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German Pages 619 [624] Year 1980
Wunderer • Grunwald Führungslehre Band II
Führungslelire von Rolf Wunderer und Wolfgang Grunwald unter Mitarbeit von Peter Moldenhauer Band II Kooperative Führung
W DE
G
Walter de Gruyter Berlin • New York 1980
Dipl.-Kfm. Dr. oec. pubi. Rolf Wunderer o. Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbes. Personalwesen und Unternehmensführung an der Universität Essen - GHS Dipl. Psych., Betriebsw. (grad.) Wolfgang Grunwald Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Unternehmungsführung, Fachrichtung Unternehmungspolitik, an der Freien Universität Berlin
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Wunderer, Rolf: Führungslehre / von Rolf Wunderer u. Wolfgang Grunwald. Unter Mitarb. von Peter Moldenhauer. - Berlin ; New York : de Gruyter. NE: Grunwald, Wolfgang: Bd. 2. —* Wunderer, Rolf: Kooperative Führung Wunderer, Rolf: Kooperative Führung / von Rolf Wunderer u. Wolfgang Grunwald. Unter Mitarb. von Peter Moldenhauer. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1980. (Führungslehre / von Rolf Wunderer u. Wolfgang Grunwald ; Bd. 2) ISBN 3-11-007886-4 NE: Grunwald, Wolfgang: © Copyright 1980 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Einbandgestaltung: Rudolf Hübler, Berlin. Satz und Druck: Georg Appl OHG, Wemding. Bindung: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe GmbH, Berlin.
Vorwort
Die zweibändige Führungslehre soll die relevanten theoretischen wie empirischen Forschungsergebnisse der betriebswirtschaftlichen, sozialpsychologischen und teilweise betriebssoziologischen Literatur zusammenfassen. In Band I werden Grundfragen der Führung nach folgenden Gesichtspunkten diskutiert: A
Ausgangssituation und Problemhorizont
B
Wissenschaftstheoretische und methodologische Grundlagen
C
Begriffe über Führung
D
Theorien über den Menschen (Menschenbilder)
E
Theorien über die Führung (Führungstheorien)
F
Theorien über das Mitarbeiterverhalten (Motivationstheorien)
G
Verhaltensmuster der Führung (Führungsstile)
H
Gestaltungsmuster der Führung (Managementkonzeptionen)
I
Gestaltungsmuster sozio-technischer Systeme (Organisationsstrukturen)
Vorliegender Band II konzentriert sich auf ein Führungskonzept, das seit mindestens 30 Jahren in allen demokratisch verfaßten Industrienationen den höchsten Grad an „sozialer Erwünschtheit", aber zugleich erhebliche Probleme bei der Realisierung zeigt: die kooperative Führung. Auch deshalb bildet die Analyse der Voraussetzungen, Formen und Folgen kooperativer Führung den Schwerpunkt dieses Bandes, der nach folgenden Kapiteln gegliedert ist: K
Konzepte kooperativer Führung
L
Psychologische Bedingungen kooperativer Führung
M
Organisatorische Bedingungen kooperativer Führung
N
Folgen kooperativer Führung: Leistung und Zufriedenheit
O
Strategien zur Förderung kooperativer Führung (Organisationsentwicklung)
VI
Vorwort
Literaturanalysen ergaben keinen Ansatz, der sich für eine theoretische wie empirische Beschreibung, Erklärung und Gestaltung kooperativer Führung eignete. Deshalb wurde ein Konzept entwickelt, das auf der Grundlage von drei Grundwerten und neun ausgewählten Merkmalen (Elementen) zu folgender Begriffsbestimmung führte:
Kooperative Führung — Definition, Merkmale, Grundwerte4 Dimensionen 1. Zielorientierte soziale Einflußnähme zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben 2. in/mit einer strukturierten Arbeitssituation
>
Ziel-LeistungsAspekt Führung in Organisationen
Organisations—» Aspekt (Situationsgestaltung)
3. unter wechselseitiger, tendenziell partizipativer symmetrischer Einflußausübung —> Aspekt (Machtgestaltung) •
4. und konsensfähiger Gestaltung der Arbeits- und Sozialbeziehungen
prosozialer ., Aspekt (Beziehungsgestaltung)
Qualität der kooperativen Führung
9 Merkmale 1) Ziel-und Leistungsorientierung 2) Funktionale Rollendifferenzierung und Sachautorität 3) Multilaterale Informations- und Kommunikationsbeziehungen 4) Gemeinsame Einflußausübung 5) Konfliktregelung durch Aushandeln und Verhandeln 6) Gruppenorientierung; partnerschaftliche Zusammenarbeit 7) Vertrauen als Grundlage der Zusammenarbeit 8) Bedürfnisbefriedigung von Mitarbeitern und Vorgesetzten 9) Organisations- und Personalentwicklung 3 Grundwerte 1) Arbeit und Leistung 2) Wechselseitigkeit 3) Selbstverwirklichung
Vorwort
VII
Das Scheitern vieler Versuche, kooperative Führung in Organisationen zu verwirklichen, hat verschiedene Ursachen: Erstens stellen utopische Vorstellungen über einen einzig wahren Führungsstil unerfüllbare Verhaltensanforderungen an die Beteiligten. Zweitens herrschen trotz zahlreicher empirischer Untersuchungen noch immer naive Ansichten vor, kooperative Führung würde bei nahezu allen Bedingungen sowohl Leistung als auch Zufriedenheit der Betroffenen verbessern. Dies kann aber insbesondere für den Leistungsaspekt nicht bestätigt werden. Drittens glaubten gerade strukturorientierte Betriebswirte und Organisationssoziologen, mit der Realisierung partizipativer Aspekte der kooperativen Führung würden sogleich die zwischenmenschlichen Beziehungen positiv verändert. In der Praxis ergeben sich aber nicht selten gegenläufige Wirkungen. Denn die Veränderung der Machtgestaltung wird von den Betroffenen nicht selten auch als „Machtsozialisierung" empfunden. Strukturelle Herrschaftsverschiebungen allein können die Kooperation noch nicht sichern. Damit erweist sich die Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen als zentrale Voraussetzung für die Verwirklichung dieses anspruchsvollen Führungskonzepts. Aufbau von Vertrauen, wechselseitige Unterstützungsbereitschaft, Akzeptanz und Offenheit als Grundelemente „prosozialen Verhaltens" sind aber generell wesentlich schwieriger und langwieriger zu erreichen als die Veränderung von Machtstrukturen über Organisationsanweisungen oder Entscheidungen zur Unternehmensverfassung. Viertens bestehen noch unrealistische Vorstellungen über die Möglichkeiten von Verhaltensänderungen bei Organisationsmitgliedern durch gezielte Maßnahmen am und außerhalb des Arbeitsplatzes. So kann man das Konzept der kooperativen Führung als ein immer noch ungelöstes Problem der Unternehmensführung charakterisieren, das in optimaler Ausprägung wohl nur als situational günstige Episode im Sinne einer „peak experience" (Maslow) der Betroffenen realisierbar ist. Die Wege zu einer auch nur befriedigenden Erfüllung dieses Konzepts führen wohl vor allem über realistisch formulierte Anspruchsniveaus, schrittweise Verbesserung der situationalen Bedingungen und schwierige wie langwierige Lernprozesse aller Beteiligten. Das Werk hätte in der vorliegenden Form nicht ohne die Unterstützung der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, Bonn-Bad Godesberg, durchgeführt werden können. Besonderer Dank gilt hier dem Präsidenten der Akademie, Herrn Prof. Dr. Mattern, dem damaligen Leiter des wissenschaftlichen Dienstes, Herrn Dr. Roth, sowie seinem Mitarbeiter, Herrn Dr. Voelkner. Ohne das gezeigte „Urvertrauen" in der Problemfindungsphase, die konstruktive Kritik und stete Hilfestellung während der zweijährigen Durchführungszeit wäre manche Idee nicht realisiert worden. So hoffen wir insbesondere, daß diese Führungslehre gerade auch im Öffentlichen Dienst Nutzen stiften wird. Denn hier hat erfahrungsgemäß die freiwillige, „intrinsische" Motivation der Bediensteten schon infolge begrenzter Sanktionsmöglichkeiten ein besonderes Gewicht.
Vorwort
VIII
A n der Konzeption, an zahlreichen gemeinsamen Diskussionen sowie an Literaturexzerpten und Manuskriptentwürfen, insbesondere bei der Gestaltung der Kapitel D , I und O , hat Herr Dipl.-Kfm., Dipl.-Psych. Moldenhauer mitgewirkt. Seine Tätigkeit als selbständiger Psychotherapeut ließ jedoch nur eine begrenzte Beteiligung an der Arbeit zu. Gleichwohl führte seine unkonventionelle Denkweise zu interessanten Denkansätzen und differenzierten Betrachtungsweisen. Das Manuskript wurde 1978 abgeschlossen und dem Verlag übergeben, dem wir für Unterstützung und Verständnis, insbesondere bei Ergänzungen und Änderungen bis zum Umbruchmanuskript, danken. Die umfangreichen Entwürfe und „Endfassungen" wurden von Frau Metz und Frau Genzmer mit großer Geduld und unermüdlichem Einsatz geschrieben. Herr Dipl.-Kfm. Brummund war an den Fahnen- und Umbruchkorrekturen als „letzte Instanz" beteiligt. Seinen Argusaugen haben wir es mit zu danken, daß noch mancher Druckfehler eliminiert werden konnte. Unsere besondere Zuneigung wird allen gehören, die hiermit die Lektüre noch nicht beenden. Wir wissen, daß nur wenig „Führungsmonomane" bereit und fähig sein werden, alle 14 Kapitel in einem Stück zu lesen. Stichwort- und Autorenregister, Lesehilfen, Marginalien und ein ausführliches Literaturverzeichnis sollen deshalb einen problemorientierten Zugriff ermöglichen. Wir würden uns freuen, wenn die beiden Bände interessierten Kollegen, Studenten und (wissenschaftlich interessierten) Praktikern als Kompendium zu Grundfragen der Führung dienen könnten. Rolf Wunderer Wolfgang Grunwald
Gesamtübersicht
Band I A
Einführung - Ausgangssituation und Problemhorizont (Seite 1)
B
Wissenschaftstheoretische und methodologische Grundlagen (Seite 14)
C
Begriffe über Führung (Seite 52)
D
Theorien über den Menschen (Menschenbilder) (Seite 75)
E
Theorien über die Führung (Führungstheorien) (Seite 112)
F
Theorien über das Mitarbeiterverhalten (Motivationstheorien) (Seite 168)
G
Verhaltensmuster der Führung (Führungsstile) (Seite 218)
H
Gestaltungsmuster der Führung (Managementkonzeptionen) (Seite 275)
I
Gestaltungsmuster sozio-technischer Systeme (Organisationsstrukturen) (Seite 312)
Band II K Konzepte kooperativer Führung (Seite 1) L Psychologische Bedingungen kooperativer Führung (Seite 115) M
Organisatorische Bedingungen kooperativer Führung (Seite 278)
N Folgen kooperativer Führung: Leistung und Zufriedenheit (Seite 409) O
Strategien zur Förderung kooperativer Führung (Organisationsentwicklung) (Seite 440)
Lesehilfe Kapitel K
Variante 1:
Für Leser, die sich über die verschiedenen Konzeptionen kooperativer Führung informieren wollen
Variante 2:
Für Leser, die sich zusätzlich über psychologische und organisatorische Bedingungen und Hemmnisse kooperativer Führung orientieren wollen
L, M K
Variante 3:
Für Leser, die sich zusätzlich über die Folgen kooperativer Führung sowie über mögliche Strategien zu ihrer Förderung einen Überblick verschaffen wollen
N, O K, L, M
Variante 4:
Für Leser, die einen Überblick über Führung und Führungsstile suchen, bevor sie Variante 1 bis 3 wählen
C, G K, L, M, N, O
Variante 5:
Für Leser, die zusätzliche Aussagen zur Entwicklungsgeschichte und zu den Werthaltungen kooperativer Führung suchen
A, D C, G, K, L, M,N, O
Variante 6:
Für Leser, die sich zusätzlich über Führungs- und Motivationstheorien informieren wollen
E, F A, D, C, G, K, L, M, N, O
Variante 7:
Für Leser, die sich zusätzlich über die mehr instrumentellen Organisations- und Managementkonzepte informieren wollen
I,H A, D, C, E, F, G, K, L, M, N, O
Variante 8:
Für Leser, die sich zusätzlich für wissenschaftstheoretische und methodologische Grundfragen der Führungsforschung interessieren
B A, C, D, E, F, G, H, I, K, L, M, N, O
Inhaltsverzeichnis Band II (Inhaltsverzeichnis zu Band I: Seite XXI)
Kapitel K Konzepte kooperativer Führung 0. 1. 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5. 1.5.1. 1.5.2. 1.5.3. 1.6. 1.6.1. 1.6.2. 1.6.3. 1.6.4. 1.7. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.3.1. 2.3.2. 2.3.3. 2.3.4. 2.3.5.
2.4.
Zusammenfassung Methodische und inhaltliche Probleme der Analyse des Konzeptes „Kooperative Führung" Vorbemerkungen Das untersuchte Begriffsfeld Kritik dichotomer Führungskonzepte Begriffsanalyse der Beziehung zwischen „Führung" und „kooperative Führung" „Kooperation" unter einzelwissenschaftlichem Aspekt „Kooperation" in der Ökonomie „ Kooperation " i n der Soziologie „Kooperation" in der Psychologie Ein Bezugsrahmen zur Begriffsanalyse und Begriffsbildung kooperativer Führung Proze-Begriffe und Produkt-Begriffe kooperativer Führung . . . Deskriptive Begriffe und programmatisch-präskriptive Begriffe kooperativer Führung Absichts-Begriffe und Wirkungs-Begriffe kooperativer Führung . Handlungs-Begriffe und Geschehens-Begriffe kooperativer Führung Ein Analysemodell kooperativer Führung Bedeutungsanalyse des Begriffs „Kooperative Führung" Bedeutungsanalyse Etymologische Bedeutung Bedeutungen des Wortes „Kooperative Führung" bei Führungskräften und Studenten Soziale Erwünschtheit und Überlegenheit kooperativer Führung . Verständnis von kooperativer Führung im öffentlichen Dienst . . Verständnis von kooperativer Führung bei Studenten der Betriebswirtschaftslehre und der Verwaltungswissenschaft Verständnis von kooperativer Führung in der Wirtschaft Vergleich der Auffassungen über kooperative Führung bei Führungskräften im privaten und öffentlichen Sektor sowie bei Studenten der Betriebswirtschaftslehre und Verwaltungswissenschaft Abgrenzung des Begriffs kooperative Führung von verwandten Begriffen
1 3 3 4 6 7 9 9 10 11 14 14 15 15 16 17 18 18 19 20 20 21 22 24
26 26
XII
Inhaltsverzeichnis Band II
2.4.1. Delegation und Dezentralisation 2.4.2. Mitbestimmung 3. Darstellung und Auswertung ausgewählter Definitionen und Konzepte zur kooperativen Führung 3.1. Zur Erarbeitung einer Taxonomie von Merkmalen kooperativer Führung 3.1.1. Allgemeine Probleme einer theoriedefizitären Klassifikation von Merkmalen kooperativer Führung 3.1.2. Nachteile einer Taxonomie 3.1.3. Vorteile einer Taxonomie 3.2. Analyse experimenteller Studien zu Führungsstilen 3.3. Literaturanalyse kooperativer Führungskonzepte 3.3.1. Zur Ordnung der Definitionen und Konzeptionen 3.3.2. Quantitative Auswertung der Literaturanalyse 3.3.3. Qualitative Auswertung der Literaturanalyse 4. Kooperative Führung in verschiedenen Forschungsansätzen . . . 4.1. Systematisierung der Forschungsansätze 4.2. Kooperative Führung als gesellschaftspolitisches Problem . . . . 4.3. Kooperative Führung als Führungskonzept einer Organisation . . 4.4. Kooperative Führung als Demokratisierungskonzept für Organisationen 4.5. Kooperative Führung als Gruppenprozeß 4.6. Kooperative Führung als Humanisierung der Arbeit 4.7. Kooperative Führung als Machtausgleich 4.8. Kooperative Führung als Entscheidungsbeteiligung (Partizipation) 4.9. Kooperative Führung als Persönlichkeitsdisposition 4.10. Kooperative Führung als prosoziale und partizipative Interaktionsbeziehung 5. Zur Bedeutung von Prinzipien (Grundwerten) kooperativer Führung 5.1. Funktion von Prinzipien 5.2. Der normative Aspekt von Prinzipien 5.3. Werte, Normen und Ideologien 5.4. Geltungsbereich von Grundwerten kooperativer Führung . . . . 5.4.1. Grundwerte kooperativer Führung: Arbeit und Leistung, Wechselseitigkeit, Selbstverwirklichung 5.4.2. Zur Begriindbarkeit der Grundwerte 5.5. Historisch-philosophische Wertlehren als Grundlagen kooperativer Führung 5.5.1. Humanismus und humanistische Psychologie 5.5.2. Existentialismus 5.5.3. Personalismus 6. Zentrale Prinzipien (Grundwerte) kooperativer Führung 6.1. Arbeit und Leistung
26 27 29 29 30 30 32 32 38 38 42 43 44 44 45 47 49 54 55 57 59 63 65 66 66 67 68 70 72 73 73 73 75 76 77 77
Inhaltsverzeichnis Band II
6.1.1. 6.1.2. 6.1.3. 6.1.4. 6.1.5. 6.2. 6.2.1.
Zur Begriffsbestimmung von Arbeit und Leistung Leistung und Leistungsprinzip Kritik des Leistungsprinzips Das Leistungsprinzip in der öffentlichen Verwaltung Arbeit, Leistung und Selbstverwirklichung Wechselseitigkeit Zur Begriffsbestimmung von Wechselseitigkeit und Komplementarität 6.2.2. Das Partizipationsprinzip 6.2.3. Das Solidaritätsprinzip 6.2.4. Das Subsidiaritätsprinzip 6.3. Selbstverwirklichung 6.3.1. Zur Begriffsbestimmung von Selbstverwirklichung 6.3.2. Die Beschreibung des „sich selbst verwirklichenden Menschen" 6.3.3. Selbstverwirklichung - ein individualistisches Konzept? 6.3.4. Selbstverwirklichung und kooperative Führung 7. Entwurf eines neuen Konzeptes kooperativer Führung 7.1. Zusammenfassung der bisherigen Diskussion 7.1.1. Merkmale kooperativer Führungsformen in der Literatur . . . . 7.1.2. Kritik bisheriger Konzepte kooperativer (partizipativer) Führung 7.1.3. Zusammenhang zwischen den Prinzipien Arbeit und Leistung, Wechselseitigkeit und Selbst Verwirklichung 7.2. Konsequenzen für ein neues Konzept kooperativer Führung . . . 7.2.1. Der normative und empirische Aspekt kooperativer Führung . . 7.2.2. Merkmale kooperativer Führung als Konfiguration 7.3. Neun Merkmale kooperativer Führung 7.4. Eine neue Arbeitsdefinition kooperativer Führung 8. Organisatorische und psychologische Aspekte kooperativer Führung 8.1. Die Beziehung zwischen struktureller und interaktionaler Führung 8.2. Die Beziehung zwischen prosozialem und partizipativem Aspekt kooperativer Führung 8.3. Der kooperative Führungsstil im Kontext anderer Führungsformen Ausgewählte Literatur
XIII 77 78 83 84 85 86 86 89 89 89 90 91 91 93 95 96 96 96 96 97 97 97 99 99 103 106 106 111 113 114
Kapitel L Psychologische Bedingungen und Hemmnisse kooperativer Führung 0. 1.
Zusammenfassung 115 Methodische Aspekte - Kooperative Führung als unabhängige, intervenierende und abhängige Variable 117
XIV
1.1. 1.2. 1.3. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 3. 3.1. 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.4. 3.4.1. 3.4.2. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 5. 5.1. 5.1.1. 5.1.2. 5.1.3. 5.2. 5.3. 5.4. 5.5. 5.5.1. 5.5.2. 5.6. 5.7. 5.7.1. 5.7.2.
Inhaltsverzeichnis Band II
Ein Modell zur sozialpsychologischen Analyse kooperativer Führung Kooperative Führung als abhängige Variable Ein Bezugssystem zur Analyse der Gruppeninteraktion in kooperativen Führungsformen Anthropologische Grundlagen der Zusammenarbeit Gesellungsbedürfnis Sozialer Vergleich Bedeutung der anthropologischen Grundlagen für die kooperative Führung Individualpsychologische Faktoren kooperativer Führung . . . . Einstellungen, Werte und Motive von Vorgesetzten - Empirische Befunde Einstellungen, Werte und Motive von Mitarbeitern - Empirische Befunde Empirische Befunde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland Empirische Befunde aus der Bundesrepublik Deutschland . . . . Ausgewählte Persönlichkeitsmerkmale Zum Problem der Interaktion zwischen Persönlichkeitsfaktoren und Situationen Kognitive, affektive und aktionale Merkmale Zum Problem der Akzeptanz kooperativer Führungsformen . . . Individuelles Verpflichtungsgefühl gegenüber der Organisation . „Bürokratische Orientierung" Sozio-demographische Merkmale Alter und Bildungsgrad Alter und Mitgliedschaftsdauer in einer Organisation Sozialer Status in der Organisationshierarchie Gruppenpsychologische Faktoren kooperativer Führung Kooperative Führung und Gruppendynamik Zum Begriff der Gruppendynamik Zum Begriff der Gruppe Eine Minimaldefinition von „Gruppe" Begriffsabgrenzung zwischen Team und Gruppe Gruppenarten Gruppenarbeit - Ein Grundmerkmal kooperativer Führung . . . Gruppendimensionen Entstehung von Gruppenstrukturen Begriffsbestimmung von „Position" und „Sozialer Status" . . . . Divergenztheorie der Führung (Führungsdual) Gründe für die Gruppenorientierung kooperativer Führungsformen Zum Leistungsvorteil der Gruppe Gruppenleistung versus Individualleistung
119 122 123 124 124 125 127 128 128 152 154 158 171 171 172 194 195 198 199 199 200 200 201 201 201 202 202 204 205 207 209 210 210 211 212 213 215
Inhaltsverzeichnis Band II
XV
5.8. 5.8.1. 5.8.2. 5.8.3. 5.8.4. 5.9. 6. 6.1. 6.1.1. 6.1.2. 6.1.3.
219 219 220 221 224 226 234 234 234 235
Gruppenzusammenhalt (Gruppenkohäsion) Zum Begriff des Gruppenzusammenhalts Zur Messung von „Gruppenzusammenhalt" Determinanten des Gruppenzusammenhalts Konsequenzen des Gruppenzusammenhalts Persönlichkeitsmerkmale und Gruppenprozesse Strukturen und Prozesse kooperativer Führung Kooperation vs. Konkurrenz Die Beziehung zwischen Kooperation und Konkurrenz Die Beziehung zwischen Konflikt und Konkurrenz Auswirkungen von Kooperation und Konkurrenz auf den Gruppenprozeß 6.1.4. Gründe für und gegen Kooperation 6.2. Koalitionsbildung als hemmende Bedingung kooperativer Führung 6.2.1. Begriffsbestimmung von „Koalition" 6.2.2. Theorien der Koalitionsbildung 6.3. Verhandeln und Aushandeln 6.3.1. Begriffsbestimmung von „Verhandeln" und „Aushandeln" . . . 6.3.2. Strukturelle Merkmale des Verhandeins in kooperativen Führungsbeziehungen 6.3.3. „Identität" als Prozeß des Aushandelns 6.3.4. Interpersonales Vertrauen und Verhandlungsbeziehungen . . . . 6.3.5. Rollendifferenzierung 7. Vertrauen - Eine Grundkategorie kooperativer Führung 7.1. Begriffsbestimmung von „Vertrauen" 7.2. Vertrauen und Mißtrauen 7.3. Die Theorie des Vertrauens von Deutsch 7.4. Die Theorie des Vertrauens von Gibb 7.5. Konsequenzen von Vertrauen Ausgewählte Literatur
237 240 241 241 244 246 246 247 247 249 257 259 260 260 264 269 273 277
Kapitel M Organisatorische Bedingungen kooperativer Führung 0. 1. 1.1.
Zusammenfassung 278 Problemstellung dieses Kapitels 279 Zur Bedeutung von Organisation und Organisationsstrukturen für kooperative Führung 279 1.1.1. Führung und Organisation: Zwei trennbare Forschungsbereiche? 280 1.1.2. Strukturelle Führung 280 1.2. Das Aston-Konzept 281 2. Komplexität als strukturelle Bedingung kooperativer Führung . . 283
XVI 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.4.4. 2.4.5. 2.4.6. 2.5. 2.6. 2.6.1. 2.6.2. 3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.4. 3.4.1. 3.4.2. 3.4.3. 3.5. 3.5.1. 3.5.2. 3.5.3. 3.6. 3.6.1. 3.6.2. 3.6.3. 3.7. 3.7.1. 3.7.2. 3.7.3. 4. 4.1.
Inhaltsverzeichnis Band II
Die Interdependenz zwischen Führungsbeziehung und Situationskomplexität Komplexität in der Systemtheorie Begriffsinhalt und Dimensionen der Komplexität Organisationsgröße Begriff und Definition Einfluß der Organisationsgröße auf die Organisationsstruktur . . Organisationsgröße und Differenzierungsprozesse Organisationsgröße und Zentralisierung Zur Bedeutung der Organisationsgröße für die kooperative Führung Organisationsgröße und Abhängigkeit Konkurrenz als Einflußdimension der organisatorischen Komplexität Abhängigkeit und Technologie Technologie Abhängigkeit - Autonomie Strukturelle Einflußbeziehungen (Konfiguration) Empirische Befunde zur Konfiguration Hierarchie und Führung Autoritätsgrundlagen bürokratischer und kooperativer Führung . Zum Autoritätsbegriff Legitimitätsgrundlagen betrieblicher Autorität Kooperative Führung und legitimierte Autorität Zwei Theorien des Legitimierungsprozesses Kontrollspanne Begriffsbestimmung Einflußgrößen auf die Kontrollspanne Zum Problem der optimalen Kontrollspanne Konflikte bei lateraler Kooperation Begriffs-und Problemabgrenzung Vertikale und horizontale Kooperationsbeziehungen Laterale Konfliktpotentiale Organisationsklima Begriffsbestimmung Dimensionen des Organisationsklimas Einfluß der Organisationsgröße auf das Organisationsklima . . . Statussymbole Funktionale und hierarchische Statussysteme Ursachen und Funktionen von Statussystemen in Organisationen Die räumliche Situation von Gruppen und Individuen Spezialisierung, Standardisierung und Zentralisierung in der kooperativ geführten Organisation Spezialisierung als Ausdifferenzierung verschiedener Aufgaben .
283 284 285 287 287 288 289 290 292 293 294 294 294 297 299 299 300 304 304 305 307 308 313 313 313 315 316 316 316 317 319 319 320 323 324 326 327 328 329 329
Inhaltsverzeichnis Band II
4.1.1. 4.1.2. 4.1.3. 4.1.4. 4.1.5. 4.1.6. 4.1.7. 4.1.8. 4.1.9.
XVII
Zur Definition von „Aufgabe" Kooperative Führung und Aufgabentypen Zur Theorie der Gruppenproduktivität Die Aufgabentypologie von Steiner Dimensionsanalyse von Aufgaben Aufgabenschwierigkeit Lösungsvielfalt Zielklarheit und Weg-Ziel-Klarheit Die Wirkungen partizipativ bestimmter vs. vorgegebener Ziele auf die Leistung und Zufriedenheit 4.1.10.Technologische Arbeitsanforderungen und Kooperation 4.2. Standardisierung und Formalisierung 4.3. Dezentralisierung und Delegation 4.3.1. Zentralisierung und Dezentralisierung 4.3.2. Delegation 5. Koordination 5.1. Koordinationsinstrumente 5.2. Kommunikation als Koordinationsmedium 5.2.1. Begriffsbestimmung 5.2.2. Kommunikationsstrukturen 5.2.3. Wirkungen der Kommunikationsnetze auf Gruppenprozesse . . . 5.2.4. Vertikale Kommunikation 5.2.5. Horizontale (laterale) Kommunikation 5.2.6. Multilaterale Kommunikation von Vorgesetzten und Mitarbeitern 6. Kooperationsfördernde strukturelle Ansätze für bürokratische Organisationen 6.1. Kollegien 6.1.1. Bestimmungsmerkmale von Kollegien 6.1.2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kollegien und Pluralinstanzen 6.1.3. Die Stellung der Kollegien in der Aufbauorganisation - horizontale, vertikale und diagonale Kollegien 6.1.4. Vor- und Nachteile von Kollegien unter dem Aspekt kooperativer Führung 6.2. Matrix-Organisation 6.2.1. Begriffsbestimmung von „Matrix-Organisation" 6.2.2. Koordination durch Projekt-Leiter in der Matrix-Organisation . . 6.2.3. Das Problem der Nebenweisungsrechte in der Matrix-Organisation 6.2.4. Konflikt und Kooperation in der Matrix-Organisation 6.2.5. Folgerungen für den partizipativen Aspekt kooperativer Führung 6.3. Projektgruppen-Organisation 6.3.1. Formen des Projekt-Managements
330 333 334 335 336 337 337 338 339 342 343 345 345 349 355 355 359 359 361 362 366 368 370 370 372 372 372 373 375 376 377 378 379 380 381 381 381
XVIII
Inhaltsverzeichnis Band II
6.3.2. Die Projekt-Studiengruppe 6.3.3. Folgerungen für den partizipativen Aspekt kooperativer Führung 6.4. Strukturierung der Arbeitsbeziehungen (Aufgabengestaltung) 6.4.1. Job Enrichment (Arbeitsbereicherung) 6.4.2. Teilautonome Arbeitsgruppen 6.5. Das „ Colleague-Model" 6.6. Quickborner Planungsteams 6.7. Die Organisation als System überlappender Gruppen 6.7.1. Grundlagen des Modells 6.7.2. Vertikale Überlappung von Gruppen 6.7.3. Horizontale Überlappung von Gruppen 6.7.4. Die Organisation multipel überlappender Gruppen 6.7.5. Zur empirischen Fundierung des Systems überlappender Gruppen Ausgewählte Literatur
383 383 . . 385 386 388 396 397 399 399 400 401 402 404 408
Kapitel N Folgen kooperativer Führung: Leistung und Zufriedenheit 0. 1. 2. 2.1. 2.2. 3. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. 5. 5.1. 5.1.1.
