Etymologische Erklärungen in alfonsinischen Texten 9783110939750, 9783484523401

A number of the vernacular texts stemming from the reign of Alfonso X (king of Castile and León from 1252-1284) discuss

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German Pages 574 [576] Year 2007

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Table of contents :
Vorwort
1 Einführung
2 Die Literaturproduktion unter Alfonso X
2.1 Der alfonsinische Königshof als kulturelles Zentrum
2.2 Untersuchte Texte
3 Etymologie und Etymologisieren. Kritische Betrachtung der sprachwissenschaftlichen Terminologie
3.1 Etymologie als Bezeichnung für eine Wissenschaft bzw. eine geistige Tätigkeit
3.2 Etymologie als Bezeichnung für Gesichtspunkte der Entwicklung eines einzelnen Wortes
3.3 Etymologie als Bezeichnung für eine etymologische Erklärung
3.4 Etymon, Etymologie und Wortgeschichte
3.5 Volksetymologie, Wortschatzbedeutung und Wortbildungsbedeutung
3.6 Verwendung der Begriffe in dieser Arbeit
4 Die vorwissenschaftliche Etymologie der Antike und des lateinischen Mittelalters und die Unterschiede zur modernen Etymologie
4.1 Das Wort und seine Etymologie in Piatons Kratylos
4.2 Das Wort und seine Etymologie bei Aristoteles
4.3 Die etymologischen Überlegungen der Stoiker
4.4 Etymologie und Etymologisieren in der römischen Antike
4.5 Etymologische Praxis in der Antike
4.6 Die Etymologiarum sive originum libri XX des Isidor von Sevilla
4.7 Die lateinische Etymologie des europäischen Mittelalters
4.8 Die vorwissenschaftliche und die moderne Etymologie im Vergleich
5 Wortvorstellung und Worterklärungen in den untersuchten alfonsinischen Texten
5.1 Die moderne Vorstellung vom sprachlichen Zeichen und die Wortvorstellung in den untersuchten alfonsinischen Texten im Vergleich
5.2 Worterklärungen in den alfonsinischen Texten
6 Die etymologischen Erklärungen der alfonsinischen Texte in der bisherigen Forschung
6.1 Herbert Allen van Scoy
6.2 Wilhelm Georg Messmer
6.3 José Gregorio Simón
6.4 Jean Roudil
6.5 Ricardo Escavy Zamora
6.6 Hans-Josef Niederehe
6.7 Rafael Lapesa
6.8 Laura María Rubio Moreno
6.9 Juan Lodares
7 Formale Betrachtung der alfonsinischen etymologischen Erklärungen
7.1 Bestandteile der etymologischen Erklärung
7.2 Formulierungsstrategien in den etymologischen Erklärungen
8 Inhaltliche Betrachtung der alfonsinischen etymologischen Erklärungen
8.1 Arten erklärter Explicanda
8.2 Etymologische Herleitung der Wortform
8.3 Etymologische Herleitung der Bedeutung
8.4 Verschiedene etymologische Herleitungen eines Explicandums
9 Originalität der alfonsinischen etymologischen Erklärungen
9.1 Übernahme von in den Quellentexten erklärten Etymologien
9.2 Original alfonsinische Etymologien
9.3 Gibt es in den alfonsinischen Texten expositiones?
10 Der theoretische Hintergrund der alfonsinischen etymologischen Erklärungen
10.1 Nachahmung des Erklärungs-«Modells» der Vorlagen
10.2 Die Bedeutung der alfonsinischen etymologischen Erklärungen
11 Zusammenfassung
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
I Abgekürzte Textausgaben
II Abgekürzte Nachschlagewerke
III Wissenschaftliche Literatur
Anhänge
Anhang I: Überlieferung der Estoria de España: Versión primitiva, versión amplificada de 1289 und Primera Crónica General und ihr Verhältnis zueinander
Anhang II: Die etymologischen Erklärungen der untersuchten alfonsinischen Texte in der Reihenfolge ihres Auftretens
Anhang III: Alphabetisches Verzeichnis der Namen und Wörter, die in den untersuchten alfonsinischen Texten etymologisch erklärt werden
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Etymologische Erklärungen in alfonsinischen Texten
 9783110939750, 9783484523401

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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE P H I L O L O G I E B E G R Ü N D E T V O N GUSTAV G R Ö B E R HERAUSGEGEBEN VON GÜNTER HOLTUS

Band 340

ANDREAS BLUM

Etymologische Erklärungen in alfonsinischen Texten

MAX NIEMEYER V E R L A G T Ü B I N G E N 2007

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein und der Kurt-Ringger-Stiftung, Mainz Von der Philosophischen Fakultät II der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Herbst 2005 als Dissertation angenommen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 9783-484-52340-1

ISSN 0084-5396

© Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007 Ein Imprint der Walter de Gruyter G m b H & Co. K G http://www. niemeyer. de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Satz: Büro Heimburger, Mössingen Druck: A Z Druck und Datentechnik G m b H , Kempten Einband: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach

Inhalt

Vorwort

XIII

1

Einführung

1

2

Die Literaturproduktion unter Alfonso X

7

3

4

2.1 Der alfonsinische Königshof als kulturelles Zentrum 2.1.1 Alfonso X. als Diplomat und Stratege 2.1.2 Alfonso X. als Förderer der Bildung 2.1.3 Gründe fur die Verwendung der Volkssprache 2.1.4 Die Texte als Werk des Königs 2.2 Untersuchte Texte 2.2.1 Printern Crönica General 2.2.2 General Estoria 2.2.3 Siete Partidas

7 7 8 11 12 14 15 18 20

Etymologie und Etymologisieren. Kritische Betrachtung der sprachwissenschaftlichen Terminologie

23

3.1 Etymologie als Bezeichnung für eine Wissenschaft bzw. eine geistige Tätigkeit 3.2 Etymologie als Bezeichnung für Gesichtspunkte der Entwicklung eines einzelnen Wortes 3.3 Etymologie als Bezeichnung für eine etymologische Erklärung 3.4 Etymon, Etymologie und Wortgeschichte 3.5 Volksetymologie, Wortschatzbedeutung und Wortbildungsbedeutung 3.6 Verwendung der Begriffe in dieser Arbeit

24 25 25 28 30

Die vorwissenschaftliche Etymologie der Antike und des lateinischen Mittelalters und die Unterschiede zur modernen Etymologie

31

23

4.1 Das Wort und seine Etymologie in Piatons Kratylos 4.1.1 Die Bedeutung des Kratylos für die Sprachphilosophie 4.1.2 Die Frage nach der «Richtigkeit der Wörter» 4.1.3 Sprachentwicklung und deren Berücksichtigung beim Etymologisieren 4.2 Das Wort und seine Etymologie bei Aristoteles

31 31 32 34 35 V

5

4.3 Die etymologischen Überlegungen der Stoiker 4.3.1 Der theoretische Hintergrund 4.3.2 Die Entstehung der «Urwörter» 4.3.3 Die Bildung der «sekundären Wörter» 4.4 Etymologie und Etymologisieren in der römischen Antike 4.4.1 Übernahme der theoretischen Grundlagen und Weiterentwicklung der Praxis 4.4.2 Etymologische Herleitung von Eigennamen 4.4.3 Die vier Stufen etymologischer Erkenntnis 4.5 Etymologische Praxis in der Antike 4.6 Die Etymologiarum sive originum libri XX des Isidor von Sevilla . . . 4.6.1 Der Text und seine Bedeutung 4.6.2 Etymologie-Definition und Verwendung des Begriffes etymologia 4.6.3 Benennungsprinzipien 4.6.4 Die lautliche Seite der Etymologie 4.7 Die lateinische Etymologie des europäischen Mittelalters 4.7.1 Die Rezeption Isidors am Beispiel von Hugo von St. Viktor.. 4.7.2 Traditionelle Etymologie und expositio 4.7.3 Mittelalterliche Etymologiesammlungen 4.8 Die vorwissenschaftliche und die moderne Etymologie im Vergleich

48 50 58 59 59 61 65 66

Wortvorstellung und Worterklärungen in den untersuchten alfonsinischen Texten

71

5.1 Die moderne Vorstellung vom sprachlichen Zeichen und die Wortvorstellung in den untersuchten alfonsinischen Texten im Vergleich 5.1.1 Die Vorstellung der modernen Sprachwissenschaft vom Verhältnis zwischen Wort und Sache 5.1.2 Eine einfachere Vorstellung vom Verhältnis zwischen Wort und Sache 5.1.3 Die Wortvorstellung in den untersuchten alfonsinischen Texten 5.1.3.1 Verwendung von cosa, nombre und palabra in den alfonsinischen Texten 5.1.3.1.1 cosa 5.1.3.1.2 nombre und palabra 5.1.3.1.2.1 Verwendung zur Unterscheidung zwischen Appellativa und Eigennamen? 5.1.3.1.2.2 Verwendung von nombre wie Nomen? 5.1.3.1.2.3 Verwendung nach «etymologischen» Kriterien 5.1.3.2 Fehlen der Vorstellung «Wortinhalt» in den untersuchten alfonsinischen Texten 5.1.3.2.1 Fehlen eines Substantivs mit der Bedeutung'Wortinhalt' VI

37 37 38 39 41 41 45 45 46 47 47

71 71 74 76 76 76 77 77 81 81 83 83

6

5.1.3.2.2 Zweigliedrigkeit der alfonsinischen Worterklärungen . . . . 5.1.3.3 Polysemie und Homophonie 5.2 Worterklärungen in den alfonsinischen Texten 5.2.1 Bedeutungsangabe 5.2.1.1 Semasiologische und onomasiologische Präsentation 5.2.1.2 Wort(bedeutungs)erklärung und Sach(verhalts)erklärung.. . 5.2.2 Ersetzung: Übersetzung und synonymische Ersetzung 5.2.3 Etymologische Erklärung 5.2.4 Arten von Worterklärungen in den alfonsinischen Texten . . . . 5.2.5 Kookkurrenz von etymologischer Erklärung und Bedeutungsklärung

85 91 94 94 94 98 100 102 109 109

Die etymologischen Erklärungen der alfonsinischen Texte in der bisherigen Forschung

113

6.1 Herbert Allen van Scoy 6.1.1 Darstellung 6.1.2 Kritik 6.1.3 Fazit 6.2 Wilhelm Georg Messmer 6.2.1 Darstellung 6.2.2 Kritik 6.2.3 Fazit 6.3 Jose Gregorio Simon 6.3.1 Darstellung 6.3.2 Kritik 6.3.3 Fazit 6.4 JeanRoudil 6.4.1 Darstellung 6.4.2 Kritik 6.4.3 Fazit 6.5 Ricardo Escavy Zamora 6.5.1 Darstellung 6.5.2 Kritik 6.5.3 Fazit 6.6 Hans-Josef Niederehe 6.6.1 Darstellung 6.6.2 Kritik 6.6.3 Fazit 6.7 Rafael Lapesa 6.8 Laura Maria Rubio Moreno 6.8.1 Darstellung 6.8.2 Kritik 6.8.3 Fazit 6.9 Juan Lodares

113 113 116 122 122 122 123 123 123 123 125 126 126 126 129 130 130 130 132 132 132 132 137 139 139 140 140 143 144 144 VII

6.9.1 Darstellung 6.9.2 Kritik 6.9.3 Fazit 7

144 146 148

Formale Betrachtung der alfonsinischen etymologischen Erklärungen....

149

7.1 Bestandteile der etymologischen Erklärung 7.1.1 Vorkommende Bestandteile und ihre Angabe 7.1.2 Explicandumsvorläufer 7.1.3 Benennungsproduktsbedeutung 7.1.4 Benennungselement(e) 7.1.5 Benennungselementsbedeutung(en) 7.1.6 Benennungsgrund 7.1.7 Fakultativität und Kombinierbarkeit der Bestandteile 7.1.8 Anmerkungen zur schematischen Analyse der Beispiele 7.2 Formulierungsstrategien in den etymologischen Erklärungen 7.2.1 Angabe und Verbindung der Bestandteile 7.2.1.1 tanto quiere dezir como 7.2.1.2 dezir und dezir por 7.2.1.3 seer und seerpor 7.2.1.4 llamar 7.2.1.5 haber nombre 7.2.1.6 tomar nombre de 7.2.1.7 dar nombre de 7.2.1.8 poner nombre 7.2.1.9 ca undporque 7.2.1.10 por ende und por esso + Verb(aler Ausdruck) 7.2.1.11 por razon que 7.2.1.12 por razon de 7.2.1.13 Optionalität der Formulierungsstrategien und kreative Freiheit 7.2.2 Angabe der Zugehörigkeit der Bestandteile zu einer historischen Sprache 7.2.2.1 Ausdrucksmöglichkeiten für Sprachzugehörigkeit im allgemeinen 7.2.2.2 Bezeichnungen für das Kastilische 7.2.2.2.1 Variation bei der Bezeichnung des Kastilischen 7.2.2.2.2 lenguage castellano, lenguage de Castiella 7.2.2.2.3 espannol, lenguage de Espanna 7.2.2.2.4 nuestro lenguage 7.2.2.2.5 romance/romanz 7.2.2.2.6 ladino 7.2.2.2.7 (nuestro) latinl 7.2.2.3 Kastilisch und Latein als eigenständige historische Sprachen

149 149 152 155 158 163 164 169 184 185 185 185 194 202 206 209 212 216 218 219 224 227 228

VIII

229 231 231 234 234 234 235 237 237 240 240 247

8

Inhaltliche Betrachtung der alfonsinischen etymologischen Erklärungen..

251

8.1 Arten erklärter Explicanda 8.1.1 Appellativa 8.1.2 Eigennamen 8.1.2.1 Anthroponyme 8.1.2.2 Toponyme 8.1.3 Bezeichnungen für Angehörige eines Volkes 8.2 Etymologische Herleitung der Wortform 8.2.1 Die Anwendung der antiken Vorgehensweise 8.2.1.1 Veränderlichkeit von Wörtern 8.2.1.2 additio und demptio 8.2.1.3 traiectio 8.2.1.4 commutatio 8.2.2 Unterschiedliche Grade von litterarum similitude 8.2.2.1 Bedeutung und Variabilität der litterarum similitude 8.2.2.2 Gruppe 1: Explicandum und Benennungselement(e) identisch 8.2.2.3 Gruppe 2: Explicandum nur am Wortende nicht mit Benennungselement identisch 8.2.2.4 Gruppe 3: Explicandum und Benennungselement(e) nicht identisch, aber litterarum similitudo zwischen allen Silben des Explicandums und Benennungselement(en) 8.2.2.5 Gruppe 4: Explicandum und Benennungselement(e) nicht identisch, litterarum similitudo (jeweils) mindestens einer Silbe des Explicandums mit (jedem) Benennungselement . . 8.2.2.6 Status des Explicandumsvorläufers 8.2.2.7 Häufige Lautwechsel 8.2.2.7.1 Der Lautwechsel u ~ ο 8.2.2.7.2 Der Lautwechsel i~e 8.2.2.7.3 Der Lautwechsel e~ie 8.2.2.7.4 Ähnlichkeit ohne Identität 8.2.2.7.5 Der Lautwandel lat. [(s)ke], [(s)ki] > kast. [ts], [dz] 8.2.2.7.6 Spärlich belegte Lautwechsel 8.2.2.8 Fehlen einer einheitlichen Vorgehensweise bei der Nennung von Benennungselement(en) und Explicandumsvorläufer . . 8.3 Etymologische Herleitung der Bedeutung 8.3.1 Angabe von Benennungselementsbedeutung(en) und Benennungsproduktsbedeutung 8.3.2 Angabe und Art des Benennungsgrundes 8.3.2.1 Konsequente Begründung nicht nachvollziehbarer Benennungen 8.3.2.2 Übernahme und Anwendung antiker Benennungsprinzipien 8.3.2.2.1 Appellativa und Volksnamen 8.3.2.2.1.1 ex officio vel actu

251 252 254 255 258 261 262 262 262 265 266 269 271 271 272 275

279

283 285 287 287 290 292 294 295 297 299 300 300 309 309 313 313 315 IX

8.3.2.2.1.2 8.3.2.2.1.3 8.3.2.2.1.4 8.3.2.2.1.5 8.3.2.2.1.6 8.3.2.2.1.7 8.3.2.2.1.8 8.3.2.2.1.9 8.3.2.2.1.10 8.3.2.2.1.11 8.3.2.2.1.12 8.3.2.2.1.13 8.3.2.2.1.14 8.3.2.2.1.15

anumero a colore a forma/figura oder ab aspectu a tempore ex origine α contrario a voce a loco per efficientiam und per effectum per id quod continetur und per id quod continet a parte totum und a toto pars per inventorem und per inventum a similitudine (rerum ipsarum inter se) Benennungen aufgrund anderer inhaltlicher Beziehungen 8.3.2.2.2 Eigennamen 8.3.2.2.2.1 Anthroponyme 8.3.2.2.2.1.1 ex habitu corporis 8.3.2.2.2.1.2 ex casu nascentium 8.3.2.2.2.1.3 ex iis, quae post natos eveniunt 8.3.2.2.2.1.4 Volkszugehörigkeit 8.3.2.2.2.1.5 a loco 8.3.2.2.2.1.6 ex officio vel actu 8.3.2.2.2.1.7 ex origine 8.3.2.2.2.1.8 per inventum 8.3.2.2.2.1.9 α similitudine (rerum ipsarum inter se) 8.3.2.2.2.2 Toponyme 8.3.2.2.2.2.1 Benennung nach dem Gründer oder Beherrscher 8.3.2.2.2.2.2 Benennung aus Hochachtung vor einer Person 8.3.2.2.2.2.3 Benennung nach einem am Ort Verstorbenen 8.3.2.2.2.2.4 Benennung nach den Bewohnern 8.3.2.2.2.2.5 Benennung aufgrund eines geschichtlichen oder mythischen Ereignisses 8.3.2.2.2.2.6 (Vor-)Isidorianische Benennungsprinzipien 8.3.2.2.2.2.6.1 a loco 8.3.2.2.2.2.6.2 Andere (vor-)isidorianische Benennungsprinzipien.. 8.3.2.2.3 Fazit 8.3.3 Namensgeber 8.4 Verschiedene etymologische Herleitungen eines Explicandums 9 Originalität der alfonsinischen etymologischen Erklärungen 9.1 Übernahme von in den Quellentexten erklärten Etymologien 9.1.1 Grad der Quellenabhängigkeit der etymologischen Erklärungen X

321 323 324 326 326 328 329 330 332 333 335 336 338 340 346 346 346 349 350 352 352 353 354 354 355 356 357 359 361 362 363 364 364 366 369 370 373 377 377 377

9.1.2 Methoden der Übernahme 9.1.2.1 Siete Partidas 9.1.2.2 Primera Cronica General und General Estoria 9.1.3 Fazit 9.2 Original alfonsinische Etymologien 9.2.1 Was sind original alfonsinische Etymologien? 9.2.2 Woran kann man eine original alfonsinische Etymologie erkennen? 9.2.3 Original alfonsinische Etymologien in der Primera Cronica General 9.2.4 Original alfonsinische Etymologien in den Siete Partidas.. . . 9.2.4.1 Kastilisches Explicandum und/oder Benennungselement ohne belegte lateinische Entsprechung 9.2.4.2 Kastilisches Explicandum und Benennungselement mit lateinischer Entsprechung 9.2.4.3 Weitere mögliche Fälle 9.2.5 Fazit 9.3 Gibt es in den alfonsinischen Texten expositiones? 10 Der theoretische Hintergrund der alfonsinischen etymologischen Erklärungen 10.1 Nachahmung des Erklärungs-«Modells» der Vorlagen 10.1.1 Gegenüber den Quellentexten vorgenommene Änderungen . . 10.1.1.1 Ergänzung einer Benennungselementsbedeutung 10.1.1.2 Ergänzung einer Benennungsproduktsbedeutung 10.1.1.3 Ergänzung eines Explicandumsvorläufers 10.1.1.4 Weglassen eines Benennungselements 10.1.2 Herleitung von für die Sprecher durchsichtigen Wörtern 10.1.3 Das alfonsinische Erklärungs-«Modell» 10.2 Die Bedeutung der alfonsinischen etymologischen Erklärungen . . . . 10.2.1 Kenntnis von Etymologien als Zeichen von Weisheit 10.2.2 Etymologische Erklärungen als Beweis für die Kultiviertheit und Funktionalität der kastilischen Sprache

379 379 382 396 396 396 397 398 402 402 405 406 409 409

415 415 415 415 418 420 422 423 424 425 425 429 429

11 Zusammenfassung

433

Abkürzungsverzeichnis

436

Literaturverzeichnis

437

I Abgekürzte Textausgaben II Abgekürzte Nachschlagewerke III Wissenschaftliche Literatur

437 438 439

XI

Anhänge Anhang I: Überlieferung der Estoria de Espana: Versionprimitiva, version amplificada de 1289 und Primera Cronica General und ihr Verhältnis zueinander Anhang II: Die etymologischen Erklärungen der untersuchten alfonsinischen Texte in der Reihenfolge ihres Auftretens . . . . Primera Cronica General General Estoria I & II Siete Partidas ]." Partida 2." Partida 3° Partida 4." Partida 5." Partida 6." Partida 7." Partida Anhang III: Alphabetisches Verzeichnis der Namen und Wörter, die in den untersuchten alfonsinischen Texten etymologisch erklärt werden

XII

445

445 447 447 466 532 532 539 545 545 547 547 548

551

Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand am Institut für Romanistik der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg und wurde im Herbst 2005 von der Philosophischen Fakultät II dieser Universität als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung wurden im Frühjahr 2006 am Text noch einige kleinere Änderungen vorgenommen. Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Jürgen Lang, dem ich an dieser Stelle meinen besonderen Dank aussprechen möchte. Jürgen Lang war ein Doktorvater, wie ich ihn mir besser nicht vorstellen kann. Er schuf an seinem Lehrstuhl Bedingungen, unter denen ein optimales Arbeiten möglich war. Immer fand er sich zu intensiver Lektüre und ausgiebigen Diskussionen bereit. Ich schulde ihm unzählige hilfreiche Ratschläge und Denkanstöße. Wertvolle Anregungen oder Verbesserungsvorschläge verdanke ich auch Prof. Dr. Ingrid Neumann-Holzschuh, die das Zweitgutachten erstellte, Prof. Dr. Gisela Schlüter, Edgar Blum und Matthias Wölfel. Danken möchte ich außerdem Prof. Dr. Günter Holtus für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie sowie Dr. Ulrike Dedner und Norbert Alvermann vom Max Niemeyer Verlag für die intensive Betreuung. Birgit Grasser hat mir mit ihrem geduldigen und liebevollen Beistand die Zeit des Forschens und Schreibens sehr erleichtert. Ihr und meinen Eltern, die mir immer den wichtigen familiären Rückhalt gegeben haben, gilt mein herzlicher Dank. Die Dissertation wurde mit einem der STAEDTLER-Promotionspreise 2005 ausgezeichnet. Auf eine elektronische Version der dieser Arbeit zugrundeliegenden Sammlung etymologischer Erklärungen (Anhang II) kann über das Internet zugegriffen werden (http://www.niemeyer.de/links/link_material.html). Eine CD-Rom mit den entsprechenden Dateien kann gegen eine Schutzgebühr beim Autor angefordert werden. Erlangen, im Januar 2007

Andreas Blum

XIII

1

Einfuhrung

Yakov Malkiel widmet die ersten Seiten seiner 1993 erschienenen Monographie Etymology der Geschichte der Etymologie vor dem Beginn der modernen Sprachwissenschaft. Sein Blick fallt dabei alsbald auf die Iberische Halbinsel und erst einmal auf Isidor von Sevilla. Dessen Etymologiarum sive originum libri XX stellen ohne Zweifel einen Meilenstein im Bereich der vorwissenschaftlichen Etymologie dar. Malkiel springt anschließend von Isidor gedanklich etwa 600 Jahre weiter und richtet sein Augenmerk auf eine weitere bedeutende Gestalt der Geschichte der Iberischen Halbinsel, deren Name allerdings weit weniger eng mit dem Begriff Etymologie verbunden ist: «When, in the third quarter of the thirteenth century, Alfonso X (called the Learned), King of Castile and Leon, assembled at his court a number of scholars, , and translators to prepare historiographic, legal, astronomic, and other accounts capable of sating a truly encyclopaedic range of curiosity, part of the responsibility of his private academy attached to the royal court was to learn how to intersperse their writings with parenthetic remarks on the true meaning and extraction of certain key words and key names» (Malkiel 1993, 3s.).

