Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen: Eigentum, Enteignung, Entschädigung [Reprint 2012 ed.] 9783110906370, 9783110123883


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Vorwort
Literaturverzeichnis
Einleitung
I. Die Rechtsentwicklung bis zum Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung
II. Die Rechtsentwicklung unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung
1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie
A. Der grundgesetzliche Eigentumsbegriff
I. Allgemeines zum Eigentumsbegriff
II. Der Eigentumsbegriff in der höchstrichterlichen Rechtsprechung
B. Die Eigentumsgarantie
I. Allgemeines
II. Die konkrete Reichweite des Schutzes der Eigentumsgarantie
III. Das Verhältnis der Eigentumssubstanzgarantie zur Eigentumswertgarantie (Vorrang des sogenannten primären Rechtsschutzes)
2. Teil. Die Enteignung und andere nach Art. 14 GG entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen
A. Die Enteignung
I. Die Rechtsprechung des BGH bis zur „Naßauskiesungsentscheidung“ des BVerfG (Beschluß vom 15. 7. 1981 – BVerfGE 58, 300ff)
II. Der verfassungsrechtliche Enteignungsbegriff nach der Rechtsprechung des BVerfG
III. Die Rechtslage bei vor Inkrafttreten des GG vorgenommenen Enteignungen
IV. Anhang
B. Nach Art. 14 GG entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren
I. Allgemeines
II. Die Rechtsprechung des BGH
III. Tatbestände von Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren, die eine Entschädigungspflicht aus Art. 14 GG auslösen
3. Teil. Die sogenannte Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und die Regelungsbefugnis des – einfachen – Gesetzgebers (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG)
A. Allgemeines
B. Die Regelungsbefugnis des – einfachen – Gesetzgebers im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG
I. Allgemeines
II. Zur Grenze zwischen verfassungsrechtlich zulässigen und unzulässigen (rechtswidrigen) Inhalts- und Schrankenbestimmungen
III. Einzelfälle
IV. Die Folgen eines Verfassungsverstoßes des – einfachen – Gesetzgebers
4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen bei einzelnen als „Eigentum“ zu wertenden Rechtspositionen
A. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum
I. Allgemeines
II. Der Umfang der „Substanz“ des Grundeigentums
III. Beschränkungen und Erweiterungen der Rechtsposition des Grundstückseigentümers
B. Die Schutzgrenzen des als „Eigentum“ geschützten Gewerbebetriebes
I. Der Begriff des Gewerbebetriebes als „Eigentum“
II. Die eigentumsrechtlichen Schutzgrenzen des Gewerbebetriebes
C. Die Schutzgrenzen bei Miet- und Pachtrechten
5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg
A. Die Entschädigung für „förmliche Enteignungen“ und sonstige relevante Eigentumsbeeinträchtigungen
I. Entschädigungsberechtigte
II. Entschädigungsverpflichtete
B. Rechtliche Grundlagen und Sinn und Zweck der Entschädigung
I. Rechtliche Grundlagen der Entschädigung
II. Sinn und Zweck der Entschädigung
C. Höhe der Entschädigung
I. Allgemeine Grundsätze der Entschädigungsbemessung
II. Vorteilsausgleichung und Mitverursachung
III. Ersatz für sogenannte Folgeschäden
IV. Einheitlichkeit der Entschädigung
V. Zur Methode der Entschädigungsfestsetzung
VI. Verzinsung
VII. Die Entschädigungsbemessung bei der Grundstücksenteignung
VIII. Die Entschädigungsbemessung bei Teilenteignungen
IX. Die Entschädigungsbemessung bei Eingriffen in einen Gewerbebetrieb
X. Entschädigung bei Bausperren
XI. Die Entschädigungsbemessung bei Eingriffen in Miet- und Pachtrechte
XII. Prozessuales
XIII. Verjährung
D. Rechtsweg
I. Reformbedürftigkeit
II. Heutige Rechtslage
Sachverzeichnis
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Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen: Eigentum, Enteignung, Entschädigung [Reprint 2012 ed.]
 9783110906370, 9783110123883

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Friedrich Kreft Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen

Friedrich Kreft

Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen Eigentum, Enteignung, Entschädigung 2., neubearbeitete Auflage

W DE

G_ 1998 Walter de Gruyter · Berlin · New York

E r w e i t e r t e und aktualisierte Fassung der V o r b e m e r k u n g e n zu § 8 3 9 B G B aus: Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen (Sonderausgabe aus B G B - R G R K , 12. Aufl.) P r o f e s s o r D r . Friedrich

Kreft,

V o r s i t z e n d e r R i c h t e r a m B u n d e s g e r i c h t s h o f a. D . , K a r l s r u h e

®

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CIP-Einheitsaufnahme

Kreft, Friedrich: Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen / Friedrich Kreft. — 2 . , neubearb. Aufl. — Berlin, New York : de Gruyter, 1 9 9 8 ISBN 3-11-012388-6

© Copyright 1998 by Walter de Gruyter G m b H & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Einbandgestaltung: Thomas Beaufort, Hamburg Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin

Vorwort Das vorliegende Werk ist die aktualisierte und erweiterte Fassung der „Vorbemerkungen zu § 839 BGB" aus meinem 1980 erschienenen Buch „Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen". Seit dieser Zeit haben sich wegen des Scheiterns der Staatshaftungsreform die gesetzlichen Grundlagen nicht geändert. Einzuarbeiten indes waren Rechtsprechung und umfangreiche Literatur aus einem Zeitraum von über fünfzehn Jahren. Mein Bestreben war es, die Leitlinien der Rechtsprechung vor allem des Bundesgerichtshofs nach der Naßauskiesungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts neu aufzuzeigen und sie in ihren einzelnen Auswirkungen systematisierend und umfassend darzustellen. Ich habe die Hoffnung, daß meine Gedanken als kommentierende Begleitung der neueren Rechtsentwicklung bei der Bewältigung der mit Art. 14 G G verbundenen schwierigen Rechtsfragen insbesondere für die Praxis von Nutzen sein mögen. Dem Verlag, namentlich Frau Dr. Dorothee Walther, danke ich für die Langmut, die mir während des Fortgangs der Arbeit stets zuteil wurde. Frau Ursula Walther und Frau Gunda Konstandin bin ich dankbar für ihre Mühe bei der Erstellung des Manuskripts. Karlsruhe, im April 1998

Friedrich Kreft

Inhaltsverzeichnis Rdn.

Vorwort

Seite

V

Literaturverzeichnis

XV

Einleitung

1—9

1

1—3

1

4—9

4

Eigentum und Eigentumsgarantie

10—59

9

A. Der grundgesetzliche Eigentumsbegriff

10—27

11

10—18

11

19—27

17

I. Die Rechtsentwicklung bis zum Inkrafttreten der Weimarer Reichs Verfassung II. Die Rechtsentwicklung unter der Geltung der Weimarer Reichs Verfassung 1. Teil

I. Allgemeines zum Eigentumsbegriff II. Der Eigentumsbegriff in der höchstrichterlichen Rechtsprechung 1. Die Rechtsprechung gerichts 2. Die Rechtsprechung 3. Die Rechtsprechung gerichts 4. Die Rechtsprechung 5. Z u s a m m e n f a s s u n g 6. Einzelfälle

des Bundesverfassungsdes Bundessozialgerichts des Bundesverwaltungs-

19 . 2 0

17 18

21 22 23 — 25 26-27

19 19 20 22

B. Die Eigentumsgarantie

28—59

27

I. Allgemeines

28-33

27

34—52

29

34-35

29

des Bundesgerichtshofes . .

II. Die konkrete Reichweite des Schutzes der Eigentumsgarantie 1. Allgemeines

VIII

Inhaltsverzeichnis Rdn.

Seite

2. Schutz nur für schutzwürdige Rechtspositionen 3. Gewährung effektiven Rechtsschutzes 4. Das Rückerwerbsrecht des Enteigneten bei NichtVerwirklichung des Enteignungszwecks . . 5. Eigentumsschutz für juristische Personen . . . . a) Juristische Personen des Privatrechts b) Juristische Personen des öffentlichen Rechts

36 37

32 33

38—43 44—52 45 46—52

34 37 37 38

III. Das Verhältnis der Eigentumssubstanzgarantie zur Eigentumswertgarantie (Vorrang des sogenannten primären Rechtsschutzes)

53—59

42

53—56

42

57—59

45

Die Enteignung und andere nach Art. 14 GG entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen. . .

60—131

49

A. Die Enteignung

60-83

51

I. Die Rechtsprechung des BGH bis zur „Naßauskiesungsentscheidung" des BVerfG (Beschluß vom 15. 7. 1981 - BVerfGE 58, 300ff)

60-63

51

II. Der verfassungsrechtliche Enteignungsbegriff nach der Rechtsprechung des BVerfG

64—79

53

64—65

53

66—74

54

75 76-78

59 61

79

61

80

63

1. Allgemeines 2. Die Folgen der Nichtinanspruchnahme des primären Rechtsschutzes 2. Teil

1. Der allgemeine Enteignungstatbestand 2. Die weiteren Voraussetzungen einer verfassungsmäßigen Enteignung im einzelnen 3. Zur Zulässigkeit der Enteignung zugunsten Privater 4. Die Junctim-Klausel 5. Zusatz: Die sogenannten salvatorischen Klauseln III. Die Rechtslage bei vor Inkrafttreten des G G vorgenommenen Enteignungen

Inhaltsverzeichnis

IX Rdn.

IV. Anhang 1. Sonstige — auch unter der Geltung des Art. 14 Grundgesetz rechtmäßige — Eigentumsentziehungen 2. Die Eigentumsgarantie und Kriegsfolgen . . . . 3. Die Eigentumsgarantie und die „Enteignungen" im Gebiet der früheren D D R B. Nach Art. 14 GG entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren I. Allgemeines II. Die Rechtsprechung des BGH III. Tatbestände von Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren, die eine Entschädigungspflicht aus Art. 14 GG auslösen 1. Allgemeines 2. Entschädigungspflichten im Zusammenhang mit ausgleichsentschädigungspflichtigen Inhaltsund Schrankenbestimmungen 3. Entschädigungspflichten bei Nichtbeachtung der „Junctim-Klausel" 4. Sonstige aus der Eigentumsgarantie sich ergebende Entschädigungspflichten bei Eigentumsbeeinträchtigungen a) Allgemeines b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für derartige Entschädigungspflichten im einzelnen 5. „Eingriff" und „Unmittelbarkeit" der Eigentumsbeeinträchtigung 6. Der „enteignende" und der „enteignungsgleiche" Eingriff a) Allgemeines b) Der enteignende Eingriff c) Der enteignungsgleiche Eingriff

Seite

81-83

65

81 82

65 65

83

67

84-139

69

84

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85-91

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92-139

73

93

73

94—96

74

97-98

77

99—107 99-100

78 78

101-107

79

108 — 116

82

117-139 117-118 119-120 121 — 133

88 88 89 91

X

Inhaltsverzeichnis Rdn.

d) Abgrenzung vom sogenannten bürgerlichrechtlichen Aufopferungsanspruch (nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch) 134—137 e) (Schuldhafte) Mitverursachung 138-139

Seite

96 100

3. Teil Die sogenannte Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und die Regelungsbefugnis des — einfachen — Gesetzgebers (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) 140-233

103

A. Allgemeines

140-151

105

B. Die Regelungsbefugnis des — einfachen — Gesetzgebers im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G 152-233

110

I. Allgemeines

152-159

II. Zur Grenze zwischen verfassungsrechtlich zulässigen und unzulässigen (rechtswidrigen) Inhalts- und Schrankenbestimmungen 160—166 1. Allgemeines 2. Zur Grenzziehung im einzelnen III. Einzelfälle 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Abfallentsorgung Anschluß- und (oder) Benutzungszwang . . . . Apothekenrecht Bauordnungs-und Bauplanungsrecht Bergrecht Bürgerlich-rechtliche, das „Eigentum" berührende Bestimmungen Datenschutz Denkmalschutz Energieversorgung Flurbereinigung und Umlegung Gesundheitswesen Grabstellen Hochwasserschutz Jagdrecht

110

166

160-161 162—166

116 117

167-231

120

167 168 — 171 172 241—249 173-182

120 121 123 124 124

183 — 190 191 269-272 192—195 196—199 200-206 207 208 209-212

128 133 134 134 137 139 141 142 142

XI

Inhaltsverzeichnis Rdn.

Seite

257-268 213

144 144

214—217 218-222 223-224 225 226 227-229 230 231

145 149 151 152 153 154 155 156

IV. Die Folgen eines Verfassungsverstoßes des — einfachen — Gesetzgebers 232—233

156

15. Natur- und Landschaftsschutzrecht 16. Polizeirecht 17. Umweltschutzrecht (einschließlich lärmimmissionen) 18. Wald- und Forstrecht 19. Wasserrecht 20. Wasser- und Bodenverbandsrecht 21. Wasserstraßenrecht 22. Wirtschaftsrecht 23. Wohnraumbewirtschaftung 24. Sonstige

Verkehrs-

4. Teil Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen bei einzelnen als „Eigentum" zu wertenden Rechtspositionen 234—301

159

A. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

234—279

161

234-279

161

236—240

162

III. Beschränkungen und Erweiterungen der Rechtsposition des Grundstückseigentümers 241—279

164

I. Allgemeines II. Der Umfang der „Substanz" des Grundeigentums

1. Beschränkungen durch das Baurecht 2. Beschränkungen durch die sogenannte Situationsgebundenheit a) Allgemeines b) Die „Situationsgebundenheit" von Grundstücken im Rahmen des Natur- und Landschaftsschutzes c) Die Situationsgebundenheit im Rahmen des Denkmalschutzes

241—249

164

250—272 250-256

168 168

257—268

173

269-272

180

3. Beschränkungen und Erweiterungen der Rechtsposition des Grundstückseigentümers im Rahmen des Nachbarrechts u. a 273—279

183

Inhaltsverzeichnis

XII

Rdn.

B. Die Schutzgrenzen des als „Eigentum" geschützten Gewerbebetriebes 280-300 I. Der Begriff des Gewerbebetriebes als „Eigentum" 281—283 II. Die eigentumsrechtlichen Schutzgrenzen des Gewerbebetriebes

Seite

187 187

284-300

189

284-285

189

286—289

191

290

193

291—295

194

296—300

198

301

202

302—348

205

302—306

207

I. Entschädigungsberechtigte

302—303

207

II. Entschädigungsverpflichtete

304-306

207

B. Rechtliche Grundlagen und Sinn und Zweck der Entschädigung 307-309

210

1. Allgemeines 2. Beschränkung des Eigentumsschutzes auf den gegenwärtigen Stand des Gewerbebetriebes . . . 3. Schutz gegen Eingriffe in Grundstücke, die einem Gewerbebetrieb dienen 4. Schutz gegen Beschränkungen des sogenannten Anlieger-Gemeingebrauchs 5. Kein Schutz gegen Änderung rein tatsächlicher und rechtlicher Gegebenheiten ohne besonderen Bezug zu dem einzelnen Gewerbebetrieb . . . . C. Die Schutzgrenzen bei Miet- und Pachtrechten 5. Teil Entschädigung und Rechtsweg A. Die Entschädigung für „förmliche Enteignungen" und sonstige relevante Eigentumsbeeinträchtigungen

I. Rechtliche Grundlagen der Entschädigung II. Sinn und Zweck der Entschädigung C. Höhe der Entschädigung

307—308

210

309

211

310—342

213

I. Allgemeine Grundsätze der Entschädigungsbemessung 310 II. Vorteilsausgleichung und Mitverursachung

....

311 — 312

214 214

Inhaltsverzeichnis

XIII Rdn.

Seite

1. Vorteilsausgleichung 2. Mitverursachung III. Ersatz für sogenannte Folgeschäden

311 312 313 — 314

214 214 215

IV. Einheitlichkeit der Entschädigung

315

216

316—317

216

318-319

218

320—332

219

321 — 328 322-324

219 220

325

222

326-328

222

329—332

224

V. Zur Methode der Entschädigungsfestsetzung

...

VI. Verzinsung VII. Die Entschädigungsbemessung stücksenteignung

bei der

Grund-

1. Die maßgebliche „Qualität" eines Grundstücks a) Allgemeines b) Der für die Qualitätsbestimmung maßgebliche Zeitpunkt c) Die „Vorwirkungen" einer Eigentumsbeeinträchtigung 2. Der für die Entschädigungshöhe (Preisbemessung) maßgebliche Zeitpunkt

VIII. Die Entschädigungsbemessung bei Teilenteignungen 333

226

IX. Die Entschädigungsbemessung bei Eingriffen in einen Gewerbebetrieb X. Entschädigung bei Bausperren

334

227

335—338

228

339

230

340-341

231

342

233

343-348

234

343-345

234

346-348

235

XI. Die Entschädigungsbemessung bei Eingriffen in Miet- und Pachtrechte XII. Prozessuales XIII. Verjährung D. Rechtsweg I. Reformbedürftigkeit II. Heutige Rechtslage Sachverzeichnis

237

Literaturverzeichnis Alexander, Hans, Aktuelle Fragen des Verkehrslärmschutzes unter besonderer Berücksichtigung der VerkehrslärmschutzVO, NVwZ 1991, 318 Arnim, Hans Herbert von, Besteuerung von Eigentum, DÖV 1980, 797 Aust, Manfred / Jacobs, Rainer, Die Enteignungsentschädigung, 3. Auflage, Berlin/New York 1991 — Die Enteignungsentschädigung, 4. Auflage, Berlin/New York 1997 Bachof, Otto, Zur Bedeutung des Entschädigungs-Junetims in Enteignungsgesetzen, DÖV 1954, 592 Badura, Peter, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung öffentlicher und sozialer Befugnisse im Bodenrecht, AcP 176 (1976) 120 ff — Der Eigentumsschutz der drittbetroffenen Gemeinde im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren - BVerfGE 61, 82 - , J Z 1984, 14 Bambey, Wolfgang, Gemeinden als Träger der landesverfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie?, NVwZ 1985, 248 Battis, Ulrich, Novelliertes Bundesbaugesetz und Grundgesetz, DÖV 1978, 113 — Eigentumsschutz und Entschädigung, NVwZ 1982, 585 Battis, Ulrich / Krautzberger, Michael / Lohr, Rolf-Peter, Baugesetzbuch, 3. Auflage, München 1991 — Baugesetzbuch, 5. Auflage, München 1996 Baur, Fritz, Lehrbuch des Sachenrechts, 15. Auflage, München 1989 — Lehrbuch des Sachenrechts, 16. Auflage, München 1992 Beckmann, Martin, Bewerten und Gesetzesanwendung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, DVB1. 1993, 1335 Bender, Bernd, Zur gegenwärtigen Situation des Staatshaftungsrechts, BauR 1983, 1 Berkemann, Jörg, Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, J R 1982, 229 Bethge, Herbert, Grundrechtsschutz für kommunales Eigentum?, NVwZ 1985, 402 Bettermann, Karl August, Juristische Personen öffentlichen Rechts als Grundrechtsträger, NJW 1969, 1321 BGB — RGRK, Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, hrsg. von Migliedern des Bundesgerichtshofes, 12. Auflage, Berlin/New York 1974 ff Bielenberg, Walter, Verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie und Sozialbindung im Städtebau, dargestellt an der Sanierung (Stadt- und Dorferneuerung) nach dem Städtebauförderungsgesetz, DVBl. 1971, 441

XVI

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Einleitung I. Die Rechtsentwicklung bis zum Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung * Die heutige verfassungsrechtliche Eigentumsproblematik wird nur ver- 1 ständlich, wenn man sich insoweit die Rechtsentwicklung vor Augen führt. Deshalb soll zu Beginn kurz auf diese Entwicklung eingegangen werden. Der — öffentlich-rechtliche — Eigentumsschutz beruht zunächst auf dem „Aufopferungsgedanken". Dieser Gedanke hat seinen gesetzlichen Niederschlag in Bestimmungen des Preuß. Allgemeinen Landrechts (aus dem J a h r e 1794) gefunden, die die rechtliche Grundlage des allgemeinen Aufopferungsanspruchs darstellen. Es heißt dazu in den §§ 7 4 , 7 5 EinlPreußALR: § 7 4 „Einzelne Rechte und Vorteile der Mitglieder des Staates müssen den Rechten und Pflichten zur Beförderung des gemeinschaftlichen Wohles, wenn zwischen beiden ein wirklicher Widerspruch (Collision) eintritt, nachstehen." § 7 5 „Dagegen ist der Staat denjenigen, welcher seine besonderen Rechte und Vorteile dem Wohl des gemeinen Wesens aufzuopfern genötigt wird, zu entschädigen gehalten."

Diese Bestimmungen beruhen auf der naturrechtlichen Auffassung über „wohlerworbene R e c h t e " (iura quaesita) als einem staatlicher Erfassung und Disposition grundsätzlich entzogenen Rechtsbereich des Einzelnen. Jedoch können der Staat und der Einzelne immer wieder in Konfliktlagen geraten, und der Staat kann in einer derartigen Lage, um seine Aufgabe der Förderung des allgemeinen Wohls gehörig erfüllen zu können, genötigt sein, in den — durch die wohlerworbenen Rechte abgesteckten und nach naturrechtlicher Auffassung grundsätzlich unantastbaren — Bereich des Einzelnen einzugreifen. 1 M a n erkennt an, daß in derartigen Konfliktlagen das Recht des Staates stärker sein muß als das des Einzelnen, und billigt deshalb auch nach naturrechtlicher Auffassung dem Staat das ius eminens, d. h. die Befugnis zu, in solchen Konfliktlagen selbst in wohlerworbene Rechte des Einzelnen einzugreifen. 2 Aber auch wenn der Staat kraft des ius eminens im Konflikt* Vom 11. 8. 1 9 1 9 RGBl. S. 1 3 8 3 . 1

Vgl. hierzu und zu dem folgenden Kreft, Aufopferung und Enteignung [Schriftenreihe der Juristischen Studiengesellschaft, Karlsruhe 1968, Heft 8 4 / 8 5 ] ; Jur.ArbBl. 1 9 7 5 , 4 5 7 ff.

2

S. § 7 4 EinlPreußALR.

ders.

2

Einleitung

fall in w o h l e r w o r b e n e R e c h t e des Einzelnen, insbesondere in sein Eigentum eingreifen darf, so kann er sich doch — da ein weiteres vom allgemeinen W o h l nicht gefordert ist — des Eigentums nur seiner Funktion nach b e m ä c h tigen, aber nicht seinen Wert entziehen. E r ist mithin gehalten, den Betroffenen zu entschädigen. 3 2

M i t dem A u f k o m m e n des liberalen Rechtsstaates wurden die naturrechtlichen Vorstellungen von einer über dem positiv normierten R e c h t stehenden R e c h t s o r d n u n g , vom R e c h t als etwas vor, außer und über dem S t a a t Gegebenen und Vorhandenen aufgegeben. Sie wichen allmählich der Auffassung, d a ß alles R e c h t v o m S t a a t geschaffen ist und zu seiner Disposition steht. S o ist n o c h in einer Entscheidung des R G aus dem J a h r e 1 9 0 6 4 von der „rechtlichen Alleinherrschaft" des Gesetzes die Rede, und in einer späteren Entscheid u n g 5 heißt es: „Der Gesetzgeber ist selbstherrlich und an keine anderen Schranken gebunden als diejenigen, die er sich selbst in der Verfassung oder in anderen Gesetzen gezogen h a t " . D i e w o h l e r w o r b e n e n R e c h t e bilden danach nicht mehr einen dem staatlichen Z u g r i f f entzogenen Bereich und bilden nicht mehr Grenzen für den Staat in Gesetzgebung und Verwaltung. D a s bedeutet mit Blick a u f die Entschädigungspflicht, d a ß der Staat als Gesetzgeber mit Eingriffen und B e s c h r ä n k u n g e n der w o h l e r w o r b e n e n R e c h t e nicht mehr sein ius eminens mit der selbstverständlichen

und

zwangsläufigen

Folge der Entschädigungspflicht geltend m a c h t , d a ß vielmehr bei gesetzlichen Beschränkungen und Eingriffen eine Entschädigungspflicht nur dort und nur in dem U m f a n g e besteht, w o und wie das Gesetz selbst es bes t i m m t . 6 Aus diesem Geist ist bereits die bedeutungsvolle Preuß. Allerhöchste Kabinettsorder v o m 4 . 12. 1 8 3 1 g e b o r e n , die dem Versuch der G e r i c h t e , den Staat, genauer den Fiskus, für Kriegsschäden aus § 7 5 E i n l P r e u ß A L R entschädigungspflichtig zu m a c h e n , ein Ende setzte. D a n a c h w a r — so ist die Kabinettsorder in der Folgezeit in der R e c h t s p r e c h u n g des R G i m m e r verstanden w o r d e n — ein durch einen A k t der Gesetzgebung erfolgender oder auf gesetzlicher Anordnung beruhender Eingriff nicht geeignet, einen Entschädigungsanspruch auszulösen, es sei denn, d a ß das Gesetz selbst eine solche Entschädigung vorsah. Vielmehr w a r n u n m e h r eine Entschädigungspflicht nach den allgemeinen Grundsätzen des Allgemeinen Landrechts nur gegeben, wenn es um E i n z e l m a ß n a h m e n , um einen Einzelakt der Verwaltung ging, durch den in ein subjektives R e c h t des Einzelnen eingegriffen und da-

3 4 5 6

S. § 75 EinlPreußALR. RGZ 64, 183, 185. RGZ 118, 325, 327. Vgl. ebenfalls RGZ 64, 183, 185.

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mit von ihm ein — anderen in gleicher Lage Befindlichen nicht auferlegtes — Opfer verlangt wurde. 7 Zudem las man aus dem Wortlaut der Kabinettsorder noch heraus, daß nur rechtmäßige Eingriffe und auch nur solche in die Eigentumssphäre des Einzelnen entschädigungspflichtig seien. Der durch einen solchen Eingriff ausgelöste Aufopferungsanspruch, der allgemeiner Rechtsüberzeugung entsprach, fand in dieser Form auch Eingang ins Gebiet des gemeinen Rechts. 8 Ein Aufopferungsanspruch kam danach vor allem in den Fällen des sogenannten polizeilichen Notstandes in Betracht, aber auch bei sonstigen M a ß n a h m e n , die die (Polizei-)Behörden kraft der ihnen allgemein erteilten Ermächtigung, zur Förderung des gemeinen Wohls auch in Privatrechte Einzelner einzugreifen, getroffen hatten. 9 Indes blieben auch weiterhin die auf naturrechtlichen Gedankengängen beruhenden Vorstellungen von allgemeinen Menschenrechten auf Freiheit, Gleichheit und auf Eigentum lebendig, und diese Menschenrechte wurden in fast alle rechtsstaatlichen Verfassungen als Grundrechte aufgenommen. So heißt es u. a. in Art. 9 der Preuß. Verfassung v. 3 1 . 1. 1850: „Das Eigentum ist unverletzlich. Es kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohles gegen vorgängige ... Entschädigung nach M a ß g a b e des Gesetzes entzogen oder beschränkt w e r d e n . " 1 0 Diese Verfassungsbestimmung gab zwar nicht eine unmittelbare Grundlage für einen Entschädigungsanspruch ab, aber sie bedeutete doch jedenfalls, daß die Verwaltung ohne Gesetz nicht enteignen, andererseits freilich auch ohne Gesetz Entschädigung nicht gefordert werden konnte. 1 1 Doch war die Folgezeit beherrscht von einem im Vergleich zu früher viel engeren Eigentumsbegriff, der nur Sachenrechte umfaßte. Danach stellte sich die Enteignung dar als eine auf besonderem Gesetz beruhende Verwaltungsmaßnahme, durch die der Staat im öffentlichen Interesse Sacheigentum oder sonstige dingliche Rechte gegen Entschädigung entzog, um sie auf sich selbst oder einen Dritten zu übertragen. Ein nach §§ 74, 7 5 EinlPreußALR eine Entschädigungspflicht auslösender (Aufopferungs-)Tatbestand war nur gegeben, „wenn ein in seinem Eigentum nicht eingeschränk-

7

Vgl. R G Z 19, 3 5 3 , 3 5 5 ; 2 6 , 3 3 7 , 3 3 9 f; 3 4 , 2 9 4 , 2 9 7 f.

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Vgl. R G Z 4 1 , 142 ff.

9 10

Vgl. dazu wiederum R G Z 6 4 , 183. Pr.GS S. 17. Ähnlich hieß es bereits in der „Paulskirchen-Verfassung"

vom

2 8 . 3. 1 8 4 9 Abschnitt VI Art. I X § 164 (RGBl. 1 8 4 9 , 101): „Das Eigentum ist unverletzlich. Eine Enteignung kann nur aus Rücksichten des gemeinen Besten, nur auf Grund eines Gesetzes und gegen gerechte Entschädigung vorgenommen werden". 11

R G Z 2 6 , 3 3 7 , 3 4 0 ; 6 4 , 183, 186.

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ter Eigentümer einer Sache nach der in einem einzelnen Falle besonders getroffenen Anordnung einer Verwaltungsbehörde sich zum Wohle des Ganzen einer ihm nachteiligen Beschränkung seines Eigentums unterwerfen muß; sie tritt nicht ein, wenn das Eigentum ohnehin einer gesetzlichen Beschränkung unterliegt, die von der Verwaltungsbehörde im Einzelfall nur zur Durchführung gebracht wird". 1 2 Nach der damals in der Rechtsprechung herrschenden Auffassung waren mithin Aufopferungstatbestand und Enteignungstatbestand verschieden, wenn es auch in beiden Tatbeständen um die Beeinträchtigung von „Eigentum" ging. Der Aufopferungstatbestand war bei allen auf gesetzlicher Anordnung oder unmittelbar auf Gesetz beruhenden Eingriffen nicht gegeben und damit im wesentlichen auf Tatbestände wie die des polizeilichen Notstandes beschränkt. Der Enteignungstatbestand hingegen konnte nur durch einen auf besonderem Enteignungsgesetz beruhenden Verwaltungsakt verwirklicht werden, der zum einen Eigentum entzog oder beschränkte und zum anderen die Übertragung des entzogenen Eigentums auf den Staat oder einen anderen zum Inhalt hatte.

II. Die Rechtsentwicklung unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung 4

Der 1. Weltkrieg und seine Auswirkungen waren Anlaß zu einer Ausweitung sowohl des Eigentums als auch des Enteignungsbegriffs. Unter der Geltung der WRV bekennt sich das RG nach anfänglichem Zögern 1 3 — offensichtlich unter dem Einfluß von Martin Wolff14 zu einem Begriff des Eigentums im Sinne der Verfassung, der nicht nur das Eigentum im sachenrechtlichen Sinne und dingliche Rechte, der vielmehr „alle subjektiven privaten Rechte einschließlich der Forderungsrechte umfaßt". 1 5 Damit trägt schon das RG der besonderen Funktion Rechnung, die dem Eigentum für die Existenz des freien selbstverantwortlichen Menschen zukommt und die — im Gegensatz zu früheren Zeiten — nicht mehr entscheidend allein vom reinen Sacheigentum, sondern in der modernen Industriegesellschaft in mindestens

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So RGZ 103, 423, 426. Vgl. RGZ 104, 137, 140, wo noch von dem Schutz des privaten Grundeigentums als dem gesetzgeberischen Zweck des Art. 153 WRV die Rede ist; RGZ 107, 370, 375. Festgabe für Wilhelm Kahl. RGZ 109, 310, 319.

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gleicher Weise auch von anderen Vermögenswerten Rechtspositionen erfüllt wird. Auch der Enteignungsbegriff wurde alsbald nicht mehr so eng wie im Rahmen der „klassischen Enteignung" gesehen, die die Übertragung des Eigentums auf einen anderen erforderte und für die ferner wesentlich war, daß die Enteignung von der Verwaltung vorgenommen wurde. Das R G ließ nunmehr auch unmittelbare Eingriffe des Gesetzgebers selbst als vom Enteignungsbegriff mit umfaßt sein. 1 6 Es gab die Überführung des entzogenen Rechts auf einen Begünstigten als eines der Wesensmerkmale des Enteignungsbegriffs ebenfalls auf, und ließ Beseitigungen und Beschränkungen eines Rechts ohne Übertragung desselben auf einen anderen genügen. 1 7

5

In Art. 153 W R V war nicht schlechthin eine Enteignungsentschädigung vorgesehen, vielmehr bestand eine Entschädigungspflicht nur, „soweit nicht ein Reichsgesetz etwas anderes b e s t i m m t " . 1 8 Deshalb hielt das R G auch unter der W R V noch immer daran fest, daß der Gesetzgeber generelle Regelungen eigentumsbeschränkenden oder gar -entziehenden Charakters erlassen konnte, ohne daß in diesen Regelungen eine Enteignung hätte gefunden werden können. Das entscheidende Tatbestandsmerkmal einer Enteignung war und blieb sonach immer, daß die Eigentumsbeeinträchtigung nicht alle gleichmäßig, sondern nur Einzelne oder eine bestimmte Gruppe von Einzelnen traf, der Eigentumsbeeinträchtigung also der Charakter eines Einzeleingriffs, der Auferlegung eines besonderen Opfers innewohnte. 1 9 Z u m Verständnis dieser Auffassung, daß nur im Falle eines solchen durch Einzelakt Einzelnen auferlegten Sonderopfers von Enteignung gesprochen werden könne, ist insbesondere auch auf folgenden Gesichtspunkt hinzuweisen, der weitgehend zur Begründung und Rechtfertigung dieser Auffassung angeführt wurde, der aber auch erst verständlich macht, daß der B G H insoweit nicht

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16

R G Z 109, 3 1 0 , 3 1 7 f; 111, 3 2 0 , 3 2 5 f.

17

R G Z 116, 2 6 8 , 271 f; 129, 146, 148.

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Vgl. R G Z 1 2 4 Anhang S. 19, 3 3 ; 128, 165, 1 7 1 ; 129, 146, 149.

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Art. 153 W R V lautet wie folgt: Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen. Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden. Sie erfolgt gegen angemessene Entschädigung, soweit nicht ein Reichsgesetz etwas anderes bestimmt. Wegen der H ö h e der Entschädigung ist im Streitfalle der Rechtsweg bei den ordentlichen Gerichten offenzuhalten, soweit Reichsgesetze nichts anderes bestimmen. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das gemeinsame Beste. Dazu R G Z 1 0 7 , 3 7 0 , 3 7 5 sowie 3 7 7 , 3 8 1 .

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Einleitung

ohne weiteres an die Rechtsprechung des RG anknüpfen und sie insoweit nicht fortsetzen konnte: In Art. 153 WRV hieß es, daß die Enteignung gegen angemessene Entschädigung erfolge, soweit nicht ein Reichsgesetz etwas anderes bestimme. Es konnte also danach auch entschädigungslose Eigentumsentziehungen geben. 20 Wenn aber schon aufgrund eines Reichsgesetzes ein völliger Eigentumsentzug ohne Entschädigung vorgesehen werden konnte, dann brauchte unter entschädigungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht mehr entschieden zu werden, ob ein das Eigentum oder die Befugnis des Eigentümers nur beschränkendes Gesetz als lediglich inhalts- und schrankenbestimmendes Gesetz (Art. 153 Abs. 1 Satz 2 WRV) gültig war oder ob es über eine bloße Inhalts- und Schrankenbestimmung hinausging und enteignenden Charakter hatte. Denn wenn der einfache Gesetzgeber sogar entschädigungslosen völligen Eigentumsentzug vorsehen konnte, dann konnte er gewiß auch ein Weniger tun und den Inhalt des Eigentums mehr oder weniger weit entschädigungslos beschränken. Heute ist die Rechtslage insofern entscheidend anders, als es entschädigungslose Enteignungen nicht mehr gibt, so daß heute jede gesetzliche Bestimmung, die eine Eigentumsbeeinträchtigung normiert, für die aber eine Entschädigung nicht vorgesehen ist, daraufhin geprüft werden muß, ob sie sich als entschädigungslose Inhalts- und Schrankenbestimmung noch rechtfertigen läßt oder ob sie entschädigungsrechtliche Relevanz hat. Als Ergebnis ist sonach festzuhalten: Nach der weiterentwickelten Rechtsprechung des RG war ein Enteignungstatbestand dann, aber auch nur dann verwirklicht, wenn durch einen rechtmäßigen, gegen eine bestimmte Person oder einen bestimmt begrenzten Personenkreis gerichteten Staatshoheitsakt (Verwaltungsmaßnahme oder Gesetz) ein als Eigentum geschütztes subjektives Recht zugunsten eines Dritten entzogen oder beschränkt wurde. 21 7 Nach dieser Erweiterung des Enteignungstatbestandes, insbesondere nach Wegfall des Erfordernisses der Überführung des entzogenen Rechts auf einen Begünstigten blieb für den Aufopferungsanspruch, wenn überhaupt, so nur ein ganz geringer Raum. Denn das RG gab bis zuletzt 22 die Auffassung nicht auf, daß ein Aufopferungsanspruch nur bei Eingriffen in Eigentum — wenn auch in einem weiten Sinne wie im Rahmen des Enteignungsrechts verstanden — gegeben sein könne. Die durch Art. 153 WRV und § 75 EinlPreußALR geschützten Objekte waren und blieben mithin identisch. Indes hat das RG

20 21 22

Vgl. R G Z 107, 370, 375, 377, 381. R G Z 135, 308, 311. R G Z 156, 305, 310.

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Einleitung

doch bis zuletzt gesagt, es sei nicht ausgeschlossen, d a ß es n o c h Eingriffe der Verwaltung in die private R e c h t s s p h ä r e des Einzelnen geben k ö n n e , a u f die zwar nicht Art. 153 W R V , aber d o c h § 7 5 E i n l P r e u ß A L R A n w e n d u n g zu finden h a b e . 2 3 In der Lehre ü b e r w o g ebenfalls die M e i n u n g , m a n k ö n n e Aufopferungs- und Enteignungstatbestände n o c h trennen, doch b e k a n n t e n sich auch gewichtige Stimmen zu der M e i n u n g , d a ß die Aufopferungstatbestände ganz in den Enteignungstatbeständen aufgegangen s e i e n . 2 4 D a nach der Rechtsprechung des R G s o w o h l der Enteignungsentschädi-

8

gungs- als auch der Aufopferungsanspruch einen rechtmäßigen Eingriff zur Voraussetzung hatte, blieb insoweit eine L ü c k e , als für schuldlos rechtswidrige Eingriffe in Eigentum eine Entschädigungspflicht nicht n o r m i e r t war. N a c h einigem S c h w a n k e n und längerem Z ö g e r n hat dann schließlich das R G diese L ü c k e geschlossen und seit der insoweit grundlegenden Entscheidung R G Z 1 4 0 , 2 7 6 , 2 8 1 ff dahin entschieden, d a ß in entsprechender Anwendung des § 7 5 E i n l P r e u ß A L R Entschädigung auch bei rechtswidrigen Eingriffen in als Eigentum geschützte subjektive R e c h t e zu leisten s e i . 2 5 D i e reichsgerichtliche Rechtsprechung der letzten Z e i t läßt sich d a n a c h dahin zusammenfassen: Ein Enteignungstatbestand w a r verwirklicht, wenn durch einen rechtmäßigen, gegen eine bestimmte Person oder einen bestimmt begrenzten Personenkreis gerichteten S t a a t s h o h e i t s a k t

— Verwal-

t u n g s m a ß n a h m e oder Gesetz — ein als Eigentum geschütztes subjektives R e c h t zugunsten eines Dritten entzogen oder b e s c h r ä n k t w u r d e . 2 6 M i t diesem Enteignungstatbestand deckte sich der Aufopferungstatbestand weitgehend, zumindest insoweit, als auch er zur unmittelbaren A n w e n d u n g von § 7 5 E i n l P r e u ß A L R voraussetzte, d a ß ein rechtmäßiger Eingriff von h o h e r H a n d in Eigentum (im weit verstandenen Sinne) vorlag. Bei schuldlos rechtswidrigem Eingriff in Eigentum oder diesem gleichgestellte R e c h t e von h o h e r H a n d blieb ein Enteignungsentschädigungsanspruch versagt, wurde jedoch in entsprechender Anwendung des § 7 5 E i n l P r e u ß A L R ein Aufopferungsentschädigungsanspruch zugebilligt. Schuldhaft rechtswidrige M a ß n a h m e n , die in Ausübung öffentlicher G e w a l t getroffen w o r d e n w a r e n , k o n n t e n lediglich einen Amtshaftungsanspruch auslösen.

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RGZ 140, 276, 286; vgl. auch die Entscheidung RG JW 1928, 2705 ff, in der die beiden Tatbestände nicht auseinandergehalten werden.. Nachweise in RGZ 156, 305, 3 0 9 / 3 1 0 . RGZ 156, 305, 311. RGZ 135, 308, 311.

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1. Teil Eigentum und Eigentumsgarantie

Α. Der grundgesetzliche Eigentumsbegriff I. Allgemeines zum Eigentumsbegriff D a s G G selbst gibt auf die Frage, was es unter „ E i g e n t u m " verstanden

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wissen will, keine A n t w o r t . In früheren Verfassungen, insbesondere auch in Art. 1 5 3 W R V w a r ebenfalls nur von „ E i g e n t u m " die Rede, ohne d a ß in den Verfassungsbestimmungen selbst gesagt wurde, was unter diesem Begriff verstanden werden sollte. W ä h r e n d man jedoch früher lediglich das Sacheigentum, besonders das Grundeigentum als von dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff erfaßt angesehen hatte, hat das R G den Begriff des von der Verfassung geschützten Eigentums i m m e r weiter ausgedehnt und alle subjektiven R e c h t e einschließlich der Forderungsrechte als vom verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff erfaßt e r a c h t e t . 1 Angesichts dessen wurden im Verlauf der Vorarbeiten für das G G auch Vorschläge g e m a c h t , den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff einzuengen. So sollte nach dem Vorschlag der R e d a k t i o n s k o m m i s s i o n lediglich „das der persönlichen

Lebenshaltung

und der eigenen Arbeit dienende E i g e n t u m " von der verfassungsrechtlichen Gewährleistung erfaßt werden. Dieser Vorschlag k o n n t e sich jedoch nicht d u r c h s e t z e n . 2 E s wird daher auch im G G lediglich von „ E i g e n t u m " gesprochen, und der Begriff des „ E i g e n t u m s " wird verfassungsrechtlich — jedenfalls per definitionem — nicht irgendwie eingegrenzt. 3 Er wird vielmehr vorausgesetzt; das G G regelt allein den Schutz des Eigentums, seine Behandlung und seinen G e b r a u c h in der H a n d des Berechtigten sowie die Heranziehung des Eigentums für öffentliche Z w e c k e . D a ß der Begriff des „ E i g e n t u m s " im G G und in den früheren Verfassungen selbst nicht definiert wird, hat seinen guten G r u n d . D e n n das durch Z u o r d n u n g eines Rechtsgutes an einen Rechtsträger gekennzeichnete Eigent u m 4 entzieht sich einer begrifflichen Erfassung nach allgemeingültigen, abstrakt-logischen M e r k m a l e n . Es geht bei ihm nicht um einen feststehenden,

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S. Rdn. 4. Vgl. dazu Kurzprotokoll der 8. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen vom 27. 10. 1948; dazu auch Kimminich AgrarR 1980, 177, 181. Vgl. BVerfGE 83, 201, 208 = NJW 1991, 1807 = DÖV 1991, 377 = J Z 1991, 774 und dazu Anm. Schwabe. Vgl. u. a. BVerfGE 58, 300, 330 = NJW 1982, 745, 748 = DVB1. 1982, 340, 343; BVerwGE 90, 202, 207 = DVBl. 1992, 1105, 1107 = DÖV 1992, 1060, 1062.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

nach Inhalt und Umfang vorgegebenen absoluten Begriff, sondern um ein von gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen abhängiges und wandelbares Rechtsgebilde. 5 12

Da Eigentum eine rechtliche Herrschaftsform über Gegenstände der Güterwelt darstellt und seinem Inhaber eine bestimmte Rechtsstellung verleiht, können auch nur Rechtspositionen als Eigentum geschützt sein. Das ist vor allem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung immer betonter herausgestellt worden. 6

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In Art. 14 GG gemeint und verfassungsrechtlich geschützt ist allein das Privateigentum, das im wesentlichen durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsfähigkeit (Verfügungsbefugnis) über das Eigentumsobjekt gekennzeichnet ist. 7 Das schließt jedoch nicht aus, daß der Gesetzgeber vermö-

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Dazu BVerfGE 20, 351, 355 = NJW 1967, 548, 549 = DÖV 1967, 128; BVerfGE 31, 229, 240 = NJW 1971, 2163 = DVB1. 1971, 888 = J Z 1971, 773. Besonders zu alledem Willi Geiger, Eigentumsgarantie und Art. 14 GrundG; ders., Zur Abgrenzung der Eigentumsbeschränkung vom Enteignungstatbestand; Haberle, AöR 189, 36 ff; Ossenbühl, FS für Wolfgang Zeidler Bd. I S. 625, 636 ff. U. a. BGHZ 62, 96, 98 = NJW 1974, 637 = WM 1974, 1007, 1008 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 A GrundG Nr. 48; BGHZ 64, 382, 390 = NJW 1975, 1778, 1780 = WM 1975, 959, 962 und dazu Anm. Kreft LM FStrG Nr. 21 a; BGH DVB1. 1976, 774/775 = WM 1976, 1064 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 21; BGH LM § 909 BGB Nr. 17 = NJW 1978, 1051, 1052 = VersR 1978, 420, 421 = WM 1978, 645; BGH Vorlagebeschluß NJW 1978, 2290, 2291 = DVB1. 1979, 58, 59; BGHZ 84, 223, 226 = NJW 1982, 2488 = DVB1. 1982, 948 = WM 1982, 963 = J Z 1983, 28 und dazu Anm. Krobn LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 61; BGHZ 124394, 400 f = NJW 1994, 1006 = VersR 1994, 565 = WM 1994,1038, 1040 = LM WasserhaushaltsG § 22 Nr. 28 = DVB1. 1994, 691; auch BVerfGE 58, 300, 332 = NJW 1982, 745, 748 = DVB1. 1982, 340; BVerfGE 70, 115, 122 = NJW 1986, 243 = WM 1985, 1967 = ZIP 1985, 1079; ferner Krohn, FS für Willi Geiger S. 417 ff. BVerfGE 31, 229, 240 = NJW 1971, 2163 = J Z 1971, 773, 774 = DVBl. 1971, 888, 889; BVerfGE 52, 1, 30 = NJW 1980, 985, 987 = J Z 1979, 800, 802 = DVBl. 1980,158, 160; BVerfGE 55, 249, 257 = WM 1981, 220 = BauBl. 1981, 260 = DVBl. 1981, 379; BVerfGE 79, 283, 290 = NJW 1989, 972, 973 = WM 1989, 346, 348 = J Z 1989, 536, 537; BVerfGE 79, 292, 303 = NJW 1989, 970, 971 = WM 1989, 341, 344; BVerfGE 84, 382, 384 = NJW 1992, 361 = WM 1992, 28, 29; BGHZ 80, 111, 115 = NJW 1981, 2114 = VersR 1981, 573 = DVBl. 1981, 924 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57; BGHZ 99, 24, 34 = NJW 1987, 2068, 2070 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 70 = DÖV 1987, 642 = DVBl. 1987, 568 und dazu Anm. Schmaltz.

Α. Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes

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genswerte Rechte schaffen kann, bei denen die Verfügungsbefugnis eingeschränkt ist und denen dennoch der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz nicht versagt werden kann. 8 Doch ist der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff mit dem privatrecht- 1 4 liehen, mit dem des § 903 BGB nicht gleichzusetzen. Diese Bestimmung gewährt ihrem Wortlaut nach dem Eigentümer eine grundsätzlich völlig freie, „beliebige" — lediglich durch etwa entgegenstehende Gesetze oder Rechte Dritter eingeschränkte — Verfügungsgewalt über sein „Eigentum". Allerdings wurde auch im bürgerlichen Recht — mit der Zeit immer mehr — davon ausgegangen, daß es pflichtenloses Eigentum nicht gibt und auch dem Eigentum im Sinne des § 903 BGB Bindungen und Beschränkungen wesensmäßig innewohnen, die sich aus der gebotenen Rücksichtnahme auf den Nächsten und die Bedürfnisse der Allgemeinheit ergeben. 9 So hatte schon das preuß. OVG alles Eigentum als sozialgebunden erachtet und diesen Gedanken bereits im Jahre 1881 10 dahin formuliert: „Für die Ausübung sind dem Eigentümer Grenzen gezogen und müssen naturgemäß Grenzen gezogen sein, weil der Mensch nicht für sich allein, sondern neben anderen Menschen und innerhalb einer größeren Gemeinschaft lebt". Dennoch kann zur Erfassung des grundgesetzlichen Eigentumsbegriffs nicht entscheidend auf § 903 BGB zurückgegriffen werden. Ganz abgesehen davon, daß diese Bestimmung nur für Sacheigentum gilt, muß der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff völlig selbständig (autonom) bestimmt und die konkrete Rechtsposition (einschließlich ihrer „Reichweite") muß jeweils aus der Verfassung selbst in Verbindung mit den vom — einfachen — Gesetzgeber im Rahmen der Inhaltsund Schrankenbestimmungen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsgemäß getroffenen einschlägigen Rechtsvorschriften eruiert werden. 1 1

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BVerfGE 83, 201, 209 = N J W 1991, 1807 = JZ 1991, 774, 775 = D Ö V 1991, 377 = DVB1. 1991, 376, 377. Augustin, in: BGB-RGRK Vor § 903 Rdn. 1 - 4 ; Staudinger/Sei/er, Vorbem. § 903 ff Rdn. 4; § 903 Rdn. 3; Böhmer N J W 1988, 2561, 2570 m. w. N . Preuß.OVGE 8, 327, 329. Vgl. dazu BVerfGE 31, 229, 240 = N J W 1971, 2163 = JZ 1971, 773, 7 7 4 = DVB1. 1971, 888, 889; BVerfGE 52, 1, 27, 29 = N J W 1980, 985, 987 = JZ 1979, 800 = DVB1. 1980, 158, 159 f; BVerfGE 72, 9, 22 = N J W 1986, 1159, 1160 = JuS 1986, 660 = DVB1. 1986, 617, 619; BVerfGE 74, 203, 214 = N J W 1987, 1930 = W M 1987, 700, 701 = DVBl. 1987, 618; Schmidt-Aßmann, in: FS der Jur. Fak. der Univ. Heidelberg (1986) S. 107, 113 ff.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie Die B e a n t w o r t u n g der Frage, welche Vermögenswerten Rechtsgüter als

„ E i g e n t u m " anzusehen sind, erfordert danach einen R ü c k g r i f f auf Z w e c k und Funktion der Eigentumsgarantie unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung im G e s a m t g e f ü g e der Verfassung. 1 2 N a c h Inkrafttreten des G G bestand von Anfang an Einigkeit darüber, d a ß der grundgesetzliche Eigentumsbegriff keinesfalls enger sei, als er vom R G unter Geltung der Weimarer Verfassung verstanden w u r d e , 1 3 daß also außer Sacheigentum nicht nur sonstige dingliche R e c h t e , sondern auch Mitgliedschaftsrechte, Forderungsrechte usw. als Vermögenswerte Rechtspositionen unter den grundgesetzlichen Eigentumsbegriff zu fassen s i n d . 1 4 In gleicher Weise gehören zum „ E i g e n t u m " auch alle auf schuldrechtlichen Verträgen beruhenden Nutzungsmöglichkeiten eines G r u n d s t ü c k s oder eines anderen S a c h e i g e n t u m s . 1 5 D a b e i ist der Eigentumsbegriff nicht a u f ganz bestimmte Vermögenswerte Rechtspositionen b e s c h r ä n k t . Vielmehr fallen darunter — im R a h m e n des Privatrechts — alle Vermögenswerten R e c h t e , die dem Berechtigten von der R e c h t s o r d n u n g in der Weise zugeordnet sind, d a ß er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben d a r f . 1 6 16

D a s Vermögen als solches stellt jedoch eine k o n k r e t e subjektive R e c h t s p o sition nicht dar und genießt damit grundsätzlich auch nicht den verfassungsrechtlichen E i g e n t u m s s c h u t z , 1 7 etwa gegen die Auferlegung von Steuern und

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So u. a. BVerfGE 42, 263, 293 = NJW 1976, 1783 = J Z 1977, 78 = DVB1. 1976, 710; BVerfGE 83, 201, 208 = NJW 1991, 1807 = J Z 1991, 774 = DÖV 1991, 377 = DVB1. 1991, 376. Vgl. oben Rdn. 4 ff. Vgl. dazu aus neuerer Zeit u. a. BVerfGE 72, 9, 18, 19 = NJW 1986, 1159/1160 = JuS 1986, 660 = DVBl. 1986, 617; BVerfGE 77, 370, 377 = DÖV 1988, 111 = SozVers. 1988, 191; BGHZ 77, 179, 182 = NJW 1980, 2705 = W M 1980, 1261 = DÖV 1980, 879 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 54; BGHZ 92, 94, 104 = NJW 1985, 3021, 3023 = W M 1985, 99, 101 = BBauBl. 1985, 158; BVerwGE DVBl. 1983, 898 = DÖV 1983, 678 = NVwZ 1983, 672. BGH NJW 1984, 1878, 1879 = W M 1984, 823 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 42; BGHZ 125, 293, 298 = NJW 1994, 3156 = VersR 1994, 816 = WM 1994, 1578, 1580 = LM FlurbereinigungsG Nr. 15 = DVBl. 1995, 102. BVerfGE 83, 201, 208 = NJW 1991, 1807 = J Z 1991, 774 = DÖV 1991, 377 = DVBl. 1991, 376. BVerfGE 72, 175, 195 = NJW 1986, 2561, 2563 = J Z 1986, 749, 751 = WM 1986, 920 = DÖV 1986, 788; BVerfGE 74, 129, 148 m. w. N. = NZA 1987, 347 = W M 1987, 440 = ZIP 1987, 387; auch BVerfGE 75, 108, 154

Α. Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes

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sonstigen Geldleistungsverpflichtungen. 18 Deshalb liegt auch in der Auferlegung von Mitgliedsbeiträgen für öffentlich-rechtliche Körperschaften pp. — wie ζ. B. für Notarkammern — in aller Regel nicht ein Verstoß gegen Art. 14 GG. Es können sich jedoch Ausnahmen ergeben, wenn etwa die Steuer- oder sonstigen Geldleistungsverpflichtungen den Betroffenen nötigen, auf die Substanz seines Eigentums zurückzugreifen, ihn übermäßig belasten und eine „erdrosselnde" Wirkung ausüben. 1 9 2 0 Der Begriff des Eigentums kann nur konkret vorhandene Rechtspositionen erfassen, kann sich nur auf bereits wirklich Bestehendes, nicht etwa auch auf rechtswidrig Verhindertes erstrecken. 2 1 Eigentum als bereits vorhandene Vermögenswerte Rechtsposition schließt auch alle reinen Fakten und günstigen Gegebenheiten ebenso wie alle bloßen Chancen, Verdienstmöglichkeiten und Gewinnerwartungen, auf deren Verwirklichung ein rechtlich gesicherter Anspruch nicht besteht, vom Eigentumsbegriff aus. 2 2 2 3

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= NJW 1987, 3115, 3117; BVerfGE 77, 308, 339 = NJW 1988, 1899, 1902 = WM 1988, 676, 681; BVerfGE 78, 232, 243 = NJW 1988, 3258; BGHZ 83, 190, 194 = NJW 1982, 2813, 2814 = WM 1982, 663 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 61 = DÖV 1982, 870; BSGE 27, 43, 45 = SozR Nr. 1 § 1009 RVO a. F.; BSGE 58, 10, 15 = SozR 2200 § 180 Nr. 25 = SGB 1986, 23 = ZfSH/SGB 1985, 564; BSGE 60, 134, 145 = SozSich 1986, 378 = ZfSH/SGB 1986, 623; bereits Wolff, in: Festgabe für Wilhelm Kahl S. 3; a. A. Rüfner DVBl. 1970, 881; Meesen DÖV 1973, 812, 816; FriaufOÖV 1980, 480 ff; Erdmann DVBl. 1986, 659 ff jeweils mit zahlreichen Nachweisen. BVerfGE 27, 326, 343 = NJW 1970, 1035, 1037 = WM 1970, 487, 490. BVerfGE 30, 250, 272 = NJW 1971, 1603, 1605 = J Z 1971, 686, 688 = DVBl. 1971, 651, 654; BVerfGE 38, 61, 102 = NJW 1975, 31, 37; BVerfGE 63, 313, 327 = NJW 1983, 1841, 1942 = WM 1983, 495, 497 = BB 1983, 819; BVerfGE 68, 287, 310 = VersR 1985, 193, 197 = WM 1985, 242, 246 = ZIP 1985, 308 = BB 1985, 376; BVerfGE 78, 214, 230 = NJW 1989, 666, 668 = WM 1989, 464, 468; BGHZ 83, 190, 194/195 = NJW 1982, 2813, 2814 = WM 1982, 663 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 61 = DÖV 1982, 870. Zu den durch Art. 14 GG auch dem Steuergesetzgeber gesetzten Schranken siehe u. a. v. Arnim DÖV 1980, 797; P. Kirchhof DÖV 1980, 795; Mußgnug 1991, 993 ff; Papier DVBl. 1980, 787; Wendt NJW 1980, 2111 ff. BVerfGE 78, 152, 162 = NJW 1981, 458, 460 = W M 1981, 152 = DÖV 1981, 466 = DVBl. 1981, 458; s. auch OLG Celle NdsRpfl 1993, 127, 128. BVerfGE 28, 119, 142 = J Z 1970, 411, 412 = DVBl. 1970, 807; BVerfGE 30, 292, 335 = NJW 1971, 1255, 1260 = DÖV 1971, 454, 458 = DVBl. 1971, 691, 694; BVerfGE 78, 205, 211 = NJW 1988, 2593 = J Z 1988, 919, 920 = DVBl. 1988, 939, 840; BGH NJW 1981, 1726, 1727 = VersR 1981, 484 = J Z 1981,

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1. Teil. Eigentum und Eigentunisgarantie Das gleiche gilt für tatsächliche Vorteile, die sich aus dem bloßen Fortbe-

stand einer günstigen Rechtslage ergeben. 2 4 18

Im übrigen gingen nach Inkrafttreten des G G die Meinungen darüber, wie der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff zu fassen sei, mehr oder weniger weit auseinander. Insbesondere gingen die Meinungen darüber auseinander, ob und in welchem Umfang auch im öffentlichen Recht begründete Rechtspositionen von dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff erfaßt werden. Inzwischen hat sich jedoch nicht nur eine Annäherung, sondern sogar eine weitgehende Übereinstimmung der Auffassungen über den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff, insbesondere in der Rechtsprechung des BVerfG und der obersten Gerichtshöfe des Bundes ergeben.

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395; B G H Z 83, 1 , 3 = N J W 1982, 2181, 2182 = W M 1982, 517 und dazu Anm. Kreft L M § 86 BBauG Nr. 4; BGH LM § 77 BLG Nr. 4 = NJW-RR 1989, 673, 674 = VersR 1989, 524 = AgrarR 1989, 300; B G H Z 123, 166, 169, 171 = N J W 1993, 3131 = VersR 1993, 1533 = W M 1993, 2095 = L M Art. 14 Ch GrundG Nr. 41; BVerwGE 62, 224, 226 = N J W 1982, 63, 64 = DVB1. 1981, 983 = DÖV 1981, 917; BVerwGE 65, 167, 173 = N J W 1982, 2513, 2515 = NVwZ 1982, 627 = D Ö V 1982, 824; BAGE 19, 23 f. Der Entscheidung des BGH LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 67 = W M 1988, 1651, 1653 f = NVwZ-RR 1989, 170 lag indes folgender tatsächlich besonders liegender Sachverhalt zugrunde, der dazu geführt hat, daß der BGH auch schon eine konkrete tatsächliche Aussicht als von der geschützen „Rechtsposition" des Eigentümers als mitumfaßt erachtet hat: Die Grundfläche der das Verfahren betreibenden Eigentümerin bildete zusammen mit benachbarten Grundflächen verschiedener anderer Eigentümer ein einheitliches Grubenfeld mit abbauwürdigem Basaltvorkommen. Angesichts dessen kam praktisch für jeden der beteiligten Eigentümer ein Abbau nur dann in Frage, wenn die Eigentümer der jeweils benachbarten Grundflächen auf Grenzabstände verzichteten. Denn der Abbau konnte jeweils nur unter dieser Voraussetzung erfolgen, weil er andernfalls überhaupt nicht lohnend gewesen wäre. Die Eigentümer auch ein gleichgerichtetes Interesse daran, daß die jeweiligen Einzelnen auf Innehaltung der Abstände verzichteten. Unter diesem Aspekt war die Aussicht aller einzelnen Eigentümer auf späteren lohnenden Abbau eine tatsächlich so konkrete, daß sie von einer geschützten Rechtsposition als mitumfaßt angesehen werden konnte. BVerfGE 77, 370, 377 = DÖV 1988, 111 = SozVers 1988, 191.

Α. Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes

17

II. Der Eigentumsbegriff in der höchstrichterlichen Rechtsprechung 1. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts D a s BVerfG hatte zunächst unter ausdrücklicher Ablehnung der gegentei- 1 9 ligen A u f f a s s u n g des B G H 2 5 allen durch d a s öffentliche Recht gewährten Rechtspositionen den Eigentumsschutz v e r s a g t . 2 6 Aber schon bald d a n a c h hat es ohne Rücksicht d a r a u f , o b die Rechtsposition im öffentlichen oder privaten Recht begründet ist, maßgeblich d a r a u f abgestellt, o b der Rechtsträger eine Rechtsposition innehat, die derjenigen des Eigentümers — gemeint ist des Sacheigentümers — „ s o nahe k o m m t , daß Art. 14 G G Anwendung finden m u ß " . 2 7 In späteren Entscheidungen wird dies dahin formuliert, daß die Rechtsposition gewertet werden und daß sie — um Eigentum zu sein — so stark sein müsse, daß es nach d e m rechtsstaatlichen Gehalt des G G als ausgeschlossen erscheine, daß der Staat sie ersatzlos entziehen könne; sie müsse die konstituierenden M e r k m a l e des Eigentumsbegriffs t r a g e n . 2 8 In der weiteren Rechtsprechung hat d a s BVerfG an dieser an der Stellung des Sacheigentümers sich orientierenden und dabei Z w e c k und Funktion der Eigentumsgarantie berücksichtigenden 2 9 wertenden Betrachtungsweise festgehalten und deshalb bei den im öffentlichen Recht begründeten Rechtspositionen wesentlich d a r a u f abgestellt, ob und inwieweit jeweils d a s Recht sich als Äquivalent eigener Leistung erweist oder auf — einseitiger — staatlicher G e w ä h r u n g b e r u h t . 3 0 D e s h a l b ist nach der A u f f a s s u n g des BVerfG solchen öffentlich-rechtlichen Ansprüchen der Eigentumsschutz zu versagen, bei denen zu der einseitigen G e w ä h r u n g des Staates keine den Eigentumsschutz

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BGHZ 6, 270, 278 = NJW 1952, 972, 973 = J Z 1952, 622, 623 = LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 7. BVerfGE 2, 380, 399 ff = NJW 1953, 1137 = J Z 1953, 662 = DÖV 1953, 666; auch bereits BVerfGE 1, 264, 278 = NJW 1952, 865, 866. BVerfGE 4, 219, 241 = NJW 1955, 1268 = DVBl. 1955, 558. BVerfGE 16, 94, 112 = NJW 1963, 1395 = DÖV 1963, 547 = DVBl. 1963, 590; BVerfGE 24, 220, 225 = BB 1968, 1429 = SozR Nr. 16 zu Art. 14 GrundG = SozSich 1969 Rechtsprechung 2226; BVerfGE 45, 142, 170 = NJW 1977, 2024 = DVBl. 1977, 817 = DÖV 1978, 172. BVerfGE 36, 281, 290 = GRUR 1974, 142; BVerfGE 42, 263, 293 = NJW 1976, 1783, 1786 = J Z 1977, 78 = DVBl. 1976, 710. BVerfGE 53, 257, 291 = NJW 1980, 692, 693 = WM 1980, 273 = J R 1980, 235 = DVBl. 1980, 366 = DÖV 1980, 377.

18

1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

rechtfertigende Leistung des Einzelnen h i n z u t r i t t . 3 1 In einer späteren E n t s c h e i d u n g 3 2 wird dies dahin formuliert: „Vermögenswerte subjektiv-öffentliche R e c h t e k ö n n e n zwar grundsätzlich Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 G G sein. Kriterium hierfür ist, o b der das subjektiv-öffentliche R e c h t begründende T a t b e s t a n d seinem Inhaber eine so verfestigte Rechtsposition verschafft, d a ß sie im H i n b l i c k auf ihre rechtliche Ausgestaltung und nach den rechtsstaatlichen

Grundsätzen der Verfassung nicht mehr

wegfallen

k a n n . Bedeutsam für eine solche Bewertung ist, o b die Rechtsstellung auf eigene Leistung zurückzuführen ist oder ausschließlich a u f staatlicher G e währung beruht. . . . D e r verfassungsrechtliche Eigentumsschutz ist jedenfalls solchen öffentlich-rechtlichen Ansprüchen zu versagen, bei denen zu der einseitigen G e w ä h r u n g des Staates keine den Eigentumsschutz

rechtferti-

gende Leistung des Einzelnen h i n z u t r i t t . " M i t den wiedergegebenen

und

auch in seiner späteren R e c h t s p r e c h u n g i m m e r wiederkehrenden Formulierungen hat das B V e r f G zu dem verfassungsrechtlichen

Eigentumsbegriff

eine Position bezogen, die auch die sonstige höchstrichterliche Rechtsprechung — unterschiedlich allenfalls n o c h in den Nuancierungen

— einge-

nommen hat.

2. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts D a s Bundessozialgericht h a t sehr früh auch im öffentlichen R e c h t begrün-

20

dete Rechtspositionen unter den Voraussetzungen, wie das B V e r f G sie in den zuvor genannten Entscheidungen dargelegt hat, als „ E i g e n t u m " im Sinne des A r t . 14 G G e r a c h t e t 3 3 und hat anschließend seine Entscheidungen insoweit stets an denen des B V e r f G a u s g e r i c h t e t . 3 4

31

BVerfGE 18, 392, 397 = NJW 1965, 1013 = J Z 1965, 356 = DÖV 1965, 342 = DVB1. 1965, 396; BVerfGE 32, 111, 128 = DÖV 1972, 232; Vgl. dazu auch die abweichende Meinung der Bundesverfassungsrichterin Rupp-v.Briinneck, in: BVerfGE 32, 129, 141; BVerfGE 40, 65, 83 f = NJW 1976, 31 = DVB1. 1976, 34.

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BVerfGE 48, 403, 412 f = NJW 1978, 2024 = DÖV 1978, 728, 729. BSGE 4, 40, 42 ff = NJW 1957, 1691 = J Z 1958, 20 = DVB1. 1958, 321. BSGE 25, 170, 173 = MDR 1967, 78 = Praxis 1966, 522; BSGE 26, 255, 257/ 258 = SGB 1967, 591; 1968, 27 = SozR Nr. 6 zu Art. 2 ξ 4 ArVNG; BSG NJW 1992, 260.

33 34

Α. Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes

19

3. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Das BVerwG ist ebenfalls von Anfang an der vom BVerfG vorgezeichne- 21 ten Linie gefolgt und hat sich in den Begründungen seiner Entscheidungen immer wieder der Argumentation des BVerfG angeschlossen, wie u. a. die Entscheidungen in BVerwGE 11, 68, 74 35 ; 22, 299, 303 36 und 40, 286, 295 3 7 zeigen.

4. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Auch der BGH fußt in seiner Rechtsprechung wie das BVerfG auf einer 2 2 an der Stellung des Sacheigentümers sich ausrichtenden wertenden Betrachtungsweise. Zwar ist die erste Formulierung in BGHZ 6, 270, 278 3 8 sehr weit gefaßt, wenn dort gesagt ist, daß als Eigentum jedes vorhandene einzelne Vermögenswerte Recht, gleichgültig ob auf privatem oder öffentlichem Recht beruhend, geschützt sei. Tatsächlich aber hat der BGH in seiner Rechtsprechung keineswegs schlechthin jede Vermögenswerte Rechtsposition als durch die Verfassung geschützt angesehen. Vielmehr hat auch der BGH in Grenzfällen stets gefragt, ob es bei den in Rede stehenden Rechtspositionen um Vermögenswerte eigentumsähnliche Rechte und Rechtsstellungen geht, „die eines Schutzes wie das Eigentum fähig und eines solchen bedürftig sind". 3 9 Dementsprechend heißt es — unter Bezugnahme auf die bundesver-

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= JR 1960, 471 = DVB1. 1960, 722 = D Ö V 1960, 793. 36 = N J W 1966, 1282, 1283 = D Ö V 1966, 415 = DVB1. 1966, 566. 37 = RzW 1973, 154 = ZLA 1972, 188 = M D R 1973, 162. 38 = N j W 1 9 5 2 ) 972, 973 = JZ 1952, 622, 623 = LM Art. 14 GrundG (Anhang). 39 Vgl. u. a. LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 12 Bl. 4 Rucks. = VersR 1964, 89, 92; LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 39 = W M 1968, 1126, 1129 (betr. Kündigungsschutz für Schwerbeschädigte: kein Eigentum); LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 35 = WarnRechtsprechung 1967, Nr. 161 (betr. Befugnis zum Betrieb einer Abdekkerei mit Ausschließlichkeit für einen bestimmten Bezirk unter Garantierung eines Mindestverdienstes: Eigentum); LM Art. 14 Bc GrundG Nr. 17 = W M 1973, 491, 494 (betr. Rechtsstellung eines deutschen Schuldners auf Grund eines Forderungsverzichts, der in einem mit Österreich geschlossenen Staatsvertrag vereinbart worden war: kein Eigentum); LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 36 = W M 1980, 118, 119 = DVB1. 1980, 283; LM SchutzbereichG Nr. 4 = N V w Z 1983, 118.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

fassungsgerichtliche Rechtsprechung — in B G H Z 8 1 , 2 1 , 3 3 : 4 0 „Auch öffentlich-rechtliche Rechtspositionen privater Rechtsträger sind in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 G G einbezogen, wenn der Einzelne dadurch eine Rechtsstellung erlangt hat, die der des Eigentümers entspricht. Ein subjektivöffentliches R e c h t ist d a n a c h eigentumsmäßig verfestigt, wenn nach seiner gesamten rechtlichen Ausgestaltung und nach dem rechtsstaatlichen G e h a l t des G G dieses R e c h t nicht ersatzlos entzogen werden d a r f " . Ähnliche F o r m u lierungen finden sich in B G H Z 9 2 , 9 4 , 1 0 6 , 4 1 w o — ebenfalls unter Hinwies a u f das B V e r f G — weiter gesagt ist: „ D e r verfassungsrechtliche Eigentumsschutz ist solchen öffentlich-rechtlichen Ansprüchen zu versagen, bei denen zu der einseitigen G e w ä h r u n g des Staates keine den Eigentumsschutz rechtfertigende Leistung des einzelnen hinzutritt". D a m i t liegt auch der B G H in seiner Rechtsprechung zum Eigentumsbegriff voll a u f der Linie des B V e r f G .

5. Zusammenfassung D e r Eigentumsbegriff, wie er sonach zu fassen ist, erscheint zunächst ver-

23

s c h w o m m e n und k o n t u r e n l o s . Aber die wiedergegebenen

Formulierungen

m a c h e n mit ihrer Blickrichtung auf den Sacheigentümer doch deutlich, d a ß nicht irgendwelche C h a n c e n , H o f f n u n g e n , Aussichten, sondern nur bereits vorhandene k o n k r e t e Werte v o m Eigentumsbegriff u m f a ß t sein k ö n n e n . 4 2 Auch k ö n n e n d a n a c h den Eigentumsschutz grundsätzlich nur solche Rechtspositionen genießen, zu deren Erlangung eigene Leistung, eigener Kapitalund Arbeitseinsatz geführt hat oder die aus anderen G r ü n d e n dem Inhaber wie Sacheigentum als ihm eigen und zugehörig zugerechnet werden müss e n . 4 3 D a n a c h können aber auch Rechtsstellungen und Befugnisse, die dem

40 = 41 42

43

N

j

W

1981)

2000, 2002 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 60.

= NJW 1985, 3021, 3 0 2 3 / 3 0 2 4 = WM 1985, 99, 101 = BBauBl. 1985, 158. Vgl. dazu BVerfGE 20, 31, 34 = NJW 1966, 1211 = FamRZ 1966, 301; BVerfGE 30, 292, 334 = NJW 1 9 7 1 , 1 2 5 5 = DÖV 1971, 454 = DVB1. 1971, 691; BVerfGE 85, 360, 383 = NJW 1992, 1373 = ZIP 1992, 514 = DVB1. 1992, 610. Auf den Vergleich mit dem Sacheigentümer wird besonders hingewiesen in den folgenden Entscheidungen: BVerfGE 72, 9, 19 = NJW 1986, 1159 = JuS 1986, 660 = DVB1. 1986, 617; BVerfGE 72, 175, 195 = NJW 1986, 2561 = J Z 1986, 749 = W M 1986, 920 = DÖV 1986, 788; BVerfGE 74, 203, 214 = NJW 1987, 1930 = W M 1987, 700 = DVB1. 1987, 618; BVerfGE 78, 58, 71 = NJW 1988, 2594 = J Z 1988, 870 = DVB1. 1988, 870; BGHZ 92, 94, 104, 106 = NJW 1985, 3021, 3 0 2 3 / 3 0 2 4 = W M 1985, 99, 101.

21

Α. Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes

Einzelnen durch die öffentliche H a n d nur vorläufig oder auf W i d e r r u f gewährt worden sind, ebenso wie privatrechtliche zeitlich b e s c h r ä n k t e Berechtigungen oder Nutzungsmöglichkeiten

— wie k ü n d b a r e M i e t - und Pach-

trechte — „ E i g e n t u m " im Sinne des Art. 14 G G d a r s t e l l e n . 4 4 D i e eigentumsrechtliche P r o b l e m a t i k liegt in der Praxis jedoch weniger

24

bei der Frage, o b eine R e c h t s p o s i t i o n als solche als „ E i g e n t u m " zu werten ist, sondern weitaus mehr bei der Frage, w o die Grenzen liegen, bis zu denen eine R e c h t s p o s i t i o n , die als solche als Eigentum zu qualifizieren ist, überhaupt reicht und deshalb auch

nur verfassungsrechtlichen

(Eigentums-)

Schutz genießen k a n n . 4 5 Die Schwierigkeiten liegen mithin besonders bei der Frage der k o n k r e t e n R e i c h w e i t e des E i g e n t u m s s c h u t z e s . 4 6 In diesem Z u s a m m e n h a n g sei n o c h folgendes b e m e r k t : In der viel beachteten „ N a ß a u s k i e s u n g s e n t s c h e i d u n g " ist das B V e r f G 4 7 nicht von seiner bis dahin zum Eigentumsbegriff vertretenen Auffassung abgewichen. Die Bedeutung der Entscheidung unter den hier erörterten Gesichtspunkten liegt ausschließlich darin, d a ß das B V e r f G die einschlägige Regelung des Gesetzgebers im Wasserhaushaltsgesetz im Gegensatz zum B G H 4 8 als verfassungsmäßig h i n g e n o m m e n

und d a m i t gebilligt hat, d a ß der Gesetzgeber

die

Schutzgrenzen des Grundeigentums verengt und Grundstücksnutzungen mit G r u n d w a s s e r b e r ü h r u n g aus dem verfassungsrechtlichen Schutzbereich des Grundeigentums völlig herausgenommen und ausgegliedert, derartige Nutzungen mithin vom Grundeigentum „ a b g e s p a l t e n " h a t . 4 9 Wenn es in der Entscheidung des B V e r f G heißt, d a ß die Rechtsstellung des Grundeigentü-

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BGH LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 17 = VerwRechtsprechung 13 (1961) Nr. 17; W M 1979, 562, 565 = MDR 1979, 650; BGHZ 83, 1, 3 = NJW 1982, 2181 = W M 1982, 517 und dazu Anm. Kreft LM § 86 BBauG Nr. 4; BGH NJW 1984, 1878, 1879 = WM 1984, 823 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 42; BVerwG DVBl. 1983, 898 = DÖV 1983, 678 = NVwZ 1983, 672. s. insoweit für Grundeigentum Rdn. 234 ff und für Gewerbebetrieb Rdn. 280 ff. s. u. a. BVerfGE 70, 101, 110 = NVwZ 1985, 893 = DVBl. 1986, 94; BVerfGE 74, 203, 214 = NJW 1987, 1930 = W M 1987, 700 = DVBl. 1987, 618. BVerfGE 58, 300 ff = NJW 1982, 745 ff = DVBl. 1982, 340. Zur Bedeutung dieser Entscheidung für die enteignungsrechtliche Problematik s. Rdn. 60 ff. s. Vorlagebeschluß NJW 1978, 2290 ff = DVBl. 1979, 58. BGHZ 84, 223, 226 = NJW 1982, 2488, 2489 = W M 1982, 963 = J Z 1983, 28 = DVBl. 1982, 948 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 61; BGHZ 84, 230, 2 3 5 / 2 3 6 = NJW 1982, 2481 = J Z 1983, 30 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 61; s. ferner Krohn DVBl. 1986, 745; kritisch Schulte J Z 1984, 297, 302.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

mers „prinzipiell dort [endet], wo er mit dem Grundwasser in Berührung k o m m t " , 5 0 so ist das nicht räumlich zu verstehen und bedeutet nicht, daß der Grundeigentümer nicht mehr Eigentümer der unter der Erdoberfläche seines Grundstücks vorhandenen Bodenbestandteile sei. Vielmehr besagt das nur, daß der Grundeigentümer sein Grundstück nicht in der Weise nutzen darf, daß er die — in seinem Eigentum stehenden — Bodenbestandteile (Kiesund sonstige Vorkommen) ausbeutet, solange das wegen einer Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung unstatthaft ist. 51

6. Einzelfälle 26

Als verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum sind — insbesondere in der Rechtsprechung — anerkannt: Die Befugnis zum Betrieb einer Abdeckerei mit Ausschließlichkeit für einen bestimmten Bezirk bei Garantie eines Mindestverdienstes, 52 der Anspruch auf Unterhaltsgeld nach dem ArbeitsförderungsG; 5 3 der rechtmäßige Besitz; 54 beamtenrechtliche Besoldungs- und Versorgungsansprüche in ihrem Kernbestand, die in Art. 33 Abs. 5 GG eine Sonderregelung erfahren haben; 5 5 für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten übernimmt diese Bestimmung die gleiche Funktion, die außerhalb von Beamtenverhält-

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BVerfGE 58, 300, 329 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340. BGHZ 90, 4, 10 = NJW 1984, 1172 = DVB1. 1984, 397 = DÖV 1984, 525 und dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67. BGH LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 35 = WarnRechtsprechung 1967 Nr. 161. Gesetz vom 25. Juni 1969 BGBl. I S. 582; s. dazu BSGE 48, 33, 40 = SozR 4100 § 4 4 Nr. 19 = SozSich 1979, 151 = ZfSH 1979, 337. Vgl. dazu Engel AöR 118 (1993), 169, 183; Kastner VerwArch 1989, 74, 75; Nüßgens/Boujong Rdn. 29; Papier, in: Maunz/Dürig Art 14 Rdn. 200; auch das BVerfG hat die bisher von ihm offen gelassene Frage, ob das Besitzrecht des Mieters als „Eigentum" zu werten sei, nunmehr ausdrücklich bejaht in BVerfGE 89, 1 ff = NJW 1993, 2035 = WM 1993, 1460, 1461/1462. BVerfGE 16, 94, 114f = NJW 1963, 1395 = DÖV 1963, 547 = DVB1. 1963, 590; BVerfGE 39, 196, 200 = BB 1975, 703 = ZfS 1975, 185; BVerfGE 53, 257, 306/307 = NJW 1980, 692 = JZ 1980, 267 = WM 1980, 273 = JR 1980, 235 = DVBl. 1980, 366 = DÖV 1980, 377; BVerwGE 20, 29, 32 = DÖV 1965, 167; BSGE 55, 268, 274/275 = SozR 2200 § 355 Nr 4; dazu auch besonders Thiele DVBl. 1984, 175 ff.

Α. Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes

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nissen dem Art. 14 Abs. 1 G G z u k o m m t ; 5 6 subjektive Erstattungsansprüche nach M a ß g a b e des Eisenbahnkreuzungsgesetzes; 5 7 das E r b b a u r e c h t ; 5 8 die patentfähige Erfindung, auch schon vor Patenterteilung; 5 9 Fährgerechtigkeiten als solche sind Eigentum; ein solches „Eigentum" wird aber durch Inbetriebnahme einer in der N ä h e errichteten Brücke, die das Erliegen des Fährbetriebes zur Folge hat, in seinem geschützten Bestand nicht betroffen; 6 0 Fischereirechte; 6 1 das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb; 6 2 das Jagdausübungsrecht einer — öffentlich-rechtlichen — Jagdgenossenschaft; 6 3 das durch Zulassung begründete Recht auf Ausübung einer kassenärztlichen oder kassenzahnärztlichen P r a x i s ; 6 4 Miet- und P a c h t r e c h t e ; 6 5

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BVerfGE 80, 297, 308 = N J W 1989, 1983 = DVB1. 1989, 871 = DÖV 1989, 1086. Vom 14. 8. 1963 BGBl. I S. 681 ff, dazu BVerfGE 53, 336, 348/349 = N J W 1980, 1837 = BayVBl. 1980, 432. BVerfGE 79, 174, 191 = N J W 1989, 1271, 1272 = DVB1. 1989, 352; auch BGH W M 1994, 1681, 1683. BVerfGE 36, 281, 291 = GRUR 1974, 142. B G H Z 94, 373, 375, 377 = N J W 1986, 991 = W M 1986, 436 = DÖV 1985, 1064 = DVBl. 1985, 1377. BVerfGE 70, 191, 99 f = DVBl. 1986, 94, 95; vgl. auch B G H Z 122, 93, 102 f = L M BadWürtt.FischG Nr. 1 = NVwZ-RR 1994, 1 = RdL 1993, 289. s. dazu im einzelnen Rdn. 280 ff. B G H Z 84, 261, 264/265 = N J W 1982, 2183 = J Z 1982, 647 = W M 1982, 1177 = DVBl. 1982, 1090. BSGE 5, 40, 42 ff = N J W 1957, 1691 = J Z 1958, 20 = DVBl. 1958, 321. BGH N J W 1972, 528 = LM S 86 BBauG Nr. 1; B G H Z 59, 250, 256 ff = N J W 1973, 47, 48 = DÖV 1973, 103 und dazu Anm. Kreft LM ErgG/RSiedlG Nr. 4; L M Art. 14 Cb Nr. 51 = NVwZ 1986, 689, 690 = DÖV 1986, 796. In diesen Entscheidungen wird ohne weiteres davon ausgegangen, daß Mieter und Pächter eine als Eigentum verfassungsmäßig geschützte Rechtsposition innehaben; vgl. auch BVerwG DVBl. 1983, 898 = DÖV 1983, 678 = NVwZ 1983, 672; jetzt auch vom BVerfG ausdrücklich anerkannt in der Entscheidung BVerfGE 89, 1 ff = N J W 1993, 2035 = W M 1993, 1460/1461; dagegen mit m. E. unzutreffenden Gründen Depenheuer, in: N J W 1993, 2561 ff; s. jetzt auch Art. 4 des 4. MietrechtsänderungsG vom 21. 7. 1993 BGBl. I S. 1257, durch den in das BGB ein neuer § 549 a eingefügt wurde, der die Rechtsstellung des Untermieters, der seine Rechtsposition als Miter nicht vom Eigentümer, sondern von einem — gewerblichen — Weitervermieter ableitet und bei dem zweifelhaft war, ob diese Rechtsposition verfassungsrechtlichen Bestandsschutz genieße, verbessern und ihm zu einem entsprechenden Schutz verhelfen soll; s. dazu Gärtner, J Z 1994, 440 ff.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

jedoch ist ein nach § 5 6 7 B G B k ü n d b a r e s M i e t r e c h t nicht „ E i g e n t u m " , das nur gegen Entschädigung entzogen werden k ö n n t e ; 6 6 auch sozialversicherungsrechtliche Ansprüche k ö n n e n den Eigentumsschutz genießen; Voraussetzung ist, d a ß die Rechtsträger eine Rechtsposition innehaben, die der des (Sach-)Eigentümers entspricht, und die Ansprüche als Vermögenswerte G ü ter die wesentlichen M e r k m a l e verfassungsmäßig geschützten Eigentums tragen; dies trifft zu, wenn die Vermögenswerte R e c h t s p o s i t i o n nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und der Sicherung seiner Existenz zu dienen bestimmt i s t ; 6 7 dies ist b e j a h t worden für Ansprüche auf Versichertenrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und für R e n t e n a n w a r t s c h a f t e n ; 6 8 auch wird die Anpassung der R e n ten als v o m verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz mit u m f a ß t e r a c h t e t ; 6 9 das gleiche gilt für Ansprüche auf A r b e i t s l o s e n g e l d 7 0 sowie für den Anspruch auf R ü c k z a h l u n g zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Sozialversicher u n g ; 7 1 Eigentumsschutz genießt auch der Anspruch a u f nach dem ArbeitsförderungsG zu leistendes U n t e r h a l t s g e l d ; 7 2 Eigentum sind ferner die vermö-

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BGHZ 117, 236, 237 = NJW-RR 1992, 780 = W M 1992, 997; BGHZ 123, 166, 171 = NJW 1993, 3131 = W M 1993, 2095 = VersR 1993, 1533 = LM Art. 14 Ch GrundG Nr. 41. BVerfGE 53, 164, 175 = NJW 1980, 1445 = DÖV 1980, 720; BVerfGE 69, 272, 300 = NJW 1986, 39 = WM 1985, 1278, 1284/1285; BSGE 60, 18, 26 = SozR 2200 § 1262 Nr. 33 = DAngVers 1987, 196; s. auch bereits BVerfGE 40, 65, 83/ 84 = NJW 1976, 31 = DVBl. 1976, 34 und dazu mit eingehender Übersicht Alexander von Brünneck J Z 1990, 992 ff; Stober SGb 1989, 53 ff. BVerfGE 53, 257, 289 ff = NJW 1980, 692 = JR 1980, 235 = W M 1980, 273 = DVBl. 1980, 366; BGHZ 58, 81, 109 = NJW 1982, 155 = J Z 1982, 190 = W M 1981, 1294; ferner BVerfGE 70, 101, 110 = NVwZ 1985, 893 = DVBl. 1986, 94; BVerfGE 75, 78, 96 f = W M 1987, 995 = DVBl. 1987, 947 = SozVers. 1987, 276; BSGE 60, 158, 162 = SozR 1300 § 44 Nr. 23; VdKMitt 1986 Nr. 11, 23 - 24. BVerfGE 64, 87, 97 f = NJW 1983, 2433 = J Z 1983, 752 = W M 1983, 816 = DVBl. 1983, 836. BVerfGE 72, 9, 18 ff = NJW 1986, 1159 = JuS 1986, 660 = DVBl. 1986, 1617; BVerfGE 74, 203, 213 = NJW 1987, 1930 = WM 1987, 700 = DVBl. 1987, 618. BSGE 45, 251, 253 = SozR 2200 § 1424 Nr. 7 = SozSich 1978, Rechtsprechung Nr. 3275 = SGb 1979, 19. BSGE 48, 33, 39 ff = SozR 4100 § 44 Nr. 19 = SozSich 1979, 151.

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Α. Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes

genswerten Befugnisse des Urherbers an seinem W e r k , 7 3 auch das dem Urheberrecht verwandte Schutzrecht des Herstellers, T o n t r ä g e r zu vervielfältigen und zu v e r b r e i t e n , 7 4 und ebenso das dem Urheberrecht gleichfalls verwandte Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers; das aus § 141 P r e u ß B e r g G sich ergebende Vorkaufsrecht, jedenfalls nach Eintritt des V o r k a u f f a l l e s ; 7 5 das schutzwürdige

Warenzeichen77

und die durch § 2 5 W Z G

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geschützte

„Ausstattung"78. N i c h t zum Bereich des verfassungsmäßig geschützten Eigentums werden gerechnet: D e r Anspruch a u f Arbeitslosenhilfe (wird nicht aus Beitrags- sondern aus Steuermitteln f i n a n z i e r t ) ; 7 9 die Befugnis eines Tierarztes zur V o r n a h m e der sogenannten E r g ä n z u n g s f l e i s c h b e s c h a u ; 8 0 die Befugnis einer Fernsehanstalt zur G e b ü h r e n e r h e b u n g ; 8 1 die Rechtsstellung eines deutschen Schuldners, die sich aus einem in einem Staatsvertrag mit Österreich abgeschlossenen Forderungsverzicht österreichischer G l ä u b i g e r e r g i b t ; 8 2 der Rechtsanspruch Intervention g e m ä ß V O

auf

120/67 E W G ; 8 3 die Regelung über Kündigungs-

schutz für S c h w e r b e s c h ä d i g t e ; 8 4 die M ö g l i c h k e i t der Verwendung geographischer H e r k u n f t s n a m e n als L a g e n a m e n nach M a ß g a b e des W e i n G 1 9 3 0 ; 8 5

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BVerfGE 31, 229, 239 = NJW 1971, 2163 = J Z 1971, 773 = DVB1. 1971, 888; BVerfGE 79, 1, 25 = NJW 1992, 1303, 1305/1306; BGHZ 77, 263, 270; vgl. zu alledem auch Krüger-Nieland, in: FS für Oppenhoff S. 173, 177 ff. BVerGE 81, 12, 16 = NJW 1990, 896 = GRUR 1990, 183 = GewArch 1990, 14. BVerfGE 81, 208, 219 = NJW 1990, 2189, 2190 = GRUR 1990, 438. BVerfGE 83, 201, 208 = NJW 1991, 1807 = J Z 1991, 779 mit kritischer Anm. Schwabe = DÖV 1991, 377 = DVBl. 1991, 376. BVerfGE 51, 193, 261 = NJW 1980, 383, 385 = GRUR 1979, 773. BVerfGE 78, 58, 71 ff = NJW 1988, 2594 = J Z 1988, 870 = DVBl. 1988, 870; siehe auch bereits BGHZ 22, 1, 7 ff = NJW 1957, 140, 141. BVerfGE 45, 142, 170 f = NJW 1977, 2024 = DVBl. 1977, 817 = DÖV 1977, 172; BSGE 59, 227, 233 = SozR 4300 § 134 Nr. 29 = SozSich 1986, 352. BVerwG DVBl. 1961, 86. BVerwGE 22, 299, 303 f = NJW 1966, 1282 = DÖV 1966, 415 = DVBl. 1966, 566. BGH LM Art. 14 Be GrundG Nr. 17 = WM 1973, 491, 494. BVerfGE 45, 142, 170 f = NJW 1977, 2024 = DVBl. 1977, 817 = DÖV 1978, 172. BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 12 = VersR 1964, 89, 92. BVerfGE 51, 193, 211 ff = NJW 1980, 383 f = GRUR 1979, 773.