Zusammenfassung 409 Vorbemerkungen 410 Begriffsbestimmungen 411 Arbeitszufriedenheit und „morale" 411 Arbeitsleistung 412 Hypothesen über die Beziehungen zwischen Führungsverhalten, Leistung und Zufriedenheit 413 Der Zusammenhang zwischen Leistung und Zufriedenheit . . . . 4 1 4 Zufriedenheit führt zu Leistung 414 Die Beziehung zwischen Zufriedenheit und Leistung hängt von dritten Faktoren ab 415 Leistung führt zu Zufriedenheit 417 Ausgewählte empirische Befunde zur Beziehung zwischen kooperativer Führung, Leistung und Zufriedenheit 420 Das Experiment von Morse/Reimer 420 Das Experiment von Coch/French 422 Die Felduntersuchungen von Kahn/Katz 424 „Morale" der Mitarbeiter 429 Autonomie der Mitarbeiter 430 Zusammenfassung der empirischen Befunde über die Beziehung zwischen kooperativer Führung, Leistung und Zufriedenheit . . . 4 3 2 Tabellarische Zusammenfassung empirischer Studien 433 Die Beziehung zwischen kooperativen Führungsformen und Arbeitszufriedenheit 434
Inhaltsverzeichnis Band II
XIX
5.1.2. Die Beziehung zwischen kooperativen Führungsformen und Arbeitsleistung (Produktivität) 435 5.1.3. Die Beziehung zwischen kooperativen Führungsformen und Gruppenkohäsion 435 6. Schlußbetrachtung - Methodische Grundprobleme 436 Ausgewählte Literatur 439
Kapitel O Strategien zur Förderang kooperativer Führung (Organisationsentwicklung) 0. 1. 1.1. 1.2. 1.3. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 4. 4.1. 4.2. 4.2.1. 4.2.2. 4.2.3. 4.2.4. 4.2.5. 4.2.6. 4.2.7. 4.2.8. 4.2.9. 4.3. 5. 5.1.
Zusammenfassung 440 Aufgaben und Zielsysteme von Förderungsprogrammen 441 Zur Problemstellung 441 Zielsysteme von Förderungsmaßnahmen 443 Anforderungen an Förderungsprogramme 446 Organisationsentwicklung - Ein Spezialgebiet der Sozialwissenschaften 447 Zum Begriff und zur Abgrenzung von „Organisationsentwicklung" 447 Zur Entwicklungsgeschichte 449 Wertgrundlagen einiger Organisationsentwicklungsprogramme . 455 Einige strategische Probleme der Organisationsentwicklung . . . 4 5 7 Alternativen bei der Einführung von Förderungsprogrammen . . 458 Initiatoren, Klienten, Adressaten und Berater 460 Intensitätsgrad von Förderungsprogrammen 464 Prozeßberatung 465 Ein empirisch-objektivierender Vergleich von neun Förderungsstrategien 468 Empirische Untersuchung von Förderungsstrategien 468 Bewertung von neun Strategien zur Förderung kooperativer Führung 471 Standardisierungsstrategie 472 Als-ob-Strategie 473 Struktur-Strategie 473 Utopie-Strategie 474 Innovations-Abwehr-Strategie 475 Antibürokratische Strategie 476 Indoktrinationsstrategie (Normenpräzisierung) 476 „Psychologisieren" 478 Gruppendynamische Strategien 478 Zur praktischen Umsetzung der Ergebnisse 479 Einzelne Interventionen zur Förderung kooperativer Führung . . 480 Zum Begriff der Intervention 480
XX
Inhaltsverzeichnis Band II
481 5.2. Zielkonflikte bei der Auswahl einzelner Interventionen 5.3. Zwölf Interventions-Aktivitäten - Ein Überblick 483 5.4. Interventionen, Zielgruppen und beeinflußte Prozesse 485 5.5. Organisationsdiagnose 488 5.5.1. Die Diagnose als Grundlage der Förderungsprogramme 488 5.5.2. Inhalte, Methoden und Zielsysteme der Diagnose 489 5.5.3. Einzelne diagnostische Techniken 496 5.6. Förderungsinterventionen auf individueller Ebene 497 5.6.1. Förderung kooperativer Führung durch „Informelles Lernen" . . 4 9 8 5.6.2. Supervision 499 5.6.3. Lerninhalte und Gruppenarbeit 500 5.7. Förderungsinterventionen auf der Gruppenebene 501 5.7.1. Teamentwicklung 501 5.7.2. Problemlösungsgruppen 504 5.8. Förderungsinterventionen auf der Organisationsebene 505 5.8.1. Intergruppen-Interventionen 505 5.8.2. Survey-Feedback 506 5.8.3. Die Konfrontationssitzung 507 5.8.4. Konflikt-Management 508 Ausgewählte Literatur 513 Literaturverzeichnis
514
Namenregister
564
Sachregister
578
Inhaltsverzeichnis Band I
Kapitel A Einführung 1. Sozio-kulturelle Determinanten des Führungswandels 2. Kooperative Führung als Teilaspekt der Humanisierung des Arbeitslebens 3. Führung als interdisziplinäres Konzept 4. Zum Problemkomplex „Kooperative Führung" 5. Ein integratives Bezugssystem zur Analyse von Führung in Organisationen Ausgewählte Literatur
1 3 5 8 11 12
Kapitel B Wissenschaftstheoretische und methodologische Grundlagen der Führungsforschung 0. Zusammenfassung 1. Wissenschaftstheoretische Aspekte der Führungsforschung . . . . 1.1. Führung als unabhängige, intervenierende und abhängige Variable 1.2. Analyseebenen 1.2.1. Beschreibende Ebene 1.2.2. Erklärende Ebene 1.2.3. Spekulative Ebene 1.2.4. Wertende Ebene 1.2.5. Pragmatische Ebene 1.3. Ein metatheoretisches Analysemodell der Führung 1.4. Atomistische vs. holistische Ansätze — zwei komplementäre Sichtweisen in der Führungsforschung 1.5. Definitionsarten sozialwissenschaftlicher Begriffe 1.6. Struktur und Funktion sozialwissenschaftlicher Theorien 1.7. Kriterienkatalog für die Beurteilung von Theorien in der Führungsforschung 2. Methodische Aspekte der Führungsforschung 2.1. Das Experiment 2.2. Meßmethodische Gütekriterien 2.2.1. Objektivität 2.2.2. Réhabilitât (Verläßlichkeit) 2.2.3. Validität (Gültigkeit)
14 15 15 19 19 19 22 22 26 26 27 29 32 34 37 37 39 39 39 39
XXII
Inhaltsverzeichnis Band I
2.3. Grundzüge der Korrelationsstatistik 2.4. Grundzüge der Faktorenanalyse Ausgewählte Literatur
41 46 51
Kapitel C Begriffe über Führung 0. Zusammenfassung 1. Probleme der Begriffsbestimmung von „Führung" und „Führer" 1.1. Begriffsexplikation von „Führung" 1.2. Unterscheidung zwischen „Führung" und „Führer" 2. Grundlegende Charakterisierung von Führungsprozessen 2.1. Merkmale der Führung 2.2. Führungsdefinitionen 3. Abgrenzung von verwandten Begriffen 3.1. Leitung 3.2. Management 3.3. Macht 3.4. Einfluß 3.5. Herrschaft 3.6. Autorität 3.7. Vergleichende Darstellung der Begriffe Ausgewählte Literatur
52 52 54 55 56 56 61 63 63 65 65 70 71 71 73 73
Kapitel D Theorien über den Menschen (Menschenbilder) 0. Zusammenfassung 1. Problemstellung und-abgrenzung 1.1. Menschenbilder als Problem der Wissenschaft und Praxis 1.2. Die Bedeutung von Menschenbildern in der Führungsbeziehung. . 1.3. Menschenbilder im Umfeld der Führungsbeziehung 1.4. Von der Suche nach dem „richtigen" Führungsstil zur Situationsorientierung 1.5. Menschenbild-Typologien 2. Implizite Persönlichkeitstheorien 3. Das Konzept des „Ökonomischen Menschen" 3.1. Sozialphilosophische Grundlagen 3.2. Das Menschenbild des Taylorismus 3.3. Erwartungen an Mitarbeiter 3.4. Erwartungen an Vorgesetzte 3.5. Die Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten . . . .
75 76 76 77 77 78 80 84 89 89 92 92 93 93
Inhaltsverzeichnis Band I
3.6. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4.
XXIII
Taylorismus und kooperative Führung Das Konzept des „Sozialen Menschen" Die Human-Relations-Bewegung Erwartungen an Mitarbeiter Erwartungen an Vorgesetzte Bedeutung des Konzepts des „Sozialen Menschen" für die kooperative Führung 4.5. Exkurs: Der „Organisationsmensch" 5. Das Konzept des nach Selbstentfaltung strebenden Menschen . . . 5.1. Die Suche nach „Human Resources" 5.2. Erwartungen an Mitarbeiter 5.3. Erwartungen an Vorgesetzte 5.4. Kooperative Führung im Modell des nach Selbstentfaltung strebenden Menschen 5.4.1. Führung oder Eigenmotivation? 5.4.2. Überschätzung interpersonaler Beziehungen 6. Das Konzept des „Komplexen Menschen" 6.1. Erwartungen an Mitarbeiter 6.2. Erwartungen an Vorgesetzte 6.3. Kooperative Führung und „Komplexer Mensch" 7. Das Menschenbild in der kooperativen Führung Ausgewählte Literatur
95 95 95 96 97 98 99 100 100 102 103 104 104 106 106 107 107 107 109 111
Kapitel £ Theorien über die Führung 0. Vorbemerkungen 112 1. Eigenschaftstheorie der Führung (Great-Man-Theorie) 113 1.1. Korrelationsstatistische empirische Befunde (1904-1947) 114 1.2. Korrelationsstatistische empirische Befunde (1948-1970) 117 1.3. Empirische Beziehungen zwischen Führungseigenschaften und Gruppenerfolg 119 1.4. Bewertung der Eigenschaftstheorie der Führung 122 1.4.1. Zur Problematik des Eigenschafts-Konzeptes 123 1.4.2. Konsistenz 125 1.4.3. Generalität-Spezifität (Intraindividuelle Dimension) 125 1.4.4. Universalität-Singularität (Interindividuelle Dimension) 125 1.4.5. Zusammenfassende Bewertung der Eigenschafts-Theorie der Führung 127 2. Rollentheorie der Führung 129 2.1. Dimensionen des Rollenkonzeptes 133 2.2. Bewertung 133 3. Situationstheorie der Führung 134
XXIV
Inhaltsverzeichnis Band I
3.1. 3.2. 4.
Grundlagen Bewertung Eine neuere Motivationstheorie der Führung: Die Weg-ZielTheorie 4.1. Grundlagen 4.2. Bewertung 5. Verhaltenstheorie der Führung 5.1. Führungsfunktionen 5.2. Bewertung des Konzepts der Führungsfunktionen 5.3. Die Verhaltenstheorie der Führung von Yukl 5.3.1. Das Diskrepanz-Modell 5.3.2. Das Multiple-Verbindungs-Modell 5.4. Bewertung der Verhaltenstheorie der Führung von Yukl 6. Interaktionstheorie der Führung 6.1. Grundbegriffe der Austauschtheorie 6.2. Grundbegriffe der Gleichheits-Theorie (Equity-Theorie) 6.3. Bedingungen sozialer Interaktion 6.4. Formen sozialer Interaktion 6.5. Bewertung 7. Psychoanalytische Beiträge zur Führung 7.1. Die psychoanalytische Sichtweise 7.2. Die psychoanalytische ,,Führungstheorie" 7.2.1. Der Begriff „Identifizierung" 7.2.2. Identifizierung in der Führungsbeziehung 7.2.3. Übertragung 7.2.4. Identifikation mit dem „Aggressor" 7.2.5. Die Gruppenbildung um eine zentrale Person 7.2.6. Das Konzept der Gesamtgruppe 7.3. Bewertung 8. Wissenschaftstheoretische Bewertung der Führungstheorien. . . . Ausgewählte Literatur
134 135 136 136 140 141 141 142 143 143 144 145 145 146 148 151 155 160 160 161 161 162 162 162 163 163 164 164 164 166
Kapitel F Theorien über das Mitarbeiterverhalten (Motivationstheorien) 0. Zusammenfassung 1. Zur Arbeitsmotivation in der Managementlehre 1.1. Zum Motivationsbegriff 1.2. Arbeitsmotivation 1.3. Das Motivationskonzept der „Wissenschaftlichen Betriebsführung" 1.4. Das Motivationskonzept des Human-Relations-Ansatzes 2. Motivationskonzepte des Human-Resources-Modells
168 168 169 171 172 173 174
Inhaltsverzeichnis Band I
XXV
2.1. 2.1.1. 2.1.2. 2.1.3. 2.2.
Die Motivationstheorie Maslows 176 Bewertung der Bedürfnishierarchie 178 Empirische Überprüfungsversuche der Bedürfnishierarchie . . . . 180 Folgerungen aus der Bedürfnishierarchie für die Führung 185 Die E.R.G.-Theorie von Alderfer — Eine modifizierte Version der Maslowschen Bedürfnishierarchie 186 2.3. Die Zwei-Faktoren-Theorie der Arbeitsmotivation von Herzberg 188 2.3.1. Präzisierungs-Versuche der Zwei-Faktoren-Theorie 191 2.3.2. Folgerungen aus der Zwei-Faktoren-Theorie für die Führung . . . 191 2.3.3. Neuere Entwicklungstendenzen der Zwei-Faktoren-Theorie und ihre Bedeutung für die Führungspraxis 192 2.3.4. Bewertung der Zwei-Faktoren-Theorie 194 3. Neuere kognitive Motivationstheorien in der Managementlehre und Organisationspsychologie — Theorien der Leistungsmotivation 195 3.1. Das kognitive Erwartungs-Wert-Modell von Vroom 196 3.2. Das kognitive Erwartungs-Wert-Modell von Lawler 199 3.3. Das integrierte Erwartungs-Wert-Modell von Porter/Lawler. . . . 201 3.4. Bewertung der Erwartungs-Wert-Theorien 204 3.5. Die Theorie der Leistungsmotivation von Atkinson 206 3.5.1. Begriffsklärung 206 3.5.2. Die theoretische Aussage 206 3.6. Das erweiterte Modell der Leistungsmotivation von Heckhausen 210 3.7. Leistungsmotivation und Attribuierungstheorie 212 3.7.1. Formen der Ursachenzuschreibung 212 3.7.2. Bedingungen der Ursachenzuschrfeibung 213 3.8. Attribuierung, Vertrauen und Führung 216 Ausgewählte Literatur 217
Kapitel G Verhaltensmuster der Führung (Führungsstile) 0. Zusammenfassung 1. Begriffsbestimmung von „Führungsstil" 2. Die klassische Führungsstiltypologie von Lewin: autokratisch, demokratisch, laissez-faire 2.1. Darstellung der Führungsstiltypologie 2.2. Diskussion 3. Idealtypische Konzepte des Führungsverhaltens 3.1. Eindimensionale Ansätze 3.1.1. Der entscheidungsorientierte Ansatz von Tannenbaum/Schmidt. . 3.1.2. Diskussion
218 220 222 222 223 225 225 225 225
XXVI
Inhaltsverzeichnis Band I
3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.4. 3.5. 3.5.1. 3.5.2.
Zweidimensionale Ansätze Das Verhaltensgitter (Managerial Grid) von Blake/Mouton . . . . Diskussion Dreidimensionale Ansätze Die 3-D-Theorie der Führung von Reddin Diskussion Die situative „Reifegrad"-Theorie von Hersey und Blanchard. . . Diskussion Der vierdimensionale Ansatz von Farris Vieldimensionale Ansätze Das System organisatorischer Führungselemente von Bleicher. . . Das System organisatorischer und personaler Führungselemente von Lattmann 3.5.3. Diskussion 4. Empirisch ermittelte Konzepte des Führungsverhaltens 4.1. Die Ohio-Studien zum Führungsverhalten 4.1.1. Considération (C) und Initiating Structure (I) 4.1.2. Diskussion 4.1.3. Psychometrische Beurteilung der ,,Ohio State Leadership Scales" 4.1.4. Zum gegenwärtigen Stand der C- und I-Forschung 4.2. Die Michigan-Studien zum Führungsverhalten 4.2.1. Die Führungssysteme von Likert 4.2.2. Diskussion 4.3. Das Typenkonzept von Tausch 4.4. Das Kontingenzmodell der effektiven Führung von Fiedler . . . . 4.4.1. Die drei Situationsvariablen 4.4.2. „Günstigkeit" der Situation 4.4.3. Diskussion 4.4.4. Folgerungen für die Praxis 4.5. Ein neuer dimensionaler Ansatz in der Führungsstilforschung . . 5. Allgemeine Bewertung der Führungsstiltypologien 5.1. Ziele und Bedingungen von Führungsstilklassifikationen 5.2. Folgerungen für die Praxis Ausgewählte Literatur
225 225 227 231 231 232 232 233 234 235 235 237 238 238 239 242 247 248 249 256 256 260 260 261 262 265 266 270 270 272 272 274 274
Kapitel H Gestaltungsmuster der Führung (Managementkonzeptionen) 0. 1. 2. 2.1. 2.2.
Zusammenfassung Managementtheorien Historische Entwicklung der Managementlehre Periode I — Vorwissenschaftliches Management Periode II — „Wissenschaftliche Betriebsführung", bürokratisches Modell und Theorie des administrativen Managements . . .
275 276 277 278 278
Inhaltsverzeichnis Band I
XXVII
2.3. 2.4.
Periode III - „Human-Relations-Modell" 282 Periode IV — Differenzierung und Weiterentwicklung der Managementlehre 283 3. Führungsmodelle für Gesamtsysteme — ,,Management-by-Ansätze" 285 3.1. Management by Ideas 287 3.1.1. Darstellung 287 3.1.2. Bedeutung für die Führung 287 3.2. Management by Break Through 287 3.2.1. Darstellung 287 3.2.2. Bedeutung für die Führung 288 3.3. Management by Delegation 288 3.3.1. Das Harzburger Modell (HM) 288 3.3.2. Beurteilung des HM 290 3.3.3. Bedeutung für die Führung 292 3.4. Management by Objectives (MBO) 305 3.4.1. Darstellung 306 3.4.2. Bedeutung für die Führung 309 3.5. Kritische Beurteilung von Managementprinzipien 310 Ausgewählte Literatur 311
Kapitel I Gestaltungsmuster sozio-technischer Systeme (Organisationsstrukturen) 0. Zusammenfassung 1. Problemstellung und Begriffsklärung 1.1. Die bürokratische Organisation als Umfeld der Führung 1.2. Bürokratie und demokratische Gesellschaft 1.3. Zum Begriff der Organisation und der Bürokratie 2. Klassische Bürokratiemodelle 2.1. Die Entstehung bürokratischer Verwaltungsformen 2.2. Das Bürokratiemodell Max Webers 2.2.1. Merkmale der Bürokratie 2.2.2. Drei Typen der Herrschaft 2.2.3. Das idealtypische Mitglied von Bürokratien („Beamter") 2.3. Bürokratietypen 2.3.1. Die Strukturalisten 2.3.2. Drei Modelle der Bürokratie 2.4. Hierarchische Strukturformen der Organisationstheorie 2.4.1. Strukturmerkmale 2.4.2. Organisatorische Strukturtypen 2.5. Zur Kritik bürokratischer Modelle 2.5.1. Vom Bürokratie-zum „Mülleimer"-Modell
312 312 312 313 315 316 316 318 318 320 320 322 322 323 327 327 329 334 334
XXVIII 2.5.2. 2.5.3. 3. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.3. 3.4. 3.4.1. 3.4.2. 3.5. 3.6. 3.7. 3.7.1. 3.7.2. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.3.1. 4.3.2. 4.3.3. 4.4. 4.5. 4.6. 4.7. 4.8. 5. 5.1. 5.2. 5.3. 5.4. 6. 6.1. 6.1.1.
Inhaltsverzeichnis Band I
Gründe für die Institutionalisierung bürokratischer Strukturen . . Zur Kritik bürokratischer Institutionen Das Organisationskonzept der Aston-Gruppe Grundlagen des Aston-Modells Grundannahmen Das Variablensystem Die Rollentheorie als zentrales Paradigma des Aston-Modells . . . Zur Bedeutung der Rollentheorie Anforderungen der kooperativen Führung an die Rollentheorie . . Einige Konzepte der Rollentheorie Korrelative Beziehungen zwischen Variablen soziotechnischer Systeme Der Einfluß der Organisationsstruktur auf Rollenerwartungen und Rollenhandeln Situative Gestaltung des Rollenhandelns Zur Messung von Verhaltensspielräumen Das Modell der organisatorischen Steuerung individuellen Verhaltens Ergebnisse der Aston-Studien Kritik des Aston-Ansatzes Begriffe und Grundannahmen Zum Problem der Kausalbeziehung Organisationsumgebung Der Umwelteinfluß auf einzelne Führungsbereiche Begriffe und Paradigmata der Umgebung Umfang und Gestalt der Organisationsumgebung „Umgebung" im Aston-Modell Vergleich einiger Begriffsbestimmungen von „Umgebung" . . . . Versuch einer generellen Bestimmung von „Umgebung" Problematisierung der Umgebungsgrenze Sektoren und Komponenten der Umgebung Qualitative Merkmale der Umgebung Abhängigkeiten zwischen Organisation, Umgebung und Führungsbereich Zur Organisation der Austauschbeziehungen zwischen System und Umgebung Politisch-gesellschaftliche Normen als Variable der Organisationsumgebung Rechtlich-politischer Einfluß auf die Organisationsstruktur . . . . Mitbestimmungsgesetz Betriebsverfassungsgesetz Personalvertretungsgesetze Organisationsspezifische Normen Die Bedeutung organisationsinterner Normensysteme Zusammenhänge zwischen verschiedenen N o r m e n s y s t e m e n . . . .
341 342 344 344 345 345 347 347 348 349 352 356 356 358 360 362 365 365 366 368 368 371 375 375 376 378 379 381 383 384 388 390 390 394 395 401 403 403 403
Inhaltsverzeichnis Band I
XXIX
6.1.2. Zur Unterscheidung von Organisationsgrundsätzen und Verhaltensleitsätzen 6.2. Organisationsgrundsätze - Unternehmensgrundsätze 6.2.1. Personale und soziale Aspekte 6.2.2. Darstellung von Organisationszielen 6.2.3. Organisationsgrundsätze und Humanisierung der Arbeit 6.3. Organisationsprinzipien - Ein Beispiel: Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) 6.3.1. GGO und kooperative Führung 6.3.2. Zusammenfassende Stellungnahme zur Ergänzung der GGO . . . 6.4. Verhaltensleitsätze 6.4.1. Zur Begriffsklärung 6.4.2. Funktion von Verhaltensleitsätzen 6.4.3. Inhalte von Verhaltensleitsätzen 6.4.4. Verhaltensleitsätze als Instrument rationaler Kommunikation . . . 6.5. Zur Einführung von Organisationsgrundsätzen und Verhaltensleitsätzen 6.6. Die Formalisierung organisatorischer Normen 6.7. Organisationsziele und Verhaltensleitsätze Ausgewählte Literatur
404 405 405 407 409 419 419 424 424 424 426 428 432 433 438 439 440
Anhang (I-IV)
441
Literaturverzeichnis
467
Namenregister
513
Sachregister
521
Kapitel K
Konzepte kooperativer Führung 0.
Zusammenfassung
Der Begriff kooperative Führung zählt zu den schillernden Konzepten der sozialwissenschaftlichen Literatur. Um seine grundlegenden Bestimmungsmerkmale herauszuarbeiten, wird die Bedeutung von „Kooperation" in den Einzelwissenschaften Ökonomie, Soziologie und Psychologie untersucht. Bei den meisten Autoren wird der Begriff Kooperation mindestens durch zwei Merkmale charakterisiert: a) zielorientiertes Verhalten und b) Belohnung für jeden Beteiligten. Bei näherer Analyse ergibt sich, daß „kooperative Führung" nicht als eine additive Verbindung von „Kooperation" und „Führung" interpretiert werden kann, sondern eine normativ akzentuierte Teilklasse von Führung darstellt. Die Literaturanalyse zeigt, daß die Begriffe kooperative, permissive, demokratische, nondirektive, partizipative, sozialintegrative und mitarbeiterorientierte Führung häufig bedeutungsgleich verwendet werden. Die Verfasser betrachten „kooperative Führung" als Sammelbegriff, der auch den Partizipationsaspekt der Führung beinhaltet. Das Konzept der kooperativen Führung wird einer umfassenden Bedeutungsanalyse unterzogen, die sowohl das Alltagsverständnis wie die Wissenschaftssprache umfaßt. In diesem Zusammenhang wird in einer empirischen Pilotstudie das gegenwärtige Verständnis kooperativer Führung bei Ministerialbeamten, Studenten der Betriebswirtschaftslehre und Führungskräften der Wirtschaft ermittelt und vergleichend analysiert. Anhand einer tabellarischen Übersicht repräsentativer betriebswirtschaftlicher, soziologischer, sozialpsychologischer und verwaltungswissenschaftlicher Arbeiten wird der allen Ansätzen zugrunde liegende „gemeinsame Annahmekern" zur kooperativen Führung in Form von neun Hauptmerkmalen herauskristallisiert. Die Vor- und Nachteile einer Taxonomie von Merkmalen kooperativer Führung werden diskutiert. Die Beschreibung kooperativer Führung durch unabhängige, isolierte Merkmale wird aufgegeben und durch interdependente Merkmalskonfigurationen mit spezifischer Ausprägung ersetzt. In einem Überblick über die verschiedenen Forschungsrichtungen zur kooperativen Führung wird aufgezeigt, daß sie ein weites Spektrum thematisieren, nämlich gesamtgesellschaftliche Demokratisierungsprozesse, Gruppenarbeit bis hin zu Persönlichkeitsmerkmalen von Vorgesetzten und Mitarbeitern. Der Hauptakzent der vorliegenden Literaturanalyse liegt auf den sozialpsychologi-
2
Konzepte kooperativer Führung
sehen und organisatorischen Bedingungen und Konsequenzen kooperativer Führung auf der Vorgesetzten-Mitarbeiter-Ebene. Sodann wird die unzureichende sozial-ethische Fundierung kooperativer Führungsformen in Theorie und Praxis kritisiert und die Notwendigkeit betont, Grundwerte der kooperativen Führung herauszuarbeiten. In diesem Zusammenhang diskutieren wir vor dem Hintergrund der philosophischen Wertlehren des Humanismus, des Existentialismus und des Personalismus folgende Grundwerte kooperativer Führung: (1) Arbeit und Leistung (2) Wechselseitigkeit und (3) Selbstverwirklichung Auf der Basis dieser Grundwerte wird ein neues Konzept kooperativer Führung entwickelt, das durch 9 interdependente Merkmale sowie durch eine heuristische Arbeitsdefinition kooperativer Führung gekennzeichnet ist: 9 Merkmale kooperativer Führung (1) Gemeinsame Einflußausübung (2) Funktionale Rollendifferenzierung und Sachautorität (3) Multilaterale Informations- und Kommunikationsbeziehungen (4) Konfliktregelung durch Aushandeln und Verhandeln (5) Gruppenorientierung (6) Vertrauen als Grundlage der Zusammenarbeit (7) Bedürfnisbefriedigung der Mitarbeiter und Vorgesetzten (8) Ziel- und Leistungsorientierung (9) Personal- und Organisationsentwicklung Arbeitsdefinition kooperativer Führung: Kooperative Führung wird verstanden als: (1) Zielorientierte soziale ZielEinflußnahme zur Erfüllung LeistungsAspekt gemeinsamer Aufgaben (2) in/mit einer strukturierten Arbeitssituation
OrganisationsAspekt
(3) unter wechselseitiger, tendenziell symmetrischer Einflußausübung
partizipativer Aspekt
(4) und konsensfähiger Gestaltung der Arbeitsund Sozialbeziehungen
prosozialer Aspekt
Führung in Organisationen
Qualität kooperativer Führung
1. Methodische und inhaltliche Probleme
3
Schließlich werden die wechselseitigen Beziehungen zwischen struktureller und interaktionaler Führung diskutiert, und es wird untersucht, ob und in welchem Ausmaß sie den prosozialen und partizipativen Aspekt kooperativer Führung bestimmen.
1.
Methodische und inhaltliche Probleme der Analyse des Konzeptes „Kooperative Führung4'
1.1.
Vorbemerkungen
Weder in der angelsächsischen noch in der deutschen Führungsliteratur wurde bisher eine befriedigende theoretische Grundlegung der kooperativen Führung vorgelegt. Fast alle Ansätze gehen nicht etwa von einem expliziten konzeptionellen Bezugsrahmen aus, sondern von impliziten Vorannahmen, die der Spekulation weiten Raum lassen. In willkürlicher Weise wird kooperative Führung mit sozial erwünschten Attributen versehen. Nicht selten bleibt es dem Leser überlassen, abstrakte Merkmale, wie z. B. „Entscheidungsbeteiligung", „größere Bedürfnisbefriedigung", „vertrauensvolle Zusammenarbeit" usw. inhaltlich zu füllen.
Fehlen einer integrativen Theorie kooperativer Führung
Über die Charakteristika kooperativer Führung gibt es fast so viele Auffassungen wie Autoren. Hinzu kommt, daß dabei verschiedene theoretische Konzeptionen in bezug auf Ziele, Mittel und Inhalte der kooperativen Führung vertreten werden, was eine vergleichende Analyse unter einem integrativen Gesichtspunkt sehr erschwert. Dieser auch für die Praxis unbefriedigende Zustand der gegenwärtigen Führungs-Forschung zeigt sich deutlich bei einem Vergleich verschiedener Konzeptionen zur kooperativen Führung (vgl. Abschnitt 4). Zahlreiche Einzel-Variablen werden beschrieben und untersucht. Versuche einer vergleichenden Zusammenfassung sind selten und bleiben mitunter in zusammenhangloser Aufzählung stecken (z. B. Stogdill, 1974). In der Literatur finden sich häufig zwei unterschiedliche Sichtweisen, dieses Problem zu lösen: — Der strikt positivistisch-empirische Ansatz versucht, Wertungen auszugrenzen — und muß deshalb bei einem wertfundierten Konzept wie kooperativer Führung scheitern. — Auf der anderen Seite sammeln normativ orientierte Autoren wünschenswerte Merkmale, ohne zu berücksichtigen, was aufgrund der empirischen Forschungsergebnisse sowie der gesellschaftlichen, psychologischen und organisatorischen Bedingungen heute als umsetzbar angesehen werden kann. Kooperative Führung ist durch eine bestimmte Menge als wichtig erachteter Variablen in einer bestimmten Konfiguration beschreibbar. Sie hängen maßgeblich von den sozialethischen und gesellschaftspolitischen Auffassungen einflußreicher Wissenschaftler und Praktiker ab (opinion-leaders). Darüber hin-
Wertneutrale vs. wertorientierte Sichtweisen kooperativer Führung
4
Konzepte kooperativer Führung
aus ist zu beachten, daß die Variablen kooperativer Führung und ihre Ausprägungen aufgrund des gesellschaftlichen Wandels — wenn auch innerhalb gewisser Grenzen — einer ständigen Veränderung unterliegen. Ungeachtet dieser Einschränkungen sind wir der Auffassung, daß die verschiedenen Auffassungen über kooperative Führungsformen relativ invariante Kernannahmen (Herrmann, 1976) aufweisen. Kooperative Führung als Mittel
Die besondere Qualität kooperativer Führung kann nicht angemessen erfaßt werden, ohne sie in den Zusammenhang mit den Forderungen nach Demokratisierung der Wirtschaft und Gesellschaft zu stellen, d. h. nach aktiver Beteiligung möglichst vieler Individuen am betrieblichen und gesellschaftlichen Geschehen (für viele Vilmar, 1973, 1977; Fricke/Geißler, 1973). Ein in diesem Zusammenhang immer wieder diskutiertes Thema der letzten Jahre in Wirtschaft, Politik und Verwaltung sind die Möglichkeiten und Grenzen humanistisch orientierter Führungskonzepte. Dabei wird kooperative Führung weniger als Ziel denn als Mittel zur Demokratisierung des Arbeitslebens, zur Selbstverwirklichung des Individuums, zur Effizienzsteigerung u. a. m. gesehen.