Unter der Ägide von Alfonso X. {el Sabio) entstand keine theoretische Schrift zur Etymologie oder eine Etymologie-Sammlung im Stile Isidors. Wenn Malkiel beim Gedanken an vorwissenschaftliches Etymologisieren Alfonso X. in den Sinn kommt, dann geschieht dies aufgrund einer Erfahrung, die jeder macht, der in die großen historiographischen und juristischen Textkompilationen hineinliest, die unter diesem Herrscher in kastilischer Sprache entstanden. Denn bei der Lektüre dieser Texte stößt man rasch und auffallend häufig auf Erklärungen der angeblichen Herkunft und ursprünglichen Bedeutung von Wörtern. Dieses Merkmal der Texte wurde in der wissenschaftlichen Literatur durchaus festgehalten und als bedeutsam anerkannt, die Hintergründe des Vorhandenseins der etymologischen Erklärungen wurden aber kaum weiter untersucht. Beschreibungen und Bewertungen dieses Phänomens gibt es nur in sehr geringem Maße, und diese basieren dann auf mehr oder weniger zufallig ausgewählten einzelnen Erklärungen. Auch Mendndez Pidal fiel diese tendencia etimolögica auf, und er beurteilte sie wie folgt: «Con igual espiritu enciclopedico que Isidora, con igual interes humano por la antigüedad, ofrece Alfonso X un parecido afan etimolögico, el querer valorizar los vocablos dificiles, penetrando su origen para descubrir en el la esencia de las cosas. En las obras del Rey Sabio, sobre todo en Las Partidas y en la General Estoria, se halla diseminada una verdadera enciclopedia etimolögica: tplanela tanto quier dezir como estrella andadora, e dioronle este nombre de PLANOS que dize el griego por tal andar>, , , (SP VII, xxxiii, ii). 13 Solche S y n o n y m e werden oft mit ο verbunden, wodurch sie deutlich als in d i e s e m Kontext äquivalent präsentiert werden, können aber z.B. auch mit et verbunden werden, z.B. «palabras dubdosas

et oscuramente

hier neben Significamiento

puestas»

(SP VII, xxxiii, iii). Dementsprechend findet man

et declaramiento

Unsere Interpretation v o n demostrar

auch significamiento et espaladinar

ό

declaramiento.14

wird durch eine Reihe v o n

tautologischen Formulierungen mit der gleichen Redebedeutung gestützt, die man im selben titulo finden kann, z.B. «deben interpretar

et declarar

[la postura] segunt

el entendimiento de la parte por que puede valer» (SP VII, xxxiii, ii), « e s p a l a d i n a r et declarar esclarecer

10

11

12

13

14

aquellas palabras dubdosas» (SP VII, xxxiii, iii) und «[ejspaladinar

nin

[...] las leyes» (SP VII, xxxiii, iv). A n der entsprechenden Stelle der v o n

Gregorio Lopez wiederholt in seiner Glosse diesen Teilsatz folgendermaßen: «Si tal nome non fuere» (SPG VII, 96). Dieser veränderte Wortlaut deckt sich mit unserer Interpretation der Textstelle. Wir schlagen folgende Übersetzung für den alternativen Wortlaut vor: wenn es sich nicht um einen solchen [nur zu dieser Sache passenden Namen] handeln sollte. Als Beispiel fiir Interpretationen dieser Textstelle, die sich von unserer Übersetzung unterscheiden, sollen hier eine Version in modernem Spanisch sowie eine englische Übersetzung angeführt werden: «SIGNIFICACIÖN Y DECLARACIÖN de palabra tanto quiere decir como demostrar y esforzarse por exponer claramente el propio nombre de la cosa sobre la que es la contienda, ο si tal nombre no tuviese, mostrarla ο averiguarla por otras senales ciertas» (SPA 438). «The significance and interpretation of words are intended to show and set forth clearly the proper name of the thing concerning which a dispute has arisen, or if it should have no such name, to designate or explain it by the use of certain other terms» (SPU 1471). Bei Gregorio Lopez findet man folgende lateinische Entsprechung zum ersten Teil dieser Textstelle: «Significatio verborum, est verbi propria ostensio siue demonstratio» (SPG VII, 96). Der Formulierung significamiento et declaramiento steht hier nur das Wort significatio gegenüber. Menendez Pidal weist allerdings daraufhin, daß derartige Begriffspaare in den alfonsinischen Prosatexten selten seien: «la prosa alfonsi usa poco la pareja y procura que sea de terminos claramente diversos: onras eplazeres, anviso et ecucioso, conortar et esfor^ar» (Menendez Pidal 1972, 71). Diese Beobachtung mag ihre Gültigkeit haben, wenn man den Blick auf die gesamten SP oder das alfonsinische Werk als Ganzes richtet, zumindest für bestimmte Teile der SP scheint sie aber nicht zuzutreffen. «et mostraremos primero que quiere decir significamiento ό declaramiento de palabra» (SP VII, xxxiii). 118

Gregorio Lopez glossierten Version des Textes aus dem Jahr 1555 lauten die beiden Verben demostrar und despaladinar (SPG VII, 96). Die lautliche Angleichung des zweiten Verbs könnte u.E. auch Anzeichen einer inhaltlichen Gleichsetzung sein. Gregorio Lopez scheint elpropio nombre als 'Etymon' bzw. 'Wort mit seiner ursprünglichen Bedeutung' zu verstehen. Er zitiert die einschlägige Textstelle Isidors zur Etymologie,15 Unseres Erachtens ist es aufgrund des Kontexts ausgeschlossen, daß an dieser Stelle der SP das Etymologisieren thematisiert werden soll, geht es doch um die Klärung von juristischen Streitfallen oder um die rechtliche Bedeutung bestimmter Formulierungen, also um Probleme der aktuellen Sprachverwendung und deutlich nicht um die Suche nach der ursprünglichen Bedeutung von Wörtern. Der Begriffprop(r)io nombre ist darüber hinaus in keiner einzigen der zahlreichen etymologischen Erklärungen der SP zu finden, obwohl dort häufig auch die ursprüngliche Bedeutung eines Wortes diskutiert wird. Des weiteren paßt eine Interpretation von propio nombre als 'Wort mit seiner ursprünglichen Bedeutung' vom Sinn her nicht zur Fortsetzung des Satzes mit si tal nombre non hobiese. Genausowenig kommt u.E. an dieser Stelle eine Übersetzung von propio nombre mit 'Eigenname' in Frage, auch wenn wir unter 5.1.3.1.2.1 gesehen haben, daß propio nombre dies heißen kann. Schließlich können auch Eigennamen mehrdeutig sein und sich daraus Mißverständnisse ergeben. Die SP spielen dies, wie weiter oben dargestellt, am Beispiel der Stadt Cartagena durch. Mit propio ist hier gemeint, daß es sich um ein insofern geeignetes, passendes, der Sache zu eigen seiendes Wort handelt, als alle (Arten von) Sachen, die mit ihm bezeichnet werden können, auch wirklich gemeint sind. Im zitierten Textstück aus den SP wird dargelegt, wie vorzugehen ist, wenn es Zweifel oder Streitigkeiten darüber gibt, was mit einem Wort oder Ausdruck in einer bestimmten Formulierung gemeint ist. Wurde bei dieser Formulierung ein Wort verwendet, das eigentlich paßt (ein propio nombre de la cosa), über dessen Bedeutung man sich aber uneins ist, dann ist von der klärenden Instanz diese Bedeutung detailliert darzulegen. Dies ist mit «den zu der Sache, um die es bei der Streitigkeit geht, passenden Namen richtig zu erklären» (demostrar et espaladinar claramente el propio nombre de la cosa sobre que es la contienda) gemeint. Um ein Auftreten von solchen Zweifelsfällen in einem größeren Maße bei ihren eigenen Formulierungen von vorneherein auszuschließen, geben die Autoren der SP an deren Ende entsprechende Erklärungen für einige der von ihnen verwendeten Wörter, so z.B. für home, muger (cf. weiter oben) und paterfamilias·. «Et aquel es dicho PATERFAMILIAS, el que es senor de la casa, maguer non haya fijos» (SP VII, xxxiii, vi).

Erscheint in einer Formulierung ein Wort, mit dem mehrere (Gruppen von) Sachen bezeichnet werden können, als im entsprechenden Kontext gemeint sein können, aber darüber Unklarheit herrscht, um welche (Gruppe von) Sachen es sich dabei handelt (man es also nicht mit einem nombre propio de la cosa zu tun hat: si tal nombre non

15

Er zitiert ETYI, 29, 1, Satz 1 und I, 29, 2, Satz 2 und 3 (cf. SPG VII, 96).

119

hobiese), dann muß die klärende Instanz versuchen, anhand der Umstände, unter denen die Formulierung entstanden ist, zu klären, was gemeint war (mostrarla ό averiguarla por otras senates ciertas). In der ley ii werden hierzu zwei Beispiele gegeben. Das erste dieser beiden Beispiele wurde weiter oben bereits angesprochen: «Et este serie como si estando algunt home en el regno de Murcia prometiese de dar ό de pagar alguna cosa i otro en Cartagena fasta dos dias; et pasado este plazo demandase el uno al otro lo quel prometiera; si el que habie de facer la paga dixiese que su entendimiento fuera de gelo pagar en Cartagena de Africa et non en la otra, estonce el judgador debe declarer tal dubda como esta, que la paga se debe facer en aquella Cartagena que es mas cerca de aquel lugar do fue fecha la postura» (SP VII, xxxiii, ii).

Der Name Cartagena ist mehrdeutig, zwei Städte haben diesen Namen. Aufgrund der Umstände, unter denen das Versprechen formuliert wurde - es wurde im Reich Murcia gegeben - kann ermittelt werden, welche Stadt wahrscheinlich gemeint war, nämlich das europäische Cartagena. Auch im zweiten Beispiel wird beschrieben, wie man durch Betrachtung der Situation, in der eine bestimmte Wortwahl getroffen wird, eventuell darauf schließen kann, welche (Gruppe von) Sache(n) gemeint war: «Esto serie como si un home comprase de otro alguna cosa por precio de mil maravedis, et el vendedor dixiese que su entendimiento fuera que estos maravedis fuesen de los negros, et el comprador entendiese que de los blancos, si tal dubda como esta non se pudiese averiguar por carta nin por testigos, debe el judgador catar que si la cosa vendida es atal que pueda valer tanto como alguna de las partes dice et non mas, et segunt eso debe declarer tal dubda et dar su juicio» (SP VII, xxxiii, ii).

Mit maravedis können zwei Arten von Münzen mit unterschiedlichem Wert bezeichnet werden, nämlich maravedis negros oder maravedis blancos. Anhand des Wertes der mit den Münzen zu bezahlenden Sache kann unter Umständen herausgefunden werden, von welcher Münzart bei diesem Geschäft von den Beteiligten ausgegangen worden sein muß. Es handelt sich u.E. bei der von van Scoy und anderen zitierten Textpassage nicht um eine Darstellung von lexikographischen Grundlagen, sondern um Hinweise zum Vorgehen bei der Formulierung und Auslegung von juristisch relevanten Vereinbarungen. Van Scoys Interpretation können wir deshalb nicht akzeptieren.16 16

Es ist nicht auszuschließen, daß es sich bei der hier diskutierten Textstelle ganz oder zum Teil um eine (schlechte) Übersetzung aus dem Lateinischen handelt oder um eine Kompilation von Textstücken verschiedener lateinischer Quellen und daß die Schwierigkeiten bei ihrer Interpretation daher rühren. Gregorio Lopez kommentiert den Teilsatz si tal nome non ouiesse wie folgt: «Ex Azo. sumtujm] est. C. eo. in summa [...]» (SPG VII, 96). Zu einer Stelle aus dem zweiten Teil derselben ley findet man bei Lopez: «Ex Azo. vbi supra, sumptum est» (SPG VII, 96). Mit Azo ist jeweils der italienische Rechtsgelehrte Portius Azo gemeint. Vermutlich wird auf seine Summa codicis verwiesen. Zurita Cuenca vergleicht die Titel (im Sinne von 'Überschriften') der SP und des Corpus iuris civilis Iustinians I. (zu dem Azo die Summa codicis verfaßte). Den tltulo xxxiii der 7." Partida stellt er zwei Abschnitten dieser Rechtssammlung gegenüber: Digesta VII, L, XVI und Codex VI, XXXVIII (Zurita Cuenca 1985, 152, 155). Die jeweiligen Abschnitte tragen die Titel De verborum significatione (CIC I, 857) bzw. De verborum et rerum significatione (CIC II, 270). Eine Entsprechung im Wortlaut mit der hier diskutierten Textstelle konnten wir in den Texten aber nicht feststellen. Es bleibt zu überprüfen, ob es eine Textpassage in der Summa codicis (oder einem anderen

120

Daß die Anwendung seiner weiteren Klassifizierung der alfonsinischen Worterklärungen (definitions), bei der er (true) definition, description und explanation unterscheidet, auf die einzelnen Beispiele aus dem alfonsinischen Werk einige Schwierigkeiten verursacht, ist van Scoy sogar selbst bewußt.17 Wenn überhaupt, taugt sie u.E. als Schema zur nachträglichen formalen Einteilung der in den alfonsinischen Texten gefundenen Beispiele. Es handelt sich hierbei aber sicher nicht um die lexikographisch-enzyklopädischen Regeln der mittelalterlichen kastilischen Gelehrten. Vor allem darauf, daß die Gelehrten dieser Zeit eine in der Theorie gefestigte und in die Praxis übertragbare Vorstellung vom Unterschied zwischen Wortinhalt und Sache gehabt haben sollen, kann u.E. aus den Texten der alfonsinischen Zeit nicht geschlossen werden. Wenn van Scoy den Sinn der etymological definitions in den alfonsinischen Texten in der Ergänzung der definitions sieht, dann vernachlässigt er, daß es dort auch rein etymologische Erklärungen gibt, also solche, bei denen die Angabe der Etymologie eines Wortes im Vordergrund steht. Deren primärer Zweck ist nicht die Rechtfertigung, Ergänzung oder Illustration einer Definition, sondern die Motivierung des Wortes. Das gilt z.B. für die Monatsnamen oder die Namen der Wochentage in der PCG, die in van Scoys Sammlung auch enthalten sind, z.B. «E all otro [mes] que era luego depues de marfo pusieron le nombre , por que comienfa la tierra en esse tiempo a abrirse et a mostrar las cosas que tiene encerradas en si de que se a el mundo a aprouechar [...]» (PCG 95b 11—15); «e al otro [dia los gentiles pusieron nombre] por Mercurio» (PCG 95a 12-13).

Van Scoy ignoriert diesen autonomen Status etymologischer Erklärungen vollkommen, wenn er gerade die wegen ihrer kuriosen etymologischen Herleitung immer wieder gerne zitierte Erklärung von Francia als Beispiel anführt, mit dem er das lexikographische Interesse der alfonsinischen Zeit belegen möchte und sie einfach als eine definition bezeichnet (van Scoy 1940, 279):18 «e Francia la antigua fue otrossi una partida de Alemanna, e por essol pusieron nombre Francia, que quier dezir tanto como tierra que fue apartada e frannida dAlemanna» (PCG 6a 18-22).

Man muß festhalten, daß van Scoy keine klare Stellungnahme zum Verhältnis zwischen Definitionen und etymologischen Erklärungen abgeben kann oder will. Eine

17

18

Text Azos) gibt, die den alfonsinischen Gelehrten hier als (wörtliche?) Quelle gedient haben könnte. Sollte dies der Fall sein, wäre sowieso jeder Versuch müßig, aus dieser so vielbeachteten Textstelle Schlußfolgerungen hinsichtlich einer alfonsinischen Theorie des Definierens zu ziehen. «In actual practice it is sometimes difficult to make a fine distinction between definition, description and explanation, since many definitions combine something of each of these elements» (van Scoy 1940, 282). Daß van Scoy 1940 die Kenntnis über die Quellen der PCG fehlte, die Menendez Pidal erst in der Ausgabe von 1955 zugänglich machte, kann man daran erkennen, daß er behauptet, diese Erklärung sei «not located in any vocabulary or source» (van Scoy 1940,279), während sie doch zweifelsfrei aus der Chronik De rebus Hispaniae von Rodrigo Jimenez de Rada stammt. Im 1986 veröffentlichten Text findet man diese Behauptung nicht mehr.

121

der Betrachtung der nichtetymologischen Worterklärungen vergleichbare Analyse der etymological definitions und der dort verwendeten metasprachlichen Formulierungen hält er offensichtlich nicht für notwendig und genausowenig einen Vergleich zwischen definitions und etymological definitions. Seine Ausführungen zu den etymologischen Erklärungen beschränken sich dann auch darauf darzustellen, daß diese (aus moderner Sicht) vielfach falsch oder fehlerhaft sind, was oft den alfonsinischen Gelehrten, aber meistens den von ihnen benutzten Quellen zur Last zu legen sei.

6.1.3 Fazit Unter 3.3 haben wir bereits angedeutet, daß uns bei der Unterscheidung zwischen Etymologie und etymologischer Erklärung van Scoy als Vorbild dient. Er nimmt mit den Begriffen etymology und etymological definition eine solche Differenzierung zwischen der Etymologie eines Wortes und der Erklärung der Etymologie eines Wortes vor. Diese Unterscheidung wird anderswo nicht gemacht, obwohl sie u.E. sowohl auf theoretischer als auch auf terminologischer Ebene unerläßlich ist. Die etymological definitions sind für van Scoy Ergänzungen anderer Worterklärungen. Diese Einschätzung wird der Bedeutung der etymologischen Erklärungen in den alfonsinischen Texten nicht gerecht. Etymologische Erklärungen können dort unabhängig von anderen Worterklärungen gegeben werden, oder sie können, wenn sie zusammen mit anderen Worterklärungen auftreten, gegenüber diesen im Vordergrund stehen. Van Scoys Interpretation der einschlägigen Textstelle aus dem titulo xxxiii der 7." Partida können wir uns nicht anschließen. Seine Klassifizierung der alfonsinischen Worterklärungen scheint allenfalls auf formaler Ebene zu funktionieren.

6.2

Wilhelm Georg Messmer

6.2.1 Darstellung Wilhelm Georg Messmers Dissertation mit dem Titel Beiträge zu den christlich-theologischen Definitionen im Werke Alfons' des Weisen aus dem Jahr 1951 besteht aus Einzelbesprechungen von Worterklärungen mit größtenteils etymologischem Charakter. Dabei betrachtet Messmer Erklärungen von alttestamentlichem Vokabular aus der GE und von religiös-kirchlichen, neutestamentlichen Wörtern aus den SP und erkennt eine religiös-pädagogische Zielsetzung: «Durch die konkrete Sichtbarmachung geistlicher und sakramentaler Inhalte, wie sie Alfons der Weise in seinen Definitionen bietet, können diese zur dogmatischen Unterweisung dienen» (Messmer 1951, 46). Messmer beobachtet ein Nebeneinander von philologisch-exakten bzw. etymologisch richtigen Erklärungen und mystischen bzw. phantastischen Deutungen. Erstere würden der «sprachlichen Schulung» (Messmer 1951, 50), letztere der bereits erwähnten religiösen Unterweisung dienen. So werde z.B. für das Wort decano zuerst

122

eine phantastische (cano, lat. canus), dann (mit der Nennung von diez, lat. decern) eine «sprachlich einwandfreie Erklärung» (Messmer 1951, 50) gegeben: «et DEC ANUS en latin tanto quiere decir en romance como home muy viejo et muy cano: ca bien asi como el home que es cano debe ser por derecho sesudo, et asosegado, et asentado et de buenas maneras, otrosi lo debe ser el dean entre los otros de la eglesia por honra del lugar que tiene. Et aun DECANUS en latin tanto quiere decir en nuestro lenguage como cabdiello de diez, ca antiguamiente quando las eglesias catedrales eran pobres partian en algunas dellas los clerigos ä companas en que habia diez en cada compana, et ponien uno por cabdiello de cada una dellas, et llamaban ä este dean» (SP I, vi, iii).

Messmers Arbeit wurde nur in einem Teildruck veröffentlicht. Die in der publizierten Version nicht enthaltenen Kapitel 8-13 konnten für die vorliegende Untersuchung nicht berücksichtigt werden. 6.2.2 Kritik Messmer bemerkt zu Recht, daß das Nebeneinander von verschiedenen etymologischen Erklärungen des gleichen Wortes im alfonsinischen Etymologieverständnis kein Problem darstellte. Die Unterscheidung von phantastischen und «korrekten» Erklärungen erscheint uns allerdings nicht passend. Nicht immer dürften die mittelalterlichen Gelehrten in den Fällen, in denen sie mehr als eine etymologische Erklärung anführten, eine davon wirklich als phantastisch, also als 'nicht wirklich, nur der Phantasie entsprungen' angesehen haben. Die Herleitung des Wortes decano von cano funktioniert in der Praxis des vorwissenschaftlichen Etymologisierens problemlos. Hinter den richtigen und den falschen Erklärungen unterschiedliche Ziele der alfonsinischen Bildungspolitik zu vermuten, scheint uns nicht angebracht. Überhaupt scheint in Messmers Beurteilung eine moderne etymologische Sichtweise durch, die man den mittelalterlichen Gelehrten so nicht unterstellen darf. 6.2.3 Fazit Messmers Arbeit trägt, obwohl der Titel anderes vermuten läßt, nichts zur systematischen oder theoretischen Untersuchung der alfonsinischen Worterklärungen im allgemeinen oder der etymologischen Erklärungen im besonderen bei.

6.3

Jose Gregorio Simon

6.3.1 Darstellung In der im Jahr 1969 erschienenen Dissertation Definiciones de vocablos en Las Partidas de Alfonso Xel Sabio diskutiert Jose G. Simon zuerst, wie und warum Alfonso die Ausweitung der Verwendung des Kastilischen forderte, und unternimmt dann einen Vergleich der Syntax der 4." Partida mit anderen volkssprachlichen Gesetzestexten. Im dritten Teil seiner Arbeit untersucht er schließlich etwa 25 in der 4." Partida definierte Begriffe hinsichtlich ihrer Herkunft und ihrer Verwendung vom 13. bis zum 20.

123

Jahrhundert. Als Ergebnisse dieser Analyse hält er u.a. fest, daß die in der 4." Partida definierten Begriffe, die von ihm untersucht wurden, bis auf eine Ausnahme (barragana) alle aus dem Lateinischen stammen und daß nicht bei allen Begriffen auch die Etymologie erläutert wird. Letzteres geschieht laut Simon in einigen Fällen nicht, weil kastilische Wörter wie hijo, dote, donacion und arras von den Verfassern als ihren lateinischen Entsprechungen sehr ähnlich empfunden wurden. Außerdem unterscheidet Simon offenbar zwischen (guten?) Erklärungen von Etymologien, bei denen, wie bei der Herleitung von siervo von lat. servare, ein lateinisches Wort zugrunde gelegt werde (SP IV, xxi, i), und solchen, bei denen bei der Bestimmung der Herkunft eines Wortes auf «el recurso de la analogia ο de la etimologia populär» (Simon 1969, 221) zurückgegriffen werde. Dies sei bei der Erklärung von feudo der Fall: «et [feudo] tomo este nombre de fe que debe siempre guardar el vasallo al senor» (SP IV, xxvi, i).

Und «en compadradgo asocia [el texto] la idea de las relaciones espirituales que contrae el padrino con el ahijado a consecuencia del bautizo ο la confirmation» (Simon 1969, 221). Hiermit bezieht er sich auf die folgende Textstelle: «Espiritual parentesco es el compadradgo que nasce entre los homes por los sacramentos que se dan en santa eglesia, et esto es como quando algunt clerigo baptiza algunt nino, ca entonce aquel que baptiza et todos los otros quel sacan de la pila, quier sean varones ό mugeres, todos son padres espirituales de aquel nino. [...] La primera [manera de parentesco espiritual] es compadradgo que aviene entre aquel que baptiza et el padre et la madre del baptizado» (SP IV, vii, i).

Solche Erklärungen behandelt Simon im Abschnitt zu den omisiones etimolögicas. Des weiteren weist Simon darauf hin, daß die angegebenen «Etyma» (nach den Erkenntnissen der moderene Etymologie) nicht immer korrekt seien, und kommentiert dies folgendermaßen: «Ello es producto de la epoca en que se escribio el texto, durante el cual la exactitud etimologica no constituia una exigencia ni demandaba una cuidadosa precaution» (Simon 1969,223). Er findet die folgenden falschen Herleitungen:19 desposorio von spondeo (anstatt von de- + *sponsare), matrimonio von matris und munium (anstatt von matrimonium) und amistad von amicitia (anstatt von *amicitas), adulterio von alterus und t(h)orus20 (anstatt von adulterium) und siervo von servare (anstatt von servus) (Simon 1969, 223). Daß die Etymologie von adulterio in der GE auf andere Weise (falsch) angegeben wird, veranlaßt Simon zu zwei Schlußfolgerungen. Einerseits hält er dies fur einen Beweis der «escasa importancia que se les prestaba a las etimologias en la General Storia [sie]» (Simon 1969, 223), und andererseits weise dies daraufhin, daß «los redactores debieron ser distintos» (Simon 1969, 83).

"

20

Simon unterscheidet hier noch zwischen casos de error ο incorporation de etimologias incorrectas (desposorio, matrimonio, amistad) und citas etimolögicas erröneas (adulterio, siervo). Er will mit dieser Einteilung wahrscheinlich berücksichtigen, daß es in den Texten sowohl falsche Etymologien gibt, die sich die alfonsinischen Gelehrten selbst ausdachten, als auch falsche Etymologien, die sie aus ihren Quellen übernahmen. In unserer Textausgabe alterius und torus. Die etymologische Erklärung stammt im übrigen aus der 7." Partida.

124

6.3.2 Kritik Simon vergleicht die in der 4." Partida angeführten Etymologien mit den Ergebnissen der modernen Etymologieforschung, ohne zu berücksichtigen, daß Etymologisieren im Mittelalter vielmehr ein glaubwürdiges Motivieren war als ein stichhaltiges Herleiten auf der Grundlage regelmäßiger Lautentwicklungen. Die Fehler und Ungenauigkeiten, die Simon aus seiner modernen Perspektive in den alfonsinischen Erklärungen ausmacht, müssen seiner Meinung nach auf einem Desinteresse der alfonsinischen Gelehrten an Etymologien beruhen. Die alfonsinischen Texte und vor allem die SP, von denen Simon einen Teil untersucht, vermitteln u.E. aber ein gegenteiliges Bild. Es besteht sehr wohl ein Interesse, die in den lateinischen Quellen enthaltenen etymologischen Erklärungen möglichst genau in den volkssprachlichen Text zu integrieren und eigene Wortmotivierungen hinzuzufügen. Die von ihm aufgezählten falschen Etymologien sind im vorwissenschaftlichen Sinne richtig. Simon beobachtet, daß es nicht nur Erklärungen gibt, bei denen versucht wird, ein Explicandum sprachübergreifend zu motivieren, sondern auch solche, die bei der Motivierung innerhalb des Kastilischen bleiben, auch wenn diese beiden Arten aus seiner modernen Sichtweise nicht als gleichwertig anzusehen sind. Beim Beispiel compadradgo ist u.E. zwar keine etymologische Motivierung intendiert, aber die Erklärung von feudo würden wir (im Gegensatz zu Simon) als etymologisch bezeichnen. Bei der Worterklärung von amicitia handelt es sich nicht um eine etymologische Erklärung von amistad, sondern um eine Bedeutungsklärung von amicitia: «AMICITIA en latin tanto quiere decir en romance como amistad» (SP IV, xxvii, i).

Simon behauptet jedoch: «Para las Partidas el vocablo amistad es tornado del latin amicitia» (Simon 1969, 202). Er grenzt in seiner Arbeit nirgends ein, was man genau unter definition zu verstehen hat und ob oder wie man definiciones und citas bzw. incorporaciones etimolögicas voneinander trennen muß. Die Schlußfolgerungen, die Simon aus der Existenz zweier verschiedener etymologischer Erklärungen fur das Wort adulterio zieht, scheinen uns wenig sinnreich. Die Existenz von verschiedenen Herleitungen desselben Wortes ist, wie auch von Messmer beobachtet, im Etymologieverständnis des Mittelalters problemlos möglich und deshalb nicht auf die Unaufmerksamkeit der Kompilatoren zurückzuführen. Und sie ist demnach genausowenig ein Beweis für unterschiedliche Autorenschaft. Daß ein Kompilator sehr wohl für eine Aufzählung von mehreren etymologischen Erklärungen des gleichen Wortes verantwortlich sein konnte, beweist z.B. das Kapitel 113 der PCG, in dem fünf Erklärungen für den Namen Cesar gegeben werden. Daß in der GE und den SP jeweils eine andere Erklärung von adulterio vorgestellt wird, dürfte wahrscheinlich daran liegen, daß man sich auf zwei unterschiedliche Quellen stützte.21

21

Für die Erklärung der GE wird maestre Pedro als Quelle genannt: «[...] diz maestre Pedro que adulterio quiere dezir enel latin tanto como AD ALTERIUS, otrossi en latin» (GE I, 552a 4—6). Die zugrundeliegende Textstelle konnten wir nicht identifizieren, bei Hugutius wird eine ähnliche Erklärung gegeben: «[...] vel adulter quasi ad alter, idest ad alterius uxorem accedens» (DER II, 9). Eine Rückführung auf alterius und torus findet man z.B. bei Isidor von Sevilla (ETY V, 26, 13).