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1. Teil. Eigentum und Eigentunisgarantie

Ansprüche aus dem Lastenausgleichsgesetz; 86 Ansprüche einer Gemeinde aus einer gesetzlichen Regelung der Schulunterhaltungspflicht; 8 7 die Rechtsstellung eines Darlehensnehmers aus der Gewährung eines Wohnungsfürsorgedarlehens. 8 8

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BVerwGE 40, 286, 295 = RzW 1973, 154 = ZLA 1972, 188. BGHZ 92, 94, 106 = NJW 1985, 3021 = WM 1985, 99 = BBauBl. 1985, 158. BVerfGE 72, 175, 195 = NJW 1986, 2561 = WM 1986, 920 = JZ 1986, 749 = DÖV 1986, 788.

Β. Die Eigentumsgarantie I. Allgemeines N i c h t das Vermögenswerte R e c h t „ E i g e n t u m " als solches, sondern das

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Eigentum zusammen mit seiner „ G e w ä h r l e i s t u n g " bilden das G r u n d r e c h t , das — da es an einem gesetzlichen Vorbehalt g e m ä ß Art. 19 Abs. 1 G G für die Eigentumsgarantie fehlt — nicht eingeschränkt und in seinem Wesensgehalt nicht angetastet werden d a r f (Art. 19 Abs. 2 G G ) . Z w a r heißt es in B V e r f G E 2 4 , 3 6 7 , 3 8 9 : 8 9 „das Eigentum ist ein elementares G r u n d r e c h t " ; doch zeigen die weiteren Ausführungen des B V e r f G und vor allem auch B V e r f G E 3 1 , 2 2 9 , 2 3 9 , 9 0 d a ß hier nicht isoliert das Eigentum als solches, sondern d a ß es in seinem Z u s a m m e n h a n g mit der Eigentumsgewährleistung, mit der Eigentumsgarantie gemeint i s t . 9 1 D a s Eigentum wird durch Art. 14 G G in umfassender Weise geschützt. In

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der genannten Entscheidung in B V e r f G E 2 4 , 3 6 7 , 3 8 9 9 2 heißt es, dem Eigentum k o m m e „im G e s a m t g e f ü g e der G r u n d r e c h t e die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherzustellen und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen. Die G a r a n t i e des Eigentums als

Rechtseinrichtung

dient der Sicherung dieses G r u n d r e c h t s . D a s G r u n d r e c h t des Einzelnen setzt das Rechtsinstitut , E i g e n t u m ' voraus; es w ä r e nicht wirklich gewährleistet, wenn der Gesetzgeber an die Stelle des Privateigentums etwas setzen k ö n n t e , was den N a m e n , E i g e n t u m ' nicht mehr verdient." D i e Institutsgarantie bedeutet d a n a c h , d a ß ein G r u n d b e s t a n d an Rechtsn o r m e n erhalten bleiben m u ß , die die subjektiven und als „(Privat-)Eigent u m " zu wertenden Rechtspositionen als M i t t e l zu einer eigenverantwortlichen Lebensgestaltung konstituieren. Dazu gehört auch, d a ß der Privat-

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= NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DVB1. 1969, 190 = DÖV 1969, 102, 103. N J W 1 9 7 1 ) 1 2 6 3 = J Z 1971, 773 = DVB1. 1971, 888. Siehe dazu auch Böhmer NJW 1988, 2561, 2563; s. ferner: BVerfGE 46, 325, 334 = NJW 1978, 368; BVerfGE 50, 290, 399 = NJW 1979, 699 = W M 1979, 389 = DVB1. 1979, 399 = DÖV 1979, 251; BVerfGE 68, 193, 222 = NJW 1985, 1385, 1387 = DVB1. 1985, 342; BVerfGE 79, 292, 303 = NJW 1989, 970; BVerfG NJW 1986, 1601; BVerfG NJW 1992, 36 = DVBl. 1991, 1253 = GewArch 1992, 21. = NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DVBl. 1969, 190 = DÖV 1969, 102. =

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

rechtsordnung nicht solche Sachbereiche entzogen werden, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören. 9 3 In der Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 31, 229, 239 9 4 heißt es zum Grundsätzlichen — etwas anders gewendet: „Der Eigentumsgarantie kommt im Gesamtgefüge der Verfassung zunächst die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts durch Zubilligung und Sicherung von Herrschafts-, Nutzungs- und Verfügungsrechten einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu gewährleisten und ihm damit die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen; insoweit steht sie in einem inneren Zusammenhang mit der Garantie der persönlichen Freiheit ... Darüber hinaus bewahrt die Eigentumsgarantie den konkreten, vor allem den durch Arbeit und Leistung erworbenen Bestand an Vermögenswerten Gütern vor ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt." 31

Danach muß das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum in seiner personenhaften Bezogenheit vor allem als ein Freiheitsraum für eigenverantwortliche Betätigung gesehen werden. Ist das aber so und bildet das Eigentum im vermögensrechtlichen Bereich die Grundlage für eigenverantwortliche Betätigung und Persönlichkeitsentfaltung, dann kommt es entscheidend auf das Innehaben des Eigentums an, erst danach auf seinen Wert. Es ist deshalb die Eigentumsgarantie — neben der Institutsgarantie — in erster Linie Rechtsträgergarantie. 9 5 Wie das BVerfG immer wieder betont, bildet der Schutz des Eigentums in der Hand des einzelnen Eigentümers den Kern der Eigentumsgarantie. Im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung muß mithin die Zuordnung des Eigentums an einen bestimmten Rechtsträger gewahrt bleiben. 96

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Nach der Rechtsträgergarantie ist die Eigentumsgarantie eine Sach-(Bestands-)garantie, die die Aufgabe hat, im Verein mit der Rechtsträgergarantie den konkreten Bestand des Eigentums in der Hand des einzelnen Eigentü-

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BVerfGE 58, 300, 339 = N J W 1982, 745 = DVB1. 1982, 340; BVerfG N J W 1990, 1229 = JZ 1990, 290, vgl. dazu auch v. Mutius Z M R 1989, 121, 123; Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 11. = N J W 1971, 1264 = JZ 1971, 773 = DVB1. 1971, 888. BVerfGE 24, 367, 400 = N J W 1969, 309 = JZ 1969, 228 = DVB1. 1969, 190 = D Ö V 1969, 102; s. dazu auch Bünkner DVB1. 1994, 506, 509. BVerfGE 42, 263, 295 = N J W 1976, 1783 = JZ 1977, 78 = DVB1. 1976, 710; BVerfGE 50, 290, 341 = N J W 1979, 699 = W M 1979, 389 = D Ö V 1979, 251.

Β. Die Eigentumsgarantie

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mers zu sichern. Sie birgt deshalb die Befugnis (Rechtsmacht) des Trägers in sich, ungerechtfertigte Einwirkungen auf den Bestand seines Eigentums abzuwehren.97 Bei zulässigen Enteignungen wandelt sich die Bestandsgarantie um in die „Eigentumswertgarantie".98 M i t alledem geht Art. 14 G G weit über Art. 153 W R V hinaus. Während unter der Geltung dieser Verfassung der (Reichs-)Gesetzgeber eine Enteignungsentschädigung ausschließen konnte, läßt Art. 14 G G entschädigungslose Enteignungen a u s n a h m s l o s nicht mehr zu. Unter der W R V wirkte sich in d e m vorliegenden Z u s a m m e n h a n g besonders aus, daß es gegen ungerechtfertigte Eigentumsbeeinträchtigungen durch Eingriffe von hoher H a n d einen allgemeinen Rechtsschutz nicht g a b . Bei dieser Rechtslage ist es verständlich, war es auch gerechtfertigt, d a ß die Rechtsprechung — vor allem die des R G 9 9 — die durch Eingriffe in ihr Eigentum betroffenen Bürger durch Gew ä h r u n g einer angemessenen Entschädigung — „ d u l d e und liquidiere" — und durch Erweiterung des Enteignungstatbestandes zu schützen suchte.

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II. Die konkrete Reichweite des Schutzes der Eigentumsgarantie 1. Allgemeines Der Schutz durch die Eigentumsgarantie ergibt sich in seiner konkreten 3 4 Reichweite erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 A b s . 1 Satz 2 G G Sache des — einfachen — Gesetzgebers i s t . 1 0 0 In einer derartigen — v o m einfachen Gesetzgeber in zulässiger, verfassungsmäßiger Weise vorgenommenen und ggfs. mit einer Einschrän-

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BVerfGE 45, 63, 76 = NJW 1977, 1960 = DVB1. 1977, 760; BVerfGE 51, 193, 220 = NJW 1980, 383 = GRUR 1979, 773. BVerfGE 35, 348, 361 = NJW 1974, 229 = DÖV 1974, 93 = DVB1. 1974, 120; BVerfGE 58, 300, 323 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340. S. oben Rdn. 8; dazu auch BVerfGE 24, 367, 400 = NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DVB1. 1969, 190 = DÖV 1969, 102. BVerfGE 50, 290, 339 f = WM 1979, 389; BVerfGE 53, 257, 292 = NJW 1980, 692 = J Z 1980, 267 = JR 1980, 235 = WM 1980, 273 = DVB1. 1980, 366 = DÖV 1980, 377; BVerfGE 58, 81, 100 = NJW 1982, 155 = J Z 1982, 190 = WM 1981, 1294; BVerfG WM 1995, 848.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

kung der Eigentümerbefugnisse verbundenen — Inhalts- und Schrankenbestimmung liegt nicht eine mit der Eigentumsgarantie unvereinbare Einschränkung des Eigentums. Denn nur das durch entsprechende Gesetze ausgeformte Eigentum bildet den Gegenstand der Eigentumsgarantie und ist verfassungsrechtlich geschützt. 1 0 1 Dabei ist „Gesetz" im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG jede Rechtsnorm, 1 0 2 mithin auch eine kommunale Satzungsvorschrift. 1 0 3 Der Gesetzgeber ist indes bei der Wahrnehmung seines in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG normierten Regelungsauftrages nicht völlig frei; vielmehr sind ihm bei der Verkürzung von Eigentümerbefugnissen Grenzen gezogen. Er muß — so die ständige Rechtsprechung des BVerfG — sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums als auch das Gebot sozialgerechter Eigentumsordnung (Art. 14 Abs. 2 GG) beachten und sich im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten. Insbesondere ist er an die verfassungsmäßigen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit und an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. 1 0 4 Je stärker das Objekt einer als „Eigentum" zu wertenden Rechtsposition soziale Aufgaben und Funktionen erfüllt, desto größer ist auch das Maß der Einschränkungen, die der Eigentümer in seinen Befugnissen von Verfassungs wegen hinnehmen muß. 1 0 5 Auch bedeutet die Eigentumsgarantie nicht, daß einmal begründete und als „Eigentum" zu charakterisierende Rechtspositionen unter allen Umständen bei Bestand bleiben müßten und daß demzufolge bei gebotenen Gesetzesänderungen der Gesetzgeber nur vor

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BVerfGE 20, 351, 356 = N J W 1967, 548 = D Ö V 1967, 128; BVerfGE 24, 367, 396 = N J W 1969, 309 = JZ 1969, 228 = DVBl. 1969, 190 = D Ö V 1969, 102. BVerfGE 8, 71, 79 = N J W 1958, 1388 = DVBl. 1958, 704; BVerfGE 9, 338, 343 = N J W 1959, 1579 = D Ö V 1959, 624 = DVBL 1959, 571. B G H Z 77, 179, 183 = N J W 1980, 2705 = W M 1980, 1261 = D Ö V 1980, 879; und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 54; auch Papier DVBl. 1975, 461, 464 m. w. N . BVerfGE 31, 229, 240 = N J W 1971, 2163 = JZ 1971, 773 = DVBl. 1971, 888; BVerfGE 34, 139, 146 = N J W 1973, 505; BVerfGE 52, 1, 27, 29 = N J W 1980, 985 = JZ 1979, 800 = DVBl. 1980, 158; BVerfGE 58, 300, 338 = N J W 1982, 745 = DVBl. 1982, 340; BVerfGE 70, 191, 200 = N V w Z 1986, 113 = DVBl. 1986, 94; s. auch B G H Z 64, 30, 38 ff = N J W 1975, 1457, 1460 = VersR 1975, 533; und dazu Anm. Steffen LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 36. BVerfGE 52, 1, 32 = N J W 1980, 1985 = JZ 1979, 800 = DVBl. 1980, 158; BVerfGE 68, 361, 368 = N J W 1985, 2633 = JZ 1985, 528 = W M 1985, 414; BVerfGE 79, 292, 302 = N J W 1989, 930 = W M 1989, 341; BVerfGE 84, 382, 384 = N J W 1992, 361 = W M 1992, 28, 29.

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Β. Die Eigentumsgarantie

der Alternative stünde, derartige Rechtspositionen entweder zu belassen oder — gegen Entschädigung — zu enteignen. Vielmehr kann der Gesetzgeber unter Beachtung der zuvor aufgezeigten Schranken in solche individuellen Rechtspositionen im R a h m e n des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G eingreifen. Er kann sie inhaltlich u m f o r m e n , k a n n Pflichten und Befugnisse der Eigentümer neu f e s t l e g e n , 1 0 6 w o b e i j e d o c h mit R ü c k s i c h t a u f die Rechtsträgergarantie die bisherigen Zuordnungsverhältnisse unangetastet bleiben m ü s s e n . 1 0 7 D e r Gesetzgeber kann im R a h m e n des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G auch einzelne aus dem Eigentum ohne sein Eingreifen sich ergebende Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten a u s k l a m m e r n und a b s p a l t e n . 1 0 8 Wenn derartige Neuregelungen auch allen aus Art. 14 G G sich ergebenden verfassungsrechtlichen Erfordernissen entsprechen und mit der Eigentumsgarantie nicht in Widerspruch stehen, soweit sie für die Z u k u n f t wirken, so kann d o c h ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie in Betracht k o m men, soweit die Regelungen in bereits begründete und verfassungsrechtlich geschützte Positionen e i n g r e i f e n . 1 0 9 Bei einem derartigen Konflikt zwischen neuem R e c h t und bereits begründeten, als „ E i g e n t u m " zu wertenden und vom Bestandsschutz erfaßten Rechtspositionen ist der Gesetzgeber regelmäßig gehalten, durch Überleitungsvorschriften den betroffenen Bürgern einen möglichst schonenden Übergang vom alten zum neuen R e c h t zu ermöglichen und ihnen damit die Neuregelung a n n e h m b a r , erträglich und z u m u t b a r werden zu l a s s e n . 1 1 0 Dies wird gefordert vom

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Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

dazu auch Willi Geiger, in: Heft der deutschen Gesellschaft für Agrarrecht „Grundeigentum — Inhalt und Schranken", 1991 S. 28, 2 9 / 3 0 ; ferner Volkmar Götz Anm. DVB1. 1993, 1356 f; s. auch BVerwGE 88, 191, 197 = NJW 1991, 3293 = DVBl. 1991, 819 = DÖV 1991, 886; BVerwG NVwZ 1993, 772, 773. BVerfGE 84, 382, 385 = NJW 1992, 361 = W M 1992, 28. BVerfGE 58, 300, 338 ff = NJW 1982, 745 = DVBl. 1982, 340; BVerfGE 79, 1, 25 = NJW 1992, 1303; dazu ferner Papier NJW 1985, 12, 14 ff; ders., Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes im Wandel S. 17 ff; Schulte J Z 1984, 297, 299 ff. BVerfGE 72, 9, 2 2 / 2 3 = NJW 1986, 1159 = JuS 1986, 660 = DVBl. 1986, 617; BVerfGE 83, 201 ff = NJW 1991, 1807 = J Z 1991, 774 = DÖV 1991, 377 = DVBl. 1991, 376. BVerfGE 53, 336, 351 = NJW 1980, 1837, 1838 = BayVBl 1980, 432; BVerfGE 58, 81, 120 f = NJW 1982, 155 = J Z 1982, 190 = W M 1981, 1294; s. ferner BGHZ 64, 30, 38 ff = NJW 1975, 1457 = VersR 1975, 533; und dazu Anm. Steffen LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 36; auch BVerwGE 94, 1 , 6 = NJW 1993, 2949, 2950 = DVBl. 1993, 1141, 1142.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

und vom Grundsatz des Vertrauensschutzes. 111 Denn es ist eine wesentliche Funkton der Eigentumsgarantie, „dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art. 14 GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch verfassungsmäßige Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Insoweit hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für die Vermögenswerten Güter im Eigentumsgrundrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren". 1 1 2 Diese Grundsätze haben besondere Bedeutung im Baurecht gefunden. Hier wird unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes eine bauliche Anlage, die zunächst rechtmäßig errichtet wurde, später aber materiell illegal geworden ist, in einer Weise geschützt, daß der rechtmäßig geschaffene bauliche Bestand sich innerhalb bestimmter Grenzen behaupten und gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzen kann. 1 1 3 Auch kann der baurechtliche Bestandsschutz eine begrenzte Erweiterung des geschützten Baubestandes rechtfertigen, soweit seine zeitgemäß funktionsgerechte Nutzung dieses erfordert, ζ. B. durch die Errichtung von Garagen. 1 1 4

2. Schutz nur für schutzwürdige Rechtspositionen 36

Den Schutz der Eigentumsgarantie können nur schutzwürdige Rechtspositionen genießen; sie dürfen nicht in sittenwidriger Weise und auch nicht im 111

BGHZ 77, 179, 186/187 = NJW 1980, 2705 = WM 1980, 1261 = DÖV 1980, 879; und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 54; BGHZ 78, 41, 47 = NJW 1980, 2700, 2702 = WM 1980, 1320, 1322; dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33; BGH LM S 839 Cb BGB Nr. 83 = WM 1993, 1723 = VersR 1994, 309 = DVB1. 1993, 718; BVerwGE 81, 49, 55 = NVwZ-RR 1989, 470 = DVB1. 1989, 570 = AgrarR 1989, 224; BVerwGE 88, 191, 197 = NJW 1991, 3293 = DVB1. 1991, 819 = DÖV 1991, 886; zu alledem besonders Schmidt-Aßmann, in: Heidelberger FS S. 107, 117/118.

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So BVerfGE 53, 257, 309 = NJW 1980, 692 = WM 1980, 273 = JZ 1980, 267 = JR 1980, 235 = DÖV 1980, 377 = DVBl. 1980, 366; ferner BVerwGE 58, 81, 120/121 = NJW 1982, 155 = JZ 1982, 190 = WM 1981, 1294; BVerwGE 70, 101, 114 = NJW 1985, 893 = DVBl. 1986, 94 = BB 1985, 1986; s. auch BGHZ 77, 179, 186/187 = NJW 1980, 2705 = WM 1980, 1261 = DÖV 1980, 879; und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 84; vgl. ferner Muckel, Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 576; Pieroth JZ 1970, 279, 281. BGH LM § 4 2 BauGB Nr. 1 = WM 1990, 1889, 1890 = NVwZ 1991, 403 m. w. N. BVerwGE 72, 362 = NJW 1986, 2126 = DÖV 1986, 997/998.

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Β. Die Eigentumsgarantie

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Widerspruch zur Rechtsordnung erlangt worden sein. 115 Dementsprechend kann etwa wettbewerbswidriges Verhalten nicht eine als „Eigentum" geschützte Rechtsposition begründen. 1 1 6 Ebenso wurde zu Recht eine Entschädigung für die Inanspruchnahme einer ohne Erlaubnis betriebenen Schankwirtschaft 1 1 7 und desgleichen eine Entschädigung für die Untersagung der Fortführung eines unerlaubten Spielbetriebes 118 versagt. Auf der gleichen Linie liegt es, wenn für die Verhinderung einer unerlaubten Kiesausbeute eine Entschädigung nicht zugebilligt wurde. 1 1 9 Aus entsprechenden Erwägungen wurde auch die Zahlung einer Enteignungsentschädigung für die Vernichtung seuchenerkrankter und eine Gefahr für die Allgemeinheit bildender Wellensittiche abgelehnt. 120 Nicht schutzwürdig im Sinne der Eigentumsgarantie ist auch die Aufrechterhaltung eines baurechtswidrig geschaffenen baulichen Bestandes 121 Ebenso ist nicht schutzwürdig eine ohne entsprechende Genehmigung betriebene Abfallbeseitigungsanlage, und folglich verstößt auch die Anordnung der Beseitigung dieser Anlage nicht gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie. 122

3. Gewährung effektiven Rechtsschutzes Die Eigentumsgarantie beeinflußt nicht nur die Ausgestaltung des Eigen- 3 7 turns in materiell-rechtlicher Hinsicht, sondern sie wirkt auch auf das Verfahren ein, soweit dieses für einen effektiven Rechtsschutz von Bedeutung ist. Demgemäß folgt bereits unmittelbar aus Art. 14 GG die Pflicht, bei Ein-

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BVerfGE 87, 363, 394 = GRUR 1993, 487 = NVwZ 1993, 878, 881 = GewArch 1993, 151. BVerfGE 32, 311, 319 = NJW 1972, 573, 574 m. Anm. Schröder S. 675 = DVB1. 1972, 420; BGHZ 125, 27, 34, 35 = NJW 1994, 858 = JZ 1994, 726 = LM § 839 Β BGB Nr. 47. BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 56 = NJW 1957, 633/634. BGH VerwRechtsprechung 12 (1960) Nr. 215. BGH LM § 14 BBauG Nr. 2 = WM 1969, 1172, 1173; auch BGH WM 1970, 1488, 1489. BGH VersR 1964, 194, 195; BVerwG DVB1. 1994, 217. so zutreffend LG Hannover VersR 1980, 1081; vgl. dazu auch BVerwG NVwZ 1993, 476. BVerwGE 66, 301, 303 = NVwZ 1983, 408 = DVB1. 1983, 351 = DÖV 1983, 340.

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1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

griffen in dieses Grundrecht einen effektiven Rechtsschutz zu g e w ä h r e n . 1 2 3 Die Eigentumsgarantie bedeutet mithin auch eine Rechtsschutzgarantie in dem Sinne, daß der Betroffene einen verfassungsmäßig verfestigten Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz h a t . 1 2 4 Ein solcher effektiver Rechtsschutz ist ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie. Diese zunächst allein für den Grundrechtsschutz aus Art. 14 GG und sodann auch für den Schutz aus Art. 1 2 G G 1 2 5 entwickelten Grundsätze hat das BVerfG später ausgedehnt und ausgesprochen, daß — ganz allgemein — die Grundrechte nicht nur das materielle, sondern auch das Verfahrensrecht beeinflussen, soweit dieses für einen effektiven Rechtsschutz von Bedeutung ist. 1 2 6 Die Rechtsschutzgarantie schließt den Anspruch auf eine „faire Verfahrensführung" als wesentlichen Grundsatz eines rechtsstaatlichen Verfahrens e i n . 1 2 7

4. Das Riickerwerbsrecht des Enteigneten bei NichtVerwirklichung des Enteignungszweckes 38

Ferner folgt aus der Eigentumsgarantie ein Rückerwerbsrecht (Rückübereignungsrecht) des früheren Eigentümers, w e n n der Z w e c k der Enteignung

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So wörtlich BVerfGE 46, 325, 334 = N J W 1978, 368 = Rpfl. 1978, 206 unter Hinweis auf BVerfGE 35, 348, 361 = NJW 1974, 229 = DÖV 1974, 93 = DVB1. 1974, 120; s. auch u. a. BVerfGE 52, 380, 389 = NJW 1980, 1153 = JZ 1980, 140 = VerfRechtsprechung Art. 12 GG Nr. 140; vgl ferner BGHZ 63, 240, 255 = NJW 1975, 384, 387 = W M 1975, 117; BGHZ 110, 17, 25 = NJW 1990, 978, 980 = VersR 1990, 424, 425 = W M 1990, 175, 178 = LM § 905 BGB Nr. 9; BVerwGE 81, 329, 341 = NVwZ 1989, 1157, 1162 = J Z 1990, 133 = DVB1. 1989, 663 m. Anm. Berkemann. BVerfGE 65, 1, 70 = N J W 1984, 419, 428 = W M 1984, 98 = DÖV 1984, 156 = DVB1. 1984, 128, 136 unter Hinweis auf BVerfGE 53, 115, 127 f. BVerfGE 39, 276, 294/295 = NJW 1975, 1501; BVerfGE 44, 105, 120 = NJW 1977, 892 = JZ 1977, 350 = VerfRechtsprechung Art. 12 GG Nr. 281; BVerfGE 52, 380, 389. BVerfGE 53, 30, 65 = N J W 1980, 759 = J Z 1980, 307 = W M 1980, 239 = DÖV 1980, 299 = DVB1. 1980, 356; BVerfGE 84, 34, 46 = NJW 1991, 2005 = JZ 1991, 1077 m. Anm. Pìetzcker S. 1084 = DVB1. 1991, 801 = DÖV 1991, 794; BVerfGE 84, 59, 77 = NJW 1991, 2008 = JZ 1991, 1081 m. Anm. Pietzcker S. 1084 = DVBl. 1991, 805 = DÖV 1991, 807. BVerfGE 38, 105, 111 = NJW 1975, 103 = JZ 1975, 59 = DRiZ 1975, 83; BVerfGE 40, 95, 99 = N J W 1975, 1597 = VersR 1975, 1139 = DRiZ 1975, 285; BVerfGE 46, 202, 210 = NJW 1978, 151 = J Z 1978, 20 = VerfRechtsprechung

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Β. Die Eigentumsgarantie

nicht verwirklicht wird. Es geht bei Z u e r k e n n u n g dieses R e c h t s nicht um eine entsprechende A n w e n d u n g bereits vorhandener einschlägiger (einfach-) gesetzlicher Regelungen, vielmehr ergibt sich der Riickerwerbsanspruch unmittelbar aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 G G . 1 2 8 D a b e i von „Rückenteignung"

zu sprechen, ist nicht zutreffend.

Das

entscheidende

M e r k m a l der Enteignung ist, d a ß die öffentliche H a n d auf ihr nicht gehörendes Eigentum zugreift. D a v o n kann aber bei der Z u r ü c k ü b e r t r a g u n g des enteigneten Gegenstandes auf den früheren Eigentümer nicht gesprochen werden, auch wenn § 5 7 L a n d B e s c h G und ebenso § 4 2 N W - E n t e i g n G ausdrücklich vorsehen, d a ß die R ü c k ü b e r t r a g u n g im Wege der Rückenteignung zu erfolgen h a t . 1 2 9 Die Eigentumsgarantie steht dabei einer gesetzlichen Regelung, nach der eine R ü c k ü b e r e i g n u n g abgelehnt werden k a n n , wenn das enteignete G r u n d s t ü c k inzwischen erheblich verändert worden ist, jedenfalls für den Fall nicht entgegen, d a ß das G r u n d s t ü c k eine so nachhaltige Veränderung erfahren hat, d a ß es bei natürlicher B e t r a c h t u n g nicht mehr als gleichartig mit dem vor der Veränderung angesehen werden k a n n . 1 3 0 Auch dürften insoweit keine Bedenken bestehen gegen die B e s t i m m u n g in § 5 7 Abs. 3 L a n d B e s c h G , nach der die R ü c k ü b e r t r a g u n g außer bei erheblicher Veränderung des G r u n d s t ü c k s auch dann abgelehnt werden k a n n , wenn ganz oder überwiegend Entschädigung in L a n d gewährt worden ist. W i r d zur A b w e n d u n g einer drohenden Enteignung ein — privatrechtlicher — Kaufvertrag geschlossen, dann ist nach Wegfall des Verwendungszweckes bei Fehlen einer einschlägigen vertraglichen B e s t i m m u n g nicht ohne weiteres ein Anspruch des früheren Eigentümers auf R ü c k ü b e r e i g n u n g gegeben, sondern lediglich dann, wenn im Einzelfall im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Verpflichtung des neuen Eigentümers zur R ü c k ü b e r e i g n u n g a n g e n o m m e n werden k a n n . 1 3 1

128

129

130

131

Art. 2 GG Nr. 232; BVerfGE 35, 3 3 4 / 3 3 5 = NJW 1978, 368 = Rpfl. 1978, 206; BVerfGE 51, 150, 156 = DRiZ 1979, 249 = Rpfl. 1979, 296 = BB 1979, 954. BVerfGE 38, 157, 181 = NJW 1975, 37 = DÖV 1975, 312 m. Anm. Kimminich·, s. ferner v. Mutius VerwArch 66 (1975) 283, 286. Zur Rückübertragung nach LandbeschG s. BVerwG NVwZ 1990, 758 = RdL 1990, 99 = UPR 1990, 228 = BayVBl 1990, 502. BVerwG NVwZ 1987, 49 f = AgrarR 1987, 282 = BayVBl 1987, 26: Das früher mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück wurde Teil eines umfangreichen Kreuzungsbauwerks. BGHZ 84, 1, 5 ff = NJW 1982, 2184 = J Z 1983, 144 = W M 1982, 795 = DVB1. 1982, 1089.

39

36 40

1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie Auch bei einer Enteignung zugunsten P r i v a t e r 1 3 2 kann der Enteignete bei

NichtVerwirklichung

des Enteignungszweckes

Rückübertragung

des

ihm

Entzogenen verlangen mit den E i n s c h r ä n k u n g e n , wie sie zuvor für den R ü c k übereignungsanspruch gegen die öffentliche H a n d aufgezeigt worden sind (erhebliche Veränderungen der enteigneten Sache pp.)· In diesem Fall m u ß jedoch eine „ E n t e i g n u n g " stattfinden, weil hier auf fremdes Eigentum (nämlich des privaten Enteignungsbegünstigten) zurückgegriffen w i r d . 1 3 3 41

Die für die R ü c k ü b e r e i g n u n g vom früheren Eigentümer zu leistende „Ents c h ä d i g u n g " darf den bei der Enteignung zugrunde gelegten Verkehrswert der entzogenen Sache nicht übersteigen, wobei jedoch Aufwendungen des neuen Eigentümers zu berücksichtigen sind, die zu einer Werterhöhung der S a c h e geführt h a b e n . D e n n es ist angemessen, wenn nicht gar verfassungsrechtlich g e b o t e n , die nach der Enteignung eingetretenen Wertsteigerungen der Sache, soweit sie nicht a u f Verbesserungsmaßnahmen der öffentlichen H a n d beruhen, dem von der Enteignung betroffenen Eigentümer zuzuwenden, da anderenfalls die öffentliche H a n d einen Vermögensvorteil behalten würde, zu dessen Erlangung sie das Instrument der Enteignung nicht hätte einsetzen k ö n n e n . 1 3 4 Z u r Frage des Rechtsweges für derartige Entschädigungsansprüche ver-

42

tritt der B G H — m. E. mit R e c h t — die Auffassung, d a ß die Verknüpfung dieser Ansprüche mit der vorangegangenen Enteignung es geboten erscheinen lasse, „im Wege rechtsfindender Lückenausfüllung durch den R i c h t e r " die einschlägigen Verfahrensregelungen des bei der Enteignung angewendeten Rechts entsprechend h e r a n z u z i e h e n . 1 3 5 Eine R ü c k n a h m e p f l i c h t des früheren Eigentümers bei späterem Wegfall

43

des Enteignungszweckes besteht nicht. Denn es ist allein Sache des — früheren — Eigentümers zu entscheiden, o b er dem E n t e i g n u n g s o b j e k t oder der Entschädigung den Vorzug gibt, wenn seine Sache der öffentlichen Aufgabe nicht zugeführt w u r d e . 1 3 6 Wenn die Sache zur Vermeidung einer Enteignung durch privatrechtlichen Kaufvertrag an die öffentliche H a n d veräußert w o r den ist, kann die Erwerberin bei einem Wegfall des Verwendungszweckes auch nicht nach schuldrechtlichen

132 133

134 135 136

Grundsätzen

(Wegfall der

Geschäfts-

S. dazu Rdn. 75. eingehend dazu Schmidbauer, in: Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 574 S. 283 ff. BGHZ 76, 365, 369 = NJW 1980, 1571 = BauR 1980, 456. BGHZ 76, 365, 3 6 7 / 3 6 8 = NJW 1980, 1571 = BauR 1980, 456. BVerfGE 38, 175, 185 = NJW 1975, 37 = DÖV 1975, 312 mit Anm. Kimminich.

Β. Die Eigentumsgarantie

37

grundlage) die R ü c k g ä n g i g m a c h u n g des Kaufvertrages verlangen, und z w a r selbst dann nicht, wenn sie für die Sache überhaupt keine anderweite Verwendung h a t . 1 3 7

5 . E i g e n t u m s s c h u t z für juristische P e r s o n e n D i e G r u n d r e c h t e gelten g e m ä ß Art. 19 Abs. 3 G G auch für inländische

44

juristische Personen. N e b e n den einzelnen natürlichen Personen und den juristischen Personen k ö n n e n auch nicht rechtsfähige Personengruppen etwa nicht rechtsfähige P a r t e i e n 1 3 8 sowie nicht rechtsfähige V e r e i n e 1 3 9 und H a n d e l s g e s e l l s c h a f t e n 1 4 0 Träger von G r u n d r e c h t e n sein. O b im Einzelfall die nicht rechtsfähige Personengruppe als solche Grundrechtsträgerin ist oder o b das G r u n d r e c h t nur den Mitgliedern als Einzelpersonen zusteht, wird jeweils besonders zu prüfen sein und wird insbesondere von der N a t u r des einzelnen G r u n d r e c h t s und davon a b h ä n g e n , welche R e c h t e die Personengruppe nach allgemeinem R e c h t h a t . 1 4 1 a) Juristische Personen des Privatrechts Für juristische Personen gelten die G r u n d r e c h t e nach Art. 19 Abs. 3 G G nur insoweit, als sie „ihrem Wesen nach a u f diese a n w e n d b a r sind". N a c h der Auffassung des B V e r f G sind die G r u n d r e c h t e Individualrechte der einzelnen M e n s c h e n und liegt der wesentliche Sinngehalt der — materiellen — G r u n d r e c h t e in dem Schutz der einzelnen natürlichen Personen gegen Einund Übergriffe der öffentlichen G e w a l t . 1 4 2 D e s h a l b sind die G r u n d r e c h t e 137

138 139 140

141 142

BGHZ 71, 293 = NJW 1978, 1481 = JR 1978, 463 = J Z 1978, 517 = DNotZ 1978, 619; und dazu Anm. Hagen LM § 242 Bb BGB Nr. 93. BVerfGE 3, 383, 391/392. BVerfGE 6, 273, 277. BVerfGE 4, 7, 17 = NJW 1954, 1235, 1236; BVerfGE 10, 89, 99 = NJW 1959, 1675 = DÖV 1959, 698 = DVB1. 1959, 660. BVerfGE 6, 273, 277. Der Auffassung des BVerfG, daß die Grundrechte primär Individualrechte der einzelnen natürlichen Personen gegen die öffentliche Gewalt seien, wird zugestimmt - wenn im einzelnen auch mit unterchiedlicher Begründung — von Dürig, in: Maunz/Dürig (Lieferung 1974) Art. 19 Abs. 3 Rdn. 36 ff; Starck JuS 1977, 732 ff; Ronellenfitsch JuS 1983, 594 ff; Bambey NVwZ 1985, 248 ff; für die frühere Zeit vgl. v. Mutius, in: Bonner Kommentar Art. 19 Abs. 3 (1975) Rdn. 88; für ein mehrdimensionales Grundrechtsverständnis Bettermann NJW 1969, 1321, bes. 1324 ff; v. Mutius aaO Rdn. 89 ff; Scholler/Broß DÖV 1978, 238 ff;

45

38

1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

a u f juristische Personen nur dann „ihrem Wesen n a c h " a n w e n d b a r und ist es nur dann „gerechtfertigt, juristische Personen als G r u n d r e c h t s i n h a b e r anzusehen und sie k r a f t dessen auch in den Schutzbereich b e s t i m m t e r materieller G r u n d r e c h t e einzubeziehen", wenn „die Bildung und Betätigung einer juristischen Person Ausdruck der freien Entfaltung der privaten natürlichen Personen sind, wenn insbesondere der D u r c h b l i c k a u f die hinter den juristischen Personen stehenden M e n s c h e n diese Einbeziehung als sinnvoll und erforderlich erscheinen l ä ß t " . 1 4 3 Diese Voraussetzungen können bei juristischen Personen des Privatrechts weithin als gegeben angesehen w e r d e n . 1 4 4 Die Rechtsprechung hat dementsprechend auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 G G für juristische Personen des Privatrechts grundsätzlich gelten lass e n . 1 4 5 Wenn jedoch die F u n k t i o n , in der eine solche juristische Person durch einen Akt der öffentlichen G e w a l t betroffen w o r d e n ist, in der W a h r n e h mung gesetzlich zugewiesener und geregelter öffentlicher Aufgaben

(etwa

solchen der Daseinsvorsorge) besteht, dann ist auch die juristische Person des Privatrechts insoweit nicht g r u n d r e c h t s f ä h i g . 1 4 6 b) Juristische Personen des öffentlichen Rechts Hingegen k a n n juristischen Personen des öffentlichen R e c h t s die G r u n d -

46

rechtsfähigkeit in aller Regel nicht zugesprochen w e r d e n . 1 4 7 D a s gilt vor allem, soweit die juristischen Personen des öffentlichen Rechts öffentliche Aufgaben w a h r n e h m e n . 1 4 8

143

144

145 146

147 148

Insoweit genießen sie Grundrechtsschutz

nur

im einzelnen sind jedoch die Auffassungen sehr unterschiedlich, s. die Zusammenstellung bei Dürig aaO Rdn. 33 ff und v. Mutius aaO Rdn. 78 ff. So BVerfGE 61, 82, 101 = NJW 1982, 2173 = J Z 1984, 31 = DÖV 1982, 816 = DVBl. 1982, 940; ähnlich bereits BVerwGE 21, 362, 369 = NJW 1967, 1411 = J Z 1967, 599 = DÖV 1967, 560; s. ferner BVerfGE 68, 193, 2 0 5 / 2 0 6 = NJW 1985, 1385 = DVBl. 1985, 342; BVerfG NJW 1990, 1783 = J Z 1990, 335 = RdE 1990, 151. Vgl. BVerfGE 39, 302, 312 = J Z 1975, 601 = BArbBl 1976, 19; BVerfGE 75, 192, 196 = W M 1987, 801 = DÖV 1987, 819. BVerfGE 35, 348, 360 = NJW 1974, 229 = DÖV 1974, 93 = DVBl. 1974, 120. BVerfGE 68, 193, 212 f = NJW 1985, 1385 = DVBl. 1985, 342; BVerfGE 70, 1, 15 = NJW 1986, 772 = SozVers. 1986, 21; BVerfG NJW 1990, 1783 = J Z 1990, 335 = RdE 1990, 151. S. dazu besonders Seidl, in: FS für Wolfgang Zeidler Bd. 2 S. 1459 ff. BVerfGE 70, 1, 15 = NJW 1986, 772 = SozVers. 1986, 21; BVerfG NJW 1990, 2613 = BRAK-Mitt. 1989, 53; VGH BadWürtt DVBl. 1983, 118 für die damalige Deutsche Bundespost.

39

Β. Die Eigentumsgarantie ausnahmsweise und lediglich insoweit, „als sie von ihren Aufgaben einem

bestimmten

grundrechtlich

geschützten

Lebensbereich

her

zugeordnet

s i n d " . 1 4 9 D a n a c h k ö n n e n e t w a Universitäten den Schutz des G r u n d r e c h t s aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 G G , 1 5 0 die öffentlich-rechtlichen R u n d f u n k a n s t a l t e n den Schutz des G r u n d r e c h t s aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 G G 1 5 1 und die Kirchen (und andere den Status einer Körperschaft des öffentlichen R e c h t s genießenden Religionsgemeinschaften) den Schutz der Art. 3 und 4 G G 1 5 2 für sich in Anspruch nehmen. A u f den Schutz des Art. 14 G G können sich die juristischen Personen des öffentlichen R e c h t s jedoch regelmäßig nicht berufen. D e r individualrechtliche C h a r a k t e r der materiellen G r u n d r e c h t e tritt in besonderer Weise bei der Eigentumsgarantie hervor, der die Aufgabe z u k o m m t , dem einzelnen Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu gewährleisten und ihm damit die Entfaltung und eigenvera n t w o r t l i c h e Gestaltung des Lebens zu e r m ö g l i c h e n . 1 5 3 Diesem Funktionssinn der Eigentumsgarantie kann das Eigentum in der H a n d einer juristischen Person des öffentlichen R e c h t s nicht, zumindest in aller Regel nicht entsprechen. D e s h a l b hat das B V e r f G juristischen Personen des öffentlichen Rechts den Grundrechtsschutz des Art. 14 G G im R a h m e n der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchweg auch dann versagt, wenn das Eigentum nicht der Erfüllung öffentlicher Aufgaben diente. So hat das B V e r f G einer L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t 1 5 4 und einer öffentlich-rechtlichen R u n d -

149

150

151

151

153 154

So BVerfGE 78, 101, 102 = NJW 1988, 1715 = J Z 1988, 777 = DVB1. 1988, 575; ferner BVerfGE 75, 192, 196 = W M 1987, 801 = DÖV 1987, 819. BVerfGE 15, 256, 262 = NJW 1963, 899 = DVB1. 1983, 437 = DÖV 1965, 273. BVerfGE 31, 314, 322 = NJW 1971, 1739 = J Z 1971, 582 = DÖV 1971, 595; BVerfGE 57, 295, 319 = NJW 1981, 625 = J Z 1981, 581; BVerfGE 78, 101, 103 = NJW 1988, 1715 = J Z 1988, 777 = DVB1. 1988, 575. BVerfGE 19, 1, 6 ff = NJW 1965, 1427 = J Z 1965, 608 = DVB1. 1965, 852 = DÖV 1965, 454; BVerfGE 42, 312, 322 = NJW 1976, 2123 = DÖV 1977, 51 = JuS 1977, 258; BVerfGE 53, 366, 386 ff = NJW 1980, 1895 = J Z 1980, 397 = DVB1. 1980, 552. S. dazu oben Rdn. 29. BVerfGE 21, 362, 369 ff = NJW 1967, 1411 = J Z 1967, 599 = DÖV 1967, 560; dieser Entscheidung hat sich der BGH angeschlossen in BGHZ 63, 196, 198 ff = NJW 1975, 158; und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 A GrundG Nr. 49; s. auch BVerwG VerwRechtsprechung 25 (1974) Nr. 144 S. 6 2 1 / 6 2 2 = VwBl 1974, 291.

40

1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

funkanstalt 1 5 5 den grundrechtlichen Eigentumsschutz ebenso versagt wie einer — öffentlich-rechtlichen — Sparkasse. 1 5 6 Auf dem Boden dieser Auffassung ist es juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die zur Zahlung einer Enteignungsentschädigung verurteilt worden sind, auch verwehrt, im Wege einer Verfassungsbeschwerde geltend zu machen, eine Enteignung habe gar nicht vorgelegen. 1 5 7 Der Umstand allein, daß das Eigentum einer juristischen Person des öffentlichen Rechts privatrechtlich ausgestaltet ist, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn die Eigentumsgarantie „schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater". Deshalb hat das BVerfG auch dem nicht der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienenden Eigentum der Gemeinden den grundrechtlichen Eigentumsschutz versagt. Denn „in der Hand einer Gemeinde dient das Eigentum nicht der Funktion, derentwegen es durch das Grundrecht geschützt ist"; eine „grundrechtstypische Gefährdungslage besteht nicht". Offengelassen ist die Frage, „ob es ganz besonders gelagerte Ausnahmefälle geben kann, bei denen es denkbar ist, einer Gemeinde den Schutz des Art. 14 GG zuzubilligen, wenn sie in ihrem Eigentum außerhalb der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beeinträchtigt wird". 1 5 8 47

Was insoweit für Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt, muß auch dann gelten, wenn zwar das Eigentum in den Händen einer juristischen Person des Privatrechts (Aktiengesellschaft, G m b H u. a.) liegt, jedoch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft allein deren Aktionär oder Gesellschafter ist. 1 5 9 Ebenso kommt auch einem privatrechtlichen Dachverband von öffentlich-rechtlichen Berufsverbänden die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie nicht zugute. 1 6 0

48

Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1984 1 6 1 einer Gemeinde den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nach Art. 103 BayVerf. zugebilligt. Der zugrunde liegende Sachverhalt, auf 155 156 157 158

159

160 161

BVerfGE 78, 101, 102 = NJW 1988, 1715 = JZ 1988, 777 = DVB1. 1988, 575. BVerfGE 75, 192, 197 ff = WM 1987, 801 = DÖV 1987, 819. BVerfGE 45, 63, 74 f = NJW 1977, 1960 = DVB1. 1977, 760. BVerfGE 61, 82, 108/109 = NJW 1982, 2173 = JZ 1984, 31 = DÖV 1982, 816 = DVB1. 1982, 940; s. auch BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 51 = NVwZ 1986, 689, 690 = DÖV 1986, 796; sowie Badura JZ 1984, 14 ff. BVerfGE 45, 63, 80 = NJW 1977, 1960, 1962 = DVBl. 1977, 760; vgl. auch BVerfG NJW 1990, 1783 = JZ 1990, 335 = RdE 1990, 151; dazu Zimmermann JuS 1991, 294 ff. BVerfGE 68, 193, 211 ff = NJW 1985, 1385 = DVBl. 1985, 342. NVwZ 1985, 260 ff.

41

Β. Die Eigentumsgarantie

den hier im einzelnen nicht eingegangen werden k a n n , w a r zwar exceptionell und k ö n n t e als einer der A u s n a h m e f ä l l e in B e t r a c h t k o m m e n , in denen auch nach der Rechtsprechung des B V e r f G einer G e m e i n d e der Grundrechtsschutz des Art. 14 G G nicht versagt werden k a n n . Soweit aber der Verfassungsgerichtshof den G e m e i n d e n in Bayern ganz allgemein den Schutz der Eigentumsgarantie z u k o m m e n lassen will, vermag die Entscheidung nicht zu überzeugen und dürfte sie auch mit der Rechtsprechung des B V e r f G nicht zu vereinbaren s e i n . 1 6 2 A u f die Frage, o b sich eine juristische Person des öffentlichen R e c h t s (Gebietskörperschaft) auf den Schutz der grundrechtlichen

49

Eigentumsgarantie

berufen k a n n , k o m m t es indes nach der Rechtsprechung des B G H nicht an, wenn ihr auf Eigentumsbeeinträchtigung gestütztes Entschädigungsbegehren schon nach einfach-gesetzlichen Vorschriften gerechtfertigt i s t . 1 6 3 Anderen juristischen Personen des öffentlichen R e c h t s als G e b i e t s k ö r p e r -

50

schaffen hat das B V e r f G den grundrechtlichen Eigentumsschutz zugebilligt, soweit sie keine öffentlichen Aufgaben erfüllen und lediglich S a c h w a l t e r ihrer Mitglieder sind. Diese Voraussetzungen hat das B V e r f G als gegeben angesehen bei — öffentlich-rechtlichen — Innungen und Innungsverbänden, soweit sie lediglich die gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder

wahrneh-

men.164 Aus ähnlichen Erwägungen hatte bereits vorher der B G H 1 6 5 einer öffent-

51

lich-rechtlichen J a g d g e n o s s e n s c h a f t den Schutz der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie zuerkannt, soweit sie durch einen — der Erfüllung einer genossenschaftsfremden Aufgabe dienenden — enteignungsrechtlich relevanten hoheitlichen Eingriff in ihr J a g d a u s ü b u n g s r e c h t in die gleiche „grundrechtstypische G e f ä h r d u n g s l a g e " geraten war, in der bei gleichen Eingriffen der Inhaber eines Eigenjagdbezirkes sich befunden hätte. M i t Überlegungen, die weithin mit denen des B V e r f G übereinstimmen, wollen Hoppe/Beckmann166

auch den Wasser- und Bodenverbänden grund-

rechtlichen Eigentumsschutz zubilligen.

162 163

164 165

166

insoweit kritisch auch Bambey NVwZ 1985, 248. BGHZ 87, 66, 71 = NJW 1983, 1657 = W M 1983, 624 = DVB1. 1983, 630; und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 11; BGH NVwZ 1986, 689, 690 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 51 = DÖV 1986, 796 = MDR 1986, 736. BVerfGE 70, 1, 20 = NJW 1986, 772 = SozVers. 1986, 21. BGHZ 84, 261, 2 6 4 / 2 6 5 = NJW 1982, 2183 = J Z 1982, 647 = W M 1982, 1177 = DVB1. 1982, 1090. DVB1. 1990, 177 ff.

52

42

1. Teil. Eigentum und Eigentunisgarantie

III. Das Verhältnis der Eigentumssubstanzgarantie zur Eigentumswertgarantie (Vorrang des sogenannten primären Rechtsschutzes) 167 1. Allgemeines 53

Die Eigentumsgarantie will in erster Linie das Eigentum in seinem Bestand in der Hand des Rechtsinhabers schützen. Dementsprechend gibt die Bestandsgarantie dem Rechtsinhaber die Befugnis, ungerechtfertigte Eingriffe in sein Eigentum abzuwehren und sich gegen sie mit den in der Rechtsordnung dafür vorgesehenen rechtlichen Mitteln zur Wehr zu setzen. 1 6 8 Das mit der Bestandsgarantie in erster Linie erfolgte Ziel fordert zu seiner Erreichung aber auch die Mitwirkung des Betroffenen. Dieser darf — falls er überhaupt aus dem ungerechtfertigten Eingriff in sein Eigentum eigentumsrechtliche Folgerungen ziehen will — den Eingriff nicht einfach hinnehmen und geschehen lassen. Er ist vielmehr gehalten, von seiner Abwehrbefugnis auch Gebrauch zu machen und sich mit den Mitteln, die die Rechtsordnung dafür bietet, gegen den ungerechtfertigten Eingriff zu wehren. Seiner Abwehrbefugnis entspricht demnach eine Abwehr-(Anfechtungs-)Last. 1 6 9 Zu dem daraus sich ergebenden Verhältnis der Eigentumssubstanzgarantie zur Eigentumswertgarantie hat das BVerfG in der Naßauskiesungsentscheidung grundlegende Ausführungen gemacht. Es heißt dazu in BVerfGE 58, 300, 324: 1 7 0 „Sieht der Bürger in der gegen ihn gerichteten Maßnahme eine Enteignung, so kann er eine Entschädigung nur einklagen, wenn hierfür eine gesetzliche Anspruchsgrundlage vorhanden ist. Fehlt sie, so muß er sich bei den Verwaltungsgerichten um die Aufhebung des Eingriffsaktes bemühen. Er kann aber nicht unter Verzicht auf die Anfechtung eine ihm vom Gesetz

167

Wenn Böhmer in NJW 1988, 2564 meint, nur fälschlicherweise werde der Vorrang der Abwehrklage als „primärer Rechtsschutz" bezeichnet, so mag das dahinstehen. Im folgenden soll dieser Begriff, der inzwischen allgemein Verwendung gefunden hat, gleichwohl beibehalten werden. 168 S. oben Rdn. 32. 169 Böhmer NJW 1988, 2561, 2564; s. auch BGHZ 90, 17, 32 = NJW 1984, 1169 = WM 1984, 273 = DVB1. 1984, 391; sowie BGHZ 110, 12, 14/15 = NJW 1990, 898 = JR 1990, 288 WM 1990, 653 = DVB1. 1990, 362 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 53; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig Art. 19 Abs. 4 Rdn. 8, 237; ders., in: Heidelberger FS S. 118/119. 170 = N j W 1 9 8 2 ) 745 = DVB1. 1982, 340.

Β. Die Eigentumsgarantie

43

nicht zugebilligte Entschädigung beanspruchen; mangels gesetzlicher Grundlage können die Gerichte auch keine Entschädigung zusprechen". Der Betroffene hat hiernach kein Wahlrecht, ob er sich gegen eine wegen Fehlens der gesetzlichen Entschädigungsregelung [zu ergänzen: „oder auch aus einem anderen G r u n d " ] 1 7 1 rechtswidrige „Enteignung" zur Wehr setzen oder unmittelbar eine Entschädigung verlangen will." Damit hat das BVerfG den Vorrang der „Bestandsgarantie" des Eigentums vor der „Eigentums-Wertgarantie", den Vorrang des „primären Rechtsschutzes" (gegen die beeinträchtigende rechtswidrige Maßnahme) vor dem „sekundären Rechtsschutz" (Entschädigungsanspruch) festgeschrieben. Für den Betroffenen gibt es danach kein „Wahlrecht" mehr, ob er die — rechtswidrige — sein Eigentum beeinträchtigende hoheitliche M a ß n a h m e vor den Verwaltungsgerichten anfechten oder — nach dem Grundsatz „dulde und liquidiere" — die Eigentumsbeeinträchtigung hinnehmen und unmittelbar Entschädigung einklagen will, ob er also — mit anderen Worten — über die „Bestandsgarantie" oder über die „Wertgarantie" sein Recht suchen will.

54

Dieser Vorrang der „Bestandsgarantie" vor der „Wertgarantie" bedeutet aber nicht, daß bei Eigentumsbeeinträchtigungen, die keine „Enteignung" im Sinne des BVerfG darstellen und mithin keine Enteignungsentschädigungspflicht auslösen, die „Wertgarantie" schlechthin nicht zum Zuge käme und die Inanspruchnahme des „sekundären Rechtsschutzes" ausnahmslos entfiele. Der „Vorrang" bedeutet allein, daß die „Wertgarantie" hinter die „Bestandsgarantie" zurückzutreten hat, nicht aber, daß sie schlechthin entfällt. Das wird belegt durch den Satz in der genannten Entscheidung des BVerfG: „Wer von den ihm durch das Grundgesetz eingeräumten Möglichkeiten, sein Recht auf Herstellung des verfassungsmäßigen Zustandes zu wahren, keinen Gebrauch macht, kann wegen eines etwaigen, von ihm selbst herbeigeführten Rechtsverlustes nicht anschließend von der öffentlichen Hand Geldersatz verlangen." Aus dieser Formulierung darf geschlossen werden, daß nach der Auffassung des BVerfG der „Vorrang" des primären Rechtsschutzes und die Verdrängung des sekundären Rechtsschutzes (Entschädigung) zur Voraussetzung haben, daß der primäre Rechtsschutz überhaupt greifen kann und der Betroffene auch die Möglichkeit hat, sein Recht im Rahmen des primären Rechtsschutzes zu wahren. Die Nichtinanspruchnahme des primären Rechtsschutzes schließt mithin nicht in jedem Fall und schlechthin den sekundären Rechtsschutz und damit einen Entschädigungsanspruch aus. Denn es darf davon ausgegangen werden, daß auch das

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171

Vgl. BVerfGE 5 8 , 3 0 0 , 3 2 3 = N J W 1 9 8 2 , 7 4 5 = DVBl. 1 9 8 2 , 3 4 0 .

44

1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

BVerfG für den Fall des Nichtgreifens des primären Rechtsschutzes einen Entschädigungsanspruch nicht von vornherein ausgeschlossen wissen will, daß es in der Naßauskiesungsentscheidung vielmehr die Frage, ob und auf welcher Grundlage Entschädigungsansprüche bei Versagen des primären Rechtsschutzes in Betracht kommen können, nicht berührt und offengelassen hat. 1 7 2 Jedenfalls gilt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Entschädigung, den das BVerfG aus Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG ableitet, lediglich für die Entschädigung für Enteignungen in dem engeren vom BVerfG gemeinten Sinn. 1 7 3 56

Der primäre Rechtsschutz greift einmal nicht bei den Eigentumsbeeinträchtigungen, gegen die es im Rahmen dieses Rechtsschutzes Rechtsbehelfe überhaupt nicht gibt, ζ. B. bei Verzögerungsschäden (etwa in dem Fall, daß eine rechtswidrig versagte Bauerlaubnis erst nach langjährigem Prozeß vor den Verwaltungsgerichten erteilt wird), und bei Eigentumsbeeinträchtigungen durch — ungewollte — Folgen rechtmäßiger Eingriffe oder durch Realakte. Die Bestandsgarantie versagt aber nicht nur dann, wenn primärer Rechtsschutz gegen die Eigentumsbeeinträchtigungen überhaupt nicht gegeben ist; vielmehr muß ein solches Versagen der Bestandsgarantie auch dann angenommen werden, wenn der Betroffene nicht in der Lage war, das — an sich mögliche — Rechtsmittel im Rahmen des primären Rechtsschutzes einzulegen, sei es, daß er ohne Verschulden die Möglichkeit der Abwehr des Eingriffs durch Anrufung der Gerichte nicht erkennen konnte, sei es, daß ihm die Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes nicht zuzumuten war. 1 7 4 Dahinstehen kann, ob die Naßauskiesungsentscheidung selbst den Vorrang des primären Rechtsschutzes nur im Rahmen förmlicher Enteignungen festgeschrieben hat oder auch mit Blick auf sonstige Eigentumsbeeinträchtigungen. Jedenfalls muß dem primären Rechtsschutz, dem in der Naßauskiesungsentscheidung mit Recht ein ganz besonderes Gewicht beigelegt wird,

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173

174

Rüfner, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. § 52 Rdn. 17 ff; Ossenbühl N J W 1983, 1, 3. Götz DVB1. 1984, 395; Maurer, Verwaltungsrecht, 7. Aufl. S. 616 f Rdn. 60, 61; Ossenbühl, Neuere Entwicklungen ... S. 23; Nüßgens/Boujong Rdn. 429. B G H Z 9 0 , 17, 32 = N J W 1984, 1169 = W M 1984, 273 = DVB1. 1984, 391, 394; BGHZ 91, 20, 23 f = N J W 1984, 1876 f = J Z 1984, 741 = W M 1984, 787, 788 = L M Art. 14 Ca GrundG Nr. 32 = DVB1. 1984, 624; B G H Z 92, 34, 50 = N J W 1984, 2516, 2519 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = J Z 1984, 987 = DÖV 1985, 23; BGHZ 110, 12, 14/15 = N J W 1990, 898, 899 = JR 1990, 288; zustimmend auch Maurer, in: FS für Diirig 1990 S. 293, 317; s. ferner Scherzberg DVB1. 1991, 84, 91.

Β. Die Eigentumsgarantie

45

auch ganz allgemein im Rahmen der Schutzfunktion der Eigentumsgarantie der Vorrang gegenüber sekundärem Rechtsschutz beigemessen werden. Mit Recht räumt deshalb der BGH auch bei Tatbeständen des enteignungsgleichen Eingriffs dem primären Rechtsschutz Vorrangigkeit ein. 17S Der Vorrang des primären Rechtsschutzes ist inzwischen allgemein, besonders auch vom BGH 1 7 6 anerkannt; ebenso vom BVerwG. 1 7 7 Es ist sehr zu bedauern, daß der BGH sich nicht schon früher zu dem Grundsatz der Vorrangigkeit des primären Rechtsschutzes bekannt und daraus die rechtlichen Konsequenzen gezogen hat.

2. Die Folgen der Nichtinanspruchnahme des primären Rechtsschutzes Die Frage nach den Folgen einer unterlassenen Inanspruchnahme des pri- 5 7 mären Rechtsschutzes sollte nicht mit einer — analogen — Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB 178 und auch nicht mit einem Zurückgreifen auf das Vorbild des § 6 des — vom BVerfG für nichtig erklärten — Staatshaftungsgesetzes vom 26. Juni 1981 beantwortet werden. Bei beiden Bestimmungen geht es um besondere Fälle der eigenen schuldhaften Schadensmitverursachung. Hingegen gibt die Heranziehung der allgemeinen Vorschrift des § 254 BGB — vor allem gegenüber dem „Alles-oder-nichts-Prinzip" des § 839 Abs. 3 BGB — die Möglichkeit, den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen. Es ist deshalb dem BGH beizupflichten, der die Folgen der Nichtinanspruchnahme des primären Rechtsschutzes nach § 254 BGB be-

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176

177

178

BGHZ 90, 17, 32, 33 = NJW 1984, 1169 = WM 1984, 273 = DVB1. 1984, 391, 394; zustimmend Ossenbühl NJW 1983, 1, 23, 24. Vgl. BGHZ 84, 230, 236 = NJW 1982, 2481 = JZ 1983, 30 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 61; BGHZ 90, 4, 9 unter ausdrücklicher Aufgabe der früher vertretenen abweichenden Ansicht = NJW 1984, 1172 = DVB1. 1984, 397 = DÖV 1984, 525 und dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 65. BVerwGE 81, 329, 347 = NVwZ 1989, 1157, 1162 = JZ 1990, 133 = DVB1. 1989, 663, 669 mit Anm. Berkemann. So Jörn Ipsen DVBl. 1983, 1029, 1037, 1038; Engelhardt NVwZ 1985, 621, 628; Lege NJW 1990, 864, 871; Schmitt-Kammler, in: FS für Ernst Wolf S. 595, 610 Fn. 55.

46

1. Teil. Eigentum und Eigentumsgarantie

stimmt. 1 7 9 Auch im Schrifttum hat diese Auffassung weithin Anerkennung gefunden. 1 8 0 Für die Heranziehung des § 2 5 4 BGB spricht ferner, daß der Gesetzgeber nicht nur bei der Regelung von „echten" Enteignungstatbeständen (z. B. § 93 Abs. 3 Satz 2 BauGB), sondern auch bei gesetzlicher Ausgestaltung der Haftung bei „enteignungsgleichen Eingriffen" zur Berücksichtigung des Eigenverschuldens des Betroffenen die — entsprechende — Anwendung des § 254 BGB vorgesehen hat. 1 8 1 58 Dabei wird freilich folgendes zu gelten haben: Die Berücksichtigung des Mitverschuldens des Geschädigten und die danach gebotene Abwägung des beiderseitigen Verursachungsbeitrages im Rahmen des § 254 BGB führt in der Regel lediglich zu einer Minderung der Ersatzleistung und nur ausnahmsweise zu einem völligen Anspruchsverlust. Bei der entsprechenden Anwendung des § 254 BGB in dem hier interessierenden Zusammenhang will aber bedacht sein, daß dem primären Rechtsschutz — mit dessen Hilfe der Betroffene im Rahmen des verfassungsrechtlich garantierten (Art. 19 Abs. 4 GG) umfassenden Rechtsschutzsystems die schädigende Maßnahme verhindern, beseitigen oder einschränken kann — ganz besonderes Gewicht und nach der Naßauskiesungsentscheidung auch von Verfassungs wegen eindeutige Priorität zukommt. Hat also ein Betroffener von der rechtlich gegebenen und ihm zumutbaren Möglichkeit, gegen eine rechtswidrige, sein Eigentum beeinträchtigende Maßnahme im Rahmen des primären Rechtsschutzes anzugehen, keinen Gebrauch gemacht, dann muß dies als ein so wesentlicher und so gewichtiger Verursachungsbeitrag gewertet werden, daß in aller Regel ein Anspruch auf Entschädigung für die Nachteile, die durch Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes zu vermeiden gewesen wären, zur Gänze entfallen muß. 1 8 2 Davon geht wohl auch das BVerfG aus, wenn es in BVerfGE 58, 300 (324) 183 heißt: „Läßt er [der Betroffene] den

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Grundlegend BGHZ 90, 17, 31 ff = NJW 1984, 1169, 1172 = WM 1984, 273 = DVB1. 1984, 391; ferner BGHZ 110, 12, 14 = NJW 1990, 898, 899 = JR 1990, 288 = WM 1990, 653 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 53. 180 Papier NVwZ 1983, 258, 260; ders. JuS 1985, 184, 186/187; Ossenbühl, Neuere Entwicklungen ... S. 23 ff; Maurer, Verwaltungsrecht S. 627f Rdn. 75; Rüfner, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht § 5 2 Rdn. 18; Nüßgens/Boujong Rdn. 434; Aust/Jacobs, Enteignungsentschädigung, 3. Aufl. S. 94. 181 Siehe u. a. §§ 50, 51 Abs. 4 Nds.NaturschutzG i. V. m. § 11 Abs. 3 Satz 2 Nds.EnteignG; vgl. auch § 40 Abs. 4 NRW OBG. 182 BGHZ 90, 17, 32 = NJW 1984, 1169 = WM 1984, 273 = DVB1. 1984, 391. 183 = N j W 1 9 8 2 ) 745 = DVB1. 1982, 340.

Β. Die Eigentumsgarantie

47

Eingriffsakt unanfechtbar werden, so verfällt seine Entschädigungsklage der Abweisung." Ferner wird zu erwägen sein: Im Rahmen des § 254 BGB trifft die Beweis- 5 9 last für ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten den Schädiger. Muß aber die Nichtinanspruchnahme des primären Rechtsschutzes gegen eine rechtswidrige eigentumsbeeinträchtigende Maßnahme als ein so wesentlicher Verursachungsbeitrag gewertet werden, daß er in aller Regel einen Entschädigungsanspruch zur Gänze entfallen läßt, dann muß auch dem Betroffenen die Beweislast dafür auferlegt werden, daß die — rechtlich gegebene — Möglichkeit einer Bekämpfung der Maßnahme im Rahmen des primären Rechtsschutzes für ihn — ausnahmsweise — nicht erkennbar oder — ebenso ausnahmsweise — nicht zumutbar gewesen sei. 184

184

Zur Zumutbarkeit vgl. die Nachweise in Fn. 174.

2. Teil Die Enteignung und andere nach Art. 14 GG entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

Α. Die Enteignung I. Die Rechtsprechung des BGH bis zur „Naßauskiesungsentscheidung" des BVerfG (Beschluß vom 15. 7. 1981 - BVerfGE 58, 300 ff)1 Vorbemerkung: Es ist zwar richtig, daß sich — worauf vor allem Böhmer2 60 hingewiesen hat — wesentliche Grundsätze zur Enteignung, die in dem Naßauskiesungsbeschluß dargelegt worden sind, schon in verschiedenen bereits vor diesem Beschluß ergangenen Entscheidungen finden. 3 Doch sind Schrifttum und Rechtsprechung, insbesondere auch die des BGH, erst durch die Naßauskiesungsentscheidung „aufgeschreckt" und veranlaßt worden, sich mit diesen Grundsätzen auseinanderzusetzen. Deshalb wird auch hier von dem Naßauskiesungsbeschluß als der insoweit maßgeblichen Entscheidung ausgegangen. In der Literatur wurde dem Beschluß des BVerfG im Blick auf die bis dahin vom BGH geübte Rechtsprechung zunächst eine geradezu umstürzlerische Bedeutung beigemessen und weithin die Meinung vertreten, dieser Rechtsprechung, vor allem der zum „enteignungsgleichen Eingriff" sei nunmehr der Boden entzogen, jedenfalls sei sie obsolet geworden. 4 Inzwischen hat ein ruhigere und sachgerechtere Beurteilung Platz gegriffen. Der BGH hat schon verhältnismäßig früh für die rechtliche Systematik 6 1 und für das Verhältnis von Amtshaftung, Enteignung und Aufopferung bedeutsame Entscheidungen getroffen. In der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen in BGHZ 6, 270 5 wurde der rechtswidrige Eingriff in als Eigentum geschützte Rechtsstellungen im Blick auf die Entschädigungspflicht dem rechtmäßigen enteignenden Eingriff gleichgestellt. Auch rechtswidrige Maßnahmen konnten danach einen Enteignungstatbestand verwirk-

1 2 3

4

5

= N J W 1982, 745 = DVB1. 1982, 340. N J W 1988, 2561, 2567. S. etwa BVerfGE 21, 73, 82 ff = N J W 1967, 619 = J Z 1967, 251 = DVB1. 1967, 232 = DÖV 1967, 264; BVerfGE 56, 249, 260 = N J W 1981, 1257 = W M 1981, 481 = DVB1. 1981, 542 = DÖV 1981, 373. So mit unterschiedlicher Akzentuierung u. a. Berkemantt JR 1982, 229, 232; Dolde N J W 1982, 1785, 1797 Fn. 202; H.H.Rupp N J W 1982, 1731, 1733; Scholz NVwZ 1982, 337, 347; Schrödter DVB1. 1982, 323, 328; Sendler DVB1. 1982, 812, 816; Schrödter N J W 1984, 1864 ff. N J W 1952, 972 = J Z 1952, 622 = L M Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 7.

52

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentunisbeeinträchtigungen

liehen. N a c h B G H Z 9, 8 3 6 k o n n t e ein Aufopferungsanspruch auch bei Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit gegeben sein. D i e entgegengesetzte Rechtsprechung des R G 7 wurde ausdrücklich aufgegeben. N a c h der weiteren Entscheidung des G r o ß e n Senats für Zivilsachen in B G H Z 13, 8 8 8 k o n n t e auch bei schuldhaft rechtswidrigen Eigentumsbeeinträchtigungen ein nach Enteignungsgrundsätzen

zu beurteilender Entschädigungsanspruch

in Be-

tracht k o m m e n . D i e weitere Rechtsprechung beruht auf folgenden G r u n d g e d a n k e n : Ange-

62

sichts der umfassenden Eigentumsgarantie müsse sich jede Eigentumsbeeinträchtigung an Ar. 14 G G messen lassen, gleichgültig, o b sie gezielt oder nicht gezielt, beabsichtigt oder nicht beabsichtigt sei, o b sie durch Gesetz oder eine V e r w a l t u n g s m a ß n a h m e erfolge, o b sie rechtmäßig oder rechtswidrig sei. D e m entsprach der vom B G H herausgearbeitete weite Enteignungsbegriff. D a n a c h erfaßte der — eine Entschädigungspflicht auslösende — E n t eignungstatbestand alle Eigentumsbeeinträchtigungen

durch Eingriffe von

hoher H a n d , die nicht mehr als Ausprägung der Inhalts- und S c h r a n k e n b e stimmungen oder als sonstige Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu rechtfertigen w a r e n . 9

Innerhalb dieses weitgefaßten

Enteig-

nungsbegriffs unterschied der B G H einmal Enteignungstatbestände im engeren Sinne (d. h. alle rechtmäßigen Enteignungstatbestände),

„enteignende

Eingriffe" (d. h. die Fälle, in denen eine an sich r e c h t m ä ß i g e hoheitliche M a ß n a h m e bei einzelnen Betroffenen zu — meist atypischen und unvorhergesehenen — Nachteilen führt, die die Schwelle des enteignungsrechtlich Z u mutbaren ü b e r s c h r e i t e n ) 1 0

6 7 8 9

10

und „enteignungsgleiche E i n g r i f f e "

(d.h.

alle

= NJW 1953, 857. S. oben Rdn. 2, 7. = NJW 1954, 993 = MDR 1954, 472 = BB 1954, 514. Vgl. u. a. BGHZ 54, 293, 295 = NJW 1971, 133 = J Z 1971, 132 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 31; ferner BGHZ 57, 359, 365 = NJW 1972, 243, 244 = W M 1972, 77, 78 und dazu Anm. Arndt LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 42; BGHZ 99, 24, 2 6 / 2 7 = NJW 1987, 2068, 2070 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 70 = DVBl. 1987, 568 mit Anm. Schmaltz = DÖV 1987, 642; BGHZ 105, 15, 16/17 = NJW 1988, 3201 = J Z 1989, 188 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57. So BGHZ 91, 20, 2 6 / 2 7 = NJW 1984, 1876 = J Z 1984, 741, 743 mit Anm. Ossenbühl = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 32 = W M 1984, 787 = DVBl. 1984, 624.

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Α. Die Enteignung rechtswidrigen

enteignenden

hoheitlichen

Maßnahmen).11

Mit

diesem

weitgefaßten Enteignungsbegriff sollte der G e s a m t b e r e i c h der T a t b e s t ä n d e zusammengefaßt werden, die unter enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten einen Entschädigungsanspruch auszulösen v e r m o c h t e n , o h n e d a ß es entscheidend d a r a u f a n k a m , w o im einzelnen die Grenzen zwischen diesen T a t beständen — Enteignung im engeren Sinne, enteignender Eingriff, enteignungsgleicher Eingriff — zu ziehen w a r e n . D a m i t sollte u. a. auch gesagt sein, d a ß es sich bei dem enteignungsglei-

63

chen Eingriff nicht um ein selbständiges Rechtsinstitut handle, der enteignungsgleiche Eingriff vielmehr nichts anderes sei als ein Unterfall des allgemeinen Enteignungstatbestandes.

II. Der verfassungsrechtliche Enteignungsbegriff nach der Rechtsprechung des BVerfG 1. Der allgemeine Enteignungstatbestand D a s B V e r f G faßt gegenüber der Rechtsprechung des B G H den Begriff der „ E n t e i g n u n g " im verfassungsrechtlichen Sinne viel enger. N a c h B V e r f G E 5 2 , 1, 2 7 1 2 ist „Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 G G der staatliche Z u g r i f f auf das Eigentum des Einzelnen. Ihrem Z w e c k nach ist sie auf die vollständige oder teilweise Entziehung subjektiver Rechtspositionen gerichtet, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 G G gewährleistet s i n d " . 1 3 Eine derartige Enteignung läßt die Verfassung (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 G G ) „nur a u f gesetzlicher G r u n d l a g e zu, die zugleich Art und A u s m a ß der Entschädigung regelt; ein Gesetz, das diesen Anforderungen nicht genügt, ist v e r f a s s u n g s w i d r i g " . 1 4 D a b e i hat der Gesetzgeber zwei M ö g l i c h k e i t e n : E r kann entweder durch das (Enteignungs-)Gesetz selbst unmittelbar mit seinem Inkrafttreten o h n e weiteren Vollzugsakt einem b e s t i m m t e n oder b e s t i m m b a r e n Kreis von Personen oder Personengruppen k o n k r e t e Eigentumsrechte entziehen oder be-

11

12 13

14

Vgl. BGHZ 99, 24, 2 6 / 2 7 = NJW 1987, 2068 = DVB1. 1987, 568 mit Anm. Schmaltz·, BGHZ 105, 15, 16/17 = NJW 1988, 3201 = J Z 1989, 188 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57. = NJW 1980, 985 = J Z 1979, 800 = DVB1. 1980, 158. S. auch BVerfGE 79, 174, 191 = NJW 1989, 1271, 1272 = DVB1. 1989, 352; BVerwGE 92, 288, 290. BVerfGE 58, 300, 319 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340.

64

54

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

schneiden, die diesen Personen oder Personengruppen nach bis dahin geltend e m Recht zustehen (Legalenteignung). 1 5 Der Gesetzgeber kann aber auch „der Exekutive die Ermächtigung erteilen, konkretes Eigentum Einzelner zu entziehen (Administrativ-Enteignung). 1 6 Die Enteignung a u f g r u n d Gesetzes erfordert einen behördlichen Vollzugsakt, der — anders als die Legalenteignung — mit Rechtsmitteln angefochten werden k a n n . " D a n a c h kann eine Enteignung niemals durch R e a l a k t , sondern nur durch einen hoheitlichen Rechtsakt — Gesetz oder Verwaltungsakt — v o r g e n o m m e n werden. Ein Eigentümer braucht mithin einen Eingriff in seine als Eigentum verfassungsrechtlich geschützte Rechtsstellung (Rechtsposition) „nur hinzunehmen, wenn der Eingriff in jeder Hinsicht den in Art. 14 A b s . 3 G G normierten Voraussetzungen entspricht. In einem solchen Fall tritt an die Stelle der Bestandsgarantie eine Wertgarantie, die sich auf G e w ä h r u n g einer v o m Gesetzgeber dem G r u n d e nach zu bestimmenden Entschädigung r i c h t e t " . 1 7 65 M i t diesen A u s s a g e n hat d a s Verfassungsgericht den Enteignungsbegriff stark formalisiert und eingeengt und insoweit allen materiellen Enteignungstheorien eine A b s a g e erteilt. N a c h der A u f f a s s u n g des BVerfG kann ein Enteignungstatbestand nur durch ein (Enteignungs-)Gesetz oder a u f g r u n d eines solchen Gesetzes verwirklicht, und auf einer anderen G r u n d l a g e als der eines Enteignungsgesetzes, d a s zugleich Art und A u s m a ß der Entschädigung regelt, kann eine Enteignungsentschädigung nicht zugesprochen werden (Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Enteignungsentschädigung).

2 . D i e w e i t e r e n V o r a u s s e t z u n g e n einer v e r f a s s u n g s m ä ß i g e n E n t e i g n u n g i m einzelnen 66

Die in der Literatur weithin umstrittene Frage, o b mit dem Gesetz im Sinne des Art. 14 A b s . 3 G G ein förmliches oder ein materielles Gesetz (un-

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BVerfGE 52, 1, 27 = NJW 1980, 985 = J Z 1979, 800 = DVB1. 1980, 158; BVerfGE 58, 300, 330, 331 = NJW 1982, 745 = DVB. 1982, 340. BVerfGE 58, 300, 331 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340; vgl. dazu auch BVerwGE 68, 143, 147 = J Z 1984, 740 = NVwZ 1984, 432. BVerfGE 58, 300, 323 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340; s. auch bereits BVerfGE 24, 367, 397 = NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DÖV 1969, 102 = DVB1. 1969, 190.

55

Α. Die Enteignung

ter Einschluß von Verordnungen und Satzungen) gemeint i s t , 1 8 hat das BVerfG dahin entschieden, d a ß es „allein dem p a r l a m e n t a r i s c h - d e m o k r a t i schen Gesetzgeber vorbehalten [ist], die eine Enteignung legitimierenden G e m e i n w o h l a u f g a b e n zu bestimmen und die hierbei erforderlichen Rechtsvorschriften zu e r l a s s e n " . 1 9 D a s ist zutreffend. Ein Eingriff, der das in Art. 14 Abs. 1 G G verfassungsmäßig gewährleistete R e c h t dem R e c h t s i n h a b e r teilweise oder zur G ä n z e entzieht, bedarf einer eindeutigen

parlamentarisch-

demokratischen Legitimation, die nur in einem förmlichen Gesetz gefunden werden k a n n . D a s schließt nicht aus, d a ß eine Enteignung auch durch eine untergesetz-

67

liehe N o r m (Verordnung, Satzung) bewirkt werden k a n n , wenn diese sich ihrerseits a u f ein förmliches Gesetz stützen k a n n , das Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Enteignung nach M a ß g a b e des Art. 14 Abs. 3 G G im einzelnen r e g e l t . 2 0 Die Frage, welcher Gesetzgeber jeweils zum E r l a ß von Enteignungsgesetzen befugt ist, richtet sich nach der im G G

(Art. 7 0 , 7 3 , 7 4 Nr. 1 4 und

Nr. 2 3 ) geregelten sachlich-rechtlichen Verteilung der Gesetzgebungskompetenz. In jedem Fall m u ß der Gesetzgeber selbst in dem Gesetz im einzelnen festlegen, für welche V o r h a b e n , unter welchen Voraussetzungen und für welche Z w e c k e die Enteignung zulässig sein s o l l . 2 1

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21

Dazu die Nachweise bei Kimminich, in: Bonner Komm, zum GrundG Art. 14 (1992) Rdn. 361, 415 ff; Papier, in: Maunz/ Dürig Art. 14 Rdn. 556; ferner Battis NVwZ 1982, 585, 589; Schwabe J Z 1983, 273, 2 7 6 / 2 7 7 ; Schmidt-Bleibtreu/ Klein, GrundG 6. Aufl. Art. 14 Rdn. 6 berufen sich für ihre Auffassung, auch in Art. 14 Abs. 3 GG sei das Gesetz im materiellen Sinne gemeint, zu Unrecht auf BVerfGE 8, 71, 79 und 9, 338, 343 f sowie 58, 137, 143 f. Die beiden erstgenannten Entscheidungen betreffen den Gesetzesbegriff in Art. 14 Abs. 1 GG, die zuletzt genannte Entscheidung wird mißverstanden. So BVerfGE 56, 249, 261 = NJW 1981, 1257 = W M 1981, 481 = DVB1. 1981, 542, 543; s. auch BVerfGE 74, 264, 285, 288 = NJW 1987, 1251 = J Z 1987, 615 = W M 1987, 575 = DÖV 1987, 488 = DVBl. 1987, 466; Schmidt-Aßmann, in: Heidelberger FS S. 120. Vgl. Kimminich, in: Bonner Komm, zum GrundG Art. 14 Rdn. 361; Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 557; s. auch BVerfGE 58, 137, 1 4 3 / 1 4 4 = NJW 1982, 633. Vgl. BVerfGE 56, 249, 261 = NJW 1981, 1257 = W M 1981, 481 = DVBl. 1981, 542, 543; BVerfGE 74, 264, 285 = NJW 1987, 1251 = J Z 1987, 615 = W M 1987, 575 = DÖV 1987, 488 = DVBl. 1987, 466.

68

56 69

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen Die Enteignung m u ß stets von einem Träger, und zwar von einem deut-

schen

Träger

öffentlicher

Gewalt

(eingeschlossen

der

mit

staatlichen

Z w a n g s r e c h t e n ausgestattete beliehene Unternehmer) a u s g e h e n . 2 2 70

D i e Auffassung, d a ß die Administrativ-Enteignung — stets — ein Vorgang der G ü t e r b e s c h a f f u n g sei und zu einem Eigentümerwechsel f ü h r e , 2 3 ist unzut r e f f e n d . 2 4 Z w a r ist in B V e r f G E 4 5 , 2 9 7 , 3 3 2 2 5 im Z u s a m m e n h a n g mit der Administrativ-Enteignung von einem „Vorgang der G ü t e r b e s c h a f f u n g " die R e d e , w o r a u s aber nicht geschlossen werden k a n n , das B V e r f G h a b e damit die Administrativ-Enteignung a u f Vorgänge der G ü t e r b e s c h a f f u n g beschränken wollen. Eine solche Auffassung würde auch in Widerspruch stehen mit den Ausführungen in B V e r f G E 2 4 , 3 6 7 , 3 9 4 : 2 6 „ . . . k a n n jedoch dahingestellt bleiben, o b es sich um einen „ G ü t e r b e s c h a f f u n g s v o r g a n g " handelt, da dies für die Beurteilung, o b eine Enteignung vorliegt, o h n e Bedeutung ist. D i e in Art. 14 Abs. 3 G G zugelassene Enteignung ist begrifflich dadurch gekennzeichnet, d a ß das . . . Eigentum ganz oder teilweise . . . entzogen wird. D e r Entzug und der dadurch bewirkte Rechts- und Vermögensverlust — nicht aber die Übertragung des entzogenen O b j e k t s — ist das entscheidende M e r k m a l " . D a b e i m u ß das „ E n t z i e h e n " so verstanden werden, d a ß auch „Bes c h r ä n k u n g e n " , „ M i n d e r u n g e n " , „ B e l a s t u n g e n " davon erfaßt sind. N a c h der Auffassung, die Administrativ-Enteignung sei ein Vorgang der G ü t e r b e s c h a f fung und setze einen Wechsel des Rechtsträgers voraus, wird die „Aufopfer u n g s - E n t e i g n u n g " von der Administrativ-Enteignung überhaupt nicht mehr erfaßt, ist sie vielmehr allein der Legalenteignung vorbehalten.

Gefolgert

wird dies auch aus der Entscheidung in B V e r f G E 4 5 , 2 9 7 , 3 3 2 , 2 7 in der es heißt, d a ß im „Bereich der sogenannten Aufopferungsenteignung die Enteignung durch Gesetz in erster Linie ihren P l a t z " h a b e . Überwiegend wird im

22

Vgl. BVerfGE 14, 263, 277 = NJW 1962, 1667; BVerfGE 41, 126, 158 = NJW 1976, 1491 = DVBl. 1976, 491; BGHZ 52, 371, 381 = NJW 1970, 111, 112 und dazu Anm. Kreft LM RepG Nr. 1/2; BGH VersR 1994, 308 = WM 1993, 1419 = LM § 839 BGB Nr. = DVBl. 1993, 717; BVerwG NJW 1990, 2572 = DVBl. 1990, 585.

So Battis NVwZ 1982, 585, 589; Rittstieg NJW 1982, 721, 724; s. auch Uechtritz BauR 1983, 523, 531 Fn. 66; Lege NJW 1993, 2565 ff; vgl. dazu ferner Schink DVBl. 1990, 1375, 1385. 2 4 Vgl. aus neuerer Zeit BVerfGE 83, 201, 211 = NJW 1991, 1807 = J Z 1991, 774, 775 mit Anm. Schwabe = DVBl. 1991, 376 = DÖV 1991, 377, 378. 2 5 = NJW 1977, 2349 = DVBl. 1978, 44. 26 = N j W 1 9 6 9 j 309 = j z i 9 6 9 j 228 = DVBl. 1969, 190 = DÖV 1969, 102. 2 7 Siehe Fn. 25. 23

Α. Die Enteignung

57

Schrifttum diese Auffassung jedoch — m . E . mit R e c h t — abgelehnt und die Ansicht vertreten, die Rechtsprechung des B V e r f G biete zu der A n n a h m e , d a ß die Aufopferungsenteignung aus dem Begrif der Administrativ-Enteignung ausgegrenzt sei, keinen hinreichenden A n h a l t . Auch dürfte die Auffassung, die Aufopferungsenteignung werde begrifflich von der AdministrativEnteignung nicht erfaßt, sondern sei allein der Legalenteignung vorbehalten, insoweit mit der Rechtsprechung des BVerfG in Widerspruch stehen; d a n a c h kennt das G G „zwar zwei F o r m e n der D u r c h f ü h r u n g einer Enteignung, aber nur einen Enteigungsbegriff. Es besteht kein qualitativer Unterschied zwischen dem Enteignungsakt, den die Verwaltung vollzieht, und d e m , der unmittelbar v o m Gesetzgeber v o r g e n o m m e n w i r d . " 2 8 Z u r A n n a h m e einer Enteignung ist in jedem Fall ein Eingriff erforderlich

71

— sei es unmittelbar durch Gesetz, sei es aufgrund eines Gesetzes durch VA —, der zum Entzug oder zur M i n d e r u n g von R e c h t e n oder Befugnissen führt, die dem Eigentümer zur Z e i t des Eingriffs z u s t e h e n . 2 9 Z u m Begriff und zur P r o b l e m a t i k des „ E i n g r i f f s " siehe unten unter R d n . 108 ff. N a c h Art. 14 Abs. 3 Satz 1 ist eine Enteignung „nur zum W o h l der Allgem e i n h e i t " zulässig. 3 0 D e s h a l b müssen die Z w e c k e , die mit der Enteignung verfolgt werden, dem „Wohl der A l l g e m e i n h e i t " dienen und durch sie gerechtfertigt werden. Diese Voraussetzungen einer zulässigen Enteignung sind niemals gegeben, wenn ein Vorhaben verwirklicht werden soll, das nach den einschlägigen Vorschriften rechtswidrig ist. 3 1 Voraussetzung dafür, d a ß der betroffene Bürger sich gegen eine rechtswidrige Enteignung wehren k a n n , ist nicht, d a ß die N o r m , deren N i c h t b e a c h t u n g die Rechtswidrigkeit begründet, gerade den Betroffenen zu schützen bestimmt ist, drittschützende W i r k u n g hat. D e r Betroffene k a n n sich auf die Rechtswidrigkeit auch dann berufen, wenn sich diese allein aus objektiv-rechtlichen Regelungen ergibt. S o k a n n er insbesondere auch geltend m a c h e n , die öffentlichen Belange — etwa sol-

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29 30

31

So BVerfGE 24, 367, 404 = NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DVB1. 1969, 190 = DÖV 1969, 102. BVerfGE 25, 112, 121 = DÖV 1969, 281. Vgl. dazu allgemein Frenzel, in: Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 354; υ. Brünneck NVwZ 1986, 425 ff; Böhmer, Sondervotum, NJW 1981, 1258, 1260; Murswiek DVB1. 1994, 77, 78. BGHZ 77, 86, 91 = NJW 1987, 3146, 3147 = DVB1. 1987, 901 = DÖV 1987, 967.

72

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentunisbeeinträchtigungen

58

che des Landschafts- und Naturschutzes — seien bei der A b w ä g u n g nicht hinreichend berücksichtigt oder fehlsam gewichtet w o r d e n . 3 2 73

Auch genügt nicht jedes beliebige öffentliche Interesse, um eine Enteignung als dem „Wohl der Allgemeinheit" dienend zu rechtfertigen. Vielmehr ist dazu ein „besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse" e r f o r d e r l i c h . 3 3 Die Enteignung m u ß zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe unumgänglich notwendig sein, und diese Aufgabe darf sich mit den üblichen, von der R e c h t s o r d n u n g zur Verfügung gestellten Mitteln nicht verwirklichen lassen. Es müssen daher G r ü n d e des G e m e i n w o h l s unter B e a c h t u n g des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Rechtsentziehung oder - b e s c h r ä n k u n g auch angesichts der bestandsschützenden Funktion der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie zu rechtfertigen v e r m ö g e n . 3 4 Es müssen die mit der Enteignung verfolgten Z w e c k e abgewogen werden gegen das Interesse des Betroffenen an der ungekürzten Erhaltung seines Eigent u m s . 3 5 Erst wenn diese A b w ä g u n g ergibt, d a ß das öffentliche Interesse an der zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen A u f g a b e notwendigen Enteignung ein Übergewicht hat gegenüber den Interessen des Betroffenen an der Nichtbeeinträchtigung seines in seinem Bestand grundrechtlich geschützten Eigentums, kann das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Enteignungszweckes sich gegenüber der Substanzgarantie des

Eigentums

durchsetzen. 74

D a das Wohl der Allgemeinheit nicht nur G r u n d , sondern auch Grenze für alle dem Eigentümer aufzuerlegenden B e s c h r ä n k u n g e n ist und diese nicht

32

33

34

35

BVerwGE 72, 15, 2 5 / 2 6 NVwZ 1985, 736 = DVB1. 1985, 1141; BVerwGE 74, 109, 110 f = NJW 1986, 2449, 2450 = DVBl. 1986, 1000 = DÖV 1986, 922. BVerfGE 74, 264, 289 = NJW 1987, 1251 = J Z 1987, 615 = W M 1987, 575 = DVBl. 1987, 466 = DÖV 1987, 488; s. auch BVerwGE 81, 347, 348 ff = NVwZ 1989, 1061 = DÖV 1989, 769 = DVBl. 1989, 1048. Vgl. zu alledem BVerfGE 38, 175, 180 = NJW 1975, 37 f = DÖV 1975, 312 mit Anm. Kimminich·, BVerfGE 45, 297, 338 = NJW 1977, 2349 = DVBl. 1978, 44; BVerfGE 53, 336, 349 = NJW 1980, 1837 = BayVBl 1980, 432; BVerfGE 66, 248, 257 = NJW 1984, 1872 = W M 1984, 608 = DÖV 1984, 714. Auf die Notwendigkeit einer Abwägung weist auch besonders v. Brünneck NVwZ 1986, 425 ff mit Nachdruck hin; s. auch BGHZ 68, 100, 103 = NJW 1977, 955 = DVBl. 1978, 370; s. ferner Frenzel, in: Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 354 S. 100.

