Führungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung [Reprint 2018 ed.] 9783486791228, 9783486238495

Das Lehrwerk vermittelt nicht nur den traditionellen Inhalt der Kosten- und Erfolgsrechnung, sondern beschreibt seine Ge

182 83 27MB

German Pages 369 [372] Year 1996

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Einführung
Erster Teil: Grundlagen Der Unternehmensrechnung
Zweiter Teil: Zum Stand Einer Theorie Der Kosten- Und Erfolgsrechnung
Dritter Teil: Die Kosten- Und Erfolgsrechnung Als Kurzfristiges Partialmodell
Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- Und Erfolgsrechnungen Zur Informationsversorgung Eines Integrierten Budgetsystems
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Führungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung [Reprint 2018 ed.]
 9783486791228, 9783486238495

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Führungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung Von

Prof. Dr. Rolf Brühl E.A.P. Europäische Wirtschaftshochschule Berlin

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Brühl, Rolf: Fiihnmgsorientierte Kosten- und Elfolgsrechnung / von Rolf Brühl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1996 ISBN 3-486-23849-3

© 1996 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München

ISBN 3-486-23849-3

V

Vorwort Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist nach wie vor eines der bedeutendsten in den Unternehmen institutionalisierten Informationssysteme. Um diesen herausragenden Stellenwert zu behalten, muß sie an veränderte Bedingungen im Unternehmen und seiner Umwelt ausgerichtet werden. Die Anpassung an Umweltbedingungen als eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmensführung ist der Impuls für Gestaltungsmaßnahmen, durch die Informationssysteme mit den aktuellen Informationsbedürfnissen in Einklang gebracht werden. Ein Wandel der Rechnungszwecke drückt einen neuen Informationsbedarf aus, der häufig nicht mit den im Unternehmen vorhandenen Informationssystemen gedeckt werden kann. Voraussetzung einer Angleichung ist es jedoch, daß die Rechnungszwecke und die Zielgrößen, die verwendet werden, sowie die Modellannahmen einer Kosten- und Erfolgsrechnung aufeinander abgestimmt werden. Diesem Abstimmungsprozeß ist die vorliegende Arbeit gewidmet. Die Bezeichnung Kosten- und Erfolgsrechnung weist auf den primären Gegenstand der Arbeit hin: den Erfolg in einem operativ orientierten Teilsystem des internen Rechnungswesens. Entscheidungen und Handlungen werden beurteilt, inwieweit sie zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Der Vorteil des internen Rechnungswesens ist es dabei, losgelöst von Konventionen oder gesetzlichen Vorschriften, unternehmensintern zu bestimmen, was als Erfolg angesehen werden soll. Im Mittelpunkt stehen daher Überlegungen, wie mit einer Kosten- und Erfolgsrechnung für die wichtigsten Führungsaufgaben zweckgerechte Informationen bereitgestellt werden können. Unter diesem Blickwinkel wird der Forschungstand auf dem Gebiet der Kosten- und Erfolgsrechnung analysiert. Ausgehend von diesem Fundus an Wissen, sind Weiterentwicklungen voranzutreiben.

VI

Die vorliegende Veröffentlichung beruht auf der vom Fachbereich Wirtschaft und Management der Technischen Universität angenommenen Habilitationsschrift. Besonderen Dank schulde ich meinem verehrten akademischen Lehrer Prof. Dr. Sönke Peters, der im November 1995 nach kurzer, schwerer Krankheit verstarb. Mit ihm verbinde ich eine langjährige harmonische Zusammenarbeit an seinem Fachgebiet Unternehmensrechnung und Controlling, die weit über die wissenschaftliche Betreuung hinausging. Mit seiner menschlichen Güte, seiner Toleranz und seinem Humor war er ein väterlicher Lehrer, der seinen Schülern unerschütterlich die akademische Freiheit vorlebte. Der Freiraum, den er auch gewährte, wenn die Ideen nicht seinen Vorstellungen entsprachen, war verbunden mit dem Rückhalt von methodischen und fachlichen Ratschlägen, die vor allzu großen Irrtümern bewahren halfen. Herrn Prof. Dr. Eckart Zwicker danke ich für seine kritischen und konstruktiven Hinweise, die dazu beigetragen haben, eine Reihe von Ergebnissen dieser Arbeit zu präzisieren. Für kontroverse Diskussionen über den Gegenstand der Kosten- und Erfolgsrechnung danke ich den Herren Dr. Thorsten Radensieben und Dr. Joachim Werner; sie trugen wesentlich dazu bei, die Hürden der Forschung von mehreren Seiten zu überwinden. Nicht zuletzt danke ich Herrn Dipl.-Volksw. Martin Weigert für die freundliche Aufnahme im R. Oldenbourg Verlag. Rolf Brühl

VII

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis

VIII

Darstellungsverzeichnis

XIV

Einführung Erster Teil:

1 Grundlagen der Unternehmensrechnung

10

Zweiter Teil: Zum Stand einer Theorie der Kostenund Erfolgsrechnung

86

Dritter Teil: Die Kosten- und Erfolgsrechnung als kurzfristiges Partialmodell

181

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen zur Informationsversorgung eines integrierten Budgetsystems 277 AbkürzungsVerzeichnis

315

Literaturverzeichnis

316

Stichwortverzeichnis

348

Inhaltsverzeichnis

VIII

Inhaltsverzeichnis Darstellungsverzeichnis

XIV

Einführung

1

Erster Teil:

Grundlagen der Unternehmensrechnung 10

A.

Konzeptionen als Grundlage der Gestaltung von Systemen

10

B.

Das System Unternehmensrechnung

17

C.

Zwecksetzungen der Unternehmensrechnung sowie der Kosten- und Erfolgsrechnung

21

D.

Unternehmensziele und Zielgrößen in der Unternehmensrechnung

24

I.

Systematik der Unternehmensziele

24

II.

Einteilung der Formalziele

26

III.

Erfolg und Einkommen als Zielgröße

28

IV.

Messung von Erfolg und Einkommen

30

a.

Periodenerfolg und Einkommen

30

b.

Berücksichtigung der Vermögenserhaltung

32

E.

F.

Zurechnungsprobleme in der Unternehmensrechnung

37

I.

Abgrenzung von Messung, Bewertung und Zurechnung

37

II.

Zurechnungsprinzipien in der Unternehmensrechnung

42

Aufgabenfelder als Ausgangspunkt der Modellbildung...

45

I.

Bausteine von Entscheidungsmodellen

45

II.

Entscheidungsfelder

47

a.

47

Die Bildung von Entscheidungsfeldern

G.

Inhaltsverzeichnis

IX

b.

Interdependenzen zwischen Entscheidungsfeldern

50

c.

Entscheidungsrelevanz von Informationen

52

III.

Steuerungsfelder

55

IV.

Kontrollfelder

61

V.

Analyse-und Dokumentationsfelder

63

Totalmodell und Partialmodelle als theoretische Konstrukte für die Gestaltung von Systemen der Unternehmensrechnung

64

I.

Theorie und Modell

64

II.

Konstruktion von Modellen

69

III.

Das Totalmodell als theoretisches Ideal

73

IV.

Partialmodelle der Unternehmensrechnung

76

a.

Möglichkeiten der Bildung von Partialmodellen

76

b.

Bewertungsprobleme im Partialmodell

78

c.

Separationstheoreme in der Unternehmensrechnung

81

Zweiter Teil: Zum Stand einer Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung A.

Begriffliche Grundlagen der Kosten- und Erfolgsrechnung und Zurechnungsprobleme I.

II.

B.

86 86

Grundkonzeptionen von Kosten-, Erlös- und Erfolgsrechnungen

86

a.

Zahlungsorientierte Konzeptionen

86

b.

Wertmäßige Konzeptionen

92

Zurechnungsprobleme und -prinzipien

102

Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung..

108

I.

108

Überblick

Inhaltsverzeichnis

X

II.

Kilgers Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung

115

a.

Rechnungszwecke

115

b.

Zielgrößen

118

c.

Modellvorstellungen

119

1.

Planungs- und Entscheidungsmodell

119

2.

Steuerungsmodell

128

3.

Kontrollmodell

131

Exkurs: III.

C.

Prozeßorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

Riebeis Rechnung mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen

137

a.

Rechnungszwecke

137

b.

Zielgrößen

142

c.

Modellvorstellungen

144

1.

Planungs-und Entscheidungsmodell

144

2.

Steuerungsmodell

147

3.

Kontrollmodell

152

Ansätze zur Integration von Kosten- und Erfolgsrechnung und Investitionsrechnung I. II.

133

155

Grundzüge einer Abstimmung von strategisch, taktischer und operativer Ebene

155

Investitionstheoretischer Ansatz als integrierte Erfolgsrechnung (operativer und taktischer/strategischer Erfolg)

159

a.

Zwecke

159

b.

Zielgrößen

162

c.

Modellvorstellungen

165

1.

Planungsmodell des investitionstheoretischen Ansatzes

165

Inhaltsverzeichnis

2. 3.

Bestimmung investitionstheoretischer Abschreibungen

166

Planungsprobleme

171

d. Würdigung der investitionstheoretischen Kostenrechnung

D.

Defizite und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

Dritter Teil: Die Kosten- und Erfolgsrechnung als kurzfristiges Partialmodell A. B.

172

176

181

Der Zusammenhang zwischen Rechnungszwecken, Zielgrößen und Modellannahmen

181

Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

182

I. II. III.

C.

XI

Abgrenzung zwischen personenbezogenen und institutionenbezogenen Unternehmen

182

Kapitaltheoretischer Erfolg als Referenzmodell zur Erfolgsermittlung

186

Ertragswertabschreibung als maßgebliches Abschreibungsverfahren der Kosten- und Erfolgsrechnung

193

Modellannahmen und Konzeption der wertmäßigen Kosten- und Erfolgsrechnung

200

I.

Führungsmodell

200

II.

Zur Entwicklung der wertmäßigen Konzeption der Kostenund Erfolgsrechnung

204

a.

Erweiterung der wertmäßigen Konzeption um weitere Zielkomponenten

204

b.

Die Begriffe Kosten und Erlöse

210

c.

Zur Vermögenserhaltung in der Kosten- und Erfolgsrechnung

215

Inhaltsverzeichnis

XII

D.

Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung I. II.

III.

E.

Plankosten und Planerlöse sowie deren Zurechnung im Planungsmodell

219

Beurteilung von Maßnahmen

222

a.

Probleme der isolierten Bewertung einzelner Maßnahmen

222

b.

Ein System von Pauschal annahmen

224

c.

Beurteilung von kombinierten Maßnahmen (Programmentscheidungen)

234

Grundzüge einer wertmäßigen Periodenerfolgsrechnung

237

Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

245

I.

Rechnungszwecke

245

II.

Zielgrößen für Zwecke der Steuerung

249

a.

Zielgrößen und Verantwortungsbereiche

249

b.

Marktorientierte Vorgaben

251

c.

Interne Gebühren

254

III.

F.

219

Beeinflußbarkeit der Vorgaben

256

a.

Tatsächliche Beeinflußbarkeit

256

b.

Vermeintliche Beeinflußbarkeit (Verwechslung von Kostenbeeinflussung und -Verrechnung)

259

Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

261

I.

Rechnungszwecke

261

II.

Zielgrößen für die Zwecke der Kontrolle

264

III.

Kontrolle von Planungen

268

IV.

Kontrolle von Handlungen

271

V.

Kontrolle des Periodenerfolgs

273

Inhaltsverzeichnis

XIII

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen zur Informationsversorgung eines integrierten Budgetsystems 277 A.

B.

C.

Kosten- und Erfolgsrechnung als Informationsversorgungssystem für die strategische Führung

277

I.

Verwendbarkeit von Kosten- und Erfolgsrechnungen für strategische Probleme

277

II.

Berücksichtigung strategischer und taktischer Faktoren in der kurzfristigen Erfolgsrechnung

280

Grundzüge der strategischen Programm- und taktischen Projektrechnung

284

I.

Rechnungszwecke

284

II.

Aufbau der Rechnung

286

Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

289

I.

Rechnungszwecke

289

II.

Zielgrößen

293

III.

Aufbau der Rechnung

297

a.

Zusammenhang der drei Planungsebenen

297

b.

Zurechnung in einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung

301

c.

Die Potentialerfolgsrechnung

303

1.

Zweck der Potentialerfolgsrechnung

303

2.

Potentialerfolgsrechnung für Ressourcen

305

3.

Potentialerfolgsrechnung im Rahmen der strategisch orientierten Budgetierung

311

Abkürzungsverzeichnis

315

Literaturverzeichnis

316

Stichwortverzeichnis

348

XIV

Darstellungsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis Darstellung 1: Entwicklung von der Kostenrechnung zum Kostenmanagement

2

Darstellung 2: Modelldarstellung des Führungssystems

5

Darstellung 3: Rechnungszweck, Zielgrößen und Modellannahmen

7

Darstellung 4: Bezugsrahmen für die Gestaltung von Systemen der Kostenrechnung

12

Darstellung 5: Zusammenhang zwischen Konzeption, Modellbildung und Systemgestaltung Darstellung 6: Bestandteile von Konzeptionen, Modellen und Systemen.

14 16

Darstellung 7: Erfolgszielorientierte Teilsysteme der Unternehmensrechnung

20

Darstellung 8: Kategorien der Formalziele

26

Darstellung 9: Teilsysteme der Unternehmensrechnung

27

Darstellung 10: Einzelbewertung Formen der Vermögenserhaltung auf Basis der

33

Darstellung 11: Abgrenzung der Begriffe Messung, Bewertung und Zurechnung

38

Darstellung 12: Beispiele für Definitionen von Messung, Bewertung und Zurechnung

41

Darstellung 13: Verbundwirkungen im Entscheidungsfeld

79

Darstellung 14: Formen von Vergleichsalternativen

81

Darstellung 15: Bewertungsprozeß

103

Darstellung 16: Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

110

Darstellung 17: Schema zur Berechnung des finanzorientierten Deckungsbudgets

150

Darstellung 18: Handlungsmaximen entsprechend der Marktwertmaximierung

185

Darstellung 19: Führungsebenen und Führungsobjekte

201

Darstellung 20: Aufbau eines Planungssystems

203

Darstellung 21: Zielsystem und der Kostenbegriff

206

Darstellung 22: Bewertung und Rechnungszweck

211

Darstellung 23: Erfolgsmessung als Vermögensvergleich

214

Darstellung 24: Zeitliche Folge von Entscheidungsfeldern

227

Darstellungsverzeichnis

XV

Darstellung 25: Beispiel für Entscheidung über einen Zusatzauftrag

230

Darstellung 26: Pauschalannahme am Beispiel Materialbewertung

231

Darstellung 27: Standardbewertungsschema für zeitelastische Produktionsfaktoren

232

Darstellung 28: Grundsätze einer planungsorientierten Kosten- und Erlösermittlung

238

Darstellung 29: Realisationszeitpunkte für die Erfolgsmessung

239

Darstellung 30: Zeitpunkt der Realisation von Kosten

241

Darstellung 31: Vorgabewerte und Verantwortungsbereiche

250

Darstellung 32: Vorgabewerte für verschiedene Leistungen

253

Darstellung 33: Kontrollgrößen und Verantwortungsbereiche

265

Darstellung 34: Kontrollgrößen und Kontrollformen

266

Darstellung 35: Potentiale in der Unternehmensrechnung

282

Darstellung 36: Beispiele für Marktpotentiale

283

Darstellung 37: Planungs- und Budgetebenen

286

Darstellung 38: Zielgrößen für strategische Budgets

288

Darstellung 39: Erfolgsorientierte Teilsysteme der Unternehmensrechnung Darstellung 40: Bezugsobjekte einer mehrperiodigen Erfolgsrechnung

291 292

Darstellung 41: Zielgrößen in einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung

296

Darstellung 42: Aufbau einer integrierten Budgetrechnung

299

Darstellung 43: Erscheinungsformen des Potentialerfolgs

304

Darstellung 44: Aufbau einerGeschäftseinheit mehrstufigen Erfolgsrechnung für eine strategische

313

1

Einführung

Einführung

Nicht auf die Ausgabe von Geld kommt es an, sondern darauf, ob durch einen

Erzeugungs-

oder Vertriebsvorgang Güter verzehrt wurden. (Eugen Schmalenbach, 1919) Der Pfad betriebswirtschaftlicher allein den

Tugend folgt

Zahlungsströmen.

(Dieter Schneider, 1970)

Mangelnde theoretische Fundierung ist noch der mildeste Vorwurf, dem sich Vertreter einer wertmäßigen Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung ausgesetzt sehen. Die Beurteilung gipfelt in der Aussage: Technologie ohne Theorie. Dabei galten die auf der Grundlage einer wertmäßigen Konzeption entwickelten Systeme einer Kosten- und Erfolgsrechnung lange als die anderen Vorstellungen überlegenen Varianten einer Kosten- und Erfolgsrechnung. Ansätze wie die von Koch oder Riebel führten eher ein Schattendasein. Allmählich veränderte sich diese Einschätzung mit der Entwicklung der Investitions- und Finanzierungstheorie, allerdings weniger aufgrund einzelner Modelle, sondern eher durch die in ihr vorherrschende Sichtweise des Unternehmens als Anlageoder Investitionsobjekt. Die damit einhergehende Zielsetzung von Menschen, die ein Unternehmen gründen oder betreiben, ist der Einkommenserwerb. Dieses Ziel wird in Zahlungen gemessen, was zur Folge hat, daß auf Zahlungen basierende Zielgrößen auch zunehmend Bedeutung für die Kostenrechnung gewinnen. Eine Reihe von Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Kosten- und Erfolgsrechnung gehen auf zahlungsorientierte Ansätze zurück. Exemplarisch werden in der Darstellung 1 einer zahlungsorientierten Konzeption einer Kosten- und Erfolgsrechnung die Einzel- und Deckungsbeitragsrechnung, der investitionstheoretische Ansatz der Kostenrechnung und die lebenszyklusorientierte Kostenrechnung untergeordnet. Währenddessen entwickelten sich auf der Basis einer wertmäßigen Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung aus den Vorläufern in Form der Vollkostenrechnung und der Blockkostenrechnung die Teilkostenrechnungssysteme, als deren wichtigste Variante die Grenzplan-

2

Einführung

kostenrechnung gilt. Die auf der Grenzplankostenrechnung aufbauende Prozeßkostenrechnung ist wegen ihrer Verwendung von vollkostenorientierten Kalkulationssätzen zwar äußerst umstritten, wird von ihren Verfechtern allerdings auch als ein Baustein eines umfassenden Kostenmanagements aufgefaßt, das Informationen für langfristige Probleme liefert. Dies gilt im besonderen Maße für das Target Costing, das ausdrücklich als eine Instrument des strategischen Kostenmanagements verstanden wird. Begründet wird diese Entwicklung mit den Entwicklungen des Umfelds von Unternehmen in den letzten Jahren, dem rasanten Wechsel von Technologien und anderen Rahmenbedingungen. Sie haben zu einer zunehmenden Strategieorientierung in den Unternehmen geführt; aufgrund der dafür notwendigen langfristigen Ausrichtung der Informationssysteme nimmt der Stellenwert der Kosten- und Erfolgsrechnung gegenüber dem Kostenmanagement ab.

Die theoretische Diskussion der wertmäßigen Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung wird in den letzten Jahren hauptsächlich durch verschiedene

Einführung

3

Modifikationen geprägt. Insbesondere beschäftigt sich eine Vielzahl von Studien mit den neuen Entwicklungen in der industriellen Produktion; im Vordergrund steht dabei die Analyse der Funktionsfähigkeit der bekannten Systeme der Kostenrechnung, wie z. B. der Grenzplankostenrechnung, im Rahmen von flexiblen Fertigungssystemen oder anderen Automatisierungen. Neben diesen Analysen werden die wertmäßigen Konzeptionen zunehmend auch für ihren Einsatz in Dienstleistungsunternehmen diskutiert. Dabei besteht ein eigentümliches Mißverhältnis zwischen den zugrundeliegenden theoretischen Erkenntnissen auf der Basis einer wertmäßigen Theorie und den Anwendungen dieser Theorie: es wird in der Regel der Eindruck erweckt, daß die wertmäßige Theorie ein festes, tragfähiges Konzept darstellt, auf dem sich ohne Bedenken aufbauen läßt. Konzeptionelle Mängel werden nicht wahrgenommen, weil sie nicht als solche sichtbar sind. Denn Mängel lassen sich bekanntlich nur feststellen, wenn eine Vergleichsmöglichkeit vorhanden ist. In der Literatur finden sich, bis auf wenige Ausnahmen, kaum noch theoretische Analysen dieser Konzeption. Die Strategieorientierung von Unternehmen hat bisher nicht dazu geführt, die Notwendigkeit einer operativ ausgerichteten Rechnung zu bestreiten. Vielmehr scheint die Neigung zu bestehen, jedes Problem, das sich den Unternehmen in einem veränderten Umfeld stellt, mit Hilfe der Kostenrechnung oder neuerdings unter Einsatz eines Kostenmanagements lösen zu wollen. Einer solchen Überfrachtung mit Rechnungszwecken operativer, taktischer und strategischer Natur ist allerdings auch eine weit entwickelte Kostenrechnung nicht gewachsen. Voraussetzung bedarfsgerechter Informationen für Führungsprobleme ist eine Analyse des Rechnungszwecks, in dem sich der Wissenswunsch der Führungskräfte ausdrückt. Im Hintergrund jedes Rechnungszwecks stehen in der Regel Modelle mit ihren Annahmen, denn Wissenswünsche richten sich auf Objekte: Planungs-, Steuerungs- und Kontrollobjekte. Ihre Abbildung in der Kosten- und Erfolgsrechnung muß mit Hilfe von Modellannahmen erfolgen, denn sie sind nicht in ihrer Totalität erfaßbar. Für die Kosten- und Erfolgsrechnung haben sich im Laufe ihrer Entwicklung einige Vorstellungen über diese Abbildung herauskristallisiert, die den Gegenstand dieser Untersuchung ausmachen. Die Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung, die als Grundlage dieser Arbeit gewählt und weiterentwickelt wird, weist drei entscheidende Merkmale auf:

Einführung

4

- Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist eine auf operative Führungsprobleme gerichtete Rechnung. - Sie ist eingebettet in die taktische und strategische Planung und mit deren Rechnungen verzahnt. - Sie wird auf der Grundlage von Rechnungszwecken entwickelt und beruht daher auf der gerundiven Werttheorie. Die sich aus diesen Merkmalen ergebenden Konsequenzen sollen systematisch aufgezeigt werden, um den Gang der Untersuchung deutlich zu machen. Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist als ein Teil des umfassenden Informationsversorgungssystems des Unternehmens aufzufassen. Das Informationsversorgungssystem hat die generelle Aufgabe, dem Management die Informationen in der benötigten Qualität, Quantität und rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Ausgangspunkt für die Gestaltung von Teilsystemen der Unternehmensrechnung sind die Wissenswünsche des Managements, die sich aus dem Informationsbedarf ergeben, der mit den Aufgaben des Managements verbunden ist. Führungsorientierte Informationsversorgungssysteme sollen in der Lage sein, die gewünschten Informationen für Planungs-(Entscheidungs-), Steuerungs- und Kontrollsituationen bereitzustellen. Rechnungszwecke sind die sich aus diesen Führungsaufgaben ergebenden Informationswünsche. Global läßt sich darüber nur wenig sagen, es muß eine Analyse des Informationsbedarfs der einzelnen Aufgaben erfolgen. Die Darstellung 2 zeigt die grobe Aufteilung des Führungssystem, die als Ausgangspunkt der weiteren Ausführungen gewählt wird. Die Informationsbedarfsanalyse hat dabei die Funktion, einen Ausgleich zwischen der Informationsnachfrage (= Wissenswunsch) und dem Informationsangebot zu erreichen. Für eine Analyse der benötigten Informationen werden die jeweiligen Aufgabenfelder konstruiert. Die Analyse zeigt, daß Informationen bezüglich der Ergebnisse von Handlungsalternativen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltsituation gewünscht werden. Wichtig ist jedoch noch eine andere Tatsache: Die Rechnungszwecke (Aufgaben) werden mit einer Verrichtung nur unzureichend beschrieben; zu einer Verrichtung gehört immer noch ein Objekt, es muß eine sachlich und zeitlich abgegrenztes Objekt angegeben werden. Ent-

5

Einführung

Informationsbec Informationsang

Informa tionsnach

Informationsversorgungssystem Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystem

Darstellung 2:




Werden die monetären, quantitativen und quantifizierbaren Ziele zur Kategorie der Ergebnisziele zusammengefaßt, so kennzeichnen sie den Gegenstands-

55)

Vgl. EWERT, R., Leistungswirtschaft, 1993, Sp. 1150.

56)

Vgl. HFJNEN, E., Zielsystem, 1966, S. 90.

57)

Abbildung entnommen aus

BRÜHL,

R., Controlling, 1992, S. 22.

D. Zielgrößen in der Unternehmensrechnung

27

bereich der in der Unternehmensrechnung zu verarbeitenden Ziele. Nichtquantifizierbar sind qualitative Ziele, die entweder nicht quantifiziert werden sollen, z. B. eine freie Beschreibung von Mitarbeitern zur Arbeitszufriedenheit, oder für die es keine Meßmethoden gibt. 58 ' Grundlegend für diese Untersuchung sind die monetären Ziele, denn Entscheidungen zwischen Handlungsalternativen werden in Unternehmen überwiegend mit Hilfe von monetären Zielgrößen getroffen. Als herausragend für die Unternehmensrechnung gelten die monetären Zielgrößen Erfolg und Liquidität. Für die leistungswirtschaftliche und die soziale Zielkomponente sind ebenfalls Teilsysteme der Unternehmensrechnung entwickelt worden. Die folgende Übersicht zeigt die sich aus einzelnen Zielen ergebenden Teilsysteme der Unternehmensrechnung, beispielhaft sind für die leistungswirtschaftliche und die soziale Zielkomponente je ein Ziel und ein Teilsysteme angegeben. 591

Teilsysteme

Ziele Erfolg

einperiodig

bilanziell

Finanzbuchhaltung, Jahresabschlußrechnung

kalkulatorisch

Kosten-, Erlös- und Erfolgsrechnung

mehrperiodig

Investitionsrechnung

kurzfristig

Ein- und Auszahlungsrechnung

langfristig

Kapitalflußrechnung

Qualität

Produktqualität Prozeßqualität

Indikatorensysteme

Umwelt

Ressourcen Emissionen

Indikatorensysteme

Liquidität

Darstellung

58)

59)

Vgl. Vgl.

9:

Teilsysteme der

FISCHER, KÜPPER,

Unternehmensrechnung

]., Ziele, 1 9 8 9 , S. 1 7 0 . H.-U., Theorie, 1989, S. 229.

28

Erster Teil: Grundlagen der Unternehmensrechnung

Für die Gestaltung von Kostenrechnungssystemen sind die Schnittstellen zu anderen Teilsystemen der Erfolgsrechnung zu untersuchen, um zu verhindern, daß sich widersprechende Erfolgsziele im Unternehmen verfolgt werden. 6 0 ' Zu fragen ist, welches Erfolgsziel einer Kosten- und Erfolgsrechnung zugrundegelegt werden soll. Der Erfolg eines Unternehmens wird von den Beteiligten nach den Konsummöglichkeiten beurteilt, die sie aufgrund ihres Engagements erhalten. 61 ' Die Unternehmensbeteiligten sind von daher an der Erzielung von Einkommen interessiert, denn Manager, Eigentümer und Mitarbeiter können nur so ihre Konsumwünsche befriedigen. Erfolg läßt sich allgemein als Vermögensänderung auffassen. Die Theorie der Unternehmensrechnung hat aus diesem Grund ein besonderes Interesse an der Erfolgs-(Einkommens)-messung für alle Beteiligten an einem Unternehmen.

III. Erfolg und Einkommen als Zielgröße Nach der heute herrschenden Reinvermögenstheorie entsteht Einkommen in einer Periode, wenn das Reinvermögen am Ende der Periode größer ist als das Reinvermögen am Anfang der Periode. Dieser Reinvermögenszugang wird als Einkommen der Periode bezeichnet, wobei konsumierte Beträge hinzugezählt werden. 6 2 ' Veränderungen des Vermögens werden durch verschiedene Sachverhalte bewirkt: durch Inflation sinkt die Kaufkraft des Geldes, Forderungen gegenüber Schuldnern werden dubios, oder der Wert einer Maschine sinkt, weil durch technischen Fortschritt bessere Maschinen auf den Markt kommen. Jeder Bestandteil des Vermögens kann von Änderungen betroffen sein. Wie diese Vermögensbestandteile und ihre Veränderungen bewertet werden, ist der Kern einer Theorie der Unternehmensrechnung.

60)

Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 28.

61)

Vgl. LAUX, H./FRANKE, G., Erfolg, 1970, S. 41; MOXTER, A., Gewinnermittlung,

62)

1982, S. 5. Vgl. MOXTER, A., Gewinnermittlung, 1982, S. 13ff.; die geschichtliche Entwicklung der Trennung von Kapital und Einkommen beleuchtet SCHNEIDER, D., Einkommen, 1981, S. 141 ff.

D. Zielgrößen in der U n t e r n e h m e n s r e c h n u n g

29

Wenn die zentrale Zielsetzung das Einkommen ist, dann hat die Unternehmensrechnung in den Zweigen, die einen Erfolg ausweisen sollen, klarzulegen, wie sich Entscheidungen und Handlungen auf das Einkommen der Beteiligten auswirken. In der Investitions- und Finanzierungstheorie wird daher beispielsweise der Erfolg mit dem Ziel Entnahme aus der Sicht von privaten Haushalten verwendet, neben diesem Ziel steht das Vermögensziel. 63 ' Entnahme- und Vermögensziel werden mit Zahlungsmittelmengen - und damit Veränderungen des Geldvermögens - gemessen. Während beim Entnahmeziel die Entnahmen bei gegebenen Endvermögen maximiert werden, sind beim Vermögensziel die Entnahmen konstant zu halten und das Endvermögen zu maximieren. Werden beide Größen variiert, spricht man von Wohlstandsziel. 64 ' Die unterschiedlichen Interessen der Unternehmensbeteiligten können sich in unterschiedlichen Erfolgsbegriffen niederschlagen. Eigentümer werden eine Unternehmensrechnung installieren wollen, die anzeigt, wieviel sie dem Unternehmen entnehmen können, ohne die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen; es müssen Modelle über den maximal entziehbaren Betrag existieren. Manager und Mitarbeiter, die ein erfolgsunabhängiges Vertragseinkommen beziehen, sind an einer solchen Rechnung nicht interessiert, da sich ihr Einkommen nicht nach dem Erfolg des Unternehmens richtet. Im Gegensatz zum externen Rechnungswesen, wo der Gesetzgeber entscheidet, welche Interessen in einer Erfolgsrechnung zu berücksichtigen sind, ist für die Kosten- und Erfolgsrechnung diese Entscheidung in jedem Unternehmen individuell zu treffen. Einkommen fließt Personen bzw. Haushalten zu. Die Beteiligung an Organisationen wird von ihnen anhand der Höhe und Struktur der zufließenden Einkommensbeträge bewertet. Der Begriff Einkommen wird nur auf Menschen angewandt. Für Organisationen wird ein Erfolgsbegriff verwendet, 6 5 ' wobei je nach Zielvorstellung verschiedene Erfolgsbegriffe verwendet werden können. Gegenstand der Theorie der Unternehmensrechnung sind daher der Erfolgsbegriff und dessen Ermittlung. Sie ist Unternehmensrechnung und nicht Unter-

63) 64) 65)

Vgl. KRUSCIIWITZ, L., Investitionsrechnung, 1993, S. 12f„ der beide Ziele als Operationalisierung der langfristigen Gewinnmaximierung entwickelt. Vgl. SCHMIDT, R. H., Finanzierungstheorie, 1986, S. 38. Vgl. SCHMALENBACH, E., Bilanz, 1962, S. 57; SCHNEIDER, D., Betriebswirtschaftslehre, 1993, S. 5, der statt von Erfolg den Begriff Gewinn verwendet.

30

Erster Teil: Grundlagen der Unternehmensrechnung

nehmerrechnung oder Managerrechnung. Beide Personengruppen sind aber bemüht, die Unternehmensrechnung in ihrem Sinne zu gestalten. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit auch der Einkommensbegriff auftauchen, der Schwerpunkt liegt allerdings auf dem Erfolgsbegriff. Während in der Theorie der Investition und Finanzierung und in der Bilanztheorie Fragen des Zusammenhangs zwischen Erfolgsermittlung und Einkommensvorstellungen verschiedener Interessengruppen diskutiert werden, 6 6 ) sind in der Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung nur bruchstückhaft Vorstellungen über dieses Verhältnis erkennbar. Konsequenz daraus ist, daß in Vorschlägen zu Bewertungsfragen (= Erfolgsermittlung) innerhalb der Kosten- und Erfolgsrechnung widersprüchlich argumentiert wird, weil beispielsweise verschiedene Einkommensvorstellungen vertreten werden. Die für die Bewertung notwendigen Regeln müssen aus Modellen des Einkommens entwickelt werden, um zu zeigen, unter welchen Voraussetzungen die jeweilige Einkommensvorstellung tragbar ist.

IV. Messung von Erfolg und Einkommen a.

Periodenerfolg und Einkommen

Die verschiedenen Konzepte, die zur Ermittlung von Einkommen diskutiert werden, lassen sich auf die Erfolgsermittlung in Unternehmen übertragen. Der Erfolg einer Organisation wird folgendermaßen ermittelt: 671 (Perioden-)Erfolg ist gleich dem Vermögen am Ende eines Jahres abzüglich des Vermögens am Anfang des Jahres zuzüglich der Entnahmen und abzüglich der Einlagen.

66)

67)

Vgl. für die Investitions- und Finanzierungstheorie DRUKARCZYK, ]., Finanzierung, 1993, S. 46ff., 70ff., beispielhaft für die Bilanztheorie SCHILDBACH, T„ Analyse, 1975, speziell zur Substanzerhaltung W A G N E R , F. R., Kapitalerhaltung, 1978, S. 40ff. Vgl. SCHNEIDER, D., Investition, 1992, S. 6.

D. Zielgrößen in der Unternehmensrechnung

31

Vergleicht man beide Begriffe, so zeigt sich, daß die Vermögensermittlung und -bewertung den Kern der Einkommens- und auch der Erfolgsermittlung ausmacht. Erfolge werden nicht für die Gesamtlebensdauer eines Unternehmens ermittelt, 68 ' sondern nur für Teilabschnitte (Perioden). Einer periodischen Erfolgsermittlung stehen jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten entgegen. Die Aktivitäten des Unternehmens gehen über einzelne Perioden hinaus. Es müssen Regeln vorgegeben werden, wie solche überperiodischen Aktivitäten in einer Rechnung abgebildet werden sollen. Solche Periodisierungsregeln können als Verteilungsregeln bezeichnet werden. 69 ' Objektive Verteilungsregeln, die für jede Situation richtig sind, gibt es nicht, denn Verteilungsregeln hängen direkt mit den Zwecken und dem zugrundeliegenden Modell der Rechnung zusammen. Erst aus einem Erfolgsermittlungsmodell lassen sich Anforderungen an die Verteilungsregeln ableiten. Als Zweck der Periodenerfolgsermittlung gilt die Einkommensmessung bzw. die Erfolgsermittlung, um das Einkommen für Ausschüttungen und Entnahmen zu berechnen. Diese Aufgabe ist unbestritten für den handelsrechtlichen Jahresabschluß: ihre Erfüllung wird im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften geregelt. 70 ' Periodenerfolge werden ebenfalls für das interne Rechnungswesen bestimmt, die Zahlungsbemessungsfunktion wird allerdings für diese Rechnung in der Literatur entweder nicht genannt oder abgelehnt. 71 ' Der Erfolg in der Kosten- und Erfolgsrechnung wird als Leistungs- oder Betriebserfolg bezeichnet, 72 ' er dient der Ermittlung, Planung und Kontrolle der Erfolge von Produkten, Produktgruppen oder Bereichen sowie weiterer Betrachtungsobjekte. 73 ' Die Erfolgsgröße wird in der Kosten- und Erfolgsrechnung aus den Aufwands* und Ertragsgrößen durch eine Abgrenzung erreicht. Es tritt somit eine eigenständige Erfolgsbetrachtung an die Stelle der handelsrechtlichen, sie be-

68)

Dann ist z w a r das Bewertungsproblem u m g a n g e n , der Wert einer solchen Rechn u n g ist jedoch zweifelhaft, vgl. RIEGER, W . , Privatwirtschaftslehre, 1928, S. 207.

69)

Vgl. SCHNEIDER, D., Steuerbilanzen, 1978, S. 65ff.

70)

Vgl. COENENBERG, A. G., Jahresabschluß, 1990, S. 13f.

71)

Vgl. CHMIELEWICZ, K., Bilanzierungsprinzipien, 1990, S. 327, der die Z a h l u n g s bemessungsfunktion ausdrücklich verneint.

72)

Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 33.

73)

Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 393f.; COENENBERG, A. G., Kostenrechnung, 1992, S. 36.

32

Erster Teil: Grundlagen der Unternehmensrechnung

ruht auf einer güterorientierten, auf den Verzehr gerichteten, sachzielorientierten Bewertungsgröße, die sich von den Zahlungsströmen und den gesetzlichen Vorschriften unterscheidet. Es wird damit die Kernfrage einer Theorie der Kosten* und Erfolgsrechnung berührt, nämlich welcher Erfolg in dieser Rechnung ermittelt wird, und in welchem Zusammenhang diese Erfolgsgröße zu anderen Teilsystemen der Unternehmensrechnung, insbesondere den Zahlungsgrößen, steht. Der Beantwortung dieser Frage ist diese Untersuchung gewidmet. Die Frage der Erhaltungsvorstellungen ist geeignet, erstes Licht in das Dunkel zu werfen, denn bei jeder Erfolgsermittlung steht die Frage der Erhaltung des Vermögens im Hintergrund.

b.

Berücksichtigung der Vermögenserhaltung

Die Erfolgsermittlung in der Unternehmensrechnung beruht auf einem Vergleich des Vermögens zu zwei Zeitpunkten. Veränderungen des Vermögens können mit Hilfe von Stromgrößenrechnungen oder Bestandsdifferenzenrechnungen erfaßt werden. 74 ' Voraussetzung für beide Vorgehensweisen ist es, daß Vorstellungen über die Bewertung der Vermögensgüter bestehen. Jede Erfolgsermittlung beruht auf einer Variante der Vermögenserhaltung, daher ist ein eigenständiges Ziel Vermögenserhaltung neben dem Erfolgsziel nicht notwendig. 75 ' Auch wenn Vermögenserhaltung als Mindesterfolg interpretiert wird, ergibt sich keine zusätzliche, höhere Aussagekraft, denn sie ist durch eine Erfolgsermittlung auf Basis der Vermögenserhaltung ausreichend

gewährlei-

stet. ' Es gibt also mindestens soviel verschiedene Erfolgsdefinitionen, wie es 76

Vorstellungen über die Vermögenserhaltung gibt. Die verschiedenen Varianten

74)

Vgl. ENGELS, W . / M Ü L L E R , H., Substanzerhaltung, 1970, S. 350; Kapitalerhaltung, 1978, S. 26.

75)

Vgl. SCHILDBACH, T „ Kapitalerhaltung, 1993, Sp. 1888f.; ein eigenständiges Ziel Vermögenserhaltung entsteht, wenn idealtypisch in Erfolgsermittlung und -Verwendung getrennt wird, vgl. BÖRNER, D., Kapitalerhaltung, 1975, Sp. 2098ff.

76)

Vgl. ENGELS, W./MÜLLER, H „ Substanzerhaltung, 1970, S. 352.

WAGNER,

F. R.,

D. Zielgrößen in der Unternehmensrechnung

33

lassen sich nach ihren Betrachtungsobjekten - Frage: Was ist zu erhalten? - einteilen: 77 '

(Geld-)Kapitalerhaltung

Substanzerhaltung reproduktiv = gleiche Güter

leistungsmäßig = mindestens gleiche Güter

nominal = gleicher Nominalbetrag

real = gleiche Kaufkraft

Reproduktive Substanzerhaltung

Leistungsmäßige Substanzerhaltung

Nominale Kapitalerhaltung

Reale Kapitalerhaltung

(Real-)Güter Darstellung 10: Formen der Vermögenserhaltung

Geld auf Basis der Einzelbeivertung

Einer güterorientierten Sicht steht eine geldorientierte Sicht gegenüber. Während der handelsrechtliche Jahresabschluß auf einer nominalen Geldkapitalerhaltung beruht, werden im bilanztheoretischen Schrifttum auch andere Erhaltungsformen diskutiert. Für die handelsrechtliche Rechnungslegung werden dabei Ergänzungs- und Nebenrechnungen empfohlen. Beispiele hierfür sind: -

die Nebenrechnung nach der Nettosubstanzerhaltung, um die Finanzierungsstruktur zu berücksichtigen; 78 '

-

das Prinzip des doppelten Minimums; neben dem nominalen Gewinn wird der ökonomische Gewinn berechnet. 79 '

In der Kosten- und Erfolgsrechnung gibt es keine gesetzlich fixierten Regelungen der Bewertung, daher wird in der Kosten- und Erfolgsrechnung von der

77) 78) 79)

Vgl. HAX, K., Substanzerhaltung, 1957, S. 14; zu weiteren Konzeptionen vgl. den Überblick in SCHILDBACH, T., Kapitalerhaltung, 1993, Sp. 1892ff. Vgl. SIEBEN, G . / S C H I L D B A C H , T„ Substanzerhaltung, 1973, S. 580ff. Vgl. SCHNEIDER, D., Bilanzgewinn, 1963, S. 461ff.; SCHNEIDER, D„ Gewinn, 1971, S. 614ff. Das Konzept der Ertragswerterhaltung beruht auf einem Gesamtvermögensvergleich, der in der Kostenrechnungsliteratur keinen Niederschlag gefunden hat; Ausnahmen sind RADENSLEBEN, T . , Kostenrechnung, 1995, S . 181ff.; MAIER-SCHEUBECK, N., Kostenrechnung, 1992, S. 224ff.

34

Erster Teil: Grundlagen der Unternehmensrechnung

nominalen Kapitalerhaltung abgewichen und häufig eine güterorientierte Erhaltungsform gewählt. Ein geschlossener Ansatz der Erfolgsermittlung, wie er beispielsweise in der Bilanztheorie diskutiert wird, existiert in der Kosten- und Erfolgsrechnung jedoch nicht. Ein Blick in die Kostenrechnungsliteratur, um zu erkennen, ob der berechnete Erfolg auf einem Vermögensvergleich beruht, führt ebenfalls zu einem negativen Ergebnis: eine Bestandsdifferenzrechnung zur Erfolgsermittlung in der Kostenrechnung wird kaum erwähnt. 80 * Neben einer kalkulatorischen Stromgrößenrechnung müßte eine kalkulatorische Bestandsrechnung erkennbar sein, die kalkulatorische Bilanz. 81 ' Bestandsrechnungen werden, z. B. in der Form der Anlagenbuchhaltung, als Hilfsrechnungen geführt, um kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen zu berechnen. Wird bei der Bestimmung von Abschreibungen insbesondere bei der Bewertung eines Anlageguts der Ansatz von Wiederbeschaffungspreisen mit der Substanzerhaltung begründet, 82 ' so sind Vorstellungen notwendig, was als Erfolg angesehen werden soll. Einer kalkulatorischen Bilanz steht vor allem eine schwierige Hürde im Weg: die Bestimmung des kalkulatorischen Kapitals. Während bei einzelnen Vermögensgegenständen der sachzielbezogene Einsatz dieser Vermögensgüter abgegrenzt werden kann, ist eine solche Zurechnung des Kapitals nicht möglich. In der Standardliteratur zur Kostenrechnung behilft man sich bei der Berechnung der kalkulatorischen Zinsen mit der Bestimmung des betriebsnotwendigen Vermögens, daß gleich dem betriebsnotwendigen Kapital gesetzt wird, gegebenenfalls vermindert um das Abzugskapital.^

80)

Ausnahmen sind WEBER, H. K., Rechnungswesen, 1991, S. 15ff.; KRÖKEL, E„ Kapitalrechnung, 1992, S. 31ff.

81)

Vgl. KÜI1NAU, M., Bilanz, 1970, Sp. 200ff.; ECNFR, H., Bilanz, 1981, Sp. 176ff.; KOSIOL, E„ Bilanz, 1976, S. 928ff.; sowie grundlegend KRÖKEL, E., Kapitalrechnung, 1981.

82)

Es ist zu beachten, daß eine körperliche Bestandsaufnahme, wie sie für die Bilanz mit Hilfe der Inventur erstellt wird, aufgrund der kurzfristigen Verfügbarkeit der Informationen und des hohen zeitlichen Aufwandes nicht in Frage kommt. Eine kalkulatorische Bestandsrechnung knüpft an das Inventar im Rahmen des Jahresabschlusses an und führt unterjährig eine rein rechnerische Bestandsermittlung durch.

83)

Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 135; HUMMEL, S./MÄNNEL, W., Kostenrechnung, 1986, S. 174ff.

D. Zielgrößen in der Unternehmensrechnung

35

Dieses Zuordnungsproblem taucht ebenso bei der Diskussion der Frage auf, welche Form der Substanzerhaltung für die Kosten- und Erfolgsrechnung verwendet werden soll. Überwiegend wird in der Kostenrechnungsliteratur die Bruttosubstanzerhaltung vorgeschlagen, entsprechend wird die Abschreibung für Anlagegüter auf Basis der Wiederbeschaffungszahlungen (Tagespreise am Stichtag der Bewertung oder der Wiederbeschaffung) vorgenommen. 8 4 ' Wird hingegen die Nettosubstanzerhaltung bei der Abschreibungsberechnung angewandt, muß die Finanzierungsstruktur berücksichtigt werden. 8 5 ' Regeln der Zuordnung müssen bestimmen, mit welchen Anteilen ein Anlagegut fremdund eigenfinanziert ist. Solche Regeln sind z. B. 86 ' -

eine proportionale Aufteilung der Kapitalanteile auf die einzelnen Vermögensgegenstände oder

-

eine Verteilung nach Art der Finanzierungsregeln, z. B. wird Eigenkapital auf die langfristigen Anlagegüter verteilt.

Neben dem Problem, wie Eigen- und Fremdkapital auf das betriebsnotwendige Vermögen zu verteilen ist, türmt sich die Schwierigkeit auf, daß bei einzelnen Vermögensgütern eine Finanzierungsstruktur unterstellt werden muß. Die Aussage,

daß

die Nettosubstanzerhaltung

die Finanzierungsstruktur

be-

wahrt ', ist mit Vorbehalt zu betrachten, denn die Finanzierungsstruktur ein87

zelner Vermögensgüter ist nämlich überhaupt nicht bekannt. Zu fragen ist, welche Zwecke mit der Substanzerhaltung verfolgt werden. Schneider setzt als Zweck die Berechnung einer minimalen internen Finanzierung bei steigenden Preisen; es soll die Finanzierung der Ersatzbeschaffung gewährleistet werden. 88 ' Wenn die Finanzierungsfunktion in den Vordergrund rückt, dann ist es folgerichtig, bei der Berechnung die durch die Abschrei-

84)

87)

Vgl. CIIMIEL.EWICZ, K . , Erfolgsrechnung, 1973, S. 31 ff.; KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 114ff.; speziell für eine Leistungserhaltung KIRSCH, H., Leistungserhaltung, 1993, S. 805. Vgl. H U M M E L , S . / M A N N E L , W., Kostenrechnung, 1986, S. 166ff.; BUSSE VON C Ö L BE, W., Substanzerhaltung, 1990, S. 302ff.; ZIMMERMANN, G., Unternehmenserhaltung, 1992, S. 1418ff. Vgl. BUSSE VON C Ö L B E , W . , Netto-Substanzerhaltung, 1 9 8 9 , S. 7 8 . Vgl. Z I M M E R M A N N , G., Unternehmenserhaltung, 1992, S. 1419.

88)

V g l . S C H N E I D E R , D . , S u b s t a n z e r h a l t u n g , 1 9 8 4 , S. 2 5 2 4 ; Z I M M E R M A N N , G . , U n t e r -

85)

86)

n e h m e n s e r h a l t u n g , 1 9 9 2 , S. 1 4 1 7 .

Erster Teil: Grundlagen der Unternehmensrechriung

36

bungsgegenwerte einbehaltenen Erlöse zu verzinsen; es erfolgt der Einsatz finanzmathematischer Methoden mit ihren Unterstellungen über den Kapitalmarkt. 891 Zu bedenken ist jedoch, daß die güterorientierte Modellvorstellung der Kostenund Erfolgsrechnung im Rahmen solcher Überlegungen verlassen wird. Kilger beispielsweise bezeichnet kalkulatorische Abschreibungen als "das kostenmäßige Äquivalent für den Wertverzehr langfristig nutzbarer Potentialfaktoren." 90) Gegen die Finanzierungsfunktion spricht auch die Tatsache, daß Abschreibungen auch dann noch angesetzt werden, wenn die Abschreibungssumme schon erreicht ist. 91) Kilger begründet dies mit dem Zweck einer realistischen Belastung an Betriebsmittelkosten in einer einperiodigen Rechnung,

Zimmermann

fügt noch die Vergleichbarkeit zwischen mehreren Periodenerfolgen hinzu. 92 ' Offensichtlich liegt hier eine Diskrepanz vor, da sich die Zwecke der Rechnung, die zugrundeliegenden Erfolgsvorstellungen sowie die Modellannahmen und -abgrenzungen widersprechen. Zu prüfen bleibt, ob die dargestellten Zwecksetzungen mit der wertmäßigen Konzeption des Kosten- und Erlösbegriffs in Einklang zu bringen sind oder ob gegen die Annahmen des Partialmodells Kosten- und Erfolgsrechnung verstoßen wird. Gerade am Beispiel der Nutzung von langlebigen Vermögensgütern läßt sich die Verbindung zwischen Kosten- und Erfolgsrechnung und mehrperiodigen Erfolgsrechnungen eindringlich aufzeigen, daher wird dieser Sachverhalt in dieser Untersuchung noch mehrfach angesprochen werden. Bevor Fragen der Partialmodelle in der Unternehmensrechnung erörtert werden, sollen Zurechnungsprobleme und die sich aus den Rechnungszwecken ergebenden Modellanforderungen analysiert werden.

89)

Vgl. SCHULT, E., Abschreibungssätze, 1972, S. 236ff.; haltung, 1984, S. 2524.

90)

KILGER, W „ Kostenrechnung, 1987, S. 112.

91)

Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 119, zu den verschiedenen Möglichkeiten der Verrechnung von Fehlschätzungen der Nutzungsdauer ZIMMERMANN, G., Kostenrechnung, 1992, S. 45ff. Vgl. ZIMMERMANN, G., Kostenrechnung, 1992, S. 47.

92)

SCHNEIDER,

D., Substanzer-

E. Zurechnungsprobleme in der Unternehmensrechnung

37

E.

Zurechnungsprobleme in der Unternehmensrechnung

I.

Abgrenzung von Messung, Bewertung und Zurechnung

Schon mehrfach wurde auf einen grundlegenden Charakter der Unternehmensrechnung hingewiesen: ihre Teilsysteme bilden Sachverhalte mit Hilfe von quantitativen Größen ab. Der verwendete Terminus Abbildung erfreut sich allgemeiner Beliebtheit, ohne daß dieser Umstand zu hinreichender Klarheit über seine Bedeutung geführt hat. Insbesondere seine Abgrenzung zu den Begriffen Messung, Bewertung und Zurechnung soll im folgenden erörtert werden. Da diese Begriffe von weitreichendem Gewicht für die Unternehmensrechnung sind, lassen sich einige definitorische Klärungen nicht umgehen. Eine klare Abgrenzung der Begriffe soll dazu dienen, die unterschiedlichen Probleme, die sich hinter den Begriffen verbergen, auseinanderzuhalten, ohne sich allerdings durch originelle, neue Begriffskonstruktionen zu weit vom Üblichen zu entfernen. Alle diese Begriffe werden für formal ähnliche Fragestellungen benutzt; immer dann wenn verschiedene Phänomene oder Objekte der Realität in Beziehungen gesetzt werden, jedoch auch wenn Beziehungen zwischen realen und ideellen Objekten betrachtet werden, wird von einem Zuordnungsproblem, z. B. als Meß- oder Bewertungsproblem, gesprochen. Zuordnung wird

verwendet,

wenn Elemente von verschiedenen Mengen miteinander in Verbindung gebracht werden, also eine Relation zwischen ihnen hergestellt wird. Eine allgemeine Definition lautet: "Eine Abbildung (oder Funktion) einer Menge A in eine Menge B ist eine Vorschrift, die jedem Element a E A genau ein Element b e B zuordnet."93» Die Elemente der Mengen können reale Objekte oder Zahlen (= ideelle Objekte) sein. Neben der eineindeutigen Funktion (Abbildung) sind auch mehrdeutige Funktionen (Abbildungen) möglich; dann werden einem Element aus A meh-

93)

MESCHKOWSKI, H., Begriffswörterbuch, 1966, S. 13.

Erster Teil: Grundlagen der Unternehmensrechnung

38

rere Elemente aus B zugeordnet. 94 ' Dieser formalen Beschreibung gleichen die drei Begriffe -

Messung,

-

Bewertung und

-

Zurechnung. 95 '

Der Begriff Zuordnung - im Sinne einer Relation zwischen Mengen - wird als Oberbegriff verwendet; ihm sind die drei Begriffe untergeordnet. Allerdings sind sie nicht gleichrangig, sondern stehen in einer Hierarchiebeziehung. Es handelt sich jeweils um spezielle Zuordnungen. Folgende Unterscheidung ist dabei nützlich:

Messung

Zuordnung von Elementen einer Menge zu Elementen einer anderen Menge, wobei letztere Menge als Elemente Zahlen enthält.

Bewertung

Zuordnung von Elementen einer Menge zu Elementen einer anderen Menge, wobei letztere Menge als Elemente Werte enthält.

Zurechnung

Zuordnung von Elementen einer Menge zu Elementen einer anderen Menge, wobei die Elemente aller betrachteten Mengen Werte sind.

Darstellung 77: Abgrenzung der Begriffe Messung, Bewertung und

Zurechnung

Mittels der Zuordnung werden zwei Mengen in Beziehung gesetzt. Geschieht dies mit einer Zuordnungsvorschrift, wie z. B. einer mathematischen Funktion, können jedem Element der einen Menge ein oder mehrere Elemente der ande-

94)

Das in der Allgemeinen Mengentheorie auf die Begriffe Funktion, Abbildung und Zuordnung verzichtet werden kann, zeigt anschaulich SCHMIDT, ]., Mengenlehre, 1966, S. 116ff.; sie werden damit in die Umgangssprache verbannt und durch den Begriff Relation ersetzt. Hier wir die traditionelle Sprechweise verwendet, um verständlich zu bleiben.

95)

Vgl. zur Abgrenzung von Messung und Zurechnung KLOIDT, H., Messen, 1964, S. 293, zur Abgrenzung von Messung und Bewertung KLOIDT, H., Messen, 1964, S. 299.

E. Zurechnungsprobleme in der Unternehmensrechnung

39

ren Menge zugeordnet werden. Die Begriffe Zuordnung und Abbildung werden synonym verwendet. Die Güte der Zuordnung (Abbildung) hängt von der zugrundeliegenden Funktion ab, sie soll den tatsächlichen Beziehungen zwischen den untersuchten Objekten entsprechen. Diese Anforderung wird auch an die Modellbildung gestellt. Da in der Unternehmensrechnung quantitative Größen betrachtet werden, stellen Zuordnungen immer zumindest Meßoperationen dar. Messung wird als Oberbegriff zu den folgenden Begriffen festgelegt. Beim Messen werden die Eigenschaften von Objekten mit Hilfe von Zahlen erfaßt; es werden quantitative Größen gebildet. Bei Messungen werden Objekte und Zahlen so einander zugeordnet, daß sich die Beziehungen zwischen den Objekten in den Beziehungen zwischen den Zahlen widerspiegeln. 96 ' Messungen stellen auch Zuordnungen dar, weil einer Menge von Objekten (Gut a) eine Zahl zugeordnet wird. Messungen knüpfen an Eigenschaften von Objekten an, 97) z. B. Gewicht eines Gutes A; die Meßoperation erfolgt mit Hilfe einer Waage und ordnet dem Objekt eine Zahl zu, z. B. 4 kg. Die Zuordnung muß gewährleisten, daß die Verhältnisse in der Realität (= Beziehungen zwischen den Gütern bezogen auf die Eigenschaft Gewicht) weitgehend in der Zahlenmenge abgebildet werden. Für das Beispiel Messung von Gewicht werden physikalische Theorien und Modelle benötigt, die empirisch bestätigt sind. Ebenso werden für Messungen in der Unternehmensrechnung Theorien benötigt, um Objekten Zahlen zuzuordnen. Werden Objekte bewertet, so findet eine Zuordnung von monetären Größen oder - allgemeiner - Nutzengrößen statt. 98 ' Der Unterschied besteht in der Art der Elemente. Werte stellen eine bestimmte Form von Zahlen dar, sie drücken eine Zweckeignung für ein Subjekt aus. Der "Wert ist ein Maßstab der Vorziehenswürdigkeit von Aktionsmöglichkeiten oder Gegenständen." 99 ' Bei einer gerundiven Interpretation des Wertes ist immer die Angabe eines Zweckes erforderlich, um einen Wert zu ermitteln. 100 '

96)

Vgl. PFANZAGL, ]., Messen, 1959, S. 59; 1981, Sp. 1207.

SZYPERSKI, N . / R L C H T E R ,

U., Messung,

97)

Vgl. PFANZAGL, ]., Measurement, 1968, S. 15ff.

98)

Vgl. LEFFSON, U., Bewertungsprinzipien, 1981, Sp. 151; allgemein zu Bewertung und Messen G ä F G E N , G . , Entscheidung, 1974, S. 140ff.

99)

ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 1.

100) Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 12.

40

Erster Teil: Grundlagen der Unternehmensrechnung

Als Zurechnung in der Unternehmensrechnung wird der Vorgang der Zuordnung von Wertgrößen auf die betrachteten Objekte aufgefaßt. 101 ' Zurechnung ist ein Unterbegriff zur Bewertung. 102 ' Hier wird der Begriff reserviert für Relationen zwischen Werten, nur Wertzurechnung ist in diesem Zusammenhang als Zurechnung zu bezeichnen. Beziehungen zwischen Mengen von Zahlen werden als Messung bezeichnet. Bei der Frage, wieviel Mengen an einzelnen Produktionsfaktoren in einer Produkteinheit sind, handelt es sich demzufolge um ein Meßproblem und nicht um ein Zurechnungsproblem. Die Darstellung 12 zeigt abschließend im Überblick einige ausgewählt Beispiele für Abgrenzungen der drei behandelten Begriffe. Zurechnungsprobleme entstehen immer, wenn eine Einzelbewertung vorgenommen wird, obwohl das einzeln zu bewertende Objekte im Verbund mit anderen Objekten an der Wertentstehung beteiligt ist. 103 ' Fraglich wird dann die Unterscheidung von Zurechnungsproblemen und Bewertungsproblemen, denn ein Bewertungsproblem entsteht nach Auffassung einer Reihe von Autoren dadurch, daß nicht alle Auswirkungen explizit erfaßt werden können. 1 0 4 ' Dieser engen Auffassung wird hier nicht gefolgt, denn der Vorteil der Trennung von Bewertung und Zurechnung ist es, zu erkennen, daß beide Vorgänge zwei Schritte zur Modellbildung sind, die einzeln behandelt werden können. Während die Bewertung Fragen der Zuordnung von Werten auf Objekte und Handlungen klären muß, soll die Zurechnung auf Basis der Bewertung eine Zuordnung vornehme; für die Modellbildung bietet sich daher zunächst eine Reihenfolge der Betrachtung an.

101) 102) 103) 104)

Vgl. für die Kosten FRANZ, K.-P., Kostenverursachung, 1993, Sp. 2419. Vgl. HÖRNER, W., Zurechnung, 1976, Sp. 4753. Vgl. GÜMBEL, R„ Zurechnung, 1993, Sp. 4806ff. Vgl. HAX, H., Bewertungsprobleme, 1967, S. 758; MAHLERT, A., Abschreibungen, 1976, S. 30, 42f.

E. Z u r e c h n u n g s p r o b l e m e in d e r U n t e r n e h m e n s r e c h n u n g

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Ergebnisse

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Wert

Bewertungsprozeß

Voraussetzung für die Bewertung einer Handlung ist eine Analyse der sich aus der Handlung ergebenden Konsequenzen; hierfür sind Prognosen nötig. Die Ergebnisse sind Ausgangspunkt der Bewertung, oder in der Sprache der normativen Entscheidungstheorie: zuerst muß die Ergebnismatrix aufgestellt werden, erst dann kann die Entscheidungsmatrix erstellt werden. 57 ' Für das Aufstellen der Ergebnismatrix ist allerdings die Kenntnis der Bewertungsgrößen notwendig. Bei der Planung der Produktion von Gütern sind die bereitzustellenden Einsatzgüter, Arbeitskräfte und Betriebsmittel mit Hilfe der Produktionsfunktion abzubilden. Die Mengenbeziehungen zwischen Einsatz von Gütern und Ausbringung aufzustellen ist jedoch nur der erste Schritt zur Lösung des Planungsproblems. Es müssen zusätzlich die Beziehungen zu den monetären Zielen hergestellt werden.

56)

Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 24; besonders prägnant ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 90: "Der Vergleich ist das Zentrum und der eigentliche Inhalt des Wertkalküls."

57)

Vgl. BAMBERG, G./Coenenberg, A. G., Entscheidungslehre, 1992, S. 14ff.; SCHNEEWEIß, H., Entscheidungskriterien, 1967, S. 10ff.; SCHNEEWEIß, C., Planung, 1991, S. 72f., unterscheidet in Entscheidungsfeld und -modell.

104

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Die Bestimmung des Wertes von Handlungen verkörpert kein Zurechnungsproblem. Erst wenn versucht wird, den Wert einer Handlung oder eines Gegenstandes zu ermitteln, der nur durch den Verbund mit anderen Handlungen oder Gegenständen entsteht, werden Überlegungen notwendig, nach welchen Regeln die Aufteilung des Gesamtwertes aller verbundenen Handlungen und Objekte auf die einzelnen Handlungen oder Objekte erfolgen soll. Eine allseits anerkannte Regel der Zurechnung kann es wegen der prinzipiellen Unmöglichkeit, empirische Regeln für dieses Problem aufzustellen, nicht geben. Werte werden aber gerade auch in den Fällen benötigt, in denen Handlungen miteinander verbunden sind. Solche Zurechnungsprobleme werden eingehend in der Kostenrechnungsliteratur behandelt. Dabei wird es als problematisch angesehen, inwieweit sich Kostenbestandteile auf die Produkteinheit zurechnen lassen, ob es für alle Zurechnungsfragen ein Grundprinzip gibt und ob sich Kosten auf Perioden zurechnen lassen. 58 ' Zurechnung in der Kosten- und Erfolgsrechnung erfolgt, um einzelnen Betrachtungs-(Kalkulations-)objekten Kosten, Erlöse oder Erfolge zuzuordnen. Zurechnungsprobleme treten bei der Einzelbewertung von verbundenen Objekten und verbundenen Handlungen auf. Die Diskussion in der Kostenrechnungsliteratur über die Zurechnung entzündet sich insbesondere an zwei Problemen: -

den Bewertungs-(Meß-)einheiten und der Art der Beziehungen zwischen Kalkulationsobjekten und den Zielgröße Kosten und Erlöse.

Die Frage der Bewertungseinheiten wurde in den letzten Kapiteln behandelt, zu fragen ist allerdings, ob die Art der Bewertungseinheit eine bestimmte Form der Zurechnung festlegt. Die Zuordnung von Geldgrößen (Bewertungseinheit = Geldeinheit) stellt eine Verknüpfung zweier Mengen dar. Die Eigenschaften der Objekte und die Einheit, die als Meßlatte verwendet wird, müssen nach Ansicht einer Reihe von Autoren empirisch überprüfbar sein. 59 ' Der Streit entzündet sich an der Frage, was als empirisch überprüfbar gilt. Die pagatorische Interpretation läßt nur Zahlungsmittelmengen zu, die Verwendung eines Geld-

58) 59)

Vgl. MENRAD, S., Vollkostenrechnung, 1983, S. 4ff. Vgl. SCHNEIDER, D . , Rechnungswesen, 1994, S . 31; RIEßEL, S. 26f.; DELLMANN, K., Kostenrechnung, 1979, S. 324ff.

P.,

Thesen, 1983,

A. Begriffliche Grundlagen der Kosten- und Erfolgsrechnung

105

ausdrucks ist gleichbedeutend mit einer entsprechenden Menge an Zahlungsmitteln, da nur sie direkt gemessen und empirisch überprüft werden können. Bei einer wertmäßigen Interpretation ist der Geldausdruck als die ökonomische Bedeutung für das wertende Subjekt zu interpretieren, die nicht gleichbedeutend mit einer konkreten Zahlungsmittelmenge sein muß. 6 0 ) A u c h in der Wissenschaftstheorie wird diese Frage diskutiert, ob nämlich in einer Theorie Begriffe verwendet werden können, die sich auf Eigenschaften oder Relationen beziehen, die nicht beobachtbar sind. 6 1 ) Kosten in der wertmäßigen Interpretation stellen einen solchen theoretischen Begriff dar, allerdings in einer abgeschwächten Bedeutung. Kosten bezeichnen beobachtbare Eigenschaften, w e n n sie auf Basis der Veränderung von Zahlungsmittelmengen ermittelt werden. Für andere Fälle stellen sie Ersatzgrößen für solche Veränderungen dar, sie beruhen dann auf nicht beobachtbaren Eigenschaften oder Relationen. 6 2 ' Typisches Beispiel hierfür ist der Ansatz von Opportunitätskosten, denn sie stellen ja die entgangenen Gewinne einer nicht realisierten Alternative dar. 6 3 1 Gerade die betonte Orientierung nach innen führt jedoch zum Problem, daß die grundsätzlich notwendige Verbindung zu den Zahlungsgrößen völlig verloren geht. In der wertmäßigen Konzeption besteht die latente Gefahr, nur die Mengenzurechnung als Problem anzusehen. Durch die Betonung der M e n g e n k o m p o n e n t e

60)

Vgl. S/.YPERSKI, N., Terminologie, 1962, S. 92ff.

61)

Vgl. den Vorschlag Carnaps, zwischen einer Beobachtungssprache und einer theoretischen Sprache zu trennen in CARNAP, R., Begriffe, 1960, S. 47ff.; hierzu ausführlich STEGMÜLLER, W., Probleme, 1974, S. 293ff.

62)

Auch wenn Begriffe Eigenschaften oder Relationen bezeichnen, die nicht beobachtbar sind, können sie einen Wert für die Theorie haben: Werden die im ersten Teil analysierten Rechnungszwecke mit der wertmäßigen Konzeption besser erfüllt, dann ist eine zahlungsorientierte Sicht nicht notwendig. Wenn ein theoretischer Begriff in einer Theorie einen Erklärungswert hat, auf den nicht verzichtet werden kann, so ist er beizubehalten. Wird bei Verzicht auf diesen Begriff der Erklärungswert nicht geschmälert, dann kann er eliminiert werden. Carnap spricht dann von Prognose- und Voraussagerelevanz solcher theoretischen Begriffe. Vgl. zur Diskussion über die Prognoserelevanz von Begriffen STEGMÜLLER, W., Probleme, 1974, S. 329ff.

63)

Vgl. BUCHANAN, J., Cost, 1969, S. 43f., 46; er weist darauf hin, daß Opportunitätskosten nicht realisiert werden und daher nicht direkt beobachtet werden können.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

106

wird verkannt, daß die Zurechnung ein Problem des W e r t z u s a m m e n h a n g s ist. 6 4 ' Ein zweiter Diskussionspunkt ist die Art der Beziehungen den Kalkulationsobjekten und den Zielgrößen Kosten und Erlöse. N a c h den bisherigen Ausführungen ist deutlich g e w o r d e n , daß die Art der Beziehungen und somit die Zuordnungsvorschrift von d e n Informationswünschen, die an die Theorie oder an das Modell gestellt w e r d e n , abhängt: der Rechnungszweck bestimmt die Zurechnung. 6 5 ' Zurechnung erfolgt somit im Spannungsfeld der

verwendeten

Zielgrößen, des Rechnungszwecks und der zugrundeliegenden theoretischen Überlegungen und Modellvorstellungen. 6 6 ) Die Beziehungen bestehen nicht an und für sich, sondern w e r d e n durch die Theorie- und Modellvorstellungen den Objekten beigelegt. Kausale, finale oder w i e auch i m m e r bezeichnete Beziehungen zwischen den Objekten lassen sich nicht empirisch ermitteln, sie entstehen vielmehr aus theoretischen Überlegungen. G r u n d l e g e n d e

Diskussionen

w u r d e n um das Zurechnungsproblem in der Kosten- und Erfolgsrechnung geführt, in den Anfängen ging es dabei meist um die Frage, wieviel Kosten eine Leistungseinheit verursacht hat. Erst später wurden umfassende Untersuchungen zum gesamten P r o b l e m angestellt. 6 7 ' Eine Lösung des Zurechnungsproblems im Sinne einer allgemeinen Übereinkunft oder eines allgemeinen Prinzips hat die Diskussion jedoch nicht erbracht. So konstatiert Franz in einem Überblicksartikel, daß die Prinzipien ihre Bedeutung bei der Kostenanlastung haben. 6 8 ' Zurechnungsprinzipien w e r d e n daher jeweils von d e n Informationswünschen und den verwendeten Zielgrößen abhängen. Sie sind mit den Modellannahmen verbunden. Innerhalb

eines Kostenrechnungssystems

können daher

unter-

64)

Vgl. auch die Kritik von HUMMEL, S., Kostenbegriff, 1983, S. 1206f.

65)

Vgl.

66)

Vgl. SCHNEIDER, D., Betriebswirtschaftslehre, 1987, S. 400f.; Schneider beschreibt diesen Zusammenhang für die Kostenzurechnung.

67)

Vgl. beispielsweise E H R T , R., Zurechenbarkeit, 1967, S. 5, 29, der noch ganz im Banne der stückbezogenen Betrachtung steht; eine umfassende Sicht vermittelt

68)

Vgl.

SCHNEIDER, D . ,

Kostentheorie,

1961, S. 693.

HOI IENBILD, R., V e r u r s a c h u n g s d e n k e n , 1974. FRANZ,

K.-P., Kostenverursachung, 1993, Sp. 2425.

A. Begriffliche Grundlagen der Kosten- und Erfolgsrechnung

107

schiedliche Prinzipien angewendet werden. 69 ' Wenn die Zurechnung von der Bewertung getrennt werden soll, dann bedeutet dies gleichzeitig, daß bei der Behandlung der Zurechnung keine Bewertungsprobleme - im Sinne des Vergleichs zwischen Aktionen - behandelt werden dürfen. Diese Grundidee verfolgt Riebet mit seiner relativen Einzelkostenrechnung am konsequentesten. In seiner Grundrechnung werden mit Hilfe des Identitätsprinzips den betrachteten Kalkulationsobjekten nur die Beträge zugerechnet, die auf zusätzlich ausgelösten Konsequenzen einer (identischen) Entscheidung über dieses Kalkulationsobjekt beruhen. 7 0 ' Als einzige empirisch ermittelbare Größen werden Zahlungsmittelmengen akzeptiert, so daß sich jeweils aus jeder Aktion die durch sie ausgelösten Zahlungswirkungen feststellen lassen. Bewertungen werden in dieser Erfassungsphase anscheinend nicht benötigt. Bei Planungen treten zwar Prognoseprobleme auf, dies ändert an dem grundsätzlichen Vorgehen jedoch nichts. Bewertungen werden erst bei Sonderrechnungen zugelassen. Inwieweit sich diese Vorgehen im Rahmen einer laufenden, institutionalisierten Rechnung realisieren läßt, wird bei einer Diskussion der Einzelkostenrechnung zu klären sein. Das System der relativen Einzelkostenrechnung unterscheidet sich von allen anderen Systemen durch die strikte Trennung der Zurechnung von der Bewertung. 71 ' Folgerichtig kommt Riebel zu einem auszahlungsorientierten Kostenbegriff, der in der Grundrechnung frei von Bewertungen sein soll. Dies trifft auf andere Systeme nicht zu, da schon in der Kostenartenrechnung umfangreiche Bewertungen vorgenommen werden, die im Verrechnungsablauf dieser Systeme nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Zurechnung als spezielle Form der Bewertung, die benötigt wird, um aus einem Ausgabengesamt einen Teil auf ein Objekt zuzuordnen, wird von Riebel abgelehnt; sein Identitätsprinzip soll daher ein solches Vorgehen verhindern. Für das Zurechnungsproblem stellt das Identitätsprinzip nicht nur keine Lö-

69)

Anderer Ansicht ist z. B. TROßMANN, E., Kostentheorie, 1993, Sp. 2387f., der die Verknüpfung zwischen Kostenrechnungssystem und Zurechnung betrachtet; er scheint einen zwingenden Zusammenhang zu sehen: das Prinzip legt das System fest.

70)

V g l . RIEßEL, P . , D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1 9 9 4 , S. 75f.

71)

Vgl.

RIEBEL,

P., Deckungsbeitragsrechnung,

1 9 9 3 , Sp. 367ff.