Kooperative Führung
In der vorliegenden Arbeit betrachten wir kooperative Führung hauptsächlich als Ziel im Rahmen von Forderungen nach Verbesserung der Bedingungen der „Arbeitsqualität" in Organisationen, insbesondere der bedürfnis- und zielgerechten Gestaltung der dabei mitangesprochenen „Führungsqualität in Organisationen". Auch wenn in Öffentlichkeit, Wirtschaft und Verwaltung immer häufiger von kooperativer Führung die Rede ist, sollte dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Möglichkeiten und Grenzen dieser Führungsform nur unzulänglich erforscht sind. Beim gegenwärtigen Stand des Wissens ist kooperative Führung noch nicht als Instrument i. S. einer technologischen Transformation von Gesetzeswissen (wenn Ziel X, dann Mittel Y) verwendbar, um vorgegebene oder zu definierende Ziele optimal zu realisieren. Wäre man aufgefordert, kooperative Führung durch zwei ihrer wichtigsten Kriterien zu beschreiben, so wären dies wohl a) Entscheidungspartizipation der Mitarbeiter und b) Gruppenarbeit (Zepf, 1972; Seidel, 1978; Neuberger, 1972). Beide Kriterien sind als globale Sammelbegriffe i. S. von Orientierungsgrößen zu verstehen, hinter denen sich ein Großteil der Führungsproblematik verbirgt (vgl. Kap. L, M).
als Z i e l
1.2. Kooperative Führung als weiter Sammelbegriff
Das untersuchte Begriffsfeld
Eine systematische Analyse und Kritik der in der Literatur diskutierten Ansätze zur kooperativen Führung ist schwierig, weil die unterschiedlichsten Sachverhalte mit gleichen Begriffen benannt und gleiche Sachverhalte häufig durch verschiedene Begriffe repräsentiert werden, und dies auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen erfolgt. Das Spektrum reicht z. B. von demokratischer Haltung des Vorgesetzten, Abbau autoritären Führungsverhaltens und von Fremdkontrolle, vertrauensvoller Zusammenarbeit, Gruppenarbeit und
1. Methodische und inhaltliche Probleme
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-entscheidungen bis hin zur Selbstverwirklichung und Selbstkontrolle der Mitarbeiter (Seidel, 1978; Macharzina, 1977, 10). Wir versuchen, das breite Spektrum dadurch zu berücksichtigen, indem kooperative Führung zunächst als Sammelbegriff für heterogene Sachverhalte aufgefaßt wird. Dabei subsumieren wir die Begriffe demokratische Führung, partizipative Führung bzw. Partizipation, konsultativ-kooperativer Führungsstil (-formen, -systeme), gruppenbezogener, mitarbeiterorientierter Führungsstil, non-direktive Führung, sozialintegrative Führung etc. unter den Begriff der kooperativen Führung.
Kooperative Führung und verwandte Begriffe
Auf die sog. „laissez-faire"-Führung wird nicht näher eingegangen, da sie für wirtschaftliche und bürokratische Organisationen kaum von generellem Interesse sein dürfte (Zepf, 1972, 25). Überdies wird der Begriff „demokratische Führung" nicht verwendet, da er zu sehr mit der politischen Dimension der repräsentativen Demokratie assoziiert wird. „Demokratische Führung" legt zudem von der Wortbedeutung nahe, daß der Vorgesetzte von der Gruppe gewählt wird. Da dies innerhalb der Wirtschaftsunternehmen und Behörden nicht oder nur selten der Fall ist, hat sich der Terminus partizipative bzw. kooperative Führung eingebürgert.
„Laissez-faire"-Führung
Im angelsächsischen Bereich werden die Begriffe Kooperation und Partizipation häufig gleichgesetzt. Gleichwohl existieren zwischen ihnen Bedeutungsunterschiede: während das lateinische Wort „Kooperation" soviel wie Zusammenarbeit bzw. Mitwirkung bedeutet, handelt es sich bei dem ebenfalls lateinischen Wort „Partizipation" um Teilnahme bzw. Teilhabe. „Partizipation" ist demnach nicht identisch mit „Kooperation"! Möglicherweise hat dieses Vorverständnis auch die Vorstellung der angloamerikanischen Autoren beeinflußt, die bei der Beschreibung vorhandener und der Weiterentwicklung neuer (kooperativer) Führungsformen fast ausschließlich den Begriff Partizipation verwenden. Wie Mulder (1971) bemerkt, ist Partizipation ein extrem vager Begriff, der ebenso zur Bezeichnung unverbindlicher Meinungsäußerungen der Mitarbeiter wie für echte Gruppenentscheidungen verwandt wird. Aus diesem Grund empfehlen Nagels/Sorge (1977, 66f.), Partizipation nach folgenden Dimensionen zu unterscheiden:
Kooperative Führung vs. Partizipation
(a) Form — gesetzlich (Mitbest. G), vertraglich, faktisch (b) Ebene — Arbeitsplatz, Arbeitsgruppe, Abteilung, Betrieb, Unternehmung, Gesamtwirtschaft (c) Bereich — Entlohnung, Sicherheit, Ausbildung, Arbeitsorganisation, personelle Maßnahmen (d) Grad — Einflußnahme, faktische Machtausübung
4 Dimensionen der Partizipation
Paul (1977, 194f.) unterscheidet vier Verwendungsweisen des Partizipationsbegriffs:
4 Interpretationsformen der Partizipation
(1) Partizipation als Führungsphilosophie, als Grundeinstellung bzw. Denkhaltung
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Konzepte kooperativer Führung
(2) Partizipation als Strategie von Individuen, um ihre Bedürfnisse und Interessen zu realisieren (3) Partizipation als Sozialtechnologie (4) Partizipation als analytische Variable, deren Beziehungen zu anderen Variablen, wie Macht, Autorität, Zufriedenheit, Produktivität etc. untersucht werden. Eine häufig zitierte Definition von Partizipation stammt von Lammers (1967, 205): Definition von „Partizipation"
„Participation in decision making may be defined as the totality of such forms of upward exertion of power by subordinates in Organization as are perceived to be legitimate by themselves and their superiors."
Im Gegensatz zu Lammers u. a. definiert Paul (1977, 195 f.) Partizipation als „tatsächliche, legitimierte Beteiligung an Entscheidungen" und vermeidet somit die implizite oder explizite Festlegung auf hierarchische Organisationsstrukturen, um auch die horizontale (laterale) Entscheidungsbeteiligung einbeziehen zu können. Mitbestimmung wird vom Autor als spezifische Form der Partizipation gesehen, wie sie durch die Mitbestimmungsgesetze legitimiert ist (Paul, 1977, 217; Muszynski, 1975; vgl. Kap. 15. und vor allem K 2.4.2.). Die im folgenden dargestellte Auffassung über wesentliche Merkmale kooperativer Führung sowie der Versuch einer Arbeitsdefinition ist als „gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit" (Berger/Luckmann, 1970) zu verstehen, die den gemeinsamen Annahmekern unterschiedlicher Auffassungen über kooperative Führung berücksichtigt und darüber hinaus das Konzept der kooperativen Führung weiterzuentwickeln trachtet.
1.3.
Kritik dichotomer Führungskonzepte
Es ist stets zu beachten, daß Konzepte wie autoritäre oder kooperative Führung normative Interpretationsschemata darstellen, die an beobachtbare oder zu schaffende Führungsphänomene herangetragen werden (Bühl, 1976, 15). Danach ist eine Unterscheidung zwischen autoritärer und kooperativer Führung künstlich, d. h. man kann — abgesehen von extremen Situationen — ein und demselben Führungsverhalten das Attribut autoritär oder kooperativ zusprechen, je nachdem, aus welchem Blickwinkel und mit welchem Wertsystem geurteilt wird. Deshalb ist auch die Vorstellung irrig, wonach kooperative Führung stets etwas „ganz anderes" sein müsse als etwa der Gegenbegriff autoritäre Führung. „Paarbegriffe kreisen alle um dasselbe Problem: nämlich begrifflich den institutionellen Wandel zu konstruieren, der durch die Erweiterung der Subsysteme zweckrationalen Handelns erzwungen wird". Beispiele dafür sind „ . . . Gemeinschaft und Gesellschaft, mechanische und organische Solidarität, informale und formelle Gruppen, . . . traditionelle und bürokratische Herrschaft, . . . so viele Paarbegriffe und ebenso viele Versuche, den strukturellen Wandel des institutionellen Rahmens einer traditionellen Gesellschaft im Übergang zu einer modernen zu treffen" (Habermas, 1968, 60f.).
1. Methodische und inhaltliche Probleme
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In ähnlicher Weise argumentiert auch Bühl (1976, 2): „Die einfachste Form der Begriffsbildung ist immer die Bildung von Gegensatzbegriffen: „A" und „nicht-A": Was nicht „A" ist, ist „nicht-A". Damit läßt sich die ganze Welt einteilen, und damit läßt sich eine allererste Differenzierung erreichen. Dieses Verfahren ist durchaus legitim. Mythologisch beginnt es jedoch dort zu werden, wo wir diese Begriff sbildung reifizieren, wo wir zu Manichäern werden und die Welt unterteilen in „Hell" und „Dunkel" bzw. in „Konsens" und „Konflikt"."
Probleme der Unterscheidung zwischen kooperativer vs. autoritärer Führung
Die traditionelle Dichotomisierung zwischen autoritärer versus kooperativer Führung kommt im wesentlichen dann zustande, wenn von vornherein eine ethisch-moralische Überlegenheit der kooperativen Führung unterstellt wird. Demgegenüber können verschiedene Führungsphänomene von ihren Einzelmerkmalen her quantitativ identisch sein, sich aber qualitativ erheblich unterscheiden (andere Konfiguration und Ausprägung).
1.4.
Begriffsanalyse der Beziehung zwischen „Führung" und „kooperative Führung"
Begriffe haben einen Inhalt und einen Umfang. Der Begriffsumfang (Bezeichnung) widerspiegelt die Gesamtheit der Gegenstände, die unter einem Begriff zusammengefaßt werden. Der Begriffsinhalt (Bedeutung) besteht aus der Gesamtheit der Merkmale, durch die er bestimmt wird, d. h. der Inhalt eines Begriffs ist das, was er zu verstehen gibt. Mit dem Begriffsinhalt ist immer auch der Begriffsumfang gegeben, aber nicht umgekehrt. Beispiel: Die verschiedenen Führungsformen, wie z. B. kooperative, autoritäre, permissive Führung, stellen den Begriffsumfang von Führung dar; indessen haben diese Bezeichnungen ganz verschiedene Bedeutungen. „Schimmel" und „weißes Pferd" haben z. B. den gleichen Begriffsumfang und -inhalt. Beim Begriff Führung sind jedoch Inhalt und Umfang umgekehrt proportional: Je größer der Umfang, desto geringer sein Inhalt, und umgekehrt. Diese Beziehung sei an einem Beispiel erläutert: Der Begriff Führung umfaßt vielfältige Prozesse zielorientierter interpersoneller Verhaltenssteuerung. Wird der Begriffsinhalt von Führung durch Hinzufügen des Merkmals „kooperativ" vergrößert (kooperative Führung), dann ist der Anwendungs- und Geltungsbereich dieses Begriffs kleiner als der des Begriffs Führung. Die Probleme der Wissenschaftler und Praktiker bestehen nun darin, den Inhalt des Begriffs „kooperative Führung" präzise zu bestimmen, um feststellen zu können, welche Sachverhalte unter diesen Begriff fallen und welche nicht. Kurz: Kooperative Führung ist eine Teilmenge von Führung und schließt begrifflich mehr Sachverhalte aus als Führung (Brezinka, 1975, 25f.; Seiffert, 1971, 41f.; Bochenski, 1965, 58; Essler, 1970).
Begriffsinhalt und -umfang von „Führung"
Beziehung zwischen „Führung" und „kooperative Führung"
Aus Abbildung K-l-1 resultiert die Regel: Wer über kooperative Führung spricht, muß auch über Führung reden, aber nicht umgekehrt! Wie bereits mehrfach betont, handelt es sich bei dem Konzept der kooperativen Führung um einen normativen Begriff. Normen drücken Sollensforderungen aus. Diese können jedoch nicht wahr oder falsch sein, sondern „logisch
Kooperative Führung als normatives Konzept
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Konzepte kooperativer Führung
Abbildung K-l-1: Die Beziehung zwischen Führung und kooperativer Führung
richtig oder unrichtig im Hinblick auf die Ableitung aus anderen höheren Normen (Prämissen), gültig oder ungültig in bezug auf die Begründung, die für die Forderung, sie anzuerkennen, gegeben wird" (Brezinka, 1975, 138). Besonders über diese Fragen entstehen Kontroversen, vor allem dann, wenn begründet werden soll, was kooperative Führung von anderen Führungsformen unterscheidet.
Charakteristika kooperativer Führung
Der normative Aspekt sowie der Erkenntnisfortschritt der Sozialwissenschaft bewirken eine Veränderung des Begriffsinhalts und -umfangs von kooperativer Führung und ihrer Problemsicht. Bleicher/Meyer (1976) ist zuzustimmen, daß bei der Verwendung der Begriffe kooperative oder autoritäre Führung begriffliche Konfusionen entstehen können, weil jede arbeitsteilige multipersonale Aufgabenerfüllung durch Kooperation erfolgt. Als Unterscheidungskriterium für die Identifikation einer autoritären Form der Kooperation erwähnen die Autoren die strikte personale Trennung zwischen Willensbildung, Willensdurchsetzung und Willenssicherung sowie Ausführung. Demgegenüber sei kooperative Führung durch das Ausmaß der Beteiligung der Mitglieder an der Willensbildung bzw. an der Gesamtheit der Führungsaufgaben charakterisiert. Bleicher/Meyer (1976, 154) berufen sich hierbei auf Bürgin (1972, 20), der kooperative Führung nach drei Intensitätsgraden der Mitarbeit der Unterstellten an den Führungsaufgaben des Vorgesetzten (Planen, Entscheiden, Anordnen, Kontrollieren) gliedert: Mitberatung, Mitsprache und Mitbestimmung (vgl. auch Fischer, 1957, 177f.). „Diese weite Interpretation des Begriffs Kooperation ist unseres Erachtens deshalb zweckmäßig, weil die organisatorische Gestaltung der Realisationsphase das Kooperationsverhältnis und damit die Führungsform entscheidend mitbestimmt" (Bleicher/ Meyer, 1976, 154).
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Demgegenüber sind wir der Auffassung, daß die Beteiligung der Mitarbeiter an den sog. Führungsaufgaben der Vorgesetzten nur eine von mehreren notwendigen Bedingungen kooperativer Führung darstellt. Darüber hinaus wird kooperative Führung von weiteren, z. T. noch unerforschten Bedingungen bestimmt, die durch bestimmte Merkmalsausprägungen und -konfigurationen beschreibbar sind (vgl. Abschnitt 7).
1.5.
„Kooperation" unter einzelwissenschaftlichem Aspekt
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß „kooperative Führung" ein vager und vieldeutiger Begriff ist. Ein Grund dürfte darin liegen, daß kooperative Führung ihr Erscheinungsbild ändert, je nachdem, von wem, wo, wann, wie und warum sie praktiziert wird. Wir hoffen, mit der folgenden Begriffsanalyse und -bestimmung die grundlegenden Bestimmungsmerkmale von „Kooperation", insbesondere von „kooperativer Führung", herausarbeiten zu können, so daß der Leser in die Lage versetzt wird, sich ein kritisches Urteil über den Stand der Führungsforschung und -praxis zu bilden. „Kooperation" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Zusammenarbeit oder Mitwirkung. Unter Kooperation im weitesten Sinn versteht man heute die allgemeine gesellschaftliche Form menschlicher Tätigkeit. Der Begriff Kooperation wird interdisziplinär in vieldeutiger Weise verwandt. Im folgenden wird deshalb sein Bedeutungsgehalt aus der Sicht einiger Disziplinen aufgezeigt (vgl. Kolb/Gould, 1964, 139f.; Fuchs et al., 1973; Eichhorn et al., 1971).
1.5.1. „Kooperation" in der Ökonomie Im Gegensatz zu Konkurrenz, Konflikt oder Opposition bezeichnet Kooperation jede Form menschlicher Zusammenarbeit. Die adjektivische Begriffsverwendung bezieht sich zumeist auf soziale und ökonomische Organisationen, in denen harmonische Zusammenarbeit gefordert ist. In der mehr organisatorisch akzentuierten Verwendung bezieht sich Kooperation auf die Ziele und Aktivitäten (a) der Hersteller, (b) der Konsumenten und (c) der landwirtschaftlichen Kooperative. Zu (a) Eine kooperative Gesellschaft der Produzenten stellt eine ökonomische Organisation dar, in der sich Unternehmer zum Zwecke gemeinsamer Produktion, Distribution etc. zusammenschließen. Zu (b) Eine kooperative Gesellschaft der Konsumenten ist eine ökonomische Organisation, in der sie sich zum Zwecke 1) des Warenkaufs als kollektives Eigentum der Mitglieder und/oder 2) des Großhandels und der Produktion (Genossenschaften) zusammenschließen. Zu (c) Eine landwirtschaftliche kooperative Gesellschaft ist eine ökonomische Organisation zwischen Gruppen von Landwirten zum Zweck des Kaufs oder kollektiven Verkaufs von landwirtschaftlichen Produkten oder
Kooperation aus ökonomischer Sicht
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Konzepte kooperativer Führung
zum Zweck des Erwerbs von Kapital oder Kredit für ihre Mitglieder. Dabei beruhen alle Aktivitäten auf dem Prinzip der Solidarität und sind nicht auf Gewinnerhöhung ausgerichtet. Kooperation aus betriebswirtschaftlicher
In der Betriebswirtschaftslehre versteht man unter Kooperation im institutionellen Sinne „eine Zusammenarbeit wirtschaftlich selbständiger Betriebe, bei welcher durch Ausgliederung und kollektiver Ausübung bestimmter Funktionen die Wirtschaftssituation der beteiligten Betriebe verbessert werden soll" (Blohm, 1969, 890; Endress, 1975; Gerth, 1971, 11 f.). Daneben gibt es die unterschiedlichsten Klassifikationsvorschläge von „Kooperation". Zu den bekanntesten zählen folgende Kooperationsformen: (a) Zwischenbetriebliche Kooperation: Zusammenarbeit zwischen meist wenigen, rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen zur Steigerung der gemeinsamen Wettbewerbsfähigkeit. (b) Horizontale Kooperation: Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern der gleichen Wirtschaftsstufe. (c) Vertikale Kooperation: Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern, die unterschiedlichen Wirtschaftsstufen angehören (z. B. Industrie und Handel — vgl. Sellien/Sellien, 1967). Endress (1975, 17f.) unterscheidet hinsichtlich der inner- und zwischenbetrieblichen Kooperation: (1) „Kooperation von Personen gleicher Ebene im zwischenbetrieblichen Bereich, (2) Kooperation von Personen gleicher Ebene im innerbetrieblichen Bereich, (3) Kooperation von Personen verschiedener Ebenen im zwischenbetrieblichen Bereich, (4) Kooperation von Personen verschiedener Ebenen im innerbetrieblichen Bereich". In diesem Band werden ausschließlich innerbetriebliche Kooperationsprobleme untersucht.
1.5.2. „Kooperation" in der Soziologie Kooperation aus
soziologischer Sicht
j n ^ Soziologie wird unter „Kooperation" eine gemeinsame Handlung von j . ^ c • u • -71 . • Individuen oder Gruppen zur Erreichung gemeinsamer Ziele verstanden (Theodorson/Theodorson, 1970; Büschges, 1976). Kooperation ist in erster Linie durch Arbeitsteilung bedingt und ereignet sich vor dem Hintergrund gemeinsam geteilter sozialer Normen. Ebenso wie Führung ist Kooperation ein instrumentelles Konzept. Mißverständnisse, wenn nicht gar logische Konfusionen, sind in der Literatur durch die gelegentliche Verwendung folgender Begriffe entstanden: Konkurrierende Kooperation, antagonistische Kooperation, kooperativer Konflikt, erzwungene Kooperation oder gar Kooperation-Wettbewerb. Diese Begriffe mögen bestimmte Formen sozialer Interaktion charakterisieren, gleichwohl sind sie unseres Erachtens
1. Methodische und inhaltliche Probleme
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wenig geeignet, die unterschiedlichen Kooperationsaspekte in präziser und logisch konsistenter Weise zu unterscheiden (Kolb/Gould, 1964, 140). Um ein Beispiel zu nennen: Kooperatives Verhalten einer Sportmannschaft kann auf ein gemeinsames Wettbewerbsziel ausgerichtet sein (Cook/Stingle, 1974). Würde man diesen Sachverhalt konkurrierende Kooperation nennen, wären mißverständliche Interpretationen unvermeidlich. In der Soziologie wird zwischen a) einfacher, b) teamartiger und c) gefügeartiger Kooperation unterschieden. Unter einfacher Kooperation versteht man die Grundform gesellschaftlicher Arbeit, die durch eine Ansammlung vieler Menschen ohne differenzierte Arbeitsteilung gekennzeichnet ist. Hingegen sind bei gefügeartiger Kooperation einzelne Arbeitnehmer über technische Apparaturen (Computer, Maschinen etc.) miteinander verbunden und aufeinander angewiesen. Bei teamartiger Kooperation werden verschiedene Aufgaben gemeinsam in Gruppen bewältigt. Wir beziehen uns hauptsächlich auf diese Kooperationsform. Eichhorn et al. (1971) haben aus soziologischer Sicht versucht, die einzelnen Merkmale von Kooperation zusammenzufassen: (1) „Der gegenseitige Zusammenhang der Arbeitsprozesse, (2) die räumliche und zeitliche Zusammenarbeit, (3) die ideelle Zweck- und Zielsetzung sowie Planung des Arbeitsablaufes zur Erreichung des Zieles und die damit verbundene Leistung sowie (4) die Kommunikation".
1.5.3. „Kooperation" in der Psychologie Die Psychologie hat sich von allen Disziplinen am intensivsten mit den Bedingungen und Konsequenzen kooperativen Verhaltens auseinandergesetzt (für viele Deutsch, 1976; Irle, 1975; Gamson, 1964; Marwell/Schmitt, 1975). In der sozialpsychologischen Literatur wird immer wieder betont, daß ,,Kooperation" ihre eigentliche Bedeutung erst vor dem Hintergrund des Gegenbegriffs Wettbewerb (Konkurrenz) erfährt. Kooperation und Wettbewerb sind nach Auffassung der meisten Autoren keine dichotomen Konzepte, sondern stehen in einem komplementären Verhältnis zueinander. Folgende grundwissenschaftlichen Fragen werden in der einschlägigen Literatur diskutiert: Ist Kooperation das Gegenteil von Wettbewerb oder eine Synthese von beidem? (vgl. Cook/Stingle, 1974). In den meisten Fällen werden Kooperation und Wettbewerb getrennt untersucht (vgl. Feger, 1979).
Kooperation aus psychologischer Sicht
Die differenziertesten Forschungsprogramme zum Kooperationsphänomen stammen von behavioristisch orientierten Autoren, die sich von lerntheoretisehen Erklärungsmodellen (klassisches und operantes Konditionieren) leiten lassen. Dabei wird der Kooperationsbegriff in unterschiedlicher Weise operationalisiert: a) als synchrone motorische Reaktionen (Azrin/Lindsley, 1956; Peters/Muphree, 1954), b) als einfache Alternation (Wechselseitigkeit) von Reaktionen zweier Individuen (King et al., 1960) oder c) spezifischer als „Fall,
Behavioristische Konzepte
12
Konzepte kooperativer Führung
in dem kombiniertes Verhalten von zwei oder mehr Organismen nötig ist, um einander positive Verstärkung zu gewähren oder negative Verstärkung zu vermeiden" (Keller/Schoenfeld, 1950, 357f.). Einen lerntheoretischen Beschreibungsansatz kooperativen Verhaltens wählen Hake/Vukelich (1972). Danach ist jede Kooperation dadurch charakterisierbar, daß (a) die Verstärker* beider Parteien von den Reaktionen der jeweils anderen Partei abhängen; (b) die Kooperation bestimmte Reaktionsweisen zu zeigen erlaubt, die in einem bestimmten Zeitraum zu gleichverteilten Reaktionen und Verstärkern führen. Demnach liegt Wettbewerb vor, wenn die Verstärkung (Belohnung) zwischen den Individuen ungleich verteilt ist. Sidowskis Auffassung (1957, 318, zit. n. Hake/Vukelich, 1972, 338) von Kooperation ist der von Hake/Vukelich ähnlich: (a) „Zwei oder mehr Individuen verfügen über Reaktionen, die für das andere Individuum belohnend oder bestrafend wirken. (b) Die Hauptquelle der Belohnung und Bestrafung für jedes Individuum resultiert aus den Reaktionen des anderen Individuums. (c) Die Reaktion, welche Belohnung oder Bestrafung ausmacht, ist erlernbar".
Kritisch ist zu diesen Ansätzen zu sagen, daß sie ausschließlich auf elementaristisch konzipierten theoretischen Analyseeinheiten (wie z.B. Reaktion, Verstärkung etc.) beruhen, ohne komplexe soziale Aspekte menschlicher Interaktion gebührend zu berücksichtigen (vgl. Mertens/Fuchs, 1978). Nach Deutsch (1949; 1976) — einem Pionier auf dem Gebiet der interpersonalen Konflikt- und Kooperationsforschung — liegt der Unterschied zwischen Kooperation und Wettbewerb in der von den Individuen angestrebten Zielregion. In kooperativen Situationen erreicht ein Individuum das Ziel mit allen anderen Individuen, d. h. bei kooperativem Verhalten (a) ist jede Handlung einer Person von den Handlungen der anderen Personen unterscheidbar, (b) wird jede Person für ihren Anteil verstärkt, (c) existiert das Wissen um die Verfügbarkeit des Ziels (vgl. Cook/Stingle, 1974, 919). Kooperation und Wettbewerb
Dieser Auffassung zufolge ist Kooperation kein Kontinuum mit Kooperation Wettbewerb an den Endpunkten, da kooperatives Verhalten auch auf ein Wettbewerbsziel ausgerichtet sein kann (z. B. bei einer Sportmannschaft). Festzuhalten bleibt, daß die Abwesenheit von Wettbewerb nicht schon Kooperation bedeutet, und umgekehrt (vgl. Kap. L).
un(j
Eine ähnliche Auffassung wie Deutsch vertritt auch die bekannte Ethnologin M. Mead (1937, 8): Sie definiert Kooperation als „zielorientierte Zusammen* Unter einem Verstärker versteht man jedes Ereignis, das die Auftretenswahrscheinlichkeit einer Reaktion verändert, auf die dieses Ereignis folgt (vgl. Angermeier, 1972).
1. Methodische und inhaltliche Probleme
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arbeit" und Wettbewerb als „Suche oder Bestreben, etwas zu erlangen, was ein anderer ebenfalls zur gleichen Zeit zu erlangen sucht". Bei der Erforschung der Bedingungen und Konsequenzen von Kooperation werden häufig verschiedenartige Situationen vermengt. Um mißverständliche Begriffe wie „kooperativer Konflikt" oder „antagonistische Kooperation" zu vermeiden, sollte man nach Phillips/De Vault (1957, 290) folgende Situationen auseinanderhalten: (1) (2) (3) (4)
Kooperation zwischen Gruppen, Kooperation zwischen Mitgliedern Kooperation zwischen Gruppen, Wettbewerb zwischen Mitgliedern Wettbewerb zwischen Gruppen, Kooperation zwischen Mitgliedern Wettbewerb zwischen Gruppen, Wettbewerb zwischen Mitgliedern
Für die Analyse kooperativer Führungsprozesse ist die folgende begriffliche Unterteilung recht nützlich (vgl. Kap. D, E, K): Kooperation ist dann interdependent, wenn die Reaktionen beider Parteien notwendig sind für die Verstärkung einer Partei. In diesem Fall sprechen wir von Wechselseitigkeit (Reziprozität — vgl. Abschnitt 6.2.). Dagegen ist die Kooperation dependent, wenn die Verstärker einer Partei vollkommen von den Reaktionen der Partner abhängen. Eine asymmetrische Kooperation liegt dann vor, wenn beispielsweise die Verstärker einer Partei von den Reaktionen ihres Partners völlig abhängen, wie das in traditionellen Über- und Unterordnungsbeziehungen häufig der Fall ist.
Wechselseitige, abhängige und asymmetrische Kooperation
Im folgenden seien einige Definitionen von „Kooperation" exemplarisch aufgeführt, um ihren gemeinsamen Annahmekern besser herausarbeiten zu können:
Definitionen von „Kooperation"
Homans (1961) betrachtet Kooperation unter dem Nützlichkeitsaspekt: „Kooperation ereignet sich, wenn zwei Personen durch Unterlassen von gegenseitigen Aktivitäten in Übereinstimmung mit der Umwelt, eine größere Gesamtbelohnung erreichen, als wenn sie allein gehandelt hätten". Und Nisbet (1968, 384) definiert: „Kooperation ist eine Verbindung (joint) oder Zusammenarbeit, die auf ein bestimmtes Ziel orientiert ist, bezüglich dessen ein gemeinsames Interesse oder Hoffnung auf Belohnung besteht". Der Kooperationsbegriff „bezeichnet eine Hilfeleistung gegenüber einem anderen, die Tatsache des Zusammenwirkens mit anderen zur Lösung einer Aufgabe; er enthält die Vorstellung der Organisation, des Zusammenschlusses und der gemeinsamen Verfügung über Hilfsmittel jeder Art" (Plön, 1973, 246). Aus den verschiedenen Auffassungen über Kooperation lassen sich nach Marwell/Schmitt (1975, 5f.) 5 gemeinsame Merkmale herauskristallisieren: (1) (2) (3) (4) (5)
zielorientiertes Verhalten Verstärkungen für jeden Beteiligten verteilte Reaktionen der Beteiligten (Arbeitsteilung) technische Koordination soziale Koordination
5 Merkmale der Kooperation
14
Konzepte kooperativer Führung
Von fast allen Autoren werden mindestens die Merkmale 1. und 2. genannt. Es ist abzuwägen, ob man sich mit diesen zwei Merkmalen zufrieden gibt oder alle fünf als unabdingbare Bestimmungsmerkmale von Kooperation betrachtet. Denn je mehr der genannten fünf Merkmale für die Charakterisierung von Kooperation notwendig sind, desto restriktiver wird der Anwendungsbereich der Definition. Wenn z. B. nur 1. und 2. genügten, würde der Geltungsbereich der Definition wesentlich größer sein, als wenn stets alle fünf Merkmale vorliegen müßten (vgl. Opp, 1976; Essler, 1970).
