Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Recht der Schuldverhältnisse, 3 [Reprint 2018 ed.] 9783110589474, 9783110237160


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German Pages 437 [444] Year 1951

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Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen aus der alten Sammlung
Allgemeiner Teil. Begründung und Inhalt des Vertrages
Allgemeiner Teil. Gegenseitiger Vertrag
Allgemeiner Teil. Versprechen der Leistung an einen Dritten
Allgemeiner Teil. Draufgabe — Vertragsstrafe
Allgemeiner Teil. Rücktritt
Allgemeiner Teil. Erfüllung
Allgemeiner Teil. Hinterlegung
Sachregister
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Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Recht der Schuldverhältnisse, 3 [Reprint 2018 ed.]
 9783110589474, 9783110237160

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Entscheidungen

des Reichsgerichts in Zivilsachen Sammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet Herausgegeben von Professor Dr. L. Auerbach, Berlin, Präsident des Patentamtes Berlin Dr. Johannes Eylau, Rechtsanwältin Charlotte Graf, Berlin, Ministerialdirektor z. D. Senatspräsident Dr. Ernst Knoll, Berlin, Rechtsanwalt Erich Kummerow, Berlin, Rechtsanwalt Hermann Reuss, Berlin, Rechtsanwalt Dr. Walter Schmidt, Düsseldorf, Landgerichtsdirektor Alexander Swarzenski, Berlin, Rechtsanwalt Dr. Werner Vahldiek, Berlin Gruppe I Bürgerliches

Recht

Recht der Schuldverhältnisse Teil 3

B e r l i n 1951

Walter de Gruyter & Co. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.

Recht der Schuldverhältnisse

Herausgegeben von

Dr. Ernst Knoll Ministerialdirektor z. D. Senatspräsident

Teil 3

Berlin

1951

Walter de Gruyter & Co. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbnchhandlung / Georg Reimer / Karl J ^ T i ü b n e r / Veit & Comp.

Archiv-Nr. 28 17 51 S a t z u n d D r u c k : A. W. H a y n ' » E r b e n , B e r l i n

SU 36

V

Inhaltsverzeichnis Stile

Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen

VII

Recht der Schuldverhältnisse Teil 3 Allgemeiner Teil Begründung und Inhalt des Vertrages (Fortsetzung) Gegenseitiger Vertrag Versprechen der Leistung an einen Dritten Draufgabe — Vertragsstrafe

. . . .

1 21 236 .311

Rücktritt

341

Erfüllung

374

Hinterlegung

402

Sachregister

422

VII

Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen aus der alten Sammlung RGZ.

49, 50, 51, 53, 55, 57, 57, 58, 59, 59, 59, 61, 61, 61, 61, 62, 64, 64, 65, 65, 66, 66, 66, 66, 67, 67, 67, 68, 68, 69, 69, 70, 71, 71, 71, 71, 75, 76, 77, 79, 81, 86, 87, 88, 88,

38 255 403 62 402 105 337 419 14 97 378 65 87 279 348 259 291 366 46 164 54 279 344 425 5 101 313 41 329 103 355 127 23 187 276 324 350 150 290 36 303 28 289 137 254

Seite

RGZ.

21 24 236 35 38 39 311 48 402 341 316 318 48 50 52 238 321 406 58 242 374 379 61 66 68 71 73 324 80 84 88 90 385 95 344 248 99 102 325 327 106 333 252 256 108

89, 89, 89, 90, 91, 91, 92, 92, 92, 92, 93, 93, 93, 94, 94, 94, 95, 95, 96, 96, 98, 98, 100, 101, 101, 101, 101, 102, 102, 102, 102, 102, 103, 103, 103, 104, 104, 104, 105, 105, 105, 105, 105,

Seite

123 401 419 27 164 204 14 176 212 268 47 180 285 17 203 326 116 199 171 255 210 279 197 90 275 304 429 65 127 314 344 408 13 99 268 27 39 373 125 167 266 368 387

106, 1

106, 22

110 413 112 114 116 117 120 124 125 131 133 136 139 141 144 149 415 346 150 154 258 261 157 160 265 269 160 272 276 350 386 352 163 335 280 165 168 170 173 174 390 354 176 282

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Vili RGZ.

106, 107, 108, 109, 109, 114, 114, 114, 114, 119, 119, 119, 120, 120, 127, 127, 130,

89 345 185 54 184 3 139 298 327 16 90 237 166 193 218 245 119

:..

Seite

RGZ.

182 184 188 192 193 196 393 285 336 201 397 288 399 203 291 208 359

134, 136, 140, 141, 141, 145, 147, 149, 150, 151, 152, 153, 161, 168, 169, 169,

Seite

73 49 378 259 287 79 228 187 129 304 175 395 100 261 65 185

295 300 212 218 302 364 337 221 304 369 309 369 225 230 1 15

Die Entscheidungen sind grundsätzlich — von unwesentlichen Streichungen abgesehen — ungekürzt gebracht worden. Au&nahmsweis gekürzte Entscheidungen sind mit einem t gekennzeichnet. Soweit eine Entscheidung mehrere Fachgebiete betrifft, ist sie nur in einem Fachgebiet aufgenommen worden. Die anderen Gebiete enthalten nur den Leitsatz der betreffenden Entscheidung mit einem Hinweis, wo der vollständige Abdruck erfolgt ist. Um das Auffinden der Entscheidungen zu erleichtern, wird am Schluß der Sammlung ein Gesamt-Fundstellenregister erscheinen, in dem alle Entscheidungen der amtlichen Sammlung verzeichnet sind. Die in der Sammlung abgedruckten Entscheidungen sind nach der Fundstelle der alten und der neuen Sammlung zitiert; bei den nicht aufgenommenen findet sich ein Hinweis über dem Grund des Ausscheidens.

Allgemeiner Teil Begründung und Inhalt des Vertrages (Fortsetzung) RGZ. 169, 65 f 1. Inwieweit bedürfen die Einräumung des Rechts zum Ankauf eines Grundstücks und die Ausübung dieses Rechts der gerichtlichen oder notarischen Beurkundung? 2. Zum Einwände der unzulässigen Rechtsausübung gegenüber dem Formmangel aus § 313 BGB. 3. Welche Bedeutung hat die satzungsmäfiig vorgesehene Gemeinnützigkeit einer Wohnungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, der später die Gemeinnützigkeit aberkannt worden ist? 4. Kann im Gesellschaftsvertrage der GmbH, eine Satzungsänderung von der Zustimmung eines Nichtgesellschafters abhängig gemacht werden? 5. Kann der Gesellschaftsyertrag der GmbH, für den Fall der Auflösung der Gesellschaft bindend das Anfallrecht eines Dritten begründen? B G B . §§ 45, 125, 145, 242, 310, 313. 328. G m b H G . §§ 53. 72. Ver Ordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (RGBl. I S. 517) Siebenter Teil Kapitel III § 31. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Chemnitz.

Urt. v. 30. M ä r z 1942. II. Oberlandesgericht Dresden.

Im Frühjahr 1919 wurde von einigen Geschäftsleuten aus der Umgegend der Gemeinde G. die „Gemeinnützige Bauvereinigung G., Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g " gegründet. . . . Nach § 5 bedurfte die Abtretung von Geschäftsanteilen oder von Teilen solcher der Genehmigung der Gesellschaft. Der nach Bildung einer Verlustrücklage und nach Auszahlung eines Gewinnanteils von höchstens 4 v, H. an die Gesellschafter verbleibende Jahresgewinn sollte nach näherer Bestimmung der Gesellschaiterversammlung dem Gesellschaftszwecke wieder dienstbar gemacht werden (§ 9). Die §§ 10 und 11 des Gesellschaftsvertrags lauteten: § 10: Zu Abänderungen d e s Gesellschaftsvertrags ist, abgesehen von den gesetzlichen Erfordernissen, die Zustimmung des Zivils. Schuldredit 3

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

Gemeinderats zu G. dann erforderlich, wenn die vorzunehmenden Aenderungen geeignet sind, die gemeinnützige Grundlage des Unternehmens zu beeinträchtigen. Bei Meinungsverschiedenheiten hierüber zwischen Gesellschaftsversammlung und Gemeinderat ist die Entscheidung der zuständigen Gemeindeaufsichtsbehörde anzurufen, der sich dann beide Teile unter Ausschluß des weiteren Rechtsweges zu unterwerfen haben. § 11: Bei der Auflösung der Gesellschaft erfolgt die Abwicklung durch die Geschäftsführer, wenn die Gesellschaftsversammlung sie nicht anderen Personen überträgt. Die Gesellschafter erhalten nach Befriedigung sämtlicher Gläubiger den N e n n t w e r t ihrer Stammanteile nach Maßgabe der erfolgten Einzahlungen ausgezahlt. Der Rest des Vermögens fällt der Gemeinde G. zu, die es aber nur zu den im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zwecken verwenden darf. Soweit der Gesellschaft bei ihrer Auflösung grundbuchlich gesicherte Wiederkaufsrechte oder Gewinnanteilsrechte bei Grundstücksverkäufen zustehen, tritt die Gemeinde G. als Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft in diese Rechte ein. Die Gesellschaft erwarb im April 1919 einige Grundstücke . . . Diese Grundstücke wurden aufgeteilt und ihre Teile bis F e b r u a r 1921 mit je einem Wohnhaus bebaut. Zur Ausführung der Wohnhausbauten erhielt die Gesellschaft in den J a h r e n 1919 und 1920 vom Reich, vom Lande Sachsen und von der Gemeinde G. erhebliche Baukostenzuschüsse . . . Im Zusammenhange hiermit räumte die Gesellschaft der Gemeinde G. (Klägerin) in einer vor dem Gericht abgegebenen einseitigen Erklärung vom 15. Oktober 1919 an sämtlichen Grundstücken bis zum Ablaufe des J a h r e s 1944 „die Ausübung eines Wiederkaufsrechtes im Sinne der §§ 497 flg. BGB. ein, falls und so oft die Grundstückseigentümerin oder ihre Rechtsnachfolger einzelne oder sämtliche . . . Grundstücke . . . veräußern wollen". Als ,,Wiederkaufssumme" ist angegeben der einem Beihilfsbescheid des Ministeriums des Inneren — Landeswohnungsamt — zugrunde liegende dauernde Ertragswert, abzüglich V» v. H. jährlich für W e r t verminderung infolge Abnutzung. Zur Sicherung des Wiederkaufsrechts bewilligte die Gesellschaft in dieser Urkunde die Eintragung von Vormerkungen. In einem privatschriftlichen Zusatz zu dieser Urkunde erklärte der Vorstand der Gemeinde G. in deren Namen die Annahme der vorstehenden Verpflichtungserklärungen. Gegen die Richtigkeit der eingetragenen Vormerkungen wurden am 14. Oktober 1931 von Amts wegen Widersprüche zugunsten der Eigentümerin (der Gesellschaft) eingetragen.

Begründung und Inhalt des Vertrages

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Das Stammkapital der Gesellschaft wurde im J a h r e 1925 auf 1 5 0 0 0 R M . umgestellt. Im J a h r e 1929 veräußerten die bisherigen Gesellschafter ihre Geschäftsanteile teils an den Privatmann F . (den Beklagten), teils an M. in der Weise, daß schließlich der B e k l a g t e Anteile im Gesamtbetrage von 14 400 R M . und M. solche im Betrage von 600 R M besaß. Der B e k l a g t e wurde daraufhin neben einem Nichtgesellschafter zum Geschäftsführer bestellt. In einer Gesellschafterversammlung vom 17. J u n i 1932 beschlossen die beiden Gesellschafter eine Aenderung des § 9 des Gesellschaftsvertrags dahin, daß der nach der vorgesehenen Verlustrücklage verbleibende Reingewinn unter die Gesellschafter nach Maßgabe ihrer Stammeinlage bis zu 5 v. H. (bisher zu 4 v. H.) jährlich verteilt wird; dies wurde nach Zustimmung der Gemeinde G. in das Handelsregister eingetragen. Im J a h r e 1933 wurde der Gesellschaft auf Grund der B e stimmungen über die Gemeinnützigkeit von Wohnungsunternehmen (sog. Gemeinnützigkeitsverordnung in der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 Siebenter Teil Kapitel III) der Anspruch auf die Eigenschaft als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen mit Wirkung vom 1. J u l i 1933 aberkannt. Daraufhin wurde mit Zustimmung der Gemeinde G. die Firma der Gesellschaft abgeändert in „Bauvereinigung G. G m b H . " ; das wurde am 21. S e p t e m b e r 1933 in das Handelsregister eingetragen. In einer Gesellschafter-Versammlung vom 17. August 1934 wurde der Gesellschaftsvertrag u. a. insofern abgeändert, als im § 2 die auf die „gemeinnützige Grundlage" bezüglichen Bestimmungen gestrichen und die §§ 10 und 11 aufgehoben wurden Diese Aenderungen wurden ohne Befragung der Gemeinde G. am 26. S e p t e m b e r 1934 in das Handelsregister eingetragen. Schließlich wurde durch Gesellschafterbeschluß vom 24. J u n i 1937 die Gesellschaft dadurch umgewandelt, daß auf Grund des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften vom 5. Juli 1934 (RGBl. I S. 569) — in Verbindung mit der 3. Durchführungsverordnung vom 2. Dezember 1936 (RGBl. I S. 1003) — ihr Vermögen unter Zugrundelegung einer Bilanz zum 30. April 1937 einschließlich der Schulden unter Auflösung der Gesellschaft ohne Abwicklung mit Wirkung vom Zeitpunkte der Eintragung des Beschlusses auf den B e k l a g t e n als den Hauptgesellschafter übertragen wurde. Dies wurde — wiederum ohne Befragung der Gemeinde G. — am 20. J u l i 1937 mit dem V e r m e r k in das Handelsregister eingetragen, daß die Firma damit erloschen sei. Im Anschluß daran wurde der Beklagte als Eigentümer der Gesellschaftsgrundstücke im Grundbuch eingetragen. Mit der im Oktober 1938 ethobenen Klage fordert die Klägerin in erster Reihe die Uebertragung des Eigentums an den früheren Gesellschaftsgrundstücken Zug um Zug gegen Zahlung von i«

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

18 287,94 RM. (als dem im Laufe des Rechtsstreits durch Sachverständigengutachten ermittelten Erwerbsaufwande des Beklagten). Hilfsweise verlangt sie Zahlung von 51 007, 06 RM. (unter Zugrundelegung eines Wertes der Grundstücke von 69 295 RM. abzüglich des genannten Erwerbsaufwandes des Beklagten) nebst 5 v. H. Zinsen seit dem 10. Oktober 1934 und äußerstenfalls die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, bei der Veräußerung von Flurstücken jeweils denjenigen Mehrbetrag an sie abzuführen, den er gegenüber den Gestehungskosten von 18 287,94 RM. erzielen werde. Das Landgericht hat . . . die Klage abgewiesen. . . . Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin wegen des Hauptantrages (auf Uebertragung des Eigentums an den Grundstücken) zurückgewiesen. Jedoch hat es den Hilfsantrag auf Zahlung von 51 007,06 RM. nebst Zinsen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und -die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe dieses Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Auf die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin wurde das Berufungsurteil im ganzen aufgehoben. Aus den G r ü n d e n : I. Zuerst ist zu dem mit dem Hauptantrage verfolgten Anspruch auf Uebertragung des Eigentums an den Grundstücken Stellung zu nehmen, den beide Vordergerichte abgewiesen haben und der den Gegenstand der Anschlußrevision der Klägerin bildet. Denn über den mit dem Hilfsantrage der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch, der den Gegenstand der Revision des Beklagten bildet, kann überhaupt erst entschieden werden, wenn sich der Hauptantrag als unbegründet herausgestellt hat (vgl. RG. in J W . 1938 S. 891 Nr. 46; SeuffA. Bd. 93 Nr. 58). 1. Die Klägerin stützt ihren Hauptanspruch in erster Reihe auf ihre Abmachungen mit der früheren Gemeinnützigen Bauvereinigung G. GmbH, in der Urkunde vom 15. Oktober 1919. Dort hat die Gesellschaft als Eigentümerin der teils von der Klägerin, teils von S. erworbenen Grundstücke der Klägerin „die Ausübung eines Wiederkaufsrechts im Sinne der §§ 497 flg. BGB." vorbehalten, das bis Ende 1944 bestehen soll und ausgeübt werden kann, „falls und so oft die Grundstückseigentümerin oder ihre Rechtsnachfolger einzelne oder sämtliche . . . Grundstücke . . . veräußern wollen". Zweifellos ist das, was hierbei beabsichtigt war, nicht glücklich ausgedrückt. Denn es handelt sich, wie auch das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, nicht um die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechtes, da auf einen Veräußerungsvertrag, durch den die Klägerin die Grundstücke an die Gesellschaft verkauft hat, in keiner Weise Bezug genommen

Begründung und Inhalt des Vertrages

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ist, ein Teil der Grundstücke auch gar nicht von der Klägerin stammt. Auch der Vertragsbegriff des Vorkaufsrechts paßt nicht, weil die Ausübung des Rechtes nicht von dem vorhergehenden Abschluß eines Kaufvertrags mit einem Dritten (§ 504 BGB.), sondern lediglich davon abhängig gemacht worden ist, daß die Grundstückseigentümerin oder ihre Rechtsnachfolger die Grundstücke „veräußern wollen". Jedoch kommt es auf die Unterordnung der Vereinbarung unter ein gesetzliches Vorbild auch in keiner Weise an, da im Bereiche des Schuldrechts grundsätzlich Vertragsfreiheit herrscht. Was die Beteiligten gewollt haben, läßt sich im Wege der Auslegung ermitteln. Insoweit steht jedenfalls so viel fest, daß die Gesellschaft sich der Klägerin gegenüber durch die erwähnte Erklärung verpflichten wollte, das Eigentum an ihren Grundstücken unter gewissen Voraussetzungen auf diese zu übertragen, daß sie insofern also eine, wenn auch nur bedingte, Bindung eingegangen ist, die der Formvorschrift des § 313 BGB. unterliegt (vgl. RGZ. Bd. 72 S. 385). In solchem Falle bedarf aber nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. RGZ. Bd. 81 S. 135, Bd. 95 S. 7) gemäß § 313 BGB. nicht nur die Verpflichtungserklärung, sondern der Vertrag im ganzen, durch den eine solche Verpflichtung begründet werden soll, also nicht nur die Erklärung dessen, der das Eigentum zu übertragen sich verpflichtet, sondern auch die Annahmeerklärung des Vertragsgegners, der gerichtlichen oder notarischen Beurkundung. Wird durch den Vertrag dem anderen Teil nur ein Ankaufsrecht eingeräumt, wie bei der Vereinbarung eines Vorkaufs- oder eines Wiederkaufsrechts und auch im vorliegenden Falle, so unterliegt allerdings die Ausübung dieses Ankaufsrechts keinem Formzwange (vgl. RGZ. Bd. 77 S. 415; RG. in J W . 1912 S. 192 Nr. 10). Demgemäß nimmt das Berufungsgericht mit Recht an, daß eine Vereinbarung, durch die das erwähnte Ankaufsrecht der Klägerin begründet werden sollte, auf das der Hauptanspruch gestützt ist, der Form des § 313 BGB. bedurft hätte. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizustimmen, daß diese Form im vorliegenden Falle nicht gewahrt ist. Zwar haben die beiden Geschäftsführer der Gesellschaft ihre Erklärungen . . . zu gerichtlicher Beurkundung gegeben. Aber die Klägerin hat ihre Annahme der von der Gesellschaft abgegebenen Verpflichtungserklärungen nur auf der beigefügten Urkunde schriftlich, wenn auch unter Beifügung ihres Dienstsiegels, erklärt. Damit ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, der Formvorschrift des § 313 BGB., die eine gerichtliche oder notarische Beurkundung des Vertrages verlangt, nicht genügt. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, daß es sich bei der Klägerin um eine öffentlichrechtliche Körperschaft handelt. Denn die Beurkundung erfordert nach §§ 175, 176 FGG. die Aufnahme einer Niederschrift über eine

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

Verhandlung, und die auf Art. 142 E G . z. B G B . und § 189 F G G . beruhenden Bestimmungen des § 45 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung einiger mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch zusammenhängender Reichsgesetze vom 15. Juni 1900 (Sachs. GuVBl. S 269 flg.) enthalten . . . in dieser Beziehung keine abweichende Regelung. Hiernach gelangt das Berufungsgericht mit Recht zu dem Ergebnis, daß der Vertrag vom 15. Oktober 1919, soweit er eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Eigentumsübertragung auf die Klägerin enthält, wegen Formmangels nichtig ist. Daran wurde auch durch die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines hieraus herzuleitenden Anspruchs der Klägerin nichts geändert (vgl. RG. in WarnRspr. 1925 Nr. 128). Die Klägerin hatte jedoch noch geltend gemacht, die Verpflichtungserklärung der Bauvereinigung GmbH, könne auch als die Einräumung eines bloßen „Optionsrechts" aufgefaßt werden. Soweit es sich dabei um die vertragliche Einräumung eines solchen Rechts handelt, gilt hierzu das vorstehend Gesagte, würde also nur die Ausübung dieses Optionsrechts formfrei sein, während die Annahmeerklärung der Klägerin der Formvorschrift des § 313 B G B . unterworfen war. Ein Optionsrecht kann aber auch in der Weise eingeräumt werden, daß derjenige, der sich zur Uebertragung von Grundeigentum verpflichtet, dem anderen zunächst nur ein Vertragsangebot im Sinne der §§ 145 flg. B G B . macht und ihm eine längere Annahmefrist gewährt. So könnte auch im vorliegenden Falle, zum mindesten auf Grund einer Umdeutung gemäß § 140 BGB., die Verpflichtungserklärung der Bauvereinigung GmbH, möglicherweise als ein bloßes Vertragsangebot aufgefaßt werden, das keiner sofortigen Annahme bedurfte, sondern bis zum Ablaufe des Jahres 1944 bindend blieb. Wenn auch die auf der gleichen Urkunde befindliche Annahmeerklärung der Klägerin auf deren Willen schließen läßt, das Vertragsangebot unmittelbar anzunehmen, so war doch die Anbietende auf alle Fälle bereit, sich bis zum Ablaufe des Jahres 1944 zu binden, ohne daß, soweit bisher wenigstens ersichtlich ist, die Klägerin ihrerseits durch diese Annahmeerklärung bereits irgendeine Verpflichtung übernahm. In solchem Fall ist die Einräumung eines Optionsrechts durch einseitiges, in gehöriger Form erklärtes Vertragsangebot möglich. Anders läge die Sache nur dann, wenn sich etwa auch die Klägerin zu einer Gegenleistung schon für die Einräumung des Optionsrechts, zur Gewährung eines Bindungsentgelts, verpflichtet oder eine solche Gegenleistung bewirkt hätte; denn in solchem Falle würde es sich wiederum um einen Vorvertrag über die Grundstücksveräußerung handeln, der bereits als solcher der Formvorschrift des § 313 B G B . unterläge (vgl. RGZ. Bd. 62 S 414; RG. in HRR. 1934 Nr. 1099). Selbst wenn jedoch die Verpflichtungserklärung der Bauvereinigung als ein einseitiges Vertragsangebot mit verlängerter Annahmefrist aufgefaßt werden kann, für das auch kein