125

6.3.3 Fazit Die Arbeit von Simon enthält keine theoretische Betrachtung der alfonsinischen Praxis des Definierens oder Etymologisierens. Der Inhalt der Erklärungen wird nach modernen Gesichtspunkten bewertet und die Verwendung der Begriffe bis ins 20. Jahrhundert weiterverfolgt. Die Interpretation einzelner Textstellen überzeugt nicht immer.

6.4

Jean Roudil

6.4.1 Darstellung Im Jahr 1970 erschien ein Aufsatz mit dem Titel Alphonse le savant, redacteur de definitions lexicographiques. Darin analysiert Jean Roudil die Struktur einzelner, laut eigenen Angaben zufällig ausgewählter Worterklärungen aus der 2." und 3." Partida, darunter auch einige etymologische Erklärungen, so z.B. die von personero und vocero: «Personero es aquel que recabda ό face algunos pleytos ό cosas agenas por mandado del dueno dellas, et ha nombre personero porque paresce, ό esta en juicio ό fiiera del en logar de Ia persona de otri» (SP III, v, i); «Vocero es home que razona pleyto de otri en juicio ό el suyo mesmo en demandando ό en defendiendo: et ha asi nombre porque con voces et con palabras usa de su oficio» (SP III, vi, i).

Der Aufsatztitel, aber auch eine Überprüfung der 47 von ihm angegebenen Belegstellen läßt deutlich erkennen, daß er sich dabei auf solche Erklärungen konzentrieren will, die wir als Bedeutungsangaben bezeichnet haben. Roudils Analyse des Textmaterials basiert auf dem Aufsatz La definition lexicographique; bases d'une typologie formelle von Rey-Debove, dessen Inhalt er auf die alfonsinischen Worterklärungen anzuwenden versucht. Er zerlegt diese in zwei Teile, nämlich in defini, das zu Erklärende, und ensemble definitionnel, den Teil, in dem ein defini erklärt wird. Ein ensemble definitionnel wiederum setzt sich zusammen aus dem terme generique, einem Sammelbegriff, mit dem das zu Erklärende grob eingegrenzt wird, und dem ensemble differenciateur, der dieses innerhalb der groben Eingrenzung durch Angabe von (relevanten) Bedeutungsmerkmalen noch genauer identifiziert. Die Form und der Umfang des ensemble differenciateur könne dabei beliebig variieren. Defini und ensemble definitionnel werden durch eine metasprachliche Formulierung verbunden, die Roudil wie Rey-Debove als seconde metalangue22 bezeichnet.

22

Rey-Debove unterscheidet zwischen premiere metalangue und seconde metalangue. Premiere metalangue ist für sie ein Synomym zu definition, da eine Zuordnung von signifiant und signifie mittels Sprache Metasprache sei. Seconde metalangue nennt sie Formulierungen, bei denen das zu Erklärende als sprachliches Phänomen dargestellt wird: «Pour distinguer ces deux niveaux, nous appelerons l" metalangue ou definition, la metalangue qui analyse le defini en tant qu'expression d'un concept; et 2e metalangue, celle que analyse le defini en tant qu'element d'un systeme de langue» (Rey-Debove 1967, 143). Sie illustriert diese Ausführungen durch eine Reihe von Beispielen aus Wörterbüchern, u.a. (die seconde meta-

126

J

ν Ensemble Abb. 33: Struktur einer definition

definitional

nach Roudil (Roudil 1970, 162)

Wenn man diese Einteilung und Terminologie auf die oben zitierte Worterklärung von vocero anwendet, dann ist vocero defini, es die seconde metalangue, home que der terme generique, der zusammen mit dem ensemble differenciateur, razona pleyto de otri en juicio ό el suyo mesmo en demandando ό en defendiendo, den ensemble definitional bildet. Alle weiteren im Zusammenhang mit der definition gegebenen Informationen haben für Roudil keinen definitorischen, sondern einen enzyklopädischen Charakter (1970, 174). Der etymologische Teil der von ihm zitierten Textpassage, et ha asi nombre porque con voces et con palabras usa de su oficio, gehört demnach nicht mehr zum ensemble diffirenciateur. Roudil untersucht nur solche Worterklärungen, die am Anfang einer ley stehen, ungeachtet der Tatsache, daß auch an anderen Stellen dieser Gesetzessammlung Worterklärungen vorkommen. Damit berücksichtigt er ein mit gewisser Konsequenz durchgehaltenes strukturelles Konzept der SP.23 Als definitorisch sieht er nur die ersten ein bis zwei Zeilen dieser Worterklärungen an, alles andere ist für ihn enzyklopädisch. Er nennt vier Arten solcher enzyklopädischer Ergänzungen:

langue ist jeweils nicht kursiv gesetzt): «Plagioclases = nom gdnöral donni aux

feldspaths

calcosodiques», «Sauvageon = se dit de tont arbre non grefle», «passer = mourir en parlant 23

des /personnes/»(alle zitiert nach Rey-Debove 1967, 143). Escavy Zamora beschreibt in seiner Untersuchung des lexikographischen Inhalts der SP dieses Konzept wie folgt: «[...] Alfonso X organiza las Partidas de acuerdo con definiciones que encabezan casi rigurosamente cada uno de los 181 titulos en que se divide la obra» (Escavy Zamora 1985,207). Er kann aber auch zeigen, daß es in den SP daneben noch viel mehr Worterklärungen gibt. Die folgenden Zahlen geben an, wie viele Worterklärungen er in den einzelnen Partidas insgesamt ausgemacht hat, wie viele davon am Anfang eines titulo (ley i) stehen und in wie viele titulos die jeweilige Partida unterteilt ist: I: 96, 22/24; II: 68, 16/31; III: 44, 27/32; IV: 70, 21/27; V: 25, 16/15; VI: 37, 15/19, VII: 77, 30/33 (Escavy Zamora 1985, 208).

127

Mit description du concept scheint er fiir die Definition nicht notwendige Angaben wie eine weitere Differenzierung der Wortbedeutung (et estos son en dos maneras), aber auch alternative lexikographische Erklärungen, wie «et podemos aun decir de otra manera que jura es afirmamiento de la verdat» (SP III, xi, i), zu meinen (Roudil 1970, 174). Des weiteren spricht er von einer «amplification de la definition dont on explique la raison et qui est introduite par un element de relation causal [...]» (Roudil 1970, 174). Darunter versteht er nicht nur Textteile, die mit et dicenle asi porque o.ä. eingeleitet werden und bei denen es um den Grund (raison) der Benennung geht, sondern auch solche, bei denen irgend etwas anderes begründet wird, z.B. warum es sich mit dem Wesen der erklärten Sache auf eine bestimmte Weise verhält 24 oder warum mit den Erklärungen zu genau dieser Sache begonnen wird. 25 Diese Ergänzungsart beruht demnach auf einem rein formalen Kriterium, nämlich dem Vorhandensein einer kausalen Konjunktion. Die Klassifizierung als description du concept scheint hingegen auf den ersten Blick von inhaltlichen Kriterien abzuhängen. Nimmt man sich aber Roudils Beispiele für die description du concept genauer vor, dann kann man feststellen, daß alle mit et beginnen. Es könnte also sein, daß auch für diese Ergänzungsart ein formales Merkmal entscheidend sein soll. Die anderen beiden Ergänzungsarten Roudils haben rein etymologischen Charakter. Er unterscheidet sie wie folgt: Einmal gibt es Ergänzungen, bei denen eine «explication de la denomination du concept» (Roudil 1970, 174) gegeben wird. Diese Art von Ergänzung überschneidet sich natürlich mit der vorher genannten (in Abb. 34 durch die gestrichelte Ellipse dargestellt), da solche Begründungen der Benennung gewöhnlich mit einer kausalen Konjunktion eingeleitet werden, so wie bei den bereits zitierten Erklärungen von personero und vocero gesehen. Als Beispiel gibt Roudil dann auch den auf p. 129 in Klammern gesetzten Teil der Erklärung von pensamiento. Die letzte Ergänzungsart, die Roudil aufzählt, nennt er indication etymologique (Roudil 1970, 174). Als Beispiel führt er den (hier nicht in Klammern gesetzten) zweiten Satz der etymologischen Erklärung von erecha an: «Erecha (llaman en Espana ä las emiendas que los homes han de rescebir por los danos que resciben en las guerras; et) tomo este nombre de una palabra ä que dicen ERIGERE, que quiere tanto decir como levantar la cosa que cayö» (SP II, xxv, i).

Der entscheidende Unterschied zwischen der explication de la denomination und der indication etymologique ist für ihn wohl der, daß bei letzterer ein zugrundeliegendes Wort genannt wird (vielleicht auch, daß eine Angabe zur Herkunft aus einer anderen Sprache gemacht wird), während bei ersterer Ergänzung erklärt wird, warum ein Wort zur Benennung verwendet wird. Schließlich merkt er noch an, daß die vier Möglichkeiten der Ergänzung einer Worterklärung einzeln, aber auch zusammen auftreten können.

24

25

Z.B. «Aventura quiere tanto decir como cosas que han de venir: et porque esto non es cierto en los fechos del mundo et mayormente en los de la mar, por ende se aventuran ä muy grandes peligros los que guerrean sobrella [...]»(SP II, xxvii, ix). Z.B. «Emperadores et reyes son mas nobles personas en honra et en poder que todas las otras para mantener et guardar las tierras en justicia [...]. Et porque ellos son asi como comenzamiento et cabeza de los otros, por ende queremos primero fablar dellos [...]»(SP II, i).

128

amplifications

Abb. 34: Amplifications encyclopediques

encyclopediques

nach Roudil

6.4.2 Kritik Roudil erweist sich schon beim Eingrenzen der einzelnen Textstellen, d.h. beim Festlegen des Textausschnittes, der einer genaueren Analyse unterzogen werden soll, als sehr inkonsequent. Ganz und gar gleichwertige und vergleichbare Teile der Textpassagen mit Worterklärungen werden bald berücksichtigt, bald übergangen. So zitiert er z.B. die Textstellen, die sich mit der Bedeutung von personero und vocero beschäftigen, jeweils einschließlich der etymologischen Erklärung (cf. p. 126). In anderen Fällen hingegen, u.a. bei den Erklärungen von pensamiento oder corredores, läßt er den (nachfolgend jeweils in Klammern gesetzten) Teil mit der etymologischen Erklärung weg: «Pensamiento es cuidado con que asman los homes las cosas pasadas, et las de luego et las que han de seer, (et dicenle asiporque con el pesa home todas las cosas de quel viene cuidado ä su corazon)» (SP II, iii, i); «Corredores son llamados aquellos homes que andan en las almonedas et venden las cosas pregonando quanto es lo que dan por ellas: (et por que andan corriendo de la una parte ä la otra mostrando las cosas que venden, por eso son llamados corredores)» (SP II, xxvi, xxxiii).

Roudil schenkt bei der Auswahl und Eingrenzung seiner Beispiele den etymologischen Erklärungen offenbar wenig Aufmerksamkeit, und sie rutschen eher zufallig in seine Beispielsammlung hinein. Man muß sich fragen, ob es bei einer solchen Materialerhebung für den Autor überhaupt möglich sein kann, eine brauchbare Aussage zu diesem Phänomen abzugeben. Es verwundert deshalb auch nicht, daß Roudil die etymologischen Erklärungen, wie van Scoy, nur als ergänzendes Beiwerk einer Definition ansieht und mit dieser Einschätzung ihrer Rolle in den alfonsinischen Texten nicht gerecht wird. Es gibt in den alfonsinischen Texten aber auch Worterklärungen, die primär oder rein etymologisch konzipiert sind, was dafür spräche, Definitionen und etymologische Erklärungen parallel zu betrachten und zu vergleichen. Was sich Roudil bei seiner Unterscheidung von vier Arten von enzyklopädischen Ergänzungen gedacht hat, kann man aus den knappen Ausführungen und den wenigen Beispielen, die er gibt, leider nur erahnen. Unabhängig davon, ob man die Unterscheidung von genau vier bzw. genau diesen vier verschiedenen Arten, zusätzliche Angaben zu einem Wort oder einer Sache zu machen, für akzeptabel hält, muß einem zumindest die Wahl des Begriffs indication etymologique wenig glücklich erscheinen,

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könnte man ihn doch durchaus auch für die Ergänzungsart explication de la denomination verwenden. Das von Roudil angebotene Schema erweist sich als wenig brauchbar, wenn es darum geht, die Worterklärungen der alfonsinischen Texte zu analysieren und zu gliedern. In der folgenden etymologischen Erklärung von camarero wird z.B. auch erklärt, was ein camarero ist: «[...] [ ]el camarero, que ha asi nombre porque debe guardar la cämara ο el rey alverga [...]» (SP II, ix, xii).

Das Definitionsschema Roudils ist auf dieses Beispiel aber nicht anwendbar, es enthält keinen terme generique. Nun hat Roudil dieses Beispiel gar nicht in seine Belegsammlung mit aufgenommen. Es steht nicht am Anfang einer ley. Aber man findet auch unter seinen Beispielen solche, bei denen ähnliches zu beobachten ist. In der folgenden Worterklärung findet man ebenfalls keinen terme generique: «Pesquisa en romance tanto quiere decir como INQUISITIO en latin, et tiene pro ä muchas cosas, ca por ella se sabe la verdat de las cosas mal fechas que de otra guisa non podrien seer probadas nin averiguadas» (SP III, xvii, i).

Es verwundert etwas, daß Roudil diese Erklärung als Beispiel anfuhrt, untersucht er doch die alfonsinische Praxis beim Verfassen von Definitionen. Bei dieser Textstelle haben wir es aber nicht mit einer Definition, d.h. einer Bedeutungsangabe (in unserem Sprachgebrauch), sondern mit einer Ersetzung zu tun. Das Beispiel untergräbt also eigentlich gar nicht die Anwendbarkeit von Roudils Schema auf Beispiele für Definitionen (im Sinne von Bedeutungsangaben), sondern macht vielmehr deutlich, daß sein Schema nicht einmal ausreicht, um alle von ihm ausgewählten Beispiele zu analysieren.

6.4.3 Fazit Weder die von Roudil vorgeschlagene formale Analyse der Definitionen noch seine Aufzählung von vier Arten von enzyklopädischen Ergänzungen solcher Definitionen ist passend oder von Nutzen, wenn man die alfonsinischen Worterklärungen allgemein und die etymologischen Erklärungen im besonderen untersuchen möchte. Wie bei van Scoy werden die etymologischen Erklärungen bei Roudil als Ergänzungen der Definitionen klassifiziert, obwohl sie von diesen unabhängig auftreten können.

6.5

Ricardo Escavy Zamora

6.5.1 Darstellung In dem 1985 erschienenen Aufsatz El contenido lexicogräfico de las Partidas stellt Ricardo Escavy Zamora die Ergebnisse seiner Analyse der kompletten SP vor. Er kennt die Aufsätze von van Scoy und Roudil und berücksichtigt deren Ausführungen bei seiner Klassifizierung des Materials. Seinen Untersuchungsgegenstand nennt er ana-

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log zu Roudil definicion lexicogräfica und Roudil folgt er auch bei der Beurteilung der Rolle der etymologischen Erklärungen. So findet man bei ihm zu den etymologischen Erklärungen nichts Neues. Sie sind für ihn (Teil einer) ampliation enciclopedica, bei der vier verschiedene miteinander kombinierbare Ergänzungstechniken zur Verfügung stehen, die er unkommentiert aufzählt, so wie er sie bei Roudil findet: description del concepto, relation causal, explication de la denomination del concepto, indication etimologica (Escavy Zamora 1985, 210). Hinsichtlich der Worterklärungen in den SP allgemein weist er darauf hin, daß ein onomasiologisches und ein semasiologisches Vorgehen zu unterscheiden seien (Escavy Zamora 1985, 206). Des weiteren teilt er sie in definiciones lingüisticas und definiciones enciclopedicas auf. Dabei handelt es sich um eine Unterscheidung zwischen Wort- und Sacherklärungen.26 Bei den definiciones lingüisticas werde das dem Signifikant, d.h. dem Lautbild, entsprechende Semem, also der Wortinhalt, genannt, während bei den definiciones enciclopedicas die Sache, el objeto, im Zentrum stehe (Escavy Zamora 1985, 209).27 Die oben genannten ampliaciones enciclopedicas könnten aber - so muß man Escavy Zamora trotz der von ihm gewählten Terminologie wohl verstehen - sowohl die definiciones enciclopedicas als auch die definiciones lingüisticas ergänzen (1985, 209s.). Aus den von ihm gegebenen Beispielen wird ersichtlich, daß auch für ihn das relevante Kriterium für die Zuordnung einer Erklärung zu den definiciones enciclopedicas oder den definiciones lingüisticas das Auftreten oder Fehlen einer metasprachlichen Formulierung wie tanto quiere decir oder es palabra que ist. definicion

ampliation Abb. 35: Definicion und ampliation

enciclopedica

enciclopedica nach Escavy Zamora

Immer wieder stellt Escavy Zamora heraus, Alfonso habe mit den Worterklärungen in den SP erreichen wollen, daß bestimmte Wörter in den Sprachgebrauch neu aufgenommen bzw. nicht mehr gebräuchliche wieder aufgenommen werden sollten oder daß, falls mehrere Wörter mit der gleichen Bedeutung gebräuchlich waren, eine dieser Alternativen etabliert werden sollte. Es wäre dem König darum gegangen, die norma lingüistica oder norma usual zu beeinflussen und zu festigen (z.B. Escavy Zamora 1985, 201s.). Im Zusammenhang mit dieser Vorstellung wird von Escavy Zamora

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Bei dieser Unterscheidung bezieht er sich auf R. Wemer, La definicion lexicogräfica, in: Günther Haensch (ed.), La Lexicografia, Madrid, Gredos, 1982, 259-328. Hier bezieht er sich explizit auf van Scoy, ohne sein Abweichen von dessen differenzierter Einteilung zu kommentieren.

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dann noch einmal die Etymologie als ein Mittel erwähnt, mit dem die Festigung eines offenbar zu festigenden Wortes erreicht werden konnte, indem man seine Herkunft oder «wahre Bedeutung» angab (1985, 198). 6.5.2 Kritik Da Escavy Zamora in zentralen Punkten Roudil verpflichtet ist, gelten für seine Untersuchung teilweise die gleichen Kritikpunkte wie für Roudil. Escavy Zamora übernimmt von Roudil die problematische Unterscheidung von vier Möglichkeiten der enzyklopädischen Ergänzung einer Definition, unter zweien von denen (explication de la denomination del concepto und indication etimologica) die etymologischen Erklärungen einzuordnen sind. Auch wenn er die etymologischen Erklärungen wie Roudil den Definitionen unterordnet, scheint er ihnen doch eine gewichtige Rolle zuzugestehen, wenn er sie als eines der Mittel aufzählt, mit denen der Gebrauch eines Wortes stabilisiert werden sollte. Bei den Definitionen unterscheidet Escavy Zamora nach formalen Kriterien zwischen definiciones lingüisticas und definiciones enciclopidicas. Unter 5.2.1.2 wurde dargestellt, warum wir eine solche Unterscheidung bei der Untersuchung der alfonsinischen Worterklärungen für wenig sinnvoll halten. 6.5.3 Fazit Escavy Zamora orientiert sich an van Scoy und sehr stark an Roudil und kann vielleicht gerade deshalb keine aufschlußreicheren Erkenntnisse zu den Arten und der Struktur der (etymologischen) Worterklärungen liefern.

6.6

Hans-Josef Niederehe

6.6.1 Darstellung Wegen der inhaltlichen Nähe zu Roudil, was die Einordnung der etymologischen Erklärungen betrifft, wurde für Escavy Zamoras Aufsatz das Prinzip der Chronologie bei der Vorstellungen der Arbeiten zur alfonsinischen Lexikographie unterbrochen. Denn bereits zehn Jahre vor Escavy Zamoras Untersuchung war Niederehes Monographie Die Sprachauffassung Alfons des Weisen erschienen, in der sich dieser in Kapitel 6 Alfonsinische Philologie auch mit der Lexikographie beschäftigt. Auch Niederehe kennt natürlich die Aufsätze von van Scoy und Roudil. Als ersten zentralen Punkte führt er an, daß er eine Unterscheidung von Sacherklärungen und Worterklärungen (linguistischen Erklärungen) für grundlegend und notwendig hält, wenn man die lexikographische Praxis im alfonsinischen Werk untersuchen möchte, und kritisiert deshalb, daß man bei Roudil eine solche Differenzierung nicht findet (Niederehe 1975, 167s.). Diese theoretische Mindestforderung ergibt sich zwangsläufig aus Niederehes methodischem Ansatz, die Stellen im alfonsinischen Werk zu identifizieren und zu analysieren, an denen über Sprache (d.h. metasprachlich) ge132

sprachen wird, um so Aufschluß über die Vorstellung von Sprache an Alfonsos Hof zu erlangen. Es wäre nun zu erwarten, daß er, wenn er sagt, daß nur solche Erklärungen relevant und als linguistisch anzusehen seien, bei denen «es nicht ausschließlich um die Aufhellung sachlicher Zusammenhänge geht, d.h. wenn das sprachliche Zeichen, unter welchem Aspekt auch immer, [...] einbezogen ist» (Niederehe 1975, 168), damit solche Erklärungen meint, bei denen eine (im engeren Sinne) metasprachliche Formulierung verwendet wird. Die Unterscheidung, für die Escavy Zamora in seiner späteren Untersuchung plädiert, beruht z.B. genau auf diesem Kriterium.28 Niederehe versteht unter einer Worterklärung aber etwas anderes. Auch Erklärungen, die eine Formulierung wie tanto quiere decir enthalten, sind für ihn keine Worterklärungen29 (linguistische Erklärungen, explicaciones lingüisticas, explicaciones de palabras).30 Alle elf Textstellen, auf die er für Worterklärungen verweist, sind bzw. enthalten etymologische Erklärungen, so z.B. der Textausschnitt zu adulterio: «Al peccado del casado ο dela casada llaman adulterio, e diz maestre Pedro que adulterio quiere dezir enel latin tanto como AD ALTERIUS, otrossi en latin; et AD ALTERIUS quiere mostrar enel nuestro lenguage de Castiella tanto como a cosa de otro ο de otra, por que este peccado que este nombre a non se faze sin non quando ua alguno a mugier casada con otro, que es agena ya e non suya, ο ella a uaron casado con otra, que es otrossi ageno marido» (GE I, 552a 2-13). Diesen Beispielen stellt er solche gegenüber, bei denen die «genaue Bedeutung» (Niederehe 1975, 169) eines Wortes angegeben wird, z.B. «[...] dize la estoria de la Biblia que [Aoth] era diestro de amas manos, et atal cuemo aquel llama el latin AMBIDEXTER, fascas de amas las manos diestro» (GE II. 1, 240a 35-38). Erklärungen wie letztere möchte er offenbar nicht zu den linguistischen Erklärungen zählen,31 sondern unter einer solchen eine Erklärung verstehen, in der «das sprachliche

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Die Gegenüberstellung von Sach- und Worterklärungen bei Escavy Zamora gründet sich nicht auf Niederehes Erläuterungen zur alfonsinischen Lexikographie, wie man vielleicht aufgrund des zeitlichen Nacheinanders der beiden Publikationen vermuten könnte. Escavy Zamora weiß zwar von der Existenz von Niederehes Buch, hat es aber, wie er selbst angibt, nicht konsultieren können (1985, 207 n. 38). «Das Prädikat tanto quiere decir lenkt den Blick zweifellos stärker auf das linguistische Zeichen, als dies das identifizierende es [...] tut. Trotzdem kann noch nicht von einer linguistischen Erklärung der genannten Wörter die Rede sein» (Niederehe 1975,167). Niederehe verwendet Worterklärung (1975, 167), linguistische Erklärung (der [...] Wörter) und (ling.) Worterklärung (1975, 169) scheinbar gleichbedeutend nebeneinander. In der spanischen Übersetzung findet man explicaciön lingülstica oder explicaciön de palabras (Niederehe 1987, 209) Niederehes Ausdrucksweise und Terminologie erweist sich bei einer genaueren Beschäftigung mit seinen Ausführungen leider als nicht immer eindeutig. Deshalb haben wir uns erlaubt, dort, wo es gewinnbringend erschien, die spanische Übersetzung zum klärenden Vergleich heranzuziehen, die angeblich «con la colaboracion del autor» (Niederehe 1987, 6) erstellt worden ist. (Zur Übereinstimmung von Original und Übersetzung cf. allerdings n. 36 p. 139.) Im hier thematisierten Fall berufen wir uns auf die Formulierung «[...] aquellas palabras de las que da Alfonso el Sabio su definition exacta, sin hacer referencia a su aspecto fonetico ο lingüistico» (Niederehe 1987, 209; unsere Hervorhebung). 133

Zeichen,32 unter welchem Aspekt auch immer, in die Darlegung [...] einbezogen ist» (Niederehe 1975, 168). In der Praxis läuft das darauf hinaus, daß für Niederehe eine linguistische Erklärung das ist, was die Sprachwissenschaft gewöhnlich als Etymologie bezeichnet (und wir etymologische Erklärung nennen). Um eine linguistische Erklärung handele es sich nur, wenn es nicht nur darum gehe, was mit einem bestimmten sprachlichen Zeichen bezeichnet wird, sondern wenn auch etwas über dieses Zeichen selbst gesagt wird (Niederehe 1975, 169). In der lexikographischen Praxis der alfonsinischen Texte will Niederehe drei verschiedene Formen der Erklärung für die «Beziehung von sprachlichem Zeichen und entendimiento» (1975, 169) ausmachen. Von diesen Erklärungstypen sei aber wiederum nur einer im strengeren Sinne linguistisch, nämlich derjenige, den er deflatorisch oder derivatorisch nennt. Nur hier werde die Sprache beobachtet (Niederehe 1975, 172). Das Beispiel, das er für diesen Erklärungstyp gibt, ist die etymologische Erklärung von agiographo, wie man sie in der GE I findet: «Agiographo, que es el nombre de la terijera orden destas tres [ordenes de los libros del Uieio Testamiento], es palaura que tomaron los sabios e los santos padres de dos nombres griegos, et el uno dellos es AGIOS e el otro GRAPHOS. Et AGIOS en el griego quiere dezir en el lenguage de Castiella tanto como Dios, en la guisa que uos aqui diremos: El griego dize .a. por lo que nos dezimos sin en el nuestro lenguage castellano, e GE por tierra; onde estos dos nombres .a. e GE ayuntados en uno, fazen este terfero nombre AGIOS, que da a entender substancia que es sin tierra, e sin seer criada e que nunqua a de fallescer. Et esta substancia tal, non es otra sinon nuestro sennor Dios, que nunca fue criado e en quien non ha nin ouo nunqua part de la terrenal faz, et que siempre fue, e es e sera [...]. Et ayuntados en uno estos dos nombres AGIOS e GRAPHOS, fazen este terijero nombre que dixiemos AGIOGRAPHO; onde AGIOGRAPHO, en el nuestro lenguage de Castilla, tanto quiere dezir como escriptura que fabla sennalada mientre de nuestro sennor Dios. Et tales son e de tales razones fablan los libros que por desta orden son contados. [...] Pero es de saber en este logar, segund departe maestre Pedro, que este nonbre agiographos que nombre comunal es de todos los libros de la ley e de los otros que de Dios fablan [...]» (GE II.l, 4b 39-5a 29, 5b 20-24).