1.6. Bezugsrahmen zur Begriffsanalyse
Ein Bezugsrahmen zur Begriffsanalyse und Begriffsbildung kooperativer Führung
In Anlehnung an Brezinka (1957, 51 f.), der das Wort „Erziehung" einer systematischen Bedeutungsanalyse unterzieht, seien vier Bedeutungspaare des Begriffs „kooperative Führung" unterschieden: (1) (2) (3) (4)
Prozeß-Bedeutung/Produkt-Bedeutung deskriptive Bedeutung/programmatisch-präskriptive Bedeutung Absichts-Bedeutung/Wirkungs-Bedeutung Handlungs-Bedeutung/Geschehens-Bedeutung
1.6.1. Prozeß-Begriffe und Produkt-Begriffe kooperativer Führung Prozeß- und Produktbegriffe kooperativer Fuhrung
(a) In den meisten Fällen werden die Begriffe Führung oder kooperative Führ u n g verwendet, um einen Prozeß zu bezeichnen, wie z. B. das Setzen von Zielen, Motivieren, Strukturieren. Beispiel: Zusammenarbeit von Vorgesetzten und Mitarbeitern im ganzen Zielsetzungs- und -erreichungsvorgang, Teilnahme der Mitarbeiter am Lenkungsprozeß (Lattmann, 1975).
(b) Überdies wird mit kooperativer Führung auch ein Produkt oder Ergebnis bezeichnet. Dabei ist zu unterscheiden zwischen 1) dem realen Zustand, der erreicht worden ist (deskriptiv-empirische Bedeutung) und 2) dem idealen Zustand, der erreicht werden soll (normative Bedeutung). In der Literatur überwiegt — sofern das Ergebnis hervorgehoben wird — die normative Bedeutungsverwendung. Beispiel: „Die Beteiligung der Mitarbeiter am Entscheidungsprozeß in einer demokratischen Atmosphäre, die durch permissive Führung geschaffen wird, erleichtert die Entwicklung „internalisierter" Motivation und trägt dazu bei, die Leistung und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern" (Viteies, 1953, 64, zit. n. McCormick/Tiffin, 1974, 361).
1. Methodische und inhaltliche Probleme
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1.6.2. Deskriptive Begriffe und programmatisch-präskriptive Begriffe kooperativer Führung (a) Der deskriptive Begriff der kooperativen Führung enthält eine Tatsachenfeststellung ohne positive oder negative Wertung. „Er enthält nur jene Merkmale, mit deren Hilfe für jede Zeit und für jeden Ort festgestellt werden kann, ob . . . (hier: kooperative Führung, die Verf.) als ein abgrenzbares Phänomen vorliegt — unabhängig von der jeweils geltenden kulturellen Wertvorstellung und Normen" (Brezinka, 1975, 55).
Deskriptive und programmatischpräskriptive Begriffe kooperativer Führung
Diese Aussage wird in unserer Arbeitsdefinition von kooperativer Führung weiter unten geprüft. Dem deskriptiven Aspekt der kooperativen Führung ist jedoch ein programmatisch-normativer Aspekt vor- und nachgelagert, der darauf abzielt, ob die angegebenen Merkmale erwünscht oder unerwünscht sind, die Würde des Menschen respektieren u. ä. Gleichwohl empfiehlt es sich aus analytischen Gründen, zwischen der deskriptiven und präskriptiven Bedeutung zu unterscheiden, wenngleich eine Trennung sehr schwierig sein dürfte. Beispiel: „By participative decision making we mean a mode of organizational Operations in which decisions as to activities are arrived at by the very persons who are execute those decisions" (Löwin, 1968, 69).
(b) Der programmatisch-präskriptive Begriff der kooperativen Führung stellt eine Mischung zwischen Seins-und Sollensaussagen dar. Dies zeigt sich deutlich in der von uns erarbeiteten Arbeitsdefinition (Abschnitt 7). Sie impliziert, was durch kooperative Führung erreicht und/oder wie sie realisiert werden soll. Hierzu gibt es — je nach theoretischem Standpunkt sowie Gesellschafts- und Menschenbild — verschieden weite oder enge Auffassungen (vgl. Abschnitt 4).
1.6.3. Absichts-Begriffe und Wirkungs-Begriffe kooperativer Führung (a) Der Absichts-Begriff der kooperativen Führung zeichnet sich dadurch aus, daß die Intentionalität, ein bestimmtes Ziel oder einen bestimmten Zweck erreichen zu wollen, hervorgehoben wird. „Ob der Zweck erfüllt wird, tatsächlich erreicht wird, ob die Handlung Erfolg hat, ist für die Begriffsbestimmung belanglos" (Brezinka, 1975, 60). Nach Brezinka kann der Absichts-Begriff als eine Unterform des Prozeß-Begriffs gesehen werden, weil dieser intentionale wie nicht-intentionale Geschehnisse umfaßt. Das Gesagte läßt sich an den bekannten drei Definitionen der Führung von Bass (1961) veranschaulichen: „Effort to change the behavior of others is attempted leadership. When the other members actually change, this creation of change in others is successfulI leadership. If the others are reinforced or rewarded for changing their behavior, this evoked achievement is effective leadership".
Absichts- und Wirkungsbegriffe kooperativer Führung
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Konzepte kooperativer Führung
(b) Der Wirkungs- Begriff der kooperativen Führung ist dadurch gekennzeichnet, daß der angestrebte Zustand, wie z. B. Aufgabenlösung oder Selbstverwirklichung der Mitarbeiter, erst erreicht sein muß, ehe man von kooperativer Führung sprechen kann. D. h. die Gewißheit, daß kooperative Führung vorliegt, kann immer erst nach Realisierung des angestrebten Zustands (Erfolg, Ergebnis) festgestellt werden. Diese relativ zeitintensive und kostspielige Prozedur ließe sich nur dann einschränken oder gar vermeiden, wenn jene Prozesse und Strukturvariablen bekannt wären, die für die Realisierung kooperativer Führung notwendig und hinreichend sind. Beim gegenwärtigen Stand des Wissens ist diese Forderung nicht realisierbar. Gleichwohl wird weiter unten versucht, einige konstitutive Merkmale kooperativer Führung auszumachen, um bereits ex ante feststellen zu können, ob man bestimmte soziale Interaktionsprozesse als Dimensionen kooperativer Führung bezeichnen kann. Erschwert wird dieser Versuch dadurch, daß Merkmale kooperativer Führung, wie z. B. Gruppenleistung oder -Zufriedenheit, nur in Ausnahmefällen in monokausaler Weise auf kooperative Führungsformen zurückgeführt werden können (vgl. Kap. N). Besonderes Augenmerk verdient hierbei das Kriterienproblem des Erfolgs, da mit dieser Variablen Strukturen, Prozesse und Konsequenzen der kooperativen Führung „quantitativ" erfaßt werden könnten (zur Kriterienproblematik vgl. Neuberger, 1976).
1.6.4. Handlungs-Begriffe und Geschehens-Begriffe kooperativer Führung Handlungs- und Geschehensbegriffe kooperativer Führung
(a) Handlungs-Begriffe der kooperativen Führung zeichnen sich durch den Anspruch aus, Verhalten von Personen in einer bestimmten, als wünschenswert erachteten Weise auf ein bestimmtes Ziel hin zu ändern. Dabei wird häufig das absichtliche oder planmäßige Handeln des Vorgesetzten hervorgehoben. Wie Brezinka bemerkt, können Handlungs-Begriffe in der Absichts- und Wirkungs-Bedeutung gebraucht werden. (b) Geschehens-Begriffe der kooperativen Führung (z. B. im Sinne eines sozialen Interaktionsgeschehens) sind im allgemeinen recht weit gefaßt und betonen die Komplexität der Einflüsse auf die Organisationsmitglieder, indem sowohl organisatorisch-strukturelle wie interpersonelle Aspekte als Bestimmungselemente kooperativer Führung aufgeführt werden. D. h. der Geschehens-Begriff der kooperativen Führung geht davon aus, daß kooperative Führung nur eine von vielen Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung von Mitarbeitern darstellt. Wollte man mit dem eben diskutierten definitorischen Bezugsrahmen unsere Arbeitsdefinition von kooperativer Führung (vgl. Abschnitt 7.) kennzeichnen, dann sind in ihr alle aufgezählten Bedeutungsvariationen in unterschiedlicher Gewichtung enthalten:
1. Methodische und inhaltliche Probleme
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Kooperative Führung wird definiert als zielorientierte soziale Einflußnahme zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in/mit einer strukturierten Arbeitssituation unter Wechselseitiger, tendenziell symmetrischer Einflußausübung und konsensfähiger Gestaltung der Arbeits- und Sozialbeziehungen.
Definition von „kooperative Führung"
Dieser Definitionsvorschlag ist umfassend genug, um die vielfältigen Versionen kooperativer Führung zu erfassen. Nach Brezinka (1975, 95 f.) empfiehlt es sich, abstrakte theoretische Konzepte — wie z. B. kooperative Führung — durch folgende Fragen zu präzisieren: Bei empirischen Sachverhalten: „ Wer (Subjekt) beeinflußt (steuert) wen (Adressat) wozu (Ziel) unter welchen Umständen (Situation, Rahmenbedingungen) wie (Art und Weise, Form des beeinflußten Handelns)? Bei normativen Sachverhalten: Wer soll wen unter welchen Umständen wozu auf welche Weise beeinflussen (steuern)?
1.7.
Ein Analysemodell kooperativer Führung
Da noch keine integrative Theorie kooperativer Führung existiert, vor deren Hintergrund die vorliegenden Konzepte verglichen und geordnet werden können, wird ein formales Analysemodell in Form eines dreidimensionalen Würfels vorgeschlagen. Es besteht aus 3 Dimensionen: (1)
(2)
— Wissenschaft — gesellschaftliches Umfeld der Organisation — Organisation — Gruppen und — Individuen in Organisationen — kognitiv (Verstandesaspekt) — affektiv (Gefühlsaspekt) — aktional (Verhaltensaspekt) — Werte
(3) — Bedingungen Ï — Konstrukt und > — Konsequenzen J
kooperativer Führung
Im folgenden Würfelmodell wird gezeigt, welche Analyseebenen und Aspekte kooperativer Führung in der Literatur thematisiert werden. Der Würfel beinhaltet insgesamt 36 verschiedene Bereiche, deren analytische Unterscheidung ein nützliches Analyseschema zur Einordnung der verschiedensten Ansätze darstellt, auch wenn zwischen allen Bereichen Wechselbeziehungen bestehen und eindeutige Abgrenzungen nicht immer möglich sind. Die gekennzeichneten Bereiche werden in der vorliegenden Arbeit — insbesondere in Kap. L — besonders herausgestellt.
Formales Analysemodell kooperativer Führung
18
Konzepte kooperativer Führung
Wissenschaft
w , Organisation
Gruppe
Individuum
M
WAIii
Ml i
kognitiv
Jt Vietze
Einstellungen u. Verhalten
Abbildung K-l-2: Ein Analysemodell der kooperativen Führung
Wir haben mehrfach die Auffassung vertreten, daß kooperative Führung nicht dadurch erklärt werden könne, indem in mechanistischer Weise isolierte Merkmale aufgezählt werden, die für kooperative Führung typisch seien. Diese Vorgehensweise wäre nur sinnvoll, wenn eindeutige Abgrenzungskriterien zu nicht-kooperativen Führungsformen existierten. Warum u. E. eine eindeutige Unterscheidung zwischen verschiedenen Führungsformen nicht oder nur in seltenen Fällen möglich ist, wird im nachfolgenden Abschnitt 2. erörtert.
Kooperative Führung als spezifische Ausprägungsform von Führung
2.
Bedeutungsanalyse des Begriffs „Kooperative Führung"
2.1.
Bedeutungsanalyse
Es überrascht immer wieder, in welchem Ausmaß theoretische Konzepte zur Führung in der Praxis akzeptiert und sozial wirksam werden, die nur eine geringe „wissenschaftliche Güte" aufweisen. Viele dieser Aussagen sind mehrdeutig und weder verifizierbar noch falsifizierbar. Darüber hinaus ist — wie verschiedentlich betont wurde — kooperative Führung nicht eine Führungsform „sui generis". Das Adjektiv „kooperativ" deutet lediglich darauf hin, daß
2. Bedeutungsanalyse des Begriffs „Kooperative Führung"
19
man es mit einer spezifischen Qualität von Führung zu tun hat, der normative Annahmen über Sinn und Zweck organisatorischen Handelns zugrunde liegen. Diese Annahmen werden freilich in der Literatur selten deutlich herausgearbeitet. Daraus ergeben sich einerseits Schwierigkeiten bei der Begriffserklärung, zum anderen eine Öffnung für Interpretationen durch den Leser. Diese verschiedenartigen Interpretationen der Realität können wiederum neue „Realitäten" schaffen. Beispiele hierfür sind der Einfluß der Maslowschen Bedürfnishierarchie oder der Theorie „Y" McGregors auf die Diskussion über Humanisierung der Arbeitswelt und/oder kooperative Führungsformen. Um dem Vorwurf der Beliebigkeit bei der Konzeptualisierung kooperativer Führung zu begegnen, wird im folgenden eine Bedeutungsanalyse des Wortes „kooperative Führung" durchgeführt. Die Bedeutungsanalyse ist eine notwendige Vorarbeit für die Begriffsexplikation eines theoretischen Begriffs. Sie hat die Aufgabe, „einen gegebenen, mehr oder weniger unexakten Begriff durch einen exakteren zu ersetzen" (Carnap, 1959, 12). „Die theoretische Hauptarbeit besteht darin, die Möglichkeiten zu prüfen, durch verschiedenartige Kombinationen von Merkmalen einen schärferen Begriff zu konstruieren und schließlich aufgrund bestimmter Kriterien eine Entscheidung für eine dieser Möglichkeiten zu treffen. Man kann diesen Vorgang auch als Re-Interpretation eines Terminus bezeichnen" (Brezinka, 32).
Ein wichtiges Prüfkriterium für das Vorliegen kooperativer Führungsformen ist der intersubjektive Konsensus zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern einerseits sowie Vertretern der Sozialwissenschaften andererseits. Ihre Vorstellungen, Erwartungen und Erfahrungen im Zusammenhang mit einer als „kooperativ" apostrophierten Führung werden im wesentlichen vom „Zeitgeist", d. h. von der herrschenden Wertorientierung einer Epoche bestimmt (vgl. Kap. D; Abb. K-2-1). Ziel der nachfolgenden Darstellung ist es, ein Konzept der kooperativen Führung zu entwickeln, das unter Berücksichtigung der umgangssprachlichen Bedeutung sowie der Alltagserfahrung von theoretischem und empirischem Wert ist. Die Analyse der verschiedenen Begriffsverwendungen von kooperativer Führung soll dazu beitragen, den gemeinsamen Annahmekern in den verschiedenen Auffassungen über kooperative Führung herauszuarbeiten.
2.2.
Etymologische Bedeutung
Auf die etymologische Bedeutung des Wortes „Führung" wurde in Kap. C eingegangen, während in Abschnitt 1.5. dieses Kapitels die Bedeutung des Wortes „Kooperation" in den verschiedenen Einzelwissenschaften untersucht wurde. Bereits eine flüchtige Betrachtung zeigt, daß der Begriff „kooperative Führung" schwerlich durch die Konjunktion von „Kooperation" und „Führung" erklärt werden kann. Leider gibt es zu diesem Begriffsproblem noch keine etymologischen Untersuchungen, da „kooperative Führung" ein relativ
Bedeutungsanalyse Begriffen
von
20
Konzepte kooperativer Führung
4
(1) (2) (3) (4)
Unternehmensleitung (Vorgesetzte, Kerngruppe) Arbeitnehmer (Mitarbeiter) Sozialwissenschaft (1er) Vorherrschende Wertorientierung der Gesellschaft („Zeitgeist")
§
= gemeinsamer invarianter Annahmekem kooperativer Führung
1] = Variante Interpretationsspielräume kooperativer Führung
Abbildung K-2-1: Verschiedene Auffassungen von kooperativer Führung
neuzeitlicher Begriff ist. Aus diesem Grunde soll seine Bedeutung in der Alltagssprache und in der betrieblichen Praxis näher untersucht werden (vgl. hierzu Seidel, 1978; Bosch, 1974).
Bedeutung von „kooperative Führung
2.3.
Bedeutungen des Wortes „Kooperative Führung" bei Führungskräften und Studenten
2.3.1.
Soziale Erwünschtheit und Überlegenheit kooperativer Führung
Die wörtliche Übersetzung von kooperativer Führung lautet: „zusammenarbeitende Führung", und zwar in dyadischen Beziehungen oder Gruppenbeziehungen. Zuweilen gebraucht man auch die Redewendung „kooperative Zu-
2. Bedeutungsanalyse des Begriffs „Kooperative Führung"
21
sammenarbeit". Zwar handelt es sich hierbei um einen Pleonasmus, gleichwohl wird darunter eine besonders vertrauensvolle und partnerschaftliche Qualität der erfolgreichen Zusammenarbeit verstanden. Häufig wird auch der humanitäre und egalitäre Aspekt hervorgehoben, wobei diejenigen Personen Führerpositionen einnehmen bzw. einnehmen sollen, die über das größte Ausmaß an Sachkenntnis verfügen (Sachautorität). Schließlich wird mit „kooperative Führung" eine relativ konfliktfreie Zusammenarbeit assoziiert, d. h. man geht von einem Harmonie-Modell aus, in dem interpersonelle Konflikte keinen oder wenig Platz haben und für die Zielerreichung als dysfunktional angesehen werden. Sofern überhaupt soziale Konflikte mitbedacht werden, sollen sie in wechselseitigem Einvernehmen der Beteiligten durch Überzeugung, Verhandeln oder Versprechen in fairer Weise geregelt werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die im Alltag anzutreffenden Vorstellungen über kooperative Führung an der Maxime der sozialen Erwünschtheit ausgerichtet sind. Was jeweils als sozial erwünscht gilt, zeigt sich in idealtypischen „Wunschlisten", wie sie etwa in den Schriften von Maslow, Argyris, McGregor, Likert u. a. zu finden sind. Dies ist zweifellos ein Grund dafür, daß kooperative Führungsformen gegenüber anderen Führungsformen in vielerlei Hinsicht als überlegen betrachtet werden. In Erkundungsstudien haben wir die umgangssprachliche Bedeutung, insbesondere den Bedeutungshof (Konnotation) des Begriffs „kooperative Führung" bei drei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen ermittelt: (1) Führungskräfte des öffentlichen Dienstes (2) Führungskräfte der Wirtschaft (3) Studenten der Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaft
2.3.2. Verständnis von kooperativer Führung im öffentlichen Dienst Bei einem Brainstorming über kooperative Führung wurden im Jahre 1977 von 14 Führungskräften des öffentlichen Dienstes in Bonn (Abteilungsleiter, Dezernenten von Mittelbehörden) folgende Aspekte genannt: (1) „Beteiligung der Mitarbeiter beim Entscheidungsprozeß — Mitwirkung der ganzen Organisationseinheit bei der Bearbeitung von Entscheidungsgrundlagen. (2) Einbinden von Entscheidungen in eine Mehrheit von Personen — Suchen der Hilfe auch beim Prozeß der Entscheidungsfindung (bestmögliche Lösung). (3) Einbindung der Meinung (des Fachverstandes) anderer in die Entscheidungsfindung. (4) Mitarbeiter zu kreativen Leistungen anregen. Gruppenergebnis optimal gestalten — Durchsetzung eines eigenbestimmten Ziels in partnerschaftlicher Zusammenarbeit. (5) Beteiligung der an einem Prozeß Mitwirkenden an der Entscheidung. (6) Gemeinsame Erarbeitung von Sachverhalten, das Abwägen von Vor- und Nachteilen sowie das Finden einer einheitlichen Lösung. (7) Einbeziehen der Mitarbeiter in den Entscheidungsprozeß — Information der Mitarbeiter über die Entscheidungsgründe. (8) Beteiligung der betroffenen Mitarbeiter, die die Entscheidung mittragen sollen, an der Entscheidungsfindung und Durchführung.
Auffassungen über kooperative Führung im öffentlichen Dienst
22
Konzepte kooperativer Führung
(9) Mitwirkung der Mitarbeiter in der Weise, daß über die Lösung des Problems diskutiert und möglichst Konsens erreicht wird. Berücksichtigung der verschiedensten Auffassungen. Soweit nicht Konsens, Entscheidung unter Berücksichtigung der vorgetragenen Argumente. (10) Alle Betroffenen sind an der Entscheidungsfindung beteiligt und tragen die getroffene Entscheidung mit (ist eine Utopie). Wirklichkeit: Suche nach akzeptablen Kompromissen. (11) Abstimmung der eigenen Meinung mit der Meinung der Mitarbeiter über durchzuführende Maßnahmen. (12) Möglichst weitgehende Transparenz (Information) unter möglichst weitgehender Einbeziehung in Entscheidungsprozesse (Mitsprache- und Mitverantwortungsmöglichkeiten), und zwar mehrdimensional. (13) Einbinden verschiedener Personen nach Würdigung sachlicher Argumente zu gemeinsamer Verantwortung. (14) Entscheidungen nicht allein treffen, sondern gemeinsam erarbeiten, bestmögliche gegenseitige Information, Korrektur eigener Entscheidung ermöglichen."
2.3.3. Verständnis von kooperativer Führung bei Studenten der Betriebswirtschaftslehre und der Verwaltungswissenschaft Auffassungen über kooperative Führung bei Studenten der Betriebswirtschaftslehre
Bei einer Befragung von 12 Studenten der BWL an der Universität Essen (5.7. Semester) im April 1977 über ihre Vorstellung von kooperativer Führung wurden folgende Aspekte genannt: (1) „Kooperative Führung ist einmal dadurch gekennzeichnet, daß die Aktivität von Führung und Geführten gleichermaßen hoch ist. Zum anderen sollte der Anteil der Geführten am Führungsprozeß annähernd so groß sein wie der des Vorgesetzten. (2) Beteiligung aller Mitarbeiter an der Formulierung der Ziele der Unternehmung, der Ziele der Stelle (Stellenbeschreibung). Weitere Voraussetzung: Information und Kommunikation zwischen allen Stellen je nach Bedarf. Möglichkeit der Selbstkontrolle muß gegeben sein. (3) Aufteilung von Entscheidungsbefugnissen auf eine Gruppe. (4) Zusammenarbeit im Sinne der Mitsprache, Mitberatung, Mitentscheidung zwischen Abteilungen und Mitarbeitern sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung. (5) In der Sozialstruktur eines Betriebs ein Miteinander-Zusammenarbeiten der unterschiedlichen Gruppierungen, die verschiedene objektive Interessenlagen haben (lohnabhängige Arbeitnehmer — Arbeitgeber). Diese Kooperation impliziert immer einen Kompromiß der objektiv verschiedenen Interessen. Die Konfliktlösung ist das Ziel der Kooperation. (6) Abwendung von der rein mechanistischen Betrachtung des Menschen. Betrachtung des Mitarbeiters als kooperationsbereit etc. (Modell Y McGregor). Beteiligung der Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung. Delegation von partieller Macht und Verantwortung an die Mitarbeiter. (7) Einfluß der Mitarbeiter an der Entscheidungsfindung kann als wesentlich bezeichnet werden, d. h. die Meinung der Mitarbeiter vor den endgültigen Entscheidungen wird berücksichtigt. (8) An der Zielsetzung und Entscheidungsfindung ist nicht eine Einzelperson, sondern eine Gruppe beteiligt. Die einzelnen Gruppenmitglieder versuchen aufgrund von Argumenten, ihre Vorstellungen in der Gruppe durchzusetzen. Sie sind alle gleichberechtigt. (9) Die grundsätzliche Beteiligung der Mitarbeiter an Problemlösungsprozessen (Planung, Organisation, Entscheidung, Realisation).
2. Bedeutungsanalyse des Begriffs „Kooperative Führung"
23
(10) Eine Entscheidung trifft der Vorgesetzte nicht allein, sondern er bezieht seine Mitarbeiter (Untergebenen) in den Entscheidungsprozeß mit ein. D. h. er informiert die Mitarbeiter über die zur Entscheidung anstehenden Probleme, diskutiert sie mit ihnen und fällt mit ihnen eine Entscheidung. (11) Die Beteiligung der Mitarbeiter am Zielfindungsprozeß und Problemlösungsprozeß. (12) Zusammenarbeit von Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die Untergebenen aktiv an Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Die Verantwortung für die Entscheidung liegt jedoch beim Vorgesetzten." Bei 11 weiblichen und männlichen Studenten (5. Sem., durchschnittl. Alter 23 Jahre) der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in West-Berlin wurde im Herbst 1978 folgendes Polaritätsprofil (semantisches Differential) .„„ , . . , „ zum Begriff „kooperative Fuhrung ermittelt:
Gruppenmittel 1
2 , , 3 , , 4
(auf- bzw. abgerundet (N = 1 1 ) .
,
5
,
Spannweite d. Gruppeneinschätzung
7
weich heiter
hart traurig
verschwommen stark großzügig
klar schwach sparsam
passiv
aktiv
verspielt zurückhaltend hilfsbereit triebhaft kühl redselig friedlich
ernst offen egoistisch gehemmt gefühlvoll verschwiegen aggressiv geordnet
3-6 2-6 2-7 2-6 1-5 3-8 3-7 6-8 1-4 2-7 2-7 2-5
verträumt
3-6 3-8 1-4
streng zurückgezogen robust vergnügt
nachgiebig ; gesellig zart mißmutig
3-7 5-8 1-5 2-5
wild
sanft
2-7
starr leise frisch unterwürfig gesund
beweglich laut müde herrisch krank
5-8 4-6 1-5
zerfahren nüchtern
3-6 1-4
Zusammenfassend kann die Abbildung dahingehend interpretiert werden, daß kooperative Führung tendenziell als hilfsbereit, aktiv, offen, beweglich, redselig, gesellig, heiter, vergnügt, frisch und gesund, d. h. mit sozial erwünschten Attributen assoziiert wird (zur quantitativen Auswertung vgl. Bergler, 1975).
Semantische Bedeu8 kooperativer Füh ™ng bei Studenten der VerwaltungsWissenschaft tun
24
Konzepte kooperativer Führung
2.3.4. Verständnis von kooperativer Führung in der Wirtschaft Definition kooperativer Führung durch Personalleiter
Vorstellungen von kooperativer Führung bei 25 Personalleitern und Führungskräften im Personalwesen von größeren Industriebetrieben in der Bundesrepub lik im Jahre 1977: Aufgabe: „Definieren Sie kurz kooperatives Führungsverhalten" (1) „Zusammenarbeit von Menschen auf der Basis der gegenseitigen Anerkennung unter Einhaltung von vorgegebenen Spielregeln. (2) Horizontal: sachbezogene, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Organisationseinheiten. Vertikal: sachbezogene, vertrauensvolle Arbeits-Beziehungen zwischen Mitarbeitern. (3) Bewußte Einbeziehung der Zielsetzungen anderer Mitarbeiter in den persönlichen Führungsstil, um optimale Ergebnisse zu erzielen; allerdings darf daraus kein „fauler Kompromiß" resultieren. (4) Lösungen miteinander finden, damit Entscheidungen gemeinsam getragen werden bzw. Probleme unter Berücksichtigung verschiedener Einflußfaktoren behandelt werden. (5) Miteinander ein gemeinsames Ziel verfolgen — dabei Rücksichtnahme auf individuelle Bedürfnisse, wenn diese die Zielverfolgung nicht hindert. (6) Die Bereitschaft, zur Erzielung des optimalen Unternehmensergebnisses innerhalb der übertragenen Aufgaben auf der Basis rationaler Überlegungen vertrauensvoll und zielgerecht zusammenzuarbeiten. (7) Ist der Versuch, die Ideen, Meinungen, Erfahrungen, Bedürfnisse aller an einem Entscheidungsprozeß Beteiligten in diesen Prozeß einfließen zu lassen. (8) Stil, Methode, die deutlich machen, daß es im Unternehmen auf das gemeinsame Erreichen des Unternehmenszieles ankommt; daß der einzelne Mitarbeiter allein es nicht schafft; daß er auf die Mithilfe und Mitarbeit der anderen angewiesen ist, wenn er optimale Arbeit leisten will. (9) Führung im Mitarbeiterverhältnis; Information unmittelbar an alle Bereiche ohne Einschaltung des Vorgesetzten; Erhalt von Informationen auf direktem Wege. (10) Gemeinsame Entscheidungsvorbereitung, Weitergabe von Hintergrundinformationen an die Mitarbeiter, keine Entscheidung ohne Argumentation, Entscheidungsspielraum für die Mitarbeiter. (11) Geht von dem Grundsatz aus, das dem Vorgesetzten vorgegebene Einzel- oder Blockziel mit dem vorhandenen Arbeitsstab auf eine kollektive Zielvorgabe bzw. Einzelziel vorgäbe aufzuteilen; eigene Führungshilfen anzubieten; unnötigen Verschleiß zu verringern. (12) Transparente, offene Argumentation; Zusammenarbeit auf der Basis von Konsensen; Zielvereinbarung, gemeinsame Entscheidung; Entscheidung aufgrund besserer Argumente; offene Kommunikation, transparentes feedback in beiden Richtungen. (13) Verhalten, in dem Versachlichung, Argumente und „objektive" Abwägung, Gemeinsamkeit in der Erfüllung gesetzter Ziele, Abstand vom Hierarchiedenken, Plausibilität im Vordergrund stehen. (14) Versuch, betriebliche und persönliche Entscheidungen (Zielsetzungen) gemeinsam vorzubereiten, d. h. Planung, Beratung, Entscheidung und Kontrolle in einer Mindestform an Kommunikation ablaufen zu lassen. (15) Ist die Fähigkeit, angestrebte Ziele durch Kommunikation und Information mit den zu Führenden zu realisieren. (16) Führungsstil, der es ermöglicht, das Wertgefühl eines Partners zu erhalten und ihn zu guten Leistungen zu motivieren. (17) Führungsstil, der eine Basis schafft, gemeinsam folgende Punkte zu bearbeiten:
2. Bedeutungsanalyse des Begriffs „Kooperative Führung"
25
Beschreibung der Situation, Erkennen der Probleme, Finden von Lösungen, Erarbeiten von Konsequenzen. (18) Führungsstil, der von dem Gedanken des gemeinsamen Handelns ausgeht. Dem Mitarbeiter ist nahezubringen, daß das gemeinsame Ziel nur durch „Miteinander" und nicht durch „Gegeneinander" zu erreichen ist. (19) Cooperare = zusammenarbeiten; Entscheiden unter Berücksichtigung der Meinung anderer. Bei der Entscheidung sachorientierter Probleme die Meinung auch einer Minderheit — wenn sie besser ist — umsetzen; bei Entscheidung von „Geschmacksfragen" Mehrheiten berücksichtigen. (20) Die Erreichung eines Ziels oder eines persönlichen Erfolges mit Hilfe anderer, ohne daß diese es bemerken! (21) Erreichen von Zielsetzungen durch Zusammenwirken von Beteiligten auf verschiedenen Ebenen; Übertragung von Zielsetzungen, Aufgaben, Verantwortung, Kompetenz; Information, Erfolgskontrolle usw. (22) Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit unter Berücksichtigung gegenteiliger Meinungen und Standpunkte. (23) Optimaler Informationsfluß, nondirektive Verhandlungsführung, klare Abfassung von Zielen. (24) Führung von Mitarbeitern unter Einbeziehung der Meinungen und Vorstellungen anderer; Führung unter Berücksichtigung von Vorgaben durch die Umwelt; Führung mit dem Ziel, die Interessen aller Beteiligten zu verwirklichen. (25) Der Führungsstil ist kooperativ, der die Beziehungen zwischen Führer und Geführten als wechselseitig gleichberechtigt und als wechselseitig kreativ anerkennt." Verständnis von kooperativer Führung bei 16 Führungskräften der mittleren Hierarchieebene einer Bank in der Bundesrepublik im Jahre 1977. Aufgabe: „Definieren Sie kurz kooperatives Führungsverhalten". (1) „Kooperative Führung ist, wenn jeder die für seine Tätigkeit notwendigen Aufgaben und Kompetenzen voll übertragen kann. (2) Mitentscheidung der Mitarbeiter bei der Führung eines Unternehmens; Delegation von Führungsaufgaben; Mittragen von Verantwortung, aber auch Teilnahme aller am Erfolg. (3) In allen Ebenen eines Betriebes sind die Mitarbeiter soweit als möglich am Entscheidungsprozeß und der Entscheidung selbst zu beteiligen, das Führungsverhalten ist, z. B. durch Information, daran auszurichten. (4) Kollegiale und verantwortliche Zusammenarbeit von Führungskräften gleicher oder verschiedener Ebenen zu einer möglichst reibungslosen und effektiven Erreichung der Untemehmensziele. (5) Nicht unbedingt vom Obrigkeitsdenken geprägter Führungsstil; Führung eines Unternehmens auf kollegialer Basis zwischen den verschiedenen Ebenen; Delegation von Verantwortung und damit größere Motivation zur konstruktiven Mitarbeit. (6) Anstehende Probleme mit den zuständigen Mitarbeitern besprechen; die Lösung gemeinsam suchen und finden, die Arbeiten dann entsprechend delegieren. (7) Die Bereitschaft, gemeinsam und im Stil der Zusammenarbeit Probleme angehen und lösen. (8) Mitbestimmen, mitentscheiden, mitverantworten, dabei auch umfassend informiert werden über Fragen der Geschäftspolitik, Ertragssituation usw. des Gesamtinstituts und der Filiale. Endziel: kollegiale Zusammenarbeit. (9) Führungsstil, der von dem Vorgesetzten allein getragen bzw. verantwortet, aber in Zusammenarbeit mit untergeordneten Mitarbeitern erarbeitet und mitgetragen wird. (10) Kooperation — 1) Kollegial zusammenarbeiten
Auffassungen über kooperative Führung von Führungskräften einer Bank
26
(11) (12) (13)
(14) (15) (16)
Konzepte kooperativer Führung 2) Geschäftspolitische Entscheidungen grundsätzlich abzustimmen bzw. unter Mitwirkung von Abteilungsleitern herbeiführen 3) Keine Kritik an „einzelnen" in Gruppen 4) „Anhören" 5) Keine Selbstherrlichkeit. Kooperative Führung bedeutet, Mitarbeiter durch gemeinsames Erarbeiten von Zielvorgaben für das Erreichen des Zieles zu motivieren. Probleme miteinander lösen, im Interesse des Betriebes — horizontale und vertikale Ebene —, gemeinsames Eintreten, Lösungen in allen Ebenen. Gemeinsame Erarbeitung des Aufgabengebietes mit Mitarbeitern unter Delegation von bestimmten Tätigkeiten; umfassende Information in sämtlichen Bereichen, d. h. auch in persönlichen Punkten. Zielvorgabe, gemeinsame Aufgabenlösung, feste Aufgabe, Zusammenarbeit. Kollegiale Zusammenarbeit von Angehörigen einer Organisation auf allen Ebenen unter der einheitlichen Zielsetzung: des Unternehmenserfolges. Möglichst vollendete Teamarbeit, gemeinsam soll das Beste aus dem Aufgabenbereich gemacht werden, keine einsamen Entscheidungen, sondern möglichst im Zusammenwirken mit den Mitarbeitern."
