Ethik und Qualität in der Politikberatung: Zur Entwicklung von professionellen Standards und Grundsätzen [1. Aufl.] 9783839420850

Die Politikberatung in Deutschland befindet sich in einem Prozess der Professionalisierung, in dem seit einiger Zeit die

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Inhalt
Vorwort
Danksagung
1 Untersuchungsrahmen: Ethik und Qualität in der Politikberatung im Blickfeld der Politikwissenschaft
1.1 Problemstellung
1.2 Stand der Forschung
1.3 Gegenstand der Untersuchung
1.4 Forschungsfragen
1.5 Gang der Untersuchung
2 Theoretische Grundlagen der Politikberatung: Zur Hermeneutik des Beratungsbegriffs
2.1 Die Geburt der Politikberatung aus dem Geist der Philosophie
2.2 Politik und Politikberatung als Beruf
2.3 Zur logischen und hermeneutischen Struktur des Beratungsbegriffs
2.4 Der Beratungsbegriff aus soziologischer Perspektive
2.5 Zwischenfazit
3 Politikberatung in Deutschland: Formen, Berufspraxis und Entwicklungsprozesse
3.1 Zeitgeschichtliche Einordnung der Politikberatung in Deutschland
3.2 Formen von Politikberatung
3.2.1 Wissenschaftliche Politikberatung
3.2.2 Lobbying
3.2.3 Privatwirtschaftliche (kommerzielle) Politikberatung
3.2.4 Begriffsbestimmung und -differenzierung der Politikberatung
3.3 Politikberatung und Politikberater in der Berufspraxis
3.3.1 Berufsbild Politikberater
3.3.2 Auftraggeber von Politikberatung
3.3.3 Methoden und Instrumente in der Politikberatung
3.4 Entwicklungsprozesse der Politikberatung in Deutschland
3.4.1 Gegenwärtige Herausforderungen an die Politik
3.4.2 Veränderungsprozesse auf nationaler und europäischer Ebene
3.4.3 Politikberatung im Spannungsfeld von Internationalisierung und Spezialisierung
3.5 Zwischenfazit
4 Professionalisierung der Politikberatung in der Praxis
4.1 Herausforderungen der Qualifizierung von Politikberatern
4.2 Moralische, ethische und instrumentell-technische Standards für die Politikberatung
4.3 Kodizes und Sanktionen: Rechte und Pflichten in der Politikberatung
4.4 Der Diskurs über Standards innerhalb der de'ge'pol
4.5 Zwischenfazit
5 Analysezugang und Methode
5.1 Forschungsdesign
5.2 Methodenkombination
5.3 Messinstrumente
5.4 Befragungspersonen
5.5 Pretest
5.6 Online-Studie
5.7 Experteninterviews
6 Erfahrungen im Umgang und in der Anwendung mit Kodizes und Richtlinien in der Politikberatung
6.1 Qualitätsmanagement in der Politikberatungsbranche
6.2 Bekanntheit und Vertrautheit von Kodizes und Richtlinien in der Politikberatung
6.3 Umsetzung, Anwendung und Wahrnehmung von Kodizes und Richtlinien in der Praxis
6.4 Grenzbereiche bei der Anwendung von Kodizes und Richtlinien in der Praxis
6.5 Einfluss der Kodizes und Richtlinien beim Qualitätsmanagement
6.6 Wertschöpfungsfaktor von Kodizes und Richtlinien
6.7 Orientierungsfaktor der Kodizes und Richtlinien im Umgang mit politischen Entscheidungsträgern
6.8 Rolle der Kodizes und Richtlinien bei der Auftragsvergabe
6.9 Verbindlicher Charakter der Kodizes und Richtlinien in der Berufspraxis
6.10 Einfluss von Berufsvereinigungen
6.11 Ethische Standards und Qualitätskriterien in der Politikberatung
6.12 Zwischenfazit
7 Zur Entwicklung von Grundsätzen einer moralischen, ethischen und instrumentelltechnischen Politikberatung
7.1 Normative Vorüberlegungen
7.2 Grundsätze einer moralischen, ethischen und instrumentell-technischen Politikberatung
7.2.1 Moralische und rechtliche Standards
7.2.2 Ethische Standards
7.2.3 Instrumentell-technische bzw. pragmatische Standards
7.2.3.1 Prämissen für den Beratungsprozess
7.2.3.2 Fachliche Qualitätskriterien und Kompetenzen
7.2.3.3 Handwerkliche Qualitätskriterien im Beratungsprozess
8 Moralische, ethische und instrumentelltechnische Standards für die Politikberatung im Praxistest
8.1 Professionalisierung der Politikberatung durch Qualitätsmanagement
8.1.1 Etablierung der Politikberatung durch Qualitätsmanagement
8.1.2 Herausforderungen von Qualitätsmanagement in der Politikberatung
8.1.3 Einflussbereiche von Standards und Kodizes auf die Berufspraxis
8.2 Qualitätsmanagement in der Politikberatungsbranche
8.2.1 Qualitätsmanagement im Spannungsfeld von Anspruch und Realität in den Unternehmen
8.2.2 Entwicklungslinien beim Qualitätsmanagement in den Unternehmen
8.2.3 Konsequenzen und Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen gegen das Qualitätsmanagement
8.2.4 Erkennbarkeit der Wertschöpfung von Qualitätsmanagement
8.2.5 Forderung der Einhaltung von Kodizes bei der Auftragsvergabe
8.3 Anwendbarkeit und Umsetzbarkeit des Kriterienkatalogs in der Berufspraxis
8.3.1 Anwendbarkeit und Eignung des Kriterienkatalogs zur Regelung der Kernprobleme und Herausforderungen
8.3.2 Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zurUmsetzbarkeit des Kriterienkatalogs
8.3.3 Maßnahmen zur Verbindlichkeit des Kriterienkatalogs
8.4 Grenzbereiche und Konfliktlinien von ethischen Standards und Qualitätskriterien in der Berufspraxis
8.4.1 Unabhängigkeit
8.4.2 Objektivität
8.4.3 Neutralität
8.4.4 Kompetenzaufteilung der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten mit dem Auftraggeber
8.4.5 Kontinuierlicher Informationsaustausch mit dem Auftraggeber
8.4.6 Fairer Wettbewerb
8.4.7 Seriöse Preisbildung
8.5 Zwischenfazit
9 Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Autor
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Ethik und Qualität in der Politikberatung: Zur Entwicklung von professionellen Standards und Grundsätzen [1. Aufl.]
 9783839420850

