additionsaufgabe, sondern auch jede Subtraktionsaufgabe beinhaltet einen ganz bestimmten Zahlensatz, dessen drei Zahlen sich in charakteristischer Weise auf die Plätze der Aufgabe verteilen. Gesamtzahl–Teilzahl=Restzahl Die Erarbeitung des Zusammenhangs einer Subtraktionsaufgabe zu einem spezifischen Zahlensatz erfolgt ähnlich wie bei der Addition. Vorgabe eines leeren Zahlenhauses mit einem Stockwerk. Gemeinsam wird nochmals die Bedeutung der einzelnen Felder (Gesamtzahl bzw. Teilzahlen) erinnert. Unter dem Zahlenhaus wird eine Subtraktionsaufgabe notiert. Das Kind soll sie mit Material legen. Lassen sich auch hier die Zahlen aus der Aufgabe in den Feldern des Zahlenhauses eintragen? In welchem Feld?

Diese Übung sollte mehrere Male wiederholt werden. Im Anschluss kann zu einer Verallgemeinerung geschritten werden: Die bearbeiteten Aufgaben und die zugehörigen Zahlenhäuser werden nebeneinander gelegt. Können wir eine Regel für die Subtraktionsaufgaben finden? Auf welchem Platz steht bei ihr die Gesamtzahl? Auf welchem Platz finden wir die Teilzahlen? Die Regel kann dann niedergeschrieben werden. Z. B. so: »Typisch Minus: Gesamtmenge – Teilmenge = Restmenge«

Das Verständnis der Addition und Subtraktion

2.1.3. Zusammenhang von Addition und Subtraktion 2.1.3.1. Vergleich von Addition und Subtraktion Die bisher erworbenen Kenntnisse über Additionsund Subtraktionsaufgaben werden im Vergleich zweier Aufgaben zusammengetragen. Die Aufgaben 5 + 3 = 8 und 5 – 3 = 2 werden notiert. Gemeinsam werden die Plätze und die Rechenzeichen in den beiden Aufgaben durchgegangen. Was ist gleich? Was ist anders?

Beispieldialog »Die Zahl am Anfang ist beide Mal die Fünf. Aber bei der Plus-Aufgabe kommt etwas hinzu. Bei der Minus-Aufgabe wird etwas weggenommen.« »Das eine Mal steht ein Plus da. Und das heißt doch, dass zur Fünf etwas dazugegeben wird. Das andere Mal steht ein Minus da. Und da wird dann von der Fünf etwas weggenommen.« »Auf dem zweiten Platz ist beide Mal eine Drei. Aber das ist ja was ganz anderes, ob ich die Drei von der Fünf wegnehme, oder ob ich sie zur Fünf dazutue.« »Klar, ein Ergebnis haben die Aufgaben beide. Aber bei der Plus-Aufgabe ist das Ergebnis doch, dass die Fünf und die Drei zusammen sind, eben eine Acht. Und bei der Minus-Aufgabe, da kommt am Ende zwei raus. Das ist der Rest, der von der Fünf noch übrig ist.«

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Passagiere aus. Das Kind schreibt die dazugehörige Aufgabe auf. Frage: Kaum draußen, stellen die Fahrgäste fest, dass sie an der falschen Haltestelle ausgestiegen sind. Mit welcher Aufgabe kommen sie wieder zurück in den Bus?

Diese Aufgabe wird mit anderem Material und anderen Zahlen wiederholt. Wenn hier eine erste Sicherheit eingetreten ist, geht es darum, sich den inversen Zusammenhang von jeweils zwei Aufgaben klar zu machen. Die beiden Umkehraufgaben werden untereinander hingeschrieben. Gemeinsam wird überlegt, was die beiden Aufgaben miteinander zu tun haben. Warum heißen sie Umkehraufgaben? In beiden Aufgaben kommt die Sieben vor. Aber auf unterschiedlichen Plätzen. Wieso ist das so? In beiden Aufgaben kommt die Zwei vor. Aber das eine Mal mit einem Plus davor, das andere Mal mit einem Minus. Wie kommt es, dass am Ende wieder sieben da sind – genauso viel wie am Anfang?