Begründung und Inhalt des Vertrages

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Bindungsentgelt vereinbart ist, so läßt sich doch auch hierauf der Hauptanspruch so lange nicht stützen, als die Klägerin dieses Angebot nicht in der Form des § 313 BGB. angenommen hat. 2. Die Ausübung des etwaigen Ankaufsrechts der Klägerin ist in der Verpflichtungserklärung vom 15. Oktober 1919 davon abhängig gemacht worden, daß die Bauvereinigung oder ihre Rechtsnachfolger die Grundstücke „veräußern wollen". Es kann zweifelhaft sein, ob diese Voraussetzung hier bereits eingetreten ist. Denn eine Veräußerung im eigentlichen Sinne hat bisher nicht stattgefunden; es ist auch nicht behauptet, daß der Beklagte eine solche beabsichtigte. Bei der Beurteilung der Frage ist zu berücksichtigen, was die Beteiligten veranlaßt hat, die Ausübung des Ankaufsrechts vom Veräußerungsfall abhängig zu machen. Die Annahme liegt nahe, daß dadurch der der Gemeinde G. zugute kommende gemeinnützige Zweck, dem die Grundstücke nach der Satzung der Bauvereinigung gewidmet waren, sichergestellt werden sollte; denn durch eine Veräußerung der Grundstücke an einen beliebigen Dritten würde ihre Bindung an diesen Zweck aufgehoben werden. Die Gefahr, daß die Grundstücke pTivatwirtschaftlich verwertet würden, entstand aber schon dadurch, daß, nachdem der Bauvereinigung die Gemeinnützigkeit aberkannt war, im Jahre 1934 die wesentlichen Satzungsbestimmungen, welche die Gemeinnützigkeit des Unternehmens betrafen, ausgemerzt wurden und so die Bauvereinigung in ein reines Privatunternehmen umgestaltet wurde, wenn auch der Zweck der Gesellschaft, Minderbemittelten und Angehörigen des Mittelstandes gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen zu billigen Preisen zu beschaffen, noch bestehen blieb. Vollends aufgehoben wurde aber jede Gewähr auch in dieser Hinsicht durch die im Jahre 1937 auf Grund des Umwandlungsgesetzes beschlossene Umwandlung des Unternehmens in der Weise, daß das gesamte Vermögen der Gesellschaft auf den Beklagten übertragen wurde. Unter diesen Umständen ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, erscheint es sogar naheliegend, die Verpflichtungserklärung sinngemäß dahin auszulegen, daß die Voraussetzung, unter der das Ankaufsrecht sollte ausgeübt werden dürfen, mindestens mit der Umwandlung des Unternehmens und mit der Uebertragung des Vermögens der Gesellschaft auf den Beklagten gegeben war. Jedoch muß die Auslegung der Verpflichtungserklärung, falls es auf sie ankommt, dem Tatrichter überlassen bleiben, der hierzu noch keine Stellung genommen hat. 3. Soweit nach den vorstehenden Ausführungen der Vertrag, durch den sich die Bauvereinigung verpflichtet hat, der Klägerin unter gewissen Voraussetzungen das Eigentum an den Grundstücken zu übertragen, wegen Formmangels nichtig ist, hat die Klägerin der Geltendmachung dieser Nichtigkeit den Gegeneinwand der Arglist

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

oder der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten. Das Berufungsgericht hat diesen Einwand lediglich damit zurückgewiesen, gegenüber der Beruiung auf die Fonnnichtigkeit eines Vertrages könne die Einrede der allgemeinen Arglist mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn der sich auf die Nichtigkeit berufende Teil den anderen in den Glauben versetzt habe, die Form sei unnötig; davon könne hier jedoch keine Rede sein. Die Anschlußrevision macht demgegenüber mit Recht geltend, das Berufungsgericht begrenze das Anwendungsgebiet des in der Rechtsprechung anerkannten Gegeneinwands der allgmeinen Arglist gegenüber dem Einwände des Formmangels zu eng au/ den Fall seiner Veranlassung durch denjenigen, dem die Formnichtigkeit zugute komme. In der Tat ist dieser Gegeneinwand in der neueren Rechtsprechung überall da zugelassen worden, wo die Lossagung vom Vertrage nach den Beziehungen der Parteien, insbesondere nach dem bisherigen Verhalten des sich lossagenden Teils, mit dem allgemeinen Rechtsempfinden unvereinbar ist (vgl. RGZ. Bd. 153 S. 59, Bd. 157 S. 209; RG. in J W . 1938 S. 1023 Nr. 21). Nach dieser Richtung hat aber das Berufungsgericht die Frage nicht geprüft. In dieser Beziehung kann zunächst ins Gewicht fallen, daß die Verpflichtungserklärung der Bauvereinigung in gehöriger Form beurkundet worden ist und daß es nur an einer ordnungsmäßigen Annahmeerklärung fehlt, an die — soweit wenigstens bisher ersichtlich ist — keine Verpflichtungen der annehmenden Klägerin geknüpft waren. Ferner aber sind die gesamten Umstände, die zur Abgabe der Verpflichtungserklärung geführt haben, zu berücksichtigen: die Gründung der Gesellschaft unter Festlegung ihrer Gemeinnützigkeit in der Satzung, die Beihilfen aus öffentlichen Mitteln durch Ueberlassung vom Grundbesitz der Klägerin oder durch Nichtausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechts bezüglich des S.sehen Grundstücks sowie vor allem durch Gewährung von Baukostenzuschüssen des Reichs, des Landes Sachsen und der Klägerin in einem Umfange, der die eigenen Mittel der Gesellschaft um ein Vielfaches überstieg. Hierbei kann es unter Umständen von Bedeutung sein, ob der für die Grundstücke gezahlte Kaufpreis ihrem damaligen Wert entsprach und ob die Gesellschaft die ihr gewährten Baukostenzuschüsse zurückzuzahlen verpflichtet war, sowie ob sie sie vollwertig zurückgezahlt hat. Wenn man alle diese Vorgänge als wirtschaftliche Einheit wertet, kann dies sehr wohl zur Folge haben, daß die Gesellschaft hierdurch wegen des von ihr früher verfolgten gemeinnützigen Zweckes in einer Weise begünstigt erscheint, daß ihre Lossagung und ebenso die Lossagung des Beklagten, der das Vermögen der Gesellschaft einschließlich ihrer Schulden durch die Umwandlung übertragen erhalten hat, von der damals übernommenen Veräußerungsverpflichtung wegen des Formmangels mit dem allgemeinen Rechts-

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empfinden unvereinbar wäre. Das gilt um so mehr, als mit der im J a h r e 1934 beschlossenen Satzungsänderung und vor allem mit der im J a h r e 1937 bewirkten Umwandlung alle bisherigen Sicherungen der Gemeinnützigkeit weggefallen und die Grundstücke damit ihrer Zweckbestimmung, mindestens der Bindung an diese, entzogen worden sind, besonders wenn der Beklagte, wie die Klägerin behauptet hat, planmäßig darauf ausgegangen sein und es deshalb unterlassen haben sollte, die Voraussetzungen zu erfüllen, von denen die Erhaltung der behördlichen Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 1. Dezember 1930 abhing. Andererseits ist freilich auch zu erwägen, ob etwa die Klägerin das Recht, sich auf unzulässige Rechtsausübung zu berufen, nach Treu und Glauben verwirkt hat, weil sie, auf die Möglichkeit der Formnichtigkeit des Vertrages durch die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Auflassungsvormerkung im J a h r e 1931 hingewiesen, nichts unternommen hat, um ihre angeblichen Rechte sicherzustellen, obwohl sie dazu in der Lage gewesen wäre, oder weil sie trotz Kenntnis des Umstandes, daß die Grundstücke ihrer Bindung an die Gemeinnützigkeit entkleidet worden waren, ihren Anspruch nicht in angemessener Zeit geltend gemacht und der Beklagte sich deshalb auf das Nichtbestehen eines solchen Anspruchs eingestellt hat. Personeneinwand der unzulässigen Rechtsausübung würde freilich dann nicht in Betracht kommen, wenn die Klägerin, wie oben (zu 1) als möglich hingestellt worden ist, noch in der Lage wäre, durch formgerechte Annahmeerklärung gegenüber dem in der Verpflichtungserklärung vom 15. Oktober 1919 enthaltenen Vertragsangebot einen formgültigen Vertrag zustandezubringen. Ferner könnte der Gegeneinwand auch dann entfallen, wenn die Klägerin auf andere Weise, etwa durch den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zahlung, einen angemessenen Ausgleich herbeizuführen in der Lage wäre. Da das Berufungsgericht den Gegeneinwand der unzulässigen Rechtsausübung nach den angegebenen Richtungen nicht geprüft hat, ist das Berufungsurteil insoweit nicht haltbar. 4. Die Klägerin hatte ihren Anspruch auf Uebertragung des Eigentums an den Grundstücken auch noch auf den § 11 des Gesellichaftsvertrags der Bauvereinigung gestützt. Das Berufungsgericht lehnt diesen Klagegrund mit Recht ab (wird näher ausgeführt). . 5. Schließlich hatte die Klägerin ihren Hauptanspruch auf Uebertragung des Eigentums an den Grundstücken im Berufungsverfahren noch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt. Das Berufungsgericht ist hierauf nicht weiter eingegangen . . . Hierdurch hat das Berufungsgericht die Vorschrift des § 551 Nr. 7 ZPO. verletzt . . . Da aber die Anschlußrevision diesen Verfahrensmangel nicht gerügt hat, erübrigt es sich, auf diesen Klagegrund näher einzu-

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gehen (§ 554 Abs. 3 Nr. 2b) in Verbindung mit § 556 Abs. 2 ZPO.). Bemerkt sei hierzu nur, daß der auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützte Anspruch auf Ueberlassung der Grundstücke erheblichen Bedenken unterliegt, da aus diesem Rechtsgrunde nur eine Herausgabe der Bereicherung verlangt werden könnte, die Grundstücke aber inzwischen durch ihre Bebauung seitens der Bauvereinigung eine wesentliche Veränderung erfahren haben (vgl. § 818 Abs. 2 B G B . ; vgl. auch RGZ. Bd. 117 S. 113, Bd. 133 S. 295), da ferner auch nicht behauptet ist, daß die Grundstücke unter ihrem damaligen W e r t e verkauft worden seien; im übrigen hat die Bauvereinigung auch nur einen Teil der Grundstücke von der Klägerin erworben. Hiernach war das Berufungsurteil aus den oben zu 3 dargelegten Gründen auf die Anschlußrevision der Klägerin zunächst insoweit aufzuheben, als es den Hauptanspruch der Klägerin zum Gegenstande hat. Diese Aufhebung mußte sich aber ohne weiteres auf die Entscheidung über den Hilfsantrag erstrecken, weil . . . über diesen erst entschieden werden kann, wenn sich der Hauptantrag als unbegründet herausgestellt hat. Zugleich war die Sache in vollem Umfang an das Berufungsgericht zurückzu/erweisen. II. Die Revision des Beklagten hat sich hierdurch noch nicht erledigt. Sie muß vielmehr schon deshalb Erfolg haben, weil nach der Aufhebung der zum Hauptantrag ergangenen Entscheidung über den Hilfsantrag überhaupt noch nicht entschieden werden kann. Im übrigen bedarf es auch der selbständigen Prüfung, ob die Aufhebung der Entscheidung über den Hilfsantrag nicht noch aus weiteren, insbesondere aus den mit der Revision des Beklagten geltend gemachten Gründen geboten ist. 1. Der mit dem Hilfsantrage geltend gemachte Zahlungsanspruch ist in erster Reihe auf die Satzung der Bauvereinigung, insbesondere auf den § 11 dieser Satzung, gestützt. Da die Bauvereinigung in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung als ein „gemeinnütziges" Wohnungsunternehmen gegründet worden ist und hierauf auch die erwähnte Satzungsbestimmung beruht, ist zunächst die Frage zu prüfen, ob die frühere Gemeinnützigkeit des Unternehmens und ihre spätere Aberkennung für die Beurteilung des Anspruchs von Bedeutung ist. (Wird verneint.) . . . 2. Das Berufungsgericht leitet die Berechtigung des Zahlungsanspruchs aus der Bestimmung der Absätze 1 und 2 des § 11 des Gesellschaftsvertrags der früheren Bauvereinigung G. her, wonach im Falle der Auflösung der Gesellschaft der bei der Abwicklung nach Rückzahlung der Stammeinlagen an die Gesellschafter verbleibende Kest der Gemeinde G., also der Klägerin, zufallen soll. In dieser Bestimmung des Gesellschaftsvertrags sieht es einen Vertrag zugunsten der Klägerin im Sinne des § 328 B G B . mit der Wirkung, daß

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die Klägerin dadurch unmittelbar das Recht erworben habe, die ihr versprochene Leistung zu fordern, und daß die Gesellschafter nicht berechtigt gewesen seien, das Recht der Klägerin ohne ihre Zustimmung aufzuheben oder zu ändern. Das letztere entnimmt es der ausdrücklichen Bestimmung des § 10 des Gesellschaftsvertrags, daß zu dessen Abänderung die Zustimmung der Klägerin erforderlich sei, wenn die Aenderung geeignet sei, die gemeinnützige Grundlage des Unternehmens zu beeinträchtigen, ferner aber auch aus den sonstigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags über den gemeinnützigen Zweck der Gesellschaft auf dem Gebiete des Wohnungswesens innerhalb des Bezirks der Klägerin sowie über die diesem Zwecke vorbehaltene Verwendung des Reingewinns und Reinvermögens. Daß im Gesellschaftsvertrage Bestimmungen dieser Art zugunsten der Klägerin hätten getroffen werden können, erachtet das Berufungsgericht nicht für zweifelhaft, da auch der Gesellschaftsvertrag ein Vertiag sei, wie ihn der § 328 BGB. voraussetze. Eine solche Bestimmung ist nach seiner Ansicht auch nicht etwa unvereinbar mit der Vorschrift des § 72 GmbHG., wonach bei Auflösung der Gesellschaft deren Vermögen unter die Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile zu verteilen ist; es meint, daß nach dieser Vorschrift die Gesellschafter zwar grundsätzlich einen unentziehbaren Anspruch auf Auszahlung ihres Anteils aus der Masse hätten, daß aber gemäß § 73 GmbHG. nur das nach Tilgung oder Sicherstellung der Gesellschaftsschulden verbleibende Reinvermögen für die Verteilung zur Verfügung stehe. Zu den Gesellschaftsschulden rechnet es auch die auf dem Vertrage zugunsten Dritter beruhende Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin, die nicht ohne deren Zustimmung habe beseitigt werden können. Sodann führt das Berufungsgericht aus: Es lasse sich nicht feststellen, daß die Klägerin den im Jahre 1934 beschlossenen Aenderungen des Gesellschaftsvertrags, insbesondere der §§ 10 und 11, zugestimmt habe. Auch von einer Verwirkung der Rechte der Klägerin könne nicht gesprochen werden. Ebensowenig seien ihre Rechte durch die Umwandlung der Gesellschaft und die Übertragung ihres Vermögens auf den Beklagten hinfällig geworden, da dieser damit zugleich die Schulden der Gesellschaft, also auch die hier in Rede stehende Verbindlichkeit, übernommen habe. Der auf § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags gestützte Zahlungsanspruch sei auch fällig, da die Gesellschaft mit der Umwandlung und der Uebertragung ihres Vermögens auf den Beklagten aufgelöst worden sei, wenn sich auch eine Abwicklung erübrigt habe; für die im § 11 des Gesellschaftsvertrags getroffene Regelung sei aber nur die Auflösung der Gesellschaft und das Erlöschen der Firma wesentlich, nicht auch die Abwicklung. Die Revision hat in ihrer ursprunglichen Begründung nur die Annahme des Berufungsgerichts angegriffen, eine Zustimmung der

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Klägerin zur Aufhebung der §§ 10 und 11 des Gesellschaftsvertrags lasse sich nicht feststellen und der Zahlungsanspruch sei mit der Umwandlung der Gesellschaft und der Uebertragung ihres Vermögens auf den Beklagten ohne weiteres fällig geworden. Erst später hat sie auf eine Anregung des Gerichts auch in Zweifel gezogen, ob es nach dem für Gesellschaften mit beschränkter Haftung geltenden Recht überhaupt zulässig sei, eine Satzungsänderung von der Zustimmung eines Nichtgesellschafters (eines außenstehenden Dritten) abhängig zu machen. Diese Vorfrage ist jedoch auch von Amts wegen zu prüfen. a) Die im Schrifttum herrschende und auch in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte anerkannte Auffassung geht dahin, die Abänderung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH, (ebenso wie der Satzung einer Aktiengesellschaft) könne nicht von der Zustimmung eines Dritten abhängig gemacht werden (vgl. B r o d m a n n GmbHG. Bern. 3 zu § 53; B a u m b a c h GmbHG. Bern. 1 zu § 53; S c h l e g e l b e r g e r - Q u a s s o w s k i AktG. Bern. 2 zu § 145; GroßkommAktG. H e i n i c h e n Bern. 1 zu § 145; R i t t e r AktG. Bern. 2 zu § 145; OLG. Dresden in RJA. Bd. 15 S. 205; KG. in OLGR. Bd. 42 S. 225, Bd. 44 S. 237 und in JW. 1930 S. 1412 Nr. 4 = HRR. 1929 Nr. 1355). Das wird damit begründet, eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags könne nach § 53 Abs. 1 GmbHG. nur durch Beschluß der Gesellschafter (ebenso wie bei der Aktiengesellschaft nach § 274 Abs. 1 Satz 1 HGB., dem jetzt § 145 AktG. sinngemäß entspricht, nur durch Beschluß der Hauptversammlung) herbeigeführt werden und sei daher eine rein innere Gesellschaftsangelegenheit, über die kraft zwingenden Rechts ausschließlich die Gesellschafterversammlung als oberstes Willensorgan der Gesellschaft zu befinden habe. Hierbei wird nicht verkannt, daß bei den Gesellschaften, die durch die Sozialisierungsgesetze vom 23. März 1919 über die Regelung der Kohlenwirtschaft und vom 24. April 1919 über die Regelung der Kaliwirtschaft eingeführt sind, die Gesellschaftsverträge und ihre Aenderungen der Genehmigung des Reichskohlenrates (§ 17 AusfBest. vom 21. August 1919, RGBl. S. 1449) und des Reichskalirates (§ 48 DurchfVO. vom 18. Juli 1919, RGBl. S. 663) bedürfen (vgl. auch für die auf Verleihung beruhenden eingetragenen Vereine § 33 Abs. 2 BGB.); jedoch wird darin eine gesetzliche Sonderregelung gesehen, welche die allgemeine zwingende Gesetzesvorschrift nicht berührt. Das Reichsgericht hat, soweit ersichtlich, zu dieser Frage bisher noch keine Stellung genommen. Jedoch bestehen keine Bedenken, der herrschenden Auffassung zuzustimmen. Wenn auch der Wortlaut der betreffenden Gesetzesbestimmungen an sich nichts weiter besagt, als daß die Abänderung des Gesellschaftsvertrags nicht einem anderen Organ als der Gesellschafterversammlung übertragen

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werden kann, s o folgt doch zunächst aus deren Stellung als obersten Willensorgans für die Regelung der inneren Gesellschaftsangelehenheiten, daß die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses von der Zustimmung eines anderen Organs neben der Gesellschafterversammlung nicht abhängig gemacht werden kann, sofern dies nicht gesetzlich besonders vorgesehen ist, wie z. B . in den oben angeführten Bestimmungen. Noch weniger kann sich ein außenstehender Dritter unmittelbar in innere Angelegenheiten der Gesellschaft einmischen, da die Gesellschaft ihm gegenüber eine geschlossene Einheit darstellt. Wird einem Dritten kraft G e s e t z e s die Befugnis in der W e i s e eingeräumt, daß die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses von seiner Zustimmung abhängig gemacht wird, dann wird er eben dadurch insoweit als nebengeordnetes Organ der Gesellschaft eingesetzt. W e n n es im § 53 Abs. 2 S a t z 2 G m b H G . heißt, der Gesellschaftsvertrag könne noch andere als die im S a t z 1 aufgeführten Erfordernisse (gerichtliche oder notarische Beurkundung des B e schlusses, eine Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen) aufstellen, so bezieht sich dies lediglich auf Erfordernisse für das Zustandekommen eines die Satzung abändernden Beschluss«s, nicht a b e r auch auf weitere Voraussetzungen für sein W i r k s a m werden, wie z. B . die Zustimmung eines Dritten. E s besteht auch kein praktisches Bedürfnis, von dem Grundsatze, daß der Gesellschaftsvertrag eine Satzungsänderung nicht von der Zustimmung eines außenstehenden Dritten abhängig machen kann, abzugehen oder a u c h ' n u r eine Ausnahme zugunsten der öffentlichen Hand zu machen. Soweit Dritte, insbesondere öffentlich-rechtliche Körperschaften, an solchen in den F o r m e n des Privatrechts errichteten Unternehmungen Anteil nehmen, kann ihr Einfluß auf die Satzung ohne Schwierigkeit dadurch gewährleistet werden, daß sie sich an dem Unternehmen als Gesellschafter beteiligen; denn dem Mitglied einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann zweifellos in der Satzung als gesellschafterliches Sonderrecht zugestanden werden, daß jede Satzungsänderung seiner Zustimmung bedürfe. Soweit es sich um privatrechtliche Unternehmungen handelt, die öffentliche Aufgaben zu erfüllen haben, wie z. B. bei den durch die Sozialisierungsgesetze vom 23. März 1919 über die Regelung der Kohlenwirtschaft und vom 24. April 1919 über die Regelung der Kaliwirtschaft eingeführten Gesellschaften, steht außerdem der Weg offen, die Satzung durch eine entsprechende reichsgesetzliche Regelung sicherzustellen. b) Ist aber hiernach der § vereinigung G. GmbH, nichtig, in Rede stehende Anfallrecht stimmung aufgehoben werden. Vermögen eines rechtsfähigen

10 des Gesellschaftsvertrags der Baudann konnte auch der § 11, der das der Klägerin vorsah, ohne deren ZuG e m ä ß § 45 Abs. 1 B G B . fällt das Vereins mit dessen Auflösung (oder

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mit der Entziehung der Rechtsfähigkeit) an die in der Satzung bestimmten Personen. Dieser S a t z findet, da die Regelung des § 72 S a t z 1 GmbH, nicht zwingend ist, auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung entsprechende Anwendung. Bei der Beratung des § 45 B G B . tauchte die F r a g e auf, ob im Wege der Satzungsänderung an S t e l l e des ursprünglich Anfallberechtigten andere Bezugsberechtigte gesetzt werden könnten. Diese F r a g e wurde von der Mehrheit mit Recht bejaht (Protokolle I S. 543). Denn „ S a t z u n g " ist nicht nur der ursprüngliche Gründungsvertrag, sondern der Gesamtinhalt der jeweils geltenden autonomen Bestimmungen des Vereins (oder der G e s e l l s c h a f t ) ; der Verein kann jederzeit durch Satzungsänderung die Anfallberechtigten anderweit bestimmen (vgl. auch S t a u d i n g e r B G B . , 10. Aufl., Bern. 8 zu § 45). Somit ist sozialrechtlich auch bei der G e s e l l s c h a f t mit beschränkter Haftung die Person des Anfallberechtigten dem Wandel der Satzung durch entsprechende B e s c h l ü s s e der Gesellschafterversammlung und Eintragung im Handelsregister unterworfen. Gewiß können besondere Sicherungen, z. B . das Erfordernis der Einstimmigkeit oder gar der Zustimmung aller Gesellschafter oder bestimmter Gruppen von ihnen oder auch einzelner Gesellschafter, eingebaut werden. D a s sind aber auch die einzigen Schranken, die dem sozialrechtlichen Gebilde und damit seiner autonomen Fortentwicklung auferlegt werden können. D a s Berufungsgericht glaubt die grundsätzliche Wandelbarkeit des Anfallrechts dadurch einschränken zu können, daß es den Gründungsvertrag, der einem Dritten ein Anfallrecht gewährleisten soll, als Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 B G B . auffaßt. Diese A u f f a s s u n g ist aber rechtlich nicht möglich. E s mag zwar angängig sein, mit einem gewöhnlichen Gesellschaftsvertrag, durch den eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder auch eine offene Handelsgesellschaft errichtet wird, einen Vertrag zugunsten Dritter zu verbinden. J e d o c h ist dies ausgeschlossen bei einem Gesellschaftsvertrage, der keine schuldrechtliche Bindung der Gesellschafter untereinander begründet, sondern eine neue Rechtspersönlichkeit (hier die Gesellschaft mit beschränkter Haftung) schafft, die dann nur ihrerseits in Rechtsbeziehungen zu den einzelnen Gesellschaftern steht. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung tritt dem Dritten, hier dem etwaigen Anfallberechtigten (der Klägerin), gegenüber als eine in sich geschlossene Persönlichkeit auf, die nur durch Vertrag, den sie mit einem anderen abschließt, Rechte für diesen oder auch für einen Dritten begründen kann. Die durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Rechte können aber nicht unmittelbar und mit bindender Wirkung einem außenstehenden Dritten (Nichtgesellschafter) zugute kommen. Einem bindenden Anfallrecht der Klägerin, wie es d a s Berufungsgericht annimmt, steht im übrigen auch die Vorschrift des.