Hier wird agiographo auf die griechischen Wörter agios, mit der Bedeutung 'Gott', undgraphos, mit der nicht explizit genannten Bedeutung 'Schrift' zurückgeführt. Des weiteren wird das Wort agios noch in seine Bestandteile α 'ohne' undge 'Erde' zerlegt. Den Teil, in dem angegeben wird, warum man ein Wort, das eigentlich 'etwas ohne Erde' bedeutet, zur Benennung von Gott verwendet (que nunca fue criado e en quien non ha nin ouo part de la terrenal faz), zitiert Niederehe nicht mehr, sondern erwähnt ihn lediglich in einer Fußnote.

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Cf. hierzu «Hablaremos [...] de explicaciones lingüisticas solamente cuando no se träte ünicamente de la explication de una cosa, sino cuando se träte, bajo cualquier aspecto que sea, tambien del signo lingüistico, del significante» (Niederehe 1987, 208s.; unsere Hervorhebung). Nimmt man die autorisierte Übersetzung hier wörtlich, dann heißt das, daß Niederehe, wenn er vom sprachlichen Zeichen spricht, hier nicht die saussuresche Einheit von Wortform und Wortinhalt meint, sondern nur die Wortform, el significante. Diese Annahme scheint durch die folgende Aussage bestätigt zu werden: «Das mit der Stimme (por uoz) hervorgebrachte sprachliche Zeichen ist zunächst einmal dadurch gekennzeichnet, daß es einen Gegenstand oder Sachverhalt (cosa) benennt» (Niederehe 1975, 29).

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Die Erklärung des Ortsnamens Athenas folge nach Niederehe einem anderen, nämlich dem syllogistischen Erklärungstyp: «[...] Athenas quier dezir tanto como logar sin muert, por que se leyen alli, assi como dixiemos, e se mostrauan y todas las artes de todos los saberes que son cosas que nunca mueren, mas siempre biuen e fazen biuir al quelas sabe [...]. Et este nombre de Athenas conpusieron, por ende, los sabios de a que diz el griego por sin e THANATOS por mortal, onde ayuntadas estas dos palabras dizen en el nuestro lenguage de Castiella tanto como sin mortalidad ο sin muert. Et por end los sabios que se ayuntaron a poner nombre a la 9ibdad de Athenas, guisaron quel ouiesse tal como auemos contado, por los saberes que son cosa del thesoro de Dios que nunca mueren nin desamparan nunqua alos que lo saben, nin les dexan morir muerte durable, ca los sabios destos saberes, maguer que mueren segund la came, pero siempre uiuen por memoria» (GE I, 197b 29-198b 23).

Hier müsse, so Niederehe, ein tertium comparationis bemüht werden, nämlich saberes, um den Benennungsgrund zu erklären. Ordo nominum und ordo rerum würden dadurch miteinander verbunden, und die saberes wären der Mittelbegriff zwischen zwei Prämissen (Niederehe 1975, 171). Da Niederehe nur ein einziges Beispiel für eine syllogistische Erklärung gibt und sich bei den Erläuterungen an dieses eine Beispiel klammert, bleibt letztlich im unklaren, welche (Arten von) Worterklärungen unter diesen Typus subsumiert werden können oder sollen. Für die syllogistische Erklärung gelte genauso wie für den dritten Erklärungstyp, die spekulative Erklärung, daß sie nur zur Erklärung von Eigennamen verwendet werde. Auch für die spekulative Erklärung gibt er nur ein Beispiel: «E por mostrar los sanctos padres que el fecho de Abraam [...], que ouo parte en estos tres tiempos, e quel llamaron por ende primera mientre Ram, que non semeia nombre complido, e que da a entender el tiempo dante dela ley en que non auie complimiento de creencia por seer el omne saluo; e por aquello quel llamaron despues Abram, que es ya nombre mas complido, que se entiende en tiempo dela ley, en que ouo ya mas cumplimiento pora entrar omne en ley e en creencia [...]; et por este otro tercero, quel dixieron despues Abraham, que es ya nombre complido, que entendamos el tiempo de despues de la ley ο el tiempo de gracia, que es esso mismo, en que ay todo cumplimiento de ley e de fe, e en que fizo nuestro sennor Dios Jesu Cristo al humano linage gracia de seer saluo complida mientre tod aquel que complida mientre lo creyere e su ley touiere» (GE I, 98a 28-53).

Die Existenz von drei Namen für die gleiche Person (Abraham) wird so erklärt, daß deren (Un-)Vollkommenheit die (Un-)Vollkommenheit des Glaubens zu verschiedenen Zeiten repräsentiere. Niederehe merkt an, daß bei diesem Erklärungstyp ein Abbildungsverhältnis zwischen ordo nominum und ordo rerum bestehe (1975, 170). Tatsächlich haben wir es bei der spekulativen Erklärung mit einer Erklärungsart zu tun, bei der es fraglich erscheint, ob man sie noch als etymologisch bezeichnen möchte oder darf, da bei ihr ganz anders vorgegangen wird als bei allen anderen Beispielen, bei denen Wörter motiviert werden. Denn was dieses Beispiel von z.B. den beiden vorherigen unterscheidet, ist, daß die Erklärung nicht über Benennungselemente und deren jeweilige Bedeutung geführt wird. Es geht nicht um die ursprüngliche Bedeutung der einzelnen Namen, sondern es wird die Länge ihrer Wortformen ikonisch gedeutet. Die eigentliche Bedeutung der Namen im Hebräischen wird erst anschließend

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ausführlich besprochen.33 Natürlich ist diese spekulative Deutung nicht genuin alfonsinisch, sie stammt aus der Bibelexegese. Darauf, wie häufig solche Erklärungen im alfonsinischen Werk auszumachen sind bzw. ob dieses Beispiel überhaupt repräsentativen Charakter hat, kann man aus den Darlegungen Niederehes nicht schließen. linguistische Erklärungstypen

Erklärung (linguistisch im strengeren Sinne)

Erklärung

Erklärung

Abb.36: Linguistische Erklärungstypen nach Niederehe

Nur dem definitorisehen Erklärungstyp, den er als einzigen als im engeren Sinne linguistisch ansieht, widmet Niederehe eine genauere Betrachtung. Dabei beobachtet er, daß solche etymologischen Erklärungen im alfonsinischen Werk wesentlich häufiger für Namen als für Appellativa gegeben werden. Die Herleitung eines Explicandums basiert häufig auf zwei anderen Wörtern, manchmal wird es aber auch nur auf ein einzelnes anderes Wort zurückgeführt. Die Bedeutung dieser Wörter muß etwas mit dem Wesen und den Merkmalen der Sachen, die mit dem Explicandum bezeichnet werden, zu tun haben. Niederehe gesteht aber ein, daß diese Merkmale nicht unbedingt charakteristisch fur die bezeichneten Sachen und damit an ihnen verifizierbar sein müssen, sondern daß auch aufgrund nebenrangiger Merkmale oder besonderer bzw. unerwarteter Ereignisse oder Umstände, die das zu Benennende betreffen, benannt werden könne. Viele dieser Benennungen müßten deshalb mit Hilfe der Historiographie erklärt werden (Niederehe 1975, 177s.). Durch eine solche Wort- bzw. Namenserklärung würde der Benennungsgrund (in der alfonsinischen Begrifflichkeit: razon de nombre) aufgezeigt (Niederehe 1975, 176). Was Niederehe schließlich besonders hervorheben möchte, ist, daß in den etymologischen Erklärungen nicht nur die Benennungsgründe, sondern auch der jeweilige Namensgeber von Interesse war. Als solcher konnte nur jemand fungieren, der gelehrt war oder Macht hatte, im Idealfall jemand, auf den beides zutraf, z.B. ein weiser König. Auch Alfonso X. übernahm bei von ihm im Zuge der Reconquista eroberten Orten die Rolle des Namensgebers. Abschließend muß noch eine weitere Hypothese Niederehes angesprochen werden. Er umschreibt das, was von uns eine etymologische Erklärung genannt wird, z.B. 33

«E segund los Esponimientos de Ramiro enla Biblia, Ram tanto quiere dezir como muy alto, ο exaltado, ο trueno, ο exaltant; e dize que este mismo es Abram, que despues fuc llamado Abraham. Ε otrossi Abram, segund Ramiro, tanto da a entender como padre alto, ο padre exaltado, ο al9ado de tierra, ο alfamiento de padre, ο padre escollecho, ο pueblo alto. Este otro Abraham, otrossi segund Ramiro, tanto muestra como padre ueyente el pueblo, ο padre ueyente muchedumbre, ο padre de muchas yentes» (GE I, 98a 54—98b 11).

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mit linguistische Erklärung oder verwendet den recht allgemeinen Begriff Definition. Dabei verzichtet er absichtlich darauf, das Etymologische beim Namen zu nennen, weil seiner Meinung nach fur Alfonso und damit (auch) für die von ihm protegierten Gelehrten mit Etymologie nur das gemeint gewesen sein kann, was wir unter 4.7.2 als expositio kennengelernt haben. Dafür spräche u.a., daß ein Wort etimologia in dieser oder ähnlicher Form im alfonsinischen Werk an keiner einzigen Stelle auftaucht. Die Etymologie (als expositio) wäre für das späte 13. Jahrhundert und auch für Alfonso X. «so etwas wie die arme Verwandte» (Niederehe 1975,175) der anderen drei genannten Erklärungsweisen gewesen. Damit wird gleichzeitig auch klar, daß Niederehe diese drei von ihm vorgestellten Erklärungstypen nicht als nachträgliche Einteilung des überlieferten Textmaterials, sondern als Darstellung der lexikographischen Praxis der alfonsinischen Zeit ansieht. Den Gelehrten sollen damals diese drei lexikographischen Verfahrensweisen zur Verfugung gestanden haben.

6.6.2 Kritik Wenn Niederehe zwischen definitorischen/derivatorischen und syllogistischen Erklärungen unterscheidet, dann umschreibt er u.E. auf komplizierte Weise ein Phänomen, dessen entscheidenden Aspekt man auch einfacher isolieren und damit eine größere Gruppe etymologischer Ergänzungen zusammenfassen könnte. So gibt es etymologische Erklärungen, bei denen die Nennung der Benennungselemente (und deren Bedeutungen) ausreicht, damit die angenommene Entstehung des zu erklärenden Wortes verständlich wird. Kennt jemand die Wörter agios und graphos und ihre jeweilige Bedeutung, so erschließt sich ihm automatisch, warum eine Komposition aus ihnen (agiographos) zur Benennung von Teilen der Bibel verwendet werden kann. Es gibt aber auch solche etymologische Erklärungen, bei denen bei der einfachen Nennung der Benennungselemente (und eventuell deren Bedeutungen) nicht unweigerlich klar wird, warum sie angeblich zur Benennung herangezogen worden sein sollen. Dies ist z.B. bei der etymologischen Erklärung von agios der Fall, die Teil der etymologischen Erklärung von agiographo ist (und die Niederehe beim Zitieren der Erklärung von agiographo teilweise ausläßt). Aber selbst dort, wo die Benennung ohne zusätzliche Begründung problemlos nachvollziehbar ist, kann noch einmal explizit der Zusammenhang zwischen der Bedeutung der Benennungselemente und dem Neuzubenennenden formuliert werden. So folgt z.B. bei der von Niederehe (und uns) zitierten Textpassage mit der Erklärung von agiographo noch folgender Satz: «Et tales son e de tales razones fablan los libros que por desta orden 34 son contados» (GE II. 1,5a 27-29).

Niederehes Darstellung der mittelalterlichen Etymologie und die Schlußfolgerungen, die er daraus für die alfonsinische Sprachbetrachtung zieht, beruhen natürlich alle auf der Untersuchung von Klinck, deren Buch er in einer Fußnote (der deutschen

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Cf. hierzu: «[...] se parten los libros del Uieio Testamiento en estas tres ordenes: primera, segunda e terfera. Et a los libros de la primera orden llaman ley, a los de la segunda profeifias [...], a los de la terfera orden dixieron agiographos» (GE II.l, 4a 29-36).

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Version) lobend erwähnt. Aber gerade vor dem Hintergrund ihrer sehr differenzierten Darstellung wirkt die Vorstellung, die Niederehe von einer alfonsinischen Etymologietheorie und -terminologie vermitteln will, zu einseitig und zu spekulativ. Klinck weist deutlich daraufhin, daß in den etymologischen Texten des lateinischen Mittelalters eine sehr starke Verunsicherung hinsichtlich der Verwendung von Begriffen wie etymologia bestanden habe (1979, 16s.). Der Begriff etymologia wurde tatsächlich, wie Niederehe meint, für das verwendet, was wir als expositio kennengelernt haben, er konnte aber auch für die «herkömmliche» Etymologie verwendet werden. Und für den der expositio gelegentlich gegenübergestellten Begriff derivatio galt das gleiche. Mit ihm konnte man, mußte aber eben nicht ausschließlich, die traditionellen Etymologien meinen. Zwar steht bei Klincks Untersuchung das 12. Jahrhundert im Zentrum, aber die von ihr berücksichtigten lexikographischen Schriften mit den entsprechenden theoretischen Ansätzen, wie z.B. Hugutius' Derivationes, sind die gleichen, die für die Rezeption am alfonsinischen Hof in Frage kommen. Daß der Begriff etimologia nicht verwendet wird, mag eher daran liegen, daß es sich bei den alfonsinischen Texten nun mal nicht um Abhandlungen über Etymologie handelt, sondern um Texte, in denen bisweilen etymologisiert wird. In den unzähligen etymologischen Erklärungen der ETY erscheint das Wort etimologia seltener, als man vielleicht erwarten würde, viel häufiger wird auf andere metasprachliche Formulierungen zurückgegriffen. 35 Gegen Niederehes Argumentation spricht schließlich auch, daß der Begriff derivatio, den man der etimologia!expositio gegenüberstellen konnte, im alfonsinischen Werk genausowenig zu finden ist. Niederehe will die Idee eines absichtlichen Verzichts auf den Begriff etimologia zwar genau dadurch gestützt sehen, daß in den Derivationes von Hugutius wiederholt auf diesen Unterschied zwischen derivatio und etimologia hingewiesen wird (1975, 174). Er vergißt dabei aber zu erklären, warum die alfonsinischen Gelehrten dann nicht statt dessen den Begriff derivatio bzw. derivacion verwendeten. Im übrigen muß erst überprüft werden, ob sich im alfonsinischen Werk nicht vielleicht doch expositiones finden lassen (cf. 9.3). Nur wenn sich die postulierte theoretische Ablehnung der expositio/etimologia auch in der etymologischen Praxis widerspiegeln sollte, könnte man Niederehes Hypothese akzeptieren. Was man Niederehe zugute halten muß, ist, daß er die etymologischen Erklärungen nicht nur als Teil oder Beiwerk anderer Worterklärungen behandelt, sondern deutlich herausstellt, daß es auch solche Erklärungen gibt, bei denen die Angabe der Etymologie eindeutig im Mittelpunkt steht. Allgemein muß man bei Niederehe kritisieren, daß bei den von ihm verwendeten Termini nicht immer genau klar ist, was man unter ihnen zu verstehen hat. Er hält es nicht für nötig zu erklären, was er mit den zugegebenermaßen geläufigen, aber alles andere als unzweideutigen Begriffen wie sprachliches Zeichen, Definition, Bedeutung, bezeichnen oder benennen genau meint. An die in der alfonsinischen Metasprache verwendeten Wörter nähert er sich durch Sammlung der für sie in den verschiedenen Belegstellen anzunehmenden Bedeutungen an. Anstatt die Überschneidungen und ter35

Z.B. «Exilium dictum quasi extra solum» (ETY V, 27,28); «Bessi barbari fuerunt, qui a multitudine bovum sie vocati creduntur» (ETY IX, 2,91); «Langobardos vulgo fertur nominatos prolixa barba et numquam tonsa» (ETY IX, 2, 95).

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minologischen Ungenauigkeiten letztendlich auf ein Fehlen (oder Desinteresse an) einer linguistischen Theorie zurückzuführen, unterstellt er dem alfonsinischen Gelehrtenstab eine sprachwissenschaftliche Reflexion, die man u.E. in den alfonsinischen Texten nicht nachweisen kann. Darüber hinaus springt er gerne zwischen den Termini der modernen Sprachwissenschaft und den Begriffen der alfonsinischen Metasprache hin und her, was nicht gerade zur Verständlichkeit seiner Erläuterungen beiträgt.36 6.6.3 Fazit Die etymologischen Erklärungen werden bei Niederehe unter dem Namen linguistische Erklärungen abgehandelt. Von den drei linguistischen Erklärungstypen, die er unterscheidet (definitorische/derivatorische, syllogistische und spekulative Erklärung) bezeichnen zwei (definitorische/derivatorische und syllogistische Erklärung) letztendlich die gleiche Art von etymologischer Erklärung, während der dritte Typ für eine Art von Worterklärung steht, die man wohl nicht mehr als etymologisch bezeichnen sollte. Niederehes generelle Weigerung, bestimmte Phänomene in den überlieferten Texten als Etymologie oder als etymologisch zu bezeichnen, erscheint uns ungerechtfertigt und kontraproduktiv, seine Aussagen über das alfonsinische Verständnis von Etymologie sind spekulativ. Die etymologischen Erklärungen erhalten bei ihm (unter anderem Namen) immerhin einen Status, der sie anderen Arten von Worterklärungen (bei ihm: Sacherklärungen) gegenüberstellt und sie diesen nicht unterordnet. Zu ihrer Analyse kann Niederehe aber nichts Brauchbares beitragen.

6.7

Rafael Lapesa

In seinem Aufsatz Simbolos y palabras en el Setenario de Alfonso X widmet Rafael Lapesa einen kurzen Abschnitt den definiciones und etimologias in diesem Text und im alfonsinischen Werk als Ganzem. Dabei beschränkt er sich darauf, das große In-

36

Vergleicht man ganz zentrale und für die Klärung der alfonsinischen Terminologie entscheidende Passagen im Original und der spanischen Übersetzung, stößt man auf frappierende Unterschiede, die an der Verwendbarkeit zumindest einer der beiden Versionen zweifeln lassen: «Bei ihm [Alfons] bedeutetpalabra zunächst einmal so viel wie bzw. (.Sprache) [unsere Hervorhebung]» (Niederehe 1975, 35) wird wie folgt übersetzt: «Para el [Alfonso], palabra significa mäs bien y tambien [unsere Hervorhebung]» (Niederehe 1987, 48). Der Formulierung « als und (Botschaft·»·) (Niederehe 1975, 35; unsere Hervorhebung) entspricht in der Übersetzung: «(Palabra): y » (Niederehe 1987, 48; unsere Hervorhebung). Cf. zum letzten Beispielpaar auch «Wofern das sprachliche Zeichen als palabra, als Träger einer Botschaft [unsere Hervorhebung], in den Blick kommt [...]» (Niederehe 1975, 169) und «En tanto que la palabra, el signo lingüistico como portador de un mensaje es objeto de estudio [...]» (Niederehe 1987, 209; unsere Hervorhebung). Zu den genannten Zweifeln trägt auch bei, daß nicht klar wird, ob die Kürzung im Abschnitt über die lexikologische Problemstellung (p. 167s. des Originals, p. 208 der Übersetzung) - es fehlt der Text einer ganzen Seite - auf Wunsch des Autors oder aus anderen Gründen erfolgte.

139

teresse eines wissensdurstigen und nach Erkenntis strebenden Königs an Definitionen und vor allem an den Etymologien hervorzuheben:37 «Si la naturaleza, la historia y los saberes estän poblados de simbolos que el Rey Sabio escudriiia con afan, es perfectamente explicable que se interesara con pasiön por la etimologia de las palabras, en el doble sentido de Lusitanna (PCG 10a 8-22) «[...] Hercules [...] uinosse [...] fasta BEB

un rio que dizen

BE

Ana [...].

BG

Ε por quel semeio la tierra buena pora criar ganados e otrossi pora ca^a, moro y una sazon e fizo y sos iuegos e mostro hy grandes alegrias por que uenciera a Gerion e ganara toda la tierra de que ell era sennor. Ε por

BG

aquellos iuegos que el fizo alli dizen algunos que puso a

Β

aquella tierra

190

nombre Ε

Lusitanna, que quier dezir en romanz tanto coma

BPB

iuegos de Ana.»

Im ersten Beispiel wird durch die Erweiterung en griego die Sprache angegeben, aus der das fremdsprachliche Explicandum stammt, während im zweiten Beispiel mit en romanz die Sprache angegeben wird, in der die Benennungsproduktsbedeutung angegeben wird, also die Sprache der Verfasser bzw. der Leser des kastilischsprachigen Textes. Tatsächlich führt(e) diese syntaktische Parallelität aber normalerweise nicht zu ernsthaften Verständnisproblemen, da entweder der Wissenskontext (das Wissen der Leser über ihre eigene Sprache) oder/und der Kotext, eine Mehrdeutigkeit ausschließt/ausschließen. Die Verwendung des Ausdrucks tanto quiere dezir como durch die Verfasser der alfonsinischen Texte ist aber dennoch nicht frei von Mehrdeutigkeiten. Wie wir gesehen haben, können mit ihm Bedeutung, Benennungsproduktsbedeutung oder Benennungselementsbedeutung einem Ε-Bestandteil zugeordnet werden. Dies fuhrt vielfach dazu, daß nicht eindeutig zu erkennen ist oder daß man allenfalls erahnen kann, welcher dieser B-Bestandteile in einem bestimmten Fall gemeint sein soll. Das betrifft vor allem die Entscheidung zwischen Bedeutung und Benennungsproduktsbedeutung. Es handelt sich hierbei nicht um eine Schwierigkeit, die sich nur für eine Analyse aus einer modernen Perspektive ergibt, sondern um ein Faktum, das auch das Verständnis für den zeitgenössischen Leser der alfonsinischen Texte erschwert oder eingeschränkt haben dürfte. Vielleicht ist es sogar Zeichen dafür, daß sich die Verfasser der kastilischsprachigen Erklärungen selbst bisweilen nicht sicher waren, um was für einen Bestandteil es sich genau handelte. So bleibt bei der isolierten Betrachtung der folgenden Erklärung unklar, ob eine Bedeutungsangabe gemacht oder eine etymologische Erklärung von romero gegeben werden soll: romero (SP I, xxiv, i) Ε

«Romero tanto quiere decir como

Β oder BPB?

home que se parte de su tierra et va ä Roma para visitar los santos lugares [...].»

Der durch tanto quiere decir como eingeführte Textteil könnte einfach als Beschreibung der Bedeutung gemeint sein oder aber als «wörtliche» Bedeutung eines vom Ortsnamen Roma abgeleiteten Substantivs. Sollen nur die Rompilger romeros sein oder sind auch anderswohin pilgernde Menschen romeros, auch wenn sie ihren Namen von den Rompilgern haben? In den SP wird erst einige Zeilen später ein Hinweis darauf gegeben, daß es sich hier wohl um eine Benennungsproduktsbedeutung handeln soll. Es folgt zuerst eine Erklärung von pelegrino : 191

pelegrino (SP I, xxiv, i) «Et Ε

pelegrino tanto quiere decir como

BPB

extrano que va visitar el sepulcro de Ierusalen et los otros santos lugares en que nuestro sefior Iesu Cristo naciö, et visquiö et prisö muerte en este mundo; ό que anda en pelegrinaie ä Santiago ό ä otros santuarios de luenga tierra et estrana.»

Danach wird erläutert, daß bei der Verwendung von romero und pelegrino kein Unterschied gemacht wird, daß man mit beiden Wörtern also jede Art von Pilger bezeichnen kann: «Et como quier que departimiento es quanto en palabra entre romero et pelegrino; pero segunt comunalmente las gentes lo usan, asi llaman al uno como al otro» (SP I, xxiv, i).