Bisher haben wir mit einer Subtraktionsaufgabe begonnen und sie mit einer Additionsaufgabe wieder rückgängig gemacht. Diese Reihenfolge lässt sich aber umkehren. Nun wird mit einer Additionsaufgabe begonnen und eine Subtraktionsaufgabe als dazugehörige Umkehraufgabe ermittelt.

2.1.3.3. Addition und Subtraktion gemischt 2.1.3.2. Addition und Subtraktion als umgekehrte Rechenoperationen Addition und Subtraktion sind nicht nur unterschiedliche Rechenarten: Ihr Zusammenhang ist der von inversen Rechenoperationen. Das wird besonders deutlich an Umkehraufgaben. Finde die Umkehraufgabe! Der Zehnerfeld-Bus fährt mit sieben Mitfahrern an eine Haltestelle. Dort steigen zwei

Im Folgenden geht es darum, das neu gewonnene Operationsverständnis weiter zu festigen. Dabei werden Rechengeschichten vorgegeben. Zu entscheiden ist, ob es sich um eine Addition oder um eine Subtraktion handelt und welche Größen dabei jeweils bekannt, welche hingegen gesucht sind. Die leitende Fragestellung ist also: Findet eine Vergrößerung oder eine Verkleinerung der Ausgangsgröße statt? Was ist bekannt, was ist gesucht? Trage ein, formuliere die Frage!

50

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

Beispiel 1: 5 Leute sitzen im Bus. 3 steigen ein. (Antwort: Es handelt sich um eine Vergrößerung, also eine Plus-Aufgabe. Wie viele sind es zusammen? 5 + 3 = ?)

2.2.1. Durchführung der Rechenoperationen mit Fingerbildern

Beispiel 2: 5 Leute sitzen im Bus. Dann fährt der Bus an die Haltestelle. Danach sitzen 8 Leute im Bus. (Antwort: Wie viele sind dazugekommen? 5 + ? = 8)

Wenn Kinder die Zahlzerlegungen gut beherrschen und mit Hilfe der Fingerbilder und innerhalb des Zehnerfeldes darstellen können, wird daran anknüpfend die Addition durchgeführt. Sie wird durch das Hinzuklappen der entsprechenden Finger-Menge dargestellt. Dem Kind sollte dabei die Möglichkeit gegeben werden, diesen Einstieg selbstständig zu finden.

Beispiel 3: An der Haltestelle steigen 3 Leute ein. Jetzt sitzen 8 Leute im Bus. (Antwort: Wie viele saßen zu Beginn im Bus? ? + 3 = 8)

Der Anwender zeigt dem Kind die Aufgabe 5 + 2 = ___ in Zeichendarstellung und sagt: »Fünf plus zwei.« Das Kind soll die Aufgabe mit Fingerbildern zeigen und auf diese Weise das Ergebnis ermitteln.

Beispiel 4: An der Haltestelle steigen 5 Leute aus. Jetzt sitzen noch 3 Leute im Bus. (Antwort: Wie viele saßen zu Beginn im Bus? ? – 5 = 3)

Diese Übung wird für alle Additionsaufgaben durchgeführt. Anschließend werden in entsprechender Weise die Subtraktionsaufgaben durchgeführt. Es ist dabei darauf zu achten, dass die Finger nicht einzeln hinzugefügt oder weggeklappt werden, sondern gemäß den erworbenen Zahlzerlegungen.

Beispiel 5: 8 Leute sitzen im Bus. Dann fährt der Bus an die Haltestelle. Danach sitzen nur noch 5 Leute im Bus. (Antwort: Wie viele sind ausgestiegen? 8 – ? = 3)

2.2. Der Erwerb von Rechenfertigkeiten In diesem Kapitel geht es darum, das bis jetzt erworbene Wissen über Zahlzerlegungen sowie das inhaltliche Verständnis für Addition und Subtraktion für das Rechnen im engeren Sinn produktiv zu machen. Es ist wichtig, dass diese Rechenoperationen mit Hilfe der Fingerbilder und im Zehnerfeld dargestellt werden, damit bei der Durchführung des Rechenvorgangs ein anschauliches Mengenvorstellungsbild zugrunde liegt. Beim anschließenden Erwerb der Ergebnisse der Grundaufgaben als auswendig aufrufbares Wissen kann das Kind so jederzeit auf eine mengenorientierte Vorstellung der Zahlzerlegungen zurückgreifen.