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Shamim Rafat Ethik und Qualität in der Politikberatung

Edition Politik | Band 6

Shamim Rafat (Dr. rer. pol.) ist Managing Director eines Beratungsunternehmens in Berlin. Er hat an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaft studiert und an der NRW School of Governance der Universität DuisburgEssen promoviert

Shamim Rafat

Ethik und Qualität in der Politikberatung Zur Entwicklung von professionellen Standards und Grundsätzen

Diese Arbeit wurde mit dem Titel »Ethik und Qualität in der Politikberatung. Zur Entwicklung von moralischen, ethischen und instrumentell-technischen Standards in der Politikberatung« bei der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen im Februar 2011 eingereicht und als Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades (Dr. rer. pol.) angenommen. 1. Gutachter: Prof. Dr. Dr. Karl-Rudolf Korte 2. Gutachter: Prof. Dr. Andreas Blätte Tag der Disputation: 11.05.2011

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Lektorat: Dr. Shamim Rafat Satz: wolf mediengestaltung, Jülich Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-2085-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

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Inhalt

Vorwort Danksagung

1 Untersuchungsrahmen: Ethik und Qualität in der Politikberatung im Blickfeld der Politikwissenschaft 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5

Problemstellung Stand der Forschung Gegenstand der Untersuchung Forschungsfragen Gang der Untersuchung

2 Theoretische Grundlagen der Politikberatung: Zur Hermeneutik des Beratungsbegriffs 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Die Geburt der Politikberatung aus dem Geist der Philosophie Politik und Politikberatung als Beruf Zur logischen und hermeneutischen Struktur  des Beratungsbegriffs Der Beratungsbegriff aus soziologischer Perspektive Zwischenfazit

3 Politikberatung in Deutschland: Formen, Berufspraxis und Entwicklungsprozesse Zeitgeschichtliche Einordnung der Politikberatung in Deutschland 3.2 Formen von Politikberatung 3.2.1 Wissenschaftliche Politikberatung 3.2.2 Lobbying 3.2.3 Privatwirtschaftliche (kommerzielle) Politikberatung

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3.2.4 Begriffsbestimmung und -differenzierung der Politikberatung 3.3 Politikberatung und Politikberater in der Berufspraxis 3.3.1 Das Berufsbild des Politikberaters 3.3.2 Auftraggeber von Politikberatung 3.3.3 Methoden und Instrumente in der Politikberatung 3.4 Entwicklungsprozesse der Politikberatung in Deutschland 3.4.1 Gegenwärtige Herausforderungen an die Politik 3.4.2 Veränderungsprozesse auf nationaler und europäischer Ebene 3.4.3 Politikberatung im Spannungsfeld von  Internationalisierung und Spezialisierung 3.5 Zwischenfazit

4 Professionalisierung der Politikberatung in der Praxis 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5

Herausforderungen der Qualifizierung von Politikberatern Moralische, ethische und instrumentell-technische  Standards für die Politikberatung Kodizes und Sanktionen: Rechte und Pflichten in der Politikberatung Der Diskurs über Standards innerhalb der de'ge'pol Zwischenfazit

5 Analysezugang und Methode 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7

Forschungsdesign Methodenkombination Messinstrumente Befragungspersonen Pretest Online-Studie Experteninterviews

6 Erfahrungen im Umgang und in der Anwendung mit Kodizes und Richtlinien in der Politikberatung 6.1 6.2 6.3

Qualitätsmanagement in der Politikberatungsbranche Bekanntheit und Vertrautheit von Kodizes und Richtlinien in der Politikberatung Umsetzung, Anwendung und Wahrnehmung von Kodizes und Richtlinien in der Praxis

63 67 67 68 70 72 74 76 79 80

83 86 92 98 103 106 109 109 111 113 119 121 122 127

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6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12

Grenzbereiche bei der Anwendung von Kodizes und Richtlinien in der Praxis Einfluss der Kodizes und Richtlinien beim Qualitätsmanagement Wertschöpfungsfaktor von Kodizes und Richtlinien Orientierungsfaktor der Kodizes und Richtlinien im Umgang mit politischen Entscheidungsträgern Rolle der Kodizes und Richtlinien bei der Auftragsvergabe Verbindlicher Charakter der Kodizes und Richtlinien in der Berufspraxis Einfluss von Berufsvereinigungen Ethische Standards und Qualitätskriterien in der Politikberatung Zwischenfazit

7 Zur Entwicklung von Grundsätzen einer moralischen, ethischen und instrumentelltechnischen Politikberatung 7.1 7.2

Normative Vorüberlegungen Grundsätze einer moralischen, ethischen und instrumentell-technischen Politikberatung 7.2.1 Moralische und rechtliche Standards 7.2.2 Ethische Standards 7.2.3 Instrumentell-technische bzw. pragmatische Standards 7.2.3.1 Prämissen für den Beratungsprozess 7.2.3.2 Fachliche Qualitätskriterien und Kompetenzen 7.2.3.3 Handwerkliche Qualitätskriterien im Beratungsprozess

8 Moralische, ethische und instrumentelltechnische Standards für die Politikberatung im Praxistest 8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.3 8.2 8.2.1

Professionalisierung der Politikberatung durch Qualitätsmanagement Etablierung der Politikberatung durch Qualitätsmanagement Herausforderungen von Qualitätsmanagement in der Politikberatung Einflussbereiche von Standards und Kodizes auf die Berufspraxis Qualitätsmanagement in der Politikberatungsbranche Qualitätsmanagement im Spannungsfeld von Anspruch und Realität in den Unternehmen

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8.2.2 Entwicklungslinien beim Qualitätsmanagement in den Unternehmen 8.2.3 Konsequenzen und Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen gegen das Qualitätsmanagement 8.2.4 Erkennbarkeit der Wertschöpfung von Qualitätsmanagement 8.2.5 Forderung der Einhaltung von Kodizes bei der Auftragsvergabe 8.3 Anwendbarkeit und Umsetzbarkeit des Kriterienkatalogs in der Berufspraxis 8.3.1 Anwendbarkeit und Eignung des Kriterienkatalogs zur Regelung der Kernprobleme und Herausforderungen 8.3.2 Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zur Umsetzbarkeit des Kriterienkatalogs 8.3.3 Maßnahmen zur Verbindlichkeit des Kriterienkatalogs 8.4 Grenzbereiche und Konfliktlinien von ethischen Standards und Qualitätskriterien in der Berufspraxis 8.4.1 Unabhängigkeit 8.4.2 Objektivität 8.4.3 Neutralität 8.4.4 Kompetenzaufteilung der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten mit dem Auftraggeber 8.4.5 Kontinuierlicher Informationsaustausch mit dem Auftraggeber 8.4.6 Fairer Wettbewerb 8.4.7 Seriöse Preisbildung 8.5 Zwischenfazit