59

Α. Die Enteignung

weitergehen dürfen, als das G e m e i n w o h l es g e b i e t e t , 3 6 ist die Enteignung nur zulässig, soweit sie zur Erreichung des Enteignungszweckes unerläßlich ist. Es m u ß daher i m m e r das für den Betroffenen mildeste Mittel zur Z w e c k erreichung gewählt werden. Aus diesem G r u n d e muß, da der Rechtsschutz des Betroffenen bei einer Legalenteignung gegenüber dem bei der Administrativ-Enteignung

verkürzt

ist,

letztere gewählt

werden,

wenn

sie

zur

Z w e c k e r r e i c h u n g ebenso gut geeignet ist wie e r s t e r e . 3 7 E b e n s o darf nicht der Vollentzug des Enteignungsobjekts angeordnet werden, wenn ein weniger weitgehender Eingriff (ζ. B. eine dingliche Belastung) a u s r e i c h t . 3 8

3 . Z u r Zulässigkeit der E n t e i g n u n g z u g u n s t e n P r i v a t e r D i e lange umstrittene Frage, o b eine Enteignung in zulässiger Weise auch zugunsten Privater, insbesondere privater U n t e r n e h m e r angeordnet werden kann, wird in der höchstrichterlichen R e c h t s p r e c h u n g — e b e n s o wie mittlerweile vom überwiegenden Teil der L i t e r a t u r 3 9 — b e j a h t , vor allem auch vom B V e r f G . Bereits das R G ist in seiner R e c h t s p r e c h u n g ohne weiteres und o h n e es besonders zu begründen, von der Zulässigkeit der Enteignung zugunsten Privater a u s g e g a n g e n ; 4 0 ebenso der B G H . 4 1 D a s B V e r w G hält ebenfalls eine Enteignung zugunsten Privater für zulässig; 4 2 das Wohl der Allgemeinheit und private Gewinnerzielung schließen einander nicht aus.

36

37

38 39

40 41 42

BVerfGE 79, 29, 40 = NJW 1989, 1307 = GRUR 1989, 193 = DVB1. 1989, 245, 246; BVerfGE 87, 114, 146 = NJW-RR 1993, 971 = DVB1. 1993, 33 = GE 1993, 144. S. BVerfGE 24, 367, 401 = NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DVB1. 1969, 190 = DÖV 1969, 102; auch BVerfGE 45, 297, 331 ff = NJW 1977, 2349 = DVB1. 1978, 44. Vgl. dazu BVerwG NVwZ 1984, 649, 650. Bryde, in: v. Miinch/Kunig, GG-Komm. 4. Aufl. Art. 14 Rdn. 84; Bullinger, Der Staat Bd. 1 S. 449 ff; Frenzel, in: Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 354 S. 97 ff; Krohn/Löwisch Rdn. 50; Murswiek DVB1. 1994, 77; Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 GG Rdn. 584. Eine Darstellung der Gesamtproblematik einschließlich der historischen Entwicklung und des Meinungsstandes in Literatur und Rechtsprechung bringt Schmidbauer, in: Schriften zum öffentlichen Recht Bd. 574. S. RGZ 109, 310, 3 1 7 / 3 1 8 ; auch RGZ 135, 308 ff. U. a. BGHZ 23, 157, 169 = NJW 1957, 630, 632. BVerwGE 1, 42, 43; BVerwGE 71, 108, 124 ff = J Z 1986, 280 = NVwZ 1985, 739 = DVB1. 1985, 1135 = DÖV 1985, 868.

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60

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen Die — angesichts der Gemeinwohlklausel notwendigerweise sehr stren-

gen — Voraussetzungen, die für eine zulässige Enteignung zugunsten Privater erfüllt sein müssen, sind im einzelnen in BVerfGE 7 4 , 2 6 4 , 2 8 5 f 4 3 prägnant dargelegt. D o r t heißt es: „Bei Enteignungen zugunsten eines Privaten darf nicht außer acht bleiben, daß dieser — anders als ein Träger öffentlicher Verwaltung, der unmittelbar staatliche Aufgaben erfüllt und dabei allen rechtlichen Bindungen unterworfen ist, denen der Staat bei seiner Tätigkeit unterliegt — im Regelfall eigene Interessen unter Nutzung der ihm von der Rechtsordnung verliehenen Privatautonomie verfolgt. Ob und für welche Vorhaben eine solche Enteignung statthaft sein soll, hat der Gesetzgeber unzweideutig zu entscheiden. Auch muß — soll zugunsten eines Privaten enteignet werden — gewährleistet sein, daß der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme erreicht und dauerhaft gesichert wird; nur dann fordert das allgemeine Wohl die Enteignung. Ist bereits der Geschäftsgegenstand des privaten Unternehmens dem allgemein anerkannten Bereich der Daseinsvorsorge zuzuordnen, wie es bei Verkehrs- oder Versorgungsbetrieben der Fall sein kann, genügt es, wenn hinreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß die selbst gestellte „öffentliche" Aufgabe ordnungsgemäß erfüllt wird (BVerfGE 66, 248, 258). Kann sich der Nutzen für das allgemeine Wohl demgegenüber nicht aus dem Unternehmensgegenstand selbst, sondern — wie hier — nur als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ergeben, reichen solche Vorkehrungen nicht aus. Dann müssen besondere Anforderungen an die gesetzliche Konkretisierung des nur mittelbar erfüllten und daher nicht von vornherein handgreiflichen Enteignungszwecks gestellt werden. Gerade bei dieser Sachlage gebietet Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG eine so genaue gesetzliche Beschreibung des Enteignungszwecks, daß die Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung insoweit nicht in die Hand der Verwaltung gegeben wird. Es bedarf darüber hinaus differenzierter materiell- und verfahrensrechtlicher Regelungen, die sicherstellen, daß den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Gleichheit vor dem Gesetz im Interessendreieck Gemeinwohl-Enteigneter-Begünstigter im Einzelfall Rechnung getragen und insbesondere die Erforderlichkeit der Enteignung sorgfältig geprüft wird. Schließlich ist unabdingbar, daß der Gemeinwohlbezug der werbenden Tätigkeit des Unternehmens kein bloßer tatsächlicher Reflex bleibt, sondern auf Dauer garantiert ist. Dazu ist eine gesetzlich vorgesehene effektive rechtliche Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel notwendig.

43

= N J W 1987, 1251 = J Z 1987, 575 = W M 1987, 575 = DVB1. 1987, 466 = DÖV 1987, 488.

Α. Die Enteignung

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4. Die Junctim-Klausel D a s Gesetz, das selbst die Enteignung bewirkt oder die gesetzliche G r u n d -

76

läge für eine Enteignung bildet, m u ß „Art und A u s m a ß der E n t s c h ä d i g u n g " regeln (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 G G ) . D a s G G selbst setzt also für den von einer Enteignung Betroffenen bereits dem G r u n d e nach einen Entschädigungsanspruch voraus. Dieses J u n c t i m zwischen Enteignung und Entschädigungspflicht verfolgt einmal das Z i e l , dem Betroffenen von Verfassungs wegen zu garantieren, d a ß der enteignende Z u g r i f f a u f sein Eigentum in einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren durchgeführt wird und d a ß ihm — wenn er den enteignenden Z u g r i f f a u f sein Eigentum hinnehmen m u ß — eine der Verfassung entsprechende Entschädigung gezahlt wird. D a r ü b e r hinaus soll das J u n c t i m eine „ W a r n f u n k t i o n " erfüllen, indem es

77

dem Gesetzgeber A n l a ß geben soll, sich klar darüber zu werden, o b der zu regelnde Sachverhalt einen Enteignungstatbestand darstellt und er zutreffendenfalls eine Entschädigung zahlen m u ß , deren Art und U m f a n g er zu regeln h a t . 4 4 Entspricht das Gesetz nicht den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 G G , ist ein gültiges Enteignungsgesetz nicht zustande g e k o m m e n . Alle verfassungsrechtlichen Enteignungsvoraussetzungen sind unlösbar miteinander verknüpft, und wenn das Gesetz auch nur in einem Punkt nicht dem G G entspricht, ist die Gesamtregelung verfassungswidrig. 4 5 E b e n s o ist die auf einem solchen Gesetz beruhende „ E n t e i g n u n g " rechtswidrig, weil sie nicht auf einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage b e r u h t . 4 6 D a s bedeutet, d a ß auch d a n n , wenn allein die Entschädigungsregelung fehlt oder nicht dem G G entspricht, nicht nur diese nichtig ist, sondern das ganze G e s e t z . 4 7

78

5. Zusatz: Die sogenannten salvatorischen Klauseln Solange die Rechtsprechung von dem vom B G H herausgebildeten weiten Enteignungsbegriff ausging, w a r es schwierig, dem Erfordernis der J u n c t i m 44

45

46

47

BVerfGE 58, 300, 319 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340; s. auch bereits BVerfGE 46, 268, 287 = NJW 1978, 1367, 1368 = DVB1. 1978, 53. BVerfGE 24, 367, 418 = NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DVB1. 1969, 190 = DÖV 1969, 107. BVerfGE 38, 175, 181 = NJW 1975, 37 f = DÖV 1975 , 312 mit Antn. Kimminich. BVerfGE 4, 219, 233 = NJW 1945, 1268 = DVB1. 1955, 558; BVerfGE 24, 367, 418 = NJW 1969, 309 = J Z 1969, 228 = DVBl. 1969, 190 = DÖV 1969, 102; BVerfGE 58, 300, 323 = NJW 1982, 745 = DVBl. 1982, 340.

79

62

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

Klausel gesetzgeberisch R e c h n u n g zu tragen. D e n n der Gesetzgeber lief dabei — in der Ungewißheit darüber, o b seine Grenzziehung die Billigung der G e richte, letztlich des B V e r f G finden würde — Gefahr, entweder das „Umschlag e n " von der Sozialbindung zur Enteignung zu früh anzusetzen und eine Entschädigung bereits bei T a t b e s t ä n d e n vorzusehen, die — nach späterer (verfassungs-)gerichtlicher Entscheidung — noch nicht eine Enteignung darstellen, oder aber das „ U m s c h l a g e n " tatbestandlich erst dann vorzunehmen, wenn die Grenze zur Enteignung bereits überschritten war, was die Nichtigkeit dieser Regelung zur Folge h a b e n m u ß t e . Es w a r deshalb verständlich, wenn der Gesetzgeber weithin die Grenzziehung dem

Gesetzesanwender

(Verwaltung und Gericht) überlassen hat, indem er im Gesetz selbst lediglich bestimmte, d a ß dann, wenn eine b e s t i m m t e M a ß n a h m e eine Enteignung darstelle, eine Entschädigung zu gewähren sei. Es ist aber sicher zweifelhaft, o b damit der J u n c t i m - K l a u s e l Genüge getan war, nach der nicht nur die Entschädigungspflichten n o r m i e r t , sondern auch Art und A u s m a ß der Entschädigung im Gesetz geregelt werden sollen. Die Schwierigkeiten, die die J u n c t i m - K l a u s e l für den Gesetzgeber in sich trägt, sind darin begründet, d a ß die Klausel von Verfassungs wegen die Regelung der Entschädigung zur Zulässigkeitsvoraussetzung der Enteignung m a c h t , o b w o h l die Entschädigung erst die Folge einer — vom Verfassungsgeber selbst tatbestandlich nicht fixierten — Enteignung ist. N a c h d e m das B V e r f G den Begriff der Enteignung formalisiert und verengt h a t 4 8 und allgemein a n e r k a n n t ist, d a ß die J u n c t i m Klausel nur bei einer „ e c h t e n " Enteignung Anwendung zu finden h a t , 4 9 ist das P r o b l e m der salvatorischen

Klauseln wesentlich entschärft

worden.

D e n n es wird nur verhältnismäßig selten einen derartigen — engen — Enteignungstatbestand außerhalb förmlicher Enteignungen geben. Es geht in diesen seltenen Fällen durchweg um Tatbestände, bei denen trotz allen B e m ü h e n s des Gesetzgebers der Eintritt eines Enteignungsfalles nicht voraussehbar und

48 49

s. Rdn. 64, 65. BGHZ 99, 24, 29 = NJW 1987, 2068 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 70 = DÖV 1987, 642 = DVB1. 1987, 568 mit Anm. Schmaltz·, BGHZ 121, 73, 78 = NJW 1993, 1255 = WM 1993, 1048 = DVBl. 1993, 430 mit krit. Anm. Schwabe DVBl. 1993, 840; BGHZ 121, 328, 331 = NJW 1993, 2095 = W M 1993, 1609 = DVBl. 1993, 1086; BGHZ 123, 242, 244 = NJW 1993, 2605 = W M 1993, 1930 = DVBl. 1993, 1092; BVerwGE 94, 1, 10 = NJW 1993, 2949, 2951 = DVBl. 1993, 1141, 1144; Jarass/Pieroth, Art. 14 Rdn. 63; Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 575.

Α. Die Enteignung nicht n o r m i e r b a r war. In derartigen Fällen von

63 „Zufallsenteignungen"50

dürfte es — bei aller Zweifelhaftigkeit dieser Frage — zulässig und auch geboten sein, eine „ s a l v a t o r i s c h e " Entschädigungsklausel genügen zu lass e n , 5 1 zumal das B V e r f G selbst in der Entscheidung in B V e r f G E 5 8 , 3 0 0 , 3 4 6 5 2 die Frage der Gültigkeit salvatorischer Klauseln ausdrücklich offengelassen h a t . Die von der Verfassung mit B e d a c h t eingeführte J u n c t i m - K l a u s e l hat gewiß ihren hohen Wert, und m u ß stets sehr ernst g e n o m m e n werden in ihren Funktionen, die sie zu erfüllen hat. D o c h hat sie verfassungsrechtlich keinen Eigenwert, und ist a u ß e r h a l b ihrer Funktionen (Warn- und G a r a n t i e f unktion) kein Selbstzweck.

III. Die Rechtslage bei vor Inkrafttreten des GG vorgenommenen Enteignungen Schon das R G 5 3 hatte entschieden, d a ß a u f Enteignungen, die bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung bereits völlig vollzogen w a r e n , allein das bis dahin geltende R e c h t anzuwenden sei. In Übereinstimmung d a m i t haben das B V e r w G 5 4 und in ständiger Rechtsprechung der B G H dahin entschieden, d a ß Art. 14 G G keine A n w e n d u n g zu finden hat auf

Enteignungstatbe-

stände, die bei Inkrafttreten des G G bereits völlig abgeschlossen waren. Dies gilt selbst dann, wenn die vorher bereits vollzogenen Enteignungen später noch nachteilige W i r k u n g e n ä u ß e r n . 5 5 J e d o c h k ö n n e n

50 51

52 53 54 55

vorkonstitutionelle

Kimminich NuR 1985, 1 ff. Schmidt-Aßmann, in: Heidelberger FS S. 121/122; s. auch Papier, in: Maunz/ Diirig Art. 14 Rdn. 574, 576; Ossenbiihl, Staatshaftungsrecht 4. Aufl. S. 419; ders. in: FS Willi Geiger (1989) S. 475, 479; Holzel AgrarR 1982, 1, 5; Jarass/ Pieroth, GG Art. 14 Rdn. 41; s. auch bereits BachofOÖV 1954, 592 ff; a. A. BVerwGE 84, 361 = NJW 1990, 2572 = J Z 1991, 86 mit abl. Anm. Ossenbühl = DVB1. 1990, 585; Weyreuther, Über die Verfassungswidrigkeit ... S. 30 f, 43/ 44; Leisner DVB1. 1981, 76; vgl. zur Gesamtproblematik Olivet DÖV 1985, 697; Pietzcker JuS 1991, 369; Schink DVB1. 1990, 1375. = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340. RGZ 128, 18, 30. BVerwGE 3, 335, 337 = NJW 1956, 1369 = DÖV 1956, 576. BGHZ 57, 178, 182 = NJW 1972, 149, 150 = W M 1971, 1546, 1547 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 43; BGHZ 71, 1, 7 = NJW 1978, 939, 940 = WM 1978, 466, 468; BGH LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 80 = NJW 1988, 2664 = RdL 1988, 154 = W M 1988, 1281, 1282.

80

64

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentunisbeeinträchtigungen

Enteignungsgesetze hinsichtlich der Entschädigung als durch Art. 153 Abs. 2 Satz 2 WRV ergänzt gelten, falls diese Gesetze nicht ausdrücklich eine Entschädigung ausgeschlossen oder eine nicht angemessene Entschädigung vorgesehen haben. 5 6 War hingegen der Enteignungstatbestand als solcher vor Inkrafttreten des GG noch nicht abgeschlossen, sondern setzt sich die Enteignung tatbestandlich bis in die Geltungszeit des Art. 14 GG fort, dann greift diese Verfassungsbestimmung ein. 5 7 Für alle rechtswidrigen Eigentumsbeeinträchtigungen, mithin besonders für alle enteignungsgleichen Eingriffe ist indes nach der Rechtsprechung des BGH eine Entschädigungspflicht auch für die Zeit vor Inkrafttreten des GG in entsprechender Anwendung des Art. 153 WRV anzunehmen. 5 8

56

57

58

BVerfGE 4, 219, 236/237 = NJW 1955, 1268 = DVB1. 1955, 558; BGH NJW 1980, 888, 889 = LM BaubeschränkungsVO Nr. 1 = WM 1980, 221, 222; BGHZ 90, 4, 13/14 = NJW 1984, 1172, 1174 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67 = DVB1. 1984, 397. BGHZ 6, 270, 274/275 = NJW 1952, 972 = JZ 1952, 622, 623 = LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 7; BGHZ 71, 1 , 7 = NJW 1978, 939, 940 = WM 1978, 466, 468 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 29. BGHZ 6, 270, 290/291 = BJW 1952, 972, 974 = JZ 1952, 622 = LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 7; BGHZ 40, 49, 52 = NJW 1963, 1915, 1916 = WM 1963, 1098, 1100.

Α. Die Enteignung

65

IV. A n h a n g 1. Sonstige — auch unter der Geltung des Art. 14 GG rechtmäßige — Eigentumsentziehungen Die Enteignung ist nicht der einzige Titel, auf Grund dessen Eigentum 81 rechtens entzogen werden kann. Im GG selbst sind Sozialisierung (Art. 15) und Verwirkung (Art. 18) als rechtmäßige Eigentumsentziehungsmaßnahmen vorgesehen. Darüber hinaus sind auch Eigentumsentziehungsmaßnahmen im Rahmen strafgerichtlicher Verurteilungen (Einziehung, Konfiskation) zulässig. 59 Das gilt selbst dann, wenn sich solche Maßnahmen nicht gegen einen Beschuldigten im Strafverfahren, sondern gegen einen strafrechtlich Unverdächtigen richten. 60 Auch außerhalb von Strafverfahren können gesetzliche Regelungen getroffen werden, die die Entziehung oder Beschränkung von Rechtspositionen, die als „Eigentum" zu werten sind, ohne Entschädigung vorsehen, sofern diese Regelungen vom Allgemeinwohl gefordert und von daher gerechtfertigt werden und der Gesetzgeber auch im übrigen die Grenzen eingehalten hat, die ihm für seine Regelungsbefugnis im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gesetzt sind. 6 1

2. Die Eigentumsgarantie und Kriegsfolgen Der 2. Weltkrieg, der mit dem völligen Zusammenbruch des Deutschen 8 2 Reiches geendet hat, hatte in seinen Auswirkungen das Reich in den Zustand eines „Staatsbankrotts" gebracht. 6 2 Der Umfang der durch den Krieg und seine unmittelbaren Folgen verursachten Schäden war so groß, daß an einen 59 60

61

62

BGHZ 27, 382, 384 = NJW 1958, 1441, 1443/1444. BVerfGE 22, 387, 422 = DVB1. 1968, 974, 976; BGH WM 1973, 1416, 1418 = DVB1. 1974, 480; BGHZ 100, 335, 338 = NJW 1987, 2573; s. dazu aber auch BGHZ 27, 69, 71 ff = NJW 1958, 992, 993 mit krit. Anm. Kümelin NJW 1958, 1440 f. BVerfGE 22, 387, 422/423 = DVB1. 1968, 974, 976 (Zum Ausschluß von Versorgungsrechten nach Maßgabe der Gesetze zu Art. 131 GG); BVerfG NJW 1990, 1229 = JZ 1990, 290 (Einziehung von Elfenbeingegenständen gem. § 21 f Satz 2 BNatG i. d. F. vom 12. 3. 1987, BGBl. I 890); ebenso BVerfG NJW 1993, 321 = NuR 1993, 154. Vgl. BVerfGE 15, 126, 135 ff = NJW 1963, 32 = DÖV 1963, 102; BVerfGE 23, 153, 166 ff = NJW 1968, 1371.

66

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

vollen Ausgleich dieser Schäden nicht zu denken war. Diese Schäden stellten keine „Enteignungen" im verfassungsrechtlichen Sinne dar. Denn nicht alle Tatbestände, die ihrem Wesen nach eine Enteignung bedeuten, sind als „Enteignungen" im Sinne von Art. 153 W R V und Art. 14 G G (mit Entschädigungsfolge) anzusehen. 6 3 Das Bemühen des Bundesgesetzgebers konnte deshalb nur dahin gehen, unter den durch Krieg und Z u s a m m e n b r u c h und ihren Folgen Geschädigten „einen Ausgleich herbeizuführen, der einerseits nach seinem finanziellen A u s m a ß

auf die Leistungsfähigkeit des

neuen

Staatswesens Rücksicht nehmen mußte und einem geordneten Neubeginn des staatlichen Lebens nicht hindernd im Wege stehen durfte und der andererseits am Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit ausgerichtet sein m u ß t e " . 6 4 Dabei konnte es keinen Unterschied machen, ob diese Schäden im Zeitpunkt des Z u s a m m e n b r u c h s bereits eingetreten waren oder ob diese Schäden erst später und — wie bei Requisitionen und Reparationen — durch gezielte M a ß n a h m e n einer eingreifenden M a c h t verursacht worden waren. In B G H Z 5 2 , 3 7 1 , 3 7 4 f 6 5 heißt es dazu wörtlich: „Wollte man derartigen mehr oder weniger lediglich der Form nach bestehenden Verschiedenheiten, zeitlich zufälligen Gegebenheiten und subjektiven Momenten eine maßgebliche Bedeutung beimessen, dann würde man sich mit einer vordergründigen und formalen Betrachtungsweise begnügen, die dem Gesichtspunkt, der der entscheidende sein muß, nicht genügend Rechnung trägt, daß alle hier erörterten Schäden in gleicher Weise durch den Krieg und seine unmittelbaren Folgen ausgelöst worden sind. Diese Tatsache, nämlich das Verursachtsein durch den — im Verantwortungsbereich des Deutschen Reiches liegenden — Krieg und seine Folgen, ist die entscheidende und verbindet sämtliche dieser Schäden — bei aller notwendigen Differenzierung im Einzelnen — zu einer Einheit. Dieses allen hier in Betracht kommenden Schäden Gemeinsame läßt es nicht zu, nach rechtsformalen Gesichtspunkten, zeitlich zufälligen Gegebenheiten oder danach zu unterscheiden, ob der Betroffene das Opfer eines „blinden" Schicksals oder eines bewußten menschlichen Eingreifens geworden ist, und von diesen vordergründigen Unterscheidungen abhängig zu machen, ob die Schäden der einen Art sich einer Behandlung als „Konkursforderungen" im „Staatsbankrott" im Rahmen der finanziellen Liquidation des Krieges und seiner Folgen gefallen lassen müssen und die einer anderen Art (obwohl sie ebenfalls ausschließlich ihre Ursache in dem verlorenen

63

64 65

BGHZ 11, 43, 49 ff = N J W 1954, 311, 312 f; BGHZ 12, 52, 55 ff = N J W 1954, 554, 557 und dazu Anm. Pritsch L M Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 17; BGHZ 52, 371, 378 ff = N J W 1970, 191, 192 und dazu Anm. Kreft LM RepG Nr. 1/2. So BGHZ 52, 371, 374 wie Fn. 63. = N J W 1970, 191.

67

Α. Die Enteignung

Krieg und seinen Folgen finden) eine grundsätzlich andere und günstigere Entschädigung erfahren sollen."

Zudem konnte von einer Enteignung im Sinne von Art. 153 WRV, Art. 14 G G schon deswegen nicht gesprochen werden, weil diese das Eingreifen einer deutschen Stelle zur Voraussetzung h a t . 6 6 Es sind deshalb die einschlägigen Bestimmungen des Reparationsschädengesetzes 6 7 und des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes 6 8 mit Art. 153 W R V und Art. 14 G G vereinbar. Diese Auffassung des B G H ist später vom BVerfG in der Entscheidung in BVerfGE 41, 126, 150 f f 6 9 vollen Umfangs bestätigt worden.

3. Die Eigentumsgarantie und die „Enteignungen" im Gebiet der früheren DDR Die der sowjetischen Besatzungsmacht und den Organen der früheren D D R zuzurechnenden Eigentum entziehenden und (oder) beschränkenden Maßnahmen sind der Eigentumsgarantie des G G entzogen. Die Organe der Bundesrepublik können das in der D D R gesetzte Unrecht nicht nachträglich beseitigen und aus der Welt schaffen. Es kann sich für die Organe der Bundesrepublik nur darum handeln, das den Betroffenen zugefügte Unrecht in seinen Folgen in sozial gerechter Weise a b z u g l e i c h e n . 7 0 Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Maßnahmen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage in der Zeit von 1945 bis 1949 oder ob sie später unter der — alleinigen — Verantwortung der damaligen D D R - O r g a n e getroffen worden sind. Insoweit ist die Situation vergleichbar mit der, wie sie die Bundesrepublik bei ihrer Gründung hinsichtlich der Kriegsfolgen vorfand. Es kann deshalb insoweit auf das unter der vorstehenden Rdn. Gesagte verwiesen werden. Bei der Schaffung der gesetzlichen Regelungen, die das in

66

B G H Z 5 2 , 3 7 1 , 3 7 9 = N J W 1 9 7 0 , 191; B G H W M 1 9 9 3 , 1 4 1 9 = L M § 8 3 9 BGB Nr. 4 5 = VersR 1 9 9 4 , 3 0 8 = DVBl. 1993, 7 1 7 .

« 7 Vom 12. 2. 1 9 6 9 , BGBl. I S. 105. 68 69

Vom 5. 11. 1 9 5 7 , BGBl. I S. 1747 i. d. F. von S 6 5 RepG. = N J W 1 9 7 6 , 1491 = DVBl. 1 9 7 6 , 4 9 1 ; vgl. auch BVerfGE 4 1 , 193, 2 0 0 ff = DVBl. 1 9 7 6 , 4 9 5 = VerfRechtsprechung Art. 2 0 Abs. 1 GG Nr. 5 6 ; BVerfGE 4 5 , 8 3 , 9 9 = N J W 1 9 7 7 , 2 0 2 9 = VerfRechtsprechung Art. 14 G G Nr. 2 5 1 ; BVerfGE 46, 299, 307.

70

Das verkennt m. E. Leisner

N J W 1 9 9 3 , 3 5 3 ff, wenn er Regelungen, die im

Entwurf eines „Entschädigungsgesetzes O s t " vorgesehen sind, an Art. 14 G G mißt.

83

68

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

der früheren DDR hinsichtlich des „Eigentums" geschehene Unrecht wieder ausgleichen sollen, ist der Gesetzgeber an die Grundsätze gebunden, zu deren Beachtung ihn das GG verpflichtet. Im einzelnen muß dazu auf die grundlegende Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 84, 90 f f 7 1 und auf die vorangegangenen Entscheidungen in BVerfGE 82, 316 7 2 und 83, 162 ff 7 3 verwiesen werden. 7 4

71

72 73 74

= NJW 600. = NJW = NJW s. ferner

1991, 1597, 1600 = WM 1991, 824 = DVBl. 1991, 575 = DÖV 1991, 1990, 504 = DVBl. 1990, 1163. 1991, 349 = DVBl. 1991, 154 ff = DÖV 1991, 247. BVerfG NJW 1992, 551 = ZMR 1992, 529; BVerfG WM 1995, 848.

Β. Nach Art. 14 GG entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren I. Allgemeines Es stellt sich die Frage, ob Art. 14 G G selbst noch als Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche für Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren dienen kann oder ob die Naßauskiesungsentscheidung des BVerfG der Gewährung derartiger Ansprüche entgegensteht. 7 5 Das BVerfG selbst hat zu dieser Frage in der in Rede stehenden Entscheidung nicht Stellung genommen und — wie anzunehmen ist — mangels Entscheidungserheblichkeit auch nicht Stellung nehmen wollen. 7 6

84

II. Die Rechtsprechung des BGH Die rechtliche Möglichkeit einer Heranziehung des Art. 14 G G selbst als unmittelbare Rechtsgrundlage für derartige Ansprüche wird weithin verneint, vor allem auch in der Rechtsprechung des B G H . Dieser ist der Auffassung, nach der Rechtslage, wie sie sich auf der Grundlage der Naßauskiesungsentscheidung ergebe, sei Art. 14 G G als unmittelbare und eigenständige Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche wegen Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren ausgeschlossen. 7 7 Der B G H hat sich indes durch die Naßauskiesungsentscheidung nicht gehindert gesehen, an den von ihm in langjähriger Rechtsprechung herausgebildeten Rechtsinstituten des enteignungsgleichen Eingriffs und des enteig-

75

Auf das Problem der Bindungswirkung dieser Entscheidung ( § 3 1 Abs. 1 BVerfG) soll hier nicht eingegangen, die Frage vielmehr auf der Grundlage der Naßauskiesungsentscheidung untersucht werden.

76

Vgl. dazu die Äußerung des an der Naßauskiesungsentscheidung als Berichterstatter beteiligt gewesenen Bundesverfassungsrichters Böhmer im Rahmen einer Podiumsdiskussion, die im Anschluß an einen von ihm bei einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht im August 1 9 8 4 gehaltenen Vortrag stattfand, s. AgrarR 1 9 8 4 Beil. 1 / 1 9 8 4 .

77

Vgl. dazu Krohn Rdn. 4 3 0 .

W M 1984, 8 2 5 ff; Boujong

UPR 1 9 8 4 , 137 ff;

Nüßgens/Boujong

85

70

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

nenden Eingriffs festzuhalten. Noch vor der Naßauskiesungsentscheidung hat er dazu gesagt, 78 der Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs sei zwar aus dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG abgeleitet, aber seine Ausgestaltung nach Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen im einzelnen liege auf der Ebene des einfachen Rechts. Nach Ergehen der Naßauskiesungsentscheidung hat er diese Rechtsprechung fortgeführt und die genannten Rechtsinstitute von Art. 14 GG völlig abgekoppelt. Er sieht nunmehr die Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem und enteignendem Eingriff ausschließlich in den die Grundlage für den Aufopferungsanspruch bildenden und auf der Ebene des einfachen Rechts angesiedelten Bestimmungen der §§ 74, 75 EinlPreußALR oder in sonstigen einschlägigen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften. 7 9 86

Im neueren Schrifttum wird gleichfalls überwiegend angenommen, daß in den Fällen des enteignungsgleichen und des enteignenden Eingriffs auch weiterhin Entschädigungsansprüche zugesprochen werden können. Dabei wollen einige Stimmen in der Literatur in diesen Tatbeständen ebenfalls Spezialtatbestände des allgemeinen — einfach-rechtlichen — Aufopferungstatbestandes sehen. 8 0

87

Nach anderen Stimmen soll es bei der Haftung für einen enteignungsgleichen Eingriff um eine durch Richterrecht zu Gewohnheitsrecht verfestigte 78

79

80

BGHZ 76, 375, 384 = NJW 1980, 1567 = JZ 1980, 676 = VersR 1980, 628 = WM 1980, 714 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 68; vgl. auch bereits BGHZ 72, 273, 277 = NJW 1979, 36 = DVB1. 1979, 114 = BauR 1979, 40. Vgl. BGHZ 90, 4 ff = NJW 1984, 1173 = DVB1. 1984, 397 und dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67 (betr. das als Landesrecht weitergeltende Reichsnaturschutzgesetz); BGHZ 90, 17 ff = NJW 1984, 1169 = WM 1984, 273 = DVB1. 1984, 391 (zum Nds.BodenabbauG); BGHZ 91, 20ff = NJW 1984, 1876 = JZ 1984, 741, 743 und dazu Anm. Ossenbübl = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 32 (betr. enteignenden Eingriff); BGHZ 111, 349, 352 = NJW 1990, 3260 = JZ 1991, 36 und dazu Anm. Maurer = LM Art. 12 GrundG Nr. 41 = DÖV 1990, 1065; vgl. zu alledem die Darstellung von Papier, „Staatshaftung" S. 1353 Rdn. 57 ff; persönlich habe ich früher in WM 1985 Sonderbeil. 6 S. 5 ebenfalls noch die Auffasung vertreten, auf der Grundlage der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sei Art. 14 GG als unmittelbare und eigenständige Anspruchsgrundlage für eine Entschädigung wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung ausgeschlossen. So Bender BauR 1983, 1, 11, 12; Aust/Jacobs 3. Aufl. S. 92/93; Krohn/Löwisch Rdn. 231 ff; Hendler DVB1. 1983, 873, 880, 881; Rüfner, in: Erichsen, 10. Aufl. § 52 Rdn. 53.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

71

„Staatsunrechtshaftung" gehen. Man will also den enteignungsgleichen Eingriff als einen Tatbestand originärer Staatshaftung für rechtswidriges hoheitliches Handeln gewertet wissen. 8 1 Diesen Erwägungen vermag ich nicht zu folgen; man kann sich zu ihrer Rechtfertigung auch nicht auf die Rechtsprechung des BGH berufen. Dieser hat vielmehr zur Begründung der Entschädigungspflicht für enteignungsgleiche Eingriffe niemals auf die Haftung für staatliches Unrecht rekurriert. Vielmehr hat er die Entschädigungspflicht immer aus dem Einstehenmüssen für — nicht gerechtfertigte — Eigentumsbeeinträchtigungen hergeleitet. Das, was den enteignungsgleichen Eingriff entscheidend prägt, ist nicht die Rechtswidrigkeit der beeinträchtigenden Maßnahme als solche, sondern die aus dem Gesichtspunkt der Sozialbindung allen Eigentums nicht mehr zu rechtfertigende Eigentumsbeeinträchtigung. Das zeigt die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH eindeutig. Seit der grundlegenden Entscheidung in B G H Z 6, 270 ff 8 2 hat der BGH den oben bereits erwähnten weiten Enteignungsbegriff ausgebildet. Innerhalb dieses so weit gefaßten Enteignungstatbestandes bildeten die rechtswidrigen enteignenden Maßnahmen — in der Terminologie des BGH die enteignungsgleichen Eingriffe — lediglich einen Unterfall des allgemeinen Enteignungstatbestandes. Das Merkmal der Rechtswidrigkeit war lediglich insoweit von Bedeutung, als es indizierte, daß die eingreifende Maßnahme als Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht zu rechtfertigen war. Denn unter dem Gesichtspunkt der Sozialpflichtigkeit (Sozialbindung) des Eigentums braucht ein Eigentümer rechtswidrige Maßnahmen unter keinerlei Voraussetzungen hinzunehmen. Auf der Grundlage eines Haftungstatbestandes für staatliches Unrecht 8 8 ließe sich nicht ausreichend eine — notwendige — Haftungseinschränkung begründen, wie sie beim enteignungsgleichen Eingriff das Erfordernis einer durch einen „Eingriff" verursachten „unmittelbaren" Eigentumsbeeinträchtigung herbeiführt. Man würde vielmehr die Haftung auf alle adäquat verursachten Schäden ausdehnen müssen. 8 3

81

82 83

Jörn Ipsen DVB1. 1983, 1029, 1034, 1035; Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 688; ders. N V w Z 1983, 258, 259; Ossenbühl, in: „Neuere Entwicklungen ..." S. 19; Schmidt-Aßmann DVB1. 1987, 216, 218; Maurer, Verwaltungsrecht, 7. Aufl. S. 584 Rdn. 59 m; Schenke N J W 1988, 857, 861; s. auch Schmitt-Kammler N J W 1990, 2515, 2519; ders. in: FS für Ernst Wolf S. 595, 602. = N J W 1952, 972 = JZ 1952, 6 2 2 = LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 7. Vgl. Maurer, Verwaltungsrecht, 7. Aufl. S. 584 Rdn. 1, S. 612 Rdn. 52, 53.

72

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

89

Bei Annahme einer „Staatsunrechtshaftung" wäre es auch nicht mehr gerechtfertigt, auf der Rechtsfolgenseite lediglich eine „Entschädigung" vorzusehen und nicht vollen Schadensersatz zu gewähren. Dem aber stünde die Rechtsprechung des B G H eindeutig entgegen. 8 4 Dieser hat mit gutem Grund immer wieder betont, daß es bei dem Ausgleich für Eigentumsbeeinträchtigungen — soweit nicht die Voraussetzungen für eine Haftung aus schuldhafter Amtspflichtverletzung gegeben sind — unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie des Art. 14 G G nicht wie beim Schadensersatz darum geht, das schädigende Ereignis wirtschaftlich rückgängig zu machen, mithin die Vermögenslage herzustellen, die bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Die „Entschädigung" für eine Eigentumsbeeinträchtigung einschließlich derer durch eine förmliche Enteignung soll gerade nicht diese Beeinträchtigung wirtschaftlich ungeschehen machen; sie soll allein das dem Betroffenen Genommene, die durch eine hoheitliche M a ß n a h m e bewirkte Eigentumsbeeinträchtigung ausgleichen. Sie ist demzufolge nicht, wie der Schadensersatz, an einer nur gedachten fiktiven Vermögenslage, sondern allein an dem Wert des Genommenen orientiert. 8 5

90

Zudem würde sich wohl nicht die Haftung auf rechtswidrige Beeinträchtigungen von „Eigentum" beschränken lassen, sondern man würde auch andere Schutzobjekte hinzunehmen müssen. Damit aber wäre man bei einer allgemeinen öffentlich-rechtlichen Gefährdungshaftung angelangt. 8 6 Dafür aber fehlt es de constitutione lata an jeder Grundlage, die auch durch Richterrecht nicht geschaffen werden k a n n . 8 7

84

Jörn lpsen DVB1. 1 9 8 3 , 1 0 2 9 , 1 0 3 7 ; Schmitt-Kammler, 6 0 2 ; Ossenbühl,

in: FS Ernst Wolf S. 5 9 5 ,

in: FS Geiger S. 4 1 7 ff.

85

s. dazu Rdn. 6 2 , 3 0 9 ; zustimmend Maurer,

86

Vgl. dazu Ossenbühl,

in: FS Dürig S. 2 9 3 , 3 1 5 .

Staatshaftungsrecht 4. Aufl. S. 3 1 0 ff mit zahlr. Nachw.;

ders. JuS 1 9 8 8 , 193, 196; ferner Olivet N V w Z 1 9 8 6 , 4 3 1 , 4 3 8 ff. 87

B G H Z 5 5 , 2 2 9 , 2 3 2 = N J W 1 9 7 1 , 6 0 7 , 6 0 8 = VersR 1 9 7 1 , 4 5 2 und dazu Anm. Kreft L M Art. 14 D GrundG Nr. 4 7 ; vgl. auch B G H Z 5 4 , 3 3 2 , 3 3 6 / 3 3 7 = N J W 1 9 7 0 , 2 3 0 4 ; B G H Z 6 0 , 3 0 2 , 3 0 7 / 3 0 8 = VersR 1 9 7 3 , 7 4 1 ; wenn Peine in J Z 1 9 8 7 , 8 2 4 in einer Anm. zum Urteil B G H Z 9 9 , 2 4 9 , das das sog. feindliche Grün in einer Ampelanlage betrifft, meint, mit dieser Entscheidung habe der B G H die öffentlich-rechtliche Gefährdungshaftung anerkannt, so ist das nicht richtig; vielmehr hat der B G H auch später noch -

B G H Z 100, 3 3 5 , 3 3 8 = N J W

1987,

2 5 7 3 , 2 5 7 4 — die Annahme einer allgemeinen Gefährdungshaftung der öffentlichen H a n d ausdrücklich abgelehnt, weil das geltende Recht dafür keine Grundlage bietet; vgl. auch B G H , Beschl. v. 2 7 . 5. 1993 — nicht veröffentlicht.

III Z R 1 4 2 / 9 2 Umdruck S. 4

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

73

Alle diese Erwägungen zeigen, daß der Tatbestand des enteignungsglei- 9 1 chen Eingriffs im Hinblick auf die Gleichheit der Schutzobjekte und die Gleichheit auf der Rechtsfolgenseite der Enteignung nähersteht als einem Tatbestand der Staatsunrechtshaftung. — Z u m enteignungsgleichen Eingriff siehe weiter Rdn. 121 ff. Wenn man den enteignungsgleichen Eingriff auf der Ebene des einfachen Rechts ansiedelt, dann stünde er — zumindest in weitem Umfang — zur Disposition des einfachen Gesetzgebers, ein Ergebnis, das m. E. vermieden werden sollte.

III. Tatbestände von Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren, die eine Entschädigungspflicht aus Art. 14 G G auslösen 1. Allgemeines Die Naßauskiesungsentscheidung des BVerfG zwingt nicht zu dem Ergebnis, daß Art. 14 G G als Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche wegen Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb förmlicher Enteignungsverfahren völlig ausscheiden müsse.

92

Dabei ist zunächst zu beachten, daß Art. 14 G G selbst nicht einmal für „Enteignungen" einen Entschädigungsanspruch ausdrücklich normiert. Die Entschädigungspflicht wird vielmehr schlechthin vorausgesetzt. Das zeigt Absatz 3 der Verfassungsbestimmung, der diese dem Grunde nach vorausgesetzte Entschädigungspflicht lediglich im Zusammenhang mit der JunctimKlausel (Satz 2), der Entschädigungsbemessung (Satz 3) und dem Rechtsweg (Satz 4) behandelt. 8 8 Die in den einzelnen Enteignungsgesetzen geregelten Entschädigungsansprüche stellen sonach lediglich positiv-rechtliche Ausprägungen der in Art. 14 G G vorausgesetzten Entschädigungspflicht dar. Die Naßauskiesungsentscheidung nimmt, wie bereits oben ausgeführt, überhaupt nicht Stellung zu der Frage, ob und weshalb Entschädigungsansprüche aus „enteignungsgleichem Eingriff" oder aus sonstigen Eigentumsbeeinträchtigungen außerhalb eines förmlichen Enteignungsverfahrens ausgeschlossen sind. Bemerkt sei in diesem Zusammenhang noch, daß das BVerfG selbst in seinem Nichtannahmebeschluß vom 2 5 . November 1983

88

Dazu Schmitt-Kammler, hält

in: FS Ernst Wolf S. 5 9 5 , 6 0 7 : Art. 14 Abs. 3 G G „ent-

keinen Entschädigungsanspruch,

spflicht"; s. auch Gähtgens

sondern

BBauBl. 1 9 7 0 , 3 6 4 .

eine

Entschädigungsregelung-

93

74

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentunisbeeinträchtigungen

— 1 B v R 1692/82 — von dem Weiterbestehen des Instituts des enteignungsgleichen Eingriffs ausgegangen ist, ebenso bereits in der Entscheidung in B V e r f G E 6 1 , 1 4 9 , 2 0 3 8 9 und später in einem Beschluß vom 2 9 . Juli 1 9 9 1

-

1 BvR 868/90.90

2 . E n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t e n im Z u s a m m e n h a n g m i t ausgleichs(entschädigungs-)pflichtigen Inhalts- u n d S c h r a n k e n b e s t i m m u n g e n D a s B V e r f G geht in seiner Rechtsprechung selbst davon aus, d a ß es auch

94

außerhalb f ö r m l i c h e r Enteignungsverfahren das Eigentum beeinträchtigende Sachverhalte gibt, für die Art. 1 4 G G eine Entschädigung gebietet. S o hat es in der b e k a n n t e n „ P f l i c h t e x e m p l a r - E n t s c h e i d u n g " 9 1 eine landesrechtliche Regelung für mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 G G unvereinbar erklärt, soweit darin der Landeskultusminister ermächtigt worden war, „die Pflicht der Verleger, ein Belegstück für jedes . . . D r u c k w e r k abzuliefern, ausnahmslos o h n e Kostenerstattung a n z u o r d n e n " . Z u r Begründung wird ausgeführt, d a ß als Inhalts· und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g , mithin unter dem Gesichtspunkt der „Sozialbindung" des Eigentums eine gesetzliche Ablieferungspflicht für sämtliche Druckerzeugnisse zulässigerweise normiert werden k ö n n e , 9 2 d a ß indes auch die B e s t i m m u n g e n des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 G G es nicht zu rechtfertigen vermögen, die Ablieferungspflicht unterschiedslos, also auch für mit g r o ß e m A u f w a n d und nur in kleiner Z a h l hergestellte D r u c k w e r k e o h n e Kostenerstattung vorzusehen. H i e r ist also von einer aus der Eigentumsgarantie u n m i t t e l b a r sich ergebenden Entschädigungspflicht s t i m m t e Eigentumsbeeinträchtigungen

für be-

außerhalb eines förmlichen Enteig-

nungsverfahrens die Rede. Ähnliche G e d a n k e n g ä n g e finden sich bereits in der „ S c h u l b u c h - E n t s c h e i d u n g " . 9 3 Hinzuweisen ist in diesem Z u s a m m e n h a n g ferner auf die Entscheidung des B V e r w G zur zwangsweisen Abtretung bestehender Forstrechte gegen Entschädigung in B a y e r n , 9 4 in der es wörtlich

89 90 91 92 93

94

= NJW 1983, 25 = J Z 1983, 137 = DÖV 1982, 982. NJW 1992, 36 = DVB1. 1991, 1253. BVerfGE 58, 137, 144 ff = NJW 1982, 633. Vgl. vor allem auch Haas-Traeger DÖV 1980, 16 ff. BVerfGE 31, 229 ff = NJW 1971, 2163 = J Z 1971, 773 = DVB1. 1971, 888; s. auch die Entscheidung BVerfGE 55, 249, 257 = WM 1981, 220 = BBauBl. 1981, 260 = DVB1. 1981, 379. NVwZ 1986, 1012, 1013 = DVB1. 1987, 490, 491.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentunisbeeinträchtigungen

75

heißt: „Auch eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums kann durchaus — um der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der Eigentumsgarantie willen — mit einer Entschädigungsregelung verbunden werden." 9 5 Auch die Rechtsprechung des BGH 9 6 geht in Übereinstimmung mit nicht wenigen Stimmen in der Literatur 9 7 von der Zulässigkeit „ausgleichspflichtiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen", mithin von unmittelbar aus der Eigentumsgarantie abzuleitenden Entschädigungspflichten außerhalb förmlicher Enteignungen aus. In der Anerkennung der ausgleichs-(entschädigungs-)pflichtigen Inhalts- 9 5 und Schrankenbestimmung zeigt sich, daß ein das Eigentum beeinträchtigendes Gesetz (oder eine darauf gestützte Maßnahme) zwar als Inhalts- und Schrankenbestimmung gerechtfertigt sein kann, damit aber nicht ohne weiteres auch eine Beschränkung des Eigentumswertes verbunden sein muß. Vielmehr ist mit der Eigentumsgarantie eine solche Beschränkung des Eigentumswertes nur dann zu vereinbaren, wenn die die Beschränkung der Eigentumssubstanz legitimierenden Zwecke eine Beschränkung auch des Eigentumswertes rechtfertigen. Es gibt also Fallgestaltungen, bei denen zwar die mit der Inhalts- und Schrankenbestimmung verbundene Beschränkung der Eigentumssubstanz mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gerechtfertigt werden kann, aber nicht mehr die entsprechende Beeinträchtigung des Eigentumswertes. Hier können sich folglich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie Entschädigungszwänge ergeben. In diesen Fällen ist ein inhalts- und schrankenbestimmendes Gesetz angesichts der Eigentumsgarantie nur dann verfassungsgemäß, wenn es eine Entschädigungsverpflichtung gegenüber dem betroffenen Eigentümer vorsieht. 9 8

95

96

97

98

S. dazu auch BVerwGE 84, 361, 367 = N J W 1990, 2572 = JZ 1991, 86 ff = DVB1.1990, 585. B G H Z 102, 350, 359 = N J W 1988, 478 = JZ 1988, 453 = VersR 1988, 85 = DVB1. 1988, 232 = D Ö V 1988, 341; s. auch B G H Z 100, 136, 144 = N J W 1987, 1875, 1877 = JZ 1987, 1024 = W M 1987, 1050 = DVBl. 1987, 897. S. u. a. Lerke Schulze-Osterloh N J W 1981, 2537, 2541 ff; Schmidt-Aßmann, in: Heidelberger FS S. 107, 137; Battis N V w Z 1982, 585, 589; Schwabe JZ 1983, 273, 276; Hendler DVBl. 1983, 873, 880; Maurer, Verwaltungsrecht 7. Aufl. S. 630 Rdn. 78; Ossenbiihl, Staatshaftungsrecht 4. Aufl. S. 153; Schink DVBl. 1990, 1375, 1383; abl. Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 336 ff. B G H Z 123, 242, 245 = N J W 1993, 2605 = W M 1993, 1930 = DVBl. 1993, 1092; Kuchler, in: Schriftenreihe zum Umweltrecht Bd. 13 S. 53; Schulze-Osterloh N J W 1981, 537, 2543.

76 96

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen M i t Blick a u f den Rechtsschutz des Betroffenen bedeutet das: Ein inhalts-

und schrankenbestimmendes Gesetz, das — um vor der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie bestehen zu k ö n n e n — eine Entschädigungsverpflichtung hätte vorsehen müssen, aber nicht vorgesehen h a t , ist verfassungswidrig. Diese Verfassungswidrigkeit kann auch nicht durch Zubilligung einer Entschädigung durch die Gerichte geheilt w e r d e n . " D e r von einem solchen Gesetz (oder von einer aufgrund eines solchen Gesetzes ergriffenen M a ß n a h m e ) betroffene Eigentümer k a n n daher nicht o h n e weiteres eine — in dem verfassungswidrigen Gesetz nicht vorgesehene — Entschädigung verlangen. Vielmehr m u ß er — schon wegen des Vorrangs des primären Rechtsschutzes — die auf ein solches Gesetz gestützte M a ß n a h m e mit den Mitteln des öffentlichen Rechts angreifen. W i e aber ist die Rechtslage, wenn ein solches Gesetz (oder eine entsprechende M a ß n a h m e ) inzwischen vollzogen w o r d e n ist und zu einer Eigentumsbeeinträchtigung geführt hat, die nicht mehr rückgängig g e m a c h t werden kann und deren Folgen sich nicht mehr beseitigen lassen? M a n denke dabei an den Fall, d a ß ein Verleger ein wertvolles Druckerzeugnis, dessen Ablieferung nach der „Pflichtexemplar-Entscheid u n g " nur gegen entsprechende Entschädigung hätte verlangt werden dürfen, ungeachtet rechtzeitiger I n a n s p r u c h n a h m e primären Rechtsschutzes an eine B i b l i o t h e k hätte abliefern müssen und d a ß es dort — ohne Verschulden der zuständigen Amtsträger — zu Schaden g e k o m m e n w ä r e . Hier wird man den Betroffenen mangels Erfolgsaussicht nicht d a r a u f verweisen k ö n n e n , er müsse n u n m e h r im Klagewege eine Verpflichtung des Gesetzgebers erstreiten, ein neues Gesetz mit einer rückwirkenden Entschädigungsregelung zu erlassen. W i r d der Gesetzgeber nicht tätig oder sieht er für die Z u k u n f t von einer Ablieferungspflicht ganz a b , dann m u ß dem Betroffenen ein unmittelb a r aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 G G sich ergebender Entschädigungsanspruch zugebilligt werden. D e n n auf andere Weise als durch einen solchen Entschädigungsanspruch w ä r e in diesem Fall ein Ausgleich für die mit der Eigentumsgarantie nicht zu vereinbarende Eigentumsbeeinträchtigung nicht gewährleistet, und die Eigentumsgarantie würde in ihrer Schutzfunktion insoweit leerlaufen.

99

BVerfGE 52, 1, 2 7 / 2 8 = NJW 1980, 985 = J Z 1979, 800 = DVB1. 1980, 158; BGHZ 100, 136, 144 = NJW 1987, 1875, 1877 = J Z 1987, 1024; s. auch BVerwGE 94, 1 , 8 = NJW 1993, 2949 = DVB1. 1993, 1141; ferner Schenke NJW 1988, 857, 858.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

77

3. Entschädigungspflichten bei Nichtbeachtung der „JunctimKlausel" Gedacht sei an folgende Fallgestaltung: Eine das Eigentum beeinträchti- 9 7 gende Maßnahme, die der Sache nach einen Enteignungstatbestand bildet, wird auf ein (Enteignungs-)Gesetz gestützt, das eine Entschädigungsregelung nicht enthält, oder — dem gleich — ein Gesetz selbst sieht eine der Sache nach als Enteignung zu wertende Eigentumsbeeinträchtigung vor, enthält jedoch keine Entschädigungsregelung. Hierzu wird von Papier100 sowie von Krohn,101 Boujong102 und Nüßgens/Boujong103 die Auffassung vertreten, daß eine Entschädigung nicht gewährt werden könne, und zwar deshalb nicht, weil dies eine „Mißachtung der Junctimklausel des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 G G " darstelle, „eindeutig dem Gewährleistungszweck der Junctimklausel zuwiderlaufe" (so Papier) und mit der „Warnfunktion der Junctimklausel" nicht zu vereinbaren ist (so Boujong). Dem vermag ich nicht zu folgen. In den gedachten Fällen hat der Betroffene wegen des Vorrangs des primären Rechtsschutzes in aller Regel zunächst mit den Mitteln des öffentlichen Rechts gegen den administrativen Akt oder gegen das die Enteignung bewirkende Gesetz vorzugehen. Hat er damit Erfolg und wird die Verwaltungsmaßnahme oder das Gesetz wegen fehlender Entschädigungsregelung aufgehoben, dann hat damit die Junctim-Klausel ihre Wirkung entfaltet und ihr ist Genüge geschehen. Damit aber, daß in diesen Fällen das beeinträchtigende Gesetz oder die beeinträchtigende Maßnahme wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wird, ist man der Eigentumsgarantie noch nicht in vollem Umfang gerecht geworden. Wenn nämlich das verfassungswidrige Gesetz oder die rechtswidrige Maßnahme bereits zu relevanten Beeinträchtigungen von „Eigentum" geführt hat, die im Wege des primären Rechtsschutzes nicht mehr behoben werden können, dann kann auf andere Weise als durch einen dem Betroffenen zu gewährenden Entschädigungsanspruch ein von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie gebotener Ausgleich für derartige Eigentumsbeeinträchtigungen nicht gewährleistet werden. 1 0 4 In diesen Fällen muß — beim Fehlen einschlägiger einfachgesetzlicher Entschädigungsre-

100

in N V w Z 1 9 8 3 , 2 5 8 , 2 5 9 .

101

in W M 1 9 8 4 , 8 2 5 , 8 2 7 .

102

UPR 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 3 8 ; vgl. auch Boujong,

103

Eigentum . . . , Rdn. 4 3 2 .

in: FS Willi Geiger (1989) S. 4 3 0 , 4 3 7 ff.

104

So im Ergebnis auch Götz DVB1. 1 9 8 4 , 3 9 5 , 3 9 6 (Urteilsanmerkung).

78

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

gelungen — ein unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 G G herzuleitender Entschädigungsanspruch b e j a h t werden. D e m g e g e n ü b e r vertritt Wahl105

98

die M e i n u n g , Ansprüche aus Art. 14 G G

u n m i t t e l b a r gebe es nicht; Ansprüche jedweder Art k ö n n t e n nur geltend g e m a c h t werden, wenn und soweit das vom Gesetzgeber im R a h m e n des Art. 1 4 Abs. 1 S. 2 G G erlassene einfache R e c h t derartige Ansprüche vorsehe. D e m kann ich nicht beipflichten. U n m i t t e l b a r aus Art. 14 G G hergeleitete Ansprüche sind de constitutione lata durchaus zu b e j a h e n . Weder W o r t laut noch Sinn dieser Verfassungsnorm stehen dem e n t g e g e n . 1 0 6

4 . Sonstige a u s d e r E i g e n t u m s g a r a n t i e sich e r g e b e n d e E n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t e n bei E i g e n t u m s b e e i n t r ä c h t i g u n g e n a) Allgemeines Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich: Es gibt außerhalb förmlicher Enteig-

99

nungsverfahren T a t b e s t ä n d e von relevanten

Eigentumsbeeinträchtigungen,

für welche die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie, wenn m a n sie ernst n i m m t , eine Entschädigungspflicht zwingend gebietet. Diese verfassungsrechtlich g e b o t e n e Entschädigungspflicht hat vor allem zur Voraussetzung, d a ß die Bestandsgarantie, die Art. 14 Abs. 1 G G in erster Linie im Auge hat, versagt, und der betroffene Eigentümer ohne eine Entschädigungsgewährung völlig schutzlos dastünde. Dieses Schutzloslassen des Eigentümers trotz relevanter Eigentumsbeeinträchtigung durch Eingriffe von h o h e r H a n d

läßt

A r t . 14 G G nicht zu. Diese Verfassungsbestimmung fordert vielmehr, d a ß d a n n , wenn die S u b s t a n z - ( B e s t a n d s - ) G a r a n t i e dem Betroffenen nicht zu seinem R e c h t verhelfen k a n n , zumindest die „Wertgarantie" Platz greift. Andernfalls würden die Rechtsposition des Eigentümers den N a m e n „Eigent u m " und die Eigentumsgarantie ihren N a m e n nicht verdienen. Z u dem in der Sache gleichen Ergebnis k o m m t auch Maurer,107

der bekräftigt, d a ß m a n

den Bestandsschutz ad absurdum führen würde, wollte m a n unter Berufung auf ihn eine Entschädigung auch dann ablehnen, wenn dieser Schutz im k o n k r e t e n Fall versagt. Im R a h m e n einer — rechtmäßigen — förmlichen Enteignung m u ß der betroffene Eigentümer unter den Kautelen des Art. 14

105 106

107

In FS Redeker S. 245 ff. Wahl (vgl. Fn. 105) sieht zwar selbst das Mißliche seiner Auffassung, nimmt es aber in Kauf. Verwaltungsrecht 7. Aufl. S. 627 Rdn. 74.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentunisbeeinträchtigungen

79

Abs. 3 GG die Umwandlung der Bestandsgarantie in die Wertgarantie hinnehmen. Dem entspricht es, daß in den Fällen, in denen außerhalb einer förmlichen Enteignung die Rechtsposition des Eigentümers in relevanter Weise beeinträchtigt wird, die Bestandsgarantie aber versagt, die Eigentumsgarantie nicht insgesamt entfällt, sondern nun ebenfalls die Eigentumswertgarantie zum Zuge kommt. Mit der Anerkennung eines solchen Entschädigungsanspruchs wird nicht 1 0 0 unbesehen, sondern nur mit wesentlichen Einschränkungen im Ergebnis an die Rechtsprechung angeknüpft, wie sie bis zur Naßauskiesungsentscheidung vom BGH in Anwendung seines — damaligen — weiten Enteignungsbegriffs praktiziert wurde. Entscheidend ist insoweit, daß der Grundsatz „dulde und liquidiere" aufgehoben worden ist und der Vorrang des primären Rechtsschutzes (gegen die beeinträchtigende Maßnahme) vor dem sekundären (Entschädigung) zum Zuge kommt. Das bedeutet gegenüber der früheren Rechtsprechung des BGH eine praktisch äußerst bedeutsame Verlagerung des Rechtsschutzes für die Betroffenen, aber nicht mehr. b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für derartige Entschädigungspflichten im einzelnen Dazu sei zunächst bemerkt: Der Rechtswidrigkeit staatlichen Vorgehens gegen einen Betroffenen kommt für sich allein eine entschädigungsrechtlich relevante Bedeutung nicht zu. 1 0 8 Die Zuerkennung eines sich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie des 1 0 1 Art. 14 GG ergebenden Entschädigungsanspruchs erfordert das Vorliegen folgenden Tatbestandes: Es muß außerhalb eines förmlichen Enteignungsverfahrens eine als „Eigentum" zu qualifizierende Rechtsposition 1 0 9 in ihren Schutzgrenzen durch einen hoheitlichen Eingriff eine unmittelbare und nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung erfahren haben, die mit der Sozialpflichtigkeit allen Eigentums nicht gerechtfertigt und die auch selbst und in ihren Folgen durch Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes nicht behoben und beseitigt werden kann.

108

109

BGHZ 78, 41, 44 = NJW 1980, 2700 = WM 1980, 1320 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33; BGHZ 111, 349, 355 = NJW 1990, 2360 = JZ 1991, 36 = LM Art. 12 GrundG Nr. 41 = DÖV 1990, 1065; BGH VersR 1994, 309 = WM 1993, 1723 = LM § 839 Cb BGB Nr. 83 = DVB1. 1993, 718. Zur Bedeutung der „Rechtsposition" vgl. Rinne JA 1993, 193 ff.

80

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

102

Ein derartiger Anspruch kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Beeinträchtigung durch eine verfassungswidrige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung oder durch eine auf eine solche gesetzliche Inhaltsund Schrankenbestimmung gestützte oder durch eine sonstige rechtswidrige Maßnahme erfolgt ist, gegen die der Betroffene sich mit den ihm im Rahmen des primären Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln nicht zur Wehr setzen kann.

103

Bei der Abgrenzung der zulässigen von den nicht mehr zulässigen und deshalb verfassungswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums kommen im wesentlichen nach wie vor die Grundsätze zur Anwendung, die nach der früheren Rechtsprechung 1 1 0 für die Abgrenzung von (entschädigungsloser) Sozialbindung des Eigentums einerseits und (entschädigungspflichtiger) Enteignung andererseits maßgebend waren. 1 1 1 Zu dieser Abgrenzung im einzelnen sind noch eingehende Ausführungen zu machen. 1 1 2

104

An den Voraussetzungen von „Eingriff" und „Unmittelbarkeit" der Eigentumsbeeinträchtigung muß, wenn man eine sonst nicht mehr zu rechtfertigende Ausuferung der Tatbestände entschädigungspflichtiger Eigentumsbeeinträchtigungen vermeiden will, festgehalten werden. Im einzelnen sind auch diese Fragen weiter unten zu behandeln. 1 1 3 Beide Begriffe — „Eingriff" und „Unmittelbarkeit" — sind zwar gewiß nicht scharf konturiert; doch haben bisher Abgrenzungskriterien, die sachgerechter und besser praktikabel wären, noch nicht aufgezeigt werden können. 1 1 4

105

Deshalb verlangt der BGH mit Recht auch weiterhin das Vorliegen eines „Eingriffs" und die „Unmittelbarkeit" der Eigentumsbeeinträchtigung als unabdingbare Voraussetzungen auch für eine Entschädigung aus dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs. 1 1 5 110 111

112 113 114

115

S. Rdn. 62. Ebenfalls Schmidt-Aßtnann, in: Heidelberger FS S. 118; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht 4. Aufl. S. 154; Maurer DVB1. 1991, 781, 784; ferner Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 378. S. unten Rdn. 108. S. unten Rdn. 111. Z u m Erfordernis „Unmittelbarkeit" vgl. Ossenbühl, Staathaftungsrecht 4. Aufl. S. 206 ff; ebenso Papier JZ 1984, 993, 994 (Urteilsanmerkung); krit. Weyers JZ 1991, 999 ff. S. B G H Z 90, 17, 21 = N J W 1984, 1169 = W M 1984, 273 = DVB1. 1984, 391; B G H Z 92, 34, 41 = N J W 1984, 2516 = JZ 1984, 987 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = D Ö V 1985, 23.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

81

Wenn unmittelbar aus der Eigentumsgarantie abzuleitende Entschädi- 1 0 6 gungsansprüche auf der Ebene des einfachen Rechts — hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen und (oder) der Rechtsfolgen — eine besondere Regelung erfahren haben, gehen diese Sonderregelungen — soweit sie sich in den Grenzen des dem einfachen Gesetzgeber auch im Rahmen des Art. 14 GG zustehenden Gestaltungsspielraums halten — als Spezialnormen vor. 1 1 6 Es ist aber keineswegs geboten und auch von der Naßauskiesungsentscheidung nicht gefordert, diese die Entschädigungsansprüche auslösenden Tatbestände (die des enteignungsgleichen und des enteignenden Eingriffs eingeschlossen) von Art. 14 GG, in dem sie doch eindeutig ihre Verwurzelung haben, 1 1 7 abzukoppeln. Ich halte es auch nicht für geboten, den Begriff „enteignungsgleicher Ein- 1 0 7 griff" aufzugeben, zumal der (Bundes-) Gesetzgeber selbst noch lange Zeit nach der Naßauskiesungsentscheidung in § 232 des erst am 8. 12. 1986 verkündeten BauGB 1 1 8 an diesem Begriff festgehalten hat. Für seine Beibehaltung spricht sich ausdrücklich auch Götz in der Anmerkung in DVBl. 84, 395, 396 aus. Lege119 schlägt die Bezeichnung „Eigentumsaufopferung", Schmitt-Kammler120 den Begriff „Eigentumsunrechtshaftung" vor. Ossenbiibl121 ist hingegen der Meinung, man würde besser von „rechtswidriger Eigentumsverletzung" sprechen, weil damit einmal zum Ausdruck komme, daß es sich um ein selbständiges, von Art. 14 GG gelöstes Anspruchsinstitut handele, und weil durch das Attribut „rechtswidrig" die dem enteignungsgleichen Eingriff im System der Staatshaftung zugedachte Funktion deutlich ausgedrückt würde. Dazu ist zu sagen: Z u m einen ist nach meiner Auffassung der enteignungsgleiche Eingriff eben nicht von Art. 14 GG gelöst, und zum anderen hat er im Rahmen der Staatshaftung eine andere Funktion als Ossenbiihl und andere annehmen, die im enteignungsgleichen Eingriff einen Tatbestand originärer Staatshaftung sehen. 1 2 2

116

117

118 119 120 121 122

BGHZ 99, 249, 255 = NJW 1987, 1945, 1956 = JZ 1987, 822 = LM NRWOBG Nr. 13 (betr. § 39 Abs. 1 NRW-OBG; um dieselbe Bestimmung geht es in dem Beschluß BGH VersR 1989, 594; BGHZ 125, 258 = NJW 1994, 1647 = WM 1994, 1491, 1493 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 60. Dazu auch Canaris ZIP 1987, 409 ff; Kreft, in: FS Willi Geiger (1989) S. 399, 410. BGBl. I S. 2254. NJW 1990, 864, 872; auch ders. JZ 1994, 431, 439. In FS Ernst Wolf S. 595, 610. JuS 1988, 193, 194. Vgl. oben Rdn. 87.

82

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

5. „Eingriff" und „Ummittelbarkeit" der Eigentumsbeeinträchtigung 108

D e r T a t b e s t a n d der „ E n t e i g n u n g " u n d a u c h der T a t b e s t a n d einer sonstigen e n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t i g e n E i g e n t u m s b e e i n t r ä c h t i g u n g , wie er o b e n 1 2 3 u m r i s s e n w o r d e n ist, setzen einen „ E i n g r i f f " v o n h o h e r H a n d v o r a u s . 1 2 4 D e r Begriff des Eingriffs, der z u n ä c h s t recht eng gesehen w u r d e , ist in der R e c h t s p r e c h u n g a u s g e d e h n t w o r d e n . W ä h r e n d die E n t s c h e i d u n g des V. Z i vilsenats in B G H Z 12, 52, 5 7 1 2 5 — u n t e r B e r u f u n g auf Forsthoff126 — noch die F o r m e l „Eingriff ist nur, w a s eingreifen soll, n i c h t , w a s zufällig ges c h i e h t " v e r w e n d e t , h a t d e r B G H a l l m ä h l i c h d e n Begriff des Eingriffs a u s dieser S t a r r h e i t gelöst u n d E n t s c h ä d i g u n g u n t e r d e m G e s i c h t s p u n k t des ente i g n e n d e n (enteignungsgleichen) Eingriffs a u c h in Fällen g e w ä h r t , in d e n e n es a n e i n e m Eingriff im Sinne einer gewollten u n d gezielten E i g e n t u m s b e e i n t r ä c h t i g u n g fehlte. Z w a r w i r d diese Frage in d e n ersten in B e t r a c h t k o m m e n d e n E n t s c h e i d u n g e n gar nicht a u s d r ü c k l i c h a n g e s p r o c h e n , s o n d e r n o h n e weiteres b e j a h t a u c h bei solchen T a t b e s t ä n d e n , in d e n e n v o n e i n e m „Eing r i f f " in d e m g e d a c h t e n Sinne nicht m e h r g e s p r o c h e n w e r d e n k a n n . 1 2 7 Ausd r ü c k l i c h w i r d d a z u erst in d e r E n t s c h e i d u n g B G H Z 37, 44, 4 7 1 2 8 Stellung g e n o m m e n u n d gesagt, d a ß es f ü r die A n n a h m e eines Eingriffs in d e m hier interessierenden Sinne in j e d e m Fall ausreicht, d a ß v o n einer hoheitlichen M a ß n a h m e n a c h ihrer E i g e n a r t u n m i t t e l b a r e — nicht n u r m i t t e l b a r e — Ausw i r k u n g e n auf d a s E i g e n t u m a u s g e h e n . 1 2 9 Eine w e i t e r g e h e n d e A u f l o c k e r u n g 123

Rdn. 99 ff. S. BVerfGE 25, 112, 121 = DÖV 1969, 281; ferner BGHZ 102, 350, 357 = NJW 1988, 478, 479 = JZ 1988, 453 = VersR 1988, 85 = DVB1. 1988, 332 = DÖV 1988, 341. 125 = NJW 1954, 554, 555 und dazu Anm. Pritscb LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 17. 126 Verwaltungsrecht 2. Aufl. S. 271; vgl. auch 10. Aufl. S. 359. 127 U. a. BGHZ 23, 157 ff = NJW 1957, 630 ff und dazu Anm. Pagendarm LM Art. 14 GG (Anhang) Nr. 63 (Verkaufsbaracken auf Grünstreifen); BGHZ 28, 310 ff = NJW 1959, 384 (Beschädigung eines Treckers bei der Leistung von Hand- und Spanndiensten); BGHZ 30, 241 = NJW 1959, 1776 (Höherlegung einer Straße). 128 = N j W 1962, 1439 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 10 (in Brand geratenes Holz auf einem Truppenübungsplatz). 129 Dazu BGH NJW 1964, 104 = LM S 77 BLG Nr. 1; besonders BGHZ 48, 46, 49 = NJW 1967, 1754 = DVB1. 1968, 226 = JZ 1968, 226 mit Anm. Peter, s. dazu auch Anm. Kreft LM Art. 14 Ba Nr. 27; BGH NJW 1978, 1051, 1052 = LM § 909 BGB Nr. 17 = WM 1978, 645 = VersR 1978, 420 (Beeinträchtigung der Standfestigkeit eines Hauses infolge Grundstücksaustrocknung durch Kanalisa124

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

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oder Aufweichung des Eingriffsbegriffs wird jedoch nicht vorgenommen werden können. Es dürfte daher die Wandlung dieses Begriffes in der Rechtsprechung abgeschlossen sein. Das zeigt u. a. das Urteil B G H Z 55, 229, 231 1 3 °, mit dem der BGH den Versuchen, den Begriff des „Eingriffs" noch weiter auszuweiten, entgegengetreten ist und er in dem ausgeführt hat: „Es kann aber — wenn der Tatbestand der Enteignung nicht völlig verwässert werden und gegenüber sonstigen sich für einen Dritten nachteilig auswirkenden Maßnahmen abgrenzbar bleiben soll — nicht darauf verzichtet werden, als Voraussetzung für eine entschädigungspflichtige Enteignung zu fordern, daß durch eine konkrete hoheitliche Maßnahme in eine fremde, den Eigentumsschutz genießende Rechtsposition unmittelbar eingegriffen wird, daß mit anderen Worten die hoheitliche Maßnahme unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums des Betroffenen bewirkt. Es kann daher ... nicht genügen, daß zwischen einer hoheitlichen Maßnahme und der Eigentumsbeeinträchtigung ein adäquater Ursachenzusammenhang besteht." An dieser Auffassung hat der BGH auch in seiner weiteren Rechtsprechung festgehalten und unter Berufung auf die zuvor genannte Entscheidung in einem Urteil vom 5. Mai 1988 - III Z R 116/87 - 1 3 1 gesagt: „Der ... Eingriff setzt voraus, daß die hoheitliche Maßnahme unmittelbare Auswirkungen auf eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition des Betroffenen hat. ... Dafür ist — allein — nicht ausreichend, aber — mindestens — erforderlich, daß ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der hoheitlichen Maßnahme und der Beeinträchtigung der Rechtsposition des Betroffenen besteht". Der Eingriff setzt nicht voraus, daß auf die Rechtsposition des Betroffe- 1 0 9 nen in ihrem rechtlichen Bestand eingewirkt wird, es genügen auch rein tatsächliche Auswirkungen, die die Rechte des Betroffenen in den Schutzgrenzen der Rechtsposition faktisch beeinträchtigen. 1 3 2 Nach Auffassung des BGH kann auch ein Rechtssetzungsakt einen unmit- 1 1 0 telbaren Eingriff in eine als Eigentum geschützte Rechtsposition bedeuten. 1 3 3 Er hat einen solchen, einen Entschädigungsanspruch auslösenden rechtswidtionsanlage); BGH WM 1979, 1216, 1217 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 51 (Austrocknung eines Grundstüks durch Absenkung des Grundwasserspiegels infolge des Ausbaues eines Wasserabzugskanals) 130 = N j W 1971> 607) 608 = VersR 1971j 452 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 D GrundG Nr. 47. π ι = NVwZ 1988, 1066, 1068. 132 BGHZ 84, 261, 266 = NJW 1982, 2183 = JZ 1982, 647 = WM 1982, 1177 = DVB1. 1982, 1090; BGHZ 94, 373, 374 = NJW 1986, 971. 133 Vgl. zu der Gesamtproblematik Boujong, in: FS Willi Geiger S. 430 ff.

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2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

rigen (enteignungsgleichen) Eingriff aber nur bei untergesetzlichen Normen angenommen. 1 3 4 Hingegen hält sich nach der Auffassung des B G H der Ausgleich von Nachteilen, die — unmittelbar oder mittelbar — durch ein verfassungswidriges formelles Gesetz herbeigeführt werden, nicht mehr im Rahmen eines richterrechtlich geprägten und ausgebildeten Haftungsinstituts, wie es der enteignungsgleiche Eingriff darstellt. Die Regelung dieser Materie muß - so meint der B G H in B G H Z 100, 136, 145 ff 1 3 5 m. E. zu Recht dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde wurde von der 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG, weil offensichtlich unbegründet, nicht angenommen.136 111

Zur näheren Konkretisierung der „Unmittelbarkeit" des Eingriffs hat der B G H in seiner weiteren Rechtsprechung mit darauf abgestellt, ob die Eigentumsbeeinträchtigung auf ganz außerhalb der hoheitlichen Maßnahme liegenden selbständigen Ereignissen beruht oder nicht, eine aus der Eigenart dieser Maßnahme sich ergebende Folge bildet und eine von dieser Maßnahme ausgehende typische Gefahr sich verwirklicht. 1 3 7 In dieselbe RichBGHZ 78, 41, 43 = NJW 1980, 2700 = WM 1980, 1320 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33 (betr. Straßenverkehrsordnung); BGHZ 92, 34, 36 = NJW 1984, 2516 = J Z 1984, 987 LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = DÖV 1985, 23 (betr. Bebauungsplan als Satzung); BGH VersR 1988, 1022, 1023 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 52 = NVwZ 1988, 1022, 1023 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 52 = NVwZ 1988, 1066 (betr. jagdrechtliche Verordnung); s. auch BGHZ 90, 17, 21 = NJW 1984, 1169 = W M 1984, 273 = DVB1. 1984, 391 und dazu Anm. Götz; BGHZ 111, 349 ff = NJW 1990, 3260, 3261 = J Z 1991, 36 = LM Art. 12 GG Nr. 41 = DÖV 1990, 1065; BGH VersR 1994, 309 = W M 1993, 1723 = LM § 839 Cb BGB Nr. 83 = DVBl. 1993, 718 (betr. MilcherzeugungsgarantieVO v. 25. 5. 1984, BGBl. I S. 720); BGH WM 1993, 1419 = VersR 1994, 308 = LM § 839 Β BGB Nr. 45 = DVBl. 1993, 717. 135 = N j W 1 9 8 7 j 1 8 7 5 = j Z 1 9 8 7 ) 1024, 1026 mit krit. Anm. Ossenbühl; vgl. auch Schenke NJW 1988, 857 ff; s. ferner BGHZ 111, 349, 353 = NJW 1990, 3260 = J Z 1991, 36 = LM Art. 12 GG Nr. 41 = DÖV 1990, 1065; dazu Rinne DVBl. 1993, 869, 870.

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Beschl. v. 13. 11. 1987 - 1 BvR 739/87; vgl. BGHZ 102, 350, 359 = NJW 1988, 478, 480 = J Z 1988, 453 = VersR 1988, 85 = DVBl. 1988, 232 = DÖV 1988, 341. Vgl. BGH NJW 1980, 770 = VersR 1980, 266 = LM Art. 14 Ba GG Nr. 52; BGHZ 92, 34, 41/42 = NJW 1984, 2516, 2517 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = J Z 1984, 987, 989 mit Anm. Papier = DÖV 1985, 23 und dazu Anm. Schwabe; BGHZ 100, 335, 338 = NJW 1987, 2573, 2574; BGH VersR 1988, 186, 188.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

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tung geht es, wenn es in einer späteren Entscheidung heißt, 1 3 8 daß die Unmittelbarkeit voraussetze, daß schädigende Auswirkungen des Eingriffs vorlägen, die für die konkrete Betätigung der Hoheitsgewalt typisch seien und aus der Eigenart der hoheitlichen Maßnahme folgten. Dies alles zeigt, daß es bei dem Erfordernis der Unmittelbarkeit des Eingriffs nicht um eine reine Kausalitätsfrage, sondern daß es dabei um die Frage geht, wem die schädigenden Folgen einer Eigentumsbeeinträchtigung bei wertender Beurteilung zuzurechnen sind, wem die Verantwortung für diese Schädigungen zufällt. 1 3 9 Ein „unmittelbarer Eingriff" in eine als Eigentum geschützte Rechtsposi- 1 1 2 don ist von der Rechtsprechung des BGH u. a. in folgenden Fällen bejaht worden: Bei der Ablagerung von Hausmüll auf einer schlicht hoheitlich betriebenen Mülldeponie, wodurch Scharen von nahrungssuchenden Krähen und Möwen angelockt wurden, die auf den benachbarten Feldern an der jungen Saat erhebliche Schäden anrichteten; 1 4 0 bei der Beeinträchtigung von Gewerbebetrieben, die auf die ordnungsmäßige Durchführung der Flugsicherung angewiesen waren, durch einen Fluglotsenstreik; 141 bei Überschwemmungsschäden an Grundstücken und Gebäuden, die auf eine falsche Dimensionierung eines Rohrleitungssystems einer gemeindlichen Kanalisation, 1 4 2 auf einen zu gering bemessenen Brückendurchlaß, 1 4 3 auf unsachgemäße Verrohrung eines Vorflutgrabens, 1 4 4 auf die unsachgemäße Verlegung eines Gewässerbettes, 1 4 5 auf die fehlerhafte Anlage einer Straße 1 4 6 oder auf eine die Verstärkung des Abflusses von Niederschlagswasser bewirkende Straßenbaumaßnahme 1 4 7 zurückzuführen waren; 138

BGHZ 102, 350, 358 = NJW 1988, 478, 479 = JZ 1988, 453 = VersR 1988, 85 = D-VB1. 1988, 232 = DÖV 1988, 341. 139 BGHZ 125, 19 = NJW 1994, 1468 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 59 = W M 1994, 1180, 1181; dazu auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht 4. Aufl. S. 208/209; ders. in: FS Willi Geiger (1989) S. 475, 489. 140 NJW 1980, 770 = VersR 1980, 266 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 52. 141 BGHZ 76, 387, 392 = NJW 1980, 2457, 2458 = WM 1980, 796, 798 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 32. 142 LM § 839 Fe BGB Nr. 74 = DVB1. 1983, 1055, 1057. 143 Dazu OLG Köln VersR 1985, 866, 868; BayObLG NVwZ-RR 1990, 284. 144 BGH NJW 1982, 1277 = VersR 1982, 42, 43 = WM 1981, 1312. 145 BGH VersR 1985, 492, 494 = LM § 839 Fe BGB Nr. 85 = NVwZ 1986, 176. 146 BGH NJW 1985, 496 = VersR 1984, 390. 147 BGH VersR 1982, 772, 773 = WM 1982, 1134, 1135 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 38 = NVwZ 1982, 700; BGH WM 1996, 1973, 1974.

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2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

bei Ausschachtungsarbeiten, die die Standfestigkeit eines benachbarten Gebäudes beeinträchtigt hatten; 1 4 8 bei der Beeinträchtigung eines Gewerbebetriebes durch ein gegen Art. 12 GG verstoßendes Verbot von Werbefahrten; 1 4 9 bei Hochwasserschutzmaßnahmen, durch die im Vordeichgelände gelegene Grundstücke einer erhöhten Hochwassergefahr ausgesetzt wurden; 1 5 0 bei der Beeinträchtigung eines Forstbetriebes durch Einwirkungen von Schießübungen auf einem in der Nähe gelegenen Truppenübungsplatz; 1 5 1 bei Versagung einer Bodenabbaugenehmigung; 1 5 2 bei der Beeinträchtigung von Waldeigentum durch von der Jagdbehörde zu niedrig festgesetzte Abschußzahlen für Rotwild; 1 5 3 bei der Beeinträchtigung eines Gewerbebetriebes durch Vollziehung eines später für nichtig erklärten Bebauungsplans; 1 5 4 bei der Beeinträchtigung von Straßenanliegereigentum durch übermäßige Straßenverkehrsimmissionen. 1 5 5 Verneint wurde ein unmittelbarer Eingriff bei sog. Gebietserklärungen; 1 5 6 ebenso wurde ein unmittelbarer Eingriff durch Maßnahmen der öffentlichen 148 149

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BGH NJW 1981, 1663 = VersR 1981, 655 = WM 1981, 724. BGHZ 78, 41, 43 = NJW 1980, 2700 = J Z 1981, 27 = W M 1980, 1320 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33. BGHZ 80, 111, 114 ff = NJW 1981, 2114 = VersR 1981, 573 = DVB1. 1981, 924 und dazu Anm. Boujong, LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57. BGHZ 87, 321, 336 = NJW 1984, 560, 561. BGHZ 90, 17, 22 ff = NJW 1964, 1169, 1171 = WM 1984, 273 = DVB1. 1984, 391 und dazu Anm. Götz. BGHZ 91, 243, 253 = NJW 1984, 2216, 2219 und dazu Anm. Engelhardt LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 68; vgl. dazu auch BGH VersR 1988, 1022, 1023 = LM Art. 14 Cc Nr. 52 = NVwZ 1988, 1066. BGHZ 92, 34, 41 = NJW 1984, 2516 = J Z 1984, 987 und dazu Anm. Papier = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = DÖV 1985, 23 und dazu Anm. Schwabe·, vgl. dazu auch BVerfGE 70, 35, 50, 52/53 = NJW 1985, 2315 = J Z 1985, 1045 = DVBl. 1985, 1126. BGH NJW 1988, 900, 901 = VersR 1988, 517, 518 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 56 = WM 1988, 514. BGHZ 57, 278, 282 f = NJW 1972, 490 und dazu Anm. LM Art. 14 (militärischer Schutzbereich); BGHZ 60, 145, 146 = NJW 1973, 628 und dazu Anm. Kreft LM § 19 WasserhaushaltsG Nr. 2 (Wasserschutzgebiet); BGHZ 64, 382, 390 = NJW 1975, 1778, 1780 = WM 1975, 959, 961 und dazu Anm. Kreft LM FStrG Nr. 21 a (Schutzstreifen nach § 9 Abs. 1 und 2 FStrG); s. auch BGHZ 92, 34, 42 = NJW 1984, 2516 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = J Z 1984, 987 mit Anm. Papier.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

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Hand in das Waldeigentum der von neuartigen Waldschäden Betroffenen verneint. 1 5 7 Auch ist vom B a y V e r f G H 1 5 8 mit Recht die Entscheidung eines Strafgerichts, ein strafgerichtliches Hauptverfahren nicht zu eröffnen, nicht als Eingriff in das — von dem Beschuldigten verletzte — Eigentumsrecht des Anzeigeerstatters gewertet worden. Ferner hat der B G H in folgendem Fall die Unmittelbarkeit des Eingriffs verneint: 1 5 9 Durch planerische Ausweisung eines umfangreichen Wohngebietes war in diesem Gebiet eine „Bodenversiegelung" eingetreten, die dadurch, daß eine weitgehende Versickerung des Oberflächenwassers verhindert wurde, zu einer Überschwemmung von etwa 4,5 km entfernten landwirtschaftlich genutzten Grundstücken geführt hatte. Ein Unterlassen stellt in aller Regel einen „Eingriff" nicht dar, so daß auch durch ein bloßes Untätigbleiben ein entschädigungsrechtlich relevanter Tatbestand nicht verwirklicht werden k a n n , 1 6 0 und zwar selbst dann nicht, wenn eine Rechtspflicht der verantwortlichen Stelle zum Handeln bestand. 1 6 1 Der Tatbestand eines „Eingriffs" in Eigentum setzt voraus, daß dem Betroffenen etwas „genommen" wird; dadurch, daß ihm lediglich etwas „nicht gegeben", ihm etwas „vorenthalten" wird, wird die als Eigentum geschützte Rechtsposition in ihrem Bestand noch nicht tangiert. Dementsprechend kann auch die bloße Nichterfüllung eines Anspruchs als solche nicht als „Eingriff" gewertet w e r d e n . 1 6 2

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BGHZ 102, 350, 357/358 = NJW 1988, 478/479 = J Z 1988, 453 = VersR 1988, 85 = DVB1. 1988, 232 = DÖV 1988, 341. NJW 1983, 2436. VersR 1987, 1038 = WM 1987, 1316 ff = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 50 = NVwZ 1987, 1115. U. a. BGHZ 12, 52, 56 = NJW 1954, 554, 555 und dazu Anm. Pritscb LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 17; BGHZ 35, 209, 211 = NJW 1961, 1623 = VersR 1961, 754; BGH VersR 1964, 1070, 1074 = WM 1964, 969, 990; BGH VersR 1968, 788, 792; BGH VersR 1986, 372, 374 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 48; BGH VersR 1987, 1038, 1039 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 50 = WM 1987, 1316, 1317/1318 = NVwZ 1987, 1115, 1116; BGH VersR 1988, 1022, 1023 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 52 = NVwZ 1988, 1066, 1067. BGHZ 56, 40, 42 = NJW 1971, 1172, 1173; BGH NJW 1985, 1287, 1289 = VersR 1984, 1069, 1070 = WM 1984, 1453. BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 46; BGH NJW 1962, 2347, 2348 = DVBl. 1963, 24 (Versagung einer Apothekenkonzession); BGH VersR 1963, 628, 630; BGHZ 125, 19, 23 = NJW 1994, 1468 = WM 1994, 1180, 1181 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 59.

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2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen E t w a s anderes kann nur gelten, wenn das hoheitliche Verhalten sich als

ein in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifizieren läßt, mithin seinem Wesen nach tatsächlich einen „Eingriff" (sog. qualifiziertes Unterlassen) darstellt. 1 6 3 Die rechtswidrige Verzögerung der Erteilung einer Bau- oder sonstigen Genehmigung kann deshalb, wenn das Verhalten der Behörde sich nicht in einem Untätigbleiben erschöpft, einen — enteignungsgleichen — Eingriff darstellen. 1 6 4 116

Wenn man in dem Versagen eines erbetenen Verwaltungshandelns (Versagen einer Erlaubnis pp.) nicht bereits ein positives Tun sehen will, dann liegt in diesen Fällen jedenfalls ein Unterlassen vor, das als in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifiziert werden m u ß . 1 6 5

6 . D e r „ e n t e i g n e n d e " u n d d e r „ e n t e i g n u n g s g l e i c h e " Eingriff a) Allgemeines 117

Der „enteignende" und der „enteignungsgleiche" Eingriff waren nach der früheren — noch auf dem v o m B G H zunächst vertretenen weiten Enteig-

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B G H Z 32, 208, 211 = N J W 1960, 1149, 1150 = L M Art. 14 Cc GrundG Nr. 7; BGH W M 1957, 1133, 1135; BGH W M 1968, 1132, 1133 = BB 1968, 1358 = DVB1. 1969, 209; B G H Z 56, 40, 42 = N J W 1971, 1172, 1173; BGH VersR 1986, 372, 374 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 48; B G H Z 102, 350, 364/365 = N J W 1988, 478, 481 = J Z 1988, 453 = VersR 1988, 85 = DVB1. 1988, 232 = D Ö V 1988, 341; B G H Z 118, 253, 261 = N J W 1992, 2218 = W M 1992, 1546, 1548 = LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 82 = VersR 1993, 180.

164

B G H Z 65, 182, 189 = N J W 1976, 184, 186 = VersR 1976, 186 = W M 1975, 1300 und dazu Anm. Kreft Art. 34 GrundG Nr. 100; BGH N J W 1980, 1567, 1570 = VersR 1980, 628, 631 = J Z 1980, 649 = W M 1980, 714 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 68 (insoweit nicht in B G H Z 76, 375 ff abgedruckt); BGH W M 1992, 1858, 1861 = VersR 1993, 185 = NVwZ 1992, 1119.

165

Vgl. u. a. BGH L M Art. 14 Cf GrundG Nr. 19 = M D R 1961, 752; BGH N J W 1962, 2347, 2348 = L M Art. 14 Bb GrundG Nr. 30 = DVB1. 1963, 24 (Versagung einer Erlaubnis zum Kleinhandel mit unedlen Metallen); BGH VersR 1963, 254, 255 (Versagung der Genehmigung zur Einrichtung eines „Märchenwaldes"); BGH L M Art. 14 Cc GrundG Nr. 23 = W M 1972, 1157 = M D R 1972, 849 = DVB1. 1972, 827 (Versagung der Aufstellerlaubnis für einen Spielautomaten); BGH VersR 1986, 372 = L M Art. 14 Cc GrundG Nr. 48 (Ablehnung eines Antrages auf Zulassung des Abbaues von Lavagestein).

