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German Pages 8 [12] Year 1933
Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse
Jahrgang 1933
m Berlin und Leipzig 1 9 3 3
W a l t e r de G r u y t e r & Co. vormals G. J. Gösthen'sdie Verlagshandlung / J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J. Trübner / Veit & Comp.
Archiv-Nr. 5204 33 Druck von Walter de Gruyter & Co. Berlin W 10
Sitzungsberichte er H e i d e l b e r g e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse BFaagggg i. i i ni Jahrgang 1933. 1. Abhandlung
Teil III. Die vordiluvialen Eiszeiten B. Die Eiszeiten des Karbons und Perms von
Wilhelm Salomon-Calvi Heidelberg
Eingereicht am 3. Februar 1933
Berlin und Leipzig 1933 W a l t e * de Gruyter & Co.
vonhals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung / J. Guttentag, Verlags büchhandlung / Georg Reimer / Karl J. Trübner / Veit it Comp.
Archiv-Nr. 5204 33 Druck von Walter de Qrayter ft Co., Berlin W 10
Vorwort. Die vorliegende Untersuchung nahm einen so großen Umfang an, daß es unmöglich wurde, sie in den Sitzungsberichten der Akademie zu drucken. Sie erscheint wohl noch vor Pfingsten 1933 als selbständiges Buch unter dem Namen „Die permokarbonischen Eiszeiten" (Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig). Hier sollen aber unter einem ähnlichen, wenn auch aus buchhändlerischen Gründen nicht übereinstimmenden Titel die wichtigsten Ergebnisse kurz mitgeteilt werden. Die früheren, unter dem gemeinsamen Obertitel „Epeirophorese" erschienenen Arbeiten findet der Leser in den Sitzungsberichten der Akademie Jahrgang 1930, 6. Abhandlung (Epeirophorese I), 1930, 13. Abhandlung (Epeirophorese II. Geodätische Beweise), 1931, 8. Abhandlung (Epeirophorese III. A. Die Eiszeiten des Tertiärs und Mesozoikums).
Wichtigste Ergebnisse des Buches „die permokarbonischen Eiszeiten". In dem Buche sind der Reihe nach die Spuren der Eiszeiten in Südafrika, Madagaskar, Vorderindien, Australien und Südamerika besprochen. Anhangsweise wurden die Angaben über Eiszeitspuren derselben Perioden in Nordamerika, Europa, anderen Teilen von Asien und Neuseeland kritisch untersucht. Es zeigte sich dabei, daß alle diese Angaben teils überhaupt unsicher sind, teils zeitlich nicht genau eingeordnet werden konnten. Nur bei den Eiszeitspuren, die BACKLUND vom Karaflusse in Nordasien beschrieben hat, spricht eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß es sich tatsächlich um Permokarbon und um echte Eiszeitspuren handeln könne. Doch sind auch da noch weitere Untersuchungen nötig, ehe man etwas Sicheres aussagen kann. Sollte sich die Backlundsche Angabe bestätigen, so wäre damit der erste Nachweis einer permokarbonischen Vereisung auf einem der Nordkontinente geglückt. Bei Vorderindien, das ja heute auch nördlich des Äquators liegt, ist zu berücksichtigen, daß es vor der Faltung des Himalayasystems um etwa 2000 km (der Größenordnung nach) südlicher gelegen haben muß und außerdem unzweifelhaft zum südlichen Gondwanalande gehörte. Im Anschluß an die Nachprüfung der Beobachtungen über die permokarbonischen Eiszeiten des Gondwanalandes wurde auch die Rolle der Antarktis im Permokarbon untersucht. Dabei erhielt ich das verblüffende Ergebnis, daß der wahrscheinlich ebenfalls zum Permokarbon gehörige Beaconsandstein der Antarktis an 6 Stellen bis hinunter zum 85. Breitengrad Reste der Glossopterisflora enthält, und zwar eine Baumflora, die zahlreiche Kohlenflöze gebildet hat. Unter der Voraussetzung von der Gleichaltrigkeit des Beaconsandsteins mit dem Permokarbon des Gondwanalandes ergibt sich also die paradoxe Feststellung, daß sämtliche Südkontinente vereist waren, während gleichzeitig die Antarktis ein gemäßigtes Klima gehabt hat. Aber auch sonst zeigt das Studium des Schriftwerkes, daß wir uns von der Vorstellung frei machen müssen, als ob für die