108

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

sung dar, es ignoriert vielmehr das zugrundeliegende Problem völlig. H i n z u k o m m t allerdings ein Problem, das grundsätzlich bei der Betrachtung v o n zahlungsorientierten Zielgrößen auftritt. W e n n als Zielgrößen Z a h l u n g s b e w e g u n g e n gewählt werden, m u ß eine Verbind u n g zwischen E n t s c h e i d u n g e n im Leistungsbereich und solchen i m Finanzbereich hergestellt w e r d e n . Es m u ß d a n n für jede Entscheidung untersucht w e r den, welche Z a h l u n g s w i r k u n g e n sie nach sich zieht. Da Z a h l u n g e n an d e n Nahtstellen des U n t e r n e h m e n s fließen, ist eine Untersuchung isolierter Entscheidungen nicht möglich, vielmehr m ü s s e n in der Regel viele nacheinander gelagerte E n t s c h e i d u n g e n in die Analyse einbezogen w e r d e n , wobei das P r o blem zu klären ist, w a s als Initialentscheidung u n d w a s als Folgeentscheidung anzusehen ist. Eine weitere Möglichkeit ist das Treffen von A n n a h m e n über die A u s w i r k u n g der E n t s c h e i d u n g auf andere Folgeentscheidungen, z. B. die A n n a h m e einer automatischen Wiederbestellung bei einer L a g e r e n t n a h m e . Beide Vorgehensweisen finden sich in der Konzeption von Riebel72)

Diesem zah-

lungsorientierten K o n z e p t liegt ein zentralistisch geprägtes U n t e r n e h m e n s m o dell z u g r u n d e . Eine große Entscheidungsfreiheit einzelner Unternehmensbereiche bedeutet d a n n eine Unterbrechung von Entscheidungsketten z w i s c h e n den einzelnen Bereichen. 7 3 ^ Eine selbständig operierende Einkaufsabteilung ist so für fast sämtliche A u s g a b e n verantwortlich; Kosten können dann nicht bes t i m m t werden. Dezentralisierung und damit verbundene V e r l a g e r u n g

von

Kompetenz und V e r a n t w o r t u n g führt in einer zahlungsorientierten Konzeption z u d e m Problem, daß die Zielgrößen für Planung, Steuerung und Kontrolle nicht ermittelt w e r d e n können.

B.

Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

I.

Überblick

Im einleitenden ersten Teil w u r d e n Kostenrechnungssysteme als g e o r d n e t e Gesamtheit v o n Teilsystemen gekennzeichnet; diese Teilsysteme w i e d e r u m sind

72)

Vgl. RIEßEL, P., Führungsrechnung, 1992, S. 261 f.

73)

Vgl. die Kritik in MROSEK, D., Zurechnungsprobleme, 1983, S. 82ff.

109

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

die auf Basis einer Konzeption entwickelten Modelle der Kostenrechnung. Aus der Vielzahl der Rechnungszwecke und den sich daraus ableitenden Modellen soll ein einheitliches System einer Kostenrechnung erzeugt werden. Schwierigkeiten ergeben sich für die Gestaltung von Kostenrechnungssystemen insbesondere dadurch, daß die einzelnen Rechnungszwecke sehr unterschiedliche Anforderungen an die Informationen stellen, die von einem Kostenrechnungssystem generiert werden sollen. Dieses Problem wird in den folgenden Kapiteln anhand ausgewählter Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung eingehend erörtert. Die Vielzahl der möglichen Systeme lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien unterteilen; herausragende Bedeutung für die Einteilung der Systeme haben -

der zeitliche Bezug und

-

der Umfang der Kostenzurechnung auf die Kostenträgereinheit

erlangt. Der zeitliche Bezug kann mit dem Grad der Kostennormierung verknüpft werden, so daß sich in bezug auf die Kosten die vergangenheitsorientierten Ist- und Normalkosten und die zukunftsorientierten Plankosten ergeben. 74 ' Mit Hilfe des Kriteriums Umfang der Kostenzurechnung auf die Kostenträgereinheit lassen sich Vollkostensysteme von Teilkostensystemen

unter-

scheiden. Die Kombination beider Merkmale ergibt eine Matrix, in der die Systeme der Kostenrechnung dargestellt werden können. 75 ' Die traditionelle Vollkostenrechnung erfaßt die in einer Periode realisierten Kosten und verrechnet alle in der Periode angefallenen Kosten auf die Kostenträger. 76 ' Die Verrechnung erfolgt in den Teilschritten Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Der herausragende Zweck dieses Systems ist die Kalkulation der betrieblichen Leistungen; da die Rechnung auf vergangenheitsorientierten Kosten beruht, ist sie nur in Form der Nachkalkulation mög-

74)

Vgl. SCHWARZ, H., Kostenrechnung, 1986, S. 39f., 40ff.

75)

Vgl. den Überblick in SCHWEITZER, M./KÜPPER, H.-U., Systeme, 1995, S. 69ff.

76)

Vgl. zur traditionellen Kostenrechnung SCHWEITZER, M./KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1986, S. 201 ff.; MENRAD, S., Rechnungswesen, 1978, S. 69ff.

110

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

\

ZeitN. bezug Sachn. umfang

Istkosten

Normalkosten

Plankosten

Traditionelle Voll-

Normalkosten-

Starre Plankosten-

kostenrechnung

rechnung

rechnung Flexible Plankostenrechnung auf

Vollkosten

Vollkostenbasis

Teilkosten

Prozeßkosten-

Planprozeß-

rechnung

kostenrechnung

Deckungsbeitragsrechnung

variable

(einstufig,

Kosten

mehrstufig)

Flexible

Flexible Plankosten-

Normalkosten-

r e c h n u n g a u f Teil-

r e c h n u n g auf

kostenbasis

Teilkosten-

(Grenzplan-

basis

kostenrechnung) Flexible Betriebsplankosten- und -erfolgsrechnung

R e c h n u n g mit relativen Einzel-

— Einzel-

kosten und

kosten

Deckungsbeiträgen

Darstellung

16:

Systeme der Kosten- und

Erfolgsrcchming77)

lieh. F ü r die R e c h n u n g s z w e c k e Planung, S t e u e r u n g und Kontrolle liefert dieses S y s t e m allerdings k e i n e z w e c k g e r e c h t e n I n f o r m a t i o n e n , d e n n h i e r f ü r w e r d e n zukunftsorientierte K o s t e n benötigt. E i n weiterer Nachteil dieser R e c h n u n g ist die V e r w e n d u n g v o n V o l l k o s t e n , d e n n ihr A n s a t z k a n n bei kurzfristig orientierten E n t s c h e i d u n g e n z u F e h l e n t s c h e i d u n g e n f ü h r e n . 7 8 ' J e d e V o l l k o s t e n r e c h -

77)

Vgl. die Abbildung 29 in PETERS, S., Betriebswirtschaftslehre, 1994, S. 193.

78)

Vgl. die Beispiele hierzu in KlLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 62ff.

111

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

nung vernachlässigt den Sachverhalt, daß bei kurzfristig orientierten Entscheidungen nur ein Teil der Kosten aufgrund dieser Entscheidung verändert wird. Für eine operativ ausgerichtete Kostenrechnung gilt die Voraussetzung, daß die Kapazitäten gegeben sind. Entscheidungen über die Veränderung von Kapazitäten sind somit nicht Gegenstand der Kostenrechnung. Beide Defizite der traditionellen Kostenrechnung waren Ausgangspunkt der Weiterentwicklung der Kostenrechnung. Zum einen führte dies zu den Systemen der Normalkostenrechnung 7 9 ' und der Plankostenrechnung und zum anderen zu den verschiedenen Systemen der Teilkostenrechnung. Der Aufbau von Systemen auf Basis von Plankosten kann als erster Schritt der Entwicklung eines führungsorientierten Systems der Kosten- und Erfolgsrechnung interpretiert werden. Dabei stand zunächst im Vordergrund der Betrachtung, für die zukünftigen Aktivitäten im Betriebsbereich und deren Güterverzehr Standards zu setzen. Steuerung und Kontrolle der Kosten in den Kostenstellen können als wichtigster Zweck dieser Rechnungen angesehen werden. Das System der starren Plankostenrechnung genügt diesen Z w e c k e n jedoch nur unvollkommen, da eine Anpassung der Plankosten an Beschäftigungsschwankungen nicht möglich ist. 80 ' Dies wird erst durch die flexiblen F o r m e n der Plankostenrechnung erreicht, die eine solche Anpassung ermöglichen. Die ursprüngliche Form der flexiblen Plankostenrechnung ist allerdings noch mit dem Mangel behaftet, daß sie die vollen Kosten auf die Kostenträgereinheit verrechnet. 8 1 ' Erst die flexible Plankostenrechnung auf Basis von Teilkosten (Grenzplankostenrechnung)

79)

beseitigt

diese

Unzulänglichkeit,

so

daß

sie

Die Systeme der Normalkostenrechnung lassen sich als spezielle Form der Istkostenrechnung auffassen, da sie auf den normalisierten Istkosten der vergangenen Perioden basieren. Ihr Vorteil gegenüber der Istkostenrechnung beruht daher mehr auf einer rechnungstechnischen Vereinfachung; eine grundlegende neue Ausrichtung auf zukunftsorientierte Kosten ist damit nicht verbunden. Sie werden daher in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. Zum Aufbau und der Verrechnungstechnik von Normalkostenrechnungen vgl. KlLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung,

1 9 8 8 , S. 3 2 f f . ; KLOOCK, J . / S I E B E N , G . / S c i IILDBACH, T . ,

stungsrechnung, 1993, S. 185ff.

Lei-

80)

Vgl. zur starren Plankostenrechnung HABERSTOCK, L., Kostenrechnung, 1986, S. 18ff.; KlLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 48ff.

81)

Vgl. zur flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis HABERSTOCK, L., Kostenrechnung, 1986, S. 24ff.; KlLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 51 ff.

112

Zweiter Teil: Z u r Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

zweckgerechte Informationen für Entscheidungen bereitstellen kann. 82 ' Insofern stellt die Prozeßkostenrechnung einen Rückschritt dar, da sie zur Verrechnung der vollen Kosten auf die Kostenträgereinheit zurückkehrt. Hauptanwendungsgebiet der Prozeßkostenrechnung sind die fertigungsnahen Gemeinkostenbereiche, in denen eine analytische Kostenplanung, wie sie in der Grenzplankostenrechnung durchgeführt wird, kaum möglich ist. Da die Prozeßkostenrechnung im wesentlichen an den Grundlagen der Grenzplankostenrechnung orientiert ist, wird sie nach den Ausführungen zur Grenzplankostenrechnung behandelt. Die flexible Betriebsplanerfolgsrechnung gilt als eine Weiterentwicklung der Grenzplankostenrechnung. Sie ist jedoch grundsätzlich anders aufgebaut, insbesondere wird die Mengen- und die Werteplanung im Gegensatz zur Grenzplankostenrechnung voneinander getrennt durchgeführt. In der Betriebsplanerfolgsrechnung steht die Ermittlung eines Periodennettoerfolges im Vordergrund, der Periodenerfolg wird als Oberziel von Unternehmen angesehen. 83 ' Er wird in diesem System mit Hilfe der linearen Optimierung direkt aus den zugrundeliegenden Betriebs- und Absatzmodellen ermittelt. Es wird also nicht wie in der Grenzplankostenrechnung eine stückbezogene Plankalkulation mit ihren Annahmen über die Prozeßbedingungen aufgebaut, kostenträgerbezogene Informationen werden erst in einem zweiten Schritt ermittelt. Dies hat den Vorteil, daß bei sich häufig verändernden Produktionsbedingungen flexibel reagiert werden kann. Die Betriebsplanerfolgsrechnung beruht auf den gleichen theoretischen Grundlagen wie die Grenzplankostenrechnung, so daß die Unterschiede sich hauptsächlich auf die technische Durchführung der Mengenund Werteplanung beziehen. 8 4 ' Parallel zu der Entwicklung der Plankostenrechnungssysteme wurden die Systeme der Teilkostenrechnung ausgebaut. Beweggründe dieses Fortschritts sind zum einen der Wunsch, den Periodenerfolg so zu ermitteln, daß er unabhängig von Lagerbestandsveränderungen ist, und andererseits sollen nur Kosten auf die Kostenträgereinheit zugerechnet werden, die von ihr verursacht werden.

82)

Vgl. zur Entwicklung der Grenzplankostenrechnung KlLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 69ff.

83)

Vgl. LAßMANN, G., Betriebsplanerfolgsrechnung, 1992, S. 301.

84)

Vgl. die Übersicht in LAßMANN, G., Betriebsplanerfolgsrechnung, 1992, S. 316.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

Als wesentliche Systeme lassen sich die einstufige und die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung sowie die Einzelkostenrechnung von Riebel unterscheiden. 85) Während die einstufige und mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung hauptsächlich auf der Trennung zwischen beschäftigungsvariablen und beschäftigungsfixen Kosten beruht, erweitert die Einzelkostenrechnung die zu berücksichtigenden Einflußgrößen auf alle als entscheidungsrelevant erachteten Größen. Ein grundlegender Unterschied zwischen der Einzelkostenrechnung und allen anderen aufgeführten Systemen liegt in der Zurechnung der Kosten. Während in diesen Systemen dem grundlegenden Verrechnungsgang der traditionellen Kostenrechnung gefolgt wird, ist in der Einzelkostenrechnung eine Abfolge in Form einer Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung nicht mehr vorhanden. Sie wird durch eine zweckneutrale Grundrechnung und die zweckgerichteten Sonder- und Auswertungsrechnungen ersetzt. 86 ' Die Zurechnung von Gemeinkosten auf Kalkulationsobjekte ist aufgrund des von Riebel formulierten Identitätsprinzips nicht möglich; streng genommen gibt es im System der Einzelkostenrechnung keine Gemeinkosten. Es existieren nur noch Einzelkosten für das jeweilig betrachtete Kalkulationsobjekt, d. h. der Begriff der Einzelkosten wird relativiert. Ob sich auf der Grundlage dieses Vorgehen zweckgerechtere Informationen erstellen lassen, wird ein Analyse dieses Systems ergeben. Für die vorliegende Untersuchung werden als die zwei herausragenden Systeme die Grenzplankostenrechnung nach Kilger und Plaut sowie die Einzelkostenrechnung nach Riebel ausgewählt. Entsprechend den zugrundeliegenden Kosten- und Erlösbegriffen stehen sie stellvertretend für Kostenrechnungsssysteme auf Basis einer wertmäßigen und einer zahlungsorientierten Konzeption. Die Grenzplankostenrechnung baut auf dem wissenschaftlichen Erbe von Schmalenbach

85)

86)

auf, welches insbesondere von Gutenberg und Kosiol weiterent-

Vgl. zur einfachen Deckungsbeitragsrechnung (Direct Costing) WITT, F.-J., Deckungsbeitragsmanagement, 1991, S. 39ff.; WEBER, ]., Kostenrechnung, 1994, S. 223ff.; zur mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung AGTHE, K., Fixkostendeckung, 1959, S. 406ff.; SCHWEITZER, M . / K Ü P P E R , H.-U., Systeme, 1995, S. 434ff. Vgl. zu den Grundlagen dieses Systems RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 386ff.

114

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

wickelt wurde. Das maßgeblich von Kilger fortentwickelte Kosten- und Erfolgsrechnungssystem stellt ein umfangreiches Rechenwerk dar, das vielen Zwecken gerecht werden soll. 87 ' Das zugrundeliegende Standardsystem mit seiner mehrfachen Erweiterung kann als Referenz der Entwicklung auf diesem Gebiet gelten; letztlich lassen sich alle auf einer wertmäßigen Konzeption beruhenden Systeme mit der Grenzplankostenrechnung verbinden. Dies gilt insbesondere auch für die jüngste Entwicklung auf dem Gebiet der Kosten- und Erfolgsrechnung, die Prozeßkostenrechnung. Riebeis Einzelkostenrechnung beruht demgegenüber auf einer zahlungsorientierten Sicht; er tritt damit zum Teil das Erbe von Rieger an. Riebet hat die zahlungsorientierte Sicht der Kosten- und Erfolgsrechnung am konsequentesten weiterentwickelt; sein System steht als einziges auf der Basis einer zahlungsorientierten Konzeption entwickeltes System zur Verfügung. Daneben gibt es Autoren, die Vorschläge für einzelne Probleme der Kosten- und Erfolgsrechnung machen, ohne jedoch ein System vorzuschlagen, beispielhaft genannt sei Koch. Neuere Entwicklungen greifen die zahlungsorientierte Konzeption auf, um die langfristig orientierte mit der kurzfristig orientierten Unternehmensrechnung zu verbinden; auf diese Ansätze wird zum Abschluß des zweiten Teils eingegangen. Für die Beurteilung von Systemen der Kosten- und Erfolgsrechnung sind die im ersten Teil entwickelten Kriterien heranzuziehen. Im Mittelpunkt stehen die Zwecke des Systems, die verwendeten Zielgrößen sowie das zugrundeliegende Modell. Wie im ersten Teil dargelegt sind die Möglichkeiten der Gestaltung eines Kosten- und Erfolgsrechnungssystems so zahlreich, daß nur Standardfassungen einzelner Systeme untersucht werden können. Es wird sich jedoch zeigen, daß konzeptionelle Schwierigkeiten in den Standardfassungen

kaum

durch Erweiterungen oder Modifikationen zu beheben sind.

87)

Die Entwicklung der Grenzplankostenrechnung in Deutschland ist insbesondere mit Plaut verbunden; vgl. KLLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 85ff.; BUNGENSTOCK, C., Kostenrechnungssysteme, 1995, S. 147ff.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

115

II.

Kilgers Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung

a.

Rechnungszwecke

Als herausragende Rechnungszwecke der Grenzplankostenrechnung gelten die 1. Kostenkontrolle sowie die 2. Planung (Entscheidung). 8 8 ' Diese beiden Zwecke ergänzen nach Kilger den früheren Hauptzweck Kalkulation, der heutzutage nur einen - Unterstützung preispolitischer Entscheidungen - von weiteren dispositiven Zwecken darstellt. 8 9 ' Auffallend bei Kilger sind die sehr knapp bemessenen Ausführungen zu den Rechnungszwecken einer K o sten- und Erfolgsrechnung, die zudem in seinen Veröffentlichungen sehr verstreut sind. So wird der Hauptzweck an einer Stelle in "der kurzfristigen und Kontrolle

des Periodenerfolgs

mit Hilfe von Deckungsbeiträgen"vn)

Planung

gesehen, an

anderer Stelle sind dies die unter 1. und 2. genannten Zwecke. 9 1 ' N e b e n den Z w e c k e n der Planung (Entscheidung) sowie der Kontrolle wird auch die Steuerung betrachtet. Es sollen relevante Kosten für Entscheidungen zur V e r f ü g u n g gestellt werden. 9 2 ' Zu fragen ist, über welche sachlich und zeitlich abgegrenzten Objekte entschieden werden soll. Kilger legt den wertmäßigen Kostenbegriff 9 3 ' z u g r u n de, der als Objektbereich die betriebliche Sphäre fixiert; im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei die betrieblichen Erzeugnisse. 9 4 ' Sie sind häufigstes O b -

88)

Vgl.

KILGER,

W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 21 f.

89)

Vgl.

KILGER,

W., Probleme, 1980, S. 39.

90)

KILGER,

91)

Vgl. K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 135; in K I L G E R , W., Industriebetriebslehre, 1986, S. 48f., werden neben den Grundfunktionen der Kostenarten-, -stellen-, -trägerrechnung die drei Aufgaben Kontrolle der Wirtschaftlichkeit, die Durchführung der kurzfristigen Erfolgsrechnung und die dispositive Aufgabe, relevante Kosten zur Verfügung zu stellen, aufgezählt.

W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 73.

92)

V g l . KILGER, W . , G r e n z p l a n k o s t e n r e c h n u n g , 1983, S. 58.

93)

Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 8, 23ff.

94)

Vgl. KILGER, W . , D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1988, S. 16.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

116

jekt von Entscheidungen. 9 5 ' Als sachliche Abgrenzung wird die Zugehörigkeit zur betrieblichen Sphäre vorausgesetzt; alle Objekte, die durch den betrieblichen Bereich beeinflußt werden, sind Gegenstand der Kosten- und Erfolgsrechnung. Kilger verwendet zur Ableitung der Kosten und Erlöse aus den Aufwendungen und Erträgen die übliche Abgrenzungsrechnung zwischen internem und externem Rechnungswesen. Eine zeitliche Abgrenzung erfolgt anhand des Begriffspaares kurzfristige und langfristige Planung, wobei die Kosten- und Erfolgsrechnung Informationen für die kurzfristige Planung bereitstellen soll. 96 ' Sie erfolgt unter der Annahme der Konstanz der Betriebsmittel sowie langfristiger Personalbestände, Grundstruktur

des

Absatz- und Produktionsprogramms

sowie

der

langfristig

wirksamer Lieferverträge. 9 7 ' Die Abgrenzung erfolgt also weniger nach zeitlichen als nach sachlichen Kriterien. Als hauptsächliches Planungs- und Entscheidungsobjekt nennt Kilger somit die Ausbringung der betrieblichen Teilbereiche sowie die Prozeßbedingungen, soweit sie nicht Wirkungen auf die Kapazitätshöhe haben. 9 8 ' Kilger untersucht primär Fragen der Bestimmung des Absatz- und Produktionsprogramms sowie Fragen des Produktionsvollzugs in Industriebetrieben. 9 9 ' Die Ermittlung von Vorgabewerten als eine der wichtigsten Aufgaben der Steuerung in einer Kosten- und Erfolgsrechnung wird von Kilger zwar erwähnt, eine gründliche Auseinandersetzung mit den Problemen der Bestimmung von Vorgabewerten erfolgt jedoch nicht. 100 ' Das Budget als Mittel, die Planwerte in Vorgabewerte z u transformieren, wird nur vereinzelt erwähnt. 1 0 1 ' Daraus ist jedoch nicht zu schließen, daß Fragen der Steuerungswirkung der Grenzplankostenrechnung ausgeklammert werden. Die Planung der Kosten und Erlöse

95)

Vgl.

KILGER,

W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 92.

96)

Vgl.

KILGER,

W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 16.

97)

Vgl. K I L G E R , W., Absatzplanung, 1973, S. 19; nung, 1988, S. 139, 737.

98)

Vgl.

KILGER,

W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 141.

99)

Vgl.

KILGER,

W., Industriebetriebslehre,

100) Vgl. die kurzen Ausführungen in S. 108.

1986,

KILGER,

KILGER,

S.

W., Deckungsbeitragsrech-

117.

W., Industriebetriebslehre, 1986,

101) Vgl. K I L G E R , W„ Industriebetriebslehre, 1986, S. 108; tragsrechnung, 1988, S. 43f.

KILGER,

W., Deckungsbei-

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

erfolgt bei Kilger mit der Absicht, Vorgabewerte zu entwickeln, die den verantwortlichen Stellen direkt als Sollgrößen vorgegeben werden. 1 0 2 ' Hieraus erklärt sich der große Wert, den Kilger auf die Kostenstelle und die Kostenstellenrechnung legt. Aus seinen Ausführungen geht hervor, daß er die Kostenstellenpläne im Sinne von Budgets interpretiert; sie enthalten die Vorgabewerte für die Kostenarten, die in der Kostenstelle zu verantworten sind. 1 0 3 ' Da in der Grenzplankostenrechnung die Verrechnung der Gemeinkosten über Kostenstellen erfolgt, Einzelkosten wie z. B. Material in die Kostenstellenpläne jedoch nicht aufgenommen werden, handelt es sich nur um ein Teilbudget, das entsprechend ergänzt werden muß. Die Kontrolle der (Kosten-)Wirtschaftlichkeit gilt als einer der herausragenden Zwecke der Grenzplankostenrechnung. Es soll die Realisation in den einzelnen Kostenstellen überprüft werden. Der Vergleich der Sollwerte mit den Istwerten führt in der Regel zu Abweichungen, die zu analysieren sind, um sie in künftigen Perioden zu vermeiden. Kontrollen werden in den Kostenstellen durchgeführt, indem Plan- bzw. Sollkosten und Istkosten einander gegenübergestellt werden. Abweichungen werden in der Grenzplankostenrechnung aufgrund des kumulativen Verfahrens der Abweichungsspaltung berechnet. 104 ' Es soll die Gesamtabweichung in der Weise in Teilabweichungen aufgespalten werden, daß für jede Ursache ein Abweichungsbetrag isoliert werden kann. Für jede Ursache werden Verantwortliche in Kostenstellen gesucht, die diese Ursache beeinflussen können. Als Ursachen gelten vorwiegend die Kosteneinflußgrößen (= Kostenbestimmungsfaktoren). Der Ausweis der Abweichungen erfolgt im Kostenstellenplan für jede Kostenart, um so den Verantwortlichen zu zeigen, wie sich die Kosten in der Periode entwickelt haben. Spezialabweichungen werden in der Regel fallweise separat ermittelt. Entscheidungskriterien, welche Abweichungen im einzelnen analysiert werden sollen, werden zwar unter dem Aspekt der Unsicherheit erörtert, aber im System der Grenzplankostenrechnung nicht weiter berücksichtigt. 105 '

102) Vgl. TROßMANN, E., Plankostenrechnung, 1992, S. 226. 103) Vgl. K I L G E R , W., Kostenrechnung, 1987, S. 154; K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 320. 104) Vgl. K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 173f. 105) Vgl. K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 175f.

118

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Bei allen Rechnungszwecken der Grenzplankostenrechnung fällt auf, wie sehr das Schwergewicht auf der Zielgröße Kosten liegt; die positive Erfolgskomponente Erlös wird nur am Rande behandelt, bei bestimmten Rechnungszwecken wie der Kontrolle überhaupt nicht untersucht. Bevor auf die Modellvorstellungen der Grenzplankostenrechnung erörtert werden, ist kurz auf den Charakter der Zielgrößen einzugehen.

b. Zielgrößen Die Zielgrößen, die in der Grenzplankostenrechnung verwendet werden, sind die: -

wertmäßigen Kosten,

-

wertmäßigen Erlöse und

-

Deckungsbeiträge als Bruttoerfolgsgrößen

sowie unter Abzug der fixen Kosten und der Vorleistungskosten eine Nettoerfolgsgröße -

Periodenerfolg. 106 '

Die Diskussion der wertmäßigen Konzeption ergab, daß der zugrundeliegende Erfolgsbegriff nicht aus einer übergeordneten Zielgröße abgeleitet wird, der kalkulatorische Erfolg sich an einer nicht theoretisch untermauerten Güterbewertungstheorie orientiert. In der Konzeption der Grenzplankostenrechnung insbesondere in den Veröffentlichungen von Kilver - wird auf diesen Zusammenhang nicht eingegangen. Dies ist neben den Schwierigkeiten um das Zurechnungsprinzip eine Begründung der Tatsache, daß es für einzelne Probleme des Ansatzes und der Bewertung von Faktoren in den Systemen der Kostenrechnung, die auf der wertmäßigen Konzeption beruhen, so viele unterschiedliche Vorschläge gibt: einen einheitlichen kalkulatorischen Erfolgsbegriff gibt es nicht.

106) Vgl. KILGER, W., Industriebetriebslehre, 1986, S. 117.

119

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

Auffallend ist jedoch der geringe Stellenwert der Zielgröße Erlöse in d e n Veröffentlichungen von K.ilger.WT> Der Erlösbegriff wird kurz definiert als "Wertzuwachs durch die während einer Periode hergestellten und abgesetzten Produktmengen." 1 0 8 ' Für Erlöse werden keine ähnlich differenzierten Aussagen wie bei den theoretischen Grundlagen von Kosten gemacht; im Kapitel theoretische Grundlagen der flexiblen Plankostenrechnung finden sich v o n daher keine Aussagen zu d e n Erlösen. Die Erlösrechnung wird auf fünf Seiten im Kapitel Kostenträgererfolgsrechnung behandelt. 1 0 9 ' Als Ergebnis läßt sich festhalten, d a ß in der Grenzplankostenrechnung

die

Zielgröße Erfolg nicht aus einer übergeordneten Zielfunktion abgeleitet ist, obwohl die Notwendigkeit einer solchen Ableitung von einigen Autoren, die zur wertmäßigen Konzeption Stellung n e h m e n , durchaus gesehen wird. 1 1 0 ' Diesen stehen Autoren gegenüber, die eine Ableitung der Zielgrößen Kosten und Erlöse aus einer Erfolgsgröße nicht für nötig halten. 1 1 1 ' Die starke Betonung der Kosten und ihre produktionstheoretische Grundlegung haben zu dem V o r w u r f geführt, daß die Grenzplankostenrechnung sich zu einseitig auf die internen Faktoren des Erfolgs konzentriert.

c.

Modellvorstellungen

1. Planungs- und Entscheidungsmodell Der Grenzplankostenrechnung liegt die Vorstellung des Partialmodells zugrunde, wie sie im Kapitel über die wertmäßige Konzeption erörtert wurde. Es wird eine Abspaltung des Betriebsbereichs v o m Gesamtunternehmen und eine zeitliche Abspaltung vorgenommen, die sich auf sachliche Kriterien stützt. U m die Modellvorstellung näher zu erläutern, wird zunächst das zugrundeliegen-

107) Kilger hat dies in einer Diskussion selbst festgestellt, vgl. onsbeiträge, 1983, S. 166. 108)

KLLGER,

W., Diskussi-

KILGER, W . , K o s t e n r e c h n u n g , 1987, S. 8.

109) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 666-671. 110) Vgl. die Ausführungen in Kapitel A.I.b. zur wertmäßigen Konzeption. 111) Vgl. z. B. WEBER, H.-K, Kostenrechnung, 1992, S. 5.

120

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

de Planungsmodell an einigen Beispielen erläutert, um Aussagen über die Zweckgeeignetheit der Grenzplankostenrechnung machen zu können. Ausgangspunkt von Planungen ist der Planungshorizont; in der Grenzplankostenrechnung wird vom Kalenderjahr ausgegangen. 112 ' Die Monatsplanung wird mittels Durchschnittsbildung daraus abgeleitet. Eine theoretische Begründung für diese zeitliche Abgrenzung gibt es nicht, sie läßt sich insbesondere durch eine enge Anlehnung an das externe Rechnungswesen erklären. Ein Planungsproblem ist dann die Bestimmung der Handlungen im Betriebsbereich für ein Jahr mit der Zielsetzung der Maximierung des kalkulatorischen Periodengewinns, meist verkürzt als Bestimmung des optimalen Produktionsund Absatzprogramms bezeichnet. Die Kosten- und Erlösplanung mit Hilfe der Grenzplankostenrechnung stellt dann die wichtigsten Informationen für die operative Planung zur Verfügung. Ergänzt um das neutrale Ergebnis wird der Periodenerfolg für die gesamte Unternehmenstätigkeit ermittelt. Diese Beziehung wird von Kilger im Zusammenhang mit der Ableitung von Soll-Deckungsbeiträgen dargestellt, 113 ' sonst beschränkt er sich bei seinen Darstellungen des Planungssystems auf die intern orientierte Erfolgsermittlung. 114 ' Ausgangspunkt der Bewertung sind die für das jeweilig betrachtete Jahr geplanten Aktivitäten. Die Verzahnung zwischen Aktivitätenplanung (Mengenplanung) und Kostenplanung (Werteplanung) wird insbesondere bei der Frage nach der Bestimmung der Planbezugsgrößen diskutiert. Die Planbezugsgröße wird als mengenmäßiges Ziel der Aktivitäten einer Kostenstelle interpretiert. 1151 Die jahresbezogene Bezugsgröße wird in eine durchschnittliche Monatsgröße umgerechnet. 1 1 6 ' Mit der Bezugsgröße wird versucht, die Leistung von Kostenstellen zu messen. Kilger legt bei der sukzessiven Planabstimmung der einzelnen Teilpläne die Reihenfolge anhand des Engpaßplanes zugrun-

112) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 313. 113) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 772ff. 114)

Besonders deutlich wird dies bei der Beschreibung des Planungssystems in KILGER, W . , Industriebetriebslehre, 1 9 8 6 , S. 116f.

115) Vgl. PLAUT, H. G„ Deckungsbeitragsrechnung, 1984, S. 68. 116) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 345.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

de. 1 1 7 ) Da der Absatz von Marktleistungen häufig den wichtigsten E n g p a ß im Unternehmen darstellt, wird von den geplanten A b s a t z m e n g e n ausgegangen. Als nächster Schritt w e r d e n daraus die geplanten P r o d u k t i o n s m e n g e n ermittelt, die als Ausgangspunkt der Berechnung der Planbezugsgrößen dienen. Kilger schlägt für Kostenstellen, in denen eine Leistungsmessung mit Hilfe von Mengengrößen nicht möglich ist, die V e r w e n d u n g von indirekten Bezugsgrößen v o r . n 8 ) Sie w e r d e n aus Kostenartenbeträgen wie d e n Materialkosten, aus den Herstellkosten der abgesetzten Leistungen oder den Bezugsgrößen anderer Kostenstellen abgeleitet. Alle drei Arten stellen Hilfskonstruktionen für das Modell dar, die für d e n jeweiligen Rechnungszweck unterschiedliche Auswirkungen haben. Bezugsgrößen sollen zwei Aufgaben erfüllen: sie d i e n e n einerseits der Planung und Kontrolle der Kosten in den Kostenstellen und andererseits der Kalkulation. Erfüllt die betrachtete Bezugsgröße nur eine der beiden gewünschten Funktionen - Bezugsgrößen m i t einfacher Funktion -, s o kann dies nur die Planungs- und Kontrollaufgabe sein. 1 1 9 ' E s sind d a n n für beide Zwecke verschiedene Bezugsgrößen einzusetzen. So w e r d e n z. B. für d e n Materialbereich direkte Bezugsgrößen für die Kontrolle und wertmäßige Bezugsgrößen für die Kalkulation vorgeschlagen. 1 2 0 ' Die Kalkulation von Gemeinkosten d e s Materialbereichs auf Basis der Einzelkosten setzt jedoch voraus, daß ein proportionaler Zusammenhang zwischen beiden Kostenarten besteht: 1 2 1 ' Materialien mit höherem Wert müßten auch höhere Lager- und Bestellgemeinkosten verursachen. Eine solche Konstruktion entspricht jedoch nicht d e m Kostenverursachungsprinzip. 1 2 2 ' Ähnliche Kritik trifft auf die D M - D e c k u n g s b e zugsgrößen zu, die für Hilfskostenstellen empfohlen w e r d e n , deren Leistungen nicht gemessen w e r d e n können. Die Leistungsmessung erfolgt indirekt über

117) Vgl.

KILGER,

W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 347ff.

118)

V g l . KILGER, W . , D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1 9 8 8 , S. 3 2 7 .

119)

V g l . VORMBAUM, H . / R A U T E N B E R G , H . G . , P L A N K O S T E N R E C H N U N G , 1 9 8 5 , S . 1 0 3 .

120)

V g l . KILGER, W . , D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1 9 8 8 , S. 3 3 9 .

121) Vgl.

HABERSTOCK, L.,

Kostenrechnung, 1986,

S.

82f.

122) Kilger betont dieses Problem ausdrücklich für primäre Kostenstellen, die nicht zum Fertigungsbereich gehören, vgl. K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 337.

122

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

die proportionalen Plankosten dieser Kostenstelle 1 2 3 *, wobei die A n p a s s u n g a n die realisierte Beschäftigung auf Basis der Ist-Beschäftigung der a b n e h m e n d e n Stelle erfolgt. A u c h hier tritt als grundsätzlicher W i d e r s p r u c h zu Tage, d a ß zwischen dieser wertbezogenen Leistungsmessung und d e n tatsächlichen Leistungen in der Kostenstelle kein Z u s a m m e n h a n g besteht. 1 2 4 ' So ist es nicht verwunderlich, daß Kilger

mehrfach sein U n b e h a g e n a n diesen Konstruktionen

ausdrückt. 1 2 5 ' Aufbauend auf dieser grob skizzierten Vorgehensweise w i r d die Kostenplan u n g in zwei getrennten Bereichen durchgeführt, der Einzelkosten- und d e r Gemeinkostenplanung. 1 2 6 ' Die Einzelkostenplanung setzt an den geplanten P r o d u k t i o n s m e n g e n an. Sie plant ausgehend von Produktstandards die für die gesamten z u produzierend e n M e n g e n die direkten Verbrauche an Material und Personal sowie Sondereinzelkosten. Alle nicht direkt z u ermittelnden Güterverzehre w e r d e n über die Kostenstellen mit Hilfe der Bezugsgrößen g e m e s s e n und als Gemeinkosten ver-

123) Vgl. hierzu das Beispiel in KILC.P.R, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 344. Das Beispiel zeigt ein grundsätzliches Problem dieser Vorgehensweise auf. Ausgangspunkt der Verteilung auf die empfangenden Stellen sind die gesamten proportionalen Kosten der Arbeitsvorbereitung, deren Ermittlung setzt jedoch die Planung der Bezugsgrößenmengen voraus. Proportionalität von Kosten läßt sich eben nur im Hinblick auf eine Bezugsgröße definieren. 124) Im Beispiel von Kilger für eine Kostenstelle Arbeitsvorbereitung werden vier verschiedene Bezugsgrößen aufgeführt, die wie z. B. die Fertigungsstunden keine Beziehung zur Leistung in der Arbeitsvorbereitung herstellen können, vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 344. Für dieses Problem bietet sich nach Ansicht der Anhänger der Prozeßkostenrechnung die Verwendung von prozeßbezogenen Bezugsgrößen an, vgl. z . B . HORVÄTII, P./MAYER, R., Prozeßkostenrechnung, 1993, S. 24ff.; vgl. zum Zusammenhang zwischen Grenzplankostenrechnung und Prozeßkostenrechnung MÜLLER, H., Grenzplankostenrechnung, 1993, S. 46ff. 125) So z. B. in KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 327, wo er die Verwendung "auf das unvermeidliche Mindestmaß beschränkt" sehen will und ebenda, S. 345, wo er die indirekten Bezugsgrößen als Notlösung bezeichnet. 126) Vgl. zur Einzelkostenplanung HABERSTOCK, L., Kostenrechnung, 1986, S. 203ff.; KILGER, W „ Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 241 ff.; SCI IERRER, G., Kostenrechnung, 1991, S. 191 ff.; zur Gemeinkostenplanung HABERSTOCK, L., Kostenrechnung, 1986, S. 219ff.; KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 352ff.; SCHERRER, G„ Kostenrechnung, 1991, S. 227ff.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

123

rechnet. Beide Bereiche der Kostenplanung fließen in der Plankalkulation zusammen, in der stückbezogene Kosteninformationen ermittelt werden, Grenzselbstkosten. In der kurzfristigen Erfolgsrechnung werden diese Grenzselbstkosten für alle abgesetzten Leistungen, die fixen Kosten sowie die Vorleistungskosten den Erlösen gegenübergestellt, um den Periodenerfolg zu ermitteln. Im System der Grenzplankostenrechnung

werden die Grenzherstell- und

-Selbstkosten der jahresbezogenen Plankalkulation während des Planjahres nicht verändert, sie beruhen auf folgenden konstanten Grundlagen: 127 ' -

Planpreise für alle von außen bezogenen Güter (inkl. Löhnen und Gehältern),

-

Mengenstandards für Einzelverbräuche,

-

Gemeinkostensätze der Kostenstellen sowie

-

Planbezugsgrößen pro Produkteinheit.

Diese Annahmen führen zu einer Reihe von Problemen, die Kilger veranlaßten, im Laufe der Entwicklung der Grenzplankostenrechnung Alternativen vorzuschlagen. So beruht die Konstanz der Planbezugsgröße auf der Annahme, daß der Produktionsvollzug keine oder nur geringe Wahlmöglichkeiten zuläßt. Sind solche Möglichkeiten jedoch vorhanden, so sind die Grenzkostensätze für die Plankalkulation dieser Produkte nicht mehr verwendbar. Dann bestehen folgende Möglichkeiten: Alternativkalkulationen oder Kalkulationen mit Bausteinen, die vom Produktionsvollzug abhängig oder unabhängig sind. 128 ' Ähnliche Probleme ergeben sich bei den Grenzgemeinkostensätzen der Kostenstellen. Sie beruhen auf der jahresbezogenen Planung und werden dann mittels Durchschnittsbildung auf die Monate umgerechnet. Die Planungen beziehen sich jedoch auf ein Jahr. Personal kann zum großen Teil in diesem Zeitraum entlassen werden, somit ist ein großer Teil der Personalkosten als variabel anzusehen. Der Fixkostencharakter der Personalkosten nimmt bei der Betrach-

127) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 605f. 128) Vgl. KILGER, W., Absatzplanung, 1973, S. 70f., 179ff.

124

Zweiter Teil: Z u r Theorie der Kosten- u n d Erfolgsrechnung

tung kürzerer Perioden zu. 1 2 9 ) Das Verhältnis von fix und variabel wird durch die schrittweise Einführung kürzerer Planungsperioden angepaßt. Ausgehend von der Planungsperiode ein Jahr werden quartalsweise und monatliche Planungsperioden zugrundegelegt, denn eine Anforderung an kurzfristig orientierte Rechnungen ist es, nur kurzfristig variierbare Beträge auszuweisen. Generell ist die Charakterisierung als fix oder variabel abhängig vom Verhalten der Kostenart bei Beschäftigungsschwankungen. In der Grenzplankostenrechnung wird die Beschäftigung gemessen mit den Bezugsgrößen der Kostenstellen. Zu untersuchen ist in einer wertmäßigen Konzeption jeweils, ob sich bei Veränderung des Faktorverbrauchs je Bezugsgrößeneinheit die zugrundeliegende Bezugsgröße entsprechend verhält. Obwohl bei einer rein güterorientierten Betrachtung sich für die meisten Kostenstellen feststellen läßt, daß Arbeitseinsatz und Beschäftigung gleichgerichtet steigen und sinken, werden gerade für den Faktor Arbeit die Fristigkeitsgrade eingeführt. Wenn bei Beschäftigungsrückgängen weniger Arbeitsstunden notwendig sind, besteht aufgrund der mangelnden Teilbarkeit des Faktors Arbeit - Ausnahme: Kurzarbeit - keine Möglichkeit, die Auszahlungen zu senken. Bei Unterbeschäftigung einzelner Arbeitskräfte ist zwar eine mengenmäßige Veränderung des Arbeitseinsatzes festzustellen, die jedoch nicht zahlungswirksam

wird. 1 3 0 '

Wenn diese Argumentation zugrunde gelegt wird, ist es fraglich, ob es dann überhaupt variable Personalkosten geben kann. Personalabbau ist dann nur durch Kündigung oder zeitlich befristete Kurzarbeit möglich. Daraus folgende Wirkungen hängen von den Bedingungen der Arbeitsverträge und von Vereinbarungen über Kurzarbeit ab. 131 ' Bezugsgröße für solche Entscheidungen ist dann die Zeit, aber keine Beschäftigungsgröße. 132 ' Zwei Betrachtungen werden miteinander vermengt. Einerseits ist aufgrund vorgelagerter strategischer und taktischer Entscheidungen über den Personal-

129) Vgl. KILGF.R, W . , Grenzplankostenrechnung, 1976, S. 36ff., Kilger schlägt für diese Erweiterung den Begriff dynamische Grenzplankostenrechnung vor, ebenda, S. 39. Tatsächlich handelt es sich jedoch bei jedem einzelnen Fristigkeitsgrad u m ein statisches Modell. 130)

Dann läßt sich eine mengenbezogene Kontrolle durchführen, vgl. SCHERRER, G., Kostenrechnung, 1991, S. 202.

131) Vgl. a u c h SCHERRER, G., Kostenrechnung, 1991, S. 201. 132) Vgl. SCHOLL, H.-J., Plankostenrechnung, 1981, S. 90f.

125

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

bestand entschieden w o r d e n , die Kapazitätshöhe u n d die sich d a r a u s ergebend e n finanzwirtschaftlichen A u s w i r k u n g e n w u r d e n festgelegt. Über d e n Personaleinsatz wird in der operativen Ebene mit Hilfe einer M e n g e n p l a n u n g entschieden; finanzwirtschaftliche A u s w i r k u n g e n ergeben sich n u r , w e n n vertragliche V e r ä n d e r u n g e n v o r g e n o m m e n w e r d e n , z. B. Ü b e r s t u n d e n oder Kurzarbeit. W e n n diese Sichtweise in einer G r e n z p l a n k o s t e n r e c h n u n g

angewendet

wird, darf es keine beschäftigungsvariablen Personalkosten geben. Bei der Argumentation Kilgers wird die G r u n d l a g e einer gütermengenorientierten Betrachtung bei der Faktorart Personal verlassen. Dies k a n n als Indiz g e w e r t e t w e r d e n , d a ß doch eine Ausrichtung a n einer ü b e r g e o r d n e t e n zahlungsorientierten Zielgröße erfolgt. Dies läßt sich an einer weiteren Kostenart belegen, die auch z u den ständigen Streitobjekten der Kosten- u n d Erfolgsrechnung gehört, d e n kalkulatorischen Zinsen. 1 3 3 ' Über die Kapitalausstattung wird zweifelsohne in der strategischen u n d in der taktischen Ebene entschieden, die operative Rechnung erfolgt unter d e r Prämisse einer gegebenen Kapitalstruktur. Für die operative Ebene stellt sich die Frage, ob über d e n Kapitaleinsatz entschieden wird mit der Folge, d a ß sich A u s w i r k u n g e n auch in der Kosten- u n d Erfolgsrechnung ergeben. Da sich die finanzwirtschaftlichen Konsequenzen

von Finanzierungsentscheidungen

in

Zahlungsströmen auswirken, w e r d e n diese Entscheidungen mit Hilfe d e r Finanz- und Investitionsrechnung getroffen. N a c h Kilger stellen die kalkulatorischen Zinsen hingegen "das kostenmäßige Äquivalent der Kapitalbindung" 1 3 4 ' dar. Kalkulatorische Zinsen w e r d e n angesetzt, u m die Kapitalkosten a u c h in operativen Rechnungen z u berücksichtigen. Ob die gesamten Kapitalkosten, also Eigen- u n d Fremdkapitalkosten, anzusetzen sind, ist eine heiß diskutierte Frage. Sie läßt sich nicht generell b e a n t w o r t e n , sie hängt v o m jeweiligen Rechnungszweck und von der jeweiligen Situation ab. Die Berechnung von kalkulatorischen Zinsen läßt darauf schließen, d a ß keine zahlungsorientierte Zielfunktion zugrundeliegt. Die tatsächlich z u z a h l e n d e n Fremdkapitalzinsen w e r d e n in der Kosten- u n d Erfolgsrechnung nicht berücksichtigt, u n d es w e r d e n zusätzlich Zinsen f ü r das eingesetzte Eigenkapital an-

133) Den Ansatz von kalkulatorischen Zinsen lehnen z. B. ab 1976, S. 189; KOCH, H„ Kostenbegriff, 1958, S. 384ff. 134) KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 407.

FRANKE,

G., Kosten,

126

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

gesetzt. 135 ' Für beide Kapitalarten wird ein einheitlicher Kalkulationszinsfuß gewählt, der auf das betriebsnotwendige Vermögen bezogen wird. Eigenkapitalzinsen werden als Opportunitätskosten interpretiert. 136 ' Mit dem Ansatz von Opportunitätskosten sind Annahmen über das restliche Entscheidungsfeld verbunden, und zwar über alternative Anlagemöglichkeiten für das im betrieblichen Vermögen gebundene Kapital. Ein Unternehmer müßte pauschal berücksichtigen, daß er sein Kapital anderweitig ertragbringend einsetzen kann. Dafür müßte er jedoch wissen, wie hoch der Anteil des Eigenkapitals am ausschließlich im Betriebsbereich eingesetzten Kapitals ist, was jedoch nicht möglich ist. Also ist eine ähnliche Überlegung wie bei der Kapitalwertmethode notwendig: der Kalkulationszinsfuß ist als Zins für die Alternativanlage des gesamten Kapitals zu interpretieren. Die kalkulatorischen Zinsen sind dann als Erlöse aufzufassen, die bei einer Anlage des gesamten betriebsbedingten Kapitals am Kapitalmarkt erzielt werden könnten. Während bei der Kapitalwertmethode entschieden werden soll, ob das Investitionsprojekt durchgeführt wird oder das Geld zur Bank gebracht wird, ist in der Kosten- und Erfolgsrechnung der Sinn der Alternative zu bezweifeln. Um die Alternative, Geld zur Bank bringen, zu realisieren, ist die Liquidation des Unternehmens notwendig. Die Handlungsalternative, auf der der Ansatz des Kalkulationszinsfußes beruht, ist nicht durchführbar. Es ist als Ergebnis festzuhalten, daß Rechnungszweck und verwendete Zielgröße beim Ansatz von kalkulatorischen Zinsen nicht eindeutig geklärt sind. Damit tritt deutlich die Ambivalenz des Planungsmodells der Grenzplankostenrechnung zu Tage; teilweise überwiegt die wertmäßige Konzeption, es fließen jedoch auch Grundgedanken einer zahlungsorientierten Sicht ein. So ist eine Beurteilung des Periodenerfolgs in der Grenzplankostenrechnung nicht möglich, der materielle Gehalt dieses Erfolgsbegriffs ist unbestimmt. Neben der Bestimmung des Periodenerfolg sollen in einer Kosten- und Erfolgsrechnung entscheidungsrelevante Informationen bereitgestellt werden, die für Entscheidungen nach Abschluß der Jahresplanung notwendig sind, z. B. Entscheidungen über Zusatzaufträge. In der Konzeption der Grenzkostenrechnung

135) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 409f. 136) Vgl. HELLAUER, J . , Kalkulation, 1931, S. 81f.; PLROTH, E . , Potentialkosten, 1984, S. 43ff.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

127

muß mindestens ein positiver Deckungsbeitrag erwirtschaftet werden, um einen solchen Auftrag annehmen zu können. Kilger betont, daß häufigster Anlaß für Fehler bei der Bestimmung der entscheidungsrelevanten Informationen die Vernachlässigung von Verbundwirkungen, insbesondere bei Erlösen, ist. 137 ' Basis der Kostenbestimmung sind die Grenzselbstkosten eines Produktes, die der Plankalkulation zu entnehmen sind; 138 ' wobei die Prämissen wie freie Kapazitäten und eventuelle Preis- und Kostensatzänderungen beachtet werden müssen. Weitere mögliche Situationen werden von Kilger untersucht, die jedoch nur Erweiterungen der Basissituation darstellen und an einer grundsätzlichen Beurteilung nur wenig ändern.' 3 9 ' Zu fragen ist, ob die Grenzselbstkosten eines Produktes entscheidungsrelevante Kosten darstellen. Kilger hat in seinen Veröffentlichungen zu diesem Problem Stellung genommen. 1 4 0 ' Da in den vorherigen Ausführungen auf die Grundlagen

der

jahresbezogenen

Periodenerfolgsermittlung

eingegangen

wurde,

braucht dies nicht wiederholt zu werden. Grundlage für Entscheidungen im Jahr sollen ja die Grenzselbstkosten aus der Plankalkulation sein. Es muß also bei der Beurteilung eines Zusatzauftrages jede Annahme, auf der die Plankalkulation beruht, untersucht werden. Gerade für diese Entscheidungen ist die Unterscheidung von Fristigkeitsgraden besonders relevant. 141 ' In diesen Fällen sind also Sonderrechnungen unumgänglich. Zur Auswahl stehen die periodenbezogene Ermittlung auf Basis eines Jahres oder eine auf einzelne Handlungsalternativen bezogene Betrachtung. Beim Aufbau von Systemen der Kostenrechnung stellt sich grundsätzlich das Problem, inwieweit Informationen für eine oder mehrere standardisierte Entscheidungssituationen zur Verfügung gestellt werden. Da es grundsätzlich nicht möglich ist, für alle möglichen zukünftigen Situationen relevante Informationen bereitzustellen, muß bei der Gestaltung eine Auswahl getroffen werden. Für jede berücksichtigte Situation sind

137) Vgl. KILGER, W., Steuerungselemente, 1980, S. 306ff. 138) Vgl. KILGER, W., Steuerungselemente, 1980, S. 304. 139) Vgl. die ausführlichen Erläuterungen in KILGER, W., Steuerungselemente, 1980, S. 304ff. 140) Vgl. beispielsweise K I L G E R , W., Grenzplankostenrechnung, 1976, S. 18ff. 141) Vgl. KILGER, W., Grenzplankostenrechnung, 1976, S. 29.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

128

dann unterschiedliche Grenzkosten in der Plankalkulation auszuweisen. 142 ' Welche Fristigkeitsgrade dem System zugrunde gelegt werden, läßt sich nur untemehmensindividuell auf Basis der häufigsten Entscheidungssituationen festlegen. Wie auch immer die Fristigkeitsgrade in einer Grenzplankostenrechnung gewählt werden: es trifft prinzipiell die gleiche Kritik zu, weil der materielle Gehalt des zugrundeliegenden Erfolgsbegriffs nicht ausreichend geklärt ist. Die Grenzselbstkosten setzen sich aus Bestandteilen zusammen denen verschiedene Erfolgsbegriffe zugrunde liegen. So lassen sich die Materialkosten aus einem zahlungsorientierten

Erfolgsbegriff

als zukünftige

Zahlungen

(erwartete,

durchschnittliche Wiederbeschaffungskosten) ableiten, kalkulatorische Zinsen auf zu lagernde Materialbestände sich aber nur einer wertmäßigen Konzeption zuordnen. Es bleibt zu untersuchen, ob Informationen für eine Steuerungsrechnung oder Kontrollrechnung mit Hilfe der Grenzplankostenrechnung adäquat ermittelt werden können.

2.

Steuerungsmodell

In diesem Kapitel soll gezeigt werden, daß einige Probleme der Grenzplankostenrechnung auf die Vermischung der Planungs- und der Steuerungsaufgaben zurückzuführen sind. Entscheidungsorientierte Werte und Vorgabewerte sind in vielen Fällen nicht identisch, weil erstere entweder zu hoch aggregiert sind oder auf anderer Grundlage ermittelt werden. Die produktions- und kostentheoretischen Grundlagen der Grenzplankostenrechnung liegen in der Produktions- und Kostentheorie von Gutenberg.u3)

Seine

142) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 158f.; Kritik an diesem Vorschlag wird von zwei sehr unterschiedlichen Standpunkten geübt. Zum einen von BRINK, H.-J., Unternehmungsrechnung, 1978, S. 576 und BUNGENSTOCK, C., Kostenrechnungssysteme, 1995, S. 181 ff., die bemängeln, daß sich je nach Fristigkeitsgrad andere Stückdeckungsbeiträge ergeben können und somit keine eindeutige Vorziehenswürdigkeit besteht. M Ü L L E R , H., Grenzplankostenrechnung, 1993, S. 174f., hingegen wendet ein, daß eine Rechnung mit verschiedenen Fristigkeitsgraden zu komplex und daher praktisch nicht durchführbar ist. 143) Vgl.

GUTENBERG,

E„ Produktion, 1979, S. 326ff.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

129

Untersuchungen zur Produktionsfunktion führten zur Teilung der gesamtbetrieblichen Produktionsfunktion, wie sie in der klassischen Funktion des Ertragsgesetzes verwendet wird, in verschiedene Produktionsfunktionen, die sich insbesondere nach den Aggregaten richten. Mit der Betonung der Kostenstelle wurde ein erster Ansatz für die Steuerung erreicht. Im Kern ist mit diesem Vorgehen eine Verbindung von Kostentheorie und Kostenrechnung hergestellt, die es erlaubt, die Erkenntnisse der Kostentheorie für die Kostenstellen im System der Kostenrechnung zu nutzen. 144 ' In einer Grenzplankostenrechnung werden Vorgaben für verschiedene Objekte ermittelt. Im Zentrum der Kostenplanung stehen die Kostenstellen und die Kostenträger. Werden neben den Kostenstellen weitere Verantwortlichkeitsbereiche wie Profit Center gebildet, so ist eine periodenbezogene Erfolgsrechnung notwendig. Hinweise auf die Anwendung der Grenzplankostenrechnung für die Steuerung von Profit Center werden von Kilger nicht gegeben. 145 ' Im wesentlichen beschränkt sich die Grenzplankostenrechnung auf Vorgaben für Kostenstellen und Kostenträger und zwar mit einer Dominanz von Kostenvorgaben. Kilger verwendet bei der Darstellung seiner Grundlagen den Begriff betriebliche Teilbereiche 146 ', den er dann mit dem Begriff Kostenstelle gleichsetzt. 147 ' Zu beachten ist, daß Kostenstellen im Sinne der Kostenrechnung nicht ohne weiteres mit organisatorischen Stellen oder Abteilungen gleichgesetzt werden können. Kostenstellen werden häufig nach verrechnungstechnischen Erfordernissen gebildet, die zu enger oder zu weiter gefaßten organisatorischen Einheiten führen können. Für die Steuerung gilt das Kriterium der Verantwortung als besonders bedeutend, denn es sollen verantwortliche Mitarbeiter für Kostenstellen zur Verfügung stehen. 148 '

144) Vgl. KILGER, W „ Kostentheorie, 1958, S. 76.

145) Kilgers Ausführungen zur Bestimmung von Soll-Deckungsbeiträgen beruhen auf den Vorstellungen einer Zentralplanung, vgl. K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 772ff. 146) Vgl. K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 137. 147) Vgl. K I L G E R , W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 141. 148) Vgl. zu beiden Kriterien K I L G E R , W., Kostenrechnung, 1987, S. 154f.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

130

Die Mischung aus Planungsrechnung und Steuerungsrechnung in der Grenzplankostenrechnung läßt sich auch mit folgendem Zitat Kilgers belegen, in dem er für die Berücksichtigung fixer Kosten - in diesem Fall Abschreibungen - in der Kostenstellenrechnung plädiert: "jeder Kostenstellenleiter [sollte] seine Abschreibungsbelastung kennen, und zwar auch dann, wenn es sich nicht u m entscheidungsrelevante Kosten handelt." 149 * Deutlicher läßt sich nicht sagen, daß der Zweck der Vorgabe in diesem Fall im Vordergrund steht. Ein weiteres Beispiel läßt sich bei der Berücksichtigung von Ausschußkosten finden. Für die Planung und Steuerung des Ausschusses ergibt sich ein Dilemma aus der Tatsache, daß zwar angestrebt wird, Ausschuß generell zu vermeiden, aber mit dem Auftreten von Ausschuß trotzdem gerechnet werden muß. Null-Fehlerquoten sind sicher unrealistisch, in der Planung wird daher von einer erwartete Quote ausgegangen. Für Vorgaben ist eine Null-Fehlerquote aber durchaus denkbar, und zwar auch dann, wenn für die unmittelbar bevorstehenden Abrechnungsperioden nicht erwartet wird, dieses Ziel zu erreichen. Kilgers schlägt einen unvermeidbaren Mindestausschuß v o r . , 5 0 ) W a s unvermeidbar ist, wird durch detaillierte Vorgaben bestimmt. Diese Vermischung von Planungs- und Steuerungsrechnung ist symptomatisch für die Grenzplankostenrechnung. Werte werden auch dann in Kostenstellenplänen und Plankalkulationen ausgewiesen, wenn sie nicht als entscheidungsrelevant gelten. Dies gilt auch für den Ansatz von Opportunitätskosten; solche Kosten sind für Entscheidungen in Partialmodellen notwendig, für Steuerungszwecke jedoch nicht verwendbar. Kilger weist zwar selbst darauf hin, daß Opportunitätskosten nicht benötigt werden, 1 5 1 ' kalkulatorische Kosten wie Zinsen, Miete und Unternehmerlohn werden dennoch mit Opportunitätsüberlegungen begründet. 1 5 2 ' In einem System der Kosten- und Erfolgsrechnung sollten Beträge für verschiedene Rechnungszwecke jedoch voneinander getrennt werden, da sich nur so verhindern läßt, daß Informationen zweckwidrig verwendet werden.

149) KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 400. 150) Vgl. KILGER, W„ Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 297ff. 151) Vgl. KILGER, W„ Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 189f. 152)

Vgl. KILGER, W . , K o s t e n r e c h n u n g , 1 9 8 7 , S. 26f.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

131

Der Charakter von Vorgaben ist unterschiedlich. In der Grenzplankostenrechnung schlägt Kilger vor, Material mit durchschnittlichen, geplanten Beschaffungspreisen zu bewerten. 153 ' Es gilt die generelle Fiktion, daß eingesetzte Materialien einen Beschaffungsakt auslösen, der zu Kosten (= Ausgaben) führt. Die Kostenstelle erhält somit einen fiktiven Marktkontakt. Es werden alle eingesetzten Güter mit Preisen versehen. Beide Varianten sind die extremen Pole eines Kontinuums an Möglichkeiten zwischen realisierten Marktpreisen und marktpreisbezogenen Werten. Während realisierte Marktpreise die effektiven Zielauswirkungen anzeigen, sind marktpreisbezogene Werte Hilfsmittel zur Anzeige für Zielwirkungen. Nur bei Vorgaben, die sich auf Prozesse beziehen, die externe Wirkungen nach sich ziehen, ist eine zahlungsorientierte Betrachtung anwendbar. Vorgaben für Kostenträger (= Produkte) dienen hauptsächlich der Fundierung preispolitischer Entscheidungen. So werden aus dem Standardmodell der Plankalkulation die proportionalen Selbstkosten entnommen, die dann mit den Möglichkeiten des Marktes - Preisintervalle - und den Rentabilitätszielen der Unternehmensführung abgestimmt werden. 1 5 4 ' Kilger schlägt diese Verfahrensweise zwar explizit für die Verkaufssteuerung vor, über die Höhe der Preise hat jedoch die Geschäftsleitung zu entscheiden, dem Vertrieb werden nur Bandbreiten für Rabatte und Preisnachlässe gewährt. Diese Aussage ist auf eine funktionale Organisation gerichtet, gilt gleichfalls innerhalb eines Profit Center, spart allerdings Fragen der Gesamtabstimmung zwischen mehreren Profit Center aus.

3.

Kontrollmodell

Aufgabe der Kostenkontrolle in der Grenzplankostenrechnung ist es, Kostenabweichungen auszuweisen und die einzelnen Abweichungsursachen zurechenbaren Abweichungen zu isolieren, um möglichst kontrollrelevante Beträge

1 5 3 ) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1 9 8 8 , S. 1 9 7 . 154) Vgl. zur Soll-Deckungsbeitragsermittlung für Produkte KlLC.liR, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 778ff.

132

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

zu erhalten. 155 ' Kilger schlägt als Verfahren zur rechnerischen Ermittlung die kumulative Methode vor. 156 ' Die Orientierung von Abweichungen erfolgt an den Planwerten; die Meßlatte sind der Plan bzw. die in der Planung entwickelten Vorgaben. Aufgrund der Tatsache, daß durch den generellen Ansatz von Planpreisen Preisschwankungen ausgeschlossen werden, ist die Kontrolle auf Mengenveränderungen konzentriert. Die Bewertung mit Geldeinheiten dient nur der Aggregier- und Vergleichbarkeit der Beträge. Im Prinzip kann daher der gewählte Bewertungsansatz willkürlich gewählt werden, in der Grenzplankostenrechnung werden aber auch für diese Aufgabe aktuelle Preise gefordert. 157 ' Die ermittelten Abweichungen zeigen an, wie hoch der Unterschied zwischen Planung (Soll) und Realisation (Ist) ausfällt. Der Plan(Soll-)wert ist der absolute Referenzwert, der nicht verändert wird, d. h. Plankorrekturen sind nicht vorgesehen. Die so ermittelten Beträge zeichnen sich durch weitere Eigenschaften aus: -

Es können keine Angaben darüber gemacht werden, wie hoch die Kosteneinsparung ausfällt, wenn die Einflußgröße sich in der nächsten Periode planmäßig verhält.

-

Jeder Verantwortliche richtet sich nach den Sollwerten und nur nach diesen, eine Anpassung an externe Veränderungen wird nicht vorgenommen.

-

Die ermittelten Werte sind nicht überschneidungsfrei, da auftretende Abweichungsinterdependenzen auf Teilabweichungen erster Ordnung verrechnet werden. Sind mehrere Verantwortliche für die Ursachen heranzuziehen, führt dies zur Notwendigkeit einer ungleichen, willkürlichen Verteilung der Abweichungen höherer Ordnung. 1 5 8 '

Unterschiedliche Zwecke von Kontrollrechnungen werden in der Grenzplankostenrechnung nicht berücksichtigt, es wird nur ein Kontrollmodell verwendet.

155) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 169.

156) Vgl. erstmals in KILGER, W., Kostenkontrolle, 1959, S. 282ff. 157) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 197.

158) Die Verteilung hängt von der Reihenfolge der Abspaltung ab; vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 173f.; BRÜHL, R., Methoden, 1993, S. 14f.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

133

Da in der Grenzplankostenrechnung die Planung und Kontrolle des Periodenerfolgs erreicht werden soll, müßten Kontrollmodelle für die Erlöse und Dekkungsbeiträge vorgestellt werden. Kontrollrechnungen werden jedoch weder für Erlöse 1 5 9 ' noch für Periodendeckungsbeiträge 1601 explizit erwähnt. Während zu den Zwecken der Planung und Entscheidung mannigfache Aussagen über die verschiedensten Probleme und Entscheidungssituationen zu finden sind, ist die entsprechende Ausbeute bei den Kontrollrechnungen eher mager. Kilger listet zwar auch Vorschläge auf, wie über Auswertungsobjekte entschieden werden kann, er entwickelt aber keinen eigenen Vorschlag im Rahmen der Grenzplankostenrechnung. 161 ' Vorschläge für Kontrollmodelle, die unterschiedlichen Zwecken genügen, liegen jedoch vor, so daß einer Entwicklung auf diesem Gebiet der Grenzplankostenrechnung nichts im Wege steht. Beispielsweise lassen sich auf Basis der Istsituation Kontrollrechnungen aufbauen, die Informationen über künftig wegfallende Kostenbeträge liefern. Durch den Einsatz differenzierter - kumulativer oder selektiver - Verfahren der Abweichungsanalyse läßt sich das Problem der Abweichungsüberschneidungen mildern. 1 6 2 '

Exkurs:

Prozeßorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

Die Prozeßkostenrechnung soll in den fertigungsnahen Bereichen wie z. B. der Qualitätssicherung, der Arbeitsvorbereitung oder der Fertigungssteuerung die Planung und Kontrolle der Gemeinkosten gegenüber der Grenzplankostenrechnung verbessern. Die zunehmende Bedeutung von Gemeinkosten in diesen sogenannten indirekten Bereichen ist auf ihren steigenden Anteil am gesamten Leistungsvolumen zurückzuführen. Schwierigkeiten bei der Ausführung der

159) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 672, an dieser Stelle wird der Begriff Erlösabweichung erwähnt. Erlöskontrollrechnungen werden vorgestellt in POWELZ, H. J. H„ Erlösspaltung, 1983, S. 139ff.; POWELZ, H. J. H„ Erlösinformationen, 1984, S. 1098ff.; ALBERS, S., System, 1989, S. 641ff. 160) Vgl. den Überblick in KLOOCK, ]., Erfolgskontrolle, 1988, S. 424ff.; FLCKERT, R., Erfolgsabweichungen, 1988, S. 42ff. 161) Vgl. Kilger, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 175ff. 162) Vgl. den Überblick in KLOOCK, ]., Entwicklungen, 1994, S. 620ff.

134

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Aufgaben der Kosten- und Erfolgsrechnung in diesen Bereichen beruhen auf dem hohen Anteil an Personalkosten, dem geringen Anteil an Kosten, die mit dem Leistungsvolumen der Kostenstelle schwanken, den heterogenen Leistungen in den indirekten Bereichen und den nur indirekten Beziehungen zwischen den Leistungen dieser Bereiche und den Kostenträgern. 1 6 3 ' Die Prozeßkostenrechnung hat für folgende Aufgaben Informationen bereitzustellen: 164 ' für die Kalkulation von Produkten, für einen effizienten Ressourcenverbrauch, zum Aufzeigen der Kapazitätsauslastung und für die Kostentransparenz in den indirekten Leistungsbereichen. Es werden zwar ungewohnte Formulierungen gebraucht, aber keine neuen Rechnungszwecke entwickelt; sie lassen sich mit dem hauptsächlichen Betrachtungsobjekt verbinden: Planung und Kontrolle von Gemeinkosten für Kostenstellen, Teilprozesse und Hauptprozesse sowie die Kalkulation von Produkten. Neben einer Gemeinkostenplanung und -kontrolle für Kostenstellen, Teilprozesse und Hauptprozesse soll die Prozeßkostenrechnung die Kostentransparenz in den indirekten Bereichen erhöhen. Tatsächlich neu ist es, daß neben den üblichen Rechnungszwecken die Relevanz für strategische Entscheidungen gefordert wird, so wird die Kalkulation explizit als strategische Kalkulation bezeichnet. Da im vierten Teil dieser Untersuchung generell die Frage erörtert wird, welche Aufgaben die Kostenrechnung für die strategische Unternehmensführung erfüllen kann, soll an dieser Stelle nur geklärt werden, welche Besonderheiten die Prozeßkostenrechnung hinsichtlich der Zielgrößen Modellvorstellungen gegenüber der Grenzplankostenrechnung aufweist.

165

und '

Im Schrifttum zur Prozeßkostenrechnung finden sich kaum Aussagen zu den Zielgrößen. Der verwendete Kostenbegriff scheint ausnahmslos der wertmäßige Kostenbegriff zu sein, da die Vertreter einer Prozeßkostenrechnung in der

163) Vgl. HORVATH, P./MAYER, R., Prozeßkostenrechnung, 1993, S. 16,19. 164)

Vgl. HORVATH, P . / M A Y E R , R., P r o z e ß k o s t e n r e c h n u n g ,

1 9 8 9 , S. 2 1 6 ;

COENEN-

BERG, A . G . / F I S C H E R , T. M . , P r o z e ß k o s t e n r e c h n u n g , 1 9 9 1 , S. 2 5 , 28f.; z u r K a l k u -

lation vgl. COOPER, R., Activity-Based Costing, 1990, S. 21 Iff.; zur Ressourcenn u t z u n g v g l . COOPER, R . / K A P L A N , R. S . , R e s s o u r c e n n u t z u n g , 1 9 9 3 , S. 7ff.

165) Vgl. den vergleichenden Überblick in KÜTING, K./LORSON, P., Prozeßkostenrechnung, 1991, S. 1424f.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

135

Regel an die Ausführungen von Kilger anknüpfen. 166 ' Die Besonderheiten der Prozeßkostenrechnung liegen daher auch nicht in den verwendeten Zielgrößen, sondern ausschließlich in den zugrundeliegenden Modellvorstellungen. Die Planungsmodelle dienen in der Prozeßkostenrechnung der Ermittlung der Gemeinkosten in indirekten Bereichen und der Ermittlung von Stückkosten. Mit der Prozeßkostenrechnung soll die Grenzplankostenrechnung im Bereich der Gemeinkosten weiterentwickelt werden. Die kostenstellenbezogene Planung und Kontrolle von Gemeinkosten wird analog zum Vorgehen in der Grenzplankostenrechnung durchgeführt. Es werden Maßgrößen für die Teilprozesse in den Kostenstellen gesucht, die sich zum Leistungsvolumen in der Kostenstelle proportional verhalten. Es wird als Besonderheit gewertet, daß Prozesse betrachtet werden, die über einzelne Kostenstellen hinausgehen. 167 ' Deshalb werden im Rahmen der Prozeßkostenrechnung Hauptprozesse gesucht, die einen großen Teil der Gemeinkosten verursachen. Hauptprozesse zeichnen sich somit durch ihren kostenstellenübergreifenden Charakter aus. Sie setzen sich aus den Teilprozessen von Kostenstellen zusammen. In Analogie zur Grenzplankostenrechnung gilt als eine der wichtigsten Kosteneinflußgrößen die Beschäftigung, die durch die Prozeßmenge (= Anzahl der Haupt- oder Teilprozesse) gemessen wird; in der Terminologie der Prozeßkostenrechnung stellen Prozeßmengen die Cost Driver und Maßgrößen dar. 168 ' Die Prozesse in den Kostenstellen sind auf die Frage hin zu analysieren, ob sich die Prozeßmengen zur Leistungsmenge der Kostenstelle variabel oder fix verhalten. Dieser rein mengenmäßigen Betrachtung steht die in der Kostenrechnung übliche Einteilung in (beschäftigungs-)fixe und (beschäftigungs-)variable Kosten gegenüber. Da die gesamten Kosten der Kostenstelle mit einem Umlageschlüssel auf Basis der zeitlichen Anteile von Mitarbeiterjahren auf die sogenannten lei-

166)

V g l . COENENBERG, A. G./FlSCHER, T. M . , P r o z e ß k o s t e n r e c h n u n g , 1 9 9 1 , S. 31;

HORVÄTH, P./MAYER, R., Prozeßkostenrechnung, 1989, S. 215ff.

167) Vgl.

MAYER, R.,

Prozeßkostenrechnung, 1991, S. 79; HORVÄTH, P./KlENINGER, C., Prozeßkostenrechnung, 1993, S. 617.

M . / M A Y E R , R./SCHIMANK,

168) Vgl. HORVÄTH, P./MAYER, R., Prozeßkostenrechnung, 1993, S. 18.