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

89

nungsbegriff beruhenden — Rechtsprechung lediglich Unterfälle des weitgefaßten E n t e i g u n g s b e g r i f f s . 1 6 6 H e u t e sind sie lediglich Unterfälle des z u v o r 1 6 7 dargestellten allgemeinen Tatbestandes von Eigentumsbeeinträchtigungen a u ß e r h a l b förmlicher Enteigungsverfahren, die eine Entschädigungspflicht aus Art. 14 G G auslösen. D a b e i m u ß n o c h m a l s — besonders im Blick a u f den enteignungsgleichen Eingriff — b e t o n t werden, d a ß trotz Beibehaltung dieser Bezeichnung nicht ohne weiteres die frühere Rechtsprechung des B G H zu diesem Rechtsinstitut fortgeführt werden k a n n , sondern die eingetretenen Veränderungen in der Rechtsprechung, insbesondere der Vorrang des primären Rechtsschutzes, berücksichtigt werden müssen, wie dies oben unter R d n . 5 3 dargelegt w o r d e n ist. Bei dem „enteignenden E i n g r i f f " wird jedoch die beeinträchtigende M a ß n a h m e , weil zumeist ein R e a l a k t , mit den zur Verfügung stehenden Mitteln des primären Rechtsschutzes in der Regel nicht beseitigt werden k ö n n e n . Z u r Vermeidung von MißVerständnissen sei n o c h m a l s b e m e r k t : In der Rechtsprechung aus der Z e i t vor der Naßauskiesungsentscheidung des B V e r f G und bei der Darstellung dieser Rechtsprechung wird von „Enteign u n g " i m m e r in dem v o m B G H herausgebildeten weiten Sinne des Begriffs gesprochen, also auch bei den Tatbeständen des enteignenden und enteignungsgleichen Eingriffs, bei denen n a c h der heutigen Rechtsprechung von einer „ E n t e i g n u n g " in dem v o m B V e r f G geforderten engeren Sinne nicht mehr die R e d e sein k a n n .

118

b) Der enteignende Eingriff D e r enteignende Eingriff erfaßt nach der Rechtsprechung des B G H die Fälle, in denen eine an sich r e c h t m ä ß i g e hoheitliche M a ß n a h m e bei einzelnen Betroffenen zu — meist atypischen und unvorhergesehenen — Nachteilen führt, die die Schwelle des enteignungsrechtlich Z u m u t b a r e n überschreit e n . 1 6 8 Es geht mithin um an sich rechtmäßige hoheitliche M a ß n a h m e n , 166 167 168

S. Rdn. 62. S. Rdn. 99. BGHZ 91, 20, 27 = NJW 1984, 1876 = J Z 1984, 742, 743 mit zust. Anm. Ossenbübl·, W M 1984, 787 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 32 = DVB1. 1984, 62; auch BGHZ 100, 136, 144 = NJW 1987, 1875 = J Z 1987, 1024 = W M 1987, 1050 = DVB1. 1987, 897; BGHZ 102, 350, 361 = NJW 1988, 478 = J Z 1988, 453 = VersR 1988, 85 = DVBl. 1988, 232 = DÖV 1988, 341; BGHZ 112, 392, 399 = NJW 1991, 1421 = VersR 1991, 589 = W M 1991, 785 = DÖV 1991, 332; BGHZ 117, 240 = W M 1992, 1832 = VersR 1992, 1092; BGHZ 122, 76, 78 = NJW 1993, 1700 = J Z 1994, 259 mit Anm. Ossenbühl-, s. ferner Krohn in DVBl. 1986, 745 ff.

119

90

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentunisbeeinträchtigungen

durch die — zumeist atypisch, ungewollt und unvorhergesehen — eine als Eigentum geschützte Rechtsposition in ihren Schutzgrenzen unmittelbar und nicht unerheblich beeinträchtigt wird. F ü r einen enteignenden Eingriff ist jedoch nicht unerläßliche Voraussetzung, d a ß die Beeinträchtigungen atypisch und unvorhergesehen s i n d . 1 6 9 120

Diese Rechtsprechung ist ausgebildet u. a. anhand folgender Sachverhalte: Beeinträchtigung der Straßenanlieger durch B a u einer U - B a h n ; 1 7 0 die durch Ausbau und H ö h e r s t u f u n g einer S t r a ß e erfolgte dauernde Beeinträchtigung der Z u g ä n g l i c h k e i t zu A c k e r l a n d ; 1 7 1 durch

Hochwasserschutzmaßnahmen

verursache N a c h t e i l e ; 1 7 2 Schäden an junger Saat auf Feldern durch Krähen und M ö w e n , die durch eine b e n a c h b a r t e H a u s m ü l l d e p o n i e in großen Scharen angelockt w a r e n ; 1 7 3 Beeinträchtigungen der Standfestigkeit eines Hauses durch Ausschachtungsarbeiten an der S t r a ß e ; 1 7 4 bei von einer Kläranlage ausgehenden übermäßigen G e r u c h s b e l ä s t i g u n g e n ; 1 7 5 bei die Z u m u t b a r k e i t s grenze übersteigenden Lärmbelästigungen, die von einem

Militärflugplatz

a u s g e h e n ; 1 7 6 bei Beeinträchtigung des Straßenanliegereigentums durch übermäßig

starke

Straßenverkehrsimmissionen;177

bei

Beeinträchtigung

von

landwirtschaftlich genutzten G r u n d f l ä c h e n durch von der J a g d verschonte G r a u g ä n s e . 1 7 8 Verneint wurde ein enteignender Eingriff bei Erliegen eines Fährbetriebes nach I n b e t r i e b n a h m e einer nicht weit entfernten neuerbauten

169 170

171

172

173 174 175

176

177

178

BGH NJW 1986, 2423, 2424 = VersR 1987, 379. NJW 1965, 1907, 1908 ff = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 27 = J Z 1965, 641 = WM 1965, 1023 = DVBl. 1965, 908. BGHZ 48, 65, 68 ff = NJW 1976, 1749 = W M 1967, 721 = DVBl. 1967, 881 und dazu Anm. Kreft Art. 14 Cb GrundG Nr. 14. BGHZ 80, 111, 114 ff = NJW 1981, 2114 = VersR 1981, 573 = DVBl. 1981, 924 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57; BGH LM HambWasserG Nr. 1 = NVwZ 1987, 628. BGH NJW 1980, 770 = VersR 1980, 266 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 52. BGH NJW 1981, 1663 = W M 1981, 724 = VersR 1981, 655. BGHZ 91, 20, 26, 27 = NJW 1984, 1876 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 32 = W M 1984, 787 = J Z 1984, 741, 743 mit zust. Anm. Ossenbühl = DVBl. 1984, 624. BGH NJW 1986, 2423 = VersR 1987, 379; zur Gesamtproblematik der von einem Militärflugplatz ausgehenden Lärmbelästigungen s. neuestens BGHZ 122, 363. BGH NJW 1988, 900, 901 = VersR 1988, 517, 518 = LM Cb GrundG Nr. 56 = W M 1988, 514. BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 52 = VersR 1988, 1022 = NVwZ 1988, 1066.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

91

Rheinbrücke (keine Beeinträchtigung des Betroffenen in seiner Rechtsposition innerhalb ihrer Schutzgrenzen). 179 c) Der enteignungsgleiche Eingriff In der Terminologie des BGH bildet die rechtswidrige Eigentumsbeein- 1 2 1 trächtigung den enteignungsgleichen Eingriff. In B G H Z 6, 270, 290 1 8 0 ist dazu gesagt: „Es ist aber geboten, unrechtmäßige Eingriffe der Staatsgewalt in die Rechtssphäre des Einzelnen dann wie eine Enteignung zu behandeln, wenn sie sich für den Fall ihrer gesetzlichen Zulässigkeit sowohl nach ihrem Inhalt wie nach ihrer Wirkung als Enteignung darstellen würden und wenn sie in ihrer tatsächlichen Wirkung dem Betroffenen ein besonderes Opfer auferlegt haben." Diese Formulierung hat zu Mißverständnissen geführt. Es ist gefragt worden, ob die rechtswidrige Maßnahme, falls sie rechtmäßig gewesen wäre, eine entschädigungspflichtige Enteignung darstelle oder nicht, und man wollte, falls dies zu verneinen war, eine Entschädigung versagen. Wäre diese Fragestellung richtig, dann würde beispielsweise die unrechtmäßige Versagung einer Bauerlaubnis deswegen einen Entschädigungsanspruch nicht auslösen können, weil die Versagung, falls sie rechtmäßig erfolgt, als Konkretisierung der Eigentumsbindung entschädigungslos bleibt. Dazu hat aber der BGH schon vor langer Zeit klargestellt, 181 daß die Frage anders gestellt werden muß, nämlich dahin, ob der Eingriff — von seiner rechtmäßigen oder unrechtmäßigen Vornahme abgesehen — überhaupt begrifflich, seiner Natur nach, bezogen auf seine Art und seine Wirkung den Tatbestand eines enteignenden Aktes bildet. Abgesehen von der allgemeinen Frage, ob überhaupt Eigentum im Sinne der Eigentumsgarantie in seinen geschützten Grenzen tangiert wird, ist zu fragen, ob die hoheitliche Maßnahme von einer deutschen Stelle getroffen und ob durch diese Maßnahme in Eigentum im enteignungsrechtlichen Sinn „eingegriffen" worden ist.

179

BGHZ 94, 373 = NJW 1986, 991 = WM 1986, 436 = DÖV 1985, 1064 = DVB1. 1985, 1377. 180 = N j W 1 9 5 2 ) 972, 974 = JZ 1952, 622, 626 = LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 7. 181 BGHZ 32, 208, 210/211 = NJW 1960, 1149, 1150 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 7; ausdrücklich wiederholt in BGHZ 58, 124, 127 = NJW 1972, 727, 728 und dazu Anm. Kreft LM § 14 BBauG Nr. 3; s. auch BGHZ 78, 41, 43/44 = NJW 1980, 2700 = WM 1980, 1320 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33 = DVB1. 1981, 383 mit krit Anm. Schwabe-, ferner BGHZ 117, 240 = WM 1992, 1832 = VersR 1992, 1092.

92 122

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen D i e Rechtswidrigkeit indiziert zwar das „ S o n d e r o p f e r " 1 8 2 und in einer

rechtswidrigen M a ß n a h m e kann niemals eine Konkretisierung der Sozialbindung des Eigentums gefunden werden. Es ist jedoch nicht so, d a ß in jedem Fall, in dem eine rechtswidrige M a ß n a h m e von hoher H a n d nachteilige Auswirkungen für einen „ E i g e n t ü m e r " gehabt hat, auch von einem

„enteig-

nungsgleichen E i n g r i f f " gesprochen werden k ö n n t e und eine Entschädigung geleistet werden m ü ß t e . Dies ist vielmehr selbst bei einer rechtswidrigen M a ß n a h m e von h o h e r H a n d nur dann der Fall, und von einem „Sondero p f e r " kann nur dann gesprochen werden, wenn durch diese als „ E i n g r i f f " zu wertende M a ß n a h m e die als Eigentum zu qualifizierende Rechtsposition des Betroffenen in ihren rechtlich geschützten Grenzen beeinträchtigt w o r den ist. Auch sind nur solche Nachteile der Z w a n g s m a ß n a h m e entschädigungspflichtig, die in einem inneren Z u s a m m e n h a n g mit der hoheitlichen M a ß n a h m e stehen; erforderlich ist dementsprechend, d a ß sich eine besondere G e f a h r verwirklicht hat, die bereits in der hoheitlichen

Maßnahme

selbst angelegt war. Fehlt es an dieser Voraussetzung, dann k a n n auch aus einer rechtswidrigen M a ß n a h m e von h o h e r H a n d jedenfalls unter den hier maßgeblichen Gesichtspunkten ein Enschädigungsanspruch nicht hergeleitet werden. 123

D a s in Zweifels- und rechtlichen Grenzfällen auftretende R i s i k o , o b das Handeln des einzelnen Staatsbürgers und die im H i n b l i c k d a r a u f v o r g e n o m mene behördliche M a ß n a h m e abschließend als rechtmäßig oder rechtswidrig beurteilt wird, trifft die öffentliche H a n d , wenn die B e h ö r d e sich trotz der Zweifelhaftigkeit der Sach- und R e c h t s l a g e zu einem Eingriff e n t s c h l i e ß t . 1 8 3

124

D i e T a t s a c h e , d a ß der von einem enteignungsgleichen (oder auch von einem enteignenden) Eingriff B e t r o f f e n e selbst polizeilicher Störer war, steht einem Entschädigungsanspruch nicht e n t g e g e n . 1 8 4

125

D i e Grundsätze, die für die Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff in Grundstückseigentum entwickelt w o r d e n sind, wirken auch zugunsten ausländischer juristischer Personen des P r i v a t r e c h t s . 1 8 5 182 183

184

185

S. dazu Rdn. 2. BGHZ 32, 208, 2 1 0 / 2 1 1 = NJW 1960, 1149, 1150 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 7. BGH LM HambWasserG Nr. 1 = NVwZ 1987, 628, 629; BGHZ 99, 262, 269 = NJW 1987, 1320 = J Z 1987, 671, 6 7 2 / 6 7 3 und dazu Anm. Ronellenfitsch = LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 79. BGHZ 76, 375, 384 ff = NJW 1980, 1567, 1569 = J Z 1980, 649, 651 = VersR 1980, 628, 631 = W M 1980, 714, 7 1 6 / 7 1 7 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 67.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

93

Bei einem dauerhaft wirkenden (rechtswidrigen) enteignungsgleichen Ein- 1 2 6 griff währt der Schaden oder das „Oper" so lange, bis die unrechtmäßige Eigentumsbeeinträchtigung aufgehoben oder durch eine rechtmäßige ersetzt worden ist. 1 8 6 Wenn ein „Eingriff" nur deswegen rechtswidrig ist, weil er an einem for- 1 2 7 mellen und nicht an einem sachlich-rechtlichen Fehler leidet, so führt dieser Mangel nicht notwendig zu einer Entschädigungspflicht. Dies nämlich dann nicht, wenn der Eigentümer den Eingriff aus dem Gesichtspunkt der Sozialpflichtigkeit allen Eigentums (s. dazu Rdn. 34), bei Grundstücken insbesondere angesichts ihrer „Situationsgebundenheit" (s. dazu Rdn. 250) ohnehin entschädigungslos hätte hinnehmen müssen. So kommt etwa ein Entschädigungsanspruch aus dem Gesichtspunkt einer — rechtswidrigen — rein faktischen Bau- oder Veränderungssperre nicht in Betracht, wenn die sachlichen Voraussetzungen für eine solche Sperre gegeben waren. 1 8 7 Der BGH hat in seiner früheren Rechtsprechung staatliche Maßnahmen, 1 2 8 die nicht dem Allgemeininteresse dienten, sondern im privaten Interesse, vor allem zur Durchsetzung von individuellen Ansprüchen getroffen wurden, auch bei Rechtswidrigkeit als entschädigungsrechtlich irrelevant erachtet und in diesen Maßnahmen einen enteignungsgleichen Eingriff nicht gesehen. So hat er u. a. bei rechtswidriger Eröffnung eines Konkursverfahrens, 1 8 8 bei ungerechtfertigter Anordnung und Vollziehung eines Steuerarrestes seitens der öffentlichen H a n d , 1 8 9 bei unrechtmäßiger Zuschlagserteilung in einer Zwangsversteigerung, 1 9 0 bei fehlerhafter Zwangsvollstreckung 1 9 1 einen Entschädigungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs versagt. Diese Rechtsprechung mußte als bedenklich erscheinen, nachdem das BVerfG 1 9 2 entschieden hatte, daß auch bei derartigen verfahrensrechtlichen Entscheidungen Verstöße gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie in Betracht kommen können. Deshalb wird man, wenn auch

iss

187

188 189

190 191 192

j W 1980, 1567, 1571 = JZ 1980, 619 = VersR 1980, 628, 632 = W M 1980, 714, 718 insoweit in B G H Z 76, 375 ff nicht mit abgedruckt; s. auch bereits B G H W M 1958, 1371, 1372.

N

BGH N J W 1966, 884, 885 = LM § 14 BBauG Nr. 1; B G H Z 58, 124, 127/128 = N J W 1972, 727, 728 und dazu Anm. Kreft LM § 14 BBauG Nr. 3. BGH N J W 1959, 1085 = W M 1959, 631. B G H Z 30, 123, 125/126 = N J W 1959, 1272, 1273; BGH VersR 1986, 289, 292 = W M 1986, 204, 207 in N J W 1986, 2952 insoweit nicht abgedruckt. B G H W M 1967, 698, 699 = BB 1967, 941. B G H Z 32, 240, 244 ff = N J W 1960, 1461. BVerfGE 46, 325, 333 ff = N J W 1978, 368, 369.

94

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung niemals dem Wohl der Allgemeinheit dienen k a n n , das Vorliegen eines enteignungsgleichen Eingriffs in den hier gedachten Fällen nicht mehr mit der Begründung verneinen k ö n n e n , es fehle die Legitimation durch Verfolgung von G e m e i n w o h l i n t e r e s s e n . In diese R i c h t u n g geht jetzt auch die Rechtsprechung des B G H , n a c h d e m er in B G H Z 7 6 , 3 8 7 , 3 9 3 f 1 9 3 entschieden hat, d a ß eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung durch hoheitliche M a ß n a h m e n einen

Entschädigungsan-

spruch auch dann auslöse, wenn der Eingriff a u ß e r h a l b der Legitimation durch das „Wohl der Allgemeinheit" erfolgt sei. Weitere Einzelfälle: Ein enteignungsgleicher Eingriff wurde a n g e n o m m e n :

129

bei dem Verbot von innerörtlichen reinen Werbefahrten für U n t e r n e h m e n , die sich a u f eine solche gewerbliche Tätigkeit eingerichtet h a t t e n ; 1 9 4 bei zu niedriger Festsetzung von Abschußzahlungen für Schadwild (Rotwild) durch die J a g d b e h ö r d e ; 1 9 5 bei E r l a ß und Vollzug eines rechtswidrigen Bebauungsp l a n s ; 1 9 6 bei unberechtigtem, zur Verwendung beim A u t o b a h n b a u erfolgten K i e s a b b a u a u f einem P a c h t g r u n d s t ü c k ; 1 9 7 wenn bei — von einem privaten S t r a ß e n b a u u n t e r n e h m e n durchzuführenden — S t r a ß e n b a u a r b e i t e n a u f Anordnung des S t r a ß e n b a u a m t e s notwendige A b s t ü t z u n g s m a ß n a h m e n

unter-

b l e i b e n ; 1 9 8 wenn eine Ampelanlage einander widersprechende Lichtzeichen abgibt (sog. „feindliches G r ü n " ) und dadurch Verkehrsteilnehmer zu Schaden k o m m e n . 1 9 9 Wenn die öffentliche H a n d sich für b e s t i m m t e Handlungs-

193 = N j W 1 9 8 0 ) 2457, 2459 = VersR 1980, 715; s. dazu auch Krohn W M 1984, 825, 827; ferner Ossenbühl JuS 1988, 193, 194 Fn. 14. 194

195

196

197 198 199

BGHZ 78, 41 ff = NJW 1980, 2700 = W M 1980, 1320 = DVB1. 1981, 383 mit Anm. Schwabe sowie Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33. BGHZ 91, 243, 253 = NJW 1984, 2216, 2218 und dazu Anm. Engelhardt LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 68. BGHZ 92, 34, 41 = NJW 1984, 2516, 2517 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = J Z 1984, 987, 989 mit Anm. Papier = DÖV 1985, 23 und dazu Anm. Schwabe-, vgl. auch BGHZ 110, 1, 5 = NJW 1990, 1042 = LM § 839 Cb BGB Nr. 74 = VersR 1990, 269, 270 = W M 1990, 865, 866 = J Z 1990, 641, 642/ 643; s. dazu ferner VerwGE 94, 100, 107 (Vollzug einer rechtswidrigen Bauleitplanung). BGH NJW 1984, 1878 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 42 = W M 1984, 823. OLG Frankfurt VersR 1987, 910. BGHZ 99, 249, 2 5 3 / 2 5 4 = NJW 1987, 1945, 1946 = J Z 1987, 822, 823 = LM NRW-OBG Nr. 13.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentunisbeeinträchtigungen

95

bereiche anstelle von M e n s c h e n maschineller Anlagen bedient, dann m u ß die R e c h t s l a g e so gesehen werden, wie wenn verantwortliche M e n s c h e n die entsprechenden, jetzt durch die M a s c h i n e bewirkten Handlungen v o r g e n o m men hätten. H ä t t e n Polizeibeamte so gehandelt wie die „feindliches G r ü n " anzeigende Ampelanlage und hätten sie dementsprechend gleichzeitig für zwei sich kreuzende Straßen die Fahrt freigegeben, dann läge darin ein „unmittelbarer rechtswidriger E i n g r i f f " in die z u s a m m e n s t o ß e n d e n Fahrzeuge. D e r Nutzungskonflikt, der entsteht, wenn durch Z u l a s s u n g einer immissionsempfindlichen

Grundstücksnutzung

(ζ. B . W o h n b e b a u u n g )

sionsintensiver Betrieb schwer betroffen wird, m u ß planerisch

ein

130

emis-

bewältigt

werden. Wenn dieser Konflikt nicht sachgerecht mit planerischen M i t t e l n gelöst wird, ist der Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen das A b w ä g u n g s g e b o t nichtig, und es k ö n n e n Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff in B e t r a c h t k o m m e n . 2 0 0 Wenn aber ausnahmsweise der Bebauungsplan zulässigerweise weniger k o n k r e t e Feststellungen trifft und er d a m i t den von der Planung Betroffenen ein gesteigertes M a ß an Gestaltungsmöglichkeiten b e l ä ß t , dann k a n n und m u ß nach M e i n u n g des B G H 2 0 1 der gebotene Interessenausgleich im Baugenehmigungsverfahren gefunden werden, wobei dem G e b o t der gegenseitigen

R ü c k s i c h t n a h m e eine besondere Bedeutung

zu-

kommt. D i e rechtswidrige Versagung des Einvernehmens einer G e m e i n d e nach § 3 6 B a u G B k a n n einen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff gegen die versagende G e m e i n d e a u s l ö s e n . 2 0 2 Hingegen ist dies bei der rechtswidrigen Erteilung des Einvernehmens nicht der F a l l . 2 0 3 D e r G r u n d dafür liegt darin, d a ß die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens die Baugenehmigungsbehörde nicht bindet, sie vielmehr in eigener Verantwortung über die

200

201 202

203

BGHZ 99, 262, 270 = NJW 1987, 1320, 1321 = LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 79 = J Z 1987, 671, 672/673 und dazu Anm. Ronellenfitsch; vgl. auch BGHZ 110, 1, 6 f = NJW 1990, 1042 = LM § 839 Cb BGB Nr. 74 = VersR 1990, 269, 270 = W M 1990, 865, 866 = J Z 1990, 641, 642/643. BGH BRS 53 Nr. 59. BGHZ 65, 182, 188/189 = NJW 1976, 184, 186 = VersR 1976, 186, 187 f = W M 1975, 1300, 1302 und dazu Anm. Kreft LM Art. 34 GrundG Nr. 100; s. auch BGHZ 99, 262, 272/273 = NJW 1988, 1320 = J Z 1989, 671 mit Anm. Ronellenfitsch; BGH W M 1992, 1086 = VersR 1992, 835/836; BGHZ 118, 253 = N J W 1992, 2218 = LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 82 = W M 1992, 1546 = VersR 1993, 185. BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 50 = VersR 1987, 1038 = WM 1987, 1316 = NVwZ 1987, 1115.

131

96

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

Baugenehmigung zu befinden hat und sie trotz Vorliegen des gemeindlichen Einvernehmens die G e n e h m i g u n g auch versagen k a n n . H a t die G e m e i n d e jedoch ihr Einvernehmen — sei es auch rechtswidrig — nicht erteilt, so ist die Baugenehmigungsbehörde daran gebunden und ist nicht befugt, die B a u genehmigung auszusprechen, solange das Einvernehmen der G e m e i n d e nicht vorliegt. Verneint wurde ein enteignungsgleicher Eingriff (mangels „Unmittelbar-

132

k e i t " des Eingriffs) bei Ü b e r s c h w e m m u n g s s c h ä d e n , die dadurch entstanden w a r e n , d a ß der A b f l u ß des O b e r f l ä c h e n w a s s e r s durch Ausweisung umfangreicher Wohngebiete und die dadurch bewirkte „Bodenversiegelung" verändert w u r d e . 2 0 4 N a c h Auffassung des B G H kann im sogenannten legislativen Unrecht ein

133

enteignungsgleicher Eingriff nicht gesehen w e r d e n . 2 0 5 d) Abgrenzung v o m sogenannten bügerlich-rechtlichen Aufopferungsanspruch (nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch) Die — öffentlich-rechtlichen — Ansprüche aus „enteignenden" und „ent-

134

eignungsgleichen" Eingriffen finden in gewissem U m f a n g im bürgerlichen R e c h t eine Entsprechung in den sog. bürgerlich-rechtlichen Aufopferungsansprüchen. M i t diesen Ansprüchen hat es folgende Bewandtnis: D e r sog. bürgerlich-rechtliche Aufopferungsanspruch (auch — w o h l zutreffender — als nachbarrechtlicher

Ausgleichsanspruch

bezeichnet)

ist in der

Rechtspre-

chung des R G im R a h m e n n a c h b a r r e c h t l i c h e r Rechtsstreitigkeiten herausgebildet w o r d e n . 2 0 6 Es ging dabei um folgende typische Ausgangslage: Von einem G r u n d s t ü c k gingen a u f ein anderes Immissionen aus, die nach Art und U m f a n g das M a ß dessen überstiegen, was der Eigentümer des beeinträchtigten G r u n d s t ü c k s nach den nachbarrechtlichen Bestimmungen des § 9 0 6 B G B (in der früheren, bis zum 3 1 . 5 . 1 9 6 0 geltenden Fassung) zu dul-

204

205 206

BGHZ 117, 240, 252 = W M 1992, 1832 = VersR 1992, 1092; BGHZ 125, 19, 2 0 / 2 1 = NJW 1994, 1468 = W M 1994, 1180 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 59; auch bereits BGH W M 1987, 1316, 1317 mit Überblick über die vom BGH herausgebildeten Fallgruppen = VersR 1987, 1038 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 50 = NVwZ 1987, 1115. S. oben Rdn. 110. Zum folgenden: Hagen, in: Festschrift Hermann Lange S. 483 ff; BGHZ 48, 98, 100 = NJW 1967, 1857 und dazu Anm. Faber in NJW 1968, 4 7 / 4 8 = WM 1967, 960, 961 = J Z 1968, 64 und dazu Anm. Kreft LM S 906 BGB Nr. 24; BGHZ 72, 289, 291 = NJW 1979, 164 = J Z 1979, 105 = W M 1978, 1414.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

97

den und hinzunehmen hatte; indes war dem Betroffenen die Abwehrklage aus § 1004 BGB aus besonderen — rechtlichen oder tatsächlichen — Gründen verwehrt. Nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzrechts kann der betroffene Eigentümer in derartigen Fällen der Eigentumsbeeinträchtigung Schadensersatz nur verlangen, wenn den Störer ein Verschulden trifft (§§ 823 ff BGB). Diese Beschränkung der Schadensersatzpflicht auf Fälle schuldhafter Eigentumsstörungen kann hingenommen werden, wenn der Eigentümer sich gegen die Beeinträchtigung mit der — ein Verschulden nicht voraussetzenden — Abwehrklage aus § 1004 BGB wehren kann. Wenn aber der Abwehranspruch ausnahmsweise versagt ist und der Betroffene — aus höherrangigem Interesse — die Beeinträchtigung dulden muß, dann wäre die Beschränkung des Eigentümers auf einen den Nachweis eines Verschuldens voraussetzenden Schadensersatzanspruch unerträglich. Deshalb hat das RG in diesen Fällen schon sehr früh dem betroffenen Eigentümer einen vom Nachweis des Verschuldens unabhängigen Ersatzanspruch gewährt und sich dazu nicht auf die in § 75 EinlPreußALR, sondern auf die in § 26 (a. F.) der Gewerbeordnung und in § 904 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken berufen. 2 0 7 Voraussetzung dieses bürgerlichrechtlichen Ersatzanspruchs, den auch der BGH bereits in BGHZ 16, 366, 369 f 2 0 8 in den genannten Fällen als gegeben erachtet hat, ist mithin, daß der Schaden durch Eigentumsbeeinträchtigungen entstanden ist, die der Eigentümer nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen nicht zu dulden verpflichtet wäre und die er untersagen könnte, wenn ihm nicht aus besonderen Gründen eines höheren Interesses diese Abwehrmöglichkeit genommen wäre. 2 0 9 207

U. a. RGZ 58, 130 und 97, 290 (Funkenflug einer Kleinbahn); RGZ 70, 150 (Zuführung von Rauch und Ruß duch Eisenbahnbetrieb); RGZ 101, 102 (Explosion einer Dynamitfabrik); RG JW 1910, 74/75 (hier hat das RG bei Einwirkungen eines Wasserwerks einen Anspruch versagt, weil Abwehrmöglichkeit gemäß § 1004 BGB bestanden habe); vgl. auch den in RGZ 162, 349 geschilderten Sachverhalt. 208 = N j W 1 9 5 5 ; 7 4 7 = V e r s R 1 9 5 5 ; 281 = WM 1955, 1002 und dazu Anm. Pagendarm LM § 906 BGB Nr. 3. 209 BGHZ 48, 46, 51 = NJW 1967, 1754, 1755 = JZ 1968, 225 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 27 = DVB1. 1968, 226; BGHZ 48, 98, 101 = NJW 1967, 1857, 1858 und dazu Anm. Faber NJW 1968, 47/48 = WM 1967, 960 = JZ 1968, 64 und dazu Anm. Kreft LM § 906 BGB Nr. 24; BGHZ 60, 119, 123 = NJW 1973, 508, 509 = JZ 1973, 223 = WM 1973, 235, 237 und dazu Anm. Kreft LM § 1004 BGB Nr. 123; auch BGH WM 1978, 852, 853 = MDR 1978, 1005; ferner BGHZ 110, 17, 23 f = NJW 1990, 978, 980 = WM 1990, 175 ff = VersR 1990, 424, 425 = LM § 905 BGB Nr. 9; BGH NJW 1990, 3195,

98

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

135

Einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch hat der B G H auch in einem Falle gewährt, in dem es dem betroffenen Nachbarn zwar möglich gewesen wäre, die Beeinträchtigung (Herabfallen von Schrotblei aus einer benachbarten Schießanlage auf sein landwirtschaftlich genutztes Grundstück) abzuwehren, er jedoch die Gefährlichkeit der Beeinträchtigung für die landwirtschaftliche Nutzung seiner Grundstücke zunächst nicht erkannte und auch nicht erkennen k o n n t e . 2 1 0 Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt der Entscheidung des B G H in B G H Z 113, 3 8 4 f f 2 1 1 zugrunde: Nach Errichtung einer Zwischendeponie war es auf dem benachbarten Weinberg-Grundstück zu erheblichen Frostschäden an Weinstöcken dadurch gekommen, daß sich dort ein „Kaltluftsee" gebildet hatte. Auch hier hätte sich der Weinberg-Eigentümer gegen die Art der Errichtung der Deponie wehren und eine andere — technisch mögliche und die Bildung eines Kaltluftsees vermeidende — Art der Deponieanlage verlangen können. Er hatte die zu vermeidende Gefahr jedoch nicht erkannt, und hätte sie auch nicht erkennen können.

136

Der bürgerlich-rechtliche Ausgleichsanspruch ist zwar zunächst an nachbarrechtlichen Immissionstatbeständen entwickelt worden. Auf diese Tatbestände sind die Ansprüche aber nicht beschränkt; 2 1 2 vielmehr kann ein solcher Anspruch auch in anderen Fällen einer von § 1 0 0 4 B G B erfaßten Eigentumsbeeinträchtigung gegeben sein. 2 1 3 Die erörterten Tatbestände liegen in der Nähe derjenigen, in denen durch

137

Eingriffe von hoher Hand gleichartige Beeinträchtigungen von Grundeigen-

3 1 9 6 = W M 1 9 9 0 , 1 9 7 9 = VersR 1 9 9 1 , 7 0 betr. Beeinträchtigung der Standfestigkeit einer Mauer durch Baumwurzeln, die von der Bepflanzung des angrenzenden Randstreifens einer Gemeindestraße herrühren und — denselben Sachverhalt betreffend 210

BGH N J W 1992, 2884.

B G H Z 111, 158 ff = N J W 1 9 9 0 , 1 9 1 0 ff = VersR 1 9 9 0 , 7 4 7 = J Z 1 9 9 0 , 9 7 8 mit krit. Anm.

Gerlach.

2Π = N j w 1 9 9 1 , 1 6 7 1 , 1673 = W M 1 9 9 1 , 1 1 3 4 , 1 1 3 6 / 1 1 3 7 = L M § 2 4 2 D BGB Nr. 125. 212

So jedoch Kimminich

N J W 1 9 7 3 , 1 4 7 9 , 1 4 8 1 , nach dessen Auffassung die Tatbe-

stände des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs ausschließlich dem Immissionsrechtsschutz angehören. 213

S. B G H Z 6 0 , 1 1 1 9 , 1 1 2 3 = N J W 1 9 7 3 , 5 0 8 , 5 0 9 = J Z 1 9 7 3 , 2 2 3 = W M 1 9 7 3 , 2 3 5 , 2 3 7 und dazu Anm. Kreft

L M § 1 0 0 4 BGB Nr. 123 betr. Eigentumsbeein-

trächtigung durch Hochspannungsleitung (s. dazu auch Rdn. 192 ff); B G H Z 7 2 , 2 8 9 , 2 9 2 = N J W 1 9 7 9 , 1 6 4 = W M 1 9 7 8 , 1 4 1 4 = J Z 1 9 7 9 , 105 betr. Beeinträchtigung der Standfestigkeit eines Hauses durch privatrechtlich organisierte Ausbauarbeiten an einer öffentlichen Straße.

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

99

tum vorgenommen werden und die einen öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffs auslösen. Das RG hat diese beiden Tatbestandsgruppen nicht scharf geschieden, und hat in entsprechender Anwendung der §§ 75 EinlPreußALR, 26 GewO, 904 BGB Ersatzansprüche auch da gewährt, wo nach heutiger Auffassung Eingriffe von hoher Hand in Mitte lagen. 2 1 4 Der vom BGH zum ersten Mal in dieser Schärfe herausgestellte Unterschied der beiden Tatbestandsgruppen liegt in folgendem: Der Ausgleichsanspruch ist ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch, der nur dann in Betracht kommt, wenn die Beeinträchtigung im Zuge und als Auswirkung privatwirtschaftlicher Benutzung (einschließlich nicht hoheitlicher Betätigung der öffentlichen Hand) des störenden Grundstücks oder sonstiger privatwirtschaftlicher Tätigkeit erfolgt, mag die — die Abwehrklage aus § 1004 BGB ausschließende — Zulässigkeit derartiger Betätigung auch auf öffentlichem Recht beruhen. Nicht dieser Ausgleichsanspruch, sondern der öffentlich-rechtliche Entschädigungsanspruch kommt dann in Betracht, wenn die in Rede stehenden Eigentumsbeinträchtigungen auf — unmittelbarem — Eingriff von hoher Hand beruhen. 2 1 5 Dieser öffentlich-rechtliche Anspruch hat ebenso wie der Ausgleichanspruch bei den hier interessierenden Tatbeständen zur Voraussetzung, daß die Grundstücksbeeinträchtigungen, soweit es dabei um Immissionen i. S. des § 906 BGB geht, das nach dieser Vorschrift entschädigungslos zu duldende M a ß übersteigen. Denn die verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition des Grundeigentümers wird im einzelnen näher ausgestaltet auch durch das private Nachbarrecht, das zu den Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gehört. Deshalb kann „von einem besonderen dem Berechtigten abverlangten Opfer auch bei auf Eingriffen von hoher Hand beruhenden Beeinträchtigungen nicht gesprochen werden, wenn der Betroffene die nach Art und Maß gleichen Beeinträchtigungen, von einer Grundstücksbenutzung im privatwirtschaftlichen Rahmen ausgehend, nach § 906 BGB dulden muß, ohne eine Entschädigung verlangen zu können." 2 1 6 214 215

216

So u. a. RGZ 113, 301, 306; 170, 40, 44. BGHZ 54, 284, 388 = NJW 1971, 94 ff = LM § 906 BGB Nr. 37; BGHZ 64, 220, 222 = NJW 1975, 1406 ff = JZ 1975, 488 ff = WM 1975, 985/986 ff = DVB1. 1975, 658; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 34 = WM 1978, 41 ff = DVB1. 1978, 110. BGHZ 48, 98, 101 = NJW 1967, 1857 und dazu Anm. Faber NJW 1968, 47/48 = W M 1967, 960 = JZ 1968, 64 und dazu Anm. Kreft LM S 906 BGB Nr. 24; auch BGHZ 57, 370, 373 = NJW 1972, 527, 528 = LM § 909 BGB Nr. 13 = W M 1972, 252, 253; BGH NJW 1977, 894/895 = WM 1977, 419/420/421 = LM § 906 BGB Nr. 52; BGH LM § 909 BGB Nr. 17 = NJW 1978, 1051, 1052 =

100

2. Teil. Die Enteignung und andere Eigentumsbeeinträchtigungen

e) (Schuldhafte) Mitverursachung 138

D a s R G hat in ständiger Rechtsprechung bis z u l e t z t 2 1 7 bei

„Aufopfe-

r u n g s a n s p r ü c h e n " (in den Entscheidungen ging es im Sinne der früheren T e r m i n o l o g i e des B G H jedoch um „ E n t e i g n u n g e n " ) eine entsprechende Anwendung des § 2 5 4 B G B abgelehnt. N a c h d e m der B G H diese Frage lange Z e i t offengelassen h a t t e , 2 1 8 hat er später die A n w e n d b a r k e i t des § 2 5 4 B G B — und zwar zunächst in B G H Z 4 5 , 2 9 0 , 2 9 4 f f 2 1 9 für „Aufopferungsansprüc h e " im Sinne seiner T e r m i n o l o g i e — b e j a h t . Bei enteignungsgleichen Eingriffen ist n a c h der grundlegenden Entscheidung in B G H Z 5 6 , 5 7 , 6 4 f f 2 2 0 eine schuldhafte M i t v e r u r s a c h u n g jedenfalls insoweit zu berücksichtigen, als es um die A b w e n d u n g oder M i n d e r u n g der Eingriffsfolgen geht. D i e E r w ä gung, mit der das R G seine Auffassung im wesentlichen begründet hatte, d a ß nämlich die B e s t i m m u n g des § 2 5 4 B G B lediglich auf den grundsätzlich a u f vollen Ersatz des zugefügten Schadens mit allen Folgen zielenden Schadensersatzanspruch zugeschnitten sei, nicht aber a u f den nur auf angemessenen

Ausgleich

gehenden

Enteignungs-(Aufopferungs-)Entschädigungsan-

spruch, kann nicht mehr überzeugen. D e m e n t s p r e c h e n d ist auch in neueren Gesetzen, die Enteignungsansprüche regeln, die Berücksichtigung

mitwir-

kenden Verschuldens des Betroffenen ausdrücklich v o r g e s c h r i e b e n . 2 2 1

Die

VersR 1978, 420 = W M 1978, 645; BGH W M 1979, 1216, 1217 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 51; BGH LM § 906 BGB Nr. 64 = W M 1980, 680; BGH NJW 1980, 582 = W M 1980, 220 = LM Art. 14 Fb GrundG Nr. 14; BGH NJW 1980, 770 = VersR 1980, 266, 267 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 52; BGH NJW 1980, 1679, 1680 = VersR 1980, 459, 460 = LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 64; BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 38 = W M 1982, 1134, 1135 = VersR 1982, 772, 773 = NVwZ 1982, 700; BGHZ 91, 20, 2 1 / 2 2 = NJW 1984, 1876 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 32 = J Z 1984, 741 mit Anm. Ossenbühl = W M 1984, 787, 788 = DVBl. 1984, 624; BGHZ 97, 114, 116 = NJW 1986, 1980 = J Z 1986, 544 = LM FStrG Nr. 34 = DVBl. 1986, 766 mit Anm. Berkemantv, vgl. auch BGHZ 122, 76, 7 8 / 7 9 = NJW 1993, 1700 = J Z 1994, 259. Vgl. RGZ 149, 34, 37; 167, 14, 26 m. w. N. BGHZ 23, 157, 170 = NJW 1957, 630 ff; vgl. auch BGH LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 54 Bl. 5 = W M 1969, 726, 729. 2 1 9 = NJW 1966, 1859, 1861/1862 = J Z 1966, 5 7 6 / 5 7 7 = Betrieb 1966, 1090 und dazu Anm. Kreft LM § 75 Einl.PreußALR Nr. 33. 220 = N j W 1 9 7 1 ) 1 6 9 4 ) 1696/1697 = W M 1971, 1003, 1006 = VersR 1971, 859, 861 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 22. 2 2 1 Vgl. § 93 Abs. 3 BauGB; § 32 Abs. 2 BundesleistungsG; § 13 Abs. 2 SchutzbereichG. 217

218

Β. Entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigungen

101

Bestimmung des § 254 B G B ist ihrem Grundgedanken nach nicht auf das Gebiet des reinen Schadensersatzrechts beschränkt, sondern ist Ausfluß des allgemeinen Grundsatzes der Beachtlichkeit von Treu und Glauben. So gesehen ist die Berücksichtigung der schuldhaften Mitverursachung nicht nur im Rahmen der Eingriffsfolgen, sondern auch bei der Verwirklichung des Enteignungstatbestandes selbst geboten. In diese Richtung ging auch bereits eine Reihe von Urteilen, ohne daß die hier in Rede stehende Problematik ausdrücklich angesprochen worden w ä r e . 2 2 2 Später dann hat der B G H ausdrücklich dahin entschieden, daß ein mitwirkendes Verschulden auch bei der Verwirklichung des „Schädigungstatbestandes" selbst zu berücksichtigen sei. 2 2 3 Im Rahmen der in den Rdn. 134 ff behandelten Ansprüche (nachbarrecht- 1 3 9 liehe Ausgleichsansprüche und öffentlich-rechtliche Entschädigungsansprüche), die auch gegeben sein können, ohne daß ein Verschulden des Anspruchsschuldners vorzuliegen braucht, kann auch ein vom Betroffenen nicht verschuldeter Verursachungsbeitrag Berücksichtigung finden. Es wäre nicht zu rechtfertigen und mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, wenn der schädigende Teil ohne Verschulden Entschädigung leisten, aber ein nicht verschuldeter Verursachungsbeitrag des Betroffenen unberücksichtigt bleiben müßte. 2 2 4

222

223

224

B G H N J W 1971, 750, 751 = W M 1971, 832, 835 = N V w Z 1971, 513, 514; Keine Entschädigung für Überschwemmung eines Grundstücks; B G H W M 1976, 568, 570 = VersR 1976, 760, 761 = L M Art. 14 C c G r u n d G Nr. 26 Bl. 3: Berücksichtigung einer schadensgeneigten Beschaffenheit eines Grundstücks bei Hochwasserschäden und der Nichtannahme eines Angebots zur Errichtung eines Schutzdeiches; B G H VersR 1978, 420, 422 = W M 1978, 645, 647: Mitverursachung von Gebäudeschäden infolge Grundwasserabsenkung durch eigene Entwässerungsanlage und (oder) eine nicht den Regeln der Baukunst entsprechende Gründung des Gebäudes. B G H Z 90, 17, 31/32 = N J W 1984, 1169, 1172 = W M 1984, 273, 276 = DVBl. 1984, 391, 394. B G H L M § 906 B G B Nr. 78 a. E. = N J W - R R 1988, 136, 138 = W M 1988, 200, 205 = B a u R 1988, 111, 115/116.

3. Teil Die sogenannte Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und die Regelungsbefugnis des — einfachen — Gesetzgebers (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG)

Α. Allgemeines M a g das (Privat-)Eigentum Privatnützigkeit

und

in seinem rechtlichen G e h a l t auch durch

grundsätzlich

freie

Verfügungsbefugnis 1

über

140

den

Eigentumsgegenstand gekennzeichnet sein, 2 so ist doch seit langem anerk a n n t — und zwar schon längst vor der Verankerung der sog. Sozialbindung in den modernen Verfassungen —, d a ß es pflichtenloses Eigentum nicht gibt und d a ß der Eigentümer in der Nutzung seines Eigentums und in der Verfügung darüber Bindungen unterworfen ist. 3 H e u t e k o m m t diese Sozialbindung (Eigentumsbindung) in der Verfassung in zweierlei Weise zum Ausdruck: E i n m a l in Art. 1 4 Abs. 1 Satz 2 G G , w o nach der — einfache — Gesetzgeber Inhalt und S c h r a n k e n des Eigentums durch die Gesetze zu bestimmen h a t . Gesetzgeber ist insoweit nicht nur der Bundes-, sondern auch — soweit seine sachliche Regelungskompetenz reicht — der Landesgesetzgeber. 4 Z u m anderen b e s t i m m t Art. 14 Abs. 2 G G ganz allgemein, d a ß das Eigentum verpflichtet und sein G e b r a u c h zugleich dem Wohl

der

Allgemeinheit

dienen

soll.

Diese

Bestimmung

des

Art.

14

Abs. 2 G G hat zwei Adressaten. Sie wendet sich einmal an den Gesetzgeber und gibt ihm eine R i c h t s c h n u r , bei der Regelung von Eigentumsinhalt und Eigentumsschranken das Wohl der Allgemeinheit zu beachten. E r hat mithin das W o h l der Allgemeinheit, die Belange der G e m e i n s c h a f t einerseits und die am Sozialstaatsprinzip auszurichtenden Befugnisse und Pflichten der Eigentümer andererseits in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen; dabei ist das W o h l der Allgemeinheit Orientierungspunkt, jedoch auch Grenze der B e s c h r ä n k u n g des E i g e n t u m s . 5 Art. 14 Abs. 2 G G wendet sich aber auch

1

2

3

4

5

In BVerfGE 26, 215, 222 ist dazu gesagt, ein Veräußerungsverbot gehöre zu den schärfsten Eingriffen in den Freiheitsbereich des Bürgers. S. dazu oben Rdn. 13; s. auch BVerfGE 50, 290, 340, wo von der Verfügungsbefugnis als elementaren Bestandteil der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung die Rede ist. S. dazu bereits Rdn. 14; s. auch Kimminich in AgrarR 1980, 177, 181 mit weit. Hinweisen. BGHZ 72, 273, 2 7 6 / 2 7 7 = NJW 1979, 36, 37 = DVBl. 1979, 114 = BauR 1979, 40. BVerfGE 21, 73, 83 = NJW 1967, 619 = J Z 1967, 251 = DVBl. 1967, 232 = DÖV 1967, 264; BVerfGE 25, 112, 117/118 = DÖV 1969, 281; BVerfGE 50, 290, 340 = NJW 1979, 699 = W M 1979, 389 = DVBl. 1979, 399 = DÖV 1979, 251.

141

106

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

u n m i t t e l b a r an den Eigentümer selbst. Dieser ist von Verfassungs wegen zu einer sozialgerechten und a m G e m e i n w o h l orientierten Nutzung seines Eigentums und zum Unterlassen sozialwidriger Eigentumsnutzung verpflichtet. Es k ö n n e n sich für den Eigentümer unmittelbar aus der Sozialpflichtigkeit allen Eigentums, mithin unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 G G G e b r a u c h s - , Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen ergeben, o h n e d a ß der Gesetzgeber im R a h m e n des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G derartige Eigentumsschranken in einem Gesetz bereits ausdrücklich vorgesehen h a t . 6 142

Hingegen sind Papier,7

H. J. Müller8

und Gassner9

der M e i n u n g , d a ß

Art. 14 Abs. 2 G G sich allein an den Gesetzgeber wende mit dem Auftrag, das G e b o t sozialgerechter Eigentumsnutzung im R a h m e n seiner Regelungsbefugnis (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G ) zu beachten. D e m vermag ich nicht zu folgen. Wenn der Verfassungsbefehl zur sozialgerechten Nutzung des Eigentums nicht unmittelbar, sondern erst durch entsprechenden „ B e f e h l " des einfachen Gesetzgebers für den Eigentümer verbindlich würde, dann w ü r d e dies der Verfassungsvorschrift des Art. 14 Abs. 2 G G nicht gerecht. D e r einfache Gesetzgeber ist nicht in der Lage, alle d e n k b a r e n Fallgestaltungen von Eigentümerverhalten (Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeiten) im voraus zu erkennen

und jegliches unsoziale Eigentümerverhalten

auszuschließen.

Er

m ü ß t e sich dann in — recht konturenlose — Generalklauseln flüchten. Wenn der Eigentümer im U m g a n g mit seinem Eigentum nur durch das, was der einfache Gesetzgeber im R a h m e n des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G ausdrücklich „ v e r b o t e n " hat, eingeschränkt wäre, dann würde m a n A r t . 14 Abs. 2 G G , der eindeutig (und nicht nur im R a h m e n der Regelungsbefugnis des A r t . 14 A b s . 1 Satz 2) jegliches nicht sozialgerechte Eigentümerverhalten mißbilligt und ausschließen will, nicht die ihm z u k o m m e n d e Bedeutung beimessen. 143

D a f ü r , d a ß sich auch o h n e entsprechende gesetzliche Regelung unmittelb a r aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums Duldungs- (und Verhaltens-) Pflichten für den Eigentümer ergeben, sei a u f einige Entscheidungen des B V e r f G und des B G H hingewiesen:

6

7 8 9

Davon geht BVerfGE 21, 73, 83 = NJW 1967, 619 = J Z 1967, 251 = DVBl. 1967, 232 = DÖV 1967, 264 ohne weiteres aus; ebenso mit Nachdruck Kimminich, Bonner Kommentar Art. 14 Rdn. 107, 110; ders. NuR 1985, 1, 5; Bryde, in: v. Miinch/Kunig, GG-Komm. Art. 14 Rdn. 69. In: Maunz-Dürig Art. 14 GG Rdn. 299. In NJW 1981, 1254, 1255. In NVwZ 1982, 165, 167/168.

Α. Allgemeines

107

Ein Hundeeigentümer, dessen H u n d wegen Tollwutverdachts aufgrund 1 4 4 des ViehseuchenG getötet und dem eine Entschädigung dafür nach Maßgabe einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung versagt worden war, hatte vor Gericht Entschädigung aus enteignungsrechtlichen Gesichtspunkten verlangt. Das BVerfG hat den gesetzlichen Ausschluß der Entschädigung gebilligt und zur Begründung u. a. ausgeführt: 1 0 Der Grundsatz, daß Sachen, von denen eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit ausgehe, dem Eigentümer ohne Entschädigung entzogen oder vernichtet werden könnten, stelle eine dem Sacheigentum immanente Sozialbindung dar, die sich auch ohne spezialgesetzliche Regelung unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 GG ergebe, der im grundgesetzlichen System — vor allem im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip — dem Eigentümer größere Verantwortung der Gemeinschaft gegenüber und damit eine stärkere Beschränkung seiner freien Verfügungsmacht auferlege als früher. Danach ergibt sich bereits unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 GG, daß ein Eigentümer gehalten ist, gefährliche Tiere oder sonstige gefährliche Sachen ggfs. entweder selbst zu vernichten oder sich ihre Vernichtung — entschädigungslos — gefallen zu lassen. Der BGH 1 1 hatte u. a. über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Ein 1 4 5 großstädtisches, nur 381 qm großes Grundstück war erhebliche Zeit vor dem 1. Weltkrieg in einer damals zulässigen Weise mit einem Wohnhaus, zwei Wohnhinterhäusern (allesamt viergeschossig) und einer Werkstatt unter Freilassung nur kleiner Höfe bebaut worden. Der Wiederaufbau der — teilweise — kriegszerstörten Gebäude wurde dem Eigentümer untersagt. Die Klage des Eigentümers auf Enteignungsentschädigung wurde in der Revisionsinstanz abgewiesen. Das Verbot, das Grundstück in der alten Weise wiederaufzubauen, findet seine Rechtfertigung unmittelbar in der Bestimmung des Art. 14 Abs. 2 GG, ohne daß es noch einer entsprechenden Regelung des Gesetzgebers bedurfte. Denn im Rahmen einer sozialgerechten Eigentumsnutzung ist eine Grundstücksnutzung, wie der Eigentümer sie beabsichtigte, schlechthin nicht mehr zulässig. Ferner ergibt sich unmittelbar aus dem Grundsatz der Sozialpflichtigkeit 1 4 6 des Eigentums die Pflicht des Eigentümers, der Lebensmittel vorrätig hat oder feilhält, die vom Gemeinwohl gebotenen seuchenpolizeilichen Überwachungen oder Untersuchungen zu dulden. Die Grenze der Sozialpflichtigkeit wird erst überschritten, wenn dabei gegen den — polizeirechtlichen —

10 11

BVerfGE 20, 351, 361 = N J W 1967, 548 = D Ö V 1967, 128. B G H Z 48, 193, 197 = N J W 1967, 1855 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 28.

108

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

G r u n d s a t z der Verhältnismäßigkeit verstoßen oder sonstwie das z u m u t b a r e P f l i c h t e n m a ß überzogen w i r d . 1 2 147

In einem weiteren vom B G H 1 3 entschiedenen Fall wurde einem G r u n d stückseigentümer, der nach einem im Wasserbuch eingetragenen und als „Eig e n t u m " zu qualifizierenden R e c h t befugt war, neben dem R e g e n w a s s e r auch die H a u s h a l t u n g s a b w ä s s e r ungereinigt in einen öffentlichen Wasserlauf abzuleiten, verboten, dieses R e c h t weiterhin in der Weise auszuüben, d a ß die Abwässer ungereinigt in den Wasserlauf gelangten. Dieses Verbot bedeutete ebenfalls nur eine Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums im R a h men des Art. 14 Abs. 2 G G . Ein Wasserableitungsrecht gibt heute im R a h m e n sozialgerechter Ausübung dieses R e c h t s nicht mehr die Befugnis her, auch derartige Schmutzwässer ungereinigt in einen öffentlichen Wasserlauf zu bringen.

148

Beim Grundeigentum ergeben sich aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums Beschränkungen in den Nutzungsbefugnissen insbesondere aus dem Gesichtspunkt der „ S i t u a t i o n s g e b u n d e n h e i t " (dazu im einzelnen R d n . 2 5 0 ff).

149

Z w a r k a n n der Gesetzgeber auch solche Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen, für die Art. 14 Abs. 2 G G bereits eine unmittelbare R e c h t s grundlage abgibt, konkretisieren und im einzelnen ausformen. J e d o c h geht es bei den vom Gesetzgeber normierten Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n gen in erster Linie um B e s c h r ä n k u n g e n , die als solche erst w i r k s a m werden, weil und nachdem der Gesetzgeber — und z w a r nur der Gesetzgeber, nicht auch eine Verwaltungsbehörde — 1 4 n u n m e h r diese Beschränkungen vorsieht. D i e B e s c h r ä n k u n g selbst w o h n t mithin dem Eigentum o h n e Eingreifen des Gesetzgebers n o c h nicht inne, ergibt sich also n o c h nicht ohne weiteres aus Art. 14 Abs. 2 G G , sondern im Eigentum ist insoweit nur die B e s c h r ä n k b a r keit (Pflichtigkeit) angelegt, die erst durch einen gesetzgeberischen A k t zu einer B e s c h r ä n k u n g (Pflicht) verdichtet wird. S o ergeben sich beispielsweise B e s c h r ä n k u n g e n des Eigentums im R a h m e n der Wirtschaftslenkung, Wohnungswirtschaft

der

u.ä. erst aus entsprechenden g e m ä ß Art. 1 4 Abs. 1

Satz 2 G G getroffenen gesetzgeberischen M a ß n a h m e n , während

derartige

B e s c h r ä n k u n g e n in der Regel aus dem allgemeinen G r u n d s a t z der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, also aus A r t . 14 Abs. 2 G G , unmittelbar n o c h nicht abzuleiten sind. 12

13

14

Vgl. BGH LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 29 Bl. 7 = WarnRechtsprechung 1968 Nr. 58. BGHZ 54, 293, 298 = NJW 1971, 133 = J Z 1971, 133 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 31. BVerfGE 56, 249, 260 = NJW 1981, 1257 = W M 1981, 481 = DVB1. 1981, 542 = DÖV 1981, 373; s. dazu Böhmer NJW 1988, 2573.

Α. Allgemeines

109

Die Normen, die der einfache Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 1 5 0 Satz 2 GG erläßt, enthalten sonach teils lediglich Positivierungen und Konkretisierungen von Beschränkungen, die sich auch schon unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 GG ergeben, teils aber — und zwar in der Mehrzahl — stellen erst sie die gesetzlichen Verdichtungen von entsprechenden Beschränkbarkeiten und Pflichtigkeiten zu konkreten Beschränkungen und Pflichten dar. O b es sich um die eine oder andere Art von Beschränkungen — unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 GG folgend und vom einfachen Gesetzgeber lediglich positiviert oder erst durch ein inhalts- und schrankenbestimmendes Gesetz aus einer Beschränkbarkeit zu einer Beschränkung intensiviert — handelt, wird praktisch erst von Bedeutung, wenn die Gültigkeit der Norm in Frage gestellt wird. Ist das Gesetz — etwa aus formellen Gründen — ungültig, dann kann eine auf dieses Gesetz gestützte Maßnahme trotzdem gültig sein, nämlich dann, wenn die Zulässigkeit der Beschränkung auch unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 GG zu rechtfertigen ist. Geht es hingegen bei derartigen Maßnahmen um Beschränkungen, die erst durch das Eingreifen des Gesetzgebers im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG aus Beschränkbarkeiten und Pflichtigkeiten zu Beschränkungen und Pflichten verdichtet werden, dann sind diese Maßnahmen bei Ungültigkeit des Gesetzes, auf das sie sich stützen, ebenfalls unwirksam. Die Beschränkungen, denen das Eigentum von Verfassungs wegen einmal 1 5 1 wegen der dem einfachen Gesetzgeber überlassenen Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) und zum anderen unter dem Gesichtspunkt der Sozialpflichtigkeit allen Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) unterliegt, kann man unter dem Begriff der Eigentumsbindung oder der Sozialbindung (Sozialgebundenheit) des Eigentums zusammenfassen. Beide Beschränkungen sind dem Eigentum im Sinne des Art. 14 GG immanent 1 5 und weisen nicht selten fließende Übergänge auf. Das BVerfG 16 hat diese Zusammenhänge dahin zum Ausdruck gebracht: „Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, der Regelungsauftrag des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang. Keiner dieser Faktoren darf über Gebühr verkürzt werden; vielmehr müssen alle zu einem verhältnismäßigen Ausgleich gebracht werden."

15 16

Vgl. zu alledem Leisner, Sozialbindung des Eigentums S. 45 ff. BVerfGE 50, 290, 340 = NJW 1979, 699 = WM 1979, 389 = DVB1. 1979, 399 = DÖV 1979, 251 (Mitbestimmungsurteil); vgl. dazu auch Maunz BayVBl. 1981, 321, 325.

Β. Die Regelungsbefugnis des — einfachen — Gesetzgebers im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG I. Allgemeines 17 152

Der Einzelne und der Staat stehen einander im Blick auf das Eigentum in einer — ständigen und im Grundsatz unaufhebbaren — Spannungslage gegenüber. 1 8 D a s Interesse des einzelnen Rechtsinhabers geht auf weitestgehendes Unbeschränktsein in den Möglichkeiten, über sein Eigentum zu verfügen und es zu nutzen. Der Staat hingegen ist daran interessiert, ist zur Erfüllung seiner Aufgaben sogar vielfach schlechthin darauf angewiesen, sich das in den Händen der Einzelnen befindliche Eigentum im Interesse der Allgemeinheit und zur Durchführung dringender Aufgaben der Gemeinschaft dienst- und nutzbar zu machen. Kraft seines jus eminens (vgl. oben Rdn. 1) kann er deshalb, wenn und soweit übergeordnete öffentliche Zwecke es erfordern, Eigentum entziehen oder belasten, mit anderen Worten enteignen. Er kann aber auch das in seinen Grenzen bereits begrifflich nicht starre, sondern wandelbare Eigentum inhaltlich bestimmen und in gewissem Ausmaß ganz allgemein und für jeden verbindlich beschränken und ihm Grenzen setzen. Er kann dementsprechend ζ. B. von der Eigentumsgarantie erfaßte Rentenansprüche und -anwartschaften und sonstige Leistungen in ihrem Umfang kürzen oder umgestalten. 1 9 In diesen Zusammenhang gehört der Gedanke von der „Pflichtigkeit" (siehe Rdn. 141, 151), die jedem Eigentum mehr oder weniger innewohnt und die der Gesetzgeber zu einer Pflicht verdichten kann. Er kann die Rechtsträger in gewissen Grenzen in ihren Verfügungs- und Benutzungsmöglichkeiten beschränken, kann ihnen Verfügungsbeschränkungen und Duldungspflichten auferlegen. Entscheidend ist,

17 18

19

Vgl. zu dem folgenden Weyreuther, „Situationsgebundenheit ..." S. 44ff. Vgl. BGHZ 6, 270, 276 = NJW 1952, 972/973 = JZ 1952, 622, 623 = LM Art. 14 GrundG Nr. 7 Bl. 2; BGH LM BayAG BGB Nr. 4 Bl. 4 = WarnRechtsprechung 1964, 78 = MDR 1964, 486 = BB 1964, 454; BGHZ 43, 196, 205 = NJW 1965, 1080, 1082 und dazu Anm. Kreft LM ViehseuchenG Nr. 4/5; BGHZ 54, 293, 295 = NJW 1971, 133 = J Z 1971, 132 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 31; BGHZ 64, 30, 38 = NJW 1975, 1457, 1460 = VersR 1975, 533 und dazu Anm. Steffen LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 36. BVerfGE 53, 257, 293 = NJW 1980, 692 = WM 1980, 273, 277 = JR 1980, 235 = DÖV 1980, 377 = DVB1. 1980, 366.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

111

daß diese Regelungen — schon im Hinblick auf Art. 3 GG — nur als generelle, alle Inhaber gleicher Rechtsstellungen in gleicher Weise bindende und belastende Regelungen getroffen werden können und diese inhaltlichen Begrenzungen der betroffenen Art von Eigentum diesem nunmehr ganz allgemein und in der H a n d eines jeden Eigentümers eigentümlich sein und seinen Inhalt künftig bestimmen müssen. 2 0 Doch ist es nicht ausgeschlossen, daß auch ein „Einzelfallgesetz", ein „Maßnahmegesetz" im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig sein kann, wenn es — ausnahmsweise — darum geht, die (Eigentums-)Rechtsverhältnisse einer ganz bestimmten Gruppe zu ordnen. 2 1 Mit alledem ist jedoch nicht gesagt, daß der Gesetzgeber verpflichtet sei, alle geldwerten Vermögensgüter den gleichen rechtlichen Grundsätzen zu unterwerfen. So sind je nach der Funktion einer bestimmten Art von Eigentum und seiner Bedeutung für die Allgemeinheit Abstufungen in der Beschränkbarkeit zulässig. Einerseits sind dem Gesetzgeber enge Grenzen gesetzt, soweit es um die Funktion des Eigentums als Sicherung der Freiheit des Einzelnen geht; andererseits muß der Eigentümer von Verfassungs wegen um so größere Beschränkungen hinnehmen, je stärker sein Eigentumsobjekt eine soziale Funktion zu erfüllen hat und in einem sozialen Bezug steht. 2 2 Deshalb kann der Gesetz20

21

22

BGHZ 6, 270, 278/279 = NJW 1952, 972 = JZ 1952, 622 = LM Art. 14 GrundG Nr. 7 Bl. 2; BGHZ 60, 126, 130 = NJW 1973, 623, 624 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ch GrundG Nr. 27 = DVB1. 1973, 627 ff mit Anm. SchmidtAßmantt. BVerfGE 25, 371, 396 ff = NJW 1969, 1203, 1204; BVerfGE 42, 263, 305 = NJW 1976, 1783, 1788 betr. Internationales Hilfswerk für contergangeschädigte Kinder; s. auch BVerwGE 94, 1, 4 = NJW 1993, 2949, 2950 = DVB1. 1993, 1141, 1142. BVerfGE 21, 73, 83 = NJW 1967, 619 = JZ 1967, 251 = DVB1. 1967, 232 = DÖV 1967, 264; BVerfGE 52, 1, 32 = NJW 1980, 985 = JZ 1979, 800 = DVBl. 1980, 158; BVerfGE 53, 257, 292 = NJW 1980, 692 = WM 1980, 273, 277 = JR 1980, 235 = DÖV 1980, 377 = DVBl. 1980, 366; BVerfGE 64, 87, 101 = NJW 1983, 2433 = JZ 1983, 752 = W M 1983, 816 = DVBl. 1983, 836; BVerfGE 79, 292, 302 = NJW 1989, 970 = W M 1989, 341; BVerfGE 87, 114, 146/147 = NJW-RR 1993, 971 = DVBl. 1993, 33 = Grundeigentum 1993, 144; BGHZ 77, 179, 186 = NJW 1980, 2705 = W M 1980, 1261 = DÖV 1980, 879 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 54; BGHZ 71, 291, 294 = DÖV 1985, 724 = DVBl. 1985, 1137; BVerfGE 92, 288, 291 = NJW 1989, 2638 betr. das Gesetz zum Schutz deutscher Kulturgüter gegen Abwanderung ... vom 6. August 1955, BGBl. I S. 501 i. d. F. vom 2. März 1974, BGBl. I S. 460; BVerwGE 94, 1, 4 = NJW 1993, 2949, 2950 = DVBl. 1993, 1141, 1142; s. auch Scholz NVwZ 1982, 327, 342 f; Kimminich NuR 1985, 1, 4.

112

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

geber etwa bei Eigentum an G r u n d und B o d e n oder an Wasser die Interessen der Allgemeinheit in stärkerem M a ß e als bei anderen Vermögensgütern zur Geltung bringen. 153

D e r von A r t . 14 Abs. 1 Satz 2 G G u m f a ß t e N o r m e n k r e i s schließt nicht nur öffentlich-rechtliche, den Eigentumsinhalt und die E i g e n t u m s s c h r a n k e n b e s t i m m e n d e Gesetze ein, sondern auch solche gesetzlichen B e s t i m m u n g e n , die die Rechtskreise der einzelnen — privaten — Eigentümer gegeneinander oder gegen sonstige Personen abstecken, wie etwa die bürgerlich-rechtlichen B e s t i m m u n g e n über den E r w e r b und Verlust des Eigentums, miet-, nachbarund bergrechtliche Bestimmungen u. a. m. Derartige Bestimmungen müssen sich daher ebenfalls an Art. 14 G G messen l a s s e n . 2 3

154

Im R a h m e n der dem Gesetzgeber von der Verfassung gestellten Aufgabe, Inhalt und S c h r a n k e n des Eigentums zu bestimmen, stellen „Inhaltsbestimm u n g " und „ S c h r a n k e n b e s t i m m u n g " — jedenfalls nach der Rechtsprechung des B V e r f G — keine sachlich verschiedenen F o r m e n der dem Gesetzgeber obliegenden Ausgestaltung des Eigentums d a r . 2 4

155

Bei der W a h r n e h m u n g der für ihn in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G begründeten Regelungsbefugnis und -aufgabe hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Spielraum und G e s t a l t u n g s b e r e i c h . 2 5 D o c h ist er keinesfalls frei, sondern ihm sind dabei Grenzen gesetzt, wenn auch der Wortlaut der Bestimmung weitere S c h r a n k e n nicht erkennen läßt. Z u n ä c h s t ist dem Gesetzgeber durch die Substanzgarantie des Art. 19 Abs. 2 G G eine Grenze dahin

23

24

25

BGH LM BayAG BGB Nr. 4 Bl. 4 = WarnRechtsprechung 1964 Nr. 78 = MDR 1964, 486 = BB 1964, 454; BGHZ 48, 46, 50 = NJW 1967, 1754, 1755 = J Z 1968, 225 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 27 = DVB1. 1968, 226; BGHZ 53, 226, 234 = NJW 1970, 747 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 A GrundG Nr. 45; BVerwGE 81, 329, 341 = NVwZ 1989, 1157 = DVB1. 1989, 663, 667 = J Z 1990, 133, 136 ff mit krit. Anm. Kühne-, s. auch Soell DVB1. 1983, 241, 243 f; ferner Pietzcker, in: FS Dürig S. 345, 353. Bryde, in: v.Münch, GG Art. 14 Rdn. 51; Engel AöR 118 (1993), 169, 230; Papier, in: Maunz-Dürig, GG Art. 14 Rdn. 300; Schmidt-Aßmann, in: Heidelberger FS S. 107, 115; and. Ans. Ramsauer, „Faktische Beeinträchtigungen . . . " S. 130 ff; ders. DVB1. 1980, 539 ff; Kimminich NuR 1985, 1, 4; Wendt, Eigentum und Gesetzgebung S. 147ff (zum Diskussionsstand); Parodi BauR 1985, 415, 420 ff. BVerfGE 8, 71, 80 = NJW 1958, 1388 = DVB1. 1958, 704; BVerfGE 21, 73, 83 = NJW 1967, 619 = J Z 1967, 251 = DVB1. 1967, 232 = DÖV 1967, 264; BVerfGE 50, 290, 340 = NJW 1979, 699 = W M 1979, 389 = DÖV 1979, 251 = DVB1. 1979, 399.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

113

gesetzt, d a ß er das Eigentum (in Z u s a m m e n h a n g mit der E i g e n t u m s g a r a n t i e ) 2 6 in seinem Wesensgehalt nicht antasten und in Frage stellen d a r f . 2 7 D i e verfassungsrechtliche Gewährleistung erfordert grundsätzlich die E r h a l t u n g des Zuordnungsverhältnisses und der Substanz des E i g e n t u m s . 2 8

Darüber

hinaus ist es „selbstverständlich, d a ß jede gesetzliche Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g s o w o h l die grundlegende Wertentscheidung des Grundgesetzes zugunsten des Privateigentums . . . zu beachten hat als auch mit allen übrigen Verfassungsnormen in Einklang stehen m u ß , also insbesondere dem Gleichheitssatz, dem G r u n d r e c h t a u f freie Entfaltung der Persönlichkeit und den Prinzipien der Rechts- und S o z i a l s t a a t l i c h k e i t " . 2 9 A u f g a b e des Gesetzgebers ist es mithin, bei den Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G beide Elemente des im G G angelegen Spannungsverhältnisses zwischen der verfassungsrechtlich garantierten Rechtsstellung des einzelnen Eigentümers einerseits und einer sozialgerechten Eigentumsordnung andererseits in gleicher Weise R e c h n u n g zu tragen. E r m u ß die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung des einen oder anderen Elementes steht mit den verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang.30

26 27

28

29

30

S. Rdn. 28. U. a. BGHZ 43, 196, 205 = NJW 1965, 1080, 1082 und dazu Anm. Kreft LM ViehseuchenG Nr. 4 / 5 ; BGH LM BayAG BGB Nr. 4 Bl. 4 = WarnRechtsprechung 1964, Nr. 78 = MDR 1964, 486 = BB 1964, 454. BVerfGE 50, 290, 341 = NJW 1979, 699 = W M 1979, 389 = DÖV 1979, 251 = DVB1. 1979, 399; BVerfGE 52, 1, 30 = NJW 1980, 985 = J Z 1979, 800 = DVB1. 1980, 158; ferner BVerfGE 72, 66, 77 f; BVerfGE 79, 174, 198 = NJW 1989, 1271 = DVB1. 1989, 352, 355. So BVerfGE 14, 263, 278 = NJW 1962, 1667 und danach BVerfGE 31, 229, 240 = NJW 1971, 2163 = J Z 1971, 773 = DVB1. 1971, 888; BVerfGE 34, 139, 146 = NJW 1973, 505; BVerfGE 58, 300, 338 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340; BVerfGE 70, 101, 111 = NVwZ 1985, 893 = DVB1. 1986, 94; BVerfGE 70, 191, 200 = NVwZ 1986, 113 = DVB1. 1986, 94; BVerfGE 74, 203, 214 = NJW 1987, 1930 = WM 1987, 700 = DVB1. 1987, 618; BVerwGE 56, 186, 198/199 = NJW 1979, 611; BVerwGE 81, 329, 341 = DVB1. 1989, 663, 667 = NVwZ 1989, 1157 = J Z 1990, 133, 136 mit krit. Anm. Kühne. BVerfGE 52, 1, 29 = NJW 1980, 985 = J Z 1979, 800 = DVB1. 1980, 158; BVerfGE 58, 137, 147 = NJW 1982, 633; BVerfGE 79, 174, 198 = NJW 1989, 1271 = DVB1. 1989, 352; BVerfGE 87, 114, 1 3 8 / 1 3 9 = NJW-RR 1993, 971 =

156

114 157

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

Eine besonders wichtige Schranke für den Gesetzgeber ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Das zulässige Maß der Bindung des Eigentums steht nicht ein für allemal fest, sondern ist entscheidend abhängig von der jeweiligen geschichtlichen Situation, von den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten. Politische oder wirtschaftliche Krisenzeiten lassen Beschränkungen und Bindungen zu, die in normalen Zeiten nicht oder nicht in dem gleichen Maße für zulässig erachtet werden könnten. Denn das Eigentum bindende und beschränkende Regelungen sind immer nur in dem Maße zulässig, wie der sachliche Grund, der zu der Bindung und Beschränkung führt, dies erfordert und die Regelungen selbst sachgerecht sind. Mit anderen Worten: Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weitergehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient; auch dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten, müssen ihm zumutbar bleiben. 31 Es ist mithin — in dem so verstandenen Sinn — der Grundsatz der „Verhältnismäßigkeit" zu wahren. In diesem Zusammenhang wird naturgemäß das Ausmaß, die Intensität, die „Schwere" der Eigen-

31

DVB1. 1993, 33 = Grundeigentum 1993, 144; BVerfGE WM 1995, 848; BVerwGE 62, 224, 228 = NJW 1982, 63, 64 = DÖV 1981, 917 = DVB1. 1981, 983; BVerwGE 88, 191, 194 = NJW 1991, 3293 = DVB1. 1991, 819 = DÖV 1991, 886; BVerwGE 92, 231, 234. BVerfGE 21, 73, 86 = NJW 1967, 619 = J Z 1967, 251 = DÖV 1967, 264 = DVBl. 1967, 232; BVerfGE 21, 150, 155 = NJW 1967, 1175 = J Z 1967, 357 = DVB1. 1967, 373 = DÖV 1967, 345; BVerfGE 50, 290, 341 = NJW 1979, 699 = WM 1979, 389 = DÖV 1979, 251 = DVBl. 1979, 399; BVerfGE 55, 249, 258 = WM 1981, 220 = BBauBl. 1981, 260 = DVBl. 1981, 379; BVerfGE 58, 137, 148 = NJW 1982, 633; BVerfGE 62, 169, 183 = NJW 1983, 2309; BVerfGE 74, 203, 214 = NJW 1987, 1930 = WM 1987, 700 = DVBl. 1987, 618; BVerfGE 75, 78, 97 = DVBl. 1987, 947 = WM 1987, 995 = SozVers. 1987, 276; BVerfGE 79, 29, 40 f = DVBl. 1989, 245, 246 = GRUR 1989, 193; BVerfGE 79, 174, 198 = NJW 1989, 1271 = DVBl. 1989, 352; s. auch bereits BGHZ 6, 270, 279 = NJW 1952, 972, 973 = J Z 1952, 622; BGHZ 53, 226, 234/235 = NJW 1970, 747 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 A GrundG Nr. 45; BGHZ 64, 30, 39/40 = NJW 1975 1457, 1460 = VersR 1975, 533 und dazu Anm. Steffen LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 36; BGHZ 102, 350, 360 = NJW 1988, 478 = J Z 1988, 453 = VersR 1988, 85 = DVBl. 1988, 232 = DÖV 1988, 341; BVerwGE 56, 186198/ 199 = NJW 1979, 611; BVerwGE 68, 143, 149 = NVwZ 1984, 432 = J Z 1984, 741; BVerwGE 81, 49, 55 = NVwZ-RR 1989, 470 = DVBl. 1989, 570 = AgrarR 1989, 224; BVerwGE 81, 329, 341 = DVBl. 1989, 663, 667 = NVwZ 1989, 1157 = J Z 1990, 133.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

115

tumsbeschränkung zu einem entscheidenden Kriterium bei der Prüfung eines inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzes. Intensität und Schwere der Eigentumsbeschränkungen dürfen nie die Grenzen dessen überschreiten, was von dem Wohl der Allgemeinheit und von dem sachlichen Anliegen, das zu der Bindung und Beschränkung führen soll, gefordert wird. Beispielsweise können zwar auch heute noch Wohnraum bewirtschaftende Maßnahmen gerechtfertigt sein, aber gewiß nicht mehr in dem Ausmaß und der „Schwere", wie sie zu Zeiten der Wohnungsnot nach dem Zusammenbruch zulässig waren. Ebenso konnten und können bei „Ölkrisen" entsprechende wirtschaftslenkende Maßnahmen (Bevorratungspflichten pp.) in einer Art und Schwere zulässig sein, die ansonsten nicht zu rechtfertigen sind. Es darf das Eigentumsrecht auch nicht als „Faustpfand" für die berechtigten Anliegen anderer verwandt werden. Deswegen hat es das BVerfG 32 u. a. als nicht mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar angesehen, daß die Deutsche Bundesbank in der Bundesrepublik belegene Guthaben von Bewohnern der ehemaligen DDR einer Sperre unterworfen hatte, um dadurch die Behörden der DDR zu weiteren Abkommen im innerdeutschen nicht-kommerziellen Zahlungsverkehr zu veranlassen. Der Gesetzgeber braucht jedoch im Rahmen der Inhalts- und Schranken- 1 5 8 bestimmungen die sich daraus ergebende Rechtsstellung des Eigentümers nicht bis ins letzte hinein selbst zu regeln. Er kann Einzelheiten der Regelung durch niederrangige Normen (Verordnung, Satzung pp.) überlassen, ist dabei jedoch gehalten, die Voraussetzungen, unter denen der Gebrauch des Eigentums beschränkt werden darf, durch eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Ermächtigung selbst festzulegen. 33 Gerichte und sonstige Gesetzesanwender sind bei der Auslegung der in- 1 5 9 halts- und schrankenbestimmenden Normen an die gleichen Schranken gebunden wie der Gesetzgeber selbst. Sie dürfen deshalb die Eigentümerbefugnisse durch ihre Gesetzeshandhabung nicht weiter einschränken, als es der Gesetzgeber selbst tun dürfte. 3 4

32 33

34

BVerfGE 62, 169, 183 = NJW 1983, 2309. BVerfGE 58,137, 146 = NJW 1982, 633; BVerwGE 68, 143, 149 = NVwZ 1984, 432 = JZ 1984, 741; BVerwGE 9 4 , 1 , 4 = NJW 1993, 2949, 2950 = DVB1. 1993, 1141. BVerfGE 79, 283, 290 = NJW 1989, 972 = WM 1989, 346 = JZ 1989, 536; BVerfGE 79, 292, 303 = NJW 1989, 970 = WM 1989, 341.

116

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

II. Zur Grenze zwischen verfassungsrechtlich zulässigen und unzulässigen (rechtswidrigen) Inhalts- und Schrankenbestimmungen 1. Allgemeines 160

W i e bereits o b e n 3 5 im einzelnen ausgeführt, erfaßt der Enteignungstatbestand nach der — früheren — Rechtsprechung des B G H alle Eigentunisbeeinträchtigungen durch Eingriffe von h o h e r H a n d , die nicht mehr als Ausprägung der Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g oder als sonstige Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu rechtfertigen sind. D i e zu dieser Abgrenzung der entschädigungslosen Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit einerseits und der entschädigungspflichtigen Enteignung andererseits ergangene umfangreiche R e c h t s p r e c h u n g kann auch weiterhin herangezogen werden, und z w a r jetzt zur Abgrenzung von zulässigen und unzulässigen (verfassungswidrigen) Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g e n ; die früher für die B e s t i m m u n g der „Enteignungsschwelle" maßgeblichen Kriterien sind zu Kriterien für die Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g e n geworden.

161

Es ist dabei jedoch folgendes zu b e d e n k e n : 3 6 Selbst wenn der Enteignungsbegriff nicht durch die Rechtsprechung des B V e r f G verengt und f o r m a lisiert w o r d e n w ä r e 3 7 und der B G H auch weiterhin den von ihm herausgebildeten

weiten

Enteignungsbegriff

seiner Rechtsprechung

würde, so ergäbe sich d o c h in dem hier interessierenden

zugrunde

legen

Zusammenhang

eine praktisch sehr b e d e u t s a m e Folgerung: D e n n während der B G H in der früheren R e c h t s p r e c h u n g einen Enteignungstatbestand auch dann b e j a h t und dementsprechend eine (Enteignungs-)Entschädigung nach dem

Grundsatz

„dulde und liquidiere" auch dann zugebilligt hatte, wenn der E i g e n t ü m e r gegen die den Enteignungstatbestand bildende M a ß n a h m e ein Rechtsmittel nicht eingelegt, sich also gegen die beeinträchtigende M a ß n a h m e selbst nicht zur Wehr gesetzt hatte, würde dem Eigentümer heute eine Entschädigung nicht mehr zugebilligt werden k ö n n e n . D a s ergibt sich aus dem G r u n d s a t z des Vorrangs des primären R e c h t s s c h u t z e s , 3 8 nach dem einem Betroffenen ein Geldausgleich zu versagen ist, wenn er von der auch ihm e r k e n n b a r

35 36 37 38

S. Rdn. 62. So auch Lege J Z 1994, 431, 433. S. dazu oben Rdn. 64. Dazu oben Rdn. 53.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

117

gegebenen rechtlichen Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, die gegen ihn gerichtete Maßnahme selbst anzufechten, obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre. Denn dieser Grundsatz hat seine Geltung ganz allgemein und damit auch unabhängig davon, wie der Enteignungsbegriff selbst zu fassen ist.

2. Zur Grenzziehung im einzelnen Die Grenzziehung zwischen — entschädigungslos zulässiger — Inhalts- 1 6 2 und Schrankenbestimmung oder einer sonstigen Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und der — enschädigungspflichtigen — Enteignung wurde in der Rechtsprechung des BGH nicht nach formalen Kriterien, wie das RG es mehr oder weniger auf der Grundlage seiner Sonderopfertheorie getan hatte, 3 9 sondern immer mehr nach materiellen, nach sachlichen Gesichtspunkten beantwortet. 4 0 Zwar hat auch der BGH vielfach vom „Sonderopfer" gesprochen und etwa dahin formuliert, die Grenze zur Enteignung sei überschritten, wenn „in eine als Eigentum ... geschützte Rechtsposition in einer Weise eingegriffen wird, die dem Betroffenen unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz ein Sonderopfer auferlegt oder den Wesensgehalt seines Rechts antastet". 4 1 Hier ist aber der Begriff des „Sonderopfers" im sachlichen Sinne gemeint als materieller Verstoß gegen den Gleichheitssatz, als ein Verstoß gegen den Grundsatz der Lastengleichheit aller, der heute das Verhältnis des Einzelnen zum Staat im Blick darauf, wieweit der Einzelne zu den Lasten der Allgemeinheit herangezogen werden kann, beherrscht. 42 Wurde unter Verstoß gegen diesen Grundsatz der Lastengleichheit aller ein derartiges „Sonderopfer" von dem Eigentümer gefordert, dann war das nicht

39 40 41

42

Dazu Rdn. 6. Das verkennt m. E. Schmitt-Kammler NJW 1990, 2515 ff. So u. a. BGHZ 60, 145, 147 = NJW 1973, 628 und dazu Anm. Kreft LM § 19 WasserhaushaltsG Nr. 2; auch bereits BGHZ 23, 30, 32 ff = NJW 1957, 538 = WM 1957, 290, 292 (Grünflächenurteil); BGHZ 30, 338, 341 = NJW 1959, 2156 = WM 1959, 1337 (Freiburger Bausperrenurteil); ferner BGHZ 63, 240, 246 = NJW 1975, 384 = WM 1975, 117, 120. BGHZ 87, 321, 333 = NJW 1984, 560 unter Hinweis auf BVerfGE 41, 126, 153 = NJW 1976, 1491 = DRiZ 1976, 244 = DVB1. 1976, 491; BGHZ 80, 111, 115 = NJW 1981, 2114 = VersR 1981, 573 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57 = DVB1. 1981, 924; BGHZ 122, 76 = NJW 1993, 1700.

118

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

mehr unter dem Gesichtspunkt der Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu rechtfertigen, der Eigentümer wurde „enteignet" (s. dazu Rdn. 62). Z w a r lag nicht nur in den Fällen des Abforderns eines in diesem Sinne zu verstehenden „Sonderopfers" eine Enteignung vor. Diese konnte vielmehr auch dann gegeben sein, wenn durch generelle Regelungen ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz, mithin in einer alle Inhaber gleicher Rechtsstellungen in gleicher Weise treffenden Weise der Wesensgehalt des Eigentums angetastet wurde, was ebenfalls nicht mehr mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gerechtfertigt werden kann. 4 3 Aber immer dann, wenn ein „Sonderopfer" in dem gedachten Sinne gefordert und damit der Einzelne auf mehr in Anspruch genommen wurde, als das Gesetz von anderen in gleicher Lage Befindlichen fordert, sah der BGH darin — angesichts des Verstoßes gegen den Grundsatz der Lastengleichheit aller — eine „Enteignung". 163

Dazu ist zur Vermeidung von MißVerständnissen zu bemerken: Wie in Rdn. 140 ff im einzelnen ausgeführt, unterliegt das Eigentum weithin „Pflichtigkeiten" und „Beschränkbarkeiten", die durch den Gesetzgeber (oder aufgrund entsprechenden Gesetzes durch die Verwaltungsbehörden) zu „Pflichten" und „Beschränkungen" verdichtet und intensiviert werden können. Wenn diese zulässige Verdichtung von Pflichtigkeiten (Beschränkbarkeiten) zu Pflichten (Beschränkungen) bei einzelnen Eigentümern vorgenommen wird, bei anderen nicht, dann liegt darin nicht ohne weiteres ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, gegen den Grundsatz der Lastengleichheit aller. Wenn beispielsweise in einer Stadt viele Gebäude denkmalschutzwürdig sind, aber nicht alle diese Gebäude, sondern — ohne daß dabei willkürlich verfahren wird — nur einzelne von ihnen tatsächlich unter Denkmalschutz gestellt werden, dann bedeutet die darin liegende faktische Ungleichheit nicht einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Das gleiche gilt etwa dann, wenn gewisse Grundflächen unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellt werden. Die Betroffenen erbringen kein „Sonderopfer", wenn die gewissermaßen latent auch den übrigen denkmalschutzwürdigen Häusern oder landschaftlich schützenswerten Grundflächen aufliegenden Beschränkungen bei deren Eigentümern nicht, sondern nur bei den einzelnen Betroffenen virulent werden. 4 4 43

44

Vgl. B G H Z 30, 338, 341 = N J W 1959, 2156 = W M 1959, 1337 (Freiburger Bausperrenurteil); B G H Z 60, 145, 147 = N J W 1973, 628 und dazu Anm. Kreft LM § 19 WasserhaushaltsG Nr. 2. Vgl. B G H Z 23, 30, 3 3 / 3 4 = N J W 1957, 538 = W M 1957, 290 (Grünflächenurteil); BGH LM § 839 C BGB Nr. 5 Bl. 3; O V G Lüneburg VerwRechtsprechung 18 (1967) Nr. 165.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

119

Auch in seiner späteren Rechtsprechung hat der B G H immer wieder von

164

einem — materiell-rechtlich verstandenen — Sonderopfer gesprochen und dem G r u n d s a t z der Lastengleichheit aller entscheidende Bedeutung beigel e g t 4 5 . E r hat dabei i m m e r mehr b e t o n t , d a ß für die Abgrenzung der Sozialbindung zur Enteignung auf materielle, nicht auf formelle Kriterien abzustellen sei. D a n a c h ergibt sich: D e r B G H hat die Abgrenzung zwischen Sozialbin-

165

dung und Enteignung nicht nach einer einzigen T h e o r i e — Sonderopfer-, Privatnützigkeits-, Schweretheorie u. a. — v o r g e n o m m e n , wenn er auch dem Grundsatz der Lastengleichheit aller, der dem — materiellen — Sonderopfergedanken nahesteht, großes, ja entscheidendes G e w i c h t beimißt. E r faßt jedoch auch diesen Begriff nicht f o r m a l , sondern er läßt dabei stets weitere Wertungselemente wie „ S c h w e r e " , „Tragweite", „ Z u m u t b a r k e i t " , „Verhältn i s m ä ß i g k e i t " mit einfließen. S o heißt es dazu in B G H Z 5 4 , 2 9 3 ,

29646

ausdrücklich, d a ß die Frage der Abgrenzung der Sozialbindung von der Enteignung sich b e a n t w o r t e „nicht nach der f o r m a l e n Gestaltung der M a ß n a h m e , sondern nach ihrem inneren G e h a l t und ihrem Z w e c k , wobei die Schwere des Eingriffs, die Überschreitung einer gewissen Opfergrenze und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu b e a c h t e n " s e i e n . 4 7 D a m i t entspricht die Rechtsprechung des B G H insoweit der des B V e r w G . Dieses G e r i c h t hat für die Abgrenzung der Sozialbindung von der Enteignung von Beginn an auf materielle Kriterien abgestellt. N a c h dieser Rechtsprechung wurde die Grenze zur Enteignung nicht überschritten bei „Beschränkungen, die üblich, a d ä q u a t und zumutbar s i n d " . D o c h wurde ein Überschreiten dieser Grenze a n g e n o m m e n , wenn die durch den Eingriff bewirkten B e s c h r ä n k u n g e n des Eigentums wegen ihrer „ S c h w e r e " und „ T r a g w e i t e " dem Eigentümer nicht m e h r zumutbar, wenn sie „ u n e r t r ä g l i c h " w a r e n . 4 8 E b e n s o wie der B G H hat das B V e r w G diese Abgrenzungskriterien BGHZ 62, 305, 311 f = NJW 1974, 1465; BGHZ 67, 320, 327 f = NJW 1977, 388; BGHZ 87, 66, 75 = NJW 1983, 1657 = W M 1983, 624 = DVB1. 1983, 630 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 117. 46 = N j W 1 9 7 1 ; 1 3 3 = j Z 1 9 7 1 > 1 3 2 u n d dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 31. 4 7 Vgl. dazu auch Papier in Urteilsanmerkung J Z 1984, 993, 994. 4 8 BVerwGE 5, 143, 145 = NJW 1957, 1534; BVerwGE 7, 297, 299 = NJW 1959, 165, 166; BVerwGE 11, 69, 75 = JR 1960, 471 = DVB1. 1960, 722 = DÖV 1960, 793; auch BVerwGE 32, 173, 178/179 = NJW 1969, 1787, 1788; BVerwGE 36, 248, 249 = DÖV 1971, 428 = DVB1. 1972, 526 = RdL 1971, 81; BVerwGE 44, 244, 246 = DVB1. 1974, 358 = DÖV 1974, 381; BVerwGE 61, 295, 303 = NJW 1981, 2137, 2138; auch BVerwGE 52, 122, 124/125 = NJW 1978, 62 = 45

166

120

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

auch in seiner späteren Rechtsprechung 4 9 für die Bestimmung der Schwelle zwischen zulässigen und unzulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen beibehalten.