2.2.2. Durchführung der Rechenoperationen im Zehnerfeld Die Durchführung der Addition innerhalb des Zehnerfeldes erfolgt in der gleichen Abfolge. Dabei werden jeweils zwei Karten benötigt: Zum einen die Zehnerfeld-Karten, zum anderen die Rechen-Karten. Der Anwender zeigt dem Kind die Aufgabe 5 + 4 = ___ in Zeichendarstellung und sagt: »Fünf plus vier.« Das Kind soll die Aufgabe im Zehnerfeld zeigen. Dazu muss es aus den aufgelegten Karten die Karte finden, die die Fünf darstellt. Dann muss es die Rechen-Karte mit der passenden Vier dazu legen.

Diese Übung wird mit allen Additionsaufgaben gemacht. Der Vorgang der Subtraktion wird ebenfalls im Zehnerfeld durchgeführt:

Das Verständnis der Addition und Subtraktion

51

Der Anwender zeigt dem Kind die Aufgabe 6 – 4 = ___ in Zeichendarstellung und sagt: »Sechs minus vier.« Das Kind soll die Aufgabe im Zehnerfeld zeigen. Dazu muss es einerseits die Karte finden, die die Sechs darstellt, dann muss es mit der Rechenkarte die passende Vier abdecken.

Eine Zahlzerlegung der Neun in Zehnerfelddarstellung. »Wir nehmen zuerst die 4 weg. 9 – 4 = 5. Dann legen wir die Vier wieder zurück: 5 + 4 = 9. Jetzt ist wieder alles wie zu Beginn. Jetzt nehmen wir die Fünf weg. 9 – 5 = 4. Dann legen wir die Fünf wieder zurück: 4 + 5 = 9.«

Das gleiche kann auch mit Hilfe der Zehnerfeld-Zerlegungs-Karte für die Zahl Sechs (zerlegt in die Vier und die Zwei) erfolgen.

Ein Zahlenhaus mit allen Zerlegungen der Neun. Finde zu jeder Zahlzerlegung die passenden Plus- und Minusaufgaben. Diese Aufgaben werden vom Kind notiert und an der passenden Zehnerfeldkarte mit der Rechenkarte gelegt.

Der Anwender führt eine Aufgabe mit dem Zehnerfeld durch. Das Kind benennt die dazugehörige Aufgabe. Der Anwender sagt eine Aufgabe. Das Kind legt sie mit Hilfe der Finger oder im Zehnerfeld.

Auch diese Übungen werden für alle Subtraktionsaufgaben zu jeder Zahl durchgeführt.

Schließlich kann auch nur eine Aufgabe vorgegeben werden. Das Kind soll die restlichen Aufgaben dazu ermitteln.

Diese Übungen werden für alle Zerlegungen einer Zahl durchgeführt.

2.2.4. Verinnerlichung der Rechenoperationen 2.2.3. Aufgabenfamilien in Fingerbildern und im Zehnerfeld zeigen und erkennen Bereits vorher sahen wir, dass in jeder Additionsund Subtraktionsaufgabe eine Zahlzerlegung enthalten ist. Sie wird durch einen Zahlensatz und ein entsprechendes Zahlenhaus dargestellt. Zu jeder Zahlzerlegung gehören je vier Aufgaben, zwei Additionsund zwei Subtraktionsaufgaben. Diese vier Aufgaben werden als eine Aufgabenfamilie bezeichnet. Zahlzerlegung: 7 zerlegt in 4 / 3 3+4=7➔7–4=3 4+3=7➔7–3=4 Abbildung 19: Aufgabenfamilie

Die Kenntnis dieser Verwandtschaftsbeziehung zwischen verschiedenen Aufgaben trägt einerseits zur weiteren Differenzierung und Festigung des Operationsverständnisses des Lernenden bei. Sie stellt auf der anderen Seite ein Strukturwissen dar, das den Erwerb der Ergebnisse der Grundaufgaben der Addition und der Subtraktion im Zahlraum bis 10 erheblich erleichtert.