136

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

stungsmengeninduzierten Prozesse verteilt werden, 1 6 9 ' handelt es sich bei dieser Variante der Prozeßkostenxechnung um eine Vollkostenrechnung. 1 7 0 ' Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Prozeßkostenrechnung ist zum einen, daß sich Hauptprozesse finden lassen, und des weiteren, daß die Homogenität dieser Hauptprozesse gewährleistet ist. Darüber hinaus müssen die relativen Anteile der Teilprozesse an den Hauptprozessen konstant sein. 171 ' Als Anwendungsbereich kommen daher nur gleichbleibende, in der Regel repetitive Prozesse in Frage. Die Ermittlung von vollen Prozeßkosten wird jedoch für operative Planungsund Entscheidungszwecke als ungeeignet angesehen, 172 ' denn die Prozeßkostenrechnung ist mit dem systemimmanenten Mangel behaftet, daß keine Kostenauflösung für die einzelnen Prozeßkostenarten vorgesehen ist. Der Begriff leistungsmengeninduziert verschleiert sprachlich diesen Sachverhalt, denn entscheidend für die Variabilität der Kosten sind nicht die Mengenbeziehungen, sondern die Beziehungen zwischen Kosten und Kosteneinflußgrößen. 173 ' Eine monatliche Wirtschaftlichkeitskontrolle wie im System der Grenzplankostenrechnung ist mit dem System der Prozeßkostenrechnung nur sehr eingeschränkt möglich. 174 ' Schon Kilger stellte fest, daß nur variable Sollkosten zur Kontrolle geeignet sind, denn Abweichungen, die nicht die Leistungsmengen und die Kosten verknüpfen, lassen sich nicht analysieren. In Vollkostenrechnungen führen die Abweichungen der Beschäftigung aufgrund der proportio-

Vgl. HORVÄTH, P . / M A Y E R , R., Prozeßkostenrechnung, 1 9 9 3 , S. 2 2 ; MAYER, R . , Prozeßkostenrechnung, 1991, S. 90. 170) Vgl. HORVÄTH, P . / M A Y E R , R., Prozeßkostenrechnung, 1989, S. 216. 171) Vgl. BRÜHL, R . / F R I S C H M U T H , R., Prozeßkostenrechnung, 1995, S. 553f.; vgl. zu weiteren Anforderungen SCHWEITZER, M./KÜPPER, H.-U., Systeme, 1995, S. 348ff. 169)

172) Vgl. KLOOCK, }., Prozeßkostenrechnung, 1992, S. 188; GLASER, H., Prozeßkostenrechnung, 1992, S. 287/.; FRANZ, K.-P., Prozeßkostenrechnung, 1990, S. 127, beurteilt daher die langfristigen, vom Produkt verursachten Kosten. 173) In einer Prozeßvollkostenrechnung haben die leistungsmengeninduzierten Prozeßkostensätze Vollkostencharakter. Dieses Vorgehen wird mit der langfristigen Ausrichtung dieses Systems begründet, vgl. HORVATH, P./KLENINGER, M./MAYER, R./Schimank, C., Prozeßkostenrechnung,, S. 622. 174) Vgl. GLASER, H., Prozeßkostenrechnung, 1992, S. 281f.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

137

nalisierten Fixkostenanteile zu einer A u f t e i l u n g der Fixkosten i n N u t z k o s t e n als verrechnete b e w e r t e t e Kapazität und L e e r k o s t e n als nicht verrechnete b e wertete Kapazität. Erfolgt keine T r e n n u n g i n variable und fixe K o s t e n w i e in der P r o z e ß k o s t e n r e c h n u n g , k ö n n e n sich in d e n ermittelten A b w e i c h u n g e n V e r ä n d e r u n g e n v o n sehr unterschiedlichen E i n f l u ß g r ö ß e n vermischen. D i e Auslastungs-, L e e r k o s t e n - oder B e s c h ä f t i g u n g s a b w e i c h u n g s a n a l y s e steht folglich i m V o r d e r g r u n d der Prozeßkostenrechnung. 1 7 5 ' E i n e Auslastungsanalyse der Fixkosten hat d a s Ziel z u überprüfen, ob A n p a s s u n g e n der Kapazität n o t w e n d i g sind. K o n s e q u e n t e r w e i s e wird aus d i e s e m G r u n d e auch ein jährlicher Kontrollr h y t h m u s vorgeschlagen. 1 7 6 ' Die E i g n u n g der K o s t e n r e c h n u n g für solche langfristig w i r k s a m e n E n t s c h e i d u n g e n wird i m vierten Teil diskutiert.

III. Riebeis Rechnung mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen a.

Rechnungszwecke

Riebeis R e c h n u n g m i t Einzelkosten zeichnet sich d a d u r c h aus, d a ß sie sehr vielen unterschiedlichen Z w e c k e n gerecht w e r d e n soll. Riebet n e n n t n e b e n d e n Z w e c k e n der P l a n u n g und E n t s c h e i d u n g a u c h die der S t e u e r u n g und die der Kontrolle, so d a ß er sein System als F ü h r u n g s r e c h n u n g charakterisiert. 1 7 7 ' Es wird z w a r kein H a u p t z w e c k d e r R e c h n u n g gesetzt, E n t s c h e i d u n g e n d o m i n i e ren j e d o c h dieses Rechnungssystem, d e n n sie "sind die .. eigentlichen Kosten-,

175) Vgl. HORVATH, P./KIF.NINGER, M./MAYER, R./SCHIMANK, C., Prozeßkostenrechnung, 1993, S. 622; dies wird von SCHERRER, G., Kostenkontrolle, 1994, S. 592, als Rückschritt beurteilt; anderer Ansicht hingegen BETZ, S., Prozeßkostenrechnung, 1995, S. 136f., 144, der die Prozeßkostenrechnung für die Gemeinkostenkontrolle der leistungsmengeninduzierten Kosten als geeignet ansieht: seine Annahme einer Proportionalität zwischen Prozeßmenge und Prozeßkosten ist jedoch aufgrund der fehlenden Kostenauflösung in diesem System nicht gegeben, vgl. ebenda S 136; vgl. zur Beurteilung der Prozeßkostenrechnung für die Zwecke der Auslastungsanalyse BRÜHL, R., Kostenkontrolle, 1995, S. 77f. 176) Vgl. MAYER, R., Prozeßkostenrechnung, 1991, S. 96. 177) Vgl. RIEßEL, P., Führungsrechnung, 1992, S. 248; dort auch eine Liste an Zwekken, vgl. ebenda, S. 249.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

138

Erfolgs- und Liquiditätsquellen" 178 ', woraus folgt: "Hauptaufgabe ist die Vorbereitung von Entscheidungen." 179 ' Im Gegensatz zu diesen Aussagen soll eine entsprechend

aufgebaute

Grundrechnung

als

allgemeiner

Datenspeicher

zweckneutral sein, d. h. keinen einzelnen Rechnungszweck in den Vordergrund stellen. 180 ' Für die Zwecke der Planung und Entscheidung sollen entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung gestellt werden. Als Grundlage dienen Riebe/ das Relevanz- und das Identitätsprinzip, die als allgemeinere Fassungen des Marginal* und Verursachungsprinzips interpretiert werden. 181 ' Die sachliche und zeitliche Abgrenzung der Objekte, die in seinem System der Kosten- und Erfolgsrechnung betrachtet werden, unterscheidet sich von der der Grenzplankostenrechnung. Riebel gibt einen Überblick über mögliche sachliche Abgrenzungen. 1 8 2 ' Die Aufzählung von sachlich abgegrenzten Objekten zeigt, daß Riebel ähnlich wie Vertreter einer wertmäßigen Konzeption den betrieblichen Bereich im Auge hat. Die Begrenzung erfolgt jedoch nicht durch den Kostenbegriff: "Kosten sind die durch die Entscheidung kompensierten

über das betrachtete Objekt ausgelösten zusätzlichen

- Ausgaben (Auszahlungen)." ' 183

- nicht

Riebel beschränkt den Kostenbegriff

weder auf bestimmte Entscheidungen noch auf einzelne Objekte, 184 ' denn auch bei einer Entscheidung für eine Spende zugunsten des Roten Kreuzes werden zusätzliche Auszahlungen ausgelöst. Er betrachtet jedoch in der Regel nur typische betriebliche Entscheidungen; bei der sachlichen Abgrenzung ergeben sich daher keine Unterschiede zu anderen Systemen der Kosten- und Erfolgsrechnung.

178) 179) 180) 181) 182) 183) 184)

P„ Führungsrechnung, 1992, S. 256. P„ Thesen, 1983, S. 26. Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 40f. Vgl. RIEBEL, P„ Führungsrechnung, 1992, S. 257ff. Vgl. RIEßEL, P., Führungsrechnung, 1992, S. 279. R I E B E L , P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 427. Vgl. in R I E B E L , P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 81, 427, 606, 627 sowie R I E ß E L , P., Führungsrechnung, 1992, S. 262; die einzige Stelle an der Riebel eine Einschränkung vornimmt ist RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 765: "Erstellung von Leistungen sowie über Aufbau, Aufrechterhaltung und Anpassung der Betriebsbereitschaft". RIEBEL, RIEBEL,

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

Bei der zeitlichen Abgrenzung ergeben sich jedoch Differenzen, die sich auf Riebeis Zweifel zurückführen lassen, ob die Trennung in lang- und kurzfristig orientierte Rechnungen, wie sie durch die unterschiedlichen Verfahren der Kosten- und Erfolgsrechnung und der Investitionsrechnung ausgedrückt werden, sinnvoll ist. Er kritisiert die Vorgehensweise der traditionellen Kosten- und Erfolgsrechnung, daß Kapazitätsentscheidungen nicht Gegenstand der Kostenrechnung sein sollen. In Anlehnung an andere Autoren trennt Riebel zwischen Kapazität und Betriebs(Leistungs-)bereitschaft, wobei die Betriebsbereitschaft durch verschiedene M a ß n a h m e n wie Überstunden, Zusatzschichten und Einsatz von stillgelegten Maschinen an die Kapazität als Obergrenze angepaßt werden kann. 1 8 5 ' Auf dieser Grundlage trennt Riebel Bereitstellungs- von Nutzungsentscheidungen.

Bereitstellungsentscheidungen

betreffen

zum

großen

Teil die Kapazität des Unternehmens und werden aufgrund von Erwartungen getroffen. 1 8 6 ' Entscheidungen über Kapazitäten werden üblicherweise fallweise getroffen, solche Projekte werden mit Hilfe der Investitionsrechnung beurteilt. Riebel

beschreibt hingegen im einzelnen, wie Bereitschaftskosten i m Rech-

nungswesen abzubilden sind, 1 8 7 ' ohne jedoch auf das Problem

einzugehen,

w a r u m die T r e n n u n g in Investitions- und Kostenrechnung aufgegeben werden sollte. 1 8 8 ' Eine zeitliche Differenzierung für die Einzelkostenrechnung ist aus diesen Gründen nicht vorgesehen, insbesondere ist wegen der willkürlichen Zerschneidung

von zeitlichen Verbindungen

eine Periodisierung

von

Bereit-

schaftskosten nicht möglich. Riebel schlägt für solche Bereitschaftskosten, die nicht in eine Periodenrechnung hineinpassen, eine Zeitablaufrechnung vor. Sie reicht im Extremfall bis z u m Liquidationszeitpunkt des Unternehmens. 1 8 9 ' Eine Netto-Periodenerfolgsermittlung ist daher grundsätzlich nicht mehr möglich.

185) Vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 84. 186) Vgl. RIEßEL, P-, Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 85. 187) Vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 87ff. 188) Diese Forderung wird bis in die jüngste Zeit in seinen Veröffentlichungen immer wieder erhoben, ohne die Konsequenzen zu diskutieren, vgl. z.B. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 634, RIEBEL, P., Führungsrechnung, 1992, S. 262; vgl. auch KLOOCK, J./SlEBEN, G./SCHILDBACH, T., Leistungsrechnung, 1993, S. 259f., die bei mehrperiodig anfallenden Zahlungen eine Berücksichtigung von Zeitpräferenzen fordern. 189) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 94f.

140

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Riebel hat sich schon früh mit der Ermittlung von Vorgaben zur Steuerung für betriebliche Teilbereiche auseinandergesetzt. Im Vordergrund stehen erfolgsorientierte Größen, die den einzelnen Stellen insbesondere dem Verkauf vorgegeben werden können. So schlägt er Soll-Deckungsbeiträge vor, die neben den Einzelkosten der Produkte alle Gemeinkosten des Bereichs umfassen und eine Gewinnkomponente enthalten. 190 ' Voraussetzung ist dann, Teilbereiche auszuwählen, denen sich Erlöse und Kosten zurechnen lassen. Für Teilbereiche, denen sich nur Kosten zurechnen lassen, gelten die Grundregeln der Einzelkostenrechnung, d. h. nur die nach dem Identitätsprinzip eindeutig zurechenbaren Einzelkosten können für diese Bereiche als Steuerungsgrößen verwendet werden. Zur Abdeckung von Gemeinkosten können diese Bereiche nichts beitragen, da sie keine Erlösverantwortung haben. Spezielle Ausführungen zu den Anforderungen an die Einzelkostenrechnung für die Zwecke der Steuerung fehlen, weil nach Riebel die gleichen Anforderungen wie für Entscheidung gelten. 191 ' Die Steuerungsfunktion steht im Mittelpunkt des Konzepts der Deckungsvorgaben, die durch die zwei Komponenten Deckungsbudget und Deckungssätze realisiert werden. Während Deckungsbudgets für die Steuerung des Gesamtunternehmens oder von Teilbereichen mit Marktzugang verwendet werden, 1 9 2 ' sind Deckungssätze Vorgaben für einzelne Leistungseinheiten oder andere Bezugsobjekteinheiten. 1 9 3 ' Die Deckungsbudgets sind um die den einzelnen Leistungseinheiten zurechenbaren Kosten und Erlöse bereinigt, ihnen gegenüber stehen die Beträge, die abzudecken sind; die Art und Höhe dieser Beträge sind abhängig vom Charakter des Deckungsbudgets. Inhaltlich handelt es sich bei dem System der Deckungsbudgets um einen Teil des Gesamtbudgetsystems. Es wird nicht, wie sonst in der Literatur üblich, der Zusammenhang aller Aktivitäten des Unternehmens für eine Periode aufgezeigt. Ein weiterer Unterschied liegt in der Ermittlung der Vorgaben. Riebel schlägt vor, nur eine globale Summe der Auftragsbeiträge, die von dem Teilbereich erreicht werden sollen,

190) Vgl. RIEßEL, P„ Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 54ff. 191) Vgl. RIEßEL, P., Führungsrechnung, 1992, S. 250. 192) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 476f. 193) Vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 502.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

141

vorzugeben. Es erfolgt also keine detaillierte Vorgabe der Absatzleistungen, sondern nur eine Schätzung des gesamten Volumens. 1 9 4 ' Ähnlich werden bei der Ermittlung von Deckungssätzen zwar Überlegungen zu den Formen solcher Vorgaben angestellt, eine verbindliche Festlegung ist nach Riebet aber mit dem Nachteil der Inflexibilität verbunden. Beide Formen der Vorgabe sind in ihrer Verbindlichkeit für die Teilbereiche eher als gering einzuschätzen, denn Deckungssätze "haben eher den Charakter von Empfehlungen als den von Zielkalkülen" 1 9 5 '. Das zeigt sich auch darin, daß Riebet beide Vorgaben als nicht geeignet für Soll-Ist Vergleiche ansieht, denn im Falle des Eintretens von Änderungen muß ohnehin eine Anpassung der Planungsgrundlagen erfolgen. 1 9 6 ' Den Zwecken der Kontrolle widmet Riebel schon in den ersten Veröffentlichungen seine Aufmerksamkeit. Er trifft die grundsätzliche Unterscheidung in Realisations- und Entscheidungskontrolle. 1 9 7 ' Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist für beide Zwecke zu entwickeln. Während bei der Realisationskontrolle der Schwerpunkt auf der Mengenbetrachtung liegt, ist für Entscheidungskontrollen auch die Preiskomponente zu beachten. Entscheidungen als Kontrollobjekt werden üblicherweise nicht der Kosten- und Erfolgsrechnung zugewiesen. Eine Wirtschaftlichkeitskontrolle, wie sie i m Rahmen der Grenzplankostenrechnung als konstitutiv angesehen werden kann, wird von Riebel nicht genauer erörtert. Das Einzelkostenprinzip ist für die Zwecke der Kontrolle anzuwenden, denn nur tatsächlich zu beeinflussende Größen dürfen kontrolliert werden. Gemäß diesen Vorstellungen, sind als Kontrollobjekte in einer Kostenstelle nur die Objekte zulässig, die ausschließlich in dieser Kostenstelle beeinflußt werden können. Liegt die Entscheidungsgewalt bei einer anderen - überoder nebengeordneten - Stelle, so ist eine Kontrolle in dieser Kostenstelle nicht möglich. Dieses sachliche Zurechnungsproblem ist zu ergänzen um das zeitliche: überperiodische Kosten können in der Periode nicht kontrolliert werden; es ist die Bindungsdauer zu beachten.

194)

Vgl. RIEBEL, P., D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1994, S. 479.

195) RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 513. 196) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 513. 197) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 11 f.

142

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Die Kontrolle von Entscheidungen und damit verbundener Erfolgsveränderungen ist das Hauptanliegen von Riebel.198'

Die Entscheidungskontrolle steht sei-

ner Ansicht nach zunehmend im Mittelpunkt der Betrachtung. 1 9 9 ' Inwieweit die Kosten- und Erfolgsrechnung ein entsprechendes Instrumentarium zur Verfügung stellt, wird in diesem Kapitel noch geklärt werden.

b. Zielgrößen Nach Riebel müssen Ziel großen, wenn sie in der Einzelkostenrechnung verwendet werden, bestimmte Eigenschaften haben. Sie sollen "sachlogisch eindeutig formulierbar, operational und im nachhinein meßbar" 2 0 0 ' sein. Daraus folgt für Riebel, daß nur -

Erfolgsgrößen im Sinne von finanziellen 2 " 1 ' - auf Zahlungsmittelmengen beruhenden - Zielen und

-

Mengengrößen - in Form von Bestands- und Bewegungsmengen -

als Grundlage einer Einzelkostenrechnung dienen können. Der auf diesen Grundgrößen basierende Kostenbegriff ist an den zusätzlichen Ausgaben orientiert, die durch eine Entscheidung ausgelöst werden. 2 0 2 ' Riebel gilt als herausragender Vertreter einer zahlungsorientierten Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung. Die Erfolgsgrößen - Kosten und Erlöse - werden aus einer finanziellen Zielgröße abgeleitet. Zu klären ist, welche übergeordnete Zielgröße verwendet wird, und wie genau der materielle Inhalt dieser finanziellen Überschußgröße zu definieren ist. Als finanzieller Überschuß gilt der Deckungsbeitrag:

198) Vgl. RlHBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 81. 199) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 526, 599. 200)

RIEBEL, P . , F ü h r u n g s r e c h n u n g , 1992, S. 250.

201) Die finanziellen Zielgrößen sind somit eine Teilmenge der finanzwirtschaftlichen Komponente des Zielsystems von Unternehmen, die in der Regel auf Zahlungsmittelmengen, Zahlungsverpflichtungen oder -ansprüchen beruhen. 202)

Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 427.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

143

dies ist der durch eine Entscheidung zusätzlich ausgelöste Erfolg im Sinne veränderter Zahlungsmengen; ersatzweise werden anstatt Einund Auszahlungen auch Einnahmen und Ausgaben (= Zahlungsansprüche oder -Verpflichtungen) betrachtet. Primär konzentrieren sich die Ausführungen Riebeis auf Ausgaben und Einnahmen, insbesondere stützt sich der Kosten- und Erlösbegriff auf diese Größen. Bei diesem Begriffspaar handelt es sich um Zahlungsverpflichtungen bzw. -ansprüche, sie sind von den Zahlungsmittelveränderungen abzugrenzen, die als Ein- und Auszahlungen bezeichnet werden. Im grundlegenden Artikel zum Kostenbegriff deutet Riebel sind.

203

an, daß eigentlich die Auszahlungen

gemeint

' Der Vorschlag anstatt Auszahlungen Ausgaben zu wählen, dient der

Vereinfachung, da sonst noch Entscheidungen über die Zahlungsabwicklung mit einbezogen werden müssen. 2 0 4 ' Der übergeordnete Erfolgsbegriff könnte der Totalerfolg des Unternehmens sein. Riebel lehnt es ab, einen Netto-Periodenerfolg zu berechnen. Er bezweifelt, daß es auch nur einen Zweck gibt, für den der Netto-Periodenerfolg notwendig ist. Der Totalerfolg wird jedoch nicht explizit bestimmt. Eine Erläuterung dieses Begriffs fehlt in Riebeis Ausführungen; üblicherweise ist er definiert als die Differenz aus allen Ein- und Auszahlungen über die gesamte Lebensdauer eines Unternehmens. 2 0 5 ' Für die Bestimmung des Totalerfolges gibt es jedoch auch die Möglichkeit, mit Hilfe von Erträgen und Aufwendungen, also periodisierten Größen, zum gleichen Ergebnis zu kommen. Problem sind dann die Regeln der Periodisierung. Welchem Zweck die Berechnung des Totalerfolgs dienen könnte, wird in der Konzeption von Riebel nicht erörtert. Die übergeordnete Zielgröße bei Riebel ist somit eine auf Zahlungen beruhende Größe, die sich im Konzept der Einzelkostenrechnung jedoch praktisch nicht auswirkt. Dies läßt sich an den verschiedenen Modellvorstellungen der Rechnungszwecke im einzelnen zeigen.

203)

Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1 9 9 4 , S. stenwert nur aus Auszahlungen abgeleitet werden.

204)

Vgl.

RIEBEL,

P., Deckungsbeitragsrechnung,

427:

letztlich kann ein Ko-

1 9 9 4 , S. 4 2 7 f .

205) Darauf das hier eine enge Verwandtschaft zum sogenannten kapitaltheoretischen (= ökonomischen) Gewinn besteht, weist L A ß M A N N , G., Gestaltungsformen, 1973, S. 15f. hin.

144

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

c.

Modellvorstellungen

1.

Planungs- und Entscheidungsmodell

Riebeis System der Kosten- und Erfolgsrechnung liegt die Vorstellung des Totalmodells zugrunde; da alle Partialmodelle fehlerhaft sind, ist nur ein Totalmodell in der Lage, eine wahrheitsgemäße (wirklichkeitsnahe) Abbildung zu gewährleisten. Riebe} hat sich allerdings trotz des Anspruchs, ein entscheidungsorientiertes Rechnungswesen zu entwickeln, zu den entscheidungstheoretischen Grundlagen seines Systems nur in Andeutungen bzw. gar nicht geäußert. 2 0 6 ' Auf die grundlegenden Modellvorstellungen muß anhand seiner Ausführungen und Beispiele geschlossen werden. Ausgangspunkt jeder Analyse zur Entscheidungs-(Planungs-)orientierung der Einzelkostenrechnung m u ß die Grundrechnung sein. Sie ist ein Datenspeicher, der möglichst zweckneutral und wirklichkeitsnah sein soll. 2 0 7 ' Die Grundrechnung dient als Basis für Auswertungs- und Sonderrechnungen. Da diese Zwekke im vornherein nicht bekannt sind, soll durch eine zweckneutrale Abbildung die V o r w e g n a h m e bestimmter Rechnungszwecke vermieden werden. Probleme der Zweckneutralität ergeben sich insbesondere für die Plangrundrechnung; zu fragen ist nämlich, ob eine Plangrundrechnung überhaupt zweckneutral sein kann. Das Bewertungsproblem und die Planung von Aktivitäten eines Jahres hängen nämlich voneinander ab. Es zeigt sich an dieser Stelle das grundsätzliche Dilemma des Aufbaus der Einzelkostenrechnung. Soll das gewinnmaximale Produktions- und Absatzprogramm bestimmt werden, dann sind ausgehend von den Sachzielen die zu produzierenden Mengen, die dazu notwendigen Vollzugsentscheidungen und die abzusetzenden Mengen zu bestimmen. Es tritt das Problem auf, daß zur optimalen Bestimmung der Mengen der Erfolgsbeitrag (Kosten und Erlöse) dieser Mengen benötigt wird, um andererseits diesen Er-

206) Vgl. die sehr kurzen Anmerkungen über die Abgrenzung von Entscheidungsfeldern in seinem System R I E ß E L , P., Diskussionsbeiträge, 1983, S. 207. 207)

V g l . RIEßEL, P., D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1994, S. 440ff.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

145

folgsbeitrag z u ermitteln, sind hingegen wieder die M e n g e n n o t w e n d i g . Dies Problem läßt sich korrekt n u r simultan lösen, da es sich u m eine wechselseitige Beziehung handelt (Interdependenzproblem). Für d e n Rechnungszweck Bestimmung des optimalen Produktions- u n d Abs a t z p r o g r a m m s soll eine Auswertungsrechnung, die benötigten Informationen ermitteln. 2 0 8 ' Die G r u n d r e c h n u n g dient f ü r A u s w e r t u n g s r e c h n u n g e n als Datenspeicher. Da sie zweckneutral konzipiert ist, sind ausschließlich die M e n g e n für d a s Planungsproblem z u entnehmen, d e n n die Kosten w e r d e n ja g e r a d e d u r c h das Planungsproblem mitbestimmt. Einzelkosten w e r d e n d u r c h d e n Kostenbegriff in V e r b i n d u n g mit d e m Identitätsprinzip bestimmt; beide d i e n e n als Vorschrift, wie die G r u n d r e c h n u n g zu füllen ist. Da eine Z u r e c h n u n g v o n Kosten nach d e m Identitätsprinzip n u r a n h a n d einer Entscheidung

vorgenommen

w e r d e n darf, ist die Bestimmung des jährlichen Produktions- u n d Absatzprog r a m m s als eine Entscheidung zu interpretieren. 2 0 9 ' Einzelkosten w e r d e n in der G r u n d r e c h n u n g ausgehend von dieser Entscheidung bestimmt. Also m ü ß t e n sich a u s d e m Planungs(Entscheidungs-)problem doch M e n g e n u n d Werte f ü r die G r u n d r e c h n u n g ergeben. D a n n wäre die G r u n d r e c h n u n g jedoch nicht zweckneutral, sie w ü r d e vielmehr auf d e m Ergebnis des g e w i n n m a x i m a l e n Produktions- u n d A b s a t z p r o g r a m m s beruhen. Die Bewertung b e r u h t d a n n auf d e n gewählten Aktionsparametern. Riebel hat in einer Diskussion darauf hingewiesen, daß er nicht einzelne Leistungen plant, s o n d e r n d a s G e s a m t v o l u m e n u n d die d a f ü r n o t w e n d i g e Kapazität (Planung der Bereitschaftskosten). Das ä n d e r t an d e m grundsätzlichen Dilemma jedoch ü b e r h a u p t nichts, weil Plan u n g von z u k ü n f t i g e n Geschehen e r z w u n g e n e r m a ß e n immer

Bewertungen

enthält; ob es sich dabei u m eine Detail- oder eine R a h m e n p l a n u n g handelt, ist f ü r dieses Problem nebensächlich. D u r c h Planungen w e r d e n H a n d l u n g s a l t e r nativen ausgeschlossen; dies setzt W e r t u n g e n voraus, die in die G r u n d r e c h n u n g einfließen müssen. Eine P l a n g r u n d r e c h n u n g ist ohne B e w e r t u n g e n im Hinblick auf einen Zweck u n d e n k b a r . Da die G r u n d r e c h n u n g z u r Lösung solcher P l a n u n g s p r o b l e m e ungeeignet ist, müssen andere Bausteine des Systems

208) Vgl. die Unterscheidung in Auswertungs- und Sonderrechnungen in RIEßEL, P„ Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 469ff. 209) Insofern ist der Meinung von Weber nicht zuzustimmen, daß die Riebeische Rechnung primär für Einzelentscheidungen zu verwenden ist. Vgl. WEBER, }., Kostenrechnung, 1994, S. 261.

146

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

herangezogen werden. Riebel führte zur Ergänzung des Systems die Deckungsbudgets ein, die als Planungs- und Steuerungsinstrument gelten können. Sie werden im nächsten Kapitel behandelt. Neben einer Planung und Kontrolle des Produktionsprogramms gilt als ein wichtiger Zweck die Bestimmung des Erfolgsbeitrages eines Zusatzauftrages. Die Entscheidung über die Annahme eines Kundenauftrages gilt als Auslöser einer Kette weiterer Entscheidungen, die wiederum untersucht werden müssen, um festzustellen, ob zusätzliche Ausgaben oder Auszahlungen anfallen. 210 ' Besonders wichtig ist es, die Frage zu beantworten, ob die Ausgangsentscheidung - hier: Annahme des Zusatzauftrages - eine Beschaffungsentscheidung auslöst. Für den Fall, das dies festgestellt wird, sind Materialeinzelkosten jedoch nur anzusetzen, wenn keine Verbundenheit mit anderen Beschaffungsentscheidungen vorhanden sind, wie dies z. B. bei einem periodenbezogenen Gesamtrabatt vorliegt. Es wird eine Grenzbetrachtung vorgenommen, die am Identitätsprinzip orientiert ist. Zu fragen ist nur, von welcher Grundlage eigentlich ausgegangen wird, um zusätzliche Kosten zu bestimmen. Für jedes Entscheidungsproblem muß eine Einzelanalyse vorgenommen werden, da es pauschale Annahmen über irgendwelche Sachverhalte nicht gibt. Angaben aus der Grundrechnung dürfen wie oben erläutert nicht auf der jahresbezogenen Planung beruhen, sie sollen ja zweckneutral sein. Einzelkosten müssen in der Regel für jeden Zusatzauftrag neu bestimmt werden; eine laufende Rechnung, aus der Kosteninformationen entnommen werden können, ist die Grundrechnung nicht. Jede zu treffende Entscheidung wird wie ein neues Projekt behandelt, für das die Entscheidungsgrundlagen erst geschaffen werden müssen. Wenn die Grundrechnung zur Informationsversorgung der Planung nur eingeschränkt verwendet werden kann, besteht noch die Möglichkeit sie als IstRechnung einzusetzen. 211 '

210) Vgl. R I E ß E L , P., Führungsrechnung, 1992, S. 261f., dort beispielhaft an Materialkosten ausgeführt. 211) So konstatiert auch W E B E R , J., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 38, den vergangenheitsbezogenen Charakter dieses Systems; in Grundsatzartikeln von Riebet zur Grundrechnung überwiegen die Erfassungsprobleme: vgl. z. B. RIEBEL, P., Grundrechnung, 1993, Sp. 1518ff.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

147

Die Grundrechnung ist in einheitliche Perioden eingeteilt, die als Ausgangsbasis für z. B. jährliche Planungen verwendet werden können. Sie stellt allerdings für die Abbildung von Bereitschaftskosten eine Zeitablaufrechnung dar, die zeitlich offen ist. 212 ' Sogenannte offene Perioden entstehen bei Potentialgütern, deren Nutzungsdauerende ex ante nicht genau ermittelt werden kann, wie dies z. B. bei käuflich erworbenen Maschinen der Fall ist. Periodisierungen solcher Bereitschaftskosten sind nach dem Identitätsprinzip unzulässig. Dies gilt auch für Bereitschaftskosten, deren Bindungsdauer über die betrachtete Periode eines Planungsproblems hinausgehen. So wird ein zweijähriger Mietvertrag, der keine Kündigung ermöglicht, nicht in einer jährlichen Bestimmung des Produktions- und Absatzprogramms berücksichtigt; er gilt als nicht entscheidungsrelevant, da die Bindung für zwei Jahre eingegangen wurde. Eine Berücksichtigung kann nur mit Hilfe von Deckungsbudgets erfolgen. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß eine Planung und Kontrolle der Aktivitäten einer Periode mit dem Ziel der Ermittlung eines Netto-Periodenerfolges in Riebeis System nicht möglich ist. 213 ' Riebel ist ausdrücklich der Meinung, daß der NettoPeriodenerfolg für keine Führungsaufgabe notwendig ist. 214 ' Er stellt eine periodenbezogene Planung und Kontrolle mit der Zielgröße Periodennettoerfolg mit dem Hinweis des dynamischen Charakters des Unternehmensgeschehens in Frage. 215 '

2.

Steuerungsmodell

Aufgaben der Steuerung werden im System der Rechnung mit relativen Einzelkosten vornehmlich von den Deckungsbudgets und Deckungssätzen unterstützt. Im folgenden soll insbesondere das Deckungsbudget eingehend analy-

212)

Vgl. RIEBEL, P., D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1 9 9 4 , S. 9 4 f .

213) An diesem Problem entzündete hauptsächlich die Kritik der Theorie und der Praxis, vgl. z. B. ARBEITSKREIS »DECKUNGSBEITRAGSRECHNUNG«, Anwendbarkeit, 1972, S. 5f.; LAßMANN, G., Gestaltungsformen, 1973, S. 16ff.; KLLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 97f. 214)

Vgl. RIEBEL, P., D i s k u s s i o n s b e i t r ä g e , 1 9 8 3 , S. 161.

215) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 646.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

148

siert werden, um Grenzen und Möglichkeiten der Steuerung mit Hilfe der relativen Einzelkostenrechnung aufzuzeigen. Riebeis Begriff Deckungsbudget lehnt sich zwar eng an die übliche Terminologie zur Budgetierung an, das Gesamtdeckungsbudget ist jedoch weit von einem Gesamtbudget im gebräuchlichen Sinne entfernt. 216 * Es handelt sich insofern bei der Bestimmung von Deckungsbudgets nur um einen Teilprozeß der Budgetierung. Vernachlässigt werden vor allem jene Aktivitäten, die im Detail geplant werden. Deckungsbudgets dienen daher nur als grobe Rahmenvorgabe, die für ein Jahr festgelegt werden soll. Das Deckungsbudget setzt sich aus Beträgen zusammen, die den einzelnen Aktivitäten in einem organisatorischen Teilbereich oder im gesamten Unternehmen nicht direkt zugerechnet werden können; diese Beträge sollen durch die Überschüsse (= Auftragsbeiträge) erwirtschaftet werden. Letztlich geht es um die Schlüsselung all jener Beträge (Gemeinkosten und Gewinnerwartungen), die sich nicht entsprechend dem Identitätsprinzip dem betrachteten zeitlich und sachlich abgegrenzten Objekt zurechnen lassen. Riebel empfiehlt, als Rahmen des Budgets das Gesamtvolumen der Auftragsbeiträge vorzugeben, da differenzierte Planungen der Aktivitäten nicht möglich sind. Wenn aber von den Aktivitäten nicht ausgegangen werden kann, stellt sich die Frage, wie sich das Gesamtvolumen betragsmäßig ermitteln läßt. Da das Deckungsbudget als Instrument zur Integration von kurz- und langfristiger Planung angesehen wird, 217) kann die Bestimmung der Zielgrößen und Rahmenvorgaben aus übergeordneten Plänen erfolgen. Als Pläne, an denen die Deckungsbudgets auszurichten sind, kommen nach Riebel vorwiegend die Finanzpläne in Frage. 2 1 8 ' Damit verändern sich aber auch zwangsläufig die Zwecksetzungen der Budgets und ihre Zielgrößen. Folgerichtig soll das finanzorientierte Deckungsbudget

216) Vgl. die schematische Übersicht in RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 477. 217) Vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 476; vgl. zur Verwendung

bei der Preiskalkulation FISCHER, R./ROGALSKI, M., Deckungsbudgets, 1994,

S. 59ff.

218)

V g l . RIEßEL, P „ F ü h r u n g s r e c h n u n g , 1 9 9 2 , S . 2 8 8 .

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

149

"zur Beurteilung der (mittelfristigen) Liquiditätsentwicklung dienen und vor allem zu erwartende Finanzlücken - und umgekehrt Mittelüberschüsse - frühzeitig erkennbar werden lassen" 219 '. Von Erfolgsbeiträgen oder ähnlichem ist keine Rede mehr; so konstatiert Riebet: "Davon abgesehen, ist das Erfolgsziel gar nicht eindeutig und operational definierbar; auch längerfristig kann man letztlich lediglich einen finanziellen Überschuß anstreben." 220 ' Das Budget hat sich zu einem verstümmelten Finanzplan entwickelt. 2 2 1 1 Als Rechengrößen in einem finanzorientierten Deckungsbudget werden Ausgaben verwendet. Ausgaben sind jedoch Zahlungsverpflichtungen nicht hingegen konkrete Zahlungen, so daß wenn möglich Auszahlungen verwendet werden sollen; Höhe und Zeitpunkt der Zahlungen sind zu schätzen. Die aufzunehmenden Zahlungen sind natürlich nicht entscheidungsorientiert in dem Sinne, daß sie einen Erfolgsbeitrag anzeigen, denn es sollen gerade die Liquiditätsdefizite oder -Überschüsse der kommenden Periode aufgezeigt werden. Es interessiert die Frage, welche Liquiditätsbeiträge die umgesetzten Produkte erbringen müssen. 222 ' Wenn Liquiditätsprobleme auftreten, ist es notwendig zu wissen, ob Handlungsmöglichkeiten wie z. B. die Veränderung der zeitlichen oder der betraglichen Komponente von Zahlungen bestehen. All das aber sind ureigene Aufgaben der Finanzplanung, die im System der Einzelkostenrechnung von den finanzorientierten Deckungsbudgets übernommen werden. Die Darstellung 17 zeigt die Vorschläge Riebeis zur Bestimmung eines finanzorientierten Deckungsbudgets. Schwierigkeiten bei der Ermittlung ergeben sich insbesondere beim Ansatz der Beträge für Perioden-Gemeinausgaben wie z. B. aufgrund von über die Periode reichenden Bindungen wie bei Mietverträgen oder aufgrund von offenen Nutzungsdauern wie bei maschinellen Anlagen. Die Bestimmung dieser sogenannten Deckungslasten, die von einem Teilbereich erwirtschaftet werden sollen, erfolgt nach unternehmenspolitischen Ge-

219) RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 482. 220) RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 630.

221) Vgl. zur Kritik WERNER, ]., Erfolgsrechnung, 1995, S. 172. 222) Vgl. Riebel, P., Führungsrechnung, 1992, S. 288.

150

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

sichtspunkten,

jedoch

nicht

nach

rechnerischen

Gesichtspunkten. 223 '

Die

Deckungslast beschreibt die Beträge, die nicht durch den Teilbereich und die

Gewinn-Steuern Gewinn-Ausschüttung Erhöhungen der Kassenhaltung Auszahlungen für Kapitalübertragungen Auszahlungen für Investitionen Auszahlungen für Perioden-Gemeinausgaben Auszahlungen für pro-rata Perioden-Gemeinausgaben Auszahlungen für Perioden-Einzelausgaben Auszahlungen für irreversibel vordisponierte Perioden-Gemeinausgaben Darstellung 17: Schema zur Berechnung des finanzorientierten

Deckungsbudgets124'

betrachtete Periode verursacht werden. 225 ' Die Teilbereiche werden versuchen, diese Deckungslast besonders niedrig zu halten, um möglichst hohe Erfolge ausweisen zu können. Riebel schreibt über die Bestimmung dieser Größe, daß sie sich nach dem Gesichtspunkt der Tragfähigkeit richten soll, wobei die

223) Vgl. R I E ß E L , P., Führungsrechnung, 1992, S. 290. Das Problem der Objektivierbarkeit der unternehmenspolitischen Gesichtspunkte kritisiert der Arbeitskreis Deckungsbeitragsrechnung; vgl. ARBEITSKREIS > D E C K U N G S B E I T R A G S R E C H N U N G < , Anwendbarkeit, 1972, S. 8. 224) Nach. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 488, Abbildung 7. 225) Vgl. in R I E ß E L , P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 168, hier wird der Begriff Deckungslast verwendet, um Abschreibungs- und Rückstellungsraten zu beschreiben. Er wandelt sich später mit Riebeis Vorschlag der finanzorientierten Deckungsbudgets zu einer ausgabenorientierten Größe.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

151

Obergrenze das Volumen der Auftragsbeiträge ist. 2 2 6 ' Das Identitätsprinzip wird somit für einen bestimmten Rechnungszweck ausgeschlossen und durch das Tragfähigkeitsprinzip ersetzt. 2 2 7 ' Das ist nichts anderes als das Eingeständnis, daß das Identitätsprinzip nicht für alle Zwecke der Steuerung verwendbar ist. Das Deckungsbudget fungiert als Rahmenvorgabe, da eine Detailvorgabe nach Riebel nur begrenzt oder überhaupt nicht möglich ist. 2 2 8 ' Für die operative jährliche Planung findet eine Rahmenplanung statt, die 1.

aus der Planung der Bereitschaftskosten und

2.

aus der Festlegung der Deckungsbudgets besteht. 2 2 9 '

Riebel plädiert gegen eine detaillierte, operative Planung, weil in seinem System die Grundrechnung gar nicht in der Lage wäre, gleichzeitig mehrere Planungszwecke zu erfüllen. Die Kritik, die er gegen andere Grenzkostensysteme richtet, daß sie einen bestimmten Zustand einfrieren, der nicht mehr verändert werden kann, beruht auf einem Mißverständnis über die Planung. Planung bedeutet ein Festlegen der Ziele und der Handlungen sowie der dazu notwendigen Ressourcen. Die sich aus dieser Planung ergebenden Konsequenzen führen bei jedem Planungsprozeß zu einer Auswahl von Handlungen und dem Festlegen von Parametern, die innerhalb der Planungsperiode nur eingeschränkt geändert werden können. Dieses Einfrieren von Planungsparametern ist überhaupt nicht zu verhindern, dies trifft auch auf die Einzelkostenrechnung zu, eben nur auf einem geringeren Konkretisierungsgrad. Aus der Orientierung an Zahlungen ergeben sich für die Steuerung jedoch noch weitere Nachteile. Vorgaben für Mitarbeiter sollen von diesen beeinflußt werden können; dies ist ein Grundprinzip jeder Verantwortungsrechnung. Sie

226)

V g l . RIEBEL, P., D e c k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g , 1994, S. 495.

227) Das steht im Widerspruch zur einheitlichen, für alle Rechnungszwecke richtigen Zurechnung nach dem Identitätsprinzip, wie es für das System der relativen Einzelkostenrechnung immer wieder postuliert wird; vgl. beispielsweise HUMMEL, S., Kostenbegriff, 1983, S. 1206ff.. 228) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 529. 229) Vgl. RIEBEL, P., Diskussionsbeiträge, 1983, S. 186, RIEßEL, P., Kostenrechnung, 1977, S. 108.

152

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

sollen aber auch ein Maßstab sowie eine Meßlatte sein, mit d e r e n Hilfe eine Leistungsmessung möglich ist. Sind Leistungen quantifizierbar, so k ö n n e n Vorgaben auf Basis v o n M e n g e n oder v o n Werten ermittelt w e r d e n . Lassen sich Werte f ü r die meisten Leistungen im zahlungsorientierten Konzept nicht oder n u r sehr eingeschränkt ermitteln, so m ü s s e n M e n g e n g r ö ß e n als Vorgabewerte fungieren. Es gibt d a n n f ü r eine Reihe von Inputfaktoren u n d Leistungen, die v o n einzelnen Bereichen erstellt werden, keine Möglichkeit, Werte zu ermitteln. So w i r d z. B. der Verbrauch v o n Material, d a s d e m Lager e n t n o m m e n w i r d , in Riebeis Rechnung n u r mit Einzelausgaben bewertet; liegt eine g e m e i n s a m e Beschaffungsdisposition vor, w a s als Regelfall angesehen w e r d e n kann, sind keine Einzelkosten zurechenbar. Mitarbeiter k ö n n e n so nicht erkennen, welche finanzwirtschaftliche A u s w i r k u n g der Einsatz des Materials hat. Informationen f ü r die Steuerung u n d die Entscheidung über Alternativen lassen sich eben nicht gleichzeitig mit einer objektiven Bewertung auf Basis von Z a h l u n g s b e w e g u n g e n ermitteln. 230) N u r Entscheidungen u n d H a n d l u n g e n , die Zahlungsbew e g u n g e n auslösen, sind in dieser Konzeption von Interesse. W e r d e n keine Z a h l u n g s b e w e g u n g e n ausgelöst, so sind diese Aktionen auch nicht zielrelevant; entsprechende Kosten z u ermitteln ist d a n n sinnlos. Da letztlich n u r Zahl u n g s m i t t e l v e r ä n d e r u n g e n eine A u s w i r k u n g auf die Zielgrößen darstellen, hat die Ermittlung v o n Vorgabewerten sich auf diese z u beschränken. 2 3 1 ' Die Steuer u n g s a u f g a b e k a n n mit Hilfe einer solchen Konzeption nur u n z u r e i c h e n d erfüllt w e r d e n .

3.

Kontrollmodell

Die Kosten- u n d Erfolgsrechnung hat nach Riebel a u c h Informationen f ü r Z w e k ke der Kontrolle z u liefern. Er w i d m e t der Gestaltung von Kontrollrechnungen jedoch nur w e n i g R a u m , da seiner Meinung nach die grundsätzlichen A n f o r d e -

230) Vgl. RIEßEL, P„ Führungsrechnung, 1992, S. 261 ff. 231) So weist RIEßEL, P., Führungsrechnung, 1992, S. 50 darauf hin, daß eine entscheidungsorientierte und eine verantwortungsorientierte Rechnung gemeinsam e Zielgrößen verwenden.

153

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

rungen an Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinformationen gleich sind. 2 3 2 ' So finden sich kaum Beispiele für Kontrollen, und auf weitergehende Fragestellungen wie Probleme der rechnerischen Ermittlung von Abweichungen wird überhaupt nicht eingegangen. Kontrollinformationen müssen nach Riebel vor allem zwei Anforderungen genügen: 2 3 3 ' 1. die Größen müssen von den Verantwortlichen beeinflußt werden können, und 2. es sollen ausschließlich gemessene Größen berücksichtigt werden. Die Beeinflußbarkeit hängt eng mit der Entscheidungsorientierung zusammen; jede zu kontrollierende Größe muß daraufhin untersucht werden, ob sie in sachlicher und zeitlicher Hinsicht durch den Verantwortlichen verändert werden kann. Es dürfen als Grundlage nur gemessene Größen verwendet werden, jede rechnerische Ermittlung birgt nach Riebel die Gefahr von Manipulationen in sich. Solche rechnerischen Konstrukte sind daher grundsätzlich ungeeignet. Beide Anforderungen zielen auf die grundsätzlichen Eigenschaften der entscheidungsorientierten Kosten, die in eine Grundrechnung aufgenommen werden. Gerade die angestrebten Eigenschaften wie Abbildungsgenauigkeit, Wirklichkeitsnähe und Zweckneutralität scheinen für eine manipulationsfreie Informationsgrundlage von Kontrollrechnungen zu sprechen. Dem stehen jedoch einige grundsätzliche Schwierigkeiten entgegen. Kontrollen setzen Sollwerte voraus; aus dem Vergleich der Istwerte mit diesen Sollwerten sollen Anregungen für zukünftige Planungen und Handlungen gewonnen werden, d. h. Entscheidungs-, Steuerungs- und Kontrollmodell müssen in einem Zusammenhang stehen. Da Vorgaben insbesondere durch die Instrumente des Deckungsbudgets und der Deckungssätze erfolgen sollen, hat eine Kontrollrechnung an den Größen beider Vorgabeinstrumente anzusetzen.

232) Vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 526; Riebel verweist auf den engen Zusammenhang zwischen Entscheidungen und Entscheidungskontrollen; vgl. RIEBEL, P., Führungsrechnung, 1992, S. 250; Riebel formuliert dort die Entscheidungs- und Verantwortungsorientierung einer Führungsrechnung. 233) Vgl. R I E ß E L , ?., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 525f.; schaftlichkeitskontrolle, 1990, S. 151.

HEINRICH,

D., Wirt-

154

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Neben dieser Betrachtung müssen die Bereitschaftskosten analysiert werden, da die Planung sich nach Riebet durch diese beiden Bereiche beschreiben läßt. Die Zwecke der Kontrolle werden mit Deckungsbudgets und -sätzen jedoch erheblich eingeschränkt, wenn nicht unmöglich gemacht, denn Deckungsbudgets dienen "nicht primär der Kontrolle von Soll-Ist-Abweichungen." 234 '; dies gilt ebenso für die Deckungssätze. 235 ' Das Deckungsbudget soll die Möglichkeit eröffnen, Fehlentwicklungen entgegenzuwirken (gegenzusteuern). 236 ' Sie ermöglichen eine mitlaufende Kontrolle, so daß frühzeitig Entwicklungen erkannt werden können. Dazu sind jedoch Sollwerte notwendig, und zwar auch dann, wenn nicht ein Zielwert, sondern ein Zielkorridor angegeben wird. Unabhängig vom Detaillierungsgrad sind Vorgaben mit einer Verbindlichkeit ausgestattet. Es bleibt daher letztlich unerfindlich, warum Vorgaben, die als zu erreichende Ziele anzusehen sind, mit einer unverbindlichen Empfehlung verbunden werden. 237 ' Neben der Realisationskontrolle wird von Riebel die Planungskontrolle betrachtet. Auf die rechnerischen Probleme Planungen und Entscheidungen zu kontrollieren wird jedoch an keiner Stelle eingegangen. So wäre es interessant zu erfahren, welche korrigierten Sollwerte zur Analyse von Planungen eingesetzt werden sollen. Gerade bei Planungs- und Entscheidungskontrollen bestehen große Möglichkeiten der Manipulation, da es schwer zu ermitteln ist, welcher Teil der Abweichung auf nicht beeinflußbare, externe Einflußgrößen zurückzuführen ist. Welchen Zwecken dient die Kontrolle der Bereitschaftskosten? Bereitschaftskosten spiegeln die Erwartungen der Entscheidungsträger wider, welche Leistungsfähigkeit für die einzelnen Perioden notwendig ist. Mit einer Kontrolle von Bereitschaftskosten wäre eine Überprüfung der Planung möglich. 238 ' Kosten lassen allerdings nur eingeschränkt die Möglichkeit zu, solche Investiti-

234) RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 513. 235) Vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 513. 236) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 490. 237) Vgl. RIEBEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 513. 238) Vgl. zu einer anderen Vorgehensweise BETGE, P., Betriebsmittelkosten, 1988, S. 1271.

B. Ausgewählte Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

155

onsplanungen zu überprüfen, denn die Bereitschaftskosten zeigen nur einen Teil der Auswirkung der Investition auf. Eine Kontrolle einzelner Kapazitätseinheiten ist somit für die Überprüfung des Erfolgs von Investitionshandlungen nicht ausreichend.

C.

Ansätze zur Integration von Kosten- und Erfolgsrechnung und Investitionsrechnung

I.

Grundzüge einer Abstimmung von strategisch, taktischer und operativer Ebene

Wenn man die Kosten- und Erfolgsrechnung als ungeeignet ansieht, Informationen für strategische und taktische Fragestellungen zu liefern, dann liegt es nahe, einen anderen Weg einzuschlagen: aus den hierarchisch übergeordneten Ebenen des Führungssystems werden die Zielgrößen abgeleitet, die in der Kosten- und Erfolgsrechnung abzubilden sind. Allerdings ist auch dieser Weg mit einer Reihe von Schwierigkeiten verbunden, die hauptsächlich auf den unterschiedlichen Betrachtungsobjekten und Zielgrößen der verschiedenen Ebenen beruhen. Im folgenden wird auf die grundsätzlichen Probleme eingegangen, wie sich in einem hierarchischen System Abstimmungen vornehmen lassen. Zu beachten ist, daß durch die Integration nicht versucht werden sollte, die untergeordneten (nachgelagerten) Rechnungen mit der übergeordneten (vorgelagerten) Rechnung zu verschmelzen. Ein solcher Versuch wird im nächsten Kapitel behandelt; er besteht darin, daß aus ehemals differenzierten Systemen ein einheitliches System entwickelt werden soll. 239 ' Die Abstimmung der drei Planungsebenen muß daher mit sehr unterschiedlichen Instrumenten bewältigt werden; in dieser Arbeit interessieren nur Verfahren, die eine solche Abstimmung mit Hilfe der Unternehmensrechnung zu bewerkstelligen suchen. Eingeschränkt wird die Untersuchung im weiteren Verlauf auf die intern orientierten Teile der Unternehmensrechnung, die Investitions- sowie die Kosten- und Erfolgsrechnung. Dieser Verbindung von Investiti-

239) Vgl. auch KOCH, H . , Untemehmensplanung, 1982, S. 43f., der auf die Probleme der hierarchischen Planung eingeht, die Planungsintegrität zu wahren.

156

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

ons- sowie Kosten- und Erfolgsrechnung galt bisher die größte Aufmerksamkeit, für diese Schnittstelle zwischen taktischer und operativer Ebene sind die Erkenntnisse am weitesten fortgeschritten. Eine Verbindung von strategischer und taktischer sowie von strategischer und operativer Ebene findet sich vergleichsweise wenig. Zu bedenken sind die praktischen und theoretischen Probleme, die sich aus den unterschiedlichen Zielgrößen der jeweiligen Ebenen ergeben: Erfolgspotential, Kapitalwert oder ähnliches und Periodenerfolg. Jede dieser Zielgrößen beruht auf unterschiedlichen Einflußgrößen und wird mit verschiedenen Konzepten gemessen, eine Abstimmung zwischen diesen Größen ist nicht ohne zusätzliche Annahmen möglich. Eine Verbindung zwischen Strategie und hierarchisch nachgelagerten Ebenen muß Zielbeziehungen zwischen Erfolgspotentialen und taktischen sowie operativen Zielgrößen herstellen. Das Erfolgspotential als Zielgröße wurde geschaffen, u m die wenig operationalen Daten der strategischen Planung zu konkretisieren, weil auch im Bereich der strategischen Planung zwischen verschiedenen Zielerfüllungsgraden von Alternativen unterschieden werden soll. 240 ' Ein spezieller Terminus für eine strategische Rechnung existiert bisher nicht, sie sei als Erfolgspotentialrechnung bezeichnet. 241 ' Ähnlich wie im Bereich der Produktions- und Kostentheorie Einflußgrößen entwickelt wurden, bemühte man sich innerhalb der Theorie der strategischen Planung Einflußgrößen von Erfolgspotentialen zu finden, den strategischen Erfolgsfaktoren. 242 ' Einflußgrößensysteme, wie sie als Grundlage der Kostentheorie eingesetzt werden, sind für Erfolgspotentiale jedoch erst in Ansätzen entwickelt. 243 ' Eine Bewertung von Strategien erfolgt häufig ergebniszielorientiert, wobei neben monetären Zielgrößen wie dem Return on Investment quantitative Größen wie z. B. Umsatz und Marktanteil benutzt werden. Besonderes Augenmerk wird auf die Quantifizierung von qualitativen Kriterien verwandt, indem der Frage nachgegangen

240) Vgl. WILDE, K. D„ Bewertung, 1989, S. 53. 241) Vgl. zur Erfolgspotentialrechnung BREID, V., Erfolgspotentialrechnung, 1994, S. 140ff.; 184ff.; die dort vorgestellte Rechnung beruht auf einem monetären Ansatz; es wird eine zahlungsorientierte Bewertung der Erfolgspotentiale mit Hilfe des Cash flow vorgenommen. 242) Vgl. den Überblick in WILDE, K. D., Bewertung, 1989, S. 74ff. 243) Vgl. WILDE, K. D . , Bewertung, 1989, S. 72, der auf die mangelnde empirische Basis hinweist; vgl. auch den Überblick zur empirischen Forschung in D E L L MANN, K., Erfolgsdynamik, 1991, S. 422ff.

157

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

wird, mit welchen Meßmethoden sich Einflußgrößen wie Image, Service oder Mitarbeiterqualifikation erfassen lassen. Als Ergebnis läßt sich allerdings konstatieren, daß der Stand der Theorie der strategischen Bewertung eine Ableitung von Kostengrößen aus einer Zielgröße wie das Erfolgspotential nicht zuläßt.244» Der langfristige Charakter von Investitionen führt zu der Überlegung, ob strategische Planungen mit Hilfe von Investitionsrechnungen unterstützt werden können. Ein weiterer Berührungspunkt der strategischen Planung mit der Investitions- und Finanzierungstheorie ist die Portfolio-Selection-Theorie, deren Grundgedanken sich in den Portfolio-Konzepten der strategischen Planung wiederfinden 245 '. Gälzveiler als ein Verfechter des Erfolgspotentials als zentrale Zielgröße der strategischen Planung nennt als Orientierungsgrößen den internen Zinsfuß und den Return on Investment. 246 ' Eine Maximierung von Erfolgspotentialen müßte so mit Verfahren der Investitionsrechnung - z. B. mit der Methode des internen Zinsfußes oder mit anderen Verfahren - erfolgen. Das Erfolgspotential wird jedoch von so vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflußt, daß eine monetäre Größe wie der Kapitalwert nur eine Zielgröße darstellt. Eine Erfolgspotentialrechnung wird sich auf weitere Elemente stützen müssen. 2 4 7 ' Gründet sich jedoch ein Teil der Beurteilung auf monetäre Größen, insbesondere Zahlungen, so lassen sich neben einer Anwendung der Investitionsrechenverfahren Verbindungen zur taktischen Planung und operativen Planung aufzeigen. Für eine strategische Planung in Verbindung mit einer taktischen Planung wird vorgeschlagen,

den kumulierten Netto-Einzahlungsüberschuß

zu

verwen-

244) Vgl. W I N A N D , U., Erfolgspotentialplanung, 1989, Sp. 443ff., weist auf den situativen Charakter dieser Zielgröße hin. 245) Vgl. den Überblick in HAHN, D., Portfolio-Konzepte, 1990, S. 221ff. 246) Vgl. G ä L W E I L E R , A„ Unternehmensplanung, 1974, S. 138f.; Möglichkeiten der Operationalisierung des Begriffs zeigt W I N A N D , U., Erfolgspotentialplanung, 1989, Sp. 445ff. auf. 247) Vgl. WILDE, K. D., Bewertung, 1989, S. 245; dort auch eine umfassende Beurteilung der Investitionsrechnung für die Zwecke der Strategiebewertung, vgl. ebenda, S. 240ff.

158

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

den. 2 4 8 ' So läßt sich aus dem Verlauf der Zahlungsströme bei einzelnen Geschäftsfeldern auf Probleme beim finanziellen Gleichgewicht schließen; Finanzdenken und nicht Erfolgsdenken steht dann im Vordergrund. Die prinzipielle Idee dabei ist, daß dort, w o hohe Zahlungsüberschüsse ( = Erfolgspotentiale) erwartet werden, auch hohe Gewinne entstehen, verbunden mit dem Nebeneffekt keiner Liquiditätsprobleme. Diese auf Geschäftsfeldern beruhende Planung ist um die Zentralbereiche zu ergänzen, nur so ist ein Gesamtbild zu erhalten. 2 4 9 ' Es ergibt sich dann eine periodenbezogene Betrachtung, die alle strategischen Programme miteinander verbindet. Strategische Programmplanung und taktische Planung sind in aller Regel durch zwei Umstände miteinander verbunden: 1. Potentialaufbau bzw. -abbau innerhalb einzelner Geschäftsfelder im Rahmen eines strategischen Programms und 2. Potentialaufbau bzw. -abbau innerhalb der Zentralbereiche im Rahmen eines strategischen Programms. Für taktische Entscheidungen über Potentialaufbau und -abbau werden die Investitionsrechnungen eingesetzt. Eine Verzahnung ist mit der Zielgröße Zahlungen gegeben, da die strategischen Programme den Rahmen der finanziellen Mittel und weitere Entscheidungsparameter an die taktische Ebene weitergeben. Für die Beurteilung von Vorhaben auf der taktischen Ebene werden Kapitalwerte verwendet. Folglich ist ein zahlungsorientiertes Vermögensmehr für einzelne Projekte berechenbar; auch hier gilt dann der Projekt-Kapitalwert als Erfolgspotential. An dem grundsätzlichen Problem, nämlich der Vernachlässigung von qualitativen Informationen, ändert dieses Vorgehen indessen nichts. Mögliche Verbindungen zwischen der strategischen, der taktischen und der operativen Ebene sind damit vorgezeichnet; der grundlegende

finanzielle

Rahmen ist festgelegt, Entscheidungen über Potentiale oder gar Kapitalausstattungen werden nicht getroffen, alle Ebenen arbeiten mit Zahlungen. Es bleibt dann die Überlegung, ob es nicht sinnvoll ist, auch im Bereich der operativen

248) Vgl. KILGER, W., Industriebetriebslehre, 1986, S. 116, 167ff.; Kilger verwendet für den Begriff taktisch die Bezeichnung langfristig operativ. 249) Vgl. KILGER, W., Industriebetriebslehre, 1986, S. 170f.

159

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

Planung mit Zahlungen zu agieren. So ließen sich analog zur strategischen Ebene, wo die Zielgröße Erfolgspotential mit Hilfe des Kapitalwerts operationalisiert wird, operative Zielgrößen auf dieser Grundlage entwickeln.

II.

Investitionstheoretischer Ansatz als integrierte Erfolgsrechnung (operativer und taktischer/strategischer Erfolg)

a.

Zwecke

Dieses Kapitel ist dem Versuch gewidmet, die Kosten- und Erfolgsrechnung investitionstheoretisch zu fundieren. 250 * Zu trennen ist dabei zwischen einer modelltheoretischen Betrachtung und konkreten Gestaltungsvorschlägen für ein investitionstheoretisch fundiertes Systems der Kosten- und Erfolgsrechnung. Ausgangspunkt der Überlegungen zur investitionstheoretischen Kostenrechnung sind die Gütereinsätze, bei denen die langfristige Bindung im Unternehmen unmittelbar ins Auge fällt, der Einsatz von langlebigen Anlagen. Die Bemessung von Abschreibungen für Anlagen stand daher zu Beginn im Mittelpunkt dieser Konzeption. Aus den investitionstheoretisch abgeleiteten Werten für Abschreibungen sollten verbesserte Werte für die operative Planung ermittelt werden. 2 5 1 ' Die bei diesen Überlegungen gewonnenen Erkenntnisse wurden dann auf weitere Kostenarten übertragen; neben anderen langfristig wirksamen Gütereinsätzen wie Personalkosten und Werkzeugkosten 252 '

folgten

auch Betrachtungen zu Materialkosten 253 ' und zu kalkulatorischen Zinsen 254 '. Dadurch wurde versucht, alle in der Kostenrechnung betrachten Güterverzehre in die einheitliche Konzeption der investitionstheoretisch fundierten Kostenrechnung einfließen zu lassen.

250) Vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten den Uberblick in K L O O C K , J., Kostenrechnung, 1986, S. 294f. 251) Vgl. M A H L E R T , A., Abschreibungen, 1976; S W O B O D A , P . , Abschreibungskosten, 1979; L U H M E R , A., Abschreibungskosten, 1980; K L S T N E R , K . - P . / L U H M E R , A., Betriebsmittel, 1981; K Ü P P E R , H.-U., Ansatzpunkte, 1984. 252) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 32ff.

253) Vgl. 254) Vgl.

KÜPPER, KÜPPER,

H.-U., Planungsrechnung, 1985, S. 409f. H.-U., Zinsen, 1991, S. 9f.

160

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Der hauptsächliche Rechnungszweck einer investitionstheoretisch fundierten Kostenrechnung ist es, 2 5 5 ) Informationen für Planungen und Entscheidungen im kurzfristigen Bereich zur Verfügung zu stellen. Es sollen die Rechnungszwecke für die Planung, wie sie die Kosten- und Erfolgsrechnung zu erfüllen hat, unterstützt werden. Es werden keine neuartigen Zwecke entwickelt; die Beispiele, die aufgeführt werden, entsprechen daher weitgehend den bekannten Zwecken: Programmplanung sowie Entscheidungen über kurzfristige Zusatzaufträge und Preisuntergrenzen. 2 5 6 ) Zu klären ist, was in dieser Konzeption der Terminus kurzfristig für den Rechnungszweck Planung bedeutet, und inwieweit durch den gewählten Kostenbegriff eine sachliche Einengung vorgenommen wird. Wie so häufig bei zahlungsorientierten Konzeptionen wird über eine sachliche Abgrenzung des Entscheidungsfeldes kaum ein Wort verloren. Schon

Mahlert

verwendet ein sachlich nicht begrenztes Entscheidungsfeld; er erfaßt alle Wertminderungen, die auf Aktivitäten (Entscheidungen) zurückzuführen sind, beschränkt

seine

Aussagen

dennoch

auf

den

Betriebsbereich. 2 5 7 1

schränkt den Kostenbegriff jedoch wieder auf Gütereinsätze ein,

258

Küpper

' wobei der

Begriff des Guts nicht explizit erläutert wird. Bei einer weiten Auslegung des Begriffs Wirtschaftsgüter gehören auch Nominalgüter wie Zahlungsmittel dazu. Dieser Ansatz führt allerdings zu der terminologischen Schwierigkeit, daß der Zahlungsmittelabgang als Gütereinsatz definiert werden muß. Welche Schwierigkeiten auftreten, wenn im Rahmen einer zahlungsorientierten Konzeption auf den Güterbegriff zurückgegriffen wird, soll im Kapitel über die Modellvorstellungen aufgezeigt werden.

255) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 27. 256) Vgl. KÜPPER, H.-U., Ansatzpunkte, 1984, S. 806ff. 257) Vgl. zur Einschränkung und der weiten Kostendefinition MAHLERT, A., Abschreibungen, 1976, S. 41; Mahlert stützt sich auf HAX, H., Bewertungsprobleme, 1967, S. 752. 258) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 29; KÜPPER, H.-U., Verknüpfung, 1990, S. 258.

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

161

Neben einer sachlichen spielt die zeitliche Abgrenzung eine herausragende Rolle, da in der investitionstheoretischen Kostenrechnung eine Unterstützung von Entscheidungen erfolgen soll, die sich auf spätere Entscheidungsfelder auswirken. Voraussetzung ist es, daß Aussagen über zukünftige Perioden vorliegen; es muß ein taktischer/strategischer Plan vorhanden sein. 2 5 9 ' Kurzfristig kann bedeuten, daß Planänderungen wegen unerwarteter Datenänderungen erfaßt werden. Zu betrachten sind dann 2 6 0 ' -

kleine Variationen von Datenparametern und

-

kurzfristige Anpassungen, die nicht zu einer Änderung des langfristigen Plans führen; es wird auch nach der Anpassung der Rahmenplan weiter verfolgt.

Zu beachten ist die Bemerkung, daß die Abgrenzung zwischen kurz-, mittelund langfristiger Planung nicht exakt vorgenommen werden kann, da die Grenzen zwischen ihnen fließend sind. 2 6 1 ' Küpper

weist auf den rein prakti-

schen Charakter der Einteilung nach der Kalenderzeit hin und bezweifelt aufgrund der Interdependenzen die Möglichkeit, die sachliche Abgrenzung über Veränderungen bzw. Konstanz der Potentialfaktoren zu

verwirklichen. 2 6 2 '

Knüpft der Kostenbegriff an einen mehrperiodigen Erfolg an, wird die übliche zeitliche Eingrenzung der Kosten- und Erfolgsrechnung aufgehoben. Der maximale zeitliche Horizont wird vom übergeordneten Plan gesetzt; alle Wirkungen auf den Erfolg, die innerhalb dieses Planungszeitraums liegen, müssen erfaßt werden. Die Rechnungszwecke Steuerung und Kontrolle werden bisher in diesem Ansatz nicht verfolgt. 2 6 3 ' Es läßt sich somit nur ein Teil der mit den Systemen der

259) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 27. 260) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 27. 261) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 27; KÜPPER, H.-U., Verknüpfung, 1990, S. 254. 262) Vgl. KÜPPER, H.-U., Planungsrechnung, 1985, S. 418. 263) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 27, der beide Rechnungszwecke explizit ausschließt; auch in späteren Veröffentlichungen werden diese Zwecke nicht behandelt. In KÜPPER, H.-U., Konzepte, 1988, S. 411, wird daraufhingewiesen, daß der Ansatz Informationen für die Ermittlung von Periodenerfolgen

162

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Kosten- und Erfolgsrechnung verfolgten Rechnungszwecke erreichen. Bisher werden die Zusammenhänge zwischen anderen Systemen der Kostenrechnung und der investionstheoretischen Kostenrechnung nur am Rande behandelt. Zu fragen ist in diesem Zusammenhang, wie sich der Anspruch eines integrierten Rechnungswesens mit der Darstellung vereinbaren läßt, in der für Planungen der investitionstheoretische Ansatz, für Steuerungszwecke hingegen die Standardkostenrechnung gewählt wird, auf eine Erörterung der Zusammenhänge aber verzichtet wird. 2 6 4 ' Wenn die investitionstheoretisch fundierte Kostenrechnung als Grundlage für eine System der Kosten- und Erfolgsrechnung gewählt werden soll, muß das Modell für die Rechnungszwecke der Steuerung und Kontrolle weiterentwickelt werden.

b.

Zielgrößen

Für ein Partialmodell wie die Kostenrechnung gilt als allgemeine Anforderung, daß sich der Maßstab der Bewertung aus dem gesamten Entscheidungsfeld ergeben muß; nur dann sind mit dem Oberziel konforme Entscheidungen möglich. 265 ' Mit Hilfe der investitionstheoretischen Kostenrechnung soll diese Maxime erfüllt werden, wobei als Oberziele dabei die finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen Einkommens-, Vermögens- und Wohlstandsstreben gelten. 266 ' Mit Hilfe der Prämisse des vollkommenen Kapitalmarktes gelingt es, diese Zielgrößen in die Zielgröße Kapitalwert zu überführen. 267 ' Auf dem Weg zu einer theoretischen Fundierung der Kostenrechnung sind bei der Festlegung der Zielgröße Pauschalannahmen notwendig; die mehrperiodig orientierte Erfolgsgröße Kapitalwert wird als übergeordnetes Ziel für die Kosten- und Erfolgsrechnung vorausgesetzt. 268 ' Der Kosten- sowie der Erlösbegriff sind aus dieser Größe abzuleiten. Der Kostenbegriff lautet daher: sowie für die Analyse von Kosten- und Erfolgsabweichungen bereitstellt, allerdings mit dem Wörtchen "gegebenenfalls" eingeschränkt. 264) Vgl. KÜPPER, H.-U., Verknüpfung, 1990, S. 265f. 265) Vgl. HAX, H., Bewertungsprobleme, 1967, S. 752. 266)

Vgl. KÜPPER, H.-U., Planungsrechnung, 1985, S. 408.

267) Vgl. KRUSCHWITZ, L., Investitionsrechnung, 1993, S. 66f.; SCHNEIDER, D., Inve-

stition, 1992, S. 69f. 268) Vgl. KÜPPER, H . - U . , Kostenrechnung, 1985, S. 29.

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

163

Kosten sind "die d u r c h den Gütereinsatz ... bewirkten Ä n d e r u n g e n der Barwerte" 2 6 9 ' oder allgemein "der mehrperiodigen Erfolgsgröße." 2 7 0 ' Kosten entstehen also dann und nur dann, w e n n sich aus Gütereinsätzen ein veränderter Kapitalwert ergibt. Eine V e r ä n d e r u n g d e s Kapitalwerts w i r d an d e m z u g r u n d e l i e g e n d e n Rahmenplan gemessen; Kosten ergeben sich a u f g r u n d veränderter Parameter der Rahmenpläne. Da die Investitionsrechnungen auf Zahlungen basieren, wird auch der investitionstheoretisch fundierte Kostenbegriff mit Z a h l u n g e n verknüpft. 2 7 1 ' Es handelt sich demzufolge u m eine zahlungsorientierte Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung. Im Unterschied zu Riebeis Ansatz w e r d e n die Zahlungen aber nicht in ihrer absoluten H ö h e zugerechnet, sondern nur relativ zur übergeordneten Planung mit d e r Zielgröße Kapitalwert. Unterschiedliche Ergebnisse resultieren der H ö h e n a c h a u s der Barwertermittlung, der A r t nach ergeben sich Unterschiede aus d e n unterschiedlichen Vorstellungen über das V o r g e h e n in der Planung, d e n n Riebel plant nicht exakt die Leistungen und den Leistungsvollzug für die Periode. Dies ist aber Voraussetzung für die Ermittlung von Barwerten, weil, u m Kapitalwertänderungen feststellen z u können, die geplanten Z a h l u n g e n für die Periode bekannt sein müssen. Kosten entstehen dann, w e n n 1. ein Gütereinsatz vorliegt, 2. der mit Z a h l u n g e n verbunden ist, die entweder 3. überhaupt nicht i m Rahmenplan berücksichtigt w u r d e n oder 4. z w a r vorgesehen sind, allerdings zu einem anderen Zeitpunkt o d e r in einer anderen Höhe. Zahlungen, die nur die ersten zwei Bedingungen erfüllen, hingegen nicht eine der zwei folgenden, w e r d e n nicht z u Kosten. Sie bilden das Material der Bewertung, i n d e m der ermittelte Zahlungsbetrag in die Zielfunktion Kapitalwert eingesetzt wird. So w i r d eine Verbindung zwischen Zielgrößen d e r kurzfristigen u n d der langfristigen Ebene hergestellt.

269) KÜPPER, H.-U., Planungsrechnung, 1985, S. 408. 270) KÜPPER, H.-U., Verknüpfung, 1990, S. 258. 271) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 29.

164

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Sollen ausschließlich relevante Informationen bereitgestellt werden, sind nur die Veränderungen gegenüber der Ausgangssituation zu berücksichtigen. Investitionstheoretisch ermittelte Kosten erfüllen diese Forderung durch eine Ausrichtung an den strategischen oder taktischen Plänen, da nur Veränderungen, die deren Zielgrößen betreffen, zu relevanten Zielgrößen führen. Neben der Betrachtung der ursprünglichen Zahlungsgrößen, die auch in anderen Konzeptionen betrachtet werden, muß die übergeordnete Zielgröße Kapitalwert erläutert werden, wobei an dieser Stelle der Schwerpunkt auf dem Charakter der Zielgröße und der Zielfunktion liegt; im folgenden Kapitel werden dann die zugrundeliegenden Modellvorstellungen erörtert. Der Kapitalwert ist ein Kriterium der Vorteilhaftigkeit für Investitionsentscheidungen. Er zeigt den Vermögenswertzuwachs einer Handlungsalternative zu einem bestimmten Zeitpunkt an. 272) Zur Ermittlung werden folgende Informationen benötigt: -

Ein- und Auszahlungen, die mit dem Investitionsprojekt verbunden sind,

-

Liquidationserlöse am Ende der Nutzungsdauer und der

-

Kalkulationszinssatz.

Die Ermittlung von Kosten setzt voraus, daß eine Kapitalwertfunktion aufgestellt wird, die anzeigt, welche Parameter die Höhe des Kapitalwerts zu einem Zeitpunkt beeinflussen. 273 ' Es muß mindestens ein Parameter auftreten, der kurzfristig variiert werden kann; als wichtiger Parameter wird die Beschäftigungshöhe in der betrachteten Periode angenommen. 2 7 4 ' Hinzu kommt die kumulierte Beschäftigung der Anlage seit Beginn der Nutzung. 2 7 5 ' Benötigt werden Zahlungsfunktionen, die in Abhängigkeit von den zugrundeliegenden Güterbewegungen Aussagen ermöglichen, wann und in welcher Höhe Zahlungen

272) Vgl. FRANKE, G./HAX, H„ Finanzwirtschaft, 1994, S. 183; BLOHM, H./LÜDER, K„ Investition, 1991, S. 58; SCHNEIDER, D., Betriebswirtschaftslehre, 1993, S. 340. 273) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 29. 274) Hier liegt eine wesentliche Übereinstimmung mit den Aussagen Kilgers über Kosteneinflußgrößen vor: vgl. KlLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 141. 275) Vgl. LUHMER, A„ Abschreibungskosten, 1980, S. 897; KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 29.

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

165

zu erwarten sind. 276 ' Auf welchen Annahmen (Hypothesen) die Zahlungsfunktionen des investitionstheoretischen Ansatzes beruhen, wird bei der Betrachtung der Modellvorstellungen deutlich.

c.

Modellvorstellungen

1.