Ein romero würde demnach nicht zwingend nach Rom pilgern, und in der oben zitierten Erklärung soll also nicht die Bedeutung, sondern die Benennungsproduktsbedeutung von romero angegeben werden. Im übrigen ist auch die Erklärung von pelegrino ein gutes Beispiel für die Interpretationsschwierigkeiten, die die undifferenzierte Verwendung der Formel tanto quiere dezir como verursacht. Der von uns als Benennungsproduktsbedeutung klassifizierte Teil der Erklärung dürfte von vielen Lesern wohl einfach als Bedeutung des Explicandums angesehen werden bzw. angesehen worden sein. Hinter der zweimaligen Nennung des Wortes extrano (bzw. estrana) steht u.E. aber die Intention, den etymologischen Zusammenhang mit dem lateinischen Wortperegrinus 'fremd, ausländisch' herzustellen. Worterklärungen, bei denen auch der Kotext nicht deutlich macht, ob durch tanto quiere dezir como eine Bedeutung oder eine Benennungsproduktsbedeutung angeführt wird, sind beispielsweise diejenigen von adevinanza und saha\ adevinanza (SP VII, xxiii, i) Ε

«Adevinanza tanto quiere decir como

Β oder BPB?

querer tomar poder de Dios para saber las cosas que son por venir.»

safia (SP II, v, ix) «ca Ε

sana,

Β oder BPB?

encendimiento de sangre, que se levanta ά so hora acerca del corazon del home por cosas que veye ό que oye que έΐ aborrece ό quel pesa,

Β

pero esto pasa aina:»

segunt mostro Aristoteles et los otros sabios, tanto quiere decir como

Man kann nur vermuten, daß in der ersten dieser beiden Erklärungen auf die Existenz eines mit lat. divinus verwandten bzw. zusammenhängenden Elements hinge192

wiesen werden soll, also eine auch nach modernen Kriterien akzeptable Etymologie angedeutet werden soll. Genauso läßt sich nur spekulieren, ob im zweiten Beispiel das Explicandum sana eventuell mit sangre in Verbindung gebracht werden soll. Ein solcher Erklärungsversuch wäre u.E. im Rahmen des in den alfonsinischen Texten praktizierten Etymologisierens durchaus vorstellbar. Freilich würde es sich hierbei um eine Erklärung handeln, die ein moderner Etymologe nicht akzeptieren könnte. Der Ausdruck tanto quiere dezir como variiert nicht nur auf lautlicher und syntaktischer Ebene. Es existieren auch Varianten auf der lexikalischen Ebene. So kann z.B. das Element quier(e) wegfallen. In diesen Fällen steht das Verb dezir nicht im Infinitiv, sondern wird flektiert, so z.B. in den Erklärungen von ancilla und Thesiphone: ancilla (SP IV, xi, xx) Ε

«Ancilla

tanto dice en latin como Β

sierva en romance:»

Thesiphone (GE II. 1, 260a 22-29) Ε

«[...] Thesiphone [...] es otrossi nonbre conpuesto destas dos palauras griegas: la una

BE 1

THESIS

BEB 1 ...

dexanfa

que dizen en el griego tanto como

0 ... BEB 1

reles en el lenguaie de Castiella, et

BE 2

PHONES que dize otrossi el griego por aquello que el castellano dize

BEB 2

suenno; onde

Ε

Thesiphone, segunt esto, tanto quiere dezir cuemo

BPB

dexanga ο dexamiento de buen suenno.»

Bisweilen findet man auch die Formulierung ohne tanto como, z.B. avaricia (SP I, xx, xxv) Ε

«Avaricia

que quier decir Β

escasedat [...].»

193

A n anderen Stellen wird anstatt von (quiere) dezir das Verb mostrar

verwendet, z.B.

gentiles (SP II, xxi, ii) «Et en algunos otros logares los llaman Ε

gentiles [a los

[Β]

fijodalgos], et tomaron este nombre de

BE

gentileza que muestra atanto7 como

BEB

nobleza de bondat, porque

BG

los gentiles fueron nobles homes et buenos, et vevieron mas ordenadamente que las otras gentes.» emperador (PCG 90b 17-22) «Dotra manera semeia que esta palabra

BE

imperare tanto quiere mostrar cuemo

BEB

despareiar se ο desegualar se dotros, et quiere dar a entender que

BG

eil emperador no a par nin deue auer qui sea so egual entre los otros principes.»

Und gelegentlich wird se(e)r alternativ zu dezir gebraucht, z.B. imperare (PCG 90b 9-13), cf. p. 170

Et es Ε

IMPERARE en ei nuestro lenguage tanto cuemo

Β

mandar sobre otros et sennorear.»

7.2.1.2 dezir und dezir

por

Das Verb dezir findet man in den alfonsinischen Worterklärungen nicht nur im Ausdruck tanto quiere dezir como, sondern es wird auch das Verb allein in einer finiten Form formelhaft verwendet. Die Funktion dieses finit verwendeten dezir ist die gegenseitige Zuordnung von Explicandum und Bedeutung. Das Tempus des Verbs variiert,

7

In den etymologischen Erklärungen der SP ist in Kombination mit muestra zweimal eine Variante zu tanto, die atanto lautet, belegt.

194

ebenso das Genus Verbi. Wird das Verb im Aktiv verwendet, erscheint die Bedeutung häufig als Objekt der Konstruktion und wird meist mit der Präposition α eingeführt. Das Explicandum erscheint dann als Prädikativum zum Objekt, z.B. sabbado (PCG 95a 23-27) «e al Β

postremero [dia] dixieron

Ε

, que quiere tanto dezir como

BPB

dia de folgura, por que dizen que

BG

en aquel dia folgara el Nuestro Sennor de las obras que fiziera en los otros seys.»

Bei einer Passivkonstruktion erscheint die Bedeutung dann entsprechend als grammatikalisches Subjekt, z.B. palacio (SP II, ix, xxix) Ε

«Palacio

Β

aquel logar do el rey se ayunta paladinamente para fablar con los homes [...].

BG

en este logar se ayuntan los homes para fablar con el mas que en otro,

es dicho

Et porque

por eso lo llaman Ε

palacio, que quiere tanto decir como

BPB

logar paladino;»

Man findet dezir in dieser Funktion nicht nur in etymologischen Erklärungen, sondern auch in reinen Bedeutungsklärungen, z.B. ceti (SP I, iv, lxxxiv) B...

«[...] un grant pece que dicen

Ε

ceti, que es

... Β

mayor que la ballena [...].»

Dezir kommt in den alfonsinischen etymologischen Erklärungen noch in einer weiteren Verwendung vor. Wie z.B. in der Erklärung von corte kann es auch in der Erweiterung des Ausdrucks tomar nombre de auftreten:

195

corte (SP II, ix, xxvii) Ε

«Corte es llamado

Β

el logar do es el rey, et sus vasallos et sus oficiales con el, que le han cotianamente de consejar et de servir, et los otros del regno que se llegan hi ό por honra del, ό por alcanzar derecho, ό por facer recabdar las otras cosas que han de veer con el: et tomö este nombre de una palabra de latin que dicen

BE

COHORS, que muestra tanto como

BEB

ayuntamiento de companas,

BG

alii se allegan todos aquellos que han ä honrar et guardar al rey et al regno.»

ca

Darüber hinaus ist das Verb dezir, neben der Präposition por, obligatorisches lexikalisches Element eines sehr variablen formelhaft verwendeten Ausdrucks, der im Normalfall dazu dient, einem Benennungselement eine Benennungselementsbedeutung zuzuordnen. In ausführlicher Form und unter Berücksichtigung der möglichen Variation kann man diesen Ausdruck folgendermaßen in einer Formel darstellen: BE (que) dezir""' [(en) (BEST. ART.) S] por (aquello/lo que) [(en) (BEST. ART.) S] (dezir«""/ llamar*™') BEB 8 In seiner ausführlichsten Form ist der Ausdruck z.B. in den folgenden Erklärungen belegt: Theodoreth (GE II.l, 65b 22-66a 2), cf. p. 151 «[...] BE 1

THEOS, que dize el griego por aquello que los latinos dezimos

BEB 1

Dios, ell otro nombre es

BE 2

DOLUS, que dizen otrossi en el latin por aquello a que en el lenguage de Castiella Hainan

BEB 2

enganno; [...]»

Fett: obligatorisches Element; rund eingeklammert: fakultatives Element; Querstrich: alternative Elemente; Platzhalter S: Sprache/Sprecher(gemeinschaft), BEST. ART.: bestimmter Artikel. Einzelne Elemente können auch umgestellt werden. 196

eliotropium (GE II.l, 210b 5-20) «Daquello al que dize otrossi el autor que B...

aquella yerua e

... Β

aquella flor de Clicie, que

BG

anda siempre de la cabes^a contral Sol como el ua en so cerco, dize el esponedor que esto assi es que

Β

una yerua ay que

BG

sienpre trae la cabes^a tornada contral Sol poro quier que el uaya; et dizen le en el latin

Ε

ELIOTROPIUM e

Β

SOLSEQUIUM, et es este nombre

Ε

ELIOTROPIUM conpuesto de dos nombres: de

BE 1

ELIOS que dize el griego por aquello que el castellano dize

BEB 1

Sol, e

BE 2

TROPOS por

BEB 2

tomamiento; onde

Ε

ELIOTROPIUM tanto es como

BPB

tomamiento al Sol, fascas

Β

aquella yerua que se torna de la cabesfa al Sol poro el anda;» Ydrusca (GE II.l, 92a 18-24) «[...] es

[Β]

[Tenos]

BG

la mas abondada de buenas aguas que entre todas aquellas yslas a; onde cuenta Plinio que llama por ello Aristotil

197

Ε

Ydrusca

Β

aquella ysla de YDRO

BE

que diz el griego por aquello que nos en el nuestro lenguage de Castiella dezimos BEB

agua;» ariopago (GE I, 370a 23-32) «En esta sazon misma otrossi, segund cuentan Eusebio e Jheronimo, lue dado en Grescia

Β

un logar pora oyr todos los pleytos e librar los, ea

Β

aquel logar establesfido pora aquesto pusieron le nombre

Ε

ARIOPAGO, e lieua este nombre de

BE

ARES, que dizen los griegos por lo que nos enel lenguage de Castiella dezimos

BEB

uirtud 0

BEB

uirtudes.»

Es wird hier jeweils eine Sprache genannt, aus der das postulierte Benennungselement angeblich stammt, oder eine Sprechergemeinschaft, die es verwendet. Daneben wird in dieser ausfuhrlichen Version des Ausdrucks auch explizit erläutert, in welcher Sprache die Benennungselementsbedeutung angegeben wird. Dabei handelt es sich um eine Information, die fur einen kastilischsprachigen Leser der alfonsinischen Zeit überflüssig war. In den folgenden beiden Beispielen findet man den Ausdruck in einer kürzeren Form. Der Hauptunterschied zu den vorherigen Erklärungen liegt darin, daß nur die Sprache explizit genannt wird, aus der das lautliche Element stammt, und nicht mehr die Sprache, in der der B-Bestandteil angegeben wird: tribunos (PCG 86a 12-21) BG ...

«e fallaron por bien de auer entre si en cada una de las compannas de sos linnages

Β

sennos cabdiellos, que fuessen sos alcaldes apartados [...]. Ε porque dizen en latin

BE

TRIBUS por

198

BEB

linage, et

... BG

eran aquellos tornados por cabdiellos cada uno del so linage, touieron por guisado los que lo ordenaron de llamarlos

Ε

daquella palabra

BE

TRIBUS.»

Cesar (PCG 89b 40-52), cf. p. 168

«[...] Et en latin dizen BE

CEDERE

BEB ...

taiar

por

ο por ... BEB ..

ferir

... BEB

bater con uerga ο con alguna otra cosa tal,

0

In der weiter oben entworfenen Formel zur Darstellung der Variationsmöglichkeit dieses Ausdrucks ist die Angabe einer Sprachzugehörigkeit oder Sprechergemeinschaft zum Benennungselement als obligatorisch gekennzeichnet. Tatsächlich sind in unserem Korpus keine Fälle belegt, in denen dezir por in der hier besprochenen Funktion ohne eine solche Angabe verwendet wird. Es muß aber angemerkt werden, daß in einigen Fällen nicht explizit ein Name einer Sprache oder Sprechergemeinschaft genannt wird, sondern der Leser mit einem «Platzhalter» (in der Art en essa tierra, en el lenguage daquella tierra) auf den Wissenskontext oder den Kotext verwiesen wird, z.B. Tiro (GE 11.1,82b 9-15) «Et alli, segunt cuenta el Libro de las Prouincias otrossi, en aquella tierra de Phenicia es Β

la cibdat a que llaman

Ε

Tiro, e dieron le este nombre de

BE

Tiron que dizen en essa tierra por

BEB

angostura,

199

por que en tal logar fue poblada essa fibdat de Tiro [...].»

BG

Sidon (GE II. 1,82b 15-20) «et es Β

el reyno de

Ε

Sidon

BG

tierra muy abondada de pescados, et por ende le dixieron otrossi este nombre

Ε

Sidon, ca en el lenguage daquella tierra dizen

BE

SIDON por

BEB ...

pez e por

... BEB

abondo de muchos pescados.»

BG

«Entonfe mando Dido buscar un cuero de buey, el mayor que nunqua fallaron; e fizol estender e fazer correas muy delgadas, e cosellas unas con otras de guisa que semeiasse todo una correa. Despues fizo la fazer commo ferco; e quando fue fecho, touo una grant plafa. Et a plazer de todos los daquella tierra salio ella con toda su conpanna de las naues, e uino posar con ellos dentro en aquel cjerco que auie fecho daquel cuero del buey. [...] Ε desque file cre^iendo e se fizo grant, touo [Dido] por bien de camiar le el nonbre e poner gele tal que conuiniesse. Ε menbrandosse de la cabefa del buey que fallaran ο primero ouiera a seer la uilla, e como fuera conpassada aquella plaza con el cuero del buey,

Carthago (GE II. 1,434b 25-35, 436a 28-37)

e por que en aquel lenguaie dizen BE

CARTHON por

BEB

cuero, puso a

Β...

aquella uilla nombre

Ε

Carthago. Ε aquella fue

...Β...

la grant

Ε

Carthago

... Β

dAffrica [...].»

200

Erklärungen, in denen mit dezirpor eine Verbindung zwischen anderen Elementen als einem Benennungselement und einer Benennungselementsbedeutung hergestellt wird, sind absolute Ausnahmen, und die Angabe einer Sprache oder Sprechergemeinschaft ist in solchen Fällen nicht obligatorisch. Die nächsten beiden Beispiele illustrieren diese seltene Verwendung in etymologischen Erklärungen, im dritten Beispiel erfolgt nur eine Bedeutungsklärung: curleyos (GE I, 628b 10-18), cf. p. 163 «[...] tierras ay ο dizen Ε

CURLEYOS por aquellas

Β

aues reales;

[...]» Euila (GE I, 168b 45^*7) «e dizen las estorias Ε

Euila

por Β

India, e dizen que aquella ouo este nombre de

BE

Euila, que file

BEB

nieto de Noe [...].» balteo/baltheo (GE I, 454b 9-12) «Α la

Β

9inta con que al sacerdote finnen la camisa llama Jheronimo

Ε

BALTHEO en la Biblia, e dize maestre Pedro que aquel

Ε

balteo

que es dicho por Β

9inta [...].»

Die genaue Betrachtung der Wortwahl der Verfasser der alfonsinischen Texte verdeutlicht, daß die Verteilung von finitem dezir (ohne por) und dezir por in den alfonsinischen etymologischen Erklärungen nicht beliebig ist, sondern abhängig von der Funktion. Dezir ohne por wird gebraucht, wenn ein Zusammenhang zwischen einem Explicandum und einer Bedeutung hergestellt werden soll, während dezir por verwendet wird, um Benennungselement und Benennungselementsbedeutung einander zuzuordnen. 201

7.2.1.3 seer und seer por Auch bei der Verteilung von finit verwendetem seer9 und von seer por in den alfonsinischen etymologischen Erklärungen gibt es eine deutliche Tendenz zum Gebrauch von seer ohne folgende Präposition bei der Zuordnung von Explicandum und Bedeutung und von seer por zur Herstellung eines Zusammenhangs zwischen Benennungselement und Benennungselementsbedeutung. Im Gegensatz zum Verhältnis zwischen dezir und dezir por existiert bei seer und seer por zumindest eine gewisse gegenseitige Austauschbarkeit, beide Ausdrucksweisen werden in unserem Korpus auch für die jeweils andere Funktion verwendet, wenn auch selten. Finites seer por steht meist nach dem Relativpronomen que. In den folgenden Erklärungen werden Explicandum und Bedeutung einander zugeordnet, bei den Erklärungen von riepto, adulterio und despenseros mit Hilfe von seer, bei der von Yberia mit Hilfe von seer por. riepto (SP VII, iii, i) Ε

«Riepto es

Β

acusamiento que face un fidalgo ä otro por corte porfazandol de la traycion ό del aleve que fizo. Et tomö este nombre de

BE

REPETO, que es una palabra de latin, que quiere tanto decir como

BPB

recontar la cosa otra vez diciendo la manera de como la fizo.»

Ε

«Adulterio

Β

yerro que home faze yaciendo ä sabiendas con muger que es casada ό desposada con otro;

adulterio (SP VII, xvii, i), cf. p. 164

es

[...]» despenseros (SP II, ix, xiii) Ε

«Despenseros son

Β

otros oficiales que han de comprar las cosas que son meester para gobierno del rey: et por eso los llaman asi, porque

9

Für das alfonsinische Kastilisch ist auch die Schreibung ser wie im modernen Spanisch belegt. Wir entscheiden uns hier für die Variante seer, weil sie in den von uns analysierten Text(ausgab)en wesentlich häufiger ist als ser. Laut den Konkordanzen der E T gibt es in den Texten EE I, EE II, GE I und GE II für seer insgesamt 1013 Belege und für ser 187 Belege.

202

BG

ellos BE despienden los dineros de que las compran:»

Yberia (GE I, 48a 29-30) Ε

«[...] Yberia que es p o r

Β

Espanna del

BEB

su rio

BE

Ebro.»

Dieser Gebrauch von seer und seer por ist auch in reinen Bedeutungsklärungen zu belegen, z.B. escarmiento (SP II, xxviii, i) Β

«[...] escarmiento es

Ε

pena que manda dar el cabdiello contra los que errasen como en manera de juiClO.»

Β

«[.. .]Ia farina delo que era la flor

simila (GE I, 684a 28-30)

- e dizen le en latin Ε

SIMILA e es por

Β

flor de farina [...].»

Ein Zusammenhang zwischen Benennungselement und Benennungselementsbedeutung wird normalerweise, wie in den Erklärungen von (anno de la) era, Arminna und fito(nes), mit Hilfe von seer por hergestellt, nur sehr selten, wie hier in der Erklärung von pegujar, durch einfaches finit gebrauchtes seer: (anno de la) era (PCG 99b 27-36), cf. p. 166

«[...] BE

ERA que es por

BEB

,

[...]»

203

Arminna/Armenia (GE 1,47b 41^»8a 1) «E nos [...] dezimos [...] a Β

la tierra

Ε

Arminna; pero fallamos, segund dizen unos, que este nombre fue dado a

Β

aquella tierra

BE 1

ARIDA

de

que es por BEB 1

seco, e de

BE 2

MÖNS por

BEB 2

mont, por que lo primero que Noe uio dela tierra descubierto e seco del diluuio los montes e la tierra de Armenia fueron ο ell estaua.»

BG

fito/fitones (GE II.2, 343a 19-27) «[...] dize Agostin - e dizelo otrosi Ouidio e muchos de los abtores de los gentiles -que BE

Fito

BEB

Apollo;

es por

e que BG

este Fito Apollo fue el primero que busco e asaco esta arte de adeuinar e de encantar que es de los arriolos. Ε muestra que de aquel nonbre

BE

Fito tomaron los sabios este otro que dezimos

E(l)

fito

Ε (2)

fitones,

Ε2

fitones

e

e que

tanto es commo adeuinos;»

Β

204

pegujar (SP I, xxi, i), cf. p. 155

«[...] EV

PECUNIA tomö nombre en latin de

BE

PECUDIBUS que son

BEB

los ganados:

Überhaupt kann mit seer in finiter Form wohl theoretisch jeder Ε-Bestandteil mit einem B-Bestandteil verbunden werden. In den folgenden beiden Erklärungen steht es jeweils zwischen Explicandum und Benennungsproduktsbedeutung: Ellesponto (PCG 224a 13-14) Ε

«[...] Ellesponto, que es

BPB

el mar de la infant Elles [...].»

Β

«[...] el mar

Mediterraneo (PCG 492b 34-35)

que dizen Ε

Mediterraneo, este es

BPB

[...];»

Daß zwei lautliche Etymologiebestandteile durch es por aufeinander bezogen werden, so wie im folgenden Beispiel das Explicandum emperador und der Explicandumsvorläufer imperator, stellt eindeutig eine Ausnahme dar: emperador (PCG 90b 9-17), cf. p. 171

«[...] EV

IMPERATOR que es por

Ε

emperador,

[...]» Seer und seer por werden eigentlich genauso verwendet wie dezir und dezir por, nur sind seer und seer por nicht so stark auf eine Funktion festgelegt wie dezir und dezir por. Die Identifizierung der Sprachzugehörigkeit (mindestens) des Benennungselements, die bei dezir por obligatorisch ist, findet beim Gebrauch von seer por nicht statt.

205

7.2.1.4 llamar Auch das Verb llamar erscheint allein und in finiter Verwendung sehr häufig in den alfonsinischen Worterklärungen. Genau wie bei finitem dezir variieren das Tempus und das Genus des Verbs. Die Funktion von finitem llamar ist die Zuordnung eines Ε-Bestandteils zu einem B-Bestandteil, llamar wird also so verwendet wie tanto quiere dezir como. Allerdings impliziert eine Formulierung mit llamar im Gegensatz zu einer mit tanto quiere dezir como einen Akt der Benennung oder der Bezeichnung. Meistens werden Explicandum und Bedeutung einander zugeordnet. Wird das Verb im Aktiv verwendet, rückt der Bestandteil Bedeutung in der Konstruktion an die Stelle des direkten Objekts und wird mit der Präposition α eingeführt. Das Explicandum erscheint als prädikative Ergänzung zum Objekt, bei einer passivischen Verwendung von llamar fungiert der Bestandteil Bedeutung als grammatikalisches Subjekt, das Explicandum erscheint als Prädikatsnomen, z.B. crismal (SP 1, iv, xliv) «Et ä

Β

este olio bendito

Uaman Ε

crismal, porque

BG

con el se face la crisma [...].»

Ε

«Corredores

Β

aquellos homes que andan en las almonedas et venden las cosas pregonando quanto es lo que dan por ellas:

corredores (SP II, xxvi, xxxiii)

soil llamados

et porque andan BE corriendo de la una parte ä la otra mostrando las cosas que venden,

BG

por eso son llamados Ε

corredores.» Assur (GE 1,47a 7-10)

BE

«Assur,

BEB

el segundo fijo [de Sem], poblo otra tierra en que fizo

Β

una grand cibdat por cabe?a de tod el regno,

206

e llamo la Assur del su nombre [...].»

Dieser Gebrauch von llamar ist auch in reinen Bedeutungsklärungen zu belegen, z.B. calendas (SP V, xi, xv) Ε

«Calendas

Β

el primer dia de cada mes;»

son llamadas

Wie bei tan to quiere dezir como können auch die Formulierungen mit llamar um die Angabe der Sprache erweitert werden, aus der das zu definierende Element stammt, z.B. depositum (SP V, iii, i), cf. p. 174 Β

«Condesijo, ä que Uaman en latin

Ε

DEPOSITUM,

[...]» Man findet llamar auch als Verbindungsglied zwischen Benennungselement und Benennungselementsbedeutung, z.B. (anno de la) era (PCG 99b 27-36), cf. p. 166 «E por que BEB ...

eil oro et

...BEB...

laplata et

... BEB

los otros metales son llamados

BE

ERA en latin, et [...].»

Mittels llamar kann auch ein Explicandumsvorläufer mit der Bedeutung verbunden werden, z.B.

207

almirante (SP II, ix, xxiv), cf. p. 189 «[...] Β

cabdiellos sobrellos, ä quien Uamaban en latin ADMIRALTUS,

EV

[...]» Llamar kann außerdem in Verbindung mit dem formelhaften Ausdruck to mar nombre de auftreten, z.B. desposorio (SP IV, i, i) «Llamado es Ε

desposorio

Β

el prometimiento que facen los homes por palabra quando quieren casarse: et tomo este nombre de una palabra que es llamada en latin

BE

SPONDEO, que quiere tanto decir en romance como

BEB

prometer: et esto es porque

BG

los antiguos hobieron por costumbre de prometer cada uno a la muger con quien se querie ayuntar, que casarie con ella.» siervo (SP IV, xxi, i), cf. p. 190 «Et

Ε

siervo tomo este nombre de una palabra que es llamada en latin SERVARE,

BE

[...]» Una palabra que es llamada en latin wird hier also gleichbedeutend mit una palabra que dicen en latin in der folgenden Erklärung von criado verwendet (cf. 7.2.1.2): criado (SP IV, xx, ii), cf. p. 175 «Criado

Ε

tomo este nombre de una palsibra que dicen en latin BE

CREARE, [...]»

Diese Formulierungsweise ist recht umständlich und dementsprechend selten in unserem Korpus belegt. Sie ist aber ein weiteres Beispiel dafür, daß es sich bei den sprachbeschreibenden Formulierungen in den von uns untersuchten alfonsinischen Texten 208

nicht um eine durchdachte und konsequent durchgehaltene (vor)wissenschaftliche Terminologie handelt.

7.2.1.5 haber nombre Auch der Ausdruck haber nombre wird formelhaft verwendet, wenn einem B-Bestandteil ein Ε-Bestandteil zugeordnet werden soll. Haber nombre wird vor allem gebraucht, wenn es darum geht, einen Zusammenhang zwischen Bedeutung und Explicandum herzustellen. Von den folgenden Beispielen illustrieren die ersten drei diese Verwendung von haber nombre in etymologischen Erklärungen, das vierte belegt den Gebrauch in einer reinen Bedeutungsklärung: incubos (GE 1, 27a 14-24) «[...] departieron los sabios, e es uno dellos mahestre Pedro quelo cuenta en su Estoria, que Β

ouo enlos malos angeles que cayeron vna orden dellos que auien natura de poder tomar forma de omne [...].

Β

estos spiritos

Ε

an nombre ε

incubos, que quiere dezir tanto como

BPB

acobdadores desuso, fascas por que

BG

se echan desuso alos omnes;» Alias (PCG 8a 50-54)

Β

«[...] un muy gran sabio del arte destronomia que ouo nombre

Ε

Alias, y este nombre ganara el por que

BG

morara mucho en el monte BE Allant, que es much alto, catando las estrellas;» Libia (GE II. 1, 52b 32-53a 2)

Β

«[...] la tercera part de la tierra a que dezimos agora

Β

Africa ouo primera mientre nombre

ε

Libia,

209

et dixieron le este nombre los reys e los omnes buenos ancianos con sos pueblos de BEB ...

la reyna

BE

Libia,

... BEB

madre deste rey Agenor.» Carra (GE I, 148b 9-10)

Β

«[...]la cibdad que a nombre

Ε

Carra [...].»

Deutlich seltener ist die Verwendung von haber nombre als Verbindungsglied zwischen Benennungselementsbedeutung und Benennungselement, z.B. Creta (GE II.1, 33a 23-27) «et BEB

aquel cauallero auie nombre

BE

Cres, e por que

BG ...

era mayor e meior entre los otros, e aun algunos dizen que

... BG

fue rey dalli,

Β

aquella ysla

Ε

Creta

llamaron a

del nombre del.» Espanna (PCG 11a 2-7) «Ε sobre todos [logares] fizo [Hercules] sennor BEB

un so sobrino, que criara de pequenno, que auie nombre

BE

Espan;

BG

amor del

[...] epor

camio el nombre a Β

la tierra que ante dizien

Β

Esperia

210

e pusol nombre Ε

Espanna.»