9 Fazit Abbildungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Quellenverzeichnis Literaturverzeichnis Internetquellen Autor

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V ORWORT Die Politikberatung ist zum systemrelevanten Bestandteil der Politikwissenschaft geworden. Gemeint ist damit die wissenschaftliche Politikberatung, die über viele Jahrzehnte ausschließlich Policy-Beratung durch wissenschaftliche Beratungsinstitutionen darstellte. Die Erweiterung und Ausdifferenzierung der Politikberatung bezieht sich mittlerweile auch auf politics und polity. Idealerweise kombiniert zielgruppenspezifisch Politikberatung alle drei Sektoren. Doch dazu bedarf es auf der Beraterseite hoher und spezifischer Sachkompetenz. Neben der wissenschaftlichen Politikberatung hat sich eine Beraterbranche vor allem in den Landeshauptstädten und in Berlin etabliert, die eigene kommerzielle Politikberatung anbietet. Das kann von der Entwicklung kompletter Gesetzestexte bis hin zur Vorbereitung auf TV-Duelle reichen. Da sich diese Branche auf dem Markt entwickelt, unterliegt auch sie nur den Marktgesetzen. Umso verdienstvoller ist es, wenn Shamim Rafat sich diese Branche näher ansieht und sie mit Standards im Hinblick auf Qualität konfrontiert. Aus der unübersichtlichen Marktlage entwickelt der Autor dieses Buches eine systematische Konfrontation der Berater mit der Realität. Im Zentrum steht dabei ein Ausschnitt: das Qualitätsmanagement in der kommunikativen Beratung politischer Akteure und Entscheidungsträger von Anbietern aus dem Bereich der privatwirtschaftlichen Politikberatung. Ein indirekter normativer Grundduktus ist leitmotivisch erkennbar. Der Autor möchte die Politikberatung professionalisieren. Dies ist nicht nur eine Reaktion auf Versäumnisse und Fehlentwicklungen innerhalb der Branche, sondern auch für ihn ein Beitrag zur Qualität der Demokratie. Diese normative Setzung wird mit dem Komplexitätszuwachs der Politik begründet. Nach Begriffsklärung und Einordnung des Themas werden vorhandene Kodizes vorgestellt. Sie orientieren sich am untersuchten Berufsfeld: Die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG), der Deutsche Rat Public Relations (DRPR), die Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA), der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) und die Deutsche Gesellschaft für Politikberatung (de'ge'pol). Der Autor dokumentiert seine große Unzufriedenheit mit diesen Katalogen. Sie sind seiner Meinung nach nicht ausreichend begründet und auch nicht hinreichend für ein professionelles Qualitätsmanagement. Die Ziel-

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richtung ist klar formuliert: Shamim Rafat möchte am Ende seiner Dissertation zu einem wissenschaftlich abgeleiteten und begründet getesteten eigenen Katalog für das Qualitätsmanagement gelangen. Die Ergebnisse der Online-Befragung lassen aufhorchen. Für die Praktiker vor Ort in den Unternehmen haben die Standards der Branche eher einen virtuellen Charakter. Begründete Kodizes sind nicht erkennbar und die Anwender beziehen ihre Arbeit auch nicht auf einen normativen Horizont. Ethische Standards sind eher Mangelware. Der Autor nutzt diesen Schwung aus, der aus der Mangelsituation resultiert, und macht sich auf den Weg, eigene normative Vorüberlegungen zu starten. Bezugnehmend auf den von Bentele entwickelten Funktionskatalog kommt Shamim Rafat zu einem dreigliedrigen Kriterienkatalog. Der Praxistest dieses Standard-Katalogs ist zwar ernüchternd, aber dennoch hilfreich. Zurecht weist der Verfasser häufig auf das Grundproblem hin: solange keine Sanktionsmaßnahmen vorliegen, nutzen auch nicht solide entwickelte und wissenschaftlich begründete Kataloge, um die kommerzielle Politikberatung an Qualitätsstandards heranzuführen. Originell schließt die Arbeit mit neun Thesen ab, die gleichzeitig als Fazit und auch als Arbeitsauftrag für zukünftige Forschungen zu interpretieren sind. Shamim Rafat hat verdienstvoll ein sehr disparates Forschungsfeld selbständig erschlossen. Mit viel Eigeninitiative konnte er problemorientiert und differenziert die Beraterbranche durchleuchten. Punktuell ist jetzt klarer, worauf sich potentielle Orientierungsmarken kommerzieller Berater ausrichten. Ein Qualitätsstandard wäre hilfreich, wenngleich er nur äußerst schwer zu implementieren ist. Shamim Rafat hat einen modellierten und begründeten Katalog vorgelegt, der jetzt im breiten Feld getestet und idealerweise angewendet werden könnte. Ob sich damit die Qualität steigern lässt, bleibt abzuwarten. Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte Duisburg, im Januar 2012

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D ANKSAGUNG Das Entstehen dieser Dissertation wäre ohne die dankenswerte Unterstützung einiger Menschen nicht möglich gewesen: Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater und Erstgutachter Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, der mich in das Promotionskolleg der NRW School of Governance aufnahm und dieses Dissertationsprojekt von Beginn an betreute. Es war sein ungebrochener Optimismus, der mich stets dazu motivierte, dieses Projekt in diesem abgesteckten Zeitraum zu vollenden. Insbesondere schätzte ich es, dass er mich in den zahlreichen Gesprächen immer zur kritischen Reflexion herausforderte und mir zugleich die notwendige Freiheit bei der Durchführung des Forschungsvorhabens gewährte. Für seine erstklassige Betreuung bin ich zu großer Dankbarkeit verpflichtet. Ebenso möchte ich meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Andreas Blätte ganz herzlich dafür danken, dass er mich stets mit wertvoller Kritik und Anregungen unterstützte. An dieser Stelle ist es mir ein besonderes Anliegen, meinem lieben Freund und Mentor Dr. Udo Schaefer ganz herzlich zu danken. Es waren seine fortwährenden Ermutigungen – bereits zu Beginn meiner Studienzeit – ein solches Dissertationsprojekt ins Auge zu fassen. Sie haben mich dazu bewegt, diesen Schritt tatsächlich zu gehen. Ihm und seiner lieben Frau Sigrun danke ich von ganzem Herzen. Meinen Kollegen an der NRW School of Governance sei ganz herzlich für ihre Unterstützung aus der Ferne gedankt: An erster Stelle Dr. Timo Grunden für seine stets weiterführenden Anregungen und Hinweise insbesondere in methodischen Fragen, Niko Switek für seine freundschaftliche Unterstützung bei der Promovendenbetreuung und Dr. Moritz Ballensiefen für diverse Fragestellungen während der Promotionszeit. Außerdem gilt mein großer Dank und aufrichtige Wertschätzung den von mir interviewten Experten, die mit ihrer Gesprächsbereitschaft und fachlichen Expertise wertvolle Einsichten in die Interna der Politikberatung lieferten, den praktischen Zugang zum Thema erleichterten und so wesentlich zur Fertigstellung dieser Dissertation beigetragen haben. Insbesondere bin ich Matthias Machnig (Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit im Freistaat Thüringen) und Prof. Dr. Marco Althaus (Technische Hochschule Wildau), die mich bereits während meiner Diplomarbeit unterstützten, Heiko Kretschmer (Ethikbeauftragter der de'ge'pol),