Bereits zu Beginn wurde der Aufbau von inneren Vorstellungsbildern durch die Anregung zu sprachlichen Beschreibungen der Vorgänge gefördert. Im Weiteren geht es darum, diese Verinnerlichung noch weiter gehend zu unterstützen. Dazu dienen die folgenden Übungen: Der Anwender gibt eine Aufgabe vor. Das Kind führt sie mit den Fingerbildern durch. Dabei sind seine Finger für es jedoch nicht sichtbar, da sie durch ein Tuch verdeckt sind. Der Anwender nennt eine Zahl, z. B. die Neun. Das Kind wird aufgefordert, sie sich innerlich als Fingerbild/im Zehnerfeld vorzustellen. Kannst Du beschreiben, wie sie aussieht und was dazugehört? Dann soll es mit dieser Fingerbild- oder Zehnerfeld-Neun eine Rechenaufgabe durchführen – z. B. neun minus drei. Wo nimmt es die Drei weg? Wie sieht das Fingerbild dann aus? Welcher Zahl entspricht es? Welche Plus-Aufgabe passt dazu?

52

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau – Praxisteil

Diese Übungen werden mit allen Zahlen jeweils für jede Zahl durchgeführt. Dabei werden alle Additions- und Subtraktionsaufgaben, die bei einer gegebenen Zahl sinnvoll sind, behandelt. Anschließend werden die Aufgaben für alle Zahlen durcheinander gelöst.

Spiel: Auf einem Blatt Papier oder an der Tafel werden Zahlen zwischen Null und Zehn mehrfach notiert. Es wird mit zwei Würfeln, die die Zahlen von Null bis Zehn enthalten, gewürfelt. Mit den gewürfelten Augen darf jede mögliche Plus- oder Minusaufgabe gebildet werden. Die ermittelten Ergebniszahlen werden gestrichen.

2.2.5. Automatisierung der Grundaufgaben Sobald eine Grundsicherheit eingetreten ist, lösen sich die Kinder von der anschaulichen Vergegenwärtigung der Fingerbilder oder des Zehnerfelds. Immer mehr Aufgaben werden von ihnen unmittelbar in symbolischer Form gelöst. Dieser Prozess wird durch zusätzliches Üben gestützt. Der Anwender zeigt eine Aufgabe auf einem Aufgabenkärtchen. Wird das Ergebnis gewusst, so kann dieses Kärtchen beiseite gelegt werden. Nur diejenigen Aufgaben, deren Ergebnisse noch nicht gewusst werden, bleiben übrig. Sie werden durch den Einsatz anschaulicher Vorstellungsbilder gelöst. Dies wird so lange wiederholt, bis die Ergebnisse aller Aufgaben gewusst werden.

Die weitergehende Automatisierung der Grundaufgaben schließt an die zuletzt dargestellte Übung an. Die Sicherheit in der Beherrschung der einzelnen Aufgaben wird durch Übungen und Spiele gefördert: Die Aufgaben werden nur noch in mündlicher Form gestellt. Alle Aufgaben, also auch Additions- und Subtraktionsaufgaben werden in zufällig durcheinander gemischter Form präsentiert.

Spiel: Domino: An jede Zerlegungskarte darf eine passende Plus- oder Minusaufgabe angelegt werden. Variante 1: An jede Aufgabenkarte wird das passende Ergebnis angelegt. Variante 2: An Ziffernkarten werden passende Aufgabenkarten angelegt (Aufgabenkarten selbst erstellen!). Spiel: Auf den Boden werden die Ziffern oder Aufgabenkarten gelegt. Das Kind hüpft sie ab und ruft dazu passende Aufgaben und Ergebnisse. Spiel: Variante Zahlzerlegungsspiel (»Alle Neune«; s. Anhang 1): Zu den mit zwei Würfeln gewürfelten Augenzahlen dürfen sowohl die Plus- wie Minusaufgabenergebnisse umgeklappt werden.