Planungsmodell des investitionstheoretischen Ansatzes

Sachliche und zeitliche Eingrenzungen des Modells wurden anhand der Zielgrößen der investitionstheoretisch fundierten Kostenrechnung bereits angedeutet. Sie werden in diesem Kapitel um die Aspekte vertieft, die den Ansatz von den konkurrierenden Vorschlägen zur Gestaltung der Kostenrechnung abhebt. Daher soll eine ausführliche Erörterung der Modellannahmen erfolgen. Rechnungszwecke und Zielgrößen des Ansatzes wurden dargestellt, die Planungsmöglichkeiten sollen ähnlich wie bei den Konzeptionen von Kilger und Riebel an einer Planung der optimalen Produktions- und Absatzprogramms, sowie der Entscheidung über einen Zusatzauftrag kenntlich gemacht werden. Im Modell der Grenzplankostenrechnung zur Planung eines optimalen Produktions- und Absatzprogramms werden sämtliche in der Periode erwarteten Gütereinsatzmengen den erwarteten Umsätzen gegenübergestellt. Basis hierfür sind in der Grenzplankostenrechnung die Plankalkulationen mit Grenzkosten und die Erlösplanungen; es erfolgt eine Ausrichtung an den Deckungsbeiträgen. Plankalkulationen stellen die unter bestimmten Prämissen auf die Produkteinheit verrechneten Einzel- und Gemeinkosten zur Verfügung, das sind alle für die Produkteinheit verwendeten bewerteten Güterverzehre. Da die Handlungsalternativen mit Kapitalwerten bewertet werden, ist der konventionelle Weg in der investitionstheoretisch fundierten Kostenrechnung nicht möglich. Ausgangspunkt ist ein langfristiger Plan (der Rahmenplan), für den bei seiner Verabschiedung Kapitalwerte ermittelt wurden. Für die Planung von Aktionen sind die dadurch zukünftig noch anfallenden Zahlungen zu ermit-

276) Vgl. KÜPPER, H.-U., Verknüpfung, 1990, S. 265; solche Entgeltfunktionen fordert auch RIEBEL, ?., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 415ff.

166

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

teln. Die Zahlungen, auf denen die Ermittlung beruht, müssen die Einflußfaktoren widerspiegeln, die in der kurzfristigen Rechnung verändert werden können. Die Einflußgrößen in der langfristigen und der kurzfristigen Planung müssen übereinstimmen, der Detaillierungsgrad beider Planungen muß gleich sein. Die Kapitalwertfunktion muß aus diesen Gründen alle kurzfristig variierbaren Parameter enthalten. Es müssen in den Auszahlungsfunktionen die güterwirtschaftlichen Prozesse berücksichtigt werden, so daß eine Festlegung einzelner Parameter wie z. B. der Prozeßbedingungen notwendig ist. Wie angedeutet ist das Konzept aus der Bestimmung von Abschreibungen entstanden, erst danach wurden andere Faktorarten mit in die Betrachtung einbezogen. Mit Hilfe der Bestimmung von Abschreibungen läßt sich zeigen, wie sich Entscheidungen, die auf der operativen Ebene getroffen werden, in den langfristigen Plänen auswirken und dort zu Anpassungen führen.

2.

Bestimmung investitionstheoretischer Abschreibungen

Mit Hilfe investitionstheoretisch ermittelter Abschreibungen sollen zukünftig notwendige Anpassungen der Rahmenpläne in die Bewertung aufgenommen werden. Es soll damit verhindert werden, daß in der laufenden Periode Entscheidungen zu Lasten der Zukunft getroffen werden, ohne daß dies in der aktuellen Bewertung erkennbar wird. Angenommen wird für die Kapitalwertfunktion einer Anlage eine identische unendliche Investitionskette. Ausgangspunkt ist die Bestimmung des Barwertes des Anlageneinsatzes für die gesamte Investitionskette: 277 '

277) Vgl. z u m folgenden KÜPPER, H.-U., Abschreibung, 1985, S. 171; KÜPPER, H.-U., Planungsrechnung, 1985, S. 411.

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

K

167

} C(t, Y,) e" u dt + A - L(T, Y t ) e",T °=" = J c ( t , Y t ) e- u dt + A - L(T, Y T ) e"lT +K 0 e"' T o

(1)

K 0 = Kapitalwert des Anlageneinsatzes A = Anschaffungsauszahlungen C = Instandhaltungszahlungen L = Liquidationserlös T = Nutzungsdauer Y, = kumulierte Beschäftigung Wird die Kapitalwertformel nach der Nutzungsdauer T abgeleitet und gleich Null gesetzt, erhält man die Bedingung für die optimale Nutzungsdauer des Investitionsprojekts: 278 ) C ( T , Y T ) - ^ U i L ( T ) = iK0 dT

(2)

Die Planbeschäftigung pro Zeiteinheit wird als konstant angenommen: Y, = y t

(3)

Abschreibungen sind Wertminderungen, die durch Variation von Einflußgrößen der Kapitalwertfunktion entstehen. Die zugrundeliegende Idee unterscheidet sich von den herkömmlichen Methoden der Abschreibung vor allem durch einen Sachverhalt: die Einflußgrößen von Abschreibungen werden mit den zukünftigen Zahlungsströmen gemessen. 279 ' Gefragt wird nicht mehr nach den in der Vergangenheit getätigten Ausgaben; im Mittelpunkt steht das Problem, wie sich durch kurzfristige Entscheidungen Zahlungen für das Investitionsprojekt verändern, und wie sich dies auf den Kapitalwert auswirkt. Für eine kurzfristige Entscheidung während der Nutzungsdauer ist dann nur eine solche Wertänderung relevant. Da nur zukünftige Zahlungen betrachtet werden, fallen bei-

278) Vgl. SWOBODA, P., Investition, 1992, S. 97f.

279) Vgl. MAHLERT, A., Abschreibungen, 1976, S. 89; eine solche Idee findet sich schon 1967 bei RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 295, wird jedoch wegen der Unsicherheit der benötigten Informationen nicht berücksichtigt.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

168

spielsweise die Anschaffungszahlungen A aus der Betrachtung heraus. Die Änderung des Kapitalwerts ist die Abschreibung im investitionstheoretischen Ansatz. 280 »

K t = e U J c ( s , Y s ) e - i s d s - L(T) e " i T + K o e " i T

(4)

Der Wert einer Anlage (eines Investitionsobjektes) zu einem bestimmten Zeitpunkt wird zu einem zentralen Baustein der Ermittlung von Abschreibungen. Dabei ist zu beachten, daß nur Auszahlungen berücksichtigt werden, Einzahlungen hingegen als konstant angesehen werden. Der Wert zu einem bestimmten Zeitpunkt ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem Ersatz durch eine identische Anlage und dem Weiterbetrieb der alten Anlage. Der Wert der Anlage errechnet sich aus der Differenz der abgezinsten Zahlungen für die alte Anlage und der Auszahlungsannuität der neuen Anlage, die der Verzinsung des Kapitalwerts der unendlichen Kette entspricht. Der Wert zu einem Zeitpunkt t ist dann der Preis für die alte Anlage, den ein Käufer zu zahlen bereit wäre, so daß er indifferent gegenüber beiden Handlungsalternativen w i r d . 2 8 1 1 Der Wert berechnet sich: T

W(t) = e-" J [ Ä - C(s)] e~' s ds - L(T) e ^ 1 " "

(5)

A = Auszahlungsannuität für die neue Anlage Die Abschreibung wird als eine Verminderung des Werts einer Anlage interpretiert. 2 8 2 ' Abschreibungen einer Periode ergeben sich aus der Differenz der Werte zu Ende und zu Beginn der Periode. W(t,Y,)=K0-K,

(6)

280) Vgl. KÜPPER, H.-U., Abschreibung, 1985, S. 171. 281) Vgl. SWOBODA, P., Abschreibungskosten, 1979, S. 565. 282) Vgl. so schon 1925 HOTELLING, H., Depreciation, 1969, S. 262; SCHNEIDER, E., Wirtschaftlichkeitsrechnung, 1968, S. 110, der nur den Wert einer Anlage bestimmt, ohne auf Abschreibungen einzugehen; SWOBODA, P., Abschreibungskosten, 1979, S. 565, der sich auf Hotelling bezieht.

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

169

Da bei einer infinitesimalen Betrachtung unendlich kleine Änderungen durch die Ableitung der Funktion erreicht werden, werden ausgehend von der Wertdefinition partielle Ableitungen nach t und Y t vorgenommen. dl^

Si^

dt ~ dt =

8Kt dY, dY,

3K. zeitabhängig

+

dt 3K L _ — y

(7)

nutzimgstbhingig

Die zeitabhängige Abschreibung D z und die nutzungsabhängige Abschreibung D n ergeben zusammen die Gesamtabschreibung D G . Sie läßt sich als Gesamtabschreibung der Periode interpretieren. 2 8 3 ' Dg = D n + D z

(8)

D N ( t , Y , , T * ) = y e"' 1 J ^ M e ^ d s

(9)

Dz(t,Y1/T*) = i K , - D N - C ( t , Y f )

(10)

DG(t,Y„T») = iK,(t/Y1)-C(t,Y,)

(11)

Zeit- und nutzungsabhängige Abschreibungen ergeben sich aus den partiellen Ableitungen nach ihren Einflußgrößen. Sie beruhen auf den Annahmen der langfristigen Planung, insbesondere der Planbeschäftigung. Die nutzungsabhängige Abschreibung beruht auf der konstanten Planbeschäftigung. Für kurzfristige Entscheidungen - Beschäftigungsänderungen - ist es notwendig, zusätzliche Abschreibungen (positive und negative) zu bilden. Bei kurzfristigen Entscheidungen, die auf die Periodenbeschäftigung wirken, interessiert vorwiegend die nutzungsabhängige Abschreibung aufgrund einer Änderung der Beschäftigung. Tritt eine Variation der Beschäftigung auf, soll die Kapitalwertänderung

aufgrund

der Nutzungsdaueränderung

ermittelt

werden. Es ist also die Differenz zu bilden zwischen dem Kapitalwert zum

283) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 31; KÜPPER, H.-U., Ansatzpunkte, 1984, S. 800.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

170

Zeitpunkt t ohne und mit der Änderung der Nutzungsdauer. 284 ' Wird zur ursprünglichen Planbeschäftigung zurückgekehrt, ergibt sich eine veränderte Nutzungsdauer T* und für die Abschreibungen ergibt sich: 285) DN=K,(t,y-t + Y,T*)-K,(t,y-t,T) (12) •L(T*) e~'T" + L ( T ) e" ,T + K ( e - T ' - e- , T )] Es werden die durch eine Beschäftigungsänderung ausgelösten Zahlungen bis zur verlängerten Nutzungszeit der ursprünglich geplanten, optimalen Nutzungszeit gegenübergestellt. Die Differenz ist die nutzungsabhängige Abschreibung. In der Grundstruktur stimmen traditionelle Ansätze und der investitionstheoretische Ansatz zu Bestimmung von Abschreibungen überein, denn abgeschrieben wird die Differenz aus Anschaffungsauszahlung und Liquidationseinzahlung, nur dieser Betrag wird verteilt. Der investitionstheoretische Ansatz ermittelt die Wertveränderungen des Anlageguts während der Nutzungszeit; im Zeitpunkt W(0) ist das die Anschaffungsauszahlung und im Zeitpunkt W(T) ist das die Liquidationseinzahlung. Zu beachten ist allerdings, daß diese Aussage auf der Annahme einer unendlichen identischen Investition beruht. 2 8 6 ' Die Kostenart Abschreibung, die eine Verteilung von Anschaffungszahlungen einer Anlage auf die Nutzungszeit bedeutet, erhält eine neue Bedeutung: es werden zukünftige Veränderungen der mit der Anlage verbundenen Zahlungen erfaßt. So kann z. B. der Ausweis von Abschreibung zukünftige erhöhte Instandhaltungszahlungen bedeuten. Es tritt somit eine Vermengung von Kostenarten auf, das Gebot der Reinheit der Kostenarten in der Kostenartenrechnung wird damit verletzt. Die investitionstheoretisch fundierte Kostenrechnung beruht auf einem mehrperiodigen Modell unter Sicherheit mit einfacher Zielsetzung. Herausragender 284) Vgl. KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 32. 285) Vgl. K Ü P P E R , H.-U., Kostenrechnung, 1985, S. 31; 1985, S. 171. 286) Vgl. K Ü P P E R , H.-U., Konzepte, 1988, S. 410.

KÜPPER,

H.-U., Abschreibung,

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

171

Unterschied gegenüber den bisher vorgestellten Modellen ist die Berücksichtigung mehrerer Perioden und einer entsprechenden Zielgröße Kapitalwert. Die Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes ermöglicht es, Entscheidungen über die Finanzierung zu vernachlässigen. Dem Ansatz von Küpper liegen allerdings noch weitere Annahmen zugrunde: 287 ' - Der Rahmenplan geht von einer unendlichen Investitionskette aus. - Es wird kein technischer Fortschritt berücksichtigt. - Es müssen Zahlungsfunktionen für alle mit dem Investitionsobjekt verbundenen Gütereinsätze aufgestellt werden. - Es werden kontinuierliche Größen verwendet: Zahlungen in Form von Zahlungsdichtefunktionen und eine kontinuierliche Verzinsung. - Einzahlungen werden nicht betrachtet, d. h. die Entscheidungen beeinflussen nicht den Absatz der Produkte. Weitere mehr technische Annahmen beruhen darauf, wie einzelne Funktionen aufgebaut sind, welche Einflußgrößen berücksichtigt werden und wie ihr funktionaler Zusammenhang gestaltet ist. 288) Eine Kritik an einzelnen Annahmen der verwendeten Funktionen soll hier unterbleiben, da die aufgeführten Annahmen für eine fundierte Kritik des Ansatzes völlig ausreichen. Vor einer gründlichen Würdigung dieses Ansatzes soll kurz skizziert werden, wie ein typisches Planungsproblem mit Hilfe dieses Ansatzes gelöst wird.

3.

Planungsprobleme

Sind die Voraussetzungen für die Anwendung erfüllt, dann lassen sich mit der investitionstheoretisch fundierten Kostenrechnung Informationen für kurzfristige Planungsprobleme bereitstellen, die anzeigen, inwieweit kurzfristige Änderungen sich auf das langfristige Erfolgsziel (Kapitalwert) auswirken. Dies sei an der Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms und, der Entscheidung über einen Zusatzauftrag verdeutlicht.

287) Vgl. WINCKLER, B., Kostenrechnung, 1991, S. 36; MALTRY, H., Prospektivkostenrechnung, 1989, S. 84f. 288) Vgl. WINCKLER, B„ Kostenrechnung, 1991, S. 36f.

172

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Die Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms für eine Periode ist natürlich nur dann notwendig, wenn sich gegenüber dem Rahmenplan etwas geändert hat. Der Rahmenplan muß für die einzelnen Perioden optimale Produktionsprogramme bereitstellen. Ergibt sich beispielsweise ein erhöhtes Produktionsvolumen durch eine verbesserte Auftragslage, ist eine solche Situation gegeben, in der der investitionstheoretische Ansatz zum Zuge kommt. In einer Grenzplankostenrechnung wird vorgeschlagen, dieses Problem mit Hilfe des Zielkriteriums Deckungsbeitrag zu lösen. Für die investitionstheoretische Betrachtung sind zusätzlich die zukünftigen nutzungsabhängigen Abschreibungen zu betrachten. 289 ' Aber auch wenn keine Beschäftigungsänderung vorliegt, kann bei einer Veränderung der Maschinenbelegung - funktionsgleiche, aber zahlungsunterschiedliche Aggregate - die Berücksichtigung der nutzungsabhängigen Abschreibungen zu einer anderen Reihenfolge führen als bei einer Verwendung von Deckungsbeiträgen nach der Grenzplankostenrechnung. 290 ' Ähnlich ist die Vorgehensweise bei der Bewertung eines Zusatzauftrages; es müssen die zusätzlich anfallenden nutzungsabhängigen Abschreibungen berücksichtigt werden. Es wirkt sich insbesondere die verkürzte Nutzungsdauer aus, dadurch erhöht sich die Preisuntergrenze gegenüber einem entsprechend der Grenzplankostenrechnung ermittelten Wert um diese Komponente; diese Erhöhung zeigt die Auswirkung auf die langfristige Zielsetzung an.

d.

Würdigung der investitionstheoretischen Kostenrechnung

Ein kritische Würdigung des Ansatzes wird in zweifacher Weise vorgenommen, zum einen in einer kritischen Analyse der Annahmen, die mit diesem Ansatz verbunden sind, und zum anderen in einer Analyse der technischen Schwierigkeiten der Durchführung, wenn die Annahmen akzeptiert werden. Insbesondere ist die Frage zu erörtern, ob es sich um ein theoretisches Modell als Referenz zur praktischen Gestaltung einer herkömmlichen Kosten- und Er-

289) Vgl. KÜPPER, H.-U., Ansatzpunkte, 1984, S. 806. 290) Vgl. KÜPPER, H.-U., Ansatzpunkte, 1984, S. 806f.; auf die Darstellung der Formeln wird verzichtet.

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

173

folgsrechnung oder um den Entwurf eines Systems als Alternative beispielsweise zu einer Grenzplankostenrechnung handelt. Die Annahmen zur langfristigen Planung wurden bereits erwähnt; das Vorliegen eines langfristigen Plans kann als selbstverständliche Forderung gelten. An die Gestaltung dieses Plans werden aber einige Anforderungen gestellt, die über die eigentliche Aufgabe der Rahmenplanung hinausgeht, z. B. muß der Detaillierungsgrad erheblich höher liegen als üblicherweise angenommen. Die Einflußfaktoren, die in der kurzfristigen Planung variert werden können, müssen auch in den langfristigen Plan einbezogen werden. Wie der Ansatz zeigt, ist allerdings nur eine globale Berücksichtigung der Einflußgrößen möglich, sonst ergeben sich Probleme aufgrund der Komplexität des Modells. 2 9 1 ' So ist die Entwicklung von den einfachen Deckungsbeitragsrechnungen zu einem System wie der Grenzplankostenrechnung durch die Verfeinerung der Bezugsgrößen für die globale Größe Beschäftigung gekennzeichnet. Kurzfristige Entscheidungen bewirken zwar häufig Beschäftigungsänderungen, diese lassen sich aber auf Entscheidungen über Prozeßbedingungen zurückführen. Die Ausführungen zur Grenzplankostenrechnung haben gezeigt, daß selbst in diesem System Schwierigkeiten bestehen, solche Einflüsse vorab zu planen. Im Rahmen einer Kostenrechnung muß die Möglichkeit von Detailentscheidungen während der Abrechnungsperiode zugelassen werden. Diese detaillierten Zusammenhänge in einer langfristigen Rechnung zeitlich voraus zu planen überfordert diese Planungsebene mit einem übergroßen Informationsbedarf. Das Wechselspiel zwischen einer globalen Rahmenplanung und einem detaillierten operativen Plan beruht ja gerade auf der unterschiedlichen Nähe zur Realisation. Das Konzept einer unendlichen identischen Investitionskette ohne technischen Fortschritt setzt bestimmte Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens voraus. Wird die Investition unendlich oft wiederholt, so wird ein Unternehmen betrachtet, das unendlich lange bestehen bleiben soll. 2 9 2 ' Begrenzt wird der Zeitraum, für den geplant wird, ausschließlich durch den Planungshorizont. Ein solches Unternehmen auf Dauer ist natürlich nur eine Mög-

291) Vgl. die Erweiterung von KlSTNER, K.-P./LUHMER, A., Betriebsmittel,

S. 174ff., die die Veränderungen der Intensität ins Modell einbauen.

292)

Vgl. SCHNEIDER, E., Wirtschaftlichkeitsrechnung, 1968, S. 87.

1981,

174

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

lichkeit, die für Planungen vorausgesetzt werden kann; sie gilt aber für die Lösung von Investitionsproblemen als plausibel. 293 ' Die Identität der Investition bezieht sich auf die Zahlungsstruktur, identisch müssen die Überschüsse aus Ein- und Auszahlungen zu allen Zeitpunkten sein, die Anschaffungsauszahlung sowie die Liquidationseinzahlung. 294 ' Letztlich bedeutet dies nichts anderes, als daß die Zahlungsreihen der zukünftigen Investitionen unbekannt sind. Es werden die Konsequenzen aus dem Projekt auf die Zeit nach Beendigung der Nutzungsdauer übertragen. Dem liegt das Modell einer stationären Wirtschaft zugrunde, denn Fortschritt wird nicht berücksichtigt. 295 '

Unklar ist bei

diesem Modell, welche Strategie ein Unternehmen, das solche Annahmen über die Zukunft trifft, verfolgt. Dies wird in den Ausführungen von Küpper in keiner Weise deutlich. So ist bei gleichen Zahlungsreihen zu vermuten, daß das Umsatzvolumen gleichbleibt, d. h. in wachsenden Märkten kann der Marktanteil nicht gehalten werden. Wie auch dieser Sachverhalt interpretiert wird: die Annahme, die im Modell von Küpper steckt, spiegelt nur eine strategische Richtung wider. Dieser Mangel ist besonders deswegen für diesen grundlegenden Ansatz so gravierend, weil bei einer Rechnung, die ausdrücklich eine Verbindung von Investitionsrechnung und Kosten- und Erfolgsrechnung herstellen soll, eine differenzierte Analyse der strategischen Richtungen mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen erwartet werden darf. Neuland wird mit der Bestimmung von Zahlungsfunktionen betreten. Während für die Produktions- und Kostentheorie eine Reihe von Modellen zur Verfügung steht, ist auf einer noch zu entwickelnden Theorie der Zahlungs- und Kapitalwertfunktionen kaum Verwertbares vorhanden. Dies beruht zum großen Teil auf der getrennten Entwicklung der Produktions- und Kostentheorie und der Investitions- und Finanzierungstheorie. Es existieren zwar einzelne Beiträge, die eine Verbindung zwischen beiden Teilgebieten herbeiführen, je-

Vgl. S C H N E I D E R , D . , Nutzungsdauer, 1 9 6 1 , S. 5 7 . Vgl. KRUSCHWITZ, L., Investitionsrechnung, 1993, S. 156; B L O H M , H./LÜDER, K., Investition, 1991, S. 63; SCHNEIDER, D., Investition, 1971, S. 249 bei einmaliger Investition Kapitalwert und Anschaffungsauszahlung. 295) Vgl. zur Berücksichtigung des technischen Fortschritts bei der Bestimmung der Abschreibungen B E T Z , S . , Fortschritt, 1995, S . 427ff. 293)

294)

C. Integration von Kosten- und Investitionsrechnung

175

doch scheiterten bisherige Anläufe immer wieder an der Komplexität der Modelle. 296 ' Die Beschäftigung wird im Ansatz von Küpper als konstant für die gesamte Nutzungsdauer angenommen; da keine Lagerhaltung vorgesehen ist, ist die Identität von Produktions- und Absatzmenge angenommen. Die Voraussetzung ist gleichbedeutend mit einem konstanten optimalen Produktions- und Absatzprogramm für die gesamte Projektzeit. Eine Annahme, die in dem schlichten Satz steckt: "Deshalb wird unterstellt, daß eine längerfristige und möglichst optimale Planung vorliegt." 297 ' Ein mehrperiodiger Plan über die Nutzungsdauer zur Bestimmung der optimalen Mengen ist damit zwingende Voraussetzung. Für dieses Problem liegt immer noch keine praktikable Lösung vor, weder kontrolltheoretische Versuche noch sonstige dynamische Ansätze werden Abhilfe schaffen können. Bei der Verrechnung von Abschreibungsbeträgen fällt ein Rückfall in die Zeit des Durchschnittsprinzips bei der Verteilung von Gemeinkosten auf. So werden die nutzungsabhängigen Jahresabschreibungen und die durch eine kurzfristige Veränderung berechneten Abschreibungen auf die Beschäftigungseinheiten verteilt. Die nutzungsabhängigen Jahresabschreibungen erhält man durch partielle Ableitung nach der kumulierten Beschäftigung, dieser Wert wird mit der Periodenbeschäftigung multipliziert. 298 ' Dies gilt auch für die aufgrund einer kurzfristigen Änderung berechneten Abschreibungen; sie werden mit der Beschäftigung multipliziert. 299 ' Der investitionstheoretische Ansatz sollte daher nicht als ein Modell aufgefaßt werden, das Grundlage für ein System der Kosten- und Erfolgsrechnung sein kann. Er dient eher der Analyse von Schwierigkeiten, Auswirkungen auf spätere Perioden explizit in eine operative Planungsrechnung zu integrieren. 300 '

296) Vgl. die immer noch gültige Darstellung in SCHNEIDER, D., Investition, 1971, S. 492ff. 297) KÜPPER, H.-U., Theorie, 1989, S. 51. 298) Vgl. KÜPPER, H.-U., Ansatzpunkte, 1984, S. 800. 299) Vgl. KÜPPER, H.-U., Ansatzpunkte, 1984, S. 801. 300) Vgl. ähnlich EWERT, R . / W A G E N H O F E R , A., Unternehmensrechnung, 1993, S. 46f.

176

D.

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

Defizite und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung

Jede Bestandsaufnahme eines wissenschaftlichen Teilgebiets wird sich auf einige Aspekte beschränken müssen. Die bisher vorgenommene Untersuchung konzentrierte sich auf die drei Problemkreise Rechnungszwecke, Zielgrößen und Modellannahmen. Denn die Festlegungen, die mit diesen drei Fragen verbunden sind, sind so fundamental, daß bei einer Analyse weiterer Fragen, kaum andere Erkenntnisse zu erwarten sind. Die vorgestellten Lösungsansätze sind sicherlich nicht erschöpfend, decken jedoch die ganze Breite des möglichen Spektrums ab. Dadurch gelingt es, einen Überblick über das gesamte Gebiet zu erhalten. Die Betrachtung der Rechnungszwecke ergibt für alle vorgestellten Systeme ein einheitliches Ergebnis: diese sind in der Regel auf bestimmte Rechnungszwecke zugeschnitten. Keines der Systeme erfüllt die Zwecke der Planung (Entscheidung), Steuerung und Kontrolle gleich gut. Wie im zweiten Teil erläutert beruht jedes System der Kosten- und Erfolgsrechnung auf mehreren Modellen, die sich je nach Rechnungszweck, Zielgrößen und Annahmen unterscheiden werden. Eines der ungelösten Probleme der Gestaltung von Kosten- und Erfolgsrechnungssystemen ist es, die sich aus der Vielzahl von Modellen ergebenden unterschiedlichen Anforderungen so miteinander zu verbinden, daß sich ein System ergibt, daß allen Modellvorstellungen weitestgehend entspricht. Kilger und auch Riebel erheben zwar genau diesen Anspruch für ihre Systeme; wie die Analyse jedoch gezeigt hat, sind beide Systeme mit einigen konzeptionellen Schwächen behaftet. In der Grenzplankostenrechnung werden auf Basis der traditionellen Vorgehensweise Informationen ermittelt. Es wird der Verrechnungsgang, wie er sich seit Anbeginn der Kostenrechnung entwickelt hat, auf alle neuen Anforderungen eines Industriebetriebs angewendet. Der Rechnungsstoff wird zum großen Teil aus der Finanzbuchhaltung und den Nebenbuchhaltungen übernommen, mit Hilfe der Abgrenzungsrechnung werden dann die Modifikationen vorgenommen, um die Zahlen für die Zwecke der Kosten- und Erfolgsrechnung verwenden zu können. Der Rechnungsstoff wird dann von der Kostenartenrechnung über die Kostenstellen auf die Kostenträger weitergewälzt. Für die

D. Defizite und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Systeme

177

Kostenplanung ist die Vorgehensweise ähnlich, nur werden die Kostenarten originär geplant, es erfolgt kein Rückgriff auf die Finanzbuchhaltung. Die einzelnen Schritte der Rechnung sind nicht abwandelbar, und damit stellt sich für dieses System die Frage, ob es möglich ist, Informationen auch dann zu ermitteln, wenn sie nicht schon beim Aufbau der Rechnung berücksichtigt wurden. Die Einzelkostenrechnung von Riebel stellt demgegenüber den Versuch dar, sich möglichst für keinen Rechnungszweck zu entscheiden, sondern ein System zu konstruieren, das jeglichen zukünftigen Informationsbedarf abdecken kann. Die Grundannahme, die einer solchen Idee zugrundeliegt, beruht jedoch auf einem folgenreichen Trugschluß. Jede Information, die in einem Informationssystem aufgenommen wird, stellt eine spezielle Aussage über die Welt dar; im System der Einzelkostenrechnung werden die Informationen auf Basis der Zahlungen erhoben. Zielgröße sind die Zahlungsmittel, die Zielerfüllung ist daher anhand der Veränderung der Zahlungsmittel zu messen. Jede Meßoperation, die stattfindet, ist gleichzeitig eine Bewertung einer Handlung oder eines Objekts im Hinblick auf dieses Ziel. Auch wenn Riebel hofft, das Bewertungsproblem zu umgehen, wird jede Information, die er in die Grundrechnung aufnimmt, das Ergebnis einer Bewertung sein. Aus diesem Dilemma gibt es grundsätzlich kein Entrinnen: die einzelnen Rechnungszwecke in Verbindung mit den Modellannahmen führen zu einer bestimmten Information (Ausprägung der Zielgröße). Sie steht für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung. Die Einheitlichkeit eines Systems der Kosten- und Erfolgsrechnung gelingt also nicht mit Hilfe der Rechnungszwecke, sie ergibt sich schon eher durch die Art der verwendeten Zielgrößen. Deswegen wurde bisher auch in die beiden grundsätzlichen Möglichkeiten der wertmäßigen und der zahlungsorientierten Konzeption unterschieden. Es traten allerdings bei beiden Systemen Probleme aufgrund der Wahl der Zielgröße auf. In der Grenzplankostenrechnung fällt auf, daß die theoretische Ableitung der Kosten und Erlöse aus einer Erfolgsvorstellung nicht gelingt, wodurch Schwierigkeiten bei einer Reihe von Kostenarten entstehen. Das Problem zeigt sich besonders deutlich an vielen unterschiedlichen Vorschlägen für die kalkulatorischen Kostenarten. Die Bestimmung ist nicht frei von Willkür, weil keine Ableitung aus einer Zielgröße Erfolg hergestellt werden kann. Die Einzelkostenrech-

178

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

nung verwendet eine Zielgröße, die auf Basis von Zahlungen bestimmt wird. Dies führt zwar nicht z u den Problemen der Bewertung, wie sie in der Grenzplankostenrechnung herrschen, allerdings ist dieser Vorteil mit dem Nachteil verbunden, daß Zahlungen nur an den Nahtstellen des Unternehmens zur Umwelt fließen. Gerade die Ermittlung von Zahlungen zur Bewertung einzelner Betrachtungsobjekte stellt sich daher als Problem in diesem System. Wie gezeigt ist in zahlungsorientierten Systemen eine latente Gefahr enthalten, Bewertungen vorzunehmen, die nur durch eine Zentralisation von Aufgaben möglich ist. Eine dezentrale Verteilung von Entscheidungen führt zu Problemen, die einzelnen Zahlungen zuzurechnen, da dadurch Entscheidungsketten unterbrochen werden. Die Modellvorstellungen, die mit d e n verschiedenen Systemen verbunden sind, w u r d e n im einzelnen erörtert. Da dies in der Regel nur sinnvoll beurteilt w e r d e n kann, w e n n es in Verbindung mit den Rechnungszwecken erfolgt, sollen in diesem Kapitel die Ergebnisse nicht wiederholt werden. Reizvoller ist der Versuch, einen Vergleich zwischen der Grenzplankostenrechnung, der Einzelkostenrechnung u n d der investitionstheoretisch fundierte Kostenrechnung im Hinblick auf ihre Modellannahmen vorzunehmen. Die Grenzplankostenrechnung beruht auf der am weitesten verbreiteten Aufteilung des Entscheidungsfeldes. Es wird eine sachliche Abspaltung des Betriebsbereiches vorgenommen; Kriterium f ü r dieses Vorgehen ist das Sachziel des Unternehmens. Kosten und Erlöse entstehen nur im Zusammenhang mit den Produkten, die auf dem Markt abgesetzt werden. Diese sachliche Eingrenzung wird auch in der Konzeption der investitionstheoretisch fundierten Kostenrechnung vorgenommen. N u r bei Riebel ist dies nicht ganz eindeutig, insbesondere in den Zielgrößen Kosten und Erlöse erfolgt dies nicht. Der Hauptunterschied zwischen den drei Systemen bezieht sich auf die zeitliche Abgrenzung des Modells. Während die Grenzplankostenrechnung eine zeitliche Grenze von einem Jahr setzt, die mit der Konstanz der Potentialfaktoren verknüpft wird, wird in der Rechnung mit relativen Einzelkosten keine zeitliche Eingrenzung vorgenommen. Sie besteht in diesem System nur aufgrund des Planungshorizonts; daher ergibt sich auch aus diesem Grund eine Tendenz z u m Totalmodell. Für die investitionstheoretisch fundierte Kostenrechnung wird zwar eine ähnliche zeitliche Grenze wie für die Grenzplankostenrechnung gewählt, aber da die Konsequenzen kurzfristiger Maßnahmen

D. Defizite und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Systeme

179

auf die langfristigen Pläne berücksichtigt werden, müssen die Wirkungen in den Langfristplänen verfolgt werden. Für dieses Vorgehen gibt es wie in der Rechnung mit relativen Einzelkosten nur die Obergrenze des Planungshorizonts. Die Arbeitsteilung zwischen operativer und taktischer sowie strategischer Planung ist aufgehoben. Diese Arbeitsteilung ist das Ergebnis der Systemdifferenzierung aufgrund der hohen Komplexität der zu bewältigenden Führungsaufgaben. Die Gestaltung der Kosten- und Erfolgsrechnung sollte auch in Zukunft an dieser Arbeitsteilung festhalten. Eine kurzfristig ausgerichtete Rechnung hat allerdings zu beachten, daß auch eine unterjährige Planung in Verbindung mit übergeordneten Plänen steht. In den folgenden Teilen wird gezeigt, daß es Lösungen gibt, die zwischen den starren Verteilungsregeln der Grenzplankostenrechnung und den Annahmen der investitionstheoretisch fundierten Kostenrechnung liegen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, welche Konzeption für die Zielgröße gewählt wird. In dieser Arbeit wird der wertmäßigen Konzeption der Vorzug gegeben, denn sie hat gegenüber der zahlungsorientierten Konzeption den Vorteil, daß sie sich in ihrer Bewertungskomponente besser an den Anforderungen sehr unterschiedlicher Situationen anpassen kann. Der damit verbundene Vorwurf der Unbestimmtheit wird so zu einem Vorteil: diese Konzeption läßt sich als flexibles Instrument einsetzen. Dazu ist allerdings eine Weiterentwicklung ihrer theoretischen Grundlagen notwendig. Die investitionstheoretisch fundierte Kostenrechnung ist keine Alternative zu einer laufenden Kostenrechnung, die standardisierte Informationen zur Verfügung stellen soll. Sie ist eine theoretische Analyse, die für eine Reihe von Problemen von Nutzen ist. Insbesondere schärft sie den Blick für die Gestaltung von zukunftsorientierten Kosten- und Erfolgsrechnungen. Völlig unannehmbar ist das Verschwinden einer Kostenrechnung in der Investitionsrechnung, bei der die Kosten durch Kapitalwerte ersetzt werden. Kosten sollten als eigenständige Zielgröße beibehalten werden, um anzuzeigen, welche Kosten gegenüber dem Nichtstun entstehen. Kosten entstehen auch dann, wenn die Alternative Teil eines übergeordneten Plans ist, und nicht erst, wenn der Plan verän-

180

Zweiter Teil: Zur Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung

dert wird. 3 0 1 ) Kosten sollten auch weiterhin als Größe in einer operativen Planungsrechnung verwendet werden.

301) Vgl. MAHLERT, A., Abschreibungen, 1976, S. 106.

A. Rechnungszwecke, Zielgrößen und Modellannahmen

Dritter Teil:

181

Die Kosten- und Erfolgsrechnung als kurzfristiges Partialmodell

A. Der Zusammenhang zwischen Rechnungszwecken, Zielgrößen und Modellannahmen In diesem Teil sollen Grundzüge einer Kosten- und Erfolgsrechnung aufgezeigt werden, die als Teil einer hierarchischen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollrechnung die Aufgaben einer operativen Rechnung übernimmt. Die Kenntnisse aus den vorangegangenen Kapiteln fließen in die grundlegenden Betrachtungen zu den Rechnungszwecken und zu den Zielgrößen ein. Sie sind den Ausführungen über die Planungs-, Steuerungs- und Kontrollrechnung vorangestellt, um die Modellannahmen deutlich zu kennzeichnen. Im Mittelpunkt dieses und des nächsten Teils steht eine theoretische Fundierung der wertmäßigen Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung. Eine Weiterentwicklung dieser Konzeption soll für die drei Problemkreise Rechnungszweck, Zielgröße und Modellannahmen diskutiert werden. Im Vordergrund stehen dabei ausschließlich die Modelle, die das Ausgangsmaterial für den Aufbau von Systemen der Kosten- und Erfolgsrechnung bilden. Die grundsätzlichen Überlegungen zur Modellbildung werden auf die drei Rechnungszwecke Planung, Steuerung und Kontrolle angewendet. Ein spezifisches System der Kosten- und Erfolgsrechnung steht nicht im Hintergrund, die Ausführungen werden auf einem Abstraktionsniveau gehalten, das eine solche konkrete Zuordnung zu einem speziellen System nicht zuläßt. Die Rechnungszwecke sind in den ersten Teilen so ausführlich erläutert worden, daß weitere Ausführungen dazu überflüssig sind. Angedeutet wurde jedoch an einigen Stellen dieser Untersuchung, daß die Blickverengung auf die Kostenträger und damit verbunden die Sachzielbezogenheit der Kosten- und Erfolgsrechnung grundsätzlich überdacht werden sollte. Von diesen Überlegungen ist direkt die verwendete Zielgröße für eine Kosten- und Erfolgsrechnung betroffen. Als Referenz für Zielgrößen einer operativen Rechnung wird ausgehend von den finanzwirtschaftlichen Zielgrößen die Konzeption des Ertragswertes aufgezeigt; es ist verbunden mit dem Zweck der Erfolgskapitalerhaltung und kann als prägnantes Beispiel für eine zahlungsorientierte Konzeption der Ermittlung des Periodenerfolgs gelten. Gerade für das Kapitel B diese dritten Teils ist es wichtig, die Rechnungszwecke im Auge zu behalten, um die

182

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Probleme dieses Konzepts aufzeigen zu können. Rechnungszwecke sind ja nicht anderes als Wünsche von Informationsnachfragern, über bestimmte Sachverhalte Wissen vermittelt zu bekommen. Häufig werden jedoch Techniken der Unternehmensrechnung entwickelt, ohne die Rechnungszwecke, die ihnen zugrunde liegen, zu beachten. Das soll im folgenden vermieden werden

B.

Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

I.

Abgrenzung zwischen personenbezogenen und institutionenbezogenen Unternehmen

Die Kosten- und Erfolgsrechnung soll die Unternehmensführung mit Informationen für operative Probleme versorgen. Die Unternehmensführung setzt sich aus mehreren Personengruppen zusammen; hierzu zählen generell alle Personen, die Entscheidungen zu treffen haben, Steuerungsaufgaben erfüllen müssen oder Kontrollen ausüben. In der Regel sind das alle Instanzen in der Organisationshierarchie von Unternehmen. Für diese Personen läßt sich jedoch keine einheitliche Aussage über ihre Zielsetzung im Rahmen der Organisation treffen. Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen rechtlichen Stellung begründet, die die einzelnen Gruppen im Unternehmen innehaben. In der Hauptsache werden zwei Gruppen unterschieden: die Eigentümer und die Unternehmensleitung (Management). Für beide Gruppen wird zwar in der Betriebswirtschaftslehre das Einkommensziel als Zielsetzung angenommen, aufgrund ihrer rechtlichen Stellung ergeben sich allerdings unterschiedliche Auswirkungen, je nach Blickwinkel der Untersuchung. Voraussetzung für die Gestaltung eines internen Rechnungswesens ist es, das Entscheidungsfeld, auf das sich die Informationen beziehen sollen, abzugrenzen. Hierzu bietet sich die Unterscheidung von personenbezogenen und institutionenbezogenen Unternehmen an. 1 ' Diese Sicht wird aus der Investitionsund Finanzierungstheorie übernommen, die mit dieser Unterscheidung den instrumentalen Charakter von Unternehmen als Institution hervorhebt, der darin besteht, daß Unternehmen, wie andere Anlageformen auch, dem Ziel dienen,

1)

V g l . S C H N E I D E R , D . , I n v e s t i t i o n , 1 9 7 1 , S. 1 9 f f . ; J A E N S C H , G . , 1 9 7 3 , S. 6 9 4 ; W A G N E R , F . R „ K a p i t a l e r h a l t u n g , 1 9 7 8 , S. 3 7 .

Erfolgsermittlung,

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

183

Einkommen zu erzielen. Wird nur eine Person betrachtet, so lassen sich Unternehmen als personenbezogen bezeichnen, wenn diese Person alle Entscheidungen, insbesondere Investitions- und Finanzierungsentscheidungen allein trifft. Ein personenbezogenes Unternehmen setzt sich aus vielen möglichen Anlageformen zusammen, dazu können alle Formen von Finanzanlagen, aber auch ein eigenes Unternehmen gehören; 2 ' das Entscheidungsfeld des personenbezogenen Unternehmens ist unbegrenzt. 3 ' Für diesen Eigentümerunternehmer - in der Investitionstheorie Investor genannt - wurde das Separationstheorem von Fisher entwickelt. Da auf dessen Grundlage Konsum- und Investitionsentscheidungen voneinander getrennt werden können, ermöglicht es dem Investor unter den Annahmen dieses Theorems, anstatt der Ziele Einkommen, Vermögen und Wohlstand ein Ersatzzielkriterium wie z. B. den Kapitalwert zu verwenden. Vorausgesetzt wird dabei ein vollkommener Kapitalmarkt. 4 ' Tritt zu dieser Person eine weitere hinzu, so verwandelt sich das Unternehmen in ein institutionenbezogenes Unternehmen, denn beide Eigentümer müssen ihre persönlichen Konsumwünsche in Einklang bringen. Für den einzelnen Investor bleibt das Unternehmen zwar eine von mehreren Anlagemöglichkeiten, seine persönlichen Ziele müssen aber jetzt mit anderen Investoren im Unternehmen koordiniert werden. Abstimmungsprobleme zwischen den Eigentümern lassen sich dank der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarkts vermeiden. Die Investitionsentscheidungen können unabhängig von den Konsumentscheidungen getroffen werden, da jeder Eigentümer die Nettozahlungsreihe mit Hilfe des Kapitalmarkts in die von ihm gewünschte Zahlungsreihe wandeln kann. Das Ergebnis gilt entsprechend für mehr als zwei Eigentümer.

2)

V g l . ENGELS, W . / M Ü L L E R , H „ S u b s t a n z e r h a l t u n g , 1 9 7 0 , S. 3 5 6 .

3)

Vgl. JAENSCH, G., Gewinn, 1 9 7 2 , S. 5 4 4 ; JAENSCH, G., Erfolgsermittlung, 1 9 7 3 , S. 694. Neben den Annahmen, die mit einem vollkommenen Kapitalmarkt verbunden sind, tritt die Annahme, daß sich alle Beteiligten über die zukünftigen Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt sicher sind: es wird nur ein zukünftiger Zustand der Umwelt für möglich gehalten. Haben die Beteiligten am Unternehmen gemeinsame jedoch unsichere Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung am Kapitalmarkt, dann müssen zusätzliche Annahmen getroffen werden, um die Marktwertmaximierung als Zielkriterium aufrecht erhalten zu können. Für einen vollkommenen Kapitalmarkt lassen sich dann immer noch Bedingungen finden, um das Ziel Marktwertmaximierung aufrecht erhalten zu können: sie führen bis zum Capital Asset Pricing Model (CAPM); vgl. zu den Möglichkeiten

4)

FRANKE, G./HAX, H., Finanzwirtschaft, 1994, S. 323ff.

184

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialm odell

Werden zur Unternehmensführung Personen eingestellt, die nicht Eigentümer sind - Unternehmensleiter, Manager -, geben die Eigentümer Kapitalwert- oder Marktwertmaximierung vor. Auch dann werden für alle Eigner optimale Entscheidungen getroffen, 5 ' denn der Kapitalmarkt sorgt dafür, daß die Entscheidungen voneinander getrennt werden können. Der vollkommene Kapitalmarkt regelt somit die Abstimmungsproblem zwischen allen Eigentümern und löst das Delegationsproblem für die Eigner, wenn sie nicht selbst die Unternehmensführung übernehmen wollen. Auch eine einzelne Person - personenbezogenes Unternehmen - kann unter den Bedingungen des vollkommenen Kapitalmarkts Kapitalwertmaximierung anstreben, interessanter sind allerdings die zuletzt angesprochenen Fälle. Die Trennbarkeit von Entscheidungen zwischen Konsum und Investition ist nicht an die Anzahl der Personen gebunden. Wenn mehrere Personen an der Unternehmensführung beteiligt sind, dann ist es gleichgültig, ob es sich um Eigentümer oder andere Personen handelt. Voraussetzung für das Gelingen der Delegation ist allerdings, daß die Manager die Ziele der Eigentümer zur Maxime ihres Handelns machen. Erhalten Manager ihre Vergütung unabhängig von dem Einkommen, was für die Eigentümer erwirtschaftet wird, so wird vermutet, daß sie kein besonderes Interesse an der Erhöhung des Einkommens der Eigentümer haben. Im folgenden wird jedoch von dieser vereinfachenden Annahme ausgegangen, die im übrigen genauso angreifbar wie die der Sicherheit oder die des vollkommenen Kapitalmarktes ist. Eine periodisch zu ermittelnde Erfolgsgröße, die sich aus dieser Zielgröße entwickeln läßt, ist der kapitaltheoretische Erfolg (oder der ökonomische Erfolg), die mit dem Konzept der Erfolgskapitalerhaltung verbunden ist. 6 ' Ausschüttungen an die Eigentümer richten sich nach dem kapitaltheoretischen Erfolg. 7 ' Oberstes Ziel bleibt folglich auch beim institutionenbezogenen Unternehmen das Einkommensziel der Unternehmenseigner. Für die Entscheidung über Handlungsalternativen und die Entscheidung über den entziehbaren Betrag sind dann die beiden Kriterien Kapitalwert und kapitaltheoretischer Erfolg an-

5)

V g l . FAMA, E. F . / M I L L E R , M . H „ F i n a n c e , 1 9 7 2 , S. 6 9 f f . ; BREALEY, R. A . / M Y E R S ,

S. C„ Finance, 1991, S. 22.

6)

Vgl. RUDOLPH, B., Separationstheoreme, 1983, S. 272; SCHMIDT, R. H., Finanzierungstheorie, 1986, S. 37.

7)

Vgl. zum kapitaltheoretischen Gewinn MOXTER, A., Bilanzlehre, 1974, S. 348ff.

185

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

zuwenden. Als Regeln für das Handeln gemäß dieser Einkommensvorstellung lassen sich die zwei Maximen generell formulieren:

Alternativen

Führe nur Maßnahmen durch, die einen positiven Kapitalwert ausweisen.

Entnahmen

Entnehme nur Beträge in Höhe der Zinsen auf den Ertragswert.

Darstellung 18: Handlungsmaximen

entsprechend der

Marktwertmaximierung

In einer Kosten- und Erfolgsrechnung, die in das Grundmodell der Investitions- und Finanzierungstheorie mit den Voraussetzungen vollkommener Kapitalmarkt und vollkommene Voraussicht eingebaut wird, sind die Zielgrößen an den Einkommenszielen der Eigentümer auszurichten. 8 ' Als Oberziel fungiert der Markt- bzw. Kapitalwert, 9 ' aus ihm leitet sich das Periodenerfolgsziel kapitaltheoretischer Erfolg ab, das auf der Erfolgskapitalerhaltung beruht. 1 0 ' Als Kernfrage schält sich heraus, wie sich die beiden Zielgrößen Kapitalwert und kapitaltheoretischer Erfolg so modifizieren lassen, daß sie auch für die Kosten- und Erfolgsrechnung verwendet werden können. Eine erste Annäherung bringt die Feststellung, daß die Kosten- und Erfolgsrechnung als einperiodige Rechnung, eingebettet in die mehrperiodige Investitionsrechnung, nicht gegen die Zielkriterien der Investitionsrechnung verstoßen sollte. Bei einer Ausrichtung an diesen Kriterien ergibt es sich, daß Maßnahmen, über die in der Kostenrechnung entschieden wird, den Kapitalwert des Projekts, in das sie eingebettet sind, nicht verringern dürfen. In diesem Konzept werden nur Maßnahmen durchgeführt, die eine positive Vermögens8)

9)

10)

Vgl. SCHNEIDER, D., Bilanzgewinn, 1963, S. 460ff., er hat das Konzept des ökonomischen Gewinns für die Bilanztheorie diskutiert. Für die Kostenrechnung wurden solche Überlegungen bisher nur ansatzweise diskutiert, vgl. z. B. MAIER-SCHEUBECK, N., Kostenrechnung, 1992, S. 186ff. Unter der Bedingung des vollkommenen Kapitalmarkts führen beide Zielsetzungen zum gleichen Ergebnis, vgl. WILHELM, J., Marktwertmaximierung, 1983, S. 525f. Vgl. BUSSE VON CÖLBE, W., Substanzerhaltung, 1960, Sp. 5314; Rechnungslegung, 1988, S. 274f.

ORDELHEIDE,

D.,

186

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Veränderung erwirtschaften, d. h. zusätzliches Einkommen schaffen. Das bringt allerdings die unangenehme Konsequenz mit sich, daß alle Veränderungen des ursprünglichen Projekts, die diese Maßnahmen auslösen, festgestellt werden müssen, denn nur auf diesem Weg lassen sich die Kapitalwertveränderungen berechnen. Jede Maßnahme wird auf Basis der Planung des zugehörigen Projekts bewertet. Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist dann jedoch keine einperiodige Rechnung mehr; sie geht in der Investitionsrechnung auf. Kosten (Erlöse) sind zu definieren als mit dem Oberziel bewertete Minderungen (Erhöhungen) der Abweichungen von Handlungen aus den langfristigen Investitionsprojekten. Der investitionstheoretische Ansatz der Kostenrechnung, der im zweiten Teil ausführlich erläutert wurde, ist ein Versuch, dieses Konzept zu verwirklichen. Er wurde als Basis der Modellbildung für die Kosten- und Erfolgsrechnung abgelehnt. Zu prüfen bleibt noch, ob die Konzeption der Erfolgskapitalerhaltung für die theoretische Fundierung der Periodenerfolgsermittlung verwendet werden kann. Aus den Annahmen dieses Modells leitet sich die periodische Erfolgsermittlung auf Basis des kapitaltheoretischen Erfolgs ab, die im übrigen die einzige zu den Voraussetzungen konforme Erfolgsgröße ist. Die Konsequenzen, die sich aus diesen Ergebnissen ziehen ließen, beträfen Aussagen über die Ermittlung von Periodenerfolgen in der Kosten- und Erfolgsrechnung. Zu vermuten ist allerdings, daß die skizzierten Überlegungen ausschließlich auf der Modellebene angesiedelt und für eine Umsetzung in ein System nicht geeignet sind. Das mindert jedoch nicht ihren theoretischen Wert, denn auf der konzeptionellen Ebene einer Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung könnten sich Aussagen über logische Verträglichkeiten von Gestaltungsvorschlägen für die Kostenrechnung ableiten lassen. 11 '

II.

Kapitaltheoretischer Erfolg als Referenzmodell zur Erfolgsermittlung

Der kapitaltheoretische (ökonomische) Erfolg ist die Zielgröße, die angewendet werden muß, wenn der Erfolg mit Hilfe der im letzten Kapitel erläuterten An-

11)

So äußert sich auch KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1993, S. 124f., für seinen Ansatz der investitionstheoretischen Kostenrechnung.

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

187

nahmen ermittelt wird. Die Periodenzielgröße kapitaltheoretischer Erfolg u n d das Zielkriterium Kapitalwert sind zwei Seiten der gleichen Medaille. 1 2 ' Die folgenden Überlegungen überbrücken somit auch die getrennte Behandlung der Bewertung von Handlungsalternativen und die Periodenerfolgsermittlung. Der kapitaltheoretische Erfolg soll als ein Referenzmodell verwendet w e r d e n , um zu zeigen, wie Kosten und Erlöse zu korrigieren sind, w e n n sie näherungsweise zukünftige Auswirkungen abbilden sollen. Es wird ausschließlich das Grundmodell vorgestellt und nur die Erweiterung um Überlegungen zur Inflation angeführt. Dies ist für die Kostenrechnung deshalb wichtig, da Preissteigerungen als Begründung für die Bewertung mit Wiederbeschaffungspreisen angeführt werden, denn nur so könne die Substanz erhalten werden. Aus diesem Grund ist die Konzeption der Erfolgskapitalerhaltung für die Kosten- und Erfolgsrechnung von Relevanz, da sich die Erhaltung des Leistungsvermögens besonders gut im ökonomischen Erfolg widerspiegeln soll. 1 3 ' Beim kapitaltheoretischen Erfolg beruht die Erfolgsermittlung auf d e m Ertragswert des betrachteten Vermögensobjekts. Der Ertragswert ist definiert als der Barwert der zukünftigen Zahlungsüberschüsse des Objekts bis z u m Planungshorizont. 1 4 ' Im Unterschied zum Kapitalwert wird also schon im Zeitpunkt t 0 die Anschaffungsauszahlung nicht betrachtet. Der kapitaltheoretische Erfolg ist ein Periodenerfolg, der sich aus zwei Größen zusammensetzt, -

dem Zahlungssaldo c t zu jedem Zeitpunkt und einem Periodisierungsbetrag, der die Veränderung des Ertragswertes anzeigt, der Ertragswertabschreibung Al

(oder

Ertragswertzuschrei-

bung Z t ). ' 15

12)

Vgl. SCHNEIDER, D., Substanzerhaltung, 1993, S. 36, der darauf hinweist, daß der Ertragswert auf der Fisher-Separation beruht. Dort weist Schneider auch die Ansicht zurück (S. 35f.), daß Substanzerhaltung in eine Konsumtheorie des Haushalts gehöre; zu dieser Ansicht vgl. ENGELS, W./MÜLLER, H., Substanzerhaltung, 1970, S. 349ff.

13)

Vgl. SCHNEIDER, D., Gewinn, 1971, S. 614, der sie als "Maßgröße für die Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" bezeichnet.

14)

Vgl. SCHNEIDER, D., Investition, 1992, S. 78.

15)

Vgl. KÜPPER, H.-U., Abschreibungen, 1993, Sp. 24.

188

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Die Ertragswertveränderung zeigt die Erhöhung oder Senkung des Ertragswertes vom Beginn einer Periode bis zu ihrem Ende an. Die Summe aller Ertragswertveränderungen über alle Perioden ergibt den Ertragswert zu Beginn der Lebensdauer. Im Zeitpunkt t ist der kapitaltheoretische Erfolg (G t ) definiert, als Gt = c t - A t

(1)

Der Zahlungssaldo c, wird der Zahlungsreihe entnommen. Die Ertragswertveränderung wird ermittelt, indem der Ertragswert am Ende der Periode (Et) dem Ertragswert am Beginn der Periode ^.^gegenübergestellt wird. E ^ d + O-E,.,

(2)

Werden Zahlungssalden nicht betrachtet, so steigt der Ertragswert in einer Periode um die Zinsen auf den Ertragswert. 16 ' Hierzu ein Zahlenbeispiel: in t, tritt kein Zahlungsüberschuß auf, der gesamte Überschuß fällt erst in t 2 an; der Zinssatz i beträgt 10%.

to

tl

«2

-1000

0

1210

1000

1100

0

Ertragswertveränderung (Z„ A t )

-100

1100

Kapitaltheoretischer Erfolg (Gt)

100

110

Zahlungssaldo (ct) Ertragswert (E,)

Wenn kein Zahlungsüberschuß anfällt, dann ist der kapitaltheoretische Erfolg ausschließlich auf die Verzinsung des Ertragswertes zurückzuführen. Der Ertragswert erhöht sich, da die zukünftigen Zahlungen um eine Periode weniger abgezinst werden müssen. 17 '

Die Ertragswertveränderung ist in diesem Fall

eine Zuschreibung (in t, also -100). Gleichzeitig läßt sich zeigen, daß wenn der

16)

Vgl. zum Zeiteffekt MOXTER, A., Gewinnermittlung, 1982, S. 52f.

17)

V g l . LAUX, H . / L I E R M A N N , F . , E r f o l g s k o n t r o l l e , 1 9 8 6 , S. 8 2 f . ; SCHNEIDER, D . , I n -

vestition, 1971, S. 203.

189

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

Ertragswert erhalten bleiben soll (= Erfolgskapitalerhaltung), dürfen nur die Zinsen auf den Ertragswert entnommen werden; in t t sind das 100. Ein weiteres Beispiel soll aufzeigen, wie die einzelnen Beträge zu interpretieren sind. Ein Projekt mit begrenzter Lebensdauer (2 Perioden) hat zwei Zahlungsüberschüsse in den Perioden. Der kapitaltheoretische Erfolg wird durch Subtraktion der Ertragswertabschreibung vom Zahlungsüberschuß ermittelt (in t, 600 - 500 = 100).

t,

«2

-1000

600

550

1000

500

0

Ertragswertabschreibung (At)

500

500

Kapitaltheoretischer Erfolg (G t )

100

50

«b Zahlungssaldo (ct) Ertragswert (E,)

Zu klären ist, ob sich die Zahlungsgröße in t, von 600 als Entnahmegröße interpretieren läßt. Wie sich aus der Berechnung des Ertragswertes ergibt, mindern die Zahlungsüberschüsse den Ertragswert, wenn sie als Entnahmen behandelt werden. Sie sind dann durch Konsum dem Vermögensobjekt endgültig entzogen. Soll das Erfolgskapital erhalten bleiben, so dürfen nur die Zinsen auf den Ertragswert entnommen werden, nur dieser Betrag steht für den Konsum zur Verfügung. Gerade an der Interpretation der Zahlungsüberschüsse läßt sich sehr gut die Problematik des kapitaltheoretischen Erfolgs aufzeigen. Der kapitaltheoretischen Erfolgs soll zunächst ohne die Berücksichtigung von Entnahmen abgeleitet werden: 1 8 ' G, = E, - E 0 t-1

18)

Vgl.

t-1

LAUX, H./LIERMANN,

F., Erfolgskontrolle, 1986, S. 82f.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

190

n =

n

Zc,q~'

q'-S^q !-l V1-1 / 1-1 = E0(l + i ) - E 0 (3)

= i-E 0

Ohne Berücksichtigung von Entnahmen ist das Ergebnis das gleiche, unabhängig davon ob die Differenz der Ertragswerte am Anfang und am Ende berechnet wird oder die Zinsen auf den Ertragswert zu Beginn der Periode ermittelt werden. Dieses Ergebnis könnte sich bei der Betrachtung von Zahlungsüberschüssen (= Entnahmen) verändern. Hierzu ist es nützlich, sich das allgemeine Schema zur Erfolgs- bzw. Einkommensermittlung in Erinnerung zu rufen. 19 ' Erfolg (= Einkommen)

= + -

Endvermögen Anfangsvermögen Entnahmen Einlagen

Das Vermögen wird beim kapitaltheoretischen Erfolg als Ertragswert gemessen, die Entnahmen sind die Zahlungssalden, von Einlagen wird im folgenden abgesehen. 2 0 ' Die Grundgleichung zeigt auch die erste Definition des kapitaltheoretischen Erfolgs: die Differenz des Vermögens in der Periode ist die Ertragswertveränderung, die Zahlungssalden werden als Entnahmen interpretiert. Wird die allgemeine Grundgleichung angewendet, so ist G, = E, - E n + c t

(4)

Die Gleichung entspricht der Gleichung (1). Da die Ertragswertveränderung ermittelt wird (V t = Et_, - E t ), muß nur eine Umstellung erfolgen. Es zeigt sich das Problem, Zahlungssaldo und Entnahme gleichzusetzen. Nur wenn der Zahlungsüberschuß gleich Null ist, ist der kapitaltheoretische Erfolg gleich den Zinsen auf den Ertragswert. Ansonsten schwankt er mit den Zahlungssalden des betrachteten Objekts. Und damit stellt sich die Frage nach dem Charakter der Zahlungssalden; sie können als Zahlungsreihe eines Investitionsobjekts

19)

V g l . FRANKE, G . / H A X , H . , F i n a n z w i r t s c h a f t , 1 9 9 4 , S. 82.

20)

V g l . WEGMANN, W . , G e w i n n , 1 9 7 1 , S. 7 3 3 .

191

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

oder als Entnahmen (= Konsummöglichkeiten) interpretiert werden. 2 1 ' Wenn sie als Entnahmen gedeutet werden, steht keine Entnahmestrategie im Hintergrund; insbesondere wird auf die Erfolgskapitalerhaltung nicht Rücksicht genommen, sonst dürften die Entnahmen nur den Zinsen auf den Ertragswert entsprechen. Jede Entnahme, die über diesem Zinsbetrag liegt, schmälert das Erfolgskapital, dies kann den obigen Zahlenbeispielen entnommen werden. Die Zahlungsüberschüsse sind daher nicht als Entnahmen aufzufassen. 22 ' Zum Abschluß sei das Ausgangsbeispiel auf den Fall, daß die Entnahmen den Zinsen auf den Ertragswert entsprechen, angewendet, um zu zeigen, daß dann der Ertragswert erhalten bleibt.

to Zahlungssaldo (ct)

t,

t2

-1000

600

5500

1000

1000

1000

0

0

Kapitaltheoretischer Erfolg (G t )

600

5500

Entnahme

100

100

Ertragswert (E t ) Ertragswertabschreibung (At)

Die Erhaltung des Erfolgskapitals gelingt über den vollkommenen Kapitalmarkt, die ursprüngliche Realinvestition wird in eine Finanzinvestition gewandelt. In t, wird aus dem Zahlungsüberschuß von 600 nach Entnahme der Zinsen auf den Ertragswert ein Betrag von 500 zum Kalkulationszinsfuß von 10% angelegt, in t 2 bleiben nach Entnahme 450 übrig, so bleibt das Erfolgspotential von 1000 (= 500 + 50 + 450) erhalten. Die Realinvestition ist somit in eine Finanzinvestition überführt, die bei Annahme des Beispiels weiter zum Zins von 10% verzinst werden kann. 23 '

21) 22) 23)

Vgl. WAGNER, F. R., Kapitalerhaltung, 1978, S. 203ff. Vgl. WAGNER, F. R., Kapitalerhaltung, 1978, S. 204f. Vgl. zu dieser Interpretation W A G N E R , F. R., Kapitalerhaltung, 1978, S. 208.

192

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Bei Annahme der Erfolgskapitalerhaltung ist die Entnahmereihe vorgegeben; entnommen werden darf eine konstante Folge von Beträgen, die den Zinsen auf den Ertragswert am Beginn der Laufzeit entsprechen. Gegen den kapitaltheoretischen Erfolg wird eingewendet, daß seine Ermittlung nur sinnvoll für ein personenbezogenes Unternehmen nicht jedoch für ein institutionenbezogenes Unternehmen ist. Unter der Bedingung des vollkommenen Kapitalmarkts ist es jedem Investor möglich, Transaktionen auszuführen, die jede Struktur an Zahlungen in eine seinen Konsumpräferenzen entsprechende Struktur zu wandeln. 2 4 ' Dieses Argument ist zweifelsohne richtig, denn der kapitaltheoretische Erfolg stellt nur eine Umformung aus den grundlegenden Modellannahmen dar. Gleichwohl handelt es sich beim kapitaltheoretischen Erfolg um eine mögliche Variante der Periodenerfolgsmessung, die mit den Annahmen des vollkommenen Kapitalmarkts unter Sicherheit kompatibel ist. Preissteigerungen (Inflation) führen unter den bisherigen Annahmen dann nicht zu einem anderen Resultat, wenn die Güterpreise und der Zinssatz die Inflationsrate wiedergeben. Die Investoren, die sich am Kapitalwert von Investitionen orientieren, wählen weiterhin das Projekt mit dem höchsten nominellen Kapitalwert. 25 ' Gleiches gilt für den kapitaltheoretischen Erfolg; hierzu wird die Annahme von Fisher herangezogen, daß der nominale Zins und Preise sich in gleicher Weise an die Inflation anpassen. Dies führt zu einer linearen Transformation des kapitaltheoretischen Erfolgs, die Schneider als gewinnverwendungsneutral bezeichnet. 26 ' Alle bisherigen Aussagen stehen unter den Annahmen des vollkommenen Kapitalmarkts und der vollkommenen Sicherheit. Werden diese Annahmen verlassen, so sind die referierten Ergebnisse erheblich zu modifizieren oder gar gänzlich aufzugeben. Es genügt ein oberflächlicher Blick in die unternehmerische Welt, um zu erkennen, daß nur wenige dieser Annahmen in der Realität gegeben sind. Man muß sich daher jederzeit die Eigenschaften dieser Modelle vor Augen halten, die Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes dient der

24) 25)

Vgl. DRUKARCZYK, ]., Gewinn, 1974, S. 767. Vgl. BREALEY, R. A . / M Y E R S , S. C , Finance, 1991, S. 98ff.; SWOBODA, P., Investition, 1992, S. 66f., entweder am nominellen Zahlungsüberschüssen und nominellem Zinssatz oder an den realen Größen.

26)

Vgl. SCHNEIDER, D., Substanzerhaltung, 1993, S. 43f.

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

193

logischen Absicherung einer Theorie rationaler Entscheidungen. O h n e diese Prämisse sind rationale Entscheidungen und A b s t i m m u n g e n in einem institutionenbezogenen Unternehmen nur unter größten M ü h e n z u bewältigen. O b allerdings eine andere, extrem realitätsferne Vorgehensweise sinnvoll ist, wie z. B. die Annahme der Kostenrechnung bei der Berechnung von Abschreibungen, daß es keinen Kapitalmarkt gibt, soll i m nächsten Kapitel untersucht werden.

III. Ertragswertabschreibung als maßgebliches Abschreibungsverfahren der Kosten- und Erfolgsrechnung Bevor die Frage diskutiert wird, welche Form der Vermögenserhaltung in der Kostenrechnung gewählt w e r d e n kann, soll ein Vergleich zwischen der Ertragswertabschreibung und den konventionellen Abschreibungsverfahren erfolgen. Dabei geht es weniger um die Darstellung aller möglichen Varianten mit ihren Rechentechniken, sondern es sollen die grundsätzlichen A n n a h m e n und Modellvorstellungen betrachtet werden. Als alternative Konzepte von Erhaltungskonzeptionen werden die Erfolgserhaltung und die

verschiedenen

(Güter-) Substanzerhaltung miteinander verglichen, da beide Konzeptionen in der einen oder anderen Form als gegensätzliche Varianten diskutiert werden. 2 7 ' Die Bestimmung von Abschreibungen für mehrperiodig nutzbare Produktionsfaktoren, wie z. B. Maschinen oder Fahrzeuge, gehört seit jeher zu den umstrittenen Themen im internen Rechnungswesen. 2 8 ' An dieser Sachlage hat sich bis in die heutige Zeit nichts geändert, auch w e n n der Akzent der diskutierten Fragen sich teilweise verschoben hat. 2 9 1 D e m unbefangenen Betrachter fällt es allerdings schwer, sich einen Überblick zu verschaffen, welche Methoden für seinen Zweck geeignet sind. Dazu k o m m t noch, daß aus den Methoden, die sich a m Ertragswert oder ähnlichen Konzepten orientieren, recht unterschiedli-

27)

Vgl. SIEBEN, G., Substanzwert, 1963, S. 79ff., der den Substanzwert auf Zahlungen zurückführt und mit dem Ertragswert verbindet.

28)

Die Spannweite der Ansichten reicht dabei bis zur extremen Meinung von Riebel, der die Berücksichtigung von Abschreibungen in seinem System ablehnt, vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 757.

29)

Vgl. die Ausführungen zur investitionstheoretisch fundierten Bestimmung von Abschreibungen im Kapitel C.II.c.2. des zweiten Teils.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

194

che Vorschläge für die Verwendung von Näherungsmethoden gemacht werden. So schlägt Schneider die Berechnung auf Basis von Anschaffungswerten (und kalkulatorische Zinsen) vor, 30 ' Müller bietet hingegen als Näherung die degressive Abschreibung und Zinsen auf den Restbuchwert an. 31 ' Diese Vorschläge hängen unmittelbar mit den Modellannahmen beider Autoren zusammen. Da sich die Ertragswertabschreibung aus den Annahmen über den vollkommenen Kapitalmarkt ableitet, ist neben der Beurteilung ihrer Ergebnisse eine Auseinandersetzung mit dieser Prämisse erforderlich. Ein Vorwurf gegenüber den konventionellen Abschreibungsverfahren ist die Tatsache, daß keine Annahmen über den Kapitalmarkt berücksichtigt werden. 32 ' So werden in Standardlehrbüchern der Kosten- und Erfolgsrechnung Verfahren vorgestellt, bei denen die einzelnen Jahresbeträge der Abschreibung über alle Perioden der Nutzungszeit zur Gesamtabschreibungssumme addiert werden, ohne Zinseffekte einzubeziehen. 33 ' Geht man von der Annahme aus, daß die durch die Erlöse zurückfließenden Abschreibungen wieder zinsbringend angelegt werden können, so ergibt sich regelmäßig eine zu hohe Verrechnung in den einzelnen Jahren. 34 ' Gefordert wird eine entsprechende Kürzung der Beträge unter Berücksichtigung der Zinseffekte. 35 ' Dann wird allerdings die übliche Berechnung von kalkulatorischen Zinsen zum Problem. Wenn der Zweck der Berechnung der Abschreibungsbeträge das Erwirtschaften der benötigten Mittel für die Wiederbeschaffung darstellt und dies bereit mit der Summe der Abschreibungsbeträge und ihrer Verzinsung gelingt, ist eine Berücksichtigung von kalkulatorischen Zinsen überflüssig. 36 ' Bei der Ertragswertabschreibung ist dies auch nicht notwendig, da im Konzept der Verzinsungseffekt ja schon berücksichtigt wird.

30)

Vgl. SCHNEIDER, D., S u b s t a n z e r h a l t u n g , 1 9 8 4 , S. 2 5 2 4 .

31)

Vgl.

32)

V g l . SCHNEIDER, D., S u b s t a n z e r h a l t u n g , 1 9 8 4 , S. 2 5 2 4 .

33)

C . - C . , Kostenrechnung, 1994, S. lllff.; KLOOCK, J./SIEBEN, T., Leistungsrechnung, 1993, S. 86ff.; KLLGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 119ff.; Vgl. KRUSCHWITZ, L., Abschreibung, 1973, S. 59. Beispielhafte Rechnungen hierzu in HUMMEL, S . / M Ä N N E L , W . , Kostenrechnung, 1986, S. 167ff.; WEBER, Abschreibungen, 1988, S. 69ff.

Vgl.

MÜLLER,

B„ Anlagekosten, 1990, S. 827.

FREIDANK,

G./SCHILDBACH,

34) 35) 36)

].,

Vgl. SCHNEIDER, D . , S u b s t a n z e r h a l t u n g , 1 9 8 4 , S. 2 5 2 4 .

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

195

Die Berechnung der Ertragswertabschreibung erfolgt, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten. In diesem Konzept sind die Einflußgrößen in der Regel alle zukunftsbezogen, es wird ein Zukunftserfolg ermittelt. Im Ertragswert ist daher die Anschaffungszahlung nicht enthalten, es interessieren nur die zukünftigen, aus dem Vermögensobjekt zufließenden Überschüsse. Einflußgrößen sind daher die zukünftigen Überschüsse und der Zins. 37 ' Der Ertragswert und damit auch die Ertragswertabschreibung beruhen somit ausschließlich auf Schätzungen über die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten des Vermögensobjekts. Der Zahlungsüberschuß setzt sich aus allen zukünftigen Einzahlungen und Auszahlungen zusammen. Für die Bereitstellung dieser Informationen ist eine langfristige Planung notwendig, die über die Absatzerwartungen, eventuelle Liquidationszahlungen und alle internen Faktoren wie Instandhaltungen oder Reparaturen von Maschinen Auskunft gibt. Der subjektive Charakter solcher Schätzungen wird als ein hauptsächlicher Grund gegen die Anwendbarkeit dieses Konzepts für das externe Rechnungswesen angeführt und wird dort überwiegend wegen der großen Manipulationsmöglichkeiten abgelehnt. 38 ' Für eine Kosten- und Erfolgsrechnung gilt als Anforderung ebenfalls eine möglichst manipulationsfreie Ermittlung von Informationen. Aufgrund dieser Tatsache allein sollte jedoch schon deshalb keine Ablehnung des Konzepts erfolgen, weil auch bei einer anschaffungs- oder wiederbeschaffungswertbezogenen Ermittlung eine Reihe von Schätzungen notwendig sind. 39 ' Läßt man die Schätzprobleme beiseite, gibt es trotzdem eine Reihe von Einwendungen gegen das Ansetzen von Ertragswertabschreibungen. Die Wahl des betrachteten Bewertungsobjekts ist für die korrekte Ermittlung des Ertragswertes von ausschlaggebender Bedeutung. Einigkeit herrscht darüber, daß einzelne Vermögensgüter in der Regel nicht für die Ermittlung in Be-

37) 38)

39)

Vgl. COENENBERG, A. G., Gewinnbegriff, 1968, S. 448; KÜPPER, H . - U . , Abschreibungen, 1993, Sp. 25. Vgl. COENENBERG, A. G., Gewinnbegriff, 1968, S. 51f.; WEGMANN, W . , Gewinn, 1970, S. 127f.; EGNER, H., Abschreibungen, 1981, Sp. 41; SCHILDBACH, T., Kapitalerhaltung, 1993, Sp. 1897. Vgl. zu den Problemen WENZEL, H.-H./SCHMIDT, H., Abschreibungen, 1989, S. 256ff.; allerdings sind bei der Bestimmung des Ertragswert mehr Zukunftsinformationen notwendig, vgl. FRANZ, K.-P., Ausschüttungsentscheidung, 1974, S. 183 f.