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Richard Gaul (Vorsitzender des DRPR), Prof. Dr. Günter Bentele (Universität Leipzig), Dr. Kai Buchholz (Wissenschaftsrat) sowie Prof. Dr. Udo Tietz (Freie Universität Berlin), zu großer Dankbarkeit verpflichtet, dass sie sich trotz ihrer vielfachen Verpflichtungen den Freiraum nahmen, wesentliche Teile der Arbeit mit mir eingehend zu reflektieren und wertvollen Input zu liefern. Ana Dujic, Jan Böttger und Martin Fuchs gilt ein besonders großer Dank dafür, dass sie mir jederzeit mit ihrem freundschaftlichen und fachlich fundierten Rat zur Seite standen und ehrwürdige Sparringspartner waren. Ein herzlicher Dank gilt einer Reihe von Menschen, die mich in dieser Zeit auf unterschiedliche Art und Weise begleitet und unterstützt haben und somit ein Teil dieser Arbeit sind: Michael Brons, Dr. Sasha Dehghani, Shamsi Dehghani, Dr. Armin Eschraghi, Katrin Hammer, Georg Hauke, Georg Ogulin, Marie Pawlitzki, Prof. Dr. Nodi Rafat, Leif Rumrich, Dr. Bidjan Sobhani, Pajam Sobhani, Tahere Sobhani, Dr. Emanuel Towfigh, Brigitte ZeitlmannKrüger sowie Dr. Bahiyyih Nakhjavani, Violette und Ali Nakhjavani. Last but not least möchte ich in diesem Zusammenhang meiner gesamten Familie für ihre liebevolle Unterstützung danken, insbesondere Familie Rabe, Adel und Anissa Algandouzi sowie Krista Rafat. Meinem Bruder, Dr. Dr. Neysan Rafat, danke ich von ganzem Herzen für seine immerwährende Unterstützung und seinen steten Rückhalt in allen Zeiten. Sein eigener akademischer Ansporn war mir stets Vorbild und eine Quelle der Inspiration zugleich; die innige Beziehung zu ihm ein wichtiger und dauerhafter Anker in meinem Leben. Meinen Eltern, Dr. Sheyda und Ruhi Rafat, danke ich von tiefstem Herzen für all ihre Ermutigungen, insbesondere ihren seelischen Beistand, ihre liebevolle und treue Unterstützung nicht nur während dieser Zeit, sondern während meines gesamten Lebens. Sie sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben und auf sie ist immer und überall Verlass. Mein Dank ist unermesslich groß. Meiner wunderbaren Ehefrau Houda Algandouzi-Rafat gebührt der größte Dank! Sie ist und war insbesondere in dieser gesamten Zeit meine engste und treueste Gefährtin, größter Halt und wertvollste Sparringspartnerin zugleich. Ohne ihre unermüdliche Geduld, ihren ungebrochenen Glauben an dieses Projekt und ihre enge Teilhabe, trotz der großen Belastungen sowohl in ihrem Beruf als auch bei ihrer eigenen Promotion, wäre dieses Vorhaben in diesem eng abgesteckten Zeitraum nicht möglich gewesen. Worte allein können meinen unendlichen Dank an sie nicht ausreichend bekunden. Schließlich ist es mir eine Herzensangelegenheit, an dieser Stelle meiner geliebten Großmutter Shekarnoush Bidardel (1924–2009) zu gedenken, die die Vollendung dieser Arbeit leider nicht hat auf dieser Welt miterleben können. Es sind die fortwährenden und liebevollen Gedanken an diesen für mich so einzigartigen und unersetzbaren Menschen in meinem Leben, die mich

D ANKSAGUNG

während der ganzen Zeit stets begleitet und mir insbesondere in den schwierigen Phasen einer solchen Unternehmung Halt und Kraft gegeben haben, immer weiter zu machen. Es ist mir die größte Ehre, ihr diese Dissertation zu widmen. Shamim Rafat Berlin, im Januar 2012

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E THIK UND Q UALITÄT IN DER P OLI T IK BER AT UNG

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1 Untersuchungsrahmen: Ethik und Qualität in der Politikberatung im Blickfeld der Politik wissenschaft »Der ist von allen der Beste, der selber jegliches findet. Aber auch jener ist tüchtig, der guter Lehre Gehör gibt. Wer aber selbst nichts erkennt noch fremden Zuspruch bedächtig bei sich erwägt, der ist wohl unnütz unter den Menschen.« H ESIOD , ZITIERT NACH ARISTOTELES1

Die Politikberatung in Deutschland befindet sich seit einigen Jahren in einem dramatischen Wandel, der u.  a. einem starken Anpassungsdruck an die Modernisierung der politischen Strukturen geschuldet ist.2 Die Komplexität der Aufgabenstellungen in einer globalisierten »Wissensgesellschaft« lässt den Beratungsbedarf von Politik kontinuierlich steigen und weist der Politikberatung eine zunehmend wichtige gesellschaftliche Rolle zu (vgl. Novy/Schwickert/Fischer 2008: 171; Falk/Römmele 2009: 9). Die Politikberatung übernimmt heute eine doppelte Vermittlungsfunktion in der Gesellschaft: Zum einen vermittelt Politikberatung zwischen der Politik, der Wirtschaft und der Öffentlichkeit, zum anderen schlägt sie eine Brücke zwischen den Wissenschaften und der politischen Praxis (vgl. Althaus/Meier 2004: 9).3 Dabei muss festgestellt werden, dass die klassische Form der Politikberatung durch wissenschaftliche Einrichtungen heute nur noch einen kleinen Teil des vielfältigen Spektrums abdeckt (vgl. Buchholz 2008: 16  f.; Schützeichel 2008: 15  f.). Die wissenschaftliche Politikberatung, die lange Zeit für 1 2 3