53

C. Anhänge

1. Die Arbeitsmaterialien Das Hamburger Förderprogramm beinhaltet folgende Arbeitsmaterialien: ■ Fingerbilder-Karten (13 Karten): Hier werden die Fingerbilder der Zahlen von 0 bis 10 dargestellt. Diese Karten können einerseits in »Blitzblick«-Übungen eingesetzt werden, in denen die Verknüpfung von Ziffernzahl bzw. Zahlwort und dem dazugehörigen Fingerbild automatisiert wird. Zum anderen können sie in der Kombination mit den Zehnerfeld-Zahlen-Karten oder den Ziffernkarten als Memory gespielt werden. Dabei wird die Verknüpfung der unterschiedlichen Zahldarstellungen gefestigt und automatisiert. ■ Fingerbilder-Zahlen-Karten (12 Karten): Diese Karten stellen die Fingerbilder der Zahlen 1 bis 10 zusammen mit den entsprechenden Zahlen dar. Sie kommen bei Übungen zum Erwerb des Zusammenhangs von Fingerbildern und Zahlsymbolen zum Einsatz. ■ Fingerbilder-Domino (12 Karten): Diese Karten bieten die Fingerbilder der Zahlen 1 bis 10 als Domino-Karten an. Das Spiel kann nach den bekannten Domino-Regeln gespielt werden. Es unterstützt die Verinnerlichung der Zahldarstellung mit Hilfe von Fingerbildern und ihrer Verknüpfung mit den entsprechenden Ziffern. Es leistet einen Beitrag zur Automatisierung dieser Lernschritte. ■ Zehnerfeld-Zahlen-Karten (11 Karten): Die Verwendung dieser Karten entspricht dem Einsatz der Fingerbilder-Karten. ■ Zehnerfeld-Zerlegungs-Karten (25 Karten): Diese Karten veranschaulichen die unterschiedlichen Zerlegungsmöglichkeiten der Zahlen von 2 bis 10 in Zehnerfelddarstellung. Sie dienen zunächst dem Aufbau des Verständnisses der Zahlzerlegung und daran anknüpfend dem Erlernen der einzelnen Zahlzerlegungen. Dies geschieht u. a. durch entsprechende »Blitzblick«-Übungen. Schließlich werden diese Karten zum Aufbau des Ver-

ständnisses der Addition und der Subtraktion herangezogen. Dabei kann das Hinzufügen bzw. Wegnehmen von Teilzahlen durch das Ab- bzw. Aufdecken der entsprechenden farbig unterschiedlich dargestellten Teile verdeutlicht werden. ■ Rechenkarten (14 Karten): Diese Karten dienen in der Kombination mit den Zehnerfeld-ZahlenKarten dazu, Rechenoperationen darzustellen. Dies kann am Beispiel der Aufgabe 7 + 2 verdeutlicht werden. Hier ist zunächst einmal die Zehnerfeld-Zahlen-Karte für die Zahl 7 zu finden. Dann ist diejenige Rechenkarte zu finden, die die 2 so darstellt, dass sie die Vermehrung der 7 um die 2 an der richtigen Stelle innerhalb des Zehnerfeldes vornimmt. ■ Ziffernkarten (11 Karten): Diese Karten dienen im Rahmen von Automatisierungsübungen dazu, die Verknüpfung der anschaulichen Zahlendarstellungen mit der Zifferndarstellung zu festigen. Sie finden auch im Memory-Spiel Verwendung. Neben den Arbeitsmaterialien, die durch das Hamburger Förderprogramm selbst bereitgestellt werden, gibt es weitere Hilfsmittel, die eine gute Ergänzung darstellen. Dies sind unter anderen: ■ Das Spiel »Alle Neune« (auch bekannt als »Shut the Box«). Bei diesem Würfelspiel geht es darum, Zahlen zwischen Zwei und Zwölf einzeln oder als Zerlegungspaar umzuklappen. Es ist in besonderer Weise geeignet, die Automatisierung der Zahlzerlegungen zu fördern. ■ Der »Schüttelkasten«. In ihm werden die Zahlen bis zur Zehn mit Hilfe von Kugelmengen dargestellt. Dabei lassen sich die Anordnungen der Zehnerfelddarstellungen unseres Förderprogramms reproduzieren. Der Schüttelkasten ermöglicht die anschauliche Darstellung der Zerlegungen einer Zahl und ist ein wirkungsvolles Hilfsmittel zu ihrer Verinnerlichung.