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§ 310 B G B . entgegen, wonach ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchteil seines künftigen Vermögens zu übertragen, nichtig ist. Nachdem der § 11 des Gesellschaftsvertrags der Bauvereinigung wirksam aufgehoben worden ist, kann die Klägerin hiernach auf diese Bestimmung ihren Zahlungsanspruch nicht mehr stützen. Danach kommt es auch auf die weiteren von der Revision angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Frage, ob die Klägerin der Aufhebung der §§ 10 und 11 der Satzung stillschweigend zugestimmt hat, sowie dazu, ob der etwaige Zahlungsanspruch mit der Umwandlung fällig geworden ist, nicht mehr an. 3. Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch schließlich auch noch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder auf Irrtum über diese gestützt, indem sie geltend gemacht hat, sie würde ihre Grundstücke der Bauvereinigung nicht verkauft und dieser keine Baukostenzuschüsse gewährt haben, wenn sie mit der Möglichkeit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Bauvereinigung oder der Beseitigung ihres Anfallrechts oder der Nichtigkeit der Vereinbarung über ihr Ankaufsrecht gerechnet hätte. Das Berufungsgericht ist auf diesen Klagegrund nicht eingegangen und brauchte von seinem Standpunkt aus auf ihn auch nicht einzugehen. J e d o c h kann auch diese Begründung den geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht rechtfertigen. Denn hieraus könnte die Klägerin höchstens einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung herleiten, also einen Anspruch auf Erstattung der Werte, die sie damals hingegeben hat, ohne entsprechende Gegenwerte zu erlangen. Sie verlangt aber ohne weiteres Ersatz des Jetztwerts der inzwischen bebauten Grundstücke (einschließlich derjenigen, welche die Bauvereinigung von S. erworben hat), abzüglich der Aufwendungen des Beklagten für ihren Erwerb. Für einen derartigen Anspruch fehlt es an jeder rechtlichen Grundlage.

RGZ. 169, 185 Wird der Formmangel eines Vertrages, in dem sich der eine Teil zur Abgabe eines bindenden Verkaufsangebotes über ein Grundstück verpflichtet, schon durch die formgerechte Erfüllung dieser Verpflichtung geheilt? B G B . § 313. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Berlin.

Urt. v. 15. J u n i 1942. II. Kammergericht daselbst.

Die Klägerin und die Beklagte, die damals noch in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestand, schlössen am 18. Februar 1938 einen schriftlichen Pachtvertrag, in dem die

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Klägerin ein ihr gehöriges Grundstück der Beklagten für die Zeit vom 1. April 1938 bis 31. März 1941 zum jährlichen Pachtzins von 20 000 RM. mit der Maßgabe verpachtete, daß die Pächterin in dieser Zeit die Steuern und sonstigen Abgaben für das Grundstück zu tragen habe. Im § 3 wurde der Beklagten das Recht eingeräumt, das Grundstück bis zum 31. März 1941 von der Klägerin zu einem Preise von 400 000 GM. zu erwerben, der nach § 4 durch Uebernahme einer auf dem Grundstück ruhenden Hypothek „unter Haftentlassung unserer Bank", durch Barzahlung von 45 000 GM. drei Monate nach Kaufabschluß und durch Zahlung des Restes in fünf Jahresraten vom 1. April 1944 ab getilgt werden sollte. Die §§ 5 und 6 lauteten: § 5. Das uns zustehende Restkaufgeld wird ab 1. April 1940 zu einem Satze von 4V» v. H. p. a. vierteljährlich im nachhinein bis zur jeweiligen Rückzahlung verzinst, selbst wenn die Option erst später oder überhaupt nicht ausgeübt wird. § 6. Dem W. P. D. (der Beklagten) steht das Recht zu, an und in den Gebäuden Veränderungen auf seine Kosten vorzunehmen, wobei diese Veränderungen den Wert der Gebäude nicht beeinträchtigen dürfen. Sollte der W. P. D. aus irgendwelchen Gründen von der Option keinen Gebrauch machen können, so hat er der Bank (der Klägerin) das Grundstück in dem dann bestehenden Zustand, ohne für die Kosten der von ihm vorgenommenen baulichen Veränderungen eine Entschädigung beanspruchen zu können, zu übergeben. Anschließend ließ die Klägerin in notarischer Form ein bis zum 31. März 1941 befristetes Angebot an die Beklagte zum Abschluß folgenden Kaufvertrages beurkunden, indem sie zugleich die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für jene bewilligte und beantragte: Gemäß §§ 1, 4 verkauft sie ihr Grundstück an die Beklagte zum Preise von 400 000 GM., wie es steht und liegt, unter Ausschluß jeder Gewährleistung. § 2 lautet: Die Kaufpreisschuld wird wie folgt berichtigt: 1. Die Käuferin übernimmt in Anrechnung auf das Kaufgeld diejenigen Schulden der Verkäuferin, für die auf dem Grundstück in Abt. III unter Nr. 26 eine Hypothek . . . eingetragen ist. 2. Die Käuferin zahlt spätestens drei Monate nach Abschluß des Kaufvertrages 45 000 GM. in bar. 3. Der Rest des Kaufgeldes wird der Käuferin gestundet. Dieses Restkaufgeld soll vom 1. April 1940 ab mit jährlich 4'/2 v. H. in vierteljährlichen, am Schlüsse jedes Kalendervierteljahres fälligen Teilen verzinst und in fünf gleichen jährlichen Raten, beginnend am 1. April 1944, bezahlt werden. Für das Restkaufgeld wird der Verkäuferin an dem verkauften Grundstück eine Hypothek bestellt,

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und zwar mit dem R a n g e hinter der in Abt. I I I unter Nr. 26 eingetragenen Hypothek. N a c h § 3 finden d i e U e b e r g a b e und der U e b e r g a n g der Nutzungen und L a s t e n nach A n n a h m e des K a u f a n g e b o t e s , die A u f l a s s u n g nach Zahlung der 45 000 G M . statt. D i e B e k l a g t e nahm an dem G r u n d s t ü c k E r n e u e r u n g e n und U m bauten vor, nachdem es ihr auf G r u n d des P a c h t v e r t r a g e s übergeben w o r d e n war. A m 31. M ä r z 1941 nahm sie d a s V e r k a u f s a n g e b o t der K l ä g e r i n in notarischer F o r m an. M i t der im November 1940 erhobenen K l a g e hat die K l ä g e r i n d i e F e s t s t e l l u n g begehrt, daß das V e r k a u f s a n g e b o t und der P a c h t v e r t r a g nichtig seien. Sie hat geltend gemacht, es h a n d e l e sich dabei um ein einheitliches R e c h t s g e s c h ä f t , d a s in vollem U m f a n g e d e r F o r m des § 313 B G B . bedurft habe; sie sei ferner v o m Inhaber der B e k l a g t e n über die A r t seiner F i r m a , insbesondere deren B e z i e h u n g e n zur N S D A P , und ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten, g e t ä u s c h t worden und habe deswegen ihre E r k l ä r u n g e n a m 17. M a i 1940 a n g e f o c h t e n ; s i e e r k l ä r e vorsorglich auch die A n f e c h t u n g wegen Irrtums, weil sie e r s t jetzt erfahren habe, daß der Inhaber der B e k l a g t e n wegen Handelsvergehens bestraft sei. Die B e k l a g t e ist d i e s e m Vorbringen entgegengetreten. Der B e r u f u n g der K l ä g e r i n auf die F o r m v o r s c h r i f t hat s i e hilfsweise den E i n w a n d u n z u l ä s s i g e r R e c h t s a u s ü b u n g entgegengehalten. D a s Landgericht hat nach dem K l a g e a n t r a g erkannt, d a s K a m m e r gericht die B e r u f u n g der B e k l a g t e n mit der M a ß g a b e zurückgewiesen, d a ß wegen des inzwischen eingetreten A b l a u f s des P a c h t v e r h ä l t n i s s e s e n t s p r e c h e n d dem A n t r a g e der K l ä g e r i n d e r K l a g e a n t r a g hinsichtlich der Nichtigkeit des P a c h t v e r t r a g e s in der H a u p t s a c h e f ü r erledigt erk l ä r t werde. Die Revision der B e k l a g t e n führte zur A u f h e b u n g der V o r d e r u r t e i l e und zur Abweisung der K l a g e . Gründe: D a s Berufungsgericht entnimmt a u s der Vorgeschichte, dem G a n g e der Verhandlungen zwischen den P a r t e i e n und d e m Inhalt der aufgenommenen Urkunden unter W ü r d i g u n g des B e w e i s e r g e b n i s s e s , daß der Pachtvertrag und das V e r k a u f s a n g e b o t nach d e m Willen der P a r t e i e n trotz der äußeren Trennung d e r g e s t a l t eine Einheit bildeten, daß sie nur zusammen gelten sollten, und zieht d a r a u s den Schluß, sie hätten in vollem U m f a n g e der F o r m des § 313 B G B . b e d u r f t und seien wegen teilweiser Nichtbeurkundung nichtig. D i e s e A u f f a s s u n g entspricht an sich der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach der B e u r k u n d u n g s z w a n g gemäß § 313 bei einem sog. O f f e r t v e r t r a g e nicht nur d a s bindende A n g e b o t zur V e r ä u ß e r u n g eines G r u n d s t ü c k s , sondern auch die anderen vertraglichen A b m a c h u n g e n der Beteiligten erfaßt, die mit dem A n g e b o t eine rechtliche Einheit bilden ( R G Z . B d . 53 2

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S. 236, Bd. 62 S. 411; HRR. 1930 Nr. 1099, 1934 Nr. 164). Gleichwohl ist sie zu beanstanden, weil sie der besonderen Sachlage im gegebenen Falle nicht gerecht wird und insbesondere außer acht läßt, daß hier eine sinngemäße Anwendung des § 313 Satz 2 in Frage kommt. In dem schriftlichen Pachtvertrage, den die Parteien am 18. Februar 1938 als Ergebnis ihrer Besprechungen schlössen, war für die Beklagte neben der pachtweisen Ueberlassung des Grundstücks das zeitlich befristete Recht vorgesehen, das Grundstück von der Klägerin unter gewissen Bedingungen zu erwerben. Daß diese Bestimmung mangels der erforderlichen Form noch kein Ankaufsrecht für die Beklagte begründen konnte, war den Beteiligten nach der Feststellung des Berufungsgerichts bekannt und deshalb von ihnen die demnächstige Abgabe eines entsprechenden Verkaufsangebots in notarischer Form durch die Klägerin vorgesehen worden. Der Sinn jener Vertragsbestimmung war daher die Festlegung einer Verpflichtung der Klägerin zu einem solchen Verkaufsangebot, und die nachfolgende Abgabe des Verkaufsangebots vor dem Notar stellte die Erfüllung dieser Verpflichtung dar. Als Erfüllungsgeschäft ist das Verkaufsangebot mit dem Verpflichtungsgeschäft im schriftlichen Pachtvertrage zwar insofern rechtlich verknüpft, als in jener Verpflichtung der Rechtsgrund für die durch das Verkaufsangebot bewirkte Leistung liegt, Dieser dem Sachverhalt allein zu entnehmende Zusammenhang reicht jedoch nicht hin, um die in getrennten Urkunden niedergelegten Willenserklärungen als bloße Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts erscheinen zu lassen. Verkaufsangebot und Pachtvertrag müssen deshalb, was der Berufungsrichter verkannt hat, nach Form und Wirkungen selbständig je für sich beurteilt werden. Die im Pachtvertrag übernommene Verpflichtung der Klägerin zur Abgabe eines formgerechten Verkaufsangebotes mit bestimmtem Inhalt war an sich ungültig, weil es sich insoweit um einen Vorvertrag zur Abgabe eines formbedürftigen Verkaufsangebotes handelte und Vorverträge grundsätzlich der gleichen Form bedürfen wie das Hauptgeschäft. Die Formnichtigkeit der genannten Verpflichtung bewirkte nach § 139 B G B . die Nichtigkeit des ganzen Pachtvertrages, mit dessen sonstigen Abmachungen sie, wie der festgestellte Sachverhalt ergibt, im Einheitszusammenhange stand. Die Formbedürftigkeit des Vorvertrages über die Abgabe eines Verkaufsangebotes beruht auf entsprechender Anwendung des § 313 Satz 1 BGB., der das Formerfordernis unmittelbar nur für einen Grundstücksveräußerungsvertrag aufstellt, aber nach seinem Grundgedanken durch die Formvorschrift jeden, der in irgendeiner, wenn auch nur mittelbaren Weise eine Verpflichtung zur Veräußerung eines Grundstücks eingeht, vor Uebereilungen schützen will. Das führt dazu, auch den zweiten Satz des § 313 zur sinngemäßen Anwendung zu bringen, wonach ein ohne Beobachtung der vorgeschriebenen Form geschlossener Vertrag seinem

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ganzen Inhalte nach gültig wird, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch stattfinden. Dieser Bestimmung, die in ihrer Fassung ganz auf den im Satz 1 erwähnten Grundstücksveräußerungsvertrag abgestellt ist, liegt folgende Erwägung zugrunde: Die Formvorschrift des § 313 dient dem Zwecke, den Grundstücksveräußerer auf die besondere Wichtigkeit des beabsichtigten Geschäfts hinzuweisen und ihm zugleich die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung nahezubringen. Dieser Zweck wird auch erreicht, wenn es nach einer formlos geschlossenen Grundstücksveräußerung zur Auflassung und Eintragung kommt. Deshalb läßt das Gesetz in einem solchen F a l l e das zunächst formungültige Veräußerungsgeschäft nachträglich in vollem Umfange gültig werden. Der gleiche Rechtsgedanke findet sich auch in § 518 Abs. 2 BGB. und § 15 Abs. 4 GmbHG. verwirklicht, wenn dort die Heilung des Formmangels eines Schenkungsversprechens durch die Bewirkung der versprochenen Leistung und das nachträgliche Gültigwerden einer formlosen Verpflichtung zur Abtretung eines GmbH.-Geschäftsanteils durch den formgerechten Abschluß des Abtretungsvertrages selbst bestimmt ist. Nicht anders aber steht es, wenn die formlos übernommene Verpflichtung zu einem Grundstücksvcrkaufsangebot durch dessen formgerechte Abgabe erfüllt wird. Auch hier wird der Zweck, wegen dessen die entsprechende Anwendung des § 313 auf jenen Vorvertrag gerechtfertigt erscheint, durch die bei dem Verkaufsangebot gewahrte Form voll erreicht. Die sinngemäße Anwendung des § 313 Satz 2 muß deshalb dahin gehen, die formheilende Wirkung für einen Vorvertrag der in F r a g e stehenden Art nicht erst mit der Auflassung und Eintragung, sondern bereits mit der Erfüllung der seine Formbedürftigkeit begründenden Verpflichtung, nämlich der vorschriftsmäßigen Beurkundung des Verkaufsangebotes, eintreten zu lassen, so daß er damit in vollem Umfange rechtsgültig wird. Soweit der erkennende Senat früher vereinzelt ohne nähere Begründung einen abweichenden Standpunkt vertreten hat (vgl. insbesondere Urteil V 115/33 vom 16. September 1933 HRR. 1934 Nr. 164 = LZ. 1933 Sp. 1459/1461), kann dieser nicht aufrechterhalten werden. Die heilende Wirkung des notarischen Verkaufsangebotes im vorliegenden F a l l e setzt voraus, daß es vollständig, d. h. mit allen wesentlichen, im Pachtvertrage für den in Aussicht genommenen Grundstücksverkauf festgelegten Bedingungen beurkundet war. Das ist nach dem Inhalte der beiden Urkunden vom 18. Februar 1938 und den Feststellungen des Berufungsurteils zu bejahen. Danach hatte die Klägerin auf die Aufnahme des Zusatzes in § 4 des Pachtvertrages „unter Haftentlassung unserer Bank" in das Verkaufsangebot als selbstverständlich und daher überflüssig verzichtet. Soweit in § 5 des Pachtvertrages eine Pflicht zur Verzinsung des Restkaufgeldes bereits vom 1. April 1940 ab auch für den F a l l einer späteren Ausübung oder

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der Nichtausübung des Ankaufsrechts festgesetzt ist, handelte es sich, wie der Berufungsrichter weiter feststellt, nach dem W i l l e n der Parteien lediglich um eine Erhöhung des Pachtzinses für das dritte Pachtjahr. Aber auch der § 6 des Pachtvertrages hat nichts mit dem Inhalte des in Aussicht genommenen Grundstücksverkaufes zu tun. Der hier ausgesprochene Verzicht der Beklagten auf jede Entschädigung für die von ihr an dem Grundstück vorgenommenen baulichen Veränderungen wird vom Berufungsgericht allerdings als Gegenleistung für die Hauptleistung der Klägerin aus dem Verkaufsangebot — die käufliche Ueberlassung des Grundstücks — angesehen, die deshalb in das Angebot hätte hineingenommen werden müssen. Von einer Gegenleistung für die Uebertragung des Grundstücks kann hier aber schon deshalb keine R e d e sein, weil der Verzicht der Beklagten nur für den F a l l gelten sollte, daß sie von dem Verkaufsangebot keinen Gebrauch machen, der Verkauf also nicht zustande kommen würde. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben, ohne daß es noch einer Erörterung der weiteren Revisionsangriffe bedarf. Da nach den früheren Ausführungen sowohl das Verkaufsangebot wie der Pachtvertrag als formgültig anzusehen sind, kommt es nur noch darauf an, ob etwa die von der Klägerin erklärte Anfechtung dieser Geschäfte wegen arglistiger Täuschung und Irrtums begründet ist. Das Berufungsgericht brauchte hierauf bei seinem Standpunkt in der F r a g e der Formnichtigkeit nicht einzugehen. E s hat gleichwohl ausgesprochen, daß in keinem F a l l ein bestimmender Einfluß der behaupteten Willensmängel auf die Entschließung der Klägerin zum Vertragsschlusse festgestellt werden könne, weil es dafür bei verständiger Würdigung unerheblich sein müsse, ob eine als Käuferin (Pächterin) auftretende zahlungsfähige F i r m a noch eine geldliche Rückendeckung bei der N S D A P , habe und ob ihr Inhaber vor J a h r e n wegen handelsrechtlicher Formverstöße in Geldstrafe genommen worden sei. Daß diese Feststellung, nach der es an einem ursächlichen Irrtum der Klägerin überhaupt fehlt, vom Berufungsrichter ohne zwingenden Anlaß getroffen wurde, beeinträchtigt nicht ihre Erheblichkeit (RGZ. Bd. 166 S. 263 [267]).

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Gegenseitiger Vertrag

Gegenseitiger Vertrag RGZ. 49, 38 t 1. Ist die Wirksamkeit eines nach §§ 327, 349 BGB. erklärten Rücktrittes davon abhängig, daß der Zurücktretende zugleich die Rückgabe des auf Grund des Vertrages Empfangenen dem anderen Teile in der durch § 294 BGB. bestimmten Weise anbietet? 2. Inwieweit findet § 326 BGB. auch dann Anwendung, wenn die Feststellung dessen, was der im Verzuge befindliche Teil zu leisten hat, eine vorgängige Berechnung erfordert? 3 . . .* V. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 6. Juli 1901. I. Landgericht

Schneidemühl.

II. Oberlandesgericht

Posen.

Kläger verkauften mittels Vertrages vom 14. Juli 1900 ihr damals unter Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung stehendes Grundstück St. Bl. 1 des Grundbuches an den Beklagten zum Zwecke der Parzellierung und übergaben es ihm. Da Beklagter in der Entgegennahme der Auflassung und Zahlung des Restkaufgeldes, welches beides bis zum 1. August 1900 stattfinden sollte, säumig war, auch eine ihm mittels Schreibens vom 24. September 1900 unter Rücktrittsandrohung gewährte Nachfrist unbenutzt verstreichen ließ, so traten Kläger vom Vertrage zurück und klagten mit dem in der Berufungsinstanz schließlich dahin gefaßten Antrage, den Beklagten zu verurteilen: 1. ihre Rücktrittsbefugnis anzuerkennen; 2. das Grundstück St. BI. 1 sofort zu räumen; 3. das Grundstück in dem Zustande, in dem es sich am 14. Juli 1900 befunden habe, insbesondere mit den damals vorhandenen Vorräten und Inventarstücken, zurückzugewähren; 4. ihnen für die bereits verkauften Erntevorräte und Inventarstücke 2919 M. nebst Verzugszinsen zu zahlen.. Beklagter erachtete den Rücktritt für wirkungslos, weil Kläger dabei nicht gleichzeitig die Rückerstattung der empfangenen baren Anzahlung tatsächlich angeboten hätten, und weil ferner in dem Schreiben vom 24. September 1900 das geforderte Restkaufgeld nicht in einer bestimmten Summe bezeichnet gewesen, auch sonst nicht festgestanden habe, sondern zufolge der verschiedenen, von ihm behufs Aufhebung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung geleisteten Zahlungen erst durch eine gegenseitige Abrechnung, deren Herbeiführung den Klägern obgelegen habe, festzustellen gewesen wäre. Er behauptete dabei noch, *) Geringere Bedeutung.