Vgl. Aristoteles 1986: 1095b (10). Vgl. grundsätzlich zu politischen Strukturen, Prozessen, Akteuren und In strumentarien Korte/Fröhlich 2009. Vgl. ausführliche Diskussionen über die jüngsten Entwicklungslinien der Politikberatung in ihren verschiedensten Facetten und Formen in Zeitschrift für Politikberatung, Ausgaben 2008 (Jg. 1, Heft 1) bis Ausgaben 2010 (Jg. 3, Heft 2).

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die Politikberatung stand, steht heute in Konkurrenz zu außerwissenschaftlichen Beratungspraktiken (vgl. Kraul/Stoll 2010). Neben der traditionellen wissenschaftlichen Beratung 4 haben sich inzwischen privatwirtschaftliche Beratungseinrichtungen in Deutschland etabliert, die im Spannungsdreieck von politischer Logik, Kommunikationskompetenz und Themenexpertise operieren. Sie beraten zum einen politische Akteure direkt und unterstützen zum anderen Organisationen und Unternehmen dabei, sich im politischen Raum zu positionieren. Sie spielen dadurch eine zunehmend wichtige Rolle innerhalb des demokratischen Prozesses und der politischen Kultur (vgl. Buchholz 2008: 15 f.; Weingart/Lentsch 2008). Das Spektrum der neuen Formen der Politikberatung reicht dabei von (a) operativ ausgerichteter Politikberatung für politische Entscheidungsträger und Organisationen über (b) Public Affairs, die die Kommunikation zwischen Unternehmen, Organisationen und Vertretern der Regierung, Parlamente und Öffentlichkeit organisieren, bis hin zur (c) Kampagnen- und Medienberatung, die politische Akteure dabei unterstützt, ihre Themen den Bürgern zu vermitteln.5 Auch innerhalb der klassischen Interessensvertretung durch Verbände und Lobbyisten vollzieht sich gegenwärtig ein Wandel vom individuellen Interessensvertreter6 zum politischen Berater (vgl. Speth 2004: 164; Heinze 2009: 6 f.). So greifen heute politische Entscheidungsträger immer öfter auf den Rat der Interessensvertreter im Rahmen von Kommissionen zurück.7 Dies hat gravierende Konsequenzen: Die Grenzen zwischen Lobbying, Kommunikationsund Unternehmensberatung, aber auch zwischen Politikern und Beratern verschwimmen zunehmend. Aufgrund dieser Vermengung, aber auch aufgrund verschiedener unrühmlicher Affären und Misserfolge innerhalb der Beratungsbranche, die sich aus intransparenten Arbeitsmethoden zwischen einzelnen Beratern und politischen Entscheidungsträgern ergeben haben, steht die Beraterbranche in Deutschland zunehmend unter einer sich beständig verschärfenden öffentlichen Kritik. Ohne hier im Einzelnen die Ursachen für diesen komplexen Sachverhalt erörtern zu wollen, ist sicher, dass den Beratern zu Recht oder Unrecht eine mangelnde Transparenz und Glaubwürdigkeit sowie das Fehlen 4 5 6

7

Vgl. zu Organisation und Rahmenbedingungen der wissenschaftlichen Politikberatung Weingart/Lentsch 2008. Vgl. zu Formen, Bereichen und Akteuren in der kommerziellen Politikberatung Falk/Römmele 2009. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit ist in diesem Buch mit Nennung der männlichen Funktionsbezeichnung, sofern nicht anders gekennzeichnet, immer auch die weibliche Form mitgemeint. Vgl. zur Entwicklung von Lobbyismus in Deutschland Leif/Speth 2006.

U N T ERSUCHUNGSR AHMEN

von einschlägigen Qualitätsstandards, die einer intersubjektiven Überprüfung standhalten, vorgeworfen werden.8 Zudem haben der zunehmende Einfluss und die Relevanz europäischer Politik eine wachsende Internationalisierung der Branche hervorgerufen.9 Diese beiden Entwicklungen haben unweigerlich dazu geführt, dass auch in dem in Deutschland bislang noch weitgehend unerforschten Bereich der Politikberatung der Ruf nach einer verstärkten Professionalisierung laut wurde – einer Professionalisierung, die dem Berufszweig zu mehr Transparenz und damit zu mehr Glaubwürdigkeit verhelfen sollte (vgl. Schlicht 2005: 1). Die Festlegung von Verhaltensregeln und Qualitätsstandards für die Beraterbranche gewinnt in diesem Rahmen an Bedeutung. Dies ist insofern einsichtig und damit auch nachvollziehbar, da in Berlin, anders als in Washington, London oder Brüssel, die Professionalisierung der Politikberatung bislang kaum vorangekommen ist. Dennoch ist die Politikberatung auch in Deutschland kein Exot mehr, sondern eine immer stärker nachgefragte Dienstleistung, die sich zunehmend in Spezialbereiche aufgliedert.10

1.1 P ROBLEMSTELLUNG Die Problemstellung dieser Arbeit beruht zunächst auf drei fundamentalen Grundannahmen, die den Kontext der folgenden Überlegungen festlegen:11 1. Für jeden Professionalisierungsprozess sind normativ gehaltvolle Prinzipien und Standards unerlässlich. Dies gilt vor allem aufgrund des Faktes, dass Politikberater in der Ausübung ihres Berufes Bestandteil demokratischer Prozesse sind, die ihrerseits nach rechtlichen, moralischen und ethischen Prinzipien und Standards beurteilt werden. Politikberatung leistet zudem einen wesentlichen Beitrag zur Vorbereitung, Steuerung und Vermittlung politischer Entscheidungen, weshalb die Einhaltung bestimmter öffentlich einsehbarer Spielregeln für die Glaubwürdigkeit des gesamten Berufsstandes unerlässlich ist. 8

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In der öffentlichen Debatte dominierten in den letzten Jahren diverse Skandale und Misserfolge in der Politikberatung, die das Ansehen der Branche in Mitleidenschaft gezogen haben. Zu einer ausführlichen Darstellung ausgewählter Fälle und ihren Auswirkungen vgl. Kapitel 4 in dieser Arbeit. Vgl. zu Herausforderungen und Anforderungen der Politikberatung in einer globalisierten Wissensgesellschaft aus den verschiedensten Perspektiven Falk et al. 2006a. Vgl. hierzu auch Wallrabenstein 2003; Radunski/Wallrabenstein 2004. Vgl. Rafat 2006: 12 f.