54

Anhänge

2. Die Fingerbilder der Zahlen von 0 bis 10

oder

oder

Die Darstellung der Zahlen von 0 bis 10 im Zehnerfeld

3. Die Darstellung der Zahlen von 0 bis 10 im Zehnerfeld

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56

Anhänge

4. Die Darstellung der Zerlegungen der Zahlen von 2 bis 10 durch Fingerbilder Zerlegung der 2

1/1

Zerlegung der 3

2/1

Zerlegungen der 4

2/2

3/1

Zerlegungen der 5

3/2

4/1

Die Darstellung der Zerlegungen der Zahlen von 2 bis 10 durch Fingerbilder

Zerlegungen der 6

3/3

4/2

5/1

Zerlegungen der 7

4/3

5/2

6/1

Zerlegungen der 8

4/4

5/3

6/2

7/1

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Anhänge

Zerlegungen der 9

5/4

6/3

7/2

8/1

Zerlegungen der 10

5/5

6/4

7/3

8/2

9/1

Die Darstellung der Zerlegungen der Zahlen von 2 bis 10 im Zehnerfeld

5. Die Darstellung der Zerlegungen der Zahlen von 2 bis 10 im Zehnerfeld Zerlegung der 2

Zerlegung der 3

Zerlegungen der 4

Zerlegungen der 5

Zerlegungen der 6

Zerlegungen der 7

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60

Anhänge

Zerlegungen der 8

Zerlegungen der 9

Zerlegungen der 10

Facheinrichtungen

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6. Facheinrichtungen

Facheinrichtungen in Deutschland, die sich auf Beratung, Diagnostik und Therapie bei Rechenschwäche (Dyskalkulie) spezialisiert haben: Diese Liste finden Sie (mit Links) auch im Internet unter: http://www.zahlbegriff.de/rechenschwaeche.html Bundesrepublik Deutschland Baden-Württemberg Institut zur Therapie der Rechenschwäche 76133 Karlsruhe, Reinhold-Frank-Str. 46b; Tel.: 0721-252 60 Institut zur Therapie der Rechenschwäche 73230 Kirchheim unter Teck, Alleenstr. 87; Tel.: 07021-422 94 Institut zur Therapie der Rechenschwäche 71638 Ludwigsburg, Uhlandstr. 21; Tel.: 07141-242 13 87 Institut zur Therapie der Rechenschwäche 68229 Mannheim, Main-Neckar-Bahn-Str. 30; Tel.: 0621-491 578 Therapiezentrum für Rechenschwäche 72764 Reutlingen, Untere Gerberstr. 15; Tel.: 07121-321 005 Institut zur Therapie der Rechenschwäche 70372 Stuttgart, Schmidener Str. 17; Tel.: 0711-557 590 Institut zur Therapie der Rechenschwäche 72072 Tübingen, Bei den Pferdeställen 3; Tel.: 07071-360 265

Bayern Mathematisches Institut zur Behandlung der Rechenschwäche 86150 Augsburg, Stettenstraße 2; Tel.: 0821-508 26 66 Therapiezentrum für Rechenschwäche 84453 Mühldorf am Inn, Auf der Wies 7b; Tel.: 08631-164 958 Mathematisches Institut zur Behandlung der Rechenschwäche 80333 München, Brienner Straße 48; Tel.: 089-523 31 42 weitere Institute des Mathematischen Instituts zur Behandlung der Rechenschwäche finden sich unter: http://www.rechenschwaeche.de Mathematisches Institut zur Behandlung der Rechenschwäche 83022 Rosenheim, Stollstraße 10; Tel.: 08031-178 71