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daß er sich anfangs August 1900 zur Abrechnung, Herauszahlung des Ueberschusses und Entgegennahme der Auflassung dem klagenden Ehemanne gegenüber erboten, letzterer jedoch darauf nichts veranlaßt habe. Eventuell machte Beklagter wegen seiner Erstattungsansprüche sowie wegen verschiedener von seinen Parzellenkäufern auf das Grundstück gemachter Verwendungen ein Zurückbehaltungsrecht an dem Grundstücke geltend. Er verlangte Abweisung der Klage und im Wege der Widerklage Verurteilung der Kläger zur Erteilung der Auflassung. Der erste Richter erkannte nach diesem Antrage. Der zweite Richter erklärte unter Abweisung der Widerklage den Rücktritt der Kläger für berechtigt und verwies im übrigen die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die erste Instanz zurück. Der Revision des Beklagten ist teilweise stattgegeben worden aus folgenden Gründen: „Der Berufungsrichter geht davon aus, daß das angebliche Erbieten des Beklagten zur Abrechnung, Auszahlung des Kaufgelderrestes und Entgegennahme der Auflassung nicht geeignet gewesen sei, die Kläger ihrerseits in Verzug zu setzen und dadurch deren später erklärten Rücktritt wirkungslos zu machen; vielmehr hätte Beklagter, um dies zu erreichen, den zu zahlenden Betrag nach § 294 BGB. den Klägern t a t s ä c h l i c h anbieten müssen, was nicht geschehen sei. Auf der anderen Seite erachtet der Berufungsrichter es als unnachteilig für die Kläger, daß diese bei dem Rücktritt es unterlassen haben, dem Beklagten gleichzeitig ein Realangebot der Rückzahlung der von ihm in Anrechnung auf das bare Kaufgeld geleisteten Beträge zu machen. Denn nach §§ 327, 349 BGB. vollziehe sich der Rücktritt, seine materielle Rechtmäßigkeit vorausgesetzt, formell schon durch die bloße dem anderen Vertragsteil gegenüber abgegebene Willenserklärung des Zurücktretenden. Erst, nachdem dies geschehen, komme in Frage, welche Leistungsverbindlichkeiten sich aus der wirksam gewordenen Rücktrittserklärung für beide Vertragsteile ergeben, und diese seien alsdann nach § 348 BGB. Zug um Zug zu erfüllen. Demgegenüber verharrt die Revision zunächst auf dem von dem Beklagten bereits in den Vorinstanzen eingenommenen Standpunkte, daß Kläger in dem Aufforderungsschreiben vom 24. September 1900 sich zur Anrechnung dessen, was sie dem Beklagten zu ersetzen hatten, hätten erbieten müssen, und daß mangels dessen das bezeichnete Schreiben wirkungslos sei. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Berufungsrichters entspricht indessen dem klaren Wortlaut des Gesetzes und ist daher unbedenklich zutreffend. Auch der weitere, von der Revision erhobene Vorwurf der Verletzung des § 326 BGB. durch unrichtige Anwendung entbehrt der Begründung. Die Revision hält den erwähnten Paragraphen nur da für anwendbar, wo die vom

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Schuldner zu machende Leistung bestimmt feststehe und liquide sei. Sie meint, daß im vorliegenden Falle, wo der Vertrag von beiden Seiten bereits teilweise erfüllt war, erst eine Abrechnung hätte stattfinden müssen, und daher das Schreiben vom 24. September 1900 nicht so, wie geschehen, erlassen werden durfte, vielmehr Kläger entweder die Abrechnung selbst vorzunehmen und alsdann die Zahlungsaufforderung auf den hierbei ermittelten ziffermäßigen Betrag zu richten hatten, oder aber, wenn sie dazu außerstande waren, die Aufforderung, Z a h l u n g zu leisten, überhaupt hätte unterbleiben müssen und statt dessen Beklagter zunächst zur Vornahme der A b r e c h n u n g aufzufordern gewesen wäre. Jedenfalls aber seien die Kläger durch das Nichteingehen auf die v o n d e m B e k l a g t e n ihnen angebotene Abrechnung in Verzug geraten, und es beruhe daher auf Rechtsirrtum, wenn der Berufungsrichter die bestrittene Behauptung des Beklagten, daß ein solches Angebot stattgefunden habe, für unbeachtlich erkläre. Diese Ausführungen gehen fehl. Allerdings hat § 326 BGB. in erster Linie den Fall im Auge, daß die zu bewirkende Leistung sich als eine fest bestimmte darstellt. Dadurch wird aber nicht seine Anwendbarkeit auf Fälle ausgeschlossen, in denen der Leistungspflicht zwar eine gewisse Unbestimmtheit anhaftet, es aber lediglich von dem Willen des Schuldners abhängt, durch eine seinerseits vorzunehmende Handlung oder abzugebende Erklärung die Leistung zu einer bestimmten zu machen. Wie § 326 unzweifelhaft bei wahlweisen Schuldverhältnissen (§§ 262 flg. BGB.) Platz greift, obgleich hier der Leistungsinhalt ebenfalls erst nachträglich — durch die Ausübung des Wahlrechts von seiten des Schuldners — Bestimmtheit erlangt, so muß ein Gleiches auch dann gelten, wenn der Schuldner die an sich ziffermäßig bestimmte Leistung um den Betrag ihm zustehender Gegenforderungen kürzen darf. Inwieweit dieser Grundsatz für den Fall eine Einschränkung erleidet, daß die Bestimmung des Leistungsgegenstandes eine vorgängige Abrechnung im Sinne des § 782 BGB., d. h. eine unter Mitwirkung b e i d e r Teile sich vollziehende Festsetzung der Höhe des geschuldeten Ueberschusses, erfordert, kann dahingestellt bleiben. Im vorliegenden Falle ist von einer so gearteten Abrechnung keine Rede, sondern handelte es sich nach der Feststellung des Berufungsrichters nur darum, wieviel der Beklagte an berichtigten Hypothekenzinsrückständen und Kosten der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung verauslagt hatte; es kamen also nur Abzüge in Frage, deren Höhe zu bestimmen der Beklagte allein vermöge der in seinen Händen befindlichen Unterlagen imstande war. Demzufolge lag, wie der Berufungsrichter zutreffend annimmt, die Aufmachung der die Höhe des Restkaufgeldes mindernden Gegenrechnung dem Beklagten ob, und konnten die Kläger, da deren Mitwirkung hierbei nicht erforderlich war, auch nicht dadurch in Annahmeverzug geraten, daß sie die an sie ergangene Aufforderung des Beklagten zur

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Mitwirkung unbeachtet ließen. Ebensowenig brauchten sie, wenn sie von dem Rechte aus § 326 BGB. Gebrauch zu machen entschlossen waren, erst zu warten, bis Beklagter jene einseitige Rechnungsoperation vornahm, oder die ihm hierzu etwa zu setzende Frist unbenutzt abgelaufen war. Vielmehr konnten sie mit Eintritt des Verzuges des Beklagten gegen ihn sofort in der nach § 326 zulässigen Weise vorgehen und es ihm überlassen, die Leistung nur in dem von ihm als berechtigt anerkannten Umfange unter gleichzeitiger Rechnungslegung über den Ueberrest zu bewirken. Hiernach ist die Entscheidung des Berufungsrichters, soweit sie den Rücktritt der Kläger vom Vertrage für berechtigt erklärt, zutreffend. Aus der klägerischen Rücktrittsbefugnis aber folgt ohne weiteres, daß der vom Beklagten widerklagend geltend gemachte Anspruch auf Vertragserfüllung hinfällig ist, die Abweisung der Widerklage somit sich ebenfalls als gerechtfertigt erweist. . . . RGZ. 50, 255 1. Kennt das Bürgerliche Gesetzbuch ein Rücktrittsrecht des Käufers wegen Verschlechterung der Vermögenslage des Verkäufers nach Abschluß eines Zug um Zug zu erfüllenden, noch nicht fälligen Warenlieferungsgeschäftes ? 2. Können die die Fälligkeit begründende Handlung, die Mahnung nach § 284 BGB. and die Aufforderung nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB. gleichzeitig miteinander erfolgen? 3. Worin besteht der Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB.? BGB. §§ 321, 610, 284, 320, 295, 297, 326 Abs. 1. II. Z i v i 1 s e n a t. Urt. v. 11. April 1902. I. Landgericht Hamburg.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Beklagte hat laut Schlußnoten vom 16. Februar 1900 von dem Kläger 1200 Zentner Petroleum pro August 1900 und 1200 Zentner Petroleum pro September 1900 zum Preise von 6,50 M. pro 50 Kilogramm gekauft. Die Lieferung hatte am Petroleumhafen zu Hamburg in die von der Käuferin zu stellenden Zisternen zu geschehen; Zahlung des Kaufpreises sollte bei Lieferung erfolgen. Im Juli 1900 erhielt Beklagte von dem Kläger ein vom 4. Juli 1900 datiertes Zirkular zugesandt, in welchem den Gläubigern des Klägers mitgeteilt wird, daß Kläger sich genötigt sehe, seine Zahlungen einzustellen1, und der Wunsch ausgesprochen wird, daß ein außergerichtliches Arrangement mit den Gläubigern stattfinde. Darauf hat Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 1900 erklärt, daß sie „bei dieser Sachlage" von dem Abschluß vom 16. Februar zurücktrete. Kläger

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hat mit Schreiben vom 10. Juli 1900 die Berechtigung der Beklagten zum Rücktritt bestritten und sich erboten, das Petroleum vom einer „anderen ersten Aufgabe" liefern zu lassen. Mit Schreiben vom 21. September 1900 forderte Kläger die Beklagte auf, Zisternem für das pro August und das pro September zu empfangende Petroleum binnen drei Tagen zu stellen, widrigenfalls er die für die AugustLieferung zu stellenden Zisternen nicht mehr annehmen, sondern in Gemäßheit des § 326 BGB. Steinern Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen werde. Mit Schreiben vom 25. September 1900 antwortete die Beklagte, daß der Vertrag als aufgelöst zu betrachten sei. Mit Schreiben vom 29. September 1900 hat Kläger eine gleiche Aufforderung bezüglich der September-Lieferung unter Setzung einer Frist bis 3. Oktober an die Beklagte gerichtet, ebenfalls unter der Androhung, falls Beklagte der Aufforderung micht entspreche, Schadensersatz wegen! Nichterfüllung fordern zu wollen. Beklagte hat ihren Standpunkt, daß sie zur Erfüllung des Vertrages mit dem Kläger nicht mehr verpflichtet sei, aufrecht erhalten. Unter Vorlage zweier Gutachten, in welchen der Preis, welcher bei einem Ankauf von Petroleum unter den in den Schlußnoten enthaltenen Bedingungen am 26. September und 4. Oktober in Hamburg zu zahlen gewesen wäre, festgestellt war, und eines Schreibens des Klägers vom 9. Oktober 1900, in welchem Beklagte zur Zahlung der Differenz auf die August-Lieferung mit 1491,10 M. und auf die September-Lieferung mit 1729,05 M. aufgefordert wurde, wurde mit der Klage Schadensersatz in Höhe von 3220,15 M. begehrt. Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt. Das Landgericht hat nach dem Klagantrag erkannt, und das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: . . . 1. Die Annahme des Berufungsrichters, die der Beklagten in dem Zirkulare kundgegebene Tatsache, daß Kläger in schlechte Vermögensverhältnisse geraten sei und sich genötigt sehe, seine Zahlungen einzustellen, habe die Beklagte nicht zum Rücktritte vom Vertrag ermächtigt, läßt weder einen Verstoß gegen das Gesetz noch einen Mangel in der Begründung erkennen. Der Berufungsrichter hat jene Einwendung nur dahin aufgefaßt und nach dem Vorbringen der Beklagten nur dahin auffassen können, daß die Aenderung in den Vermögensverhältnissen des Klägers erst n a c h dem im Februar 1900 geschehenen Vertragsabschlüsse eingetreten sei; er hatte daher nicht zu prüfen, ob ein Irrtum der Beklagten über die Vermögensverhältnisse des Klägers zur Zeit des Vertragsschlusses als Irrtum nach

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§ 1 1 9 Abss. 1 und 2 B G B . beurteilt werden könnte, und der erklärte R ü c k t r i t t als Erklärung der Anfechtung des V e r t r a g e s wegen Irrtums nach § 119 a. a. O. aufzufassen sei. Die weiteren Ausführungen des Berufungsrichters, daß nach dem R e c h t e des Bürgerlichen Gesetzbuches einer Veränderung in der Vermögenslage des einen Kontrahenten ein sich k e i n Einfluß auf die Verpflichtung des anderen K o n t r a h e n t e n eingeräumt sei, wenn nicht einer der Ausnahmefälle der §§ 321 und 6 1 0 B G B . vorliege, lassen gleichfalls eine Verletzung des G e s e t z e s nicht erkennen. Das Bürgerliche Gesetzbuch hat einen: S a t z des Inhaltes, daß jeder Vertrag oder doch das Termingeschäft als mit der clausula rebus sie stantibus abgeschlossen anzusehen! sei, nicht aufgenommen. Mit Bezug auf § 458 des Entwurfes I, dem im wesentlichen der § 610 B G B . entspricht, haben die Motive zum Entwurf I an einer anderen Stelle — Bd. 2 S. 199 — ausdrücklich ausgeführt: den R ü c k t r i t t wegero veränderter Umstände — clausula rebus sie stantibus — läßt der Entwurf r.ur in einem Falle zu, nämlich bei dem Vertrage, durch welchen die Hingabe eines Darlehens versprochen wird." Von: der II. Kommission — Protokolle Bd. 1 S. 631 — wurde die Klausellehre in dem durch § 321 B G B . bezeichneten Umfange und mit der dort bezeichneten Wirkung auch auf de® Fall der Verpflichtung zur Vorleistung aus einem gegenseitigen V e r t r a g e ausgedehnt. Die bezogenen B e ratungen hierüber und die Beratungen der II. Kommission zu § 485 Entwurf I — Protokolle Bd. 2 S. 47 — lassen a b e r unzweideutig erkennen, daß es sich hier nicht um Anwendung eines allgemeinen Prinzipes auf zwei k o n k r e t e T a t b e s t ä n d e handelte, sondern um die singulare Normierung lediglich jener besonders g e a r t e t e n Verhältnisse. Allerdings wird noch, wie bereits die Motive zu Entwurf I — Bd. 2 S. 199 — hervorgehoben haben, in jedem Einzelfalle weiter zu prüfen sein, ob nicht nach der Absicht der P a r t e i e n der R ü c k t r i t t wegen veränderter Umstände der einen oder anderen P a r t e i zustehen soll, und e s wird bei dieser Prüfung nach § 346 H G B . auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und G e b r ä u c h e , sowie nach § 157 B G B . auf das, was T r e u und Glauben mit R ü c k s i c h t auf die Verkehrssitte fordert, Rücksicht zu nehmen sein. D e r Berufungsrichter ist aber in eine Prüfung der S a c h l a g e nach dieser S e i t e eingetreten, und wenn er dabei auch nicht ausdrücklich § 346 H G B . und § 157 B G B . bezogen hat, so ist doch 'nach dem Zusammenhange seiner Erwägungen die Annahme gerechtfertigt, daß er die F r a g e nach den durch jene Vorschriften gebotenen Gesichtspunkten' geprüft habe, bei dieser Prüfung aber zu einem verneinenden Ergebnisse gelangt sei. Danach läßt derjenige Teil der angefochtenen Entscheidung, wodurch die Einwendung des R ü c k t r i t t e s wegen veränderter S a c h l a g e zurückgewiesen wurde, einen V e r s t o ß gegen das G e s e t z nicht erkennen.

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Die Revision hat zwar gerügt, der Berufungsrichter habe außer Betracht gelassen, daß die Beklagte aus dem gegenseitigen Vertrage insoweit vorzuleisten verpflichtet war, als sie die Zisternen zur Abnahme des Petroleums zu stellen hatte, und damit den § 321 BGB. durch Nichtanwendung verletzt. Allein die Beklagte hatte aus der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Klägers lediglich die Berechtigung des R ü c k t r i t t e s vom Vertrag, und n i c h t eine Einrede auf Grund des § 321 BGB. abgeleitet. War aber eine Einrede aus § 321 a. a. O. nie vorgeschützt, so hatte der Berufungsrichter auch keinen Anlaß, in die von der Revision vermißten Erörterungen einzutreten. Ueberdies hatte der Kläger in der auf das Schreiben der Beklagteil/vom 7. Juli 1900 folgenden Korrespondenz sieine Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft in einer Weise hervorgehoben, aus der die Bereiterklärung zu der in § 321 a. a. O. vorgesehenen1, hier geringfügigen Sicherheitsleistung zu entnahmen wäre, so daß dieser Gesichtspunkt auch für d i e Frage, ob Beklagte in Zahlungsverzug gekommen sei, nicht weiter beachtlich ist. . . . 2. Da § 326 Abs. 1 BGB. Schuldnerverzug erfordert, und nach § 284 a. a. O. für den Schuldnerverzug Fälligkeit der Schuld Voraussetzung ist, die Entscheidung des Berufungsurteiles aber darauf beruht, daß die Beklagte bezüglich der August- u n d der SeptemberLieferung in Z a h l u n g s v e r z u g gewesen sei, so war in erster Reihe zu prüfen, was nach der gegebenen Sachlage zur Begründung der Fälligkeit des Kaufpreises erforderlich war. Dabei ist davon auszugehen, daß die Beklagte auf die Aufforderungen vom 21. und 29. September nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrages vorgeschützt hatte, und daß sie mit ihrem Vorbringen in der Berufungsinstanz, Kläger müsse nachweisen, daß er zur Zeit der Inverzugsetzung und Aufforderung nach § 326 Abs. 1 BGB. erfüllungsbereit gewesen sei, in Wirklichkeit nur geltend gemacht hat, der Kaufpreis s.ei wegen mangelnder Erfüllungsbereitschaft des Klägers nicht fällig gewesen, und es habe danach ein Zahlungsverzug der Beklagten; nicht vorgelegen. Der Berufungsrichter ist, ohne jedoch die für ihn maßgebenden Erwägungen darzulegen, gleichfalls davon ausgegangen, daß der Kläger, wenn er den § 326 Abs. 1 a. a. O. für sich anrufe, erfüllungsbereit gewesen sein müsse. Ueber die Frage, ob die Fälligkeit einer Zug um Zug zu erfüller.*den Verbindlichkeit trotz der noch ausstehenden Gegienverbindlichkeit schlechthin zu der Zeit eintrete, wo die Erfüllung 'des Vertrages vertraglich vorgesehen ist, oder ob schon die Z u l ä s s i g k e i t der Einrede des nicht erfüllten Vertrags, nicht bloß die e r h o b e n e Einrede dieses Inhaltes, die Fälligkeit der Leistung aus dem gegenseitigen Vertrag, oder doch — § 285 BGB. — die Möglichkeit des Verzuges ausschließe, besteht in der Literatur zum Bürgerlichen Gesetzbuche

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Meinungsverschiedenheit. Ein Teil der Schriftsteller entnimmt der Vorschrift des § 320 B G B . , daß die Fälligkeit des Kaufpreises trotz der noch ausstehenden Gegenleistung schlechthin zu der Zeit leintrete, wo die Erfüllung des Vertrages vertraglich vorgesehen ist, und deshalb auch die Mahnung nicht auf Leistung Zug um Zug zu richten sei. Von anderer Seite wird dagegen ausgeführt, daß zur Fälligkeit des Kaufpreises erforderlich sei, aber auch genüge, daß der Käufer mit Annahme der Ware in Verzug sei; sie fordert aber, wenn die Fälligkeit durch Annahmieverzug eingetreten ist, n i c h t , daß der Verkäufer sich auch in der M a h n u n g zur Gegenleistung bereit erkläre. Nach der Sachlage bedarf es jedoch nicht der Stellungnahme zu dieser Streitfrage urnd zu der damit zusammenhängenden weiteren Frage, in welchem Maße jene Erfüllungsbereitschaft des Verkäufers bis zum Ablauf der nach § 326 Abs. 1 a. a. 0 . gesetzten Frist fortbestehen muß. Auch wenn nämlich der zweiten, strengeren Ansicht beizutreten wäre, so wäre in allen Fällen nicht m e h r an Erfüllungsbereitschaft erfordert, als was zur Begründung eines Annahmeverzuges notwendig ist, und müßten, mit Ausnahme der Mahnung nach § 284 a. a. O., auch im übrigen nur die Voraussetzungen des Annahmeverzuges erfüllt sein. Die Beklagte hatte aber nach dem Kaufvertrage die Zisternen zum Einfüllen des Petroleums zu stellen; sie hatte ferner seit ihrem Schreiben vom 7. Juli 1900 beständig an dem Standpunkte festgehalten, daß sie den Vertrag als aufgelöst betrachte, und hatte deshalb wiederholt von vornherein die Annahme der Lieferung verweigert. Danach hatte — § 295 B G B . — ein wörtliches Angebot der Leistung genügt; dieses ist nach der mit der Revision nicht ariifechtbaren Annahme des Berufungsrichters durch die Aufforderung der Gestellung der Zisternen zum Einfüllen des Petroleums .erfolgt. Der Berufungsrichter hat im weiteren zwar die von dem Kläger dafür erbotenen Beweise, daß er die gedachte Quantität Petroleum an Händen hatte, nicht erhoben, und es muß deshalb in tatsächlicher B e ziehung davon ausgegangen werden, daß er das verkaufte Petroleum zur Zeit jener Angebote weder besaß, noch einen, vertraglichen Anspruch auf Bezug desselben gegenüber einem Dritten hatte. Dagegen nimmt der Berufungsrichter auf Grund tatsächlicher, hier gleichfalls rieht ^nachzuprüfender Würdigung der Sachlage an, daß die in Frage stehende Quantität Petroleum jederzeit auf dem Markte bereit stand, daß der Kläger auch zu deren jsderzeitiger Entnahme aus dem Markte fähig war und deshalb, um so mehr als Beklagte die Zisternen zum Einfüllen des Petroleums zu stellen hatte, mit aller Sicherheit jederzeit imstande gewese-n wäre, das Petroleum sofort anzuschaffen und rchtzeitig zu liefern, wenn etwa die Beklagte anderen Sinnes geworden wäre und unter Bereitstellung der Zisternen die Lieferung des

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Petroleums begehrt hätte. Auf Grund dieser Sachlage hat der Berufungsrichter ohne Verstoß gegen das Gesetz, insbesondere gegen § 297 BGB., annehmen können, es habe für den gegebenen Fall zur Erfüllungsbereitschaft im Sinne der bezogenen Gesetzesvorschrift genügt, daß Kläger in der dargelegten Art und Weise jederzeit zur Anschaffung der W a r e in der Lage -war, und es sei nicht erforderlich gewesen, daß er die W a r e vorrätig oder sich durch einen Vertrag mit einem Dritten das Bezugsrecht auf die W a r e gesichert hatte. Diese Erwägungen reichen zu, um den Einwasnid mangelnder Erfüllungsbereitschaft auszuräumen; « s w a r daher nicht erforderlich, darauf zurückzugreifen, daß nach § 297 a. a. 0 . d i e B e k l a g t e die Beweislast dafür getroffen hätte, es sei der Kläger zur Zeit s>einer Angebote im Sinir.e jener Gesetzesbestimmung außer stände gewesen, die Leistung zu bewirken, und daß die B e k l a g t e einen Beweis hierfür rieht erboten hatte. Nach dem Wortlaute des § 284 BGB. wird eine Mahnung verlangt, die n a c h dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt; es darf jedoch diese Vorschrift nicht dahin verstanden werden, daß der die Mahnung enthaltende Rechtsakt auch z e i t l i c h von dem die Fälligkeit begründenden Rechtsakte zu unterscheiden sein müsse; es ist vielmehr durchaus zulässig, die Handlungen, welche die Fälligkeit begründen, und die Mahnung zu verbinden. Daher konnte es keinem Bedenken unterliegen, wenn etwa im Sinne der oben bezogenen Rechtsanschauung zur Fälligkeit des Kaufpreises erforderlich wäre, daß der Käufer mit Annahme der W a r e im Verzug sei, zuzulassen, daß die W a r e angeboten, und gleichzeitig der Käufer durch Mahnung auf Zahlung des Kaufpreises in Verzug gesetzt werde. Die Mahnung braucht ferner keine a u s d r ü c k l i c h e zu sein; deshalb kann in den die Fälligkeit begründenden H a n d l u n g e n eine Mahnung mit enthalten sein. Der Berufungsrichter hat nun die Aufforderungen zur Gestellung der Zisternen in den Schreiben vom 21. und 29. September 1900 dahin aufgefaßt, daß nicht nur die W a r e angeboten, sondern auch Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug mit der Lieferung der angebotenen Ware verlangt werde, und konnte daraus nach den gegebenen Ausführungen ohne weiteres für die A u g u s t - Lieferung die rechtliche Folge ableiten, daß durch das Schreiben vom 21. September alle Voraussetzungen des Zahlungsverzuges der Beklagten erfüllt worden seien. W a s sodann die September-Lieferung anlangt, auf welche sich das Schreiben vom 29. September bezogen hat, so kann dahingestellt bleiben, ob den Ausführungen des Berufungsrichters, mit denen er an der Hand jenes Schreibens einen Zahlungsverzug der Beklagten auch für die September-Lieferung abgeleitet hat, in allen Teilen beigetreten werden könnte, da ein anderer Erwägungsgrund zur Rechtfertigung eines Zahlungsverzuges durch jenes Schreiben führt. Der 29. September 1900,