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2. Professionalisierung bedeutet in einem Berufsfeld des Weiteren, bisher intuitiv aus Erfahrungswissen ausgeübte Tätigkeiten zu standardisieren und zu vereinheitlichen, die dafür notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse zu katalogisieren und diese dem Nachwuchs an den entsprechenden akademischen oder außerakademischen Einrichtungen zu vermitteln, sodass der Berufszugang von der Erlangung dieser Kenntnisse abhängig gemacht werden kann.12 3. Für die Politikberatung drängt sich zunehmend die Forderung nach geeigneten Maßnahmen der Qualitätssicherung auf. Nur wer nachweisen kann, dass er qualitativ gute Arbeit leistet, nur wer Erfolge und Zielerreichung misst und auswertet und stets nach Optimierung strebt, kann von sich behaupten, professionell zu arbeiten.13 Die sich hier herausstellende Problematik beruht darauf, dass diese Grundannahmen in der Berufspraxis nicht bzw. noch nicht realisiert worden sind. In der Untersuchung dieser Arbeit gilt es deshalb auch darum, festzustellen, ob es normativ gehaltvolle Kodizes, Richtlinien und Kriterienkataloge zum Qualitätsmanagement in der Politikberatung in der alltäglichen Berufspraxis bislang gibt, und wenn es diese geben sollte, ob sie tatsächlich Anwendung finden bzw. bis zu welchem Grad sie umgesetzt werden konnten.

1.2 S TAND DER F ORSCHUNG Der Bereich Qualitätsmanagement in der Politikberatung bildet ein neues Forschungsgebiet, was daran zu erkennen ist, dass es vergleichsweise wenig eigenständige Forschungsliteratur gibt. Die Sichtung des Forschungsstandes ergab, dass gesicherte wissenschaftliche Kenntnisse über die Erfahrungen, Einschätzungen und Erwartungen zum Qualitätsmanagement, insbesondere zu moralischen und ethischen Standards sowie zu Qualitätskriterien, in der Politikberatung Mangelware sind – und dies betrifft sowohl Kenntnisse auf der Auftragnehmer- als auch der Auftraggeberseite von Politikberatung. Der Grund hierfür liegt darin, dass sich die Forschung zum Qualitätsmanagement in der Politikberatung bezüglich der hier gestellten erkenntnisleitenden Fragestellungen noch in einer explorativen Phase befindet (vgl. Rafat 2007: 251).14 12 13 14

Vgl. hierzu auch Busch-Janser/Gerding/Voigt 2005. Vgl. hierzu auch Schlicht 2005: 3. Vom 10.–11. Dezember 2010 fand erstmalig in Heidelberg eine interdisziplinäre wissenschaftliche Tagung zu »Ethischer Politikberatung« statt, die von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e. V. (FEST) und der Hans-

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Der gegenwärtige Forschungsstand in der deutschsprachigen Literatur stellt sich je nach Spezialgebiet unterschiedlich dar. Für diese Studie sind folgende vier Forschungsfelder relevant: Qualitätsmanagement in der Politikberatung, die Bereiche der wissenschaftlichen Politikberatung, des Lobbyismus und der privatwirtschaftlichen (kommerziellen) Politikberatung. Zunächst ist – wie bereits bemerkt – festzustellen, dass das Qualitätsmanagement in der Politikberatung ein völlig neues Forschungsgebiet ohne eigene spezielle wissenschaftliche Literatur darstellt. Diese Lücke gilt es daher zu schließen (vgl. Rafat 2006). Allgemein erfährt das Forschungsfeld der Politikberatung derzeit zwar eine wachsende Konjunktur und große Aufmerksamkeit in der Politikwissenschaft (vgl. Falk et al. 2008:4; Grunden 2008a: 134; Mayntz 2009: 5), dennoch bleibt der Begriff der Beratung häufig unreflektiert (vgl. Schützeichel 2008: 5). »Die Operationalisierbarkeit des Begriffs Politikberatung ist für die Forschung«, so Althaus (2004b: 38), »ein tendenziell wirklichkeitsfernes Unterfangen«. Daher wird in der einschlägigen Fachliteratur immer wieder Politikberatung mit wissenschaftlicher Politikberatung gleichgesetzt, »um den Begriff mühsam auf das sichere Terrain akademischer Grundprinzipien – wertfreie Verpflichtung auf die Wahrheit usw. – zu zerren«. Vor diesem Hintergrund erscheint die praktische Verwendung des Terminus »Politikberatung« als diffus und amorph. Alle möglichen Formen politischer Kommunikation, politischen Managements und politischer Einflussnahme werden mit dem Etikett der Politikberatung belegt. Zudem spielt sich Politikberatung in allen möglichen Facetten und Formen ab: durch »elder statesmen« und politisch erfahrene Personen, durch Verbände, Organisationen und Initiativen, durch Stiftungen und Think Tanks oder durch kommerzielle, privatwirtschaftliche Agenturen (vgl. Schützeichel 2008: 15). Dabei bewegt sich insbesondere die theoretische Erfassung der wissenschaftlichen Politikberatung auf einem sehr schmalen Grat.15 Bemerkenswert ist, dass der Verwaltungswissenschaftler Prätorius bereits 1979 in seinen »Beiträgen zum Verhältnis von Politik und Wissenschaft« (vgl. Prätorius 1979) darauf verwies, dass die von Jürgen Habermas in den 60er-Jahren getroffene Unterteilung in ein technokratisches, dezisionistisches und pragmatisches Beratungsmodell (vgl. Habermas 1963), die inzwischen von »zahlreichen Adep-

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Seidel-Stiftung (HSS) ausgetragen wurde, bei der u. a. Themen wie »Akteure und Instrumente moderner ethischer Politikberatung« (Bröchler 2010) sowie »Probleme der Realisierung ethischer Ansprüche in der Politik« (Tils 2010) in Impulsvorträgen diskutiert wurden. Ein Sammelband mit dem gleichnamigen Titel hierzu soll in 2012 erscheinen. Vgl. Rafat 2006: 15.