Berlin und Brandenburg Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 12203 Berlin-Lichterfelde, Dürerstraße 38 Tel.: 030-832 80 17, Fax: 030-831 55 26 weitere Institute des Zentrums zur Therapie der Rechenschwäche (ZTR) finden sich unter: http://www.ZTR-Rechenschwaeche.de Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 14469 Potsdam, Hebbelstraße 12b; Tel.: 0331-550 77 67

Bremen Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 28211 Bremen, Argonnenstraße 3; Tel.: 0421-349 93 13

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Anhänge

Hamburg und Schleswig-Holstein Institut für Mathematisches Lernen 20144 Hamburg, Grindelberg 45; Tel.: 040-422 42 21

Osnabrücker Zentrum für mathematisches Lernen 49074 Osnabrück, Georgstraße 8; Tel.: 0541-205 22 42

Institut für Mathematisches Lernen 22357 Hamburg-Volksdorf, Claus-Ferck-Str. 11; Tel.: 040-707 05321

Nordrhein-Westfalen Mathematisches lerntherapeutisches Zentrum 44787 Bochum, Widumestraße 6; Tel.: 0234-687 51 80

Institut für Mathematisches Lernen 21075 Hamburg-Harburg, Haakestr. 98; Tel.: 040-791 400 95

Hessen Pädagogisch-Therapeutisches Zentrum 65929 Frankfurt am Main, Albanusstr. 27; Tel.: 069-313 200 Pädagogisch-Therapeutisches Zentrum 65719 Hofheim am Taunus, Nachtigallenweg 6; Tel.: 06192-74 64 Zentrum für Mathematisches Lernen 34121 Kassel, Wilhelmshöher Allee 191; Tel.: 0561-316 05 60 Marburger Zentrum für Lerntherapie 35037 Marburg, Barfüßertor 25; Tel.: 06421-162 455

Niedersachsen Institut für Mathematisches Lernen 38100 Braunschweig, Steinweg 4; Tel.: 0531-121 677 50 Osnabrücker Zentrum für mathematisches Lernen (Zweigstelle) 49356 Diepholz, Bahnhofstr. 7; Tel.: 0541-205 22 42 Therapiezentrum Rechenschwäche 30175 Hannover, Bernstraße 10; Tel.: 0511-318 08 23 Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 26127 Oldenburg, Grünteweg 35; Tel.: 0441-304 60 54

Zentrum für Dyskalkulietherapie 53111 Bonn, Nordstraße 75; Tel.: 0228-976 66 00 Mathematisches lerntherapeutisches Zentrum 44145 Dortmund, Münsterstraße 40-42; Tel.: 0231-839 00 49 Mathematisch-Lerntherapeutisches Institut 40211 Düsseldorf, Kurfürstenstraße 8; Tel.: 0211-171 06 67 BIB – Förderkonzept Mathematisches Denken 45127 Essen, Kennedyplatz 8; Tel.: 0201-105 58 44 Osnabrücker Zentrum für mathematisches Lernen (Zweigstelle) 32052 Herford, Rennstr. 49; Tel.: 0541-205 22 42 Lerntherapeutisches Zentrum Rechenschwäche 50670 Köln, Hansaring 82; Tel.: 0221-912 34 50 Osnabrücker Zentrum für mathematisches Lernen (Zweigstelle) 48143 Münster, Bergstr. 30; Tel.: 0541-205 22 42

Rheinland-Pfalz und Saarland Rechenschwäche-Institut RESI 55546 Volxheim bei Bad Kreuznach, Kreuznacher Str. 22-24 Tel.: 06703-961 000

Facheinrichtungen

Sachsen Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 09130 Chemnitz, Peterstraße 23; Tel.: 0371-433 12 15

Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 39308 Magdeburg, Arndtstraße 53; Tel.: 0391-733 24 24

Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 01097 Dresden, Obergraben 19; Tel.: 0351-810 45 42

Thüringen Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 04600 Altenburg, Gabelentzstraße 6c; Tel.: 03447-896 981

Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 04103 Leipzig, Kreuzstraße 3b; Tel.: 0341-268 95 20

Sachsen-Anhalt Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 06844 Dessau, Mariannenstraße 12; Tel.: 0331-550 77 67 Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche 06114 Halle, Reichardtstraße 14; Tel.: 0345-522 05 72