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an dem jener Brief in Hamburg frühestens zur Post gegeben wurde, war ein Sonnabend. Im Hinblick auf die zur Beförderung eines Briefes von Hamburg nach Mannheim erforderliche Zeit und auf die mit dem Sonntage zusammenhängenden Beschränkungen der Postbestellung und der Geschäftsbesorgung eines Großkaufmannes war der Kläger bei Absendung jenes Briefes von der, übrigens auch der Beklagten erkennbaren, Ansicht ausgegangen, daß jenes Schreiben der Beklagten am Montag den 1. Oktober mit erster Post zugehen werde. Hatte aber der Kläger am 1. Oktober mit erster Post der Beklagten, wie der Berufungsrichter jenes Schreiben auffaßt, nicht nur die Ware angeboten, sondern Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug mit Leistung der Ware verlangt, so war die darin liegende Mahnung bei der, Geschäften dieser Art gegebenen, die Anwendung des § 193 BGB. ausschließenden Auslegung nicht verfrüht, und sind danach auch für die September-Lieferung alle Voraussetzungen des Zahlungsverzuges erfüllt. Es kann ferner, was die weiteren Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 a. a. O. anlangt, einem rechtlichen Bedenken nicht unterliegen, daß eine V e r b i n d u n g der in jener Gesetzesvorschrift vorgesehenen Bestimmung einer Frist zur Bewirkung der Leistung und Erklärung, daß mit Ablauf der Frist die Annahme der Leistung abgelehnt werde, m i t der Mahnung zulässig war; der Berufungsrichter hat weiter ohne Verstoß gegen das Gesetz angenommen, daß die von dem Kläger bestimmte Frist eine angemessene war. 3. Der Kläger hat auf Grund jener Androhung nach fruchtlosem Ablauf der von ihm bestimmten Frist von dem ihm nach § 326 Abs. 1 Satz 2 zustehenden Wahlrecht dahin Gebrauch gemacht, daß er Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangte, und diesen mit der Klage begehrten Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus der Differenz des vereinbarten Kaufpreises und des Marktpreises bei Ablauf der Nachfristen berechnet. Der Berufungsrichter hat zutreffend ausgeführt, daß es von der Stellungnahme zu der in der Literatur zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zum Handelsgesetzbuch vielfach erörterten Streifrage über die rechtliche Tragweite der Wahl des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung nach § 326 Abs. 1 abhänge, ob die von dem Kläger gewählte Art der Schadensberechnung geeignet sei, den klagend erhobenen Anspruch zu rechtfertigen. Die eine Meinung führt aus: komme bei einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil in Leistungsverzug, so erfasse die Wahl des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung auf Grund dieses Schuldnerverzuges nicht den g a n z e n gegenseitigen Vertrag, sondern nur d i e Verpflichtung, bei der jener Schuldnerverzug vorgelegen habe. An Stelle d i e s e r Verpflichtung trete die Entschädigungspflicht des säumigen Teiles; dagegen dauere, unbeschadet der Einrede des nicht erfüllten

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Vertrages, die Verpflichtung des nicht säumigen Vertragsteiles weiter und bleibe zu der an Stelle der ursprünglichen Verbindlichkeit des Gegners getretenen Entschädigungspflicht in demselben synallagmatischen Verhältnisse stehen wie zu der ursprünglichen Verbindlichkeit. Der Verkäufer begehre daher, wenn er den Schadensersatz wegen Nichterfüllung, der danach an Stelle der Verpflichtung des Käufers getreten sei, verlange, Erfüllung des gegenseitigen Vertrages und habe deshalb seinerseits gegen diesen Schadensersatz die Ware zu liefern. Uebrigens werde sich der Käufer mit dem Zahlungsverzug in der Regel auch im Annahmeverzug befinden, so daß dem Verkäufer in Bezug auf seine fortbestehende Leistungspflicht in der Regel beim Kauf unter Kaufleuten der Selbsthilfekauf aus § 373 Abs. 2 HGB., im übrigen aber das Verkaufsrecht nach §§ 383 flg. B G B . offen stehe. Die zweite Ansicht vertritt dagegen den Standpunkt: der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung könne keinenfalls Anspruch auf Erfüllung sein; vielmehr sei, wenn der Verkäufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung gewählt habe, der Anspruch auf Erfüllung alsdann ausgeschlossen, wie das Gesetz ausdrücklich in § 326 Abs. 1 bestimme; damit sei kraft rechtlicher Notwendigkeit auch der Anspruch des Käufers auf Erfüllung ausgeschlossen, weil der Verkäufer nur zu erfüllen brauche, wenn der Käufer seinerseits erfülle. Erfülle der im Verzug befindliche Käufer trotz gestellter Frist nicht, und wähle der Verkäufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so bleibe der Kaufvertrag durch Schuld des Käufers unerfüllt, und es könne daher der Verkäufer denjenigen Schaden ersetzt verlangen, der ihm dadurch erwachsen ist, daß der Käufer den Vertrag nicht erfüllt. Schadensersatz wegen Nichterfüllung sei daher nicht Schadensersatz wegen Nichterfüllung anstatt der säumigen Verpflichtung, sondern Schadensersatz wegen Nichterfüllung anstatt der durch Verzug des Käufers unmöglich gewordenen Erfüllung des Vertrags so wie vereinbart. Der erkennende Senat tritt dieser zweiten Ansicht bei; er nimmt an, daß, wenn der in Zahlungsverzug befindliche Käufer innerhalb der nach § 326 Abs. 1 bestimmten Frist nicht erfüllt, und der Verkäufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung wählt, kraft der Vorschrift des Gesetzes in § 326 Abs. 1 Satz 2 an Stelle der ursprünglichen Vertragspflichten beider Parteien ein Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Ersatz des Schadens dafür tritt, daß der Vertrag, so wie vereinbart, infolge des Verzuges des Käufers nicht zur Erfüllung gelangt. Schon der Wortlaut des § 326 Abs. 1 a. a. O. spricht direkt gegen die Annahme, daß im F a l l e der Wahl des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung seitens des Verkäufers dieser zur Erfüllung dem Käufer gegenüber, also zur Lieferung der Ware, verpflichtet bleibe.

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„Nichterfüllung" und die an diese geknüpfte Folge „Schadensersatzanspruch" weisen unzweideutig darauf hin, daß das Gesetz davon ausgeht, das zweiseitige Rechtsgeschäft komme nach keiner Richtung zum Austrag. Dem § 326 Abs. 1 hat zwar, wie die Protokolle der II. Kommission — Bd. 2 S. 644 — ergeben, der Art. 354 des alten Handelsgesetzbuches insofern zum Vorbilde gedient, als dem Verkäufer bei Zahlungsverzug des Käufers ebenfalls ein dreifaches Wahlrecht gegeben ist, und darunter namentlich das Recht, nach Ablauf der gemäß des ersten Satzes jener Gesetzes Vorschrift bestimmten Frist „Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen". Es ist weiter richtig, daß der in Art. 354 a. a. O. als Schadensersatz wegen Nichterfüllung bezeichnete Anspruch des Verkäufers als Erfüllungsanspruch aufgefaßt wurde. Das wurde aber lediglich darauf gegründet, daß der gleichzeitig vorgesehene n o t w e n d i g e Selbsthilfeverkauf für Rechnung des Käufers ging, und danach als dem Verkäufer aufgezwungene Erfüllung dem Käufer gegenüber fingiert wurde. Immerhin ist allseits anerkannt worden, daß der Ausdruck „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" danach ein durchaus inkorrekter war. Das neue bürgerliche Recht hat die Klage auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht von der Vornahme eines Selbsthilfeverkaufs abhängig gemacht. Damit ist der dargelegten rechtlichen Konstruktion des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung als eines Anspruches auf Erfüllung, wie sie für das Recht des Art. 354 vertreten war, die Grundlage entzogen, und zugleich jeder Grund fortgefallen, den Schadensersatz wegen Nichterfüllung des § 326 nicht als das aufzufassen, als was er sich bezeichnet. Im übrigen sprechen auch die Protokolle der II. Kommission — Bd. 1 S. 642 flg. — wenigstens indirekt für die hier vertretene Aufassung; auch kann weder aus dem W o r t l a u t e des § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB., noch aus den M a t e r a l i e n zu d i e s e r Gesetzesvorschrift ein zwingender Grund gegen die hier vertretene Auffassung entnommen werden. Vor allem kommen aber für diese Auffassung nicht unwesentlich in Betracht die Ausführungen der Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs, die — S. 219 — den hier vertretenen Standpunkt einnehmen. Zwar wollen jene Ausführungen lediglich eine Auffassung über die Bedeutung und Tragweite des § 326 Abs. 1 aussprechen; allein der Umstand, daß dieselben sich auf eine insbesondere für den Handelsverkehr wichtige Frage beziehen und weder in der Kommission des Reichstages noch in diesem selbst von irgendeiner Seite beanstandet worden sind, rechtfertigt die Annahme, daß die gesetzgebenden Faktoren bei Beratung des Handelsgesetzbuches, die zum Teil in gleicher Zusammensetzung kurze Zeit zuvor die entscheidende Fassung des § 326 BGB. beschlossen hatten, die in der Denkschrift vertretene Auffassung für richtig gehalten haben.

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Aber auch innere Gründe sprechen entscheidend für die hier vertretene Auffassung. Denn es darf nicht außer Betracht bleiben, daß, wenn die gegenteilige Ansicht zuträfe, und danach die Rechtsstellung des Verkäufers und Käufers auch nach Wahl des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung — abgesehen von der Umwandlung der Kaufpreisforderung in eine Schadensersatzforderung — im übrigen unverändert bliebe, dadurch alles andere geschaffen wäre, nur keine klaren Verhältnisse. Es würde das Gegenteil dessen eintreten, was beabsichtigt war. Die einfache und klare Regulierung derartiger Streitigkeiten, wie sie bisher nach Art. 354 nur für das Gebiet des Handelsrechtes bestand, sollte ausgesprochenermaßen auf das Gebiet des Zivilrechtes übertragen werden; in Wirklichkeit wäre aber die bisherige Unsicherheit der Auseinandersetzung solcher Sachen im Gebiete des Zivilrechtes aufrechterhalten und auch auf das Gebiet des Handelsrechtes übertragen. Gegen die hier vertretene Ansicht wird zwar noch geltend gemacht, daß sie nur auf Grund der Annahme einer Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung bei gegenseitigen Verträgen haltbar wäre, die dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremd sei. Diesem Einwände kann zugegeben werden, daß die Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung bei gegenseitigen Verträgen nach Bürgerlichem Gesetzbuch weniger stark ist, wie in einigen bisherigen Rechten — z. B. in dem Rechte des Code civil nach Art. 1184. Allein die in dem Bürgerlichen Gesetzbuche zweifelsohne anerkannte, allerdings beschränkte Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung reicht in vollem Maße zu, um die hier vertretene Annahme des Gesetzgebers zu rechtfertigen. Durchaus unrichtig und entschieden zurückzuweisen ist ferner der Einwand, daß danach in Wirklichkeit ein Rücktritt vom Vertrage m i t Schadensersatz wegen Nichterfüllung zugelassen wäre. Durch den Rücktritt vom Vertrage, wie er in § 326 Abs. 1 zugelassen und in den §§ 346—356 BGB. näher geregelt ist, erlischt das durch den Vertrag begründete Schuldverhältnis auch für die Vergangenheit, und es können nur noch kondiktionsähnliche Ansprüche auf Wiederherstellung des Zustandes, wie er vor Abschluß des Vertrages gewesen, in Frage kommen. Durchaus anders liegt die Sache bei dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 Abs. 1; wie einleitend ausgeführt ist, konzentriert sich durch die Wahl dieses Schadensersatzes das V e r t r a g s Verhältnis auf das Recht und die Verbindlichkeit zum Schadensersatz; der Schadensersatz wegen Nichterfüllung wird deshalb a u s dem fortbestehenden Vertrage gefordert und geschuldet. Aus dieser Erwägung können auch die Motive zu dem § 369 des Entwurfes 1 — Bd. 2 S. 210 —, in denen gesagt ist, daß die Geltendmachung eines Schadensersatzes neben dem Zivils. S d i u l d r e A t

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Rücktrittsrechte ausgeschlossen sei, mit Erfolg für die gegenteilige Auslegung nicht verwertet werden. Richtig ist allerdings, daß in allen denjenigen Fällen, in denen von keiner Seite eine Vorleistung gemacht ist, der wirtschaftliche Unterschied zwischen der Wahl des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung und derjenigen des Rücktrittes nur darin bestände, daß bei im übrigen allerdings nur tatsächlich gleicher Lage der Verkäufer in ersterem Falle noch einen Schadensersatz, in letzterem dagegen nichts hätte, und daß deshalb für alle diese Fälle die Gestaltung eines Rücktrittsrechtes wirtschaftlich und rechtlich überflüssig gewesen wäre. Diese Erwägung trifft jedoch nicht zu für die Fälle, in denen der Verkäufer bereits einen Teil der Leistung gemacht hat und ein berechtigtes Interesse daran haben kann, auf dem einfachsten Wege durch Rücktritt vom Vertrage einen Anspruch auf Rückgabe der Teilleistung zu erhalten. Ueberdies darf hierbei nicht außer Betracht gelassen werden, daß, wenn der hier abgelehnten Meinung beizutreten wäre, Schadensersatz wegen Nichterfüllung gleichsfalls wirtschaftlich zusammenfallen würde mit dem Recht des Verkäufers auf Erfüllung nebst Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung, also mit dem ersten der drei zur Wahl gestellten Rechte. Es könnte weiter gegen die hier vertretene Auffassung noch der Einwand erhoben werden, daß — insbesondere soweit kaufmännische Lieferungsgeschäfte in Betracht kommen — die wirtschaftliche Bestimmung der Kaufgeschäfte, den e f f e k t i v e n Austausch der Güter zu vermitteln, ausgeschaltet, und deren Umwandlung in einen Differenzanspruch, ohne daß die Ware aus dem Markte entnommen und auf diesen zurückgebracht wäre, erleichert würde. Für die Berechtigung dieses Einwandes kann zunächst nicht der vorliegende Fall als typische Folgeerscheinung der hier vertretenen Auffassung angerufen werden. Denn wenn hier der Kläger, ohne die Ware jemals an Händen gehabt zu haben, die Differenz als Schadensersatz begehren kann, so beruht dies nach den obigen Darlegungen auf den besonderen Umständen des gegebenen Falles, insbesondere darauf, daß die Beklagte die Annahme der Leistung seit Monaten verweigert hatte. Im übrigen könnte jener Einwand überhaupt nur insoweit Beachtung verdienen, als danach das kaufmännische Lieferungsgeschäft in Wirklichkeit geeigneter geworden wäre, zu Geschäften benutzt zu werden, welche die Umgehung bestehender Verbotsgesetze bezwecken. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält aber eine Reihe von Bestimmungen, um derartige Versuche unschädlich zu machen; der Gesetzgeber hatte daher keinen Anlaß, aus diesem Grunde sich nicht für die hier gebilligte Auffassung zu entschließen. Es kann in letzter Reihe auch dem Vorbringen keine Bedeutung zuerkannt werden, daß die hier unterstellte Regelung der debitorischen Verzugsfolgen gegen den Käufer zu unbilligen Härten führe

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und gegen den insbesondere von der II. Kommission vertretenen Standpunkt, den wirtschaftlich Schwachen tunlichst zu schützen, verstoße. Es ist richtig, daß die Vorschrift des notwendigen Selbsthilfeverkaufes in Art. 354 HGB. (alter Fassung) — vgl. Protokolle der Kommission zur Beratung eines allgemeinen Handelsgesetzbuches S. 4598 — zum Teil auf Erwägungen dieser Art zurückzuführen ist. Allein mit dem Wegfall des n o t w e n d i g e n Selbsthilfeverkaufes, den auch die hier bekämpfte Ansicht annimmt, wäre der säumige Käufer gerade dann der Gefahr der Ausbeutung der Preiskonjunktur durch den Verkäufer weit mehr ausgesetzt, wenn die hier bekämpfte Ansicht richtig wäre; denn danach stände es in dem Belieben des Verkäufers, ob und wann er von den Befugnissen des § 373 Abs. 2 HGB. oder der §§ 383 flg. BGB. Gebrauch machen will. Dagegen bietet die hier vertretene Auffassung, wonach der Verkäufer n u r noch Schadensersatz wegen Nichterfüllung begehren kann, eine weit zuverlässigere Schutzwehr des Schuldners dadurch, daß insbesondere ein D e c k u n g s v e r k a u f in dem Rahmen der Bestimmungen des § 254 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. nicht nur auf Rechnung, sondern auch auf G e f a h r des V e r k ä u f e r s geht. Ist aber d i e Auslegung des § 326 Abs. 1 gerechtfertigt, daß danach der Verkäufer, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung gewählt hat, Schadensersatz wegen Nichterfüllung des V e r t r a g e s begehren kann, so unterliegt bei der hier gegebenen Sachlage, wonach der Verkäufer die Ware nicht an Händen haben mußte, die in der Klage erfolgte Liquidation des Schadens, deren einzelne Faktoren nicht bestritten sind, keinem rechtlichen Bedenken, und ist überhaupt nicht notwendig, auf die im Berufungsurteii hilfsweise gegebenen weiteren r e c h t l i c h e n Erörterungen einzugehen. . . . RGZ. 53, 62 Hat der zur Vorleistung verpflichtete Verkäufer, wenn die im § 321 BGB. vorgesehenen Voraussetzungen des Rechtes auf Leistungsweigerung für ihn gegeben sind, auch die Befugnis, auf Abnahme der Ware Zug um Zug gegen Zahlung oder Sicherstellung des Kaufpreises zu klagen? VII. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 21. November 1902.

I. Landgericht Essen, Kammer für Handelsachen. II. Oberlandesgericht Hamm.

Der Beklagte verpflichtete sich im Juni 1899 und im März 1900, der Klägerin für die Jahre 1900 und 1901 je 100 Tonnen Roheisen in Monatsraten, zahlbar mit Dreimonatsakzept, datiert vom 15. des der Lieferung folgenden Monats, abzunehmen. Er war im Oktober 1900 mit Abnahme beträchtlicher Mengen aus beiden Jahresschlüssen im 3*

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Rückstände. Klägerin behauptete, in seinen Vermögensverhältnissen sei nach dem Abschlüsse der Verträge eine wesentliche Verschlechterung eingetreten, durch die ihr Anspruch auf den Kaufpreis gefährdet werde. Sie erklärte sich deshalb am 3. Oktober 1901 zwar bereit, die laufenden Abschlüsse zu erfüllen, forderte aber bei den einzelnen Lieferungen Zahlung Zug um Zug oder Sicherheitsleistung für den Kaufpreis. Der Beklagte lehnte dies ab, setzte der Klägerin Nachfrist zur Lieferung unter den alten Vertragsbedingungen und erklärte nach deren Ablauf den Rücktritt vom Vertrage. Klägerin erhob nunmehr Klage auf Abnahme der rückständigen Mengen gegen Zahlung des Kaufpreises oder Sicherheitsleistung in Höhe desselben. Der erste Richter erkannte nach dem Klagantrage. Auf Berufung des Beklagten wurde die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Revision ist zurückgewiesen worden. Aus den G r ü n d e n : . . . „Bezüglich des zweiten Lieferungsgeschäfts ist das Klageverlangen auf den Tatbestand des § 321 BGB. gestützt. Der Berungfungsrichter entnimmt dieser Gesetzesstelle, daß damit dem betreffenden Vertragsteil nur das Recht eingeräumt sei, seinerseits die Erfüllung bis zur Leistung oder Sicherstellung durch den Vertragsgegner excipiendo zu verweigern, nicht aber das Recht, nunmehr agendo Erfüllung des Vertrages Zug um Zug gegen Gewährung oder Sicherstellung der Gegenleistung zu fordern. Auch diese, aus den Verhandlungen der zweiten Kommission (Prot. Bd. 1 S. 631 flg.) näher begründeten, Ausführungen geben zu rechtlichen Bedenken keinen Anlaß. Schon der Wortla-ut des § 321 gibt an die Hand, daß damit nur ein Zurückbehaltungsrecht des Verkäufers geschaffen werden sollte (vgl. auch §§ 273, 320, 322 BGB.). Ein solches Recht ist grundsätzlich nur dazu bestimmt, als dilatorisches Verteidigungsmittel zu dienen. Unter Umständen mag ihm zugleich ein Anspruch zugrunde liegen, der sich auch zur eingriffsweisen Verfolgung eignet, so z. B. der Verbesserungsanspruch des Bestellers aus § 633 BGB. Aber daraus allein, daß das Gesetz einem Vertragsteile gegebenenfalls einen Verweigerungsanspruch einräumt, kann keinesfalls gefolgert werden, daß ihm nunmehr auch ein positiver Verfolgungsanspruch entsprechenden Inhalts zustehen solle. Die Revision versucht hiergegen auszuführen, daß dem Verkäufer, wenn er sich der Befugnis aus § 321 BGB. bedienen will, doch das Recht verbleibe, aus § 433 Abs. 2 BGB. auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme der gekauften Sache zu klagen. Tue er dies, so könne er der Einrede der mangelnden Voileistung nunmehr mit dem Rechtsbehelf des § 321 als Replik begegnen. Demgegenüber ist zuzugeben, daß der Verkäufer nach § 322 BGB. nicht genötigt ist, sich bereits in der Klage zu der von ihm geschuldeten Leistung — Liefe-

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rung der Ware — zu erbieten. Immerhin fußt seine Klage nur auf dem Grunde des in concreto gegebenen Vertragsverhältnisses. Ist er hiernach zur Vorleistung verpflichtet, so könnte die Replik nur durchschlagen, wenn er kraft § 321 von der vertragsmäßigen Vorleistungspflicht als befreit zu gelten hätte, mit anderen Worten: wenn der ursprüngliche Kaufvertrag nunmehr kraft des Gesetzes einen wesentlich anderen materiellen Inhalt empfangen hätte. Diese Tragweite kann dem § 321 nicht entnommen werden. Umsoweniger als er mit keinem Worte etwa eine korrespondierende V e r p f l i c h t u n g des Vertragsgegners aufstellt, die Erfüllungsverweigerung des andeien Teils dadurch zu beseitigen, daß er seinerseits die Gegenleistung bewirkt oder dafür Sicherheit leistet. Allerdings kann der Käufer, wenn in seinen Vermögensverhältnissen seit dem Vertragsschluß eine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist, dem anderen Teile gegenüber nicht mehr auf dessen vertragsmäßiger Vorleistung bestehen. Insoweit kann von einer gesetzlichen Modifikation der Vorleistungspflicht auf Seiten des Verkäufers gesprochen werden. Jedenfalls kann der Verkäufer dem Lieferungsverlangen des Käufers gegenüber durch Bezugnahme auf § 321 die Verzugsfolge abwenden und im Prozesse erreichen, daß er zur Lieferung der Ware nicht anders als Zug um Zug gegen Zahlung oder Sicherstellung des Kaufpreises verurteilt werden darf (§ 322 Abs. 1 BGB.). Dagegen kann dem Gesetze nicht entnommen werden, daß mit Verleihung des Verweigerungsrechtes dem Verkäufer zugleich gestattet sein sollte, auch gegen den Willen des Käufers einen wesentlich anderen, für diesen sehr viel beschwerlicheren Vertragsinhalt als Kläger im Prozesse durchzusetzen. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob dieser andere Vertragsinhalt schon in der Klageschrift, oder erst in der Replik beansprucht wird. Freilich tritt mit Geltendmachung des Verweigerungsrechtes aus § 321 BGB. ein Schwebezustand ein, während dessen vorerst ungewiß bleibt, ob sich der Käufer zur Leistung Zug um Zug oder zur Sicherstellung verstehen wird, der Verkäufer aber an den Vertrag gebunden und zur Erfüllungsbereitschaft verpflichtet bleibt. In der Tat nötigt, wie der Revision zugegeben werden kann, das Verkehrsbedürfnis dazu, daß diese Ungewißheit auf die eine oder die andere Weise sich beseitigen lasse. Ob und welche Rechtsbehelfe das Bürgerliche Gesetzbuch zu diesem Zwecke zur Verfügung stelle, insbesondere unter welchen Voraussetzungen es dem Verkäufer den Rücktritt vom Vertrage, vielleicht sogar Schadensersatzansprüche ermögliche, steht nicht zur Erörterung. Jedenfalls drängt auch das Verkehrsbedürfnis nicht dazu, dem Verkäufer gerade ein Klagerecht auf Erfüllung einer wesentlich anderen als der vertragsmäßigen Verbindlichkeit zuzugestehen.". . . .