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WILHELM
SALOMON-CALVI :
Antarktis in vordiluvialer Zeit eine Eiskappe beweisbar sei. Es spricht sogar manches dafür, daß die Glossopterisflora ihre Urheimat in der Antarktis gehabt habe und erst während des Permokarbons von dort auf die Südkontinente hinübergewandert sei. Von den anderen Hauptergebnissen seien noch die folgenden hervorgehoben: 1. In Australien sind mindestens fünf, wenn nicht gar sechs große, durch sehr lange Zwischeneiszeiten von einander getrennte Vereisungen nachgewiesen. In Südafrika sind mindestens zwei, in Südamerika ebenfalls mindestens zwei, in Indien vermutlich nur zwei Vereisungen nachweisbar. 2. Die vierte australische Vereisung (von unten gerechnet), die sog. Annandale-Vereisung, ist wahrscheinlich gleichaltrig mit der oberen südwestafrikanischen und der oberen indischen Vereisung. 3. Die ältesten australischen Vereisungen reichen ins Karbon hinunter, nach den Angaben der australischen Geologen bis ins Mittelkarbon. Die jüngsten sind mittelpermisch. Die AnnandaleVereisung bezeichnet den Beginn des Perms. Für die Südamerikanischen Vereisungen setzen COWPER R E E D , D U TOIT und andere mindestens den Beginn in das Karbon; K E I D E L , GERTH, B. V. F R E Y BERG und viele andere denken auch hier an Perm. 4. Die Gesamtfläche der Vereisungen aller Kontinente ist jedenfalls gleich den Eisflächen der größten diluvialen Eiszeit, wenn nicht größer. 5. In all den untersuchten Gebieten erweisen sich die Eismassen als Inlandeis, nicht etwa als Hochgebirgsgletscher. In Brasilien, Argentinien, Südwestafrika, der Saltrange, Australien und Tasmanien stießen die Eismassen in das Meer vor, Sie erreichten dies in Südafrika in etwa 22—25° Br., in der Saltrange Indiens unter 33°. In Australien trieben Eisberge bis zu Br. In Bolivien lagen Gletscher wenig über dem Meere bei 18°, wenn sie nicht auch dort sogar ins Meer vorstießen. Dies bedeutet, in die Sprache der heutigen Geographie übersetzt, daß unsere Schiffe an der Senegalmündung von Norden kommende Eisberge antreffen würden. 6. Die Glossopteris-Flora ist nicht, wie früher viel geglaubt, eine Kälteflora, sondern wie GOTHAN gezeigt hat, die normale Flora eines von der arktokarbonischen Flora weit abliegenden Gebietes. 7. Die Südkontinente und die Antarktis müssen im Permokarbon eine andere Lage zum Südpol als jetzt gehabt haben. Aber diese andere Lage reicht nicht aus, um die Eiszeiten zu erklären.
Epeirophorege Teil III. D i e vordiluvialen E i s z e i t e n
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Es muß dieser Gruppe von Vereisungen wohl noch eine unbekannte kosmische Ursache zugrunde liegen. Ich denke dabei an primäre Schwankungen in der Intensität der Sonnenstrahlung. 8. Ohne eine Epeirophorese kommt man bei der Erklärung der permokarbonischen Eiszeiten nicht durch. Die wahrscheinliche Ursache der Epeirophorese dürften A M P F E R E R S Unterströmungen in der säkularflüssigen Zone unter den Kontinenten sein.