2.3.5. Vergleich der Auffassungen über kooperative Führung bei Führungskräften im privaten und öffentlichen Sektor sowie bei Studenten der Betriebswirtschaftslehre und Verwaltungswissenschaft Resümee der Pilot-
Eine erste Analyse der Befragungen ergibt folgendes Bild:
Studien
— Generell stehen bei den Auffassungen über kooperative Führung der partizipative Aspekt (Entscheidungsbeteiligung) sowie die gemeinsame Problemlösung und Zielerreichung im Vordergrund. — Der prosoziale Aspekt kooperativer Führung (Vertrauens- und Konsensbildung, wechselseitige Unterstützung und Zusammenarbeit, Sicherung von Selbstentfaltung und Akzeptanz) wird relativ selten angesprochen. — Bei den befragten Führungskräften der öffentlichen Verwaltung und den Studenten der Wirtschaftswissenschaften rangiert der Aspekt der Entscheidungsbeteiligung der Mitarbeiter eindeutig an erster Stelle. — Diese Dimension tritt bei den Führungskräften der Wirtschaft (aus dem Bankbereich deutlich, aus dem Personalbereich völlig) in den Hintergrund gegenüber Aspekten gemeinsamer Problemlösung, Zielerreichung sowie partnerschaftlicher Zusammenarbeit. 2.4.
Abgrenzung des Begriffs kooperative Führung von verwandten Begriffen
2.4.1. Delegation und Dezentralisation Viele Autoren sind der Auffassung, daß das Ausmaß der Delegation und Dezentralisation ein Indikator für die Verwirklichung kooperativer Führungsmethoden sei. Häufig werden beide Konzepte sogar mit kooperativer Führung
2. Bedeutungsanalyse des Begriffs „Kooperative Führung"
27
gleichgesetzt. Wir sind jedoch der Auffassung, daß mit den drei Konzepten auch drei unterschiedliche Sachverhalte angesprochen sind. Mit „Delegation" wird i. a. die Kompetenzübertragung von einer höheren hierarchischen Ebene auf eine niedrigere bezeichnet, während mit „Dezentralisation" die horizontale Aufgabenverteilung in einer Organisation gemeint ist. Unter „Hierarchie" versteht man ein organisatorisches System von mindestens zwei Rängen, die in einem Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (Grün, 1969; vgl. Kap. I, M).
Definition von „Delegation" und „Dezentralisation
Hill et al. (1974, 224f.) rechtfertigen diese begriffliche Unterscheidung wie folgt: (1) Aufgaben- und Kompetenzverteilung seien voneinander unabhängige Sachverhalte, (2) eine verstärkte Dezentralisierung führe nicht automatisch zu einer erhöhten vertikalen Kompetenzabstufung. Fischer (1967, 67) differenziert Delegation nach Aufgaben-, Weisungs-, Entscheidungs- und Verantwortungsdelegation. Ungeachtet dieser Differenzierung besteht u. E. ein Unterschied zwischen Delegation und kooperativer Führung darin, daß Delegation nur eine hierarchische Kompetenzdifferenzierung von oben nach unten bewirkt, während partizipative bzw. kooperative Führung eine multilaterale Kompetenzausübung mehrerer Personen auf verschiedenen Ebenen der Hierarchie beinhaltet (vgl. Hill et al., 1974; Zepf, 1972, 27).
2.4.2. Mitbestimmung Ohne auf die positiv-rechtlichen, sozialethischen und politischen Probleme der Mitbestimmung, insbesondere auf die Unterscheidung des Betriebsverfassungsgesetzes zwischen Mitsprache, Mitwirkung und Mitbestimmung näher eingehen zu wollen (vgl. Paul, 1977; Muszynski, 1975; Fäßler, 1970; Dlugos, 1980; Kap. 15.), sei im folgenden eine Abgrenzung zwischen Mitbestimmung und kooperativer Führung vorgenommen. Unter Mitbestimmung im weiteren Sinne versteht man jede Art der Einflußnahme von Arbeitnehmern auf Entscheidungen im Rahmen von Machtbeziehungen innerhalb von Organisationen (vgl. Burkhardt, 1975, 1374f.). Mitbestimmung im engeren Sinne ist die formal-rechtlich geregelte bzw. tatsächliche Beteiligung an Entscheidungen im Unternehmen, wie sie etwa durch die Mitbestimmungsgesetze geregelt ist (Paul, 1977, 217; vgl. 15., K 1.2.). Ebenso wie kooperative Führung ist Mitbestimmung nur normativ und nicht ontologisch begründbar. Die in der vorliegenden Literaturanalyse aufgeführten Definitionen, theoretischen Überlegungen sowie empirischen Befunde zur kooperativen Führung zeigen, daß es sich bei ihr nicht um einen Alles-oder-Nichts-Sachverhalt handelt. Vielmehr sind die Grenzen zu anderen Führungsformen fließend! Eine
Begriffsabgrenzung zwischen „Mitbestimmung" und „kooperative Führung"
28
Konzepte kooperativer Führung
totale Mitbestimmung (Partizipation) scheint das Führungskonzept — auch das der kooperativen Führung — ad absurdum zu führen, da Führung ex definitione direktive Bewegungssteuerung durch bestimmte Personen beinhaltet, wobei die Führerpositionen interpersonell wechseln können. Es kann sich also immer nur um ein Mehr oder Weniger an Mitwirkung und Mitentscheidung der Mitarbeiter handeln. Häufig werden in der Literatur die Begriffe Mitwirkung und Mitentscheidung nicht auseinandergehalten, was zu unnötigen Kontroversen führt, da beiden Konzepten unterschiedliche Vorstellungen über die Demokratisierung des Arbeitslebens, insbesondere über die Beziehung zwischen Kapital und Arbeit zugrunde liegen. Direkte und indirekte Mitbestimmung
Zepf (1972, 177) plädiert für eine Unterscheidung zwischen kooperativer Führ u n g u n ( j Mitbestimmung, der wir uns anschließen. Danach zielt kooperative Führung darauf ab, den Arbeitsgruppen eine unmittelbare Entscheidungspartizipation im Hinblick auf die aufgaben- und personenbezogenen Bereiche ihres näheren Arbeitsbereiches zu ermöglichen. Hingegen handelt es sich bei den in der Bundesrepublik diskutierten Mitbestimmungskonzepten (vgl. BrinkmannHerz, 1975) um eine mittelbare Entscheidungspartizipation der Arbeitnehmer an den unternehmenspolitischen Entscheidungen der Gesamtunternehmung durch Anwendung des Repräsentationsprinzips nach dem Vorbild parlamentarischer Demokratien. Zepf (1972,183) stellt sich auf den Standpunkt, daß „die Verwirklichung einer kooperativen Führung in Unternehmungen unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen einer mittelbaren Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Organen der Unternehmensführung (ist)". Diese Auffassung ist jedoch nicht unproblematisch. Wie die Praxis zeigt, dürfte der umgekehrte Fall wahrscheinlicher sein: Mitbestimmung ohne gleichzeitig praktizierte kooperative Führung ist sehr wohl möglich, wie z. B. die Mitbestimmungs-Gesetzgebung der Montan-Industrie vom 21.5.51 gezeigt hat. Die Realisierung der prosozialen Aspekte kooperativer Führung ist damit nicht gesichert. Hingegen könnte kooperative Führung ohne gleichzeitige Mitbestimmung von Mitarbeitern als Manipulationsinstrument der Unternehmensführung interpretiert (vgl. Pelinka, 1974, 96) oder allenfalls als patriarchalische Führungsform verstanden werden. Beide Formen der Partizipation sind u. E. nicht Gegensätze i. S. eines Entweder-Oder, sondern ergänzen einander bei dem Bemühen um Machtausgleich und um Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens.
7 Merkmale der Mitbestimmung
Zusammenfassend seien zentrale Merkmale der Mitbestimmung aufgeführt (p a u l, 1977, 217f.): (1) „Der Begriff Mitbestimmung' ist für eine typisch bundesdeutsche Form der Partizipation in Unternehmen reserviert. (2) Die Mitbestimmungsgesetze gehen von einem ,Integrationsansatz' aus. (3) Mitbestimmung schließt nicht aus, daß es in deutschen Unternehmen noch andere Partizipationsformen gibt. (4) Die typischen Entscheidungsebenen, auf denen Mitbestimmung angesiedelt ist, sind die Betriebs-und Untemehmungsebene.
3. Darstellung und Auswertung ausgewählter Definitionen
29
(5) Mitbestimmung entspricht primär dem Typ der repräsentativen Beteiligung. (6) Durch Mitbestimmungsgesetze wird nur die Beteiligung einer spezifischen Teilnehmergruppe — der Arbeitnehmer — legitimiert. (7) Der Begriff .Mitbestimmung' sagt nichts über die Intensität der Entscheidungsbeteiligung aus."
3.
Darstellung und Auswertung ausgewählter Definitionen und Konzepte zur kooperativen Führung
Die Vielfalt der Definitionen und Konzeptionen zur kooperativen Führung soll im folgenden dargestellt und kritisch analysiert werden (ausführlich Seidel, 1978).
3.1.
Zur Erarbeitung einer Taxonomie von Merkmalen kooperativer Führung
Um die Gemeinsamkeiten der Autoren hinsichtlich ihrer Auffassungen über kooperative Führung festzustellen, wird im folgenden eine Taxonomie der Merkmale kooperativer Führung entwickelt. Unter „Taxonomie" verstehen wir mit Pugh et al. (1969, 115) ein multidimensionales Klassifikationssystem, das prinzipiell meßbar und weitgehend empirisch fundiert ist. Bei der Entwicklung einer tentativen Taxonomie von Merkmalen kooperativer Führung gehen wir von folgenden Auswahlprinzipien aus: (1) Ein Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen ist die tabellarische Darstellung verschiedener Führungssysteme von Likert (1972; 1975) und Likert/Likert (1976), in der eine Reihe personaler und organisatorischer Merkmale aufgeführt sind (vgl. Anhang 3 in Bd. 1). Wie bereits in Kap. G erwähnt, haben sich Likertsche Tabellen — ungeachtet verschiedener methodischer Probleme — in Organisationsentwicklungsprojekten bei der Erstellung graphischer und numerischer Führungsstilprofile als Steuerungsund Kontrollinstrument des Personalmanagements praktisch bewährt (vgl. Marrow et al., 1964; Wunderer, 1975 f; Brightford, 1974; Weder, 1975). Wunderer (1975f) verwendete z. B. das Likertsche Konzept für die Ermittlung der Führungsbeziehungen in Organisationen durch eine (a) Ist-Bewertung der Beziehungen des Mitarbeiters zum direkten Vorgesetzten, (b) Soll-Bewertung dieser Beziehungen und (c) Einschätzung der allgemeinen Führungssituation im Gesamtunternehmen. (2) Die von Likert aufgeführten Führungsmerkmale sowie deren Ausprägung können aber nicht alle in der Literatur als grundlegend erachteten Aspekte
Auswahlprinzipien für die Erstellung einer Taxonomie der Merkmale kooperativer Führung
30
Konzepte kooperativer Führung
kooperativer Führung erfassen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden wir deshalb verschiedene empirische und theoretische Untersuchungen, Sammelreferate, Fragebogen u. a. zum Führungsphänomen dahingehend vergleichend analysieren, ob und inwieweit sie die von uns als wichtig erachteten Merkmale kooperativer Führung aufweisen. (3) Auswahl- und Beurteilungskriterien für die Zusammenstellung der Merkmale kooperativer Führung sind: — theoretische und empirische Befunde zur Führungsforschung — relative Häufigkeit der Nennung bestimmter Merkmale in der Führungs- und Managementliteratur (sog. Expertenkonsensus) und — Plausibilitätsüberlegungen nach Maßgabe unseres Hintergrundwissens aufgrund der Kenntnis sozialwissenschaftlicher Literatur. Bei der vergleichenden Analyse der oben zitierten Autorenmeinungen über die Charakteristika kooperativer Führungsformen entstehen methodische Probleme: Es müssen verschiedene Ansätze unterschiedlicher Abstraktionsebenen (z. B. Fragebogenitems vs. Dimensionen aus Faktorenanalysen), verschiedene Analyseeinheiten (z. B. Verhalten, Einstellungen, Individual- und Gruppendaten) sowie z. T. inkompatible Begriffe und Aussagen auf eine gemeinsame Vergleichsbasis gebracht werden. Es bleibt deshalb nicht aus, daß in methodischer Hinsicht relativ vereinfachend verfahren werden muß.
3.1.1. Allgemeine Probleme einer theoriedefizitären Klassifikation von Merkmalen kooperativer Führung Im folgenden seien einige Nach- und Vorteile aufgeführt, die mit der Entwicklung und Anwendung einer Taxonomie von Merkmalen kooperativer Führung in Wissenschaft und Praxis verbunden sind.
3.1.2. Nachteile einer Taxonomie Nachteile einer Taxo nomie
— Die Zusammenstellung einzelner Elemente, Funktionen, Merkmale etc. erfolgt auf induktivem Wege, ohne den jeweiligen theoretischen Kontext zu berücksichtigen, der von den einzelnen Autoren zugrunde gelegt wurde. — Ein generelles Problem der Taxonomie von Merkmalen sind die hochabstrakten Begriffe, wie z. B. Motivation, Einfluß, Interaktion etc., da sie zu viele Sachverhalte einschließen: Denn je höher der Abstraktionsgrad der Merkmale, desto weniger Sachverhalte werden ausgeschlossen und desto geringer ist der Informationsgehalt. So impliziert z. B. das Merkmal Gruppenprozesse die von uns gesondert aufgeführten Merkmale Rollendifferenzierung, Interaktion, Konflikt etc. — Bedingungen und Konsequenzen der Merkmale werden in der Taxonomie nicht aufgeführt, so daß gesetzmäßige wenn-dann-Aussagen nicht sichtbar werden. — Die Merkmale sind nicht operationalisiert, sind mehrdeutig und überlappen
3. Darstellung und Auswertung ausgewählter Definitionen
31
sich häufig, wodurch eine vergleichende Analyse erschwert bzw. verzerrt wird. Angesichts der aufgeführten Nachteile muß nachdrücklich betont werden, daß die in der Taxonomie aufgeführten Merkmale lediglich erste Orientierungshilfen darstellen, die ihre spezifische Bedeutung nur in Verbindung mit den in Kap. L und M aufgeführten theoretischen und empirischen Befunden erhalten. Eine vergleichende Analyse der verschiedenen Auffassungen zum Führungsphänomen muß zuweilen willkürlich anmutende und auf Intuition beruhende Zuordnungen der Führungselemente vornehmen, weil in der Führungsliteratur unterschiedliche Begriffe für gleiche Sachverhalte und gleiche Begriffe für unterschiedliche Sachverhalte verwendet werden. So kann es durchaus vorkommen, daß wir bei der oben durchgeführten Klassifikation die Intention des einen oder anderen Autors inadäquat interpretieren. Uns geht es jedoch weniger um die „richtige" Zuordnung einzelner Autorenmeinungen, als vielmehr darum, das weitgespannte Spektrum der Anschauungen aufzuzeigen und die in der Literatur am häufigsten aufgeführten Merkmale kooperativer Führungsformen herauszuarbeiten. Hierbei stellen sich die gleichen Probleme wie bei einer abstrakt-rationalen Analyse von Führungsfunktionen (Neuberger, 1976, 104f.; vgl. Kap. G. 7.): — Begriffe werden willkürlich interpretiert — Begriffe werden tautologisch erklärt — Gleiche Sachverhalte tauchen unter verschiedenen Namen auf — Merkmale, Elemente, Funktionen u. ä. haben unterschiedliche Allgemeinheitsgrade — Merkmale sind nicht voneinander unabhängig — Die Frage der Vollständigkeit der Merkmale ist nicht beantwortbar wegen ihrer Mehrdeutigkeit bzw. wegen fehlender oder unzureichender Erkenntnisse des Führungsphänomens — Merkmale sind lediglich Beschreibungskategorien mit hohem Abstraktionsgrad ohne Operationalisierung — Gliederungsaspekte der Merkmale sind nicht bekannt Geht man davon aus, daß die von uns in der Tabelle aufgeführten Merkmale der kooperativen Führung lediglich zwei diskrete Ausprägungen aufweisen, nämlich vorhanden ( + ) und fehlend ( —), dann resultieren bei 9 Merkmalen 2 9 = 512 mögliche Konfigurationen. Da Führungs-Merkmale kaum dichotomer Natur sein dürften, sondern vielmehr Kontinua mit verschiedenen Ausprägungsgraden, würde die Zahl möglicher Merkmalskonfigurationen ins Unermeßliche steigen. Nehmen wir einmal an, jedes Merkmal zeigte eine Ausprägung von 4 Stufen, dann hätte man es mit einer Zahl von 4 9 = 262 144 zu tun, die nur noch mit einem Computer auswertbar und interpretierbar wäre. Erhöht man die Anzahl der Merkmale auf 13, resultieren 4 13 = 67108864 mögliche Kombinationen. Angenommen, die von uns vertretenen 9 Merkmale kooperativer Führung (vgl. Abschnitt 7.6.) wären operational definiert und lediglich eine dichotome
Probleme einer atheoretischen Aufzählung von Führungsmerkmalen
32
Konzepte kooperativer Führung
Trennung zwischen vorhanden ( + ) und fehlend (—) würde angestrebt: In diesem Falle bestünde ein Abgrenzungs-Problem darin, festzulegen, bei welchen der 29 = 512 möglichen Konfigurationen von kooperativer Führung gesprochen werden könnte und bei welchen nicht. Aus diesen Beispielen geht bereits hervor, wie problematisch es ist, kooperative Führung ohne zureichende theoretische Fundierung in Einzelmerkmale zu zerlegen. Es muß hier offen bleiben, ob es gelingt, durch den gezielten Einsatz von EDV-Programmen und geeigneten statistischen Verfahren (z. B. Konfigurationsfrequenzanalysen, vgl. Krauth/Lienert, 1973), das o. a. Problem für die Theorie und Praxis zufriedenstellend zu lösen. Ein vorläufiger und häufig praktizierter Ausweg aus dem aufgezeigten Dilemma besteht darin, die Anzahl der Merkmale auf eine relativ übersichtliche Zahl zu reduzieren. Im Falle einer extremen Reduktion erhielte man z. B. nur 2 Merkmale, nämlich partizipative und prosoziale Orientierung. Diese Reduktion ist jedoch nur um den Preis einer extremen Verringerung des Informationsgehalts möglich.
3.1.3. Vorteile einer Taxonomie Vorzüge einer Taxonomie von Führungsmerkmalen
Ungeachtet der aufgeführten Nachteile hat eine Taxonomie der Merkmale kooperativer Führung auch unbestreitbare Vorzüge, sofern der Geltungs- und Gültigkeitsbereich von Taxonomien nicht übergeneralisiert und ihre methodischen Unzulänglichkeiten im Auge behalten werden. — Die verschiedenen Merkmale stellen gewissermaßen die Essenz dessen dar, was Wissenschaftler und Praktiker unterschiedlicher Herkunft im Zusammenhang mit kooperativen Führungsformen als wichtig und notwendig erachten. Damit erfüllt die Taxonomie für Wissenschaft und Praxis bei der Beschreibung komplexer Führungsprozesse wichtige Ordnungs- und Orientierungsfunktionen, indem verschiedene Geltungsbereiche kooperativer Führung aufgezeigt werden. — Die unendlich große Zahl der Variablen und Konfigurationen wird auf wenige, überschaubare Grunddimensionen reduziert. Auch wenn sich einige Merkmale für das Verständnis des Führungsphänomens als überflüssig oder gar unrichtig erweisen sollten, gewinnen sie aufgrund ihrer normativen Setzung soziale Realität, zumal sich die Praxis auch in Form von Managementkonzepten, Führungsrichtlinien, Managementtrainingsprogrammen u. ä. an derartigen Taxonomien orientiert.
3.2. Experimentell untersuchte Führungsmerkmale
Analyse experimenteller Studien zu Führungsstilen
Neuberger (1972) hat 30 experimentelle Studien zu Führungsstilen im Hinblick auf die Merkmale kooperativer Führung untersucht. Dabei zeigte es sich, daß in den Experimenten vielfältige Differenzierungsmerkmale verwendet
3. Darstellung und Auswertung ausgewählter Definitionen
33
werden, die für Führungsstile im allgemeinen und kooperative Führungsstile im besonderen als wesentlich erachtet werden. Abbildung K-3-1 zeigt die in den Experimenten variierten Führungsmerkmale: (1) „Ernennung des Führers (eingesetzt vs. gewählt) (2) Partizipationsrate des Führers an den Gruppenaktivitäten (hoch vs. niedrig, aktiv vs. passiv) (3) Kontrolle der Gruppenaktivitäten (eng vs. weit) (4) Affektive Beziehung zwischen Führer und Gruppenmitgliedern (warm, positiv, neutral, feindselig, negativ) (5) Bestrafendes Verhalten des Führers (punitiv vs. nichtpunitiv) (6) Belohnendes Verhalten des Führers (Förderung vs. Vernachlässigung) (7) Entscheidungsgewalt des Führers (allein vs. verteilt) (8) Informationsgrad des Führers (umfassend vs. partikulär; Experte vs. Lernender) (9) Orientierung des Führers a) sachlich vs. persönlich b) leistungsorientiert vs. mitarbeiterorientiert c) lösungs- vs. gruppenorientiert d) individuum- vs. gruppenorientiert (10) Gesamtmacht des Führers (hoch vs. niedrig) (11) Einsatz der Macht (diktatorisch vs. persuasiv vs. permissiv) (12) Motivation der Gruppe durch den Führer (aktivierend vs. desinteressiert) (13) Autonomie des Führers (abhängig vs. unabhängig von) a) der Gruppe b) eigenen Vorgesetzten c) Regeln (14) Konsequenz im Handeln des Führers (verläßlich, berechenbar vs. unverläßlich, unberechenbar) (15) Rollendifferenzierung zw. Führer und Geführten (hoch vs. niedrig) (16) Strukturierung der Gruppenaktivität durch den Führer (hoch vs. gering) (17) Status des Führers (privilegiert vs. nichtprivilegiert) (18) Zugänglichkeit des Führers (unzugänglich vs. zugänglich) (19) Verantwortung des Führers (trägt sie für das Ergebnis — trägt sie nicht) (20) Bewertung von Gruppenaktivitäten und -Mitgliedern durch den Führer (ja vs. nein) (21) Vertretung der Gruppe durch den Führer (vertritt vs. vertritt nicht)". Abbildung K-3-1: Experimentelle Variationen von Führungsverhalten (nach Neuberger, 1972, 202)
In den von Neuberger ausgewerteten 30 Studien wurden von den in Abb. K-31 aufgeführten 21 Merkmalen folgende 5 Merkmale am häufigsten verwandt (vgl. Abb. K-3-2): — — — — —
Partizipationsrate Strukturierung Kontrolle Verteilung der Entscheidungsgewalt Motivation
18 X 16 X 14 X 14 X 11 X
Die Häufigkeit der Verwendung dieser Variablen sagt für sich genommen wenig über die Natur kooperativer Führung aus, allenfalls etwas über die von den Forschern vermutete Bedeutsamkeit dieser Variablen im Führungsprozeß.
Häufigkeit der Nennung von Führungsmerkmalen in Experimenten
Konzepte kooperativer Führung
34
Summe
Tf n
^ VI '
Frederiksen
Tt m a vi
X
Lawrence
X
X
X
Levine
X X
French
X
Coch
X
Morse
X
Misumi
X
Thiagarajan
X
Solem
X
Kidd
X
X
X
X
X
X X
X
X
X X
X
X
X
X
X
X
X X
X X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Wischmeier
X
X
Fiedler
X
X
Anderson
X
X
Day
X
X
Shaw
X
X
X
X
Shaw
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Kipnis
X
Bovard Hare
X
Preston
X
X
X
X
X X
X
X X
X
X
X
X
X X
Meade
X
X
X
X
White
X
X
X
X
2 normativer Aspekt > empirischer Aspekt
8.
Organisatorische und psychologische Aspekte kooperativer Führung
8.1.
Die Beziehung zwischen struktureller und interaktionaler Führung
Die strukturelle Führung (Führung durch Organisations- und Interaktionsstrukturen) wird in der betriebswirtschaftlichen Organisations- und FührungsIiteratur häufig als Unternehmungsführung bezeichnet (vgl. Kap. C). Im Gegensatz zur sogenannten Menschenführung (personale oder interaktionale Führung, vgl. Kap. L) bezieht sich die Unternehmungsführung auch auf die Steuerung sozio-technischer Gesamtsysteme. Man kann die sachstrukturelle Führung auch als institutionelle Dimension der Führung bezeichnen. Daß diese Dimensionen auf das Führungsgeschehen wesentlichen Einfluß haben, ist unbestritten. (Zur Differenzierung dieser zwei Dimensionen und zur Entwicklung des Begriffspaares „strukturelle und interaktionelle Führung" vgl. Wunderer, 1975 b; 1975 f) Die Beziehung zwischen struktureller und interaktionaler Führung läßt sich am Beispiel der Straßenverkehrsordnung einerseits und der Regelung des Straßenverkehrs durch Verkehrspolizei andererseits veranschaulichen. Straßen verkehrsregeln sind — analog den organisatorischen Regelungen bürokratischer Organisationen — verallgemeinerte, relativ situations- und zeitunabhängige Verhaltensregulative. Diese zeitlich überdauernden normativen Regeln bewirken, daß nicht ad hoc — wie bei der polizeilichen Verkehrsregelung — ein zeitaufwendiger und instabiler Konsensus zwischen den Beteiligten geschaffen werden muß. Die damit verbundene psycho-physische Entlastung, verringerte Unsicherheit etc., erleichtern somit die allgemeine Orientierung und machen das Verhalten aller Beteiligten mit einer angebbaren Wahrscheinlichkeit vorhersagbar und berechenbar. D. h. generalisierte Regelungen bieten die Gewähr, daß gleiches oder ähnliches Verhalten in gleichen oder ähnlichen Situationen gezeigt wird. Die strukturelle Führung umfaßt das ganze Spektrum von der Unternehmungsphilosophie bis hin zu organisatorischen Detailregelungen (vgl. Kap. I, M; Wunderer, 1975 b). Wir betrachten in Kap. M die organisatorischen Regelungen hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt des partizipativen Aspektes der kooperativen Führung. In Anlehnung an Yukl (1971) läßt sich die Beziehung
8. Organisatorische und psychologische Aspekte kooperativer Führung
107
zwischen dem interaktionalen, sachstrukturellen und partizipativen Aspekt der Führung wie folgt vereinfachend veranschaulichen:
interaktionaler Aspekt
sachstruktureller Aspekt Abb. K-8-1: Die Beziehung zwischen sachstrukturellem, interaktionalem und partizipativem Aspekt der Führung.