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ten bis zum Überdruss wiedergekäut« sei (Prätorius 1979: 10), so nicht mehr vertreten werden könne, da mit dieser Unterteilung die diversen Möglichkeiten des Umgangs mit dem aus den unterschiedlichen Funktionslogiken und Entstehungsbedingungen von Wissenschaft und politischem Handeln entstehenden Spannungsverhältnisse nicht mehr adäquat erfasst würden. Die Frage eines solchen Spannungsverhältnisses beschäftigt offensichtlich die Diskussion bis heute (vgl. Messner 2003; Böhret 2004; Brown/Lentsch/Weingart 2006; Kuhne 2008; Mai 2008; Weingart/Lentsch 2008). Zudem wird mit diesem Ansatz kaum jene Theoriedebatte zwischen Lobbyismus und moderner Gesellschaftsberatung, die wesentlich die gegenwärtige Debatte prägt, zu erfassen sein, da es sich hierbei nicht nur um unterschiedliche Begriffe, sondern um unterschiedliche Konzepte, die wiederum von unterschiedlichen Theoriesträngen getragen werden, handelt. Heute gibt es parallel zu den klassischen dezisionistischen Beratungssträngen neue kooperative und diskursive Interaktionsansätze (vgl. Bora 2007; Leggewie 2007; Saretzki 2007; Schützeichel 2008; Thunert 2010a), die im Rahmen dieser Arbeit zwar aufgegriffen, jedoch in theoretischer und methodischer Hinsicht nicht annähernd untersucht und diskutiert werden können.16 In der theoretischen Diskussion thematisieren zudem Mayntz (1994; 2009), Murswiek (2008) und Zunker (2003) neben politischen Entscheidungsstrukturen auch die Voraussetzungen, das Selbstverständnis und die Wirksamkeit von externer Politikberatung. Rudloff (2008) betrachten die wissenschaftliche Politikberatung aus der geschichtlichen Perspektive; Braml (2006), Gellner (1994) und Thunert (2003; 2008) gehen auf die Bedeutung der Think Tanks als Ressourcen der Politikberatung und als Ideenagenturen für Politik und Öffentlichkeit ein – und Becker (2004) stellt eine Einheit von Politikberatung und -vermittlung fest. Eng mit dem Forschungsbereich der Politikberatung in Deutschland ist die Forschung zum Thema Lobbyismus verbunden (vgl. Mayer/Naji 2000; Leif/ Speth 2003; Lösche 2006; von Alemann/Eckert 2006).17 Das Konzept des Lobbyismus gewinnt aufgrund der sich verändernden politischen Landschaft in der Bundesrepublik Deutschland seit den 90er-Jahren zunehmend an Bedeutung (vgl. Bender/Reulecke 2003; Korte 2003a, von Winter 2003; Berger 2004; Leif/Speth 2006; Kleinfeld 2007; Heinze 2009). Es wird davon ausgegangen, dass vonseiten der politischen Akteure tatsächlich Interessenspolitik betrieben wird. Dabei wird hier nicht mit einzelnen Verbänden und Strategien der Einflussnahme gerechnet, weil eine solche Engführung der »zunehmenden

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Vgl. einführend zur jüngsten Entwicklung der modernen Gesellschaftsberatung Kapitel 3.2 in dieser Arbeit. Vgl. Rafat 2006: 15 f.

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Artenvielfalt der Akteure und der Pluralität der Strategien« nicht mehr gerecht werden würde (von Winter 2003: 43). Die theoretische Diskussion beschäftigt sich im Rahmen des Lobbyismus-Konzepts mit den folgenden vier Feldern: a) Globalisierung, b) Europäisierung, c) Individualisierung und Pluralisierung der Interessensvertretung und d) Wandel des Lobbyismus, der vor allem in der »Berliner Republik« gut zu beobachten sei (vgl. Priddat/Speth 2007; Heinze 2009; Schmedes 2010; Speth 2010; Voss 2010). Dagegen befindet sich die Politikberatung im wissenschaftlichen Diskurs in höchst unterschiedlichen Schnittfeldern.18 Sie erscheint u.  a. als Politikoder Politikerberatung (vgl. Cassel 2001), Regierungs- (vgl. Hirscher/Korte 2003; Korte 2006; Murswieck 2008; Korte 2010a) und Parlamentsberatung (vgl. Brown/Lentsch/Weingart 2006), als Form politischer Planung (vgl. Metzler 2005), als Parteienberatung (vgl. Kuhne 2008), Politikberatung im kommunalen Bereich (vgl. Kersting 2008), als politische Strategieberatung (vgl. Raschke/Tils 2007; Glaab 2008) sowie als informelle (persönliche) Beratung politischer Entscheidungsträger (vgl. Grunden 2008b). Im Forschungsbereich der privatwirtschaftlichen und kommerziellen (Agentur-) Politikberatung, in dem sich diese Arbeit ausschließlich bewegt, herrscht ein besonderes Interesse an politischer Kommunikations- (vgl. Machnig 2002; Forum.Medien.Politik. 2004; Kreyher 2004; Balzer/Geilich/Rafat 2005; Opitz/Vowe 2009) und Wahlkampf beratung (vgl. Althaus 2001; Althaus/Cecere 2003; Perron 2008; Kamps 2010), Lobbying oder Public Affairs (vgl. Köppl 2003; Milinewitsch 2005; Radunski 2006; Priddat 2009; Schmidt-Deguelle 2009; Steiner 2009). Seit den Bestrebungen der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung e.V. (de'ge'pol) 19 zur Professionalisierung der Politikberatung sind zudem vereinzelte Veröffentlichungen von de'ge'pol-Mitgliedern – auch in Fachkreisen – erschienen, die die Professionalisierung der »neuen Politikberatergeneration in Berlin und Brüssel« (Meier/Miller 2004: 412) als »Plattform für ein neues Berufsfeld« (Meier 2003: 436) betrachten. Eine kritische Reflexion der »Semiprofessionalität der politischen Beraterbranche« (Althaus 2003: 189) und ein bekennendes »Plädoyer für eine transparente Public-Affairs-Praxis und Politikberatung« (Wiebusch 2003: 205) finden nur in Einzelfällen statt. Doch wird der Ruf nach professionellen Standards und insbesondere nach der Notwendigkeit von moralischen und ethischen Standards einerseits und von Qualitätsstandards andererseits in Veröffentlichungen der letzten Jahre immer lauter (vgl. Althaus

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Vgl. ebd.: 16 f. Die de'ge'pol ist laut ihrer Satzung der erste Zusammenschluss von deutschsprachigen Berufstätigen im Bereich der Politikberatung in Deutschland und Europa. Gegründet wurde sie im Mai 2002. Die de'ge'pol versteht sich als Teil der europäischen und internationalen Profession der Politikberater. Vgl. de'ge'pol 2010: 4.