III. Einzelfälle 1. Abfallentsorgung 167

Die — zumindest weithin — entgegengesetzten Interessen zwischen der v o m Wohl der Allgemeinheit geforderten öffentlichen Aufgabe der Abfallentsorgung einerseits und den Interessen der — zumeist privaten — Abfallbesitzer andererseits sucht das Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (AbfG) v o m 17. 8. 1 9 8 6 , 5 0 durch das das A b f G v o m 7. 6. 1 9 7 2 5 1 aufgehoben wurde, in sachgerechter Weise auszugleichen. D a z u hat das Gesetz in § 3 Abs. 2 Satz 1 die Pflicht der öffentlichen H a n d zur Abfallentsorgung begründet und dafür dem Abfallbesitzer in § 3 Abs. 1 die Pflicht auferlegt, Abfälle dem Entsorgungspflichtigen zu überlassen (Anschluß- und Benutzungszwang). 5 2

49

so

51 52

DVB1. 1977, 722 = DÖV 1977, 752; s. ferner die Nachw. bei Weyreuther, „Die Situationsgebundenheit ..." S. 113. Vgl. DÖV 1986, 571, 572; BVerwGE 84, 361, 367/368 = N J W 1990, 2572, 2575 = DVB1. 1990, 585 = J Z 1991, 86 ff mit Anm. Ossenbühl-, BVerwGE 94, 1, 11 = NJW 1993, 2949 = DVB1. 1993, 1141. BGBl. I 1410, geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinien des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Produkten (85/337 EWG) vom 12. Februar 1990, BGBl. I 205, und durch Art. II des 3. Gesetzes zur Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vom 11. Mai 1990, BGBl. I 870, sowie durch den Einigungsvertrag (Kap. XII Sachgebiet D) BGBl. II 1117. BGBl. I 873 i. d. F. der Bekanntmachung vom 5. Januar 1977, BGBl. I 41. S. dazu BVerfGE 79, 127, 156 ff = NVwZ 1989, 347, 351/352; BVerwGE 67, 321, 325 ff = NVwZ 1984, 176, 177; BVerwGE 85, 44, 47 = NVwZ 1990, 969, 970 ff = JuS 1991, 428 (Murswiek) = DVB1. 1990, 589, 590 und dazu Anm. Weidemann, vgl. zu alledem Breuer, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 10. Aufl. S. 690 ff; ferner Paetow NVwZ 1990, 510 ff; auch Murswiek DVB1. 1994, 77.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

121

2. Anschluß- und (oder) Benutzungszwang Wenn die öffentliche Hand im Interesse des Gemeinwohls für Zwecke der 1 6 8 Daseinsvorsorge — Wasserversorgung, Müllabfuhr, Abwässerkanalisation, Schlachthöfe, Bestattungseinrichtungen u. a. — den Anschluß- und (oder) Benutzungszwang einführt, so sind die entsprechenden Bestimmungen (die zumeist in Form einer Gemeindesatzung ergehen) durchweg als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu werten. 53 Von der Einführung des Benutzungszwangs werden in erster Linie alle die 1 6 9 betroffen, die die jeweils in Betracht kommenden Leistungen (Müllabfuhr, Wasserversorgung pp.) bislang selbst erbracht haben oder — aufgrund privatrechtlicher Abmachungen — durch andere (ζ. B. durch Müllabfuhr- und Fäkalienbeseitigungsunternehmen) haben erbringen lassen. Sie müssen sich der Einführung des Anschluß- und Benutzungszwangs ohne weiteres beugen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die in Betracht kommenden Stellen der öffentlichen Hand einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen haben, aufgrund dessen die Betroffenen davon ausgehen konnten, daß an der derzeitigen Rechtslage vorerst nichts geändert werde, wenn etwa die Gemeinden Grundeigentümer dazu angehalten hatten, Brunnen zur Eigenversorgung mit Trinkwasser oder eigene Einrichtungen zur Fäkalienbeseitigung (Sickergruben pp.) zu schaffen. Auch in diesen Fällen wird zwar die Einführung des Benutzungszwangs als solche von den Betroffenen hingenommen werden

53

Vgl. zu alledem B G H Z 40, 355, 358 ff = N J W 1964, 863, 864 ff und dazu Anm. Kreft L M Art. 14 Cc GrundG Nr. 15 (Müllabfuhr); BGH L M Art. 14 A GrundG Nr. 42 = W M 1968, 1093 (Schlachthof); BGH L M Art. 14 A GrundG Nr. 44 = MDR 1969, 912 (Aufhebung des Schlachthofbenutzungszwangs); BGHZ 54, 293, 2 9 7 f f = N J W 1971, 133 = J Z 1971, 132 und dazu Anm. Kreft L M Art. 14 Ba GrundG Nr. 31 (Altes Abwasserableitungsrecht wird gegenstandslos); B G H Z 77, 179, 183 = N J W 1980, 2705 = W M 1980, 1261 = DÖV 1980, 879 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 5 4 (Fernheizwerk); BVerwG DÖV 1960, 594 = DVB1. 1960, 396 (Wasserleitung); BVerwG VerwRechtsprechung 17 (1966) Nr. 87 (Schlachthof); BVerwG VerwRechtsprechung 17 (1966) Nr. 88 (Aufhebung des Schlachthofzwangs und Schließung des Schlachthofs); BVerwG DÖV 1969, 431 = GewArch 1969, 431 (Müllbeseitigung und Verbot privater Müllverbrennungsanlage); BVerwG NuR 1989, 341 (Wasserversorgung); vgl. auch BVerwGE 45, 224 ff = DVB1. 1974, 349 (Friedhofszwang für Urnen); die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde vom BVerfG zurückgewiesen in BVerfGE 50, 256 ff = N J W 1979, 1413 = BayVBl 1979, 370.

122

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

müssen, doch wird für sie eine Übergangsregelung zu treffen sein, die dem Maß der Aufwendungen angemessen Rechnung trägt, die die Betroffenen im Vertrauen auf die Fortdauer der bisherigen Rechtslage gemacht haben (vgl. dazu bereits Rdn. 35). 170

Von der Einführung des Benutzungszwangs für öffentliche Einrichtungen werden ferner auch die betroffen, die die in Rede stehenden Leistungen zur Grundlage eigener gewerblicher Tätigkeit (Müllabfuhr- und Straßenreinigungsunternehmen pp.) gemacht haben. Weil aber in den meisten Gemeindeordnungen 5 4 vorgesehen ist, daß die Gemeinde berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet ist, bei dringenden öffentlichen Bedürfnissen für kommunale Einrichtungen der hier in Rede stehenden Art den Anschlußund (oder) Benutzungszwang einzuführen, sind derartige Gewerbebetriebe als „Eigentum" von vornherein mit dem Risiko belastet, daß eines Tages durch Einführung des Anschluß- und (oder) Benutzungszwangs für entsprechende gemeindliche Einrichtungen die Weiterführung der Betriebe in der bisherigen Weise unmöglich gemacht wird. In diesen Fällen muß die Verwirklichung dieses Risikos, d. h. die Einführung des Benutzungszwangs von den Inhabern der betroffenen Gewerbebetriebe ohne weiteres hingenommen werden. 5 5 Anderes kann auch hier nur gelten, wenn die Gemeinde dem Unternehmer Zusicherungen gemacht oder einen sonstigen Tatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen der Unternehmer mit einer mehr oder weniger lange fortdauernden Zulässigkeit seines Gewerbes rechnen durfte und dementsprechend disponieren konnte. Auch in diesen Fällen werden von der öffentlichen Hand (Übergangs-)Regelungen getroffen werden müssen, die die Neuregelung für die betroffenen Unternehmer erträglich und zumutbar machen (s. dazu ebenfalls bereits Rdn. 35).

171

Was die Müllabfuhr angeht, muß es allerdings als zweifelhaft erscheinen, ob die privaten Müllabfuhrunternehmen noch in zulässiger Weise dem Anschluß- und Benutzungszwang unterworfen werden können. Eine verfassungsmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung für „Eigentum" hat zur Voraussetzung, daß die Abwägung der widerstreitenden Interessen — hier das Interesse der Allgemeinheit an einer Übernahme der Müllabfuhr in die

54 55

Vgl. u. a. § 19 Abs. 2 Hess.GemO; § 8 Nds.GemO; S 19 N(R)W. GemO. Vgl. BGHZ 40, 355, 258 ff = NJW 1964, 863 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 157; BVerwGE 62, 224, 227 = NJW 1982, 63, 64 = DVB1. 1981, 983 = DÖV 1981, 917 (Müllabfuhr); a. A. Wolff/Bachof, VerwR II 4. Aufl. S. 389; zweifelnd in der 5. Aufl. $ 99 Rdn. 20 (S. 326); Bedenken auch bei Ossenbtihl, Staatshaftungsrecht 4. Aufl. S. 158 ff.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

123

öffentliche H a n d und das gegenläufige Interesse des M ü l l a b f u h r u n t e r n e h mers an der Beibehaltung seines Betriebes — ein eindeutiges Übergewicht des öffentlichen Interesses an der Überführung in die öffentliche H a n d ergibt. D a s dringende Interesse an der Ü b e r n a h m e der M ü l l a b f u h r in die öffentliche H a n d kann indes — zumindest im wesentlichen — nur damit begründet werden, d a ß die M ü l l a b f u h r in der öffentlichen H a n d geordneter und zuverlässiger vor sich gehe als wenn diese A u f g a b e von privaten Unternehmern durchgeführt werde. D a s aber wird m a n nach den Erfahrungen mit dem Streik der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, als vor einigen J a h r e n in Städten und G e m e i n d e n die M ü l l b e r g e sich in k a u m erträglicher Weise häuften, nicht mehr sagen k ö n n e n , solange nicht sichergestellt ist, d a ß die o r d n u n g s g e m ä ß e M ü l l a b f u h r auch bei einem Streik der „ M ü l l m ä n n e r " gewährleistet ist. Dagegen wird m a n k a u m einwenden k ö n n e n , d a ß auch die Arbeitskräfte privater M ü l l u n t e r n e h m e n streiken k ö n n t e n . D e n n die Überführung der M ü l l a b f u h r in die öffentliche H a n d hat zur Voraussetzung, d a ß die M ü l l a b f u h r a u f diese Weise eindeutig besser funktioniert als in privater Hand.

3. Apothekenrecht D i e gesetzliche Regelung des A p o t h e k e n r e c h t s durch das Gesetz über das A p o t h e k e n w e s e n 5 6 und die aufgrund dieses Gesetzes (§ 2 1 ) erlassene A p o t h e k e n b e t r i e b s o r d n u n g 5 7 werden von der Rechtsprechung, soweit sie bisher d a m i t b e f a ß t worden ist, als zulässige Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g e n a n g e s e h e n . 5 8 S o hat das B V e r f G 5 9 auch die Ladenschlußregelung für B a h n -

56

57

58

59

Jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980, BGBl. I S. 1993 — zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Apotheken-Richtlinie der EG in deutsches Recht vom 13. Juli 1988, BGBl. I 1077. Vom 8. 2. 1987, BGBl. I 447, ergänzt durch Art. 24 des GesundheitsreformG v. 20. 1. 1988, BGBl. I 2477. BVerwGE 45, 331 ff = NJW 1975, 357; BVerwGE 56, 186, 195 ff = NJW 1979, 611; BGHZ 34, 188 = NJW 1961, 968 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 18; alle drei Entscheidungen betreffen die Einrichtung und Fortführung von Rezept-Sammelstellen. BVerfGE 13, 225, 229 = NJW 1962, 100.

172

124

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

hofsapotheken in § 11 des LadenschlußG 60 als verfassungsgemäß gebilligt. Ferner hat das BVerfG 61 in dem in einer Berufsordnung der Apotheker enthaltenen Verbot der Werbung in bestimmter Form für nicht apothekenpflichtige Waren eine Verfassungswidrigkeit nicht gesehen. Ebenso hat das BVerwG 62 das in Berufsordnungen verschiedener Landesapothekerkammern enthaltene Verbot der Außenwerbung auch für apothekenübliche Waren als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet. Jedoch hat das BVerfG 63 eine unterschiedliche Regelung der Zulässigkeit der Selbstbedienung für frei verkäufliche Arzneimittel für Apotheken einerseits und den übrigen Einzelhandel andererseits als mit Art. 3 GG unvereinbar gewertet.

4. Bauordnungs- und Bauplanungsrecht 5. Rdn. 2 4 1 - 2 4 9 .

5. Bergrecht 173

Die Befugnis, Bodenschätze zu gewinnen und auszubeuten, gehörte schon seit langer Zeit nicht zum Inhalt des Grundeigentums, sondern wurde im Verhältnis zum Grundeigentum (Oberflächeneigentum) als ein von diesem getrenntes absolutes eigenständiges Recht angesehen. 64

174

Das nach dem Preuß. Allgem. BergG (ABG) durch Verleihung zu erwerbende „Bergwerkseigentum" und sonstige nach anderen Landesgesetzen erworbene Bergberechtigungen sind durch das BundesbergG (BBergG) 65 nicht

60

61

61 63

64

65

Vom 18. 11. 1956, BGBl. I S. 875 i. d. F. des Gesetzes vom 17. 7. 1957, BGBl. I S. 722 und desweiteren ÄnderungsG v. 14. 11. 1960, BGBl. I S. 845. BVerfGE 53, 96 = N J W 1980, 633 = BayVBl 1980, S. 241; s. dazu auch EuGH in DVB1. 1994, 745 f. BVerwGE 89, 30 = N J W 1992, 994. BVerfGE 75, 166, 179 = N J W 1987, 2919 = GRUR 1988, 230 = GewArch 1987, 264. Zu dieser Frage eingehend B G H Z 53, 226, 230 ff = N J W 1970, 747, 748 und dazu Anm. Kreft, LM Art. 14 A GrundG Nr. 45; auch BVerwGE 81, 329, 335 = DVBl. 1989, 663 = NVwZ 1989, 1157 = J Z 1990, 133 mit Anm. Kühne-, Hoppe DVB1. 1993, 221. Vom 13. 8. 1980 - BGBl. I 1310.

125

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

aufgehoben, sondern gemäß § 149 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 dieses Gesetzes aufrechterhalten worden. Sie wurden allgemein als „Eigentum" im Sinne des Art. 14 G G erachtet, und zwar ist der B G H dabei — in Übereinstimmung mit dem R G 6 6 — von einem rein privatrechtlichen Eigentum ausgegangen. 6 7 Auch sind die gemäß A B G begründeten Vorkaufsrechte, soweit sie bei Inkrafttreten des BBergG bereits entstanden waren, nicht erloschen, sondern bestehen geblieben. 6 8 Das entsprechende muß gelten für die Bergbauberechtigungen nach dem BBergG. Das Recht zum „Aufsuchen" von Bodenschätzen bedarf der „Erlaubnis", das Recht zum „Gewinnen" von Bodenschätzen der „Bewilligung" oder des „Bergwerkseigentums" (§ 6 BBergG). Es kann dahinstehen, ob man insoweit das „Bergwerkseigentum" alten Rechts und die Bergbauberechtigungen neuen Rechts dem privaten oder dem öffentlichen Recht oder sowohl dem einen wie dem anderen zuordnen will. Denn in jedem Falle geht es um „Eigentum" im Sinne des Art. 14 G G . 6 9 Im Verhältnis zwischen Bergbauberechtigtem und Oberflächeneigentümer stehen mithin zwei selbständige und jeweils durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 G G geschützte Rechtspositionen nebeneinander. Aus diesem Nebeneinander ergeben sich naturgemäß Konfliktsituationen. Das Interesse des Bergbauberechtigten ist auf möglichst ungehinderte und nicht durch Rücksichtnahme auf den Oberflächeneigentümer beschränkte Durchführung des Abbaues und der Gewinnung der Bodenschätze gerichtet, während das Interesse des Oberflächeneigentümers auf möglichst weitgehende Schonung des Grundeigentums gerichtet ist. Der Gesetzgeber ist daher gehalten, im Rahmen seiner ihm durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 G G eingeräumten und aufgetragenen Regelungsbefugnis und -aufgabe unter Beachtung der ihm dafür gesetzten Grenzen (s. Rdn. 3 4 , 151, 160 f f ) eine gesetzliche Regelung zu finden, die als sachgerechter Ausgleich der gegenläufigen Interessen

66

s. R G Z 87, 3 9 1 , 4 0 0 .

67

B G H Z 5 3 , 2 2 6 , 2 3 4 f; weiter eingehend dazu Vogelsang, tum,

der

eine

eingehende

Darstellung

der

Das Bergwerkseigen-

verschiedenen

Theorien

bringt

(S. 2 5 ff) und selbst zu der Auffassung gelangt, die Rechtsposition „Bergwerkseigentum" sei sowohl dem privaten als auch dem öffentlichen Recht zuzuordnen. 68

BVerfGE 83, 2 0 1 = D Ö V 1 9 9 1 , 3 7 7 , 3 7 8 = N J W 1 9 9 1 , 1 8 0 7 = DVB1. 1 9 9 0 ,

69

So auch BVerfGE 7 7 , 130, 136 = ZfBergR 88, 8 4 unter Berufung auf Papier, in:

3 7 6 = J Z 1 9 9 1 , 7 7 4 , 7 7 5 mit Anm. M a u n z / D ü r i g Art. 14 Rdn. 2 0 1 .

Schwabe.

175

126

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

von Bergbau und O b e r f l ä c h e n e i g e n t u m erachtet werden k a n n ; eine schwierige A u f g a b e . 7 0 176

Unter der Geltung des A B G hat der B G H die Entschädigungsregelung in §§ 148 ff dieses Gesetzes insoweit als gegen Art. 14 G G verstoßend erachtet, als nicht für eine Schadloshaltung des berggeschädigten Grundeigentümers auch für den Fall Vorsorge getroffen war, d a ß der ersatzverpflichtete „Bergw e r k s b e s i t z e r " zahlungsunfähig wurde oder der Berggeschädigte aus anderen Gründen seine Ersatzforderung gegen den Verpflichteten nicht realisieren k o n n t e . Er hat dabei offen gelassen, o b die gesetzliche Regelung im Lichte des Art. 14 G G auch insoweit nicht h a l t b a r sei, als nur für Schäden, die am Grundeigentum selbst oder an seinen „ Z u b e h ö r u n g e n " entstanden waren, eine Entschädigung vorgesehen w a r . 7 1 D a s B B e r g G hat diesen Bedenken R e c h n u n g getragen und in § 1 2 2 zur Sicherung von Bergschädenansprüchen die Errichtung einer „Bergschadensausfallkasse" vorgesehen und zählt zu den zu ersetzenden „ B e r g s c h ä d e n " alle Schäden an L e i b , Körper und Gesundheit sowie an Sachen.

177

Die Regelungen, die das A B G für das Verhältnis zwischen Bergbautreibenden und Grundeigentümern als Träger „öffentlicher V e r k e h r s m i t t e l " in §§ 1 5 3 , 1 5 4 getroffen hatte, hat der B G H als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums g e w e r t e t . 7 2

178

Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher mit entsprechenden Fragen befaßt worden ist, sind die gesetzlichen Regelungen des B B e r g G als zulässige Inhalts- und S c h r a n k e n b s t i m m u n g e n angesehen worden. D e r B G H hat sich mit der Regelung der „Untergrundspeicherung" im B B e r g G (§§ 1 2 6 , 7 7 ff) befaßt und diese Regelungen im Blick a u f Art. 14 nicht b e a n s t a n d e t . 7 3 Eine weitere Entscheidung des B G H sungspflichten"

(§ 1 1 0 B B e r g G )

betrifft die Regelung der

und der

„Anpas-

„Sicherungsmaßnahmen"

(§11

BBergG).74

70

71

72

73

74

S. dazu Hoppe in DVB1. 1982, 101, 104; Hoppe/Beckmann, Grundeigentumsschutz, die zu dem Schluß kommen, daß die bergrechtliche Duldungsverpflichtung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren sei. S. BGHZ 53, 226, 235 ff = NJW 1970, 747, 748 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 A GrundG Nr. 45. BGHZ 57, 375, 388 = NJW 1972, 532, 5 3 5 / 6 mit abl. Anm. Kühne und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 32; auch BGHZ 59, 332, 3 3 7 / 8 = NJW 1973, 49 und dazu Anm. Kreft Art. 14 Ba GrundG Nr. 34. BGHZ 110, 17 = NJW 1990, 978 ff = LM § 905 BGB Nr. 9 = VersR 1990, 424/ 425 = W M 1990, 175. BGHZ 111, 263 = JR 1991, 154 mit Anm. Hüffer.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

127

D a s B V e r w G hat die Regelungen der §§ 5 5 Abs. 1 und 4 8 Abs. 2 B B e r g G bei entsprechender Auslegung der zuletzt genannten Vorschrift als der Verfassung entsprechend g e w e r t e t . 7 5 In dem Verfahren vor dem B V e r w G ging es darum, d a ß Grundeigentümer, die bereits von Bergschäden betroffen w o r den w a r e n , befürchteten, auch künftig wieder Bergschäden zu erleiden. Sie verlangten deshalb v o m beklagten B e r g a m t , d a ß es geeignete M a ß n a h m e n zur Vermeidung solcher Schäden ergreife. Hierzu hat das B V e r w G in eingehender Begründung ausgeführt: Z w a r k ö n n e aus den Bestimmungen des § 5 5 B B e r g G über die Zulassung des Betriebsplans ein R ü c k s i c h t n a h m e g e b o t zugunsten der Oberflächeneigentümer, die mit Bergschäden an ihrem Grundeigentum rechnen m ü ß t e n , nicht abgeleitet werden. D o c h müsse § 4 8 Abs. 2 B B e r g G — wenn auch nicht o h n e weiteres und nicht bereits aus dem Gesetzeswortlaut, aber doch bei verfassungskonformer Auslegung sich ergebend — dahin verstanden werden, d a ß ein aus Art. 14 Abs. 1 G G fließender Schutzanspruch drittbetroffener Grundeigentümer in einem bestimmten U m fang von der B e r g b e h ö r d e im Betriebsplanzulassungsverfahren zu b e r ü c k sichtigen sei. D e r Gesetzgeber hat dieser Entscheidung R e c h n u n g getragen und hat durch ein Änderungsgesetz 7 6 dem § 4 8 B B e r g G einen entsprechenden Absatz angefügt, a u f dessen Inhalt hier im einzelnen nicht eingegangen zu werden b r a u c h t .

179

Klaus Lange77 sieht in der G r u n d a b t r e t u n g (§§ 7 7 ff B B e r g G ) eine Enteignung und hält die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig. Hoppe/Beckmann78 sehen in dem im B B e r g G dem Bergbau eingeräumten Vorrang eine gegen Art. 14 G G verstoßende Verletzung des Grundeigentums. D a z u hat das B V e r w G in B V e r w G E 8 7 , 2 4 1 f f 7 9 entschieden: D i e „ G r u n d a b t r e t u n g " sei eine „ E n t e i g n u n g " und zwar eine sog. „Administrativ-Enteignung" und die dazu ergangenen gesetzlichen Regelungen in §§ 7 7 ff B B e r g G genügten den Anforderungen, die Art. 14 Abs. 3 G G an ein Gesetz stelle, das eine Enteignung aufgrund behördlicher Entscheidung zulasse.

180

D a s B V e r f G 8 0 h a t n o c h nicht entschieden, d a ß ein aufgrund § 141 A B G entstandenes Vorkaufsrecht jedenfalls dann, wenn der Vorkaufsfall bei In-

181

75

76 77 78 79 80

BVerwGE 81, 329 ff = DVB1. 1989, 663 mit Anni. Beckmann = NVwZ 1989, 1157 ff = J Z 1990, 133 mit Anm. Kühne-, auch BVerwGE 89, 246 ff und dazu Hans Schulte NVwZ 1989, 1138 ff. Vom 12. 2. 1990 - BGBl. I 215. DÖV 1988, 805 ff. DÖV 1988, 893 ff; s. auch Hoppe DVB1. 1993, 221. BVerwG 87, 241 = NVwZ 1991, 987. BVerfGE 83, 201, 208, 213, 215 = DVB1. 1991, 376 = NJW 1991, 1807 ff = DÖV 1991, 327 = J Z 1991, 774 mit krit. Anm. Schwabe.

128

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

krafttreten des BBergG bereits eingetreten gewesen sei, den Schutz des Art. 14 G G genieße und durch die Bestimmung des § 176 Abs. 1 Nr. 58 BBergG — verfassungskonform ausgelegt — nicht erloschen sei. 182

D a s BBergG ist durch die Novelle vom 12. 2. 1990 8 1 geändert und ergänzt worden in Richtung dahin, daß der Bergbau vermehrt auf die Schonung der Umwelt Rücksicht zu nehmen hat. Diese Novelle ist sicherlich zu begrüßen, geht jedoch im Blick auf den Umweltschutz in einigen Bereichen noch nicht weit genug.

6. Bügerlich-rechtliche, das „Eigentum" berührende Bestimmungen 183

Die vom — einfachen Gesetzgeber zu normierenden — Inhalts- und Schrankenbestimmungen sind nicht beschränkt auf die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Verhältnis des Eigentümers zur öffentlichen Hand. Vielmehr gehören zu diesen Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Verfassungsrechts auch alle bürgerlich-rechtlichen Normen, die die Rechtskreise der einzelnen Eigentümer gegeneinander oder die der Eigentümer gegen andere Privatpersonen abstecken. Es kommen insoweit insbesondere die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über Erwerb und Verlust von Eigentum sowie die nachbarrechtlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts in Betracht. Alle diese Bestimmungen müssen sich an Art. 14 G G messen lassen. Der Gesetzgeber muß bei den in Betracht kommenden Regelungen mithin alle die Grundsätze beachten und die Grenzen innehalten, die nach dem o b e n 8 2 Gesagten von ihm im Rahmen seiner Regelungsbefugnis und -aufgabe (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2) zu berücksichten sind.

184

Alle diese Regelungen können nur dann vor der Verfassungsbestimmung des Art. 14 G G Bestand haben, wenn sie sich darstellen als ein sachgerechter Ausgleich zwischen den weithin gegenläufigen Interessen der verschiedenen — privaten — Rechtsinhaber. Jede sachlich nicht gerechtfertigte und vermeidbare Ungleichbelastung, jede unsachliche Bevorzugung des einen gegenüber dem anderen Rechtsinhaber muß, soll die Regelung vor der Verfassung bestehen können, unterbleiben. 8 3 81 82 83

BGBl. I 215. S. Rdn. 34. S. ebenfalls Rdn. 34; zum Verhältnis des dem Mieter zustehenden Grundrechts der Informationsfreiheit (Art. 5 G G ) ; zu den Eigentümerinteressen des Vermieters s. BVerfG W M 1994, 1167, 1168 ff.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

129

Hierzu kann insbesondere verwiesen werden auf die grundlegenden Aus-

185

führungen des B G H zum Verhältnis von „Bergwerkseigentum" und (Grund)Oberflächeneigentum 8 4 und zum Verhältnis zwischen dem Eigentümer einer gestohlenen Sache und einer öffentlichen Pfandleihanstalt in B a y e r n . 8 5 Von besonderer praktischer Bedeutung sind die gesetzlichen Regelungen des Wohnungsmietrechts. D a ß die Rechtsposition des „Mieters" und „Pächters" als Eigentum zu wertende Rechtspositionen darstellen, ist unbestritt e n . 8 6 Auch im R a h m e n des Wohnungsmietrechts muß der Gesetzgeber von Verfassungs wegen darauf Bedacht nehmen, die widerstreitenden Interessen von Mietern und Vermietern in sachgerechter Weise gegeneinander abzugrenzen. Hierzu hat das BVerfG in nicht wenigen Entscheidungen die wesentlichen Grundsätze herausgearbeitet 8 7

88

und dabei betont, der Gesetzge-

ber stehe „bei der Erfüllung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G erteilten Auftrages vor der Aufgabe, das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des

84

85

86 87 88

s. dazu ebenfalls B G H Z 53, 226, 230 ff = N J W 1970, 747 und dazu Anm. Kreft L M Art. 14 A GrundG Nr. 45. L M BayAG BGB Nr. 4 = M D R 1964, 486 = WarnRechtsprechung 1964 Nr. 78 = BB 1964, 454. S. Rdn. 26. Vgl. dazu allgemein oben Rdn. 34. BVerfGE 68, 361 ff = N J W 1985, 2633 = J Z 1985, 528 = W M 1985, 414; BVerfGE 79, 292, 303 ff = N J W 1989, 970 = W M 1989, 341; BVerfGE 81, 29 ff = W M 1990, 154; BVerfGE 83, 82 ff = W M 1990, 2084. Die vorstehenden Entscheidungen betreffen alle Kündigungen wegen Eigenbedarfs; zur Eigenbedarfsklage hat das BVerfG auch noch in folgenden Entscheidungen eingehend Stellung genommen: in BVerfGE 85, 214 ff = W M 1992, 791 heißt es, der gekündigte Mieter könne eigenverantwortlich über seinen Wohnbedarf hinsichtlich einer ihm angebotenen Ersatzwohnung entscheiden. In der Entscheidung N J W 1992, 1877 = W M 1992, 1081 hat das BVerfG bemerkt, daß bei der Frage, ob die Begründung der Kündigung ausreichend sei, der Einfluß der Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und der damit eng verzahnte Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes zu beachten sei und daß dementsprechend die mietrechtlichen Verfahrensvorschriften nicht in einer Weise ausgelegt werden dürfen, die die Verfolgung und Vermieterinteressen unzumutbar erschweren. In dem Beschluß BVerfGE 79, 80, 84 ff = N J W 1989, 969 = W M 1989, 108 geht es um ein Mieterhöhungsverlangen nach dem Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz i. d. F. vom 20. 12. 1982 = BGBl. I 1917.

186

130

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

Privateigentums durch Art. 1 4 Abs. 1 Satz 1 G G und andererseits aus der verbindlichen R i c h t s c h n u r des A r t . 14 Abs. 2 G G e r g e b e n " . 8 9 D e r B G H hat im J a h r e 1 9 7 9 die B e s t i m m u n g des Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im L a n d Berlin vom 17. 11. 1 9 7 5 , 9 0 nach denen (Art. 1 Nr. 1) die Preisbindung für A l t b a u w o h n u n g e n in Berlin — im Gegensatz zum Rechtszustand in der Bundesrepublik 3 1 . 12. 1 9 8 0

aufrechterhalten

wurden,

als

noch

zulässige

— bis zum Inhalts-

und

S c h r a n k e n b e s t i m m u n g e n erachtet, dabei j e d o c h b e t o n t , d a ß diese Inhaltsbestimmung ständig neu zu überdenken sei, diese Preisbindung auch nicht beliebig aufrechterhalten werden k ö n n e , auch wenn sich die W o h n u n g s m a r k t verhältnisse in Berlin künftig nicht erheblich ändern s o l l t e n . 9 1 D i e Bestimmung des § 5 6 4 b Abs. 3 B G B , nach der der Vermieter sein berechtigtes Interesse an der Beendigung der Mietverhältnisse im Kündigungsschreiben darlegen m u ß , ist nach der Auffassung des B V e r f G 9 2 mit der Eigentumsgarantie vereinbar. D a s Z w e c k e n t f r e m d u n g s v e r b o t nach dem Mietrechtsverbesserungsgesetz v o m 7 . 11. 1 9 7 1 9 3 stellt eine zulässige Inhalts- und Schrank e n b e s t i m m u n g des Eigentums d a r , 9 4 jedoch bedeutet die Z u s a m m e n l e g u n g zweier W o h n u n g e n zu einer W o h n u n g keine „ Z w e c k e n t f r e m d u n g " . 9 5 187

Auch die gesetzlichen Regeln des Gesellschaftsrechts müssen den A n f o r derungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 G G genügen. Es ist jedoch im R a h m e n des Gesellschaftsrechts angesichts der vielfach erheblich k o n t r ä r e n Interessen aller in B e t r a c h t k o m m e n d e n Beteiligten besonders

schwierig,

wirklich sachgerechte und die Interessen aller in gleicher Weise berücksichtigende Regelungen zu finden. D a f ü r bildet das Urteil des B V e r f G zum sog. U m w a n d l u n g s g e s e t z 9 6 ein besonders anschauliches Beispiel. Es ging dabei nicht um eine sog. „übertragende U m w a n d l u n g , 9 7 sondern um eine sog.

89

90 91 92 93 94

95 96

97

BVerfGE 68, 361, 367 = NJW 1985, 2633 = J Z 1985, 528 = W M 1985, 414. BGBl. I 2867; BerlGVBl. 2718. BGH NJW 1979, 2559, 2560 = W M 1979, 924. BVerfGE 85, 219, 223 = NJW 1992, 1379 = W M 1992, 789 = J Z 1992, 752. BGBl. I 1745. BVerfGE 55, 249, 257 = W M 1981, 220 = BBauBl. 1981, 260 = DVB1. 1981, 379 mit krit. Anm. Karl Friedrich Meyer. BVerfGE 86, 59, 64 = W M 1992, 1110. Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. 11. 1956, BGBl. I 844; BVerfGE 14, 263 ff = NJW 1962, 1667 ff. §§ 3 ff, 15 Umwandlungsgesetz.

131

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

M e h r h e i t s u m w a n d l u n g . 9 8 D a s B V e r f G hat dazu entschieden, d a ß M e h r h e i t und M i n d e r h e i t im Gesellschaftsrecht zwar verschieden behandelt werden dürfen, die Differenzierung jedoch unzulässig wird, w o ihre Interessen von vornherein ungleich gewertet werden. Die G r e n z e sei bei den in Betracht k o m m e n d e n Bestimmungen jedoch nicht überschritten. Z w a r k ö n n e ein M i ß b r a u c h dieser Bestimmungen nicht ausgeschlossen werden, doch k ö n n e dies h i n g e n o m m e n werden, weil die M e h r h e i t s u m w a n d l u n g , selbst wenn sie allen formalen Voraussetzungen entspreche, von der Anfechtung wegen M i ß brauchs nicht freigestellt s e i . " Ferner hat das B V e r f G in seinem „ M i t b e s t i m m u n g s u r t e i l " vom 1. 3. 1 9 7 9 1 0 0 grundlegende Ausführungen g e m a c h t und ist zu dem Ergebnis g e k o m m e n , d a ß die erweiterte M i t b e s t i m m u n g der Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz vom 4. 5. 1 9 7 6 1 0 1 einen Vers t o ß gegen die als Eigentum geschützten Rechtspositionen der betroffenen Gesellschaften, der Anteilseigner und der Koalition der Arbeitgeber nicht b e d e u t e . 1 0 2 Auch die in dem „VW-Privatisierungsgesetz" 1 0 3 und dem hierzu ergangenen

2. Änderungsgesetz104

vorgesehenen

Beschränkungen

des

S t i m m r e c h t s und der Vertretungsbefugnis bei der Stimmrechtsausübung haben G n a d e vor dem B V e r f G gefunden, das in diesen Bestimmungen eine unzulässige B e s c h r ä n k u n g des Eigentums der betroffenen A k t i o n ä r e nicht gefunden h a t . 1 0 5 Die Vermögenswerten R e c h t e des Urhebers, die patentfähigen Erfindungen, die schutzfähigen Warenzeichen stellen ebenfalls „ E i g e n t u m " 1 0 6 dar, und die gesetzlichen Regelungen dieser als Eigentum geschützten Rechtsstellungen müssen dementsprechend den Anforderungen genügen, die im R a h men des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 G G an solche Regelungen zu stellen sind. Es ist daher Sache des Gesetzgebers, im R a h m e n der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts sachgerechte M a ß s t ä b e festzulegen, die eine

98 99 100

101 102

103

104 105 106

§§ 9 ff, 15 Umwandlungsgesetz. BVerfGE 14, 263, 285 = NJW 1962, 1667. BVerfGE 50, 290, 339 = NW 1979, 699 = W M 1979, 389 = DÖV 1979, 251 = DVB1. 1979, 399. BGBl. I 1153. Zum Gesellschaftsrecht im Schutzbereich des Art. 14 GG s. die Ausführungen bei Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 194, 498 ff. Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 21. 7. 1960 (BGBl. I 585). Vom 31. 7. 1970 (BGBl. I 1149). BVerfGE 35, 377, 379. S. oben Rdn. 26.

188

132

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

der Natur und der sozialen Bedeutung dieses Rechts entsprechende Nutzung und Verwertung sicherstellen. 107 189 Gegenläufige, auch das „Eigentum" berührende Interessen von Privatpersonen, die eines gesetzlichen Ausgleichs bedürfen, gibt es ferner weithin im Familienrecht, insbesondere im Scheidungsfolgenrecht. Hierzu hat vor allem der — durch das „Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts" 1 0 8 mit Wirkung vom 1. 7. 1977 eingeführte — Versorgungsausgleich die Gemüter erregt und zu nicht wenigen Entscheidungen des BVerfG Anlaß gegeben. Die Ehe ist grundsätzlich auf die Lebenszeit der Ehegatten angelegt und das durch sie begründete private Rechtsverhältnis beruht in der modernen Ehe auf der völligen Gleichberechtigung beider Partner. Diese Gleichberechtigung wirkt sich auch aus auf die Beziehungen der Ehegatten nach Trennung und Scheidung. Die gesetzlichen Regelungen über Unterhalt, Versorgung und Vermögensteilung sind daher, soweit sie auf der Grundlage der Gleichberechtigung beider Partner getroffen sind und einen sachgerechten Ausgleich zwischen den gegenläufigen (Vermögens-) Interessen der Ehegatten darstellen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Deshalb ist auch der Versorgungsausgleich als Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG) im Grundsatz unbedenklich. 1 0 9 Das gilt auch, soweit der Versorgungsausgleich bei sog. „Altehen", d. h. bei den Ehen, die vor dem

107

BVerfGE 31, 229, 241 = NJW 1971, 2163 = JZ 1971, 773 = DVBl. 1971, 888; BVerfGE 79, 1, 25 = NJW 1992, 1303 und ferner die Nachweise in Rdn. 26 Fußn. 73 und Rdn. 34 Fußn. 108; BVerfGE 79, 29, 40 f = DVBl. 1989, 249 = NJW 1992, 1377 = GRUR 1989, 193. Siehe dazu auch BVerfGE 81, 12, 16 f = NJW 1990, 896 = GRUR 1990, 183 = GewArch 1990, 14 betr. das dem Urheberrecht verwandte Schutzrecht des Herstellers, Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten; BVerfGE 81, 208, 219 ff = NJW 1990, 2189, 2190 = GRUR 1990, 438 betr. das dem Urheberrecht ebenfalls verwandte Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers; BVerfGE 51, 193, 216 ff = NJW 1980, 383 = GRUR 1979, 773 = VerfRechtsprechung 12 GG Nr. 300 für das Warenzeichen; BVerfGE 78, 58, 71 ff = NJW 1988, 2594 = JZ 1988, 870 = DVBl. 1988, 870 für den durch § 25 WarenzeichenG begründeten Ausstattungsschutz.

108

Vom 14. 6. 1976 - BGBl. I 1421 (1. Eherechtsreformgesetz) Art. 1 Nr. 2. BVerfGE 53, 257, 294 ff = NJW 1980, 692, 694 f = W M 1980, 273 = JR 1980, 235 = DVBl. 1980, 366; BGHZ 38, 59 ff = NJW 1979, 1289, 1294 ff; BGHZ 74, 86, 89 ff = NJW 1979, 1300, 1301 f zur Durchführung des Versorgungsausgleichs im Rahmen der Altershilfe für Landwirte (Gesetz über die Altershilfe für Landwirte i. d. F. vom 19. 9. 1965 - BGBl. I 1448, mehrfach geändert, s. BGH LM § 1587 BGB Nr. 28 = FamRZ 1984, 42.

109

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

133

Inkrafttreten des 1. EheRG am 1. 7. 1977 geschlossen worden sind, 1 1 0 vorzunehmen ist. 1 1 1 Im einzelnen ergeben sich jedoch besondere Schwierigkeiten vor allem bei 1 9 0 der Regelung der Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften gemäß § 1587 b Abs. 1 i. V. m. § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB (sog. Splitting und Quasisplitting). Hier konnten sich Härten ergeben, die im Lichte des Art. 14 GG nicht mehr zu rechtfertigen waren. 1 1 2 Dementsprechend hat das BVerfG die damals in § 1587 b Abs. 3 BGB normierte ausnahmslose Anordnung des Versorgungsausgleichs durch Beitragszahlung für verfassungswidrig erklärt, 1 1 3 während der BGH diese Regelung, soweit Versorgungsanwartschaften aus dem Bereich privater Betriebsrenten oder privater Rentenversicherungsverträge betroffen waren, für noch verfassungsgemäß gehalten hatte. 1 1 4 Der Gesetzgeber hat den Bedenken des BVerfG zu begegnen gesucht, und zwar durch das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich. 115 Doch auch dieses Gesetz hat nicht in allem Gnade vor dem BVerfG gefunden. 1 1 6 Vielmehr wurde die darin vorgesehene Ablösung des Versorgungsausgleichs in der Form der Beitragszahlung durch die ausnahmslose Anordnung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs für verfassungswidrig erklärt. Dieser neuen Entscheidung hat der Gesetzgeber durch das „Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs" 1 1 7 Rechnung getragen.

7. Datenschutz Der Einzelne ist weithin daran interessiert, daß personenbezogene Daten 1 9 1 nicht an Dritte weitergegeben werden und Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 110 111

112 113 114

115

116 117

Art. 12 Nr. 3 Abs. 1 des 1. Eherechtsreformgesetzes. BVerfGE 53, 257, 308 = NJW 1980, 692, 697 f = WM 1980, 273 = JR 1980, 235 = DÖV 1980, 377 = DVB1. 1980, 366. Vgl. BVerfGE 53, 257, 300 ff = NJW 1980, 692, 695 f = WM 1980, 273. BVerfGE 63, 88, 109 = NJW 1983, 1417 f. BGHZ 75, 241, 256 ff, 263 ff = NJW 1980, 47, 50 ff; BGHZ 81, 153, 156 ff; 168 ff = NJW 1981, 2689 betr. Anwartschaften auf Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst. Vom 21. 2. 1983 - BGBl. I 105, jetzt i. d. F. des Gesetzes vom 8. 12. 1986 BGBl. I 2317. BVerfGE 71, 364, 386 ff = NJW 1986, 1321. Gesetz vom 8. 12. 1986 - BGBl. I 2317 und dazu BVerfGE 87, 348 ff = NJW 1993, 1057.

134

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

Abs. 1 GG bilden die verfassungsrechtliche Grundlage für den Schutz des Einzelnen gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner personenbezogenen Daten. Soweit es um Daten in der unternehmerischen Tätigkeit oder um ähnliche Daten des Einzelnen geht, kommt auch Art. 14 GG als Grundlage des verfassungsrechtlich bewährten Datenschutzes in Betracht. 1 1 8 Dieses Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmten (Recht auf „informationelle Selbstbestimmung"). 1 1 9 Andererseits ist der Staat im Interesse eines geordneten Verwaltungsvollzuges — insbesondere bei der Besteuerung, bei der Durchsetzung der Schulpflicht, bei der Gewährung von Sozialleistungen usw. — darauf angewiesen, personenbezogene Daten notfalls sogar zwangsweise zu erheben. Es geht um das Spannungsverhältnis zwischen dem Einzelnen und dem Staat, zwischen Individuum und Gemeinschaft. 1 2 0 Auch in diesem Rahmen ist der Gesetzgeber gehalten, einen sachgerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen herbeizuführen. Das BVerfG hat zu dieser Problematik in verschiedenen Entscheidungen grundlegende Ausführungen gemacht. Hier muß ich mich darauf beschränken, dazu insbesondere auf die Entscheidungen in BVerfGE 65, 1, 41 ff; 1 2 1 67, 100, 142 ff 1 2 2 und 84, 239, 279 ff 1 2 3 zu verweisen.

8. Denkmalschutz s. Rdn. 2 6 9 - 2 7 2

9. Energieversorgung 192

Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) 1 2 4 und die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen „Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektri118 1,9 120 121 122 123 124

BVerfG NJW 1992, 106. BVerfGE 65, 1, 43 = NJW 1984, 419 = W M 1984, 98 = DÖV 1984, 156. BVerfGE 65, 1, 43 = NJW 1984, 419 = DÖV 1984, 156. BVerfGE 65, 1, 41 ff = NJW 1984, 419 = DÖV 1984, 156. BVerfGE 67, 100 = NJW 1984, 2271. BVerfGE 84, 239 = NJW 1991, 2129, 2132. Vom 13. 12. 1935 - RGBl. I 1451 i. d. F. des Erlasses vom 29. 7. 1941 - RGBl. I 467.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

135

scher Arbeit aus dem Niederspannungsnetz des Elektrizitätsversorgungsunternehmens" (AVB) 1 2 5 räumen den Energieversorgungsunternehmen weitgehende Befugnisse im Verhältnis zu Grundstückseigentümern ein. Der BGH hat in einem Gutachten vom 6. 10. 1952 1 2 6 die Bestimmungen des EnWG und der — als RechtsVO weitergeltenden — AVB weithin für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt, in einigen Punkten jedoch verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. Von praktischer Bedeutung war vor allem die in Nr. III 3 AVB den Grundeigentümern als Stromabnehmern auferlegte allgemeine Verpflichtung, „die Zu- und Fortleitung elektrischer Arbeit über seine Grundstücke sowie die Anbringung von Leitungen, Leitungsträgern und Zubehör für die Zwecke örtlicher Versorgung — für das Niederspannungsnetz ohne besonderes Entgelt — zuzulassen und die Durchführung nach Kräften zu erleichtern". Hierzu hat der BGH in dem genannten Gutachten die Auffassung vertreten, daß diese Bestimmung insoweit mit Art. 14 GG nicht vereinbar sei, als danach der Stromabnehmer ohne besonderes Entgelt die Anbringung von Leitungen und dergl. auch auf solchen Grundstücken zu dulden habe, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner Stromversorgung stünden; 1 2 7 soweit sich jedoch die in Nr. III 3 AVB normierte Duldungspflicht auf Grundstücke beziehe, die an die Stromversorgung angeschlossen seien, halte sich diese Regelung im Rahmen der Sozialbindung des Grundeigentums. Diese Auffassung liegt auch einer Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1 9 7 6 1 2 8 zugrunde. In dieser Entscheidung ist weiter ausgeführt, daß es für die Inanspruchnahme eines Grundstücks zur Anbringung von elektrischen Anlagen im Einzelfall auch stets noch der Abwägung bedürfe, ob die mit der Anbringung verbundene Eigentumsbeeinträchtigung dem Eigentümer im Interesse einer leistungsstarken und zugleich sparsamen örtlichen Stromversorgung zugemutet werden könne. 1 2 9 Auch in einer Entscheidung vom 28. 2. 1 9 8 0 1 3 0 hat der BGH an der vorstehend aufgezeigten Rechtsauffassung festgehalten. Der Rechtslage, wie sie sich nach der Rechtsprechung des BGH darstellte, 1 9 3 trägt die VO über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung 125 126 127 128

129

130

Vom 27. 1. 1942 - RAnz. 1942 Nr. 39. BGHZ 9, 390 ff. Α. A. Kimminich N J W 1983, 2785 ff. B G H Z 66, 62 = N J W 1976, 715 = W M 1976, 430 ff und dazu Anm. Hiddemann L M Allg.Bed.d. Elektro.Versorg.-Unternehmen Nr. 17. Ebenso BGH L M Allg.Bed.d.Elektro.Versorg.-Unternehmen Nr. 24 = W M 1982, 545, 547 = RdE 1982, 75 mit Anm. Wittmann. LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 39 = MDR 1980, 656.

136

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

von Tarifkunden (AVBltV) 131 Rechnung, die am 1. 4. 1980 in Kraft getreten ist und die AVB abgelöst hat (§ 37). 1 3 2 In dieser VO wird in § 8 Abs. 1 für Kunden und Anschlußnehmer, die Grundstückseigentümer sind, die Pflicht normiert, für Zwecke örtlicher Versorgung das Anbringen und Verlegen von Leitungen über ihre im gleichen Versorgungsgebiet liegenden Grundstücke, ferner das Anbringen von Leitungsträgern und sonstigen Einrichtungen sowie erforderliche Schutzmaßnahmen unentgeltlich zuzulassen. Jedoch betrifft diese Pflicht „nur Grundstücke, die an die Stromversorgung angeschlossen sind, die vom Eigentümer im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Stromversorgung eines angeschlossenen Grundstücks genutzt werden oder für die die Möglichkeit der Stromversorgung sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist. Sie entfällt ferner, wenn die Inanspruchnahme der Grundstücke den Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde". Gegen die so ausgestaltete Duldungspflicht der Grundstückseigentümer als Stromabnehmer sind m. E. Bedenken aus Art. 14 GG nicht mehr zu erheben. 1 3 3 194

Ganz allgemein ist jedoch davon auszugehen, daß die Versorgungsunternehmen grundsätzlich kein gesetzliches Recht haben, fremde Grundstücke für ihre Energie- und Leitungsanlagen zu benutzen. 1 3 4 Den Bedürfnissen der Allgemeinheit und der Versorgungsunternehmen wird dadurch Genüge getan, daß einmal den Grundeigentümern, die selbst Stromabnehmer sind, die zuvor dargelegten Duldungspflichten auferlegt sind und daß zum andern für die Versorgungsunternehmen in § 11 En WG die gesetzliche Möglichkeit vorhanden ist, sich notfalls die notwendigen Nutzungsrechte im Wege der Enteignung zu verschaffen.

195

Das BVerwG 1 3 5 hält die in § 11 Abs. 1 EnWG vorgesehene Zulässigkeit der Enteignung für die Zwecke der öffentlichen Energieversorgung unter dem Gesichtspunkt der Sozialbindung des Grundstücks — m. E. mit Recht — für verfassungsrechtlich unbedenklich.

131 132 133 134

135

Vom 21. 6. 1979 - BGBl. I 684. Vgl. auch § 41 Abs. 1 BauGB. Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 1208. BGHZ 66, 37, 41 = NJW 1976, 416 und dazu Anm. Hagen LM § 1004 BGB Nr. 138. NVwZ 1984, 649.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

137

10. Flurbereinigung und Umlegung 136 Die sog. Regelflurbereinigung und die — städtebauliche — Umlegung nach der ständigen Rechtsprechung des B G H und auch des BVerwG bedeuten in aller Regel nicht einen Eingriff in die Grundstückssubstanz und bilden dementsprechend regelmäßig nicht den Tatbestand einer Enteignung. 1 3 7 Vielmehr werden Flurbereinigung und Umlegung vom Surrogationsprinzip beherrscht (vgl. § 63 BauGB). Das will besagen, daß das Eigentum an den eingeworfenen Grundstücken nicht untergeht und nicht neues Eigentum an dem zugeteilten Grundbesitz entsteht. Vielmehr bedeuten (Regel-)Flurbereinigung und Umlegung ihrem Wesen nach eine ungebrochene Fortsetzung des Eigentums an einem verwandelten Grundstück. 1 3 8

196

Die gesetzlichen Regelungen der (Regel-)Flurbereinigung 139 und der städtebaulichen Umlegung 1 4 0 sind dementsprechend als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des (Grund-)Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) zu werten. 1 4 1 Auch der „Umlegungswertausgleich" (§ 57 Satz 5 BauGB) nimmt der

197

136

137

138

139 140 141

Eine eingehende Darstellung der Entwicklung der Flurbereinigung findet sich bei Ronellenfitsch in: VerwArch 1987, 323 ff; zur heutigen Rechtslage s. auch Brenner DVBl. 1993, 291 ff. BGH W M 1977, 1261 = MDR 1978, 123; BGHZ 113, 139, 143 = NJW 1991, 2011, = W M 1991, 916, 917 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 76 Bl. 2. BGHZ 27, 15, 22 ff = NJW 1958, 747, 748 und dazu Anm. Pagendarm LM Art. 14 GrundG Anhang Nr. 77; BGHZ 63, 81, 84 = NJW 1975, 52, 53; ferner BGH NJW 1980, 1634, 1635 = W M 1980, 684 = LM § 57 BBauG Nr. 3 Bl. 1 r; BGHZ 100, 148, 156 = NJW 1987, 3260, 3262; BVerwGE 1, 225, 228; BVerwGE 6, 79, 81; BVerwGE 12, 1, 5/6; BVerwGE 29, 257, 261 = NJW 1968, 1737 = RdL 1968, 164. FlurbereinigungsG i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. 3. 1976 — BGBl. I 546. §§45 ff BauGB. BGH MDR 1978, 123 = WM 1977, 1261; BGH NJW 1980, 634, 635 = LM § 57 BauGB Nr. 3 Bl. 2 = W M 1980, 684, 685; BGH WM 1981, 853, 854 = LM § 5 1 BauGB Nr. 2 Bl. 1 r = MDR 1981, 998; BGHZ 98, 85, 93 = NJW 1987, 491, 493; BGHZ 113, 139, 143 = NJW 1991, 2011 = WM 1991, 916, 917 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 76 Bl. 2; BVerwG BauR 1985, 71, 72; BVerwG 85, 96, 98/9 = NJW 1990, 2399 vgl. dazu auch BVerwG NJW 1990, 2400, 2401; BVerwGE 80, 340, 341; BVerwGE 85, 129, 135; Schmidt-Aßmann in DVBl. 1982, 152, 153; ders. in NJW 1987, 1587; Papier, Urteilsanmerkung in J Z 1987, 619; Bryde, in: v. Miinch/Kunig, GG-Komm. Art. 14 Rdn. 79; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorbem. §§ 4 5 - 8 4 Rdn. 9; Krohn/Löwisch in: Eigentumsgarantie Rdn. 194.

138

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

Umlegung grundsätzlich nicht den C h a r a k t e r als Inhaltsbestimmung des E i g e n t u m s . 1 4 2 In Ausnahmefällen k a n n es jedoch auch im R a h m e n von (Regel-)Flurbereinigungs- und Umlegungsverfahren zu einer Enteignung k o m men, nämlich d a n n , wenn im Einzelfall von einem beteiligten Grundeigentüm e r mehr verlangt wird als die H i n n a h m e der Pflicht, am Umlegungsverfahren oder an der Flurbereinigung teilzunehmen und Grundbesitz von gleichem Wert wie das eingeworfene G e l ä n d e zurückzuerhalten. Von einer Enteignung kann

aber dabei n o c h nicht gesprochen

werden, wenn den

beteiligten

Grundeigentümern gewisse, angemessen b e s c h r ä n k t e L a n d a b g a b e n auferlegt oder wenn Geldabfindungen (Spitzenbeträge) festgelegt werden für diejenigen Eigentümer, die durch entsprechende Landzuweisungen nicht den vollen G e g e n w e r t des eingeworfenen Geländes erhalten k ö n n e n . 1 4 3 198

Bei einer Z w e c k v e r f e h l u n g der Umlegung lassen es die durch die Umlegung geschaffenen Verhältnisse nicht zu, d a ß ein betroffener E i g e n t ü m e r unmittelbar von dem neuen Berechtigten die Rückübereignung seines — früheren — G r u n d s t ü c k s verlangt. Es k o m m t insoweit allein ein auf entsprechende A n w e n d u n g des § 7 3 B a u G B gestützter Anspruch auf Änderung des Umlegungsplans mit dem Ziel in B e t r a c h t , das nicht m e h r benötigte G r u n d stück von der Umlegungsmasse a u s z u n e h m e n . 1 4 4

199

Anderes als für die (Regel-)Flurbereinigung und städtebauliche Umlegung gilt für die sog. „ U n t e r n e h m e n s f l u r b e r e i n i g u n g " , 1 4 5 die den Landverlust (zugunsten eines bestimmten U n t e r n e h m e n s oder zugunsten Maßnahmen)

städtebaulicher

auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilen

oder

Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermeiden soll (vgl. § 87 Abs. 1 F l u r b G , § 1 9 0 B a u G B ) Soweit in diesen Verfahren von den Beteiligten eine L a n d a b g a b e gefordert wird, bedeutet das eine Enteignung und z w a r auch d a n n , wenn den betroffenen Beteiligten eine den Landverlust ausgleichende L a n d a b f i n d u n g gewährt wird. Diese L a n d a b f i n d u n g stellt dann

142

143

144 145

lediglich

BGHZ 113, 139, 149/150 = NJW 1991, 2011 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 76 Bl. 4 r = W M 1991, 916, 919; vgl. auch bereits BGH NJW 1980, 1634 f = W M 1980, 684 f = LM S 57 BBauG Nr. 3. BGHZ 51, 341, 343 = NJW 1969, 1114, 1115; BGH W M 1977, 1261 = MDR 1978, 1123; BGH W M 1992, 2032 = RdL 1992, 269 = NVwZ-RR 1993, 1; BGHZ 86, 226, 231 = NJW 1983, 1661, 1662; Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 661. BVerwGE 85, 96, 99 = NJW 1990, 2399. Zu verschiedenen sich dabei ergebenden Verfahrensfragen s. BVerwGE 66, 224 ff; BVerwGE 82, 205 ff = NVwZ 1990, 471.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

139

eine besondere Art der Enteigungsentschädigung d a r . 1 4 6 Auch die Geldentschädigung, die für die durch eine vorläufige Anordnung in der Unternehmensflurbereinigung verursachten Nachteile zu leisten ist, stellt eine Enteignungsentschädigung d a r . 1 4 7

11. Gesundheitswesen Im Gesundheitswesen treffen ebenfalls vielfach widerstreitende Interessen

200

aufeinander und z w a r auch von Inhabern solcher R e c h t s p o s i t i o n e n , die als „ E i g e n t u m " von der Eigentumsgarantie erfaßt werden (Patienten, Apotheker,

Krankenkassen,

Ärzte,

Hersteller pharmazeutischer Produkte u. a.).

D a ß der Staat in dieses Beziehungsgeflecht o r d n e n d eingreift, ist angesichts der Bedeutung des Gesundheitswesens bis zu einem gewissen G r a d e nicht nur gerechtfertigt, sondern mehr oder weniger dringend g e b o t e n . Die öffentliche H a n d steht dabei vor schwierigen A u f g a b e n . Es ist nicht einfach, die weithin gegenläufigen Interessen der Betroffenen in einer Weise gegeneinander abzugrenzen, die im Lichte des Art. 14 G G als sachgerechte Regelung gewertet werden k a n n , darf d o c h dabei keine der betroffenen Gruppen im Verhältnis zu den anderen mehr als von dem Grundanliegen der Regelung geboten benachteiligt oder bevorzugt werden. D a s B V e r f G hat sich mehrfach mit gesetzlichen Regelungen, die a u f verschiedenen Gebieten des Gesundheitswesens getroffen wurden und in denen die Betroffenen Verstöße gegen Art. 14 G G gesehen hatten, befaßt und bisher diese Regelungen als der Eigentumsgarantie nicht widersprechend gewertet. S o hat es in der B e s t i m m u n g des Art. 5 Nr. 6 des Kostendämpfungsergänz u n g s G , 1 4 8 nach der unter b e s t i m m t e n Voraussetzungen die Vergütung für zahntechnische Leistungen für eine bestimmte Z e i t gekürzt wurden, einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie nicht gesehen und zwar mit der — m. E . zutreffenden — Begründung, d a ß mit dieser Regelung nicht in eine als

146

147

148

BGHZ 66, 173, 175 = NJW 1976, 1088 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 22 a; BGHZ 86, 226, 229 = NJW 1983,1661; BGH LM FlurbereinigungsG Nr. 10 = AgrarR 1984, 323 = MDR 1984, 647; Schmidt-Aßmann DVB1. 1982, 152, 156 Fn. 17. BGHZ 89, 69 = NJW 1984, 1882 = W M 1984, 544 und dazu Anm. Kröner LM FlurbereinigungsG Nr. 11. Vom 22. 12. 1981 - BGBl. I 1578.

201

140

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

„ E i g e n t u m " geschützte Rechtsposition eingegriffen w o r d e n s e i . 1 4 9 D a s gleiche gilt für die Regelung in Art. 5 Nr. 7 des vorgenannten K o s t e n d ä m p f u n g s gesetzes, w o n a c h Preisvereinbarungen, die zwischen den Krankenkassen oder ihren Verbänden und ihren Vertragspartnern für Heil- und Hilfsmittel sowie Brillen getroffen waren, für eine gewisse Zeit fortgelten sollten. Z u m Schutze der Volksgesundheit getroffene R e g e l u n g e n , 1 5 0 die d a s Inverkehrbringen gefährlicher Arzneimittel verbieten oder einschränken, sind unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes nicht zu b e a n s t a n d e n . 1 5 1 202

Schon in einer Entscheidung aus dem J a h r e 1956 hat d a s B V e r w G 1 5 2 die gesetzliche Einführung einer Altersgrenze für H e b a m m e n als nicht gegen Art. 14 G G verstoßend erachtet.

203

D a r ü b e r hinaus sei auf einige d a s Gesundheitswesen betreffende Entscheidungen des BVerfG hingewiesen, in denen es zwar nicht u m Verstöße gegen die Eigentumsgarantie, wohl aber um den — vermeintlichen — Verstoß gegen andere Grundrechte ging: B V e r f G E 71, 162 f f 1 5 3 zur berufswidrigen Werbung von Ärzten; BVerfGE 71, 183 f f 1 5 4 zur Werbung von Sanatorien; B V e r f G E 75, 166 f f 1 5 5 zur Unzulässigkeit (Art. 3 G G ) unterschiedlicher Regelungen für den Selbstbedienungsverkauf von frei verkäuflichen Arzneimitteln für Apotheken einerseits und für den übrigen Einzelhandel andererseits.156

204

Es muß indes als sehr zweifelhaft erscheinen, o b alle Regelungen des GesundheitsstrukturG v o m 21. 12. 1 9 9 2 1 5 7 einer verfassungsrechtlichen Überp r ü f u n g standhalten und o b dabei in allen Punkten hinreichend berücksichtigt w o r d e n ist, daß als Eigentum geschützte Rechtspositionen nur dann und nur insoweit beeinträchtigt werden dürfen, als dies zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen A u f g a b e notwendig und mit anderen von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Mitteln nicht zu verwirklichen ist (vgl. dazu im einzelnen oben Rdn. 3 4 f ) . In diesem Z u s a m m e n h a n g trage ich Bedenken besonders in folgender Richtung: Wenn d a s durch Z u l a s s u n g 149 150 151 152 153 154 155

156 157

BVerfGE 68, 193, 222/3 = NJW 1985, 1385, 1387 = DVB1. 1985, 342. BVerfGE 70, 1, 31 = NJW 1986, 772 = VersR 1986, 21. BVerfGE 20, 283, 295. BVerwGE 3, 254. BVerfGE 71, 162 = NJW 1986, 1533 = J Z 1986, 232 = GRUR 1986, 382. BVerfGE 71, 183 = NJW 1986, 1536 = J Z 1986, 235 = GRUR 1986, 387. BVerfGE 75, 166 = NJW 1987, 2929 = GRUR 1988, 230 = GewArch 1987, 264. S. dazu oben Rdn. 172. BGBl. I 2266.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

141

begründete Recht auf Ausübung einer kassenärztlichen (jetzt vertragsärztlichen) Praxis — wie allgemein anerkannt — als „Eigentum" geschützt ist, dann erscheint es zweifelhaft, ob die Regelungen über die sog. „Überversorgung" und deren Folgen in allem vor einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung bestehen können. Das gilt insbesondere für alle Fälle, in denen die Betroffenen ihre Vertragsärztliche Zulassung bereits vor Inkrafttreten des GesundheitsstrukturG erworben hatten.

205

Bevor das Problem der ärztlichen „Überversorgung" akut wurde, konnte eine durch Zulassung erworbene vertragsärztliche Praxis an andere abgegeben, konnte sie „verkauft" werden. Diese freie Verfügungsbefugnis über vertragsärztliche Praxen wurde durch gesetzliche Regelungen bei ärztlicher „Überversorgung" allmählich immer mehr eingeschränkt. Erstmals wurde eine derartige gesetzliche Einschränkung der freien Verfügbarkeit über ärztliche Praxen durch eine V O aus dem J a h r e 1 9 8 7 1 5 8 getroffen. Weitere Einschränkungen erfolgten durch Art. 1 §§ 102 ff und durch Art. 18 Nr. 11 und 12 des GesundheitsreformG. 1 5 9 Nach der Fassung, die die einschlägigen Bestimmungen der ZulassungsVO für Kassenärzte/Vertragsärzte durch das GesundheitsstrukturG erfahren haben, ist die Veräußerung von vertragsärztlichen Praxen nicht mehr ohne weiteres möglich. Eine besondere Regelung ist nur vorgesehen „für die Fälle, daß die Zulassung eines Vertragsarztes durch Erreichen der Altersgrenze, durch Tod oder Verzicht oder Entziehung endet, und die Praxis durch einen Nachfolger fortgeführt werden soll".

206

12. Grabstellen In eingehenden Entscheidungen, die sich mit den verschiedenen Meinungen in Rechtsprechung und Literatur zum Grabstellenrecht auseinanderset-

158

Verordnung zur Änderung der ZulassungsVO für Kassenärzte vom 2 0 . 7. 1 9 8 7 — BGBl. I 1 6 7 9 —, durch die in die ZulassungsVO der Abschnitt IV mit den §§16a,

16 b, 16 c über die Regelung einer sog. „Überversorgung"

eingefügt

wurde, wobei § 16 c von einer Verfügbarkeit über die vertragsärztliche Praxis ausgeht. 159

Vom 2 9 . 12. 1988 -

BGBl. I 2 4 7 7 .

207

142

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

zen, haben s o w o h l der B G H l f i 0 als auch das B V e r w G 1 6 1 einen Verstoß gegen Art. 1 4 G G nicht a n g e n o m m e n , wenn das Benutzungsrecht an einer Sondergrabstelle, das unter der Geltung einer Friedhofsordnung e r w o r b e n worden war, die eine zeitliche Begrenzung dieses R e c h t s nicht vorsah, durch Änderung der Friedhofsordnung

zeitlich

begrenzt und die Verlängerung

des

R e c h t s von der Z a h l u n g einer G e b ü h r abhängig g e m a c h t wurde. D a z u sei b e m e r k t , d a ß der B G H seine Entscheidungsbefugnis nur deswegen b e j a h t hat, weil er an Entscheidungen der Vorinstanzen über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Zivilgerichten gebunden war.

13. Hochwasserschutz Die für den H o c h w a s s e r s c h u t z zuständigen Behörden dürfen gesetzliche

208

Regelungen oder sonstige S c h u t z m a ß n a h m e n nicht in der Weise treffen, d a ß diese zwar zum Schutz bestimmter Eigentümer vor H o c h w a s s e r geeignet sind, dafür aber erhöhte H o c h w a s s e r g e f a h r e n für andere Eigentümer heraufb e s c h w ö r e n . D e m e n t s p r e c h e n d hat der B G H entschieden, d a ß die öffentliche H a n d M a ß n a h m e n , die dem Schutz der B e w o h n e r von Hinterdeichgelände vor H o c h w a s s e r dienen, die B e w o h n e r des Vordeichgeländes aber einer erhöhten H o c h w a s s e r g e f a h r aussetzen, nicht — jedenfalls nicht

entschädi-

gungslos — treffen dürfe. Ein solches Verhalten k ö n n e — auch angesichts der besonderen „ S i t u a t i o n s g e b u n d e n h e i t " 1 6 2 des betroffenen Vordeichgeländes — nicht mehr als Konkretisierung der Sozialgebundenheit dieser G r u n d stücke gerechtfertigt w e r d e n . 1 6 3

14. Jagdrecht D i e alte deutsch-rechtliche Auffassung, d a ß das J a g d r e c h t ein mit dem

209

Grundeigentum untrennbar verbundenes und in ihm enthaltenes R e c h t sei, ist seit langem wieder eine der entscheidenden Grundlagen des J a g d r e c h t s

160 161

162 163

BGHZ 25, 200 ff = NJW 1958, 59 = DÖV 1958, 81 = DVB1. 1958, 2 5 0 / 1 . BVerwGE 11, 68 ff = JR 1960, 722 = DVBl. 1960, 722 = DÖV 1960, 793; s. auch OVG Münster in NVwZ 1992, 1214, 1216. S. dazu unten Rdn. 250 ff. BGHZ 80, 111 ff = NJW 1981, 2114 = VersR 1981, 537 = DVBl. 1981, 924 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57; s. auch BGHZ 117, 240 = VersR 1992, 1092 = W M 1992, 1832 = DVBL 1992, 1089.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

143

und findet heute in § 3 Abs. 1 des B u n d e s j a g d G 1 6 4 ihren gesetzlichen Ausdruck. Es geht mithin bei dem J a g d r e c h t nicht um ein neben dem G r u n d eigentum bestehendes und von diesem zu lösendes selbständiges R e c h t . Vielmehr ist das J a g d r e c h t — als die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten G e b i e t Wild zu hegen und die J a g d auf dieses Wild auszuüben und es sich a n z u e i g n e n 1 6 5 — Inhalt und Ausfluß des G r u n d e i g e n t u m s s e l b s t . 1 6 6 J e d o c h wird dieses J a g d r e c h t des Grundeigentümers — aus jagdpolizeilichen Gründen — b e s c h r ä n k t , und z w a r dahin, d a ß die Ausübung des J a g d r e c h t s nur in Jagdbezirken — Eigenjagdbezirken oder gemeinschaftlichen J a g d b e zirken — erfolgen d a r f . 1 6 7 Diese B e s c h r ä n k u n g des J a g d r e c h t s stellt eine zulässige Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g des Grundeigentums dar, da es mit dem Ziel eines geordneten J a g d w e s e n s nicht zu vereinbaren wäre, wenn jeder G r u n d e i g e n t ü m e r ohne R ü c k s i c h t auf die G r ö ß e seines Eigentums die J a g d auf seinen G r u n d s t ü c k e n ausüben dürfte. Träger des J a g d r e c h t s (alle Grundeigentümer) und Jagdausübungsberechtigte sind daher weithin nicht identisch. A u f g a b e der zuständigen Gesetzgeber (Bundes- und Landesgesetzgeber) und der J a g d b e h ö r d e n ist es, durch entsprechende Gesetze und Verwaltungsm a ß n a h m e n die Interessen der G r u n d e i g e n t ü m e r und der J a g d a u s ü b u n g s b e rechtigten in gleicher Weise und unter Vermeidung jeglicher Bevorzugung der einen oder anderen Seite zu berücksichtigen und in einen sachgerechten Ausgleich zu bringen. S o ist ζ. B . für die Berücksichtigung der Interessen der Eigentümer landwirtschaftlicher und bewaldeter G r u n d s t ü c k e die Regelung des Abschusses von Schadwild von besonderer Bedeutung und § 2 1 B J a g d G sucht diese Interessen mit denen der Jagdausübungsberechtigten in sachgerechter Weise auszugleichen. D a r a n gemessen ist es unzulässig, den A b s c h u ß von Wild (ζ. B . den A b s c h u ß von R o t w i l d ) , das dem Wald durch Schälen, Verbeißen u. a. erheblichen Schaden zufügt, in einer Weise festzulegen, die den Anforderungen der genannten gesetzlichen B e s t i m m u n g nicht gerecht wird, insbesondere die Abschußzahlen von Schadwild zu niedrig festzusetzen. In einem solchen Fall lassen sich die A b s c h u ß p l ä n e nicht mehr als eine im R a h m e n der Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g e n des Waldeigentums

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167

I.d.F. der Bekanntmachung vom 29. 9. 1976 - BGBl. I 2849, zuletzt geändert durch Art. 17 des Dritten RechtsbereinigungsG vom 28. 6. 1990 — BGBl. 1221. § 1 Abs. 1 BJagdG. BGHZ 26, 384, 386 = NJW 1958, 785, 786 und dazu Anm. Fiepenbrock LM RJagdG vom 3. 7. 1934 Nr. 4; s. auch bereits RGZ 70, 70, 73. § 3 Abs. 3 i. V. m. SS 4 ff BJagdG.

210

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3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

zulässige Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Waldeigentums rechtfertigen. 211

168

N a c h der — m. E . zutreffenden — Auffassung des B V e r w G 1 6 9 verstößt die Regelung der §§ 4 ff B J a g d G über die Bildung der J a g d b e z i r k e nicht gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie; selbst wenn eine gesetzliche Neuregelung getroffen würde, nach der bisherige Eigenjagdbezirke diese Eigenschaft verlieren und in gemeinschaftlichen Jagdbezirken aufgehen würden, würde das lediglich eine in materieller H i n s i c h t mit dem G G in Einklang stehende Änderung der Inhaltsbestimmung des Eigentums darstellen. E b e n s o ist das in § 11 Abs. 1 und 2 B J a g d G verankerte Prinzip der sachlichen und räumlichen Unteilbarkeit des Jagdausübungsrechts aus verfassungsrechtlichen G r ü n d e n nicht zu beanstanden. Dieses Prinzip dient dem — im Allgemeininteresse liegenden — Ziel des B J a g d G , einen angemessenen Wildbestand zu e r h a l t e n . 1 7 0

212

Z u r Frage der Entschädigung für die Beeinträchtigung der J a g d a u s ü b u n g durch M a n ö v e r siehe B G H Z 1 1 2 , 3 9 2 f f . 1 7 1

15. Natur- und Landschaftsschutzrecht s. R d n . 2 5 7 - 2 6 8

16. Polizeirecht 213

Soweit polizeiliche gesetzliche Regelungen oder M a ß n a h m e n „ E i g e n t u m " berühren, gilt folgendes: N i e m a n d darf durch den Z u s t a n d oder die Art der Verwendung seines Eigentums die öffentliche Sicherheit und O r d n u n g gefährden. Wenn dies dennoch geschieht, wird der Eigentümer durch ein polizeiliches Einschreiten gegen ihn auf G r u n d entsprechender Vorschriften nicht unzulässigen B e s c h r ä n k u n g e n u n t e r w o r f e n . Vielmehr stellen die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sowohl des allgemeinen wie auch des

BGHZ 91, 243, 253 = NJW 1984, 2116, 2118 und dazu Anm. Engelhardt LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 68. 1 6 9 BVerwGE 59, 342, 346; s. auch BVerwG NVwZ-RR 1991, 193. 1 7 0 BGHZ 115, 116, 119. 171 = N J W 1991, 2421 = VersR 1991, 589 = W M 1991, 785 = DÖV 1991, 332. 168

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

145

besonderen Polizei- und Gefahrenabwehrrechts (ζ. B. des Seuchenbekämpfungs- wie des Immissionsschutzrechts) und die auf der Grundlage dieser Regelungen getroffenen polizeilichen Maßnahmen lediglich eine Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums dar. Diese Regelungen sind dementsprechend als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) zu werten. 1 7 2 Dabei muß derjenige, der schuldhaft den Anschein einer polizeilichen Gefahr erweckt, dem tatsächlichen polizeilichen Störer gleichgestellt werden. 1 7 3 Anderes gilt, wenn die öffentliche Hand es durch eigene Maßnahmen veranlaßt hat, daß der Eigentümer zum Störer wurde. 1 7 4

17. Umweltschutzrecht (einschließlich Verkehrslärmimmissionen) Beim Umweltschutzrecht geht es um den vom Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG vorzunehmenden Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer „sauberen" Umwelt auf der einen und dem — zumeist wirtschaftlichen — Interesse der „Umweltbeiaster", möglichst wenig beschränkt ihr „Eigentum" nutzen und darüber verfügen zu

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BVerfGE 20, 351, 365 ff = NJW 1967, 548, 549 = DÖV 1967, 128 (Tötung eines Tollwut verdächtigen Hundes); BGHZ 43, 196, 202 ff = NJW 1965, 1080, 1081 und dazu Anm. Kreft LM ViehseuchenG Nr. 4/5 (Tötung von Hunden bei Tollwutgefahr); BGHZ 45, 23, 25 = NJW 1966, 649, 650 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 30 (Untersagung einer Schweinemästerei); BGHZ 54, 293, 256 f = NJW 1971, 133 = J Z 1971, 132 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 31 (Abwässerbeseitigung); BGHZ 55, 366, 369 f = NJW 1971, 1080, 1082 (Vernichtung von mit Krankheitserregern behafteten Gegenständen); BVerwGE 7, 257, 260ff = NJW 1959, 786 (Tötung brucelose verseuchter oder -verdächtiger Schafe); BVerwGE 12, 87, 96 = NJW 1961, 2077, 2080 (Verkaufsverbot für seuchenverdächtigen Endiviensalat); BVerwGE 38, 209, 218 = NJW 1971, 1475, 1477 (Verbot der Störung der Nachtruhe durch Be- und Entladen von Fahrzeugen einer Fischgroßhandlung); ferner besonders Weyreuther, in: Situationsgebundenheit von Grundeigentum, S. 72 ff; auch Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 511; Bryde, in: v. Münch/ Kunig, GG-Komm. Art. 14 Rdn. 66; Krohn/Löwisch, Eigentumsgarantie, Rdn. 86, 87; Nüßgens/Boujong Rdn. 315 ff. BGHZ 5, 144, 151 ff = NJW 1952, 586, 587 und dazu Anm. Pagendarm LM § 14 Preuß.PVG Nr. 1. BGH LM HambWasserG Nr. 1 = NVwZ 1987, 628, 629.

214

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3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

können, auf der anderen Seite. Es geht dabei gleichzeitig um den sachgerechten Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an einer gesunden industriellen und ökonomischen Entwicklung einerseits und dem — ebenfalls öffentlichen — Interesse a m Schutz der Umwelt, mithin um den Ausgleich zwischen Ö k o n o m i e und Ökologie. Überwiegend stellen die gesetzlichen Regelungen, die die Umwelt belastende Nutzung von Eigentum verbieten, lediglich eine — ohne entschädigungsrechtliche Folgen bleibende — Konkretisierung der Sozialbindung d a r . 1 7 5 Das Umweltschutzrecht ist in lebhafter Bewegung und der Gesetzgeber ist auf den verschiedensten Gebieten des Umweltschutzes tätig geworden. Dazu sei allein für das Bundesrecht auf das BundesimmissionsschutzG, 1 7 6 das Ges. zum Schutz gegen F l u g l ä r m , 1 7 7 das BenzinbleiG, 1 7 8 das A t o m G , 1 7 9 das BundesnaturschutzG, 1 8 0 das B u n d e s w a l d G 1 8 1 und das A b f a l l G 1 8 2 hingewiesen.

175

B G H Z 99, 262, 269 = L M Art. 14 Ce GrundG Nr. 79 = N J W 1987, 1320 = W M 1987, 473 = J Z 1987, 671, 672/3 mit Anm. Ronellen fit seh-, Kimminich, in: Bonner Komm, zum GrundG Art. 14 (1992) Rdn. 180; Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG Art. 14, Rdn. 45; zum Verhältnis zwischen Naturschutz und Baurecht s. Dürr NVwZ 1992, 833 ff.

176

I.d.F. der Bekanntmachung vom 14. 5. 1990 - BGBl. I 880; einige Änderungen, die mit der Wiedervereinigung zusammenhängen, ergeben sich aus Art. 8 und 11 des Einigungsvertrages vom 3 1 . 8 . 1990 - BGBl. II 889 - Ani. I Kap. XII BGBl. II 1114 - ; dazu Murswiek, DVBl. 1994, 77 ff, bes. 87/88; Seilner NVwZ 1991, 305 ff; Rebentisch, NVwZ 1991, 310 ff; Hansmann NVwZ 1991, 316 ff; vgl. zur Frage des Drittschutzes gegenüber einer emotionsschutzrechtlichen Genehmigung und zu weiteren Verfahrensfragen die bedeutsame Entscheidung des BVerwG in BVerwGE 85, 368 = MVwZ 1991, 369 = J Z 1990, 667 mit Anm. Pietzcker.

177

Vom 30. 3. 1971 - BGBl. I 282 - , zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. 9. 1990 - BGBl. I 2106. Gesetz zur Vermeidung von Luftverunreinigungen durch Bleiverbindungen in Kraftstoffen für Kraftfahrzeugmotoren vm 5. 8. 1971 — BGBl. I 1234 —, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. 12. 1987 - BGBl. I 2810 - . Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) i. d. F. der Bekanntmachung vom 15. 7. 1985 — BGBl. I 1565 - , geändert u . a . durch Art. 9 des Gesetzes vom 1 8 . 2 . 1985 BGBl. I 265 - und Art. 1 des Gesetzes vom 5. 11. 1990 - BGBl. I 2428. Rdn. 259. Rdn. 219. Rdn. 167.

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Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

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Von hoher praktischer Bedeutung ist das Gesetz über die Umweltverträg- 2 1 5 lichkeitsprüfung.183 Das Anliegen dieses Gesetzes ist es, die Auswirkungen bestimmter — privater und öffentlicher — Vorhaben auf die Umwelt möglichst frühzeitig zu erkennen und bei den Entscheidungen über die Zulässigkeit eines Vorhabens Berücksichtigung finden zu lassen; also rechtzeitige Vorsorge statt später „Reparatur". Die Umweltverträglichkeitsprüfung — UVP —, die „Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens" (Art. 1 § 2 Abs. 1 Satz 2) auf die Umwelt umfaßt, ist jedoch nicht als ein selbständiges Verfahren, das mit einer bestimmten Entscheidung über die Umweltverträglichkeit eines bestimmten Vorhabens abschließt, ausgebildet. Vielmehr ist die UVP im Gesetz selbst (Art. 1 § 2 Abs. 1 Satz 1) definiert als „ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen". Die Prüfung soll sich — das ist ein weiterer Grundsatz des UVPG — nicht auf einzelne Gebiete der Umwelt (Lebewesen, Luft, Wasser pp.) erstrecken, sondern es soll eine fachübergreifende Gesamtbeurteilung und -bewertung erfolgen. 1 8 4 Eine interessante Darstellung des Umweltschutzes in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes findet sich bei Zuleeg in NJW 93, 31 ff. Das Umwelthaftungsrecht ist bisher in verschiedenen Einzelgesetzen, ζ. B. 2 1 6 in §§ 17, 18 AtomG geregelt. Dringend zu wünschen wäre eine Gesamtkodifikation des Umwelthaftungsrechts.185 Mit dem Gesetz über die Umwelthaftung vom 10. 12. 1990 1 8 6 ist dieser Wunsch nicht erfüllt; denn das Gesetz begründet lediglich eine Gefährdungshaftung für Umweltschäden, die von ganz bestimmten in einer Gesetzesanlage aufgeführten Anlagen ausgehen. 187

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Gesetz zur Umsetzung der Richtlinien des Rates vom 12. 6. 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (25/337/EWG) vom 12. 2. 1990 - BGBl. I 205 - UVPG, in Kraft getreten am 1. 8. 1990 (Art. 14 Abs. 1) wenn auch noch nicht in allen Teilen (Art. 14 Abs. 2, 3) zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 20. 6. 1990 - BGBl. I 1080. Vgl. zu alledem Weber/Hellmann N J W 1990, 1625 ff; Soell/Dürnberger NVwZ 1990, 705 ff; Steinberg DVB1. 1990, 1369 ff; Schink/Erbguth DVB1. 1991, 413 ff; Flug NVwZ 1993, 114; zu den Schwierigkeiten einer fachübergreifenden „Ermittlung, Beschreibung und Bewertung von Um weltein Wirkungen" s. Beckmann DVB1. 1993, 1335 ff. S. dazu Enders/Reiter VersR 1991, 1329 ff. BGBl. I 2634. S. dazu Deutsch J Z 1991, 1097 ff; Nicklisch VersR 1991, 1093 ff; Schimikowski VersR 1992, 923 ff.

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3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

D i e Rechtsprechung des B G H und des B V e r w G hat sich vor allem mit

217

Problemen des Natur- und L a n d s c h a f t s s c h u t z e s 1 8 8 und mit Fragen des Schutzes gegen Verkehrslärmimmissionen b e f a ß t . Hierzu liegt eine umfangreiche Rechtsprechung vor. B G H und B V e r w G haben sich in langjähriger R e c h t sprechung b e m ü h t , die G r e n z w e r t e für die den Betroffenen zumutbaren Verkehrsgeräusche

auch schon

für die Z e i t festzulegen,

bevor die in § 4 3

B I m S c h G vorgesehene V O ergangen w a r . 1 8 9 Diese wurde erst nach langer Verzögerung im J a h r e 1 9 9 0 e r l a s s e n . 1 9 0 In ihr werden die G r e n z w e r t e für die den Betroffenen zumutbaren Verkehrsgeräusche festgelegt und in einer Anlage werden in einer sehr ins einzelne gehenden Weise die Verfahren bes t i m m t , wie diese Werte zu ermitteln sind. Wenn die in dieser V O festgelegten G r e n z w e r t e , die der V O - G e b e r für die Betroffenen als z u m u t b a r ann i m m t , auch etwas höher liegen als die Grenzwerte, die die Rechtsprechung zuletzt a n g e n o m m e n hatte, so kann daraus etwas Entscheidendes gegen die R e c h t m ä ß i g k e i t der V O , soweit sie die höheren G r e n z w e r t e bestimmt, nicht hergeleitet werden. Es m u ß dem V O - G e b e r insoweit ein verhältnismäßig g r o ß e r Spielraum zugestanden werden. Die V O trägt jedenfalls auch dem von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis R e c h n u n g , d a ß für die

188 189

190

S. dazu Rdn. 257 ff. BGHZ 64, 220 = NJW 1975, 1406 = W M 1975, 9 8 5 / 6 = J Z 1975, 488 = DVB1. 1975, 658 = LM § 906 BGB Nr. 52; BGH NJW 1977, 894 = WM 1977, 419; BGH NJW 1978, 318 = W M 1977, 1149 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 33; BGH W M 1978, 41 = DVB1. 1978, 110 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 34; BGHZ 97, 114 = NJW 1986, 1980 = J Z 1986, 544 = LM FStrG Nr. 34 = DVB1. 1986, 766 mit eingehender Anm. Berkemann-, BGHZ 97, 361 = NJW 1986, 2421; BGHZ 122, 76, 78 ff = NJW 1993, 1700; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 54; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 56 = NJW 1988, 900 = VersR 1988, 517 = W M 1988, 514; BGH NJW 1990, 2465 = J Z 1991, 91; s. auch BGH VersR 1992, 322 f = NVwZ 1992, 404 (Fluglärm); BGHZ 122, 363 = NJW 1993, 2173 = VersR 1993, 1012 = LM § 8 3 9 Ca BGB Nr. 87 (Tiefflüge); BVerwGE 71, 150, 154 ff = DVB1. 1985, 897; BVerwGE 77, 285 ff = NJW 1987, 2886 = DÖV 1987, 913 = DVB1. 1987, 907; BVerwGE 77, 295 ff = NJW 1987, 2884 ff = DVB1. 1987, 1011 = DÖV 1987, 1108; vgl. dazu auch Schmidt-Ammanti, Verfassungsrechtliche Grundlagen, S. 17 ff. Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (LärmschutzVO = 16. BImSchVO) vom 12. 6. 1990 - BGBl. I 1036 und dazu Alexander in NVwZ 1991, 318 ff.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

149

Z u m u t b a r k e i t der Lärmbelästigungen von einer nach der Art des Gebiets, in dem sich die betroffenen G r u n d s t ü c k e befinden, abgestuften Z u m u t b a r k e i t auszugehen s e i . 1 9 1

18. Wald- und Forstrecht 192 A u f diesem Rechtsgebiet haben sich die Auffassungen gerade in den letz-

218

ten J a h r z e h n t e n gewandelt, n a c h d e m i m m e r mehr die Bedeutung des Waldes als Erholungsgebiet und als U m w e l t f a k t o r e r k a n n t wurde und dementsprechend seine Bedeutung als R o h s t o f f q u e l l e und auch als Flächenreserve mehr in den Hintergrund getreten ist. D a s bedeutet aber nicht, d a ß der Wald seine wirtschaftliche Funktion verloren hätte. Es gilt vielmehr, alle diese Funktionen, die der Wald heute zu erfüllen h a t , gleichzeitig zu fördern. Wirtschaftliche und soziale M a ß n a h m e n sowie alle der E r h o l u n g s f u n k t i o n

dienende

M a ß n a h m e n in der Forstwirtschaft haben eine synchrone W i r k u n g und führen d a m i t zu einer k o m p l e x e n B e t r a c h t u n g ö k o n o m i s c h e r und ö k o l o g i s c h e r Faktoren.193 D i e Förderung aller v o m Wald heute zu erfüllenden Funktionen ist das Anliegen des B u n d e s w a l d g e s e t z e s , 1 9 4 das nach jahrzehntelangen

Verhand-

lungen im M a i 1 9 7 5 in Kraft getreten ist. D e r Z w e c k des Gesetzes ist in § 1 b e s t i m m t , der folgenden Wortlaut hat: „§ 1 Gesetzeszweck Zweck dieses Gesetzes ist insbesondere, 1. den Wald wegen seiner wirtschaftlichen Nutzung (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infra-

191

192 193 194

BGH NJW 1977, 894 = W M 1977, 419, 4 2 0 / 1 = LM § 9 0 6 BGB Nr. 52; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 34 = W M 1978, 41 ff = DVB1. 1978, 110; BGH DVB1. 1978, 618, 622 = DÖV 1978, 736 = NJW 1979, 561; BVerwGE 59, 253, 262 = NJW 1980, 2368, 2370 = DÖV 1980, 410 = DVBl. 1980, 301; vgl. auch BVerwGE 88, 210 ff = DVBl. 1991, 880 = DÖV 1991, 883 = NVwZ 1991, 886, die sich besonders mit der Frage der „Vorbelastung" befaßt. S. dazu Klose/Orf „Forstrecht" - § 1 WaldschutzG Rdn. 1 ff. Klose/Orf, aaO, Rdn. 13. Gesetz zur Förderung des Waldes und zur Erhaltung der Forstbetriebe (BWaldG) vom 2. 5. 1975 - BGBl. I 1037.

219

150

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis struktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern, 2. die Forstwirtschaft zu fördern und 3. einen Ausgleich zwischen den Interessen der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen".