Für Mitarbeiter wie für Vorgesetzte ist es nicht unwichtig, zu wissen, ob ihre Entscheidungs- und Handlungsspielräume mehr durch strukturelle Regelungen oder durch interaktionale Führung determiniert werden. Wie in Kap. M (Autoritätsformen) gezeigt wird, sagt eine strukturelle Führung für sich genommen nur wenig über ihren tatsächlichen Akzeptierungsgrad aus. Vielmehr hängt ihre Wirkung von der Art ihrer Legitimierung sowie von ihren Funktionen ab. So hat sich gezeigt, daß in vielen Fällen eine strukturelle und unpersönliche Führung aufgrund von Regeln und Richtlinien einer unmittelbaren, persönlichen Führung aufgrund von Weisungen oder Empfehlungen vorgezogen wird (vgl. Kieser/Kubicek, 1977, 352f.; Kap. M). Es wird in der Literatur häufig darauf hingewiesen, daß ein demokratisches Führungssystem wie die kooperative Führung nicht ohne weiteres in ein hierarchisches System der Über- und Unterordnung implementiert werden könne (für viele Ziegler, 1970, 250f.; Bosetzky, 1970), es sei denn, daß mit kooperativer Führung bloß eine manipulative Beeinflußung („Human-Relations-Ideologie") der Mitarbeiter durch das Management im Hinblick auf die Akzeptierung bereits vorgegebener Ziele bzw. Entscheidungen gemeint ist (vgl. Kap. D, O). Diese Intention verbietet sich aufgrund der hier vertretenen Werte der Wechselseitigkeit, Subsidiarität und Selbstverwirklichung (vgl. Abschnitt 5.). „Die Einrichtung von Methoden der Partizipation muß, soll sie wirksam sein und über die Idee der Human-Relations-Lehre hinausgehen, ihren Niederschlag in offiziell sanktionierten Veränderungen der hierarchisch-bürokratischen Struktur und in der Institutionalisierung von Prozeduren zur Konfliktregelung finden" (Ziegler, 1970, 252).
Demgegenüber ist Zepf (1972, 153 f.) der Auffassung, daß sich kooperative Führung nicht primär auf das Leitungssystem der Unternehmung als Ganzes, sondern auf die Umwandlung der zuvor unipersonalen Instanzen zu multipersonalen Instanzen beziehe und daß diese Führungsform prinzipiell sowohl in Ein- und Mehrliniensystemen wie Sparten- und Matrixorganisationen ohne einschneidende Veränderungen ihrer Grundstrukturen verwirklicht werden könne. Diese Auffassung scheint nur vor dem Hintergrund einer restriktiven
Demokratisches Führungssystem und hierarchische Organisationsstruktur
108
Konzepte kooperativer Führung
Auffassung von kooperativer Führung i. S. der „Führung im Mitarbeiterverhältnis" (Höhn) haltbar zu sein, die nicht auf einen realen Machtausgleich abzielt (vgl. Kap. H). Nach herrschender Auffassung ist die Realisierung des partizipativen Aspektes der kooperativen Führung ohne wesentliche organisatorische Veränderungen des traditionellen Ein- und Mehrliniensystems und ihrer Mischformen kaum möglich (vgl. Kap. M, O). Veränderung der traditionellen Organisationsstrukturen bei kooperativer Führung
Die Grundfrage ist, wie eine Organisationsstruktur beschaffen sein muß, um kooperative Führungsformen zu ermöglichen bzw. nicht zu hemmen. Eine integrative Organisationstheorie der kooperativen Führung, die den vielfältigen ökonomischen, technischen und sozialpsychologischen Bedingungen kooperativer Führung zu entsprechen in der Lage wäre, gibt es (noch) nicht. Statt dessen findet man in der Literatur mannigfaltige theoretische Ansätze, Modelle, Erfahrungsberichte und Empfehlungen hinsichtlich der Gestaltung und Implementierung pluralistischer Einflußbeziehungen in komplexen Organisationen (Dezentralisierung, überlappende Gruppen, Kollegien, multilaterale Kommunikationsbeziehungen u. a. m., vgl. Kap. M). Angesichts zunehmender Umweltkomplexität und -dynamik ist jedwedes, in mechanistischer Weise angewandtes und mit dem Anspruch auf raumzeitlich unbeschränkte Gültigkeit auftretendes Organisationskonzept kooperativer Führung zum Scheitern verurteilt. In Kapitel L und M werden hauptsächlich zwei methodische Ansätze vertreten, nämlich:
Kritik der Organisationsliteratur
(1) deskriptive Ansätze, die in unterschiedlichem Maße theoretisch und/oder empirisch fundiert sind und (2) normative und/oder spekulative Ansätze (vgl. Kap. B). Besondere methodische und inhaltliche Schwierigkeiten entstehen bei dem Versuch, die Ergebnisse der betriebswirtschaftlich-soziologischen Organisationsliteratur mit dem sozialpsychologisch akzentuierten Konzept der kooperativen Führung (vgl. Kap. L) zu verbinden, da Individuen/Gruppen einerseits und Organisationsstrukturen andererseits unterschiedliche Abstraktionsebenen darstellen (Makro- vs. Mikroebene; vgl. Kap. B). Nicht zuletzt aus analytisch-didaktischen Gründen ist eine Trennung zwischen beiden interdependenten Analyseebenen unvermeidlich. Erschwerend wirkt sich zudem die Tatsache aus, daß kooperative Führung in der betriebswirtschaftlich-organisatorischen Literatur nur unzureichend thematisiert ist. Ein weiteres Problem entsteht dadurch, daß die Organisationsliteratur in weiten Teilen beschreibend-normativ argumentiert. Die von March/Simon bereits 1958 geübte Kritik am Erklärungswert der Organisationsliteratur ist leider nach 20 Jahren intensiver Forschung immer noch gültig (1976, 10): „Jeder Versuch, die verstreuten und unterschiedlichen Schriften über Organisation zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammenzutragen, muß zwei schwierige Probleme überwinden. Beim Studium der Literatur gewinnt man den Eindruck, daß trotz allem nicht viel über Organisationen ausgesagt worden ist, daß es aber immer wieder auf die verschiedenste Art geschehen ist. Folglich müssen wir uns ernsthaft
8. Organisatorische und psychologische Aspekte kooperativer Führung
109
bemühen, eine gemeinsame Sprache aufzubauen. Das zweite Problem ergibt sich aus der großen Disparität zwischen Hypothesen und Beweismaterial in der Literatur. Das meiste, was wir über Organisationen wissen oder zu wissen glauben, ist vom gesunden Menschenverstand und aus den praktischen Erfahrungen leitender Angestellter abgeleitet. Der Großteil der Weisheit und dieses Wissens wurde nie der strengen Überprüfung mit wissenschaftlichen Methoden unterworfen. Die Literatur enthält viele Behauptungen, aber wenig Beweismaterial, um — nach dem üblichen wissenschaftlichen Standard der allgemeinen Überprüf- und Reproduzierbarkeit — bestimmen zu können, ob diese Behauptungen in der Welt der Tatsachen stichhaltig sind."
In Kapitel L werden vorwiegend Merkmale von Personen und Gruppen sowie sozialpsychologische Charakteristika personaler Führungsbeziehungen dargestellt. Mit der Ergänzung dieses Kapitels durch Kapitel M wird der Versuch unternommen, methodisch bedingte Einseitigkeiten zu vermeiden, wie z. B . in der „organisationspsychologischen" (Silvermann, 1972) Literatur der HumanRelations-Tradition. In dieser Tradition werden Probleme der VorgesetztenMitarbeiter-Beziehung lediglich als Binnen-Probleme des Führungsbereichs diskutiert. So wird z. B . in der klassischen Führungsstil-Diskussion (vgl. Kap. G ) nach angemessenen Verhaltensweisen des Vorgesetzten gefragt, ohne die organisatorischen Rahmenbedingungen gebührend zu berücksichtigen. Wie in der neueren sozialwissenschaftlichen Literatur ausdrücklich betont wird, reicht es nicht aus, Bedingungen und Konsequenzen, Implementierung und Stabilisierung kooperativer Führungsformen in Organisationen entweder nur personalistisch-psychologisch („people without Organization") oder nur struktural-organisatorisch („Organization without people") zu untersuchen. Vielmehr sind beide Ansätze komplementär, d. h. es handelt sich bei ihnen um zwei Seiten ein und derselben Medaille. Beiden Ansätzen liegen unterschiedliche theoretische Vorstellungen über Erklärung, Vorhersage und Veränderung menschlichen Verhaltens und Erlebens in Organisationen zugrunde. Während der personale Ansatz - welcher hauptsächlich von humanistisch orientierten Organisationspsychologen vertreten wird - davon ausgeht, daß primär über Einstellungs- und Verhaltensänderung der Individuen eine Änderung der Organisationsstrukturen und -prozesse möglich ist, sind die Vertreter des strukturalen Ansatzes der Auffassung, daß die Verhaltensweisen und Einstellungen der Organisationsmitglieder primär über die Veränderung von Organisationsstrukturen beeinflußt werden (vgl. Gebert, 1978; 1974, 23t.-, Kap. M, O). Sowohl Organisationsstruktur wie personelle Führung sind Instrumente zielorientierter Verhaltenssteuerung. Die wechselseitige Beziehung zwischen struktureller und interaktionaler Führung wird in Abb. K - 8 - 2 veranschaulicht. Personale bzw. interaktionale Aspekte der Führung wurden bisher primär von der „anglo-amerikanischen" Organisationspsychologie und Sozialpsychologie, strukturelle Probleme eher von der „europäischen" Organisationslehre behandelt. In Abbildung K - 8 - 3 werden beide Traditionen gegenübergestellt.
Personale und strukturale Ansätze als komplementäre E r klärungen
Konzepte kooperativer Führung
110 Führung Menschenfuhrung (Direkte, interaktioneile Führung)
Unternehmens-/Personalführung (Indirekte, strukturelle Führung)
Mitarbeiterführung
Untemehmensflihrung
z.B. Planen Entscheiden Koordinieren Delegieren Informieren Motivieren Entwickeln Bewerten
z.B. Unternehmenspolitik Unternehmensziele/-grundsätze Führungs-/Kooperationsgrundsätze Richtlinien Organisationsnormen/-formen
ergänzt, modifiziert, legitimiert, ersetzt
Personalmanagement z.B. Personalbeschaflung/-einsatz/ -Freisetzung Versetzung/Beförderung Lohn-/Gehaltsfestsetzung Funktionen/Kriterien Generalisierung Formalisierung Standardisierung Verbindlichkeit Legitimierung
Personal-/Untemehmensfiihrung definiert den akzeptierten Mandlungsspielraum der Menschenführung
Abb. K-8-2: Die Beziehung zwischen unpersönlicher (struktureller) und persönlicher (interaktionaler) Führung
Vergleich zwischen interaktionaler und struktureller Führung
Interaktionale
Führung
Strukturelle
Führung
(amerikanische Tradition) (europäische Tradition) Ansatz Untersuchungsfeld
Fokus
mikroskopisch, verhal-
makroskopisch, struk-
tensorientiert
turorientiert
D e r M e n s c h in der Orga-
O r g a n i s a t i o n e n in der G e -
nisation (Organisations-
sellschaft (Organisations-
Psychologie)
Soziologie)
B e d ü r f n i s s e und Einstel-
Organisation als G a n z e s .
lungen v o n M e n s c h e n .
W e c h s e l w i r k u n g e n zwi-
B e t o n u n g innerorganisa-
s c h e n Organisationsstruk-
torischer P r o b l e m e
tur u n d U m w e l t
Ideologie
e h e r harmonistisch
e h e r konfliktorientiert
Adressat
Vorgesetzter eines Füh-
Top Management:
rungsbereiches (und Mit-
Verantwortlich für G e -
arbeiter)
samtorganisation
Abb. K-8-3: Vergleich anglo-amerikanischer und europäischer Führungsansätze
8. Organisatorische und psychologische Aspekte kooperativer Führung
111
Zusammenfassend: Es wurde aufgezeigt, daß in Kapitel M nicht lediglich formal unterschiedene organisatorische Merkmale den in Kapitel L dargestellten sozialpsychologischen Merkmalen kooperativer Führung additiv hinzugefügt werden dürfen. Vielmehr stellt sich die häufig vernachlässigte Aufgabe der konzeptionellen Integration struktureller und personaler Ansätze. Im Rahmen der vorliegenden Literaturanalyse wird indes keine Lösung dieses Problems erreicht werden können. Doch soll zumindest die Problematik der Wechselbeziehung zwischen interaktioneller und struktureller Führung so weit wie möglich beachtet werden, um die Bedingungen, Erscheinungsweisen und Konsequenzen kooperativer Führung adäquater erfassen zu können.
8.2.
Die Beziehung zwischen prosozialem und partizipativem Aspekt kooperativer Führung
Es spricht vieles dafür, daß sich die organisatorischen Bedingungen und Hemmnisse kooperativer Führung vorwiegend unmittelbar auf den partizipativen Aspekt kooperativer Führung auswirken. Demgegenüber dürften sich organisatorische Strukturvariablen vorwiegend mittelbar und in zweiter Linie unmittelbar auf den prosozialen Aspekt der kooperativen Führung auswirken, der in Kap. L dargestellt wird. Dagegen werden die psychologischen Bedingungen und Hemmnisse kooperativer Führung unmittelbar auf den prosozialen und eher mittelbar auf den partizipativen Aspekt Einfluß nehmen. Zusammenfassend lassen sich folgende plausible Hypothesen formulieren: (1) Durch organisatorisch-strukturelle Regelungen wird der partizipative Aspekt kooperativer Führung stärker tangiert als der prosoziale Aspekt. (2) Durch sozialpsychologische Faktoren wird der prosoziale Aspekt kooperativer Führung stärker tangiert als der partizipative Aspekt. So ist es durchaus denkbar, daß aufgrund partnerschaftlicher Zusammenarbeit der prosoziale Aspekt realisiert wird, während wegen restriktiver organisatorischer Regelungen der partizipative Aspekt nur minimal verwirklicht werden kann (sog. Human-Relation-Situation). Der umgekehrte Fall ist ebenfalls denkbar: Weitgehende Realisierung des partizipativen Aspektes und geringe Realisierung des prosozialen Aspektes kooperativer Führung. In diesem Fall übersteigt der „Reifegrad" der Organisation den der Mitglieder (vgl. Kap. L, O sowie die schematische Darstellung in Abb. K-8-4). Abbildung K-8-5 verdeutlicht die hypothetischen Einflußbeziehungen organisatorischer Strukturen auf den prosozialen und partizipativen Aspekt kooperativer Führung. Es wird deutlich, daß in Kapitel M hauptsächlich der partizipative Aspekt der kooperativen Führung thematisiert wird; hingegen wird der prosoziale Aspekt weitgehend in Kapitel L abgedeckt. Die unterschiedlichen organisatorischen Gestaltungsempfehlungen, die den Prinzipien kooperativer Führung entsprechen bzw. nicht entgegenstehen, kön-
Strukturelle und interaktionale Führung sowie prosozialer und partizipativer Aspekt kooperativer Führung
Konzepte kooperativer Führung
112
nen danach unterschieden werden, inwieweit sie a) organisationskonform (z. B. Dezentralisierung, Kollegien etc.) oder b) organisationsmodifizierend (z. B. job enrichment, teilautonome Gruppen) sind.
Realisierungsgrad der kooperativen Führung
Kooperative Führung prosozialer Aspekt (sozial- partizipativer Aspekt (sachpsycholog. Bedingungen, strukturelle Bedingungen, Kap. L) Kap. M)
kooperative Führung
realisiert
realisiert
partielle kooperative Führung (Human-RelationSituation)
realisiert
unzureichend realisiert
partielle kooperative Führung (Humanisierung der Arbeitssituation)
unzureichend realisiert
realisiert
Abb. K-8-4: Die Beziehung zwischen prosozialem und partizipativem Aspekt kooperativer Führung
Organisatorische Gestaltungsansätze
systemkonforme Ansätze
unmittelbare Beziehung zur kooperativen Führung
A
prosoz.
partiz
systemmodifizierende Ansätze
mittelbare Beziehung
prosoz.
partiz.
mittelbare Beziehung
prosoz.
partiz.
unmittelbare Beziehung
prosoz.
partiz.
Die breiten Linien indizieren dominante Einflußbeziehungen. Abb. K-8-5: Der hpothetische Einfluß organisatorischer Gestaltungsmaßnahmen auf den prosozialen und partizipativen Aspekt kooperativer Führung
8. Organisatorische und psychologische Aspekte kooperativer Führung
8.3
113
Der kooperative Führungsstil im Kontext anderer Führungsformen
Betrachtet man das Konzept kooperativer Führung noch einmal zusammenfassend unter den zwei gewählten Einflußdimensionen der Führung (prosozial und partizipativ), dann kann man auch andere, in der Literatur häufig genannte Führungsstile (vgl. z. B. Seidel 1978, Witte 1972, Höhn 1966) gut danach einordnen. Abb. K-8-6 zeigt diese Einordnung und erläutert die fünf Führungsstile sowie die zwei Führungsdimensionen mittels stichwortartiger Charakterisierung. Teilhabe Machtgestaltung Partizipation
kooperativ patriarchalisch
autokratisch
kollegialdelegativ
abdicarisch laissez-faire
Teilnahme Beziehungsgestaltung Abb. K-8-6: Prosoziale Orientierung Der kooperative Führungsstil im Kontext ander Führungsformen
Kurzcharakterisierung der Führungsstile: Autokratisch:
Geringe Mitarbeiterorientierung und wenig Entscheidungsbeteiligung des Mitarbeiters
Patriarchalisch: Höhere Mitarbeiterorientierung und Fürsorge, noch relativ wenig Entscheidungsbeteiligung und Delegation Kooperativ:
Hohe Teamorientierung und hoher Anteil an gemeinsamen Problemlösungen
Kollegialdelegativ:
Hohes fachliches und zwischenmenschliches Vertrauen, weitgehend selbständiger Entscheidungs- und Handlungsspielraum des Mitarbeiters
Abdicarisch Laissez-faire:
Geringe Mitarbeiterorientierung und weitgehender Rückzug des Vorgesetzten aus der Führungsaufgabe (abdicare = lat.: abdanken)
114
Konzepte kooperativer Führung
Kurzcharakterisierung der zwei Führungsdimensionen: Partizipative Orientierung (Machtgestaltung): Information, Konsultation, gemeinsame Konferenzen und Besprechungen, Begründung von Entscheidungen, gemeinsame Entscheidungsvorbereitung, kollegiale Entscheidung, Vorschlagsrechte, Mitentscheidung, Vetorechte, mehr Selbst- als Fremdkontrolle. Prosoziale
Orientierung
(Zwischenmenschliche
Beziehungsgestaltung):
Offenheit, Vertrauen, Verständnis, Akzeptanz, Einfühlungsvermögen, mitmenschliche Orientierung, wechselseitige Unterstützung und Kommunikation, Gruppenorientierung, Kompromißfähigkeit, Verhandlungsbereitschaft.
Ausgewählte Literatur Bierhoff, H. W.: Hilfreiches Verhalten. Darmstadt 1980. Bosetzky, H.: Grundzüge einer Soziologie der Industrieverwaltung. Stuttgart 1970. Bravermann, H.: Die Arbeit im modernen Produktionsprozeß. Frankfurt/New York 1977. Bullmer, K.: Empathie. München/Basel 1978. Chadwick-Jones, J. K.: Social exchange theory: its structure and influence in social psychology. London 1976. Feger, H.: Kooperation und Wettbewerb, in: Heigl-Evers, A. (Hrsg.): Die Psychologie des 20. Jahrhunderts, Band VIII. Zürich 1979, 290-303. Forster, J.: Teams und Teamarbeit in der Unternehmung. Bern/Stuttgart 1978. Gaugier, E., et al.: Humanisierung der Arbeitswelt und Produktivität. Ludwigshafen 1977. Hartfiel, G. (Hrsg.): Das Leistungsprinzip. Opladen 1977. Israel, J.: Der Begriff Entfremdung. Reinbek 1972. Kmieciak, P.: Wertstrukturen und Wertwandel in der Bundesrepublik Deutschland. Göttingen 1976. Laux, E.: Führung und Führungsorgane in der öffentlichen Verwaltung. Stuttgart 1975. Likert, R.: Die integrierte Führungs- und Organisationsstruktur. Frankfurt/New York 1975. Lück, E. (Hrsg.): Mitleid — Vertrauen — Verantwortung — Ergebnisse der Erforschung prosozialen Verhaltens. Stuttgart 1977. Mikula, G. (Hrsg.) Gerechtigkeit und soziale Interaktion. Bern 1980. Pelinka, A.: Dynamische Demokratie. Stuttgart 1974. Seidel, E.: Betriebliche Führungsformen. Stuttgart 1978. Zepf, G.: Kooperativer Führungsstil und Organisation. Wiesbaden 1972. Wall, T. D. und J. A. Lischeron: Worker participation. London 1977. Ziegler, H.: Strukturen und Prozesse der Autorität in der Unternehmung. Stuttgart 1970.
KAPITEL L
Psychologische Bedingungen und Hemmnisse kooperativer Führung 0.
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird vor dem Hintergrund der in Kapitel K entwickelten Konzeption kooperativer Führung versucht, jene individual- und sozialpsychologischen Bedingungen und Hemmnisse herauszuarbeiten, die für kooperative Führungsbeziehungen wesentlich sind. Im ersten Abschnitt werden methodologische Grundfragen der Analyse kooperativer Führung erläutert. Es wird festgestellt, daß die Komplexität kooperativer Führungsformen nur durch eine integrative Theorie oder zumindest durch ein modelltheoretisches Bezugssystem angemessen erfaßt werden kann. Da eine befriedigende Theorie der kooperativen Führung noch nicht existiert, wird für die Analyse wichtiger psychologischer Variablen kooperativer Führung ein von Morris/Seeman vorgeschlagenes Modell zur interdisziplinären Analyse von Führungsbeziehungen verwandt. Im zweiten Abschnitt werden anthropologische Grundbedingungen der Zusammenarbeit, nämlich Kontaktbedürfnis und sozialer Vergleich diskutiert. Im dritten Abschnitt werden wesentliche individualpsychologische Bedingungen und Hemmnisse kooperativer Führung, wie z. B. Einstellungen, Werte und Erwartungen der Vorgesetzten und Mitarbeiter aus empirischer Sicht diskutiert. Überdies wird untersucht, ob und inwieweit ausgewählte Persönlichkeitsmerkmale, wie Selbstwertgefühl, Selbstöffnung, Toleranz, Empathie, Erfolgsund Mißerfolgsorientierung, Autoritarismus, soziale Kompetenz, individuelle „Reife" u. a. kooperative Führungsbeziehungen zu fördern oder zu hemmen vermögen. Im vierten Abschnitt wird der Einfluß von Lebensalter, Bildungsgrad und Mitgliedschaftsdauer in einer Organisation auf die Einstellung zur kooperativen Führung untersucht. Empirische Befunde zeigen, daß sich Lebensalter einerseits sowie Bildungsgrad und Mitgliedschaftsdauer andererseits auf die Einstellung zur kooperativen Führung gegenläufig auswirken: Mit höherer formaler Bildung steigt die Akzeptanz partizipativer Führungsformen, während mit wachsendem Lebensalter und zunehmender Mitgliedschaftsdauer in der Organisation die Neigung zu Einzelentscheidung und -arbeit zunimmt. Da nach herrschender Auffassung in kooperativen Führungsformen die Gruppenarbeit eine herausragende Rolle spielt, wird im fünften Abschnitt versucht,
116
Psychologische Bedingungen und Hemmnisse
kooperative Führungsprozesse und -strukturen durch grundlegende empirische Befunde der sozialpsychologischen Kleingruppenforschung zu beschreiben und zu erklären. Als Hauptgrund für die Gruppenorientierung kooperativer Führungsformen wird der prinzipielle Leistungsvorteil der Gruppenarbeit gegenüber der Einzelarbeit sowie die Bedeutung des Gruppenzusammenhaltes für die Leistung und Zufriedenheit herausgestellt. Schließlich werden empirische Befunde über den Einfluß verschiedener Persönlichkeitsmerkmale, wie interpersonale Orientierung, Einfühlung, emotionale Stabilität, Zuverlässigkeit u. a. auf den Gruppenprozeß innerhalb kooperativer Führungsbeziehungen referiert. Im sechsten Abschnitt werden grundlegende Merkmale kooperativer Führungsprozesse diskutiert. Zunächst erfolgt eine Begriffsbestimmung und -abgrenzung von Kooperation, Konkurrenz und Konflikt. Dabei zeigt sich, daß Kooperation und Konkurrenz nicht in einem kontradiktorischen Verhältnis zueinander stehen. Vielmehr können Kooperations- und Konkurrenzbeziehungen auch gemeinsam auftreten, wenn z. B. Kooperation auf ein Wettbewerbsziel ausgerichtet ist. Kooperation und Konkurrenz werden als zwei voneinander unabhängige, unipolare und mehrdimensionale Kontinua wie folgt aufgefaßt: Nicht-Kooperation > Nicht-Konkurrenz >
Kooperation Konkurrenz w
Anhand verschiedener Experimente wird gezeigt, daß kooperativ arbeitende Gruppen im Vergleich zu konkurrenzorientierten Gruppen i. d. R. folgende Vorzüge aufweisen: (a) Größere Koordination der Aktivitäten (b) größere Variabilität der Beiträge der einzelnen Mitglieder (c) größere Differenziertheit der Aktivitäten (d) größerer Leistungsdruck (e) höhere wechselseitige Kommunikation (f) größere Aufmerksamkeit der Mitarbeiter untereinander (g) besseres Verständnis der wechselseitigen Kommunikation (h) größere Anerkennung und Billigung der Kommunikation (i) bessere Orientierung und Ordnung (j) größere Produktivität pro Zeiteinheit (k) bessere Diskussionsqualität (1) mehr Freundlichkeit während der Diskussion (m) günstigere Bewertung der Gruppe und ihrer Ergebnisse (n) mehr Bemühungen, die Gruppenfunktionen zu sichern und zu verbessern (o) ein stärkeres Gefühl bei den Mitgliedern, von den Kollegen akzeptiert zu werden (p) ein größeres Bedürfnis der Verpflichtung gegenüber den anderen und ein größerer Wunsch, die Achtung der anderen zu gewinnen.
117
1. Methodische Aspekte - Kooperative Führung
Als wesentliches Merkmal kooperativer Führungsformen und zugleich als Mittel der Konfliktregelung werden Aushandlungs- und Verhandlungsprozesse untersucht, die je nach Situation eher kooperativ oder eher kompetitiv orientiert sein können. Darüber hinaus wird dargestellt, inwieweit Koalitionsbildungen zwischen zwei oder mehr Personen kooperative Führungsbeziehungen zu hemmen in der Lage sind. Im siebten Abschnitt werden theoretische und empirische Aspekte von Vertrauen und Toleranz ausführlich diskutiert, da vertrauensvolle Arbeitsbeziehungen und tolerantes Verhalten für die Realisierung kooperativer Führungsbeziehungen unabdingbar sind. Nach einer Begriffsbestimmung von „Vertrauen" werden sozio-kulturelle Bedingungen und Konsequenzen vertrauensvoller Sozialbeziehungen herausgearbeitet. Anhand experimenteller Befunde wird aufgezeigt, daß zwischen Vertrauen und Mißtrauen subtile Wechselwirkungen bestehen. Für die Einführung und Aufrechterhaltung kooperativer Führungsbeziehungen ist die Erkenntnis bedeutsam, daß sich vertrauensvolle wie argwöhnische Verhaltensweisen durch die „self-fulfilling prophecy" selbstverstärken können und daß Vertrauen schneller in Mißtrauen umschlägt als umgekehrt. Schließlich werden zwei empirisch fundierte Theorien des Vertrauens ausführlich dargestellt.
1.
Methodische Aspekte — Kooperative Führung als unabhängige, intervenierende und abhängige Variable
Man kann davon ausgehen, daß mehrere hundert Variablen in unterschiedlichster Kombination kooperative Führung beeinflussen und von ihr beeinflußt werden (vgl. Kap. K). Deshalb ist für die Darstellung eines komplexen sozialen a) Psychol, und Organisator. Bedingungen u. Hemmnisse
b) Prozesse und Strukturen
c) Konsequenzen
Zeit
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Abb. L-l-1: Kooperative Führung als unabhängige, intervenierende und abhängige Variable
Kooperative Führung als unabhängige, intervenierende und abhängige Variable
118
Psychologische Bedingungen und Hemmnisse
Sachverhaltes, wie „Psychologische und organisatorische Bedingungen und Hemmnisse kooperativer Führung" ein konzeptionelles Bezugssystem notwendig, um die vielfältigen und interdependenten Einflußgrößen in ökonomischer Weise erfassen und integrieren zu können. In Anlehnung an Hackman/Morris (1975, 50) gehen wir deshalb in diesem Kapitel und in Kap. M von dem in Abb. L-l-1 dargestellten Bezugsrahmen aus. Erläuterung zu Abb. L-l-1: Die Konsequenzen (c) wirken sowohl auf t1 und t2 zurück (Pfeile t4 und t5). In diesem Kapitel wird kooperative Führung hauptsächlich als abhängige und intervenierende Variable untersucht. Ein weiteres Ordnungsschema stellt das bereits in Kap. B 1.3. vorgestellte Würfelmodell dar:
Einstellungen u. Verhalten Abb. L-l-2: Individual- und gruppenpsychologische Aspekte kooperativer Führung im Würfelmodell
Die gestrichelten Zellen werden in diesem Kapitel thematisiert, wobei der prosoziale Aspekt kooperativer Führung im Mittelpunkt steht. In beiden Schemata wird kooperative Führung als a) unabhängige Variable (Psychologische Bedingungen und Hemmnisse), b) als intervenierende Variable (Prozesse und Strukturen) und c) als abhängige Variable (Konsequenzen) dargestellt (vgl. Kap. B 1.1.). Welche der Variablen jeweils als abhängig, intervenierend oder unabhängig bezeichnet werden, unterliegt der Konvention bzw. hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Bei Rückkoppelungsprozessen wird
1. Methodische Aspekte - Kooperative Führung
119
z. B. die abhängige Variable zur unabhängigen Variablen, und umgekehrt. Dieser Sachverhalt ist bei der Lektüre der nachfolgenden Darstellung stets zu beachten. Eine dem gegenwärtigen Erkenntnisstand entsprechende Beschreibung und Erklärung der (kooperativen) Führung muß sich darum bemühen, die gesicherten Ergebnisse des eigenschafts- und situationstheoretischen Ansatzes in einem interaktionalen Ansatz einzubeziehen. Dabei sollten nach herrschender Auffassung (Gibb, 1969; 204f.; Aschauer, 1970; Nieder, 1977; Seidel, 1978; Steinle, 1978; u. a.) folgende Variablenklassen berücksichtigt werden, die in diesem Kapitel sowie in den Kapiteln I, K und M untersucht werden: (1) Persönlichkeitsmerkmale der Vorgesetzten sowie ihre Einstellungen und Erwartungen im Hinblick auf die Mitarbeiter und auf die Situation (2) Persönlichkeitsmerkmale der Mitarbeiter sowie ihre Einstellungen und Erwartungen im Hinblick auf die Vorgesetzten und auf die Situation (3) Struktur und Funktion der Gruppe (4) Kontextvariablen der Gruppe, wie z. B. Aufgabenstruktur, Organisation, Umwelt und Gesellschaft, aber auch Zeitdruck oder Ertragssituation. Es wurde bereits mehrfach betont, daß kooperative Führung eine andere Sichtweise als die klassische Führungstheorie erfordert, die primär vom Vorgesetzten ausgeht, nach dem sich die Mitarbeiter zu richten haben (Lawrence/Lorsch, 1969). Führungsansätze, die vorwiegend Persönlichkeitsmerkmale des Vorgesetzten herausstellen (dazu zählen auch einige „mitarbeiterorientierte" Führungsstile, vgl. Kap. G) und unausgesprochen die Selbstanpassung der Mitarbeiter voraussetzen, sind für die Beschreibung und Erklärung kooperativer Führungsbeziehungen wenig geeignet. Kooperative Führung wurde als wechselseitiger, tendenziell symmetrischer Einflußprozeß zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten konzeptualisiert (vgl. Kap. K), in dem Führungsbeziehungen von allen Beteiligten beeinflußt, teilweise auch ausgehandelt und dadurch konsensfähig gestaltet werden. Demnach können als Bedingungen kooperativer Führung nicht allein persönliche Merkmale und Eigenschaften herangezogen werden, die für die Beschreibung autoritärer und anderer führerzentrierter Einflußprozesse ausreichen mögen. Vielmehr sind die wechselseitigen Interaktionen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern sowie die Entwicklung dieser Beziehungen im Rahmen von Gruppen zu untersuchen. D. h., partizipative und prosoziale Aspekte kooperativer Führung gebieten einen Ubergang von individual- zu sozialpsychologischen und soziologischen Beschreibungs- und Erklärungskategorien.