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RGZ. 55, 402 Steht im Falle der Abtretung einer Forderung ans einem gegenseitigen Vertrage die Befugnis, nach § 326 BGB. die Annahme der Erfüllung abzulehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, auch dem Zessionar zu, wenn der Schuldner diesem gegenüber mit der Leistung in Verzug kommt? V. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 21. Oktober 1903.

I. Landgericht Frankfurt a. M.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die obige Frage ist vom Reichsgericht bejaht aus folgenden Gründen: . . . „Der einzige Rechtsgrund, aus dem der Berufungsrichter . . . zur Zurückweisung der Berufung gelangt, ist . . . folgender: die zwingende Kraft des Schuldverhältnisses bringe es als normale Folge mit sich, daß in Fällen, wo die Erfüllung eines obligatorischen Anspruches schuldhafterweise verweigert werde, n u r ein Anspruch auf Erfüllung, nicht auf Schadensersatz als gleichartiges Erfüllungssurrogat gegeben sei. Die abweichenden Vorschriften, die das Bürgerliche Gesetzbuch für gegenseitige Verträge gebe, seien singulärer Natur und demzufolge eng auszulegen. Sie müßten daher auf den Fall des eigentlichen gegenseitigen Vertrages beschränkt bleiben und dürften nicht auf den Fall ausgedehnt werden, daß ein Dritter durch Zession die Rechte des einen Teils aus dem Vertrage erwerbe, ohne gleichzeitig auch durch Uebernahme der Gegenleistungspflicht in die Passivseite des Vertrages zu sukzedieren. Denn in einem solchen Falle bestehe zufolge des Mangels der Passivsukzession zwischen dem Zessionar und dem gegenüberstehenden Vertragsteile nicht das Verhältnis eines gegenseitigen Vertrages. Der Zessionar habe daher nicht die Befugnisse des § 326 BGB., sondern bleibe auf die Einklagung dessen, was ihm zediert sei, beschränkt. Es könne auch nicht angenommen werden, daß durch die Zession zugleich die erwähnten Befugnisse mitzediert seien. Eine solche Konstruktion scheitere daran, daß vor Ausübung der Befugnisse es sich um bloße rechtliche M ö g l i c h k e i t e n handle, nach ihrer Geltendmachung aber der Anspruch auf Erfüllung überhaupt nicht mehr zediert werden könne. Mit Recht bekämpft die Revision diese Ausführungen als rechtsirrtümlich. Eine Notwendigkeit, den § 326 BGB. in dem vom Berufungsrichter gewollten einengenden Sinne auszulegen, ist weder durch den Wortlaut dieses Paragraphen, noch durch anderweite Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches gegeben. Vielmehr muß beim Mangel entgegenstehender Bestimmungen angenommen werden, daß durch die Abtretung des Anspruches aus einem gegenseitigen Vertrage die Natur des Anspruches nicht verändert wird, mithin der

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andere Vertragsteil, ebenso wie er bei verschuldeter Unmöglichkeit der Erfüllung dem Zessionar schadensersatzpflichtig ist, auch im Falle des § 326 die dort bestimmten nachteiligen Folgen seines Verzuges über sich ergehen lassen muß, wenn der Verzug dem Zessionar gegenüber eingetreten ist. Dies ergibt sich einmal aus der Erwägung, daß der bezügliche Interesseanspruch des Zessionars mit der Erfüllung, die dieser zweifellos verlangen kann, untrennbar zusammenhängt, sodann aus der Vorschrift des § 398 BGB., der, ohne zwischen Forderungen aus einseitigen und solchen aus gegenseitigen Verträgen zu unterscheiden, der Regel nach j e d e Forderung für übertragbar erklärt und die Wirkung der Uebertragung dahin bestimmt, daß mit dem Abschluß des Abtretungsvertrages der neue Gläubiger völlig die Rechtsstellung des bisherigen Gläubigers einnimmt. Ob diese Gleichstellung dahin auszudehnen ist, daß der Zessionar beim Verzuge des anderen Vertragsteiles auch gemäß § 325 BGB. vom Vertrage z u r ü c k t r e t e n darf, kann im vorliegenden Falle, wo ein solcher Rücktritt nicht stattgefunden hat, dahingestellt bleiben. Bemerkt mag jedoch werden, daß die Frage nicht etwa schon deshalb zu verneinen ist, weil durch die Zulassung des Rücktrittes des Zessionars unter Umständen Interessen des Zedenten verletzt werden können. Dieser Gesichtspunkt würde nicht zur gänzlichen A u s s c h l i e ß u n g des Rücktrittsrechtes, sondern nur dazu führen, gegebenenfalls für seine Ausübung die Einwilligung des Zedenten zu erfordern." . . . RGZ. 57, 105 1. Kann eine Klage gleichzeitig darauf gegründet werden, dafi der geforderte Betrag als Kaufpreis und als Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 326 BGB. geschuldet sei? 2. Der § 326 BGB. und seine Anwendung in folgenden Fallen: a) Verzag des Käufers mit der Abnahme (§ 433 Abs. 2 BGB.), b) Lossagen des Käufers vom Vertrage (Annullierung), c) mangelhafte Lieferung beim Sukzessivliefernngsgeschäft. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Guben.

Urt. v. 23. Februar 1904. II. Kammergericht Berlin.

Aus den G r ü n d e n : 1. Der Berufungsrichber führt aus, die Klägerin stütze ihren Anspruch auf zwei Gründe, in erster Linie auf Annahmeverzug, Gläubigerverzug des Beklagten und ihren Selbsthilfeverkauf nach § 373 HGB., und dann auf Spezifikations-(Bestimmungs-)verzug oder Leistungsverzug des Beklagten, auf Grutod dessen sie gemäß § 326

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BGB. Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei freier Schadensermittelung begehre. Er erachtet in beiden Richtungen den Anspruch dem Grunde nach als gerechtfertigt, und ferner als festgestellt, daß in beiden Richtungen irgendein Schaden entstanden sei. Auf diesem Wege gelangt er zu seiner Urteilsformel: „der Klaganspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt; die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung [über den Betrag] an den ersten Richter zurückverwiesen". Danach wird die Klage einmal als Erfüllungsklage auf Zahlung des Kaufpreises und Ersatz des durch Schuldnerverzug des Beklagten verursachten Zögerungsschadens mit Aufrechnung des Erlöses aus dem Selbsthilfeverkauf nach § 373 HGB. beurteilt, sodann als Klage auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 326 BGB. Diese beidett Entstehungsgründe des Klagebegehrens sind indessen weder kumulativ noch alternativ vereinbar. Denn wenn der Verkäufer ordnungsgemäß nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB. Schadensersatz wegen Nichterfüllung gewählt hat, so ist sein R e c h t , vom Käufer Erfüllung durch Leistung gegen Gegenleistung zu verlangen, weggefallen, und der Käufer nicht mehr zur Erfüllung durch Zahlung des Kaufpreises gegen' die Ware verpflichtet; für b i e i d e Vertragsteile — den Verkäufer und den Käufer — hat sich das Vertragsverhältnis auf Leistung gegen Gegenleistung aufgelöst in das Recht des Verkäufers und die Verpflichtung des Käufers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Vgl. Urteil des erkennenden Senates vom 11. April 1902, Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 50 S. 262 flg. Folgeweise kann in diesem Falle bezüglich der Kaufsache nicht mehr von Anmahmeverzug des Käufers als Gläubigerverzug die Rede sein, und ist die Grundlage für einen Selbsthilfeverkauf aus § 373 HGB. weggefallen. Nur zur Feststellung des Schadens wegen Nichterfüllung kann der Verkäufer einen Deckungsverkauf vornehmen, der an sich den Vorschriften des § 373 HGB. nicht unterliegt, auf den aber § 254 BGB. anzuwenden ist. Daraus ergeben sich die weiteren Folgerungen: weil der in Annahme-(Gläubiger-)verzug befindliche Käufer die Kaufsache jederzeit noch anzunehmein berechtigt ist, kann für den Selbsthilfeverkauf auf der Grundlage des Annahmeverzuges — was insbesondere die Z e i t seiner Vornahme anlangt — der rechtliche Grundsatz aufgestellt werden, daß der Verkäufer nur für wissentliche Schädigung oder grobe Fahrlässigkeit hafte. Für den Deckungsverkauf kommt dagegen die Vorschrift des § 254 Abs. 2 BGB. zur Anwendung, und danach k a n n der Verkäufer von der Zeit an, nachdem die erklärte Wahl des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung rechtswirksam geworden, in dem Rahmen jener Vorschrift für ein Unterlassen, den Schaden abzuwenden oder zu mindern, verantwortlich werden. Für die Begründetheit der Klage als Er-

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füllungsklage ist ferner die Vornahme des Selbsthilfeverkaufs ohne Gefährde und grobe Fahrlässigkeit eine wesentliche Voraussetzung; für die Begründung des Anspruchs auf S c h a d e n s e r s a t z wegen Nichterfüllung ist dagegen ein Deckungsverkauf in den F o r m e n des Selbsthilfeverkaufs nur ein Glied in der Feststellung der Schadenshöhe. Danach hätte der Klagantrag aui die beiden dargelegten, nur eventuell miteinander vereinbaren Entstehungsgründe nur in der Weise gestützt werden können, daß zunächst geltend gemacht wurde, der B e k l a g t e schulde nach § 326 Abs. 1 B G B . Schadensersatz wegen Nichterfüllung, für die Höhe d e s Schadens sei maßgebend der in den Formen des Selbsthilfeverkaufs vorgenommene Deckungsverkauf, und daß nur für den Fall, daß diese Begründung nicht haltbar sei, weil es an den Voraussetzungen des § 326 fehle, Erfüllung mit Zögerungsschaden verlangt, und d e r Selbsthilfeverkauf auf den Annahme (Gläubiger-)verzug des B e k l a g t e n gegründet wurde. Mit dem Ausspruch, daß der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung dem Grunde nach gerechtfertigt sei, war einem Antrage auf Zahlung des K a u f p r e i s e s mit Zögerungsschaden die Grundlage entzogen, und k a m d e r Selbsthilfeverkauf vom Dezember 1901 nur noch als Deckungsverkauf in Betracht. Der Berufungsrichter hat das dargelegte, lediglich eventuelle Verhältnis der zweifachen Rechtfertigung des Klagautrag.es übersehen und dessen rechtliche Tragweite nicht in Betracht gezogen. Nach der dargelegten Sachlage konnte dieser Mangel nicht durch andere Fassung der Urteilsformel allein geheilt werden, und w ä r e schon aus diesem Grunde die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der S a c h e geboter.' gewesen. Indessen leidet das angefochtene Urteil noch an weiteren Mängeln, die gleichfalls zu dessen Aufhebung und Zurückverweisung führen. 2. Nachdem der Berufungsrichter das Vorliegen eines Spezifikations-(Bestimmungs-)kaufes und damit die Anwendung des § 375 H G B . verneint hatte, führte er weiter aus, der B e k l a g t e s>ei durch seine endgültige und ernstliche Weigerung, „abzunehmien", mit seiner Verpflichtung zur Abnahme aus § 433 Abs. 2 B G B . in Schuldnerverzug gekommen; aus diesem Schuldnerverzuge stehe dem Kläger der Anspruch auf S c h a d e n s e r s a t z wegen Nichterfüllung nach § 326 Abs. 1 S a t z 2 B G B . zu. Der Senat hat in einem Urteil vom 9. Dezember 1902 (Entsch. des R G . ' s in Zivils. Bd. 53 S. 161 flg.) ausgesprochen, daß der Schuldnerverzug des K ä u f e r s mit der Abnahme allein in der Regel — und zwar auch bei Handelskäufen — nicht die Anwendbarkeit des § 326 A b s . 1 a. a. 0 . rechtfertige. Der BeJufungsrichter zieht diese Entscheidung in Betracht; er führt aber aus, daß im gegebenen Falle die Abnahme Hauptleistung des K ä u f e r s gewesen sei, weil es für Kaufleute, denen es an großem Umsätze,

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schneller Räumung ihres Lagers und steter Gelegenheit, der neuesten Richtung des Handels zu folgen, liegen müsse, sehr auf alsbaldige Abnahme ihrer Lieferungen ankommen werde. Die in dem Urteil vom 9. Dezember 1902 vertretene rechtliche Auffassung haben in neuerer Zeit D ü r i n g e r und H a c h e n b u r g bei Behandlung der Lehre vom Kauf nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch — Handelsgesetzbuch Bd. 3 S. 108/110 — bekämpft. Die unverkennbare Bedeutung jeder wissenschaftlichen Behandlung der Lehre vom Kauf gab dem erkennenden Senat Anlaß zur wiederholten Prüfung der streitigen Frage, er gelangte dabei zu keinem anderen Ergebnisse. Im kaufmännischen Sprachgebrauche ist vielfach der Ausdruck „Abnahme", „abnehmen" Sammelname für die Tätigkeit des Käufers bis zur Zahlung des Kaufpreises. Nach den Darlegungen in dem Urteil vom 9. Dezember 1902 und in einem demnächst in den Entscheidungen des Reichsgerichts zur Veröffentlichung kommenden Urteil des Senats vom 22. Dezember 1903, Rep. II. 200/03*), ist dagegen Abnahme im technischen Sinne des § 433 Abs. 2 die körperliche Hinwegnahme der zu diesem Zwecke bereitgestellten Ware. Durch die Unterlassung der Abnahme entsteht notwendig nach §§ 293, 294 BGB. Gläubdgerverzug, entsteht aber auch, wenn Mahnung und die anderen Erfordernisse des § 284 BGB. vorliegen, Schuldnerverzug; denn die Abnahme ist eine Verpflichtung des Käufers; der Verkäufer hat auf die Abnahme ein Recht und kann auf Erfüllung dieser Verpflichtung klagen, sofern die Ware zur körperlichen Hinwegnahme bereit ist. Wie bereits hervorgehoben, hat in dem Sprachgebrauche der Geschäftswelt der Ausdruck „Abnahme,, vielfach eine weitere Bedeutung; er umfaßt insbesondere auch die rechtsgeschäftlichen Handlungen des Käufers, durch die eine Unbestimmtheit in Bezug auf die Lieferung der Ware nach Zeit, Ort, Art und Gegenstand beseitigt, und dem Verkäufer erst eine körperliche Ablieferung der Ware ermöglicht wird, also insbesondere den Abruf und die Spezifikation. In der Literatur wird die rechtliche Auffassung vertreten, die Vornahme jener rechtsgeschäftlichen Handlungen sei ein Bestandteil der Abnahmeverpflichtung aus § 433 Abs. 2. Bei Prüfung dieser Frage in dem Urteil vom 22. Dezember 1902 ist indessen der Senat zu dem Ergebnisse gelangt, daß damit der Vorschrift des § 433 Abs. 2 eine zu große Tragweite beigemessen werde; er hat dort ausgeführt, aus der Vorschrift des § 433 Abs. 2 über die V e r p f l i c h t u n g des Käufers zur körperlichen Hinwegnahme der gekauften Sache könne allerdings für das Recht des Kaufes nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch abgeleitet werden, daß eine nach der Natur des einzelnen Geschäfts gebotene oder verkehrsübliche oder besonders vereinbarte Mitwirkung des Käufers zur Ermöglichung einer Ablieferung der Ware n e b e n der Verpflichtung zur Abnahme, aber n i c h t «) Bd. 56 S. 173.

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a l s T e i l d e r s e l b e n , eine klagbare Verpflichtung des Käufers zur Vornahme auch jener Mitwirkung begründen könne, und daß der Verzug mit dieser Verpflichtung, soweit nicht § 264 B G B . Platz greife, wie jeder andere Schuldnerverzug zu beurteilen sei. Dadurch findet die Vorschrift in § 375 HGB. über den Spezifikationskauf in dem Rahmen der allgemeinen Grundsätze des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre volle Rechtfertigung; dort ist die S p e z i f i k a t i o n durch den Käufer als S c h u l d n e r Verpflichtung desselben anerkannt, und sind die Folgen des Schuldnerverzugs mit dieser Verpflichtung ausdrücklich im Gesetze selbst festgesetzt. Ferner ist an der. in dem Urteil vom 9. Dezember 1902 (Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 53 S. 163/164) näher begründeten Auslegung des § 326 Abs. 1 festzuhalten, daß dort unter Verzug des einen Teils mit der ihm obliegenden Leistung Verzug mit der Hauptleistung zu verstehen ist. Die Ausführungen bei D ü r i n g e r und H a c h e n b u r g a. a. 0 . bieten aber auch keinen Anlaß, die in jenem Urteil — a. a. O. S. 164/165 — weiter ausgesprochene, für die hier streitige Frage entscheidende Auffassung, daß die Verpflichtung zur Abnahme der gekauften Sache in der Regel, und zwar auch bei Handelskäufen, nicht die Hauptleistung oder ein Teil der Hauptleistung sei, aufzugeben. Sie nehmen zunächst an, daß die Abnahmeverpflichtung ein w e s e n t l i c h e r Bestandteil des Kaufvertrags sei, und daß, wenn der Käufer zur Abnahme überhaupt nicht verpflichtet sei, ein Kaufvertrag nicht vorliege. Diesen Ausführungen liegt augenscheinlich eine Verwechslung des rechtlichen Begriffs der essentialia negotii mit dem der sogenannten naturaLia negotii zugrunde. Denn auch nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind n u r die Verpflichtungen zur Verschaffung der Kaufsache auf Seiten des Verkäufers, zur Zahlung des Kaufpreises auf Seiten des Käufers wesentliche Bestandteile des Kaufes, die ihm seinen Charakter geben. Die V e r p f l i c h t u n g des Käufers, die zu verschaffende Sache abzunehmen, ist durch die positive Gesetzesvorschrift in § 433 Abs. 2 lediglich als eine Wirkung des Kaufvertrags bestimmt, die ihm in der Regel zukommt, die ihm aber nicht wesentlich ist, so daß sie von den Parteien ausgeschlossen werden kann. Für eine entgegengesetzte Auffassung findet sich weder im Gesetz noch in dessen Materialien zureichender Anhalt. Die bei D ü r i n g e r und H a c h e n b u r g a. a. 0 . S. 109 bezogenen Motive (Bd. 2 S. 318) besagen ausdrücklich: „Schwiege das Gesetz, so würde die Abnahmepflicht als naturale negotii verneint erscheinen", und von den genannten Schriftstellern selbst wird die Verpflichtung zur Abnahme an einer anderen Stelle — Bd. 1 S. 50 II. 1 — gelegentlich als naturale negotii bezeichnet; es ist auch schlechthin unerfindlich, aus welchem Grunde der Gesetzgeber zu einer derartigen Ueberspannung des Erfordernisses der Abnahmeverpflichtung gelangt sein sollte, daß einem Vertrage die Eigenschaft als Kaufvertrag entzogen sei,

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wenn er z. B. das Geding enthält, dem Verkäufer stehe bei Verweigerung der Abnahme — unbeschadet seines Rechtes auf Zahlung des Kaufpreises mit den damit verknüpften weiteren Rechten — n u r die Befugnis zum Selbsthilfeverkauf aus §§ 383 flg. BGB., § 373 HGB. zu. Damit ist zugleich das dem W o r t l a u t e des § 433 Abs. 2 — „der Käufer ist verpflichtet, . . . . den Kaufpreis zu zahlen u n d die gekaufte Sache abzunehmen" — entnommene Argument entkräftet, die erwähnten Schuldnerleistungen des Käufers seien dort koordiniert nebeneinander aufgezählt und ständen sich deshalb auch qualitativ gleich. Weiterhin kann darüber wohl kein Zweifel bestehen, daß die Anerkennung der Verpflichtung zur Abnahme als einer in der Regel dem Kaufe zukommenden Wirkung an sich noch nicht d e n Schluß rechtfertigt, die damit aufgestellte Leistung des Käufers sei die Hauptleistung oder ein Teil der Hauptleistung. Die weiteren Ausführungen der genannten Schriftsteller, daß Billigkeit und das Verkehrsbedürfnis bei dem Abnahmeverzug des Käufers die Anwendung des § 326 Abs. 1 s c h l e c h t h i n verlangen, sind gleichfalls nicht überzeugend. Betrifft z. B. ein Meinungsstreit der Vertragschließenden lediglich die Zeit, wann abzunehmen sei — am 1. September, oder am 1. November —, so würde, wenn festgestellt wird, es sei am 1. September abzunehmen gewesen, die mechanische Anwendung des § 326 Abs. 1 l e d i g l i c h wegen eines A b n a h m e Verzuges am 1. September in den weitaus meisten Fällen zu Härten und Unbilligkeiten führen, die weder berechtigten Verkehrsanschauungen noch berechtigten Verkehrsbedürfnissen entsprechen. In der Literatur werden als Vorzüge einer solchen mechanischen Anwendung des § 326 Abs. 1 auf a l l e Fälle eines Abnahmeverzuges hervorgehoben, es werde dadurch eine klare Rechtslage geschaffen, der Verkäufer könne ohne weiteres bei steigender Konjunktur vom Vertrag zurücktreten, bei sinkender Konjunktur die Differenz als Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen und sei von den als lästig empfundenen Formalitäten des Selbsthilfeverkaufs befreit. Diese Vorzüge werden durch die Bedenken aufgewogen, die unverkennbar darin liegen, daß an den Verzug mit einer in Wirklichkeit vielfach nebensächlichen und als solcher auch aufgefaßten Leistung, wie das in der Regel die Abnahme der gekauften Sache ist, ohne innere Berechtigung die weittragenden Wirkungen des § 326 Abs. 1 s c h l e c h t h i n geknüpft sein sollen*). Allerdings wird sich in manchen Fällen unmittelbar aus der Natur und dem Gegenstande des Geschäfts, so im Großhandel bei Lieferung von Massenprodukten und Massenartikeln, oder aus besonderen Bestimmungen des Vertrages, so bei Verkäufen ab Schiff u. dgl., ergeben, daß die Abnahmeverpflichtungen des Käufers ein Teil der ihm obliegenden Hauptleistung sei; in Fällen dieser Art steht •) Vgl. dazu

Abschnitt).