196

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

tracht kommen. 40 ' Der Ertragswert wird somit für Vermögensgüter berechnet, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen; es erfolgt eine Gesamtbewertung. Damit wird aber die Auswahl der Objekte zum Problem. Trivial ist der Fall der Unternehmensbewertung: es wird der Gesamtwert des Unternehmens ermittelt. Die Schwierigkeiten beginnen, wenn die Ebene des Gesamtunternehmens verlassen wird. Das Unternehmen wird als eine Menge von noch laufenden Investitionsprojekten angesehen, zwischen denen keine Verbindungen bestehen dürfen, Synergieeffekte sind aufgrund der Annahmen des vollkommenen Kapitalmarkts ausgeschlossen. Der Gesamtwert des Unternehmens ergibt sich dann durch die Summe aller Ertragswerte der Investitionsprojekte.41' Synergien zwischen verschiedenen Projekten werden um so stärker, je mehr sich die Bewertung einem einzelnen Objekt nähert. Positive und negative Verbundwirkungen (Synergien) treten jedoch in mannigfaltiger Weise auf; 42 ' so kann eine Niedrigpreisstrategie, die mit der Ausführung eines Investitionsprojekts verbunden ist, negative Wirkungen auf ein anderes Projekt haben, dessen Ertragswert dann sinkt, oder eine technologische Entwicklung bringt positive Effekte für andere Projekte mit sich, deren Ertragswert steigt. In der strategischen Geschäftsfeldplanung wird das Ausnutzen von Synergien zwischen verschiedenen Geschäftsfeldern als wichtigste Aufgabe angesehen. 43 ' Als Grundregel läßt sich formulieren: Wenn sich aufgrund der Ausführung eines Projektes die Zahlungsströme anderer Projekte ändern, müssen alle Projekte gemeinsam betrachtet werden; es muß der Ertragswert der verbundenen Projekte gebildet werden. Angesprochen ist damit ein grundsätzliches Dilemma jeder Form der Bewertung; wird vom Gesamtwert eines Unternehmens ausgegangen, lassen sich nur unter der Vernachlässigung von Verbundwirkungen einzelne Objekte oder Objektgesamtheiten betrachten. Einzelne Vermögensobjekte sind nur bewert-

40) 41)

Vgl. anderer Ansicht BREALEY, R. A./MYERS, S. C., Finance, 1991, S. 270: "The concept works for any asset." Vgl. SCHALL, L. D„ Valuation, 1972, S. 13ff.; der aufbauend auf der Wertadditivätsregel zeigt, daß Diversifikation vom Unternehmen nicht durchgeführt werden muß, vgl. ebenda, S. 19ff. und RUDOLPH, B., Separationstheoreme, 1983, S. 278.

42)

Vgl. den Überblick für die strategische Planung in GÄLWEILER, A., Synergiepotentiale, 1989, Sp. 1938ff.

43)

Vgl. WILDE, K. D„ Bewertung, 1989, S. 95.

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

197

bar, wenn sie im Verbund mit anderen Objekten betrachtet werden. 44 * Für die Einzel- und für die Gesamtbewertung sind eine Reihe von meist unrealistischen Annahmen notwendig, die für die Gesamtbewertung bereits erörtert wurden. Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Vorgehensweise, die Einzelbewertung im Lichte der Ertragswertkonzeption zu beurteilen, ergibt sich aus den bisherigen Erörterungen, daß die Güte von Modellen sich nicht aus anderen Modellen mit grundsätzlich anderem Aufbau einschätzen läßt. Ohnehin ist der Anwendungsbereich beider Konzepte als verschieden anzusehen. Die Ertragswertkonzeption kommt aus diesen Gründen für ein internes Rechnungswesen nur auf einer hohen Aggregationsebene in Frage, z. B. auf der des Gesamtunternehmens oder bei divisionalisierten Unternehmen auf der der einzelnen selbständigen Töchter eines Konzerns oder selbständig operierender Teilbereichen wie beispielsweise Profit Center. Synergieeffekte sind zwar auch auf dieser zweiten Ebene nicht ausgeschlossen, lassen sich jedoch besser einschätzen. 45 ' Bedenken gegen eine Anwendung auf Profit Center bestehen in der idealen Welt dieser Theorie nicht, denn die jeweiligen Leiter verhalten sich konform zur Oberzielsetzung, ihre subjektiven Einschätzungen müssen unter der Annahme der vollkommenen Voraussicht mit denen der Unternehmensleitung und der Anteilseigner übereinstimmen. Die Aussagekraft des Ertragswertes am Periodenanfang und -ende ist indessen mit Problemen behaftet. Verglichen werden zwei subjektive Einschätzungen durch die jeweiligen Leiter, es handelt sich um einen Plan-Plan-Vergleich. Eine Kontrolle der Realisation ist bei in der Periode beendeten Projekten dadurch prinzipiell ausgeschlossen. 46 ' Schwankungen des Ertragswertes zwischen zwei Zeitpunkten beruhen auf folgenden, sich verändernden Einflußgrößen: 4 7 ' -

dem Zins, den Einschätzungen der Bewertungssubjekte bezüglich alter Projekte und

44)

Vgl. MOXTER, A., Gewinnermittlung, 1982, S. 90ff., der die Einzelbewertung als Ertragswertannäherung bezeichnet.

45) 46)

Vgl. zu den Problemen für eine Spartenorganisation vgl. POENSGEN, O. H., Geschäftsbereichsorganisation, 1973, S. 202ff. Vgl. HAX, H., Periodenerfolgsmessung, 1989, S. 164.

47)

Vgl. WEGMANN, W., Gewinn, 1970, S. 103; DRUKARCZYK, J., Konzeption, 1973,

S. 186.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

198

-

den Einschätzungen neuer Projekte.

Ein abgeschlossenes Projekt geht, soweit nicht mangels besserer Alternativen eine Finanzanlage am Kapitalmarkt vorgesehen ist, unmittelbar in ein neues Projekt über. Nur für dieses Projekt wird der Ertragswert ermittelt, das abgeschlossene Projekt ist für diese Betrachtung irrelevant. Streng genommen darf sich der Ertragswert allerdings unter der Annahme der vollkommenen Sicherheit nur aufgrund neu hinzukommender Projekte verändern, denn für die sonstigen Entwicklungen besteht ja vollkommene Voraussicht. Wer das Problem von unvorhergesehenen Entwicklungen mit dem Modell klären will, muß die Voraussetzungen beachten, und eine dieser Voraussetzung ist angenommene Planungssicherheit. 481 Welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um die Separation auch für den Fall der Unsicherheit zu ermöglichen, zeigt Rudolph. Für den Kapitalmarkt sind eine Reihe von zusätzlichen Annahmen notwendig, die sich insbesondere auf die Risiko-Ertragsstruktur aller am Kapitalmarkt gehandelten Wertpapiere bezieht. 49 ' An der grundsätzlichen Kritik, die in diesem Kapitel geäußert wird, ändern diese Annahmen jedoch nichts, da sich alle Aussagen auch auf den vollkommenen Kapitalmarkt bei Unsicherheit beziehen. 50 ' Welche Konsequenzen lassen sich aus der Ertragswertkonzeption für die Modelle der Kosten- und Erfolgsrechnung ziehen? Die Annahmen und Implikationen die mit dieser Gesamtbewertung verbunden sind, lassen sie für eine Anwendung in der Kosten- und Erfolgsrechnung ungeeignet erscheinen. Für Gestaltungsempfehlungen ist dieser Ansatz ohnehin nicht gedacht, und somit kommt diesem Konzept die Funktion zu, Leitideen für die Modellbildung bereitzustellen. 51 ' Im Lichte dieser Theorie werden dann Modelle auf ihre Güte beurteilt. Dieses Vorgehen setzt jedoch voraus, daß beide Modelle die gleichen Rechenzwecke und Zielgrößen verwenden und dann ausgehend von einem Grundmodell durch zunehmende Vereinfachung ein weiteres Modell, z. B. die Kosten- und Erfolgsrechnung entsteht. Fraglich

48)

Vgl. SCHMIDT, R. H„ Finanzierungstheorie, 1986, S. 37f„ der zurecht darauf hinweist, daß dann die Annahmen kritisiert werden müssen.

49)

Vgl. z u den weiteren Annahmen S. 276ff.

50) 51)

RUDOLPH,

B., Separationstheoreme,

1983,

Vgl. RUDOLPH, B„ Separationstheoreme, 1983, S. 278; ORDHLHEIDE, D „ Rech-

nungslegung, 1988, S. 275.

Vgl. MAIER-SCHEUBECK, N., Kostenrechnung, 1992, S. 229.

B. Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung

199

ist es jedoch, wie ein Modell, dessen Voraussetzungen so offensichtlich fern von denen der Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung sind, als Referenzmodell verwendet werden kann. Die Gesamtbewertung stellt jeden vor unlösbare Schwierigkeiten, der in einem Modell Erfolgsbeiträge von organisatorischen Einheiten ermitteln will, die unterhalb der Betrachtung des Gesamtunternehmens liegen. 52 ' Gravierender ist jedoch, daß Modellvereinfachungen sich bei isolierter Betrachtung von Einzelmaßnahmen aus einem Gesamtkonzept des Ertragswerts überhaupt nicht durchführen lassen. Ein zukünftiger Zahlungsstrom solcher Maßnahmen kann nur ermittelt werden, wenn alle weiteren Wirkungen in langfristigen Plänen ermittelt werden. Vereinfachungen der Modellannahmen scheinen hierfür nicht ausreichend, vielmehr muß die Zielgröße geändert werden; die Kosten- und Erfolgsrechnung stützt sich dann nicht mehr auf eine zahlungsorientierte Konzeption. Die Kostenrechnung ist als ein institutionalisiertes Informationssystem aufzubauen, daß Informationen auf allen Hierarchieebenen des Unternehmens bereitzustellen hat. Die zahlungsorientierten Ansätze tendieren zu einer zentralistischen Lösung aller Führungsprobleme, und zwar auch dann, wenn eigentlich eine dezentrale Lösung angestrebt wird. Wird die Entscheidungskompetenz an organisatorische Einheiten abgegeben, und es gibt zahlreiche Gründe dafür, dann kann diese organisatorische Entscheidung nicht durch eine Gestaltung der Unternehmensrechnung wieder rückgängig gemacht werden. Der Aufbau von Planungs- und Kontrollsystemen trägt diesem Umstand in Theorie und Praxis durch ein gestuftes Vorgehen Rechnung; es wird in eine grobe Rahmenplanung und eine Detailplanung getrennt. Der Unterschied besteht dabei nicht darin, daß verschiedene Objekte betrachtet werden, sondern die gleichen Objekte detaillierter geplant, gesteuert und kontrolliert werden. Die Informationsgrundlagen beider Ebenen weichen allerdings erheblich voneinander ab. Die Kosten- und Erfolgsrechnung stellt hauptsächlich für die operative Detailplanung, welche das Erfolgsziel berührt, Informationen zur Verfügung.

52)

Dieses Problem wird regelmäßig bei der Beurteilung der kapitaltheoretischen Konzeption unterschlagen, so z. B. bei MAIER-SCHEUBECK, N., Kostenrechnung, 1992, S. 230f.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

200

Wenn die Kosten- und Erfolgsrechnung zusätzlich noch Verbindungen zwischen Rahmen- und Detailplanung aufzeigen soll, dann ist nicht von irgendwelchen Annahmen über die Zukunft auszugehen, sondern von den subjektiven Vorstellungen der Unternehmensführung über die Entwicklung ihres Unternehmens und des relevanten Umfeldes. Diese Vorstellungen spiegeln sich in den entsprechenden Plänen des Unternehmens wider, dort werden die zukünftigen Ziele und Strategien festgelegt. Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist in diesem Spannungsfeld angesiedelt. Aufgrund der organisatorischen Trennung der Entscheidungsfelder ergeben sich vielfältige Verbundwirkungen, die sich nicht mehr im Hinblick auf das Erfolgsziel optimieren lassen. Das häufig überstrapazierte Meß- und Bewertungsproblem wandelt sich in ein Schätzproblem. Bevor die Kosten- und Erfolgsrechnung systematisch entwickelt wird, ist somit eine Kennzeichnung des Planungssystems voranzustellen. Das Planungs- und Kontrollsystem stellt geradezu sinnbildlich das Unvermögen des Menschen dar, das Programm der Theorie rationaler Entscheidung mit seinen Annahmen über die Informationsmöglichkeiten zu vollziehen. Diese Theorie kann es zwar nicht ersetzen, aber durch ein gestuftes Planungs- und Kontrollsystem wird eine realistischere Sicht auf die Möglichkeiten der Unternehmensführung erzeugt.

C.

Modellannahmen und Konzeption der wertmäßigen Kostenund Erfolgsrechnung

I.

Führungsmodell

Um eine Kosten- und Erfolgsrechnung zu entwickeln, ist es notwendig, das Führungssystem in seinen Grundzügen zu kennzeichnen. Es soll Klarheit darüber bestehen, für welche Führungsprobleme die Kosten- und Erfolgsrechnung Informationen liefert und was nicht ihr Gegenstand ist. Das zugrundeliegende Führungsmodell besteht aus mehreren Ebenen, die miteinander verbunden sind, der strategischen Ebene, der taktischen Ebene und der operativen Ebene.

C. Modellannahmen und Konzeption

201

Diese Unterteilung beruht auf einer kombiniert sachlichen und zeitlichen Differenzierung; jede Ebene ist auf unterschiedliche Führungsobjekte gerichtet. 5 3 '

strategische Ebene

Erfolgspotentialaufbau und -erhaltung

taktische Ebene

Potentialaufbau und -erhaltung

operative Ebene

Potentialnutzung

Darstellung 19: Führungsebenen und Fiihrungsobjekte

Im Mittelpunkt der strategischen Führung stehen der Erfolgspotentialaufbau und die Erhaltung bestehender Erfolgspotentiale. Auf der taktischen Ebene werden Entscheidungen über den Ressourcenaufbau im Rahmen der strategischen Führung getroffen. Die operative Ebene hat Entscheidungen über die Nutzung aller vorhandenen Ressourcen zum Gegenstand. Das Führungssystem wird auf Basis eines differenzierten Planungssystems entwickelt. Verbindet man die unterschiedlichen Ebenen mit einer zeitlichen Einteilung in Kalenderjahre, erhält man verschiedene Möglichkeiten von Planungssystemen. Für die folgenden Ausführungen wird eine vorgestellt, um an diesem System exemplarisch alle Probleme einer operativ orientierten Kosten- und Erfolgsrechnung aufzeigen zu können. Eine erste Einteilung dient der Trennung von Planungszeitraum und Handlungszeitraum. 5 4 ' Der Handlungszeitraum einer Institution erstreckt sich bis zu ihrer Auflösung. Das Ende des Handlungszeitraums ist bei Unternehmen auf Dauer nicht zu ermitteln, für Unternehmen auf Zeit hingegen fixiert. Der Handlungszeitraum ist im Falle von Unternehmen auf Dauer länger als der

53)

Vgl. ANSOFF, H . I., Strategy, 1965, S. 3ff.; ANTHONY, R. N . , Systems, 1965, S. 15ff.; TÖPFER, A . , Planungs- und Kontrollsysteme, 1976, S. 97ff.; PFOHL, H . - C . , Planung, 1981, S. 122ff.

54)

Vgl.

SCHNEIDER,

D., Investition, 1992,

S.

26ff.

202

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Planungszeitraum. Als Planungszeitraum gilt der Zeitraum, für den Ziele und Maßnahmen explizit formuliert werden können. Es existieren zwar Vorstellungen über die Zeit nach dem Ende des Planungszeitraums (= Planungshorizont), sie lassen sich aber nicht explizit in Plänen berücksichtigen. Wenn sich dieser Zeitraum auch auf die Pläne auswirken soll, dann müssen die Voraussetzungen erfüllt werden, die den Fortbestand des Unternehmens gewährleisten. Diese noch nicht operationale Bedingung, häufig als nachhaltige Existenzsicherung des Unternehmens bezeichnet, 55 ' bezieht sich auf die Ziele der Unternehmensbeteiligten, denn für Eigentümer und andere Unternehmensbeteiligte soll das Unternehmen weiterhin als Einkommensquelle dienen. Die monetären Zielgrößen für die taktische Planung beruhen auf Zahlungen und damit bietet sich z. B. der Kapitalwert als Kriterium an. Die Verzahnung mit der strategischen Planung soll auf der monetären Ebene über Zahlungen erfolgen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß eine strategische Planung jedoch nicht ausschließlich auf monetären Zielen beruht, andererseits sollte auf eine monetäre Fundierung von strategischen Planungen nicht verzichtet werden. Da die Gestaltung einer Kosten- und Erfolgsrechnung untersucht wird, die primär operativ ausgerichtet werden soll, sind zwei Schnittstellen von besonderem Interesse, erstens die Verbindung zur taktischen Planung und zweitens die Betrachtung der strategischen Erfolgsermittlung auf Basis von Zahlungen. Der strategische Erfolg wird auf Basis von Zahlungen als Überschußrechnung ohne Zinsen oder als Ertragswertrechnung mit der Zielgröße kapitaltheoretischer Erfolg ermittelt. Taktische Erfolgsgrößen sind Kapitalwerte, die bei der Entscheidung über die Durchführung von Investitionsprojekten verwendet werden. Die Verbindung zwischen beiden Größen wurde in den letzten Kapiteln diskutiert. Für eine operative Planung werden Informationen benötigt, die als Grundlage für Entscheidungen auf Basis gegebener Potentiale dienen. Als zeitliche Befristung wird eine jährliche Planung angenommen. Auf dieser Planungsebene

55)

Vgl. zum Ziel der Existenzsicherung als dem herausragenden strategischen Ziel BlRCHER, B., Unternehmungsplanung, 1976, S. 65; ANSOFF, H. I., Management,

1979, S. 11;

BLEICHER,

K., Management, 1991, S. 53f.

C. Modellannahmen und Konzeption

203

Planungsebene

Planungshorizont

Zielgrößen

Planungsobjekt

strategisch

über 5 Jahre

Erfolgspotential

Unternehmen, strategische Geschäftseinheiten

über 5 Jahre

Zahlungsüberschuß, Ertragswert

Unternehmen, strategische Geschäftseinheiten

taktisch

bis 5 Jahre

Kapitalwert

Investitionsprojekt

operativ

bis 1 Jahr

Unternehmenserfolg, Betriebserfolg

Unternehmen organisatorische Bereiche, Maßnahmen der Ressourcennutzung

Darstellung 20: Außau eines

Planungssystems56)

steht im Mittelpunkt, welche Leistungen im kommenden Planungsjahr am Markt abgesetzt werden sollen, welche gefertigt werden müssen, welche Produktionsfaktoren dazu beschafft werden müssen. 5 7 ' Daneben sind alle für die leistungsbezogenen Prozesse notwendigen zusätzlichen Aktivitäten zu planen, von der innerbetrieblichen Logistikleistungen bis zu Aktivitäten der Public Relations. 5 8 ' Hinzu kommen die projektbezogenen Aktivitäten, die sich aus den taktischen und strategischen Vorhaben für dieses Planjahr ableiten. Eine Gesamtabstimmung aller Aktivitäten, ausgerichtet an dem Formalziel Erfolg, ist erforderlich; ist diese planmäßig erreicht, so wird die Entscheidung gefällt, und es werden entsprechende Vorgaben für alle Beteiligten abgeleitet. Die sich aus den Planungen ergebenden Budgets sind Grundlage für das Handeln im Planjahr.

56)

Vgl. zum Aufbau von Planungssystemen die Quellen in der Fußnote 53 dieses Kapitels.

57)

Vgl. KILGER, W., Industriebetriebslehre, 1986, S. 180ff.

58)

Vgl. WELSCH, G. A./HLLTON, R. W. /GORDON, P. N., Budgeting, 1988, S. 306.

204

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Die Informationen, die für das Erstellen der Pläne und Budgets verwendet werden, beruhen auf den Vorstellungen über künftiges Handeln; die Kostenund Erlösinformationen, die als Ergebnis dieser planerischen Tätigkeit anzusehen sind, beruhen auf Annahmen über die Marktentwicklung und den sich daraus ergebenden Unternehmensablauf. Treten nun Veränderungen auf, da z. B. Aufträge verloren gehen oder zusätzliche Aufträge gewonnen werden, so spiegeln die auf Grundlage der ursprünglichen Planungen ermittelten Kosten und Erlöse diese Veränderungen nicht wider. Wird gewünscht, solche Abweichungen nicht erst in der Kontrollrechnung am Ende der Abrechnungsperiode zu erfassen, müssen die Kosten- und Erlösinformationen entsprechend verändert werden oder auf Grundlage der aktuellen Situation neu berechnet werden. Wie dieses Wechselspiel im einzelnen durch die Kosten- und Erfolgsrechnung unterstützt wird, soll in nachfolgenden Kapiteln untersucht werden. Der skizzierte Führungszyklus beschränkte sich auf die sachzielbezogene Planung. In Unternehmen werden allerdings noch weitere Ziele verfolgt, neben der leistungswirtschaftlichen Zielkomponente werden eine soziale und eine finanzwirtschaftliche Zielkomponente unterschieden. Diese drei Zielkomponenten spielen zwar in der Unternehmenspolitik und damit der strategischen Führung eine große Rolle, insbesondere die soziale Komponente spiegelt sich hingegen in den verschiedenen Teilsystemen der Unternehmensrechnung kaum wieder. Die Kosten- und Erfolgsrechnung kann hierzu als typisches Beispiel herangezogen werden. Sie erfaßt ausschließlich Vorgänge, die in einem Zusammenhang mit dem Leistungsprogramm stehen, darin drückt sich ihr Sachzielbezug aus. Alle Aktivitäten, die auf Basis anderer Zielkomponenten ausgewählt werden, sind nicht Gegenstand der kostenrechnerischen Betrachtung.

II.

Zur Entwicklung der wertmäßigen Konzeption der Kostenund Erfolgsrechnung

a.

Erweiterung der wertmäßigen Konzeption um weitere Zielkomponenten

Wenn auf die Unterscheidung in Sach- und Formalziele zurückgegriffen wird, dann stellen Kosten und Erlöse Formalzielgrößen dar. Es sind Zielgrößen, mit

C. Modellannahmen und Konzeption

205

deren Hilfe Handlungsalternativen beurteilt werden. 591 Kosten und Erlöse werden allerdings in ihrer Anwendung eingegrenzt. Sie erfassen nur bestimmte Prozesse im Unternehmen, nämlich alle Prozesse die leistungs- bzw. sachzielbezogen sind. Daraus folgt, daß bei der Bewertung von Handlungsalternativen mit Kosten und Erlösen nicht alle Alternativen, die den Gesamterfolg des Unternehmens betreffen, erfaßt werden. Mit Hilfe von Sachzielen wird somit eine Vorauswahl von Handlungsalternativen getroffen. 60 ' Insofern stellen auch Sachziele Kriterien dar, mit denen Handlungsalternativen bewertet werden. Aus einer unbegrenzten Menge an Alternativen werden mit Hilfe des Sachziels einige ausgewählt. Andere Möglichkeiten werden dem Entscheidungsprozeß entzogen. Zu fragen ist, ob diese sachliche Eingrenzung einer

operativ

ausgerichteten Rechnung tatsächlich notwendig ist, oder ob es nicht gewichtige Gründe gibt, diese Eingrenzung aufzuheben. So werden Kosten eingeschränkt auf die bewerteten Güterverzehre des Betriebsbereichs. Durch die Zielgröße Kosten wird eine Vorauswahl dahingehend getroffen, bestimmte Alternativen nicht zu betrachten, und zwar alle, die nicht den Betriebsbereich berühren. Dies steht nicht im Widerspruch zur vorherigen Aussage, daß nur die Sachziele den Handlungsraum begrenzen, denn letztlich hat jedes Ziel eine Auswahlfunktion, weil es Konsequenzen für eine Handlungsalternative aufzeigt. Sind keine Konsequenzen feststellbar, dann ist die Alternative für dieses Ziel irrelevant. Wird nur ein Ziel betrachtet, greift die selektive Wirkung des Kriteriums, denn dann wird die Handlungsalternative nicht aus dem Entscheidungsprozeß eliminiert. Die selektive Kraft des sachzielbezogenen Güterverzehrs (Merkmal der Zielgröße Kosten) führt zum Ausschluß von Handlungsalternativen, die andere Komponenten des Zielsystems betreffen, aus einer operativen Planungsrechnung. Die von ihnen ausgehenden Wirkungen auf den intern ermittelten Erfolg werden ausgeklammert. Für den operativen Bereich gibt es jedoch kein weiteres System der internen Erfolgsermittlung. Die Begriffe Kosten und Erlöse sollten daher am gesamten Zielsystem ausgerichtet werden.

59)

Vgl. GROCHLA, E., Unternehmungsorganisation, 1972, S. 41.

60)

Vgl. FRESE, E., Organisation, 1993, S. 14 weist darauf hin, daß Sachziele den Handlungsraum begrenzen.

206

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Kosten

Zielbezug

Bewertung

Güterverzehr

Zielsystem leistungswirtschaftliche Komponente soziale Komponente finanzwirtschaftliche Komponente

Darstellung 21: Zielsystem und der Kostenbegriff Unternehmenspolitische Entscheidungen betreffen das gesamte Zielsystem, und sie wirken sich auf alle Ebenen des Führungssystems aus. Eine der Schwierigkeiten, finanzwirtschaftliche, leistungswirtschaftliche und soziale Zielkomponente aufeinander abzustimmen, liegen in den fehlenden Möglichkeiten eines rechnerischen Abgleichs. Auch wenn hier nicht einer Ökonomisierung von sozialen Zielen das Wort geredet werden soll, ist festzuhalten, daß für Unternehmen in einer Geldwirtschaft die Konsequenzen von Handlungen in Geld gemessen werden, denn Geld ist alleiniger, allseits akzeptierter Maßstab. Für eine Kostenrechnung stellt sich daher die Aufgabe, alle Aktivitäten, die aus dem Zielsystem des Unternehmens abgeleitet werden, in die Betrachtung einzubeziehen. Denn es ist zweifellos inkonsequent, wenn auf der strategischen Ebene solche Ziele berücksichtigt werden, auf der operativen Ebene jedoch keine erfolgswirtschaftliche Beurteilung mehr stattfindet. Der immer wieder beklagte Zustand, daß strategische und operative Ebene nicht genügend aufeinander abgestimmt sind, läßt sich zwar nicht prinzipiell mit der Gestaltung der Kosten- und Erfolgsrechnung lösen. Wenn allerdings in dem wichtigsten institutionalisierten Informationssystem Auswirkungen strategischer

C. Modellannahmen und Konzeption

207

Ziele aufgezeigt werden, ist ein erster Schritt getan. Wichtig sind diese Informationen z. B. wegen der Wirkungen, die soziale Maßnahmen auf den Erfolg haben. Eine Abschätzung der strategischen Entscheidung sollte aus diesen Gründen nicht auf die bilanzielle Erfolgsrechnung abgewälzt werden. 6 1 ' Das Problem der bisherigen Abgrenzung liegt auch nicht in den eigentlichen Marktleistungen der Unternehmen, sondern vielmehr in Leistungen eines Unternehmens, die nur schwer in eine Beziehung zu den Sachzielen gebracht werden können. Sie ergeben sich aus den Anforderungen, die in einer Marktwirtschaft in einer weit entwickelten Volkswirtschaft an Unternehmen von Staat, Arbeitnehmern, Gewerkschaften und anderen Gruppen gestellt werden. Daß sich aus diesen Anforderungen Wirkungen auf den Gesamterfolg des Unternehmens ergeben, wird kaum bestritten, nur wird dies bisher in der Kostenund Erfolgsrechnung nicht berücksichtigt. Als Beispiel für die Blickverengung durch die strenge Sachzielbezogenheit kann die Entwicklung einer Umweltkostenrechnung angesehen werden. Sie hat dazu geführt, daß einseitig die Bewertung von Gütern betrachtet, die Betrachtung der Produktion von Übeln jedoch vernachlässigt wurde. Erst durch entsprechende Umweltschutzgesetze und daraus sich ergebenden Auflagen wurde eine entsprechende Berücksichtigung in der Kosten- und Erfolgsrechnung erreicht. Theoretisch bestand die Möglichkeit, die Kosten- und Erfolgsrechnung auf das gesamte Unternehmen zu beziehen, schon immer. Die Einschränkung auf den Betriebsbereich läßt sich historisch durch die überragende Bedeutung der Kalkulation der Produkte erklären. Es sollten nur die Beträge angesetzt werden, die für dieses Produkt notwendig sind, was sich im Merkmal leistungsbedingt ausdrückt. Wer so den Zweck einer führungsorientierten Kosten- und Erfolgsrechnung verengt, darf sich nicht wundern, daß entscheidende Entwicklungen im Unternehmensumfeld auf Grund der selektiven Wirkung der Zielgrößen nicht berücksichtigt werden können. Die erwähnte Entwicklung der Umweltkostenrechnung ist hierfür ein ausgezeichnetes Beispiel, denn obwohl der Umweltschutz seit einer Reihe von Jahren in den Zielsystemen von Unternehmen verankert ist, hat sich eine entsprechend ausgerichtete Kostenrechnung

61)

Vgl. BLEICHER, K., Lenkung, 1987, S. 386ff., der beispielhaft die Probleme eines Human Ressource Accounting aufzeigt.

208

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

erst jüngst entwickelt. 6 2 ' Die Ausrichtung der Kosten- und Erfolgsrechnung sollte daher auf alle Ziele des Unternehmens, auch w e n n sie nicht leistungsbezogen sind, erweitert werden. Diese Ausweitung des Gegenstandsbereichs der Kosten- und Erfolgsrechnung könnte zur Überlegung führen, ob nicht auf eine solche interne Rechnung verzichtet werden kann, da sich in der externen Gewinn- und Verlustrechnung alle Geschäftsvorfälle niederschlagen. Für die Unternehmensführung sind dann zwar einige Umbewertungen notwendig, was angesichts der Einsparmöglichkeiten allerdings kaum ins Gewicht fällt. 63 ' Eine solche Sichtweise verkennt die grundlegenden Unterschiede zwischen internen und externen Rechnungswesen, die sich auf alle Aspekte, die als Grundlage dieser Untersuchung gewählt wurden, auswirkt. Die Rechnungszwecke, die Modellannahmen und die Zielgrößen des internen Rechnungswesen können grundsätzlich frei gewählt werden, dies ist im externen Rechnungswesen nicht möglich. 6 4 ' So beruht beispielsweise die Erfolgsvorstellung, die dem externen Rechnungswesen zugrundeliegt, auf der Erhaltung des Nominalkapitals, was insbesondere bei Inflation zu Problemen der Vermögenserhaltung führt. 6 5 ' Einige herausragende Zwecke der Kosten- und Erfolgsrechnung, wie z. B. die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit, sind auf Basis der Rechnungsgröße Aufwand kaum durchzuführen. 6 6 ' Die Flexibilität einer wertmäßigen Konzeption der Kostenrechnung zeigt sich z u d e m

62)

Vgl. zum Zielcharakter des Umweltschutzes FRESE, E./KLOOCK, ]., Rechnungswesen, 1989, S. 4ff.

63)

Vgl. zu einer solchen Vorgehensweise ZIEGLER, H., Neuorientierung, 1994, S. 177ff., die dort dargestellte Ergebnisrechnung beruht auf einer externen GuVRechnung die zusätzlich kalkulatorische Zinsen berücksichtigt, jedoch auf die Beteiligungs-, Zins- und Finanzergebnisse verzichtet und wird um alle Beträge bereinigt, die auf dem Imparitätsprinzip beruhen, vgl. ebenda, S. 178f. Vgl. zu diesem Vorschlag KÜPPER, H.-U., Erfolgsrechnungen, 1995, S. 20ff.

64)

Vgl. SCHNEIDER, D., Rechnungswesen, 1994, S. 401, der darauf hinweist, daß die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften einer betriebswirtschaftlichen Steuerung von selbständigen organisatorischen Einheiten entgegenstehen, und der Zweck der Ausschüttungssperre den Jahresabschluß als Steuerungsinstrument untauglich macht.

65)

Vgl. SCHILDBACH, T., Kapitalerhaltung, 1993, Sp. 1892.

66)

So ist z. B. bei dem Vorschlag einer anreizverträglichen internen Erfolgsrechnung von Schneider zu beachten, daß eine Kontrollrechnung auf Basis der Istwerte konzipiert wird, vgl. SCHNEIDER, D., Rechnungswesen, 1994, S. 403; SCHNEIDER, D., Erfolgsrechnung, 1988, S. 1186..

C. Modellannahmen und Konzeption

209

auch in der Möglichkeit, Wertansätze an die jeweilige Situation anzupassen: dies ist auf der Grundlage des externen Rechnungswesen nicht möglich.167' Die Kosten- und Erfolgsrechnung soll Informationen für die operative Planung bereitstellen. Die operative Planung ist in die strategische und taktische Planung eingebettet, letztlich sollen sich in ihr alle Ziele, Strategien und Maßnahmen niederschlagen. In der traditionellen Kosten- und Erfolgsrechnung wird jedoch nur eine Zielkomponente betrachtet; die entsprechende sachliche Einschränkung auf den Betriebsbereich führt zu einem Bruch zwischen kurz- und langfristigen Betrachtungen. Der Begriff Kosten ist daher auf alle Güterverzehre im Unternehmen zu erweitern. 68 ' Kosten sind der bewertete unternehmenszielbezogene Güterverzehr. Dementsprechend sind Erlöse die bewerteten unternehmenszielbezogenen Güterentstehungen. Zweck dieser Erweiterung ist es, mit Hilfe der erzeugten Informationen flexibler auf Veränderungen im Umfeld des Unternehmens, die sich im Zielsystem des Unternehmens widerspiegeln, reagieren zu können. 69 ' In der Zielbezogenheit des Kostenbegriffs greift weiterhin der Auswahlcharakter der wertmäßigen Konzeption. Spezielle Kosten- und Erlösinformationen für einzelne Zielkomponenten sollen den gesamten operativ ausgerichteten Informationsbedarf abdecken. 70 ' Ausgehend von diesen Überlegungen sollen im nächsten Kapitel die allgemeinen Begriffe Kosten und Erlöse entwickelt werden, der als Grundlage für die wichtigsten Rechnungszwecke tragfähig ist, d. h. aus dem sich die verschiedenen speziellen Kostenbegriffe ableiten lassen. 71 '

67) 68)

Vgl. PFAFF, D., Kostenrechnung, 1994, S. 1071 ff., der weitere Gründe nennt. Die Abgrenzungsrechnung zwischen Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung ist darin zu modifizieren.

69)

Vgl. WEBER, J., Kostenrechnung, 1993, S. 17/., der die Einflüsse verschiedener Führungssubsysteme auf die Kosten- und Erfolgsrechnung beleuchtet. Vgl. SCHWEITZER, M., Kostenkategorien, 1993, Sp. 1209, dessen Unterscheidung in Kostenkategorien (= spezielle Begriffe) und allgemeiner Begriff. Vgl. CLARK, J. M„ Studies, 1923, S. 35ff„ 175ff., der als einer der ersten spezielle Kostenbegriffe in Abhängigkeit vom Rechnungszweck untersucht.

70) 71)

210

b.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Die Begriffe Kosten und Erlöse

Die Begriffe Kosten und Erlöse sind Allgemeinbegriffe, 72 ' die durch Individualbegriffe ausgefüllt werden müssen. Eine allgemeine Definition hat den Vorteil, daß nicht mit jeder neuen Betrachtung von Rechnungszwecken und den entsprechenden Erfolgsdefinitionen neue Begriffe gefunden werden müssen, sondern alle diese Probleme unter dem Dach der Kosten- und Erfolgsrechnung behandelt werden können. Wie ausführlich erläutert, hängt die Bewertung und Zurechnung vom jeweiligen Rechnungszweck ab, der sich in der Ausprägung der Variablen der betrachteten Felder niederschlägt. Die konkrete Gestalt des Entscheidungs-, Steuerungs- oder Kontrollfelds führt daher zu den verschiedenen individuellen Begriffen Kosten und Erlöse. Vorwiegend sollen nicht schon durch die restriktive Definition des Begriffs die Zielgrößen eingeengt werden. Für ein operatives Informationssystem sollen durch die Begriffswahl nicht die möglichen Rechnungszwecke eingeschränkt werden, sondern für jeden speziellen Rechnungszweck vielmehr die spezielle Kosten- und Erlösgröße entwickelt werden. 73 ' Traditionell lassen sich die allgemeinen Begriffe Kosten und Erlöse an drei Merkmalen erkennen. Diese Merkmale sind auch heute noch als Fundament einer Kostenrechnung tragfähig, allerdings sind einige gewichtige Veränderungen vorzunehmen. Die drei Bestandteile sind -

der Zielbezug,

-

die Bewertung und

-

der (Vermögens-)Güterverzehr bzw. die (Vermögens-)Güterentstehung.74»

Der Zielbezug der wertmäßigen Kosten und Erlöse ist auf das gesamte Zielsystem des Unternehmens auszurichten. Die Allgemeinheit der Definition soll für die Möglichkeit einer umfassenden operativ ausgerichteten Führungsrechnung sorgen. Die sachziel- bzw. leistungsbezogene Sicht ist in einer erweiterten

72)

Vgl. MENRAD, S., Kostenbegriff, 1965, S. 90ff.

73)

So wird z. B. bei HENZEL, F., Kosten, 1967, S. 39 und SEISCHAB, H., Kalkulation, 1944, S. 18, durch die Begriffsbildung Mehraufwand, beispielsweise Ausschuß, von den Kosten getrennt.

74)

Vgl. das Kapitel A.I.b. im zweiten Teil.

C. Modellannahmen und Konzeption

211

Rechnung enthalten, d. h. eine sachliche Trennung in Unternehmen und Betriebsbereich ist weiterhin möglich. Wichtig ist jedoch zu erkennen, daß der Zielbezug durch den jeweiligen Rechnungszweck festgelegt wird, die speziellen Begriffe sind aus dem Allgemeinbegriff abgeleitete Varianten.

Kosten

Zielbezug

Bewertung

Güterverzehr

Rechnungszweck wird konkretisiert durch:

Darstellung

22:

Bewertung

und

Entscheidungsfeld Steuerungsfeld Kontrollfeld

Rechnungszweck

Der "Wert ist ein Maßstab der Vorziehenswürdigkeit von Aktionsmöglichkeiten oder Gegenständen." 7 5 ' In einer gerundiven Interpretation des Wertes ist immer die Angabe eines Zweckes erforderlich, um einen Wert zu ermitteln. 76 ' Der Wert eines einzelnen Gutes bestimmt sich dabei nach seinen zukünftigen Verwendungsmöglichkeiten. Wenn z. B. der Anschaffungspreis als Wertansatz verwendet wird, stehen Vorstellungen von einer objektiven Wertbestimmung im Vordergrund. Zweifelsohne lassen sich auch solche objektiven Werte als bewertete Verwendungen interpretieren, was für den Fall des Anschaffungs-

75)

ENGELS, W . , Bewertungslehre, 1962, S. 1.

76)

Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 12.

212

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

preises die Annahme enthält, daß das Vermögensgut seinen eigenen Anschaffungswert, jedoch keinen Gewinn erbringt. Insbesondere schließt die gewählte Definition der Kosten und Erlöse die Bewertung anhand von Auszahlungen nicht aus, sie ist sehr wohl möglich. Denn die Bewertung folgt aus einer Erfolgszielgröße, die im Zusammenhang mit der Konkretisierung der jeweiligen Felder vorher festgelegt werden muß. Es werden (Vermögens-)Güterentstehungen und (Vermögens-)Güterverzehre betrachtet. Da die Kosten- und Erfolgsrechnung einen Periodenerfolg ermitteln soll oder allgemeiner eine zeitraumbezogene Rechnung ist, wird ein Vermögensvergleich notwendig. Dafür werden grundsätzlich alle Vermögensgüter im Unternehmen betrachtet, es erfolgt kein Ausschluß von einzelnen Arten von Gütern. 77 ' Dadurch wird auch offensichtlich, warum der Begriff Verzehr nicht im Sinne eines physischen Verschleißes zu verstehen ist. Diese Interpretation wird zwar immer wieder zum entscheidenden Merkmal stilisiert, an dem dann heftig kritisiert werden kann. Dem liegt jedoch eine zu kurz gegriffene Interpretation von Vermögensgütern zugrunde. Die Gesamtheit an Real- und Nominalgütern sowie Rechten und Pflichten ist das Vermögen eines Wirtschaftssubjekts. Wird das Vermögen um die Pflichten (= Schulden) gemindert, spricht man von Reinvermögen. Jede zeitraumbezogene Erfolgsermittlung versucht die Veränderung des Reinvermögens zu berechnen. Jede Wertminderung an einem Vermögensgut kann daher als Güterverzehr betrachtet werden; ob es sich um den Verschleiß einer Maschine, den Einsatz von Material oder eine aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten nunmehr dubiose Forderung handelt, immer verliert das jeweilige Vermögensgut an Wert.78) Dieser Wertverlust wird als Güterverzehr und sein monetärer Ausdruck als Kosten bezeichnet. Die bloße Kennzeichnung von Kosten als negative

77)

78)

Wenn die Vermögensgüter nur auf Realgüter beschränkt werden, entsteht das Problem, daß sich Ausgaben, die sich nicht auf die Realgütersphäre auswirken, nicht berücksichtigen lassen: z. B. Steuern. Die Trennung von Real- und Nominalgütersphäre ist dann nicht mehr notwendig; vgl. KOSIOL, E., Wesensmerkmale, 1958, S. 37. Vgl. KÄFER, K„ Zukunftsrechnung, 1962, S. 15ff„ der Vermögensgüter als künftige Nutzleistungen interpretiert.

213

C. Modellanrtahmen und Konzeption

E r f o l g s k o m p o n e n t e o d e r als W e r t m i n d e r u n g eines E n t s c h e i d u n g s f e l d e s läßt d e n materiellen Inhalt solcher Z i e l g r ö ß e n a u ß e r A c h t . 7 9 ' Der

unternehmenszielbezogene

Güterverbauch

steht

im

Mittelpunkt

einer

K o n z e p t i o n der Kosten- u n d E r f o l g s r e c h n u n g . Objekt d e r E r f a s s u n g u n d Z u r e c h n u n g v o n K o s t e n u n d E r l ö s e n sind die z i e l b e z o g e n e n V e r z e h r e u n d E n t s t e h u n g e n v o n W i r t s c h a f t s g ü t e r n . 8 0 ) A u s s c h l a g g e b e n d sind für die K o s t e n die V e r z e h r s z e i t p u n k t e und für die Erlöse die E n t s t e h u n g s z e i t p u n k t e . K o s t e n u n d Erlöse lösen sich v o n d e n Z a h l u n g s z e i t p u n k t e n . W e l c h e r Z u s a m m e n h a n g besteht z w i s c h e n d e n V e r z e h r s - u n d E n t s t e h u n g s v o r g ä n g e n u n d d e n Z a h l u n g e n ? F ü r die innerbetrieblichen P r o z e s s e fallen in der Regel keine Z a h l u n g e n an, der güterwirtschaftliche P r o z e ß i m U n t e r n e h m e n läßt eine B e t r a c h t u n g d e r einzeln e n Stationen mit Hilfe v o n Z a h l u n g e n nicht zu. Als E r s a t z g r ö ß e n fungieren Kosten u n d Erlöse, sie h a b e n d e n Z w e c k , d e n innerbetrieblichen V e r z e h r s - u n d E n t s t e h u n g s p r o z e ß abzubilden. Da für die innerbetrieblichen P r o z e s s e die Z a h l u n g s z e i t p u n k t e nicht entscheid e n d sein können, m u ß auf ein a n d e r e s R e a l i s i e r u n g s k o n z e p t z u r ü c k g e g r i f f e n w e r d e n . Die Z a h l u n g s e b e n e m u ß in d i e s e m K o n z e p t v e r l a s s e n w e r d e n , und es m u ß auf eine V e r z e h r s - u n d E n t s t e h u n g s b e t r a c h t u n g ü b e r g e g a n g e n w e r d e n . 8 1 ' K o n s e q u e n t e r w e i s e g e h e n a u c h A u t o r e n , d i e eine z a h l u n g s o r i e n t i e r t e

Sicht-

weise v e r t r e t e n w i e H u m m e l , Riebel u n d K o c h , v o n d e n z u g r u n d e l i e g e n d e n U n t e r n e h m e n s p r o z e s s e n aus: Beschaffung, F e r t i g u n g , A b s a t z u n d w e i t e r e d a m i t v e r b u n d e n e Tätigkeiten. 8 2 ' Erst s e k u n d ä r wird geprüft, ob die Z a h l u n g s ebene beeinflußt w i r d . Bei der Diskussion der E r m i t t l u n g eines P e r i o d e n e r f o l g s w i r d auf unterschiedliche Möglichkeiten der Realisierung e i n g e g a n g e n .

79)

Vgl. zu solch einer Kennzeichnung BÜCHNER, R., Planungsrechnung, 1967, S. 373; HAX, H., Bewertungsprobleme, 1967, S. 752; MAHLERT, A., Abschreibun-

80)

Vgl. für die Kostenerfasung HUMMEL, S., Kostenerfassung, 1970, S. 159,176.

81)

Die umfassende Studie zur Frage, wie werden in einem pagatorischen Konzept Kosten ermittelt, ist: HUMMEL, S., Kostenerfassung, 1970, insbesondere S. 176-220.

82)

Vgl. KOCH, H., Kostenbegriff, 1958, S. 362f.; RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 418ff., Riebel spricht in diesem Zusammenhang von Entscheidungen der verschiedenen Prozeßstationen.

g e n , 1 9 7 6 , S. 4 1 ; SCHERRER, G . , K o s t e n r e c h n u n g , 1 9 9 1 , S. 12f.

214

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Darstellung 23: Erfolgsmessung als

Vermögensvergleich

Zur Überbrückung der Differenzen zwischen zahlungsorientierten und wertmäßigen Rechnungen wird vorgeschlagen, als Ausgleich die kalkulatorischen Zinsen auf Basis des Lücke-Theorems zu berechnen. 83 ' Mit Hilfe des LückeTheorems wird eine formale Übereinstimmung zwischen Entscheidungen auf Basis von Ein- und Auszahlungen und Entscheidungen auf Basis von periodisierten Größen wie z. B. Kosten und Erlöse aufgezeigt. Erreicht wird dies durch die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen auf den Kapitalbestand am Beginn der Periode. 84 ' Der entscheidende Nachteil des Lücke-Theorems ist allerdings, daß zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen die Ein- und Auszahlungen bekannt sein müssen. Außerdem werden an die Berechnung der periodisierten Größen einige Voraussetzungen gestellt: so hat z. B. die Bemessung von Ab-

83)

84)

Vgl. L Ü C K E , W., Investitionsrechnungen, 1955, S. 315; L Ü C K E , W., Zinsen, 1960, S . 372; L Ü C K E , W . , Rechnungswesen, 1965, S . 22ff.; K L . O O C K , J . , Erfolgsrechnungen, 1981, S . 876ff.; F R A N K E , G . / H A X , H . , Finanzwirtschaft, 1994, S . 88ff.; Vgl. KÜPPER, H.-U., Controlling, 1995, S. 122; HAX, H., Periodenerfolgsmessung, 1989, S. 159.

C. Modellannahmen und Konzeption

215

Schreibungen an die Anschaffungsauszahlung anzuknüpfen. 85 ' Zweckorientierte Bewertungen, wie sie sich aus den unterschiedlichen Informationswünschen der Unternehmensführung ergeben, lassen sich mit diesem Theorem nicht durchführen. 86 '

c.

Zur Vermögenserhaltung in der Kosten- und Erfolgsrechnung

Wie bei jeder Erfolgsermittlung muß auch in der Kosten- und Erfolgsrechnung ein Nullpunkt der Messung festgelegt werden. Nichts anderes wird durch die Vermögenserhaltung bezweckt, indem ein Erfolg erst dann ausgewiesen werden soll, wenn die Erhaltung des Vermögens gewährleistet ist. Wird als Maßstab die Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gewählt, ist sie zu operationalisieren, d. h. es müssen Inhalt, Ausmaß und zeitliche Erstreckung definiert sein. Aufgrund der Entscheidung für eine wertmäßige Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung ist die Erfolgsdefinition mit einem (vermögens-)güterorientierten Substanzbegriff zu verknüpfen. Eine kostenrechnerische Erhaltung knüpft an die Einsatzgüter an; dabei ist der weite Güterbegriff zugrunde zu legen. Es werden somit alle notwendigen Güter einbezogen. Der Unternehmenserfolg, welcher der Kosten- und Erfolgsrechnung zugrunde liegt, soll anzeigen, ob sich das Unternehmen auf dem durch die strategischen und taktischen Pläne vorgegebenen Weg befindet. Er ist somit ein prognostizierter Erfolg. Er soll für jedes betrachtete Objekt anzeigen, welchen Beitrag es zum Gesamterfolg des Unternehmens geleistet hat. Der Unternehmenserfolg, ob für ein Jahr oder unterjährig ermittelt, dient der Führung, um zu erkennen, wie sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens entwickelt. Der Blickwinkel der Führung richtet sich dabei ohne jede Einschränkung auf das Gesamtunternehmen. Der Erfolg in einer kurzfristigen Rechnung wird ermittelt, um anzuzeigen, ob sich das Unternehmen auf dem richtigen Weg befindet. Richtiger Weg bedeu-

85)

Vgl. FRANKE, G., Kosten, 1976, S. 190f.

86)

Vgl. zur Kritik am Lücke-Theorem RADENSLEBEN, T., Kostenrechnung, 1995, S. 77ff.; KÜPPER, H.-U., Controlling, 1995, S. 126; EWERT, R . / W A G E N H O F E N A . , Unternehmensrechnung, 1993, S. 63f.; SCHNEIDER, D., Spannungsfeld, 1989, S. 39; MALTRY, H., Prospektivkostenrechnung, 1989, S. 30ff.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

216

tet, daß die durch taktische und strategische Entscheidungen festgelegten Pfade beschritten werden. Der kurzfristige Erfolg als Überschußgröße ist dann prospektiv zu definieren, er soll sich an den zukünftigen Notwendigkeiten orientieren. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dient damit als Indikator für die Möglichkeiten des Unternehmens, auch in Zukunft Gewinne zu erwirtschaften und das Unternehmen für alle Beteiligten als Einkommensquelle zu nutzen. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit interessieren nur die zukünftigen Möglichkeiten des Unternehmens. Gewinn in einer Periode entsteht erst dann, wenn die zukünftigen Vorhaben nicht verbaut werden. Erst wenn die für die zukünftigen Erfolgspotentiale notwendigen Maßnahmen berücksichtigt sind, ist ein Gewinn anzuzeigen. Voraussetzung einer Ermittlung von Periodenerfolgen ist damit ein ausgebautes Planungssystem bezüglich zukünftiger Maßnahmen. Auf den ersten Blick könnte der Eindruck entstehen, daß ein solcher Erfolg für Kontrollen nicht verwendet werden kann, denn dann müßten den geplanten Werten realisierte Werte gegenüber gestellt werden. Ein tatsächlich realisierter Erfolg ist jedoch wenig aussagekräftig. Er zeigt nur an, wie sich in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen in der Periode auswirken, allerdings ohne deren Wirkungen für die Zukunft explizit zu berücksichtigen. 87 ' Auch für eine intern orientierte Unternehmensrechnung entsteht tatsächlicher Erfolg jedoch erst dann, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gehalten wurde; insofern handelt es sich auch um einen realisierten Erfolg. Jede Form einer prospektiven Erfolgsermittlung hat mit dem Problem der subjektiven Schätzung zukünftiger Ereignisse und Entwicklungen zu tun. 88) Im Gegensatz zur objektiven Form der Erfolgsermittlung dient die interne Unternehmensrechnung der Unternehmensführung, eine Objektivierung der Erfolgsermittlung scheint aus diesem Blickwinkel nicht erforderlich. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, gemessen in einer operativen Rechnung, wird an den erreichten taktischen und strategischen Zielen ausgerichtet. Wird von einem Führungssystem ausgegangen, wie es im Kapitel C I beschrieben wurde, dann stellt sich das Problem, wie sich die unterschiedlichen Zielgrößen

87)

Das bedeutet jedoch nicht, daß solche rein vergangenheitsorientierten Kontrollen sinnlos sind; für die Wirtschaftlichkeitskontrolle wird dies im Kapitel F aufgezeigt.

88)

Vgl.

ECKARDT,

H., Substanzerhaltung, 1963, S. 55f.

C. Modellanriahmen und Konzeption

217

ineinander überführen lassen. Wird in der taktischen und strategischen Ebene die monetäre Bewertung mit Zahlungen vorgenommen, d a n n ist der Ü b e r g a n g zwischen diesen Ebenen und der operativen Ebene nicht einfach möglich. Letztlich spiegelt sich in diesem Problem jedoch nicht eine Divergenz unterschiedlicher Zielgrößen wieder, vielmehr zeigt sich an dieser Stelle n o c h m a l s der grundsätzliche Widerspruch von Einzel- und Gesamtbewertung. Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens beruht eigentlich auf der kombinatorischen Leistung aller eingesetzten Güter. Eine Einzelbewertung kann daher nie z u m Gesamtvermögenswert des Unternehmens gelangen. 8 9 ' Diese beiden Konzepte stehen sich unversöhnlich gegenüber. W e r als Konzept das Prinzip der Einzelbewertung wählt, schließt die Möglichkeit einer Gesamtbewertung aus; es verbleibt nur eine Kombination beider Verfahren und ihre Gegenüberstellung. 9 0 ' Alle herkömmlichen Erfolgsermittlungen mit ihren zugrundeliegenden Vorstellungen über die Vermögenserhaltung beruhen auf der Einzelbewertung der Güter. Daraus ergeben sich insbesondere zwei Probleme, nämlich: 9 1 ' -

welche Güter werden einzeln bewertet und

-

welche Preise werden angesetzt.

Für die erste Frage werden vorwiegend drei Möglichkeiten angeboten: 9 2 ' -

die gleichen Güter, leistungsäquivalente Güter oder

-

leistungsverbesserte Güter.

89)

Vgl. KÄFER, K , Zukunftsrechnung, 1962, S. 18, der die Höhe der Vermögensteile durch Diskontierung ihrer zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten ermitteln will, auf die grundsätzlichen Probleme jedoch nicht eingeht.

90)

Vgl. den Vorschlag in SCHNEIDER, D., Bilanzgewinn, 1963, S. 469 (dort nur erwähnt), für den Zweck Ausschüttung; ausgebaut in S C H N E I D E R , D., Gewinn, 1968, S. 15ff. Im Konzept Gesamtvermögen interessiert nicht das einzelne Vermögensgut, sondern das Potential, das in der Masse der Vermögensgüter steckt, wird im Hinblick auf zukünftiges beurteilt: zukünftig, zu erwirtschaftende Erfolge (Einkommen). Eine einzelne Maschine, ein einzelnes Patent oder ein einzelner Mitarbeiter erwirtschaften natürlich ihren Teilbetrag an diesem zukünftigen Erfolg, der zukünftige Erfolg läßt sich aber nur über die kombinatorische Leistung aller Vermögensgüter sinnvoll berechnen.

91)

V g l . SCHNEIDER, D., S t e u e r b i l a n z e n , 1 9 7 8 , S. 59.

92)

Vgl. zur leistungsäquivalenten und entwicklungsadäquaten Substanzerhaltung E C K A R D T , H., Substanzerhaltung, 1963, S. 35.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

218

Für die Frage, mit welchen Preisen die einzelnen Güter zu bewerten sind, ist der zeitliche Horizont zu betrachten. Die Bewertung der Güter muß zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen, möglich sind -

der Tag des Verzehrs,

-

der Tag der Bewertung (Stichtag der Erfolgsrechnung) und

-

der Tag der Ersatzbeschaffung.

Eine Diskussion beider Probleme ist jedoch nur möglich, wenn die eingangs gestellte Anforderung erfüllt ist, d. h. die Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit muß operationalisiert sein. Für die vorgestellte Konzeption bedeutet dies, daß die Erhaltung an den taktischen und strategischen Plänen auszurichten ist. Ein generelle Aussage über die Vorziehenswürdigkeit einzelner Bewertungsvorschläge ist nicht möglich. So spricht beispielsweise für den Tag der Ersatzbeschaffung die konsequente Ausrichtung an der Planung, die dadurch zum Ausdruck kommt, daß dieser Beschaffungstag den Plänen entnommen werden kann, vor allem aber, daß den Plänen entnommen werden kann, ob überhaupt eine Ersatzbeschaffung vorgenommen werden soll. Sachverhalte, die über den Planungshorizont der Kosten- und Erfolgsrechnung hinausgehen, benötigen Informationen aus den vorgelagerten Planungen. Insbesondere der Einsatz von Potentialfaktoren führt regelmäßig über den Planungshorizont der Kostenrechnung hinaus, somit werden Informationen über zukünftige Nutzungen benötigt. Über diese zukünftigen Nutzungen müssen Pauschalannahmen getroffen werden, wenn nicht Totalmodelle entwickelt werden sollen. Der Einsatz von Potentialfaktoren, wie z. B. Maschinen und Anlagen, wird in der Kosten- und Erfolgsrechnung mit Hilfe von Abschreibungen berücksichtigt. Die Bemessung von Abschreibungen basiert auf Annahmen über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens und über die Vorstellung der Unternehmensführung, was als Erfolg anzusehen ist. 93 ' Da die Höhe der Abschreibungen den Periodenerfolg in der Kosten- und Erfolgsrechnung beeinflußt, läßt

93)

Eine generelle Regel, welche Abschreibung für die Kosten- und Erfolgsrechnung geeignet ist, kann es daher nicht geben; vgl. jedoch KlLGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 116; KlLGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 211f., der das Tageswertprinzip vorschlägt, ebenso SCHERRER, G., KOSTENRECHNUNG, 1991, S. 3 3 2 ; f ü r d a s A n s c h a f f u n g s w e r t p r i n z i p BACII,

T., Leistungsrechnung, 1993, S. 86.

v g l . KLOOCK, J./SlEBEN,

G./SCHILD-

C. Modellannahmen und Konzeption

219

sich über die Abschreibungspolitik die strategische und taktische Planung in der kurzfristigen Rechnung berücksichtigen. Im Kern sollen alle Erhaltungskonzeptionen den Zweck erfüllen, einen Erfolg erst dann auszuweisen, w e n n sich die Position des Unternehmens nicht verschlechtert hat. Solch ein Erfolgsausweis ist kein Selbstzweck; es m u ß die Frage erörtert werden, wozu eine wertmäßige Erfolgsgröße bestimmt werden soll. Fragen der Erfolgsermittlung lassen sich nur im Kontext ihres Rechnungszweckes sinnvoll diskutieren. Dies gilt natürlich auch für d e n Erfolg in der Kosten- und Erfolgsrechnung. 9 4 ' Für eine interne Unternehmensrechnung ist die Ermittlung von Periodenerfolgen eine Möglichkeit, das abzuschätzen, was an Einkommen geschaffen wird. 9 5 ' Da es sich hierbei nur um eine Approximation handeln kann, sind die Indikatoren des Periodenerfolgs zu erörtern. Der allgemeine wertmäßige Begriff Kosten ist als Rechnungsziel für die Kostenund Erfolgsrechnung konzipiert; er ist in d e m Sinne zweckneutral, daß er die unterschiedlichsten Rechnungszwecke zuläßt. Diese bestimmen in Verbindung mit den Modellannahmen, welchen materiellen Gehalt die Zielgrößen in einem konkreten Modell haben. Für die wichtigsten Rechnungszwecke soll gezeigt werden, daß eine theoretisch fundierte wertmäßige Konzeption jenseits einer "Narrenfreiheit der Bewertung" 9 6 ' liegt.

D.

Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

I.

Plankosten und Planerlöse sowie deren Zurechnung im Planungsmodell

Für Planungen kommt es auf erwartete bzw. prognostizierte, d. h. zukunftsorientierte Größen an. Plankosten sind damit durch das Planungsobjekt veranlaß-

94)

Bei der Erfolgskapitalerhaltung ist die Ermittlung eines Erfolgskapitals ebenfalls kein Selbstzweck, sie dient der Bestimmung eines zukünftigen, uniformen Entnahmestroms; sie ist damit nur als ein Zwischenschritt der Ermittlung der eigentlichen Zielgröße, vgl. WAGNER, F. R., Kapitalerhaltung, 1978, S. 209.

95)

Vgl. REVSINE, L„ Replacement, 1973, S. 125ff.

96)

Vgl. RIEßEL, P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 410.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

220

te zukünftige Beträge. Auch für eine Kostenrechnung gilt, daß es auf die zukünftigen Zahlungswirkungen ankommt. Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist jedoch keine Zahlungsrechnung, die Beziehungen zwischen (Vermögens-)Güterveränderungen und Zahlungsmengenveränderungen müssen mittels der Bewertung und Zurechnung im Modell hergestellt werden, Zahlungen müssen in Kosten und Erlöse transformiert werden. Kosten (Erlöse) werden als die auf ein Betrachtungs-(Planungs-)objekt zugerechneten bewerteten Güterverzehre (-entstehungen) definiert. Kosten und Erlöse sind somit approximierte Zahlungswirkungen, die aufgrund von erwarteten Vermögensgüterveränderungen entstehen. Dieses Bewertungs- und Zurechnungsproblem darf als das zentrale Problem der Unternehmensrechnung gelten. 97 ' Wenn sich die Zurechnung und Bewertung über den Rechnungszweck regelt, 98 ' ist der Rechnungszweck mit konkretem Inhalt zu füllen. Wenn es damit für jeden Rechnungszweck eine andere Zurechnung geben würde, wäre dies für eine institutionalisierte Rechnung eine unangenehme Konsequenz. Zwar sind die Bewertung und die Art der Zurechnung abhängig von den gewünschten Informationen, als allgemeines Grundprinzip gilt jedoch das Marginalprinzip. Zurechnung erfolgt bei Planungen über Aktionen in der Planungsperiode und bei kurzfristig wirksamen Entscheidungen in der Periode aufgrund einer Grenzbetrachtung; berücksichtigt werden zusätzlich hinzukommende bzw. wegfallende

Beträge.

Neben solchen

planungs-(entscheidungs-)orientierten

Größen sind periodisierte Größen für Betrachtungsobjekte anzusetzen, die dem Unternehmen über die betrachtete Periode zur Verfügung stehen. Die Analyse des Marginalprinzips ergab allerdings, daß dieses Prinzip für eine Zurechnung nicht konkret genug ausgestaltet ist und ohne weitere Annahmen ein Totalmodell voraussetzt. Generell läßt sich nochmals konstatieren, daß eine real beobachtbare Beziehung zwischen den Mengen und deren Werten auf der Beschaffungsseite und den Mengen und Werten auf der Absatzseite nur mit Hilfe des Totalmodells erfaßbar ist.99»

97)

Vgl. RIEßEL, P„ Thesen, 1983, S. 29ff., der dies für die Zurechnung konstatiert.

98)

Vgl. SCHNEIDER, D., Kostentheorie, 1961, S. 693; Kritik hierzu äußert MENRAD,

99)

Vgl. bezogen auf den Periodenerfolg RIEßEL, P., Thesen, 1983, S. 8, 33 und die Abbildung aufS. 28.

S., K o s t e n z u r e c h n u n g , 1972, S. 490.

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

221

Jeder Rechnungszweck muß mit bestimmten Annahmen im Modell Kostenund Erfolgsrechnung verbunden werden, denn ob die mit einem bestimmten Modell verbundenen Annahmen den Modellannahmen anderer Rechnungszwecke entsprechen, ist nur für den Einzelfall überprüfbar. Werden beispielsweise Preisuntergrenzen für Produkte berechnet, so müssen Annahmen über die verschiedenen Produktionsfaktormengen, die zur Herstellung der Güter notwendig sind, und deren Werte gemacht werden. Gänzlich andere Annahmen sind für die Planung von Kosten einer Entwicklungsabteilung notwendig. Für beide Rechnungszwecke das gleiche Zurechnungsprinzip zu finden, ist jedoch nicht möglich. Mit den Modellannahmen sind in der Regel Vorstellungen über Märkte verbunden. Jede Form der Zurechnung von Wertbeträgen auf Kalkulationsobjekte suggeriert, daß eine Bewertung mit Hilfe des Marktes erfolgt, da der Beitrag des Kalkulationsobjektes zum Markterfolg ermittelt wird. Häufig ist ein solcher Beitrag nur fiktiver Natur; er gilt dann als nicht objektiv. Es kann auch bei Lösungen zu diesem Problem nur der allgemeine Grundsatz gelten, daß bei Anwendung von Modellergebnissen deren Voraussetzungen zu beachten sind. Im Einzelfall muß daher geprüft werden, auf welchen Marktvorstellungen das Modell beruht, bevor Konsequenzen aus den Ergebnissen gezogen werden. Auch die Modellkonstruktion, die dem Ideal einer isomorphen Abbildung oder einer wirklichkeitsnahen Abbildung folgt, muß sich dem Rechnungszweck unterordnen lassen. Die Kosten- und Erfolgsrechnung liefert Informationen für kurzfristige ausgerichtete Planungszeiträume, insbesondere unterjährliche Zeiträume. Zu trennen sind Entscheidungen über Handlungen von Betrachtungen der Periode. Die Trennung wird damit begründet, daß neben den Auswirkungen kurzfristiger Entscheidungen die Wirkungen von Entscheidungen der Vorperioden auf die betrachtete Periode berücksichtigt werden. Eine getrennte Diskussion beider Sachverhalte ist daher angebracht.

222

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

II.

Beurteilung von Maßnahmen

a.

Probleme der isolierten Bewertung einzelner Maßnahmen

Die Bewertung kurzfristig wirksamer Entscheidungen gilt als ein Hauptzweck der Kosten- und Erfolgsrechnung. Da als Planungsperiode ein Jahr verwendet wird, sind bei der Entscheidung über eine Alternative somit alle durch sie veranlaßten Kosten und Erlöse zuzurechnen, die in diesem zeitlichen Horizont wirksam werden. Die Zurechnung erfolgt im Hinblick auf den erwarteten Marktbeitrag des Planungsobjekts, der mit Hilfe erwarteter Kosten und Erlöse prognostiziert wird. Die Zahlungen werden bei ihrer Umwandlung transformiert, durch - Verschiebung des Zahlungszeitpunktes, - Aufteilung des Betrags bei Verbundbeschaffungen und - Verteilung des Betrags bei mehrperiodig nutzbaren Gütern. Die Transformation richtet sich nach der Zurechnungsvorschrift für die Kosten und Erlöse, sie erfolgt im Hinblick auf die betrachtete Zeitperiode. Treten Verbundbeschaffungen auf, soll trotzdem der isolierte Beitrag des Planungsobjektes ermittelt werden. Die Bewertung und Zurechnung ist dann eine Fiktion der Einzelbeschaffung, mit der Folge, daß der ursprüngliche Zahlungsbetrag auf die Einzelobjekte aufgeteilt wird. Dies ist mit dem Vorteil verbunden, daß überhaupt ein Wert ermittelt werden kann. Gleichzeitig tritt der Nachteil auf, daß die durch den Verbund entstandenen Wirkungen nur pauschal berücksichtigt werden können. Am besten verdeutlicht dies ein Beispiel. Es soll über mehrere Aufträge verschiedener Kunden entschieden werden. Als vorteilhaft gilt ein Auftrag, wenn die Erlöse höher sind als die zusätzlich veranlaßten Kosten. Wie schon bei der Abgrenzung von Bewertung und Zurechnung erläutert treten bei der Anwendung des Marginalprinzips Probleme bei der Bestimmung der Beträge auf. Es sind zuerst Prognosen über die Wirkungen der betrachteten Maßnahme notwendig. Vermeintlich auftretende Zurechnungsprobleme beruhen häufig auf einer falschen Konstruktion der Entscheidungssituation, indem z. B. sich nicht gegenseitig ausschließende Alternativen gebildet werden oder das Entscheidungsfeld nicht vollständig formuliert wird. Für einen Zusatzauftrag ist beispielsweise die Möglichkeit der Beschaffung von Material nur in Mengen, die

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

223

größer sind als die für den Auftrag benötigten Mengen, eine solche Situation. Es ist offensichtlich, daß die Beurteilung des Auftrages davon abhängt, ob f ü r die nicht benötigten Mengen zukünftig noch eine Verwendung erwartet wird. Das Marginalprinzip verlangt, alle Veränderungen zu berücksichtigen, auch die für den Auftrag nicht benötigten Mengen sind daher z u berücksichtigen und demzufolge anzusetzen. Wenn allerdings mit zukünftigen Verwendungsmöglichkeiten für die überschüssigen Mengen gerechnet wird, lassen sich die Zahlungen für die Gesamtbeschaffung auf d e n Auftrag, über den aktuell entschieden w e r d e n soll, und den fiktiven, noch nicht bekannten erwarteten Auftrag aufteilen. Dieses Vorgehen läßt sich somit nicht mit d e m Marginalprinzip rechtfertigen. Die Rechtfertigung erfolgt für dieses Beispiel ausschließlich über den Rechnungszweck: Beurteilung der Einzelmaßnahme in Hinblick auf ihren isolierten Erfolgsbeitrag. Grundlegende Annahme von Modellen solcher isolierten Entscheidungen ist es, einen fiktiven Marktzugang herzustellen. Jede Alternative wird bewertet, als ob sie ein selbständig zu bewertendes Objekt ist. Maßgebend sind d a n n nicht ausschließlich tatsächlich am Markt realisierte Zahlungen, zugelassen werden auch transformierte Zahlungen in Form von Kosten und Erlösen. Ein solche Vorgehensweise hat weitreichende Konsequenzen. Die Fiktion von Markthandlungen darf nicht dazu verleiten, diese gleich den tatsächlichen Markterfolgen zu setzen. So darf der Erfolg einer innerbetrieblichen Transportstelle nicht dazu führen, diese Stelle dem tatsächlichen Markt auszusetzen. Für eine solche Entscheidung m u ß mit den tatsächlichen Größen gearbeitet werden, und das sind die Zahlungen. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist es, daß neben d e n Annahmen über den Marktzugang, ob real möglich oder nur fiktiv, ein entsprechender Erfolgsbegriff festgelegt wird, der als Überschußgröße in Form von Vermögensänderungen definiert ist. Denn die Vermögensgüter werden im Hinblick auf H a n d lungen bewertet, einen objektiven Wert für Güter gibt es nicht. Güter w e r d e n immer im Hinblick auf Verwendungszwecke beurteilt. Der Wert eines Gutes ist nicht mit seinem Preis auf dem Markt zu verwechseln. Wird der Marktpreis zur Bewertung herangezogen, dann sind damit immer bestimmte Modellvorstellungen verbunden. Wenn einem Gut ein Preis zugeordnet wird und dies als Bewertung bezeichnet wird, so impliziert die Bewertung immer Vorstellungen über Handlungen.

224

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Für die Einteilung in Planungsebenen wurde auf die Ergebnisse von Planungen zurückgegriffen. Zu fragen ist, bis zu welchem Zeitpunkt Ergebnisse in einer Kosten- und Erfolgsrechnung gemessen und wie später auftretende Ergebnisse ermittelt und berücksichtigt werden sollen. 100 ) Informationen für kurzfristig wirksame Entscheidungen beruhen auf Annahmen über die nach einer getroffenen Entscheidung folgenden Güterbewegungen und Zahlungen. Aus dem statischen Modell folgt, daß keine Wirkungen auf nachfolgende Perioden auftreten. Kurzfristig wirksam bedeutet somit im statischen Modell, daß nur in der betrachteten Periode Wirkungen auftreten. Zeitliche Interdependenzen existieren nicht. Neben dem Ignorieren von zeitlichen Zusammenhängen und einer expliziten Berücksichtigung gibt es als dritte Alternative die Verwendung von Pauschalannahmen bei die Modellbildung. Der Kompromiß liegt in der Tatsache begründet, daß der Sachverhalt der Interdependenz zwar berücksichtigt wird, auf eine exakte Abbildung der Sachverhalte jedoch verzichtet wird. Pauschalannahmen sind bisher vorwiegend für die Investitionsrechnungen entwickelt worden und dort auch anerkannt. Für die Kosten- und Erfolgsrechnung hingegen wurden Pauschalannahmen bisher erst vereinzelt entwickelt. 101 '

b.

Ein System von Pauschalannahmen

Für die Kosten- und Erfolgsrechnung gilt als Planungshorizont ein Jahr. Für diesen Planungshorizont ist davon auszugehen, daß in der Regel Vorstellungen über die Aktionen nach dem Planungshorizont aus übergeordneten Plänen existieren. Der für langfristige Planungen empfundene Mangel trifft auf diese Planungsstufe nicht zu, weil das diffuse Unternehmen auf Dauer sich konkreter fassen läßt, z. B. eine weitere Produktlinie wird hinzugenommen oder Kapazität eines Bereiches wird abgebaut. Wie mehrfach gezeigt, ergibt eine generelle Berücksichtigung zukünftiger Planungen eine nicht beherrschbare Komplexität des Planungsmodells; daher sind Vereinfachungen notwendig, die als Pauschalannahmen bezeichnet werden.

100) Vgl. zum Ergebnishorizont BlTZ, M., Entscheidungsmodelle, 1977, S. 193. 101) Vgl. MAHLERT, A., Abschreibungen, 1976, S. 102ff., der sich auf den Begriff der Entscheidungshypothesen von Mattesich stützt; vgl. BOHR, K., Kostenrechnung, 1988, S. 1178.