1.1.
Ein Modell zur sozialpsychologischen Analyse kooperativer Führung
Morris/Seeman (1972, 142) kommt das Verdienst zu, bereits 1950 ein detailliertes und interdisziplinär angelegtes Bezugssystem für die Analyse von Führungsstrukturen und -prozessen vorgelegt zu haben, das freilich in der Theorie
Interaktionaler Führungsansatz
120
Psychologische Bedingungen und Hemmnisse
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1. Methodische Aspekte - Kooperative Führung
121
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3.5
Low
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Abb. N-4-10: Beziehung zwischen Produktivität und „morale" in Abhängigkeit vom Vorgesetztendruck (nach Dubin, 1965, 27).
4.5.
Autonomie der Mitarbeiter
Als „Autonomie" kann ein Zustand bezeichnet werden, bei dem die Einflüsse der Vorgesetzten auf die Mitarbeiter minimal sind bzw. der Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter weitgehend selbstbestimmt sind (vgl. Kap. M.). Kahn (1956), Likert (1975) u. a. fanden, daß leistungsstarke Gruppen eher von demokratisch denn autoritär orientierten Vorgesetzten geführt wurden. Die Allgemeingültigkeit dieser Aussage wird indessen von Argyle et al. (1958) (vgl. auch die Zusammenfassung von Stogdill, 1974; Abschnitt N 5.1.) bestritten. Die Autoren meinen, daß z. B. Technologie, untersuchte Stichproben u. a. m. (z. B. Fabrikarbeiter vs. Angestellte) die jeweiligen Ergebnisse beein-
4. Ausgewählte empirische Befunde
431
Aussen. So untersuchten Argyle et al. (1958) den Einfluß von 90 Vorarbeitern in 8 britischen Elektromotorenunternehmen mit Massenproduktion und fanden, daß als einzige Dimension des Vorgesetzten-Verhaltens das bestrafende vs. nicht-bestrafende Verhalten bei Fehlern der Arbeitnehmer eine signifikante Beziehung zu deren Leistung aufwies. Die Kombination von genereller Beaufsichtigung (supervision) sowie demokratischem und nicht-bestrafendem Verhalten gegenüber den Arbeitnehmern vermochte lediglich 18,5% der Leistungsvarianz aufzuklären. Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung Wie die tabellarische Übersicht von Stogdill zeigt (vgl. Abschnitt 5.1.), vermögen sowohl Mitarbeiterorientierung wie Aufgabenorientierung des Vorgesetzten die Leistung und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu beeinflussen. Damit wird die Annahme eines bipolaren Kontinuums mit Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung an den Endpunkten nicht gestützt. Vielmehr handelt es sich um zwei voneinander unabhängige Verhaltensmuster, die auf Zufriedenheit und Leistung einwirken (vgl. Kap. G, Führungsstile). Dubin stellt nach Auswertung mehrerer Studien fest, daß der Technologiegrad einen wesentlichen vermittelnden Einfluß auf die Wirkung des Vorgesetztenverhaltens im Hinblick auf Leistung und Zufriedenheit ausübt:
Einzelfertigung und niedriger Technologiestand
Massenfertigung und hoher Technologiestand
Aufgabenorientierung
niedrig
hoch
Mitarbeiterorientierung
hoch
niedrig
Zusammenfassend: Trotz gleicher Ziele kann effektives Vorgesetztenverhalten aufgrund vermittelnder Variablen (Moderatorvariablen), wie Technologiegrad, Aufgabenart, Erwartungen, Qualifikationsgrad etc. ganz unterschiedliche Verhaltensweisen aufweisen. Aus diesem Grunde ist es unzulässig, strikte „wenn-dann-Beziehungen" bei kooperativer oder nicht-kooperativer Führung aufstellen zu wollen, ohne einschränkende Nebenbedingungen zu berücksichtigen (vgl. hierzu Fiedler/Chemers, 1974). Wie z. B. die Ohio-Studien gezeigt haben (vgl. Abbildung N-4-11 und Kap G), besteht zwischen „Consideration" (Mitarbeiterorientierung) und „Initiating Structure" (Aufgabenorientierung) sowie Kündigung und Absentismus eine nicht-lineare Beziehung. Mit anderen Worten: der Einfluß des Vorgesetzten auf das Mitarbeiterverhalten ist nicht-linearer Natur, so daß eine Änderung des Vorgesetztenverhaltens nicht eine gleichartige Änderung des Mitarbeiterverhaltens bewirken muß. Übertragen auf Umfang und Intensität kooperativer
Technologiegrad, Aufgaben-und Mitarbeiterorientierung
Folgen kooperativer Führung: Leistung und Zufriedenheit
432 .40
Niedrige Mitarbeiterorientierung u
.30 Mittlere
Hohe
niedrig
mittel
Mitarbeiterorientierung
Mitarbeiterorientierung
hoch
Structure Abb. N-4-11: Führungsverhalten und Beschwerderate (nach Dubin, 1965, 33)
Führungsformen hat bereits Likert vor 25 Jahren (1952, zit. n. Dubin, 1965, 41 f.) ähnliche Gedanken geäußert: „Available research findings indicate, therefore, that when . . . the amount of participation used is less than or very much greater than expected, an unfavorable reaction is likely to be evoked. Substantially greater amounts of participation than expected appear to exceed the skill of the subordinate to cope with it and produce a negative reaction because of the threatening nature of the situation to the subordinate. The available theory and research findings suggest that the best results obtain when the amount of participation used is somewhat greater than expected by the subordinate, but still within their capacity to respond to it effectively."
5.
Zusammenfassung der empirischen Befunde über die Beziehung zwischen kooperativer Führung, Leistung und Zufriedenheit
Angesichts einiger hundert Studien über die Wirkungen unterschiedlichen Führungsverhaltens auf die Zufriedenheit und Leistung der Mitarbeiter ist es schon aus Raumgründen unmöglich, einen umfassenden oder gar vollständigen Überblick über den gegenwärtigen Forschungsstand zu geben (vgl. hierzu die Übersichtsarbeit von Srivastva et al., 1975). Deshalb sei lediglich die von Stogdill (1974) vorgelegte zusammenfassende Übersicht über den gegenwärtigen Stand der empirischen Führungsforschung referiert.
5. Zusammenfassung der empirischen Befunde
433
In diesen Studien über die Beziehung zwischen Führung, Leistung und/oder Zufriedenheit wurden fast ausschließlich Korrelations-Koeffizienten ermittelt, die keine Ursachen-Wirkungs-Erklärungen zu geben vermögen. Gleichwohl ist die Annahme aufgrund von Beobachtungen und empirischen Befunden gerechtfertigt, daß Führungsverhalten auf Zufriedenheit und/oder Leistung — neben anderen hier nicht zu diskutierenden Variablen — einen wesentlichen mittelbaren oder gar unmittelbaren kausalen Einfluß ausübt (Prädominanz der Führungsform, vgl. Kap. G).
5.1.
Tabellarische Zusammenfassung empirischer Studien
Ohne auf Inhalte und Meßprobleme (Objektivität, Verläßlichkeit, Gültigkeit, Repräsentativität und praktische Relevanz, vgl. Kap. B ) sowie auf die Bedingungen der Möglichkeit einer vergleichenden Analyse unterschiedlicher empirischer Studien der von Stogdill aufgeführten Arbeiten eingehen zu können
Unabhängige Variablen
Menschenorientierte Führungsstile:
— demokratisch — permissiv — mitarbeiterorientiert (followeroriented) — partizipativ — einfühlsam (considerate)
Anzahl sozialempirischer Erhebungen mit eher positiv ( + ) , kaum (/) bzw. negativ ( — ) ausgeprägten Korrelationskoeffizienten zwischen den unabhängigen Variablen und . . . Arbeitszufriedenheit Produktivität Gruppenkohäsion (+ ) (0 (-) ( + ) (0 ( - ) (+ ) (/) (-)
7 8
1 2
1 3
3 7
11 3
4
2 2
13
2
1
19
5
4
3
8
3
1
10
5
3
8
autokratisch restriktiv aufgabenorientiert sozial distanzierend direktiv strukturierend (initiation of structure)
3 2
2
1
12
1
1
8
8
3
5
1
48
9
7
47
32
14
20
5
6
1
3 3 1 1 2
3 2 3 16 10
10 3 3 1 4
1 1 3 1 1
1 1
2
1 2
7
9
Produktionsorientierte Führungsstile: — — — — — —
1 1
2 2
1 1 2
10
3
1
13
5
14
8
11
47
26
1 1
1
6
4
3
Abb. N - 5 - 1 : Produktions- bzw. menschenorientierte Führungsstile und Arbeitszufriedenheit, Produktivität bzw. Gruppenkohäsion; sozialempirische Forschungsergebnisse nach Stogdill, 1974, 4 0 4 ff. (zit nach Walter-Busch, 1977, 2 7 7 )
Korrelationsstudien über Führungsformen jgnjJ^jStUn8/Zufrie
434
Folgen kooperativer Führung: Leistung und Zufriedenheit
(vgl. Stogdill, 1974, 365ff.; Seidel, 1978), seien die Korrelationsbeziehungen zwischen kooperativen Führungsformen („menschenorientiert") bzw. nichtkooperativen Führungsformen („produktionsorientiert") und Leistung/Zufriedenheit tabellarisch analysiert (vgl. Abbildung N-5-1). Es sei darauf hingewiesen, daß die von Stogdill aufgeführten Befunde zum personenorientierten Führungsstil nicht in allen Punkten unserer Konzeption der kooperativen Führung (vgl. Kap. K) entsprechen. Deshalb erlaubt die vergleichende Analyse nur Trendaussagen! Ebenso sind nicht alle sog. produktionsorientierten Führungsformen (u. a. Aufgabenorientierung) eindeutig als nicht-kooperativ klassifizierbar. Treffender wären wohl komparative Bezeichnungen wie z. B. „weniger kooperativ". Stogdill (1974, 404 f.) hat die Beziehung zwischen kooperativen und nichtkooperativen Führungsformen einerseits und — Arbeitszufriedenheit (insges. 97 Studien); — Leistung (insges. 173 Studien) und — Gruppenkohäsion (insges. 47 Studien) andererseits verglichen (vgl. Abbildung N-5-1).
5.1.1. Die Beziehung zwischen kooperativen Führungsformen und Arbeitszufriedenheit Führungsformen und Arbeitszufriedenheit
Bei den Studien über menschenorientierte Führungsstile (demokratisch, permissiv, mitarbeiterorientiert, partizipativ, einfühlsam), die tendenziell kooperativen Führungsformen entsprechen, zeigt sich hinsichtlich der Wirkung auf die Arbeitszufriedenheit ein Verhältnis von 48 positiven gegenüber insgesamt 16 negativen (bzw. null) Beziehungen. D. h. kooperative Führungsformen stehen mit Zufriedenheit in einem eindeutig positiven Zusammenhang. Oder kausalanalytisch interpretiert: kooperative Führung übt auf die Arbeitszufriedenheit einen tendenziell positiven Einfluß aus. Produktionsorientierte Führungsstile, die man sehr häufig mit nicht-kooperativen Verhaltensweisen gleichsetzt, zeigen dagegen in wesentlich weniger Fällen positive Korrelationen mit Zufriedenheit und nahezu in gleicher Weise auch negative Korrelationen. Lediglich strukturierende Verhaltensweisen zeigen einen positiven Zusammenhang mit Arbeitszufriedenheit; autokratische Verhaltensweisen dagegen nur einen negativen Zusammenhang. Kausalanalytisch interpretiert: nicht-kooperative Führungsformen zeigen wesentlich seltener eine positive Wirkung auf die Arbeitszufriedenheit als kooperative Führungsformen; autoritäre Varianten beeinflussen die Arbeitszufriedenheit i. d. R. negativ. Zusammenfassend: Kooperative Führungsformen zeigen wesentlich häufiger positive Korrelationen mit Arbeitszufriedenheit als nicht-kooperative Führungsformen. Dabei haben prosoziale Verhaltensweisen einen besonderen
5. Zusammenfassung der empirischen Befunde
435
Einfluß. Bei den nicht-kooperativen Führungsformen haben die autoritären Varianten negative Wirkungen auf die Arbeitszufriedenheit.
5.1.2. Die Beziehung zwischen kooperativen Führungsformen und Arbeitsleistung (Produktivität) Bei den kooperativen („menschenorientierten") Führungsformen zeigen 47 Studien eine positive und 14 Studien eine negative Korrelation mit Arbeitsleistung.
Führungsformen und Arbeitsleistung
Bei den nicht-kooperativen („produktionsorientierten") Führungsformen zeigen ebenfalls 47 Studien eine positive Korrelation mit Arbeitsleistung und nur sieben eine negative. Kein ausgeprägter Zusammenhang zwischen Führungsstil und Leistung zeigt sich bei insgesamt 58 Studien (32 bei kooperativen, 26 bei nicht-kooperativen Führungsformen). Zusammenfassend: Kooperative Führungsformen zeigen in bezug auf Arbeitsleistung nicht häufiger einen positiven Zusammenhang als nicht-kooperative Führungsformen. Häufig waren keine ausgeprägten Korrelationen zwischen Führungsstil und Leistung zu ermitteln. Mitarbeiterorientierte („follower-oriented", „considerate") und partizipative („demokratisch", „partizipativ") Führungsformen haben eine besondere Wirkung auf die Produktivität.
5.1.3. Die Beziehung zwischen kooperativen Führungsformen und Gruppenkohäsion Bei den kooperativen Führungsformen stehen 20 positive insgesamt 11 negativen (bzw. null) korrelativen Beziehungen gegenüber. D. h. kooperative Führungsformen sind tendenziell mit Gruppenkohäsion verbunden. Lediglich permissives Führungsverhalten korreliert negativ mit Gruppenkohäsion. Bei den nicht-kooperativen Führungsformen stehen sich 9 positive und 7 negative (bzw. null) korrelative Beziehungen gegenüber. D. h. nicht-kooperative Führungsformen stehen mit Gruppenkohäsion etwa gleich häufig in einer positiven und negativen Beziehung. Eine Ausnahme macht auch hier die „strukturierende Führung", da sie mit Gruppenkohäsion positiv korreliert. Zusammenfassend: Kooperative Führungsformen stehen in den o. g. Untersuchungen im Gegensatz zu nicht-kooperativen Führungsformen mit Gruppenkohäsion in einem positiven Zusammenhang. Neuberger (1976, 151) hat in Anlehnung an Löwin (1968) und Vroom/Yetton (1973) folgende Beziehungen zwischen partizipativem Führungsstil und Erfolg aufgestellt:
Führungsformen und Gruppenzusammen'lalt
436
Folgen kooperativer Führung: Leistung und Zufriedenheit
Der Zusammenhang je mehr folgende Bedingungen gege- und wenn folgende Mozwischen partizipativem ben sind tive bei den BetroffeFührungsstil und Erfolg nen dominieren ist um so ... positiver positiver positiver positiver positiver positiver positiver positiver negativer negativer negativer positiver
je größer der Erstreckungsbereich je größer Relevanz und Bedeutung der behandelten Probleme je größer die Transparenz der Organisation und die Sichtbarkeit des Einflusses je schwieriger die Fragen sind, die anstehen je größer das Ausmaß des sozialen Drucks in der Dyade u. Gruppe je größer Klarheit und Prägnanz der Ziele je enger der Zusammenhang zwischen Verhalten und finanziellen Belohnungen je größer der Umfang der Informationen, die nur die Untergebenen besitzen je größer der Umfang an Informationen, die den Untergebenen nicht verfügbar sind je weniger Kontrolle über die Produktivität die Betroffenen haben je dringlicher die Entscheidungen je mehr hierarchische Ebenen am Programm beteiligt sind
Ich-Motive Ich-Motive Ich-Motive Ich-Motive Konformität gegenüber gesetzten Zielen Konformität gegenüber gesetzten Zielen finanzielle Motive
Nach einer differenzierten sekundäranalytischen Auswertung von 131 empirischen Untersuchungen über den Einfluß von Führungsformen auf Leistung und Zufriedenheit (Feld- und Laborexperimente) resümiert Seidel (1978): „Global darf man einer nicht spezifizierten (Hypo)These von der Effizienzüberlegenheit kooperativer betrieblicher Führungsform über direktive betriebliche Führungsform . . . einige Bestätigung zusprechen." Dabei differenziert er allerdings nicht zwischen Effizienz und Effektivität (vgl. Barnard, 1938).
6.
Schlußbetrachtung — Methodische Grundprobleme
Eine schlüssige und präzise Beantwortung der Frage nach den Beziehungen zwischen kooperativer Führung, Leistung und Zufriedenheit kann beim gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht vorgelegt werden, da über Umfang, Inhalt, Bedingungen und Konsequenzen kooperativer Führungsformen nur ein geringer Konsens besteht und bislang nur wenige aussagehaltige empirische Be-
6. Schlußbetrachtung - Methodische Grundprobleme
437
funde vorliegen. So widersprechen sich viele in der Literatur diskutierte Bedingungen kooperativer Führung: einige Autoren betrachten z. B. einfache Aufgaben, andere Autoren komplexe Aufgaben als Bedingung kooperativer Führung (vgl. dazu Seidel, 1978). Auch die Feststellung, daß kooperative Führungsformen grundsätzlich hohe Leistung und Zufriedenheit bewirken, ist in dieser pauschalen Form aus folgenden Gründen nicht haltbar: (1) Eine monokausale Erklärung der Leistung und/oder Zufriedenheit durch kooperative Führungsformen ist schon aus theoretischen Gründen höchst fragwürdig, da menschliches Verhalten grundsätzlich multikausal determiniert bzw. teleologisch zu erklären ist (vgl. v. Wright, 1974).
Fragwürdigkeit monokausaler Erklärungsansätze
(2) Auch wenn kooperative Führung aus vielfältigen personalen und strukturellen Merkmalskombinationen und -ausprägungen besteht, muß eine monokausale Erklärung von Leistung und Zufriedenheit durch kooperative Führung immer unzulänglich bleiben. Denn Leistung und Zufriedenheit sind durch mannigfaltige Einflußgrößen bedingt, wobei kooperative Führung nur eine wesentliche Einflußgröße darstellt. Die Rückführung von Leistung oder Zufriedenheit auf kooperative Führungsformen ist deshalb niemals zweifelsfrei möglich. In der Literatur werden aus den o. g. Gründen die unterschiedlichsten „Beweise" herangezogen, um die Überlegenheit kooperativer Führungsformen zu begründen: Wertorientierungen der Gesellschaft, Plausibilität, persönliche Erfahrungen, Selbstberichte der Organisationsmitglieder, Laborexperimente, Felduntersuchungen, Sekundäranalysen vorliegender Berichte, Fallstudien u. a. m. Es liegt auf der Hand, daß bei einem derart heterogenen Beweismaterial keine gesetzmäßigen, deterministischen Aussagen („wenn kooperative Führung, dann . . . " ) möglich sind, sondern allenfalls stochastische Trendaussagen. Eine auf Trendaussagen basierende Argumentation gewinnt dabei in dem Maße an Beweiskraft, wie unterschiedliches Quellenmaterial mit verschiedenen Meßmethoden zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen führt (vgl. Kap. B). (3) Kooperative Führung ist ein komplexes Phänomen (vgl. Kap. C, K), das vielfältige Aktivitäten von Vorgesetzten und Mitarbeitern einschließt, so daß nicht eindeutig feststellbar ist, welche Aktivitäten welchen Einfluß auf die Zufriedenheit und/oder Leistung ausüben. So gibt es Hunderte von empirischen Studien, in denen zumeist isolierte Einzelvariablen mit unterschiedlichster Operationalisierung untersucht werden, die man alle als relevante Aspekte kooperativer Führung betrachten könnte (z. B. Art der Kommunikation, Autoritäts- und Machtgrundlagen, Organisationsstrukturen, Einzel- vs. Gruppenarbeit, Leistungsmotivation, Vertrauen, Aufgabenart etc. (vgl. Baumgarten, 1977, 84; Vogel, 1975). Auch wenn sich einzelne Variablen im Hinblick auf die Zufriedenheit und/oder Leistung als wesentlich erweisen sollten, bleibt ungeklärt, ob und inwieweit diese Variablen „der" kooperativen Führung zugeschrieben werden können.
Fehlende Isolierung einzelner Variablen in empirischen Studien
438
Folgen kooperativer Führung: Leistung und Zufriedenheit
Denn wie in den Kapiteln C und K aufgezeigt wurde, bestehen kooperative Führungsformen nicht aus miteinander unverbundenen Einzelmerkmalen, sondern aus Merkmalskonfigurationen mit situationsspezifischen Ausprägungen. D. h. kooperative Führung stellt sich als ein situationsbezogenes Syndrom dar. Uns sind keine empirischen Untersuchungen bekannt, die derart komplexe Variablenmuster auch nur annähernd in kontrollierter und nachprüfbarer Weise untersucht hätten (vgl. auch Seidel, 1978). Leistung und Zufriedenheit als hochkomplexe Konstrukte
(4) Leistung und Zufriedenheit sind ebenfalls komplexe Phänomene, die vielfältige Aspekte beinhalten, wie z. B. Kooperationsbereitschaft, Verbleiben in der Organisation, Absentismus, Gruppenzusammenhalt, Beschwerden, Fehlzeiten etc. Diese heterogenen Kriterien erschweren eine vergleichende Analyse sowie eine eindeutige Zurechnung auf verursachende Faktoren. Auf die vielfältigen und größtenteils noch ungelösten Probleme der Definition, des theoretischen Status, der Kriterien, der Standardisierung und adäquaten Messung von Arbeitszufriedenheit und -leistung kann aus Raumgründen nicht eingegangen werden (vgl. Schwab/Cummings, 1975, 234; Seidel, 1977; Greene, 1975; Neuberger, 1974a; 1974b; 1976; Smith, 1976; Locke, 1976; Walter-Busch, 1977; Steers, 1975; 1977). Es sei nur erwähnt, daß Arbeitszufriedenheit als globales Beschreibungs- und Erklärungskonzept wenig brauchbar ist, da es mindestens aus 5 voneinander unabhängigen Subkomponenten besteht: Arbeit, Bezahlung, Beförderung, Führung und Kollegen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, stets zu fragen, mit welchem Aspekt der Arbeitszufriedenheit man es jeweils zu tun hat. Denn es ist durchaus möglich, daß bei verstärktem Leistungsdruck seitens des Vorgesetzten, die Arbeitszufriedenheit in bezug auf den Führungsaspekt abnimmt, indessen hinsichtlich der anderen o. g. Aspekte konstant bleibt. „One might even hypothesize that increases in supervisory pressure, in some circumstances, would increase informal group cohesiveness, which in turn may increase satisfaction with co-workers" (Schwab/ Cummings, 1975, 236).
Abhängigkeit von situationalen Faktoren
(5) Kooperative Führung vermag Zufriedenheit und/oder Leistung zu erhöhen oder zu verringern, je nachdem, welche situationalen Bedingungen vorherrschen (Eigenschaften, Erwartungen, Qualifikation der Mitglieder, Technologiestand, Organisationsklima, Zeitdruck etc.).
Wechselseitige Einflüsse zwischen Leistung und Arbeitszufriedenheit
(6) Die Meßprobleme sowie Ausmaß und Art der wechselseitigen Beziehung zwischen Leistung und Zufriedenheit sind noch nicht zufriedenstellend geklärt. Angesichts der vielfältigen Einflußgrößen, die Leistung und Zufriedenheit bedingen, sprechen sich Schwab/Cummings (1975) gegen weitere Zufriedenheits-Leistungs-Hypothesen aus und plädieren für eine getrennte Theorieentwicklung für Leistung einerseits und Zufriedenheit andererseits. Viele Studien deuten darauf hin, daß die Beziehungen zwischen Zufriedenheit und Leistung von vielfältigen Einflußgrößen abhängen, die als sogenannte Moderatorvariablen (vgl. Kap. B) beide Konzepte in unterschiedli-
6. Schlußbetrachtung - Methodische Grundprobleme
439
eher Weise beeinflussen. So betont etwa Korman (1968) die Bedeutung der individuellen Unterschiede und meint, daß das Ausmaß der Selbsteinschätzung (self-esteem) die Beziehung zwischen Leistung und Zufriedenheit beeinflußt: Bei hoher Selbsteinschätzung kann Leistung die Zufriedenheit vorhersagen; bei niedriger Selbsteinschätzung kann Zufriedenheit die Leistung vorhersagen (vgl. Baumgarten, 1977, 84f.; Wiswede, 1980). Ausgewählte Literatur Greene, Ch. N.: The satisfaction-performance-controversy (1972) in: Steers, R. M. und L. W. Porter (Eds.): Motivation and work behavior. New York 1975, 242-253. Grochla, E. und M. Welge: Zur Problematik der Effizienzbestimmung von Organisationsstrukturen, in: Grochla, E. (Hrsg.): Elemente der organisatorischen Gestaltung. Reinbek 1978, S. 191-210. Gzuk, R.: Messung der Effizienz von Entscheidungen. Tübingen 1975. Heckhausen, H.: Motivation und Handeln. Berlin/Heidelberg/New York 1980. Meyer, W.-H.: Arbeitszufriedenheit. Reinbek 1980. Neuberger, O.: Theorien der Arbeitszufriedenheit. Stuttgart 1974. Neuberger, O.: Messung der Arbeitszufriedenheit. Stuttgart 1974. Neuberger, O.: Führungsverhalten und Führungserfolg. Berlin 1976. Nieder, P. und C. Naase: Führungsverhalten und Leistung. Bern 1977. Nord, W. R.: Job satisfaction reconsidered, in: American Psychologist, 1977, 32, 1026-1035. Schwab, D. P. und L. L. Cummings: Theories of performance and satisfaction: A review, (1970) in: Steers, R. M. und L. W. Porter (Eds.): Motivation and work behavior. New York 1975, 223-241. Seidel, E.: Betriebliche Führungsformen. Stuttgart 1978. Srivastva, S. et al.: Job satisfaction and productivity. Kent State University Press 1975. Stogdill, R. M.: Handbook of Leadership. New York 1974. Vroom, V. H.: Work and motivation. New York 1964. Wiswede, G.: Motivation und Arbeitsverhalten. München/Basel 1980.
KAPITEL O
Strategien zur Förderung kooperativer Führung (Organisationsentwicklung) 0.
Zusammenfassung
Dieses Kapitel schließt unmittelbar an die Kapitel L (Psychologische Bedingungen kooperativer Führung) und Kapitel M (Organisatorische Bedingungen kooperativer Führung) an. Teilweise überlappen sich Aufgabenstellung und Inhalte, denn Bedingungen kooperativer Führung stellen gleichzeitig Bedingungen ihrer Förderung dar. Das vorliegende Kapitel stellt ausgewählte Strategien zur Förderung kooperativer Führung sowie einige im Rahmen dieser Strategien anwendbare Interventionen dar, die zum großen Teil dem sozialwissenschaftlichen Spezialgebiet „Organisationsentwicklung" entnommen wurden. Auch in den vorhergehenden Kapiteln wurden mitunter entwicklungsorientierte Themen behandelt oder diesbezügliche Literatur zitiert (z. B. Kap. D, I, L, M). Andere Teile entsprachen der normativ geprägten Tendenz der Führungsliteratur zur Definition und Klassifikation „optimaler" Zielzustände aus statischer Sicht. Demgegenüber muß ein auf Entwicklung gerichteter Gegenstand konfliktorientiert und unter Berücksichtigung der Zeitperspektive behandelt werden. Dies kommt z. B. im Katalog der an Förderungsprogramme zu stellenden Forderungen zum Ausdruck. Den Grundwerten kooperativer Führung entsprechend waren weniger bestimmte Strategien auszuwählen und vorzuschlagen als vielmehr Entscheidungsalternativen aufzuzeigen. Bestimmung und Eingrenzung des Zielsystems eines Förderungsprogramms stellen einen ersten Schritt der Entwicklung kooperativer Führungsformen dar, der durch wechselseitige Abhängigkeiten einzelner Subsysteme der Organisation kompliziert wird. Es zeigte sich, daß aus dem allgemeinen Appell, „alle Betroffenen" zu beteiligen (partizipativer Aspekt), konkrete und realistische Entscheidungen darüber abzuleiten sind, welche Personen, Stellen und Gruppen innerhalb bzw. außerhalb der Organisation über das Förderungsvorhaben informiert bzw. um Mitwirkung ersucht werden sollen. Über die Definition des Zielsystems hinaus sind Rollen und Erwartungen der beteiligten Individuen, Stellen und Gruppen (Abteilungen) zu klären. „Initiatoren" können Berater engagieren, um Förderungsprogramme bei Dritten, den „Adressaten", durchzuführen, d. h. eigene Probleme durch Veränderung anderer zu bearbeiten. Kooperative Führung besteht demgegenüber darauf, Adressaten bei der Gestaltung des Förderungsprogramms mitwirken zu lassen.
1. Aufgaben und Zielsysteme von Förderungsprogrammen
441
Aber auch das Engagement der obersten Organisationsleitung ist bedeutsam; sie muß umfassende Förderungsvorhaben unterstützen, zumindest aber tolerieren und legitimieren. Empirische Untersuchungen zeigen aber auch, daß Innovationen häufig in mittleren Ebenen der Organisationshierarchie ihren Ausgangspunkt haben. Entsprechend wird auch die Rolle des Beraters nicht als die eines Problemlösers mittels Beherrschung von Wissen und Technik definiert; Berater sind vielmehr nur Moderatoren zur Lösung von Organisationsproblemen. Das Konzept der Prozeßberatung stellt die Beziehung zwischen Klient und Berater in den Mittelpunkt. Ein empirisch-statistischer Querschnittsvergleich verschiedener Förderungsstrategien wies auf einige bedeutsame Mängel hin, die häufig in unzureichender Vorbereitung der Beteiligten begründet sind. Zu eng auf eine hierarchische Ebene (wie das mittlere Management) oder Teilstrukturen (z. B. das soziale Subsystem) gerichtete Programme zeigen unbefriedigende Ergebnisse. Abschließend werden einige Interventionstechniken beschrieben. Da immer wieder die Diagnose des Ist-Zustands einer Organisation vernachlässigt wird, wird sie ausführlicher behandelt. Eine gründliche Organisationsdiagnose wird als konstitutive Bedingung für die positive Wirkung eines Organisationsentwicklungs-Programms angesehen. Aus der Fülle bekannter Interventionstechniken auf der Personen-, Gruppenund Organisationsebene werden abschließend einige Beispiele angeführt.