Bd. 69 S.

103

(107)

(abgedr. weiter unten in diesem

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der Anwendung des § 326 Abs. 1 bei Verzug des Käufers in Erfüllung der Abnahmeverpflichtung kein Bedenken entgegen. Indessen reichen die Erwägungen, aus denen der Berufungsrichter für den gegebenen Fall abgeleitet hat, daß auch hier die Abnahmeverpflichtung ein Teil der Hauptleistung sei, für eine solche Annahme nicht zu, da sie weder durch die Natur und den Gegenstand des Geschäfts, noch durch eine besondere Bestimmung desselben gerechtfertigt sind. Danach wäre an sich die Begründung des Berufungsurteils nicht geeignet, die Anwendung des § 326 Abs. 1 BGB. zu rechtfertigen. Indessen reicht das festgestellte Sachverhältnis zu, um auf anderem Wege zur Anwendung dieser Gesetzesbestimmung zu gelangen. Der Beklagte hatte in dem gegebenen Falle nicht bloß die Abnahme unterlassen und sich ernstlich geweigert abzunehmen, was die Folge gehabt hätte, daß dem Verkäufer Mahnung und Fristsetzung erspart blieben, wie solche zur Herbeiführung des Gläubiger- und Schuldnerverzuges erforderlich sind; er hatte sich vielmehr in der ernstlich festgehaltenen und auch im Rechtsstreite verwerteten Erklärung vom 15. Februar 1901, „er a n n u l l i e r e den Vertrag", von dem ganzen Geschäfte losgesagt. Schon unter der Herrschaft des alten Handelsgesetzbuchs neigte sich die Praxis dahin, Erklärungen, in denen sich der Käufer von dem Vertrage lossagte, wie z. B. „der Vertrag sei nicht zustande gekommen", „man trete vom Vertrag zurück", „man annulliere den Vertrag", dem in Art. 354 HGB. a. F, geforderten Zahlungsverzuge gleichzustellen, und die Geschäftswelt scheint daran festzuhalten. In der Tat läßt eine derartige Erklärung jedem vernünftigen Menschen es als zwecklos erscheinen, daß der Verkäufer, um Schuldnerverzug herbeizuführen, die Ware erst noch liefern müsse; mit solchen Erklärungen verzichtet der Käufer auf die Rechte aus § 320 Abs. 1 BGB., auf Mahnung und Fristsetzung. Vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27. Mai 1902, Entsch des RG.'s in Zivils. Bd. 51 S. 347. Der Verkäufer darf also als sicher annehmen, daß der Käufer nicht zahlen werde, selbst wenn ihm geliefert würde. Schwierigkeiten macht nur der Fall, daß der Verkäufer vorzuleisten hat. Es entsteht die Frage, ob in solchen Fällen, wenn der Käufer v o r jeder Lieferung oder doch v o r Lieferung der ausstehenden Leistungen die Annullierungserklärung abgibt, der Verkäufer ihn sofort so behandeln kann, wie es § 326 Abs. 1 BGB. n a c h erfolgter Mahnung, Fristsetzung und Androhung gestattet. Die gleiche Frage ergibt sich übrigens auch bei Zug-um-Zug-Geschäften, wenn der Käufer schon v o r dem Lieferungstermine die Annullierungserklärung abgibt. Der Senat hat sich in einem Urteil vom 6. März 1903 (Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 54 S. 98) bereits dahin ausgesprochen, daß bei gegenseitigen Verträgen auch wegen positiver Vertragsverletzungen des

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einen Teils, welche die Erreichung des Vertragszweckes gefährden, der andere Teil unter entsprechender Anwendung des § 326 BGB. vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann. Das gegebene Gesetz steht der Annahme nicht entgegen, daß in einem unberechtigten und vertragswidrigen Sichlossagen vom Vertrage der oben bezeichneten Art eine solche positive Vertragsverletzung liege, und daß eine folgerichtige Anwendung des in dem Urteil vom 6. März 1903 gefundenen rechtlichen Grundsatzes zu dem Ergebnisse führt, der Verkäufer sei in Fällen dieser Art schon auf Grundlage der unberechtigten und vertragswidrigen Annullierungserklärung berechtigt, in entsprechender Anwendung des § 326 vom Vertrag zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, und es stehe dem Käufer, nachdem der Verkäufer davon Gebrauch gemacht hatte, nicht mehr frei, seine Annullierungserklärung zurückzunehmen und sich zur Vertragserfüllung bereitzuerklären. Insoweit treffen für Fälle dieser Art die Ausführungen in dem Urteil des Senats vom 11. Juli 1902 (Entsch. des RG's in Zivils. Bd. 52 S. 150 flg., hier S. 152) nicht zu, wonach dem Käufer offenbliebe, durch Erfüllung während der noch laufenden Lieferungszeit den Schadensersatz wegen Nichterfüllung abzuwenden. Im übrigen hat allerdings auch für Fälle dieser Art die B e r e c h n u n g des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung auf der Grundlage der Lieferungsbestimmungen des Kaufvertrages zu erfolgen. Auf dieser rechtlichen Grundlage wäre der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 326 dem Grunde nach gerechtfertigt, wenn die Annullierungserklärung des Beklagten vom 15. Februar 1901 unberechtigt und vertragswidrig war. Das würde allerdings nicht zutreffen, wenn der Beklagte, wie er geltend macht, mit jener Erklärung berechtigterweise auf Grund des § 326 BGB. vom Vertrage zurückgetreten ist. 3. Der Beklagte hatte schon v o r dem 15. Februar 1901 wiederholt die seit dem Spätsommer 1900 gelieferten Garne als mangelhaft bezeichnet und mehrfach angedroht, daß er wegen andauernder vertragswidriger Lieferungen den Rest des Vertrags annulliere. Mit dieser Androhung hatte er in den Briefen vom 18. und 22. Dezember 1900 die Lieferung eines „Probeballens" verlangt, und als dieser sogenannte Probeballen wiederum angeblich wegen Mängel vertragswidrig war, hat er sodann in dem Briefe vom 15. Februar 1901 die „Annulierung" erklärt. Der Berufungsrichter führt unter Bezugnahme auf die Abhandlung von D e r n b u r g — Deutsche Juristenzeitung 1903 S. 1 bis 5 — aus, ein solcher Rücktritt von }eder ferneren Lieferung habe dem Beklagten nicht zugestanden, er wäre lediglich in der Lage gewesen, wegen der einzelnen g e m a c h t e n Lieferungen Minderung oder Wandelung zu verlangen und nur im Falle eines Lieferungsverzuges nach § 326 BGB. vom Vertrag zurückzu-

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treten. So habe er jede einzelne Lieferung „genommen" und bezahlt, dann aber „plötzlich die fernere Abnahme überhaupt verweigert. Diese von der Revisionsbegriindung angefochtenen Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum. Der Senat ist bereits bei Begründung des oben bezogenen Urteils vom 6. März 1903 den vom Berufungsrichter angerufenen Ausführungen von D e r n b u r g , soweit sie die hier streitige Frage betreffen, entgegengetreten. Damals wurde dargelegt, in § 326 sei der Ausspruch eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes für schuldhafte oder aus anderem Grunde zu vertretende Nichterfüllung gegenseitiger Verträge in der besonderen Anwendung auf den Verzug zu finden (gleiches gilt entsprechend auch von § 325), und daraus abgeleitet, es seien im Wege der Analogie bei gegenseitigen Verträgen auch aus positiven Vertragsverletzungen des einen Teiles dem anderen Teile die in § 326 ausgesprochenen Rechte dann zu gewähren, wenn durch jene Vertragsverletzungen die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet wird. Alle Voraussetzungen für Anwendung des auf diesem Wege gefundenen rechtlichen Grundsatzes sind gegeben, wenn bei einem Sukzessivlieferungsgeschäfte in einer Weise andauernd mangelhaft geliefert wurde, welche die Annahme rechtfertigt, es sei nicht zu erwarten, daß künftig anders geliefert werde, und danach durch einen vom Verkäufer zu vertretenden Umstand die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist. Der Senat trägt daher kein Bedenken, für Fälle dieser Art unter entsprechender Anwendung des § 326 zuzulassen, daß der Käufer vom Vertrage für die noch ausstehenden Lieferungen zurücktrete. In den Fällen andauernd fehlerhafter Leistungen beim Sukzessivlieferungsgeschäft wird gerade das Hauptanwendungsgebiet des in dem Urteil vom 6. März 1903 gefundenen rechtlichen Grundsatzes liegen. Uebrigens hat der Senat die gleichen rechtlichen Grundsätze bereits in einem Urteil vom 14. Mai 1901, Rep. II. 67/01, ausgesprochen; dort ist ferner ausgeführt, eine solche Auflösung des Vertragsverhältnisses sei dadurch nicht ausgeschlossen, daß die einzelne Lieferung „genommen und bezahlt sei", sofern nur der Mangel rechtzeitig gerügt wurde, und in dem Nehmen und Bezahlen nach Lage des Einzelfalles keine Genehmigung der Lieferung als fehlerloser zu finden sei; es stehe auch einer solchen Annahme nicht das Urteil des Senats vom 16. März 1880 (Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 1 S. 62) entgegen. Das Urteil vom 14. Mai 1901 betraf allerdings den Fall der Auflösung eines Bierabnahmevertrages wegen andauernder Lieferung schlechten Bieres auf Grund des Satzes 1184 des Badischen Landrechtes, der gleich dem Art. 1184 Code civil bei Nichterfüllung eines gegenseitigen Vertrages dem anderen Teil die dem richterlichen Ermessen unterstellte Auflösung durch Urteil einräumt. Die rechtlichen Grundgedanken sind indessen die gleichen;

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die von dem Verkäufer zu vertretende Nichterfüllung wegen andauernder Lieferung mangelhafter Ware rechtfertigte dort die Anwendung des Landrechtssatzes 1184 — Art. 1184 Code civil —, hier die entsprechende Anwendung des im Grundgedanken dem Art. 1184 Code civil ähnlichen § 326. Danach verletzt der Berufungsrichter das Gesetz mit seiner Annahme, daß dem Beklagten nach Sachlage nur die Rechtsbehelfe der Minderung und Wandelung bezüglich der g e m a c h t e n Lieferungen zugestanden hätten." , . . RGZ. 58, 419 Kann der Verkäufer bei einem Sukzessivlieferungsverträge, wenn der Käufer mit der Spezifikation fälliger Raten im Verzuge ist, Schadensersatz wegen Nichterfüllung auch der noch nicht fälligen Raten verlangen? HGB. § 375 Abs. 2, BGB. § 326. II. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 14. Juli 1904.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht" RGZ. 61, 87 Ist, wenn bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Teil wegen Leistungsverzugs des anderen Teils nach § 326 BGB. Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt, die damit verbundene Rechtsfolge, daß der nicht säumige Teil seinerseits zur Erfüllung nicht mehr verpflichtet ist, dadurch bedingt, daß derselbe den Schadensersatzanspruch weiter verfolgt? II. Z i v i l s e n a t . I. L a n d g e r i c h t

München.

Urt. v. 2. Juni 1905. II. O b e r l a n d e s g e r i c h t

daselbst.

Die Klägerin hatte dem Beklagten im März 1901 10 000 kg Speiseöl verkauft. Nachdem bis zum Juni 1902 annähernd 3000 kg gelisfert und angenommen waren, rief der Beklagte die rückständigen etwa 7000 kg auf einmal ab. Die Klägerin lehnte diese Anforderung ab, weil sie nur zur Lieferung in M o n a t s r a t e n verpflichtet sei Der Beklagte erklärte darauf nach mehrfacher Aufforderung und Fristsetzung, daß 'er infolge des Leistungsverzugs der Klägerin Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlange, ohne indessen diesen Anspruch weiter zu verfolgen. Im Januar 1903 erhob die Klägerin, welche den Schluß als noch offen bezeichnete, ihrerseits Klage auf Abnahme weiteren Oeles. Der Beklagte beantragte Abweisung, weil das Geschäft infolge Nichterfüllung seitens der Klägerin und seiner Ausübung des Wahlrechts gemäß § 326 BGB. erledigt sei. Das Land-

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Gegenseitiger Vertrag

gericht wies die Klage ab, un.d das Oberlandesgericht die Berufung hiergegen zurück. Auch die Revision hatte keinen Erfolg, soweit es hier interessiert, aus folgenden Gründen: „Die Klägerin verlangt mit der in den Vorinstanzen abgewiesenen Klage vom Beklagten die Abnahm« von 5804,5 kg Speiseöl und Zahlung des vereinbarten Kaufpreises 14 Tage nach der jeweiligen Lieferung auf Grund des an sich unbestrittenem Lieferungsvertrages der Parteien aus dem J a h r e 1901. Daß diese Quantität aus dem fraglichen Schlüsse noch rückständig ist, wird nicht bestritten. Es handelt sich danach lediglich um dien Anspruch auf V e r tragserfüllung. Das Oberlandesgericht hat, im wesentlichen in Uebereinstimmung mit dem Landgericht, diesen Ansprach um deswillen für unbegründet erachtet, weil die Klägerin im Juni 1902 und später ihrerseits sich geweigert habe, ihren vertraglichen Verbindlichkeiten nachzukommen, dadurch in Leistungsverzug geraten, sei, und von dem Beklagten daher infolge der Ausübung seiner Rechte aus § 326 B G B . Vertragserfüllung nicht verlangt werden könne. . . . Das Oberlandesgericht nimmt an, daß die Klägerin verpflichtet gewesen sei, auf die Aufforderung und den Abruf des Beklagten vom 10. Juni 1902 demselben die gesamtem 7000 kg Oel a u f e i n m a l , oder doch, wie der Beklagte später nachgab, in z w e i R a t e n und binnen v i e r W o c h e n zu liefern, und daß ihr Anspruch, die Lieferung in s i e b e n M o n a t s r a t e n bewirken zu könnien, nicht berechtigt gewesen sei. Diese Annahme, die im wesentlichen auf der eingehend begründeten! Auslegung des Vertrages der Parteien beruht, bietet keinen Anlaß zu rechtlichen Bedenken, und es ist denn auch insoweit eki besonderer Angriff seitens der Revision nicht erhoben worden. Auch die weitere Annahme des Berufungsrichters, daß die Klägerin tatsächlich die Lieferung des Restquantums in der berechtigterweise vorn Beklagten geforderten Art so bestimmt und unzweideutig verweigert habe, daß es für den Beklagten zur Ausübung der Rechte aus § 326 B G B . einer Nachfristung nicht bedurfte (Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 51 S. 347 flg.), ist rechtlich nicht zu beanstanden. . . . Im übrigen ergeben die Ausführungen des Landgerichts sowohl wie des Oberlandesgerichts die, wie aus den vorgehenden Darlegungen zu entnehmen ist, auf dem Briefe des Beklagten an die Klägerin vom 3. Juli 1902 beruhende Annahme und Feststellung, daß der Beklagte damals erklärt hat, infolge des Lieferwigsverzuges der Klägerin S c h a d e n s e r s a t z w e g e n N i c h t e r f ü l l u n g zu verlangen; irgendwelche rechtliche Bedenken gegen diese Annahme liegen nicht vor. War aber diese Erklärung mit Rechtswirksamkeit Zivils.

Sriiuldrerht

.1

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abgegeben, so hatte sie bezüglich der Frage, ob der Beklagte gleichwohl verpflichtet blieb, seinerseits den Vertrag zu erfüllen, dieselbe Wirkung, als wenn derselbe lediglich seinen) R ü c k t r i t t vom Vertrage erkärt hätte. In beiden Fällen wird diese Verpflichtung der nicht säumigen Vertragspartei beseitigt, wie dies vom erkennenden Senat für den Fall des „Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung" in der grundlegenden! Entscheidung vom 11. April 1902 (Entsch. Bd. 50 S. 255 flg.) eingehend dargelegt ist. Daran wird auch dadurch nichts geändert, daß der nicht säumige Teil demnächst den Schadiensanspruch, wie im vorliegenden Falle, nicht weiter verfolgt. . . . Die durch die fragliche Erklärung einmal beseitigte Verpflichtung zur weiteren Vertrags erlüllung würde nur durch eine neue ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung wiederhergestellt werden können, und davon ist im vorliegenden Falle keine Rede." . . . RGZ. 61, 279 Inwieweit kann der Verkäufer der Berechnung seines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gegenüber dem in Annahmeund Zahlungsverzug befindlichen Käufer auf Grund des § 326 BGB. das Ergebnis eines von ihm vorgenommenen freihändigen Verkaufs der Ware zugrunde legen? II. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 22. September 1905. I. Landgericht Kaiserslautern.

II. Oberlatidesgerichl Zweibrücken.

Im August 1900 kam zwischen den Parteien ein Vertrag zustande, nach welchem die verklagte Aktiengesellschaft von dem Kläger die Förderung von Ton aus einer neuen Grube des Klägers nach Maßgabe ihres Bedarfs zum Einheitspreise von 71 Pf. für 100 kg frei ihrer Fabrik in Eisenberg kaufte. Die Beklagte hat zunächst vertragsgemäß den ihr gelieferten Ton abgenommen, dagegen vom Juli 1902 ab die Abnahme weiteren Tons verweigert, indem sie aufstellte, sie habe nur die e r s t e Schicht, die damals abgebaut gewesen sei, gekauft, nicht aber auch die z w e i t e Schicht. Der Kläger hat diese Aufstellung bestritten, vielmehr behauptet, daß die Beklagte den s ä m t l i c h e n T o n e r s t e r u n d z w e i t e r K l a s s e , einerlei aus welcher Schicht derselbe herrühre, gekauft habe; er hat auf die Abnahme bestanden und angedroht, daß, wenn dieselbe nicht binnen der gesetzten Frist von 8 Tagen erfolge, er den damals geförderten Ton a n d e r w e i t i g v e r k a u f e n werde. Bei diesem demnächst erfolgten Verkaufe des fraglichen Quantums ergab sich ein Mindererlös von 420,67 M. gegenüber dem Vertragspreis. Daraufhin erhob der Kläger Klage, mit der er beantragte,

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1. die Beklagte zur Zahlung von 420,67 M. nebst Zinsen von 4 Prozent vom Tage der Klage ab zu verurteilen; 2. festzustellen, daß der zwischen den Parteien am 30. August 1900 geschlossene Vertrag sich auf den s ä m t l i c h e n Ton erster und zweiter Klasse der in den Hettenheimer Wiesen belegenen Grube des Klägers bezieht, demgemäß zu erkennen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den sämtlichen Ton erster und zweiter Klasse dieser Grube nach Maßgabe ihres Bedarfs abzunehmen. Das L a n d g e r i c h t zu K a i s e r s l a u t e r n wies zunächst durch ein T e i 1 u r t e i 1 vom 27. Februar 1903 die Klage bezüglich des eingeklagten Betrags von 420,67 M. ab. Sodann erkannte dasselbe nach einer Beweisaufnahme durch Zeugen und Sachverständige durch U r t e i l vom 24. A p r i l 1903 dem Klagantrag zu 2 gemäß. Gegen das erstere Urteil legte der Kläger, gegen das letztere die Beklagte B e r u f u n g ein. Das O b e r l a n d e s g e r i c h t zu Z w e i b r ü k k e n verurteilte, nach Verbindung beider Berufungssachen und einer weiteren Beweisaufnahme, durch U r t e i l vom 31. O k t o b e r 1904 auf die Berufung des Klägers unter Aufhebung des Teilurteils vom 27. Februar 1903 die Beklagte zur Zahlung von 420,67 M. nebst Zinsen von 4 Prozent vom 24. November 1902 ab, wies dagegen die Berufung der Beklagten gegen das Urteil vom 24. April 1904 zurück. Die gegen dieses Urteil von der Beklagten eingelegte Revision wurde zurückgewiesen, soweit es hier interessiert, aus folgenden Gründen: . . . „Die Revisionsklägerin bemängelt zu dem ersten Klagepunkte im wesentlichen nur die B e r e c h n u n g des Schadens auf Grund des von dem Kläger nach der Erfüllungsweigerung der Beklagten vorgenommenen f r e i h ä n d i g e n Verkaufs des Tons, als die Differenz zwischen dem von der Beklagten geschuldeten V e r t r a g s p r e i s e und dem bei dem freihändigen Verkaufe erzielten Preise. Es wird ausgeführt, um den Schadensersatzanspruch in der geforderten Höhe zu begründen, genüge nicht die einfache Berufung auf den nicht in den Formen des § 373 HGB. vorgenommenen freihändigen Verkauf, zu welchem die Beklagte keineswegs, wie Kläger behaupte, ihre Einwilligung erteilt habe; ein Schaden sei dem Kläger durch den Verzug der Beklagten nur entstanden, soweit der erzielte Verkaufserlös dem Wert der Ware bei der gegebenen Sachlage entsprochen habe, also ein a n g e m e s s e n e r gewesen sei; das habe der Kläger zur Begründung der Höhe seines Anspruchs zu erweisen. Diese Ausführungen sind indessen bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage nicht geeignet, die Revision zu begründen. Der Schadensersatzanspruch des Verkäufers gegen den in Verzug befindlichen Käufer ist auch bei Handelskäufen nicht mehr, wie früher nach Art. 354 ADHGB., durch den in den Formen der öffentlichen Versteigerung 4*

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vorzunehmenden, für R e c h n u n g d e s V e r k ä u f e r s gehenden Selbsthilfeverkauf bedingt. Der Verkäufer ist zur Feststellung der Höhe seines Anspruchs durch öffentlichen Selbsthilfeverkauf zwar immer noch b e r e c h t i g t , aber nicht mehr v e r p f l i c h t e t ; er kann insbesondere den ihm durch den Verzug des Gläubigers entstandenen Schaden in jeder anderen Weise berechnen und nachweisen; insbesondere kann er sich auch des Mittels bedienen, der von dem Käufer nicht abgenommenen Ware anderweitig durch f r e i h ä n d i g e n Verkauf sich zu entledigen. Ein solcher freihändiger Verkauf geht dann zwar als solcher nicht für Rechnung des Käufers (vgl. Denkschrift zum neuen Handelsgesetzbuch S. 219); derselbe k a n n aber der Schadensberechnung zugrunde gelegt werden, s o f e r n d e r V e r käufer dabei mit der S o r g f a l t eines ordentlichen K a u f m a n n s v e r f a h r e n i s t (§ 347 Abs. 1 HGB.), i n s b e s o n d e r e nicht gegen Treu und G l a u b e n v e r s t o ß e n , und das Interesse auch des s ä u m i g e n Käufers n i c h t a u ß e r A u g e n g e l a s s e n h a t . Daß aber das Oberlandesgericht, das insbesondere auch über die Höhe des zuzuerkennenden Schadens gemäß § 287 ZPO. nach freier Ueberzeugung Entscheidung zu treffen hatte, bei seiner Beurteilung von diesen Gesichtspunkten ausgegangen ist, ergeben nicht nur die Ausführungen im Eingang der Entscheidungsgründe, sondern auch die Erwägungen bezüglich der Einwendung der Beklagten, daß der Kläger nicht nur Ton zweiter, sondern auch erster Sorte, den letzteren aber als z w e i t e r Sorte verkauft habe, indem dort dargetan wird, das Vorbringen des Klägers, daß es sich dabei nur um ein kleines Quantum Ton erster Sorte gehandelt habe, welches er, u m d i e A b n a h m e z u e r z i e l e n , mit dem Ton zweiter Sorte gleichmäßig berechnet habe, sei nicht widerlegt, erscheine auch glaubhaft und geeignet, die b i l l i g e r e Berechnung zu r e c h t f e r t i g e n . Sonach erweist sich der auf die Berechnung der Höhe des zuerkannten Schadens bezügliche Angriff der Revision als nicht zutreffend, und da auch im übrigen die Voraussetzungen des § 326 B G B . einwandfrei festgestellt sind, so ist die Entscheidung des angefochtenen Urteils zu dem ersten Klagantrag gerechtfertigt." . . .