Folgt auf haber nombre

die Präposition de, dient der Ausdruck dazu, einen Zusam-

menhang zwischen Explicandum oder Bedeutung und Benennungselement herzustellen, z.B. barbaras (GE I, 31b 21-24) «E Β

las yentes de Armenia

Ε

barbaras,

son

e an este nombre delas BE

baruas

BG

nunca las fazen con nauaia e traen las luengas [...].»

que

gigantes (GE I, 26b 20-29) Ε

«[...] gigantes [...] ouieron este nombre de

BE 1

GE que dizen en griego por

BEB 1

tierra, e

BE 2

GENITI en latin por

BEB 2

engendrados; onde segund esto,

Ε

gigantes quiere dezir tan to como

BPB

engendrados de tierra, e non por que

BG ...

ellos de tierra nasciessen, mas por que

... BG

querien seer sennores de toda la tierra e de todo lo al, e seguir lo terrennal, et que a tuerto e a derecho ninguno otro non ouiesse y sennor si non ellos;»

211

cristiano (SP I, iv) Β

«[...] el que cree la fe catölica et recibe los sacramentos de santa eglesia ha el nombre de

BE

cristus,

Ε

cristiano

et es

acabado.»

7.2.1.6 tomar nombre de Der Ausdruck tomar nombre de wird normalerweise verwendet, um Bedeutung oder Explicandum und Benennungselement(e) zu verbinden, z.B. depositum (SP V, iii, i), cf. p. 174

«[...] DEPOSITUM,

Ε

es Β

quando un home da ä otro sus cosas en guarda fiändose en el; et tomo este nombre de

BE 1

DE et

BE 2

PONO,

[...]» Der Ausdruck kann durch eine Angabe der Zugehörigkeit zu einer historischen Sprache ergänzt werden, die das Wort palabra(s) enthält, z.B. criado (SP IV, xx, ii), cf. p. 175 Ε

«Criado tomö este nombre de una palabra que dicen en latin

BE

CREARE, [...]» adulterio (SP VII, xvii, i), cf. p. 164

Ε

«Adulterio es

Β

yerro que home faze yaciendo ä sabiendas con muger que es casada ό desposada con otro; et tomö este nombre de dos palabras de latin

BE 1

212

ALTERIUS

et BE 2

TORUS,

Unseres Erachtens handelt es sich bei der im folgenden Beispiel belegten Verwendung der Präposition α anstelle von de nicht um eine akzeptable seltenere Variante dieses Ausdrucks, sondern um eine fehlerhafte Ausdrucksweise: parafema (SP IV, xi, xvii), cf. p. 152 Ε

«PARAFERNA son llamados en griego

Β

todos los bienes et las cosas, quier sean muebles ό raices, que retienen las mugeres para si apartadamiente et non entran en cuento de dote.

Et tom6 este nombre ä BE 1

PARA, que quier tanto decir en griego corao

BEB 1

acerca, et

BE 2

FERNA,

[...]» Diese Formulierung ist durch den Wortlaut der etymologischen Erklärungen der lateinischen Quellentexte beeinflußt. Dort wird häufig mit der Präposition a(b) auf das Benennungselement verwiesen, wie z.B. in den folgenden Passagen aus den ETY und aus De Rebus Hispaniae: servitus (ETY V, 27, 32) Ε

«Servitus

a BE

servando vocata.»

mane (ETY V, 30, 14) Ε

«Mane

Β

lux matura et plena, nec iam crepusculum. Et dictum

Ε

mane

a BE

mano;

BE

manum

213

enim antiqui BEB

bonum dicebant.

BG

Quid enim melius luce?»

Β

«[...] Teutonia [...]

Lemania (RXR 7b)

ä Latinis autem Lemania

Ε

dicitur ä BE

Lemano

BEB

fluvio

[...].»

D i e bisher gegebenen Beispiele sind B e l e g e für eine aktivische Verwendung des verbalen Ausdrucks tomar nombre de. Dieser Ausdruck wird aber natürlich auch im Passiv gebraucht, z.B. Affrica (GE 1,46b 6-8) «Pero dizen otros que este nombre Ε

Affrica que fue tornado de

BE

affrico,

BEB

el uiento dessa parte.»

que es por

Cesar (PCG 89b 52-90a 11) «La segunda [razon] dizen que BG

este ninno salio de luego con cabellos et con una uedija apartadamientre mas luenga que todos los otros cabellos; et en latin dizen

BE

CESARIES por

BEB ...

uedija ο por

... BEB .. .

cabelladura ο por

... BEB

cerda de cabellos, onde fue tomado desta palaura

BE

CESARIES

214

este nombre Ε

Cesar, et llamando a

Β

aquel ninno por

BG

aquella cerda con que nascio. Ε segund esto

Ε

Cesar tanto quiere dezir cuemo

BPB ...

el de la uedija 0

... BPB .. .

el de la cerda 0

... BPB

el de la crin, ca por tod esto es dicho

BE

CESARIES.»

Gelegentlich wird mit dem Ausdruck tomar nombre de auch der Explicandumsvorläufer oder der Benennungsgrund eingeführt, z.B. pegujar (SP I, xxi, i), cf. p. 155 «[...] et Ε

pegujar tom0 nombre de

EV

PECUNIA, [...]»

divorcio (SP IV, x, i), cf. p. 162 «[...] Et Ε

divorcio tomö este nombre del

BG

departimiento de las voluntades del marido et de la muger, que son contrarias et diversas en el departimiento de quales fueron ό eran quando se ayuntaron.»

215

7.2.1.7 dar nombre de Auch der Ausdruck dar nombre de wird gewöhnlich verwendet, wenn Explicandum (oder seltener Bedeutung) und Benennungselement(e) einander zugeordnet werden, z.B. Baco (GE II. 1,308a 29-33) «E llamaron le estonces estos nonbres: primera mientre Ε

Baco, e dieron le este nonbre de

BE

BACARI que dizen en el latin por

BEB

assannar se; onde

Ε

Baco, segunt esto, tanto quiere dezir como

BPB

sannudo.» aipia (GE II.2, 12a 45-12b 3) «Ε por que

BG

biuien por robo, e dizen los griegos

BE

ARPIS por

BEB

robar, dieronles este nonbre arpias

Ε

de aquesta palaura BE

ARPIS. Onde

Ε

ARPIA tanto quiere dezir en el lenguage de Castilla commo

BPB

furto.» estrellas (GE I, 66a 46-53), cf. p. 165 «e alas

Ε

estrellas por esso les dieron este nombre

Ε

estrellas

216

de BE

ESTER,

[...]» Im folgenden Beispiel werden nach dem Explicandum zuerst die Benennungselementsbedeutung und erst danach das Benennungselement genannt. Dies ist möglich, weil ein zweites nombre an der Stelle der Konstruktion eingefugt wird, an der normalerweise das Benennungselement stehen müßte: Antonoeyo/Anthoeyo (GE II. 1, 154a 3-7) «[...] fuye B...

el princep

Ε

Antonoeyo, fascas

... Β

el infant Actheon,

BG

fijo de la reyna Anthone; et dieron le este nombre

Ε

Anthoeyo del nombre de

BEB

su madre a qui llamauan

BE

Antonoe.»

Wie tomar nombre de kann auch dieser Ausdruck passivisch verwendet werden, z.B. Arminna/Armenia (GE I, 47b 4 1 ^ 8 a 1), cf. p. 204

«[...] pero fallamos, segund dizen unos, que este nombre fue dado a Β

aquella tierra de

BE 1

ARIDA que es por

BEB 1

seco, e de

BE 2

MÖNS por

BEB 2

mont, [...]>»

217

7.2.1.8 poner nombre Der Ausdruck poner nombre dient normalerweise dazu, das Explicandum anzugeben. Meistens werden dabei ein Explicandum und eine Bedeutung einander zugeordnet, z.B. abril (PCG 95b 11-15) «E all Β

otro [mes] que era luego depues de mari^o pusieron le nombre

Ε

, por que

BG

comienfa la tierra en esse tiempo a BE abrirse et a mostrar las cosas que tiene encerradas en si de que se a el mundo a aprouechar [...].»

Es handelt sich also um einen Ausdruck, dessen Auftreten nicht auf etymologische Erklärungen beschränkt ist, sondern der auch in reinen Bedeutungsklärungen auftritt, z.B. Asia (PCG 5a 6-8) «Los sabios que escriuieron todas las tierras fizieron dellas tres partes: e a Β

la una [parte] que es mayor pusieron nombre

Ε

Asia [...].»

Wenn poner nombre in etymologischen Erklärungen verwendet wird, kann damit einer Bedeutung anstatt eines Explicandums auch ein Explicandumsvorläufer zugeordnet werden, z.B. Barcilona (PCG 10b 40-48), cf. p. 165

«[...] Β

una uilla, e pusol nombre

EV

Barca nona,

[...]» Der Ausdruck poner nombre impliziert einen Benennungsakt. In der etymologischen Erklärung selbst oder im Kotext wird dabei normalerweise explizit auf das oder die benennende(n) Subjekt(e) verwiesen (z.B. Los sabios ... pusieron nombre, Hercules). Oft wird als Benennergruppe eine bestimmte Sprechergemeinschaft genannt. Die folgende Namensgebung wird weiter vorne in der ley einfach den «Spaniern» (antiguamente los de Espana) zugeschrieben:

218

batalla (SP II, xxiii, xxvii) «Et Ε

batalla pusieron nombre [antiguamente los de Espanaj

Β

do ha reyes de amas las partes, et tienen estandartes et senas, et paran sus haces con delantera, et con costaneras et con zaga; mas senaladamente pusieron este nombre porque

BG

los emperadores et los reyes quando se habien de ayuntar unos con otros para lidiar, sollen facer taner trompas et BE bater atambores, lo que non era dado ä otros homes.»

Das zweite Auftreten von poner nombre in diesem Beispiel verdeutlicht, daß dieser Ausdruck auch erst nach der expliziten Nennung von Explicandum und Bedeutung stehen kann, und zwar direkt vor der Einführung eines Benennungsgrundes. Das Explicandum wird hier pronominal wiederaufgegriffen.

7.2.1.9 ca und porque Der Benennungsgrund wird sehr häufig mit einer Konjunktion, nämlich mit ca oder porque (Variantepor que) an den Rest der Erklärung angeschlossen, z.B. acolito (SP I, vi, xi) Ε

«Acolito es

Β

el mas honrado de los quatro grados, que quiere tanto decir en griego como

BPB

aquel que trae el cirio, ca

BG

esto deben ellos facer quando dicen el evangelio, et otrosi quando lievan la hostia et el vino ä consagrar:» obispo (SP I, v, i) «Et

Ε

obispo tanto quiere decir como

BEB

guardador: ca

BG

sin falla ellos son puestos para guardar la fe catolica porque tienen lugar de los apöstoles [...].»

219

adulterio (SP VII, xvii, i) Ε

«Adulterio

Β

yerro que home faze yaciendo ä sabiendas con muger que es casada ό desposada con otro;

es

et tomö este nombre de dos palabras de latin BE 1

ALTERIUS et

BE 2

TORUS, que quiere tanto decir en romance como

BPB

lecho dotro, porque

BG

la muger es contada por lecho de su marido, et non el della.» corredura (SP II, xxiii, xxix) «Et la

Ε

corredura es

Β

quando algunos homes salen de algunt Iogar, et toman talegas para correr la tierra de los enemigos, et tömanse ä alvergar al logar onde salieron: et esta se debe facer et acabdellar en la manera quel algara: et por ende es dicha

Ε

corredura, porque

BG

los que van en ella han de ir aina et venir quanto mas podieren, porque non resciban dano de los enemigos:»

In diesen vier Beispielen steht die Konjunktion jeweils allein zwischen dem Element Benennungsgrand und einem weiteren Etymologiebestandteil (BEB, BPB oder E). Gelegentlich geht ca und porque in dieser Funktion ein sprachbeschreibender Ausdruck w i e p o n e r nombre, haber nombre bzw. llamar oder dezir in finiter Form voraus. Das Explicandum wird in diesen Ausdrücken dann pronominal (este) oder adverbial (asi) wiederaufgegriffen, z.B. batalla (SP II, xxiii, xxvii) «Et Ε

batalla pusieron nombre

Β

do ha reyes de amas las partes, et tienen estandartes et seiias, et paran sus haces con delantera, et con costaneras et con zaga;

220

mas senaladamente pusieron este nombre porque BG

los eraperadores et los reyes quando se habien de ayuntar unos con otros para lidiar, sollen facer tarier trompas et BE bater atambores, lo que non era dado ä otros homes.» camarero (SP II, ix, xii) «[...] []el

Ε

camarero, que ha asi nombre porque

BG

debe guardar la BE cämara ο el rey alverga [...].» visitadores (SP I, vii, xviii)

Ε

«Visitadores

Β

deben ser escogidos en los cabildos [...], que se departan et vayan ver los monesterios: et por eso los llaman asi, porque

BG

por su BE vista [andere Hs.: visitacion] se han de enderezar et mejorar las cosas que fallaren en ellos mal paradas.» seguranza (SP VII, xii, i) «Et

Ε

seguranza es otrosi

Β

aseguramiento que se dan los otros homes que son de menor guisa, quando acaesce enemistad entre ellos ό se temen unos de otros. [...] Etäla

Ε

seguranza dicen asi, porque

BG

por ella son BE seguros aquellos entre quien es puesta mientre durare el plazo que fuere hi puesto.»

In allen in diesem Abschnitt bis hierher zitierten Erklärungen steht der mit ca oder porque eingeführte Benennungsgrund am Ende der etymologischen Erklärung. Auch hierbei handelt es sich wieder um eine Formulierungsstrategie, die zwar sehr häufig belegt werden kann, die aber weit davon entfernt ist, eine Regel darzustellen. Davon zeugen die folgenden beiden Beispiele, bei denen der Benennungsgrund nicht erst am Ende der Erklärung angegeben wird (cf. hierzu auch 7.2.1.10):

221

palacio (SP II, ix, xxix) Ε

«Palacio es dicho

Β

aquel logar do el rey se ayunta paladinamente para fablar con los homes [...].

BG

en este logar se ayuntan los homes para fablar con el mas que en otro,

Et porque

por eso lo llaman Ε

palacio, que quiere tanto decir como

BPB

logar paladino;» guardadores/guardas (SP II, xxvi, xii)

Ε

«Guardadores

Β

deben seer puestos en las huestes et en las cabalgadas para guardar todas las cosas que hi ganaren de los enemigos que non se pierdan, nin las roben nin las fürten

yk

et porque BG

han de BE guardar estas cosas por eso les llaman

Ε

guardas [andere Hs.: guardadores].»

Des weiteren kommt es vor, daß der Benennungsgrund nicht in einem Stück angegeben wird, sondern seine Erläuterung von der Angabe anderer Etymologiebestandteile unterbrochen wird, z.B. fuero (SP I, ii, viii) «Et por ende ha este nombre fuero,

Ε

porque BG...

se non debe decir nin mostrar ascondidamente, mas por las plazas et por los otros lugares & quien quier que lo quiera oir. Et los sabios antiguos posieron nombre

BE

fuero en latin por el

BEB

mercado do se ayuntan los homes ä comprar et ä vender sus cosas; et deste lugar tomö este nombre

Ε

fuero

222

quanto en Espana: et ... BG

asi como el mercado se face püblicamente, asi ha de seer el fuero paladinamente et manifiesto.»

D i e Tatsache, daß die Konjunktionen porque

und ca sehr häufig verwendet werden,

u m den Benennungsgrund anzugeben, bedeutet nicht, daß sie in den e t y m o l o g i s c h e n Erklärungen nicht auch an anderen Stellen auftreten können. In den f o l g e n d e n B e i spielen wird mit porque druck dezir por

z.B. j e w e i l s ein Gliedsatz eingeleitet, in d e m mit d e m A u s -

ein B e n e n n u n g s e l e m e n t und eine Benennungselementsbedeutung

einander zugeordnet werden: Caliz (PCG 8b 2-16) BG

«Este Hercules, desque passo dAffrica a Espanna, arribo a una ysla ο entra el mar Mediterraneo en el mar Oceano; e por quel semeio que aquel logar era muy uicioso y estaua en el comien^o doccident, fizo y una torre muy grand, e puso ensomo una ymagen de cobre bien fecha que cataua contra orient e tenie en la mano diestra una grand Haue en semeiante cuemo que querie abrir puerta, e la mano siniestra tenie alfada e tenduda contra orient e auie escripto en la palma: estos son los moiones de Hercules. Ε por que en latin dizen por

BEB BE

moiones Gades, pusieron nombre a

Β

la ysla

EV

Gades Hercules, aquella que oy en dia llaman

Ε

Caliz.»

Cesar (PCG 90a 11-20) «La tercera razon es que BG ...

del comienio de los omnes fasta aquella sazon auien todos en costumbre de dexar los cabellos crecer et fazer se luengos quanto se mas podien alongar; et fue

Β

este Julio

... BG

el primero que los fizo cercenar; et por que dizen en latin

BE

CESARIES cuemo es dicho por

BEB ...

cabelladura, et aun de

... BEB

cabellos luengos, llamaronle otrossi por este fecho

Ε

Cesar,

223

por que BG

fue ell ell primero que cabellos se cerceno.»

7.2.1.10 por ende und por esso + Verb(aler Ausdruck) Wird der Benennungsgrund nicht am Ende der etymologischen Erklärung angegeben, sondern folgt auf ihn noch mindestens ein anderer Etymologiebestandteil, so wird der Benennungsgrund mit dem Rest der Erklärung oft durch por esso]0 oder por ende und ein Verb bzw. einen verbalen Ausdruck wie dezir, llamar, poner nombre oder haber nombre verbunden. Der Benennungsgrund, der zusätzlich durchporque oder ca eingeleitet werden kann, aber nicht muß, wird also pronominal wiederaufgenommen, z.B. Buciffal/Bucifal (GE I, 562b 16-22) «e diz [Plinio] que ell cauallo del rey Alexandre

Β

ouo nombre Buciffal, [...]

Ε

e BG

ouo [...] la cabefa e las espaldas como buey, e por esso dixieron

Ε

Bucifal, de

BE

BOS que dizen en latin por

BEB

buey en aquellas partidas del cuerpo.» palacio (SP II, ix, xxix), cf. p. 222

«[...] Et porque BG

en este logar se ayuntan los homes para fablar con el mas que en otro,

Ε

palacio,

por eso lo llaman

que quiere tanto decir como BPB

logar paladino.»

In der von uns verwendeten Textausgabe der SP por eso, sonst por esso.

224

necidad (SP I, i, xiii, andere Hs.) BG

«Bien asi como del saber vienen todos los bienes et los pros que pueden seer, otrosi del non saber vienen todos los males et todos los danyos, et por esol Hainan

Ε

necidad.» matrimonio (SP IV, ii, ii), cf. p. 156

Et porque BG

todas estas razones sobredichas caen a la madre de facer et non al padre, por ende es llamado

Ε

matrimonio et non patrimonio.»

emperador (SP II, i, i) «Ca BG ...

el senor ä quien Dios tal honra da es rey et emperador, et ä el pertenesce segunt derecho et el otorgamiento quel ficieron las gentes antiguamente de gobemar et de mantener el imperio en justicia, et por eso es llamado

Ε

emperador, que quier tanto decir como

BEB

mandador,

... BG

al su mandamiento deben obedescer todos los del imperio:»

porque

Francia (PCG 6a 18-22) «e BG

Francia la antigua fue otrossi una partida de Alemanna, e por essol pusieron nombre

Ε

Francia, que quier dezir tanto como

BPB

tierra que fue apartada e BE frannida dAlemanna.»

rectorica (GE I, 194a 22-29) «La Ε

rectorica

225

otrossi es BG

art pora affermosar la razon e mostrar la en tal manera, quela faga tener por uerdadera e por cierto alos que la oyeren, de guisa que sea creyda. Et por ende ouo nombre

Ε

rectorica, que quiere mostrar tanto como

BPB

razonamiento fecho por palabras apuestas, e fermosas e bien ordenadas.»

D i e Kombination aus por ende oder por esso und einem Verb bzw. einem verbalen Ausdruck tritt aber nicht nur nach dem Benennungsgrund auf, sondern sie kann diesen auch pronominal vorwegnehmen, z.B. fiiero (SP I, ii, viii), cf. p. 222 «Et por ende ha este nombre Ε

fiiero, porque

BG ...

se non debe decir nin mostrar ascondidamente, mas por las plazas et por los otros lugares ä quien quier que lo quiera oir. [...]» chanceller (SP IV, xviii, xiii) «et por ende llaman ä este tal chanceller,

Ε

porque BG

el ha de BE cancellar et de emender las cartas que venieren ä la chancelleria, segunt que es dicho:» confirmacion (SP I, iv, i, andere Hs.)

Β ...

«[...] el sagramiento de la

Ε

confirmacion

... Β

que face el obispo con crisma en la fruente ä cada un cristiano despues del bautismo et por eso le dicen confirmacion,

Ε

porque BG

BE confirma al cristiano en la fe [...].»

226

7.2.1.11 por razon que Um den Benennungsgrund anzugeben, wird anstatt auf ca oder porque auch auf die Formulierung por (la) razon que zurückgegriffen. Dieser Ausdruck funktioniert grammatikalisch wie eine Konjunktion, z.B. adelantados (SP III, iv, i) Β ...

«otros [jueces] hi ha que

... Β

que son puestos sobre regnos ό sobre otras tierras senaladas, et llämanlos

Ε

adelantados por razon que

BG

el rey los BE adelanta para judgar sobre los jueces de aquellos logares:» Diomo (GE I, 369a 54-369b 9) «[...] aquel

Β ...

Ciclops [...]

... Β

Deffies

le llamaron alli

enel griego, e enel latin a nombre Ε

Diomo, e quiere esto dezir, como lo auemos ya departido, tanto como

BPB

dos omnes, e fue esto por razon que

BG...

auie en el cuerpo de luengo tanto como dos omnes, e por que

... BG

sabie muy bien estos dos lenguages e estas leyendas, lo de Grescia e lo de Egipto.» Ciclades (GE II.l, 92b 2-16) «et por la razon que

BG

yazen todas las yslas, que son cinquaenta e dos, aderredor de Delos e ella en medio, e dizen en griego

BE

CICLON por

BEB

redondeza,

227

Ilamaron a Β

aquellas yslas todas en uno

Ε

Ciclades, segunt cuenta sant Esidro en el libro de las Ethimologias en el capitulo de las yslas; onde este nombre

Ε

Ciclades tanto quiere dezir en el nuestro lenguage de Castiella cuemo

BPB

cosas assentadas e puestas aderredor en redondeza fecha como por ijerco; et Ilamaron le este nombre los griegos sennalada mientre a estas yslas

Β

por que BG

son assi assentadas todas.»

7.2.1.12 por razon de Mit dem Ausdruck por razon de werden in den etymologischen Erklärungen Explicandum und Benennungselementsbedeutung bzw. Benennungselement verbunden, z.B. Theuthonia (PCG 6a 4-7), cf. p. 175 Β

«[...] Germania, a la que llaman agora

Ε

Theuthonia por razon de

BEB

Mercurio a que llamauan

BE

Theutos;

[...]» Esperia (GE II.2, 31a 17-28) «Mas por mas verdadera razon tenemos esta: [...] que mas ovo nonbre Β

la tierra de

Ε

Esperia de

BEB

aquella estrella que non la estrella della. Ε esto dezimos tan bien por Espanna

Β

a que dizen

228

Ε

Esperia por razon de

BEB

aquella estrella [...], commo por Esperia la de Africa, ca amas estas tierras an este nonbre por razon de

BEB

aquella estrella.» giezitas (SP I, xvii, ii)

BE

«Giezi hobo nombre

BEB BG

un serviente de Eliseo profeta, et este fue el primero que fizo simonia en el vieio testamento [...]: et por esta razon

Β

todos los que venden las cosas espirituales son llamados

Ε

giezitas por razon de

BE

Giezi.»

7.2.1.13 Optionalität der Formulierungsstrategien und kreative Freiheit Bei den hier untersuchten Ausdrucksweisen handelt es sich um Formulierungsmöglichkeiten und nicht um eine (vor)wissenschaftliche Terminologie der Sprachbeschreibung. Die meisten der vorgestellten Formulierungsstrategien können in den etymologischen Erklärungen mehrere Funktionen übernehmen, gleichzeitig gibt es immer eine Reihe von alternativen Formulierungsstrategien fur eine bestimmte Funktion. Wir wollen hier keine umfassende Darstellung aller in den etymologischen Erklärungen zu belegenden Ausdrucksmöglichkeiten geben, sondern nur die häufigsten Formulierungskonventionen aufzählen. In ihrer terminologischen Ungebundenheit konnten die Verfasser der alfonsinischen Texte natürlich die kreativen Möglichkeiten, die ihnen ihre Sprache bot, voll ausschöpfen, wie man an den halbfett hervorgehobenen Formulierungen der folgenden Beispiele gut erkennen kann: alfaqueques (SP II, xxx, i) Ε

«Alfaqueques tanto quiere decir en aräbigo como

BPB

homes de buena verdat que son

Β

puestas para sacar los cativos; et

229

BG

estos segunt los antiguos mostraron deben haber en si seis cosas; la primera que sean verdaderos onde llevan el nombre;» Lixos (GE 11.2, 29a 30-37) «Ε vino despues aquel Cesar Claudio que la [tierra de Libia] conquirio, e poblo y

Β

vna 9ibdat, e pusole nonbre

Ε

Lixos. Ε tomo este nonbre de

BE

LIXON que dizen los griegos por

BEB

agua; e segund dize Hvguif io, nonbrola asi por

BG

el muy grand abondo que auia en aquel lugar de buenas aguas e de todas las Cosas.» agios (GEH. 1,5a Φ-18) «Et

Ε

AGIOS en el griego quiere dezir en el lenguage de Castiella tanto como

Β

Dios, en la guisa que uos aqui diremos: El griego dize

BE 1

.a. por lo que nos dezimos

BEB 1

sin en el nuestro lenguage castellano, e

BE 2

GE por

BEB 2

tierra; onde estos dos nombres

BE 1

.a. e

BE 2

GE ayuntados en uno, fazen este terfero nombre

Ε

AGIOS, que da a entender

BPB

230

substancia que es sin tierra, e sin seer criada e que nunqua a de fallescer.