1.
Aufgaben und Zielsysteme von Förderungsprogrammen
1.1.
Zur Problemstellung
In diesem Kapitel wird untersucht, auf welche Weise das in den vorhergehenden Kapiteln entwickelte Konzept kooperativer Führung in bestehenden Organisationen umgesetzt werden kann. Dazu werden einige Strategien und Interventionen aus dem Gebiet der Organisationsentwicklung exemplarisch diskutiert. Zweitens ist das bisher noch in der Entwicklung befindliche Gebiet der „Organisationsentwicklung" zu skizzieren, unterschiedliche Ansätze sind abzugrenzen und zu bewerten. Die bereits verschiedentlich formulierte These dieses Buches, daß einzelne Verhaltensweisen und Strukturdimensionen im situativen Kontext wirken (vgl. Kap. I, M) und auf dem Hintergrund von Werthaltungen (vgl. Kap. K) zu beurteilen sind, gilt auch für dieses Kapitel. Einzelne Auswirkungen, Techniken und Strategien zur Förderung kooperativer Führung können nicht isoliert eingeschätzt werden. Denn sie wirken in bestimmten organisatorischen Kontexten oder Führungssituationen; diese bestimmen, wie sie wahrgenommen, bewertet, befolgt oder abgelehnt werden (vgl. Kap. I, L).
442
Strategien zur Förderung kooperativer Führung
Ansätze zur Förderung kooperativer Führung haben die geschichtliche Entwicklung in Zielsystemen zu berücksichtigen. So kann von Ansätzen kein konstruktiver Beitrag erwartet werden, die ahistorisch, statisch und harmonistisch argumentieren (vgl. Israel, 1972). Dieser Gesichtspunkt ist an einigen Stellen dieses Buches bereits hervorgehoben worden (vgl. z.B. Kap. D, I, M). Aus diesem Grunde wird hier darauf verzichtet, „Einführung" und „Förderung" kooperativer Führung begrifflich zu unterscheiden. Außerdem sind in allen Organisationen in der Regel Ansätze kooperativer Führung vorhanden. Oft bilden diese Ausgangspunkte und Stütze für Förderungsmaßnahmen (vgl. u. a. Fürstenau, 1970; Voitel et al., 1976). Organisationsentwicklung als Förderung kooperativer Führungsformen
Dieses Kapitel basiert auf Literatur aus dem Gebiet der Organisationsentwicklung. Es soll keineswegs einen erschöpfenden Überblick geben über dort vorgeschlagene Maßnahmen, Strategien und Techniken. Vielmehr wurden jene Quellen bevorzugt herangezogen, die für die Entwicklung kooperativer Führungsformen relevant sind und dabei möglichst noch praxeologisch (z. B. French/Bell, 1977; Glasl/Houssaye, 1975) oder empirisch (z. B. Gebert, 1976) fundiert sind. Ausnahmen von dieser Regel werden kritisch beleuchtet, um dem Leser ein eigenes Urteil zu ermöglichen. Damit gegenüber dem weiten und unklar abgegrenzten Gebiet der Organisationsentwicklung (vgl. Abschnitt 2.1.) der eigene Standpunkt kooperativer Führung deutlich werden kann, wurde der präzisere Begriff „Förderung kooperativer Führung" gewählt. Wo der Text die Stellungnahmen anderer Autoren referiert oder zitiert, wird der Begriff „Organisationsentwicklung" bzw. „OE" beibehalten. Die zusammenfassende Darstellung einiger Förderungsprobleme kooperativer Führung darf den Leser nicht darüber hinwegsehen lassen, daß bereits in den meisten vorhergehenden Kapiteln für dieses Thema relevante Aussagen enthalten sind. Besonders eng ist dieser Zusammenhang mit den beiden Kapiteln L und M, in denen Bedingungen kooperativer Führung diskutiert wurden. Diese sind, im Kontext dieses Kapitels gelesen, auch als Bedingungen zur Förderung kooperativer Führung zu verstehen, denn die Ergebnisse und Chancen der weiter unten beschriebenen Interventionen und Strategien werden von psychologischen und organisatorischen Bedingungen begrenzt und beeinflußt.
Kritik der OrganisationsentwicklungsLiteratur
Ebenso wie bei anderen Teilproblemen dieser Arbeit (vgl. z. B. Kap. E, G und i) gilt auch für die Wahl von Förderungsstrategien, daß es „einen besten Weg" nicht geben kann. Im Gegensatz zu Beratern, die einmal entwickelte Modelle weiteren Organisationen unverändert andienen (vgl. z. B. die Kritik von Klein an Likert; vgl. Klein, 1976 oder von Guserl an Höhn, vgl. Guserl, 1973), setzt kooperative Führung auf die Fähigkeit und Chance der Beteiligten zur Selbstbestimmung (vgl. Abschnitt 3.7.). Daher wird auch in diesem Kapitel angestrebt, dem Leser eher Alternativen zu verdeutlichen als ihm Idealkonzepte zu empfehlen. So enthält z. B. der Abschnitt 4. auch die Beschreibung von Strategien, welche als unwirksame Förderungsprogramme kooperativer Führung beurteilt werden.
443
1. Aufgaben und Zielsysteme von Förderungsprogrammen
Bei den nachfolgend diskutierten Strategien zur Förderung kooperativer Führung ist zu beachten, daß die meisten Aussagen zur Organisations-Entwicklung (OE) hauptsächlich normativer, spekulativer und/oder pragmatischer Natur sind. Das gegenwärtige Hauptproblem der OE-Literatur liegt darin, daß eine empirisch zureichend fundierte organisationsbezogene Sozialtechnologie (Mittel-Zweck-Aussagen) noch nicht entwickelt ist. In den meisten Fällen fehlt die Kenntnis einschlägiger Gesetzmäßigkeiten sowie organisatorischer Randbedingungen, mit deren Hilfe ein bestimmter Ist-Zustand in einen Soll-Zustand transformiert werden könnte. Ein weiterer ungeklärter Punkt ist die Verbindung von Soll- und Seinsaussagen, insbesondere die Begründung von Wertungen a) in bezug auf das Handlungsziel und deren Nebenwirkungen und b) in bezug auf die Mittelverwendung und deren Nebenwirkungen (vgl. Albert, 1968; Brocke, 1978; Prim/Tilmann, 1975; Homann, 1980; Kappler, 1979; Kap. B 1.).
1.2.
Zielsysteme von Förderungsmaßnahmen
Entscheiden Vorgesetzte für ihren Führungsbereich (oder Organisationsleitungen für ihre Organisation) über Förderungsmaßnahmen, so ist das Zielsystem für alle aus formal-organisatorischer Sicht klar eingrenzbar. Stelleninhaber, die außerhalb ihres Machtbereichs wirksame Förderungsmaßnahmen befürworten, werden dagegen andere überzeugen müssen (und damit ihren Einfluß ausweiten können). Häufig werden allerdings Zielsysteme nach Kriterien festgelegt, welche die Machtproblematik ausblenden. Unterscheidet man die folgenden Ebenen möglicher Zielsysteme von Förderungsmaßnahmen (Strauss, 1976, 630) — — — — —
Individuen Beziehungen Beziehungen Beziehungen Beziehungen
zwischen Individuen innerhalb einer Gruppe (Abteilung) zwischen Gruppen innerhalb der Gesamtorganisation,
so kann man auf den letzten drei Ebenen über den interaktionellen Aspekt der Führungsbeziehung hinaus auch strukturelle (partizipativer Aspekt), technologische und aufgabenrelevante Bedingungen der Führungsbeziehung thematisieren. Wie besonders in den Kapiteln I und M gezeigt, haben diese als Rahmenbedingungen große Bedeutung für die Implementierung kooperativer Führungsformen (vgl. Abb. O - l - l ) . Struktur
Zielsystem der Organisationsentwicklung Technologie
Aufgabe Menschen (Handelnde)
Abb. O-l-l Vier Zielsysteme der Organisationsentwicklung (nach Leavitt, 1965, 1145)
Strategien zur Förderung kooperativer Führung
444
Auch eine Unterscheidung zwischen techno-strukturellen und menschlich-prozessualen Förderungsmaßnahmen (vgl. Abb. 0 - 1 - 2 ; Gebert, 1974, 23ff. und die dort zitierte Literatur) sollte diese Interdependenz nicht überdecken. Target of Interventions
Outcomes of Interventions
Abb. 0-1-2 Interdependenz der Zielsysteme (nach Friedlander/Brown, 1974)
Eine enge Definition des Zielsystems kann Förderungsmaßnahmen entscheidend behindern (Friedlander/Brown, 1974, 314; Gebert, 1974, 23f.); insbesondere sollte eine isolierte Förderung auf personaler Ebene (Individuum und Beziehungen zwischen Individuen) vermieden werden (vgl. auch Leavitt, 1965; Zaleznik, 1965 u. a.). Weniger formal kann man auch mit French/Bell (1977, 32ff.) die Organisationskultur als Zielsystem von Förderungsprogrammen bezeichnen. Unter „Kultur" verstehen die Autoren Organisations„kultur"
„vorherrschende Muster von Tätigkeiten, Interaktionen, Nonnen, Empfindungen und Gefühle, Einstellungen, Überzeugungen, Werten und Produkten. Durch die Einbeziehung von Produkten schließen wir Technologie in unsere Definition mit ein, obwohl technologische Veränderungen gewöhnlich eine untergeordnete Rolle bei der Anwendung von Organisationsentwicklung spielen. Versteht man jedoch unter dem Begriff der Technologie neben den Maschinen auch Einrichtungen, Abläufe und Methoden, dann besteht in der Mehrzahl der OE-Maßnahmen eine enge Wechselbeziehung zwischen Technologie und Organisationsentwicklung" (French/Bell, 1977, 32). Ausdrücklich verweisen die Autoren auf die Bedeutung nicht formal geregelter Prozesse; der Begriff „Organisationskultur" „schließt die Vorstellung eines informalen Systems ein, . . . das folgende Elemente enthält: Gefühle, informale Handlungen und Interaktionen, Gruppennormen und Werte. In mancher Beziehung ist das informelle System ein versteckter oder unterdrückter Bereich des Organisationslebens . . . " (French/Bell, 1977, 32).
1. Aufgaben und Zielsysteme von Förderungsprogrammen
445
Über die Entscheidungsbeteiligung von Mitarbeitern (partizipativer Aspekt) hinaus wird diese Organisationskultur bewußt von Organisationsmitgliedern entwickelt. French/Bell nennen diesen Prozeß das „kollaborative Management": „Unter kollaborativem Management der Kultur verstehen wir ein Management durch Mitwirkung, nicht eines, das hierarchisch erzwungen ist. Wer auf wen einwirkt, ist ein wichtiges Thema bei der Organisationsentwicklung, und wir möchten betonen, daß die Steuerung der Gruppenkultur ebenso Sache der Untergebenen wie des formalen Vorgesetzten ist" (French/Bell, 1977, 33). Die Organisationskultur als soziales Subsystem ist, wie Abb. 0 - 1 - 3 zeigt, eines unter mehreren unterscheidbaren Subsystemen der Organisation. D i e wechselseitige Abhängigkeit zwischen ihnen ist bei der Festlegung des Zielbereichs zu untersuchen (vgl. Abschnitt 5.5.).
Subsystem der System /Um well-Beziehungen Datensammlung und -beschaffung Mittel-Beschaffung (auch Personal) Vertrieb und Absatz des Output Einflußnahme auf die Systemumwelt Reaktion auf Umweltanforderungen
Abb. 0 - 1 - 3 Zielsysteme der Förderung kooperativer Führung (nach French/Bell, 1977, 100)
Kollaboratives Management
446 Zwei Ziele der OE
Strategien zur Förderung kooperativer Führung
In der Regel werden zwei gleichrangige Ziele von Organisationsentwicklungsmaßnahmen genannt: die „Optimierung von Effektivität und Arbeitsqualität" (Sievers, 1977, 20) oder in Geberts Formulierung: a) „Auf der einen Seite geht es um eine Humanisierung der Arbeitswelt, um mehr Raum für Persönlichkeitsentfaltung und Selbstverwirklichung. b) Auf der anderen Seite geht es um eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit einer Organisation, um mehr Flexibilität, Veränderungs- und Innovationsbereitschaft" (Gebert, 1974, 11).
Derart global formuliert kann über diese Ziele leicht Einverständnis hergestellt werden. Geht es hingegen um Präzisierung von Forderungen, Konkretisierung von Förderungsprogrammen und praxisnahe Veränderungen, werden zunehmend Meinungsdifferenzen sichtbar. Denn mit zunehmender Konkretisierung steigt das Konfliktpotential eines Problems (Warwick/Kelman, 1976; vgl. Abschnitt 3.). Im Anschluß an die verschiedentlich (vgl. Kap. C, I, K) diskutierte Problematik von Macht und Einfluß kann man Warwick/Kelman (1976) darin beipflichten, daß bei der Wahl von Interventionszielen als wesentliches Kriterium eher konkrete individuelle Bedürfnisse (Bedürfnisbefriedigung) herangezogen werden sollten als abstrakte Mutmaßungen darüber, welche Vorteile sich für die Organisation ergeben (Merkmal: Ziel- und Leistungsorientierung). Dies um so mehr, als letzteres Argument geeignet ist, verdeckte individuelle Bedürfnisse und Gruppeninteressen auszudrücken.
1.3. Förderungsprogramme und kooperative Führung
Anforderungen an Förderungsprogramme
Einen Vorschlag Vansinas (1976, 101) erweiternd seien die Anforderungen an Förderungsprozesse kooperativer Führung formuliert. Jede dieser einzelnen Forderungen bezieht sich direkt auf mindestens eines der in Kap. K definierten Merkmale; insgesamt enthalten sie die drei Grundwerte kooperativer Führung und entsprechen damit unserem Definitionsvorschlag (vgl. Abb. 0-1-4). Förderungsprogramme entsprechen um so mehr kooperativer Führung, (1) je weniger ihre Strategien und Interventionen als Machtstrategien wahrgenommen oder eingesetzt werden; (2) je mehr sie Verständnis und Kooperation im bestehenden System fördern; (3) je stärker sie von einer Analyse des bestehenden Macht-Systems (Organisationsstruktur) ausgehen und bei der Diagnose gegenwärtiger Situationen deren Entwicklung und Konfliktgehalt berücksichtigen; (4) je mehr sie bei der Untersuchung auf Kenntnisse zielen, die aus Veränderungsprozessen resultieren („das System kennenlernen, indem man es verändert"); (5) je gründlicher und deutlicher ihre theoretische Basis (und Wertbasis) ausgearbeitet wurde und je besser diese sich dem Klientensystem vermitteln läßt; (6) je flexibler Theorie und Modell sich verschiedenen Subsystemen und Situationen anpassen können und dadurch eher das Verstehen des Systems fördern;
2. Organisationsentwicklung
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(7) je weniger auf rigide Normerfüllung geachtet und je mehr auch Risiken für das System und seine Mitglieder reflektiert und akzeptiert werden. Kooperative Führung wird verstanden als 1. Zielorientierte soziale Einfluß > Ziel-Leistungs-Aspekt nähme zur Erfüllung gemeinsaFührung in Orgamer Aufgaben nisationen 2. in/mit einer strukturierten Ar> Organisations-Aspekt beitssituation • partizipativer Aspekt Qualität der ko3. unter wechselseitiger, tendenziell symmetrischer Einflußausübung (Machtgestaltung) l operativen Füh4. und konsensfähiger Gestaltung prosozialer Aspekt I rung der Arbeits- und Sozialbezie(Beziehungsgestaltung) ) hungen 9 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9)
Merkmale Gemeinsame Einflußausübung Funktionale Rollendifferenzierung und Sachautorität Multilaterale Informations- und Kommunikationsbeziehungen Konfliktregelung durch Aushandeln und Verhandeln Gruppenorientierung Vertrauen und Toleranz als Grundlagen der Zusammenarbeit Bedürfnisbefriedigung Ziel- und Leistungsorientierung Bedürfnisorientierte Organisations- und Personalentwicklung
Grundwerte Arbeit und Leistung Wechselseitigkeit Selbstverwirklichung
Abb. 0 - 1 - 4 Definition und Werte kooperativer Führung (vgl. Kap. K) Kooperative Führung (insbesondere unter prosozialem Aspekt) sieht darüber hinaus als sicherste Garantie für Entwicklung und Veränderung, wenn die Betroffenen in möglichst jeder Phase eines Förderungsprogramms beteiligt werden. Interessierte Organisationsmitglieder, ihre Erfahrungen und ihre kontinuierliche Beteiligung — auch ihre Widerstände — geben einem Plan erst Leben und Entwicklungsmöglichkeit (Warwick/Kelman, 1976, 458). „Eine Innovation der Struktur läßt sich vielleicht durch ein Dekret von oben einleiten, nicht aber realisieren" (Fürstenau, 1970, 222).
2.
Organisationsentwicklung — Ein Spezialgebiet der Sozialwissenschaften
2.1.
Zum Begriff und zur Abgrenzung von „Organisationsentwicklung"
Unter der Bezeichnung Organisationsentwicklung ( O E ) werden systematische Untersuchungen sowie Berichte über Einzelfallstudien verschiedenster Richtungen (vgl. die Monographien von Alderfer, 1976; Friedlander/Brown, 1974;
448
Strategien zur Förderung kooperativer Führung
Strauss, 1976; Leavitt, 1965; Gebert, 1974; Starbuck, 1978; Bleicher, 1979; Kirsch et al., 1979; Wunderer, 1979c; Trebesch, 1980) zusammengefaßt. Entsprechend sind Stellenwert und Entwicklungsstand der Organisationsentwicklung als eigenständige Richtung der Sozialwissenschaften umstritten (Sievers, 1976, 10). In den frühen 70er Jahren noch synonym mit verhaltenswissenschaftlicher Organisationsforschung, repräsentiert Organisationsentwicklung für manche Autoren den umfassendsten Versuch von Sozialwissenschaftlern, ihr Wissen unter dem Konzept der fortschrittsfähigen Organisation (Kirsch, 1979) für Theorie und Praxis fruchtbar zu machen (Bennis, 1965, 337); für andere wiederum ist sie eine selbständige Disziplin, eine „besondere Kunst" oder gar eine Modeerscheinung (Sievers, 1976, 10). Übereinstimmend wird Organisationsentwicklung als ein Feld interdisziplinärer Forschung sowie als eine inzwischen „angesehene" Profession (Friedlander/Brown, 1974,314) bezeichnet; mitunter handelt es sich um ein „großes Geschäft" (so Kahn, 1977, 288 und Strauss, 1976, 617 über das Managerial-Grid-Modell). Definitionen von „Organisationsentwicklung
Als Beleg für unterschiedliche Auffassungen über Begriff und Inhalt von Organisationsentwicklung seien einige Definitionen aufgeführt: Friedlander/Brown (1974) definieren Organisationsentwicklung als „eine Methode, Wandel und Entwicklung in Individuen, Technologie sowie organisatorische Prozesse und Strukturen zu fördern. Prozesse der Organisationsentwicklung sollen .systemumgreifende' Aktivitäten sein und durch .geplanten Wandel' (Beckhard, 1969) bestimmte organisatorische Probleme meistern helfen" (Friedlander/Brown, 1974,314).
Wird in dieser Denktradition Organisationsentwicklung als „eine Strategie bzw. als ein Programm zur Initiierung, Steuerung und Garantierung der mit einer Systemveränderung und -entwicklung verbundenen komplexen Lernprozesse verstanden" (Sievers, 1977, 22),
so wird das Feld für prosoziale und partizipative Aspekte der Führungsbeziehung eingeengt. Denn nur in geschlossenen Systemen können Entwicklung und Lernen „garantiert" werden. Vielleicht werden deshalb meist nur organisationsinterne Probleme in Organisationsentwicklungsprogrammen thematisiert (vgl. Kap. I). Bennis (1969) dagegen spricht in seiner Definition auch die Beziehung zwischen Organisation und Umgebung an: „Organisationsentwicklung ist die Antwort auf Veränderungen, eine komplexe erzieherische Strategie, die darauf abzielt, die Meinungen, Einstellungen, Werte und Strukturen von Organisationen so zu ändern, daß sie sich besser an neue Technologien, Märkte, Herausforderungen und das verwirrende Tempo von Veränderungen selbst anpassen können."
Aus dieser Sicht kann „wahre Organisationsentwicklung . . . das Endresultat des Veränderungsprozesses nicht vorschreiben" (Strauss, 1976, 618). Kahn (1977; ebenso Strauss, 1976, 617) sieht in der raschen Entwicklung dieses Gebiets einen Grund der Schwierigkeiten für Definition und Kritik. Definitionen seien teils so eng, daß sie lediglich eine bestimmte Denkschule
2. Organisationsentwicklung
449
umfassen, andererseits „breit genug, um alles von der Marktforschung bis zur Industriespionage einzuschließen" (Kahn, 1977, 287). Er fährt fort: „Organisationsentwicklung ist kein Begriff, zumindest nicht im wissenschaftlichen Sinne des Wortes; sie ist nicht genau definiert; sie ist nicht zurückführbar auf spezifische, eindeutige, beobachtbare Verhaltensweisen; sie hat keinen vorgeschriebenen und nachweisbaren Platz im Bezugsrahmen logisch miteinander verknüpfter Begriffe, d. h. im Rahmen einer Theorie. Diese Behauptung kann man m. E. aufrechterhalten trotz einiger ernsthafter Versuche, eine brauchbare Definition und einen sinnvollen theoretischen Kontext bereitzustellen" (Kahn, 1977, 286).
Kritik der Literatur zur OrganisationsentWicklung
Eine weitere Auffassung zeigt sich in folgender Umschreibung: „Organisationsentwicklung ist im folgenden Ausdruck enthalten: kollaboratives Management der Kultur der Organisation. Dabei bedeuten kollaborativ zusammenarbeiten und Management soviel wie Richtung geben, kontrollieren, beherrschen. Die Kultur einer Organisation ist das vorherrschende Muster von empfohlenen und vorgeschriebenen Verhaltensweisen, das System der Ansichten und Werte, die Technologie und Aufgabe der Organisation zusammen mit den akzeptierten Auffassungen darüber" (French/ Bell, 1977, 7).
Organisationsentwicklung ist damit eine Angelegenheit aller Subsysteme und Mitglieder einer Organisation. Eine begriffliche Einengung auf vom Management oder von Beratern eingeleitete Aktivitäten würde Grundwerten kooperativer Führung widersprechen. Und den Einsatz von Beratern („change agents", wie z. B. bei Bennis, Beckhard und anderen) als einziges Abgrenzungskriterium für „Organisationsentwicklung" bzw. für „Förderung kooperativer Führung" zu akzeptieren, würde bedeuten, ein Wissenschaftsproblem über den Einsatz von Beratern im Interesse primär dieser Berater und erst in zweiter Linie der Organisation abzugrenzen (vgl. dazu Warwick/Kelman, 1976). Parallel dazu wird zunehmend die Annahme aufgegeben, Demokratisierung in Organisationen sei ein „unumgänglicher" Prozeß (Bennis, 1966, 19). Mit ihren Risiken, Anstrengungen und Unbequemlichkeiten ist sie vielmehr — entsprechend der hier vertretenen Konzeption — ein Ergebnis der Motive, Interessen, Anstrengungen und Handlungen aller Beteiligten (Bennis, 1970, 600f.).
2.2.
Zur Entwicklungsgeschichte
Angesichts der Definitionsschwierigkeiten erscheint eine historische Bestimmung der Organisationsentwicklung sinnvoll (Strauss, 1976, 618). Für die kooperative Führung relevante Ursprünge der Organisationsentwicklung sind neben der Human-Relations-Bewegung (vgl. Kap. D, G) insbesondere Lewins Konzept der Handlungsforschung (action research) und sein Vertrauen auf die demokratisierende Wirkung der Anwendung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden. Handlungsforschung (Aktionsforschung) umschreibt die Vorstellung, daß Forschung, Erziehung (Fortbildung) und soziales Handeln nicht unvermittelt und institutionell getrennt bleiben dürfen, sondern in Beziehung zueinander stehen sollen (eine umfassende Diskussion
Handlungsforschung
450
Strategien zur Förderung kooperativer Führung
und Literaturübersicht zur Aktionsforschung findet sich bei Kappler, 1979). „Die Lösung sozialer Konflikte" (Lewin, 1968) erfordert begriffliche Analyse, Forschung und Realexperiment: Organisationen werden dadurch erforscht, indem man sie verändert. Demokratie als LernProzeß
Erziehung zur Demokratie erfordert Anstrengungen von allen Beteiligten: „Autokratie wird einem auferlegt; Demokratie muß man lernen" (Lewin, 1963, 118). Dieser Lernprozeß hat drei Aspekte: „Zunächst heißt Demokratie lernen, daß die Person selber etwas tun muß, anstatt passiv durch ihr auferlegte Kräfte bewegt zu werden. Zweitens heißt Demokratie lernen, bestimmte Vorlieben und Abneigungen, das heißt bestimmte Valenzen, Werte und Ideologien zu übernehmen. Drittens bedeutet Demokratie lernen das Vertrautwerden mit bestimmten Verfahren, wie etwa demjenigen der Gruppenentscheidung."
Lewins Schüler und Nachfolger engten oft sein Ziel gesellschaftlicher Demokratisierung ein auf „erfolgreiches" Handeln in Organisationen (vgl. zur Entwicklung des Laboratoriums-Ansatzes Benne, 1964; Spangenberg, 1969). Ein Beispiel hierfür sind die Management-Entwicklungsprogramme, die in den 50er Jahren entworfen wurden. Diese Programme sollten lediglich dem mittleren Management Führungswissen und -fertigkeiten vermitteln (Sievers, 1977, 12). Eine Gegenüberstellung von Merkmalen der Management- und der Organisationsentwicklung zeigt den Ubergang von personaler zu ganzheitlicher Sicht:
Management-Entwicklung
Organisationsentwicklung
Zielsystem
Mittleres Management
Inhalte und Ziele
Problemlösungsvorschläge und Führungsmodelle durch Berater erarbeitet und eingeführt
Gesamtorganisation Problemlösungspotential der Organisation soll erweitert werden
Einzelne Organisationsmitglieder lernen
Lernprozesse sollen gefördert und institutionalisiert werden
Verhaltensänderungen von Individuen und Gruppen
Organisationsstrukturen und -prozesse sollen verändert werden
Schwerpunkt
In der Bundesrepublik Deutschland befindet sich die Rezeption der Organisationsentwicklung noch in der Anfangsphase. „Die deutsche Situation ist zudem insofern durch eine eigenartige Diskrepanz gekennzeichnet, als die theoretische und die praktische Thematisierung und Verarbeitung der Organisationsentwicklung bislang relativ unabhängig und voneinander getrennt erfolgen" (Sievers, 1977, 11).
Organisationsentwicklung in der Praxis
Einerseits scheint die wissenschaftliche Bearbeitung, vor allem innerhalb der Betriebswirtschaftslehre, weitgehend Probleme der Anwendung zu ignorieren; andererseits verzichten viele Projekte in Organisationen auf wissenschaftliche Beratung und Kontrolle (vgl. Laux/Kaufmann, 1978; Steinle, 1980).
2. Organisationsentwicklung
451
„Momentan wird in Deutschland offensichtlich weder die Organisationsentwicklungspraxis zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, noch kommt die Theorieentwicklung in der Praxis zum Ausdruck" (Sievers, 1977, 11).
Organisationsentwicklung wird hauptsächlich in Unternehmen betrieben; Charakteristika einzelner Ansätze lassen sich daraus ableiten. Zunehmend finden sich Organisationsentwicklungsprojekte in Kirchen, in verschiedenen Funktionsbereichen von Unternehmen (vgl. z. B. Reber et al., 1979; Wagner, 1979; Meffert, 1979) sowie in der öffentlichen Verwaltung (Levinson, 1972; Sievers, 1977; Klages/Schmidt, 1978; Laux/Kaufmann, 1978). Die gegenwärtig zu beobachtende Vielfalt der Zielsysteme, Verfahren und Ergebniskontrollen zeigt die AufStellung in Abb. O-2-l (Seite 452 ff.) von hinreichend dokumentierten Fallstudien (vgl. auch Gebert, 1976).
2.3.
Wertgrundlagen einiger Organisationsentwicklungsprogramme
Bevor wir in den folgenden Abschnitten Strategien und Interventionen zur Förderung kooperativer Führung darstellen und bewerten, soll zunächst geprüft werden, ob und in welchem Maße die Wertgrundlagen einiger der in der Literatur auffindbaren Organisationsentwicklungsansätze mit den von uns definierten Werten sowie den daraus abgeleiteten Merkmalen kooperativer Führung übereinstimmen. Über die eigenen Werthaltungen, die in der Regel den beratenen Organisationen empfohlen werden, haben besonders Vertreter des personalen Ansatzes Auskunft gegeben. Diese Werte werden mitunter sogar als besonderes Kennzeichen des „geplanten Wandels" bezeichnet (Warwick/ Kelman, 1976, 467): — Bekenntnis zu partnerschaftlicher Zusammenarbeit — Planungen gründen auf hinreichend gesichertem Wissen — Beseitigung störender Machtdifferenzen Häufig erinnern diese und andere Äußerungen an Lewins oben referiertes Bekenntnis zu Demokratie und Wissenschaftlichkeit. Ausführlicher formuliert Benne (1976, 500f.) die Wertgrundlagen von Vertretern der Laboratoriums-Methode. Folgende Werte und Normen sollen im Entwicklungsprozeß von den Organisationsmitgliedern gelernt werden: (1) Lern- und Veränderungsprozesse sollen experimentellen Charakter haben. Eine konfuse und konflikthafte Situation soll geklärt werden, insbesondere durch angemesseneres Denken, Bewerten, Überprüfen sowie entsprechend geänderte Planung. (2) Veränderungsprozesse sollten kollaborativ ablaufen in dem Sinne, daß sich vom erwarteten Ergebnis beeinflußte Organisationsmitglieder unter wechselseitigem und verantwortlichem Einfluß gemeinsam auseinandersetzen. Dabei sollen Schwache gestärkt werden und Mächtige sich zurückhalten. (3) Sie sollen sich nicht an Status und Prestige orientieren, sondern an der Aufgabe und an der Situation. (4) Soziale Manipulation (social engineering) wird abgelehnt. Lernen und Umlernen sollen im Gegenteil als wechselseitiger Prozeß aufgefaßt werden. (5) Relevantes, gültiges und vorhandenes Wissen soll in vollem Umfang bereit gestellt
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2. Organisationsentwicklung
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