Man wird die Bestimmungen des Bundeswaldgesetzes, die die Rechtsposition der Waldeigentümer beschränken, grundsätzlich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen ansehen dürfen, die die widerstreitenden Interessen der Eigentümer und der Allgemeinheit in einen sachgerechten Ausgleich bringen, wenngleich sich naturgemäß nicht ausschließen läßt, daß im Einzelfall Verwaltungsmaßnahmen getroffen werden, die im Blick auf die Eigentumsgarantie nicht mehr als zulässig erachtet werden können. 220

Das BundeswaldG selbst bestimmt u. a., daß Wald nur mit Genehmigung gerodet oder in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden darf (§ 9 Abs. 1 Satz l ) , 1 9 5 daß auch die Erstaufforstung von Flächen einer Genehmigung bedarf, daß Wald zum „Schutzwald" (§ 1 2 ) 1 9 6 und zum „Erholungswald" (§ 13) erklärt werden kann. Es gestattet ferner das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung, läßt aber das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten nur auf Straßen und Wegen zu. Diese Beschränkungen des Waldeigentums hält der BGH — zu Recht — für zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums am Wald. 1 9 7

221

Das BundeswaldG ist im übrigen ein Rahmengesetz, das von den Landesgesetzgebern auszufüllen ist, ein Auftrag, dem alle alten Bundesländer nachgekommen sind. Die meisten von ihnen hatten schon vor dem BundeswaldG eigene einschlägige Gesetze erlassen, die vor allem — nach den radikalen Abholzungen in der Kriegs- und Nachkriegszeit — einen Wiederaufforstungszwang vorsehen. So haben u. a. das OVG Münster im Jahre 1954 1 9 8 den Wiederaufforstungszwang nach dem damals geltenden nordrh-westf. WaldschutzG und das O V G Lüneburg im Jahre I 9 6 0 1 9 9 die Auflage der Wiederaufforstung nach dem damaligen schl.-holst. WalderhaltungsG als mit Art. 14 GG vereinbar angesehen. 195

S. dazu Schmidt-Aßmann

196

Vgl. O L G München (Senat Augsburg) in N J W - R R 1 9 9 1 , 1 0 4 8 .

197

in N u R 1 9 8 6 , 9 8 ; Büllesbach

B G H L M § 7 7 B L G Nr. 4 = AgrarR 1989, 300.

198

M D R 1954, 763.

199

DÖV 1961, 623.

in N V w Z 1 9 9 1 , 2 2 ff.

N J W - R R 1989, 673, 674 =

VersR 1 9 8 9 , 5 2 4

=

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

151

Das BVerwG hat auch in der Möglichkeit, ruhende Forstrechte zwangs- 2 2 2 weise gegen Entschädigung abzulösen, wie sie im bay. ForstrechteG 200 vorgesehen ist, lediglich eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung der Forstrechte gesehen. 201

19. Wasserrecht „Die Anforderungen, die infolge der modernen Entwicklung an die — 2 2 3 für die Allgemeinheit handelnde — öffentliche Hand auf dem Gebiet der Wasserversorgung gestellt werden müssen, und die Schwierigkeiten, diesen Anforderungen zu genügen, sind ständig gewachsen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Grenze der Sozialgebundenheit wasserführender Grundstücke und ihrer Umgebung weiter zu ziehen, als dies vor einerseits dem sprunghaften Ansteigen des Bedarfs an Trink- und Brauchwasser und andererseits der gewachsenen Gefahr der Verschmutzung und Verseuchung des Grundwassers der Fall war. Der Gesetzgeber hat aus der Tatsache, daß es sich bei den natürlichen Wasservorräten um ein Gut handelt, auf das die Allgemeinheit in besonderer Weise angewiesen ist und das mehr denn je des Schutzes bedarf, Folgerungen gezogen". 202 Er hat im WasserhaushaltsG (WHG) 2 0 3 u. a. eine Schadensersatzpflicht für die Verunreinigung von Gewässern normiert, hat bestimmte Gewässer schädigende Handlungen unter Strafe gestellt und die Benutzung der Gewässer in weitem Umfang von der Erteilung einer Erlaubnis oder Genehmigung abhängig gemacht. Diese Beschränkungen des Eigentums an Gewässer führenden Grundstücken hat der BGH durchweg als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen gewertet, 2 0 4 jedoch in einem Vorlagebeschluß 205 die Meinung vertreten, daß der Gesetzgeber des W H G mit der entschädigungslos zulässigen Versagung jeder rechtlich gesicherten Möglichkeit einer Grundstücksnutzung mit Grundwasserberührung sich nicht mehr in den ihm gesetzten Grenzen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen gehalten habe. Demgegenüber hat das BVerfG in der aufgrund dieses Vorlagebeschlusses ergangenen „Naßauskie-

200 201 202

203 204 205

Gesetz über die Forstrechte vom 3. 4. 1958 - BayGVBl. 58, 43. NVwZ 1986, 1012 = DVB1. 1987, 490 mit krit. Anm. Schwabe. So wörtlich BGHZ 60, 145, 149 = NJW 1973, 628 und dazu Anm. Kreft LM § 19 WasserhaushaltsG Nr. 2. Jetzt i. d. F. vom 23. 9. 1986 - BGBl. I 1529. BGHZ 60, 145, 149/50. Vom 13. 7. 1978 = NJW 1978, 2290 ff.

152

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

s u n g s e n t s c h e i d u n g " 2 0 6 dem Gesetzgeber des W H G bescheinigt, d a ß auch die B e s c h r ä n k u n g des Grundeigentümers dahin, d a ß er nur mit behördlicher Z u s t i m m u n g auf das G r u n d w a s s e r einwirken dürfe,

verfassungsrechtlich

nicht zu beanstanden s e i . 2 0 7 A u f der Grundlage dieser Auffassung h a t der B G H die sich daraus ergebenden G r u n d s ä t z e in seiner Rechtsprechung im einzelnen weiter a u s g e b a u t . 2 0 8 Auch wenn m a n davon ausgeht, d a ß die wasserrechtliche Nutzungsord-

224

nung des W H G eine zulässige Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g darstellt, so sind d o c h Fälle denkbar, in denen der Vollzug dieser Nutzungsordnung nicht mehr als entschädigungslos zulässige M a ß n a h m e gewertet k a n n . 2 0 9 M a n wird, wie Krohn

werden

— m . E . überzeugend — in DVB1. 1 9 8 6 ,

7 4 5 f f dargelegt h a t , vielmehr a n n e h m e n müssen, d a ß die Zulässigkeitsgrenze überschritten ist, wenn die allgemeine „enteignungsrechtliche Z u m u t b a r k e i t s s c h w e l l e " überschritten wird, d. h. wenn die

Eigentumsbeschrän-

kung sich für den Betroffenen „schwer und u n e r t r ä g l i c h " a u s w i r k t . 2 1 0

20. Wasser- und Bodenverbandsrecht Nordrhein-Westfalen hat im J a h r e 1 9 5 8 durch ein S o n d e r g e s e t z 2 1 1 einen

225

Wasserverband mit besonderen Aufgaben begründet ( G r o ß e r Erftverband).

206 207 208

209 210

211

BVerfGE 58, 300 ff = NJW 1982, 745 ff = DVB1. 1982, 340 ff. S. dazu bereits oben Rdn. 25. vgl. dazu BGHZ 84, 223 ff = NJW 1982, 2488 = W M 1982, 963 = DVBl. 1982, 948 = J Z 1983, 28; BGHZ 84, 230 ff = NJW 1982, 2481 = J Z 1983, 30; zu beiden Entscheidungen vgl. Anm. Krohn LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 61; BGH LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 58 = W M 1982, 966; BGHZ 87, 66 ff = NJW 1983, 1657 = W M 1983, 624 = DVBl. 1983, 630 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 117; BGHZ 88, 34 ff = NJW 1984, 975; BGHZ 90, 4 ff = NJW 1984, 1172 und dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67; BGHZ 99, 256 ff = NJW 1987, 2747. Vgl. zu dieser Problematik auch Knauber in AgrarR 1985, 125 ff. Vgl. BGHZ 64, 220, 230 = NJW 1975, 1406 = W M 1975, 985 = J Z 1975, 488 = DVBl. 1975, 658; BGHZ 97, 114, 1 1 7 / 8 = NJW 1986, 1980 = LM FStrG Nr. 34 = J Z 1986, 544 = DVBl. 1986, 766 und dazu Anm. Berkemann; BVerwGE 32; 173, 179 = NJW 1969, 1787; BVerwGE 61, 295, 303 = NJW 1981, 2137; BVerwGE 67, 334 ff = NJW 1984, 138 = DVBl. 1984, 143 = DÖV 1984, 295. Gesetz über die Gründung des Großen ERFT-Verbandes vom 3. 6. 1958 - NRW GVB1. S. 253.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

153

Das BVerfG hat die gegen dieses Gesetz von einigen Bergwerksunternehmen erhobene Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen und insbesondere ausgeführt, daß gegen die Bestimmung des Gesetzes verfassungsrechtliche Bedenken aus Art. 14 GG nicht bestünden und die dort vorgesehenen Eigentumsbeschränkungen als Ausprägung der Sozialbindung des Eigentums nicht zu beanstanden seien. 212 Hingegen hat das BVerwG entschieden, daß die aus dem Jahre 1937 stammende WasserverbandsO, 213 soweit sie in § 2 Nr. 6 Alternative 2 den Wasserund Bodenverband zur eigenen Bewirtschaftung und Nutzung von Grundstücken seiner Mitglieder ermächtige, bei der Abwägung des Allgemeininteresses und der Individualinteressen der Grundeigentümer letzteren nicht die ihnen zukommende Bedeutung beigemessen habe und insoweit gegen Art. 14 GG verstoße. 214

21. Wasserstraßenrecht Die Bestimmung des § 21 Abs. 3 Satz 2 BundeswasserstraßenG, 215 nach 2 2 6 der der unanfechtbar gewordene Planfeststellungsbeschluß (unbeschadet der Möglichkeit einer nachträglichen Entscheidung nach § 22 Abs. 2 des Ges.) Ansprüche auf Entschädigung oder auf Schadensersatz gegen den Träger des Vorhabens ausschließt, enthält nach der Auffassung des B G H 2 1 6 eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1989 ist der BGH 2 1 7 von folgendem ausgegangen. Das Eigentum an Ufergrundstücken von Gewässern ist nach den Regelungen in den meisten Ländern und auch nach dem Gemeinen Recht seit eh und je darauf angelegt und beschränkt, daß das Grundstück, wenn und soweit es — aus welchem Grunde auch immer — nicht nur vorübergehend überflutet wird, Teil des Gewässers wird und daß das Eigentum an diesem — früheren

212

BVerfGE 10, 89, 110 ff = N J W 1959, 1675 = DÖV 1959, 698 = DVB1. 1959,

660. 213

214

215 216 217

Erste Verordnung über Wasser- und Bodenverbände (Erste Wasserverbandsordnung) vom 3. 9. 1937 - RGBl. I 933. BVerwGE 40, 170 ff = DÖV 1973, 209 = RdL 1972, 303 = BayVB1. 1973, 306. Vom 2. 4. 1968 - BGBl. II 173. BGHZ 92, 114, 117 = N J W 1985, 438. BGHZ 1 1 0 , 1 4 8 ff = N J W 1990, 3263 = W M 1 9 9 0 , 1 8 4 8 = L M Art. 89 GrundG Nr. 8.

154

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

— Ufergrundstück dem bisherigen Eigentümer verloren geht und ohne weiteres d e m Eigentümer des G e w ä s s e r s zuwächst. Dieser G r u n d s a t z hat jetzt für Bundeswasserstraßen in § 3 Abs. 1 BundeswasserstraßenG expressis verbis seinen A u s d r u c k gefunden.

22. Wirtschaftsrecht 227

Wirtschaftslenkende gesetzliche Bestimmungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die allgemeine wirtschaftliche Situation im Interesse der Allgemeinheit solche Regelungen erfordert. Hier ist in besonderem M a ß e der G r u n d s a t z zu beachten, daß alle Regelungen, die d a s Eigentum binden und beschränken, nur in d e m M a ß e zulässig sind, wie der sachliche G r u n d , der zu der Bindung und Beschränkung führt, dies erfordert und die Regelungen selbst sachgerecht sind. Wirtschaftliche Krisenzeiten erfordern und rechtfertigen stärkere Bindungen und Beschränkungen als Zeiten wirtschaftlich normaler Verhältnisse. D a s bedeutet auch, daß derartige Bindungen und Beschränkungen nur so lange aufrechterhalten werden dürfen, wie die sie rechtfertigenden U m s t ä n d e f o r t b e s t e h e n . 2 1 8 U m s t ä n d e und Gegebenheiten, die im freien Wettbewerb bloße Erwerbschancen wären, aus Marktordnungsgesichtspunkten jedoch rechtlich instrumentalisiert werden, erlangen durch diese Verrechtlichung nicht die Q u a l i t ä t einer durch Art. 14 G G als „ E i g e n t u m " geschützten R e c h t s p o s i t i o n . 2 1 9

228

Einzelfälle: D a s BVerfG hat im J a h r e 1958 die in der ersten Nachkriegszeit erlassenen preisrechtlichen Regelungen durchweg als mit Art. 14 G G vereinbar e r a c h t e t . 2 2 0 Z u der im J a h r e 1965 eingeführten Bevorratungspflicht für M i n e r a l ö l p r o d u k t e hat d a s BVerfG entschieden, daß durch d a s diese Pflicht anordnende G e s e t z 2 2 1 Art. 14 G G nicht tangiert w e r d e . 2 2 2 Im

218

219

220 221

222

S. bereits oben Rdn. 157 und ferner BGH NJW 1953, 582/3 = L M § 75 Einl.PreußALR Nr. 2; BGH NJW 1956, 468/9. BVerfGE 45, 142, 170/1 = NJW 1977, 2024, 2026 = DVB1. 1977, 817 = DÖV 1978, 172 (für den Rechtsanspruch auf Intervention gem. Art. 7 Abs. 1, 2 der Verordnung Nr. 120/67 EWG; vgl. dazu auch B G H Z 65, 155, 169 f = NJW 1976, 475, 478. BVerfGE 8, 274, 330 = NJW 1959, 475 = J Z 1959, 355 = DVB1. 1959, 171. Gesetz über die Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen vom 9. 9. 1965 — BGBl. I 1217 - . BVerfGE 30, 292, 334 = NJW 1971, 1255 = DÖV 1971, 454 = DVB1. 1971, 691.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

155

gleichen Sinne hat das B V e r f G zur Vermahlungsregelung des M ü h l e n s t r u k t u r G 2 2 3 entschieden.224 Einer Entscheidung des B V e r w G aus dem J a h r e 1 9 6 6 2 2 S zufolge sind ge- 2 2 9 gen die — durch eine auf § 8 des M i l c h - und F e t t G gestützte Verfügung erfolgte — Verkleinerung eines Milcheinzugsgebietes verfassungsrechtliche Bedenken aus Art. 14 G G nicht zu erheben. Z u den Zulässigkeitsgrenzen bei der Auferlegung und D u r c h f ü h r u n g von Holzeinschlägen durch staatliche Behörden nach M a ß g a b e der in den N a c h k r i e g s j a h r e n geltenden holzwirtschaftlichen Bestimmungen h a t der B G H in einer Entscheidung aus dem J a h r e 1 9 6 2 2 2 6 Stellung g e n o m m e n .

23. Wohnraumbewirtschaftung Auch heute herrscht auf dem W o h n u n g s m a r k t M a n g e l an geeignetem W o h n r a u m . Wenn sich auch die Verhältnisse a u f dem W o h n u n g s m a r k t immer m e h r gebessert h a b e n , so sind doch im Grundsätzlichen verfassungsrechtliche Bedenken aus Art. 14 G G nicht dagegen zu erheben, d a ß bis jetzt n o c h in gewissem U m f a n g W o h n r a u m bewirtschaftet wird und gewisse M i e t preisregelungen n o c h i m m e r bestehen. D o c h wird der Gesetzgeber, wenn er die berechtigten Interessen der Eigentümer von M i e t w o h n u n g e n im Blick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie in dem notwendigen M a ß e berücksichtigt, d a r a u f bedacht sein müssen, die die W o h n r a u m b e w i r t s c h a f tung regelnden Bestimmungen je nach dem M a ß e der Besserung auf dem W o h n u n g s m a r k t rechtzeitig zu lockern und gegebenenfalls ganz aufzuheben.227 Z u dem Verbot der Z w e c k e n t f r e m d u n g B V e r f G eingehend Stellung a n g e n o m m e n Art. 14 G G v e r n e i n t . 2 2 9 223 224 225 226 227

228

229

von W o h n r a u m 2 2 8 hat das und einen Verstoß gegen

Vom 12. 12. 1971 - BGBl. I 2098. BVerfGE 39, 210, 237 = DÖV 1976, 249. DVB1. 1966, 751. LM Art. 153 WeimVerf. Nr. 19 = MDR 1962, 803. Vgl. zu diesr Frage auch BGHZ 56, 40, 42 ff = NJW 1971, 1172, 1173; BGH NJW 1979, 2559 = W M 1979, 924; vgl. dazu auch Scholz NVwZ 1982, 337, 341 ff. S. dazu das Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. 11. 1971 - BGBl. I 1745 - , Art. 6 § 1. BVerfGE 38, 348, 3 7 0 / 1 ; vgl. OVG Berlin NJW 1977, 314; s. auch BVerwGE 71, 291 ff = DÖV 1985, 724 = DVB1. 1985, 1173 ff.

230

156

3. Teil. Die Sozialbindung des Eigentums und die Regelungsbefugnis

24. Sonstige 231

Das BVerwG hat die — sehr weit gehenden — normativen Ermächtigungen zur Reblausbekämpfung im rheinland-pfälzischen WeinbauG 2 3 0 als verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentümers an Weinbergen gewertet. 2 3 1 Der BGH hat das in § § 2 4 - 2 8 a BBauG (jetzt §§24 - 28 BauGB) den Gemeinden eingeräumte Vorkaufsrecht als das Grundeigentum beschränkende Inhalts- und Schrankenbestimmungen angesehen, gegen die Bedenken aus Art. 14 GG ebenfalls nicht zu erheben seien. 232 Die Länder können bestimmen, daß kulturhistorisch oder wissenschaftlich bedeutsame Funde, die herrenlos sind oder deren Eigentümer nicht ermittelt werden können, mit ihrer Entdeckung in das Eigentum der öffentlichen Hand fallen; ein solches „Schatzregal" verstößt nicht gegen Art. 14 GG.233 Landesrechtliche Bestimmungen, die die Eigentümer bebauter Grundstücke verpflichten, Hausnummern anzubringen und zu beleuchten, 2 3 4 sind als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Grundeigentümers anzusehen. 2 3 5

IV. Die Folgen eines Verfassungsverstoßes des einfachen Gesetzgebers 232

Wenn das BVerfGE ein — als inhalts- und schrankenbestimmend gedachtes — Gesetz des einfachen Gesetzgebers als mit der Verfassung nicht vereinbar, mithin als verfassungswidrig, aber nicht für nichtig erklärt hat, dann 230

231 232 233

234

235

Vom 12. 5. 1953 = GVB1. S. 54 i. d. F. der Novelle vom 15. 6. 1970 - GVB1. S. 210. BVerwGE 68, 143, 148 = NVwZ 1984, 432. BGH NJW 1969, 37, 38 = W M 1988, 1497, 1499. BVerfGE 78, 205, 211 ff = NJW 1988, 2593 = JZ 1988, 919 = DVB1. 1988, 839. Vgl. etwa § 19 Abs. 1 HambBauO vom 1. 7. 1986 - GVB1. S. 183 i. V. m. der Verordnung über die Beschaffenheit und die Anbringung von Hausnummerleuchten und -schildern vom 5. 8. 1975 - GVB1. 147; § 28 Abs. 1 Nr. 3 Berl.VermessungsG vom 8. 4. 1974 - GVB1. S. 806 i. V. m. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1, 3 NumerierungsVO vom 9. 12. 1975 - GVB1. S. 2947. OVG Berlin NJW 1990, 1747, 1748.

Β. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers

157

m u ß der Gesetzgeber zumindest mit W i r k u n g v o m Z e i t p u n k t der Unvereinbarerklärung an die verfassungswidrige Gesetzeslage beseitigen. Die Unvereinbarerklärung hat d a n a c h in der Regel die W i r k u n g , d a ß Gerichte und Verwaltungsbehörden die beanstandeten Gesetzesbestimmungen nicht mehr anwenden dürfen, sondern die Neuregelung a b w a r t e n müssen. D e r eintretende rechtliche Schwebezustand kann im G r u n d s a t z erst dadurch beendet werden, d a ß der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich einwandfreie Gesetzeslage s c h a f f t . 2 3 6 Wenn das B V e r f G dem Gesetzgeber eine b e s t i m m t e Frist zur Schaffung einer neuen Gesetzeslage nicht gesetzt h a t , 2 3 7 ist er zwar verfassungsrechtlich nicht genötigt, die Neuregelung bis zu einem bestimmten Z e i t p u n k t vorzunehmen. Er darf aber den verfassungswidrigen Z u s t a n d nicht nach Belieben unverändert aufrechterhalten und kann sich auch nicht damit begnügen, erst mit W i r k u n g v o m Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung an den verfassungswidrigen Rechtszustand zu beseitigen. Er ist vielmehr gehalten, denjenigen, die e t w a durch die verfassungswidrige Regelung nachteilig betroffen worden sind, auch für die Z e i t zwischen der Unvereinbarerklärung und der Neuregelung in sachgerechter Weise Abhilfe zu verschaffen. Es kann indes für die Z e i t vor der Neuregelung Abhilfe nicht verlangt werden, „wenn sie nach der tatsächlichen L a g e praktisch nicht mehr d u r c h f ü h r b a r w ä r e oder den Betroffenen keinen tatsächlichen Nutzen mehr bringen k ö n n t e oder wenn sie nur unter unverhältnismäßig g r o ß e r Beeinträchtigung

anderer

schutzwürdiger Belange möglich w ä r e " . 2 3 8

236

237 238

BVerfGE 55, 100, 110/1 = NJW 1981, 448 = J Z 1981, 60; BVerfGE 87, 114, 136 = DVB1. 1993, 33 = NJW-RR 1993, 971. BVerfGE 39, 169, 194. BVerfGE 87, 114, 137.

233

4. Teil Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen bei einzelnen als „Eigentum" zu wertenden Rechtspositionen

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum I. Allgemeines D a alles Eigentum nur als R e c h t geschützt ist, k o m m t es entscheidend

234

d a r a u f an, was das G r u n d e i g e n t u m als R e c h t hergibt und wogegen der Grundeigentümer rechtlich abgesichert ist. Inhalt und U m f a n g des G r u n d eigentums in seinen verfassungsrechtlich geschützten Grenzen liegen ebensowenig ein für alle M a l fest wie es bei dem Eigentumsbegriff selbst der Fall ist. Vielmehr ist auch der Schutzbereich des Grundeigentums einem von den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und A n s c h a u u n gen abhängigen Wandel unterworfen, und diese Grenzen müssen ebenso wie der Eigentumsbegriff selbst in wertender Betrachtungsweise unter B e r ü c k sichtigung auch von Z w e c k und Funktion der Eigentumsgarantie gefunden werden. Ein G r u n d s t ü c k als begrenztes Stück der E r d o b e r f l ä c h e wird grundsätzlieh nur in diesen Grenzen als Eigentum geschützt. 1 D a v o n geht auch — als selbstverständlich — das B V e r f G a u s . 2 Grundsätzlich steht dem Eigentümer deshalb zwar innerhalb der Grundstücksgrenzen das alleinige Verfügungsund Nutzungsrecht

zu (§ 9 0 3

Grundstücksgrenzen

rechtliche Bedeutung für das Eigentum am

BGB),

während

Vorgänge

außerhalb

der

eigenen

G r u n d s t ü c k grundsätzlich nicht erlangen. In beiden R i c h t u n g e n geht es indes nur um Grundsätze, die einer Vielzahl von A u s n a h m e n und E i n s c h r ä n k u n gen unterliegen. Im Zweifel ist davon auszugehen, d a ß einerseits der G r u n d stückseigentümer innerhalb der Grenzen seines Grundbesitzes Verfügungsund Nutzungsfreiheit hat und er insoweit auch durch die Eigentumsgarantie geschützt ist, d a ß andererseits an den Grenzen seines Grundbesitzes dieser Schutz aufhört. D a b e i stellt sich zunächst die Frage, was der Substanz dieses grundsätzlich nur in seinen räumlichen Grenzen geschützten Grundeigentums zuzurechnen ist und was nicht.

1

2

BGHZ 61, 253, 2 5 5 / 6 = NJW 1973, 2283, 2284 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ce GrundG Nr. 46. BVerfGE 58, 300, 329 = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340.

235

162

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

II. Der Umfang der „Substanz" des Grundeigentums 236

Die Substanz des Grundeigentums ist schon dadurch beschränkt, daß die Rechtsposition des Grundeigentümers „in der Tiefe prinzipiell dort endet, wo er mit dem Grundwasser in Berührung kommt". Das ist aber nicht rein räumlich zu verstehen und besagt nicht, daß der Grundeigentümer nicht mehr Eigentümer der unter der Oberfläche seines Grundstücks vorhandenen Bodenbestandteile sei. 3

237

Der Substanz des grundsätzlich nur in seinen räumlichen Grenzen geschützten Grundeigentums ist bei einem an einer öffentlichen Straße gelegenen Grundstück die Zugänglichkeit des Grundstücks von der Straße und umgekehrt zuzurechnen. 4 Das bedeutet aber nicht, daß der Fortbestand einer bestimmten Verbindung der Anliegerstraße mit dem öffentlichen Wegenetz geschützt ist, und ebensowenig besteht ein eigentumsmäßiger Schutz dagegen, daß das Grundstück durch die Anlage neuer Straßen in eine abgeschiedene Lage gerät und dadurch etwa die Geschäftslage oder die Wohnqualität des Grundstücks nachträglich verändert wird. Auch ist das Grundstück nicht dagegen geschützt, daß die Beschaffenheit der Anliegerstraße qualitativ verschlechtert oder ihre bisherige günstige Verbindung mit dem öffentlichen Wegesystem sich nachteilig ändert oder die Verkehrsführung auf der Anliegerstraße eine nachteilige Veränderung erfährt. 5 Die Herabstufung einer Straße, etwa von einer Bundesstraße zu einer Gemeindestraße, bedeutet nicht eine relevante Beeinträchtigung der Rechtsposition der Straßenanlieger, grundsätzlich ebensowenig die Verringerung der Fahrbahnbreite; dies vielmehr nur dann, wenn der Eigentümer dadurch in seiner eigentumsmäßig verfestigten Rechtsposition betroffen, etwa die Zufahrtsmöglichkeit unterbrochen oder so erschwert wird, daß die bisherige Benutzbarkeit des Grundstücks nicht unerheblich verändert und sein Wert dadurch nicht unwesentlich gemindert wird. 6 Der Grundeigentümer ist auch nicht dagegen ge-

3 4

5

6

S. dazu bereits oben Rdn. 25. BGHZ 48, 58, 62/3 = NJW 1967, 1752, 1753 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 33. BGH WM 1977, 419, 420, insoweit in LM § 206 BGB Nr. 52 und NJW 1977, 894 ff nicht mit abgedruckt; BGH LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 130 Bl. 3 = WM 1989, 1154, 1146 = NVwZ-RR 1989, 525. BGH NJW 1979, 1043, 1044 ff = LM FStrG Nr. 24 Bl. 2 r/3 = WM 1979, 372, 374.

163

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

schützt, vielmehr i m m e r der G e f a h r ausgesetzt, d a ß in der N a c h b a r s c h a f t — nachbarrechtlich zulässige — störende Anlagen errichtet w e r d e n . 7 In seinem Kernbereich, aber nur in diesem, ist auch der sog. Anliegerge-

238

meingebrauch dem Eigentum an einem an einer öffentlichen S t r a ß e gelegenen G r u n d s t ü c k zuzurechnen, 8 soweit die angemessene Nutzung des G r u n d stücks eine Benutzung der Straße erfordert; von entscheidender Bedeutung ist d a n a c h stets das besondere Angewiesensein des G r u n d s t ü c k s a u f das Vorhandensein und die Benutzung der Straße. D e r G e m e i n g e b r a u c h ist notwendigerweise in der Form begrenzt, d a ß der E i g e n t ü m e r gewisse, aus dem Z w e c k der Straße folgende M a ß n a h m e n entschädigungslos hinnehmen muß, wie Kanalisations- und R e p a r a t u r a r b e i t e n u. a. D i e Straße hat eben nicht allein den Bedürfnissen der Anlieger, sondern als öffentliche Verkehrseinrichtung auch dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen zu dienen. Es m u ß ein angemessener Ausgleich der verschiedenen

Interessen

erfolgen

(vgl.

dazu

im

einzelnen

weiter

Rdn. 273 ff). Ferner gehört der räumliche Z u s a m m e n h a n g eines zu einer wirtschaftli-

239

chen Einheit zusammengefügten G r u n d s ü c k s k o m p l e x e s (Arrondierung) zur eigentumsrechtlich geschützten G r u n d s t ü c k s s u b s t a n z . 9 D o c h gehört die G e schlossenheit eines G r u n d s t ü c k s k o m p l e x e s nur insoweit zur verfassungsrechtlich geschützten Rechtsposition des Grundeigentümers, als sie diesem rechtlich gesicherte Vorteile — ζ. B . kostengünstigere Bewirtschaftung, Fernhalten von Immissionsquellen, bessere M ö g l i c h k e i t e n der J a g d a u s ü b u n g — verschafft, die der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r w e r t e r h ö h e n d b e r ü c k s i c h t i g t . 1 0 Eine Einengung der Grundstückssubstanz kann auch innerhalb der r ä u m liehen Grenzen eines G r u n d s t ü c k s in B e t r a c h t k o m m e n . D e n n kraft der So-

7 8

9

10

BVerfGE 72, 66, 77. BVerwGE 30, 235, 238 = NJW 1969, 284, 285; BVerwGE 32, 222, 225 = DÖV 1969, 727 = DVB1. 1969, 696; s. dazu auch BVerwGE 94, 136, 139; BVerwGE 94, 100, 106. BVerwGE 54, 113 = NJW 1977, 789 = J Z 1977, 600 = DÖV 1977, 604; BVerwG NJW 1975, 357; BVerwG NJW 1981, 412 = DÖV 1980, 727; BVerwG NJW 1983, 770, 771 = DVB1. 1982, 1098 = DÖV 1983, 122 f. BGHZ 64, 382, 3 9 4 / 5 = NJW 1975, 1778, 1781 = WM 1975, 959, 961 und dazu Anm. Kreft LM FStrG Nr. 21 a; BGH W M 1977, 1261, 1262/3 = MDR 78, 123, 124; BGH W M 1979, 168, 169; BGH LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 28 = W M 1982, 277, 278 = NVwZ 1982, 210, 211; BGH WM 1982, 279, 280 = MDR 1982, 56 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 27.

240

164

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

zialbindung allen Eigentums ist der Eigentümer auch innerhalb der räumlichen Grenzen seines Grundstücks Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen unterworfen. Diese können sich unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 GG ergeben (vgl. Rdn. 141 ff), können aber auch aus zunächst nur bestehenden „Pflichtigkeiten" und „Beschränkbarkeiten" vom — einfachen — Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu wirklichen „Pflichten" und „Beschränkungen" verdichtet und intensiviert werden (s. dazu im einzelnen Rdn. 149 ff), wie es bei Grundstücken vor allem auf dem Gebiet des materiellen Baurechts, des Natur-, Landschafts- und Denkmalschutzes, des Polizeirechts pp. weithin geschieht.

III. Beschränkungen und Erweiterungen der Rechtsposition des Grundstückseigentümers 1. Beschränkungen durch das Baurecht 241

Z u m Inhalt des Grundeigentums gehört auch die Befugnis, das Grundstück als Bauland zu nutzen, m. a. W. das Grundstück zu bebauen. Diese Befugnis ist wesentlicher Bestandteil des Grundstückseigentums. 1 1 Zwar mehren sich die Stimmen, die in Zweifel ziehen, daß die Baufreiheit — noch — Wesenselement des verfassungsrechtlich geschützten Grundeigentums sei. 12 Auch angesichts aller normativen Einschränkungen sollte man indes

11

12

BGHZ 60, 112, 115 = NJW 1973, 616 = VersR 1973, 368 = BauR 1973, 104 = LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 104 Bl. 2 = WM 1980, 658, 659; BGHZ 118, 59, 66 = NJW 1992, 2096 = WM 1992, 1327 = VersR 1992, 967; BGHZ 125, 258 = NJW 1994, 1647 = WM 1994, 1491, 1493 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 60; BayVerfGH in BayVerwBl. 1967, 21; Geiger „Zur Abgrenzung der Eigentumsbeschränkung vom Enteignungstatbestand" in dem Heft „Grundeigentum — Inhalt und Schranken" der deutschen Gesellschaft für AgrarR (Februar 1971), S. 28, 33/4; Kimminich, aaO, Rdn. 244; Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 58 ff; Krohn in Festschrift für Schlichter, S. 441 f; Ernst/Hoppe, Das öffentliche Bauund Bodenrecht, Rdn. 160 ff; Schulte, BauR 1993, 139, 140; vgl. auch BVerfGE 35, 263 = DVBl. 1973, 622 = DÖV 1973, 643. Bielenberg in DVBl. 1979, 133 ff, ders. in JZ 1984, 297, 301; Böckenförde, Eigentum, Sozialbindung des Eigentums und Enteignung in: „Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft" 1972, S. 215 ff; Schmidt-Aßmann „Grundfragen des Städtebaurechts" S. 89 ff; Badura in AcP 176 (1976) S. 120, 139 ff; Breuer „Die Bodennutzung im Konflikt ...", S. 162ff; Battis DÖV 1978, 113, 118ff.

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

165

weiterhin den G r u n d s a t z der Baufreiheit anerkennen. M . E . würde

das

Grundeigentum — seit langem das klassische O b j e k t verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes — ausgehöhlt, wenn man die Bebauungsbefugnis, die bei uns seit eh und je wesentlicher Inhalt des Grundeigentums war, aus dem Eigentumsinhalt völlig a u s k l a m m e r n w ü r d e . 1 3 D i e Baufreiheit bedeutet jedoch nicht und hat nie b e d e u t e t , 1 4 d a ß die

242

Befugnis zur baulichen Nutzung eine unbegrenzte sei. Vielmehr ist eine Begrenzung dieser Befugnis nicht nur zulässig, sondern geradezu g e b o t e n , weil ein ungeordnetes Bauwesen für ein geordnetes G e m e i n w e s e n

unerträglich

wäre. J e d o c h mag zweifelhaft sein, o b alle örtlichen B a u o r d n u n g e n , die teilweise sehr ins einzelne gehende Regelungen enthalten, in diesen weitgehenden Beschränkungen und „ B e v o r m u n d u n g e n " einer verfassungsrechtlichen Nachprüfung

insbesondere

am

Grundsatz

der

Verhältnismäßigkeit

(s. R d n . 157) standhalten k ö n n e n . Gewisse Grenzen in der baulichen Nutzung sind dem Eigentümer bereits u n m i t t e l b a r durch Art. 14 Abs. 2 G G gesetzt (s. R d n . 1 4 5 ) . In ganz besonderer Weise aber wird die Baufreiheit eingegrenzt durch inhalts- und s c h r a n k e n b e s t i m m e n d e Regelungen im R a h m e n des materiellen Baurechts (des B a u o r d n u n g s - und des B a u p l a n u n g s r e c h t s ) . 1 5 D a s B a u o r d n u n g s r e c h t (auch als Bauaufsichtsrecht bezeichnet) regelt Fragen der Baugestaltung, d. h. der D u r c h f ü h r u n g baulicher Anlagen auf dem G r u n d s t ü c k . Es enthält mithin Regelungen über Errichtung, Änderung und Nutzung

von

— bodenrechtlich

zulässigen

— baulichen

Anlagen.

B a u o r d n u n g s r e c h t k a n n die B e b a u b a r k e i t als solche, d. h. die

13 14

15

Das

rechtliche

Papier, in: Maunz/Diirig Art. 14 Rdn. 58. So heißt es bereits in einer Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1930 (RGZ 128, 18, 28): „Die dem Eigentümer eines Grundstücks ... an sich zustehende Befugnis, darauf nach seinem Belieben zu bauen, wird in gewisser Hinsicht eingeengt". Preußen hat niemals ein völlig uneingeschränktes Baurecht des Eigentümers gekannt (vgl. §§ 65 ff ALR I 8). Der Eigentumsinhalt hat in dieser Beziehung stets besonderer gesetzlicher Ordnung unterlegen, s. auch BVerwGE 3, 28, 29 = DVBl. 1956, 234. Zum Bauordnungs- und Bauplanungsrecht s. auch Scholz in NVwZ 1982, 337, 343 ff. BVerwGE 21, 251, 255 = NJW 1966, 69 = BBauBl. 1965, 595 = BayVBl. 1966, 20; BVerwGE 88, 191, 194 ff = NJW 1991, 3293 = DVBl. 1991, 819 = DÖV 1991, 886; BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 70 = VerwRechtsprechung Bd. 10 (1958) Nr. 121; BGHZ 30, 338, 345 = NJW 1959, 2156, 2157 = W M 1959, 1337; BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 24 = WM 1960, 909, 910; BGH W M 1980, 658, 659 = LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 104 Bl. 2; Kimminich, in: Bonner Kommentar Art. 14 Rdn. 243 f.

243

166

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

Qualität des Bodens indes nicht verdrängen, sondern allein die Ausführung des Baus im einzelnen beeinflussen. Nur mit diesem Verständnis bleibt das Bauordnungsrecht innerhalb der Grenzen einer zulässigen Inhaltsbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G . 1 6 244

Das Bauplanungsrecht betrifft die Nutzung des Grund und Bodens und regelt die Frage, wie der Eigentümer sein Grundstück nutzen, vor allem, ob und wie er es bebauen darf. Das Bauplanungsrecht hat es deshalb mit der rechtlichen Qualität des Bodens zu tun. Das Bauplanungsrecht (Bauleitplanung, Bebauungspläne, Städtebauplanung, Straßenplanung pp.) schränkt die Baufreiheit ebenso ein wie das Bauordnungsrecht und gehört gleichfalls zu den Rechtsvorschriften, die Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmen. 1 7

245

Das materielle Baurecht, soweit es als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG angesichts der dabei zu beachtenden verfassungsrechtlichen Grundsätze 1 8 rechtsgültig ist, bestimmt daher den Rahmen, innerhalb dessen das Grundeigentum eine bauliche Nutzung gewährt und zulässig sein läßt. Aus der Möglichkeit, einer — im Rahmen behördlichen Ermessens stehenden — Befreiung von planungsrechtlichen Festsetzungen erwächst grundsätzlich nicht eine eigentumsmäßig verfestigte Rechtsposition. 1 9

246

Dementsprechend muß der Grundeigentümer die sich aus dem materiellen Baurecht ergebenden — rechtmäßigen — Beschränkungen entschädigungslos hinnehmen. Das gilt insbesondere für Bauverbote und Bausper-

16

17

18

19

20

BGHZ 73, 229, 236 = NJW 1979, 1458, 1459 m. w. N.; s. auch BVerwGE 90, 57, 59. BVerwGE 47, 144, 153 = NJW 1975, 841, 845; BGHZ 67, 320, 326 = NJW 1977, 388, 389 m. w. N.; BVerwGE 94, 100, 104; Ernst/Hoppe, Das öffentliche Bau- und Bodenrecht, Rdn. 159. S. dazu oben Rdn. 155 ff; zu den der Planung durch Art. 14 GG gesetzten Grenzen s. BVerwGE 64, 33 ff = NJW 1982, 591 = DÖV 1982, 280 = DVB1. 1982, 354; BVerwG NVwZ 1985, 108 = ZfW 1985, 32, 36/7. BGHZ 118, 59, 67 = NJW 1992, 2096, 2097 = WM 1992, 1327 = VersR 1992, 967; BGHZ 120, 38 = NJW 1993, 457 = DVBl. 1993, 107, 108 = LM Art. 14 Bb GrundG Nr. 48. Zu Bau- und Veränderungssperren s. BGHZ 58, 124 ff = NJW 1972, 727 und dazu Anm. Kreft LM § 14 BBauG Nr. 3; BGHZ 73, 161 = NJW 1979, 653; BGHZ 78, 152 = NJW 1981, 458 = WM 1981, 152 = DÖV 1981, 466 = DVBl. 1981, 458; BGHZ 90, 17, 26 = NJW 1984, 1169, 1170 = DVBl. 1984, 391 = W M 1984, 273; Krohn/Löwisch, aaO, Rdn. 187 ff.

167

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

Die Rechtslage ist dann eine andere, wenn eine Grundstücksbebauung, 2 4 7 die sich bisher nach Art und Lage des Grundstücks als sachgerechte Grundstücksnutzung anbot und nach materiellem Baurecht zulässig war, nunmehr durch neue baurechtliche Regelungen unmöglich gemacht wird. Derartige Fallgestaltungen kommen vor allem vor, wenn unbebautes Bauland mit einem dauernden Bauverbot belegt 2 1 oder wenn ein Grundstück umqualifiziert, etwa ein bisheriges Baugelände in Kleingartengelände umgestuft wird (vgl. dazu jetzt die Sonderregelung in § 4 2 B a u G B ) . In diesen Fällen k o m m t ein enteignender Eingriff in Betracht. Das gilt insbesondere, wenn eine bereits verwirklichte — und nicht unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 G G heute sich verbietende — Benutzungsart nunmehr verhindert wird, also etwa eine Wiederbebauung eines in zulässiger Weise bebaut gewesenen Grundstücks aufgrund neuer baurechtlicher Bestimmungen untersagt wird. 2 2 Bei derartigen Sachverhalten stellt die bisher vorhandene oder gar schon verwirklichte Bebauungsmöglichkeit einen konkreten Wert dar, gehört diese Nutzungsmöglichkeit schon zu der grundsätzlich vom Eigentumsschutz mit umfaßten Grundstückssubstanz. 2 3 Anders jedoch, wenn das Bauvorhaben an später erlassenen baurechtlichen Vorschriften gemessen wird, die auf einer Wandlung der allgemeinen Anschauungen über den Umfang der Sozialbindung des Grundeigentums beruhen. 2 4 Wenn das materielle Baurecht ein Bauvorhaben zuläßt, dann ergibt sich unmittelbar aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 G G ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung. 2 5

248

Weitere Einzelfälle: § 11 Abs. 3 BaunutzungVO 1 9 7 7 2 6 ist eine verfassungsrechtlich zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums. 2 7 21

B G H Z 7 1 , 1, 5 = N J W 1 9 7 8 , 9 3 9 , 9 4 0 = W M 1 9 7 8 , 4 6 6 ; B G H N J W

1979,

2 3 0 3 = W M 1 9 7 9 , 9 5 2 , 9 5 3 = L M Art. 14 Ce GrundG Nr. 6 0 . 22

B G H Z 4 8 , 193, 1 9 5 / 6 = N J W 1 9 6 7 , 1 8 5 5 , 1 8 5 6 und dazu Anm. Kreft

LM

Art. 14 Ba GrundG Nr. 2 8 ; s. auch B G H N J W 1 9 5 8 , 3 8 0 = L M Art. 14 GrundG Anhang Nr. 7 = W M 1 9 5 8 , 3 5 9 , 3 6 1 ; B G H L M Art. 14 Ce Nr. 2 4 (Bl. 2) = W M 1960, 9 1 0 / 1 . 23

B G H W M 1973, 1215, 1216.

24

B G H Z 81, 3 7 4 , 3 8 4 = N J W 1 9 8 2 , 1 3 9 4 , 1 3 9 7 .

25

BVerwGE 4 8 , 2 7 1 , 2 7 3 m. w. N . ; B G H Z 9 4 , 7 7 , 8 5 = N J W 1 9 8 5 , 3 0 7 1 , 3 0 7 2 ; zur Rechtsstellung eines Grundeigentümers, dem eine Bauerlaubnis unter Dispenserteilung gewährt

worden

ist, s. B G H Z

120,

DVB1. 1 9 9 3 , 107 = L M Art. 14 Bb GrundG Nr. 4 8 . 26

Vom 15. 9. 1 9 7 7 -

27

BVerwGE 6 8 , 3 4 2 , 3 4 6 ; BVerwGE 9 0 , 5 7 .

BGBl. I 1 7 6 3 .

38

=

NJW

1993,

457

=

249

168

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

Die Entscheidung BVerwGE 59, 253 ff 2 8 behandelt die in einem (hier: bundesbahnrechtlichen) Planfeststellungsverfahren vorzunehmende Schutzauflage zugunsten der durch Verkehrsgeräusche betroffenen Nachbargrundstücke. Die Planung muß in gegebenenfalls Vorkehrungen gegen schädliche Umwelteinwirkungen festsetzen, u. U eine Entschädigung vorsehen. 29 § 42 BauGB enthält eine an der Sozialbindung orientierte Inhaltsbestimmung des Grundeigentums. 30 Zum Verhältnis von Planung und Enteignungsrecht s. BVerwGE 66, 133 ff. 3 1 Zum Verhältnis zwischen städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen und Eigentum Privater aufgrund des am 1. 5. 1993 in Kraft getretenen Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG 32 siehe Leisner NVwZ 1993, 935 ff. Zum sog. Plangewährleistungsanspruch siehe BGHZ 84, 292. 3 3

2. Beschränkungen durch die sogenannte Situationsgebundenheit a) Allgemeines 250

Die Sozialpflichtigkeit (-gebundenheit) allen Eigentums kommt bei Grundeigentum besonders in der sog. Situationsgebundenheit dieses Eigentums zum Ausdruck. Jedes Grundstück ist „einmalig" und liegt in seiner Umgebung unverrückbar fest. Es wird deshalb durch seine Lage und Beschaffenheit, sowie durch seine Einbettung in Landschaft und Natur, d. h. durch seine „Situation" in besonderer Weise geprägt. Daraus kann sich ergeben, daß mit dieser Grundstücks-"Situation" bestimmte Verfügungs- und Nutzungsmöglichkeiten unverträglich und aus dem Gesichtspunkt der Sozialpflichtigkeit des Eigentums unzulässig sind. Situationsgebundenheit bedeutet danach das Gebot zur Rücksichtnahme auf die besondere Lage, die „Situation", in die das Grundstück hineingestellt ist und durch die es geprägt wird. Insoweit lastet auf jedem Grundstück eine aus der Situationsgebundenheit sich ergebende im28 = 29 30 31 32 33

N

j

W

1980)

2368 ff = DVB1. 1980, 301 = DÖV 1980, 410.

BVerwGE 80, 184 ff = BayVerwBl. 1989, 87 mit Anm. Harald Geiger S. 8 9 / 9 0 . BGH N J W 1990, 245, 246 = LM § 395 BGB Nr. 50. = N J W 1983, 296. Vom 22. 4. 1993 - BGBl. I 466. = J Z 1982, 727 = NJW 1983, 215.

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

169

manente Beschränkung. Jedes Grundstück ist demnach — und zwar nicht erst kraft einer entsprechenden positiv-rechtlichen Regelung, sondern schon seiner Natur nach — mit einer begrenzten „Pflichtigkeit" 3 4 verbunden und belastet dahin, u.U. eine (oder auch mehrere ganz bestimmte) unter den zahlreichen denkbaren aus dem Eigentumsrecht sich ergebenden, jedoch mit der Situation des Grundstücks unverträglichen Nutzungsmöglichkeiten zu unterlassen. Wenn derartige Pflichtigkeiten durch Maßnahmen der öffentlichen Hand zu rechtlichen Pflichten verdichtet werden, so stellt das nur eine Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit (-gebundenheit) des Eigentums, aber nicht eine entschädigungsrechtlich relevante Eigentumsbeeinträchtigung dar. 3 5 Auch das BVerwG bejaht eine „Situationsgebundenheit" der Grundstücke. Bereits in Entscheidungen aus dem Jahre 195 6 3 6 ist die Rede von

34 35

36

S. dazu oben Rdn. 140 ff. Grundlegend BGHZ 23, 30, 32 ff = NJW 1957, 538/9 (Grünflächenurteil); BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 60 = VerwRechtsprechung Bd. 9 (1957) Nr. 105 (Buchendom-Urteil) ; BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 70 = VerwRechtsprechung Bd. 10 (1958) Nr. 121; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 5 = MDR 1959, 558; BGHZ 30, 338; 343 = NJW 1959, 2156, 2157 = WM 1959, 1337 (Freiburger Bausperrenurteil); BGH WM 1960, 909, 910 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 24 Bl. 2; BGHZ 60, 126, 130/1 - dazu Anm. Kreft in LM Art. 14 (Ca) GrundG Nr. 27 = NJW 1973, 623, 624 = DVB1. 1973, 627 ff mit Anm. Schmidt-Aßmann-, BGHZ 77, 351, 354 - dazu Anm. Kröner LM Art. 14 (Ba) GrundG Nr. 53 = NJW 1980, 2299; BGHZ 87, 66, 71 - dazu Anm. Boujong LM Art. 14 (Ea) GrundG Nr. 117 = NJW 1983, 1657 = WM 1983, 624 = DVB1. 1983, 630; BGHZ 90, 4, 14/5 - dazu Anm. Kröner LM Art. 14 (Ba) GrundG Nr. 67 = NJW 1984, 1172, 1174f = DVB1. 1984, 397; BGHZ 90, 17, 24/5 = NJW 1984, 1169, 1170 = DVBl. 1984, 391; BGHZ 105, 15, 18 = NJW 1988, 3201 = J Z 1989, 188 = LM Art. 14 (Ba) GrundG Nr. 57; BGHZ 123, 242 = NJW 1993, 2605 = WM 1993, 1930 = DVBl. 1993, 1092; BVerwGE 94, 1, 4 = NJW 1993,2949,2950 = DVBl. 1993,1141,1142; dazu eingehend Weyreuther, Die Situationsgebundenheit des Grundeigentums (1983), S. 119 ff; ders. in NuR 1980, 137, 139 ff; ferner Schmidt-Aßmann in DVBl. 1987, 216, 217; krit. zur Pflichtigkeit kraft Situationsgebundenheit Papier, in: Maunz/Dürig Art. 14 Rdn. 385 ff; gegen die Lehre von der Situationsgebundenheit des Grundeigentums Parodi, „Eigentumsbindung ...", S. 44 f; Gaßner in NVwZ 1982, 165, 166 f; Lege J Z 1994,431,439. BVerwGE 3, 335, 337/8 = DÖV 1956, 576 = NJW 1956, 1369; BVerwGE 4, 57, 60 = DVBl. 1956, 689 = DÖV 1956, 729 = NJW 1956, 1810 = J R 1957, 191; BVerwGE 15, 1, 2 = NJW 1962, 2171 = WM 1962, 1272 = J R 1963, 31.

251

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

170

„ B i n d u n g e n " , die sich aus der natürlichen L a g e des G r u n d s t ü c k s ergeben. Später ist dann ausdrücklich von der Situationsgebundenheit in dem Sinne wie der B G H sie versteht, die R e d e . 3 7 In der Rechtsprechung des B V e r f G findet sich, soweit für mich ersichtlich, zwar nicht der Ausdruck Situationsgebundenheit; doch wird von sachgerechten Nutzungsbeschränkungen

für

den Eigentümer gesprochen, deren Zulässigkeit sich „aus der besonderen Aufgabenstellung und der Lage des G r u n d s t ü c k s " e r g e b e . 3 8 D a m i t ist der Sache nach das gleiche wie mit der Situationsgebundenheit gemeint. D a s R e c h t des Eigentümers an derartigen G r u n d s t ü c k e n wird, da es gar

252

nicht so weit reicht, nicht eigentlich beeinträchtigt und verkürzt, wenn ihm für die Z u k u n f t eine bisher nicht verwirklichte (oder nur unzulässigerweise verwirklichte)

Art der Verwendung des G r u n d s t ü c k s durch

behördliche

M a ß n a h m e n oder gesetzliche Regelungen versagt wird, w ä h r e n d ihm die Fülle der sonstigen Befugnisse aus dem Eigentum — Besitz, Verfügungsm a c h t , Nurzung im übrigen — ungeschmälert erhalten b l e i b t . 3 9 Wieweit im Einzelfall die Situationsgebundenheit reicht und w o insoweit die Grenzen zu ziehen sind, m u ß aufgrund einer wertenden Beurteilung der Kollision zwischen den jeweils berührten Belangen des Allgemeinwohls und den betroffenen Eigentümerinteressen festgestellt werden. N a c h der Rechtsprechung des B G H kann eine aus der „ S i t u a t i o n " eines G r u n d s t ü c k s sich ergebende — und deshalb entschädigungslos hinzunehmende — Belastung a n g e n o m m e n werden, wenn ein — als Leitbild gedachter — vernünftiger und einsichtiger Eigentümer, der auch das G e m e i n w o h l nicht aus den Augen verliert, von sich aus im Blick auf die Lage und die Umweltverhältnisse seines G r u n d -

37

38 39

BVerwGE 26, 111, 119 = NJW 1967, 1099 = DÖV 1967, 713 = JR 1968, 72; BVerwGE 49, 365, 268 = NJW 1976, 765, 766 = BauR 1976, 195; BVerwGE 67, 84, 87 = NVwZ 1985, 42, 43; BVerwGE 67, 93, 95 ff = NVwZ 1985, 42; s. ferner BVerwGE 94, 1, 4 = NJW 1993, 2949 = DVB1. 1993, 1141. BVerfGE 25, 112, 119 = DÖV 1969, 281. BGHZ 23, 30, 33 = NJW 1957, 538, 539 = W M 1957, 290, 292 (Grünflächen-Urteil); BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 60 = VerwRechtsprechung Bd. 9 (1957) Nr. 105; BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 24 Bl. 2 = W M 1960, 909, 910; BGHZ 60, 126, 130 = NJW 1973, 623, 624 = DVB1. 1973, 624 mit Anm. Schmidt-Aßmann; dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ch GrundG Nr. 27; BVerwGE 49, 365, 368 = NJW 1976, 765, 766 = BauR 1976, 195.

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum eigentums

von

bestimmten

Formen

171 der

Grundstücksnutzung

absehen

w ü r d e . 4 0 Ein solches Absehen von bestimmten Nutzungsmöglichkeiten seines G e l ä n d e s m u ß — bis zu bestimmten Grenzen — von einem einsichtsvollen und vernünftigen Eigentümer erwartet werden, wenn seine Interessen mit dem kollidieren, was von einer a m G e m e i n w o h l ausgerichteten sinnvollen O r d n u n g der Dinge dringend gefordert w i r d . 4 1 D i e G r e n z e n zwischen d e m , was einem Grundeigentümer an Beschrän-

253

kungen unter dem Gesichtspunkt der Situationsgebundenheit seines Eigentums angesonnen werden k a n n , und d e m , was er nicht mehr hinzunehmen b r a u c h t , werden in der Rechtsprechung „den Notwendigkeiten

moderner

E n t w i c k l u n g f o l g e n d " durchweg weit g e z o g e n . 4 2 Keinesfalls aber kann dem Eigentümer angesonnen werden, mit R ü c k s i c h t auf die Situationsgebundenheit seines Grundeigentums existenzbedrohende oder gar — vernichtende M a ß n a h m e n von h o h e r H a n d — entschädigungslos — h i n z u n e h m e n . 4 3 Wenn die Situation eines G r u n d s t ü c k s durch eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse, die als „ fehl am P l a t z e " erscheinen m u ß , in einer Weise umgestaltet wird, die die bisherige Grundstücksnutzung nicht mehr zuläßt, dann b r a u c h t der Eigentümer das nicht hinzunehmen; denn es handelt sich in diesen Fällen um eine „ E i n w i r k u n g von a u ß e n " , die nicht in der Situationsgebundenheit des G r u n d s t ü c k s als solcher ihre Ursache h a t . 4 4 In der Regel ist für die Grenzziehung die bisher — zulässigerweise — ausgeübte Benutzungsart meßgeblich. D a b e i ist jedoch nicht allein a u f die zur Z e i t bereits verwirklichte Nutzung, sondern ist entscheidend d a r a u f ab-

40

41

42

43

44

Ähnlich bereits BGHZ 23, 30, 35 = NJW 1957, 538, 539 = W M 1957, 290, 292; BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 60; BGHZ 87, 66, 7 1 / 2 = NJW 1983, 1657 = W M 1983, 624 = DVB1. 1983, 630; dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 117; BGHZ 90, 4, 1 4 / 5 = NJW 1984, 1172, 1174f = DVB1. 1984, 397; dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67; BGHZ 90, 17, 2 4 / 5 = NJW 1984, 1169, 1170 = DVB1. 1984, 391 = WM 1984, 273; BGH LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 34 Bl. 3 = MDR 1985, 300; BGHZ 123, 242 = DVB1. 1993, 1092 = NJW 1993, 2605 = W M 1993, 1930. BGHZ 60, 126, 130/1 = NJW 1973, 623, 624 = DVB1. 1973, 627 ff dazu Anm. Schmidt-Aßmann; dazu Anm. Kreft LM Art 14 Ch GrundG Nr. 27. BGHZ 60, 145, 147 = NJW 1973, 628 und dazu Anm. Kreft LM § 19 WasserhaushaltsG Nr. 2. BGHZ 80, 111, 115/6 = NJW 1981, 2114, 2115 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57 = VersR 1981, 573 = DVB1. 1981, 924. BGH W M 1967, 1062, 1063.

254

172

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

zustellen, o b eine Nutzungsmöglichkeit, die sich nach L a g e und Beschaffenheit des G r u n d s t ü c k s o b j e k t i v als sinnvoll und vernünftig anbietet, untersagt oder wesentlich eingeschränkt w i r d . 4 5 Z u den Folgerungen, die sich aus der Situationsgebundenheit des Grundeigentums ergeben, wenn sich die allgemeinen Anschauungen über den U m f a n g der Sozialbindung gewandelt haben und entsprechend

strengere

baurechtliche

Vorschriften

erlassen

werden,

siehe B G H Z 8 1 , 3 7 4 , 3 8 3 / 4 . 4 6 D a s B V e r w G stellt bei der in R e d e stehenden Grenzziehung a u f die —

255

gesunde — Verkehrsauffassung, mithin d a r a u f ab, o b die jeweils untersagte oder erheblich eingeschränkte Nutzung eines Geländes sich der auf die „Sit u a t i o n " des G r u n d s t ü c k s reagierenden Verkehrsauffassung als angemessene Nutzung „ a u f d r ä n g t " . 4 7 Wenn m a n bei der Frage, o b ein Grundstückseigentümer eine b e s t i m m t e

256

E i g e n t u m s b e s c h r ä n k u n g angesichts der Sozialgebundenheit als rechtens hinnehmen m u ß oder nicht, mit dem B V e r w G maßgeblich sein läßt, wie der gesunde G r u n d s t ü c k s v e r k e h r (die gesunde Verkehrsauffassung) auf die „Sit u a t i o n " eines bestimmten G r u n d s t ü c k s reagiert, so wird das durchweg zu demselben Ergebnis führen, das sich ergibt, wenn m a n die Frage mit dem B G H d a n a c h b e a n t w o r t e t , o b „ein — als Leitbild gedachter — vernünftiger und einsichtiger Eigentümer, der auch das G e m e i n w o h l nicht aus den Augen verliert", von sich aus mit R ü c k s i c h t auf die Situation des G r u n d s t ü c k s auf die in R e d e stehende Art der Nutzung verzichten würde oder nicht. D e n n es geht auch dabei nicht um die subjektive Einstellung des betroffenen Eigentümers, sondern der M a ß s t a b , der durch das Abstellen a u f das Verhalten eines

BGHZ 81, 374, 384 = NJW 1982, 1394; s. auch BGHZ 60, 126, 131 = NJW 1973, 623, 624 m. w. N. = DVBl. 1973, 629 ff mit Anm. SchmidtAßmann; s. dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ch GrundG Nr. 27; BGHZ 90, 4, 15 = NJW 1984, 1172, 1174 f = DVBl. 1984, 397; s. dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67; BGHZ 90, 17, 25 = NJW 1984, 1169, 1170 = DVBl. 1984, 391 = W M 1984, 273; BGHZ 99, 24, 32 = NJW 1987, 2068 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 70 = DÖV 1987, 642 = DVBl. 1987, 568 dazu Anm. Schmazl; BGHZ 121, 328 = NJW 1993, 2095 = WM 1993, 1609 = DVBl. 1993, 1086; s. dazu auch BVerwGE 94, 1, 11 = NJW 1993, 2049, 2051 = DVBl. 1993, 1141. 46 = N j W 1 9 8 2 ) 1394, 1396/7. 4 7 BVerwGE 26, 111, 119 f = NJW 1967, 1099 = DÖV 1967, 713 = JR 1968, 72; BVerwGE 4 7 , 1 2 6 , 131/2 = DVBl. 1975, 501 = BauR 1 9 7 5 , 1 1 4 = BayVBl. 1975, 479, BVerwGE 49, 365, 372 = NJW 1976, 765 = BauR 1976, 195; BVerwGE 67, 84, 87, 91 f = NVwZ 1985, 42.

45

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

173

„vernünftigen und einsichtigen E i g e n t ü m e r s " gesetzt wird, ist objektiviert und stimmt im Entscheidenden überein mit dem M a ß s t a b , den die an der Grundstückssituation sich ausrichtende „gesunde Verkehrsauffassung" errichtet.48 b) Die „Situationsgebundenheit" von Grundstücken im R a h m e n des Natur- und Landschaftsschutzes D i e zum Schutze der N a t u r und L a n d s c h a f t getroffenen gesetzlichen R e gelungen sind Teil des allgemeinen U m w e l t s c h u t z r e c h t e s 4 9 und finden ihre Rechtfertigung in der „Situationsgebundenheit des G r u n d e i g e n t u m s " . Es gilt auf der einen Seite, N a t u r und L a n d s c h a f t zu erhalten und zu pflegen, was im Interesse der Allgemeinheit geboten und heute mehr denn je dringend gefordert ist. A u f der anderen Seite stehen die durchweg gegenläufigen Interessen der G r u n d e i g e n t ü m e r a m möglichst weiten Unbeschränktsein in ihren Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeiten hinsichtlich ihres Eigentums. Es kann jedoch auch ein G r u n d e i g e n t ü m e r selbst Umweltstörungen erfahren, wie e t w a durch das „Waldsterben".

257

D e r Gesetzgeber hat die Aufgabe, a u f der G r u n d l a g e seiner Regelungsbe-

258

fugnis nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G einen sachgerechten Ausgleich zwischen diesen vielfach gegensätzlichen Interessen herbeizuführen. Soweit er sich dabei in den auch für ihn im R a h m e n des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G bestehenden G r e n z e n 5 0 hält, er insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet, sind die gesetzlichen Regelungen, die im Interesse von Natur- und Landschaftsschutz eine E i n s c h r ä n k u n g der Eigentümerbefugnisse vorsehen, als zulässige Inhalts- und S c h r a n k e n b e s t i m m u n g e n , die die Sozialpflichtigkeit des (Grund-)Eigentums konkretisieren, zu w e r t e n . 5 1 48

49 50 51

Vgl. dazu Weyreuther „Die Situationsgebundenheit...", S. 126—128: „Die Objektivierung des Verhaltens des Grundeigentümers"; dies verkennt Lege, J Z 1994, 431, 439. S. oben Rdn. 214 ff. S. oben Rdn. 155 ff. BGH LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 70 = MDR 1958, 220 = VerwRechtsprechung Bd. 10 (1958) Nr. 121 = BB 1958, 324 (Kapellen-Urteil); BGHZ 57, 178, 180 = NJW 1972, 149 = W M 1971, 1546 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Bb GrundG Nr. 43; BGH NJW 1977, 945 = W M 1977, 561; BGHZ 77, 351, 355 = NJW 1980, 2099 und dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba (GrundG) Nr. 53; BGH LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 34 Bl. 2 r - MDR 1985, 300; BGHZ 90, 4, 11 = NJW 1984, 1172 = DVB1. 1984, 197; dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67; BVerwGE 3, 335, 337 = NJW 1956, 1369 = DÖV 1956, 576, 577; BVerwGE 4, 57, 60 = NJW 1956, 1810 = DVB1. 1956, 689 = DÖV 1956,

174 259

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

A u f Bundesebene ist vor allem m a ß g e b e n d das a u f der G r u n d l a g e der R a h m e n k o m p e t e n z des Bundes (Art. 7 5 Nr. 3 G G ) erlassene Bundesnaturs c h u t z G . S 2 N a c h dem R e i c h s n a t u r s c h u t z G 5 3 waren nur b e s t i m m t e O b j e k t e geschützt und der Schutz wurde erst begründet durch deren Eintragung in das N a t u r d e n k m a l s b u c h . 5 4

Im grundlegenden

Unterschied dazu

werden

nach dem B N a t S c h G N a t u r und L a n d s c h a f t schlechthin geschützt. § 1 Abs. 1 bestimmt Ziel und Z w e c k des Gesetzes. Es geht dabei nicht um reine Prog r a m m s ä t z e , sondern um die nach § 4 Satz 3 unmittelbar geltende G r u n d l a g e für alle weiteren Gesetzesvorschriften und ihre Auslegung, die auch den Landesgesetzgeber bindet. Naturschutz und Landschaftspflege ist A u f g a b e aller Behörden (§ 3), besonders derjenigen, die mit Eingriffen in N a t u r und Landschaft befaßt sind (§ 8 ) . 5 5 § 4 Satz 3 führt alle Vorschriften des Gesetzes an, die unmittelbare Geltung h a b e n , mithin einer Umsetzung durch den Landesgesetzgeber nicht bedürfen. Im übrigen h a b e n die L ä n d e r die ( R a h m e n - ) V o r schriften des Gesetzes durch Einzelregelungen auszufüllen und zu k o n k r e t i sieren. Die landesrechtlichen Regelungen sollen auch geeignete Entschädigungsvorschriften enthalten (§ 4 Satz 2). Bei den Sachverhalten, bei denen die Frage auftaucht, o b eine bestimmte

260

dem Natur- und Landschaftsschutz dienende M a ß n a h m e entschädigungslos h i n g e n o m m e n werden m u ß oder nicht, handelt es sich bei der ganz überwiegenden Z a h l der Fälle nicht um „ E n t e i g n u n g e n " im Sinne des Art. 14 Abs. 3 G G . Es fehlt durchweg daran, d a ß durch einen gezielten Eingriff eine als Eigentum geschützte k o n k r e t e Rechtsposition ganz oder teilweise entzo-

52

53 54 55

729 = JR 1957, 191; BVerwGE 5, 143, 144 = NJW 1957, 1534; BVerwGE 35, 256, 2 6 0 / 1 = NJW 1970, 1939 = DVB1. 1970, 827 = DÖV 1970, 748; BVerwGE 67, 84, 87 = NVwZ 1985, 42, 43; BVerwGE 67, 93, 95 = NVwZ 1985, 41; BVerwGE 94, 1, 4 = NJW 1993, 2949 = DVB1. 1993, 1141, 1142; BayObLG NVwZ 1989, 290; Krohn/Löwisch, aaO, Rdn. 36; Nüßgens/Boujong, aaO, Rdn. 205 ff; Kimminich NuR 1979, 45, 51; Hötzel AgrarR 1982, 1, 4; Weyreuther NuR 1980, 137 f. Gesetz über Natur- und Landschaftspflege (BNatSchG) vom 20. 12. 1976 — BGBl. I 3574 i. d. F. vom 12. 3. 1987 - BGBl. I 889 in § 8 bis Abs. 10 eingefügt worden durch Art. 6 des Gesetzes vom 12. 2. 1990 — BGBl. I 205; § 4 Satz 3 neu gefaßt, SS 8 a bis 8 c eingefügt durch Art. 5 des Gesetzes vom 22. 4. 1993 — BGBl. I 466; dazu Blume NVwZ 1993, 941 ff; s. auch Schneider DVB1. 1994, 685 ff. Vom 26. 6. 1935 - RGBl. I 821. § 12 Abs. 1 RNatSchG. So vor allem Schulte in VerwArch 1977 (1986) S. 372 ff.

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

175

gen wird. Es geht durchweg um M a ß n a h m e n im R a h m e n der Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G . D a b e i stellt sich im Einzelfall die Frage, o b die M a ß n a h m e als solche bei A b w ä g u n g aller zu berücksichtigenden Interessen v o m Natur- und L a n d schaftsschutz gefordert wird und, wenn ja, o b diese M a ß n a h m e entschädigungslos hingenommen werden muß oder sie d e m Eigentümer nur gegen Entschädigung (Ausgleich) angesonnen werden kann. D a v o n gehen auch die von den Ländern erlassenen Natur- und L a n d - 2 6 1 schaftsschutzgesetze a u s . So wird im B a - W ü N a t S c h G 5 6 (§ 4 7 Abs. 1), im B a y N a t S c h G 5 7 (Art. 32), im H e s s N a t S c h G 5 8 ( § 3 7 ) und im S H - L P p f l G 5 9 (§ 43) expressis verbis eine Pflicht zur D u l d u n g naturschützender Maßnahmen begründet und wird dabei im baden-württembergischen und im bayrischen Gesetz ausdrücklich bemerkt, d a ß es u m inhalts- und schrankenbestimmende M a ß n a h m e n im R a h m e n des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G gehe. Auch die Gesetze, in denen es an einer ausdrücklichen Begründung von Duldungspflichten fehlt, lassen keinen Zweifel d a r a n , d a ß derartige M a ß n a h men grundsätzlich nicht als „ E n t e i g n u n g e n " , sondern als die Sozialbindung des Eigentums konkretisierende Inhalts- und Schrankenbestimmungen gewertet sein wollen. In mehreren Landesgesetzen - B a y N a t S c h G (Art. 33), B e r l N a t S c h G 6 0 2 6 2 (§46), BreNatSchG61 (§37), H m b N a t S c h G 6 2 (§38), HessNatSchG (§38), N d s N a t S c h G 6 3 (§49), N W L a n d s c h a f t s G 6 4 (§42), RhPfLandschaftspfleg e G 6 5 (§ 39 Abs. 4) — wird ausdrücklich die Z u l a s s u n g von „ e c h t e n " Enteignungen vorgesehen und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen derartige Enteignungen — vor allem von Grundstücken — v o r g e n o m m e n werden dürfen. Wenn dabei in einigen Gesetzen auch bei den sonstigen — im R a h m e n der Inhalts- und Schrankenbestimmungen getroffenen — M a ß n a h m e n d a v o n gesprochen wird, d a ß diese M a ß n a h m e n „enteignende W i r k u n g " haben (Ba-

56 57 58 59 60 61 62 63 64

65

Vom 21. 10.1975 - GVB1. S. 654. In der Bekanntmachung vom 10. 10. 1982 - GVB1. S. 874. Vom 19. 9. 1980 - GVB1. I 309. LandschaftspflegeG i. d. F. vom 19. 11. 1982 - GVB1. S. 256. Vom 30. 1. 1979 - GVB1. S. 183. Vom 17. 9. 1979 - GVB1. S. 345. Vom 2. 7. 1981 - GVB1. S. 167. I.d.F. vom 2. 7. 1990 - GVB1. S. 235. I.d.F. der Bekanntmachung vom 26. 6. 1980 — GVB1. S. 734, ÄnderungsG vom 19. 3. 1985 - GVB1. S. 261. I.d.F. vom 5. 2. 1979 - GVB1. S. 36.

176

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

WüNatSchG § 47 Abs. 2, BerlNatSchG § 47 Abs. 1, HessNatSchG § 39 Abs. 1, SH-LPpflG § 45 Abs. 1) oder „eine Enteignung darstellen oder einer solchen gleichkommen" können (BayNatSchG Art. 36 Abs. 1; auch SaarlNatSchG 6 6 § 37 Abs. 1), dann sind damit nicht „Enteignungen" gemeint, sondern entschädigungspflichtige inhalts- und schrankenbestimmende Maßnahmen. Besonders deutlich zeigt sich das in dem HmbNatSchG (§ 39 Abs. 1) und im HessNatSchG (§ 39 Abs. 1), wo es heißt, daß Maßnahmen, die „außerhalb der förmlichen Enteignung ... eine Enteignung darstellen" bzw. „abgesehen von den Fällen des § 38 (förmliche Enteignung) enteignende Wirkung haben", eine Entschädigungspflicht begründen. Eine klare Regelung enthält insoweit auch § 50 NdsNatSchG, wenn dort bestimmt ist, daß die Betroffenen, falls ihnen durch dem Naturschutz dienende Maßnahmen Beschränkungen ihrer Nutzungsrechte oder Pflichten in einem Ausmaß auferlegt werden, das über die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) hinausgeht, Anspruch auf eine Entschädigung haben, welche die durch die Maßnahmen verursachten Vermögensnachteile angemessen ausgleichen muß. Es wird dann weiter bestimmt, unter welchen Voraussetzungen insbesondere eine solche Entschädigung zu gewähren ist. 6 7 263 Bei den Rahmen des Natur- und Landschaftsschutzes vorzunehmenden förmlichen Enteignungen kommt selbstverständlich auch die Junctim-Klausel zum Zuge. In einigen der angegebenen Naturschutzgesetze der Länder, in denen die Zulässigkeit förmlicher Enteignungen ausdrücklich vorgesehen ist, wird zur Durchführung der Enteignungen auf die Landesenteignungsgesetze verwiesen, in denen „Art und Ausmaß der Entschädigung" geregelt sind, so daß der Junctim-Klausel Genüge geschieht. Da diese Klausel nur bei „echten" Enteignungen Beachtung erheischt, bei den in Rede stehenden naturschützenden Maßnahmen es sich aber durchweg nicht um „echte" Enteignungen handelt, geht hier die Frage der Zulässigkeit sogenannter „salvatorischer Klauseln" ins Leere. Denn außerhalb der zum Zwecke des Naturschutzes vorgenommenen zulässigen förmlichen Enteignungen wird es im Rahmen der naturschützenden Maßnahmen nur in ganz seltenen Ausnahmefällen zu einer „echten" Enteignung kommen, nämlich zu einer Maßnahme, die die gezielte völlige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen darstellt, die von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie erfaßt sind. 6 8

66 67

68

Vom 31. 1. 1979 - AmtsBl. S. 147. Vgl. dazu BGHZ 123, 242 = NJW 1993, 2605 = DVB1. 1993, 1092 = WM 1993, 1930. BVerfGE 70, 191, 199, 200 = DVB1. 1986, 94 = NVwZ 1986, 113.

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

177

Das BVerwG hat in der Entscheidung in BVerwGE 84, 361 ff 6 9 m. E. zu 2 6 4 Recht den Tatbestand einer echten Enteignung angenommen. Es ging darum, daß durch eine ordnungsbehördliche VO ein im Eigentum des Betroffenen stehendes Areal, auf dem sich u. a. eine Teichanlage befand, zum Naturschutzgebiet erklärt und die Fischerei in dieser Teichanlage ab einem bestimmten Zeitpunkt untersagt wurde, obwohl dem Betroffenen in einem im Jahre 1968 mit dem Landkreis geschlossenen „Ausbauvertrag" das Recht eingeräumt worden war, die Teichanlage fischerlich zu nutzen. Hier wurde durch die ordnungsbehördliche VO dem Betroffenen gezielt eine als Eigentum geschützte Rechtsposition, nämlich das vertragliche Recht zur fischerlichen Nutzung der Teichanlage, entzogen. Die Frage ist, ob auch in diesen seltenen Ausnahmetatbeständen (durch- 2 6 5 weg sogenannte „Zufallsenteignungen") die Junctim-Klausel Anwendung zu finden hat oder ob in derartigen Fällen, in denen bei allem Bemühen des Gesetzgebers der Eintritt eines Enteignungsfalles, das Entstehen eines Enteignungstatbestandes nicht (oder kaum) voraussehbar und normierbar war, eine „salvatorische" Entschädigungsklausel 70 genügen sollte, wie es Ossenbühl71 vorschlägt. Ich neige dazu, insoweit Ossenbühl zu folgen, wenngleich ich das Gewicht der vom BVerwG vertretenen Auffassung nicht verkenne. Siehe dazu bereits oben Rdn. 79. Zum Naturschutzrecht in den fünf neuen Bundesländern, wie es sich aus 2 6 6 dem Einigungsvertrag ergibt, siehe Vierhaus „Naturschutzrecht nach dem Einigungsvertrag" in NVwZ 91, 341 ff. Inzwischen haben auch die meisten der neuen Länder eigene Naturschutzgesetze erlassen: So sind in Sachsen-Anhalt am 11. 2. 1992 72 und in Brandenburg am 25. 6. 1992 73 Naturschutzgesetze ergangen. Mecklenburg-Vorpommern hat am 10. 1. 1992 74 ein „Erstes Gesetz zum Naturschutz im Land Mecklenburg-Vorpommern" erlassen und in § 16 bestimmt, daß bis zum Inkrafttreten eines Landesnaturschutzgesetzes die Bestimmungen des BNatSchG abweichend von dessen § 4 Satz 1 unmittelbar

69

70 71 72 73 74

= N J W 1990, 2572 = JZ 1991, 86 mit krit. Anm. Ossenbühl-, anders jedoch in BVerwGE 94, 1, 6 = N J W 1993, 2949, 2 9 5 0 = DVBl. 1993, 1141, 114/3. S. oben Rdn. 79. Urteilsanmerkung in JZ 1991, 89 ff. GVB1. S. 108. GVB1. S. 208. GVOB1. S. 3 mit Änderung v o m 21. 5. 1992 - GVOB1. S. 286.

178

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

gelten, soweit diese nicht ausdrücklich oder nach ihrem Sinn und Z w e c k an die L ä n d e r gerichtet sind. D a s L a n d Sachsen hat am 11. 7 . 1 9 9 1 7 5 ein erstes Gesetz zur D u r c h f ü h rung des B N a t S c h G erlassen, das in § 10 eine entschädigungslose Pflicht vorsieht, wenn den Eigentümern Beschränkungen ihrer Nutzungsrechte oder Pflichten in einem A u s m a ß auferlegt werden, „das über die soziale Leistung des Eigentümers (Art. 14 Abs. 2 G G ) h i n a u s g e h t . " Thüringen

hat

10. 4 . 1 9 9 2 und

unter

18. 5 .

dem

199277

16.7. 199176,

17.1.1992,

lediglich Verordnungen

„zur

11.3.1992, einstweiligen

Rechtsstellung künftiger N a t u r s c h u t z g e b i e t e " erlassen. Einige Einzelfälle aus der R e c h t s p r e c h u n g : B V e r w G in N V w Z 19 8 8, 1 0 2 0 : 7 8 Planung und Festsetzung von Land-

267

schaftsschutzgebieten setzen Schutzwürdigkeit der L a n d s c h a f t und zudem A n h a l t s p u n k t e dafür voraus, d a ß die gesetzlichen Schutzgüter o h n e die vorgesehene M a ß n a h m e a b s t r a k t gefährdet w ä r e n . B V e r f G E 6 7 , 9 3 : 7 9 Ein auf Natur- und Landschaftsschutzgründen beruhendes Verbot, N a ß - und Feuchtgebiete aufzuforsten, k a n n zulässige Inhaltsund S c h r a n k e n b e s t i m m u n g des Eigentums sein. B G H L M Art. 14 G r u n d G A n h a n g Nr. 6 0 ( „ B u c h e n d o m " ) : 8 0 D i e Bindung des Eigentümers, eine in die Liste der N a t u r d e n k m ä l e r eingetragene B a u m gruppe so, wie die N a t u r sie geschaffen hat, stehenzulassen, ist in der Regel nur eine entschädigungslose E i g e n t u m s b e s c h r ä n k u n g . B G H Z 7 7 , 3 5 1 f f ; 8 1 B G H Z 8 7 , 6 6 ; 8 2 B G H Z 9 0 , 4 ; 8 3 L M Art. 1 4 B a G r u n d G Nr. 6 6 : 8 4 Z u der Frage, o b und unter welchen Voraussetzungen eine aus G r ü n d e n des Natur- und Landschaftsschutzes ausgesprochene Versagung der G e n e h m i g u n g zum A b b a u von Kies- oder S a n d v o r k o m m e n eine entschä-

GVBl. S. 241. GVBl. S. 249, 336. 7 7 GVBl. S. 52, 85, 152, 258. 7 8 = AgrarR 1990, 81. 7 9 = NVwZ 1985, 41. so = VerwRechtsprechung Bd. 9 (1957) Nr. 105. 8 1 = NJW 1980, 2299 - dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ab GrundG Nr. 53. 8 2 = NJW 1983, 1657 = W M 1983, 624 = DVB1. 1983, 630 - dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 117. 83 = NJW 1984, 1172 = DVB1. 1984, 394 = DÖV 1984, 525 - dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67. 8 4 = NuR 1984, 196. 75

76

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

179

digungspflichtige Maßnahme darstellt oder sich im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums hält. BayObLG in NVwZ-RR 1989, 290: Wird die Genehmigung zum Abbau eines Kiesvorkommens aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes versagt, so ist der Grundstückseigentümer für ihm entstehende Vermögensnachteile zu entschädigen, wenn damit eine vernünftigerweise in Betracht zu ziehende Nutzungsmöglichkeit untersagt oder wesentlich eingeschränkt wird, sofern die beabsichtigte Nutzung nicht ein Naturdenkmal zerstören oder ein die Umwelt prägendes und deshalb erhaltenswertes Landschaftsbild auf Dauer beeinträchtigen würde. BVerwGE 49, 365/6; 8 5 BGH N J W 1977, 945: 8 6 Abbauverbot für Schaumlava aus Landschaftsschutzgründen als Sozialbindung des Eigentums. BVerwGE 35, 256: 8 7 Ein Bauvorhaben, das nach § 3 4 BBauG (jetzt: BauGB) zulässig ist, kann durch Vorschriften des Landschaftsschutzes allenfalls in den Einzelheiten seiner Ausführung beeinflußt, hingegen nicht als solches verhindert werden. BVerwG in NVwZ 1989, 555: 8 8 Zu den Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit einer BaumschutzVO bzw. -Satzung. OLG H a m m (Strafsenat) in N J W 1980, 2822: Eine auf Grund § 34 Abs. 1 N W LandschaftsG erlassene Satzung einer Gemeinde, die das Fällen von Bäumen bestimmter Größe genehmigungspflichtig macht, aktualisiert nur die jedem Einzelnen aufgegebene Schonung der schutzwürdigen Natur und hält sich in den Grenzen der Sozialbindung. Das gleich hat VGH Mannheim 8 9 für eine entsprechende Regelung in einer auf das BaWüNatSchG gestützte BaumschutzVO entschieden. V G H Mannheim in NuR 1987, 225: Das naturschutzrechtliche Betretungsrecht (§ 27 BNatSchG, § 37 BaWüNatSchG) läßt die Anlage eines Badeund Liegeplatzes eines Freikörperkulturvereins in der freien Landschaft nicht zu, auch wenn nur Vereinsmitglieder Zutritt haben. BGH LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 34 Bl. 3: 9 0 Da Natur- und Landschaftsschutz staatliche Aufgaben sind, kommen Maßnahmen, die ihnen dienen, der ganzen staatlichen Gemeinschaft und nicht nur einzelnen Gemeinden

85 86 87 88 89 90

= NJW 1976, 765 = BauR 1976, 195. = W M 1977, 561. = NJW 1970, 1939 = DÖV 1970, 748 = DVB1. 1970, 827. = NuR 1989, 179. NVwZ 1985, 63 = NuR 1984, 308. = MDR 1985, 300.

180

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

und Landkreisen zugute. Daher richtet sich ein Anspruch auf Entschädigung der durch eine Maßnahme des Natur- und Landschaftsschutzes begründet wird, gegen das „begünstigte" Land, und zwar auch dann, wenn die Maßnahme von einer Kreisverwaltung ergriffen wurde. BVerwGE 85, 348 ff: 9 1 Z u m „Eingriff" und seinem „Ausgleich" im Sinne des § 8 BNatSchG. BGHZ 121, 328: 9 2 Nutzungsbeschränkende Maßnahmen im Interesse des Naturschutzes, die nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen einen Entschädigungs- oder Übernahmeanspruch auslösen können, stellen keine Enteignung sondern eine Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. GG) dar. — Ein Ausgleichsanspruch kommt nur dann in Betracht, wenn sich die den Eigentümer belastende naturschutzrechtliche Maßnahme im Rahmen einer zulässigen Inhaltsbestimmung hält. Der Anspruch setzt weiter einen Eingriff in eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition voraus, durch die der Eigentümer unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen ungleich und damit unzumutbar belastet wird (entschieden für das SaarlNatSchG). 268

Einen Überblick über die Rechtsprechung zum Naturschutzrecht gibt Jörg Schmidt in Zusammenstellungen in NVwZ 1988, 982 ff; 1991, 31 ff und 1993, 539 ff. Z u r kritischen Beurteilung des geltenden Natur- und Landschaftsschutzrechts siehe den Bericht des achten Trierer Kolloquiums zum Umwelt- und Technikerrecht in „Naturschutz- und Landschaftspflegerecht im Wandel" in NVwZ 1993, 154 ff. c) Die Situationsgebundenheit im Rahmen des Denkmalschutzes

269

Ein Grundstück ist nicht nur durch seine Lage und Beschaffenheit und durch seine Einbettung in Natur und Landschaft in dieser seiner „Situation" geprägt; vielmehr kann eine solche die Sozialbindung aktualisierende „Situation" sich auch daraus ergeben, daß das Grundstück mit einem bestimmten schützenswerten Bauwerk bebaut ist oder daß es im Untergrund archäologisch oder historisch wertvolle Kulturdenkmale aufweist, die nach der Entdeckung als Bodenfunde ausgewertet bzw. geborgen werden können. In diesem Fall ist die konkrete „Situation" des Grundstücks gekennzeichnet durch

91 92

= NVwZ 1991, 364. = NJW 1993, 2095 = W M 1993, 1609 = DVB1. 1993, 1086.

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

181

die Umstände, die die Denkmalseigenschaft des Bauwerkes oder des Bodenfundes begründen. 9 3 Z u r Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die dem Eigentümer aus Gründen des Denkmalschutzes auferlegten Beschränkungen als zulässige und entschädigungslos hinzunehmende Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu werten sind oder ob sie darüber hinausgehen, sind die Grundsätze heranzuziehen, die hinsichtlich der Beschränkungen der Eigentümer durch natur- und landschaftsschützende M a ß n a h m e n herausgebildet worden sind. 9 4

270

D a es — bedauerlicherweise — auf Bundesebene im Gegensatz zu Naturschütz und Landschaftspflege an einer Rahmenkompetenz (Art. 7 5 GG) des Bundes für Denkmalschutz fehlt, liegt dieser allein den Ländern ob. Der Bund hat mangels weiterer Kompetenz lediglich ein „Gesetz zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes im B u n d e s r e c h t " 9 5 erlassen, durch das in einzelnen einschlägigen Bundesgesetzen die Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes vorgeschrieben w i r d . 9 6

271

Die alten Bundesländer haben sämtlich Denkmalschutzgesetze erlassen. 9 7

272

93

94

95 96 97

S. dazu im einzelnen Kröner, in Festschrift Geiger, S. 445, 446/7 m. w. N.; s. auch Brügge in DVBl. 1994, 620 ff; mit der Problematik der Eigentumsbeschränkung durch den Denkmalschutz befaßt sich ausführlich Moench, N J W 1980, 1545 ff; 2343 ff und in NVwZ 1984, 146 ff und NVwZ 1988, 304 ff; vgl. auch die Ergebnisse einer Umfrage über die denkmalpflegerischen Maßnahmen ... in NVwZ 1988, 325 f. Vgl. dazu B G H Z 72, 211, 216 = N J W 1979, 210 = J Z 1979, 98 = DVBl. 1979, 232; B G H Z 99, 24, 31 = N J W 1987, 2068 = L M Art. 14 Ba GrundG Nr. 70 = DVBl. 1987, 568 dazu Anm. Schmaltz = DÖV 1987, 642. Vom 1. 6. 1980 - BGBl. I 649. Vgl. dazu im einzelnen Moench in N J W 1980, 2343 f. Baden-Württemberg: Denkmalschutzgesetz vom 25. 7. 1971 - GVB1. S. 209, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 11. 1983 — GVB1. S. 693; Bayern: Denkmalschutzgesetz vom 25. 6. 1973 — GVB1. S. 328., zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. 9. 1982 - GVB1. S. 722; Berlin: Denkmalschutzgesetz vom 22. 12. 1977 - GVB1. S. 2540; zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. 9. 1990 - GVB1. S. 2119; Bremen: Denkmalschutzgesetz vom 27. 5. 1975 — GVBl. S. 265, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. 6. 1989 — GVBl. S. 230; Hamburg: Denkmalschutzgesetz vom 3. 12. 1973 — GVBl. S. 466, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. 3. 1984 - GVBl. S. 61; Hessen: Denkmalschutzgesetz vom 5. 9. 1986 GVBl. I 270; Niedersachsen: Denkmalschutzgesetz vom 30. 5. 1978 - GVBl. S. 517, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 3. 1990, GVBl. S. 101; NordrheinWestfalen: Denkmalschutzgesetz vom 1 1 . 3 . 1980 — GVBl. S. 226, zuletzt gändert durch Gesetz vom 6. 11. 1984 - GVBl. S. 663, Rheinland-Pfalz: Denkmal-

182

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

Auch in den neuen Bundesländern sind inzwischen Denkmalschutzgesetze ergangen. 9 8 Die landesrechtlichen Regelungen, vor allem in den alten Bundesländern, enthalten weithin Regelungen, die so einseitig auf die öffentlichen Interessen abstellen, daß ihre Regelungen m. E. vor einer verfassungsrechtlichen Überprüfung im Lichte des Art. 14 GG nicht bestehen können. Vor dem BVerfG ist ein Verfahren anhängig zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 13 Abs. 1 Satz 2 Rh-PfDenkmalschutz und - p f l e g e G , " soweit darin bestimmt wird, daß im Falle der Nr. 1 des § 13 Abs. 1 Satz 2 die Genehmigung nur unter den in Satz 2 bestimmten Voraussetzungen erteilt werden d a r f . 1 0 0 Da diese Voraussetzungen ausschließlich auf die Erfordernisse des gemeinen Wohls abstellen, ohne eine Abwägung gegenüber den Interessen der betroffenen Eigentümer vorzusehen, muß diese Bestimmung m. E. als Verstoß gegen die Eigentumsgarantie gewertet werden. 1 0 1

98

99 100

101

schütz- und Pflegegesetz vom 23. 3. 1978 — GVB1. S. 159, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. 10. 1990 — GVB1. S. 277; Saarland: Denkmalschutzgesetz vom 12. 10. 1977 - ABl. 993; Schleswig-Holstein: Denkmalschutzgesetz i. d. F. vom 18. 9. 1972 - GVB1. S. 165, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. 2. 1983 GVB1. S. 136. Brandenburg: Denkmalschutzgesetz vom 22. 7. 1991 — GVB1. S. 311; SachsenAnhalt: Denkmalschutzgesetz vom 21. 10. 1991 — GVBl. S. 368; Sachsen: Denkmalschutzgesetz vom 3. 3. 1993 — GVBl. S. 229; Thüringen: Denkmalschutzgesetz vom 7. 1. 1992 - GVBl. S. 17. Vom 23. 3. 1978 - GVBl. S. 159. § 13 Abs. 1 hat folgenden Wortlaut: „Ein geschütztes Kulturdenkmal darf nur mit Genehmigung 1. zerstört, abgebrochen, zerlegt oder beseitigt, 2. ... 3. ... 4. ... werden. Im Falle der Nr. 1 darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn andere Erfordernisse des Gemeinwohls die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege überwiegen. Hierbei ist zu prüfen, ob den überwiegenden Erfordernissen des Gemeinwohls nicht auf andere Weise Rechnung getragen werden kann.". Vgl. auch BGHZ 72, 211 = NJW 1979, 210 = J Z 1979, 98 = DVB1. 1979, 232; BGHZ 99, 24 = NJW 1987, 2068 = LM Art. 14 Ga GrundG Nr. 70 = DVB1. 1987, 568 mit Anm. Schmaltz = DÖV 1987, 642; BGHZ 105, 1 5 = NJW 1988, 3201 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57 = J Z 1989, 188; dazu auch BVerwGE 94, 1, 13 = NJW 1993, 2949, 2952 = DVB1. 1993, 1141, 1145; BGHZ 110, 12 = NJW 1990, 898 = J R 1990, 288 mit Anm. Schwabe = DVB1. 1990, 362 = W M 1990, 653 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 53; BGHZ 121, 73 = WM 1993, 1048 = NJW 1993, 1255 = DVB1. 1993, 430 mit Anm. Schwabe.