BG

Et esta substancia tal, non es otra sinon nuestro sennor Dios, que nunca fue criado e en quien non ha nin ouo nunqua part de la terrenal faz, et que siempre file, e es e sera [...].»

Die alfonsinischen Gelehrten fühlten sich auf metasprachlicher Ebene nicht gebunden. So kommt es, daß bestimmte etymologische Informationen sprachlich nicht explizit als solche kenntlich gemacht werden, wie z.B. der Benennungsgrund in der Erklärung von almirante: almirante (SP II, ix, xxiv), cf. p. 189 BG

«Maravillosas cosas son los fechos de la mar, et senaladamente aquellos que los homes hi facen, como en buscar manera de andar sobrella por maestria et por arte, asi como en las naves et en las galeas, et en todas las otras maneras de barcas; et por ende antiguamente los emperadores et los reyes quando habien guerra por mar, armaban navios para guerrear sus enemigos, et ponien

Β

cabdiellos sobrellos, ä quien llamaban en latin

EV

ADMIRALTUS, que quiere tanto decir en romance como

BPB

cabdiello que es puesto por adelantado sobre los maravillosos fechos,

[...]» Daß sich die alfonsinischen Gelehrten bei der Übernahme etymologischer Erklärungen aus den lateinischen Quellentexten bzw. bei der Einarbeitung solcher Erklärungen in Textkompilationen dennoch einen Grundstock an Formulierungsmöglichkeiten erarbeiteten, auf den sie immer wieder zurückgriffen, zeugt davon, daß sie die etymologischen Erklärungen als eigenständiges Phänomen innerhalb der Texte wahrnahmen, auch wenn sie keine «Wissenschaft» zu dieser Erscheinung entwickelten. Einige der häufig gebrauchten Formulierungen (dezir, dezir por, seer por) werden sogar (fast) ausnahmslos mit einer bestimmten Funktion verwendet. Hätten sie sich auf theoretischer Ebene mit Etymologie auseinandergesetzt, hätten sie wohl deutlich mehr Wert auf die Eindeutigkeit ihrer Formulierungen und eine konsequentere Kennzeichnung der einzelnen Bestandteile gelegt. Auch die Tatsache, daß es außer razon keine substantivischen «Termini» gibt, deutet darauf hin, daß man sich auf bestimmte Darstellungskonventionen einigte, ohne sich über den theoretischen Hintergrund Gedanken zu machen.

7.2.2

Angabe der Zugehörigkeit der Bestandteile zu einer historischen Sprache

7.2.2.1 Ausdrucksmöglichkeiten für Sprachzugehörigkeit im allgemeinen In den alfonsinischen Worterklärungen wird häufig ein Ε-Bestandteil einer historischen Sprach(stuf)e zugewiesen. Die B-Bestandteile werden, da es sich um volkssprachliche Texte handelt, in kastilischer Sprache angegeben. Aber auch dies wird oftmals ausdrücklich festgestellt.

231

Die Zuweisung zu einer historischen Sprache erfolgt normalerweise, indem der Name der Sprache explizit genannt wird - substantivisch oder adjektivisch nach dem Substantiv lenguage, z.B." «[...] un rio que dizen Ana, que quier dezir en griego tanto cuemo topo [...]» (PCG 10a 10-11); «[...] un mont aque dizen enel arauigo Jaual Aduhal - e quiere dezir esto enel nuestro lenguage de Castiella tanto como el monte de fumo» (GE I, 154b 1-5); «[...] Enos, segund el hebrayco, tanto quiere dezir como omne enel nuestro lenguage de Castiella» (GE I, 19a 41—43); «Preste en lenguage griego tanto quiere decir como viejo» (SP I, vi, ix). Alternativ dazu können auch die Sprecher (als Sprechergemeinschaft) angeführt werden, in seltenen Fällen in Kombination mit lenguage de oder lengua de, z.B. «Alguacil llaman en aräbigo aquel que ha de prender et de justiciar los homes en la corte del rey por su mandado, ό de los jueces que judgan pleytos; mas los latinos llämanle JUSTITIA, que es nombre que conviene asaz al que tal oficio tiene, porque debe seer muy derechurero en complirle» (SP II, ix, xx); «[...] unas mugieres sabideras de encantamientos et de fechizos, et llamauan las en el lenguage de los godos ALIRUNNIAS» (PCG 226a 3-5); «[...] se escriuie Sin por la figura aque llamauan en la lengua delos ebreos SAMETH, que quiere dezir tanto como uermeio ο malquerencia [...]»(GE I, 651a 35-38). Schließlich kann die Sprache auch noch über das geographische Gebiet definiert werden, in dem sie gesprochen wird. Auch hier kann das Gebiet allein oder in Kombination mit lenguage de (sehr selten lengua de) genannt werden, z.B. «Infantes llaman en Espana los fijos de los reyes [...]» (SP II, vii, i); «de POS que dizen en el griego por lo que en el lenguage de Castiella llaman pie [...]»(PCG 366b 40-41); «[...] pusieron a aquel mont este nombre Sigeo, que muestra tanto como SIGITH en la lengua de Grecia [...]» (GE I, 634a 13-15). Auf das Lateinische wird wenige Male mit gramatiga gramatigos latinos Bezug genommen:

(latina/en latin/del latin) bzw.

«[...] OB, que diz la gramatiga latina por contra [...]» (GE 1,430a 55-430b 1); «e ayuntando estas dos palabras, BIS e GAMOS, conpusieron ende los sabios en la grammatica en latin este nombre bigamia» (GE I, 12a 27-30); «[...] et a las mugieres que abbadessas fazen de las ordenes de las monias consagran las como a los abbades otrossi de las mongias; onde la mugier consagrada assi, es dicha en la gramatiga del latin SACERDOS cuemo el abbad ο ell obispo en la su guisa» (GE II. 1, 145a 40-145b 5);

11

Nicht aus einer Worterklärung stammt das folgende Beispiel für die Verwendung von lengua in einer solchen Kombination: «et [el santo obispo Johan] era mui sabio en la lengua arauiga [...]»(PCG 326a 29-30). 232

«[...] SEQUOR, que dizen los gramatigos latinos por lo que los castellanos dizen seguir en el su castellano» (GE II. 1,209b 38-210a 2).

Gelegentlich werden weder die Sprache noch die Sprechergemeinschaft noch das Sprachgebiet genannt, aber von den kastilischen Gelehrten wird dennoch deutlich gemacht, daß es sich nicht um ihre eigene Sprache handelt. Normalerweise kann man in diesen Fällen aus dem Kotext erschließen, um welche oder wessen Sprache es gehen soll. In den folgenden beiden Beispielen sind die Benenner laut der PCG die Erbauer von Fenicia (oder deren Nachkommen), die mit dem König Fenix (Sohn des Königs Agenor) aus Thebas la de Egipto gekommen waren (PCG 31 a 20-51, 32a 1 -8): «e por que aquella marina era abondada de pescados de muchas naturas, e aquellas gentes llamauan al pez SIDON pusieron nombre a aquella uilla Sidona» (PCG 31a 51-54); «E por que uieron que auie y unas angosturas que eran grandes fortalezas pora poderse deffender daquellos que les mal quisiessen fazer, poblaron y una grand cibdat; y en el so lenguage dellos llamauan all angostura TIRON, e por esso pussieron nombre a aquella cibdat Tiro» (PCG 31b 8-14).

Dido, Königstochter aus eben dieser Stadt Uro, benennt nach der Darstellung der PCG wiederum die Stadt Carthago. Das Benennungselement carthon soll also aus der gleichen Sprache wie sidon und tiron stammen: «[...] e por que en aquel lenguaje dizien CARTHON por cuero, puso [Dido] a aquella uilla nombre Carthago; e aquella fue la grand Carthago dAffrica [...]» (PCG 36a 42—45).

Die Sprache der von uns untersuchten Texte ist mittelalterliches Kastilisch. Und natürlich wird in den etymologischen Erklärungen nicht jedesmal explizit festgestellt, daß etwas in dieser Sprache erklärt oder angegeben wird. So wird die Benennungselementsbedeutung acerca angeführt, ohne daß erwähnt wird, daß es sich um die kastilische Übersetzung von gr. para handelt: «[...] PARA, que quier tanto decir en griego como acerca [...]» (SP IV, xi, xvii).

Daneben gibt es viele Erklärungen, in denen auch die Sprachzugehörigkeit zum Kastilischen ausdrücklich angegeben wird, z.B. «[...] dize aun el griego ON por lo que el castellano otrossi todo» (GE II. 1, 204b 33-35).

Selbstverständlich ist auch dann das Kastilische gemeint, wenn die Verfasser (nos) dezimos oder (nos) llamamos (ohne weitere Ergänzung) verwenden, z.B. «[...] alo que nos dezimos tierra llaman ellos GEOS [...]» (GE I, 196a 26-27); «[...] [ ]la fiesta aque dizen en griego FASE e nos le dezimos pasqua [...]» (GE I, 621a 21-23); «[...] alo que nos llamamos carrara dizen ellos METOS» (GE I, 194b 52-195a 1).

233

1.2.2.2

Bezeichnungen für das Kastilische

7.2.2.2.1 Variation bei der Bezeichnung des Kastilischen In den von uns untersuchten Texten findet sich eine Reihe von unterschiedlichen Bezeichnungen für das Kastilische, während bei den Namen anderer häufig erwähnter historischer Sprachen (bzw. Sprechergemeinschaften) wie latino(s), griego(s) und (h)ebrayco(s)n (für Beispiele cf. weiter oben) allenfalls eine orthographische Variation beobachtet werden kann. Das Arabische wird normalerweise arauigo13 genannt, es sind aber auch die lautlichen bzw. morphologischen Varianten arauio14 und algarauia15 belegt. Die verschiedenen Bezeichnungen für das Kastilische sind insgesamt unterschiedlich frequent, und in den einzelnen Texten werden teilweise nicht die gleichen Ausdrucksweisen bevorzugt.

7.2.2.2.2 lenguage castellano, lenguage de Castiella In seiner Monographie zur Sprachauffassung Alfonsos stellt Niederehe im Kapitel zu den Bezeichnungen für das Spanische fest: «Die Ehre, der künftigen Landessprache ihren Namen zu geben, fallt vielmehr der Provinz Kastilien zu [...]» (Niederehe 1975, 88). Üblicherweise werde in den alfonsinischen Texten diese Sprache lenguage de Castiella oder (lenguage) castellano genannt (Niederehe 1975, 88). Das von uns gesammelte Textmaterial bestätigt diese Aussage nur zum Teil. In den etymologischen Erklärungen der PCG kann man die genannten Formulierungen finden, z.B. «et celtiberes quiere dezir en el castellano tanto como » (PCG 493a 36-39); «e daquella sazon adelante fue aquella prouincia Betica llamada del nombre daquellos vuandalos, que la ouieron por suerte, Vuandalia en latin, que quiere tanto dezir cuemo Andaluzia en el lenguage castellano» (PCG 210a 1-6); «Et podagra es palabra compuesta destas dos partes: de POS que dizen en el griego por lo que en el lenguage de Castiella llaman pie, et eil otra AGROS, en el griego otrossi, por lo que en el castellano dizen contrechura ο contrecho; onde podagra tanto quiere dezir en el lenguage de Castiella como enfermedad de contrechura de manos ο contrecho de los pies» (PCG 366b 38—46).

In den etymologischen Erklärungen der GE trifft man häufig (in der GE II sehr häufig) auf castellano, z.B.

12

13

14 15

Neben ebrayco ist auch hebrayco belegt, z.B. «[...] Enos, segund el hebrayco, tanto quiere dezir como omne enel nuestro lenguage de Castiella» (GE I, 19a 41-43). Auch wenn in der folgenden Erklärung los arabigos belegt ist, so ist doch die übliche Bezeichnung für die Sprecher(gemeinschaft) alaraues: «E aun cuenta mas eil arauigo en este logar, que al linage destos arromes quelos llamaron los arauigos los fijos de alacfar e ALACFAR en eil arauigo, tanto quiere dezir en el nuestro lenguage de Castiella como amariellos» (GE I, 175a 10-16). Z.B. PCG 278b 37. Z.B. PCG 730b 2.

234

«e POETAS dizen enel latin por aquello que dezimos nos en castellano assacadores de nueuas razones [...]» (GE I, 369a 4-7);

enffennidores e

«Et por que dizen el griego .a. por lo que en el nuestro lenguage de Castiella sin, e MAZON p o r l o que en el castellano teta [...]» (GE II.l, 122a 11-14); «[...] el griego dize HYPER por lo que el castellano sobre, e dize aun el griego ON por lo que el castellano otrossi todo; onde este nombre HYPERION conpuesto destas dos palabras griegas HYPER e ON en el griego, tanto quier dezir en el castellano cuemo sobre todo» (GE II.l, 204b 32-38). In der folgenden Erklärung werden Sprecher und Sprache explizit genannt und als castellano(s)

bezeichnet:

«[...] SEQUOR, que dizen los gramatigos latinos por lo que los castellanos dizen seguir en el su castellano» (GE I M , 209b 38-210a 2). Außerdem wird in der G E einige M a l e der Ausdruck nuestro

lenguage

castellano

verwendet, z.B. «e fue tomado este nombre sacrificio de SACRO en latin, que deziemos por sanctidad enel nuestro lenguage castellano, e FACERE por fazer» (GE I, 497a 45-49); «El griego dize .a. por lo que nos dezimos sin en el nuestro lenguage castellano, e GE por tierra» (GE II.l, 5a 7-9). D i e alternative Formulierung lenguage

de Castiella

ist in der G E mit und ohne voran-

gestelltes P o s s e s s i v p r o n o m e n der 1. Person Plural sehr häufig, z.B. «Et AGIOS en el griego quiere dezir en el lenguage de Castiella tanto como Dios [..]» (GE II.l, 5a 4-6); «[...] CORIO BOANTES, e esto es enel lenguage de Castilla tanto como sonantes con cuero [...]» (GE I, 283b 22-24); «[...] un mont aque dizen enel arauigo Jaual Aduhal - e quiere dezir esto enel nuestro ge de Castiella tanto como el monte de fumo» (GE I, 154b 1-5);

lengua-

«Et dize sobresto Ieronimo enla Glösa, que Enos, segund el hebrayco, tanto quiere dezir como omne enel nuestro lenguage de Castiella» (GE I, 19a 39^4-3). In der GE ist außerdem die Formulierung nuestra

lengua de Castiella

belegt:

«[...] [ ]un aruol aque llamauan AGNOCASTO, que diz en la nuestra lengua de tanto como cordero casto [...]» (GE I, 170b 10-12).

Castiella

In den SP findet man die hier genannten Ausdrucksweisen gar nicht. Deshalb w o l l e n wir nicht w i e Niederehe v o n der «üblicherweise» verwendeten Formulierung sprechen. D i e s e Ausdrucksweise ist in den Chroniken üblich, in den SP nicht.

7.2.2.2.3 espannol,

lenguage

de

Espanna

Niederehe weist zu Recht daraufhin, daß espannol

zur B e z e i c h n u n g des Kastilischen

nur ausnahmsweise verwendet wird. In unserer S a m m l u n g etymologischer Erklärungen gibt es nur eine Belegstelle fur auf diese Weise gebrauchtes espannol.

Es han-

delt sich u m genau die Textstelle aus der PCG, die auch N i e d e r e h e 1975, 88 zitiert:

235

«[...] los engennos que son llamados en latin ARIETES, que quier tanto dezir cuemo - por que topan con el muro en la manera que los carneros suelen topar; et en espannol llaman los por que los maderos con que fieren el muro son ferrados en somo una grand piefa et uan ferir muy de rezio a manera de madrazos [...]»(PCG 136a 16-23). Das gleiche scheint er für den Ausdruck lenguage de Espanna beobachten zu wollen: «Als linguistische Einheit kommt dieses Spanien jedoch so gut wie nicht in Betracht, und daher können hier auch nur zwei Beispiele angeführt werden, in denen von dem lenguaie de Espanna (Set[enario] 187, 10) bzw. dem espannol die Rede ist» (Niederehe 1975, 88). Sollte er damit meinen, daß lenguage de Espanna in den alfonsinischen Texten nur ein einziges Mal zu finden ist, dann würde er sich irren, denn allein in unserer Sammlung etymologischer Erklärungen aus den SP findet man diesen Ausdruck viermal zur Bezeichnung des Kastilischen: «Otrosi es dicho corte segunt lenguage de Espana [...]» (SP II, ix, xxvii); «[...] algo, que quiere tanto decir en lenguage de Espana como bien [...]»(SP II, xxi, ii); «HOMICIDIUM en latin tanto quiere decir en romance como matamiento de home; et deste nombre fue tomado homecillo segunt lenguage de Espana» (SP VII, viii, i); «Et como quier que todos los del regno son tenudos de guardalle [al rey], con todo eso algunos hi ha dellos que seflaladamente lo deben facer, tambien de dia como de noche; et estos son los mesnaderos, et por eso los llaman asi segunt lenguage antigo de Espana, porque ellos non se deben partir del fasta quel amesnen salvamente» (SP II, ix, ix). Daß in den SP das Kastilische als nuestro lenguage de Espanna bezeichnet wird, ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil in den SP im Gegenzug der Ausdruck lenguage castellano bzw. language de Castiella überhaupt nicht belegt ist. In den etymologischen Erklärungen der GE und der SP trifft man außerdem hin und wieder auf Formulierungen wie dezimos en Espanna und llaman en Espanna, z.B. «mas en Espana llaman caballeria non por razon que andan cavalgando en caballos, mas porque bien asi como los que andan ä caballo van mas honradamiente que en otra bestia, otrosi los que son escogidos para caballeros son mas honrados que todos los otros defensores» (SP II, xxi, i); «Erecha llaman en Espana ä las emiendas que los homes han de rescebir por los danos que resciben en las guerras; et tomo este nombre de una palabra ä que dicen ERIGERE [...]» (SP II, xxv, i); «Infantes llaman en Espana los fijos de los reyes [...]» (SP II, vii, i); «E es aquel monte al que llaman avn oy en Espanna Moncayo, e dezir quiere tanto commo monte de Cato» (GE II.2, 33b 25-28); «[...] e pusol nonbre de aquella palaura URGERE e llamola Vrgel. Ε asi le dezimos oy en Espanna» (GE II.2, 34a 31-33). Im Vergleich zu alternativen Ausdrucksweisen werden llamar/dezir en Espanna oder espannol tatsächlich selten gebraucht, wenn auf das Kastilische Bezug genommen werden soll. Die Formulierungen mit Espanna stellten für die alfonsinischen Ge-

236

lehrten aber durchaus akzeptable Formulierungsalternativen dar. Sie treten häufiger auf, als es Niederehes Ausführungen vermuten lassen.

7.2.2.2.4 nuestro

lenguage

Der Gebrauch der Ausdrücke nuestro lenguage de Castiella und nuestro lenguage castellano wurde bereits unter 7.2.2.2.2 dargelegt. Hier soll es nur um die Zwei-WortAusdrücke aus Possessivpronomen und Substantiv gehen. In unserer Sammlung in den SP enthaltener etymologischer Erklärungen ist solches nuestro lenguage viermal belegt, z.B. «Et PRIOR en latin tanto quiere decir en nuestro lenguage como primero et mayoral de los otros so el obispo» (SP I, vi, iii); «[...] el catecizar, que es palabra de griego que quier tanto decir en nuestro lenguage como soplar, et esto es quando alguno aducen ä la puerta de la eglesia para baptizarle [...]» (SP I, iv, vii, andere Hs.). In der PCG wird diese Ausdrucksweise ebenfalls nur wenige Male gebraucht, z.B. «[...] llamaron les en latin PRESIDES et PREFECTOS, que dize en el nuestro lenguage tanto cuemo adelantado [...]» (PCG 87a 49-51); «Et es IMPERARE en el nuestro lenguage tanto cuemo mandar sobre otros et sennorear» (PCG 90b 11-13). In der GE hingegen findet man nuestro lenguage häufiger, auch wenn die mit castellano bzw. vor allem mit de Castiella erweiterte Formulierung bei den mit der Arbeit an dieser Chronik betrauten Gelehrten noch deutlich beliebter war, z.B. «E FALEC, enel ebrayco, tanto quier dezir como departimiento enel nuestro lenguage [...]» (GE I, 69b 12-14); «e dixole Tirasona. e asi le dizen en latin, e es aquella a que nos llamamos en el nuestro lenguage Tarafona» (GE II.2, 34a 15-17); «[...] e fizo dende este nonbre en latin BARCHINONIA e pusolo a aquella fibdad; e es a la que nos dezimos en el nuestro lenguage Barcelona» (GE II.2, 34b 3-7). In der GE findet man auch die Version mit dem selteneren lengua: «[...] et ONAGER dezimos nos que es en la nuestra lengua por asno montes ο por enzebro» (GEI, 141a 22-24).

7.2.2.2.5

romance/romanz

In den etymologischen Erklärungen der SP ist romance die beliebteste Bezeichnung für das Kastilische, z.B. «[...] cabdiellos sobrellos, a quien llamaban en latin ADMIRALTUS, que quiere tanto decir en romance como cabdiello que es puesto por adelantado sobre los maravillosos fechos [...]» (SP II, ix, xxiv); «et tomo este nombre de dos palabras de latin ALTERIUS et TORUS, que quiere tanto decir en romance como lecho dotro [...]» (SP VII, xvii, i);

237

«et DECANUS en latin tanto quiere decir en romance como home muy viejo et muy cano» (SP I, vi, iii); «[...] una palabra que es llamada en latin SPONDEO, que quiere tanto decir en romance como prometer» (SP IV, i, i); «Et tomö este nombre a PARA, que quier tanto decir en griego como acerca, et FERNA, que es dicho por dote, que quier tanto decir en romance como todas las Cosas que son ayuntadas et allegadas ä la dote» (SP IV, xi, xvii).

Das Element aus dem romance wird hier immer einem Element aus einer anderen historischen Sprache (Latein oder Griechisch) gegenübergestellt. Es werden das Latein (seltener das Griechische) als Kultursprache und die Volkssprache verglichen. Diese Volkssprache ist in den von uns untersuchten Texten immer das Kastilische. Die Unterscheidung zwischen latin und romange entspricht im Grunde der zwischen gramatica und locutio vulgaris, die wenig später Dante in De vulgari eloquentia macht. Sehr wohl fehlen in den alfonsinischen Texten die sprachbewertenden Reflexionen Dantes, der die Volkssprache als nobilior ansieht, da sie die primäre, von den Menschen auf natürliche Weise erlernte Sprache sei.' 6 Die gramatica sei sekundär und künstlich, da sie erst durch ein aufwendiges Studium erlerat werden müsse. Deshalb stehe sie auch nicht allen Sprechern zur Verfügung. 17 Und es fehlt ebenfalls die universelle Perspektive Dantes, der nicht einfach Latein und Italienisch betrachtet, sondern dieses Sprachpaar als Beispiel nimmt für die Existenz zweier Arten von Sprachen. 18 In den alfonsinischen Texten geht es hingegen nur um eine Gegenüberstellung von Latein (mit griechischen Einflüssen) und kastilischer Volkssprache. In unserer Sammlung etymologischer Erklärungen aus den SP sind nirgends die Ausdrucksweisen (nuestro) romanz de Castiella oder proprio romanz castellano belegt, die wir jeweils einmal in der GE finden: «e CINCENDELAS e MERGOS quiere dezir enel nuestro romanz de Castiella tanto como somurguiones [...]» (GE I, 450b 29-32); «[...] MECABERIS tanto es otrossi segund elproprio romanz castellano como garfonearas, e garfonear por proprio romanz otrossi segund el castellano tanto quiere dezir como andar de muger en muger [...]» (GE I, 406a 52^t06b 1).

In der GE und der PCG finden sich noch wenige weitere Belegstellen mit allein stehendem romanz bzw. romange. Unseres Erachtens ist auch in den folgenden drei Erklärungen mit romanz!romange das Kastilische gemeint."

16

17

18

19

«[V]ulgarem locutionem asserimus quam sine omni regula nutricem imitantes accipimus» (DVE 1, I, 2). «Harum quoque duarum nobilior est vulgaris: tum quia prima fuit humano generi usitata [...]; tum quia naturalis est nobis, cum illa potius artificialis existat» (DVE 1, 1,4). «Est et inde alia locutio secundaria nobis, quam Romani gramaticam vocaverunt [...]: ad habitum vero huius pauci perveniunt, quia non nisi per spatium temporis et studii assiduitatem regulamur et doctrinamur in illa» (DVE 1,1, 3). «Hanc quidem secundariam Greci habent et alii, sed non omnes (DVE 1, I, 3). [T]um quia totus orbis ipsa [vulgaris] perfmitur, licet in diversas prolationes et vocabula sit divisa; tum quia naturalis est nobis, cum illa potius artificialis existat» (DVE 1,1, 4). In GE I, 743b 3 und PCG 375a 27 werden mit romanz bzw. romances lyrische Texte bezeichnet.

238

«[...] aquel libro, de que dixiemos ya en esta estoria que llaman en el latin Teodolo e en el romanz Teodoreth [...]» (GE II. 1 294b 34-37); «[...] Lusitanna, que quier dezir en romanz tanto como iuegos de Ana» (PCG 10a 21-22); «[...] tierra de Gepidia, que es a la que llaman agora en latin Da^ia et en romanz Danas Marchas» (PCG 216b 35-37).

Niederehe ist der Meinung, daß im folgenden Beispiel romange «durch einfaches lenguage synonymisch wiedergegeben wird» (1975, 89): «[...] fue a Siluio llamado este nonbre Siluio e este otro nonbre Postumo. Ε dizen le asi en el latin; mas pero asi lo llamamos en el lenguage, ca non ay otro romance, e fue esto por que nafiera despues de la muerte de su padre» (GE II.2, 229a 2-7).

Uns scheint eher, daß hier llamamos en el lenguage gleichbedeutend mit llamamos en el nuestro lenguage verwendet wird. Diese lenguage ist das Kastilische, das auch als romange bezeichnet wird. Niederehe diskutiert noch eine weitere Textstelle, in der romanz erscheint: «[...] [ ]las leyes de Juppiter antes fueron quelas delos romanos que usan agora, [...] e dio las el primero en romanz de Grecia', et diz otrossi maestre Godoffre que el romanfo las artes en Athenas liberales» (GE I, 200b 18-25).