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2004a; Althaus/Meier 2004; Meier/Miller 2004; Brandes/Schweineberg 2005; Schlicht 2005; Meier 2006, 2008; Raupp 2009; Stegherr 2009).20

1.3 G EGENSTAND DER U NTERSUCHUNG Die Politikberatung befindet sich in einem Professionalisierungsprozess, in dem die berechtigte Forderung nach Qualitätssicherung erhoben wird. Um nachhaltig erfolgreich agieren zu können, verlangt diese Entwicklung von der Politikberatung ein hohes Maß an Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und den Auftraggebern. Eine unabdingbare Voraussetzung einer Professionalisierung von Beratungsleistungen ist die Entwicklung und kontinuierliche Verbesserung von Qualitätsstandards. Der Gegenstand der Untersuchung dieses Dissertationsprojektes ist das Qualitätsmanagement – moralische und ethische Standards sowie Qualitätskriterien – in der Politikberatung. Die Untersuchung verknüpft drei aufeinander bezogene Erkenntnisziele: 1. Empirisch: Die Untersuchung will in einem empirischen Teil auf neue Erkenntnisse zur Erfahrung, Handhabung und Anwendung von bestehenden Kodizes, Richtlinien und Kriterienkataloge zum Qualitätsmanagement in der Politikberatung zielen (vgl. Kapitel 6). 2. Theoretisch: Die Untersuchung will in einem theoretischen Teil dazu beitragen, durch die Entwicklung von moralischen und ethischen Standards sowie Qualitätskriterien eine weitere Ebene des Qualitätsmanagements in der Politikberatung zu erschließen (vgl. Kapitel 4.2; 7). 3. Praxisorientiert: Die Untersuchung verfolgt ein praxisorientiertes Forschungsinteresse, indem sie die Rahmenbedingungen der Professionalisierung der Politikberatung durch Qualitätsmanagement reflektieren sowie die Anwendung, Übertragbarkeit und Relevanz des eigens zu entwickelnden Kriterienkatalogs in der Praxis analysieren will (vgl. Kapitel 8). Um den Untersuchungsrahmen dieser Arbeit klar ein- und abzugrenzen, liegt der Fokus des Untersuchungsgegenstandes ausschließlich auf dem Qualitätsma-

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Vgl. hierzu auch die Diskussion über die »Ethik der Berater« (Höselbarth 2004) und zu »Ethik und Politikberatung« (Thunert 2010b).

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nagement in der kommunikativen Beratung politischer Akteure von Anbietern aus dem Bereich der privatwirtschaftlichen (kommerziellen) Politikberatung.21

1.4 F ORSCHUNGSFRAGEN Das Ziel dieser Arbeit ist es zunächst, eine empirisch-analytisch abgesicherte Bestandsaufnahme durchzuführen, die Aussagen über Qualitätskriterien und über moralische und ethische Standards in der Politikberatung zulässt. Darauf basierend wird ein eigens zu entwickelnder Kriterienkatalog einem Praxistest unterzogen. Aus forschungspraktischen und inhaltlichen Erwägungen heraus wird der Untersuchungsgegenstand eingegrenzt. So wird diese Arbeit die Thematik des Qualitätsmanagements ausschließlich in Bezug auf die Politikberatung in der Bundesrepublik Deutschland beschreiben und analysieren. Sie konzentriert sich dabei auf die Bundesebene. Die Politikberatung, die es auf Landes-, Kommunal- oder auch europapolitischer Ebene geben mag, wird ebenso wenig betrachtet, wie internationale Entwicklungen. Diese Arbeit greift diese Thematik kritisch auf und stellt Kodizes, Richtlinien und Kriterienkataloge zum Qualitätsmanagement in der Politikberatung in den Mittelpunkt der Untersuchung. Bezogen auf den Untersuchungsgegenstand werden konkrete erkenntnisleitende Fragestellungen an die hier vorzunehmende Analyse angelegt (vgl. Abb. 1). Im Fokus stehen drei offene Forschungsfragen, die durch ergänzende Detailfragen veranschaulicht werden. Die empirische Analyse wird hierbei entlang der folgenden drei Leitfragen erfolgen: 1. Welche Erfahrungen bestehen mit vorhandenen Kodizes, Richtlinien und Kriterienkataloge zum Qualitätsmanagement in der Politikberatung? Welche Kodizes, Richtlinien und Kriterienkataloge existieren in der Politikberatungsbranche? Werden diese in der Praxis tatsächlich angewendet? Werden sie rezipiert? Wenn ja, wie? Welche Folgen haben sie? Haben diese Kodizes, Richtlinien und Kriterienkataloge tatsächlich zur Professionalisierung der Politikberatung beigetragen? Wo liegen die Grenzen des Qualitätsmanagement in der Politikberatung?

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In diesem Zusammenhang verwenden Opitz/Vowe (2009: 188) den Begriff der Politischen Kommunikationsberatung, die eigenständige Organisationen erbringen, also externe Dienstleister, die strategisch-konzeptionelle und technisch-operative Aufgaben im Bereich der politischen Kommunikation (Wahlkampf, politische PR und Public Affairs, Lobbying) übernehmen.

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2. Was müsste ein Kriterienkatalog zum Qualitätsmanagement in der Politikberatung beinhalten? Welche Bereiche und Dimensionen muss ein normativ gehaltvoller Kriterienkatalog abdecken? An welchen Standards und Kriterien ist die Qualität von Politikberatung zu messen? Bei welchen Standards und Kriterien stößt man bei der Umsetzung/Anwendung bzw. Einhaltung in der Berufspraxis auf Grenzen? 3. Kann dieser Kriterienkatalog die Praxis der Politikberatung professionalisieren? Welche Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Voraussetzungen der Professionalisierung der Politikberatung durch Qualitätsmanagement werden in der Branche reflektiert? Ist der anhand der empirischen Untersuchung abgeleitete und entwickelte Kriterienkatalog in die Praxis übertragbar? Kann er die Kernprobleme dieser Praxis regeln? In welchen Bereichen stößt er auf Grenzen und warum? Welche Voraussetzungen und Maßnahmen müssen zur Umsetzung des Katalogs erfüllt sein bzw. werden?

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