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

225

Pauschalannahmen sind "vereinfachende Unterstellungen über die künftige Entwicklung" 102 '. Sachliche Pauschalannahmen werden benötigt, um innerhalb einer Periode verschiedene Planungsbereiche voneinander trennen zu können, zeitliche

Pauschalannahmen

trennen

die

Perioden

voneinander. 1 0 3 '

Die

Pauschalannahmen für die Kosten- und Erfolgsrechnung sollen langfristig wirksame Konsequenzen erfassen. Sie werden benötigt, um für isolierte Modelle, seien es Planungs-, Steuerungs- oder Kontrollmodelle, Informationen bereitzustellen. Solche Annahmen berücksichtigen die Auswirkungen

auf

andere Modelle pauschal; es sind generelle Regeln (Abbildungsvorschriften), die zur Modellvereinfachung beitragen. Jede spezielle Annahme führt zu erhöhtem Informationsbedarf. Es liegt in der Natur des Allgemeinen, nicht auf alle Fälle zuzutreffen, auch für Pauschalannahmen gilt, daß es Situationen gibt, in denen ihre Anwendung zu Fehlurteilen führt. Pauschalannahmen beziehen sich auf: -

Alternativen und

-

Umweltzustände (Welt des Entscheidungsträgers)

im Entscheidungsfeld. Solche Annahmen lassen sich für einzelne Entscheidungsfelder, aber auch für mehrere Entscheidungsfelder verwenden. Für Partialmodelle sind Alternativen im Hinblick auf Auswirkungen auf das restliche Entscheidungsfeld zu bewerten; auch dafür eignen sich Pauschalannahmen. Die Bewertung einer Alternative erfolgt auf Basis anderer Handlungsalternativen, für die Kostenrechnung gilt beispielsweise die Unterlassensalternative als maßgebliches Vergleichsobjekt. 104 ' Pauschalannahmen beziehen sich auf festgelegte Möglichkeiten von Handlungsalternativen. Eine Bewertung erfolgt immer im Hinblick auf andere Alternativen und deren Möglichkeiten, sogenannte alternative Verwendungsmöglichkeiten. Es ist nützlich, sich daran zu erinnern, daß die Bewertung im Hinblick auf Aktionen erfolgt, es geht nicht um die Bewertung von Vermögensobjekten, sondern um die monetäre Beurteilung von Handlungen. 1 0 5 ' Jeder 102) SCHNEIDER, D . , Investition, 1971, S. 546. 103) Vgl. KILGER, W., Absatzplanung, 1973, S. 76ff. 104) Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 165; 1976, S. 106. 105) Vgl. ENGELS, W „ Bewertungslehre, 1962, S. 81.

MAHLERT,

A., Abschreibungen,

226

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

normierte (standardisierte) Wert impliziert damit Annahmen über die dahinter stehenden Handlungen. Vor dem Einsatz solcher Pauschalannahmen ist daher zu prüfen, ob die Handlung, die der Bewertung zugrundegelegt werden soll, in der betrachteten Situation auch tatsächlich gegeben ist. Als Vergleichsbasis können folgende Handlungsalternativen dienen: 1 0 6 ' 1. Basis der Beurteilung isolierter Handlungsalternativen ist die Unterlassensalternative: z. B. Annahme oder Ablehnung (= Unterlassensalternative) eines zusätzlichen Kundenauftrags. 107 ' 2. Es wird eine Standardalternative zum Vergleich herangezogen, wie dies bei dynamischen Investitionsrechnungen mit Hilfe der Annahme einer Finanzanlage am vollkommenen Kapitalmarkt geschieht. 3. Es werden mehrere Möglichkeiten von Standardalternativen für die verschiedenen Entscheidungssituationen bereitgestellt, wie dies hier vorgeschlagen wird. 1 0 8 ' In welcher Form die Vergleichsalternative gewählt wird, ist letztlich eine Ermessensentscheidung, die nicht wissenschaftlich begründet werden kann. Die Unterlassensalternative wird hauptsächlich verwendet, weil die Ausprägungen der Zielgrößen alle den Wert Null annehmen; so ergibt sich ein Nullpunkt der Bewertung. Sie ist besonders geeignet für Einzelentscheidungen. Eine Vergleichsalternative Finanzanlage am vollkommenen Kapitalmarkt, wie sie bei dynamischen Investitionsrechnungen gebräuchlich ist, stellt als Basis des Vergleichs den entgangenen Gewinn durch eben diese spezielle Anlageform dar. Erst wenn dieser erwirtschaftet wird und somit z. B. der Kapitalwert gleich Null ist, wird die betrachtete (bewertete) Alternative ergriffen. Die Ziel-

106) Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 87, bezeichnet dies als Wertbasis. 107) Vgl. SIEBEN, G . / L Ö C H E R B A C H , G . / M A T S C H K E , M. ]., Bewertungstheorie, 1974, Sp. 846f. bezeichnen dies als Basisprogramm, insbesondere für Einzelentscheidungen, da sonst ja keine Wahlmöglichkeit bestehen würde; dies gilt als geeignetes Vorgehen für Einzelinvestitionen vgl. SCHNEIDER, D., Investition, 1992, S. 97f.; KRUSCHWITZ, L., Investitionsrechnung, 1993, S. 6f. 108) Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S.88f.; er führt als Wertbasis die Opportunitätskosten an.

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

227

große enthält Opportunitätskosten im Sinne verdrängter Gewinne alternativer Verwendungsmöglichkeiten. Da nicht alle Verbundwirkungen im einzelnen analysiert werden sollen, erfolgt eine pauschale Behandlung durch die Berücksichtigung typischer Entscheidungsfelder. Welche Zeitvorstellungen mit der einperiodigen Planung zusammenhängen, hat Schneider untersucht; 109 ' die Kostenrechnung wird meistens als statisches einperiodiges Modell charakterisiert. Wenn die Wirkungen von Entscheidungen auf folgende Perioden festgestellt werden sollen, müssen im Modell Verbindungen

zwischen

den

einzelnen

Perioden

(Entscheidungsfeldern)

zugelassen werden. Dem Charakter eines statischen einperiodigen Modells entsprechend dürften jedoch keine Verbindungen berücksichtigt werden. Eine Analyse der Zusammenhänge zeigt jedoch, daß die Kosten- und Erfolgsrechnung mit Hilfe einer Reihe von Annahmen Auswirkungen anderer Perioden berücksichtigt.

Bei

Verwendungsentscheidungen,

also

Nutzungsentschei-

dungen, die vorhandene Kapazitäten nicht in Frage stellen, wird nach der optimalen Verwendung vorhandener und noch zu beschaffender Produktionsfaktoren gefragt. Für die im Unternehmen vorhandenen und für die nicht vorhandenen noch zu beschaffenden Faktoren kann es bezüglich der Verwendungsweise eine unübersehbare Zahl von Möglichkeiten geben. Eine Konzentration auf die wichtigen Möglichkeiten ist daher nötig.

Entscheidungsfeld vor t()

Entscheidungsfeld in t„ bis tj

Darstellung 24: Zeitliche Folge von

Entscheidungsfelder nach der Periode

Entscheidungsfeldern

Zeitliche Pauschalannahmen beziehen sich auf Verbindungen zu vorgelagerten und nachgelagerten Entscheidungsfeldern. Vorgelagerte Entscheidungsfelder haben schon Entscheidungen über die Kapazitäten, gelagerte Rohstoffe und Betriebsstoffe sowie Halb- und Fertigfabrikate getroffen, die als Restriktionen für

109) Vgl.

SCHNEIDER,

D., Produktion, 1966,

S.

347ff.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

228

die zu betrachtende Periode gelten müssen. In jeder Periode verfügt ein Unternehmen über einen Anfangsbestand an Produktionsfaktoren (Input) und an gelagerten Fertigprodukten (Output); solche Bestände an Produktionsfaktoren wirken sich auf die Bewertung von Handlungsalternativen aus. Aus den zeitlichen Verbindungen zwischen Perioden folgt die Notwendigkeit, Annahmen über zukünftiges Geschehen zu treffen. Wendet man die Grenzbetrachtung konsequent an, so führen die bereits vorhandenen Faktoren zu keinen zusätzlichen Auszahlungen, eine Bewertung muß von daher mit Null erfolgen. Eine solche Überlegung ist jedoch vorschnell getan, sie vernachlässigt die Frage, ob in künftigen Perioden eine weitere Verwendung der Produktionsfaktoren geplant ist. Ist dies der Fall, so ist eine weitere Prüfung notwendig. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung in zeitelastische und zeitunelastische Produktionsfaktoren. 110 ' So führt die Verwendung eines Faktors, der auch in der nächsten Periode verwendet werden kann - zeitelastischer Faktor - zur Bewertung mit den Auszahlungen der Wiederbeschaffung. i n ) Als Beispiel für die Bewertung von zeitelastischen Faktoren kann eine Lagerentnahme von Material dienen. Für eine Produktionsentscheidung wird das Material mit Null bewertet, da keine Auszahlungen fließen. Wird die Verwendung dieses Materials auch für zukünftige Perioden geplant, so konkurriert die Verwendung jetzt mit der Verwendung später. Es wird aber keine Gesamtbetrachtung vorgenommen, da die zukünftigen Möglichkeiten nicht im einzelnen bekannt sind, vielmehr wird eine pauschale Bewertung vorgenommen. Die Opportunitätskosten werden bestimmt, indem die beste verdrängte Alternative mit der zukünftigen Alternative gleichgesetzt wird. Zur Vereinfachung wird für die zukünftige Alternative angenommen, daß sie mit der jetzigen Alternative identisch ist, allerdings für ihre Durchführung die jetzt eingesetzten Materialien beschafft werden müssen, die Opportunitätskosten berechnen sich aus der

Multiplikation

Menge.

112

von

Wiederbeschaffungspreis

und

der

eingesetzten

' Der Wert für die Verwendung des Faktors richtet sich also nicht

110) Vgl. E N G E L S , W., Bewertungslehre, 1962, S. 166ff.; H E I N E N , E., Kostenlehre, 1983, S. 419, 441 ff. 111) Vgl. H E I N E N , E„ Kostenlehre, 1983, S. 442. 112) Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 168; Engels argumentiert allerdings mit der Unterlassensalternative, was nicht so recht einleuchten will: wieso entstehen gegenüber dem Nichtstun "... Mehraufwendungen, da die verbrauchten Faktoren zu einem späteren Zeitpunkt neu beschafft werden müssen." Eine Un-

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

229

nach dem Wert des Gegenstandes, sondern nach einer anderen Handlungsalternative. Opportunitätskosten sollen anzeigen, inwieweit Handlungsalternativen

im

restlichen Entscheidungsfeld durch die Wahl der Alternative im betrachteten partiellen Entscheidungsfeld eingeschränkt werden; bei einer Gewinnbetrachtung interessiert der Gewinnentgang im restlichen Entscheidungsfeld. 1 1 3 ' Durch die Lagerentnahme heute werden dem restlichen Entscheidungsfeld diese Materialien entzogen, für die Produktion ist dann eine Beschaffung notwendig. Die zusätzlichen Ausgaben der Beschaffung im restlichen Entscheidungsfeld vermindern den Gewinn um genau diesen Betrag. Dieser zusätzlich mögliche Gewinn im restlichen Entscheidungsfeld bestimmt die Kosten in der betrachteten Periode der Grenzgewinn ist für diesen Fall gleich den Wiederbeschaffungsauszahlungen. 114 ' Auch hier gilt die Definition der wertmäßigen Kosten, sie besteht aus zwei Bestandteilen: der Grenzausgabe und dem Grenzgewinn. Für den aufgezeigten Fall ist die Grenzausgabe gleich Null und der Grenzgewinn im restlichen Entscheidungsfeld gleich dem Wiederbeschaffungspreis des Materials. Ein Gewinn für die Handlung in der betrachteten Periode wird somit erst dann angezeigt, wenn der Wiederbeschaffungspreis für die Folgeperiode erwirtschaftet wird. Betrachtet werden somit bei dem Beispiel Zusatzauftrag die direkten Wirkungen (Grenzauszahlungen) in der Periode, daneben werden die Zahlungswirkungen auf zukünftige Perioden berücksichtigt. Prinzipiell läßt sich der Vergleich auf zwei Wegen durchführen: 1 1 5 ' 1. Berechnung des Basisprogramms mit der Veränderung oder 2. ausschließliche Berechnung der Veränderung, Grenzbetrachtung.

terlassensaltemative gibt es in diesem Beispiel nicht, es geht um die Wahl Produktion jetzt und eine Periode später. 113) Vgl. BITZ, M., Entscheidungsmodelle, 1977, S. 154. 114) Vgl. HEINEN, E., Kostenlehre, 1965, S. 356; HAX, H., Bewertungsprobleme, 1967, S. 753. 115) Vgl. BOHR, K„ Kostenrechnung, 1988, S. 1174f.

230

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Basisprogramm Produktion von 100 Ergebnis

Darstellung

25:

Veränderung

Bewertungsprogramm

Zusatzauftrag von 10

Produktion von 110

Veränderung

Ergebnis +

= Grenzbetrachtung

Veränderung

=>

Beispiel für Entscheidung

über einen

Zusatzauftrag

Dadurch wird die Alternative Nichtstun zur Vergleichsbasis des Zusatzauftrages. Die Unterlassensalternative läßt das ursprüngliche Basisprogramm unberührt, alle Veränderungen nehmen den Wert Null an. Betrachtet werden die durch eine Maßnahme ausgelösten Änderungen, zusätzlich anfallende Erlöse und Kosten. Durch die sachliche und zeitliche Teilung der Planungsfelder werden Verbindungen zu anderen Planungsfeldern zerschnitten. Die Auswirkungen auf die restlichen Planungsfelder können in unterschiedlicher Weise berücksichtigt werden. Das Beispiel des Zusatzauftrages zeigt, daß dafür Vorstellungen über zukünftige Perioden vorhanden sein müssen. Keine Vorstellung über die zukünftige Entwicklung zu haben, führt zu einem Ansatz von Null für Auswirkungen auf spätere Perioden. Dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, daß es keine Verbindungen zum restlichen Planungsfeld gibt oder eine Berücksichtigung wegen Geringfügigkeit nicht lohnt. Die Begründung erfolgt in dem Beispiel der Beurteilung eines Zusatzauftrages nicht mit der going-concern-Annahme, 116) da es nicht allgemein um die Fortführung des Unternehmens geht, sondern daß für einen bestimmten Produktionsfaktor eine Verwendung vorgesehen ist. Die globale Annahme, daß das Unternehmen fortbestehen soll, ist für die Bewertung von Auswirkungen nicht ausreichend. Wenn diese Annahme zur Begründung von Wiederbeschaffungswerten herangezogen wird, steckt die spezielle Annahme dahinter, daß Absatz und Produktion von bestimmten Gütern aufrecht erhalten werden soll. Dies setzt Vorstellungen, wenn auch nur globale, über künftige Pia-

116) Vgl. zur Bedeutung der going-concern-Annahme für die operative Planung MAHLERT, A., Abschreibungen, 1976, S. 85f.

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

231

nungsfelder voraus. Was dann zu der realistischen Annahme führt, daß für künftige Planungsperioden mehr oder weniger konkrete Planungen vorliegen. Betrachtet wird die einzelne Alternative Zusatzauftrag, als Vergleichsalternative wird das Unterlassen herangezogen (s. Darstellung 26). Die Lagerentnahme löst in der Periode 1 keine Zahlungen aus, sie wirkt erst in der Periode 2, indem sie eine Beschaffung auslöst, die mit Zahlungen verbunden ist. Angenommen wird, daß das Lager für zukünftige Perioden gefüllt wurde. Wenn durch einen Zusatzauftrag in der betrachteten Periode eine Lagerentnahme erfolgt, so wird einer nachgelagerten Periode diese Mengen an Einsatzfaktoren entzogen. Es handelt sich beim Ansatz von Beschaffungszahlungen um die Anpassung an den mehrperiodigen Plan, es werden Maßnahmen getroffen, um die ursprüngliche Planung - Produktion in Periode 2 - durchführen zu können. Für die bereits vorhandenen Faktoren wird geprüft, ob eine Wiederverwendung vorgesehen ist, wenn ja, so ist der voraussichtliche Wiederbeschaffungspreis anzusetzen. 117 '

Mehrperiodige Planung Periode 2

Periode 1 Zusatzauftrag = erhöhter Verbrauch

Wiederverwendung geplant löst aus

Lagerentnahme

Wiederbeschaffung

= Wiederbeschaffungswert

= Beschaffungsauszahlung

Darstellung 26: Pauschalannahme

am Beispiel

Materialbewertung

Die Handlungsalternative, die implizit vorausgesetzt wird, wenn Wiederbeschaffungspreise gewählt werden, erfüllt alle Anzeichen für eine Pauschalan-

117) Eine Berücksichtigung zukünftiger Engpässe erzwingt eine explizite mehrperiodige Planung. Konnte bisher durch pauschale Annahmen eine Verbindung mit nachfolgenden Perioden hergestellt werden, so ist für Engpässe in zukünftigen Perioden das gesamte Entscheidungsfeld aufzustellen.

232

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

nähme. Sie kann auch rein fiktiver Natur sein, denn ob sie tatsächlich jemals in der Zukunft ausgeführt wird, läßt sich nicht mit Gewißheit sagen. Die vereinfachenden Annahmen solcher Pauschalprämissen lassen sich leicht aufzeigen. Die Vergleichsalternative ist in der Regel nicht vollständig formuliert; es fehlen die Kapitalbindung und die Lagerkosten, die durch den zeitlichen Aufschub der Verwendung berücksichtigt werden müßten. Die Vergleichsalternative muß in all ihren Ausprägungen, insbesondere in den Ergebniswirkungen, identisch sein. Des weiteren gelten bestimmte Annahmen über die produktions- und absatzwirtschaftlichen Konstanten des Betriebes, z. B. Einheits- oder Standardprodukt mit entsprechenden gleichbleibenden Aktivitä-

Darstellung

27: Standardbewertungsschema fiir zeitelastische

Produktionsfaktoren

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

233

ten. Des weiteren ist zu bedenken, daß insbesondere die Annahme des vollkommenen Marktes analog zur Investitions- und Finanzierungstheorie getroffen wird. Der entgangene Gewinn einer Alternative wird aber durch den Gleichgewichtspreis bestimmt, was nichts anderes bedeutet, als daß Gleichgewichtspreis und Opportunitätskosten pro Faktoreinheit zusammenfallen. Alle bisherigen A u s f ü h r u n g e n gelten ausschließlich f ü r zeitelastische Faktoren, denn für zeitunelastische Faktoren gilt definitionsgemäß, daß sie nicht in zeitlich folgenden Perioden genutzt werden können. Werden sie nicht in der Periode verwendet, geht ihr Wert unwiederbringlich unter. Dies gilt für alle Faktoren, die auf Basis zeitbezogener Bemessungsgrundlagen bewertet werden: dazu zählen als größter Kostenblock die Personalkosten, insbesondere Gehälter und Zeitlöhne. Dies gilt auch generell für alle Rechte auf N u t z u n g für bestimmte Zeiten. Bei der Bewertung einzelner Maßnahmen gilt für die Berücksichtigung von Personalkosten auch das Marginalprinzip; Veränderungen der Personalkosten im Unternehmen müssen auf die ergriffene Maßnahme zurückzuführen sein. In der Regel lassen sich einzelnen Handlungen aufgrund der arbeitsvertraglichen und tariflichen Regelungen keine Kosten zurechnen. 118 ' Die Modelle für die Beurteilung isolierter Entscheidungen sollen die voraussichtlichen Kosten prognostizieren, die zusätzlich anfallen werden. Das Merkmal operativ w u r d e zeitlich mit einem Jahr und sachlich mit gegebenen Kapazitäten operationalisiert. Der Bestand an Kapazitäten soll durch die kurzfristigen Entscheidungen nicht tangiert werden. Wirkungen von Entscheidungen, die zwar den Bestand nicht verändern, hingegen zu veränderten Zahlungen in nachgelagerten Perioden führen, können in verschiedener Form berücksichtigt werden: 1. bei der Bewertung einzelner Alternativen: a)

genau: Zahlungstermine und Diskontierung;

b)

pauschal: Zahlungen ohne Diskontierung, wie z. B. erhöhte Wartung, w e r d e n geschätzt;

118) Vgl.

RIEßEL,

P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 514ff.

234

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

2. pauschal durch eine jährliche oder periodenweise Berücksichtigung (Posten für erhöhte Wartungskosten,

Nutzungsdauerverkürzungen

etc.). Im Gegensatz zu einer genauen Erfassung aller Zahlungswirkungen und ihrer Diskontierung ist eine pauschale Beurteilung bei der Bewertung einzelner Maßnahmen vorzuziehen. Aber auch einer pauschalen Betrachtung sind enge Grenzen gesetzt. Es müssen die Wirkungen von kurzfristigen Entscheidungen auf langfristige Pläne abgeschätzt werden, Verschiebungen der Nutzungsdauer, veränderte Wartungs- und Reparaturzahlungen oder erhöhte Instandhaltung von Betriebsmitteln. Wie die Ausführungen zum investitionstheoretischen Ansatz gezeigt haben, werden für die Schätzung von Zahlungen und deren Bewertung Modelle aus der Investitionsrechnung benötigt, die sich für die Anwendung im Unternehmen als zu komplex erweisen. Der Einsatz bietet sich in einer jahresbezogenen Planung an, so daß eine Beziehung nur noch zu allen Aufträgen eines Jahres hergestellt werden kann. Mit den bisherigen Varianten der Bewertung sind sehr unterschiedliche theoretische Annahmen verbunden. Die Prämissen für die Beurteilung von einzelnen Maßnahmen sind äußerst restriktiv, denn es müssen die möglichen Verbindungen zwischen Entscheidungsfeldern pauschal berücksichtigt werden. Jeder Preisansatz in einem Bewertungskalkül unterstellt für das betrachtete Objekt einen auf der Einzelbewertung beruhenden Marktzugang, und zwar sowohl für den Beschaffungsais auch den Absatzmarkt. Ohne die Fiktion des Marktzugangs ist jedoch eine isolierte Bewertung nur schwer zu erreichen, denn über den jeweiligen Preis wird die Trennung zwischen den verschiedenen Entscheidungen erst möglich.

c.

Beurteilung von kombinierten Maßnahmen (Programmentscheidungen)

In einer wertmäßigen Kosten- und Erfolgsrechnung wird der Erfolg als Überschuß der bewerteten Güterentstehungen gegenüber den Güterverzehren gemessen. Mit dem Erfolg wird der Beitrag der Periode zur Einkommenserzielung geschätzt, die Planung des Jahreserfolges beruht auf den im letzten Kapitel aufgezeigten Grundsätzen.

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

235

Ausgangspunkt ist die Festlegung, daß für die gesamte Jahresplanung eines Unternehmens nur die Sukzessivplanung in Frage kommt. Für die Reihenfolge der Planung bietet sich das Engpaßkriterium an, zuerst werden die Bereiche bearbeitet, die als Restriktion gelten müssen. Für die Frage, ob eine konkrete Leistungsplanung im Sinne von Stückzahlen möglich ist, oder ob Auftragsproduktion sowie Einzelfertigung im Unternehmen überwiegt, sind die folgenden Ausführungen zu modifizieren. Stellt sich das Unternehmen auf ein Leistungsvolumen ein, so wird die Kapazität geplant, mit der das erwartete Volumen bewältigt werden kann. Bei der Verzahnung der Mengen- und Werteplanung lassen sich zwei Vorgehensweisen unterscheiden: eine getrennte und eine kombinierte Vorgehensweise. Insbesondere die Betriebsmodelle in der Periodenerfolgsrechnung realisieren die getrennte Vorgehensweise. 119 ' Auch in einer Jahresplanung werden die betrachteten Mengen mit Grenzbeträgen bewertet; es gilt: 1. Wenn alle mit den Handlungsalternativen verbundenen Faktorverzehre mit Grenzkosten und Güterentstehungen mit Grenzerlösen bewertet sind, ist das Programm mit dem höchsten Überschuß zu wählen. 1 2 0 ' 2. Werden durch den Einsatz von Faktoren diese künftigen Perioden entzogen oder wirken andere Einflüsse auf nachgelagerte Perioden, dann ist eine pauschale Berücksichtigung solcher Effekte notwendig. Die formale Behandlung von Planungsproblemen für die Lösung von Programmentscheidungen ändert sich gegenüber der von einzelnen Alternativen kaum, da auch eine Programmentscheidung mit dem Instrumentarium der Einzelentscheidung getroffen werden könnte. Schon bei einer geringen Anzahl an Alternativen übersteigen die kombinativen Möglichkeiten solcher Paarvergleiche die Verarbeitungskapazität der Entscheidungsträger. Die vollständige Berücksichtigung aller Möglichkeiten führt selbst bei Beschränkung auf endliche Planungszeiträume zu unlösbaren Entscheidungsproblemen.

119) Vgl. LAßMANN, G., Betriebsmodelle, 1983, S. 93.

120) Vgl. SCHNEIDER, D., Produktion, 1966, S. 344f.

236

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Für eine effiziente Bewältigung solcher Probleme wurden bei unterstellten linearen Verhältnissen die linearen Planungsmodelle entwickelt. Für die operative Ebene stellen sie das technische Rüstzeug für die Bewältigung von Planungsproblemen wie z. B. Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms dar. Das Standardmodell hat z. B. folgendes Aussehen: Zielfunktion: Gewinn = p x - kv x -K F Restriktionen: Kapazitäten Höchst- und Mindestmengen (zzgl. der Nichtnegativitätsbedingung) Was unter Absatzpreisen, Beschaffungspreisen, variablen Kosten oder Dekkungsbeiträgen zu verstehen ist, kann nur durch die Modellannahmen, die den Hintergrund für die Technik abgeben, eindeutig geklärt werden. Dies ist in den letzten Kapiteln schrittweise erfolgt, für Programmentscheidungen sind diesbezüglich keine weiteren Annahmen notwendig. Nun wird an diesem Beispiel immer wieder das sogenannte Dilemma des wertmäßigen Kostenbegriffs aufgezeigt, der im Gegensatz zur pagatorischen Konzeption Grenznutzen (verdrängte Gewinne) der besten nicht realisierten Alternative enthalte. 121 ' Beim Lösen von Entscheidungsproblemen ist jedoch dieser Grenznutzen nicht bekannt, er muß erst aufgrund der Zielfunktion und der Entscheidungssituation ermittelt werden. Dann ist jedoch das Problem gelöst, z. B. sind die optimalen Mengen für das Produktionsprogramm bestimmt. Wertmäßige Kosten gelten somit als überflüssig und für Theorie und Praxis nicht brauchbar. 1 2 2 ' Nur schlägt diese Vorgehensweise für Programmentscheidungen niemand vor, auch Kilger, einer der bedeutendsten Vertreter der wertmäßigen Konzeption, lehnt den Ansatz von Opportunitätskosten ab.

121) Vgl. ADAM, D., Kostenbewertung, 1970, S. 35. 122) Vgl. SCHWEITZER, M . / K Ü P P E R , H.-U., Kostentheorie, 1974, S. 161; DELLMANN, K., Kostentheorie, 1980, S. 135f.; KLOOCK, J./SLEBEN, G . / S C H I L D B A C H , T., Leistungsrechnung, 1993, S. 34.

237

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

III. Grundzüge einer wertmäßigen Periodenerfolgsrechnung Die Planung für ein Jahr oder unterjährige Perioden soll anhand der Zielgrößen Kosten und Erlöse eine Vorschau und Prognose auf das Jahr, ein Quartal oder Monat geben. Dafür müssen alle Aktivitäten bewertet werden, die in dieser Periode abgeschlossen werden. Aus der Summe dieser bewerteten Aktivitäten ergibt sich jedoch nicht der gesamte Periodenerfolg des Unternehmens, hierzu müssen aufgrund zusätzlicher Grundsätze die mehrperiodigen Aktivitäten berücksichtigt werden. Des weiteren sind die Kosten für Potentiale anzusetzen, die dem Unternehmen für ein Bündel von Leistungen zur Verfügung stehen. Neben den Aktivitäten des Leistungsprogramms sind alle Maßnahmen, die aufgrund der taktischen und strategischen Planungen ausgeführt werden, aufzunehmen. Jedes Abweichen von den mit wirtschaftlichen Vorgängen verbundenen Zahlungen führt zu Problemen bei der Bestimmung eines Periodenerfolges. Es interessiert zunächst, welche Grundsätze einer planungsgerechten Erfolgsermittlung für die Kosten- und Erfolgsrechnung aufgestellt werden können. Für die Kosten- und Erfolgsrechnung sind bisher noch keine anerkannten Prinzipien der Erfolgsermittlung entwickelt worden, vielmehr wurden die Prinzipien des externen Rechnungswesens übernommen. 1 2 3 ' Nun besteht im internen Rechnungswesen allerdings keinerlei Zwang, die gesetzlichen Vorschriften zu übernehmen; trotzdem ist eine Auseinandersetzung mit diesen Prinzipien notwendig, denn die Grundsätze der Erfolgsermittlung im externen Rechnungswesen beruhen auf einer fruchtbaren Diskussion der Möglichkeiten, einen periodengerechten Ausweis von Erfolgen zu erreichen. 124 ' Mit gerecht ist in diesem Zusammenhang zweckgerecht gemeint, denn auch für eine Periodenerfolgsrechnung gilt, daß der Rechnungszweck die Bewertung und damit die Ermittlungsvorschriften bestimmt. Grundsätze zweckgerechter Kosten- und Erfolgsrechnung setzen formale Richtigkeit voraus, die üblicherweise im externen Rechnungswesen zugrundegelegten Grundsätze ordnungsmäßiger

Buchführung

und Bilanzierung enthalten Vorschriften für die formale Vorgehensweise; sie

123) Vgl. zum Überblick zu den verschiedenen Formen der kurzfristigen Erfolgsrechnung KILGER, W., Erfolgsrechnung, 1962, S. 29ff. 124) Vgl. zum Zusammenhang zwischen interner und externer Erfolgsermittlung BESTE, T., Erfolgsrechnung, 1930, S. 12ff.; zu den Gründen für eine interne Rechnung KILGER, W., Erfolgsrechnung, 1962, S. 25f.

238

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

können für die Kostenrechnung übernommen werden. 1 2 5 ' Unter Grundsätzen einer zweckgerechten Kosten- und Erfolgsrechnung sollen nur Prinzipien verstanden werden, die das Ergebnis materiell beeinflussen. 1 2 6 ' Welche Grundsätze insbesondere einer planungsgerechten Kosten- und Erfolgsrechnung lassen sich aufstellen?

Realisa tionsprinzip

Es wird der Zeitpunkt festgelegt, in dem der Erfolg als entstanden gilt.

Periodisierungsprinzip

Zahlungsgrößen werden nach Maßgabe der Erfolgsvorstellung verteilt.

Imparitätsprinzip (Vorsichtsprinzip)

Drohende Verluste und erwartete Gewinne sind unterschiedlich zu behandeln; insbesondere sind zukünftig drohende Risiken zu berücksichtigen.

Ma tchingprinzip

Nur sachlich zusammengehörende Kosten und Erlöse sollen in der Erfolgsrechnung ausgewiesen werden.

Darstellung

28:

Grundsätze

einer planungsorientierten

Kosten- und

Erlösermittlung

Im internen Rechnungswesen bestehen keine gesetzlichen Schranken, die festlegen, wann ein Erfolg als realisiert gilt. Gleichwohl wird überwiegend das Realisationsprinzip des externen Rechnungswesens übernommen. 1 2 7 ' Es gibt jedoch eine Reihe von Möglichkeiten, den Erfolg zeitlich als realisiert zu betrachten (s. die Darstellung 29). Die Spannbreite der Realisationszeitpunkte reichen von der Geschäftsanbahnung mit d e m Geschäftsabschluß (Vertrag) über die Lieferung der Leistung

125) Vgl. BAETGE, ]., Grundsätze, 1993, Sp. 863ff„ Abb. 1., bezeichnet sie als Dokumentations- und Rahmengrundsätze. 126) Vgl. die Grundsätze ordnungsmäßiger Kosten- und Erfolgsrechnung in DELLMANN, K., Leistungsrechnungen, 1984, S. 278ff.; die von Dellmann aufgestellten Postúlate und Prämissen enthalten eine Reihe von formalen Prinzipien. 127)

V g l . KILGER, W . , K o s t e n r e c h n u n g , 1987, S. 30f.

239

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

und den Zahlungseingang bis zum Ablauf von Garantiefristen. 128 ' Alle aufgeführten Möglichkeiten geben Anzeichen für einen Markterfolg, versuchen also eine Antwort auf die Frage, wann der Erfolg entsteht. Im Mittelpunkt steht dabei der Erfolg, welcher durch die Aktivitäten auf dem Absatzmarkt entsteht; ein solches Konzept ist also nur für organisatorische Bereiche geeignet, denen sich Erlöse für Absatzleistungen zurechnen lassen. Die Realisation des Erfolges wird in den handelsrechtlichen Normen an die Realisation des Ertrages gekoppelt; in der Gewinn- und Verlustrechnung gilt der Erfolg als realisiert, wenn die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist.

Zeitpunkt

Angebotserteilung durch Kunden

Lieferung (Gefahrenübergang)

Bezeichnung

internes Realisationsprinzip 129 '

Realisationsprinzip

Teilsystem des Rechnungswesen

Zahlungseingang



Gewinn- und Verlustrechnung

Finanzplanung

Ablauf von Fristen der Gewährleistung





Kostenund Erfolgsrechnung

Darstellung

29:

Realisationszeitpunkte

für die

Erfolgsmessung

Die Realisation von Güterverzehren - Kosten - wird auf den Zeitpunkt des Verzehrs gelegt, inwieweit diese Werte zur Erfolgsmessung berücksichtigt werden hängt jedoch vom Rechnungszweck und vom Erfolgsziel ab. Für die interne Erfolgsermittlung können verschieden Rechnungszwecke angenommen werden.

128)

V g l . R Ü C K L E , D . , B e w e r t u n g s p r i n z i p i e n , 1 9 9 3 , S p . 1 9 7 ; LEFFSON, U . , G r u n d s ä t z e ,

1987, S. 258ff. 129) Vgl. SCHNEIDER, D., Erfolgsrechnung, 1988, S. 1188f.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

240

Für die Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit müssen geeignete Indikatoren gefunden werden; für jeden der oben angeführten Realisationszeitpunkte können gute Gründe angeführt werden, einen einzigen richtigen oder gar objektiven Erfolg gibt es jedoch nicht. Die vier Möglichkeiten stellen im zeitlichen Ablauf vier Zeitpunkte dar, die relativ leicht festgestellt werden können. Für die Erfolgsrealisation in der Kosten- und Erfolgsrechnung kommen insbesondere der Vertragsabschluß und die Lieferung (Gefahrenübergang) an den Kunden in Frage. Für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses spricht, daß in einer Marktwirtschaft die Leistung des Unternehmens in der Koordination mit anderen Marktteilnehmern besteht, die sich in Verträgen widerspiegelt. , 3 0 ) Natürlich obliegt der Unternehmensführung die Verantwortung für den ganzen Marktprozeß - die gesamte Vertragsbeziehung -, also von der Geschäftsanbahnung bis zum Zeitpunkt, wo keine gegenseitigen Rechte und Pflichten mehr bestehen. Eine Kosten- und Erfolgsrechnung muß sich von den Zahlungszeitpunkten lösen. Erfolgszeitpunkt soll der Zeitpunkt sein, an dem der Erfolg potentiell entsteht, also nicht im Sinne tatsächlich realisiert, sondern potentiell realisiert. Ob der Zeitpunkt dann der Vertragsabschluß oder der Lieferzeitpunkt gewählt wird, ist eher sekundär. Der Erfolg soll ein Mehr an Einkommen zeigen, die erwirtschaftet wurden. Grundlage für Einkommenszuwächse sind Absatzbzw. Markterfolge. Bei der Realisierung geht es um Erfolge am Markt, nur von dort fließen Zahlungen für abgesetzte Leistungen. Um den Markterfolg zu messen, müssen alle nach dem gewählten Realisationsprinzip erfaßten Erlöse mit den dafür notwendigen Kosten ausgewiesen werden. Aussagen zur Ertragsrealisation sind allein jedoch nicht ausreichend für die Frage, wann ein Erfolg als realisiert gelten kann. Für die Bestimmung des Periodenerfolgs wird die negative Erfolgskomponente benötigt; da sie in der Regel vor dem Gefahrenübergang realisiert ist, besteht das Problem im Ansatz dieser Größen dem Grunde und der Höhe nach. Durch das Realisationsprinzip läßt sich der Erfolg der Marktaktivitäten feststellen; neben diesen Marktaktivitäten gibt es eine Reihe von Aktivitäten, die sich nicht direkt am Markt auswirken bzw. mit diesen Aktivitäten nur lose oder überhaupt nicht in Verbindung stehen. Zu nennen sind neben den innerbetrieblichen Leistungen wie selbsterstellte Anlagen und Großreparaturen Aktivitäten, die Potentiale schaffen oder verändern, wie

130)

Vgl.

SCHNEIDER,

D., Erfolgsrechnung,

1 9 8 8 , S. 1 1 8 8 .

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

241

Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern sowie Forschung und Entwicklung. Für diese Aktivitäten läßt sich entweder überhaupt kein oder nur ein indirekter Markterfolg ermitteln. Sollen sie im Periodenerfolg berücksichtigt werden, so müssen zusätzliche Überlegungen angestellt werden. Dafür sind grundsätzlich Periodisierungsprinzipien notwendig. 1 3 1 ' In der Übersicht zeigt sich, bei welchen Leistungen zusätzliche Überlegungen notwendig sind.

marktbestimmte Leistung Marktleistung

mit der Erlösrealisation

Betriebsleitung

mit d e m Güterverzehr

innerbetriebliche Leistung

Darstellung

in der Periode

mit der Erlösrealisation bzw. mit dem Güterverzehr

mehrperiodig

abhängig von der Erfolgskonzeption

30:

Zeitpunkt

der Realisation von Kosten

Die Übersicht zeigt die unterschiedlichen Möglichkeiten von Leistungen. Periodisierung von Zahlungen bedeutet hauptsächlich, daß zur Erfolgsermittlung der Zeitpunkt der Zahlung verschoben wird. 1 3 2 ' Während das Realisationsprinzip regelt, ob und w a n n ein Vorgang in die kurzfristige Erfolgsrechnung aufgenommen wird, legt das Periodisierungsprinzip fest, in welcher Höhe pro Periode der Vorgang zu berücksichtigen ist. Dabei greift es nur bei mehrperiodig nutzbaren Leistungen in den Bewertungsprozeß ein. In der Darstellung werden die marktbestimmten Leistungen unterteilt in die Marktleistungen (abgesetzte Güter) und die Betriebsleistungen (gelagerte Gü-

131) Vgl. LEFFSON, U., Grundsätze, 1987, S. 301ff.

132) Vgl. CHMIELEWICZ, K., Periodisierung, 1993, Sp. 1514f.

242

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

ter), in der Kosten- und Erfolgsrechnung werden üblicherweise die abgesetzten Leistungen mit ihren Erlösen und Einzelkosten angesetzt, die gelagerten bzw. noch nicht fertiggestellten Güter werden mit ihren Herstellkosten erfolgsneutral angesetzt, denn gemessen werden soll der Absatzerfolg. 133 ' Für innerbetriebliche Leistungen, die in der betrachteten Periode erstellt und verzehrt werden, ist keine erfolgsneutrale Bewertung vorzunehmen, und dabei ist es unerheblich, ob eine direkte Verbindung zwischen dieser Leistung und den abgesetzten Gütern herstellbar ist. Maßgeblich ist in diesem Fall ausschließlich, daß die Leistung in folgenden Perioden nicht wieder verwendet wird. Wie sind Leistungen zu behandeln, die für die Nutzung in mehreren zukünftigen Perioden vorgesehen sind? Aus dem Realisationsprinzip läßt sich ableiten, daß alle Vorgänge, solange sie nicht zum Absatzerfolg führen, erfolgsneutral zu behandeln sind. Für die meisten mehrperiodig nutzbaren Güter besteht aber das Problem, daß sich nur indirekte Verbindungen zum Absatzerfolg aufzeigen lassen. Das Problem der zeitlichen und sachlichen Zurechnung stellt sich in der kurzfristige Erfolgsrechnung in der gleichen Schärfe wie in der Produktkalkulation. Daher wurde in der Darstellung die Erfolgsrealisation abhängig gemacht von der zugrundegelegten Erfolgskonzeption. Die inhaltliche Interpretation der Periodisierung von mehrperiodig nutzbaren Gütern ist somit immer an die Vorstellung darüber gekoppelt, was als Erfolg angesehen wird. Ob Ausgaben für ein Weiterbildungsseminar für die Abteilungsleiter in einer Periode verrechnet oder als Nutzungspotential angesehen werden, das auf mehrere Perioden verteilt werden muß, läßt sich über die Periodisierungsregel nicht schlüssig beantworten. Wenn im Erfolg eines Unternehmens berücksichtigt werden soll, daß der strategisch und taktisch vorgezeichnete Weg eingehalten wird, muß der Periodenerfolg in zwei Kategorien getrennt werden: 1. der Markterfolg, der in der Periode realisiert wird, und 2. den Potentialerfolg, der die Voraussetzung für zukünftige Markterfolge schafft.

133) Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 422; 1993, Sp. 1319.

LÜCKE,

W., Erfolgsrechnung,

D. Planungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

243

Wie auch immer die konkrete Zurechnung auf die Periode gestaltet wird, der Potentialerfolg sollte immer getrennt ausgewiesen werden. Nur in ihm spiegeln sich zukünftige Entwicklungschancen des Unternehmens wider. In diesem Zusammenhang zeigt sich auch die Problematik des Matchingprinzips, das die Frage beantworten soll, welche Kosten welchen Erlösen gegenübergestellt werden dürfen. Bei dieser Frage taucht sofort die Assoziation mit der Zurechnungsproblematik auf, nur bezieht sie sich hier auf den sachlichen und zeitlichen Zusammenhang. 1 3 4 ' Das Matchingprinzip klärt dieses Problem nicht, denn was als "wirtschaftlich zusammengehörige" 1 3 5 ' Beträge angesehen wird, läßt sich erst durch die Vorstellung darüber, was der Erfolg sein soll, klären. Auch die Form des Imparitätsprinzips hängt von der gewählten Erfolgskonzeption ab. Wenn der Erfolg Auskunft über die zukünftige Leistungsfähigkeit eines Unternehmens geben soll, so müssen zukünftige Risiken berücksichtigt werden, allerdings ebenso zukünftige Gewinnchancen. Ein internes Imparitätsprinzip läßt daher die Risikoneigung der Bewertenden einfließen, denn sie können zukünftige Verluste stärker gewichten als zukünftige Gewinne. Im Gegensatz zum externen Imparitätsprinzip besteht aber keine Verpflichtung, zukünftige Gewinne mit Null anzusetzen. 136 ' Die Ausführungen zu den Grundsätzen einer planungsgerechten Kosten-, Erlös- und Erfolgsermittlung zeigen die engen Grenzen auf, die solchen Grundsätzen gesetzt sind. Sie können im internen Rechnungswesen keine allgemein gültigen Vorschriften zur Bewertung und Zurechnung darstellen, da abhängig von den Rechnungszwecken und den verschiedenen Möglichkeiten, was als Erfolg angesehen wird, unterschiedliche Bewertungen und Zurechnungen vorgenommen werden können. Allgemeine Gestaltungshinweise für die Kosten- und Erfolgsrechnung sind zwar prinzipiell wünschenswert; im Lichte dieser Untersuchung stellt sich jedoch die Frage, ob es überhaupt möglich ist, solche

134) Vgl. zum Matchingprinzip S. 636.

HORNGREN,

C.

T./SUNDEM,

G. L., Accounting, 1990,

135) Vgl. C H M I E L E W I C Z , K., Bilanzierungsprinzipien, 1990, S. 337. 136) Vgl. SCHNEIDER, D., Erfolgsrechnung, 1988, S. 1191; SCHNEIDER, D., Rechnungswesen, 1994, S. 405ff., der bei auftretenden Abweichungen für solche Ermessensentscheidungen einen Sonderposten für Planabweichungen vorschlägt, vgl. die Beispiele in SCHNEIDER, D., Wirtschaftsrechnung, 1988, S. 1382ff.

244

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Grundsätze aufzustellen. 1 3 7 ' Im ersten Teil w u r d e n die Anforderungen an planungs-(entscheidungs-)relevante erörtert; e s zeigte sich i m Laufe der Untersuchung, daß insbesondere die Einzelzurechenbarkeit und die Anforderung der Veränderung (Marginalprinzip) nicht unabhängig vom speziellen Planungsproblem und der Zielvorstellung festzulegen sind. Daher sollte bei der Betrachtung von einzelnen Gestaltungsvorschlägen für die Kosten- und Erfolgsrechnung mehr auf den Rechnungszweck und die Erfolgsvorstellungen geachtet werden, denn allgemeine Aussagen, wie z. B. daß ein Vorschlag d e m Verursachungsprinzip entspricht, sind in der Regel inhaltsleer. Der Erfolg in einer operativ ausgerichteten Planungs- und Kontrollrechnung wird in einer wertmäßigen Interpretation verstanden als eine Zielgröße für die Unternehmensführung, inwieweit die gesamten Aktivitäten innerhalb der Periode die zukünftige Leistungsfähigkeit verändert haben. Diese Zielgröße soll anzeigen, ob die W i r k u n g e n von Aktivitäten, die Erfolgspotentiale ausschöpfen, und von Aktivitäten, die Erfolgspotentiale erhalten oder aufbauen, in d e m Verhältnis zueinander stehen, welches von der Unternehmensführung angestrebt wird. Gerade diese Aussagekraft des Erfolges eines Unternehmens ist es, die diese Zielgröße so bedeutend macht. D a ß die Erfolgsermittlung dabei im Spannungsfeld zwischen objektiver Darstellung und subjektiven Einflüssen steht, sollte jedoch keine Begründung dafür sein, auf sie zu verzichten. Die Steuerung durch die Unternehmensführung soll die geplanten M a ß n a h m e n im Unternehmen durchsetzen. Wie diese Aufgabe mit einer Kosten- und Erfolgsrechnung unterstützt w e r d e n kann, soll im nächsten Kapitel geklärt werden.

137) Vgl. die Vorschläge von Schneider zu den Grundsätzen der internen Wirtschaftsrechnung S C H N E I D E R , D., Erfolgsrechnung, 1988, S. 1188ff.; S C H N E I D E R , D., Wirtschaftsrechnung, 1988, S. 1371 ff.; SCHNEIDER, D., Rechnungswesen, 1994, S. 404ff.; Schneiders vier Grundsätze "übernehmen für den Zweck einer Steuerung und Kontrolle von Fertigungs- und Vertriebsentscheidungen jene Rolle, welche die handelsrechtlichen Goß für die Zwecke des Jahresabschlusses spielen." ebenda, S. 404. Zu beachten ist allerdings, daß diese Grundsätze für eine Istrechnung gedacht sind, welche die Gewinn- und Verlustrechnung modifizieren soll; vgl. zur Beurteilung KÜPPER, H.-U., Controlling, 1995, S. 214f.

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

E.

Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

I.

Rechnungszwecke

245

Steuerung ist als Führungsaufgabe charakterisiert worden, die eine Verbindung zwischen der Willensbildung und der Realisation herstellt. Sie umfaßt Tätigkeiten, die der Willenssicherung von Planungen und Entscheidungen dienen. Dabei hat die Steuerungsfunktion verschiedene Dimensionen, neben die hier im Vordergrund stehende sachlich rationale Analyse der Führung tritt die personenbezogene, die meist verhaltensorientierte Steuerung genannt wird. Soweit sie sich auch auf die Handlungen bezieht, ist eine zusätzliche Charakterisierung als Verhaltenssteuerung entbehrlich. 138 ' Erst wenn eine psychologische Betrachtung erfolgt, ist der Begriff zu verwenden. Die weitere Analyse beschränkt sich auf eine sachlich rationale Steuerung; dabei interessiert nicht jede Form von Steuerung, vielmehr konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf monetäre Zielgrößen insbesondere Kosten, Erlöse und Erfolge. Direkte Anordnungen durch Vorgesetzte oder andere organisatorische Instrumente werden nicht betrachtet; diese Einschränkung auf einen Teilbereich der Steuerung muß beachtet werden. 139 ' Die Tätigkeiten der Steuerung lassen sich in die - Festlegung und die - Veranlassung unterscheiden. Da Steuerung mit Hilfe von monetären Zielgrößen nicht als konkrete Handlungsanweisung fungieren kann, lassen sich solche Zielvorgaben nur als globale Größen interpretieren. Für Vorgaben auf Basis von Kosten und Erlösen tritt daher die Aufgabe der Veranlassung in den Hintergrund, eine Aufforderung zur Handlung mit Hilfe von monetären Größen ist nur bedingt möglich. Im Mittelpunkt steht daher die Aufgabe der Festlegung von Vorgaben

138) Vgl. zur Verhaltensorientierung der Kosten- und Erfolgsrechnung WEBER, }., Entscheidungsorientierung, 1994, S. lOlff.; W A G E N H O F E N A . / R I E G L E R , C., Verhaltenssteuerung, 1994, S. 465. 139) Vgl. zur personalen Koordination im Sinne einer Steuerung H O F F M A N N , F., Führungsorganisation, 1980, S. 355ff.; BLEICHER, K . / M E Y E R , E., Führung, 1976, S. 50f.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

246

zur Durchsetzung von Plänen. Durchsetzen ist dabei nicht gleichzusetzen mit dem hierarchischen Anordnen im Sinne eines Befehls. Durchsetzen von Zielvorgaben kann auch mittels gemeinsamer Zielabsprachen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter erfolgen. Es ist auch nicht Voraussetzung für Zielvorgaben, daß die Ziele von Unternehmensführung und Mitarbeiter hen.

14ü)

auseinanderge-

Auch dann wenn keine Interessenkonflikte angenommen werden, sind

daher Zielvorgaben notwendig. Allgemein lassen sich mehrere Anforderungen an Zielvorgaben beschreiben, zunächst müssen die Dimensionen festgelegt werden:141^ -

Inhalt,

- Ausmaß und - zeitlicher Bezug von Zielen. Diese allgemeinen Merkmale von Zielen sind zu ergänzen um den -

organisatorischen Bezug,

da Vorgaben für organisatorische Bereiche, von einer Stelle bis zum Tochterunternehmen eines Konzerns, entwickelt werden. Die verschiedenen Formen von Vorgaben ergeben sich in Abhängigkeit von - der Organisationsform, -

der betrachteten Organisationseinheit und

- der realisierten Entscheidungszentralisation oder -dezentralisation.

140)

Vgl. W A G E N I I O E E R , A . / R I E G L E R , C . , Verhaltenssteuerung, 1 9 9 4 , S. 4 7 3 f . , die den Interessen- insbesondere den Zielkonflikt zwischen Personen als Voraussetzung der Verhaltensteuerung deklarieren. Die Beispiele, die dort aufgeführt sind, setzen den Interessenkonflikt aufgrund unterschiedlicher Ziele einzelner Personen bis auf eine Ausnahme jedoch nicht voraus. Es handelt sich vielmehr um typische Konflikte im Zielsystem des Unternehmens. So ist z. B. der Konflikt zwischen der Maximierung des Bereichs- und des Unternehmenserfolgs nicht von den eigennützigen Handlungen einzelner Bereichsmanager abhängig; dieser Konflikt besteht aufgrund der organisatorischen Gestaltung und der Entscheidungsdezentralisation, und zwar auch dann, wenn die Beteiligten ausschließlich die Ziele des Gesamtunternehmen verfolgen. Die Ausnahme betrifft den Versuch eines Mitarbeiters, möglichst geringen Arbeitseinsatz zu leisten. Wenn im Modell solche grundsätzliche Zielkonflikte angenommen werden, müssen die Zielvorgaben Motivation zum Handeln geben.

141)

Vgl.

H E I N E N , E.,

Zielsystem,

1966, S. 5 9 f f .

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

247

Eine Kosten- und Erfolgsrechnung, die Informationen für die Steuerung zur Verfügung stellen soll, muß für das jeweilig betrachtete Objekt zugeschnittene Kosten-, Erlös- und Erfolgsinformationen generieren. Zielvorgaben werden auf der Grundlage von Planungen und Entscheidungen entwickelt. Es müssen Werte ermittelt werden, die den Mitarbeitern anzeigen, inwieweit geplante Ziele erfüllt werden. 142 * Neben den Grundsatz der Veränderbarkeit der betrachteten Größen tritt der Grundsatz der Beeinflußbarkeit der Ziele; Zielvorgaben müssen von der betroffenen organisatorischen Einheit verändert (= beeinflußt) werden können. Dies ist ein wichtiger Grundsatz der Organisationslehre, der sich in der Theorie der Kosten- und Erfolgsrechnung durchgesetzt hat und dem auch hier gefolgt wird. Grundsätzlich erfolgt die Ableitung von Vorgaben aus der Planung; auf Basis der gewählten Alternativen oder eines Handlungsrahmens werden Vorgaben formuliert. Aus Vorgaben auf Basis von Kosten und Erlösen lassen sich zwar keine direkten Handlungsanweisungen ableiten, da sie der Bewertung von Handlungen im Hinblick auf verfolgte Ziele dienen. Wenn jedoch detailliert geplant wird, so kann durch Kostenvorgaben eine Handlungsanleitung gewährleistet sein. Beispielsweise wird durch Materialstandards in einer Plankostenrechnung ein optimaler Verfahrensablauf unterstellt; ist dieser in der Kostenstelle bekannt, dann beeinflußt die entsprechende Kostenvorgabe das Verhalten (Handlung) der Mitarbeiter in Richtung der gewünschten Werte. Ohne Kenntnis des Ablaufs verpufft die entsprechende Kostenvorgabe jedoch wirkungslos. Für die Realisation werden daher Vorgaben bevorzugt, die direkt handlungsanleitend sind: Mengen- und Zeitgrößen. Monetären Größen kommt dann nur eine zweitrangige, mehr begleitende Bedeutung zu. Sie dienen dazu, den Mitarbeitern deutlich zu machen, daß jede Handlung im Unternehmen mit Auswirkungen auf die finanzwirtschaftlichen Zielgrößen verbunden ist. 143 ' Wird die Steuerung von Führungsprozessen betrachtet, so ergibt sich ein anderes Bild. Kosten- und Erlösvorgaben dienen bei der Steuerung innerhalb der

142) Vgl. H E I N E N , E., Zielsystem, 1966, S. 215f., der im Vordergrund die Ableitung von Zielvorgaben aus Oberzielen sieht. 143) Vgl. KOSIOL, E., Standardkostenrechnung, 1960, S. 23f., der von Technizität spricht; SCHWEITZER, M . / K Ü P P E R , H.-U., Kostenrechnung, 1986, S. 238.

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

248

Führung dazu, eine Ausrichtung an den monetären Zielen zu erreichen. Entscheidungen, ob isoliert oder miteinander verbunden, werden auf Basis von monetären Zielen getroffen. Um Entscheidungen zu steuern, sind Kostenvorgaben direkt entscheidungsleitend, da die Auswahl der Alternativen erst mit monetären Vorgaben (oder anderen Kriterien) möglich ist. Das Verhältnis zwischen Sach- und Formalziel kehrt sich gegenüber der Steuerung von Realisationen genau um, denn mit dem Sachziel lassen sich keine Entscheidungen fällen, es werden Entscheidungskriterien wie z. B. Kosten benötigt. Eine Kostenvorgabe dient dann als Ausgangsziel für einen Entscheidungsprozeß. Sie soll gewährleisten, daß der Entscheidungsträger sich an den Zielen des Unternehmens orientieren kann. Wie angedeutet hängt die Differenziertheit der Vorgabe von dem betrachteten Objekt (welche Organisationseinheit wird betrachtet), von der Gestaltung der Entscheidungsfreiheit und von der Partizipation der Beteiligten am Prozeß ab. Wird jede Handlung bis ins einzelne Detail geplant und werden Kostenvorgaben für jede zu verwendende Ressource vorher festgelegt, so kann die Entscheidung als determiniert angesehen werden. Mit Autonomie von Entscheidungen hat das nichts zu tun. Die Steuerung der Entscheidung gewährleistet so ein Maximum an Zielorientiertheit. Der Regelfall ist jedoch eine mehr oder weniger umfassende Entschlußfreiheit der Führungskräfte. Kosten- und Erlösvorgaben sind dann nur noch Rahmenvorgaben, die die Gesamtheit der Entscheidungen, die in der organisatorischen Einheit getroffen werden, im Hinblick auf die Ziele des Unternehmens beeinflussen sollen. Beide Varianten von Vorgaben schließen sich nicht aus, sondern werden im Unternehmen in der Regel gleichzeitig realisiert, beispielsweise werden für Führungskräfte Rahmenvorgaben und für untere Hierarchiestufen häufig detaillierte Vorgaben entwickelt. Spezielle Probleme bei der Entwicklung von Vorgaben zur Steuerung ergeben sich aus dem Sachverhalt, daß die Plan- oder Entscheidungswerte nicht identisch mit den Vorgabewerten sein müssen. 144 ' Eine einfache Übertragung des jeweiligen Werts ist also nicht immer möglich. Im ersten Teil wurden mehrere sachliche Unterschiede angeführt: die sachliche Abgrenzung (dem Grunde

144)

Vgl.

FRESE, E . ,

1 9 5 6 , S. 6 6 .

Organisation,

1 9 9 3 , S. 1 3 6 ; VLRKKUNEN, H . ,

Rechnungswesen,

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

249

nach), die Bewertung, die zeitliche Abgrenzung und die organisatorische Abgrenzung. 145 ' Überprüft werden muß, ob alle im Plan- und Entscheidungskalkül verwendeten Informationen benötigt werden (sachliche Abgrenzung), danach welche Bewertung durchgeführt werden soll, dann erfolgt eine zeitliche Abgrenzung und eine in der Regel auf die Zwecke der Steuerung ausgerichtete organisatorische Einteilung. Alle in der Planung liegenden Probleme gelten im weiteren als gelöst. In diesem Kapitel sollen vorwiegend die sich aus der organisatorischen Abgrenzung ergebenden Probleme behandelt werden. Insbesondere interessieren die aufgrund differierender Entscheidungsspielräume auftretenden Vorgaben. Sowohl die Organisationsform als auch die eingeräumte Autonomie einzelner Einheiten im Unternehmen wirken sich auf das gesamte Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystem aus. Wird beispielsweise eine funktionale Organisationsstruktur mit zentralistischer Entscheidungsmacht betrachtet, dann werden Vorgaben entsprechend detailliert für die einzelnen Einheiten auf Basis der zentralen Planung entwickelt. Hingegen führt eine objektorientierte Organisation verbunden mit weitreichender Autonomie der Einheiten zu einer Globalplanung, die häufig nur mit einigen Kennzahlen verbunden ist. Beide Formen von Vorgaben stellen die Bandbreite von Möglichkeiten dar, die von Unternehmen realisiert werden können. Sie treten auch in Kombination auf, beispielsweise kann in der objektorientierten Organisation in den einzelnen Sparten eine detaillierte Planung und Steuerung vorgenommen werden.

II.

Zielgrößen für Zwecke der Steuerung

a.

Zielgrößen und Verantwortungsbereiche

Aus dem Vorherstehenden läßt sich ableiten, daß auch bei der Steuerung eine Vielzahl von Zwecken unterschieden werden können, deren Inhalt die Zielgröße bestimmt. Für mehrere verschiedene Steuerungsobjekte wird das beispielhaft gezeigt. Vor allem ist es wichtig zu erkennen, daß entscheidungsrele-

145) Vgl. VIRKKUNEN, H., Rechnungswesen, 1956, S. 66f.

250

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

vante Größen und steuerungsrelevante Größen nicht identisch sein müssen. G e r a d e für Stellen, die interne Leistungen erbringen, fallen häufig keine entscheidungsrelevante Kosten an. Für Steuerungszwecke müssen d a n n Ersatzg r ö ß e n herangezogen w e r d e n , u m als Richtungsanzeiger zu dienen. Da d i e Steuerung eine Aufgabe der Willensdurchsetzung ist, g e w i n n t die Betrachtung des organisatorischen Aufbaus sowie der organisatorischen Regeln einen hohen Stellenwert. A u s den unterschiedlichen Eigenschaften v o n Steuerungsobjekten ergeben sich auch abweichende A n f o r d e r u n g e n an die V o r g a b e größen. So soll bei Stellen, deren Entscheidungen überhaupt keine m a r k t w i r k s a m e n Konsequenzen haben, auch eine an den Formalzielen orientierte Steuerung m ö g l i c h sein. Dies ist bei Stellen, die marktbestimmte Leistungen erstellen, ohnehin gegeben. Dort greifen die direkten Bewertungen der Marktleistungen. Es w e r d e n Marktpreise v e r w e n d e t oder an Marktpreise angelehnte Werte. Da die für die Steuerung möglichen Zielgrößen in Abhängigkeit von d e r Beeinflußbarkeit der Zielgrößen gewählt w e r d e n , zeigt die nachfolgende Darstellung die dafür typischen Fälle. Es k ö n n e n zur Steuerung Größen v e r w e n d e t w e r d e n , die den Input von Gütern ( = Güterverzehr) und d e n Output von Gütern ( = Güterentstehung) z u m Inhalt haben. Darüber hinaus ergeben sich Größen a u s der Differenz zwischen beiden Arten: z u m einen der Erfolg und z u m a n d e r e n die Rendite, die den Kapitaleinsatz berücksichtigt. 1 4 6 '

Zielgrößen

Verantwortungsbereiche (Responsibility Center)

Kosten

Cost Center

Erlöse

Revenue Center

Erfolg

Profit Center

Rendite

Investment Center

Darstellung

146)

31:

Vorgabewerte und

Verantwortungsbereiche

V g l . KAPLAN, R. S . / A T K I N S O N , A. A . , A c c o u n t i n g , 1 9 8 9 , S. 529ff.; W E I L E N M A N N ,

P., Verrechnungspreise, 1989, S. 937ff.; COENENBERG, A. G., Kostenrechnung, 1 9 9 2 , S. 4 3 1 ff.; HORNGREN, C. T . / F O S T E R , G . , A c c o u n t i n g , 1 9 9 1 , S. 186.

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

251

Da Vorgaben ein Hilfsmittel sind, um Planziele durchzusetzen, sind sie in ihrer Wirksamkeit von der Gestaltung der Planziele abhängig. Sie müssen also an die Einflußgrößen anknüpfen, die auch die Planziele bestimmen. Da Zieldurchsetzung im Unternehmen durch zwei Arten von Maßnahmen erfüllt werden, auf das Unternehmen gerichtete und auf den Markt gerichtete, werden marktorientierte von unternehmensbezogenen Vorgaben unterschieden.

b.

Marktorientierte Vorgaben

Bei marktorientierten Vorgaben handelt es sich um Ziele (= Planziele), die durch Aktivitäten erreicht werden sollen, welche direkte Marktwirkung entfalten. Aktivitäten, die marktbezogen sind, zeichnen sich dadurch aus, daß sich ihre monetäre Konsequenzen direkt mit Hilfe von Marktpreisen oder relativ einfach aufgrund von marktpreisbezogenen Ersatzgrößen bewerten lassen.

147)

Entscheidend ist für die Beurteilung von marktbezogenen Vorgaben, ob hierfür immer ein direkter Marktzugang notwendig ist, oder ob eine Fiktion von Märkten ausreicht. Liegt ein direkter Marktzugang vor, so können Vorgaben aufgrund der erwarteten Marktpreise gebildet werden. Dies gilt für die Absatz- und die Beschaffungsmärkte. So lassen sich erwartete Einkaufspreise von Rohstoffen der Abteilung Einkauf vorgeben, ebenso werden der Absatzabteilung Erlöse auf Basis der erwarteten Absatzpreise vorgegeben. Sieht man von Problemen der Ermittlung im einzelnen ab, so tritt hauptsächlich das Prognoseproblem auf. So läßt sich nach dem Sinn von Vorgaben für organisatorische Bereiche fragen, die mit dem Prognoseproblem belastet sind. In dem Fall einer Abweichung besteht nämlich immer die Möglichkeit, als Grund die unbeeinflußbaren Marktprozesse anzuführen. Während die realisierten Marktpreise objektiv feststellbar sind, liegt das Hauptproblem in der Planung der Vorgabewerte. Dieser Sachverhalt könnte gegen eine Verwendung von Vorgaben auf Grundlage von Marktpreisen sprechen. Vorgaben sollen Richtungsweiser sein, sie sollen anzeigen, wie sich aufgrund von Handlungen die Ziele erreichen lassen. Auch wenn eine exakte Ermittlung

147)

Vgl.

KÖHLER,

R., Kosteninformationen,

1992,

S. 855ff.

252

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

nicht möglich ist, erfüllen sie diese Funktion. Ein Verzicht aufgrund der Tatsache, daß ihre Ermittlung mit exakten Berechnungen nicht erreicht werden kann, ist nicht sinnvoll. Bei der Prüfung der Vorgaben besteht jedoch die Gefahr, daß hauptsächlich die Prognosequalität gemessen wird. Theoretisch läßt sich der Vorgabewert zum Zeitpunkt der Kontrolle auf der Grundlage des tatsächlichen Marktgeschehens korrigieren, praktisch scheitert dieses Bemühen an den nicht zu erfassenden Interdependenzen. 148 ' Wenn exakte Vorgaben nicht ermittelt werden können, bietet es sich an, mit Hilfe von gemeinsamen Absprachen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern eine Bandbreite von Werten festzulegen. Es handelt sich dann nicht mehr um einen konkreten Richtwert, sondern um einen Zielkorridor. Für organisatorische Bereiche, die Leistungen innerhalb des Unternehmens erbringen, ohne direkten Zugang zum Markt zu haben, werden marktpreisbezogene Vorgaben verwendet. Damit wird der Zweck verfolgt, daß, auch wenn kein direkter Marktzugang vorhanden ist, solche organisatorischen Bereiche einen realistischen Vorgabewert erhalten. Zu unterscheiden sind bei diesen Bereichen zwei Arten von Leistungen: Leistungen, die für den Markt bestimmt sind - Markt- und Betriebsleistungen - und Leistungen, die nur im Unternehmen benötigt werden. 149 ' Innerbetriebliche Leistungen sind grundsätzlich nicht für eine Vermarktung vorgesehen. Für die Bewertung der negativen Erfolgskomponente ergibt sich kein Unterschied zwischen marktbestimmten Leistungen und innerbetrieblichen Leistungen, nur bei der Bestimmung von Erlösen besteht bei innerbetrieblichen Leistungen das Problem des fehlenden Marktbezuges. Da Vorgaben eine Richtschnur angeben sollen, sind die Güterverzehre in den Bereichen so zu bewerten, als ob jede einzelne Einheit einen Marktzugang besitzt. Nur so läßt sich auch in diesen Abteilungen das Gefühl vermitteln, Teil des gesamten Unternehmensprozesses zu sein.

148) Vgl. zu weiteren Problemen LINK, }., Erfolgskontrolle, 1988, S. 1206. 149) Vgl. PETERS, S., Betriebswirtschaftslehre, 1994, S. 113f.

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

Leistungsart

253

marktbestimmte

innerbetriebliche

Leistungen

Leistungen

Kostenvorgaben

kein Unterschied

kein Unterschied

Erlösvorgaben

prognostizierte

Opportunità tserlöse

Zielgröße

s.

Marktpreise

Darstellung

32:

Vorgabewerte fiir verschiedene

Leistungen

Schwankungen von Marktpreisen sollen sich in solchen Bereichen nicht direkt im Vorgabewert niederschlagen. 150 ' Zwar ist eine Anforderung an Vorgabewerte, daß nämlich realistische Werte zu ermitteln sind, auch hier relevant; dem steht jedoch das Problem entgegen, daß eine Erhöhung der Vorgabewerte durch externe Einflüsse als nicht gerechtfertigt angesehen wird. Grundsätzlich müssen solche Einflüsse aber auch in diesen Stellen berücksichtigt werden, 1 5 1 ' denn die Mitarbeiter sollen die Ziele des Unternehmens auch unter geänderten Rahmenbedingungen

erreichen. 152 '

Nicht die Plan-(vorgabe-)erfüllung

als

Selbstzweck steht im Vordergrund, sondern die Erreichung der Ziele. Jeder Wert, der einem Gegenstand oder eine Handlung zugeordnet wird, drückt in Bezug auf irgendeinen anderen Gegenstand oder eine andere Handlung eine Vorziehenswürdigkeit aus. 153 ' Insbesondere eine monetäre Bewertung - Zuordnung von Geld-/Währungseinheiten - drückt eine Beziehung zu den in Geld bewerteten Vorstellungen anderer in Form von Marktpreisen aus. Wird ein solcher Wert eingefroren, so impliziert dies, daß die darauf beruhenden Marktverhältnisse konstant bleiben. Der konstante Planpreis, der für eine Periode festgelegt wird, ist ein Beispiel für solch einen Wert. Treten unvorhergesehene Preisänderungen am Markt auf, so besteht die Gefahr von Fehlentscheidungen.

150) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 197. 151) Vgl. KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 197. 152) Vgl. zu einer Diskussion über diese Frage LINK, ]., Erfolgskontrolle, S. 1204ff.; KLOOCK, ]., Erwiderung, 1988, S. 1216ff.

1988,

153) Vgl. ENGELS, W., Bewertungslehre, 1962, S. 1; BOHR, K„ Wertbegriff, 1985, S. 63.

254

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Vorgaben für innerbetriebliche Leistungen erinnern eher an Gebührentafeln als an Marktpreise; wie sie zustande kommen, um noch als steuerungsrelevant gelten z u können, ist Gegenstand des nächsten Kapitels.

c.

Interne Gebühren

Für Kostenstellen u n d Bereiche, die weder einen Kontakt zum Beschaffungsnoch z u m Absatzmarkt haben, sind marktorientierte Vorgaben nur aufgrund von Fiktionen möglich. So lassen sich in einer Reparaturabteilung keine marktbezogenen Erlöse finden, da sie nur interne Leistungen abgibt und ihre Produktionsfaktoren nur intern bezieht. 154 ' Ein Marktzugang kann also n u r fingiert werden. Zu fragen ist, ob in solch einem organisatorischen Bereich überhaupt mit Erlös- oder Erfolgsvorgaben gearbeitet werden soll. Eine Frage, die nur anhand der Zwecke beantwortet werden kann. Steuerung als Phase der Willensdurchsetzung dient der Zielerreichung. Werden für Stellen, die innerbetriebliche Leistungen erstellen, Marktpreise fingiert, so sind Mitarbeiter zwar in der Lage, ihre Aktionen a n den Vorgaben auszurichten, ohne jedoch die zugrundeliegenden Einflußgrößen bestimmen z u können. Innerbetriebliche Leistungen zeichnen sich dadurch aus, daß sie nicht für den Markt bestimmt sind. Ein Teil dieser Leistungen ist von solch individuellem Charakter, daß sie nicht marktfähig sind; ihnen fehlt die prinzipielle Eigenschaft, am Markt absatzfähig zu sein. So läßt sich nur ein interner Markt konstruieren, der im Unternehmen als Bewertungsgrundlage dient. Zu beachten bleibt allerdings, d a ß die im Unternehmen verrechneten fiktiven Marktpreise nicht zahlungswirksam sind; eine Erfolgsermittlung auf der Grundlage dieser Größen wird also keine Aussage über zahlungswirksame Erfolge bereitstellen können. Die Steuerung soll jedoch die Pläne durchsetzen, und nicht einen ausschüttbaren Erfolg ermitteln; der Rechnungszweck verlangt in diesem Fall eine Abkehr von den zahlungswirksamen Größen.

154) In der Kostenrechnung werden diese Kostenstellen als Vor- oder Hilfskostenstellen bezeichnet ihre Leistungen werden durch die innerbetriebliche Leistungsverrechung auf andere Kostenstellen verteilt, vgl. zu verschiedenen Verfahren KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 179ff.

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

255

Für die verschiedenen Zwecke von Vorgaben ist eine Auswahl der Zielgrößen notwendig; zur Verfügung stehen in einer operativen Steuerungsrechnung Kosten für den Zweck der Wirtschaftlichkeitskontrolle oder Erlöse sowie Erfolge für den Zweck der Erfolgsermittlung. Für eine an der Wirtschaftlichkeitskontrolle orientierte Vorgabe werden auf der Grundlage der geplanten Leistungen Kosten ermittelt. Es besteht kein Unterschied zu Kostenvorgaben für andere Stellen. Probleme ergeben sich vorwiegend bei dem Wunsch, Erfolge für solche Bereiche zu ermitteln. Die Erfassung und Zurechnung von Erlösen bei Stellen, die innerbetriebliche Leistungen erstellen, ist nur durch Konstruktionen mit entsprechenden Annahmen möglich. 1 5 5 1 Eine erste Möglichkeit der Erfassung von Erlösen ist das Einholen von Angeboten von Unternehmen, die diese Leistung am Markt anbieten. Es ist fraglich, wie realistisch die so ermittelten Werte sind. Voraussetzung ist ein vollkommener Markt. Handelt es sich um einen Markt mit nur wenigen Anbieter, wird die Neigung, sich als Auktionator zu verdingen, nicht lange anhalten. Einer solchen Lösung sind daher enge Grenzen gesetzt. Sind die innerbetrieblichen Leistungen von solch individuellen Charakter, daß sie weder absatz- noch vergleichsfähig sind, dann scheidet ohnehin die Möglichkeit aus, Preise für diese Leistung durch Einholen von Angeboten zu ermitteln. Für Abteilungen unterer Hierarchiestufen und interne Dienstleistungsanbieter sind diese Grundsätze zur Steuerung zu modifizieren. Für solche Kostenstellen und Bereiche liegt der Zeitpunkt der Realisation bei der Fertigstellung der Leistung und der Abnahme durch interne Weitergabe; inwieweit überhaupt von einem Erfolg gesprochen werden kann, soll noch näher untersucht werden. Innerbetriebliche Leistungen werden je nach Erfolgskonzeption verrechnet. Problematisch sind die innerbetrieblich erstellten mehrperiodig nutzbaren Potentiale, aber auch hier müssen Vorstellungen über die Erfolgskonzeptionen existieren, um sie zu verrechnen. Zum einen läßt sich die Weitergabe neutral verrechnen, indem die Leistung mit den entsprechenden Kosten bewertet wird. Eine Erfolgsbeurteilung einer internen Transportstelle ist auf dieser Grundlage nicht möglich. Als Realisationszeitpunkt bietet sich die Leistungsabgabe an, die mit Opportunitätserlösen z u bewerten ist. Opportunitätserlöse sind vermiedene Verluste gegenüber der be-

155)

Vgl.

SCHNEIDER,

D., Rechnungswesen,

1 9 9 4 , S.

378ff.

256

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

sten nicht realisierten Alternative; für eine Erfolgsbeurteilung von intern orientierten Leistungsabgaben sind also fiktive Marktpreise anzusetzen. 156 ' Eine Bewertung mit fiktiven Marktpreisen läßt sich insbesondere für die Abteilungen durchführen, für die Entscheidungen über Fremdbezug oder Eigenerstellung ein Dauerthema sind. Ein solches steuerungsorientiertes Realisationsprinzip weist dann vielleicht einen Erfolg aus, der einen Ausdruck für die Güte der Leistungserstellung in diesem Teilbereich darstellt. 157 ' Eine weitere Konstruktion ist es, einen innerbetrieblichen Markt zwischen den Bereichen zuzulassen. Bei der Vorgabeermittlung wird dann das Verhandlungsgeschick einen großen Einfluß auf die endgültige Festlegung der Größen nehmen, daher ist der Sinn einer solchen Erfolgsermittlung zu bezweifeln. 158 ' Für organisatorische Bereiche, die primär Leistungen für andere Bereiche im Unternehmen erstellen, sind Erlösvorgaben an restriktive Voraussetzungen gebunden; daher wird in der Regel von solchen Vorgaben abzusehen sein.