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

183

3. Beschränkungen und Erweiterungen der Rechtsposition des Grundstückseigentümers im Rahmen des Nachbarrechts u. a. N o c h weitere Einschränkungen der Verfiigungs- und Nutzungsmöglich-

273

keiten innerhalb der räumlichen Grundstücksgrenzen ergeben sich durch die Bestimmungen des — privaten und öffentlichen — N a c h b a r r e c h t s . 1 0 2

Die

nachbarrechtlichen Bestimmungen haben jedoch in der Regel eine D o p p e l b e deutung. Sie beschränken im allgemeinen nicht allein das Eigentum am eigenen G r u n d s t ü c k zugunsten des N a c h b a r n , sondern gleichzeitig wird das N a c h b a r - E i g e n t u m zugunsten des eigenen G r u n d s t ü c k s b e s c h r ä n k t . In der gleichen Weise, wie die Rechtsposition des Grundeigentümers durch die nachbarrechtlichen Bestimmungen verkürzt wird, greift sie gewissermaßen über die Grenzen am eigenen G r u n d s t ü c k hinaus, indem die Eigentümer der N a c h b a r g r u n d s t ü c k e den gleichen B e s c h r ä n k u n g e n unterworfen werden und dadurch die Rechtsposition des Eigentümers über die räumlichen Grenzen seines eigenen G r u n d s t ü c k s hinaus verstärkt wird. Es sind aber nicht allein die Bestimmungen des N a c h b a r r e c h t s , die — bildlich gesprochen — die Rechtsposition des Grundeigentümers über die Grundstücksgrenzen hinausgreifen lassen. Auch die besondere Art und Lage des Grundstücks, seine Situation, kann sich über die Grundstücksgrenzen hinaus dahin auswirken, d a ß es gegen bestimmte M a ß n a h m e n und Vorgänge, die sich zwar räumlich gesehen ausschließlich a u ß e r h a l b der eigenen Grundstücksgrenzen abspielen, aber doch R ü c k w i r k u n g e n a u f die eigene Rechtsposition h a b e n , geschützt ist. Ein G r u n d s t ü c k kann mithin durch seine „ S i t u a t i o n " nicht nur b e s c h r ä n k t und belastet sein, es kann auch angereichert, es kann „situationsbegünstigt" s e i n 1 0 3 und der Eigentumsschutz da-

102

103

Vgl. BGH NJW 1978, 1051, 1052 = LM § 909 BGB Nr. 17 = VersR 1978, 420 = W M 1978, 645. BVerwGE 32, 173, 178 = NJW 1969, 1787; BVerwGE 50, 282; BVerwGE 61, 295, 303 = NJW 1981, 2137; Weyreuther, a a ö , S. 120 mit Hinweis auf BVerwGE 50, 49, 56; BVerwG DVB1. 1969, 213 = DÖV 1969, 144; BVerwG NJW 1970, 263 = DÖV 1970, 135 = DVB1. 1970, 62; BVerwG DÖV 76, 389; BVerwGE 52, 122, 124 f = NJW 1978, 62 = DVBl. 1977, 722 = DÖV 1977, 752; BGHZ 64, 220, 230 = NJW 1975, 1406 = J Z 1975, 488 = DVBl. 1975, 650 = WM 1975, 985; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 34 = DVBl. 1978, 110 = W M 1978, 41, 43; BGHZ 80, 111, 116 = NJW 1981, 2114 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57 = VersR 1981, 573 = DVBl. 1981, 924; BGHZ 97, 114, 116 = NJW 1986, 1980 = J Z 1986, 544 = LM FStrG Nr. 34 = DVBl. 1986, 766 mit Anm. Berkemann-, BGH NJW 1993, 1700.

274

184

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

mit insoweit über die Grundstücksgrenzen hinausgehen. Von einer derartigen Begünstigung durch die Situation eines G r u n d s t ü c k s k a n n jedoch nur sehr

zurückhaltend

gesprochen

werden.

Nach

der

Rechtsprechung

des

B V e r w G und des B G H k o m m t insoweit ein Schutz nur in B e t r a c h t und kann die vorgegebenen Situation, in die ein G r u n d s t ü c k hineingestellt und durch die es in besonderer Weise geprägt ist, nur insoweit dem Eigentum an dem Grundstück

zugerechnet werden,

schwerwiegende

Veränderungen

als der Eigentümer gegen eine auf

Nachbargrundstücken

durch

verursachte

nachhaltige Veränderung dieser Situation, die ihn schwer und unerträglich treffen würde, geschützt ist. D a b e i sind „ s c h w e r " und „ u n e r t r ä g l i c h " zwei selbständig nebeneinander

275

stehende Begriffe verschiedenen Inhalts. Es kann eine Beeinträchtigung zwar „ s c h w e r " , b r a u c h t aber nicht „ u n e r t r ä g l i c h " zu sein. S o h a t das B V e r w G in B V e r w G E 4 4 , 2 4 4 f f 1 0 4 entschieden, d a ß der B a u einer G a r a g e unter Einhaltung eines Abstandes (Traufwich) von nur c a . 2 5 c m von der G r u n d s t ü c k s grenze den b e n a c h b a r t e n Grundstückseigentümer zwar „ s c h w e r " , aber nicht „ u n e r t r ä g l i c h " treffe, weil sich die Beeinträchtigung oder doch ihre Schwere aus der Besonderheit des N a c h b a r g r u n d s t ü c k s ergebe und es dem betroffenen N a c h b a r n möglich und z u m u t b a r sei, a u f dem eigenen G r u n d s t ü c k für Abhilfe zu sorgen. N a c h der Entscheidung des B V e r w G in D Ö V

1974,

8 1 2 f f 1 0 5 k a n n die — o b j e k t i v rechtswidrige — Einrichtung eines Kinderspielplatzes die b e n a c h b a r t e n Grundstückseigentümer zwar „ s c h w e r " , m u ß sie aber nicht notwendig „ u n e r t r ä g l i c h " treffen. D i e Grenze der „Unerträglichk e i t " wird aber überschritten, wenn die Beeinträchtigung für die Betroffenen „ u n z u m u t b a r " ist. Eine „ u n z u m u t b a r e " Beeinträchtigung ist nicht mehr mit der Sozialbindung allen Eigentums zu r e c h t f e r t i g e n . 1 0 6 E s k o m m t hinzu, d a ß Vorgänge auf dem N a c h b a r g r u n d s t ü c k , insbeson-

276

dere Nutzungsänderungen, dann unzulässig sind, wenn sie in Widerspruch stehen zu einem Vertrauenstatbestand, den der N a c h b a r oder die öffentliche H a n d — ζ. B. im R a h m e n der Bauleitplanung — dahin geschaffen h a b e n , d a ß der Grundstückseigentümer sich — für eine kürzere oder längere Z e i t — d a r a u f verlassen k ö n n e , es würden a u f dem N a c h b a r g r u n d s t ü c k sein eigenes Eigentum beeinträchtigende Änderungen nicht v o r g e n o m m e n werden.

BVerwGE 44, 244, 246 ff = DÖV 1974, 381 ff = DVB1. 1974, 358. loi = DVB1. 1974, 777 mit Anm. Umbach. 1 0 6 Vgl. dazu oben Rdn. 146, 151. 104

Α. Die Schutzgrenzen beim Grundeigentum

185

Die zuvor erörterten Erweiterungen der Schutzgrenzen des Grundeigen- 2 7 7 turns über die Grundstücksgrenzen hinaus sind lediglich Ausnahmen von dem Grundsatz, daß nicht nur das Grundstück selbst, sondern auch sein (verfassungs-)rechtlicher Schutz an den Grundstücksgrenzen aufhört und das Grundstückseigentum durch Vorgänge auf benachbarten Grundstücken, insbesondere durch Nutzungsänderungen grundsätzlich nicht in rechtlich relevanter Weise tangiert wird. Daß auch die Rechtsprechung weiter an dem Grundsatz festhält, der 2 7 8 Eigentumsschutz von Grundeigentum ende grundsätzlich an der Grundstücksgrenze, wird deutlich in folgenden Entscheidungen: B G H Z 48, 46: 1 0 7 Änderung der Bauplanung für Berliner Wannsee-Grundstücke. Hierzu ist zur Klarstellung folgendes zu bemerken: In der Entscheidung wird gesagt (S. 49 f): „Es gehört nicht zum Bestandteil der Rechtsstellung eines Grundstückseigentümers, daß die einmal vorhandene Nutzbarkeit der Nachbargrundstücke aufrechterhalten bleibt und nicht geändert wird. Mit anderen Worten gesagt, umfaßt die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie nicht den Schutz dagegen, daß durch die Bauplanung die Nutzbarkeit anderer Grundstücke verändert wird." Dieser Satz ist teilweise so verstanden worden, daß damit gesagt sein solle, das Grundeigentum könne durch eine auf entsprechender Bauplanung beruhende Änderung der Nutzbarkeit von Nachbargrundstücken ausnahmslos nicht in rechtlich erheblicher Weise tangiert werden, und insoweit ist die Entscheidung auch kritisiert worden. 1 0 8 So darf die Entscheidung aber nicht verstanden werden. Denn auch für das Baurecht gilt die Grenze, daß Änderungen der Nutzbarkeit eines Grundstücks verfassungsrechtlich nicht zulässig sind, wenn sie die Situation des Nachbargrundstücks in einer Weise verändern, die sich für den Eigentümer „schwer und unerträglich" auswirkt. Das aber war bei dem der „WannseeEntscheidung" zugrundeliegenden Sachverhalt nicht der Fall. Auch war ein

107 = N j W 1 9 6 7 ) 1754 ; 1755 u n d dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 27 = DVB1. 1968, 226 = JZ 1968, 226 mit Anm. Peter. 108

Das BVerwG hat in DVB1. 1969, 213 = D Ö V 1969, 144 dazu gesagt, es folge der Auffassung des BGH für den Regelfall. D o c h müßten auch Ausnahmen zugelassen werden, besonders wenn ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei, aufgrund dessen der Grundeigentümer mit dem Fortbestand des Bestehens der bisherigen Situation habe rechnen dürfen; der BGH selbst habe in anderen Entscheidungen - u. a. N J W 1968, 293, 294 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 36 = W M 1968, 544, 546 unter Berufung auf B G H Z 45, 83, 87 = N J W 1966, 877, 878 — einem entsprechenden Vertrauenstatbestand rechtliche Bedeutung beigemessen; krit. ferner Papier in Urteilsanmerkung JZ 1984, 993.

186

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

relevanter Vertrauenstatbestand nicht geschaffen worden. Die betroffene Grundstückseigentümerin hatte lediglich geltend gemacht, daß infolge der nunmehr von dem Nachbargrundstück vermehrt ausgehenden — aber nachbarrechtlich zulässigen — Geräuschimmissionen der Wert ihres Grundstücks gesunken sei (vgl. dazu Rdn. 237, 279). 279

Ferner B G H Z 48, 340: 1 0 9 Verlegung eines an der Grundstücksgrenze verlaufenden Wasserlaufes; B G H Z 62, 96: 1 1 0 Minderung der Bebauungserwartungen durch den Bau einer zwischen dem Grundstück und der nahen Großstadt verlaufenden Autobahn; BVerwG in DVBl. 70, 60: 1 1 1 Verbauen einer schönen Aussicht; VGH Kassel in N J W 81, 2315: Einrichtung eines Kinderspielplatzes auf dem Nachbargrundstück. Weiter sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen: BGHZ 61, 253, 256: 1 1 2 Das Grundeigentum an einem Wohngrundstück wird grundsätzlich nicht dadurch beeinträchtigt, daß entlang einer Grundstücksgrenze eine neue Straße angelegt wird. Das gleiche ergibt sich aus den Entscheidungen des BGH in W M 1976, 1064, 1067 unter III 1 1 3 und in N J W 1978, 318. 1 1 4 Schließlich ist auf die Entscheidung des BVerwG in BVerwGE 52, 122, 124 1 1 5 hinzuweisen, wo es heißt: „Art. 14 GG bietet in der Regel keinen Schutz dagegen, daß durch Vorgänge, die auf einem anderen Grundstück stattfinden, der Wert des eigenen Grundstücks sinkt."

ios = N J W 1 9 6 8 ) 107 ff und dazu Anm. Mattern, LM Art. 14 Bb GrundG Nr. 39. no = N j W 1 9 7 4 > 6 3 7 = W M 1 9 7 4 ; 1007 und dazu Anm. Kreft Art. 14 A GrundG Nr. 48. 111 = BVerwG VerwRechtsprechung Bd. 20 (1969) Nr. 224 = DVBl. 1970, 60. uz = NJW 1973, 2283 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 46. 113 Insoweit in LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 21 nicht abgedruckt = DVBl. 1976, 774/5. 114 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 33 = WM 1977, 1149, 1150/1. n i = NJW 1978, 62 = DVBl. 1977, 722 = DÖV 1977, 752.

Β. Die Schutzgrenzen des als „Eigentum" geschützten Gewerbebetriebes D e r — eingerichtete u n d a u s g e ü b t e — G e w e r b e b e t r i e b ist in u n s e r e r 2 8 0 R e c h t s o r d n u n g in zweierlei Weise geschützt, e i n m a l im R a h m e n des allgem e i n e n D e l i k t s r e c h t s als „sonstiges R e c h t " im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB u n d z u m a n d e r e n als „ E i g e n t u m " im Sinne des A r t . 14 G G . Z u m G e w e r b e b e t r i e b als „sonstiges R e c h t " im Sinne des § 823 A b s . 1 BGB verweise ich im einzelnen auf die A u s f ü h r u n g e n v o n Steffen im R e i c h s g e r i c h t s r ä t e - K o m m e n t a r (BGB-RGRK) 12. Aufl., § 823 R d n . 36 ff u n d § 824 R d n . 3 ff u n d auf einige s p ä t e r e E n t s c h e i d u n g e n des B G H 1 1 6 .

I. Der Begriff des Gewerbebetriebes als „Eigentum" Auf d e r G r u n d l a g e des h e u t e sehr w e i t v e r s t a n d e n e n E i g e n t u m s b e g r i f f s 1 1 7 2 8 1 h a t die R e c h t s p r e c h u n g bereits seit l a n g e m a u c h d a s Recht a m „eingerichteten u n d a u s g e ü b t e n G e w e r b e b e t r i e b " als E i g e n t u m im Sinne des A r t . 14 G G q u a l i f i z i e r t . 1 1 8 U n t e r d e m G e w e r b e b e t r i e b w i r d d a b e i begrifflich — e b e n s o w i e im R a h m e n des § 8 2 3 BGB — die G e s a m t h e i t der sachlichen, persönlichen u n d sonstigen M i t t e l in all ihren „ E r s c h e i n u n g s f o r m e n " u n d „ A u s s t r a h l u n g e n " v e r s t a n d e n , die in d e r H a n d des B e t r i e b s i n h a b e r s zu e i n e m einheitlichen O r g a n i s m u s z u s a m m e n g e f a ß t sind, m i t h i n die G e s a m t h e i t alles dessen, w a s die g e g e n s t ä n d l i c h e u n d p e r s o n e l l e G r u n d l a g e des W i r k e n s des Betriebsi n h a b e r s im w i r t s c h a f t l i c h e n Leben bilden u n d diesem W i r k e n dienen soll,

116

117 118

BGHZ 86, 152, 156 ff = NJW 1983, 2313, 2314 f = VersR 1983, 553, 554 und auch BGH LM § 824 BGB Nr. 29 = NJW-RR 1989, 924. Vgl. dazu Rdn. 10 ff. BVerfGE 1, 264, 277 = NJW 1952, 8653; BVerfGE 13, 225, 229 = NJW 1962, 110; offengelassen in BVerfGE 51, 193, 221 = NJW 1980, 383, 386 = GRUR 1979, 773; und auch BVerfG DVB1. 1991, 1253 = NJW 1992, 36; vom BGH wird der Gewerbebetrieb seit BGHZ 23, 157, 161 ff = NJW 1957, 630, 631/ 2 und dazu Anm. Pagendarm LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 63 in ständ. Rechtsprechung als „Eigentum" gewertet, ebenso vom BVerwG wie u. a. BVerwGE 40, 153, 156 = DVB1. 1972, 832, 834; BVerwGE 62, 224, 225/6 = NJW 1982, 63 = DVB1. 1981, 983 = DÖV 1981, 917; s. dazu auch Engel in AöR Bd. 118 (1993) 169, 202 ff und Canaris ZIP 1987, 409, 418.

188

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

alles dessen, was einen G e w e r b e b e t r i e b als eine b e s t i m m t e Sach- und Rechtsgesamtheit k o n k r e t i s i e r t . 1 1 9 282

120

Eine schärfere Konturierung des G e w e r b e b e t r i e b s als „ E i g e n t u m " ergibt sich bei der gebotenen B e a c h t u n g dessen, was in R d n . 10 ff, 23 zum Eigentumsbegriff gesagt worden ist. W i e allgemein die begriffliche Abgrenzung des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums in einer wertenden und auf den

Sacheigentümer

ausgerichteten

Betrachtungsweise

gefunden

werden

m u ß , ist auch der G e w e r b e b e t r i e b nur insoweit geschützt, als er in einer solchen wertenden Betrachtungsweise einen Vergleich mit dem Sacheigentümer aushält. D a s bedeutet, d a ß der Schutz auch des G e w e r b e b e t r i e b e s als „ E i g e n t u m " nur a u f etwas bereits k o n k r e t Vorhandenes, nicht a u f etwas erst in der Z u k u n f t Liegendes, somit nicht auf b l o ß e Aussichten, C h a n c e n und G e w i n n e r w a r t u n g e n gerichtet sein k a n n . D e r Inhaber eines Gewerbebetriebes ist daher als Eigentümer nur insoweit geschützt, als er bereits k o n k r e t vorhandene Werte innehat, die ihm — ebenso wie dem Sacheigentümer die ihm gehörige S a c h e — als ihm gehörig zuzurechnen sind. D a h i n sind in Sonderheit alle Werte zu rechnen, die a u f eigenem Arbeits- und Kapitaleinsatz des Inhabers und damit auf dem Inhaber zurechenbaren

Leistungen

b e r u h e n . 1 2 1 Bei der Abgrenzung im einzelnen ist weiter zu berücksichtigen, d a ß ebenso wie alle sonstigen Eigentümer auch der Inhaber eines G e w e r b e betriebes nur insoweit geschützt ist, als er Inhaber einer Rechtsstellung ist, die Eigentumsgarantie also nur Schutz gewährt, soweit der Inhaber gegen

BGH NJW 1960, 1995 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 16; BGH NJW 1967, 1857 = WM 1967, 865 = LM Art. 14 Cg GrundG Nr. 18; BGH NJW 1968, 293 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 36 = W M 1968, 544 = J Z 1968, 130; BGH W M 1 9 6 8 , 1 2 8 0 , 1 2 8 2 ; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 26 = W M 1975, 834; BGHZ 76, 387, 394 = NJW 1980, 2457, 2459 = W M 1980, 796, 798 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 32 = VersR 1980, 715; BVerfGE 45, 142, 173 = NJW 1977, 2024 = DVB1. 1977, 817. 120 Yg| hierzu u n c J Zum folgenden auch Krohn in GewArch 1977, 145 ff, GewArch 1979, 249 ff, GewArch 1981, 249 ff. 121 BVerfGE 1, 264, 278 = NJW 1952, 885; BVerfGE 30, 292, 3 3 4 / 5 = NJW 1971, 1255 = DÖV 1971, 454 = DVB1. 1971, 691; BVerfGE 68, 193, 222 f = NJW 1985, 1385 = DVB1. 1985, 342; BVerfG DVB1. 1991, 1253 f = NJW 1992, 36; BGH LM Art. 12 GrundG Nr. 29 Bl. 5 = VRS 52, 332, 339 f = VerwRechtsprechung 28 (1977) Nr. 146; BGH NJW 1979, 1043, 1045 = LM FStrG Nr. 24 Bl. 3 r = W M 1979, 372; BGH LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 48 = VersR 1986, 372, 374. 119

Β. Die Schutzgrenzen des geschützten Gewerbebetriebes

189

die Beeinträchtigungen seines Eigentums, hier des „Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb", rechtlich abgesichert ist. 1 2 2 Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen Gewerbebetrieb im 2 8 3 Sinne der GewerbeO handelt. Entscheidend ist, daß es sich um ein auf Erwerb ausgerichtetes Unternehmen handelt. Mithin fallen außer den rein gewerblichen Unternehmen im Sinne der GewerbeO nicht nur Betriebe der Urproduktion (Landwirtschaft, Fischerei pp.) darunter, 1 2 3 sondern es werden auch freiberuflich Tätige erfaßt, soweit sie einen einem Gewerbebetrieb vergleichbaren „Betrieb" unterhalten wie Arztpraxis, Anwaltspraxis pp. 1 2 4

II. Die eigentumsrechtlichen Schutzgrenzen des Gewerbebetriebes 1. Allgemeines Als Eigentum geschützt ist der Gewerbebetrieb als solcher; infolgedessen 2 8 4 kann von einem entschädigungsrechtlich relevanten Eingriff in dieses „Eigentum" nur dann gesprochen werden, wenn in die „Substanz" des Gewerbebetriebes, d. h. wenn in den Gewerbebetrieb als einheitlichen Organismus eingegriffen, damit das ungestörte Funktionieren dieses Organismus beeinträchtigt und dadurch der Eigentümer gehindert wird, von dem Gewerbebetrieb als dem einheitlichen Organismus den bestimmungsgemäßen Gebrauch

122 123

124

BVerwG D Ö V 1984, 426, 427 = UPR 1984, 271. BGHZ 45, 150, 154ff = NJW 1966, 1120; BGH 49, 231, 236 = NJW 1968, 648, 649 und dazu Anm. Mattern LM S 31 WasserhaushaltsG Nr. 1; BGHZ 67, 190, 192 = NJW 1977, 189 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 82; BGH LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 26 = W M 1975, 834, 835; BGH, Urt. v. 1. 2. 1979 - III 81/78 - , S. 18 der Entscheidungsgründe (Forstbetrieb); BGHZ 92, 34, 37 = NJW 1984, 2516 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = JZ 1984, 987 dazu Anm. Papier = D Ö V 1985, 23 dazu Anm. Schwabe. BGHZ 16, 71, 79 = NJW 1955, 337, 338 (Arztpraxis); BGHZ 81, 21, 33 = NJW 1981, 2000 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 60; BGH Urt. vom 20. 2. 1964 - III ZR 196/62 - (insoweit in LM Preuß.Kabinettsordnung betr. Privatunterricht Nr. 1) und M D R 1964, 487 nicht mit abgedruckt (Musiklehrertätigkeit); BGH NJW 1977, 2367, 2369; BGHZ 97, 204, 209 ff = NJW 1986, 2499, 2500 = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 69 (Rechtsanwaltspraxis).

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4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

zu machen. 1 2 5 Der Gewerbebetrieb als solcher ist deshalb nicht betroffen, wenn der Betriebsinhaber lediglich gehindert wird, einen bestimmten Warenposten zu den erhofften günstigen Bedingungen zu veräußern 1 2 6 oder ein Produkt zu günstigen Bedingungen herzustellen. 1 2 7 Der Schutz des Gewerbebetriebes in seiner „Substanz" kann deshalb auch nicht weiter gehen als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt. 1 2 8 Ebenso wie das Vermögen als solches in aller Regel nicht dem „Eigentum" im Sinne des Art. 14 GG zugerechnet wird (s. oben Rdn. 16), wird auch in die „Substanz" des Gewerbebetriebes regelmäßig nicht eingegriffen durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten, sondern erst dann, wenn die dem Gewerbetreibenden auferlegten Leistungspflichten ihn übermäßig belasten und „erdrosselnde Wirkung" zeigen; bloße Beeinträchtigungen der Liquidität des Gewerbebetriebes oder eine Schmälerung seines Ertrages sind entschädigungsrechtlich unbeachtlich. 1 2 9 285 Da eine entschädigungsrechtlich relevante Eigentumsbeeinträchtigung nicht vorliegt, wenn die Beeinträchtigung aus dem Gesichtspunkt der Sozialbindung allen Eigentums zu rechtfertigen ist, ist ein solcher Tatbestand nicht gegeben, wenn der Betriebsinhaber durch Verbote oder sonstige Beschrän-

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128

129

BGHZ 25, 266, 270 = NJW 1957, 1927, 1928 = BB 1957, 1159, 1160 und dazu Anm. Pagendarm LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 66; BGH NJW 1967, 1857 = WM 1967, 865, 866; BGH NJW 1968, 293 = WM 1968, 545 = JZ 1968, 130 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 36; BGH NJW 1975, 1880, 1881 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 47; BGH WM 1978, 852 = MDR 1978, 1005: Eingriff in Gewerbebetrieb - Gastwirtschaft und Pension; BGH NVwZ 1983, 118, 119 = LM SchutzbereichG Nr. 4; vgl. auch BVerwGE 40, 157, 165 = DVB1. 1972, 832, 834. BGH NJW 1967, 857 = WM 1967, 865, 866 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 18; BGHZ 65, 155, 170 = NJW 1976, 475, 478 und dazu Anm. Kreft LM § 839 BGB Fm Nr. 26. BGHZ 111, 349, 356 f = NJW 1990, 3260, 3262 = DÖV 1990, 1065 = JZ 1991, 36 ff mit Anm. Maurer = LM Art. 12 GrundG Nr. 41; die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde ist erfolglos geblieben, vgl. BVerfG DVB1. 1991, 1253, 1254 = NJW 1992, 36, 37. BGHZ 84, 223, 227 = NJW 1992, 2488, 2489 = JZ 1983, 28 = WM 1982, 993 = DVB1. 1982, 948 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 61; s. auch Rinne, DB1. 1993, 869; BGHZ 124, 394 = WM 1994, 1038, 1040 = NJW 1994, 1006 = VersR 1994, 565 = DVB1. 1994, 691 = LM WasserhaushaltsG § 22 Nr. 28. BGHZ 83, 190, 195 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 61 Bl. 3 = NJW 1982, 2813, 2814 = W M 1982, 663 = DÖV 1982, 870 betr. Bardepotpflicht.

Β. Die Schutzgrenzen des geschützten Gewerbebetriebes

191

kungen lediglich in die Schranken verwiesen wird, die der Eigentumsnutzung ganz allgemein durch Art. 14 Abs. 2 GG gesetzt sind, wie u. a. die Entscheidung des BVerwG in BVerwGE 38 , 209, 2 1 8 1 3 0 zeigt: Es ging dabei um das Verbot von Geräuscheinwirkungen auf die Nachbarschaft über eine bestimmte Lautstärke hinaus, wodurch praktisch das Be- und Entladen von Fahrzeugen zur Nachtzeit in einem Fischgroßhandelsbetrieb unmöglich gemacht wurde. Das gleiche gilt für die Nachteile und Beschränkungen, die dem Inhaber des Gewerbebetriebes unmittelbar durch Gesetze, die im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsmäßig erlassen sind, oder durch auf Grund derartiger Gesetze getroffene Verwaltungsmaßnahmen verursacht werden. 1 3 1 Denn der Gesetzgeber kann im Rahmen seines Regelungsauftrages gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ganz allgemein für bestimmte Arten von Gewerbebetrieben den Bereich abstecken, innerhalb dessen dieser sich entfalten können. Wenn der Gesetzgeber bei Erlaß derartiger Bestimmungen die Grenzen gewahrt hat, die ihm insoweit gesetzt sind (siehe oben Rdn. 151, 155 ff), dann ist allein dieser von ihm für die Ausübung des betroffenen Gewerbes abgesteckte gesetzliche Rahmen maßgebend, selbst wenn er für den Gewerbetreibenden Einschränkungen in seinen Nutzungsund Verfügungsbefugnissen gegenüber solchen Befugnissen enthält, die sich für ihn nach allgemeinen Grundsätzen ergeben würden. 1 3 2

2. Beschränkung des Eigentumsschutzes auf den gegenwärtigen Stand des Gewerbebetriebes Aus dem Grundsatz, daß der Eigentumsschutz sich ausschließlich auf be- 2 8 6 reits vorhandene konkrete Werte bezieht und deshalb auch der als Eigentum geschützten Substanz eines Gewerbebetriebes nur derartige Werte zugeordnet werden können, hat die Rechtsprechung im wesentlichen Folgerungen dahin gezogen: Der zur Zeit der Eigentumsbeeinträchtigung bereits vorhandenen Sub- 2 8 7 stanz sind auch die Werte zuzurechnen, die erst im Verlauf eines sich über 130 131 132

=

N

j

W

1971)

1475

BVerfGE 13, 225, 229 = NJW 1962, 100. BGHZ 79, 204, 210 ff = LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 69 = NJW 1986, 2499, 2500/1; BGH NVwZ 1983, 118, 119 = LM SchutzbereichG Nr. 4 betr. Stromversorgungsunternehmen; BVerwGE 62, 224, 226 = NJW 1982, 63 = DVB1. 1981, 983 = DÖV 1981, 917 betr. Müllabfuhrunternehmen; BVerwG NJW 1983, 1810 betr. Prüfingenieur für Baustatik.

192

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

einen längeren Z e i t r a u m erstreckenden Eingriffs (ζ. B. durch S t r a ß e n b a u a r beiten) geschaffen w u r d e n . 1 3 3 Als „ v o r h a n d e n " gilt auch ein Betrieb, der zwar noch nicht in G a n g gesetzt, aber doch bereits so eingerichtet ist, d a ß er ohne den Eingriff o h n e weiteres und u n b e s c h r ä n k t ausgeübt

werden

k ö n n t e . 1 3 4 Solange ein Betrieb oder eine Erweiterung jedoch nur geplant oder sonstwie vorbereitet sind — mögen die Planungen und sonstigen Vorbereitungen auch noch so sorgfältig getroffen worden sein —, versagt der E i g e n t u m s s c h u t z , 1 3 5 der ausschließlich Bestandsschutz, nicht aber E r w e r b s schutz (Art. 1 2 G G ) b e d e u t e t . 1 3 6 G e w i n n e , die erst aus einer künftigen, dem Eingriff nachfolgenden be-

288

trieblichen Tätigkeit gezogen werden sollen, gehören nicht zum geschützten Bestand, da sie nicht aus bereits vorhandenen im Betrieb zur Z e i t des Eingriffs schon wirkenden Werten gezogen werden sollen. D e s h a l b löst auch die Verhinderung derartiger künftiger G e w i n n - und Verdienstmöglichkeiten einen Entschädigungsanspruch selbst bei Rechtswidrigkeit der M a ß n a h m e nicht a u s . 1 3 7 N a c h diesen M a ß s t ä b e n sind in der R e c h t s p r e c h u n g nicht als eigentums-

289

rechtlich relevante Beeinträchtigungen

eines Gewerbebetriebes

angesehen

worden: D i e Nichtgenehmigung der Errichtung einer (Apotheken-)Rezeptsammelstelle; 1 3 8 die NichtVerlängerung der Erlaubnis, eine Rezeptsammelstelle zu u n t e r h a l t e n ; 1 3 9 die Nichtgenehmigung der Einrichtung eines „ M ä r -

133

134

135

136

137

138 139

BGH NJW 1976, 1312/3 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 48; BGH LM § 31 WasserhaushaltsG Nr. 3 Bl. 4 = ZfW 1980, 351, 355 = MDR 1980, 39. BGHZ 30, 338, 356 = NJW 1959, 2156, 2160 = W M 1959, 1337 (Freiburger Bausperrenurteil); BGH NJW 1965, 2101, 2103 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33 Bl. 4 r. BGH W M 1962, 1008, 1013; BGH W M 1971, 991, 993; BGH WM 1971, 1156, 1157; BGH W M 1972, 371, 373 = DVB1. 1973, 137, 138; BGH W M 1979, 1123, 1124 = NJW 1980, 387 = DÖV 1979, 867; BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 48 Bl. 4 r = VersR 1986, 372, 374. BVerfGE 30, 292, 3 3 4 / 5 = NJW 1971, 1255 = DÖV 1971, 454 = DVB1. 1971, 691, dazu auch Rinne, DVBl. 1993, 869 ff. BGH NJW 1976, 1312, 1313 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 48 Bl. 2 r; BGH LM Art. 12 GrundG Nr. 29 Bl. 5 = VRS 52, 332, 3 3 9 / 4 0 = VerwRechtsprechung 28 (1977) Nr. 146; BGHZ 34, 188, 190/1 = NJW 1961, 968; BGHZ 92, 34, 46 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = NJW 1984, 2516, 2518 = J Z 1984, 987 mit Anm. Papier = DÖV 1985, 23 mit Anm. Schwabe. BVerwGE 45, 331, 336 = NJW 1975, 357. BVerwGE 56, 186, 195 ff = NJW 1979, 611.

Β. Die Schutzgrenzen des geschützten Gewerbebetriebes

193

c h e n w a l d e s " ; 1 4 0 die Verhinderung einer in Aussicht g e n o m m e n e n gärtnerischen G r u n d s t ü c k s n u t z u n g ; 1 4 1 die Nichtgenehmigung eines Erweiterungsbaues für eine private Handelsschule auf einem zu diesem Z w e c k e r w o r b e nen

Grundstück

und

auf

Grund

bereits

fertiggestellter

Pläne;142

die

Versagung der für eine b e s t i m m t e gewerbliche Betätigung erforderlichen Z u lassung.143 J e d o c h ist eine relevanten Eigentumsbeeinträchtigung a n g e n o m m e n w o r den in Fällen der Verhinderung von Erneuerungsarbeiten, um den Betrieb in seinem bisherigen U m f a n g fortführen zu k ö n n e n . 1 4 4

3. Schutz gegen Eingriffe in Grundstücke, die einem Gewerbebetrieb dienen Wenn ein einem G e w e r b e b e t r i e b dienendes G r u n d s t ü c k durch hoheitliche M a ß n a h m e n in Anspruch g e n o m m e n oder Verfügungsbeschränkungen (Bauverbot pp.) unterworfen wird, liegt — außer einem Eingriff in das G r u n d stück — ein gesondert zu beurteilender Eingriff in den G e w e r b e b e t r i e b 1 4 5 nur vor, wenn das G r u n d s t ü c k bereits zu den sachlichen Mitteln gehört, die zusammen mit den anderen Betriebsmitteln als organisatorische Einheit den Betrieb bilden, wenn es mit anderen Worten bereits in den betrieblichen O r g a n i s m u s als produktiv wirkender Bestandteil miteinbezogen i s t . 1 4 6 Soll das G r u n d s t ü c k jedoch lediglich die M ö g l i c h k e i t einer späteren Betriebser-

140 141 142 143

144

145 146

BGH VersR 1963, 254, 255. BGH LM Württ.ZwangsenteignungsG Nr. 1 Bl. 4 r = W M 1963, 1128, 1131. BGH LM LandBeschG Nr. 12 = W M 1968, 121. BGH NJW 1962, 2 3 4 7 / 8 = LM Art. 14 Bb GrundG Nr. 30 = DVB1. 1963, 24; BGH W M 1971, 991, 993; BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 23 = WM 1972, 1157, 1159 = DVB1. 1972, 827; BGHZ 92, 34, 46 = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 33 = NJW 1984, 2516, 2518 = J Z 1984, 987 mit Anm. Papier = DÖV 1985, 23 mit Anm. Schwabe. BGH W M 1972, 371, 372 = DVB1. 1973,137, 138; BGH LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 23 = W M 1972, 1157, 1159 = DVB1. 1972, 827. BGH NJW 1972, 1666 = LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 63. BGHZ 30, 338, 3 5 6 / 7 = NJW 1959, 2156, 2160 = WM 1959, 1337; BGH W M 1962, 1008, 1012; BGH LM LandBeschG Nr. 12 = W M 1968, 921, 923; BGH NJW 1965, 2101, 2 1 0 3 / 4 = LM Art. 14 Ce Nr. 33 Bl. 4 r; BGH W M 1972, 371, 372 = DVB1. 1973, 137, 138; BGH LM § 31 WasserhaushaltsG Nr. 3 Bl. 3 r = ZfW 1980, 351, 354, s. auch Rinne DVBl. 1993, 869, 870.

290

194

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

Weiterung schaffen, o h n e d a ß ihm schon jetzt im Betrieb eine produktiv wirkende A u f g a b e zugewiesen worden ist, dann kann es n o c h nicht dem als Eigentum geschützten Bestand des Gewerbebetriebes zugerechnet werden. D a s gilt selbst d a n n , wenn es an das sonstige Betriebsgelände angrenzt oder in dessen unmittelbarer N ä h e l i e g t . 1 4 7

4. Schutz gegen Beschränkungen des sogenannten AnliegerGemeingebrauchs Bei G e w e r b e b e t r i e b e n , die an einer öffentlichen Straße liegen, rechnet die

291

R e c h t s p r e c h u n g zum geschützten Bestand des Betriebes auch die besondere L a g e an der Straße, den sog. „ K o n t a k t nach a u ß e n " , der dem Betrieb den Z u g a n g zur S t r a ß e und die Z u g ä n g l i c h k e i t von der S t r a ß e her gewährt (vgl. dazu R d n . 2 3 7 f ) und dem Inhaber eine E i n w i r k u n g (durch Werbung pp.) a u f den vorüberfließenden Verkehr und d a m i t u. a. das Gewinnen von Laufkundschaft e r m ö g l i c h t . 1 4 8 Auch nach der Rechtsprechung des B V e r w G wird der v o m G e m e i n g e b r a u c h u m f a ß t e Anliegergemeingebrauch in seinem Kern von der Eigentumsgarantie des Art. 14 m i t u m f a ß t . 1 4 9 J e d o c h reicht der eigentumsrechtlich geschützte Anliegergemeingebrauch nur so weit, wie die angemessene Nutzung des G r u n d s t ü c k s eine Benutzung der S t r a ß e erfordert.150 292

D e r Inhalt des G e m e i n g e b r a u c h s bestimmt sich entscheidend nach dem U m f a n g der W i d m u n g . D a b e i k o m m t es grundsätzlich nicht d a r a u f an, o b die Benutzung einer Straße durch bestimmte Verkehrszeichen b e s c h r ä n k t ist. Vielmehr wird die Frage, für welche Art von Verkehr eine Straße gewidmet 147

148

149

150

BGH NJW 1972, 7 5 8 / 9 = LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 57; BGHZ 98, 341, 351/ 2 = NJW 1987, 1256, 1258 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 66. BGHZ 2 3 , 1 5 7 , 1 6 3 / 4 = NJW 1957, 630, 631 und dazu Anm. Pagendarm Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 63; BGHZ 48, 65, 66 = NJW 1967, 1249, 1250 = W M 1967, 721 = DVB1. 1967, 881 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 14; BGHZ 55, 261, 263 = NJW 1971, 605, 606 = W M 1971, 423, 424 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 42 a; BGHZ 70, 212, 218 = NJW 1978, 373, 374; BGH LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 47 = NJW 1975, 1880. BVerwGE 30, 235, 238 f = NJW 1969, 284, 285; BVerwG NJW BVerwG NJW 1975, 1528, 1529 = MDR 1975, 430 = BayVBl. BVerwG 0JW 1977, 2367, 2369. BVerwGE 54, I f f = NJW 1977, 1789 = J Z 1977, 600 = DÖV = DVB1. 1977, 864; BGH LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 118 = WM 996/7.

1975, 357; 1975, 677; 1977, 604 1983, 995,

Β. Die Schutzgrenzen des geschützten Gewerbebetriebes

195

ist, wesentlich nach seinen äußerlich e r k e n n b a r e n M e r k m a l e n b e s t i m m t . 1 5 1 D e s h a l b u m f a ß t der Anliegergemeingebrauch auch nicht Benutzungen, die einen Verkehrsweg über seine tatsächliche Beschaffenheit und Eignung hinaus ü b e r m ä ß i g in Anspruch n e h m e n . 1 5 2 Z u d e m gehört zum Inhalt der als Eigentum geschützten Rechtsposition des Inhabers eines Anlieger-Gewerbebetriebes nur, d a ß ein genügender Z u s a m m e n h a n g zu dem unmittelbar vor dem G e w e r b e b e t r i e b gelegenen Straßenteil erhalten und dessen A n b i n d u n g an das übrigen Straßennetz gewährleistet b l e i b t . 1 5 3 Erst die völlige Abschneidung des Betriebes vom öffentlichen Straßennetz durch M a ß n a h m e n von hoher H a n d stellt einen eigentumsrechtlich relevanten Eingriff in den zum G e w e r b e b e t r i e b gehörenden Anlieger-Gemeingebrauch d a r . 1 5 4 D i e W i d m u n g einer Straße für den öffentlichen Verkehr kann jedoch nicht die E r w a r t u n g begründen, d a ß die S t r a ß e zu jeder Z e i t und von einer gleichbleibenden M e n g e von Verkehrsteilnehmern begangen oder befahren werden k a n n . 1 5 5 E b e n s o w e n i g besteht ein Anspruch des Inhabers eines Anlieger-Gewerbebetriebes darauf, d a ß Parkmöglichkeiten unmittelbar bei seinem G r u n d s t ü c k oder in angemessener N ä h e erhalten bleiben oder neu eingerichtet

wer-

d e n . 1 5 6 Grundsätzlich k a n n daher auch der Anlieger das Fortbestehen von Vorteilen, die sich aus einer b e s t i m m t e n Verkehrslage ergeben, nicht beanspruchen. Er hat deshalb auch keinen Anspruch darauf, d a ß eine bestimmte günstige Straßenverbindung zwischen zwei W e r k t o r e n seines Betriebes erhalten b l e i b t 1 5 7 , und ebensowenig darauf, d a ß eine durch einen öffentlichen Weg vermittelte günstige Verbindung zwischen zwei zu demselben landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden G r u n d s t ü c k e n nicht durch eine neue S t r a ß e zerschnitten w i r d . 1 5 8

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152 153

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BGH LM § 823 BGB Ea Nr. 11 = BB 1958, 7, 8; BGH NJW 1957, 1396 = LM § 823 BGB De Nr. 27; VGH Mannheim, NJW 1982, 402 f = DÖV 1982, 206, 207. ebenso BGH in einem späteren Beschluß in W M 1983, 1244 = BRS 45 Nr. 71. BGHZ 55, 261, 264 = NJW 1971, 605, 606 = W M 1971, 423, 424 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 42 a; BGHZ 70, 212, 218 = NJW 1978, 373, 374. BGH LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 38 = DVB1. 1968, 212 = MDR 1968, 391; BVerwGE 32, 222, 225 = DVBl. 1969, 696 = DÖV 1969, 727; BVerwGE 54, 1, 2 = NJW 1977, 1789 = J Z 1977, 600 = DÖV 1977, 604 = DVBl. 1977, 864. BGH W M 1963, 1100, 1101 = BB 1963, 1196. BVerwG NJW 1983, 770, 771 = DVBl. 1982, 1098 = DÖV 1983, 122 f. BVerwG DÖV 1984, 426, 427 = UPR 1984, 271. BGH W M 1975, 834, 835 = LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 26.

196

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

293

Der Gewerbetreibende kann seine Erwartung von Fortbestand und Dauer der Vorteile, die sich aus der Lage seines Geschäfts an einer Straße ergeben, allein auf den (Anlieger-) Gemeingebrauch der Straße stützen. Der Rechtstitel des Gemeingebrauchs, d. h. die bestimmungsgemäße Benutzung der öffentlichen Straße durch die Allgemeinheit, auf den die Straßenanlieger allein bauen können, erhält seinen Inhalt durch Art und Zweck der Straße. Der Straßenanlieger als Teilnehmer am Gemeingebrauch der öffentlichen Straße teilt dabei in gewisser Weise das Schicksal der Straße, das von dem Verkehr auf dieser Straße abhängig ist, der wiederum ständigem Wechsel unterworfen ist. 1 5 9 Es gehört deshalb auch nicht zum geschützten Kernbereich des Anliegergemeingebrauchs, daß an der Straße liegende Geschäftsbetriebe unmittelbar von Kraftfahrzeugen erreicht werden können, selbst wenn die Betriebe sich darauf eingerichtet haben.

294

Dementsprechend ist der Gemeingebrauch notwendig bereits durch die Zweckbestimmung der Straße in der Weise begrenzt, daß auch die Anlieger gewisse, den Gemeingebrauch tatsächlich einschränkende Maßnahmen, die aus dem Zweck der Straße folgen, hinnehmen müssen, sofern nur die Straße als Verkehrsmittler (Kommunikationsmittel) überhaupt erhalten bleibt. 1 6 0 Das ist in der Rechtsprechung anerkannt hinsichtlich der Beschränkungen und Behinderungen, die sich ζ. B. aus einer Verkehrsbeschränkung im üblichen Rahmen oder der Verlegung von Versorgungs- und Kanalisationsleitungen 1 6 1 oder aus der Notwendigkeit, im Interesse der öffentlichen Ordnung verkehrsrechtliche Regelungen zu treffen 1 6 2 oder die Straße in ihrem ordnungsmäßigen Zustand zu erhalten und etwa steigenden Verkehrsbedürfnis-

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BGHZ 48, 58, 60 = N J W 1967, 1752 und dazu Anm. Kreft L M Art. 14 Cf GrundG Nr. 33; BGHZ 55, 261, 264 = N J W 1971, 605, 606 = W M 1971, 423, 424 und dazu Anm. Kreft L M Art. 14 Cf GrundG Nr. 42 a. BGHZ 45, 150, 158 f = N J W 1966, 1 1 2 0 , 1 1 2 2 ; BGHZ 48, 65, 66 = N J W 1967, 1749, 1750 = W M 1967, 721 = DVB1. 1967, 881 und dazu Anm. Kreft L M Art. 14 Cb GrundG Nr. 14; BGHZ 57, 359, 361 = N J W 1972, 234, 244 = W M 1972, 77, 78 und dazu Anm. Arndt L M Art. 14 Cf GrundG Nr. 42; BGH N J W 1980, 2703, 2704 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 68 Bl. 2 = W M 1980, 1179. BGH N J W 1962, 1816 = L M Art. 14 Ba GrundG Nr. 25; BGHZ 70, 212, 222 = N J W 1978, 373, 376. BGH N J W 1980, 2703, 2704 = W M 1980, 1179 = L M Art. 14 Cc GrundG Nr. 68 Bl. 3; BVerwG N J W 1977, 2367, 2369; BVerwG N J W 1980, 354 (saisonbedingtes Verkehrsverbot für Kfz in der Kurzone eines Badeortes).

Β. Die Schutzgrenzen des geschützten Gewerbebetriebes

197

sen anzupassen, 1 6 3 aber auch aus dem Gemeingebrauch anderer ergeben. 1 6 4 M i t solchen Beeinträchtigungen muß der Anlieger von vornherein rechnen, er muß sie entschädigungslos in Kauf nehmen, sofern sie das gebotene M a ß nicht übersteigen. 1 6 S Weiter geht sein Rechtstitel nicht. Die Verkehrsbehinderungen durch Straßenarbeiten bleiben aber nur dann in den entschädigungslos hinzunehmenden Grenzen, wenn sie nach Art und Dauer nicht über das hinausgehen, was bei ordnungsmäßiger Planung und Fortführung der Arbeiten mit möglichen und zumutbaren Mitteln sächlicher und persönlicher Art notwendig ist. Bei einer nicht nur unerheblichen Überschreitung dieser Grenze besteht ein Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs. 1 6 6 Der B G H ist der Auffassung, daß auch bei ordnungsgemäß durchgeführten Bauarbeiten zur Modernisierung und Anpassung der Anliegerstraßen an gestiegene Verkehrsbedürfnisse die Grenze zur entschädigungspflichtigen Eigentumsbeeinträchtigung überschritten werden kann, wenn die Arbeiten nach Art und Dauer sich besonders einschneidend, gar existenzbedrohend auf den Anlieger-Gewerbebetrieb ausgewirkt h a b e n . 1 6 7 Hier ist jedoch die „Opfergrenze", mithin die Grenze, bis zu der Beeinträchtigungen vom Eigentümer entschädigungslos hingenommen werden müssen, verhältnismäßig hoch anzusetzen, zumal die Rechtsposition des Anliegers u. a. gerade durch die „Schicksalsverbundenheit" seines Betriebes mit der Straße gekennzeichnet ist. 1 6 8 Anders verhält es sich bei Straßenbauarbeiten, die der Anlage

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167

168

BGHZ 48, 65, 67 = NJW 1967, 1749, 1750 = WM 1967, 721 = DVBl. 1967, 881 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cb GrundG Nr. 14; BGH NJW 1960, 1959 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 16; BGH NJW 1980, 2703, 2704 = WM 1980, 1179 = LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 68 Bl. 2 r. BGHZ 23, 157, 165 = NJW 1957, 630, 631 und dazu Anm. Pagendarm LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 63; BGH LM Art 14 GrundG (Anhang) Nr. 76 = MDR 1958, 587/8. BGH WM 1963, 1100, 1101 = BB 1963, 1196; BGH LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 37 = MDR 1968, 307. BGHZ 57, 359, 362 = NJW 1972, 243, 244 = WM 1972, 77, 78 und dazu Anm. Arndt LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 42; BGH NJW 1965, 1907,1908 = WM 1965, 1023 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 27 = JZ 1965, 641 = DVBl. 1965, 908. BGHZ 57, 359, 365/6 = NJW 1976, 1312, 1313 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 48; BGH WM 1980, 1179, 1180 = NJW 1980, 2703, 2704 = LM Art. 14 Cc Nr. 68 Bl. 2 r/3. BGH LM § 31 WasserhaushaltsG Nr. 3 Bl. 2 r = ZfW 1980, 351 ff = MDR 1980, 39; BVerwG NJW 1977, 2367, 369; BGHZ 83, 61, 65 = NJW 1982, 2179, 2180 = WM 1982, 641, 642.

295

198

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

einer Unterpflasterbahn dienen. Z w a r haben die Arbeiten für eine solche Bahn in der Regel auch Bezug zu der Straße, unter der die B a h n angelegt wird. J e d o c h reicht die Verkehrsbedeutung der Unterpflasterbahn über den Bereich der untertunnelten Straße selbst weit hinaus, und d a d u r c h unterscheiden sich die Arbeiten an diesen Bahnen grundsätzlich von den Modernisierungsarbeiten an der einzelnen betroffenen Straße, die über diese Straße hinaus keine Auswirkungen haben und die bis zu einer verhältnismäßig hoch abzusteckenden „ O p f e r g r e n z e " entschädigungslos hingenommen werden müssen. Bei den Arbeiten an Unterpflasterbahnen muß dementsprechend die „ O p f e r g r e n z e " niedriger angesetzt w e r d e n . 1 6 9

5. Kein Schutz gegen Änderung rein tatsächlicher und rechtlicher Gegebenheiten ohne besonderen Bezug zu dem einzelnen Gewerbebetrieb 296

Der Inhaber eines Gewerbebetriebes kann in seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten mehr oder weniger nachhaltig a b h ä n g i g und beeinflußt sein von allgemeinen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten, innerhalb deren er seine gewerbliche Tätigkeit entfaltet und deren Veränderung sich auf dem Gewerbebetrieb mit seinen wirtschaftlichen Chancen nachteilig auswirken kann. Derartige allgemeine Verhältnisse und Gegebenheiten faktischer und normativer Art können v o m Betriebsinhaber z w a r zu seinen Gunsten genutzt werden, können aber nicht als ihm gehörig der — eigentumsrechtlich allein geschützten — S u b s t a n z seines Betriebes zugeordnet werden. Es fehlt ihnen jeder konkrete und individualisierte Bezug zu einem bestimmten einzelnen Gewerbebetrieb. Mithin kann auch eine Veränderung oder Beseitig u n g derartiger allgemeiner Gegebenheiten nicht einen bestimmten Gewerbebetrieb als konkrete Sach- und Rechtsgesamtheit unmittelbar beeinträchtigen. Denn insoweit wird der Inhaber des Betriebes nicht in seiner von der Eigentumsgarantie erfaßten Rechtsposition, in seinem „ E i g e n t u m " betroffen. Bei den gedachten allgemeinen für den Gewerbebetrieb günstigen Gegebenheiten geht es allein u m Chancen, u m — tatsächliche und rechtliche — M ö g -

169

BGH L M Art. 14 Cf GrundG Nr. 48 = NJW 1976, 1312, 1313; BGH NJW 1977, 1817 = L M Art. 14 Cf GrundG Nr. 51; BGH NJW 1983, 1663 = L M Art. 14 Ef GrundG Nr. 4; BGH NJW 1980, 2703, 2704 = WM 1980, 1179, 1180 = L M Art. 14 Cc Nr. 68; BGHZ 83, 61, 65 = NJW 1982, 2179, 2180 = WM 1982, 641, 642.

199

Β. Die Schutzgrenzen des geschützten Gewerbebetriebes

lichkeiten, die wirtschaftlich ausgenutzt werden k ö n n e n , gegen deren Veränderung der Betriebsinhaber aber rechtlich nicht abgesichert i s t . 1 7 0 D a z u folgende Beispiele aus der Rechtsprechung: Änderung

von

allgemeinen

tatsächlichen

Gegebenheiten:

B G H Z 45,

297

1 5 0 : 1 7 1 K r a b b e n f i s c h e r werden durch den B a u des Elbeleitdammes von einer günstigen Verbindung über See zu ihren Fanggründen abgeschnitten und zu U m w e g e n genötigt; B G H Z 5 5 , 2 6 1 : 1 7 2 D e r I n h a b e r einer G a s t s t ä t t e verliert durch den Bau einer Umgehungsstraße eine günstige Verbindung zu einer Bundeswehrkaserne; B G H Z 4 8 , 5 8 , 6 1 : 1 7 3 D u r c h den B a u einer Umgehungsstraße wird der Verkehr von einer anderen S t r a ß e zum Nachteil der an dieser Straße gelegenen G e w e b e b e t r i e b e abgezogen; B G H L M Art. 14 C b G r u n d G Nr. 2 6 : 1 7 4 Aufhebung einer durch einen öffentlichen Weg vermittelten günstigen Verbindung zwischen zwei zu demselben landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden G r u n d s t ü c k e n ; B G H W M 6 8 , 1 2 8 0 , 1 2 8 2 : 1 7 5 Eindringen von W e t t b e w e r b e r n , die — durch sachlich gerechtfertigte öffentliche Stützungsm a ß n a h m e n — in eine günstigere Wettbewerbslage versetzt worden sind, in das Absatzgebiet eines U n t e r n e h m e r s ; B G H Z 5 0 , 7 3 , 7 6 : 1 7 6 Änderung einer für den Fischfang günstigen Fließgeschwindigkeit eines öffentlichen G e w ä s sers. Änderung allgemeiner rechtlicher Gegebenheiten: B G H N J W 5 3 , 5 8 2 : 1 7 7 Aufhebung einer R e c h t s V O über die Pflichtablieferung pflanzlicher Erzeugnisse; B G H L M Art. 14 C f Nr. 2 2 : 1 7 8 W i d e r r u f einer zur R a f f i n a t i o n tieri170

171 172 173 174 175

176 177 178

BVerfGE 45, 142, 173 = NJW 1977, 2024 = DVB1. 1977, 817 = DÖV 1978, 172; BGHZ 78, 41, 44 = NJW 1980, 2700, 2701 = W M 1980, 1320, 1321 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33 = DVB1. 1981, 383 dazu Anm. Schwabe-, BGHZ 124, 394 = NJW 1 9 9 4 , 1 0 0 6 = W M 1994,1038 = VersR 1994, 565 = LM WasserhaushaltsG § 22 Nr. 28. = N j W 1966, 1120. = N j W 1 9 7 1 ; 605 = W M 1971, 423, 424 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 24 a. = N j W 1 9 6 7 j 1 7 5 2 u n d dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 33; vgl. auch BVerwG VerkBl. 1968, 75. = W M 1975, 834. dazu auch BVerfGE 11, 192, 203 = NJW 1960, 1659 = DVBl. 1960, 596; BVerwGE 17, 314 = NJW 1964, 2075 = J Z 1964, 452 = DVBl. 1964, 954 = DÖV 1965, 740; BVerwGE 39, 329, 337 = GewArch 1972, 201 = BaWüVBl 1972, 105. = N j W 1 9 6 8 ) 1284. = LM § 75 Einl.PreußALR Nr. 2. = MDR 1964, 301 = BB 1964, 196.

298

200

4. Teil. Die verfassungsmäßigen Schutzgrenzen

scher Fette mit N a t r o n l a u g e und W a s s e r d a m p f erteilten A u s n a h m e g e n e h m i gung; B G H N J W 6 4 , 7 6 9 : 1 7 9 D u r c h Gesetzesänderung verursachte Eins c h r ä n k u n g der Herstellung und Vermietung von M ä r c h e n f i l m e n ; B G H Z 4 5 , 8 3 : 1 8 0 Herabsetzung des Schutzzolles für K n ä c k e b r o t , die sich nachteilig für die inländischen K n ä c k e b r o t h e r s t e l l e r auswirkte; B G H N J W 6 8 , 2 9 3 : 1 8 1 Änderung gesetzlicher B e s t i m m u n g e n über die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen; B G H Z 7 8 , 4 1 , 4 4 / 5 : 1 8 2 Verbot der Straßenbenutzung zu innerörtlichen reinen Werbefahrten; B G H Beschl. v o m 12. 6. 1 9 8 0 - III Z R 3 9 / 7 9 : 1 8 3 Änderung der Bestimmungen über die Einfuhr von frischem Fleisch von wildlebenden C a r i b o u s ; B G H Beschl. vom 12. 6. 1 9 8 0 - III Z R 7 5 / 7 9 : 1 8 4 Änderung einer für den Gewerbetreibenden günstigen steuerrechtlichen L a g e . 299

In allen diesen Fällen h a b e n die Betroffenen auf G r u n d der M a ß n a h m e n der öffentlichen H a n d Nachteile erlitten; sie sind aber nicht in ihrem Eigentum beeinträchtigt w o r d e n . Es geht lediglich um die Auswirkungen der allgemeinen Unternehmerrisiken, die nichts anderes sind als die Kehrseiten der allgemeinen C h a n c e n , die sich für die gewerbliche Betätigung bieten und die ausgenutzt werden k ö n n e n , deren Änderung aber keine entschädigungsrechtliche Relevanz h a t . 1 8 5

300

Anderes k a n n nur gelten, wenn von h o h e r H a n d für den U n t e r n e h m e r — e t w a durch Zusicherungen, Genehmigungen oder bestimmte Aufträge — ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, a u f G r u n d dessen er sich d a r a u f verlassen darf, d a ß bestimmte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse — zumindest für einen gewissen Z e i t r a u m — nicht verändert werden, und wenn er dadurch zu b e s t i m m t e n Investitionen oder sonstigen betrieblichen Aufwendungen veranlaßt w o r d e n i s t . 1 8 6 In diesen Fällen kann = LM JugendschutzG Nr. 1. 180 = N j W 1 9 6 6 j 8 7 7 = W M 1 9 6 6 ; 7 0 8 > 7 1 0 ; s. dazu auch bereits BGH NJW 1953, 582 = LM § 75 EinlPreußALR Nr. 2 Bl. 2 r / 3 . 181 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 36 = W M 1968, 544 = J Z 1968, 130. 182 = N j W 1 9 8 0 ) 2700, 2701 = W M 1980, 1320, 1321 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33 = DVB1. 1981, 383 mit Anm. Schwabe. 1 8 3 Nicht veröffentlicht. 1 8 4 Nicht veröffentlicht. 1 8 5 Vgl. BGH NJW 1968, 2140, 2141 = LM § 839 Ca BGB Nr. 18; BGHZ 78, 41, 4 6 / 7 = NJW 1980, 2700, 2701 = W M 1980, 1320, 1321 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33 = DVBl. 1981, 383 mit Anm. Schwabe. 1 8 6 BGHZ 45, 83, 8 7 / 8 = NJW 1966, 877, 878 = W M 1966, 708, 710; BGH NJW 1968, 293, 294 = W M 1968, 544 = J Z 1968, 130 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 36 Bl. 2; BGHZ 78, 41, 45 ff = NJW 1980, 2700, 2701 = W M 1980, 1320, 1321/2 und dazu Anm. Krohn LM Art. 14 Cc GrundG Nr. 33 Bl. 2 r = DVBl. 1981, 383 mit Anm. Schwabe. 179

Β. Die Schutzgrenzen des geschützten Gewerbebetriebes

201

eine bestimmte tatsächliche oder rechtliche Gegebenheit der geschützten Substanz eines bestimmten Betriebes zuwachsen, so daß eine entgegen der in dem Unternehmer genährten Erwartung vorgenommene Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Situation, auf die der Betrieb sich eingerichtet hat und einrichten durfte, einen Entschädigungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs in den Gewerbebetrieb auslösen kann, wenn durch die Änderung Investitionen, Entwicklungskosten, Personalaufwand pp. nutzlos werden. Siehe dazu B G H Z 25, 266: 1 8 7 Entschädigung für einen technischen Überwachungsverein, dem zunächst bestimmte Kompetenzen übertragen, später aber durch gesetzliche Neuregelung wieder genommen wurden, nachdem der Staat selbst durch die Kompetenzübertragung auf Einrichtung eines kostspieligen, personellen und sachlichen Überwachungsapparates durch den Verein hingewirkt hatte, der nach der gesetzlichen Neuregelung nutzlos wurde.

187

Pagendarm N j W 1 9 5 7 ) 1927, 1928 = BB 1957, 1159, 1160 und dazu Anm. LM Art. 14 GrundG (Anhang) Nr. 66; BGH LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 22 = MDR 1964, 301 = BB 1964, 196.

=

C. Die Schutzgrenzen bei Miet- und Pachtrechten 301

Bei Eingriffen von hoher Hand in Miet- und Pachtrechte und damit bei der Frage, ob und inwieweit in die als Eigentum geschützte Rechtsposition eines Mieters oder Pächters eingegriffen worden ist, muß in besonderer Weise beachtet werden, daß nicht entscheidend ist, ob der Mieter oder Pächter rein tatsächlich Nachteile erlitten hat, daß es vielmehr allein darauf ank o m m t , o b und inwieweit ihm auf Grund einer solchen als „Eingriff" zu wertenden M a ß n a h m e Nachteile zugefügt worden sind, gegen die er rechtlich abgesichert war. Wenn ζ. B. bebaute Grundstücke und die für diese Grundstücke bestehenden Mietverhältnisse förmlich enteignet werden, dann muß hinsichtlich der Mietverhältnisse für die Frage nach dem Umfang des „Eingriffs" und damit auch für die Frage des Verlaufs der Schutzgrenzen ganz außer acht bleiben, wie lange die Mietverhältnisse ohne die durch die Enteignung erfolgte vorzeitige Aufhebung rein tatsächlich noch bestanden haben würden. Es k o m m t ausschließlich darauf an — und hier zeigt sich besonders die Schwäche der Rechtsposition des Mieters gegenüber der des vermietenden Grundeigentümers —, welche Dauer rechtlich abgesichert w a r . 1 8 8 Die Rechtsposition eines Mieters und Pächters als „Eigentümer" ist von vornherein rechtlich dadurch bestimmt und begrenzt, daß das Mietoder Pachtverhältnis — vom Eingreifen besonderer gesetzlicher Schutzvorschriften abgesehen — 1 8 9 unter Wahrung der vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fristen gekündigt werden kann, ohne daß für die Ausübung des Kündigungsrechts durch den Vermieter oder Verpächter besondere sachliche Voraussetzungen vorzuliegen brauchen. Selbst wenn davon auszugehen ist, daß das Miet- oder Pachtverhältnis ohne das Eingreifen der öffentlichen Hand von dem Vermieter (Verpächter) tatsächlich nicht gekündigt, sondern

188

S. insbes. B G H Z 123, 166, 1 6 9 ff = N J W 1 9 9 3 , 3 1 3 1 = VersR 1 9 9 3 , 1533

=

W M 1 9 9 3 , 2 0 9 5 = L M Art. 14 Ch GrundG Nr. 4 1 . 189

Der gesetzliche Mieter- und Pächterschutz bildet nicht eine selbständige Rechtsposition, die als solche durch die Eigentunisgarantie geschützt werden könnte, sondern es werden insoweit lediglich vertragliche Rechte der Mieter und Pächter verstärkt; s. BVerfGE 18, 121, 131 = N J W 1 9 6 4 , 1 8 4 8 .

C. Die Schutzgrenzen bei Miet- und Pachtrechten

203

weiter fortgesetzt worden wäre, ist das eigentumsrechtlich ohne Bedeutung, da es insoweit allein um tatsächliche Aussichten und Chancen geht, die für die Rechtsstellung des Mieters oder Pächters nicht Entscheidendes besa-

190

BGHZ 50, 284, 289, 290 = N J W 1968, 1925 mit abl. Anm. Kastner, NJW 1968, 2058, mit zust. Anm. Rüdiger Reinhardt, N J W 1969, 268 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 A GrundG Nr. 43; BGH LM Art. 14 Bb GrundG Nr. 41 = W M 1969, 635; BGH LM § 86 BBauG Nr. 1 = N J W 1972, 528, 529; BGHZ 59, 250, 256 ff = N J W 1973, 47 = DÖV 1973, 103 = LM ErgG/RSiedlG Nr. 4; BGHZ 83, 1 , 4 = N J W 1982, 2181, 2182 = W M 1982, 517 und dazu Anm. Kreft LM § 86 BBauG Nr. 4.

5. Teil Entschädigung und Rechtsweg

Α. Die Entschädigung für „förmliche Enteignungen" und sonstige relevante Eigentumsbeeinträchtigungen I. Entschädigungsberechtigte Daß die Entschädigung dem zusteht, in dessen als „Eigentum" geschützte 3 0 2 Rechtsposition enteignend eingegriffen worden ist, steht weiterhin außer Frage. Außerdem ist praktisch unbestritten, daß nicht derjenige berechtigt ist, für den die hoheitliche Maßnahme sich zwar nachteilig ausgewirkt hat, in dessen Eigentum aber nicht eingegriffen wurde. Wird das von der hoheitlichen Maßnahme betroffene Recht (Rechtsposition) auf einen anderen übertragen, bleibt es dabei, daß damit nicht auch ohne weiteres der durch diese Maßnahme ausgelöste Entschädigungsanspruch mit übergeht. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die der Übertragung zugrundeliegende rechtsgeschäftliche Abmachung erkennen läßt, daß der Entschädigungsanspruch mitübertragen werden sollte. 1 In einer Entscheidung vom 6. 4. 1995 2 hat der B G H offengelassen, ob 3 0 3 dann, wenn in Grundeigentum eingegriffen worden ist und das Grundstück zwangsversteigert wird, der Entschädigungsanspruch aufgrund der Zuschlagswirkung vom letzten Eigentümer auf den Ersteher übergeht. O b diese Frage zu bejahen ist, erscheint mir sehr zweifelhaft und auch der B G H hat in der genannten Entscheidung diese Auffassung als „eher fernliegend" angesehen.

II. Entschädigungsverpflichtete In der Frage, wer die Entschädigung schuldet, wird ebenfalls die bisher 3 0 4 eingeschlagene Richtung kontinuierlich weitergeführt. Dementsprechend richtet sich der Entschädigungsanspruch nach wie vor — mangels Sonderregelungen in einschlägigen Gesetzen — gegen den durch die hoheitliche Maßnahme „begünstigten", nicht gegen den — zwar meistens mit ihm identi-

1

2

Hierzu hat der B G H in B G H Z 93, 165, 170 = R d L 1985, 124 auf die Regeln verwiesen, die er dazu im Urteil N J W 1978, 941, 942 f = W M 1978, 520 entwikkelt hat. B G H W M 1995, 1195, 1196.

208

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

sehen — „eingreifenden" H o h e i t s t r ä g e r (so auch jetzt in § 9 4 A b s . 2 Satz 1 B a u G B wie vorher in § 9 4 Abs. 2 Satz 1 B B a u G ausdrücklich vorgesehen). Als Begünstigte k o m m e n , wie bisher, in aller Regel der Staat und die G e m e i n d e n als G e b i e t s k ö r p e r s c h a f t e n mit sog. Allzuständigkeit in B e t r a c h t und nur ausnahmsweise auch Vermögensträger mit einem durch ihre Spezialfunktion begrenzten Aufgabenkreis — D e i c h v e r b a n d ,

Landwirtschafts-

k a m m e r pp. —, wenn die eingreifende M a ß n a h m e gerade der Erfüllung ihrer Spezialaufgaben dient. D i e Begünstigung einer Stelle der öffentlichen H a n d ist bereits dann gegeben, wenn die eingreifende M a ß n a h m e der Erfüllung einer dieser Stelle obliegenden A u f g a b e gedient hat, ihr insbesondere eine A u f g a b e a b g e n o m m e n worden ist, die sie ohne den „ E i n g r i f f " mit eigenen M i t t e l n noch zu bewältigen gehabt h ä t t e . 3 D a b e i k o m m t es aber nicht d a r a u f an, welchen Aufgaben und Z w e c k e n die eingreifende Stelle mit ihrer M a ß n a h m e dienen wollte. Entscheidend ist vielmehr allein, welcher Stelle die maßgebliche Aufgabe o b j e k t i v von der R e c h t s o r d n u n g zugewiesen worden ist. 305

Nicht erforderlich ist, d a ß der begünstigten Stelle durch die M a ß n a h m e ein k o n k r e t e r Vorteil erwachsen ist. J e d o c h m a c h t die Erlangung eines k o n kreten Vorteils für eine bestimmte Stelle der öffentlichen H a n d diese auch zu einer „ b e g ü n s t i g t e n " , so d a ß mehrere begünstigte Stellen in B e t r a c h t k o m men k ö n n e n : Eine Stelle kann begünstigte sein, weil die eingreifende M a ß n a h m e der Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe diente, eine andere, weil ihr ein k o n k r e t e r Vorteil erwachsen ist. M e h r e r e Begünstigte haften als G e samtschuldner. Grundsätzlich k o m m t es nicht d a r a u f an, o b die durch die eingreifende

306

M a ß n a h m e begünstigte Stelle der M a ß n a h m e zugestimmt hat oder nicht. D i e in der Entscheidung v o m 7. 12. 1 9 5 9 4 offengelassene Frage, o b etwas anderes gilt, wenn die eingreifende M a ß n a h m e gegen den Willen der begünstigten Stelle erfolgt ist, hat der B G H — soweit ich feststellen k o n n t e — bisher n o c h nicht entschieden. Persönlich neige ich dazu, diese Frage dann zu b e j a h e n , wenn die handelnde Stelle gegen den auch ihr gegenüber ausdrücklich erklärten Willen der begünstigten Stelle die eingreifende

Maß-

n a h m e getroffen h a t .

3

4

Vgl. BGHZ 60, 126, 143 und dazu Anm. Kreft LM Art. 14 Ch GrundG Nr. 27 = NJW 1973, 623 = DVB1. 1973, 627 ff mit Anm. Schmidt-Aßmann = W M 1973, 416, 422. BGH W M 1960, 410, 412.

Α. Die Entschädigung für Eigentumsbeeinträchtigungen

209

Während bei einer rechtmäßigen eingreifenden Maßnahme auch ein Privater begünstigt sein kann, kann bei einem rechtswidrigen Eingriff nur eine Stelle der öffentlichen Hand „begünstigt" sein. Das gilt selbst dann, wenn bei Rechtmäßigkeit der Maßnahme ein Privater als Begünstigter entschädigungspflichtig sein würde. 5 Die in dem Urteil vom 26. 4. 1979 6 offengebliebene Frage, ob bei rechtswidrigen Eingriffen neben dem Begünstigten auch der eingreifende Hoheitsträger entschädigungspflichtig ist, wartet ebenfalls noch auf Entscheidung. Persönlich möchte ich diese Frage bejahen.

5 6

BGHZ 40, 49, 53 = NJW 1963, 1915 = WM 1963, 1098. BGH NJW 1980, 387 = WM 1979, 1123, 1124 = DÖV 1979, 867.

Β. Rechtliche Grundlagen und Sinn und Zweck der Entschädigung* I. Rechtliche Grundlagen der Entschädigung 307

Bei „echten Enteignungen" wird die rechtliche Grundlage für die Entschädigung gebildet von dem jeweils nach M a ß g a b e des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 G G zu erlassenden Enteignungsgesetz, das zugleich Art und Ausmaß der Entschädigung zu regeln und unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen hat. Bei anderen relevanten Eigentumsbeeinträchtigungen als förmlichen Enteignungen ist die rechtliche Grundlage der Entschädigungspflicht in der allgemeinen verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie zu sehen, wie oben (siehe Rdn. 99 ff) dargelegt worden ist. Die „Abwägung", wie sie nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 und ist, fordert nicht, daß dem betroffenen Eigentümer stets der ihm Entzogenen zu ersetzen wäre. Vielmehr kann sich als solchen Abwägung auch eine (Geld-) Entschädigung ergeben, vollen Ersatz liegt.

308

2 G G geboten volle Wert des Ergebnis einer die unter dem

Grundsätzlich ist die Entschädigung in Geld zu leisten und sie kann auch grundsätzlich nur in Geld verlangt werden. 7 Doch kann der Gesetzgeber auch eine andere Art der Entschädigungsleistung vorsehen, etwa einen Anspruch auf Bereitstellung von geeignetem Ersatzland 8 (§ 100 B a u G B ; 9 § 23 Abs. 1 StädtebauförderungsG; § 2 2 LandBeschG) oder einen „Übernahmeanspruch" ( § 4 0 Abs. 2 B a u G B ; 1 0 § 5 6

* Vgl. im einzelnen Aust! Jacobs,

Die Enteignungsentschädigung 4. Aufl.; Kr eft in

W M 1 9 8 2 , Sonderbeilage 7 und in W M 1 9 8 5 , Sonderbeilage 6;

Schwager/Krohtt

W M 1 9 9 1 , 3 3 ; Krohtt, Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung 1 9 9 3 . 7

BGH W M 1983, 507, 508.

8

Z u r Abfindung in Land im Rahmen einer sog. Unternehmensflurbereinigung vgl. B G H Z 86, 2 2 6 , 2 2 9 / 3 0 = W M 1 9 8 3 , 5 0 8 , 5 0 9 = N J W 1 9 8 3 , 1 6 6 1 .

9 10

dazu B G H R d L 1 9 8 4 , 2 5 8 ff. Hierzu hat der B G H in B G H Z 9 3 , 165, 1 7 0 / 1 = R d L 1 9 8 5 , 124 entschieden, daß der Eigentümer den Übernahmeanspruch nur geltend machen kann, wenn er gerade diesem wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das betroffene Grundstück zu behalten, und daß es nicht genügt, daß die wirtschaftliche Unzumutbarkeit lediglich in der Person eines Rechtsvorgängers vorlag.

Β. Rechtliche Grundlagen; Sinn und Zweck der Entschädigung

211

S t ä d t e b a u f ö r d e r u n g s G ; § 9 PreußEnteignG; § 8 A b s . 3 N d S E n t e i g n G ; 1 1 § 4 H a m b . HafenerweiterungsG). Grundsätzlich muß es auch jetzt dabei bleiben, d a ß dem Betroffenen — soweit die einschlägigen Gesetze nicht etwas anderes bestimmen — für d a s entzogene oder sonstwie beeinträchtigte Recht „voller E r s a t z " zu leisten ist. Dieser bestimmt sich nach d e m (u. a. g e m ä ß § 18 Abs. 1 L a n d B e s c h G zu ersetzenden) „gemeinen Wert". Der wiederum entspricht d e m „Verkehrsw e r t " (siehe § 95 A b s . 1 B a u G B ) , der g e m ä ß § 194 B a u G B durch den Preis bestimmt wird, der im maßgebenden Zeitpunkt gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften und der sonstigen Beschaffenheit des betroffenen O b j e k t s (bei Grundstücken insbesondere auch der Lage) ohne Rücksicht auf ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse zu erzielen w ä r e . 1 2 Es ist jedoch nicht in jedem Fall dieser „Wert für j e d e r m a n n " 1 3 maßgebend, sondern entscheidend bleibt der d e m betroffenen Objekt für den gegenwärtigen Inhaber z u k o m m e n d e Wert, wenn auch ein d a r ü b e r hinausgehender „Liebh a b e r w e r t " unberücksichtigt bleiben m u ß . 1 4 Dieser Wert entspricht d e m U m f a n g nach der angemessenen Entschädigung, wie sie für „ E n t e i g n u n g e n " nach M a ß g a b e des Art. 14 Abs. 3 G G zu bestimmen i s t . 1 5 Ebenfalls ist weiter d a v o n auszugehen, d a ß bei Sachbeschädigungen auch ein „merkantiler M i n d e r w e r t " ersatzfähig ist. 1 6

II. Sinn und Zweck der Entschädigung Hierzu geht der B G H nach wie vor von der „ A u s g l e i c h s f u n k t i o n " der 3 0 9 Entschädigung aus (s. dazu oben R d n . 89). Während es beim Schadensersatz d a r u m geht, d a s schädigende Ereignis wirtschaftlich ungeschehen zu machen, mithin die Vermögenslage herzustellen, wie sie ohne d a s schädigende Ereignis bestehen würde, hat die Entschädigung die A u f g a b e , den Betroffe-

11 12

13 14

15 16

S. dazu BGH WM 1980, 251, 252. BGH L M Art. 14 Ea GrundG Nr. 72 = WM 1975, 275, 276; BGH WM 1979, 314, 315; BGH WM 1982, 988. S. dazu B G H Z 90, 243 = WM 1984, 708, 710. BGH NJW 1977, 1725 = WM 1977, 1059, 1063; BGH WM 1978, 859, 851 betr. die Bewertung von „Vorratsgelände". Vgl. - das nicht veröffentlichte - Urt. vom 3. 3. 1983 - III 115/81 - , S. 5. BGHZ 83, 61, 68 = NJW 1982, 2179 = WM 1982, 641 , 643; s. auch BGH NJW 1981, 1663 = VersR 1981, 65 = WM 1981, 724, 725.

212

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

nen einen Wertausgleich für die Vermögenseinbuße zu gewähren, die er durch die Einwirkungen von hoher Hand auf sein „Eigentum" (seine als Eigentum geschützte Rechtsposition) erlitten hat. 1 7 Somit muß auch weiterhin die Höhe der Entschädigung allein an dem Wert des dem Betroffenen „Genommenen", des ihm „Abverlangten" ausgerichtet werden. 1 8 Die Entschädigung muß dementsprechend das Genommene wertmäßig „aufwiegen". 1 9 Ist das aber so, dann darf die Art der Verwendung der Entschädigung keinen Einfluß auf ihre Höhe haben. 2 0

17 18

19

20

U. a. BGH NVwZ 1983, 118 = LM SchutzbereichG Nr. 4. So ausdrücklich BGHZ 83, 1, 5 = W M 1982, 517, 519; BGHZ 91, 243, 257 = NJW 1984, 2216 und dazu Anm. Engelhardt LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 68; s. auch BGHZ 91, 20, 30 = W M 1984, 787, 790 = NJW 1984, 1876 = JZ 1984, 741 dazu Anm. Ossenbühl = LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 32 = DVB1. 1984, 624. BGHZ 59, 250, 258/9 = NJW 1973, 47 und dazu Anm. Kreft LM ErgG/RSiedlG Nr. 4 = DÖV 1973, 103. BGHZ 65, 253, 259 = NJW 1976, 232, 233.

C. Höhe der Entschädigung I. Allgemeine Grundsätze der Entschädigungsbemessung Aus dem Sinn und Z w e c k der Entschädigung, nämlich dem Betroffenen das ihm „ G e n o m m e n e " w e r t m ä ß i g auszugleichen, ergibt sich für die Festsetzung der H ö h e der Entschädigung folgendes: Z u n ä c h s t stellt sich die Frage, was dem Betroffenen g e n o m m e n wurde, die gleichbedeutend ist mit der Frage nach dem M a ß der Rechtsbeeinträchtigung, die der Betroffene erfahren hat. D e n n der B G H hat auch weiterhin mit N a c h d r u c k i m m e r wieder b e t o n t , d a ß von einer „ E n t e i g n u n g " oder von einer sonstigen entschädigungsrechtlich

relevanten

Eigentumsbeeinträchtigung

nur die R e d e

sein

k a n n , wenn und soweit j e m a n d in seiner als Eigentum geschützten R e c h t s p o sition betroffen worden ist, die Entschädigung deshalb auch allein an dem M a ß und dem U m f a n g ausgerichtet werden k a n n , die der B e t r o f f e n e in dieser seiner Rechtsposition hat hinnehmen müssen. Dieser für die Entschädigungsbemessung w o h l bedeutsamste G r u n d s a t z ist vom B G H immer klarer herausgestellt w o r d e n . 2 1 D e r B G H hält auch weiter daran fest, d a ß der auf vollen Wertausgleich gerichtete Entschädigungsanspruch wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung von h o h e r H a n d voraussetzt, d a ß eine bestimmte „ O p f e r g r e n z e " („Toleranzgrenze") überschritten ist und eine Entschädigung nur für den diese O p f e r grenze überschreitenden Teil der Beeinträchtigung in B e t r a c h t k o m m t . 2 2 Aus dem G r u n d s a t z , d a ß allein dem eine Entschädigung zusteht, in dessen als Eigentum geschützte Rechtsposition „ e n t e i g n e n d " eingegriffen worden ist (vgl. R d n . 3 0 2 ) , ergibt sich für die Entschädigungsbemessung folgendes: Inhaber von als Eigentum geschützten Rechtspositionen werden vielfach durch eine hoheitliche M a ß n a h m e teils in ihrer Rechtsposition betroffen, teils aber

21

22

U. a. W M 1983, 995, 996 = LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 118; BGHZ 92, 34, 41 = W M 1984, 1517, 1518 = NJW 1984, 2516 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 57; dazu auch Krohtt in Festschrift Geiger, S. 477 ff. S. dazu BGHZ 80, 11, 117 = NJW 1981, 2114 = VersR 1981, 573 = DVB1. 1981, 924, wo besonders betont ist, daß bei der Bestimmung der Opfergrenze der Garantiegehalt des Art. 14 Abs. 1 GrundG nicht außer acht gelassen werden dürfe; s. auch BGH NJW 1983, 1663 = LM Art. 14 Ef GrundG Nr. 4.

310

214

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

b e k o m m e n sie — darüber hinaus — rein tatsächliche nachteilige A u s w i r k u n gen dieser M a ß n a h m e zu spüren, die jedoch entschädigungsrechtlich irrelevant sind. In diesen Fällen einer „ G e m e n g e l a g e " von entschädigungsrechtlich beachtlichen (relevanten) und unbeachtlichen Schädigungsfaktoren dürfen nach gefestigter Rechtsprechung allein die entschädigungsrechtlich beachtlichen Faktoren in die Entschädigungsberechnung mit e i n f l i e ß e n . 2 3

II. Vorteilsausgleichung und Mitverursachung 1. Vorteilsausgleichung 311

D e r B G H hält weiter daran fest, d a ß das auf dem G r u n d s a t z von Treu und G l a u b e n im Geschäftsverkehr beruhende G e b o t der Vorteilsausgleichung über das Schadensersatzrecht hinaus Beachtung gebietet. E r läßt daher die Vorteilsausgleichung nicht nur in den Fällen, in denen sie in einschlägigen Gesetzen ausdrücklich vorgesehen ist (§ 93 Abs. 3 B a u G B ; § 17 Abs. 2 L a n d B e s c h G ; § 3 2 BundesleistungsG; § 13 Abs. 1 S c h u t z b e r e i c h s G ; u. a.), sondern ganz allgemein bei der Bemessung der Entschädigung für Eigentumsbeeinträchtigungen zur A n w e n d u n g k o m m e n . 2 4

2. Mitverursachung 312

N a c h wie vor ist die — schuldhafte — M i t v e r u r s a c h u n g entschädigungsmindernd zu b e r ü c k s i c h t i g e n , 2 5 und zwar auch bei der Verwirklichung des Schädigungstatbestandes s e l b s t . 2 6 23 24

25 26

BGH W M 1983, 995, 996. BGHZ 91, 243, 260 = NJW 1984, 2216 dazu Anm. Engelhardt LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 68 betr. den Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff; BGH LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 118 = W M 1983, 995, 997 betr. sog. vorgeschobenes Hinterland; BGH W M 1982, 434, 435 betr. Vorteilsausgleichung im Rahmen von Umlegungsverfahren (§ 57 Sätze 4, 5 BBauG, jetzt § 57 Sätze 4, 5 BauGB); BGHZ 93, 103 = W M 1985, 762 betr. Einsparung von Vermessungskosten als Umlegungsvorteil. Zu den Besonderheiten, die für „Sanierungsgebiete" (§ 5 StBauFG) und „Entwicklungsbereiche" (§ 53 Abs. 1 StBauFG) zu gelten haben, s. BGHZ 72, 51, 52 = W M 1978, 1102; ferner BGHZ 77, 338, 3 4 3 / 9 = W M 1980, 1202, 1205; aber auch BGHZ 89, 338, 341, 342 = W M 1984, 571, 572. S. dazu ganz allgemein BGHZ 96, 1 = WM 1986, 1008. BGHZ 90, 17, 3 1 / 2 = WM 1984, 273, 276 = NJW 1984, 1169 = DVB1. 1984,

C. Höhe der Entschädigung

215

Ebenfalls hält der B G H an seiner A u f f a s s u n g fest, d a ß bei Schädigungen von Grundstücken deren schadensanfällige L a g e und (oder) Beschaffenheit die A n w e n d u n g des § 254 B G B und damit eine Minderung oder gar den Ausschluß von Entschädigungsansprüchen rechtfertigen k a n n . 2 7

III. Ersatz für sogenannte Folgeschäden Z u der Frage der Entschädigung für Folgeschäden liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des B G H vor, die auf folgenden E r w ä g u n g e n beruht. Schädigende Eingriffe in als Eigentum geschützte Rechtspositionen gehen vielfach nicht isoliert und nicht ohne Auswirkungen auf andere Sachen und Rechte oder doch nicht ohne sonstige finanzielle Nachteile für den Betroffenen vor sich. Eine sachgerechte und angemessene Entschädigung muß deshalb auch derartige Auswirkungen und Nachteile mit abgelten.

313

Es geht dabei u m einen allgemeinen G r u n d s a t z des Entschädigungsrechts, der in verschiedenen gesetzlichen Spezialbestimmungen (s. § 8 A b s . 2 PreußEnteigG; § 19 L a n d B e s c h G ; § 96 B a u G B u. a.) seinen Niederschlag gefunden hat. D a indes nicht alle Nachteile, die den Betroffenen wegen der sein „Eigent u m " beeinträchtigenden M a ß n a h m e n erwachsen können, auch ersatzfähig sind, entsteht für die Praxis die schwierige Frage, welche Nachteile als ersatzfähige „ F o l g e s c h ä d e n " zu werten und wie sie zu entschädigen sind. Die Rechtsprechung des B G H zu diesem F r a g e n k o m p l e x hat sich — offenbar als überzeugend — durchgesetzt; jedenfalls liegen dazu aus neuerer Zeit nur wenige Entscheidungen vor. N a c h der Rechtsprechung des B G H 2 8 sind unter den — ersatzfähigen — 3 1 4 „ F o l g e s c h ä d e n " nur solche Nachteile zu verstehen, die für den Betroffenen zu der Substanzeinbuße a m Eingriffsobjekt selbst ohne dingliche Wertbeziehung zu diesem als erzwungene und unmittelbare Folge der Beeinträchtigung noch hinzutreten und die deshalb den dem Betroffenen Abverlangten noch hinzugerechnet werden müssen. Es geht dabei in der Regel u m persönlich-

27

28

391; zur Schadensminderungspflicht als besonderer Form schuldhafter Mitverursachung s. BGH NJW 1983, 1163 = L M Art. 14 Ef GrundG Nr. 4. BGH L M § 839 Fe (BGB) Nr. 74 = DVB1. 1983, 1055, 1058; BGH VersR 1985, 492, 494 = LM S 839 Fe (BGB) Nr. 85 = NVwZ 1986, 176. B G H Z 118, 59 = NJW 1992, 2096 = WM 1992, 1327 = VersR 1992, 967.

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

216

keitsbezogene individuelle Nachteile, die nicht für jeden Betroffenen entstehen, sondern nur im Einzelfall als erzwungene und unvermeidbare Folge der Beeinträchtigung in Erscheinung treten. M a n denke etwa an die Kosten für einen nach der Enteignung eines H a u s g r u n d s t ü c k s notwendig werdenden Umzug.

IV. Einheitlichkeit der Entschädigung 315

Der B G H geht auch weiterhin von der „Einheitlichkeit" des Entschädigungsanspruchs a u s . 2 9 Einheitlichkeit bedeutet jedoch nicht „Unteilbarkeit", so daß auch ein Teilbetrag eingeklagt und dementsprechend auch ein Teilurteil erlassen werden kann. Die „Einheitlichkeit" setzt v o r a u s , d a ß es u m ein und denselben Eingriff in ein und dasselbe (Eingriffs-) Objekt geht. Insoweit sind die einzelnen Schadensposten und Berechnungsansätze (wie G r u n d und Boden, entstehende G e b ä u d e , A u f w u c h s etc.) nicht rechtlich selbständige Einzelposten, die einzeln abgetreten oder einzeln zum G e g e n s t a n d einer Feststellungsklage gemacht werden könnten. Diese Rechtsprechung 13. 1. 1 9 8 3 . 3 0

wird

bestätigt

durch

einen

Beschluß

vom

V. Zur Methode der Entschädigungsfestsetzung 316

Der B G H läßt nach wie vor für die Ermittlung des Wertes der Einbuße, die der Betroffene erlitten hat, § 2 8 7 Z P O a n w e n d b a r s e i n . 3 1 Er weist indes immer wieder d a r a u f hin, d a ß die „ S c h ä t z u n g " , die der Tatrichter nach dieser B e s t i m m u n g vorzunehmen hat, der Wirklichkeit möglichst nahe k o m m e n muß, so daß er deshalb alle Tatsachen, die die G r u n d l a g e für die A u s ü b u n g seines Ermessens abgeben sollen, nach § 2 8 6 Z P O festzustellen und ihre Auswertung im Urteil darzulegen h a t . 3 2

29 30 31

32

S. hierzu B G H Z 65, 253, 255 = NJW 1976, 232. Beschl. v. 13. 1. 1983 - III ZR 85/82 - , S. 3. BGH WM 1983, 997, 998; B G H Z 90, 243 = WM 1984, 708, 709; BGH NJW 1986, 2424 = VersR 1987, 380 = RdL 1986, 158. S. dazu B G H Z 83, 61, 66 = WM 1982, 641, 642/3; BGH WM 1983, 997, 998; BGH WM 1984, 708, 709.