Nachtrag zu Epeirophorese III a. In der genannten Arbeit habe ich auf S. 7—10 „Fehlerquellen bei der Feststellung von Vereisungen" besprochen. Ich möchte noch nachträglich eine Arbeit von K R E J C I - G R A F , „Zur Kritik von Vereisungs-Anzeichen" nennen, (Senckenbergiana 9. 1927. S. 157 — 169), weil in ihr einige wertvolle Beobachtungen über pseudoglaziale Erscheinungen mitgeteilt sind. Leider habe ich in meiner genannten Arbeit bei der Besprechung dieser Erscheinungen vergessen eine der wichtigsten Abhandlungen hervorzuheben, nämlich die bekannte Untersuchung von G Ö T Z I N G E R : Beiträge zur Entstehung der Bergrückenformen (Geograph. Abhandl. herausg. von A. P E N C K in Berlin, Band 9, H . 1 Leipzig, 1907 bei Teubner). Dort sind im Zusammenhang mit den Untersuchungen über das Kriechen auf S. 80—102 ganz eingehend pseudoglaziale Erscheinungen verschiedener deutscher und ausländischer Gebiete beschrieben worden. Dort ist auch bereits der Ausdruck „Warp" benützt. G Ö T Z I N G E R hat gezeigt, daß eine Fülle von angeblichen Glazialerscheinungen in Wirklichkeit auf das Kriechen zurückzuführen ist. Sehr bemerkenswert sind in dieser Hinsicht auch noch einige Beobachtungen von A. P E N C K , die dieser in seinen „Eiszeiten Australiens" (Berlin, Z. Ges. f. Erdk. Bd. 35, 1900, S. 2 6 5 - 2 7 0 ) behandelt hat. Er schildert besonders pseudoglaziale Schrammungen in der Nagelfluh, aber auch andere Schrammungen, die ohne jeden Zusammenhang mit Gletschern entstehen. Auch die Ausführungen von E R I C H K A I S E R ( Z . D . Geol. Ges. 83, 1931, S. 396, Fußn. 3) sind zu beachten. Es ist nämlich tatsächlich wahrscheinlich, daß vor der Entstehung einer Landflora trockene und nasse Schuttbewegungen sehr viel häufiger als in der Gegenwart pseudoglaziale Erscheinungen erzeugt haben werden. Freilich müssen wir nach den Funden von Skorpionen und Myria-
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Epeirophoreae Teil III. Die vordilnvialen Eiszeiten
poden eine Landflora mindestens für das Silur annehmen, auch wenn uns bisher aus dem älteren Devon erst eine kümmerliche Psilophytenflora bekannt ist. Nachttag zum Eozän (Epeirophorese m a, S, 23 u. f.)
In dem Werke von J A M E S P A R K , Geology of New Zealand, das mir mittlerweile Herr Prof. OTTO W I L C K E N S freundlicherweise lieh, ist auf S- 96 ein« Angabe über „Eocene Glaciation". Es heißt dort wörtlich: „The confuBed pile of breccias and breccia-conglomerate at the' base of the Waimangaroa-Series, 1000 ft or more thick would -appear to be of glacial origin. According to this view the eocene uplift Was distinguished by a period of glaciation similar to, but probably less intense, than that of the Pleistocene." Es wird gut sein, auch hier weitere Beobachtungen abzuwarten, ehe man daraus welttragende Schlüsse ableitet.
Inhalt Jahrgang
1933
WILHELM. Epeirophorese Teil III. Die vordiluvialen Eiszeiten B. Die Eiszeiten des Karbons und Perms. 2. Acht Arbeiten Alfred Loewy in Freiburg i. Br. zum 60. Geburtstag am 20. Juni 1933 gewidmet. 3. ERDMANNSDÖRFFER, O. H. Über den Buchonit von Poppenhausen in der Rhön. 4. Max Wolf. 1863—1932. Ein Gedenkblatt. 5 . VOGEL, P . Studien über den Schwindel.
1 . SALOMON-GALVI,