III. Beeinflußbarkeit der Vorgaben a.

Tatsächliche Beeinflußbarkeit

Vorgaben als Mittel der Plandurchsetzung sollen von den organisatorischen Einheiten als Richtschnur für ihr Entscheiden und Handeln angesehen werden. Sind Vorgaben direkt auf die Handlungen von Mitarbeitern gerichtet, ohne daß ein Spielraum für Entscheidungen verbleibt, so besteht häufig keine Möglichkeit der Mitarbeiter, die Formalziele zu beeinflussen. Die Entscheidung determiniert die Handlung vollständig. Offensichtlich ist die Frage des Einflusses der Mitarbeiter oder organisatorischer Einheiten auf die Vorgabegrößen von großer Bedeutung. 159 '

156) Vgl. zu den Varianten des Erlösbegriffs MÄNNEL, W., Erlösrechnung, 1983, S. 121 ff.; HUMMEL, S./MÄNNEL, W., Kostenrechnung, 1986, S. 83ff.; dort werden Opportunitätserlöse als eingesparte Kosten bezeichnet. 157) Vgl. MÄNNEL, W., Möglichkeiten, 1971, S. 222ff. 158) Vgl. zu verhandlungsorientierten Verrechnungspreisen KAPLAN, R. S./ATKINSON, A. A., Accounting, 1989, S. 611 f. 159) V g l . WELSCH, G. A./HILTON, R. W./GORDON, P. N „ B u d g e t i n g , 1988, S. 40.

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

257

Der Grad der Einflußnahme auf Zielgrößen hängt unmittelbar mit der zugewiesenen Entscheidungskompetenz zusammen. 1 6 0 1 Jede Einheit, der Entscheidungskompetenz eingeräumt wurde, kann selbst planen und entscheiden und damit auch untergeordnete Mitarbeiter steuern. Wird Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, selbständig zu entscheiden, müssen sie die Verantwortung für ihr Entscheiden und Handeln übernehmen; Instanzen müssen zusätzlich die Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernehmen. Die Verantwortung soll nicht größer als die Kompetenz sein, d. h. Mitarbeiter sollen nur für Sachverhalte verantwortlich gemacht werden, die innerhalb ihrer Kompetenz liegen. Die Entscheidungskompetenz versetzt den Mitarbeiter in die Lage, auf das angestrebte Ziel tatsächlich hinzuwirken; durch seinen Entschluß und sein Handeln ist die Zielerreichung gewährleistet. Der Grundsatz der Einheit von Kompetenz und Verantwortung ist nicht zuletzt Ausfluß einer stark auf das Individuum ausgerichteten Gesellschaft. Er stößt immer in den Fällen an seine Grenzen, w o gemeinsames Entscheiden und Handeln notwendig ist. Formalzielvorgaben wie Kosten und Erlöse sind bewertete Güterverzehre oder -entstehungen. Sachzielvorgaben beziehen sich auf diese Mengen; es wird ein nach Art, Menge und Zeit festgelegtes Ziel angestrebt. Anweisungen an Mitarbeiter Sachziele z u erreichen, setzen Handlungskompetenz der Mitarbeiter voraus. Auch wenn kein Entscheidungsspielraum für die Komponenten eines Sachziels gegeben sind, existiert die Freiheit der Handlung. W ä r e sie nicht gegeben, ließen sich Abweichungen nur mit nicht erwarteten Einflüssen, die außerhalb des Unternehmens ihre Ursprünge haben, erklären. Zu klären sind die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit Formalzielvorgaben beeinflußbar sind. Da Formalziele auf einer Mengen- und einer Wertkomponente beruhen, muß der Einfluß auf beide Komponenten gegeben sein. 161> Eine solche Anforderung wäre jedoch viel zu strikt, sie würde jegliches Ermitteln von Vorgaben verhindern. Insbesondere organisatorische Einheiten ohne Marktzugang

könnten

grundsätzlich nur mit Sachzielen, also mengenbezogen, gesteuert werden. Eine

160) Vgl. FRESE, E., Rechnungswesen, 1990, S. 148ff., der die Frage für Profit Center analysiert. 161) Vgl. KOCH, I., Kostenrechnung, 1994, S. 57, er weist darauf hin, daß in der Standardkostenrechnung die Steuerung hauptsächlich über die Mengenkomponente der Kosten erfolgt.

258

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

hundertprozentige Beeinflussung durch den einzelnen Mitarbeiter oder die organisatorische Einheit ist aber auch deshalb auszuschließen, weil die Einflußgrößen, die auf Formalziele wirken, so zahlreich sind, daß sie zum Teil gar nicht bekannt sind oder ihre Wirkungen nur abgeschätzt werden können. Darüber hinaus werden eine Vielzahl von Einflußgrößen von mehreren beteiligten Mitarbeitern gemeinsam bestimmt. Besondere Probleme bereiten die Einflußgrößen, die von Außenstehenden bestimmt werden. Paradoxerweise ist dort, wo sich der Markterfolg eines Unternehmens realisiert, die Möglichkeit der Einflußnahme am geringsten. Bei Vorgaben, die sich auf die Wertkomponente (im Sinne einer Marktbewertung auf Basis von Marktpreisen) beziehen, ist nicht ein Grad von Einflußnahme vorauszusetzen wie bei Vorgaben, die ins Unternehmen gerichtet sind. Preise auf Märkten sind in einer marktwirtschaftlichen Gesellschaft nur eingeschränkt durch einzelne Unternehmen und deren Mitarbeiter beeinflußbar. Sachzielvorgaben, die sich auf Märkte richten, sind nur begrenzt von Einzelnen im Unternehmen zu beeinflussen. So lassen sich natürlich mengenbezogene Absatzziele wie Absatzmengen in bestimmten Regionen aufstellen, die Entscheidung über den Kaufakt wird jedoch außerhalb des Unternehmens getroffen. Für alle diese Fälle wird natürlich trotzdem nach Möglichkeiten gesucht, Ziele so zu formulieren, daß gewährleistet ist, Entscheidungen und Handlungen von Mitarbeitern überprüfen zu können. Mit jeder Form von Vorgabe ist das Problem verbunden, wie sie auf einen einzelnen organisatorischen Teilbereich zugeschnitten werden kann. Vorgaben, die nur von einzelnen Mitarbeitern und niemanden sonst beeinflußt werden, sind die Ausnahme und nicht die Regel. Der Regelfall ist vielmehr, daß jeder im Unternehmen mehr oder weniger mit anderen Mitarbeitern verbunden ist und daraus Abhängigkeiten resultieren, die sich auch in den jeweiligen Ergebnissen der Beteiligten niederschlagen. Als Konsequenz aus diesem Sachverhalt sollte jedoch nicht auf Vorgaben im Unternehmen verzichtet werden. Beachtet werden muß allerdings der aufgezeigte Zusammenhang beim Aufbau von Steuerungs- und Kontrollrechnungen. Bevor auf diese Frage im Kapitel über Kontrollrechnungen zurückzukommen ist, wird anschließend das Problem analysiert, daß der Ort der Kostenbeeinflussung und der Ort der Kostenverrechnung häufig auseinanderfallen.

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

b.

259

Vermeintliche Beeinflußbarkeit (Verwechslung von Kostenbeeinflussung und -Verrechnung)

Vorgaben werden für organisatorische Bereiche ermittelt. In der Kosten- und Erfolgsrechnung gelten die Kostenstellen als eines der wichtigsten Kalkulationsobjekte. 1 6 2 ' Für die Kostenverrechnung wird das gesamte Unternehmen in Kostenstellen eingeteilt. Als Kriterien der Einteilung gelten eigenständiger Bereich (Kompetenz und Verantwortung), Maßstäbe der Leistungsmessung (Bezugsgrößen) sowie einfache Kontierungsmöglichkeit. 1 6 3 ' Da sich die drei Kriterien nicht alle in ihren jeweils zweckgerechten Ausprägungen realisieren lassen, verschiebt sich das Problem auf die Ebene der Konkurrenz der Zwecke. Kostenstelleneinteilungen gelten als unmittelbar mit der Organisationsstruktur verbunden, sie weisen deswegen eine zeitliche Stabilität auf. Es ist bezeichnend für das Übergewicht an verfahrenstechnischen Fragen der Kostenrechnung, daß die Literaturbeiträge fast ausschließlich das Problem einer zu feinen Einteilung und die Bezugsgrößenproblematik erörtern. 1 6 4 ' Entscheidungs- und Planungszwecke dominieren den Zweck der Steuerung, für den das Kriterium der Verursachung und Möglichkeit der Beeinflussung durch Mitarbeiter wichtiger ist. Dahinter steckt der Gedanke, daß, wenn erst einmal die Fragen der Kostenzuordnung objektiv richtig gelöst sind, die Anforderung, die von der Steuerung und Kontrolle gestellt werden, automatisch erfüllt werden. 1 6 3 ' £> a s Kriterium Verantwortungsbereich wird häufig mit dem Rechnungszweck Kontrolle der Wirtschaftlichkeit in Verbindung gebracht. 1 6 6 ' Es wird die Verantwortung für Abweichungen in Kostenstellen herangezogen. Die Zurechnung von Kosten auf Kostenstellen erfolgt aus diesen Gründen nach unterschiedlichen Zwecken. Letztlich bestimmen die Informationswünsche der

162) Vgl. die Definition der Kostenstelle als selbständige Kontierungseinheit in KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 154 oder abgegrenzter Abrechnungsbezirk in SCHWEITZER, M./KÜPPER, H.-U., Kostenrechnung, 1986, S. 155. 163) Vgl. KILGER, W„ Kostenrechnung, 1987, S. 154f. 164) Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 155ff. 165) Vgl. SCHERRER, G., Kostenrechnung, 1991, S. 223. 166)

Vgl. KLOOCK, J./SIEBEN, G./SCHILDBACH, T., Leistungsrechnung, 1993, S. U l f . ; SCHWEITZER, M . / K Ü P P E R , H . - U . , K o s t e n r e c h n u n g , 1 9 8 6 , S. 1 5 8 .

260

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Unternehmensführung (= Rechnungszwecke), welche Zurechnung vorgenommen wird. Für die Vorgabenermittlung steht bisher in der Literatur die Frage der Beeinflußbarkeit im Vordergrund. Es sollen nur Beträge zugerechnet werden, die als beeinflußbar gelten. Im vorigen Kapitel wurde aufgezeigt, daß die Ansichten darüber, was als beeinflußbar gilt, weit auseinander liegen. Wenn die Kalkulation von Produkten im Vordergrund steht, dann wird bei der Verrechnung der Kosten auf Kostenstellen der Bezug zum Kostenträger gegenüber den Verantwortungsbereichen dominieren. Bei der Zurechnung steht der Leistungsprozeß bzw. stehen die Teilprozesse, die zur Erstellung des Produktes notwendig sind, im Vordergrund. Kostenstellen sind dann nur die Orte, an denen die Güter verzehrt oder eingesetzt werden. Bei der Betrachtung von Kostenstellenbögen in einer Grenzplankostenrechnung fällt auf, daß versucht wird, jeden Input der Kostenstelle auszuweisen, unabhängig davon ob er mengenmäßig erfaßt werden kann oder nicht. Neben den Löhnen und Gehältern, die mit Hilfe von Zeiten erfaßt werden, fallen besonders zwei Gruppen ins Auge und zwar, die auf Basis innerbetrieblicher Verrechnungspreise ermittelten Kosten und die kalkulatorischen Kosten. Für die Inanspruchnahme interner Dienstleistungen wie Reparaturen, Transporte oder Rechtsberatungen werden innerbetriebliche Verrechnungspreise auf Basis von Kosten gebildet. Auf solche (Kosten-)Preise hat keine abnehmende Kostenstelle einen Einfluß. Die Beeinflussung erstreckt sich in diesen Fällen nur auf die Mengenkomponente. Bei den kalkulatorischen Kosten, insbesondere den Abschreibungen und den Zinsen, ist selbst dies meist ein Wunschtraum. Abschreibungen sind von den Kostenstellenleitern überhaupt nicht zu beeinflussen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie zeit- oder gebrauchsabhängig ermittelt werden, denn in der Regel wird in Kostenstellen nicht über die Kapazität entschieden; und gleiches gilt häufig für die Beschäftigungshöhe der Anlagen. Derselbe Sachverhalt trifft auf die Zinsen für das Anlagevermögen und für Teile des Umlaufvermögens (Material und Warenbestände) zu. 167 '

167) Vgl. KAISER, K., Leistungsrechnung, 1991, S. 123ff., der für Zinsen auf Materialbestände aufzeigt, daß nur mit Hilfe von weiteren Kennzahlen eine Aussage über den Einfluß des Prozeßverantwortlichen gemacht werden kann.

E. Steuerungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

261

Fixe Kosten oder Bereitschaftskosten ändern sich nicht automatisch mit Variation der Beschäftigung von Kostenstellen, sie können nur in Bezug auf die Zeit auf- oder abgebaut werden. Kosten, die auf Entscheidungen höherer Instanzen beruhen, können zwar auf Kostenstellen verrechnet werden, ein Rechnungszweck Steuerung von Mitarbeitern in den Kostenstellen verlangt aber, daß die Anforderung Beeinflußbarkeit erfüllt wird. Fixkosten sind jedoch auf dieser Ebene nicht durch Entscheidungen oder Handlungen beeinflußbar: Der Ort der Kostenerfassung und der Kostenverantwortung fallen in diesen Fällen auseinander. Daran schließt sich die grundsätzliche Frage an, ob Bereitschaftskosten überhaupt als Vorgaben in Frage kommen. Für untere Entscheidungseinheiten kommt dies kaum in Betracht, da das Merkmal Einflußnahme fehlt; unabhängig davon welche Aktion ergriffen wird, die Fixkosten bleiben immer gleich. Eine Möglichkeit, solche Vorgeben trotzdem zu verwenden, besteht in einer anderen Interpretation. Läßt sich ein Mengen- oder Zeitgerüst für die Nutzung von Kapazitäten aufstellen, dann kann die Einflußnahme auf dieses Gerüst gegeben sein. Die Bewertung hat dann ausschließlich die Funktion solche Verbräuche auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

F.

Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

I.

Rechnungszwecke

Die Rechnungszwecke der Kontrolle, also die Wissenswünsche an die Kostenund Erfolgsrechnung, ergeben sich aus den Kontrollobjekten der Unternehmensführung. Nähert man sich dieser Frage schrittweise, so kann sich die Kontrolle auf die Planung, Steuerung oder Realisation beziehen, also auf Führungstätigkeiten oder Handlungen im Ausführungssystem. Mit Hilfe der Kontrolle von Führungstätigkeiten wird überprüft, ob die Planungen und Steuerungen zielorientiert ausgeführt wurden. Anhand einer Zielkontrolle soll untersucht werden, ob die Entscheidungen und die Vorgaben für die Mitarbeiter zielgerecht waren. So wird z. B. für eine Entscheidung über die Annahme eines Zusatzauftrages deren Erfolgsbeitrag ermittelt, entspricht dieser Betrag den vorher festgelegten Vorgaben, so war die Entscheidung richtig. Für den Fall, daß der Zusatzauftrag abgelehnt wurde, läßt sich allerdings nicht mehr feststellen, ob diese Entscheidung eine Fehlentscheidung war. Die Entscheidung wird nämlich auf der Grundlage der zur Zeit der Entscheidungssituation gegebenen

262

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

Informationen und Verfahren überprüft. E s wird also nicht die Güte der Auswahlmethoden festgestellt. 168 ' Zu trennen von einer Entscheidungskontrolle ist die Kontrolle der Realisation. Mit ihrer Hilfe werden Abweichungen zwischen den geplanten und vorgebenen Werten (Sollwerten) und den tatsächlich erreichten Werten (Istwerten) festgestellt. Nachteil dieser Kontrollform ist die Unmöglichkeit an den eventuell festgestellten Abweichungen von den Vorgaben noch etwas zu ändern. Im Rahmen des Soll-Ist-Vergleichs generierte Informationen sind jedoch nicht nutzlos. Sie können verwendet werden, zukünftiges Handeln zu verbessern. Sieht man von den vorbereitenden Informationstätigkeiten ab, besteht die Kontrolle im Kern aus einer -

Vergleichsphase und einer

-

Analysephase.

Mit Hilfe von Kontrollen ist zu gewährleisten, daß die Ziele und Vorgaben der Führung erreicht werden. Da Kontrolle eine diesen beiden Phasen nachgelagerte Phase ist, wird sie in der Literatur häufig mit einem Vergleich von geplanten und realisierten Größen identifiziert. 169 ' Diese Einschränkung ist für eine führungsorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung abzulehnen, da sie sonst bestimmte Kontrollwünsche wie z. B. eine Fortschrittskontrolle nicht erfüllen könnte. Da die Kosten- und Erfolgsrechnung für alle erfolgszielorientierten Fragestellungen im operativen Bereich Informationen liefern soll, ist sie für alle potentiell möglichen Fragestellungen offenzuhalten; dies gilt auch für die Kontrolle. Als maßgeblicher Rechnungszweck für die Kosten- und Erfolgsrechnung läßt sich die Ergebniskontrolle anführen. Ergebniskontrollen sind das Hauptanwendungsgebiet der Kosten- und Erfolgsrechnung. Es werden zu bestimmten Zeitpunkten Messungen an den Kontrollobjekten vorgenommen, entweder direkt nach Beendigung einer Aktivität oder während der Aktivität. Verfahrenskontrollen werden in der Regel nicht mit Informationen der Kosten- und Erfolgsrechnung unterstützt. Sie richten sich auf die Effizienz von eingesetzten Methoden, z. B. auf die Vorhersagekraft eines

168) Vgl. zur Planungssystemkontrolle M A U N E , R., Planungskontrolle, 1980, S. 51. 169) Vgl. FRESE, E„ Kontrolle, 1968, S. 53.

F. Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

263

Prognoseverfahrens. Verhaltenskontrollen richten sich auf die Art und Weise der A u s f ü h r u n g von Prozessen, sie können sich auf die sachlichen Aspekte oder die Verhaltensaspekte beziehen. Auch hierfür ist die Kosten- und Erfolgsrechnung nicht geeignet. Ergebniskontrollen knüpfen an meßbare Eigenschaften von Objekten an, die durch Führungsaktivitäten oder Handlungen im Ausführungssystem verändert werden. Mit Hilfe der Zielgrößen der Kosten- und Erfolgsrechnung soll eine Ü b e r p r ü f u n g der - wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und - der Wirtschaftlichkeit der Prozesse durchgeführt werden. Während die Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Erfolgskontrolle vollzogen wird, läßt sich die Wirtschaftlichkeit der Prozesse mit Hilfe der Kontrolle von Kosten oder von Erlösen messen. Beide Formen der Ergebniskontrolle können sich ergänzen, w e n n es das Kontrollobjekt zuläßt. 170 ' Im Rahmen der Erfolgskontrolle soll überprüft werden, inwieweit die betrachtete H a n d l u n g oder Entscheidung d a z u beigetragen hat, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Im Mittelpunkt steht also die Frage, inwieweit die Aktivität den von ihr erwarteten Beitrag geleistet hat. Zur Ü b e r p r ü f u n g des Erfolges der Unternehmensführung reicht eine solche isolierte Analyse nicht aus, für diesen Zweck müssen alle Aktivitäten einer Periode betrachtet werden. Der Rechnungszweck Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann auf verschiedene Objekte bezogen werden. In der Organisationshierarchie von Unternehmen werden in der Regel die oberen Hierarchieebenen untersucht. Je weiter m a n sich in der Hierarchie nach unten bewegt, desto mehr wird m a n zu einer Wirtschaftlichkeitskontrolle übergehen müssen. In funktional organisierten Unternehmen ist ab der zweiten Ebene eine Erfolgsverantwortung nicht mehr gegeben, in der objektorientierten Form ist sie in der Regel ab der dritten Ebene ebenfalls nicht mehr gegeben. Wirtschaftlichkeitskontrollen bezwecken letztlich auch eine Überprüfung, wie sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

170) Vgl. zu verschiedenen Möglichkeiten der Erfolgskontrolle LINK, )., Erfolgskontrolle, 1987, S. 780ff.; FlCKERT, R., Erfolgsabweichungen, 1988, S. 42ff.; KLOOCK, J., Erfolgskontrolle, 1988, S. 423ff.; DELLMANN, K., Erfolgsspaltung, 1990, S. 4ff.

264

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

entwickelt hat. Nur ist in organisatorischen Bereichen, die nicht beide Erfolgskomponenten beeinflussen können, ausschließlich eine isolierte Kontrolle einzelner Erfolgskomponenten möglich. Die Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientiert sich an den zukünftigen Erfolgspotentialen des Unternehmens. Wenn von realisierten bzw. effektiven Werten gesprochen wird, so ist zu bedenken, daß die Auskunft über realisierte Werte in dieser Weise verstanden werden kann. Die Unternehmensführung kann an zwei Formen interessiert sein; einerseits, was sich tatsächlich ergeben hat, und zum zweiten, wie sich die betrachtete oder alle Aktionen in einer Periode auf die zukünftige Leistungsfähigkeit ausgewirkt haben. Wie die entsprechenden Zielgrößen für solche Kontrollen beschaffen sein müssen, wird im nächsten Kapitel behandelt.

II.

Zielgrößen für die Zwecke der Kontrolle

Als Zielgrößen werden die Erfolgskomponenten Erlös und Kosten sowie der Erfolg verwendet. In Abhängigkeit vom betrachteten Objekt sind die Anforderungen an kontrollrelevante Informationen zu beachten. Da der Vergleich zwischen zwei Größen als entscheidendes Merkmal von Kontrollen gilt, tritt neben den Planwert oder den Vorgabewert ein Vergleichswert, der das Ergebnis des betrachteten Objektes widerspiegeln soll. Relevanz für die Kontrolle bezieht sich zum einen auf den Vergleichswert in der Vergleichsphase, hingegen nicht auf den Plan- bzw. Vorgabewert, zum anderen ist das Ergebnis des Vergleichs unter Relevanzgesichtspunkten zu betrachten. Wenn das Vergleichsergebnis unter einem Schwellenwert liegt oder innerhalb einer tolerierbaren Bandbreite um den Vorgabewert schwankt, wird auf eine weitergehende Analyse verzichtet. Wird eine signifikante Abweichung festgestellt, so ist dieser Betrag auf seine Einflußgrößen zu analysieren. 171 ' Für jeden einzelnen Abweichungsbetrag der betrachteten Einflußgrößen gelten dann die Anforderungen der Kontrollrelevanz.

171) Vgl. zu Modellen, die diese Entscheidungen unterstützen KAPLAN, R. S., Variances, 1975, S. 314ff.; EWERT, R . / W A G E N H O F E R , A., Unternehmensrechnung, 1993, S. 363ff.

265

F. Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

Die Wirtschaftlichkeitskontrolle, sei es auf Basis von Kosten oder Erlösen, setzt an den bewerteten Güterverzehren (Input) oder bewerteten Güterentstehungen (Output) an. Solche isolierten Kontrollen sind nur möglich, wenn die jeweils andere Kategorie als konstant angesehen werden kann. Gebildet werden im Rahmen der Wirtschaftlichkeitskontrolle Quotienten aus angestrebten und erreichten Größen, beispielsweise Istkosten

, oder

Soll - bzw. Plankosten

Isterlöse Soll - bzw. Planerlöse

.

Kontrolle der

Zielgrößen

Verantwortungsbereiche (Responsibility Center)

(Kosten-) Wirtschaftlichkeit

Kosten

Cost Center

(Erlös-) Wirtschaftlichkeit

Erlöse

Revenue Center

Erfolg

Profit Center

Rendite

Investment Center

wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Darstellung

33:

Kontrollgrößen

und

Verantwortungsbereiche

Für die verschiedenen Zwecke der Kontrolle lassen sich diese Quotienten in unterschiedlicher Weise bilden. 172 ' So wird z. B. für die Kostenkontrolle in einer Fertigungsstelle der Quotient von Preis- und Beschäftigungsabweichungen bereinigt, um nur vom Kostenstellenleiter beeinflußbare Kostengrößen zu erhalten. Kontrollrechnungen werden eingesetzt, um die Ursachen für Abweichungen zu ermitteln und den dafür Verantwortlichen zuzuordnen (s. Darstellung 33). Voraussetzung für eine solche Vorgehensweise ist es, daß die Einflußgrößen bekannt sind, durch deren Änderungen die Zielgrößen beeinflußt werden. Die Kontrolle konzentriert sich auf die Größen, die in der Planung und Steuerung berücksichtigt werden. Treten bisher unbekannte Größen auf, so ist zu ent-

172) Vgl. zu solchen relativen Maßstäben S. 372f.

DELLMANN,

K., Erfolgskontrolle, 1987,

266

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

scheiden, ob diese in zukünftigen Planungsrechnungen berücksichtigt werden sollen. W e n n sich die Zielgrößen in einen Mengen- und einen Preisbestandteil aufspalten lassen, so werden die einzelnen Bestandteile getrennt untersucht. Zu bedenken ist bei dieser Vorgehensweise allerdings, daß die dabei vorausgesetzte Unabhängigkeit beider Bestandteile wenigstens im untersuchten Intervall gewährleistet sein muß. 1 7 3 ) Entsprechend der Einteilung in die drei Kontrollobjekte Planung, Steuerung und Realisation werden folgende Informationsarten für den Vergleich benötigt. 1 7 4 ) Plangrößen und eventuell Wirdgrößen, die sich den Plänen entnehmen lassen, Sollgrößen aus den Vorgaberechnungen und Istgrößen aus den Erfassungsrechnungen. Je nach Untersuchungsgegenstand lassen sich die Größen kombinieren; so werden Plangrößen mit Istgrößen kombiniert, um zu ermitteln, inwieweit die Pläne realisiert wurden. Eine vollständige Aufzählung aller sinnvollen kombinativen Möglichkeiten soll an dieser Stelle unterbleiben. Viel wichtiger sind die mit den einzelnen Größen verbundenen Schwierigkeiten bei der Bewertung und Beurteilung der Abweichungen.

Darstellung

Kontrollform

Wird benötigt für Kontrolle d e r / d e s

Soll-Wird

Fortschritts

Soll-Ist

Realisation

Wird-Ist

Prämissen

Ist-Ist

zeitlichen Entwicklung

Soll-Soll

Konsistenz

Wird-Wird

Konsistenz

34:

Kontrollgrößen

und

Kontrollformen175)

173) Vgl. BRÜHL, R., Methoden, 1993, S. 20. 174) Vgl. WILD, ]., Unternehmungsplanung, 1974, S. 121 ff. 175) Vgl. PFOHL, H.-C., Planung, 1981, S. 59ff.

F. Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

267

Für die Beurteilung von Abweichungen ist die Grundlage der Bewertung festzulegen, sie ist in Abhängigkeit vom Rechnungszweck zu wählen. Der Rechnungszweck Kontrolle der Wirtschaftlichkeit von Prozessen ist als Unterzweck der Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufzufassen. So wird jede positive Abweichung von den Kostenvorgaben potentiell als unwirtschaftlich angesehen, denn unter der Bedingung der Konstanz der Erlöse bedeutet die Abweichung eine Erfolgseinbuße. Typischerweise werden für den Bereich der Kostenkontrolle die Planwerte besser Sollwerte - als Grundlage für eine Beurteilung der Kostenabweichungen gefordert. Ausschlaggebend dafür ist die Überlegung, daß der Planwert die Zielgröße ist, auf die sich Vorgesetzte und Mitarbeiter geeinigt haben. Insofern gilt der Vergleich zwischen diesen Planwerten und den realisierten Werten geradezu als Inbegriff der Kontrolle. Mit diesem Vorgehen sind jedoch einige Nachteile verbunden. Alle Entwicklungen, die auf die Zielgröße wirken, aber nicht geplant wurden, sind durch dieses Vorgehen von der Analyse ausgeschlossen. Das gilt schon für die Abspaltung der Preisabweichung; der Kostenstellenleiter ist für die Erhöhung von Materialpreisen nicht verantwortlich, allerdings bedeutet das nicht, daß er auf Veränderungen der Faktorpreise nicht reagieren kann, z. B. für noch schonendere Materialbehandlung in seiner Kostenstelle Sorge tragen kann. Jeder Ausschluß von Einflußgrößen im Rahmen von Kontrollrechnungen führt zu dem Problem, daß sich einzelne Kostenstellen im Unternehmen als isolierte Bereiche empfinden, die mit den anderen Bereichen nicht zu tun haben. Der Wunsch, einzelnen Verantwortlichen nur durch sie verursachte und damit zurechenbare Beträge zuzuweisen, führt daher zum Problem, daß sich die Bereiche auch tatsächlich nicht im Zusammenhang mit anderen Abteilungen sehen. Gerade der Wunsch einer möglichst gerechten Zuordnung von Abweichungsbeträgen führt in den Ressortegoismus. 176 ' Dem muß die Gestaltung der Kontrolle Rechnung tragen. Es muß

verhindert

werden, daß durch die Art der Ermittlung einer solchen Tendenz Vorschub geleistet wird. Die planungsbasierte Bewertung muß um die Einflußgrößen ergänzt werden, die tatsächlich eingetreten sind, in der Planungsrechnung jedoch nicht berücksichtigt wurden. Die Kontrollrechnung muß also auch auf Basis der Istwerte er-

176) Hierauf weist SHILLINGLAW, G., Accounting, 1982, S. 700f., hin.

268

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

folgen, denn Planwerte und Vorgaben sind ja auf Basis der Kenntnisse des Planungszeitpunkts entstanden. Sie sind für eine aktuelle Analyse der Entscheidungsfelder nicht zu verwenden. Allerdings entsteht ein technisches Problem bei der Durchführung, wie diese Einflußgrößen einbezogen werden sollen Kloock schlägt hierzu vor, die Plan- bzw. Vorgabewerte anzupassen; es wird so die Annahme getroffen, daß diese Einflußgrößen zum Planungszeitpunkt bereits bekannt waren und im Planungsmodell berücksichtigt wurden. Er bezeichnet diese Abweichungen als Planungsfehler. 177 ' Schon die Bezeichnung Planungsfehler mißfällt, denn die generelle Unmöglichkeit, alles vorherzusehen, läßt sich nicht durch eine noch so perfekte Planung abstellen. Verhindert werden soll aber, daß die Mitarbeiter durch ein starres Festhalten an den Planwerten zu Bürokraten erzogen werden. Für jeden nicht im Plan vorhergesehenen Einfluß nehmen dann die Mitarbeiter die Entschuldigung in Anspruch, daß der Plan hierfür nichts vorsehe. Der Planwert hat somit zwei entscheidende Nachteile. Zum einen ist seine optimale Ausprägung mit der Kenntnis zum Planungszeitpunkt verknüpft, zum anderen wird unter den gegebenen Prämissen davon ausgegangen, daß es sich bei diesem Wert um das Optimum handelt. Beide Annahmen müssen unter den realen Bedingungen im Unternehmen nicht zutreffen. Wie Entscheidungen mit Hilfe der Informationen aus der Kosten- und Erfolgsrechnung kontrolliert werden können, soll im nächsten Kapitel erörtert werden.

III. Kontrolle von Planungen Analog zum Vorgehen in der Planung sollen Kontrollen von einzelnen Maßnahmen sowie der gesamten Maßnahmen einer Periode betrachtet werden. Die im letzten Kapitel schon angeklungenen Probleme der Führungskontrolle sind am Beispiel der Kontrolle der Planung zu erläutern. Im Vordergrund der Kontrolle der Planung steht die Frage, ob die richtige gewinnmaximale - Entscheidung getroffen wurde. Wird das Augenmerk auf das materielle Ergebnis gerichtet, so müßte die gesamte Analyse der Planung wiederholt werden. Potentiell können in jeder Phase der Planung Abweichungen auftreten, von der Problemanalyse bis zur abschließenden Entscheidung.

177)

V g l . KLOOCK, J . / B O M M E S , W . , M e t h o d e n , 1 9 8 2 , S. 2 2 7 .

F. Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

269

Betrachtet man den Planungsprozeß unter dem Gesichtspunkt der Entscheidungstheorie, lassen sich typische Fehlerbereiche mit Hilfe der einzelnen Bestandteile feststellen: - Ziele, -

Handlungsalternativen,

- Situationsmerkmale sowie - Ergebnis- bzw. Nutzentransformation. 17S) Ursachen für Abweichungen können in der fehlenden Berücksichtigung von Zielen oder einer falschen Einschätzung von Zielbeziehungen liegen. Das gleiche gilt für die Handlungsalternativen, hier kann allerdings noch hinzukommen, daß die Alternativen sich nicht gegenseitig ausschließen. Die zugrundeliegende Situation kann sich als unrichtig erweisen, z. B. werden die Kapazitätsbeschränkungen falsch eingeschätzt oder Nachfrageverbundenheiten zwischen verschiedenen Produktgruppen werden nicht erkannt. Neben diesen Abweichungen können Schwierigkeiten bei der Transformation der Prognosen in Ergebnisse und Nutzengrößen auftreten; sie beruhen auf der mangelnden Fähigkeit der Entscheidungsträger, die Konsequenzen der Handlungsalternativen mit Hilfe des Zielsystems abzubilden. Für die Kosten- und Erfolgsrechnung als institutionalisiertes System der Informationsversorgung lassen sich diese Probleme nur eingeschränkt vermeiden. Sie stellt ohnehin nur Informationen für das Erfolgsziel zur Verfügung, weitere Zielinformationen für den Planungsprozeß, ob nun quantitativ oder qualitativ, müssen mit anderen Informationssystemen abgedeckt werden. Gleiches gilt für die Suche und Beschreibung der Alternativen, sie erfolgt ohne Beteiligung der Kostenrechnung. Durch die Art der Zielgröße sollten nur nicht die Alternativen von vornherein ausgeschlossen werden; genau dies ist der Grund für eine Erweiterung der Zielgrößen Kosten und Erlöse auf das gesamte Zielsystem des Unternehmens. Mangelnde Flexibilität bei veränderten Situationen ist für institutionalisierte Informationssysteme ein großes Problem. So werden z. B. für die Jahresplanung bestimmte Annahmen über die Kapazitätsrestriktionen getroffen, die sich in den (wertmäßigen) Kosten ausdrücken; verändern sich die Restriktionen wäh-

178) Vgl. auch STREITFERDT, L., Abweichungsauswertung, 1983, S. 161f.

270

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

rend der Kontrollperiode, d a n n spiegeln die Kosten nicht mehr die realen Knappheiten der verfügbaren Ressourcen wider. 179 ' Damit wird die Frage berührt, ob die Länge des Planungszeitraums in Abhängigkeit von den erwarteten Datenänderungen festzulegen ist. Theoretisch m u ß nämlich auf jede Datenänderung mit einer N e u p l a n u n g reagiert werden, ein solches Vorgehen ist jedoch kaum praktikabel. Im Gegensatz zu einer ständigen N e u p l a n u n g erfolgt eine periodische Überprüfung der Planungen an vorher festgelegten Zeitpunkten. Der skizzierte Sachverhalt läßt sich verallgemeinern. Sollen Informationen nur fallweise f ü r spezielle Planungen erhoben werden, oder sind Informationen generell in organisierter und (vor-)strukturierter Weise verfügbar zu machen. Das genannte Problem der Ergebnistransformation in die Zielgrößen Kosten und Erlöse hat hier seinen Ursprung, da der Entscheidungsträger auf Basis der zur Verfügung gestellten Informationen nicht in der Lage ist, seine Entscheidungssituation mit Hilfe der Kosten- und Erfolgsrechnung zutreffend abzubilden; Abweichungen und damit Fehlentscheidungen können die Folge sein. Für solche Abweichungen stellt sich die Frage der Verantwortung. Da es sich um einen Fehler im zugrundeliegenden Planungs- bzw. Steuerungsmodell handelt, sind die Führungskräfte, wenn ihnen die Gestaltung von Informationssystemen obliegt, verantwortlich; ihnen ist damit die Abweichung zuzuordnen. Allerdings verbleibt das Problem, ob in diesem Fall von einem Fehler gesprochen werden kann; die Entscheidung für ein institutionalisiertes Informationssystem ist ja nicht so sehr eine freie wie eine notwendige Entscheidung, denn es gibt zu diesem Vorgehen keine praktikable Alternative. Von tatsächlichen Fehlentscheidungen könnte gesprochen werden, wenn ohne erkennbaren Grund von d e m durch das Planungssystem vorgezeichneten Ablauf abgewichen wurde. Einer solchen Analyse sind jedoch enge Grenzen gesetzt. So müßte bei jedem Verfahrensschritt festgestellt werden, ob die durchgeführten Planungsaktivitäten korrekt abgewickelt wurden. Eine solche Verfahrenskontrolle läßt sich allerdings ohnehin nicht mit Informationen aus der Kosten- und Erfolgsrechnung unterstützen.

179) Vgl. ADAM, D., Kostenbewertung, 1970, S. 49, der darauf hinweist, daß die Kosten in einer wertmäßigen Konzeption voneinander abhängen.

F. Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

271

IV. Kontrolle von Handlungen Schwerpunkt der Informationsversorgung durch die Kosten- und Erfolgsrechnung ist die Kontrolle der Realisation, die das veränderte Entscheidungsfeld überprüft. Auch für Kontrolle von Handlungen gelten die Zwecke Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeitskontrolle. Die Realisationskontrolle wird in der Regel mit einem Soll-Ist-Vergleich, wie er in der Kosten- und Erfolgsrechnung üblich ist, in Verbindung gebracht. Aber auch für den Soll-Ist-Vergleich gilt, daß er in vielen Varianten auftreten kann. Auf die unterschiedlichen Grundlagen der Beurteilung wurde schon eingegangen, als wichtigste Unterscheidungen gelten die Planbasis und die Istbasis. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß beide Grundlagen ihre Vor- und Nachteile haben. Für eine Gestaltung der Kontrollrechnung bietet sich von daher eine Kombination beider Varianten an. Je nach Schwerpunkt der Analyse und Auswertung erfolgt ein entsprechender Einsatz. So wird die Beurteilung auf Basis der Planung dann angewendet, wenn es um die gemeinsame Überprüfung der angestrebten Ziele durch die Vorgesetzten und Mitarbeiter geht. Es soll für diesen Zweck eine möglichst manipulationsfreie Informationsgrundlage geschaffen werden, was auf Basis der Planwerte möglich ist. lf,0) Soll das Gespräch hingegen auf die tatsächlichen Auswirkungen, auch die von anderen Bereichen verursachten Abweichungen, ausgedehnt werden, dann sind Informationen über die tatsächlichen Zielbeiträge notwendig. Demgegenüber steht ein Verfahren, das Plan- und Istgrundlage miteinander verbindet, die Grundlage der Minimalkostenkombination. Die Entwicklung dieses Verfahrens ist eine Reaktion auf die immanenten Schwächen aller Verfahren, die auf der Basis von Ist- bzw. Planwerten beruhen. Sie enthalten kompensatorische Beträge, die zu nicht interpretierbaren Teilbeträgen führen können. 181 ' Der Ansatz auf Basis der Minimalkostenkombination verhindert den Ausweis von solchen kompensatorischen Beträgen. Die Kombination der Istund Plangrundlage wird dadurch erreicht, daß von den zwei möglichen Werten immer der niedrigere (minimale) gewählt wird; zugleich wird in diesem differenzierten Ansatz nur ein Teilbetrag höherer Ordnung ausgewiesen, wenn

180) Vgl. KLOOCK, }., Erfolgskontrolle, 1988, S. 431. 181) Vgl. WILMS, S., Kostenkontrolle, 1988, S. 85ff.

272

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

er auf gleichgerichteten Einflußgrößen beruht. 182 ' Für diesen Ansatz spricht, daß

er

als

einziger

in

der

Lage

ist,

kompensationsfreie

Teilbeträge

auszuweisen. Allerdings wird dieser Vorteil mit Interpretationsproblemen erkauft. Für alle externen Variablen, vorwiegend den Preis, bedeutet der niedrigere Wert eine zwar wünschenswerte, jedoch nicht zu realisierende Möglichkeit. Beide Varianten sind z. B. für die Kosten schwer zu interpretieren. Wenn der Planwert größer als der Istwert ist, dann hat während der Periode eine Preissenkung stattgefunden. Abweichungsbeträge auf dieser Basis ergeben einen niedrigeren Wert als auf Basis des Planwerts. Wenn hingegen der Planwert unter dem Istwert liegt, so bedeutet das, daß die Vorgaben nicht erreicht wurden, als Grundlage der Beurteilung jedoch der Planwert verwendet wird. Dieser Wechsel der Beurteilungsgrundlage kann in der gleichen Kostenart mehrfach vorkommen, denn die Grundlage gilt immer nur für eine Einflußgröße. Hinzu kommt, daß die Wahl der jeweiligen Beurteilungsgrundlage durch das Verfahren erzwungen wird, es kann also keine zweckorientierte Auswahl der Beurteilungsgrundlage erfolgen. Dies ist als entscheidender Nachteil anzusehen, da eine zwar mathematisch korrekte Ermittlung erfolgt, allerdings mechanistisch, ohne daß die Entscheidungsträger Möglichkeiten einer zweckgerechten Auswahl der Beurteilungsgrundlage haben. 183 ' Die Kontrolle einzelner Handlungen dient, sofern es eine Ergebniskontrolle nach dem Ende der Handlung ist, der ex-post-Beurteilung. Am Ergebnis der Aktion läßt sich nichts mehr ändern, durch Analysen können jedoch Erfahrungen für zukünftige Handlungen gesammelt werden. Daher ist es sinnvoll, nur solche Abweichungsbeträge auszuweisen, für die in zukünftigen Perioden die Möglichkeit besteht, sie zu verändern. Damit ist ein Aspekt der Kontrollrelevanz von Informationen angesprochen. Die Möglichkeit, einen Betrag auch in Zukunft zu beeinflussen, ist für den Rechnungszweck "Einsparpotentiale abschätzen" notwendige Vorbedingung. Wird hingegen nur Rechenschaft über eine abgeschlossene Handlung verlangt, ist die Einflußmöglichkeit für die Vergangenheit ausreichend. Während das Merkmal beeinflußbar für jeden Kon-

182) Vgl. zu diesem Ansatz W L L M S , S., Kostenkontrolle, 1988, S. 120ff.; B R Ü H L , R., Kostenkontrollrechnung, 1993, S. 338; O S S A D N I K , W . / M A U S , S., Kostenabweichungsanalyse, 1994, S. 449f. 183) Vgl. zur Kritik auch KLOOCK, ]., Entwicklungen, 1994, S. 637f.

F. Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

273

trollzweck als wichtig angesehen wird, sind die zeitlichen Vorstellungen abhängig vom Rechnungszweck. Auch das Merkmal beeinflußbar wird daher im Hinblick auf die jeweilige Fragestellung abgewandelt. Einflußmöglichkeit bedeutet zunächst nichts weiter, als daß ein Entscheidungsträger mindestens eine Einflußgröße einer Erfolgskomponente durch seine H a n d l u n g verändern kann. Dabei ist es gleichgültig, ob er dies allein oder gemeinsam mit anderen bewirkt, wichtig ist ausschließlich die Möglichkeit der Veränderung. Fraglich ist es allerdings, inwieweit es möglich ist, einzelnen Entscheidungsträgern Abweichungsbeträge zuzurechnen. Werden nur Mengen betrachtet, lassen sich zwar isolierbare Größen aufzeigen. So lassen sich Materialverbräuche oder Vertreterbesuche für einzelne Mitarbeiter messen, häufig trifft dies auf die Bewertung dieser Mengengrößen jedoch nicht mehr zu. Schon in jedem Preisansatz steckt eine Wertung durch unterschiedliche Marktteilnehmer. Ein bewerteter Materialverbrauch oder ein Verkaufsabschluß als Ende eines Vertreterbesuchs schließen immer das Wirken von Außenstehenden mit ein, ohne deren Mitwirken keine Erfolgskomponenten auftreten w ü r d e n . Führt m a n das Gedankenexperiment durch, indem alle Marktteilnehmer verschwinden, kann m a n feststellen, daß keine monetären Wirkungen auftreten können. Das gleiche gilt auch für die Innenverhältnisse, denn ohne die Mitwirkung anderer entsteht keine Erfolgskomponente. Der Versuch, nur solche Abweichungsbeträge auszuweisen, die auf Entscheidungen und H a n d l u n g e n eines einzelnen Entscheidungsträgers zurückführbar sind, wird im Lichte dieser Sachverhalte fragwürdig. Abhilfe schafft die Einsicht, daß ähnlich wie das Gemeinkostenproblem in der Kalkulation auch die Aufteilung von Abweichungsbeträgen nicht lösbar ist. 184 '

V.

Kontrolle des Periodenerfolgs

Im Periodenerfolg spiegeln sich alle Handlungen, die in der Periode abgeschlossen u n d die angefangen wurden, wider. Problematisch ist die Berücksichtigung der Projekte, die noch nicht abgeschlossen sind. Hierfür sind eine Reihe von Vorschlägen entwickelt worden. Auch hier gilt, daß der Rechnungszweck die Bewertung bedingt. Wenn der Periodenerfolg ermittelt wird, u m

184) Vgl. KLOOCK, ]., Erfolgskontrolle, 1988, S. 432.

274

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

festzustellen, wie sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entwickelt hat, sind dafür Prognosen notwendig. 185 ' Gerade darin besteht das Problem der Kontrolle des Periodenerfolgs, weil sich in ihr alle Aktivitäten des jeweiligen Bereichs niederschlagen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß mindestens zwischen den eigentlichen Marktaktivitäten - Aktionen, die das Erfolgspotential ausschöpfen - und den Aktivitäten, die zukünftige Erfolgspotentiale aufbauen bzw. bereits bestehende erhalten, getrennt werden soll. Ein separater Ausweis beider Arten von Aktivitäten ist Vorbedingung für die Beurteilung der jeweiligen Manager, denn es soll erkennbar werden, ob beide Erfolgsarten einer Organisationseinheit in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Die Ausgewogenheit ist unternehmensspezifisch festzulegen, beispielsweise indem bestimmte Relationen zwischen Geschäftsvolumen und Forschungs- und Entwicklungskosten von Unternehmensführung und Mitarbeitern gemeinsam aufgestellt werden. Solche Relationen, die als Vorgaben zu interpretieren sind, können zum Gegenstand von Kontrollen werden. Sie haben sicherzustellen, daß im Laufe der Periode zukünftige Erfolgspotentiale nicht vernachlässigt werden. Zweck von Relationen ist es somit, die Berechnung des Periodenerfolges zu vereinfachen, um die Qualität der Führung beurteilen zu können. Es gibt allerdings alternative Möglichkeiten, die überperiodischen Aktivitäten zu berücksichtigen. Rechnungszweck ist es dabei, nicht nur die negativen Konsequenzen solcher Aktivitäten im Periodenerfolg zu berücksichtigen, sondern sie den gesamten in Betracht kommenden Leistungen oder Zeiten anzulasten. Das Dilemma, in dem diese Vorstellung steckt, läßt sich folgendermaßen beschreiben: Die Aktivität, z. B. eine Forschungsleistung, kommt den Produkten der laufenden Periode überhaupt nicht zugute, nach den verschiedenen Zurechnungsprinzipien läßt sie sich dieser Periode nicht zurechnen, sie muß vielmehr in späteren Perioden den dann abgesetzten Produkten zugerechnet werden. 186 ' Eine solche Vorgehensweise verkennt jedoch den Rechnungszweck Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Bei der Ermittlung des Periodenerfolgs werden nicht nur einzelne Periodenerfolge aus der Sicht der Lebenszyklen von Produkten addiert, um isoliert über

185) Vgl. MOXTER, A., Gewinnermittlung, 1982, S. 225ff. 186) Vgl. MÄNNEL, W., Ergebnisrechnung, 1994, S. 109.

F. Kontrollorientierte Kosten- und Erfolgsrechnung

275

den Periodenerfolg von Produktarten zu befinden, vielmehr geht es um eine Gesamtsicht des Unternehmens. Wenn eine möglichst kontinuierliche Gewinnund damit Einkommensentwicklung angestrebt wird, dann wird die Qualität der Führung an der Abstimmungsleistung der verschiedenen Lebenszyklen gemessen. Dies ist dann die hauptsächliche Aussagekraft des gesamten Periodenerfolgs. Aus einer solchen Sicht ist gegen eine volle Berechnung von Forschungs- und Entwicklungskosten in der Periode nichts einzuwenden. Gleiches gilt für Verschrottungskosten oder Recyclingkosten am Ende eines Zyklus. Wenn die Unternehmensführung auf Basis des Unternehmenserfolges beurteilt werden soll, dann ist die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens in den Vordergrund zu stellen. Bei der ausschließlichen Betrachtung der zukünftigen Entwicklung werden jedoch die in der Periode bereits abgeschlossenen Aktivitäten nicht berücksichtigt. Ein solches Vorgehen widerspricht zwar der Vorstellung von Kontrollen als einer in die Vergangenheit gerichteten Information der Unternehmensführung, es hat sich gleichwohl im Bereich der strategischen Kontrolle durchgesetzt. Kontrolle wird als zukunftsorientierte Tätigkeit verstanden, und auch bei der Planfortschrittskontrolle wird eine zukunftsgerichtete Kontrolle eingesetzt. Der Periodenerfolg ist dann das Ergebnis eines Vermögensvergleichs zwischen zwei Zeitpunkten zur Messung von zukünftigen Reinvermögensänderungen. Der Einsatz einzelner Vermögensgüter - bewertete Güterverzehre - soll unter der bewerteten Güterentstehung liegen. Für die Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind in der Regel nur zukünftige Werte zu berücksichtigen. Vermögensgüter, die für zukünftige Marktaktionen eingesetzt werden, sind mit ihren Beschaffungsausgaben anzusetzen, und zwar nur dann, wenn nicht schon Ausgaben in einer früheren Periode getätigt wurden: typisches Beispiel ist der Materialverbrauch von dem Lager zu entnehmenden Gütern. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als ein Prognosegewinn bezieht sich auf die zukünftigen Entwicklungen, wie sie in den taktischen und strategischen Plänen festgelegt sind. Die Kontrolle muß sich auf die Fortschritte in den taktischen und strategischen Projekten beziehen. Dem Einsatz von Vermögensgütern für taktische und strategische Projekte steht allerdings in der Regel keine Vermögensgüterentstehung gegenüber, die über Marktpreise zu bewerten wäre; trotzdem kann ähnlich vorgegangen werden wie im Fall der Ertragswertberechnung. Dort werden die zukünftigen Ein- und Auszahlungen berücksich-

276

Dritter Teil: Kosten- und Erfolgsrechnung als Partialmodell

tigt, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann durch eine ähnliche Berechnung gemessen werden. Die isolierte Darstellung des Periodenerfolgs in einer unterjährigen Rechnung läßt sich in ihrer Aussagekraft erheblich verbessern, indem eine Erweiterung auf mehrere Perioden erfolgt; so wird die Einbettung der operativen Rechnung in die taktischen und strategischen Rechnungen transparenter. Dies soll im abschließenden vierten Teil aufgezeigt werden.

A. Kosten- und Erfolgsrechnung und strategische Führung

Vierter Teil:

277

Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen zur Informationsversorgung eines integrierten Budgetsystems

A.

Kosten- und Erfolgsrechnung als Informationsversorgungssystem für die strategische Führung

I.

Verwendbarkeit von Kosten- und Erfolgsrechnungen für strategische Probleme

Für die Unterstützung der strategischen Unternehmensführung wird zunehmend ein strategisches Kostenmanagement gefordert. 1 ' Allerdings ist nicht klar erkennbar, mit welchen Rechnungszwecken ein solches Konzept verbunden ist, welche Zielgrößen zu verwenden sind, und mit welchen Modellen dies erreicht w e r d e n soll. 2 ) In der Literatur wird Kostenmanagement allgemein definiert als Entscheidungen über M a ß n a h m e n , die die Kosten beeinflussen. 3 ' Kostenmanagement wird hier aufgefaßt als die sich aus den Rechnungszwecken Planung, Steuerung und Kontrolle zusammengefaßten Oberbegriff, der sich ausschließlich auf die Zielgröße Kosten bezieht. 4 ' Diese Interpretation geht nicht über das in dieser Arbeit zugrundegelegte Verständnis hinaus. 5 ' Erst das strategische Kostenmanagement verläßt diese Voraussetzung; dort w e r d e n "Kosten und K o stenbestimmungsfaktoren ... im Hinblick auf die Schaffung von Erfolgspotentialen gesehen und gestaltet." 6 '

1)

2)

V g l . SIMMONDS, K . , A c c o u n t i n g , 1 9 9 0 , S. 2 6 6 ; Sl-IANK, J. K . / G o v i N D A R A J A N , V . ,

Management, 1993, S. 6ff. In diesem Zusammenhang ist vor allem an die unterschiedlichen Annahmen von ein- und mehrperiodigen Modellen zu denken, wie sie der Kosten- und Erfolgsrechnung sowie der Investitionsrechnung zugrunde liegen; vgl. hierzu FRÜHLING, O., Kostenmanagement, 1994, S. 84ff., der diese Unterscheidung kritisiert.

3)

Vgl. FRANZ, K.-P., Kostenbeeinflussung, 1992, S. 1492; MÄNNEL, W., Kostenmanagement, 1993, S. 210; STREITFERDT, L„ Kostenmanagement, 1993, Sp. 1216f.;

4)

Vgl. REIß, M./CORSTEN, H., Grundlagen, 1990, S. 390, die darauf hinweisen, daß nur die Kostenbestimmungsfaktoren und nicht die Kosten Objekt der Maßnahmen sind.

5)

Vgl. FRANZ, K.-P., Kostenbeeinflussung, 1992, S. 1492, der ausdrücklich auf die Annahme der Konstanz der Kapazität hinweist.

6)

HORVÁTH, P./SEIDENSCHWARZ, W . , K o s t e n m a n a g e m e n t , 1 9 9 1 , S. 3 0 0 .

BURGER, A . , K o s t e n m a n a g e m e n t , 1 9 9 4 , S. 4.

278

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

Strategische Planungen zeichnen sich durch mehrere Eigenschaften aus: 7 ' -

sie erstrecken sich über mehrere Jahre (langfristiger Charakter),

-

sie beruhen auf einer unsicheren Datengrundlage,

-

sie betreffen das gesamte Unternehmen,

-

sie können alle Ressourcen des Unternehmens betreffen bzw. verändern,

-

die meisten wichtigen Einflußgrößen unterliegen dynamischen Einflüssen,

-

als Zielgröße wird der zukünftige Unternehmenserfolg, das Erfolgspotential verwendet.

Wenn eine Kosten- und Erfolgsrechnung solche Entscheidungen unterstützen soll, müssen Zielgrößen und die zugrundegelegten Modelle mit den genannten Eigenschaften in Einklang gebracht werden. Es geht um die Eignung der Kostenrechnung zur Bewertung von strategischen Entscheidungen und Planungen; daneben ist zu prüfen, ob die Kosten- und Erfolgsrechnung in der Phase Problembeschreibung (Istsituation) verwendet werden kann. Zunächst wird jedoch die Bewertungsfunktion von Kosten- und Erfolgsrechnungen im strategischen Planungsprozeß erörtert. Strategische Planungen beziehen sich in der Regel auf mehrere Jahre, meist werden Zeiträume von 5 bis 10 und mehr Jahren genannt. Im Kern handelt es sich um die Geschäftsfeldplanung, 8 ' in deren Mittelpunkt die Produkt-MarktKombinationen stehen. Das Grundkonzept des Lebenszyklus führt zu einer aperiodischen, projektspezifischen Sicht; erst die Einteilung in bestimmte Phasen führt zu abgegrenzten Einheiten. Für die zeitliche Grenze gilt der Planungshorizont aufgrund praktischer Notwendigkeiten. Zur Bewertung von Strategien bieten sich, wenn überhaupt, die Verfahren der Investitionsrechnung an. Gerade das Konzept des Lebenszyklus und die Verbindung zur Erfahrungskurve setzen eine bekannte zeitliche Entwicklung der Nachfrage- und Kostenfunktionen voraus, diese kann mit einem statischen Modell wie der Kosten- und Erfolgsrechnung nicht erfaßt werden. Deswegen werden beispiels-

7)

Vgl. N A U M A N N , C., Steuerung, 1982, S. 56ff; WF.I.GH, M. K./Al-Laham, A., Planung, 1992, S. 3ff.; HAHN, D., Unternehmungsführung, 1990, S. 36ff.; HOLZWARTH, ]., Kostenrechnung, 1993, S. 26ff.

8)

V g l . H A H N , D „ P u K , 1 9 9 4 , S. 259.

A. Kosten- und Erfolgsrechnung und strategische Führung

279

weise in der Literatur zur lebenszyklusorientierten Kostenrechnung als Zielgrößen Ein- und Auszahlungen propagiert. 9 ' Statische Modelle zeichnen sich durch ihre Durchschnittsbetrachtung aus; es wird von einer durchschnittlichen gleichbleibenden Periode ausgegangen. 1 0 ' Erst durch ein mehrperiodiges Modell kann eine Entwicklung von wichtigen Einflußgrößen berücksichtigt werden. Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist eine auf das Jahr bezogene, jedoch unterjährliche Rechnung, deren Planungshorizont ein Jahr beträgt. Für über dieses Jahr hinausreichende Wirkungen müssen die Voraussetzungen des Modells überprüft werden. Die Veränderung von Ressourcen steht naturgemäß im Mittelpunkt der strategischen und taktischen Planung; es findet eine Abstimmung zwischen Strategien, strategischen Zielen und den benötigten Ressourcen statt. Es geht gerade um die Abstimmung der Möglichkeiten am Markt mit den Fähigkeiten im Unternehmen. Die Kosten- und Erfolgsrechnung ist ausdrücklich nur für Probleme konzipiert, die Kapazitäten nicht verändern. Zukünftige Zahlungsströme lassen sich aus der Kostenrechnung nicht ableiten. Dem statischen Charakter von Kostenrechnungen widerspricht es, wenn wichtige Einflußgrößen dynamischen Einflüssen unterliegen. Veränderungen von zugrundegelegten Kostenfunktionen aufgrund von Erfahrungseffekten lassen sich nur in einem dynamischen Modell abbilden. Ansätze sind für langfristige Kostenplanungen entwickelt worden, bisher jedoch noch nicht in Systeme der Kosten- und Erfolgsrechnung integriert worden. 1 1 ' Somit ist festzuhalten, daß die Kosten- und Erfolgsrechnung als Informationslieferant für die strategische Planung ungeeignet ist; das gilt im übrigen auch für die taktische Planung, auf die die dargelegten Sachverhalte genauso zutreffen. Wie betont gilt dies vornehmlich für die Bewertung von Maßnahmen, aber

9)

Vgl.

A. G . / F L S C H E R , T . / S C H M I T Z , A., Management, 1 9 9 4 , S . 355ff.

COENENBERG,

D./KLEIN,

}.,

Target,

1994,

S.

29;

RÜCKLE,

10)

Das trifft auch auf das Target Costing bzw. Zielkostenmanagement zu; vgl. zum Target Costing als Instrument des Kostenmanagements S A K U R A I , M., Target, 1989, S. 40f.; H O R V Ä T H , P . / S E I D E N S C H W A R Z , W., Zielkostenmanagement, 1992, S . 142f.; grundlegend S E I D E N S C H W A R Z , W., T A R G E T , 1993.

11)

Vgl. C O E N E N B E R G , A. G., Kostenrechnung, Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 272f.

1992,

S. 172ff.;

KLLGER,

W.,

280

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

ebenso für Prognosen. Ganz anders liegt der Fall bezüglich der Situations- und Problembeschreibung; für solche Analysen ist regelmäßig eine Anwendungsmöglichkeit gegeben. 12 '

II.

Berücksichtigung strategischer und taktischer Faktoren in der kurzfristigen Erfolgsrechnung

Für die Bewertung von taktischen Maßnahmen und strategischen Aktionen soll die Kosten- und Erfolgsrechnung nicht verwendet werden; hierfür stehen weiterhin die Investitionsrechnung und die Erfolgspotentialrechnung zur Verfügung. Es geht bei der folgenden Betrachtung darum, daß die Informationen, die die Kostenrechnung für operative Zwecke zur Verfügung stellt, nicht gegen die strategischen und taktischen Zielvorgaben verstoßen. Alle kurzfristig orientierten Maßnahmen sollen auf mögliche negative Folgen für zukünftige Zielvorgaben überprüft werden. In der entsprechenden operativen Vorgaberechnung ist ein solcher negativer Zielbeitrag dann zu berücksichtigen. Neben dieser Aufgabe sollen in der kurzfristigen Erfolgsrechnung die Auswirkungen von taktischen Projekten und strategischen Programmen aufgezeigt werden. Einerseits erfolgt dies orientiert an der Periodeneinteilung und dem Planungshorizont der Kosten- und Erfolgsrechnung, andererseits kann diese zeitliche Begrenzung überschritten werden. Bei dem zweiten Schritt erfolgt somit eine Art von Prognoserechnung für taktische und strategische Projekte auf der Basis einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung. Sie zeigt die Auswirkungen solcher Projekte auf die operative Rechnung künftiger Perioden. Der Aggregationsgrad der Rechnung richtet sich dabei nach dem Rechnungszweck, in Frage kommen dafür die Analyse des Gesamtunternehmens sowie weiterer Objekte wie Sparten, Produktgruppen, -arten und strategischer G eschä f tseinhei ten. Strategische und taktische Maßnahmen zeichnen sich dadurch aus, daß sie Erfolgspotentiale aufbauen oder erhalten sollen, indem sie Ressourcen (= Poten-

12)

Vgl. zur strategischen Kostenanalyse STEINMANN, BERG, F., Kostenführerschaft, 1992, S. 1462ff.

H./GUTHUNZ,

U./HASSEL-

A. Kosten- und Erfolgsrechnung und strategische Führung

281

tiale) für das Unternehmen aufbauen bzw. erhalten. 13 ' Jede Form von Potentialveränderung, ob beispielsweise die Weiterbildung von Mitarbeitern oder eine neue Prozeßstruktur in der Lagerverwaltung, wird mit der Absicht durchgeführt, zukünftig Erfolge auf dem Markt zu sichern. In der Kosten- und Erfolgsrechnung führen strategische und taktische Maßnahmen bisher ausschließlich zu Kosten, so daß ihre eigentliche Funktion der Steigerung des Erfolgspotentials in der kurzfristigen Erfolgsrechnung nur in unzulänglicher Form zu Tage tritt. Vornehmlichster Zweck einer kurzfristigen Erfolgsrechnung, die als Basis für die Steuerung organisatorischer Einheiten verwendet wird, muß daher der getrennte Ausweis von Erfolgsgrößen, die auf strategischen und taktischen sowie operativen Maßnahmen beruhen, sein. 14) Ein solcher separater Ausweis ist insbesondere dann notwendig, wenn mit dem kurzfristigen Erfolg Anreize und Sanktionen der Führungskräfte verbunden sind, wie dies z. B. im Rahmen des Profit-Center-Konzepts mit der Orientierung am Deckungsbeitrag der kurzfristigen Erfolgsrechnung verwirklicht wird. 15 ' Die Beurteilung von organisatorischen Einheiten mit Hilfe von kurzfristigen Erfolgen hat sich daher auf die Markt- und Potentialerfolge zu stützen. In diesem vierten Teil der Untersuchung geht es um die Darstellung des Potentialerfolges in der Kosten- und Erfolgsrechnung. Zum einen soll gezeigt werden, wie der Potentialerfolg in der operativen Rechnung ausgewiesen werden kann. Des weiteren soll der Potentialerfolg in einzelne Teilerfolge zerlegt werden, um zu erkennen, welche taktischen und strategischen Projekte weiterzuverfolgen oder aufzugeben sind. Eine Diskussion dieser Ergebnisse führt zur Erkenntnis, daß hierfür weitere Analysen notwendig sind. Im Rahmen einer integrierten Rechnung kann eine gleichzeitige Betrachtung von Markt- und Potentialerfolgen zu einer Gesamtbeurteilung der jeweiligen verantwortlichen Führungskräfte benutzt werden. Jedes taktische und strategische Projekt wird trotzdem weiterhin als Investitionsprojekt betrachtet, die langfristigen Bindungen, die das Unternehmen eingeht, sollen im Rahmen der Investitionsrechnung beurteilt werden. Für die Diskontierung werden die Zahlungszeitpunkte benötigt, die Erfolgsbeurteilung

13) 14) 15)

Vgl. BIRCHER, B . , Unternehmungsplanung, 1976, S. 56. Vgl. WERNER, ]., Verhaltenssteuerung, 1994, S. 410ff. Vgl. zu weiteren Möglichkeiten BLEICHER, K., Organisation, 1991, S. 704ff.; FRESE, E., Rechnungswesen, 1990, S. 151ff.

282

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

in der Kosten- und Erfolgsrechnung weicht hingegen auch in einer mehrperiodigen Variante in der Regel von den Zahlungszeitpunkten ab. 16> Um die Kompatibilität von mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnungen mit der wertmäßigen Konzeption zu gewährleisten, soll der Markt- und der Potentialerfolg auf Basis dieser Konzeption bestimmt werden. Bei der Bestimmung des Potentialerfolgs ist dabei nicht nur die negative sondern auch die positive Komponente zu berücksichtigen. Er ist daher als Indikator für zukünftige Erfolge zu entwickeln; nichts anderes soll durch das Erfolgspotential ausgedrückt werden. Ebenso wie der Markterfolg setzt sich der Potentialerfolg aus unterschiedlichen Komponenten zusammen, die sich in Form von Stufen - ähnlich einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung - darstellen lassen. Auch für den Potentialerfolg läßt sich das Zurechnungsproblem aufzeigen; so lassen sich beispielsweise einer Weiterbildungsmaßnahme für Mitarbeiter in der Regel keine Erlöse zurechnen, der Erfolgsbeitrag dieser Maßnahme läßt sich nur anhand der Kosten feststellen. Erst im Rahmen des gesamten taktischen Projekts wird in der Regel eine Zuordnung von Erlösen möglich, die in Bezug auf die Weiterbildungsmaßnahme jedoch Gemeinerlöse bleiben. 17 ' In der Potentialerfolgsrechnung tritt das Problem der Erlöszurechnung auf einzelne Projekte grundsätzlich auf. Der Aufbau geeigneter Potentiale wird meist im Kontext

materiell

immateriell

Grundstücke, Anlagen

technisches und ökonomisches Wissen, Schutzrechte

Nutzungsrechte auf Grundstücke, Anlagen

Arbeitsleistungen; Nutzungsrechte auf Dienstleistungen

Eigentum

Vertrag

Darstellung 35:

16) 17) 18)

Potentiale in der

UnternehmensrechnungW)

Vgl. den Vorschlag von SlMMONDS, K., Accounting, 1990, S. 267, zusätzlich zum Periodenerfolg die Veränderung des Barwerts des Cash flow zu berücksichtigen. Vgl. MÄNNEL, W., Erlösrechnung, 1983, S. 128f. Vgl. PIROTH, E., Potentialkosten, 1984, S. 25ff.; KOCH, J., Potentiale, 1992, S. 214ff.

283

A. Kosten- und Erfolgsrechnung und strategische Führung

einzelner Projekte beschlossen, die in eine strategische Maßnahme eingegliedert sind; häufig lassen sich erst diesen übergeordneten Bezugsobjekten Erlöse zurechnen. Als Überblick über die Potentiale diene die Darstellung 35: Weitere Möglichkeiten, Potentiale zu unterscheiden, bestehen in der Art der eingesetzten Faktoren; so ergibt sich die Einteilung in Human-, Sach- und Finanzpotentiale. 19 '

Bei der Betrachtung der Produktionsfaktoren

liegt

der

Schwerpunkt auf dem Einsatz im Produktionsprozeß, woraus sich keine zwingenden Schlußfolgerungen auf zukünftige Markterfolge ergeben. Letztlich werden so nur die internen Möglichkeiten des Unternehmens abgebildet. Sie sind daher um die Möglichkeiten auf den Märkten zu erweitern. Nur unter Berücksichtigung der Marktpotentiale lassen sich zukünftige Markterfolge abbilden; zu erfassen sind z. B. Potentiale auf den Absatzmärkten oder Kundenpotentiale wie z. B. neue Kundengruppen. 20 ' Die Potentialrechnung ist also nicht einseitig auf die Produktionsfaktoren auszurichten.

Marktvolumen, -Wachstum, -anteil

Kunden Produkte (Produktarten, Produktgruppen)

Absatzmengen Umsatz

Strategische Geschäftsfelder Darstellung 36: Beispiele für

Marktpotentiale

Zu klären ist, wie sich die Verzahnung von strategischer Programmplanung und taktischer Projektplanung mit der operativ ausgerichteten Kosten- und Erfolgsrechnung erreichen läßt. Offensichtlich sind hierzu die Potentiale im Be-

19) 20)

Vgl. KOCH, }., Potentiale, 1992, S. 214ff. Vgl. N I E S E N , W., Erlösrechnungssysteme, 1981, S. 377f., der allerdings die Absatzpotentialrechnung auf Mengengrößen einschränkt.

284

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

trieb und außerhalb des Unternehmens ein geeigneter Ansatzpunkt, denn sie sind es, welche die tatsächlich zu realisierenden Markterfolge vorbereiten, durch ihren Einsatz werden die Markterfolge erst möglich. Das hierzu notwendige System einer strategischen und taktischen Projektrechnung dient als Ausgangspunkt zur Analyse einer integrierten Betrachtung.

B.

Grundzüge der strategischen Programm- und taktischen Projektrechnung

I.

Rechnungszwecke

Das Modell des Lebenszyklus wird verwendet, um einen Rahmen für die folgenden Analysen zur Verfügung zu stellen. Die Fragen der Abgrenzung sind von untergeordnetem Interesse, denn an dieser Stelle soll nur aufgezeigt werden, wie eine strategische und taktische Projektrechnung in ihren Grundzügen aufgebaut sein kann. Der gesamte Lebenszyklus eines Produktes läßt sich in drei Phasen einteilen: 21 ' 1. die Entwicklungsphase, 2. die Marktphase und 3. die Auslaufphase. Der Beginn des Lebenszyklus sei an der ersten Produktidee festgemacht, das Ende mit dem Abschluß der letzten durch das Produkt veranlaßten Handlung und ihrer Ergebniswirkung. Die Übergänge zwischen der Entwicklungs- und der Marktphase werden durch den Markteintritt sowie zwischen der Marktund der Auslaufphase durch den Marktaustritt definiert. Der Potentialaufbau erfolgt primär in der Entwicklungsphase, wird jedoch auch in der Marktphase bei Bedarf fortgesetzt. Insbesondere während der Marktphase eines Produktes werden die Potentialerfolge und Markterfolge nebeneinander ermittelt. Im Mittelpunkt der Betrachtung von strategischen und taktischen Rechnungen steht nach wie vor die Unterstützung von Planungen. Für die Zwecke der

21)

Vgl. zur Lebenszyklusbetrachtung H A H N , D., K./Al-Laham, A., Planung, 1992, S. 118ff.

PUK,

1994, S. 271ff.;

WELGE,

M.

B. Strategische Programm- und taktische Projektrechnung

285

Steuerung und der Kontrolle liegen kaum Untersuchungen vor. 22 ' Die Rechnungen zur Entscheidungsunterstützung richten sich auf der strategischen Ebene auf -

das Gesamtunternehmen und

- die Geschäftsfelder (strategischen Geschäftseinheiten). Das Konzept der Portfolioplanung dient der Abstimmung der einzelnen Geschäftsfelder des Unternehmens im Hinblick auf die Ressourcenaufteilung, insbesondere finanzieller Ressourcen. 23 ' Eine Abstimmung der Geschäftsbereichsstrategien ist dabei in hohem Maße von der Verfügbarkeit monetärer Größen und entsprechender Instrumente abhängig. Für die notwendigen Informationen ist ein entsprechendes Informationssystem aufzubauen, das für eine Erfolgspotentialplanung um zusätzliche quantitative und qualitative Daten zu erweitern ist. Die Auswahl von Strategien erfolgt mit Hilfe von quantitativen und monetären Zielgrößen. Investitionsrechnungen dienen der Beurteilung von strategischen und taktischen Projekten. Ist die Entscheidung getroffen, lassen sich allerdings aus den zugrundeliegenden Informationen keine Zielgrößen für die operative Steuerung transformieren. Die Beurteilung eines Projekts ist nicht nur vor Beginn des Projekts sondern auch während des Projektablaufs möglich. Als Entscheidungszeitpunkte gelten die Endpunkte der jeweiligen Perioden. Nach t 0 kann an allen folgenden Zeitpunkten t, bis tn die Entscheidung über die Weiterführung des Projekts getroffen werden. Die Entscheidung, ob ein Projekt weitergeführt oder abgebrochen werden soll, kann mit Hilfe von Investitionsrechnungen rechnerisch unterstützt werden. Solange zu jedem Zeitpunkt ein Kapitalwert größer Null ermittelt wird, ist das Projekt fortzusetzen. Allerdings lassen sich mit diesem Vorgehen nur relative Erfolge messen. 24 ' Vergleichsbasis ist immer die Ausgangssituation, die zur Bewertung herangezogen wird; wenn sie schlecht ist, läßt sich über den zukünftigen Erfolg des Unternehmens nur wenig sagen. Benötigt

22)

Vgl. zu den Problemen der strategischen Kontrolle NAUMANN, C., Steuerung, 1982, S. 34ff.; vgl. BREID, V., Erfolgspotentialrechnung, 1994, S. 140ff., der die Erfolgspotentialrechnung auf Basis des Cash flow für Planung, Steuerung und Kontrolle entwickelt.

23)

Vgl. GÄLWEILER, A., Unternehmensstrategie, 1983, S. 257ff.

24)

Vgl. z u m Begriff relativer Erfolg FRANKE, G . / H A X , H., Finanzwirtschaft, 1994, S. 97f.