C. H ö h e der Entschädigung

217

Die vom Tatrichter nach § 287 Z P O vorgenommene Wertermittlung kann vom Revisionsgericht nur beschränkt nachgeprüft werden und zwar nur dahin, ob sie auf grundsätzlich falschen Erwägungen beruht und (oder) ob dabei entscheidungserhebliche Tatsachen außer acht gelassen wurden. Trotz dieser nur beschränkten Nachprüfbarkeit hat der B G H nach wie vor wiederholt Anlaß gesehen, die vom Tatrichter gemäß § 287 Z P O getroffenen Entscheidungen als rechtsfehlerhaft aufzuheben. 3 3 In seiner neueren Rechtsprechung läßt der B G H die Bestimmungen des § 287 Z P O nicht nur für die rein ziffernmäßige Ermittlung der Entschädigung, sondern außer für die „ Q u a l i t ä t " des Zugriffsobjekts als eines Elementes der Schadenshöhe auch für die sog. haftungsausfüllende Kausalität maßgeblich sein, mithin im Entschädigungsrecht für die Frage des Ursachenzusammenhangs zwischen der Eigentumsbeeinträchtigung (dem „Eingriff") und dem Schaden. 3 4 Eine bestimmte Methode der Wertermittlung — etwa Vergleichswert-, 3 1 7 Sachwert- oder Verkehrswertmethode — hält der B G H auch nach weiterer Rechtsprechung rechtlich nicht für geboten. Aber er betont immer wieder, daß die verschiedenen Ermittlungsmethoden nicht Selbstzweck, sondern immer nur Mittel sind zu dem Zweck, den festzustellenden Wert möglichst richtig zu bestimmen. 3 5 In der Auswahl der Bewertungsmethoden sind Behörden und Tatrichter grundsätzlich frei. Jedoch ist es eine Rechtsfrage, ob die gewählte Methode das Wertbild etwa „verzerrt". 3 6 Die Vergleichswertmethode hat sich — vor allem bei der Bewertung von Grundstücken — als durchweg einfachste und zuverlässigste ergeben; Vor-

33

34 35 36

B G H Z 89, 338, 347/8 = W M 1984, 571, 573: Es ist rechtsfehlerhaft, wenn der Tatrichter bei seiner Wertermittlung von der Preisentwicklung in einem größeren Bereich und nicht dem unter Beweis gestellten Vorbringen nachgegangen ist, daß die Preisentwicklung in dem maßgeblichen engeren Bereich erheblich anders verlaufen sei; B G H N J W 1992, 2880 = W M 1992, 2029 = R d L 1992, 266: Hier hat der B G H es als rechtsfehlerhaft bezeichnet, daß der Tatrichter bei der Bewertung eines villenähnlichen Grundstücks mit Park und altem Baumbestand allein die örtliche Kaufpreissammlung ausgewertet hat, die aber einen derartigen Verkaufsfall nicht enthielt. Urt. v. 29. 3. 1984 - III Z R 16/83 - . B G H , Urt. v. 14. 10. 1982 - III Z R 120/81 B G H W M 1983, 997, 998.

218

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

aussetzung ihrer Anwendung ist jedoch, daß wirklich aussagekräftige Vergleichspreise vorhanden sind. 3 7 Kaufpreise, die wesentlich durch ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse bestimmt sind, müssen in jedem Fall unberücksichtigt bleiben. 3 8

VI. „Verzinsung" 318

Z u r Frage der „Verzinsung" der Entschädigung sind in der Zeit nach 1980 nur wenige Entscheidungen ergangen. Die besondere Problematik ergibt sich aus der Erwägung, daß die Entschädigung das Äquivalent für die Eigentumsbeeinträchtigung darstellt, die der Betroffene hat hinnehmen müssen; die Entschädigung tritt an die Stelle der Beeinträchtigung und beide werden gegeneinander ausgetauscht. Daraus folgt, daß die Entschädigung dem Betroffenen grundsätzlich im Zeitpunkt der Beeinträchtigung zur Verfügung stehen muß, damit er jetzt anstelle des beeinträchtigten „Eigentums" nunmehr das (Entschädigungs-)Kapital nutzen kann. D a s wiederum bedeutet, daß dann, wenn dem Betroffenen der Entschädigungsbetrag im Zeitpunkt der Eigentumsbeeinträchtigung noch nicht zur Verfügung steht und er also das ihm Genommene nicht mehr und das Entschädigungskapital noch nicht nutzen kann, eine Entschädigung zu zahlen ist. Diese Entschädigung ist in der Regel in der Form von Zinsen als der N o r m a l f o r m der Vergütung für Kapitalnutzung zu zahlen, wie es in einzelnen gesetzlichen Bestimmungen — etwa § 99 B a u G B , § 14 Abs. 4 LandBeschG, § 6 PreußVereinf. EnteignG — ausdrücklich bestimmt ist. Es handelt sich dabei indes der Sache nach nicht um Zinsen im Rechtssinne, sondern um eine besondere Form der Entschädigung für entgangene Nutzungsmöglichkeiten.

319

Persönlich vertrete ich weiterhin die Auffassung, daß es darum geht, den Betroffenen dafür zu entschädigen, daß ihm nicht zugleich mit dem Entzug 37

38

B G H Z 90, 243, = W M 1984, 708, 709/10: Vergleichwertverfahren kann auch dann angewendet werden, wenn nur ein einziges vergleichbares Grundstück zur Verfügung steht; ebenso können von der öffentlichen H a n d gezahlte Preise Berücksichtigung finden. B G H W M 1983, 997, 998 betr. Umrechnung der Vergleichspreise aus vorausgegangener Zeit auf den für die Preisbemessung maßgeblichen Stichtag. B G H Z 98, 341 = N J W 1987, 1256 = AgrarR 1987, 165 = L M Art. 14 Cf G r u n d G Nr. 66.

C. Höhe der Entschädigung

219

der Sachnutzung d a s Entschädigungskapital zur Verfügung gestellt wird, so daß es sich bei den „ Z i n s e n " um eine Entschädigung für die nicht rechtzeitig gewährte Möglichkeit der Kapitalnutzung handelt, mithin ihre Funktion der der „ e c h t e n " Zinsen entspricht. D a s hat zur Folge, daß auch d a s Zinseszinsverbot für diese „ Z i n s e n " gelten muß. In diese Richtung deutet auch ein Beschluß des B G H v o m 13. 1. 1 9 8 3 . 3 9 Es ging dabei d a r u m , d a ß die Parteien in einem notariellen Vertrag vereinbart hatten, es sei der jeweils noch offene Entschädigungsbetrag mit 5 % zu verzinsen. Die Revision hatte u. a. gerügt, daß dem Kläger keine Zinseszinsen zugesprochen worden seien. Diese Rüge hat der B G H nicht durchgreifen lassen, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß die Parteien die „ Z i n s e n " vertraglich als Entschädigung für die nicht gewährte Kapitalnutzung also als Zinsen ausgestaltet hätten und d a ß d e m z u f o l g e auch d a s Zinseszinsverbot gelte. In drei weiteren Entscheidungen 4 0 hat sich der B G H mit der Frage der Verzinsung der Entschädigung für eine vorzeitige Besitzeinweisung befaßt.

VII. Die Entschädigungsbemessung bei der Grundstücksenteignung Es ist auch jetzt noch d a v o n auszugehen, daß die im R a h m e n der Entschädigung für die Beeinträchtigung von Grundstücken entwickelten G r u n d s ä t z e auf die Entschädigung für die Beeinträchtigung anderer Rechtspositionen ebenfalls anzuwenden sind, sofern die zugrundeliegenden E r w ä g u n g e n auch insoweit zutreffen. 4 1 Neuere Entscheidungen des B G H zu dieser Frage liegen, so weit ich feststellen konnte, nicht vor.

320

1. D i e m a ß g e b l i c h e „ Q u a l i t ä t " eines G r u n d s t ü c k s Es ist weiter d a r a n festzuhalten, d a ß für die Entschädigungsbemessung zwei Zeitpunkte in Betracht k o m m e n , die scharf voneinander unterschieden werden müssen: D a s ist einmal der für die B e s t i m m u n g der „ Q u a l i t ä t " des

39 40

41

Beschl. vom 13. 1. 1983 - III ZR 85/82 - , S. 25. Urt. vom 13. 10. 1983 - III ZR 153/82 - ; BGH NVwZ 1984, 602/3; B G H Z 88, 337 = WM 1984, 445. Vgl. BGH NJW 1973, 47, 48/9 = WM 1972, 1385, 1388.

321

220

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

beeinträchtigenden O b j e k t s m a ß g e b l i c h e und zum anderen ist es der für die Preisverhältnisse entscheidende Z e i t p u n k t , auf den bezogen der Wert des — ganz oder teilweise — entzogenen oder sonstwie beeinträchtigten O b j e k t s zu ermitteln i s t . 4 2 a) Allgemeines Auch weiterhin k o m m t es nach der Rechtsprechung des B G H für die

322

„ Q u a l i t ä t " des beeinträchtigten O b j e k t s auf die G e s a m t h e i t der in diesem O b j e k t selbst liegenden B e w e r t u n g s m e r k m a l e , mithin a u f die G e s a m t h e i t der im entscheidenden Z e i t p u n k t vorhandenen objektiven — tatsächlichen und rechtlichen — Faktoren an, die den Wert des betreffenden O b j e k t s a u s m a chen. Es sind nicht nur die objektiven sachlichen Eigenschaften (Bodenbeschaffenheit, örtliche L a g e pp.) m a ß g e b e n d . D e m z u f o l g e k o m m t es für die entschädigungsrechtlich relevante „ Q u a l i t ä t " eines G r u n d s t ü c k s nicht entscheidend und allein auf die im maßgeblichen Z e i t p u n k t ausgeübte Nutzung des G r u n d s t ü c k s , sondern a u f die „von der N a t u r der S a c h e h e r " gegebenen Nutzungsmöglichkeiten an, die sich bei vernünftiger wirtschaftlicher

Be-

trachtungsweise o b j e k t i v anbieten und rechtlich zulässig sind. D e m g e g e n ü b e r sind im Schrifttum Zweifel geäußert w o r d e n , und zwar

323

gehen diese a u f eine B e m e r k u n g des B V e r f G in der „Naßauskiesungsentscheidung" zurück, in der es heißt ( B V e r f G E 5 8 , 3 0 0 , 3 3 8 ) : 4 3 „Die P r o b l e m a tik der Legalenteignung stellt sich bei Änderung des objektiven R e c h t s allerdings d a n n , wenn von einer nach früherem R e c h t möglichen Nutzungsbefugnis bereits G e b r a u c h g e m a c h t w o r d e n ist und diese entzogen w i r d . " Diese B e m e r k u n g hat A n l a ß gegeben zu der Frage, o b etwa das B V e r f G der Auffassung sei, d a ß eine b e s t i m m t e Art der (Grundstücks-)Eigentumsnutzung nur dann

dem

bestandsgeschützten

(Grund-)Eigentum

zugeordnet

werden

k ö n n e , wenn von ihr auch bereits tatsächlich G e b r a u c h g e m a c h t worden s e i . 4 4 Eine derartige Auffassung, d. h. die Auffassung, rein potentielle, aber noch

nicht

ausgeübte Nutzungsmöglichkeiten

von

Eigentum

seien

aus-

nahmslos aus dem Schutzbereich des Art. 1 4 G G a u s g e n o m m e n , kann m. E . der wiedergegebenen Aussage der Naßauskiesungsentscheidung nicht entn o m m e n werden. D a z u ist die Formulierung des B V e r f G nicht zwingend

42

43 44

BGH W M 1982, 565, 566; BGH W M 1983, 918; BGH RdL 1984, 258, 260; BGH NVwZ 1988, 963 = DVB1. 1988, 1213 = RdL 1988, 188 = BauR 1988, 458. = NJW 1982, 745 = DVB1. 1982, 340. Vgl. u. a. Leisner, DVB1. 1983, 61, 67; Papier, Eigentunisgarantie im Wandel, S. 33 f; Schwabe J Z 1983, 273, 274; Schwerdtfeger JuS 1983, 104, 107/8.

221

C. Höhe der Entschädigung

genug. Diese Formulierung wird einmal davon beeinflußt sein, d a ß in dem der Entscheidung des B V e r f G zugrundeliegenden Fall der B e t r o f f e n e die in Rede stehende Nutzung (Kiesabbau mit Grundwasserberührung) bereits seit J a h r e n tatsächlich ausgeübt hatte. Z u m anderen kann nicht a n g e n o m m e n werden, d a ß das B V e r f G in dieser für den grundgesetzlichen Eigentumsbegriff so bedeutsamen Frage eine von der Rechtsprechung des B G H , des B V e r w G 4 5 und seiner — des B V e r f G — s e l b s t 4 6 a b w e i c h e n d e Stellung beziehen wollte, ohne sich auch nur mit einem W o r t mit dieser R e c h t s p r e c h u n g auseinanderzusetzen. M a n wird deshalb auch weiterhin, o h n e sich mit der Auffassung des B V e r f G in Widerspruch zu setzen, d a r a u f abstellen können und müssen, o b die in R e d e stehende — rechtlich zulässige — Nutzungsmöglichkeit nach der Art des Eigentums gerade für dieses Eigentum aus der Sicht des einsichtigen Eigentümers und auch unter dem Gesichtspunkt der Sozialpflichtigkeit allen Eigentums (bei G r u n d s t ü c k e n insbesondere unter dem Gesichtspunkt der „Situationsgebundenheit")

als „ e i g e n t ü m l i c h " ,

als „ f u n k t i o n s g e r e c h t "

zu

werten ist, d. h. o b sie sich — anders und mit den Worten des B V e r w G 4 7 ausgedrückt — „der d a r a u f reagierenden Verkehrsauffassung als angemessen a u f d r ä n g t . " Ist das zu b e j a h e n , dann ist diese Nutzungsmöglichkeit, dieses Nutzendürfen, auch dann von dem Schutzbereich des Eigentums erfaßt und dem bestandsgeschützten Eigentum zuzurechnen, wenn diese Nutzungsart bisher tatsächlich noch nicht ausgeübt wurde. D e r B G H hat sich mit den im Schrifttum geäußerten Bedenken nicht auseinandergesetzt und geht auch weiterhin davon aus, d a ß v o m Eigentumsschutz nicht nur bereits ausgeübte Nutzungen (eines G r u n d s t ü c k s ) , sondern darüber hinaus auch die Nutzungsmöglichkeiten erfaßt werden, die bisher noch nicht verwirklicht worden sind, „die sich aber nach Lage und Beschaffenheit des G r u n d s t ü c k s o b j e k t i v a n b i e t e n " . 4 8

45 46 47 48

BVerwGE 5, 143 ff; BVerwGE 49, 365, 3 7 1 / 2 ; BVerwGE 55, 272, 278 ff. BVerfGE 25, 112, 121; BVerfGE 45, 63, 81. Vgl. BVerwGE 49, 365, 372. BGHZ 87, 66, 72 = NJW 1983, 1657 = W M 1983, 624, 6 2 5 / 6 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 117 = DVB1. 1983, 630; BGH LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 116; BGHZ 90, 4, 15 = NJW 1984, 1172 und dazu Anm. Kröner LM Art. 14 Ba GrundG Nr. 67 = DVB1. 1984, 397; BGHZ 90, 17, 25 = W M 1984, 273, 275 = NJW 1984, 1169 = DVB1. 1984, 391 mit Anm. Götz; BGH LM Art. 14 Ca GrundG Nr. 34 = RdL 1985, 18, 19.

324

222

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

b) Der für die Qualitätsbestimmung maßgebliche Zeitpunkt 325

Da der Entschädigungsbetrag an die Stelle des „Genommenen" tritt und der Betroffene anstatt des ihm Genommenen den Entschädigungsbetrag soll nutzen können (siehe dazu oben Rdn. 318, 319), muß sich der Umfang der Entschädigung nach dem Umfang der Eigentumsbeeinträchtigung (d. h. nach dem Umfang des „Eingriffs in die als Eigentum geschützte Rechtsposition") richten, wie er im Zeitpunkt der Beeinträchtigung (des „Eingriffs") gegeben ist. Nach diesen Grundsätzen ist sonach auch weiter für die Frage der vorhandenen wertbildenden Faktoren, für die Frage der Qualität des betroffenen Objekts der Zeitpunkt des „Eingriffs" maßgebend. 4 9 Im Rahmen eines förmlichen Enteignungsverfahrens kommt es daher auch fürderhin auf den Zeitpunkt des Enteignungsaktes, d. h. des Enteignungsbeschlusses an. (Vgl. § 93 Abs. 4 Satz 1 BauGB: „Für die Bemessung der Entschädigung ist der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet".) Bei einer vorläufigen Besitzeinweisung mit tatsächlicher Inbesitznahme ist deren Vornahme entscheidend, 5 0 weil damit bereits dem Betroffenen die Möglichkeit, das betroffene Objekt zu nutzen, genommen ist. Diesem Zeitpunkt der Inbesitznahme entspricht bei freiwilliger Besitzübertragung die aufgrund entsprechender Einigung vorgenommene Besitzeinräumung. c) Die „Vorwirkungen" einer Eigentumsbeeinträchtigung

326

Bei einem sich länger hinziehenden, jedoch einheitlichen Verfahren der „Enteignung oder sonstigen Eigentumsbeeinträchtigung" können sich bereits vor dem „Eingriff", mithin vor der „Wegnahme" oder sonstigen Beeinträchtigung des betroffenen Objekts getroffene und mit der Enteignung (Eigentumsbeeinträchtigung) zusammenhängende Maßnahmen und Ereignisse auf die Qualität des Grundstücks oder sonstigen Objekts ausgewirkt haben. Diese Auswirkung kann dahin gehen, daß die Maßnahmen oder sonstigen Ereignisse die Qualität des betroffenen Objekts gewissermaßen schon festgeschrieben haben und daß dementsprechend auch für die maßgebliche Qualität des Grundstücks oder des sonst in Rede stehenden Objekts nicht auf den Zeitpunkt des „Eingriffs" (Wegnahme oder sonstige Beeinträchtigung), sondern auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem das Grundstück von jeder

49

50

Vgl. BGHZ 87, 66, 79 = NJW 1983, 1657 und dazu Anm. Boujong LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 117 = WM 1983, 624, 627 = DVB1. 1983, 630. BGHZ 117, 309 = NJW 1992, 2078 = WM 1992, 1590 = RdL 1992, 186.

C. Höhe der Entschädigung

223

konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen wurde. D a s wird vom B G H auch in neueren Entscheidungen i m m e r wieder h e r v o r g e h o b e n . 5 1 Bei G r u n d s t ü c k e n gehen die „ V o r w i r k u n g e n " zumeist von Bausperren,

327

Bauverboten und von Planungen aus, die zur Folge h a b e n , d a ß sie von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen werden. D a b e i ist zu unterscheiden zwischen verbindlichen und lediglich vorbereitenden Planungen. D i e verbindliche Planung läßt zumeist schon nach ihrer Eigenart die spätere „ E n t e i g n u n g " mit Sicherheit erwarten. Hiergegen kann die lediglich vorbereitende, unverbindliche Planung, die für sich allein einen „ E i n g r i f f " noch nicht darstellt, nur dann als Beginn einer einheitlichen „ E n t e i g n u n g " gewertet werden, wenn sie mit der späteren Eigentumsbeeinträchtigung in ursächlichem Z u s a m m e n h a n g steht, eine hinreichende B e s t i m m t h e i t hatte und die spätere verbindliche Planung, die dann zur „ E n t e i g n u n g " führte, mit Sicherheit erwarten ließ. Diese Rechtsprechung wird auch weiterhin vom B G H fortgesetzt.52 O b die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bewertung einer erst unverbindlichen Planung als „Vorwirkung" der späteren

Eigentumsbeeinträchti-

gung vorliegen, hängt weithin von den besonderen tatsächlichen Umständen des Einzelfalles ab und ist insoweit Frage tatrichterlicher Würdigung. Auch das findet eine Bestätigung in der späteren Rechtsprechung des B G H . 5 3 D e r B G H hat i m m e r wieder hervorgehoben, d a ß die Berücksichtigung der „ V o r w i r k u n g e n " einer Eigentumsbeeinträchtigung dazu dient, das dem Betroffenen „ G e n o m m e n e " qualitätsmäßig richtig zu b e s t i m m e n , und d a ß die Berücksichtigung einer „ V o r w i r k u n g " sich auch zugunsten des Betroffenen auswirken k a n n . 5 4 D i e Berücksichtigung einer Vorwirkung ist nicht auf bestimmte Enteignungsverfahren b e s c h r ä n k t . Vielmehr geht es dabei um einen allgemeinen Grundsatz

bei der Entschädigungsbemessung

für

eigentumsbeeinträchti-

gende M a ß n a h m e n . D e s h a l b hat der B G H die zur „Vorwirkung" erarbeiteten

51

52

53

54

BGH NVwZ 1988, 963 = DVBl. 1988, 1203 = RdL 1988, 188 = 458; BGH W M 1982, 78; BGH W M 1983, 918; BGH WM 998. BGHZ 89, 338, 346 = W M 1984, 571, 573; BGH NVwZ 1988, 1988, 188 = BauR 1988, 458 = DVBl. 1988, 1213; BGH RdL 260. BGH W M 1978, 379; BGH RdL 1984, 258; BGH Urt. v. 1 1 . 2 . 2/87 - . BGH W M 1977, 596 ff; BGH WM 1978, 379, 380.

BauR 1988, 1983, 997, 963 = RdL 1984, 258, 1988 -

III

328

224

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

Grundsätze in einer Entscheidung vom 3. 3. 1983 55 auch bei Enteignungsmaßnahmen im Rahmen des BundeswasserstraßenG 56 zur Anwendung gebracht und dementsprechend in dieser Entscheidung dem gemäß § 19 des genannten Gesetzes erlassenen Planfeststellungsbeschluß eine „Vorwirkung" zugesprochen. In diesem Zusammenhang muß ferner noch auf eine Entscheidung des BGH vom 11. 2. 198 8 5 7 hingewiesen werden, die die Frage betrifft, ob eine auf Denkmalschutz beruhende Maßnahme als „Vorwirkung" einer späteren Eigentumsbeeinträchtigung gewertet werden kann.

2. Der für die Entschädigungshöhe (Preisbemessung) maßgebliche Zeitpunkt 329

Die „Ausgleichsfunktion" der Entschädigung verlangt grundsätzlich, daß die Höhe des Entschädigungsbetrages dem Wert entspricht, den das „Genommene" im Augenblick der Zahlung hat. Denn nur so kann das Genommene wirklich „aufgewogen", die Einbuße, die der Betroffene hat hinnehmen müssen, wirklich ausgeglichen werden. Im Grundsatz ist mithin für die Preisbemessung der Zeitpunkt der Zahlung maßgeblich. Da aber bei behördlicher oder gerichtlicher Preisfestsetzung der Zeitpunkt noch unbekannt ist, in dem tatsächlich Zahlung geleistet wird, muß in diesen Fällen auch nach der neueren Rechtsprechung auf einen Zeitpunkt abgehoben werden, der der tatsächlichen Zahlung möglichst nahekommt. Da angenommen werden kann, daß die öffentliche Hand nach — endgültiger — behördlicher oder gerichtlicher Entschädigungsfestsetzung den dem Betroffenen zugesprochenen Entschädigungsbetrag alsbald zahlt, kommt es mithin in den Fällen, in denen es an entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 2 BauGB u. a.) fehlt, bei behördlicher Festsetzung auf den Zeitpunkt des behördlichen Feststellungsbeschlusses und bei gerichtlicher Entscheidung auf den Zeitpunkt der letzten Verhandlung in der Tatsacheninstanz an. 5 8

330

Daraus, daß die öffentliche Hand es ist, die das Eigentum ihrer Bürger in Anspruch genommen oder sonstwie beeinträchtigt hat, folgt nach der 55

56 57

58

BGHZ 87, 66 = WM 1983, 624, 627 = NJW 1983, 1657 = DVB1. 1983, 630 und dazu Anm. Boujong Art. 14 Ea GrundG Nr. 117. Vom 2. 4. 1968 - BGBl. II S. 173. BGH NVwZ 1988, 963 = DVB1. 1988, 1213 = RdL 1988, 188 = BauR 1988, 458. BGH WM 1983, 997, 998.

C. Höhe der Entschädigung

225

Rechtsprechung deren Verantwortung dafür, daß der Betroffene den Ausgleich, den Entschädigungsbetrag richtig und rechtzeitig erhält. Es geht deshalb zu ihren Lasten, wenn die Zahlung des Entschädigungsbetrages — selbst bei fehlendem Verschulden des Zahlungspflichtigen — sich verzögert. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn die zahlungspflichtige Stelle die — behördlich oder gerichtlich — festgesetzte Entschädigung ohne oder mit nur teilweisem Erfolg als zu hoch angreift, oder wenn die festgesetzte Entschädigung zwar alsbald bezahlt wird, der Betroffene aber mit Erfolg die Festsetzung als — nicht nur unwesentlich — zu niedrig anficht. Bei diesen und ähnlichen Fallgestaltungen sucht der BGH für die Zeiten schwankender Preise auch weiterhin mit der sog. „Steigerungsrechtsprechung" zu einem sachgerechten Ergebnis zu kommen. Auf diese Rechtsprechung braucht hier im einzelnen nicht eingegangen zu werden. Sie hat sich in der Praxis durchgesetzt und der BGH hält weiter an ihr fest. 5 9 Bemerkt sei in diesem Zusammenhang lediglich, daß sich aus der „Ausgleichsfunktion" der Entschädigung als zwangsläufige Folge ergibt, daß im Rahmen der „Steigerungsrechtsprechung" auch Preisrückgänge zu berücksichtigen sind. 6 0 Mit Nachdruck hält der BGH an dem Grundsatz fest, daß dem Pflichtigen 331 die Zahlung selbst einer bereits festgesetzten Entschädigung nicht zuzumuten ist, solange noch Streit über die Zulässigkeit der Enteignung besteht, und daß deshalb Verzögerungen der Entschädigungszahlung, die der Eigentümer durch eine unbegründete Anfechtung der Zulässigkeit der Enteignung verursacht, zu seinen Lasten gehen und nicht zu einer Verschiebung des für die Preisbemessung sonst maßgeblichen Stichtages führen. 6 1 Der BGH bestätigt auch folgenden, schon früher herausgearbeiteten Grundsatz: Auch außerhalb entsprechender ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen kann ein angemessenes Angebot zum freihändigen Erwerb des in Anspruch zu nehmenden Gegenstandes die Preisverhältnisse für den Zeitpunkt festschreiben, in dem das Angebot von dem Betroffenen in zumutbarer Weise hätte angenommen werden können. 6 2 Das „angemessene Angebot" seitens des (späteren) Enteignungsantragstellers muß jedoch grundsätzlich nicht nur den Betrag für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust, sondern auch für andere entschädigungspflichtige Vermögensnachteile umfas-

59 60 61

62

BGH RdL BGH WM U. a. BGH - , S. 7. BGHZ 89,

1984, 258, 260; BGH W M 1983, 997, 998. 1977, 627, 630. WM 1983, 999 f und BGH Beschl. vom 18. 11. 1982 - III ZR 17/82 338, 347 = WM 1984, 571, 573.

116

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

sen. Mithin haben sich die Bedingungen eines Angebotes — auf entsprechende Ermittlungen gestützt — am objektiven Wert des Enteignungsgegenstandes zu orientieren. Es braucht diesen Wert nicht genau zu treffen; es genügt, wenn die H ö h e der einzelnen Entschädigungsposten nur in etwa der Enteignungsentschädigung e n t s p r i c h t . 6 3 Eine lediglich unter Widerrufsvorbehalt erklärte Einigung ist nicht geeignet, die Preisverhältnisse f e s t z u s c h r e i b e n . 6 4 332

Die durch ein angemessenes A n g e b o t eintretende preismäßige Sperrwirkung entfällt jedoch — auch daran hält die neuere Rechtsprechung fest — wieder zur G ä n z e , wenn der Enteignungsbegünstigte später von dem Angeb o t a b r ü c k t und es nicht m e h r aufrechterhält, wenn er sich e t w a in der Weise von dem früheren A n g e b o t lossagt, d a ß er im Verfahren vor der Enteignungsbehörde oder im anschließenden gerichtlichen Verfahren die Festsetzung eines unter dem A n g e b o t liegenden Entschädigungsbetrages v e r f o l g t . 6 5 Ein angemessenes A n g e b o t , das nicht aufrechterhalten und nicht durch ein angemessenes anderes A n g e b o t ersetzt wird, ist mithin nicht geeignet, irgendeine preisfixierende W i r k u n g zu e n t f a l t e n . 6 6

VIII. Die Entschädigungsbemessung bei Teilenteignungen 333

Bei der I n a n s p r u c h n a h m e von Grundstücken für Errichtung und Betrieb für Versorgungsleitungen geht es — ebenso wie bei dauernden Bauverboten — um qualitative Teilenteignungen. Z u dem dadurch ausgelösten Entschädigungsanspruch hat der B G H bestätigt, d a ß grundsätzlich der (Verkehrs-) Wert des G r u n d s t ü c k s ohne Belastung mit dem (Verkehrs-)Wert nach der Belastung zu vergleichen ist und die Differenz zwischen beiden Werten der durch die Teilenteignung eingetretenen Wertminderung des betroffenen Grundstücks entspricht.67 D a v o n , d a ß bei quantitativen Teilenteignungen außer dem Wert des in Anspruch g e n o m m e n e n (Teil-) G r u n d s t ü c k s auch der M i n d e r w e r t des Restgeländes entschädigt werden m u ß , geht der B G H in seiner späteren R e c h t sprechung ebenfalls a u s . 6 8 63 64 65 66 67

68

So BGH W M 1983, 507, 508. BGHZ 89, 338, 3 4 8 / 9 = W M 1984, 571, 574. BGH RdL 1984, 258, 261. BGHZ 90, 243, 245 f = W M 1984, 708, 709 f. Vgl. Beschl. vom 21. 12. 1982 - III ZR 6 0 / 8 2 - ; Urt. vom 7. 7. 1983 - III ZR 161/82 Dazu Beschl. vom 18. 11. 1982 - III ZR 1 7 / 8 2 - .

C. H ö h e der Entschädigung

111

IX. Die Entschädigungsbemessung bei Eingriffen in einen Gewerbebetrieb Die Rechtsprechung hält weiter daran fest, daß es bei einem endgültigen 3 3 4 vollen Entzug des Betriebes auf dessen (Verkehrs-) Wert und bei einer dauernden Beschränkung auf die Wertdifferenz zwischen dem Betrieb mit der Beschränkung und ohne diese ankommt. Bei gleichzeitiger Beeinträchtigung von Gewerbebetrieb und Grundstück ist darauf zu achten, daß eine Doppelentschädigung vermieden wird und den Betroffenen nur Entschädigung für den Teil des ihrem Betrieb entstandenen Substanzverlustes zugesprochen wird, der nicht bereits durch Entschädigung wegen Eingriffs in ihr Grundeigentum abgegolten worden ist. 6 9 Für die neuere Zeit ist insbesondere hinzuweisen auf die Entscheidung des BGH vom 28. 10. 1982, 70 in der u. a. die vorstehend erörterte Frage der Entschädigung bei gleichzeitiger Beeinträchtigung von Grundeigentum und Gewerbebetrieb sowie die Frage der Entschädigung bei Beeinträchtigung nur einer Betriebsstätte eines Filialbetriebes und der Rechtsstellung eines Gewerbetreibenden als Straßenanlieger behandelt werden. Zu der zuletzt erwähnten Frage der Entschädigung für die Beeinträchtigung der Rechtsposition eines gewerbetreibenden Straßenanliegers wird unter Bezugnahme auf B G H Z 83, 61, 65 7 1 auch Stellung genommen in einem Beschluß vom 29. 9. 1983. 72 In dieser Entscheidung wird zudem nochmals 7 3 hervorgehoben, daß Entschädigung nur für die entzogene Vermögenssubstanz zu gewähren sei, daß daher der Geldwert der Entschädigung grundsätzlich an dem Verkehrswert der entzogenen Substanz ausgerichtet werden müsse, und daß es sich, wenn die Rechtsprechung gleichwohl bei vorübergehenden Eingriffen, insbesondere in einen Gewerbebetrieb, einen Ertragsverlust zugebilligt habe, dabei in Wahrheit nur um die vereinfachte Berechnung der Folgen einer vorübergehenden Substanzentziehung handele. 7 4

69

70 71 72 73 74

Urt. v o m 13. 7. 1978 - III ZR 8 5 / 7 4 = W M 1978, 1103, 1104; s. auch B G H Z 67, 190, 192 = W M 1976, 1357, 1358; BGH W M 1978, 468, 469 betr. landwirtschaftlichen Betrieb. BGH N J W 1983, 1636 = LM Art. 14 Ef GrundG Nr. 4. B G H Z 83, 61 ff = N J W 1982, 2179 = W M 1982, 641 ff. III ZR 128/82. Bestätigung der Entscheidung in N J W 1975, 1966. S. dazu auch bereits Beschl. v o m 2 0 . 3 . 1978 - III ZR 125/77; Urt. v o m 14. 7. 1978 - III ZR 177/76 - , S. 10; auch Urt. v. 5. 7. 1979 - III ZR 6 4 / 7 8 = LM § 31 WasserhaushaltsG Nr. 3 Bl. 4 r = Z f W 1980, 351 ff.

228

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

X . Entschädigung bei Bausperren In der Frage, in welchem M a ß e ein Grundstückseigentümer eine aus Pla-

335

nungsgründen verhängte Bausperre (vorübergehendes B a u v e r b o t , Veränderungssperre) entschädigungslos hinnehmen m u ß , hat sich die Rechtsprechung in folgender Weise geändert: Z u n ä c h s t hat der B G H lange Z e i t die Auffassung vertreten, d a ß eine Bausperre entschädigungslos — nur — hingen o m m e n werden müsse, soweit sie hinsichtlich ihrer zeitlichen D a u e r gerechtfertigt sei, um das G e l ä n d e aufzuschließen, das örtlich zusammengefaßt werden müsse, damit die B e b a u u n g dieser „ Ö r t l i c h k e i t " sinnvoll geplant werden k ö n n e . 7 5 D a b e i dürfe jedoch der Begriff der örtlichen Planung nicht zu eng aufgefaßt w e r d e n . 7 6 Von dieser R e c h t s p r e c h u n g ist der B G H

in

B G H Z 7 3 , 1 6 1 , 1 6 9 f f 7 7 abgewichen. Er hat in dieser Entscheidung ausgeführt, die m o d e r n e städtebauliche Planung h a b e nicht nur örtlichen Bezug, für sie sei vielmehr typisch, d a ß sie in ihren W i r k u n g e n über die „ k o n k r e t e Ö r t l i c h k e i t " im Sinne der früheren Rechtsprechung hinausgreife, andernfalls sie ihrer A u f g a b e — die vielfältigen, zum Teil widerstreitenden Interessen und die zu berücksichtigenden Planungselemente unter gerechter A b w ä g u n g zum Ausgleich zu bringen — nicht sachgerecht erfüllen k ö n n e . Unter diesem G e s i c h t s p u n k t werden n u n m e h r die Grenzen einer entschädigungslos zulässigen Bausperre weiter g e f a ß t . 7 8 D e r B G H hält weiter daran fest, d a ß unter entschädigungsrechtlichen G e sichtspunkten den förmlichen Bau-(Veränderungs-)Sperren die rein „faktis c h e n " Bausperren gleichzustellen s e i e n . 7 9 D e r B G H führt ferner die Rechtsprechung fort, derzufolge ein Entschädi-

336

gungsanspruch wegen eines — vorübergehenden — B a u v e r b o t e s in jedem Fall voraussetzt, d a ß der Betroffene w ä h r e n d der Sperrzeit an einer — baulichen oder sonstigen — Nutzung des G r u n d s t ü c k e s behindert oder sonstwie fühlbar beeinträchtigt w o r d e n ist, er mithin daran gehindert wurde, das

75

16

77 78

79

Vgl. das grundlegende „Freiburger Bausperrenurteil" in BGHZ 30, 338, 345 = NJW 1959, 2156 = W M 1959, 1377, 1340 ff, seitdem std. Rechtsprechung. Insbes. BGHZ 58, 124, 130/1 = NJW 1972, 727 = W M 1972, 421, 422 und dazu Anm. Kreft LM § 14 BBauG Nr. 3. = W M 1979, 284, 287. Dazu auch BGHZ 78, 152, 157 ff = DVB1. 1981, 458 = DÖV 1981, 466 = W M 1981, 152, 154, 156. BGH LM § 278 Fa BGB Nr. 53 Bl. 2; BGHZ 73, 161, 180 = W M 1979, 284, 289; BGHZ 78, 152 = NJW 1981, 458 = W M 1981, 152, 156 f = DVB1. 1981, 458 = DÖV 1981, 466; BGH WM 1982, 299, 300.

229

C. H ö h e der Entschädigung

Grundstück selber zu bebauen oder zu Bauzwecken zu veräußern oder es sonstwie anderweit zu nutzen. 8 0 Dabei genügt es nicht, daß der Betroffene ganz allgemein eine bauliche oder sonstige Nutzung des Grundstücks ins Auge gefaßt hatte. Er muß vielmehr ganz konkrete Bau- oder sonstige Nutzungspläne gehabt haben, muß in der Lage gewesen sein, diese Pläne zu verwirklichen, und darf allein durch die Bausperre an der Verwirklichung seiner Pläne gehindert worden sein. 8 1 Soweit es um die Behinderung oder Beeinträchtigung baulicher Nutzung geht, muß der Betroffene nicht nur rein tatsächlich in der Lage gewesen sein, seine Baupläne wirklich durchzuführen, sondern es muß auch die Rechtslage so gewesen sein, daß dem Betroffenen nach materiellem Baurecht — von der Bausperre abgesehen — ein jederzeit durchsetzbarer Rechtsanspruch auf eine Baugenehmigung zustand. Entschädigt wird nur, wenn der Betroffene hat bauen wollen, bauen können und bauen dürfen. 8 2 Bei vorübergehenden Bauverboten stellt der B G H bei der Bemessung der 3 3 7 Entschädigung für die zeitweise Behinderung an der baulichen Nutzungsmöglichkeit auch weiterhin regelmäßig auf die „Bodenrente" ab, mithin auf den Betrag, den ein Bauwilliger für die Erlaubnis, das Grundstück auf Zeit baulich nutzen zu können, als Miet-, Pacht- oder Erbbauzins bezahlt haben würde. 8 3 Dabei hängt der Beginn der Entschädigungspflicht nicht davon ab, wann der Betroffene ohne die Bausperre den etwa beabsichtigten Bau beendet haben würde; vielmehr beginnt die Pflicht zur Entschädigung als Ausgleich für den hier in Rede stehenden Eingriff in die Grundstückssubstanz und die dadurch bewirkte Hinderung der Nutzungsmöglichkeit in dem Zeitpunkt, in dem dieser Eingriff erfolgt, d. h. mit Wirksamwerden des Bauverbots, und endet mit dessen Aufhebung. 8 4

80

B G H W M 1 9 7 8 , 2 0 0 , 2 0 2 ; B G H L M § 51 BBauG Nr. 2 = W M 1 9 8 1 , 8 5 3 , 8 5 4

81

B G H Z 7 8 , 152 = N J W 1 9 8 1 , 4 5 8 = W M 1 9 8 1 , 152, 157 = DVB1. 1 9 8 1 , 4 5 8 =

= M D R 1981, 998. DÖV 1981, 466. 82

BGH W M 1982, 299, 300.

83

B G H L M § 2 7 6 Fa BGB Nr. 5 3 Bl. 2; B G H Z 7 6 , 3 7 5 = N J W 1 9 8 0 , 1567 = J Z 1 9 8 0 , 6 4 9 = VersR 1 9 8 0 , 6 2 8 = W M 1 9 8 0 , 7 1 4 , 7 1 7 und dazu Anm. Kreft Art. 14 Cd GrundG Nr. 6 8 ; B G H W M 1 9 8 0 , 6 5 8 , 6 5 9 / 6 0 =

LM

L M Art. 14 Ea

GrundG Nr. 1 0 4 für den Fall, dai? ein zunächst auf Dauer angelegts Bauverbot später — wenn auch erst nach längerer Zeit — wieder aufgehoben wird. 84

B G H W M 1 9 8 1 , 152, 157.

230

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

Wenn d a s Bauverbot über einen längeren Z e i t p u n k t hin bestanden hat und während dieser Zeit die Grundstückspreise sich nicht unerheblich verändert haben, so muß dies bei Bemessung der „ R e n t e " berücksichtigt werden. D a s kann in der Weise geschehen, d a ß die Bodenrente für bestimmte Z e i t r ä u m e an gestaffelten Mittelwerten der veränderten Grundstückspreise ausgerichtet w i r d . 8 S Ein dauerndes B a u v e r b o t für ein b e b a u b a r e s G r u n d s t ü c k wirkt unmittelbar auf die Rechtsposition des Eigentümers ein und mindert sofort und für immer den G r u n d s t ü c k s w e r t . Solches Verbot stellt s o n a c h eine qualitative Teilenteignung d a r 8 6 . 338

Wenn die Planung derart verläuft, daß d a s zunächst über ein G r u n d s t ü c k verhängte vorübergehende B a u v e r b o t später zu einer Ausweisung des G r u n d s t ü c k s führt, die eine B e b a u u n g nicht mehr zuläßt (Gemeinbedarfsoder Straßenfläche pp.), und es nunmehr zur Vollenteignung k o m m t , dann stellt sich d a s vorübergehende Bauverbot, rückwirkend betrachtet, als Teil eines einheitlichen Enteignungsprozesses (vorwirkendes Bauverbot) dar und muß alsdann im R a h m e n der einheitlich zu bemessenden Enteignungsentschädigung mit ausgeglichen w e r d e n . 8 7 O b diese G r u n d s ä t z e in den Fällen, in denen d e m endgültigen Bauverbot eine Veränderungssperre (§ 14 B a u G B ) vorausgegangen ist, die Folge haben, daß ein entschädigungsfreier Z e i t r a u m von 4 J a h r e n (§ 18 B a u G B ) nicht in Betracht zu ziehen ist, ist in B G H Z 78, 152, 1 6 4 / 5 8 8 offengelassen. Der B G H neigt aber offensichtlich — m. E. zu Recht — der A u f f a s s u n g zu, d a ß diese Bestimmungen auf „vorwirkende Bauv e r b o t e " nicht anzuwenden seien.

XI. Die Entschädigungsbemessung bei Eingriffen in Miet- und Pachtrechte 339

Von dem allgemeinen G r u n d s a t z ausgehend, daß immer — nur — d a s zu ersetzen ist, w a s im gesunden Geschäftsverkehr für den Erwerb einer der BGH WM 1980, 658, 660 = LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 104 betr. ein 22 Jahre lang bestehendes Bauverbot; BGH WM 1981, 152, 157 unter Β 2. 8 6 B G H Z 71, 1 , 5 = NJW 1978, 939 = WM 1978, 466, 467; BGH WM 1978, 520, 521; BGH WM 1982, 565, 566. 8 7 BGHZ 73, 161, 174 = NJW 1979, 653 = WM 1979, 284, 288; BGH NJW 1980, 888 = L M BaubeschränkungsVO Nr. 1 = WM 1980, 221, 222. 88 = N j W 1 9 8 1 ; 458 = W M 1981, 152, 155 = DVB1. 1981, 458 = DÖV 1981, 466; BGH WM 1982, 299, 300. 85

231

C. Höhe der Entschädigung

entzogenen gleich gearteten Rechtsstellung aufzuwenden ist, m u ß bei M i e t und Pachtrechten beachtet werden, d a ß diese vor allem durch die Kündigungsmöglichkeiten entscheidend begrenzt sind (vgl. dazu oben R d n . 3 0 1 ) . Die sich daraus ergebenden Folgerungen, sind im einzelnen u. a. in N J W 7 2 , 5 2 8 8 9 und N J W 7 4 , 2 7 5 , 2 7 8 , 9 0 für Pachtrechte insbesondere in B G H Z 5 9 , 2 5 0 , 2 5 6 f f 9 1 dargelegt worden. In zwei später ergangenen grundlegenden E n t s c h e i d u n g e n 9 2 hat der B G H n o c h m a l s herausgestellt, d a ß bei der Entschädigung wegen vorzeitigen Entzuges von M i e t - und Pachtrechten berücksichtigt werden m u ß , d a ß entschädigungsfähig nur die Beeinträchtigung von rechtlich geschützten k o n k r e t e n Werten ist, nicht aber die Vereitelung von E r w a r t u n g e n und C h a n c e n . E n t scheidend ist daher allein, was der M i e t e r oder Pächter von seinen rechtlich gesicherten und geschützten Nutzungsmöglichkeiten hat abgeben müssen.

XII. Prozessuales Auch in der späteren Zeit sind n o c h zahlreiche weitere Entscheidungen zu den in Rechtsstreitigkeiten über die „Enteignungsentschädigung" sich ergebenden prozeßrechtlichen Fragen ergangen, auf die hier im einzelnen nicht eingegangen werden k a n n . Es sei lediglich auf folgende Entscheidungen hingewiesen: D e r B G H bestätigt die Auffassung, d a ß die verfahrensmäßige G e l t e n d m a chung der Entschädigungsansprüche

aus § 9 Abs. 9, § 19 B F e r n S t r G

und

auch die aus § 8 a Abs. 4 dieses Gesetzes sich nach den Enteignungsgesetzen der L ä n d e r r i c h t e t . 9 3 Die Enteignungsbehörde

kann

im

Entschädigungsfestsetzungsbeschluß

die Entscheidung über die Entschädigung für N e b e n s c h ä d e n (Folgeschäden)

89 90 91

92

93

BGH NJW 1972, 528 = LM § 86 BBauG Nr. 1. BGH NJW 1974, 275 = LM Art. 14 Β GrundG Nr. 1 Bl. 4. = BGH NJW 1973, 47, 48 und dazu Anm. Kreft LM ErgG/RSiedlG Nr. 4 = DÖV 1973, 103. BGHZ 83, 1 ff = NJW 1982, 2181 = WM 1982, 517 und dazu Anm. Kreft LM S 86 BBauG Nr. 4 betr. Mietrecht; BGH LM § 86 BBauG Nr. 3 = WM 1982, 88 ff betr. Pachtrecht. BGH LM Art. 14 Ea GrundG Nr. 93 = MDR 1978, 647 = W M 1978, 200; BGH NJW 1979, 1043 = LM FstrG Nr. 24 = W M 1979, 372, 374.

340

232

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

vorbehalten und diesen B e s c h l u ß später durch N a c h t r a g s b e s c h l u ß

ergän-

zen.94 D e r B G H bekräftigt, d a ß in dem in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen Erfordernis, für die G e l t e n d m a c h u n g von Entschädigungsansprüchen eine b e s t i m m t e Frist zu w a h r e n , eine Beeinträchtigung der Eigentumsgewährleistung nicht gesehen werden k a n n . 9 5 H a t ein Beteiligter innerhalb der Frist des § 3 0 Abs. 1 P r e u ß E n t e i g n G Klage e r h o b e n , dann können andere Beteiligte auch nach A b l a u f der Frist noch Widerklage erheben.96 341

M e h r e r e Entscheidungen befassen sich mit der Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils. 9 7 W i r d im Baulandverfahren mit der Klage s o w o h l die Zulässigkeit der Enteignung als auch die festgesetzte H ö h e der Entschädigung angegriffen, dann kann über die Zulässigkeit der Enteignung durch „Teilurt e i l " entschieden werden. D e r Sache nach geht es dabei aber nicht um ein Teilurteil im technischen Sinne, sondern um ein G r u n d u r t e i l . 9 8 D e B G H hat weiter bestätigt, daß die G u t a c h t e n der Gutachterausschüsse (§ 1 3 7 Abs. 1 B a u G B ) der S a c h e nach als Sachverständigenbeweis (§§ 4 0 2 ff Z P O ) anzusehen s i n d . 9 9 Auch nach A b l a u f der einmonatigen Antragsfrist des § 1 5 7 Abs. 2 B a u G B ist grundsätzlich eine Erweiterung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung z u l ä s s i g . 1 0 0 Im

Rahmen

der

„Unternehmensflurbereinigung"

(siehe

dazu

oben

R d n . 199) ist die Festsetzung der Geldentschädigung durch die Flurbereinigungsbehörde Sachurteilsvoraussetzung für den Rechtsstreit über die H ö h e der G e l d e n t s c h ä d i g u n g . 1 0 1

94 95

96 97

98 99

100 101

BGH W M 1977, 5 0 6 / 7 . BGH NJW 1983, 570 = W M 1983, 737 ff betr. § 30 PreußEnteigG; BGHZ 92, 114, 118. BGH W M 1979, 83, 86. U. a. BGHZ 83, 61 = NJW 1982, 2179 = W M 1982, 641, 642; BGH W M 1978, 1103, 1105. = BGH LM § 9 BBauG Nr. 15 = W M 1983, 421. = W M 1977, 1059, 1060/1 = NJW 1977, 1725 = BB 1978, 224 = LM Art. 14 Cf GrundG Nr. 53. So im Anschluß an std. frühere Rechtsprechung BGH W M 1983, 507. BGHZ 89, 69, 74 = W M 1984, 544 ff = NJW 1984, 1822 und dazu Anm. Kröner LM FlurbereinigungsG Nr. 11.

C. Höhe der Entschädigung

233

Im Baulandverfahren ist die Enteignungsbehörde zur Einlegung eines Rechtsmittels befugt, auch wenn sie in den Vorinstanzen keinen eigenen Antrag gestellt hatte. 1 0 2

XIII. Verjährung Die Ansprüche auf Entschädigung für relevante Eigentumsbeeinträchti- 3 4 2 gungen verjähren grundsätzlich nach der allgemeinen Vorschrift des § 195 B G B in 30 Jahren, soweit nicht Sonderregelungen eine kürzere Frist vorsehen. D a s gilt auch für landesrechtliche Bestimmungen, soweit sie im Rahmen der sachlichen Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers getroffen worden sind. In Betracht kommen insoweit vor allem die in § 43 N W - O B G vorgesehene dreijährige Verjährungsfrist und die Art. 125 B a y A G B G B normierte Ausschlußfrist von drei Jahren. Beide Bestimmungen erfassen nach der Rechtsprechung des B G H auch die hier in Rede stehenden Ansprüche. Für die neuere Zeit kann ich dazu lediglich auf die Entscheidung in B G H Z 82, 361, 3 6 4 1 0 3 hinweisen.

102 103

BGH WM 1990, 1173 = BB 1990, 740. BGHZ 82, 361 = NJW 1982, 1281 = LM § 2 BBauG Nr. 6 = WM 1982, 455, 456.

D. Rechtsweg I. Reformbedürftigkeit 343

Nach der heutigen Rechtslage muß der Staatsbürger, wenn er aus einer ihn als „Eigentümer" beeinträchtigenden rechtswidrigen Maßnahme eigentumsrechtliche Folgerungen ziehen will, zunächst diese Maßnahme im Rahmen des „primären Rechtsschutzes" (siehe dazu oben Rdn. 53 ff) anfechten, und zwar in der Regel vor den Verwaltungsgerichten. Wenn er damit Erfolg hat, muß er im Rahmen des „sekundären Rechtsschutzes" vor den ordentlichen Gerichten Entschädigung verlangen. Er muß mithin, um zu seinem Recht zu kommen, zwei verschiedene Gerichtswege beschreiten. Ich halte diese Gesetzeslage schon wegen des damit verbundenen doppelten Aufwandes für einen Zustand, der umgehend geändert werden sollte.

344

Anfang 1970 wurde von der damaligen Bundesregierung eine unabhängige Kommission mit der Aufgabe betraut, eine umfassende gesetzliche Neuregelung des Staatshaftungsrechts vorzubereiten. 1 0 4 In dieser Kommission, der auch ich angehört habe und die 1973 ihren Entwurf vorgelegt h a t , 1 0 5 war es nicht einen Augenblick zweifelhaft, daß für den primären und den sekundären Rechtsschutz nur ein Gerichtsweg vorzusehen sei. Nach unserem Entwurf war Art. 14 Abs. 3 G G dahin zu ändern, daß Satz 4 folgende Fassung erhielt: „Im Streitfalle steht der Rechtsweg offen". Der Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes enthielt hinsichtlich des Rechtsweges folgende Bestimmung: § 24 Zuständigkeiten (1) Ansprüche aus §§ 2 (Geldersatz) und 3 (Herstellung) sind bei dem Gericht geltend zu machen, das für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ausübung öffentlicher Gewalt zuständig ist. (2) Ist dies nicht ein Finanzgericht, ein Sozialgericht, ein Arbeitsgericht oder ein ordentliches Gericht der streitigen oder freiwilligen Gerichtsbarkeit, so entscheidet über Ansprüche aus § 2 das Verwaltungsgericht. H a t jedoch über die Rechtmäßigkeit ein Gericht zu entscheiden, für das der Bundesgerichtshof

104 105

S. dazu im einzelnen auch BVerfGE 61, 149, 156/7. „ R e f o r m des Staatshaftungsrechts" — Ein Kommissionsbericht, herausgegeben von den Bundesministerien der Justiz und des Inneren (Oktober 1973).

D. Rechtsweg

235

oberster Gerichtshof ist, so ist für Ansprüche aus § 2 das ordentliche Gericht zuständig.

Dazu heißt es in der Einzelbegründung (2): „Die Beseitigung der überkommenen Aufspaltung des Rechtsweges schafft nicht nur die Grundlage für einen sich auf jeweils ein Verfahren konzentrierenden und daher mit geringem A u f w a n d an Zeit und Kosten verbundenen Rechtsschutz. Zugleich führt sie vielmehr dazu, daß die Gliederung der verschiedenen Rechtswege in ihrem Verhältnis zueinander von Verzerrungen befreit wird, für die sich ohnehin keine sachliche Rechtfertigung geben läßt. . . . "

Bedauerlicherweise sind diese vorgeschlagenen Regelungen nicht Gesetz ge- 3 4 5 worden. Vielmehr hat das BVerfG das später vom Bundestag erlassene Staatshaftungsgesetz vom 26. 6. 1981, 1 0 6 d a s in den hier interessierenden Regelungen von den von der „ K o m m i s s i o n " vorgeschlagenen abwich, mit Urteil vom 19. 10. 1 9 8 2 1 0 7 als mit Art. 70 G G unvereinbar für nichtig erklärt. Ich halte es für eine dringende Aufgabe des Gesetzgebers, mit der Schaffung eines einheitlichen Rechtsweges für primären und sekundären Rechtsschutz nicht bis zur — zeitlich überhaupt nicht abzusehenden — Verabschiedung eines neuen Staatshaftungsgesetzes zu warten, sondern sich dieser Aufgabe möglichst bald zu unterziehen.

II. Heutige Rechtslage Heute ist de constitutione lata — leider — um eine Zuständigkeit der 3 4 6 ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über die hier in Rede stehenden Ansprüche nicht herumzukommen. Nach der jetzigen Fassung des Art. 14 Abs. 3 G G sind ausschließlich die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung im Rahmen des „sekundären Rechtsschutzes", d. h. zur Entscheidung über die Höhe der Entschädigung berufen. In der Zeit vor der Naßauskiesungs-Entscheidung ist der B G H von dem von ihm herausgebildeten „weiten" Enteignungsbegriff ausgegangen. 1 0 8 Er hat dementsprechend angenommen — und durfte wohl auch annehmen —, daß alle Ansprüche, die aus den diesem Enteignungsbegriff zugrundeliegenden Tatbeständen hergeleitet wurden, solche aus „Enteignung" im Sinne des 106 107 108

BGBl. I 553. BVerfGE 61, 149. S. dazu oben Rdn. 61 f.

236

5. Teil. Entschädigung und Rechtsweg

Art. 14 Abs. 3 G G seien und demzufolge für die G e l t e n d m a c h u n g der daraus sich ergebenden Entschädigungsansprüche die ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben sei. Wenn m a n jetzt a n n e h m e n will, d a ß heute aufgrund gewandelter Rechts-

347

auffassung nur n o c h die von dem „ e n g e n " förmlichen E n t e i g n u n g s b e g r i f f 1 0 9 des B V e r f G erfaßten T a t b e s t ä n d e als „ E n t e i g n u n g e n " im Sinne des Art. 14 Abs. 3 G G anzusehen sind, dann ergibt sich folgendes: Von Verfassungs wegen ist die Zuständigkeit der ordentlichen G e r i c h t e nur n o c h gegeben für die G e l t e n d m a c h u n g der Entschädigungsansprüche, die aus von diesem engen Enteignungsbegriff erfaßten T a t b e s t ä n d e n hergeleitet werden. Im Ergebnis bleibt es aber auch für die G e l t e n d m a c h u n g derjenigen Entschädigungsansprüche, die vor der Naßauskiesungs-Entscheidung n o c h als solche aus „Ente i g n u n g " angesehen wurden, jetzt aber so nicht mehr zu qualifizieren sind, bei der Zuständigkeit der ordentliche G e r i c h t e . Dies ergibt sich freilich allein aus den — einfach gesetzlichen — Bestimmungen des § 4 0 V w G O . D e r B G H verneint nach seiner heutigen Rechtsprechung die rechtliche M ö g l i c h k e i t , Art. 14 G G selbst n o c h als Rechtsgrundlage für Ansprüche aus den hier in R e d e stehenden Eigentumsbeeinträchtigungen

heranzuziehen.110

Er sieht die Rechtsgrundlage für diese Ansprüche ausschließlich in den die G r u n d l a g e für den „ A u f o p f e r u n g s a n s p r u c h " bildenden und auf der E b e n e des einfachen R e c h t s angesiedelten Bestimmungen der §§ 7 4 , 7 5 EinlPreußA L R 1 1 1 oder in sonstigen einschlägigen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften.112 N a c h dieser R e c h t s p r e c h u n g ergibt sich die Zuständigkeit der ordentlichen G e r i c h t e aus der B e s t i m m u n g des § 4 0 Abs. 2 V w G O , nach der zur Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche aus „Aufopferung für das allgemeine W o h l " die ordentlichen G e r i c h t e berufen sind. Soweit es bei diesen Ansprüchen um solche aus

„enteignungsgleichem

E i n g r i f f " g e h t , 1 1 3 b e s t i m m t § 4 0 Abs. 2 Satz 2 V w G O dafür n o c h m a l s ausdrücklich die Zuständigkeit der ordentlichen G e r i c h t e . 1 1 4 E s ist zu wünschen, d a ß dieser heutige Rechtszustand bald der Vergangen-

348

heit angehört und endlich ein einheitlicher R e c h t s w e g für den primären und den sekundären Rechtsschutz geschaffen wird. 109 110 111 112 113 114

S. S. S. S. S. S.

dazu dazu dazu dazu dazu auch

oben Rdn. 64 f. oben Rdn. 85. oben Rdn. 85. oben Rdn. 85. oben Rdn. 121 ff. Rinne DVB1. 1994, 23 ff.

Sachverzeichnis Die Zahlenangaben beziehen sich auf die Randnummern

Abbauverbot 267 Abdeckerei — und Eigentumsschutz 26 Abfallentsorgung 167 Abwassereinleitung — Sozialpflichtigkeit des Eigentums 147 Abwehranspruch — Eigentumsbeeinträchtigung 134 Administrativ-Enteignung 64, 70, 180 Änderung — tatsächlicher/rechtlicher Gegebenheiten 296 ff Ärztewerbung 203 Ärztliche Überversorgung 205 Allgemeine Bedingungen — für Elektrizitätsversorgung 193 Allgemeines Wohl — und Sozialbindung des Eigentums 72, 141 Altbauwohnungen — Preisbindung 186 Anlieger-Gemeingebrauch — Schutz des Gewerbebetriebs gegen Beschränkungen 238, 291 ff Anschluß- und Benutzungszwang 168 ff Anspruch — Nichterfüllung 114 Anspruchsdurchsetzung — Staatliche Maßnahmen zum Zwecke der 128 Apothekenrecht 172 Arbeitsförderungsgesetz — Unterhaltsgeld, Eigentumsschutz 26 Arbeitslosengeld — Eigentumsschutz 26

Arbeitslosenhilfe — Eigentumsschutz 27 Arzneimittelverkauf 203 Atomrecht 214, 216 Aufopferung — Bürgerlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch 134 — Eigentum 107 — und Enteignung 3, 7, 9, 70 — und enteignungsgleicher Eingriff, enteignender Eingriff 86 — Körperliche Unversehrtheit 61 — Kriegsschäden 2 — Mitverschulden 138 — Polizeilicher Notstand 2 — PreußALR 1 — Rechtmäßigkeit des Eingriffs 8 — Rechtsweg 347 Ausschachtungsarbeiten — Eigentumseingriff 120 Ausstattung des WZG — Eigentumsschutz 26 Bauarbeiten — und Anlieger-Gewerbebetrieb 295 Bauerlaubnis — Versagung beantragter 121 Baulandverfahren 341 BaumschutzVO 267 BaunutzungsVO 249 Bauordnungsrecht — Inhaltsbestimmung des Eigentums 243 Bauplanungsrecht — Inhaltsbestimmung des Eigentums 244 — und Nutzbarkeit anderer Grundstücke 278

Sachverzeichnis

238 Baurecht — Beschränkungen des Eigentümers 241 Baurechtswidriger Zustand — und Eigentumsgarantie 36 Bausperren — Entschädigungsbemessung 335 Beamtenrecht — und Eigentumsschutz 26 Bebauungsplan — und Abwägungsgebot 130 Behördenuntätigkeit 115 Beitrittsgebiet — Denkmalschutz 272 — Naturschutz 266 Benutzungszwang 168 ff Benzinbleigesetz 214 Bergrecht 173 ff Berlin — Wohnungsmarktverhältnisse 186 Bestandsgarantie — für das Eigentum 151, 99 — für das Eigentum und Wertgarantie 54, 55 Bestattungseinrichtungen — Anschluß- und Benutzungszwang 168 Betriebsinhaber — Schutzgrenzen für seinen Gewerbebetrieb 280 ff Bevorratungspflicht 228 Bewertungsmethode — Entschädigungsbemessung 317 Bodenversiegelung — Eigentumseingriff 113, 133 Buchendom 267 Bürgerlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch — Enteignender Eingriff, enteignungsgleicher Eingriff (Abgrenzung) 134 Bürgerliches Recht — Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums 183 ff Bundesgerichtshof — Amtshaftung, Enteignung, Aufopferung (Verhältnis) 61

— Eigentumsbegriff (Rechtsprechung) 21 Bundessozialgericht — Eigentumsbegriff (Rechtsprechung)

20 Bundesverfassungsgericht — Eigentumsbegriff (Rechtsprechung) 19, 25 — Eigentumsgarantie (Rechtsprechung) 34 — Enteignungsbegriff (Rechtsprechung) 64 ff — Enteignungsgleicher Eingriff (Rechtsprechung) 94 — Naßauskiesungsentscheidung s. dort — Schulbuch-Entscheidung 94 Bundesverwaltungsgericht — Eigentumsbegriff (Rechtsprechung) 21 Chancen

296

Daseinsvorsorge — Anschluß- und Benutzungszwang 168 Datenschutz — und Eigentumsgarantie 191 D D R , frühere — Eigentumsgarantie und Enteignungen 83 Denkmalschutz 163, 269 ff Deponieanlage — Eigentumseingriff 135 Dulde und liquidiere 100, 161 Duldungspflichten — aufgrund Sozialpflichtigkeit des Eigentums 143 Eherecht — und Eigentumsgarantie 189 Ehescheidungsfolgenrecht — und Eigentumsgarantie 189 Eigentümer — und Sozialbindung des Eigentums 141

Sachverzeichnis Eigentum — Aufopferung 107 — Bestandsgarantie 151 — Bürgerliche Rechtsbeziehungen 153 — Bürgerliches Recht und Inhalts- und Schrankenbestimmungen 183 ff — Bundesgerichtshof-Rechtsprechung 22 — BundessozialgerichtRechtsprechung 20 — BundesverwaltungsgerichtRechtsprechung 21 — BVerfG-Rechtsprechung 19 — Chancen, Erwartungen 17 — Duldungspflichten aufgrund der Sozialbindung 143 — und Eigentumsschutz 24 — Eingriff 108 ff — Einzelfälle des Eigentumsschutzes 26 — Enteignung und Eigentumsbegriff 3,4 — Geldleistungspflichten 16 — Gewerbebetrieb als — 281 ff — Grundeigentum, Grundwasser 25 — Grundgesetzlicher Begriff 10 ff — und Grundstücksgrenze 278 — Inhalts- und Schrankenbestimmung 34, 94, 95, 149, 151, 155 — Inhalts- und Schrankenbestimmung, Abgrenzung zulässiger/unzulässiger 103 — Krisenzeiten 157 — Maßnahmengesetz 152 — Naßauskiesungsentscheidung s. dort — Öffentliches Recht 19 — Preußisches O V G 14 — Privateigentum 13 — Privatrechtlicher Eigentumsbegriff BGB § 903 14 — als Recht geschütztes 234 — als Rechtsposition 12, 17, 19, 101 — Sacheigentum 23 - S o z i a l b i n d u n g 14, 140 ff, 151

239 — Spannungsverhältnis Staat/Einzelner 152 ff — Substanzgarantie 155 — Unmittelbarkeit einer Beeinträchtigung 111 ff — Verfügungsfähigkeit 13 — und Vermögen 16 — Vermögenswerte Rechte 15 — Weimarer Verfassung 10, 15 Eigentumsbeeinträchtigung — Eingriff, Unmittelbarkeit einer 104, 105 — und Entschädigungsbemessung 318 — Intensität und Schwere 157 — und nachbarrechtlicher Aufopferungsanspruch 134 Eigentumsentziehung — Maßnahmen 81 Eigentumsgarantie — Bestandsgarantie vor Wertgarantie 54, 55 — Bestandsgarantie und Wertgarantie, Verhältnis 99 — BVerfG-Rechtsprechung 34 — D D R , frühere 83 — und Eigentumsbeeinträchtigung 62 — Gewerbebetrieb, Schutz 280 ff — Grundrecht 28 — Inhalts- und Schrankenbestimmungen 34 — Institutsgarantie 30 — Juristische Personen 44 ff — Kriegsfolgen 82 — Neues Recht 34, 35 — Pflichtexemplar-Entscheidung 94 — Rechtspositionen, schutzwürdige 36 — Rechtsschutz, effektiver 37 — Rechtsschutz, Folgen der Nichtinanspruchnahme eines primären Schutzes 57 — Rechtsträgergarantie 31 — Reichweite, konkrete 34 ff — Rückerwerbsrecht bei nichtverwirklichtem Enteignungszweck 38 ff

Sachverzeichnis

240 — — — —

Sachbestandsgarantie 32 Schutz Art 14 GG 29 Schutzgrenzen 301 Schutzzweck von Einschränkungen 157 — Substanzgarantie und Wertgarantie, Verhältnis 53 ff — Verhältnismäßigkeit 35 — Vertrauensschutz 35 — Weimarer Verfassung 33 — Wertgarantie 32, 53 ff, 99 — Wohnungsmietrecht 186 Eingriff — Eigentumsbeeinträchtigung 105, 108 ff — und Einheitlichkeit der Entschädigung 315 Eisenbahnkreuzungsgesetz — Eigentumsschutz 26 Energieversorgung — und Eigentumsgarantie 192 ff Enteignender Eingriff — und Aufopferungsanspruch, bürgerlich-rechtlicher 134 — und Aufopferungstatbestand 86 — Baurecht 247 — Begriff, Fälle 62, 119, 120 — und Enteignung 117, 118 — Entschädigung 85 ff — und Naßauskiesungsentscheidung 85 — Rechtmäßigkeit des Eingriffs 119 — Rechtsschutz, primärer 117 Enteignung — Administrativ-Enteignung 180, 64, 70 — aufgrund Gesetz oder Verwaltungsakt 64 — aufgrund Verordnung, Satzung 67 — und Aufopferungstatbestand 3, 7, 9 — Begriff 62, 64 — Bergbau (Grundabtretung) 180 — BVerfG-Begriff 64 ff — D D R , frühere 83

— Eigenverschulden des Betroffenen 57 — Eingriff, Unmittelbarkeit einer 105, 108 — und Energieversorgung 195 — und enteignender Eingriff 117, 118 — und enteignungsgleicher Eingriff 91 — und Entschädigung 92 — Gesetz im Sinne Art 14 Abs. 3 G G 66 — Gesetzgebung und unmittelbarer Eingriff als 5 — und Gesetzgebungskompetenz 68 — vor Grundgesetz-Inkrafttreten 80 — Güterbeschaffungsvorgang 70 — und Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums 160 — oder Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums 162 — Junctim-Klausel 76 ff — Kriegsfolgen 82 — Legalenteignung 64, 70 — Naßauskiesungsentscheidung 60 ff — Naturschutz und Landschaftsschutz

262 — — — — — — — — — — —

— — — —

Öffentliche Aufgaben 73 und Planungsrecht 249 Preußische Verfassung 1850 3 Rechtmäßigkeit des Eingriffs 8 Rechtswidrige Maßnahmen 61 Reichsgericht-Rechtsprechung 6 ff Rückerwerbsrecht bei nichtverwirklichtem Zweck 38 ff Salvatorische Klauseln 79 Schwere des Eingriffs 166 Sonderopfer 162, 6 Sozialbindung des Eigentums, Abgrenzung zur entschädigungspflichtigen 103 Sozialbindung des Eigentums 79, 165 ff Weimarer Verfassung 4 ff Wohl der Allgemeinheit 72 zugunsten Privater 75

Sachverzeichnis Enteignungsgleicher Eingriff — und Aufopferungsanspruch, bürgerlich-rechtlicher 134 — und Aufopferungstatbestand 86 — Begriff 107, 62 — BVerfG-Rechtsprechung 93 — Dauerhafter Eingriff 126 — Eigenverschulden des Betroffenen 57 — Eingriff, Unmittelbarkeit eines 105, 108 — und Enteignungstatbestand, allgemeiner 63, 91, 117, 118 — Entschädigung 85 ff — Formeller Fehler 127 — Gesundheitsgefahren 144 — Inhalt, Bedeutung 87 — Mitverschulden 138 — und Naßauskiesungsentscheidung 85 — Rechtssetzungsakt 110 — Rechtsweg 347 — Rechtswidrigkeitsfrage 107, 121 — und Sozialbindung des Eigentums 87 — Staatliche Maßnahmen im privaten Interesse 128 — und Staatshaftung 107, 87 — Viehseuchengesetz 144 Entschädigung — Ausgleichsfunktion 309 — Bausperren und Entschädigungsbemessung 335 ff — Berechtigte 302, 303 — Bergbauberechtigung und Oberflächeneigentümer 176 — und Bestandsgarantie des Eigentums 99 — Bewertungsmethoden 317 — Dulde und liquidiere 161 — Eingriff, Unmittelbarkeit einer Enteignung 105 — Einheitlichkeit der — 315 — und Enteignung 92

241 — Enteignung außerhalb förmlicher Verfahren 94 — Enteignungsgleicher Eingriff (Fälle) 125 ff — Enteignungsgleicher Eingriff, enteignender Eingriff 85 ff — Festsetzung, Methodik 317, 318 — Folgeschäden, Ersatz 313 ff — Formeller Fehler 127 — Gesundheitsgefahren 144 — Gewerbebetrieb und Entschädigungsbemessung 334 — Gewerbebetrieb, Eingriff 284 — Grundgesetz Art 14 als Rechtsgrundlage 85 — Grundstücksenteignung und Entschädigungsbemessung 320 ff — H ö h e 310 ff — Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums, bloße 94 ff, 160 — Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums oder Enteignung 162 — Junctim-Klausel 76 ff — Junctim-Klausel, nicht beachtete 97, 98 — Mietrechte und Pachtrechte, Entschädigungsbemessung bei Eingriffen 339 — Mitverschulden 138, 139 — Mitverursachung 312 — Naturschutz und Landschaftsschutz 262, 267 — Opfergrenze und Wertausgleich 310 — Ordentliche Gerichtsbarkeit 346 — Prozessuale Hinweise 340 — Rechtliche Grundlagen 307 ff — Rechtsschutz, sekundärer 343 — Rechtsweg, Reformfrage 344 — Rechtswidrigkeit des Eingriffs, Bedeutung 101 — Revisibilität 316 — Rückübereignung vom früheren Eigentümer 41 — Salvatorische Klauseln 79 ff

242 — Schätzung (§ 287 ZPO) 316 — Sinn und Zweck 309 — Situationsgebundenheit des Grundeigentums 253 — Sozialbindung des Eigentums, Abgrenzung zur entschädigungspflichtigen Enteignung 103, 143 ff — Teilbetrag, Teilurteil 315 — Teilenteignung und Entschädigungsbemessung 333 — Vergleichswertmethode 317 — Verjährung 342 — Verpflichtete 304 ff — Verzinsung 318 — Vorkonstitutionelle Enteignung 80 — Vorteilsausgleichung 311 — Wertermittlung 317 — Zeitpunkt, maßgeblicher 329 ff Erbbaurecht — Eigentumsschutz 26 Erfindung — Eigentumsschutz 26 Europäischer Gerichtshof — Umweltschutz 215 Fährbetrieb — Eigentumseingriff 120 Fährgerechtigkeiten — Eigentumsschutz 26 Familienrecht — und Eigentumsgarantie 189 Fischereirechte — Eigentumsschutz 26 Fluglärm 214 Fluglotsenstreik — Beeinträchtigung von Gewerbebetrieben 112 Flurbereinigung — und Eigentumsgarantie 196 ff — Festsetzung der Geldentschädigung 341 Folgeschäden — Entschädigung für 313, 314 Forstrecht 218 ff

Sachverzeichnis Gebietserklärungen — Eigentumseingriff 113 Gebietskörperschaften — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 49 Geldleistungspflichten — Auferlegung 16, 284 Gemeinden — Anschluß- und Benutzungszwang 169 — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 48 — Versagung des Einvernehmens § 36 BauGB 131 — Vorkaufsrecht 231 Gemeingebrauch — des Anliegers 238 — Gewerbebetrieb und Anliegerbeschränkungen 291 ff Gemeinwohlkausel 72 ff Gesellschaftsrecht — und Eigentumsgarantie 187 Gesetz — und Enteignung 66 Gesetzesänderung 298 Gesetzgebung — Eigentumsbeschränkungen 157 — und Entschädigung 2 — und Sozialbindung des Eigentums 142 Gesundheitsgefahren — und enteignungsgleicher Eingriff 144 Gesundheitsstrukturgesetz 204 Gesundheitswesen 200 ff Gewerbebetrieb — Änderung tatsächlicher/rechtlicher Gegebenheit 296 ff — Anlieger-Gemeingebrauch, Beschränkungen 291 ff — als Eigentum 281 ff — Eigentumsschutz 26 — Eigentumsschutz und gegenwärtiger Zustand 286 ff

Sachverzeichnis — und Einführung eines Benutzungszwanges für öffentliche Einrichtungen 170 — Entschädigungsbemessung 334 — Grundstückseingriff 290 — Schutzgrenzen 280 ff — Unmittelbare Eigentumsbeeinträchtigung 112 Gewerbeordnung — Eingriffe von hoher H a n d 137 Gleichberechtigung — und Eherecht 189 Gleichheitsgrundsatz — und Sonderopfer 162 Grabstellenrecht 207 Grenzwerte — Verkehrslärmimmissionen 217 Grundabtretung 180 Grundgesetz s. Verfassungsrecht, Verfassungsmäßigkeit Grundstück, Grundvermögen — Baurechtbeschränkungen 241 ff — Bausperren 335 ff — Bergbauberechtigung und Oberflächeneigentümer 175 — Eigentum und Grundstücksgrenze 278 — und Energieversorgung 192 — Enteignender, enteignungsgleicher Eingriff 137 — und Entschädigungsbemessung 320 ff — Flurbereinigung, städtebauliche Umlegung 196 — Gewerbegrundstück, Schutz gegen Eingriffe 290 — Grundstückskomplex, Geschlossenheit als Rechtsposition 239 — Hausnummernbeleuchtung 231 — Mitverursachung und Entschädigungsbemessung 312 — Nachbarrecht (privates, öffentliches) 273

243 — Nachbarrechtlicher Aufopferungsanspruch 134 — Naßauskiesungsentscheidung, Bedeutung 323 — Natur- und Landschaftsschutz 257 ff — Nutzbarkeit anderer Grundstücke 278 — Qualität des beeinträchtigten Objektes 322 — Schutzgrenzen, verfassungsmäßige 234 ff — Situationsgebundenheit 127 — Situationsgebundenheit 148, 208, 250 ff — Substanz des Grundeigentums 236 ff — Vorwirkungen einer Eigentumsbeeinträchtigung 326 — Wiederaufbau, untersagter 145 — Wohnungsbewirtschaftung 230 — Zeitpunkt für die Entschädigungsbemessung 325 — Zugänglichkeit des Grundstücks 237 Grundwasser — und Eigentumsschutz

25

Haftung — für staatliches Unrecht 87, 88 Hochwasserschutzmaßnahmen — Eigentumseingriff 112, 120, 208 Hoheitliche Maßnahme — Eingriff bei der Eigentumsbeeinträchtigung 108 Holzeinschläge 229 Immissionsempfindliche Grundstücksnutzung — Eigentumseingriff 130 Inhalts- und Schrankenbestimmungen 149, 151, 155 — Abgrenzung zulässiger/unzulässiger des Eigentums 103

244 — Bürgerliches Recht 183 ff — Eigentum, Eigentumsgarantie 34, 94, 95 — Einzelne Rechtsgebiete 167 ff — Verfassungswidrigkeit einer 232 Innungen, Innungsverbände — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 50 Institutsgarantie — für das Eigentum 30 Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG 249 Jagdausübungsrecht — Eigentumsschutz 26 Jagdgenossenschaft — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 51 Jagdrecht 209 ff Junctim-Klausel 76 ff — Enteignung aufgrund Naturschutz, Landschaftsschutz 263 — Entschädigungspflichten bei Nichtbeachtung 97, 98 — Warnfunktion 97 Juristische Personen — Eigentumsschutz 44 ff Kassenarztpraxis — Eigentumsgarantie 26, 204 Kirchen — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 46 Kläranlage — Eigentumseingriff 120 Klage, Klagbarkeit — Enteignungsentschädigung 340 Körperliche Unversehrtheit — Eingriff 61 Konkursverfahren — Rechtswidrige Eröffnung 128 Kostendämpfungsergänzungsgesetz

201

Kriegsschäden

Sachverzeichnis — und Eigentumsgarantie 82 — und Entschädigung 2 Kulturhistorische Funde 231 Ladenschlußregelung 172 Landschaftsschutz 163, 217, 257 ff Landschaftsschutzgebiet — Planung, Festsetzung 267 Lastenausgleichsgesetz — Eigentumsschutz für Ansprüche 27 Lastengleichheit 162 Lebensmittel — Überwachungen, Untersuchungen 146 Legalenteignung 64, 70 Maschinelle Anlagen — Eigentumseingriff 129 Mietrecht — Eigentumsschutz 26 — Entschädigungsbemessung bei Eingriffen 339 — Schutzgrenzen 301 — Wohnraumbewirtschaftung 230 — Wohnungsmietrecht 186 Milcheinzugsgesetz 229 Mineralölprodukte 228 Mitbestimmungsurteil — und Eigentumsgarantie 187 Mitgliedsbeiträge — für öffentlich-rechtliche Körperschaften 16 Mitverschulden — Aufopferung, enteignungsgleicher Eingriff 138 Mitverursachung — und Entschädigungsbemessung 312 Mühlenstrukturgesetz — Vermahlungsgesetz 228 Müllabfuhr — Anschluß- und Benutzungszwang 168, 171 Mülldeponie — Ablagerungen 112, 120

Sachverzeichnis Nachbarrecht — und Grundstückseigentümer 273 ff Nachbarrechtlicher Aufopferungsanspruch 134 Naß- und Feuchtgebiete 267 Naßauskiesungsentscheidung 106, 118, 223, 25, 347, 53, 56, 60, 85, 92, 93 Naturrecht — und Aufopferungsgedanke 1, 3 Naturschutz 163, 217, 257 ff Nichtrechtsfähige Personengruppe — Eigentumsschutz 44 Öffentliche Einrichtungen — Benutzungszwang 170 Öffentliches Interesse — und Wohl der Allgemeinheit 73 Öffentliches Recht — Eigentumsbegriff und Rechtsposition aufgrund — 19 — Juristische Personen, Eigentumsschutz 46 Pachtrecht — Eigentumsschutz 26 — Entschädigungsbemessung bei Eingriffen 339 — Schutzgrenzen 301 Pflichtexemplar-Entscheidung 94 Planfeststellungsverfahren — Schutzauflage 249 Plangewährleistungsanspruch 249 Planung — und Enteignungsrecht 249 Polizeilicher Notstand — Aufopferung 2 Polizeirecht — und Sozialpflichtigkeit des Eigentums 213 Preisrecht 228 Preußische Kabinettsorder — Kriegsschäden und Enteignung 2 Preußische Verfassung — Enteignung, Entschädigung 3

245 Preußisches Allgemeines Berggesetz 174 Preußisches ALR — Aufopferung 1 Private — Enteignung zugunsten — 75 Private Interessen — Staatliche Maßnahmen zur Wahrung von 128 Privateigentum 13, 34 Privatnützigkeitstheorie — Abgrenzung Enteignung/Sozialbindung 165 Privatrechtlicher Eigentumsbegriff 14 Prozeß — Enteignungsentschädigung 340 Rechtliche Gegebenheiten — Änderung 296 Rechtmäßigkeit des Eingriffs — Enteignender Eingriff 119 — Enteignungsentschädigung, Aufopferungsanspruch 8 Rechtspflicht zum Handeln — Unterlassen trotz — 114 Rechtsposition — und Änderung tatsächlicher/rechtlicher Gegebenheiten 296 ff — und Eigentumsbegriff 101, 12, 17, 19, 14 — und Eigentumsgarantie 36 — und tatsächliche Auswirkungen 109 Rechtsschutz — und Eigentumsgarantie 37 — Folgen der Inanspruchnahme primären — 37 — Grundsatz des Vorrangs primären 161 — Reformbedürftigkeit 343 ff Rechtssetzungsakt — als Eingriff 110 Rechtsträgergarantie — für das Eigentum 31 Rechtswidrigkeit des Eingriffs

246 — aufgrund Formfehler 127 — Enteignungsentschädigung 8 — und enteignungsgleicher Eingriff 87, 107, 121 — und Entschädigung 101 — und Entschädigungspflicht 61 — Grenzfälle und Risikotragung 123 — und Sonderopfer 122 Rechtweg — Enteignung, Enteignungsentschädigung 343 ff Reichsgericht — Enteignungsrechtsprechung 6 ff Rentenansprüche — Eigentumsschutz 26 Revisibilität — der Entschädigungsbemessung 316 Rückerwerbsrecht — bei NichtVerwirklichung des Enteignungszweckes 38 ff Rundfunkanstalten — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 46 Sachbestandsgarantie — für das Eigentum 32 Sachwertmethode — Entschädigungsbemessung 317 Salvatorische Klauseln 263, 79 Schadensersatzanspruch — aufgrund Eigentumsbeeinträchtigung 134 Schatzregal 231 Schlachthöfe — Anschluß- und Benutzungszwang 168 Schulbuch-Entscheidung 94 Schwerbeschädigung — und Kündigungsschutz 27 Schweretheorie — Abgrenzung Enteignung/Sozialbindung 165 Situationsgebundenheit 250 ff Sonderopfer

Sachverzeichnis — Abgrenzung Enteignung/Inhalts- und Schrankenbestimmung 162 — und Enteignung 6 — und Rechtswidrigkeit eines Eingriffs 122 Sozialbindung des Eigentums 140 ff — Abgrenzung zur entschädigungspflichtigen Enteignung 103 — Beschränkungen, erfaßte 151 — und Enteignung, Abgrenzung 79, 165 — und enteignungsgleicher Eingriff 87 — Grundstückseigentum 240 — Pflichtexemplar-Entscheidung 94 — Polizeirecht 213 — Rechtswidrigkeit einer Maßnahmen

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— Umweltschutzrecht 214 Sozialisierung 81 Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche — Eigentumsschutz 26 Sparkassen — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 46 Staatshaftung — und enteignungsgleicher Eingriff 107, 87 ff Staatshaftungsgesetz — Nichtigkeit 345 Städtebauliche Umlegung — und Eigentumsgarantie 196 ff Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen — und Privateigentum 249 Steuerarrest — Ungerechtfertigte Anordnung 128 Steuern — Auferlegung 16 Strafrecht — und Eigentumsentziehung 81 Strafverfahren — Eröffnung, unterbliebene 113 Straßenanlieger

Sachverzeichnis — Beeinträchtigung durch U-Bahnbau 120 — Entschädigungsbemessung für Gewerbetreibenden 334 Straßenbauarbeiten — und Anlieger-Gemeingebrauch 295 — Eigentumseingriff 129 Straßenherabstufung 237 Straßenverkehrsimmissionen — Eigentumseingriff 112, 120 Straßenzugang — Anlieger-Gemeingebrauch, Schutz des Gewerbebetriebs 291 ff Stromabnehmer — und Eigentumsgarantie 192 Substanzgarantie — und Wertgarantie für das Eigentum, Verhältnis 53 ff Surrogationsprinzip — Flurbereinigung, städtebauliche Umlegung 196 Tatrichter — und Entschädigungsbemessung 316 Tatsächliche Gegebenheiten — Änderung 296 Technikrecht 268 Teilenteignung — und Entschädigungsbemessung 333 Tierarzt — Befugnis zur Ergänzungsfleischbeschau 27 Treu und Glauben — und Entschädigungsbemessung 311 Überschwemmungsschäden — Eigentumseingriff 112, 132 Umlegung (städtebauliche) — und Eigentumsgarantie 196 ff Umwandlungsgesetz — und Eigentumsgarantie 187 Umwelteinwirkungen — und Planfeststellung 249 Umweltschutzrecht

247 — und Sozialpflichtigkeit des Eigentums 214 Umweltverträglichkeitsprüfung 215 Universitäten — Grundrechtsfähigkeit, Eigentumsschutz 46 Unmittelbarkeit — Eigentumsbeeinträchtigung 105, 108 ff — Konkretisierung 111 ff Unterhaltsrecht — und Eigentumsgarantie 189 Unterlassen — als Eigentumseingriff 114 ff Urheberrecht — und Eigentumsgarantie 26, 188 Verfassungsrecht, Verfassungsmäßigkeit — Eigentümerbegriff, grundgesetzlicher 10 ff — Eigentum, Inhalts- und Schrankenbestimmung und Entschädigung 96 — Eigentumsentziehung 81 — Eigentumsgarantie 28 ff — Eigentum, Sozialbindung 140 ff — Enteignung 64 — Enteignung und Entschädigung 92 — Enteignung und Rechtswegfrage 347 — Gleichheitsgrundsatz und Sonderopfer 162, 163 — Grundeigentümer, geschützte Rechtsposition 137 — Inhalts- und Schrankenbestimmung, verfassungswidrige 232 — Juristische Personen, Eigentumsschutz 44 ff Vergleichswertmethode — Entschädigungsbemessung 317 Verhältnismäßigkeit — Abgrenzung Enteignung/Sozialbindung 146, 165 — und Eigentumsgarantie 35

248 — Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums 157 Verjährung — Entschädigungsanspruch 342 Verkehrslärmimmissionen — Grenzwerte 217 Verkehrswertmethode — Entschädigungsbemessung 317 Verkehrswidmung 292 Verleger — Pflichtexemplar-Entscheidung 94 Vermögen — und Eigentumsschutz 16 Vermögenswerte Rechtspositionen — und Eigentumsbegriff 14 Versorgungsausgleich — und Eigentumsgarantie 189, 190 Versorgungsunternehmen — und Energieversorgung 192 ff Vertrauensschutz — und Eigentumsgarantie 35 Verwaltungshandeln — Versagung erbetenen — 116 Verwirkung — Eigentumsentziehung 81 Viehseuchengesetz 144 Vorkaufsrecht — aufgrund Bergbaurecht 181 — der Gemeinden 231 Vorteilsausgleich — und Entschädigungsbemessung 311 VW-Privatisierungsgesetz — und Eigentumsgarantie 187 Waldrecht 218 ff Waldschäden — Eigentumseingriff 113 Warenzeichenrecht — und Eigentumsgarantie 188 Wasserbuch — Abwassereinleitungen 147 Wasserhaushaltsgesetz — und Naßauskiesungsentscheidung 25

Sachverzeichnis Wasserrecht — Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums 223 Wasserstraßenrecht — Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums 226 Wasserversorgung — Anschluß- und Benutzungszwang 168 Weimarer Verfassung — Eigentumsbegriff 4, 10 — Eigentumsgarantie 33 — Enteignung und Entschädigung 6 Weinbau — Reblausbekämpfung 231 Wertermittlungsmethode — Entschädigungsbemessung 317 Wertgarantie — und Bestandsgarantie für das Eigentum, Verhältnis 53 ff — für das Eigentum 32, 99 Wettbewerbswidriges Verhalten — und Eigentumsgarantie 36 Wildschaden — Eigentumseingriff 129 Wirtschaftslenkung 149 Wirtschaftsrecht — Eigentumsbindungen, Eigentumsbeschränkungen 227 ff Wohl der Allgemeinheit 72 — und Sozialbindung des Eigentums 141 Wohlerworbene Rechte — und Aufopferungsgedanke 1 Wohnraumbewirtschaftung 230 Wohnungsmietrecht 186 Wohnungswirtschaft 149 Zinsen, Verzinsung — Entschädigung 318, 319 Zwangsversteigerung — Zuschlagserteilung, unrechtmäßige 128 Zweckentfremdungsverbot 186, 230