Österreich Institut zur Behandlung von Rechenschwächen 8020 Graz, Kleegasse 3/BO 2; Tel.: 0316-766 344 Institut zur Behandlung von Rechenschwächen 1070 Wien, Lerchenfelder Str. 125/13; Tel.: 01-526 48 46

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Effektive Hilfen für Entwicklung und Förderung

Petra Küspert / Wolfgang Schneider

Christine Ettrich

Hören, lauschen, lernen

Konzentrationstrainings-Programm für Kinder

Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache Arbeitsbuch 4. Auflage 2003. 57 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-45835-5 Arbeitsmaterial 73 Bildkarten in Faltbox ISBN 3-525-45840-1 Arbeitsbuch und -material zusammen ISBN 3-525-45841-X

Das Trainingsprogramm bietet vielfältige Übungen, durch die Vorschulkinder in spielerischer Weise lernen, die lautliche Struktur der gesprochenen Sprache zu erkennen (= phonologische Bewußtheit). Dadurch wird den Kindern der nachfolgende Schriftspracherwerb in der Schule wesentlich erleichtert.

Ellen Plume / Wolfgang Schneider

Hören, lauschen, lernen 2 Spiele mit Buchstaben und Lauten für Kinder im Vorschulalter Würzburger Buchstaben-Laut-Training Arbeitsbuch 2004. 32 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, kartoniert ISBN 3-525-46189-5 Arbeitsmaterial Box mit Buchstabenkarten, Bild- und Memory-Karten, Haptischen Buchstabenkarten, Dominokarten und Buchstabenwürfeln ISBN 3-525-46190-9 Arbeitsbuch und -material zusammen ISBN 3-525-46191-7

Die in dem Trainingsprogramm »Hören, lauschen, lernen 2« enthaltenen Sprachspiele haben zum Ziel, Kindern das Prinzip der Buchstaben-Laut-Verknüpfung, die Grundlage unseres alphabetischen Systems, nahe zu bringen. In vielfältig spielerischer Form werden Laute und Buchstaben miteinander verknüpft. Das Buchstaben-Laut-Training ist eine hilfreiche Ergänzung zu dem Trainingsprogramm zur phonologischen Bewusstheit (»Hören, lauschen, lernen«) von Küspert und Schneider.

I: Vorschulalter 2., durchgesehene Auflage 2004. 163 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-45807-X Arbeitsheft. 2. Auflage 2004. 29 Seiten, geheftet ISBN 3-525-45808-8

II: 1. und 2. Schulklasse 2. , durchgesehene Auflage 2004. 170 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-45809-6 Arbeitsheft. 2. Auflage 2003. 38 Seiten, geheftet ISBN 3-525-45810-X

III: 3. und 4. Schulklasse 2., durchgesehene Auflage 2004. 175 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-45811-8 Arbeitsheft. 2., durchgesehene Auflage 2002. 37 Seiten, geheftet. ISBN 3-525-45812-6

Die Konzentrationstrainingsprogramme wurden für die drei Altersgruppen Vorschule, 1. und 2. Klasse, 3. und 4. Klasse entwickelt. Den Anweisungen für die Durchführung des Trainings wurde eine Einführung in die altersspezifische Entwicklung der Kinder vorangestellt. Es werden mögliche Ursachen sowie das Erscheinungsbild und die diagnostischen Möglichkeiten von Konzentrationsstörungen dargestellt. In einem speziellen Kapitel wird der Zusammenhang zwischen Konzentration und Hyperkinetischem Syndrom näher beleuchtet. Für das Trainingsprogramm werden relevante therapeutische Prinzipien bei Konzentrationsstörungen herausgearbeitet, die Trainingsaufgaben detailliert aufgelistet und eine Durchführungsanleitung einschließlich des empfohlenen Materials gegeben. Das abschließende Kapitel referiert Ergebnisse von Evaluationsstudien und gibt eigene Erfahrungen in der praktischen Umsetzung wieder. Ein separates Arbeitsheft mit Übungsaufgaben für die Kinder komplettiert das Material.