286

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

werden Angaben zur Entwicklung des Erfolges, wie er in der kurzfristigen Erfolgsrechnung gemessen wird. Die Verzahnung von operativer und taktischstrategischer Projektrechnung erfolgt für bestimmte Rechnungszwecke durch die Zielgrößen und die Modellannahmen der Kosten- und Erfolgsrechnung, dann sind allerdings einige Modifikationen notwendig.

II.

Aufbau der Rechnung

In der strategischen und taktischen Ebene werden die finanzwirtschaftlichen Zielgrößen auf Basis von Zahlungen gemessen. Sowohl die Zielgröße Erfolgspotential als auch Kapitalwerte basieren auf Ein- und Auszahlungen. Die Probleme einer Verwendung zahlungsorientierter Ziele in einer operativ ausgerichteten Kosten- und Erfolgsrechnung wurden ausgiebigst erörtert. Skizziert werden soll nun der Grundaufbau der Rechnung am Beispiel der steuerungsorientierten Rechnung, wie sie für ein integriertes Budgetsystem notwendig ist. Der Gesamtaufbau des Budgetsystems besteht aus drei Ebenen: 25 '

Budgetbezeichnung

Zielgröße

strategisches Budget

Programmbudgetierung

Erfolgspotentialaufbau, -erhaltung

taktisches Budget

Projektbudgetierung

Ressourcenaufbau, -erhaltung

operatives Budget

Bereichsbudgetierung

Ressourcennutzung

Budgetebene

Darstellung 37: Flämings- und

Budgetebenen

Strategische Budgets dienen wie die anderen Budgets auch der Durchsetzung der Strategien, die als Ergebnis der strategischen Planung verabschiedet wurden. 26 ' Ob die Planung schon die endgültige Abstimmung aller Geschäftsbe-

25)

Vgl. BRÜHL., R„ Controlling, 1992, S. 159.

26)

Vgl. zur strategischen Budgetierung LEHMANN, F. O., Budgetierung, S. 112ff.

1991,

B. Strategische P r o g r a m m - u n d taktische Projektrechnung

287

reichsstrategien vollzieht oder dies erst während der Budgetierung erfolgt, ist eine eher zweitrangige Frage. Die Abstimmung, die im Rahmen der operativen Budgetierung mit Hilfe der gemeinsamen Dimension Währungseinheit gelingt, läßt sich in der strategischen Ebene immer nur an einzelnen Einflußgrößen des Erfolgspotentials durchführen. Eine gemeinsame Dimension für eine Zielgröße Erfolgspotential existiert bisher nicht, sie läßt sich ohnehin nur in einer Art dimensionslosen Nutzens darstellen. Die einseitige Festlegung des Erfolgspotentials durch eine monetäre Zielgröße wie z. B. Cash-flow, Rendite (Rol) oder Kapitalwert stellt eine Verkürzung des Problems dar, das zwar den Vorteil hat, einen einheitlichen Maßstab bereitzustellen, jedoch den unterschiedlichen Einflußgrößen des Erfolgspotentials nicht gerecht wird. 27) Strategische Budgetierung in Form der Programmbudgetierung wird sich aus diesen Gründen auf mehrere Einflußgrößen stützen müssen. Wenn im folgenden dennoch eine Beschränkung auf monetäre Größen erfolgt, sollte dieser Sachverhalt nicht aus den Augen verloren werden. Eine Steuerung von strategischen Geschäftseinheiten erfolgt anhand unterschiedlicher Zielgrößen, die neben den monetären Erfolgsgrößen Verwendung finden. Insbesondere die monetären Größen erlauben jedoch die Verzahnung von strategischer, taktischer und operativer Ebene, und zwar auch dann, wenn auf den unterschiedlichen Ebenen unterschiedliche Einflußgrößen auf die Zielgrößen wirken. Ein strategisches Budget enthält daher neben den finanziellen Ressourcen weitere Ergebnisziele, die sich auf alle für die Geschäftseinheit als wichtig erachteten Erfolgsfaktoren beziehen können. 2 "' Die strategischen Programme richten sich am Modell des Lebenszyklus aus. Eingebettet in ein strategisches Programm sind die einzelnen taktischen Projekte, die als konkrete Einzelmaßnahmen der strategischen Programme verstanden werden können. Für beide Ebenen werden finanzwirtschaftliche Zielgrößen verwendet, die ausschließlich auf Zahlungen beruhen. Die strategische Programmplanung wird für jedes strategische Geschäftsfeld durchgeführt. Ein darauf bezogenes strategisches Budget soll die sich aus dem Programm ergebenden Ziele in Form von Vorgaben für eine strategische Geschäftseinheit ver-

27)

Vgl. WELGE, M. K./AL-LAHAM, A., Planung, 1992, S. 384.

28)

Vgl. HAX, A. C./MAJLUF, N. S., M a n a g e m e n t , 1988, S. 371ff.

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

288

bindlich aufzeigen. 2 9 ' Die wichtigsten quantitativen, insbesondere monetären Ziele sind in der folgenden Darstellung 38 enthalten. Neben dem Prognoseproblem bestehen analog zur operativen Budgetierung die Fragen der Zurechnung von Gemeinauszahlungen auf einzelne strategische Geschäftsfelder; das Problem der Bildung von Verrechnungspreisen unterscheidet sich bei strategischen Geschäftseinheiten nicht von dem in der Spartenorganisation. Die Messung des Erfolgsbeitrags einer strategischen Geschäftseinheit kann ohne Vorstellungen über die Zurechnung nicht gelingen; insofern ist es verwunderlich, daß in der einschlägigen Literatur keine Aussagen zu dieser Problematik zu finden sind. 30)

Marktinformationen

Marktvolumen, Marktwachstum

Strategisches Geschäftsfeld

Umsatz, Marktanteil (Unternehmen, Wettbewerber)

Erfolgsziele

Einzahlungen für Absatz, Auszahlungen für Güterverzehr produktbezogen, bereichsbezogen, unternehmensbezogen.

Darstellung

38:

Zielgrößen für strategische

Budgets311

Alle beispielsweise für die Kosten- und Erfolgsrechnung entwickelten Prinzipien der Zurechnung lassen sich für strategische Rechnungen übernehmen. Die Diskussion über die Vor- und Nachteile braucht an dieser Stellen nicht wiederholt zu werden, nur das Ergebnis ist hier relevant: Zurechnung und Erfolgsmessung stehen in einem so engen Verhältnis zueinander, daß je nach Betrachtungsebene sich der Primat der Messung des Erfolgs oder der Zurechnung begründen läßt. Die Interdependenzen zwischen den verschiedenen Geschäfts-

29)

Vgl. JUNG, H., Budgetierung, 1985, S. 82ff.; Sp. 1032.

30)

Vgl. WELGE, M. K./AL-LAHAM, A., Planung, 1992, S. 187f., weisen auf das Problem der Verflechtung hin, ohne Fragen der Zurechnung zu behandeln. Vgl. DUNST, K. H„ Management, 1979, S. 124ff.

31)

MARETTEK,

A., Budgetierung, 1974,

B. Strategische Programm- und taktische Projektrechnung

289

einheiten steigen insbesondere durch die in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung an Funktionalstrategien. Kernkompetenzen, die insbesondere durch Forschung und Entwicklung sowie technologisches know-how entstehen, werden systematisch geplant und entwickelt sowie später von mehreren strategischen Geschäftseinheiten genutzt; gleiches gilt auch für andere Funktionen im Unternehmen wie Beschaffung und Absatz. Die dadurch entstehenden Verflechtungen zwischen den strategischen Geschäftseinheiten sollen zum Nutzen von Synergien führen, sind also aktive Gestaltungsmaßnahmen und beruhen nicht etwa auf einer mangelnden Fähigkeit zu organisieren. Die nicht einer strategischen Geschäftseinheit eindeutig zurechenbaren Beträge sollten daher getrennt ausgewiesen werden. Insbesondere wo gemeinsame Zuständigkeit mehrerer strategischen Geschäftseinheiten vorhanden ist, spielt die individuelle Verantwortung einzelner Leiter nur eine untergeordnete Rolle. An ihre Stelle muß die gemeinsame Verantwortung treten. Dies Problem soll mit Hilfe einer integrierten Betrachtung näher analysiert werden.

C.

Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

I.

Rechnungszwecke

Als Rechnungszwecke stehen auch für eine integrierte Betrachtung Planung, Steuerung und Kontrolle im Vordergrund. Die Wissenswünsche an eine integrierte Rechnung sollen insbesondere deswegen näher erläutert werden, weil in der Literatur zum strategischen Kostenmanagement die Rechnungszwecke auf die strategische Ebene bezogen werden, 32 ' in dieser Untersuchung hingegen primär die Informationsversorgung für die operative Ebene betrachtet werden soll. Für eine Kosten- und Erfolgsrechnung, die Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes liefern soll, wird vorgeschlagen die zwei zentralen Abgrenzungen für eine operative Rechnung aufzuheben: 33 )

32)

Vgl.

K., Accounting, 1990, S . 266; STEINMANN, H . / G U T H U N Z , Kostenführerschaft, 1992, S. 1459f.; SHANK, J. K . / G o v i N D A V., Management, 1993, S. 13ff.

SIMMONDS,

U./HASSELBERG, F., RAJAN,

33)

Vgl.

RÜCKLE, D . / K L E I N ,

A„ Management, 1994, S. 340ff.

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

290

- zeitlich: der Planungshorizont von einem Jahr wird nicht mehr zugrundegelegt; - sachlich: die Konstanz der Potentiale gilt nicht mehr. Diese Aufhebung läßt es auf den ersten Blick als unzweckmäßig erscheinen noch von einer Kostenrechnung zu sprechen, da diese ja gerade durch ihren kurzfristigen Charakter gekennzeichnet wird. Im folgenden wird jedoch eingehend begründet, w a r u m eine solche Bezeichnung zumindest bei A u f h e b u n g der zeitlichen Abgrenzung als sachgerecht angesehen w e r d e n kann. Aus der Kombination der Kriterienausprägungen Potentialvariabilität und konstanz sowie ein- und mehrperiodig lassen sich folgende Teilsysteme der Unternehmensrechnung bilden (s. Darstellung 39). Die Darstellung erfaßt denkbare Ausprägungen der Teilsysteme in einer internen Unternehmensrechnung. Von besonderem Interesse ist eine mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung auf Basis gegebener Potentiale. 34 ' Für die Beurteilung von langfristig wirksamen Veränderungen ist weiterhin die Investitionsrechnung zuständig. 3 5 ' Die Annahme, daß auch mit einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung keine Entscheidungen über Potentialveränderungen getroffen werden, bleibt bestehen. In einem strategischen Kostenmanagement sollen ausdrücklich Entscheidungen unterstützt werden, die die üblichen Konstanzbedingungen der Kosten- und Erfolgsrechnung aufheben, seien es Veränd e r u n g der Produkteigenschaften oder von Prozeßabläufen. 3 6 ' Bei all diesen Führungsproblemen sind langfristige Auswirkungen zu vermuten, die sich in zukünftigen Perioden auswirken. Ergänzend zur Entscheidungs-(Investitions-) rechnung dient eine mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung der Abbild u n g der Auswirkungen der Entscheidungen auf den intern ermittelten Erfolg.

35)

Vgl. CL IMIHLEWICZ, K, Erfolgsplanung, 1972, S. 233ff., der eine mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung im Rahmen eines integrierten Modells der Planung entwickelt. Bei Potentialveränderungen innerhalb eines einperiodigen Modells wäre grundsätzlich auch eine Kosten- und Erfolgsrechnung anwendbar, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß sie auf Basis von Zahlungen entwickelt wird, vgl. SCHNEIDER, D., Investition, 1992, S. 74ff.; SCHNEIDER, D., Rechnungswesen, 1994, S. 345.

36)

Vgl.

34)

FRANZ, K.-P.,

Kostenbeeinflussung, 1992, S. 1493ff.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

^

zeitlich

291

mehrperiodig

einperiodig

sachlich Kosten- und

Kosten- und

Erfolgsrechnung

Erfolgsrechnung

Investitionsrechnung

Investitionsrechnung

Potentiale konstant

Potentiale variabel

Darstellung 39:

Erfolgsorientierte

Teilsysteme der

Unternehmensrechnung

Eine mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung hat als einen Zweck die Ermittlung und Minimierung der gesamten Lebenszykluskosten.-' 7 ' Da eine Maßnahme zur Kostensenkung in der folgenden Periode langfristig zu Veränderungen anderer Einflußgrößen führen kann, ist deren Wirkung auf die Zielgröße abzuschätzen. Ein Lebenszyklusmanagement, das als Zweck z. B. die Planung minimaler Materialeinzelkosten vorgegeben bekommt, bedient sich hierzu sehr unterschiedlicher Instrumente wie z. B. der Wertanalyse. Solche isolierten Instrumente müssen durch weitere Informationen ergänzt werden. Für diese Aufgabe kann die mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung verwendet werden, die für alle über die einzelne Periode reichenden Wirkungen Informationen zur Verfügung stellen soll. Produktlebenszyklusmanagement wird somit zu einer umfassenderen Sichtweise geführt, dabei wird besonders die Produktbezogenheit (Kostenträgersicht) dieser Konzeption erweitert. Als alleiniges Betrachtungsobjekt ist das Produkt ähnlich wie in einer einperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung von wesentlichem Interesse, wird jedoch sinnvollerweise um weitere Objekte ergänzt. 38 ' So stützt die mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung die Planung des Erfolgs für die nächsten Perioden, und zwar für -

Produkte,

37)

V g l . PPOHL, H.-C./WÜBBP.NHORST, K. L., L e b e n s z y k l u s k o s t e n , 1 9 8 3 , S. 1 4 2 .

38)

Vgl. zur produktorientierten Lebenszyklusrechnung auf Basis der relativen Einzelkostenrechnung BACK-HOCK, A., Produktcontrolling, 1988, S. 22ff.; BACKHOCK, A., Ergebnisrechnung, 1992, S. 703; weitere Bezugsobjekte in REICHMANN, T./FRÖHLING, O., Erfolgs-Controlling, 1994, S. 290ff.

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

292

-

Produktgruppen,

-

Bereiche, insbesondere Profit Center,

-

strategische Geschäftseinheiten 39 ' und

-

Unternehmen.

Zusätzlich müssen in eine solche periodische Produkt- und Bereichsbetrachtung die -

Projekte, die innerbetriebliche Leistungen für zukünftige Marktleistungen wie Forschung und Entwicklung, Aus- und Weiterbildung sowie Werbung erstellen,

eingebettet werden. Auch die Projekte, die in ein strategisches Programm eingebettet sind, werden in die Periodenbetrachtung aufgenommen. Sie gelten in der Regel als eigenständige Betrachtungsobjekte, die einer getrennten Planung, Steuerung und Kontrolle unterliegen; dem dafür notwendigen Projektmanagement müssen die entsprechenden Informationen bereitgestellt werden.

Produkt-Markt strategische Geschäftsfelder Produktgruppen Produkte

Unternehmen permanent:

zeitlich begrenzt:

Unternehmen

Projekte

strategische Geschäftseinheiten Sparten, Bereiche Funktionen

Darstellung

40:

Bezugsobjekte

einer mehrperiodigen

Erfolgsrechnung4(r>

Da die Steuerung mit Hilfe eines Budgetsystems insbesondere im operativen Bereich auf Basis der Kosten- und Erfolgsrechnung erfolgt, läßt sich der Vorga-

39)

Vgl. zu einer modifizierten Form der mehrstufigen Ergebnisrechnung für strategische Geschäftsfelder KAHL, K.-D., Ergebnisrechnung, 1993, S. 58f.

40)

Vgl. ENGELHARDT, W. H./GÜNTER, B„ Erfolgsgrößen, 1988, S. 143ff.; KÖHLER, R., Kosteninformationen, 1992, S. 838.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

293

becharakter der Kosten- und Erfolgsrechnung auch für eine mehrperiodig orientierte Steuerung nutzen. Dadurch werden die Wirkungen, die von den Entscheidungen der organisatorischen Einheiten auf den internen Erfolg ausgehen, im Rahmen der Vorgaberechnung für mehrere Perioden aufgezeigt. Die Steuerung von selbständigen organisatorischen Einheiten beruht in der Regel auf einem operativen einperiodigen Budgetsystem; dieses System soll um eine mehrperiodige operative Budgetierung ergänzt werden. Operative Rechnungen beruhen auf der Konstanz der Potentiale. Diese Annahme bleibt auch in einer mehrperiodigen operativen Rechnung bestehen, da zwar die Veränderungen der Potentiale abgebildet werden, über sie allerdings auf der taktischen oder strategischen Ebene entschieden wird. Die Unterstützung der Unternehmensführung bei der Strategieimplementierung soll durch eine integrierte Betrachtung der drei Planungsebenen erfolgen. Als besonders geeignet für das Aufzeigen von Möglichkeiten der Integration wird das Budgetsystem angesehen, da es mit dem hier betrachteten vornehmlichen Zweck der Steuerung des Gesamtunternehmens und seiner organisatorischen Einheiten besonders auf eine Verzahnung der drei Planungsebenen angewiesen ist. 41 ' Die Erfolgsprognose für die nächsten Perioden basiert auf der wertmäßigen Konzeption der Kosten- und Erfolgsrechnung, auch die mehrperiodige Rechnung beruht somit auf wertmäßigen Kosten und Erlösen. Die Frage, in welchem Verhältnis die mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung und andere langfristig orientierte Instrumente stehen, läßt sich am besten anhand der verwendeten Zielgrößen beantworten.

II.

Zielgrößen

Als Zielgrößen einer integrierten Rechnung werden Kosten und Erlöse auf Basis der wertmäßigen Konzeption ermittelt. Die mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung beruht auf der Vorstellung, daß die Abbildung mit Hilfe dieser Zielgrößen sich von der üblichen einperiodigen Betrachtung auf eine mehrpe-

41)

Vgl. zu einem zweiteiligen Budgetsystem S. 206ff.

NAUMANN, C., Steuerung,

1982,

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

294

riodige Betrachtung übertragen läßt. Damit soll erreicht werden, daß das Erfolgsziel, welches der wertmäßigen Konzeption zugrundeliegt, auch für Steuerungsrechnungen über mehrere Perioden angewendet wird. Wenn der Periodenerfolg auf einer einheitlichen Basis ermittelt werden soll, ist der Ansatz anderer, insbesondere zahlungsorientierter Zielgrößen nicht zulässig. Die zukünftigen Erfolgsbeiträge einzelner organisatorischer Einheiten lassen sich mit einem wertmäßigen Erfolgsmaßstab anzeigen, ohne daß durch spezielle Rechenoperationen eine neue Bestimmung von Zielgrößen erfolgen muß. Grundsätzlich gelten die gleichen Möglichkeiten, wie sie in den Teilen drei und vier dieser Arbeit beschrieben wurden, denn die Annahme, daß die Kostenund Erfolgsrechnung nicht über Veränderungen der Kapazitäten bestimmt, bleibt erhalten, und somit werden in der mehrperiodigen Rechnung diese Veränderungen nur abgebildet, jedoch wird nicht über sie entschieden. Im Vordergrund steht als Rechnungszweck damit die Steuerung und Kontrolle von organisatorischen Einheiten mit den sich an die Kostenrechnung anlehnenden Vorgabezielen Kosten und Erlöse; an diesen Zielgrößen sind jedoch Modifikationen vorzunehmen. Für die Messung mehrperiodiger Erfolgsgrößen wird in der Regel vorgeschlagen, zahlungsorientierte Größen zu verwenden. 42 ' Meist geht dieser Vorschlag auf die Vorgehensweise in der Investitionsrechnung zurück, in der ausgehend von den finanzwirtschaftlichen Zielen Einkommen und Vermögen auf die Notwendigkeit geschlossen wird, daß ausschließlich Zahlungen zu verwenden sind. Auf Basis von Zahlungen, die zu Zahlungssalden auf einen Zeitpunkt aggregiert werden, werden die unterschiedlichsten Vorteilhaftigkeitsmaße berechnet, um die optimale Alternative zu ermitteln. Wenn das mehrperiodige Erfolgsziel Kapitalwert verwendet wird, dann ist damit solch ein Vorteilhaftigkeitsmaß gemeint. Aus dem Kapitalwert läßt sich jedoch kein Periodenerfolgsziel ableiten, vielmehr muß dazu auf die Zahlungsüberschüsse zurückgegriffen werden. Zu beachten ist an dieser Stelle, daß der Periodenerfolg nicht als Entscheidungs-(Vorteilhaftigkeits-)kriterium verwendet wird, sondern als ein Maß für die Güte der Unternehmensführung angesehen wird. Als Alternative für ein mehrperiodiges Erfolgsziel Kapitalwert läßt sich der Zahlungsüberschuß verwenden. Kilger schlägt beispielsweise vor, den Zah-

42)

Vgl.

KÜPPER,

H.-U., Rechnungswesen, 1989, S. 221 ff., 230f.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

295

lungssaldo als Zielgröße zu wählen. 4 3 ' Im Vordergrund seines Vorschlags stehen jedoch die strategische Planung und die daraus abgeleitete langfristige operative Planung und hier insbesondere die Abstimmung zwischen den strategischen Geschäftseinheiten nach den Grundgedanken des Portfoliomanagements. 4 4 ' Hauptzweck ist es, die Wirkungen der Geschäftseinheiten auf Liquidität und Risiko abzustimmen. 4 5 ' Die Wahrung des finanziellen Gleichgewichtes und eine Risikomischung, die der Risikoneigung der Unternehmensführung entspricht, lassen sich mit diesem Verfahren erreichen. Die Auswirkungen auf den Periodenerfolg, die sich durch die strategischen und taktischen Entscheidungen ergeben, werden im hier vorgeschlagenen Ansatz mit Hilfe der wertmäßigen Konzeption im Rahmen der mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung aufgezeigt. Sie ist die ergänzende Rechnung, um den organisatorischen Einheiten von der Sparte und der strategischen Geschäftseinheit bis zur Kostenstelle die zukünftige Erfolgsentwicklung aufzuzeigen, und zwar gemessen über die Zielgrößen, die auch sonst z u ihrer Steuerung verwendet werden. Der immer wieder genannte Grund für eine Zahlungsrechnung ist die direkte Ermittlungsmöglichkeit,

während bei einer Periodenerfolgsermittlung

eine

Umrechnung notwendig ist. ' So ist es in der Regel notwendig, Beträge, die 46

sich auf mehrperiodig nutzbare Ressourcen beziehen, zu periodisieren. Aus den Ausgangsinformationen der Zahlungsströme sind die wertmäßigen Kosten und Erlös zu ermitteln. Dieser Weg der Berechnung ist allerdings nicht zwingend, denn es kann auch eine direkte Ermittlung erfolgen. 4 7 ' Die mengenbezogene Planung dient dann als Ausgangspunkt. Aus ihr werden die Informationen für eine mehrperiodige Planung direkt gewonnen. Dabei besteht insoweit kein grundsätzlicher Unterschied zwischen beiden Vorgehensweisen, als daß eine Sachzielplanung Voraussetzung für alle Planungen und Bewertungen ist. Ob allerdings überhaupt und gegebenenfalls wie die Periodisierung solcher Beträge vorgenommen wird, hängt vom Rechnungszweck ab, der mit der Ermittlung des Periodenerfolgs angestrebt wird.

43)

Vgl. KILGER, W., Industriebetriebslehre, 1986, S. 116,166ff.

44)

Vgl. KILGER, W., Industriebetriebslehre, 1986, S. 166ff.

45)

V g l . KILGER, W . , I n d u s t r i e b e t r i e b s l e h r e , 1 9 8 6 , S. 1 6 6 .

46)

Vgl. COENENBERG, A. G./Fischer, T./Schmitz, ]., Target, 1994, S. 29.

47)

V g l . H A H N , D „ P u K , 1 9 9 4 , S. 5 0 0 .

296

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

Der Periodenerfolg einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung setzt sich auch aus dem Markterfolg und dem Potentialerfolg zusammen. Der Periodenerfolg ist als Zukunftserfolg aufzufassen; er soll anzeigen, ob sich das Unternehmen, die strategische Geschäftseinheit oder der Bereich auf dem durch die strategische Planung vorgezeichneten Weg entwickelt. Neben den Markterfolg tritt der Potentialerfolg, der die für das jeweilige Betrachtungsobjekt notwendigen Maßnahmen der strategischen und taktischen Planungen in der Erfolgsrechnung abbildet. 48 ' Gerade die für den Potentialerfolg notwendigen Informationen lassen sich nicht einfach transformieren, da sie in der Regel nicht in dem gewünschten Grad an Detaillierung vorliegen.

Markterfolg Positivkomponente

Bewertete Vermögensgüterentstehung

Negativkomponente Bewerteter Vermögensgüterverzehr

Potentialerfolg Bewertete Vermögensgüterentstehung Bewerteter Vermögensgüterverzehr

Darstellung 41: Zielgrößen in einer mehrperiodigen Kosten- und

Erfolgsrechnung

Für eine mehrperiodige Rechnung gelten die gleichen Zurechnungsprobleme wie bei der Ermittlung von Periodenerfolgen. Beim Markterfolg werden den abgesetzten Produkten die ihnen zurechenbaren Kosten gegenübergestellt. Es gilt die übliche Problematik der Reihenfolge der Ableitungskette: Zurechnungsprinzip und Erfolgsvorstellung. Wie eng oder weit das Netz der Zurechnung gespannt wird, beruht auf den Vorstellungen darüber, was als Erfolg angesehen wird. In den Potentialerfolg werden alle Aktivitäten einbezogen, die nicht direkt für die Marktleistungen der Periode durchgeführt werden. Sie sollen für zukünftige Erfolge sorgen. Negative Variable des Potentialerfolgs sind die Kosten für bestimmte Projekte, die ein- oder mehrperiodig abgewickelt werden. Für die

48)

Vgl. BREID, V., Erfolgspotentialrechnung, 1994, S. 142, der eine ähnliche Aufteilung des Cash flow im Rahmen der Erfolgspotentialrechnung vornimmt.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

297

Frage der Zurechnung zu den Potentialerfolgen ist die zeitliche A u s d e h n u n g des Projektes irrelevant. Typische Probleme einer Kostenrechnung treten ebenso in einer mehrperiodigen Rechnung auf, denn auch hier treten die üblichen Verbundbeziehungen auf. So gibt es gemeinsame Nutzungen von Forschungseinrichtungen durch die strategischen Geschäftseinheiten, denn die Stoßrichtung von strategischen Programmen führt häufig zur Ausnutzung von Synergien. Die Ausnutzung von Synergien gilt geradezu als entscheidend für den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen. Mit ihrer systematischen N u t z u n g im Unternehmen wachsen die Verbundenheiten im Unternehmen und damit die Probleme ihrer Zurechnung auf die einzelnen Objekte. Möglichkeiten der Bewältigung solcher Verbundenheitsprobleme sollen im nächsten Kapitel über den Aufbau einer solchen Rechnung aufgezeigt werden. Als Abgrenzungskriterium für den Potential- und Markterfolg gilt die Veränderung von Potentialfaktoren. 49) Bewertet w e r d e n die (Vermögens-)Güterverzehre und -entstehungen für den Potentialerfolg nur dann, wenn es sich u m Aktivitäten handelt, welche die Quantität oder Qualität von Potentialfaktoren verändern. Zur Veränderung zählen dabei der Aufbau und der Erhalt von Potentialen. Während in einer einperiodigen Rechnung die Abbildung des Potentialerfolges nur mit einigen zusätzlichen Annahmen über zukünftige Entwicklungen gelingt, ist in einer mehrperiodigen Rechnung der direkte Ausweis über das gesamte Programm oder Projekt möglich. Dies läßt sich am Aufbau der Rechnung zeigen.

III. Aufbau der Rechnung a.

Zusammenhang der drei Planungsebenen

Mit Hilfe der mehrperiodigen Kosten- u n d Erfolgsrechnung sollen alle zukünftigen Aktivitäten, die sich aus den strategischen Programmen und den taktischen Projekten ergeben, in einer mehrperiodigen operativen Rechnung abge-

49)

Der Aufbau und die Erhaltung von Erfolgspotentialen als Aufgabenstellung für die strategische Ebene dient nicht als Abgrenzungskriterium, da sich die strategischen Programme in einer Änderung der Potentialfaktoren niederschlagen.

298

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

bildet werden. Grundsätzlich besteht dabei das Problem, daß die auf den jeweiligen Ebenen verwendeten Zielgrößen ineinander überführt werden müssen. Auf jeder Planungsebene werden verschiedene Rechnungsgrößen verwendet, deren Einflußgrößen auch unterschiedlich sind. Die hier verwendeten operativen Zielgrößen Kosten und Erlöse sind so konstruiert, daß sie spezielle Rechnungszwecke oder Betrachtungsobjekte nicht ausschließen. Die Bewertung von Vermögensgütern wird daher auf Basis der strategischen und taktischen Entscheidungen mit den Prämissen der operativen Ebene vorgenommen. Dieser Ansatz gewährleistet eine einheitliche Zielgrößenverwendung auf allen Planungsebenen. Im Vordergrund steht somit die operative Rechnung, die zu einer mehrperiodigen Rechnung ausgebaut wird. Der gesamte Aufbau der Rechnung richtet sich auf der strategischen Ebene nach den Phasen der Lebenszyklen mit der groben Einteilung in Entwicklung, Produktion und Abwicklung. Das Betrachtungsobjekt kann dabei das einzelne Produkt, eine Produktgruppe oder ein Marktsegment, vielleicht auch eine vollständige Branche sein. In der Regel ist das jeweilige Betrachtungsobjekt um das Geschäftsfeld zu ergänzen, auf das sich alle Maßnahmen beziehen. Den Geschäftsfeldern werden die Zentralbereiche hinzugefügt, um den Gesamterfolg des Unternehmens auszuweisen. 50 ' Die taktischen Projekte, die aus den strategischen Programmen abgeleitet werden, lassen sich ebenso in Projektlebensphasen einteilen. Taktische Projekte werden mit dem Zweck betrieben, Potentialfaktoren aufzubauen oder zu erhalten. Sie sind eingebettet in strategische Programme und deren Lebenszyklusphasen. Schwierigkeiten bei der Beurteilung von taktischen Projekten beziehen sich auf diese Verbindung zu strategischen Programmen. So lassen sich für die Beurteilung von Investitionen in die Weiterbildung von Mitarbeitern keine positiven Projektbeiträge messen, sie lassen sich nur im Verbund mit dem strategischen Programm aufzeigen. Die monetäre Beurteilung mit Hilfe von Investitionsrechnungen läßt aus diesem Grund keinen Erfolgsbeitrag erkennen, es verbleibt nur, die monetäre Betrachtung um andere Indikatoren zu ergänzen, die die positiven Effekte aufzeigen. Durch eine Abbildung in einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung soll hingegen durch eine entsprechende Stufung der Betrachtungsobjekte der Zusammenhang zwischen dem strategischen Programm und dem einzelnen

50)

Vgl. z. B. die Kennzahlenübersicht in HAHN, D., PUK, 1994, S. 626ff.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

299

Projekt aufgezeigt werden, um so den Erfolgsbeitrag einzelner Projekte erkennen zu können.

Programm 1

Strategische Programmbudgets

Programm 2

Programm n

Projekt 1



,

Taktische Projektbudgets

Projekt 2

Projekt n

Absatz Produktion

Operative Bereichsbudgets

Beschaffung Verwaltung

Forschung und Entwicklung

Darstellung

42:

Aufbau

1

einer integrierten

Budgetrechnung

Die Darstellung 42 zeigt, daß die operativen Budgets als Informationsinputs die sich aus den strategischen Programmen und taktischen Projekten ergebenden Konsequenzen aufnehmen und in funktionsbezogene Bereichsbudgets abbilden. Die konkrete Gestaltung eines Budgetsystems hängt von den organisatorischen Entscheidungen ab, die sich in der Aufbau- und Ablauforganisation des Unternehmens widerspiegeln. 51 ' Der Aufbau einer mehrperiodigen Kosten-

51)

Vgl. JUNG, H„ Budgetierung, 1985, S. 47.

300

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

und Erfolgsrechnung ist ähnlich wie die mehrstufige Fixkostendeckungsrechnung oder die Einzelkostenrechnung in Form einer Hierarchie zu gestalten. Sie kann wie die Einzelkostenrechnung in Form wechselnder Hierarchien oder wie die übrigen Systeme in Form einer relativ starren Hierarchie aufgebaut werden. Als hauptsächliche Objekte dienen organisatorische Einheiten, für die Vorgabewerte ermittelt werden sollen, und zwar unabhängig davon, ob sie zeitlich befristet oder unbefristet im Unternehmen installiert sind. Es wird davon ausgegangen, daß es sich um ein in Sparten organisiertes Unternehmen mit verschiedenen Zentralbereichen handelt, in dem die einzelnen Sparten als Profit Center geführt werden. Die strategischen Geschäftseinheiten sind mit den Sparten nicht identisch, sie umfassen eine oder mehrere Sparten, da sich die Geschäftsfelder nicht wie die Sparten abgrenzen lassen. Diese Konstellation ist insbesondere deswegen interessant, weil so die Probleme der Zurechnung von Erfolgskomponenten auf die organisatorischen Einheiten ins Blickfeld rücken. Denn neben die gemeinsame Nutzung von Ressourcen tritt der gemeinsame Aufbau von Ressourcen, sei es als einzelne Maßnahme, die auf der Gemeinsamkeit mehrerer strategischer Programme beruht oder aber auf einer funktionalen Strategie, die das gesamte Unternehmen umfaßt und sich auf alle Sparten und strategischen Geschäftseinheiten erstreckt. 52 ' Gerade an dieser Stelle zeigt sich besonders klar, daß zur Abschätzung zukünftiger Erfolgsbeiträge das Grenzprinzip (Marginalprinzip), wie es sich aus der Entscheidungsorientierung ergibt, nicht ausreichend ist. Die sich beispielsweise aus einer Funktionalstrategie ergebenden Beiträge lassen sich nicht ohne weiteres auf organisatorische Bereiche zurechnen, nur ein Gesamtbetrag, der auch zur Beurteilung der Strategie verwendet wird, kann ermittelt werden. Die Aufteilung von Ergebnisbeiträgen einer Funktionalstrategie auf einzelne organisatorische Einheiten ist von der formalen Grundstruktur mit dem Problem der Bildung von Verrechnungspreisen gleichzusetzen. 53 '

52)

Vgl. zur Funktionalstrategie S. 246ff.

53)

Vgl. zum Zusammenhang von Strategie und Verrechnungspreisen ECCLES, R. G., Problem, 1985, S. 79ff.

WELGE,

M. K./Al-Laham, A., Planung, 1992,

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

b.

301

Zurechnung in einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung

Zurechnungsfragen werden in der Unternehmensrechnung eingehend erörtert; wie bereits erwähnt sind solche Fragen für die Abbildung von Konsequenzen in einer mehrperiodigen Kosten- und Erfolgsrechnung von gleicher Relevanz, da sie ähnlich der Frage der Umlagen für Profit Center für strategische Geschäftseinheiten gelagert sind. An den Ausprägungen der verschiedenen Zurechnungsprinzipien ändert sich nichts, da keine spezifischen Prinzipien gelten. Auch für die Zurechnung in einer solchen Rechnung gilt jedoch der Grundsatz, daß sich die Zurechnung nach der Vorstellung richtet, was als Erfolg anzusehen ist. In diesem Zusammenhang stellt sich das Problem, ob sich der Beitrag eines einzelnen Projekts oder einer einzelnen Maßnahme zum Erfolg mehrerer beteiligten Einheiten feststellen läßt. Die Diskussion über Zurechnungsfragen braucht an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden. In diesem Kapitel steht die Steuerung von organisatorischen Einheiten im Vordergrund, d. h. ein spezifischer Rechnungszweck ist vorgegeben. Aber auch bei Vorgabe eines einheitlichen Rechnungszwecks gibt es kein allgemein verbindliches Zurechnungsprinzip. Dieser schon länger bekannte Sachverhalt wird durch die jüngsten Untersuchungen der Principal-AgencyTheorie bestätigt. 54 ' Als ein wesentliches Ergebnis aus diesen Untersuchungen läßt sich festhalten, daß überhaupt ein Betrag zugerechnet wird; d. h. jede Leistung, die von einzelnen Einheiten in Anspruch genommen werden, ist mit einem Preis zu versehen. Alle Versuche, diese Preisfestlegung mit Hilfe etwa mathematischer Verfahren auf Kostenbasis zu ermitteln, dürfen als gescheitert betrachtet werden, da ihre Funktionsfähigkeit von den Möglichkeiten einer zentralen Stelle abhängen, die erforderlichen Informationen zu ermitteln und zu verarbeiten. 55 ' Trotz einer Vielzahl von theoretischen Bemühungen ist es nicht

54)

55)

Vgl. zu den Ergebnissen im Rahmen der Principal-Agency-Theorie z. B. die Untersuchungen von PFAFF, D., Kostenrechnung, 1993, S. 198ff.; PFAFF, D., Gemeinkostenallokationen, 1994, S. 190f.; zur Verhaltenssteuerung im Kostenmanagement vgl. WAGENHOFER, A . / R I E G L E R , C . , Verhaltenssteuerung, 1994, S. 472ff. Dies gilt auch für die Dekompositionsprinzipen, die in der Regel einen mehrmaligen Durchlauf zwischen Zentrale und Sparte erfordern.

302

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

gelungen, die sogenannte Verrechnungspreisproblematik zu lösen. Das liegt nicht am Versagen der Theorie, sondern am zugrundeliegenden Problem. 56 * Die Verteilung von Entscheidungskompetenz auf organisatorisch selbständige Bereiche wird mit dem unausweichlichen Problem der Informationsüberlastung der Untemehmensspitze begründet. Die sich daraus ergebende Gestaltung z. B. in Form einer Spartenorganisation läßt sich nicht durch eine bestimmte Form der Zielvorgabe wieder in eine zentral gelenkte Organisationsform zurückführen. Es bleibt eine Form, bei der große Teilbereiche des abzuwickelnden Geschäfts sich einer fundierten Analyse durch die Unternehmensspitze entziehen, da sie nur noch Informationen in einem hohen Aggregationsgrad sinnvoll verarbeiten kann. Da auch in einer Spartenorganisation Verbindungen zwischen den einzelnen Teilen des Unternehmens bestehen bleiben, ist die grundlegende Form einer Marktpreisimitation nicht sachgerecht lösbar. Wenn weder eine Vorgabe von Marktpreisen für gemeinsam genutzte Potentiale noch eine Berechnung von Kosten für solche Leistungen in Frage kommt, scheint die Lösung des Problems unmöglich zu sein. Die wichtigste Konsequenz aus diesem skizzierten Dilemma scheint zu sein, daß die Möglichkeiten der Zentrale, Vorgaben zu ermitteln, die eine optimale Allokation der Ressourcen ermöglichen, äußerst begrenzt sind. Die Informationsgrundlagen der Zentrale und ihrer Sparten sind zu unterschiedlich, um als gemeinsame Datenbasis zu funktionieren. Der Wunsch, Führungs- und Koordinationsprobleme in einer Spartenorganisation mit Hilfe von einfachen Zielvorgaben lösen zu können, ist daher nicht über die Theorie von Verrechnungspreisen erfüllbar. Der Leistungsaustausch zwischen einzelnen Sparten und die Nutzung von zentralisierten Leistungen durch die Sparten sollte soweit wie möglich mittels Marktpreisen oder -imitationen abgewickelt werden, um weder bei der leistungsabgebenden noch bei der leistungsempfangenden Stelle das Bewußtsein für die wettbewerbsorientierte Erstellung von Leistungen schwinden zu lassen. In welcher Form diese Markt- und damit Wettbewerbsorientierung durchge-

56)

Vgl. FRESE, E . / G L A S E R , H., Verrechnungspreise, 1980, S. 120ff. und S C H N E I D E R , D., Rechnungswesen, 1994, S. 377ff., die zum Ergebnis kommen, daß eine Lösung der innerbetrieblichen Koordinationsprobleme bei Spartenorganisationen mit Hilfe von Verrechnungspreisen nicht möglich ist.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

303

führt wird ist fast zweitrangig. Für diese Möglichkeit stehen sehr unterschiedliche Modelle zur Verfügung, die auf Basis von Marktpreisen arbeiten; sie sind allerdings an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft. 5 7 '

c.

Die Potentialerfolgsrechnung

1.

Zweck der Potentialerfolgsrechnung

Die Potentialerfolgsrechnung ist das Bindeglied zwischen den operativen sowie den strategischen und taktischen Rechnungen. Ihr hauptsächlicher Z w e c k ist es, den Erfolg des Aufbaus von Potentialen im Hinblick auf die strategischen und taktischen Ziele aufzuzeigen. N e b e n d e m Markt- im Sinne des Absatzerfolgs wird der Potentialerfolg benötigt, um die Unternehmensführung umfassend beurteilen zu können. Die Potentialerfolgsrechnung ermittelt und weist die Erfolge aus, die mit dem Aufbau und Erhalt von Potentialfaktoren im Unternehmen zusammenhängen. Als Potentiale gelten alle materiellen und immateriellen Produktionsfaktoren, die dem Unternehmen im Prozeß der Leistungstransformation für eine gewisse Zeit zur Verfügung stehen und nicht wie Repetierfaktoren bei einmaligen Prozeßdurchlauf untergehen. 5 8 ' Zu den bedeutendsten Potentialfaktoren zählen neben den Anlagen das Personal und das im Unternehmen vorhandene Wissen. Als Potentiale gelten aber auch die externen Möglichkeiten des Unternehmens auf den Märkten, Beziehungen zu Kunden und Lieferanten, das Verhältnis zu weiteren gesellschaftlichen Gruppen. M a ß n a h m e n z u m Potentialaufbau und -erhalt können sich also sowohl auf interne als auch auf externe Potentiale beziehen. So werden z. B. Marktpotentiale durch die spezielle Kundenbetreuung aufgebaut. Der Aufbau des Potentials ist wiederum nur mit den Ressourcen des Unternehmens möglich, denn zur Kundenbetreuung ist der Einsatz von Mitarbeitern, technischen Hilfsmitteln und finanziellen Mitteln notwendig. A u s d e n

57)

Vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten COENENBERG, A. G., Kostenrechnung,

58)

Vgl. HEINEN, E., Kostenlehre, 1983, S. 215.

1 9 9 2 , S. 4 3 5 f f .

304

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

Analysen des Marktpotentials für Produkte ergeben sich die Prognosen für die zukünftig zufließenden Erlöse. Auf den Beschaffungsmärkten ist ein entsprechendes Marktpotential aufzubauen. Denn auch bei der Beschaffung der benötigten Einsatzgüter ist der Aufbau von erhöhten Erfolgen möglich, sie drücken sich auf der Beschaffungsseite nur nicht in zukünftigen Erlösen, sondern in zukünftig eingesparten Kosten aus. In einem speziellen Lieferantenmanagement steckt also eines ähnliches Marktpotential wie in einem Kundenmanagement.

Darstellung

Marktpotential

Potentialfaktoren

Absatzmarkt

materiell

Beschaffungsmarkt

immateriell

43:

Erscheinungsformen

des

Potentialerfolgs

Bei den externen Potentialen handelt es sich um die Marktpotentiale, die häufig im internen Rechnungswesen überhaupt keine Rolle spielen, während sie im externen Rechnungswesen ansatzweise berücksichtigt werden. Allerdings sind sie dort in der Regel nur dann berücksichtigungsfähig, wenn ihre Beschaffung mit Ausgaben verbunden war. 59) Solche Gesichtspunkte brauchen in der intern orientierten Unternehmensrechnung nicht beachtet zu werden, in ihr sind andere Rechnungszwecke maßgeblich. Eine Potentialerfolgsrechnung besteht als Bindeglied zwischen den strategischen, taktischen und operativen Rechnungen aus den beiden Komponenten interne Potentialerfolgsrechnung und externe Potentialerfolgsrechnung. Der Ressourcenaufbaurechnung steht demnach eine marktorientierte Potentialbetrachtung gegenüber; erst aus dem Zusammenspiel beider Rechnungen kann eine Beurteilung zukünftiger Erfolgschancen erwachsen. Beide Rechnungen sind eng verzahnt mit der strategischen und taktischen Planung; vielleicht liegt hier das eigentliche Herzstück einer noch zu entwickelnden Erfolgspotentialrechnung. Sowohl der interne Ressourcenaufbau und -erhalt, wie er im Rahmen eines taktischen Projekts durchgeführt wird, als auch der Aufbau von Potentialen

59)

Vgl.

BUDDE,

W.

D./FÖRSCHLE,

G., Vermögen, 1993, Sp. 898f.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

305

außerhalb des Unternehmens sollen nämlich die Erfolgspotentiale schaffen, welche für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens sorgen müssen. Die sich aus d e m Aufbau von Ressourcen im Unternehmen ergebenden Probleme lassen sich primär einem umfassenden Kostenmanagement zuordnen, während die Schaffung von Marktpotentialen auf der Absatzseite im R a h m e n eines Erlösmanagements betrachtet wird. 6 0 ' Die organisatorischen Einheiten, welche die Autonomie für beide Komponenten des Potentialerfolgs besitzen, können umfassend mit Hilfe des Potentialerfolgs beurteilt werden. W e r d e n ausschließlich Teilbereiche des Potentialerfolgs beeinflußt, so ist eine Erfolgsbeurteilung im Hinblick auf zukünftige Erfolge nur eingeschränkt möglich, eine Gesamtbeurteilung muß dann durch die geeignete Zusammenfassung der beteiligten Einheiten erfolgen.

2.

Potentialerfolgsrechnung für Ressourcen

Die Ermittlung des Potentialerfolgs für die im Unternehmen benötigten Ressourcen soll auf Basis der wertmäßigen Konzeption erfolgen. Der Potentialerfolgs wird für eine und mehrere Perioden ermittelt, er dient somit der jeweilig verantwortlichen Einheit als Maß für ihren Beitrag zum Aufbau zukünftiger Erfolgspotentiale. Der Aufbau von Ressourcen im Unternehmen wird durch die taktischen Projekte bestimmt. Solche taktischen Projekte sind durch ein zeitliches Ende charakterisiert, das innerhalb des Planungshorizonts der strategischen Pläne liegt; ob ihr zeitliches Ende unter einem Jahr liegt, ist für die Betrachtung ohne Belang.

Der

grundsätzliche

Projektcharakter

des

Ressourcenaufbaus

führt

zwangsläufig zu der Anforderung, daß die Potentialerfolgsrechnung nicht nur Periodenrechnung, sondern auch Projektrechnung sein soll. Die während des Projektablaufs notwendige Fortschrittskontrolle beschränkt sich häufig auf eine ausschließliche Kostenbetrachtung, die die wirtschaftliche Abwicklung

des

Projekts gewährleisten soll. Das Anliegen einer Potentialerfolgsrechnung geht insofern über eine Projektkostenrechnung hinaus, als sie zusätzlich die Erlös-

60)

Vgl. zur Erlösplanung und -kontrolle HÄNICHEN, T., Erlösentstehung, 1995, S. 506ff.

306

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

komponente berücksichtigt, denn nur so ist es möglich, eine auch für das Management einzelner Projekte aussagefähige Erfolgsbeurteilung vorzunehmen. 6 1 ' Für den Aufbau interner Ressourcen fallen zeitgleich zu den Kosten meist keine Erlöse an, insbesondere wenn es sich um den Aufbau von Ressourcen handelt, die als Vorleistungen bezeichnet werden. Eine Erfolgsbetrachtung ist dann nur mit einer Prognose von zukünftigen Erlösen möglich, die zwangsläufig aufgrund der dann nötigen Schätzungen einen subjektiven Charakter annimmt. Die Berücksichtigung von Vorleistungskosten in der kurzfristigen Erfolgsrechnung wird im Schriftum zur Kostenrechnung kontrovers diskutiert, da der Charakter dieser Kostenkategorie unterschiedlich beurteilt und die Rechnungszwecke der zu ermittelnden Werte nicht immer klar herausgestellt wird. 6 2 ' Allzuoft werden dabei Fragen der Produktkalkulation in den Vordergrund gestellt, obwohl schon früh erkannt wurde, daß es sich bei den Vorleistungskosten um eine spezielle Kostenkategorie handelt, die nicht auf den Einflußgrößen beruht, die mit den Entscheidungen für einzelne Produkte zusammenhängen. 6 3 ' Kilger grenzt beispielsweise die Vorleistungskosten gegen variable und fixe Kosten ab, da sie nur zeitungebundene Nutzungspotentiale verkörpern; dementsprechend hebt er den immateriellen Charakter solcher Potentiale hervor. 64 ' Die Einteilung als dritte Kostenkategorie ist dabei nicht recht geglückt, was hauptsächlich mit der ausschließlichen Orientierung an den beiden Kategorien fix und variabel zu begründen ist. Sie werden in der Grenzplankostenrechnung anhand der Einflußgröße Ausbringung (Beschäftigung) eingeteilt. Konsequenterweise müßten die Vorleistungskosten den fixen Kosten zugeordnet werden, zweifellos schwanken sie nicht mit der Beschäftigung. Die Rechtfertigung der Vorleistungskosten als eigenständige Kostenkategorie erfolgt deswegen aufgrund des immateriellen Charakters von zeitungebundenen Nutzungspotentialen, der sie von herkömmlichen Kapazitäten unterscheidet. Diese Abgrenzung mutet etwas künstlich an, denn der Versuch, materielle und immaterielle Einsatzfaktoren zu trennen, gelingt nur um den Preis, eine dritte

61) 62) 63) 64)

Vgl. zur Projektkostenrechnung HAY, P. H./HlERONIMUS, A./HUSS, H.-P., Projektabrechnung, 1993, Sp. 1635ff. Vgl. den Überblick in KEIL, A., Vorleistungen, 1991, S. 180ff. Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1976, S. 52f. Vgl. KILGER, W., Kostenrechnung, 1976, S. 52; KILGER, W., Deckungsbeitragsrechnung, 1988, S. 136,138,287ff.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

307

Kategorie von fixen Kosten als eigenständig z u deklarieren. Das Ergebnis kann daher wenig überzeugen. Da Vorleistungen auf strategischen u n d taktischen Entscheidungen beruhen, erscheint eine Betrachtung im Hinblick auf eine Beziehung zu operativen Entscheidungen über Produktions- u n d Absatzmengen als wenig sinnvoll. Vorleistungen sollen für zukünftige Beschäftigung sorgen, das ist ihr Hauptzweck. Beziehungen zu gegenwärtigen Beschäftigungslagen sind nicht vorhanden und nicht herstellbar. Vorleistungskosten bleiben solange ein Fremdkörper in einer kurzfristigen Erfolgsrechnung, wie nicht aufgezeigt wird, welchen Rechnungszwecken der in ihr ermittelte Periodenerfolg dienen soll. Erst dann ist auch eine Aussage über die Zweckgerechtigkeit der jeweiligen Berücksichtigung von Vorleistungskosten möglich. Daß ohne Angabe des Rechnungszwecks keine fundierten Urteile über die angemessene Form der Berücksichtigung der Vorleistungskosten möglich ist, sollte auch vor allzu schnellen Bewertungen abhalten, denn falsche Erfolgsausweise gibt es nicht, sondern nur nicht zweckgerechte. 65 ' Wie auch immer die Vorleistungskosten im einzelnen bezeichnet oder abgegrenzt werden, erfüllen sie die in dieser Arbeit verwendete Definition des Potentialerfolgs. Sie beruhen auf Leistungen, die für zukünftige Erfolge sorgen sollen, in der Regel führen sie zum Aufbau u n d Erhalt von Ressourcen im Unternehmen. Die Entscheidungen über ihre Entstehung liegen auf der strategischen und taktischen Ebene, sie wirken sich aber auf der operativen Ebene aus. Ob sie den operativen Erfolg schmälern, ist ausschließlich eine Frage des Rechnungszwecks, der mit einem operativen Periodenerfolg verfolgt wird. Zwei extreme Varianten lassen sich für die Berücksichtigung unterscheiden: 6 6 ' 1. volle Berücksichtigung der Vorleistungskosten entsprechend d e m Vorgehen in der externen Rechnungslegung; 67 ' 2. Verteilung auf mehrere Perioden durch die Aktivierung der angefallenen Ausgaben (Kosten) und Abschreibung bei entsprechenden Gebrauch oder durch Zeitablauf. 68 '

65) 66) 67)

Vgl. M Ä N N E L , W., Ergebnisrechnung, 1994, S. 109, der so die direkte Verrechnung von Vorleistungen in der Periode ihres Anfalls kritisiert. Vgl. die Beispielrechnungen in R E I C H M A N N , T . / F R Ü H L I N G , O., Erfolgs-Controlling, 1994, S. 302ff. Vgl. KEIL, A., Vorleistungen, 1991, S. 180; vgl. die Behandlung von Innovationen in HAUSCHILDT, J., Rechnungswesen, 1992, S. 55ff.

308

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

Für beide Verfahren lassen sich unterschiedliche Rechnungszwecke angeben. So wird bei einer vollen Verrechnung der Vorleistungskosten die Leistung des Managements beurteilt, wie ihr die Abstimmung zwischen den Aktivitäten, die Potentiale ausschöpfen, und denen, die für zukünftige Erfolgspotentiale sorgen sollen, gelungen ist. Die Erfolgsvorstellung, die damit verbunden ist, orientiert sich an der Möglichkeit des Unternehmens, kontinuierlich Überschüsse zu erbringen. Die zweite Form der Verrechnung hält an der Auffassung fest, daß der kurzfristige Erfolg 6 9 ' ausschließlich als Maß des Absatz- bzw. Markterfolgs zu interpretieren ist, die Kosten für zukünftige Produkte daher nichts in der laufenden Periodenerfolgsermittlung zu suchen haben. Ein Ansatz kommt erst in Frage, wenn die Produkte, für die die Vorleistungen erbracht wurden, auf dem Markt abgesetzt werden. Beide Rechnungszwecke haben wohl offensichtlich ihre Berechtigung. Beide dementsprechenden Verfahren lassen sich also erst im Licht ihrer Rechnungszwecke beurteilen. Eine Überlegenheit eines Verfahrens ist nicht zu erkennen, daher können beide als zweckgerecht bezeichnet werden. Als Ressourcen gelten neben den immateriellen auch die materiellen Einsatzfaktoren, denn zum Aufbau von Potentialen zählen auch Gebäude, maschinelle Anlagen und der Aufbau einer Fabrik. Die grundsätzliche Problematik der Art der Berücksichtigung in der Periodenrechnung ist für den Aufbau dieser Güter ähnlich wie für Vorleistungen. Auch für diese Fälle werden die Entscheidungen auf der strategischen und taktischen Ebene getroffen. Die operative Ebene ist nur insoweit betroffen, als daß vorhandene Ressourcen der Erstellung der eigentlichen Marktleistung entzogen werden, um zum Aufbau zukünftig zu nutzender Potentiale beizutragen. Auch bei materiellen Potentialen ist es wenig sinnvoll, sie in die Kategorie (beschäftigungs-)variabel oder (beschäftigungs-) fix einzuordnen, da sie ohne eine Beziehung zur Beschäftigung der Periode, in der sie erstellt werden, auf- und abgebaut werden. Dies gilt natürlich dann nicht, wenn für die laufende Produktion Ersatzressourcen im Sinne des Erhalts von Potentialen zur Verfügung gestellt werden. In der extern orientierten Unternehmensrechnung werden solche materiellen Güter in der Regel aktiviert und auf zukünftige Perioden anteilig verteilt; diesem Vorgehen schließt sich die Kosten- und Erfolgsrechnung an, denn auch

68)

Vgl. KEIL, A „ Vorleistungen, 1991, S. 182.

69)

Vgl. allgemein zur kurzfristigen Erfolgsrechnung KlLGER, W., Kostenrechnung, 1987, S. 393f.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

309

hier erfolgt in der kalkulatorischen Anlagenbuchhaltung eine Verteilung auf die Perioden mit Hilfe von Abschreibungen. Einen anderen Ansatz verfolgt Meyer mit der Gestaltung einer speziellen Anlagenkostenrechnung. Die Anlagen werden kostenrechnerisch während ihrer gesamten Lebensdauer erfaßt und nicht nur während ihrer Nutzungsdauer. 7 0 ' Die für die hier vorgeschlagene Potentialrechnung notwendigen Informationen lassen sich während des Aufbaus der Ressource dem Teil der Anlagenkostenrechnung entnehmen, der alle Kosten im Rahmen der Projektierung, die als Teilphase vor der eigentlichen Nutzung liegt, erfaßt. 71 ' Die Informationen über die gesamte Lebensdauer lassen sich somit für unterschiedliche Rechnungszwecke verwenden. Neben die beiden Phasen Vorlauf und Nutzung tritt als dritte Phase die Nachsorge. Die Nachsorgephase wird bisher nur wenig beachtet, ihre Bedeutung ist in den letzten Jahren wegen der zunehmenden Kosten für Beseitigung, Sanierung oder Recyclingmaßnahmen bereits gestiegen, und sie wird in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Verrechnungsprobleme treten insbesondere wegen des Problems auf, daß die Kosten für eventuelle Beseitigung von maschinellen Anlagen von den Produkten, die auf ihnen gefertigt und verkauft wurden, nicht mehr getragen werden können. Ein wie auch immer geartete Zurechnung ist nicht mehr möglich. Auch für dieses Problem stehen sich wieder zwei extreme Varianten gegenüber: 1. die volle Berücksichtigung in der Periode ihres Anfalls oder 2. die Bildung von Rückstellungen während der Nutzungsphase und im Zeitpunkt des Anfalls deren Auflösung. 7 2 ' Gegen die erste Variante wird ähnlich wie bei den Vorleistungskosten wegen der vermeintlich verfälschenden Ergebnisse der vollen Berücksichtigung argumentiert. Die auf Basis von Prognosen ermittelten Rückstellungen während der Marktphase führen zur Erfolgskorrektur in dieser Phase und können geradezu als Paradebeispiel für die kaufmännische Weitsicht gelten, zukünftige Risiken bei der Erfolgsermittlung zu berücksichtigen. Der volle Abzug von Beseitigungskosten in der Nachsorgephase gilt hingegen als eine ad hoc-Verrech-

70) 71)

Vgl. MEYER,)., Anlagenkostenrechnung, 1986, S. l l l f f . Vgl. MEYER, ]., Anlagenkostenrechnung, 1986, S. 116ff.

72)

Vgl. MÄNNEL, W., Ergebnisrechnung, 1994, S. 110.

310

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

nung, die nichts mit einer planerischen Bewältigung von Zukunftsaufgaben gemein hat, vielmehr als eine Von-der-Hand-in-den-Mund-Politik

gedeutet

wird. Ähnlich wie bei den Vorleistungen stellt sich auch in diesem Fall die Frage, ob tatsächlich kein Rechnungszweck denkbar ist, der eine solche Verrechnung sinnvoll erscheinen läßt. Und in der Tat neigt beispielsweise der Gesetzgeber eher zu dieser Variante, was sich mit der Prognoseschwierigkeit erklären läßt und mit der generellen Furcht, daß kaufmännische Vorsicht und der Wunsch, Gewinne im Unternehmen zu belassen, nahe beieinander liegen. Als Hauptgrund für eine Bildung von Rückstellungen (Fond für zukünftige Beseitigungskosten) ist jedoch anzuführen, daß mit einer Potentialerfolgsrechnung die Leistung des Managements gemessen werden soll. Zukünftig zu erwartende Erfolgsschmälerungen müssen in die Beurteilung des Managements einfließen, da eine Einflußmöglichkeit des Managements auf zukünftige Risiken in der Vorlaufphase gegeben ist. Durch eine Planung der Nachsorgephase kann daher schon in früheren Phasen Einfluß auf zukünftige Kosten und Erlöse genommen werden. Manager, die ausschließlich kurzfristig orientiert agieren, werden durch die Antizipation solcher Beträge zu entsprechenden strategischen Verhalten gedrängt. Der Potentialerfolg für Ressourcen, wie er bisher beschrieben wurde, kann den unterschiedlichsten Rechnungszwecken dienen, je nach Wahl des Zwecks fällt die Form der Rechnung aus. Dies läßt die Frage entstehen, ob es Möglichkeiten gibt, auch mehrere Rechnungszwecke gleichzeitig zu verfolgen zu können, um so eine der Grundrechnung analoge Form der Potentialerfolgsrechnung aufzubauen. 731 Wird eine Periodenerfolgsrechnung gewünscht, die über alle Perioden hinweg einen vergleichbaren Periodenerfolg ermitteln kann, sollte nur ein Rechnungszweck ausgewählt werden. Unterschiedliche Informationen lassen sich jedoch durch die auf jeweils andere Rechnungszwecke ausgerichteten Planungs- und Steuerungsrechnungen ermitteln. Die mehrperiodig angelegte Planungsrechnung, die als Grundlage für Projekte zahlungsorientiert aufgebaut ist, läßt die

73)

Die hier gestellte Frage sollte nicht mit der Existenz der Grundrechnung der Potentiale im System der Einzelkostenrechnung verwechselt werden, vgl. hierzu R I E ß E L , P., Deckungsbeitragsrechnung, 1994, S. 437f.; K O C H , ]., Potentiale, 1992, S. 164ff.; bei der Erfassung im Rahmen der Grundrechnung der Potentiale dominiert die Mengenbetrachtung, hier jedoch die Erfolgsbeurteilung.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

311

Negativkomponente in ihrer Höhe und in ihrem zeitlichen Anfall erkennen. Mit der Steuerungsrechnung, die sich im wesentlichen auf eine mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnung stützt, können die antizipierten und periodisierten Zahlungen in ihrer Wirkung auf den Periodenerfolg ermittelt werden. Beide Rechnungszwecke zu berücksichtigen führt dann zu einer kombinierten Verwendung von zahlungsorientierten und wertmäßigen Rechnungen, denn diese Zwecke haben in der eben geschilderten Form ihre theoretische und praktische Berechtigung. Eine Grundrechnung im Sinne einer zweckneutralen Speicherung von Informationen, d. h. keinem Zweck verhafteten Informationen, wird es daher nicht geben, vielmehr realisiert sich der Grundsatz von der Zweckgerichtetheit auch in einer mehrperiodigen Rechnung; so wird ein Nebeneinander verschiedener zweckgerichteter Rechnungen realisiert.

3.

Potentialerfolgsrechnung im Rahmen der strategisch orientierten Budgetierung

Die vorgestellte Konzeption einer Potentialerfolgsrechnung läßt sich schrittweise zu einem Baustein der mehrperiodigen Rechnung ausbauen, der sich zur Steuerung von organisatorischen Einheiten und strategischen Geschäftseinheiten eignet. Der Aufbau einer solchen Rechnung folgt dabei dem einer mehrstufigen Rechnung, deren Bezugsobjekte sich nach dem organisatorischen Gefüge des zugrundeliegenden Unternehmens richten; im folgenden wird von einer Spartenorganisation ausgegangen. Die sich ergebenden Zurechnungsprobleme im Rahmen einer solchen Rechnung lassen sich nur durch die verschiedenen Rechnungszwecke, die im Unternehmen erfüllt werden sollen, lösen. So bietet es sich für den von zwei Sparten gemeinsam aufgebauten Potentialerfolg an, ein gemeinsames Bezugsobjekt zu schaffen, also ausdrücklich keine Schlüsselung von Erfolgskomponenten durchzuführen. Solche verbindenden Elemente zwischen Sparten könnten eine Art von Beziehung schaffen, die dem Spartenegoismus entgegenwirkt, anstatt durch den Ansatz von Verrechnungspreisen eine künstliche Trennung zu schaffen. 74 '

74)

Vgl. FRESE, E., Rechnungswesen, 1990, S. 150ff., der die Möglichkeiten der Profit Center Rechnungen analysiert.

312

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

Somit kann eine mehrstufige Rechnung als kombinierte Potential- und Markterfolgsrechnung angesehen werden, die für alle interessierenden Bezugsobjekte Erfolgskomponenten ausweist. Sie ist in der vorgestellten mehrperiodigen Form eine Periodenrechnung, in die eine Projektrechnung eingebaut ist. Projektrechnungen zeichnen sich dadurch aus, daß sie aufbauend auf den zu realisierenden Projekten eine Verfolgung der einzelnen Schritte während des Projekts ermöglichen. Je nach Projektart kann eine Erfolgsbetrachtung oder nur eine Kostenbetrachtung erfolgen. 75 ' Handelt es sich beim Aufbau der Ressourcen um Bezugsobjekte, denen keine Erlöse zugerechnet werden können, dann ist für eine Erfolgsbeurteilung nur eine Aggregation mit anderen Projekten möglich. Typischerweise sind solche Projekte gerade für immaterielle Potentiale mit den Schwierigkeiten von Erlöszurechnungen verbunden. Für eine umfassende Beurteilung bleibt dann für solche isolierten taktischen Projekte nur die Bewertung im Rahmen des übergeordneten strategischen Programms übrig. Dennoch kann der Fall auftreten, daß es nicht möglich ist, einen Potentialerfolg für solche Projekte zu messen. Insbesondere dann wenn es um die Beurteilung des Managements im Hinblick auf die Verwirklichung solcher taktischen und strategischen Ziele geht, darf eine isolierte Beurteilung solcher Größen, die ja bei ihrem vollen Ansatz in der Periode nur den Periodenerfolg schmälern, nicht zu einem vorschnellen negativen Urteil führen. Es ist vielmehr von Nöten, daß in dem Fall alle Aktivitäten gemeinsam betrachtet werden; eine Analyse der Aufbau- und Erhaltungsaktivitäten muß daher in umfassender Weise erfolgen. Gerade für diesen Rechnungszweck lassen sich die notwendigen Informationen durch eine mehrstufige und mehrperiodige Rechnung zur Verfügung stellen. Der Erfolgs kann dabei separat für jedes Kalkulationsobjekt ausgewiesen werden, eine Aggregation ist für alle sachlich zusammenhängenden Objekte möglich. Aufgrund dieses Zusammenhangs erscheint eine Integration der jeweiligen Projektergebnisse innerhalb dieser Rechnung notwendig, sie soll die für das jeweilig betrachtete Projekt innerhalb einer Geschäftseinheit geleisteten Aufbau- und Erhaltungsleistungen aufzeigen (s. Darstellung 44). Gerade für diese Kategorie ist der mehrperiodige Ausweis von großer Bedeutung, da nur so ein Einblick in die zeitliche Entwicklung der Aufbau- und Erhaltungsmaß-

75)

Vgl. zur Projektkontrolle ALTER, R., Projektcontrolling, 1991, S. 281ff.

C. Ein Systementwurf für eine integrierte Betrachtung

313

nahmen zu erkennen ist. Die strategischen Programme lassen sich als eigenständige Kalkulationsobjekte auffassen, um so ein strategisches Budget auf Basis einer wertmäßigen Konzeption aufstellen zu können. Ob dies für einzelne strategische Programme als notwendig erachtet wird, ist abhängig von den Informationswünschen der Unternehmensführung. Für eine solche Budgetierung spricht die Geschlossenheit der Konzeption; Entscheidungen strategischer Natur auf Grund einer wertmäßigen Konzeption zu treffen, sollte aber verhindert werden. Die Steuerung von organisatorischen Einheiten ist bei strategischen Programmen nicht so offensichtlich, wie dies bei einer mehrstufigen Ergebnisrechnung mit ihrem starken Organisationsbezug zu Tage tritt. Strategische Geschäftseinheit (SGE) Strategisches Geschäftsfeld (SGF)

Strategisches Geschäftsfeld (SGF)

Produktgruppe 1

Produktgruppe 1

Produktgruppe 2

U

ca

3

T3

O

2.

3 T3

o

Produktgruppe 3

3

TJ O

Erlöse Kosten für - Produkt - Produktgruppe -SGF -SGE = Markterfolg der SGE

3 13 O

3

o

3 T3 O Projekt 1

3

73 O

¿i 3

TJ O

Projekt 2 Projekt 3

Erlöse Kosten für - Produkt - Produktgruppe -SGF -SGE = Potentialerfolg der SGE

Gesamterfolg der SGE

Darstellung 44: Aufbau einer mehrstufigen Erfolgsrechnung für eine strategische Geschäftseinheit

Besondere Beachtung muß der Interpretation des Potentialerfolgs geschenkt werden. Wie schon mehrfach angedeutet ist die Zurechnung von Erlösen für

314

Vierter Teil: Mehrperiodige Kosten- und Erfolgsrechnungen

einzelne taktische Projekte problematisch. Wenn es gelingt, zukünftige Erlöse auf einer höheren Hierarchieebene zuzuordnen, verbleibt allerdings noch das Problem, die so entstandene Erfolgsgröße zu beurteilen. In der Regel werden die Zeitpunkte der Erlöse in spätere Perioden fallen, ein Erfolgsausweis sich erst in Folgeperioden ergeben. Damit wird auch deutlich, warum eine mehrperiodige Rechnung notwendig ist, denn die jetzige Kostenbelastung wird durch zukünftige Erfolgsausweise legitimiert. Wie auch immer im einzelnen der Aufbau der Rechnung gestaltet wird, ist der getrennte Ausweis der Tätigkeiten für den Absatz der Produkte sowie der Aufbau und Erhaltung der benötigten Potentiale die unabdingbare Voraussetzung für eine sachgerechte Abbildung der Erfolgskomponenten von organisatorischen Einheiten. Daher sind auch seit Jahren Autoren der Unternehmensrechnung bemüht, einen getrennten Ausweis der unterschiedlichsten Größen zu erreichen; dies alles nur mit dem einen Ziel, den Periodenerfolg so zu gestalten, daß er seine Aussagekraft erweitert. Die meisten Versuche dieser Art sind von der aufgezeigten Vorgehensweise vor allem durch die Zielgrößen zu unterscheiden. Die meisten Autoren wählen nämlich als Grundlage ihrer Vorschläge Zahlungen oder zahlungsorientierten Größen. 76 ' Dies wird mit dem mehrperiodigen Charakter der Rechnung begründet, was, wie schon eingehend begründet wurde, kein ausreichender Grund für den Ansatz von Zahlungen darstellt. Darüber hinaus müssen Angaben über den Rechnungszweck gemacht werden, den eine entsprechende Zielgröße zwingend nach sich zieht. Es soll hier nicht noch einmal begründet werden, warum eine solche Beziehung nicht angebbar ist, es sei nur daran erinnert, daß Rechnungszweck und Zielgröße zwei durchaus getrennt festlegbare Sachverhalte sind.

76)

Vgl. in jüngster Zeit z. B. HOLZWARTH, J., Kostenrechnung, 1993, S. 172ff.; BREID, V., Erfolgspotentialrechnung, 1994, S. 140ff.; HAUSCHILDT, ]., Innovationsergebnisrechnung, 1994, S. 1018ff.

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

BB

Der Betriebsberater

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

DB

Der Betrieb

DBW

Die Betriebswirtschaft

DU

Die Unternehmung

HWB

Handwörterbuch der Betriebswirtschaft

HWO

Handwörterbuch der Organisation

HWPlan

Handwörterbuch der Planung

HWProd

Handwörterbuch der Produktionswirtschaft

HWR

Handwörterbuch des Rechnungswesens

krp

Kostenrechnungspraxis

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium

WISU

Das Wirtschaftsstudium

Wpg

Die Wirtschaftsprüfung

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF

Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfhF

Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

ZfO

Zeitschrift für Organisation

315

316

Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis ADAM, Dietrich [Kostenbewertung, 1970]: Entscheidungsorientierte Kostenbewertung, Wiesbaden, 1970 ADAM, Dietrich [Grenzkostenrechnung, 1993]: Grenzkostenrechnung, in: HWR, hrsg. v. Klaus Chmielewicz, Marcell Schweitzer, 3. Aufl., Stuttgart, 1993, Sp. 8 2 4 - 8 3 2

AGTHE, Klaus [Fixkostendeckung, 1959]: Stufenweise Fixkostendeckung im System des Direct Costing, in: ZfB, 29. Jg., 1959, S. 404-418 ALBERS, Sönke [System, 1989]: Ein System zur IST-SOLL-Abweichungs-Ursachenanalyse von Erlösen, in: ZfB, 59. Jg., 1989, S. 637-654 ALBERT, Hans [Modell-Platonismus, 1971]: Modell-Platonismus. Der neoklassische Stil des ökonomischen Denkens in kritischer Beleuchtung, in: Logik der Sozialwissenschaften, hrsg. v. Ernst Topitsch, Köln, Berlin, 7. Aufl., 1971, S. 406-434 ALBERT, Hans [Theorie, 1971]: Theorie und Prognose in den Sozialwissenschaften, in: Logik der Sozialwissenschaften, hrsg. v. Ernst Topitsch, 7. Aufl., Köln, Berlin, 1971, S. 126-143 ALBERT, Hans [Wertfreiheit, 1971]: Wertfreiheit als methodisches Prinzip, in: Logik der Sozialwissenschaft, hrsg. v. Ernst Topitsch, 7. Aufl., Köln, Berlin, 1971, S. 181-210 ALBERT, Hans [Gesetzesbegriff, 1973]: Der Gesetzesbegriff im ökonomischen Denken, in: Macht und ökonomisches Gesetz, hrsg. v. Christian Watrin, Hans Karl Schneider, Berlin, 1973, S. 129-161 ALBERT, Hans [Wissenschaftstheorie, 1976]: Wissenschaftstheorie, in: HWB, 3. Band, hrsg. v. Erwin Grochla, Waldemar Wittmann, 4. Aufl., Stuttgart, 1976, Sp. 4674-4692 AL.TER, Roland [Projektcontrolling, 1991]: Integriertes Projektcontrolling, Gießen, 1 9 9 1 ANDERSSON, Gunnar [Wahrheit, 1989]: Wahr und falsch; Wahrheit, in: Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, hrsg. v. Helmut Seiffert, Gerard Radnitzky, München, 1989, S. 369-375 ANDRÄ, Bernd Olaf [Zielhierarchie, 1975]: Die Zielhierarchie des Betriebes, Frankfurt a. M., 1975 ANSOFF, H. Igor [Strategy, 1965]: Corporate Strategy, New York, 1965 ANSOFF, H. Igor [Management, 1979]: Strategie Management, London, 1979 ANTHONY, Robert N. [Accounting, 1956]: Management Accounting, Text and Cases, Homewood, Illinois, 1956

317

Literaturverzeichnis

ANTHONY, Robert N. [Systems, 1965]: Planning and Control Systems, Boston, 1965 ARBEITSKREIS

»DECKUNGSBEITRAGSRECHUNG