Aufgrund dieser nur hier verwendeten Ausdrucksweise schließt Niederehe, romance habe in den alfonsinischen Texten «auch die generelle Bedeutung von (Sprache) [...]. Sofern die Sprache Kastiliens gemeint ist, muß dies also durch präzisierende Zusätze verdeutlicht werden, wie bei [...] enel nuestro romanz de Castiella» (1975, 89). Unseres Erachtens gibt es nach der Betrachtung der von uns angeführten Belegstellen keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die Verfasser der alfonsinischen Texte auch mit einfachem romance!romanz das Kastilische meinten.20 In den folgenden beiden Beispielen werden jeweils Latein und Kastilisch einander gegenübergestellt: «et DECANUS en latin tanto quiere decir en romance como home muy viejo et muy cano» (SP 1, vi, iii); «[...] CORIO BOANTES, e esto es enel lenguage de Castilla tanto como sonantes con cuero [...]» (GE I, 283b 22-24).

Die seltenen lexikalisch erweiterten Verwendungen dieses Ausdrucks wurden nach dem Modell von Ausdrücken wie lenguage de Castiella bzw. lenguage castellano gebildet. Der Ausdruck romanz de Grecia bildet eine Ausnahme und orientiert sich ebenfalls an diesem Modell. Allein stehendes romance/romanz erscheint nirgendwo mit der Bedeutung 'Sprache'. Auch Niederehe beobachtet, daß romange in den SP wesentlich häufiger zu finden ist als in den historiographischen Texten. Seiner Meinung nach wird dieser Begriff im Spätwerk seltener verwendet, weil sich die Polarität Latein als Sprache der Bildung vs. in anderen Situationen gesprochene Volkssprache allmählich auflöste (Niederehe 1975, 90).

20

Im DPCRA findet man dementsprechend im Eintrag romance die folgenden beiden Bedeutungsangaben: «Idioma espanol», «Composiciön escrita en romance» (III, 1577).

239

7.2.2.2.6 ladino In seinem Überblick über die Bezeichnungen für das Spanische in den alfonsinischen Texten führt Niederehe auch das «höchst seltene [...] ladino» (1975, 89) an, das als Erbwort das Ergebnis der Lenisierung des intervolkalischen Plosivs aufweist und dem Kultismus latino gegenübersteht. Niederehe verweist auf zwei Textstellen. Beim ersten Zitat handelt es sich um eine Worterklärung aus der 1." Partida, in der ladino ganz offenbar für das Kastilische steht: «Arcediano tanto quiere decir en griego como cabdiello de los evangelisteros en ladino» (SP I, vi, iv).

Die zweite von ihm zitierte Belegstelle stammt aus der PCG. Es wird vom Araber Alhuacaxi berichtet, den der Cid zum alcayde von Valencia gemacht hatte: «et era tal en si, et de tan buen entendimiento et tan de buen seso, et era tan ladino, que semeiaua cristiano» (PCG 632b 6-8).

Letztere Textstelle halten wir insofern für wenig aussagekräftig, als u.E. hier die alternative Lesart paladino21 zu bevorzugen ist. Wir können jedoch zwei weitere Belegstellen hinzufugen, die Niederehes Beobachtung bestätigen. Der gerade erwähnte Alhuacaxi erzählt folgendes über sich: «et quando era mo(o pequenno, catiuaronme cristianos, et alli apris fablar tan paladinamiente ladino·» (PCG 632b 18-20).

Hier ist sicherlich gemeint, daß er in der Gefangenschaft die Volkssprache erlernte und nicht das Latein. In der 4." Partida wird ladino in der etymologischen Erklärung von barragana verwendet. Dort wird festgestellt, das Benennungselement gana sei de ladino: «Et [barragana] tomo este nombre de dos palabras, de barra que es de aräbigo, que quier tanto decir como fuera, et gana que es de ladino, que es por ganancia» (SP IV, xiv, i).

Das kastilische Wort gana hat keinen lateinischen Ursprung, die Wortfamilie gana(r) leitet man heute aus dem Germanischen her. Es ist schwer vorstellbar, daß die alfonsinischen Gelehrten hier ein lateinisches Benennungselement im Sinn hatten und angeben wollten. Vielmehr scheinen hier ein fremdes (arabisches) und ein (in einem weiteren Sinne) ererbtes Benennungselement einander gegenübergestellt zu werden. 7.2.2.2.7 (nuestro) latinl Niederehe widmet in seiner Monographie zur alfonsinischen Sprachauffassung der Verwendung des Ausdrucks nuestro latin einen eigenen Abschnitt. In diesem Unterkapitel diskutiert er vor allem einen Aufsatz Solalindes mit dem Titel La expresiön «nuestro latin» en la General Estoria de Alfonso el Sabio. Solalinde kommt dort zu folgendem Schluß:

21

So in den Handschriften Ε und I (cf. die Anmerkung an der entsprechenden Stelle der PCG) und ET: EE II 248v 69.

240

«los redactores [de la General Estoha] tenian conciencia de su plena latinidad y aplicaban el sustantivo ο adjetivo a todo lo emanado de la civilization romana y de la cristiana. [... L]os redactores de la Estoria no consideraban incompatible la asercion de su latinidad con la de su castellanismo» (Solalinde 1936, 139).

Niederehe führt diese Gedanken weiter: «Latein und Spanisch, hierin hat Solalinde ohne Zweifel recht, bilden für Alfons den Weisen mitunter gar keinen Gegensatz [...], sondern werden als Register ein und derselben Sprache begriffen» (Niederehe 1975, 79). Laut Niederehe wird von den alfonsinischen Gelehrten etwas als «Lateinisch bezeichnet [...], was wir heute, gestützt auf unserer Sprachauffassung, Spanisch nennen würden» (1975, 78). Unseres Erachtens sind Solalindes Beobachtungen und deren Auslegung durch Niederehe an zwei Punkten zu klären bzw. richtigzustellen. Erstens meinen die Verfasser mit nuestro latin nirgendwo in der GE wirklich das Kastilische. Es wird zwar bei Solalinde und Niederehe nicht ausdrücklich Gegenteiliges behauptet, aber die Gliederung und der Wortlaut ihrer Ausführungen vermitteln den Eindruck, daß sie Gegenteiliges beobachten wollen.22 Zweitens soll u.E. in der GE generell, und natürlich vor allem in den etymologischen Erklärungen, sehr wohl deutlich zwischen Kastilisch und Latein - im Sinne der in den Texten der Antike überlieferten Sprache, die im Mittelalter weiterverwendet wurde - unterschieden werden. Die Verwendung von latin im Zusammenhang mit Wortformen, die man als kastilisch bezeichnen sollte, ist, wenn überhaupt, dann wesentlich seltener zu beobachten, als es die Ausführungen von Solalinde und Niederehe vermuten lassen. Die Fälle, in denen latin(os) dennoch mit Bezug auf kastilische Wörter gebraucht wird, sind u.E. auf eine gelegentliche Ungenauigkeit der alfonsinischen Gelehrten bei der Darstellung sprach(geschicht)licher Fakten zurückzuführen und nicht auf eine bewußte Gleichsetzung der beiden historischen Sprachen Latein und Kastilisch. Solalinde führt seine Leser (und so auch Niederehe) insofern auf eine falsche Spur, als er sich nicht nur, wie man aus seinem Titel schließen möchte, mit der Verwendung des Ausdrucks nuestro latin beschäftigt, sondern auch mit zwei anderen Ausdrucksweisen bzw. «curiosas alusiones a la lengua latina, considerändola coma cosa propia» (1936, 133) der alfonsinischen Textkompilatoren. Solalinde diskutiert den Gebrauch von nuestro latin, dezimos en (el) latin und dezimos los latinos anhand von Textbeispielen und vermittelt den Eindruck, als würden für alle Ausdrücke dieselben Verwendungskriterien zutreffen. Im Gegensatz zu dezimos en (el) latin und dezimos los latinos wird sich u.E. aber mit nuestro latin immer auf das Lateinische in einem engen Sinne bezogen, also auf eine historische Sprache, die der Volkssprache gegenübersteht, und nicht auf ein Latein in einem weiten Sinne, das eine volkssprachliche Varietät mit einschließt. So wird nuestro latin z.B. verwendet, um die Sprache der (lateinischen) Bibelneuübersetzung (die sogenannte Vulgata) durch den Kirchenlehrer Hieronymus zu bezeichnen:

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Auch Alvar ist mit Solalindes Interpretation der Verwendung von nuestro latin nicht einverstanden: «Solalinde [...] - a mi modo de ver - no resolvio el valor del sintagma. Porque es evidente que unas veces el nuestro latin se opone al nuestro lenguage» (Alvar 1985, 54).

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«[...] Jheronimo [...] que traslado la Biblia en este nuestro latin [...]»(GE I, 155a 43-45). Alle anderen Belege von nuestro latin in der GE stehen in direktem Zusammenhang mit Worterklärungen oder Übersetzungen von Wortgruppen oder Sätzen des lateinischen Bibeltextes. In den folgenden Beispielen bezieht sich nuestro latin auf Wörter und Sätze, die eindeutig lateinisch sind: «Et dize Iheronimo e maestre Pedro que [a Ysmael] le Ilaman enel ebrayco FARA, et FARA quier dezir tanto en el nuestro latin como ONAGER, et ONAGER dezimos nos que es en la nuestra lengua por asno montes ο por enzebro» (GE I, 141a 19-24); «[...] enel nuestro latin dizen DOMINUS por sennor» (GE 1,491b 14-15); «Este nombre UAGICRA que pusieron a este libro en ebreo, quiere dezir tanto como: e Hämo; ca enell ebreo UA dizen por e, e GICRA por Hämo. Ε otrossi se comienfa enel nuestro latin enel traslado de Jheronimo en la Biblia VOCAUITAUTEM, que dize esso mismo que UAGICRA, fascas que e Hämo; ca se dize alli AUTEM por e e UOCAUIT por Hämo» (GE 1,492a 7-15); «onde EGLESIA por la nuestra ley, e non a otra creatura nin nascio de Yonito por que assi digan, tanto quiere dezir enel nuestro lenguage de Castiella como eglesia lidiant ο uencient; e enel nuestro latin le dizen EGLESIA TRIUMPH ANS por esto mismo, ca TRIUMPHANS enel latin tanto es enel nuestro lenguage de Castiella como batallant, fascas lidiador ο uencedor» (GE I, 630b 22-31); «e llamaron le por esta razon los ebreos aaquel logar, en su ebraygo, Nehel Escol, que diz tanto en el nuestro latin como TORRENTS BOTRI, e enel nuestro lenguage de Castiella torrient ο arroyo de razimo; e este sobre nombre de razimo ennadieron los ebreos aaquel logar, mas los dela tierra le dizien antes la torrient e non mas; e era esta torrient en tierra de Jherusalem; e desta torrient propheto despues el rey Dauid por nuestro sennor Iesu Cristo, e dixo dello en el psalmo, segund diz el traslado de Jheronimo enla Biblia, por el nuestro latin en estas palabras: DE TORRENTE IN UIA BIBIT, PROPTEREA EXALTA UID CAPUD»(GE I, 632a 40-632b 3). Die folgende Aussage wird nach der Erklärung von libamen (GE 1,497b 24-40) getroffen. Auch hier ist mit nuestro latin deshalb zweifellos nicht die Volkssprache gemeint: «E estos son los nombres sennalados que nos fallamos escriptos que los nuestros sabios dixieron enel nuestro latin alos sacrifficios dela uieia ley [...]» (GE 1,497b 40-43). Solalinde und Niederehe fuhren zur Unterstützung ihrer Argumentation die Worterklärung von cauernas an, die hier in einem etwas weiter gefaßten Textausschnitt als bei diesen beiden Autoren zitiert wird: «Otros ay que cueydan quela tierra respira, et a entressi unas aberturas grandes fechas como a arcos, e son estas como unas cueuas que uan luengas delas unas partes dela tierra alas otras,- e dizen le enel nuestro latin CAUERNAS e quier dezir tanto como cauas ο cueuas que son fechas por natura enlas entradas dela tierra» (GE I, 118a 21-29). Nuestro latin beziehe sich hier auf ein Wort, das in «morfologia [...] espanolizada» (Solalinde 1936, 134) erscheine, also auf eine volkssprachliche Variante. Vermutlich würde das folgende Beispiel von Solalinde genauso bewertet werden: «[...] aquellos estrumentos en que estauan las mechas en las lampadas eran de oro, e auien nombre enel nuestro latin CINCENDELAS, e dizien les MERGOS otrossi» (GE I, 450b 25-29).

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Tatsächlich werden cauernas und cincendelas hier nicht in einer klassisch-lateinischen Nominativform angegeben, sondern mit der (sehr früh etablierten) vulgärlateinischen Pluralendung, die auf die klassische Akkusativform zurückgeht. Unseres Erachtens sollen hier aber genauso wie in den weiter oben zitierten Beispielen im engeren Sinne lateinische Wörter angeführt werden. Wir vermuten, daß in den von uns untersuchten Texten lateinische Substantive der α-Deklination, sofern sie im Plural stehen, generell die Endung -as aufweisen, so wie z.B. ministras, mierulas und sperulas in den folgenden drei Beispielen: «Et en tod el triuio fue tan sabio este Mercurio, que fallamos que a aquellas tres sciencias que uos dezimos del triuio que las llamaron los sabios MINISTRAS MERCURIALES, que quieren dezir tanto cuemo seruientes de Mercurio» (GE II.l, 57a 15-20); «[...] las aves a que dizen en latin MIERULAS e en el lenguage de Castilla mierbas [...]» (GE II.2, 294a 37-39); «[...] dize el latin dela Biblia [...] por aquellas mafanas SPERULAS, ca en el latin dizen otrossi SPERA por redondeza ο por ferco e daquel nombre spera es tornado este otro que dezimos speruala, e segund esto sperula es por pequenna redondeza, corao es ma9ana e las otras cosas tales» (GE I, 438b 4 2 ^ 9 ) .

Auch handelt es sich bei cauerna und cincendela nicht um Wörter, die im mittelalterlichen Kastilisch verwendet wurden. Cincendela (Variante von lat. cicindela) kommt im alfonsinischen Werk nur an der zitierten Stelle vor und ist im Neukastilischen nicht erhalten. Das Wort caverna ist im alfonsinischen Werk ebenfalls nur an dieser Stelle zu finden, existiert allerdings im heutigen Kastilisch. Als Jahr des Erstbelegs wird im DCECH aber 1440 angeführt. Die entsprechende Stelle in der GE wird im DCECH sogar explizit erwähnt, und es wird daraufhingewiesen, daß dort das lateinische Wort angegeben werde (DCECH I, 930). Das zur Erklärung dieses Wortes herangezogene cueva ist laut DCECH hingegen erstmals 963 belegt. Die alfonsinischen Gelehrten haben hier nicht bewußt (anstatt z.B. nuestro lenguage de Castiella) nuestro latin geschrieben, sondern sie haben ohne sprachtheoretischen Hintergrund ein lateinisches Wort in einen nicht klassisch-lateinischen (Nominativ) Plural gesetzt. Ähnliches gilt für zwei weitere Belegstellen von nuestro latin, deren Aussagekraft aber u.E. insofern eingeschränkt ist, als es sich in beiden Fällen um Worterklärungen handelt, bei denen die Verfasser oder die Schreiber den Überblick über die Fakten verloren hatten. Anstatt der Nominativendung -us finden wir hier jeweils -ο: «Et este yente es sennalada mientre delos ethiopianos, e son unos dellos aque llaman appartada mientre peporsos, PEPORSO enel nuestro latirt tanto quiere dezir enel castellano como aborre5ient ο aun aborrido [...]»(GE I, 278b 25-30); «[...] el cuenco aqui llaman enla Biblia labro, que dizen enel nuestro latin por labro de boea, mas alli dize se por cuenco ο se lauauan los clerigos sacerdotes [...]» (GE I, 520a 6-10).

Im ersten Fall wird (eigentlich) das lateinische perosus übersetzt. 23 Im zweiten Fall müßte das erste labro wohl durch labio bzw. labium ersetzt werden, denn der Vergleich mit einer anderen Textstelle, an der die gleiche Erklärung gegeben wird, verdeutlicht,

23

Zur fehlerhaften Erklärung von peporso(s)

cf. Solalinde 1936, 135 n. 7.

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daß wohl auch in obigem Beispiel eine lateinische und eine kastilische Wortform einander gegenübergestellt werden sollten: «E a este cuenco llamaron muchos en latin muchos nombres: Jheronimo le llama enel traslado de la Biblia LABIO, que es enel nuestro lenguage de Castiella tanto como labro; e segund departen unos, Moysen, et Jheronimo e los otros que acordaron con ellos dieron le este nombre por ell orellar que auie fecho aderredor retomado como labro» (GE 1,463a 9-18).

Labio ersetzte erst im 16. Jahrhundert das im mittelalterlichen Kastilisch übliche labr(i)o (DCECH III, 544) und dürfte so in der alfonsinischen Zeit als lateinisches Wort wahrgenommen worden sein. Im übrigen wird auch hier wieder auf die lateinische Bibelübersetzung angespielt. Es besteht u.E. kein Zweifel, daß sich die Verfasser auch in diesen beiden Fällen mit nuestro latin auf das Latein (im engeren Sinne) beziehen wollten. Nirgendwo in der GE wird nuestro latin mit Bezug auf ein Wort gebraucht, das man mit Blick auf den Sprachgebrauch des Mittelalters wirklich als kastilisch bezeichnen möchte (wobei wir labro aus obengenannten Gründen ignorieren). Auch bei Solalinde sucht man daher vergeblich nach einem Beispiel, in dem sich nuestro latin auf ein Wort in der «forma espanola» (1936, 134) bezieht. Aber warum sprechen die alfonsinischen Gelehrten an diesen zwölf Stellen der GE nun von nuestro latin und verwenden nicht lediglich, wie überall sonst, latin ohne das Possessivpronomen der 1. Person Plural? Unseres Erachtens handelt es sich einfach um eine Ausdrucksweise, die sich analog zu solchen Ausdrücken wie nuestro lenguage oder nuestro lenguage de Castiella entwickelte, wohl vor allem in solchen Fällen, in denen Latein und Kastilisch einander gegenübergestellt wurden (Nehel Escol, que diz tanto enel nuestro latin como TORRENTS BOTRI, e enel nuestro lenguage de Castiella torrient ο arroyo de razimo bzw. tanto quiere dezir enel nuestro lenguage de Castiella como eglesia lidiant ο uencient; e enel nuestro latin le dizen EGLESIA TRIUMPHANS por esto mismo). Die Verfasser der GE konnten deshalb von nuestro latin sprechen, weil sie Latein tatsächlich auch lesen und (zum Teil) lateinische Texte produzieren konnten, was sie vor allem vor der Regierungszeit von Alfonso X. getan hatten und in eingeschränkterem Maße auch unter ihm noch taten.24 Nicht zuletzt war das Latein auch die Sprache ihrer Kirche. Darauf, daß sie das Kastilische als diaphasische Varietät des Lateins verstanden hätten, kann man u.E. aus der Verwendung des Begriffs nuestro latin nicht schließen. Alle Belegstellen stammen im übrigen aus der

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Alvar treibt die Auslegung dieses Ausdrucks sehr weit. Er sieht in der Voranstellung des Possessivpronomens einen «acto de afirmacion cultural» (Alvar 1985, 55). Die Kultursprache Latein werde betont als etwas dargestellt, das dem kastilischen König und dem kastilischen Volk (nach einem entsprechenden Studium) zur Verfügung stehe, ihm zu eigen sei. So habe man sich als Teil bzw. Fortsetzung der römischen (und christlichen) Geschichte ansehen und präsentieren können. Die christlichen kastilischen Gelehrten und ihr König unterschieden sich von den arabischen und jüdischen Gelehrten am Hofe darin, daß sie diesen die Kenntnis dieses nuestro latin voraushatten. Alvar scheint andeuten zu wollen, daß sozusagen der König selbst zu uns spricht: «Si el rey ha corregido los textos, el nuestro latin se manifiesta como un bien personal, que poseia el, pero que podian no poseer otros colaboradores [...]; alguien que coordinara tanto esfuerzo disperso y que tuviera al latin como paradigma de cultura podria considerarlo mio ο nuestro [...]» (Alvar 1985, 54s.). 244

GE I, in der GE II ist nuestro latin nicht belegt, genausowenig in unserer Sammlung etymologischer Erklärungen aus den SP. In der gesamten PCG findet man nur ein einziges Mal latin nuestro: «Et segund el latin nuestro et eil arte de la rectorica [...] dictador tanto quiere dezir cuemo dezidor, que dize mucho et todauia bien et apuesto» (PCG 85b 42-46).

Hier könnte mit latin nuestro tatsächlich das Kastilische gemeint sein. Eine solche Interpretation dieser Textpassage wäre u.E. durchaus plausibel - besonders, wenn man ihr eine Worterklärung gegenüberstellt, die ähnlich konstruiert ist, aber anstatt latin nuestro den Ausdruck language de Castiella enthält: «[...] un dolor a que los fisicos et los otros sabidores de las natures dizen podagra. Et esso mismo quiere dezir podagra fascas , segund el lenguage de Castiella» (PCG 446a 22-26).

Auch der Ausdruck (nos) dezimos en (el) latin wird in der GE gelegentlich mit Wörtern verwendet, die man als kastilische Wörter bezeichnen möchte. Im folgenden Beispiel spräche z.B. die Orthographie dafür, das mit dezimos nos en latin eingeführte Wort sarrazinos ( statt lat. ) als kastilisches Wort anzusehen: «[...] e agora dezimos nos en latin sarrazinos por moros» (GE I, 140b 44—46).

Wir haben jedoch den Eindruck, daß auch hier ein als lateinisch angesehenes Wort (sarrazinos) einem kastilischen Wort (moros) gegenübergestellt werden soll. Aus dem gleichen Grund interpretieren wir die folgende Erklärung auf entsprechende Weise: «[...] a este quarto [libro] nol fallamos mas de dos nombres, ell uno enell ebraygo e eil otro enel lenguage latino; e el dell ebraygo es es VAGEDABER, e enel lenguage de Castiella quiere dezir tanto como ; enel latino le dezimos NUMERO, ο el libro delos NUMEROS ο los Numeros simple mientre; e Numero e Numeros quiere dezir enel nuestro lenguage de Castiella tanto como cuento ο cuentas [...]» (GE I, 592a 3-13).

Daß das zu erklärende Wort Numero(s) dreimal mit kastilischer Endung, zweimal mit kastilischem bestimmten Artikel und einmal sogar als Teil eines Syntagmas aus kastilischen Wörtern angegeben wird, vermittelt eigentlich den Eindruck, daß mit latino hier das Kastilische gemeint sein müßte. Daß Numero(s) aber ins Kastilische übersetzt wird - und zwar parallel zu der Übersetzung des hebräischen Vagedaber -, läßt vermuten, daß Numero(s) vom Verfasser dieser Zeilen als ein lateinisches Wort angesehen wurde. Selbst wenn man diese beiden Textstellen anders interpretieren würde, als wir es tun, würde das am Gesamtbild der Verwendung des Ausdrucks (nos) dezimos en (el) latin in der GE nichts Entscheidendes ändern. Denn in unserer Sammlung etymologischer Erklärungen aus der GE wird dieser Ausdruck normalerweise eindeutig dazu verwendet, ein im engeren Sinne lateinisches Wort anzugeben, z.B. «[...] dezimos enel latin BIS por dos [...]» (GE I, 12a 25-26); «ca en latin YRISdezimos

por arco» (GE I, 35b 7);

«[...] LATERE que dezimos en latin por asconder [...]» (GE I, 187a 21-22); «[...] dezimos otrossi en latin UINCERE por uencer [...]» (GE I, 496a 5-6).

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Die Verfasser differenzierten u.E. auch bei der Verwendung von (nos) dezimos en (el) latin deutlich zwischen Latein und Kastilisch. Vielleicht waren sie aber, wie auch in anderen Fällen, bei der Wahl ihrer Ausdrucksweise nicht immer vollkommen konsequent. Wenn man den Gebrauch des Ausdrucks dezimos los latinos näher betrachtet, dann stimmen die Beobachtungen Solalindes hier insofern, als es auch in unserer Sammlung etymologischer Erklärungen Belege für Verwendungen dieses Ausdrucks zur Angabe eines volkssprachlichen Wortes gibt: «[...] e daquel nombre LICOS quelos griegos le pusieron le dixiemos e dezimos los latinos lobo, onde lobo tanto quiere dezir como ladron» (GE I, 560a 11-15); «[...] THEOS, que dize el griego por aquello que los latinos dezimos Dios [...]» (GE II.l, 65b 26-28).

Auffällig ist, daß hier jeweils eine griechische und eine kastilische Wortform angeführt werden. Dies ist auch bei einem der beiden anderen von Solalinde zitierten Beispielen für dezimos en latin mit dieser Funktion der Fall (1936, 134). In unserem Korpus überwiegen auch hier die Belege, bei denen sich los latinos dezimos auf ein lateinisches Wort im engeren Sinne bezieht, z.B. «[...] TOLERARE que dezimos los latinos por soffrir [...]» (GE I, 89b 6-7); «[...] LATERE que dezimos los latinos por asconder [...]» (GE I, 157a 55-157b 2); «[...] BOS que dezimos los latinos por uaca e por buey [...]» (GE I, 166a 24-25); «[...] NOUEM, que dezimos los latinos por nueue [...]» (GE I, 596b 34—35).

Unseres Erachtens stellen die Textstellen, die den Gebrauch von dezimos los latinos mit Bezug auf kastilisches Vokabular bezeugen, Ausnahmen dar. Das gleiche gilt für entsprechende Verwendungen von dezimos en latin, sofern man die problematischen Textstellen anders inteipretieren möchte als wir. Die Gesamtheit der Worterklärungen in den alfonsinischen Texten vermittelt das Bild, daß bei der Angabe der Sprachzugehörigkeit einer Wortform deutlich zwischen Latein und Kastilisch unterschieden werden sollte und meist auch unterschieden wurde. Eine gewisse Inkonsequenz im Ausdruck ist jedoch aufgrund des Fehlens einer Terminologie der Sprachbeschreibung nicht überraschend. Solalinde kommentiert auch den Ausdruck cristianos latinos, der in unserem Korpus nur an der folgenden Textstelle belegt ist: «Mas nos los cristianos latinos llamamos sabbado al dia de Satumo, por onrra e remembran9a dela uieia ley e delos sanctos padres della, dond tomamos nos esta Estoria, que llamaron assi a aquel dia seteno dela sedmana; al dia dela planeta del Sol, que es primero dia dela sedmana, nos los cristianos latinos [...] llamamos le domingo, por que enel nuestro latin dizen DOMINUS por sennor» (GE 1,491a 33^191b 15).

Mittels dieser Ausdrucksweise wollten sich die Verfasser nach Meinung Solalindes von den oströmischen Christen abgrenzen: «Con tal denomination de