RGZ. 61, 348 1. Klausel „Kassa gegen Verladungsdokumente", verbunden mit der Klausel, daß der Käufer weder Entgegennahme der W a r e noch deren Zahlung, wie vereinbart, wegen Streitigkeiten bezüglich der Vertragserfüllung seitens des Verkäufers verweigern und wegen letzterer erst nach Entgegennahme der W a r e und deren Zahlung einen Schiedsrichter angehen kann.

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2. Ist in einem solchen Falle der säumige Käufer bei der richterlichen Festsetzung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB. mit seinen Beanstandungen gegen die verladene Ware zu hören, oder damit auf die künftige Entscheidung des Schiedsrichters zu verweisen? 3. Geht der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB. nur auf Entschädigung in Geld, oder kann § 249 Satz 1 BGB. angewendet werden7 II. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 13. O k t o b e r 1905.

I. Landgericht Bremen, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht Hamburg. Die B e k l a g t e kaufte von der Klägerin eine P a r t i e Hölzer. Nach der Schlußnote h a t t e diie „Zahlung b e i Vorzeigen der Verladungspapiere und im Austausch gegen d i e s e " zu erfolgen, und war ferner vereinbart: „Sollten Streitigkeiten irgendwelcher A r t aus Anlaß dieses Abschlusses, oder bezüglich Erfüllung dieses Kontrakts entstehen, so darf weder Entgegennahme der W a r e , noch Zahlung, wie vereinbart, verweigert werden, sondern nachdem diese erfolgt, . . . sollen Schiedsrichter e n t s c h e i d e n . " Die B e k l a g t e weigerte Annahme des Konnossements, sowie dessen Zahlung, und begründete unter anderem diese Weigerung damit, daß nach diem Konnossemente geringere Quantitäten und kürzere Durchschnittsiängen, als wie in der Schlußnote angegeben, verladen seien. Nach Ankunft der Hölzer im Bestimmungshafen setzte die Klägerin, durch Brief vom 26. September 1903 der B e k l a g t e n bis zum 28. S e p t e m b e r eine Frist zur Zahlung gegen Entgegennahme des Konnossements oder der eventuell schon, enitlöschten Hölzer, und drohte zugleich an, sie werde nach fruchtlosem Ablaufe der Frist die Annahme der der Beklagten obliegenden Leistungen ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die B e k l a g t e zahlte nicht. Am 9. O k t o b e r 1903 wurden die Hölzer öffentlich versteigert. Die Klägerin berechnete den ihr zu erstattenden Schadenersatz wegen Nichterfüllung auf 12 769,65 M. Die B e k l a g t e m a c h t e geltend, sie habe mit R e c h t Zahlung und A b n a h m e der Hölzer verweigert; jedenfalls sei über ihre Beanstandungen der Hölzer als nicht vertragsgemäß und mangelhaft in dem jetzt anhängigen Verfahren über Festsetzung des Schadeins zu entscheiden. Der erste R i c h t e r verurteilte nach dem Begehren der Klägerin. Die Berufung der B e k l a g t e n wurde zurückgewiesen. Auf ihre Revision wurde das Berufungsurteil aufgehoben, und die S a c h e zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung am das Berufungsgericht zurückgewiesen.

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

Aus den G r ü n d e n : „1. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Entsch. in Zivils. Bd. 31 S. 100, Bd. 47 S. 131, Bd. 59 S. 24) gibt der Klausel „Kasse gegen Verladungsdokumente" die Tragweite, sie verpflichte den Käufer nicht unbedingt zur Zahlung gegen Uebergabe der Papiere, habe vielmehr nur die Wirkung, daß, wenn der Käufer die Einlösung weigere, er die Beweislast für die Berechtigung der Weigerung überkomme. Der Berufungsrichter geht im seinen Urteilsgründen von dieser Auffassung jener Vertragsklausel aus; er -erwägt aber, die weiteren Bestimmungen des Schlußscheins, daß bei Streitigkeiten irgendwelcher Art aus Anlaß des Abschlusses oder der Erfüllung des Vertrags weder die Entgegennahme der Ware, noch die Zahlung des Kaufpreises, wie vereinbart, verweigert werden dürfe, und daß nach Empfang der Ware und Zahlung Streitigkeiten durch einen Schiedsrichter endgültig zu entscheiden seien, gingen über die Klausel „Kasse gegen Verladungsdokumente" weit hinaus, indem sie die Käuferin, auch wenn sie Einwendungen irgendwelcher Art gegen die abgeladene Ware erheben zu können glaube, zunächst unbedingt zur Abnahme der Ware und zur Akzeptation der über den Kaufpreis vom Verkäufer oder seinem Agenten gezogenen Wechsel verpflichte. Danach sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die bestrittene Ware auch dann abzunehmen und ihr Akzept zu geben, wenm sie bereits angekommen war, und die Beklagte glaubte, Ausstellungen machen zu können. Die Sache würde lediglich dann anders liegen, wenn die für sie nach Ausweis der ihr zugestellten Faktura oder des angebotenen Konnossoments verladene und später angekommene Ware so erhebliche Abweichungen von der gekauften zeigte, daß ihr vorläufige Annahme und Zahlung vor Erledigung der Streitigkeiten nicht zugemutet werden konnte; denn der Verkäufer dürfe sein formales Recht nicht gebrauchen, um unter Verletzung von Treu und Glauben den Käufer zur Abnahme und Zahlung einer Ware zu zwingen, von der er wisse, daß der Käufer sie endgültig nicht zu behalten brauche. Diese Ausführungen lassen ein« Verletzung des Gesetzes nicht erkennen; gegen sie hat auch die Revisionsklägerin keinen ausdrücklichen Angriff erhoben. Der Berufungsrichter erwägt weiter, alles, was die Beklagte zur Rechtfertigung ihrer Weigerung, das Konnossement und die Ware gegen Akzept anzunehmen, vorgebracht habe, sei nicht geeignet, die Voraussetzungen der von ihm zugelassenen Aus-nahme zu erfüllen. — Die Revisionsklägerin erhebt hierher eine Reihe von Angriffen, die indessen unbegründet sind." (Wird weiter ausgeführt.) „2. Nach dem Gesagten hat der Berufungsrichter ohne Verletzung des Gesetzes angenommen, daß die Beklagte durch Verweigerung der

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Annahme des Konnossements und der Ware im Gläubigerverzug (§ 293 BGB ) war, daß aber die Beklagte, weil zur „Abnahme" der Ware und Leistung ihres Akzepts verpflichtet, auch im Z a h l u n g s v e r z u g , worauf es in erster Reihe ankommt, übrigens auch im Schuldnerverzug mit der Abnahme war, als ihr am 26. September 1903 das Schreiben von diesem Tage zugirnig. Aus dein Annahmegläubigerverzug der Beklagten hätte der Klägerin ein Selbsthilfeverkauf nach § 373 HGB. offen gestanden; einem solchen stand auch die Schiedsklausel, wie sin der Klägerin erhobene Klage auf Lieferung des Dampfers wurde vom Landgericht durch Urteil vom 26. Februar 1923 abgewiesen, die Berufung der Klägerin durch rechtskräftig gewordenes Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts vom 4. Dezember 1923 zurückgewiesen. Die Klägerin fordert im gegenwärtigen Rechtsstreit vom Erstund Zweitbeklagtem Zahlung des Goldwertes der von ihr auf den Kaufpreis gezahlten 1,7 Millionen Mark, den sie mit 298 245,50 RM. berechnet, sowie Entschädigung für die Entwertung weiterer, bis

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zum 3. März 1920 nach und nach beschaffter, zur Zahtumg an die Sch.-Werft bestimmter, bei der Dresdner B a n k in Berlin und der Sparkasse Danzig eingezahlter Kaufpreisbeträge von zusammen 4,8 Millionen Mark, und zwar in Höhe eines Teilbetrags von 400 000 RM. Sie nimmt dafür den Erst- und den Zweitbeklagten als Gesamtschuldner aus dem Gesichtspunkt des Lieferungsverzugs sowie des § 346 B G B . in Anspruch; vom Drittbeklagten verfangt sie Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlaß tter verstorbenen Frau C., der früheren Mitinhaberin der Firma Sch. Die Beklagten wandten Verwirkung und Verjährung des Klaganspruchs ern, bestritten überdies den Verzugsfall und damit das Bestehen einer Schadensersatzpflicht und machten geltend, d-aß der Bereicherungsanspruch höchstens in Ansehung der gezahlten 1,7 Millionen Mark zwar begründet gewesen, aber erloschen sei, weil das Geld wertlos geworden sei, ohne von der Firma Sch. verwendet worden zu sein. Außerdem rechnen die Beklagten mit Gegenforderungen von insgesamt 172 732,07 RM. auf. Das Landgericht wies die Schadensersatzforderung der Klägerin ab, soweit sie auf die Entwertung der angeblich bereitgestellten 4,8 Millionen Mark des Kaufpreises gestützt wurde, erklärte dagegen in Ansehung der von der Klägerin gezahlten 1,7 Millionen Mark ihren Anspruch auf vollen Wertersatz in Höhe von 298 245,50 RM. für begründet und verurteilte den Erst- und den Zweitbeklagten als Gesamtschuldner unter Abzug unstreitiger Gegenforderungen im Betrage von 114 204,15 RM. zur Zahlung von 184 041,35 RM. samt Zinsen und den Drittbeklagten zur Duldung der Zwangsvollstreckung. Der zweite Richter wies auf die Berufung der Beklagten durch Teilurteil die Klage in Höhe weiterer 10 000 RM. ab. Die auf Zahlung weiterer 20 000 RM. gerichtete Anschlußberufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Auch ihre Revision war erfolglos. G r üin d e : In UebereinStimmung mit dem ersten Richter erachtet das Berufungsgericht auf Grund des die LieferuDgsklage abweisenden landgerichtlichen Urteils vom 26. Februar 1923 und des oberlandesgerichtlichen Versäumnisurteils vom 4. Dezember 1923 als rechtskräftig festgestellt, daß das Recht der Klägerin auf Erfüllung des mit der Sch.-Werft geschlossenen Lieferungsvertrags durch deren rechtmäßigen Rücktritt vom Vertrag erloschen war. Es verneint daher jede Haftung der Beklagten auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung dieses Vertrags und erklärt auch — im Gegensatz zum Landgericht — den Erst- und den Zweitbeklagten in Ansehung der Anzahlung von 1,7 Millionen Mark nur nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung, micht nach §§ 346 flg. B G B . für haftbar. Daraus ergibt sich die Zurückweisung der Anschlußbe-

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rufung, mit der die Klägerin eine Schadensersatzforderung von 20 000 RM. wegen Entwertung des für die weiteren Zahlungen beschafften Papiermarkbetrags verfolgt. Ferner hat das Berufungsgericht die. Klage noch um 10 000 RM. mehr, als in erster Instanz geschehen, abgewiesen, wei'l die Klägerin bei bestehender bloßer Bereicherirrigshaftung ihren Anspruch auf Rückgewähr der angezahlten 1,7 Millionen Mark nicht — wie das Landgericht — auf 298 245,50 RM., sondern um 10 000 RM. niedriger beziffert hat. In dem hiernach vom Berufungsgericht erlassenen Teilurteil ist somit die Frage offen gelassen, ob überhaupt noch und in welcher Höhe eine Bereicherungshaftung des Erst- und des Zweitbeklagtea wegen der 1,7 Millionen Mark begründet sei. Für das Teilurteil kam daher eine Prüfung der von den Beklagten nur hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen nicht in Betracht, da diese erst beim Bestehen der Klagforderung zum Zug gelangen (RGZ. Bd. 80 S. 165). Doch wird durch die Berücksichtigung dieser Gegenforderungen an der Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis nichts geändert, weil der Abstrich von 10 000 RM. von der Klagsumme nicht auf der Aufrechnung beruht, sondern auf der Erklärung der Klägerin über die Höhe ihres Anspruchs bei Anwendung von Bereicherungsgrundsätzen. Im übrigen ist der Begründung des Berufungsurteils beizutreten. Insbesondere ist darin miicht die Wirkung der Rechtskraft verkannt, wie die Revision meint. Der Klaganspruch ist sowohl in Ansehung der angezahlten 1,7 Millionein Mark als auch wegen der Entwertung der angeblich weiter beschafften 4,8 Millionen Mark in erster Linie als Schadensersatzforderung geltend gemacht, die aus dem Verzug der Werft mit der Lieferung des bestellten Dampfers hergeleitet wird. Das angefochtene Urteil führt aber zutreffend aus, daß dieser Anspruch das Bestehen eines Lieferungsanspruchs zur Voraussetzung habe und mit dessen rechtskräftiger Abweisung im Vorprozeß kraft der bindenden Wirkung der Rechtskraft ohne weiteres entfalle, gleichviel ob die Rücktrittserklärung der Firma Sch. auch noch vom jetzigen Stand der Rechtsprechung aus als begründet angesehen werden könne oder 'nicht. Zu Unrecht meint die Revision, das landgerichtliche Urteil votm 26. Februar 1923 habe nur die Wirkung, daß von diesem Tage, höchstens vielleicht vom Jahre 1921 au, der Lieferungsanspruch der Klägerin als erledigt zu betrachten sei, während sich die Klage auf den ins Jahr 1920 fallenden Lieferungsverzug der Werft stütze, der durch das erwähnte Urteil gar nicht berührt werde. Damit wird diesem Urteil eine rechtserzeugende Bedeutung beigemessen, die ihm nach seinem Inhalt nicht zukommt. Das Urteil stellt vielmehr lediglich fest, daß die Klägerin die von der Sch.-Werft zu einer Zeit, wo diese noch nicht

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im Leistungsverzug war (September 1920), mit Rücksicht auf die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse rechtmäßig geforderte Erhöhung des Kaufpreises abgelehnt habe und daß daher der im Januar 1921 erklärte Rücktritt der Werft begründat gewesen sei. Ist aus diesem Grunde die Lieferungspflicht der Sch.-Werft im Vorprozeß verneint worden, so kann keine Rede davon sein, daß dadurch eine mit dem Erlaß des Urteils erst eintretende Rechtsfolge ausgesprochen worden sei; die Firma Sch. war vielmehr nach dem Inhalt des Urteils berechtigt, die Vertragserfüllung von der Ablehnung der Zahlung des Mehrpreises an zu verweigern. Bestand sonach schon vor Ablauf des vereinbarten LieferungsterniMis keine Liefenrngsverbind'lichkeit der Werft mehr, so kann die Klägerin vermöge der Rechtskraftwirkung den ihr im Vorprozeß abgesprochenen Leistungsanspruch im gegenwärtigen Verfahren nicht mehr zur Grundlage irgendwelcher SchadensersatzaT.spräche machen (RGZ. Bd. 80 S. 323, Bd. 30 S. 417). . . . Mit Recht lehnt das angefochtene Urteil auch die, Anwendung der Grundsätze über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht auf die Haftung des Erst- und des Zweitbeklagten iin Ansehung der angezahlten 1,7 Millionen Mark ab und beschränkt ihre. Haftung auf die bloße Bereicherung. Die Ausführung des Berufungsgerichts, daß sich die Anwendung der §§ 346 flg. BGB. auf gesetzliche Rücktrittsrechte in keiner Weise aus dem Gesetz ergebe, daß vielmehr die Einzelfälle, in denen sie nach dessen ausdrücklicher Vorschrift Platz greifen, durch den Tatbestand einer schuldhaften oder mindestens objektiv widerrechtlichen Vertragsverletzung gekennzeichnet seien, deckt sich mit den im den Entscheidunigen des erkennenden Senats J W . 1928 S. 57 Nr. 8 und RGZ. Bd. 116 S. 377 ausgesprochenen Rechtsgedanken. Es kann nicht zugegeben werden, daß im Streitfall der Rücktritt der Firma Sch., weil auf der clausula rebus sie stantibus beruhend, als vertragsmäßiger Rücktritt anzusehen sei. Die rechtliche Konstruktion der sog. clausula ist in dieser Hinsicht ohne Belang. Jedenfalls bildet, wie auch das Berufungsgericht annimmt, die Grundlage des Rücktritts nach der schon zur Zeit des Vorprozesses herrschend gewesenen Rechtsprechung in derartigen Fällen einmal die grundstürzende Aenderung der von den Parteien vorausgesetzten wirtschaftlichen Verhältnisse und ferner das deren Berücksichtigung im Sinne einer neuen Vertragsgestaltung ablehnende Verhalten des Vertragsgegners, also vom ursprünglichen Vertrag nicht als stillschweigend mitumfaßt anzusehende Umstände, welche die spätere Rechtsprechung zum Erfordernis positiver Vertragsverletzung ausgestaltet hat (RGZ. Bd. 103 S. 332; J W . 1926 S. 157 Nr. 9). Der Revision ist auch insofern nicht beizutreten, als sie annimmt, die Anwendung der Grundsätze der §§ 346 flg. folge

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auch bei Annahme eines gesetzlichen Rücktrittsrechts mindestens aus der dann anzuwendenden Vorschrift in § 327 Satz 1 BGB Das angefochtene Urteil weist im Anschluß an die reichsgerichtliche Rechtsprechung (RGZ. Bd. 116 S. 379) mit Recht darauf hin, daß dieser Anwendung der §§ 346 flg. der im Satz 2 des § 327 zum Ausdruck gebrachte Grundsatz entgegenstehe. Die Entstehungsgeschichte des § 327 ergibt (Protokolle zum Entwurf Bd. 1 S. 652, 653), daß die Vorschrift des § 327 Satz 2 das. gerade dem Zweck entsprungen ist, die sich für den Schuldner aus §§ 346 flg. ergebenden ungebührlichen Härteil zu vertneiden, wenn der Rücktritt erfolgt, ohne daß ihm eine Schuld beizumessen ist. In solchen Fällen hat der Gesetzgeber die Haftung des Schuldners auf die Bereicherung beschränke« wollen. Die Fassung des Gesetzes gibt freilich diesen vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit durchaus richtigen und der Billigkeit entsprechendem Grundgedanken nur unvollkommen wieder, da der Wortlaut des § 327 Satz 2 den Anschein erweckt, als ob damit nur die Bereicherungshaftung des Rücktritts g e g n e r s bei mangelnder Vextretungspflicht auf seiner Seite habe angeordnet werden sollen, während für den angedeuteten gesetzgeberischein Grundsatz die Vertretungspflicht des Rückgewährpflichtigen das Entscheidende wäre, gleichviel von wem die Rücktrittserklärung ausgeht. Indessen folgt doch anderseits aus der Fassung des Gesetzes, daß der „andere Teil", der den Grund des Rücktritts nicht zu vertreten hat, der Rückgewährpflichtige sein muß, da „dieser" nur für die Bereicherung haften soll. Es unterliegt daher keiroean Bedenken, mit deta RGRKommentar § 327 Bern. 2 die Vorschrift dahin aaszulegen, daß sie allgemeine Gültigkeit besitzt, ohne Rücksicht darauf, vom welcher Seite aus der Rücktritt erfolgt. Mindestens ist der Analogieschluß dahin ohne weiteres gerechtfertigt, und er entspricht auch dem in § 323 Abs. 3 BGB. ausgedrückten Rechtsgedanken, sofern danach bei beiderseits nicht verschuldeter Leistung9unmöglichkeit die Rückgewähr des Geleisteten den Bereicherungsgrundsätzen unterstellt wird. Eine unmittelbare Anwendung von § 323 Abs. 3 auf den Streitfall, wie sie die. Beklagten wollen, kommt nicht in Frage, da hier kei für die durch die Benutzung des Wagens eingetretene Abnutzung, jedoch zuzüglich von ihm aufgewendeter Erneuerungskosten, insgesamt die Zahlung von 10 031,60 RM. nebst Zinsen, sowie Rückgabe der Steyr-Limousine Zug um Zug gegen Rückgabe des ihm verkauften NAG.-Wagens. In zweiter Reihe hielt er seinen Minderungsantrag aufrecht. Das Landgericht erklärte den Wandelungsanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung ist rechtskräftig zurückgewiesen. Im Verfahren über die Höhe des dem Kläger auf Grund der Wandelung zustehenden Anspruchs haben die Parteien insbesondere darüber gestritten, welche Nutzungen der Kläger durch den Gebrauch des ihm gelieferten NAG.- Wagens gehabt habe, ob und inwieweit bei der Bemessung dieser Nutzungen die durch den Gebrauch eingetretene Verschlechterung des Wagens zu berücksichtigen sei, wie hoch der Wert des in Zahlung gegebenen Steyr-Wagens, zu dessen Rückgabe die Beklagte außerstande ist, anzusetzen sei, und welche Partei die vom Kläger aufgewendeten Kosten für Instandsetzungsarbeiten zu tragen habe. Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 8393,20 RM. nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des dem Kläger verkauften NAG.-Kraftwagens.

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Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Im Laufe des Berufungsverfahrens zog der Kläger den umstrittenen Wagen aus dem Betrieb und stellte ihn gegen ein monatliches Entgelt von 20 RM. unter. Das Kammergericht wies die Berufung der Beklagten zurück und verurteilte sie zur Zahlung von 9000 RM. nebst Zinsen und von weiteren je 20 RM. für jeden angefangenen Monat vom 6. September 1933 ab Zug um Zug gegen Herausgabe des NAG.- Kraftwagens. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg aus nachstehenden Gründen: Die Entscheidungsgründe des jetzt angefochtenen Urteils gehen davon aus, daß eine besondere Verschlechterung des dem Kläger geli ferten NAG.-Wagens und ein hierfür ursächliches Verschulden des Klägers nicht dargetan sei. Infolgedessen ist das Berufungsgericht in Uebereinstimmung mit dem Landgericht der Ansicht, daß es darauf ankomme, die Nutzungen zu schätzen, die der Kläger der Beklagten herauszugeben habe. Bei einer solchen Schätzung könne allerdings, so wird ausgeführt, die durch die Benutzung tatsächlich entstandene Wertminderung des Wagens nicht ganz ausgeschaltet werden, da gewisse Beziehungen zwischen Nutzungen und Minderwert nicht völlig geleugnet werden könnten. Ehe Wertminderung könne hierbei aber nur als einer der im ganzen für die Schätzung in Betracht kommenden Umstände verwertet werden. Die im Handelsverkehr in der Regel angenommene Wertminderung, wie sie der Sachverständige rechnerisch festgestellt habe, könne also niemals gleich der Nutzung durch den Eigenbesitzer gesetzt werden. Der Wert der vom Kläger zu vergütenden Nutzungen sei ganz erheblich geringer anzunehmen als der handelsüblich berechnete Minderwert eines Kraftwagens. Auf Grund dieser Erwägungen bemißt das B e rufungsgericht den vom Kläger zur Abgeltung der gezogenen Nutzungen zu zahlenden Betrag auf 5000 RM. Auf der anderen Seite sieht es die Beklagte für verpflichtet an, dem Kläger den Wert des in Zahlung gegebenen Steyr-Wagens mit 800 RM. und die von ihm aufgewendeten Erneuerungskosten mit 718,20 RM. zu erstatten. Demgemäß gelangt das angefochtene Urteil zu einer Summe von rund 9000 RM., die die Beklagte gegen Rückgabe des dem Kläger gelieferten Wagens noch an diesen zu zahlen habe. Die Revision erhebt gegen diese Erwägungen des Kammergerichts den Vorwurf, daß der Begriff des Verschuldens nach § 989 in Verbindung mit § 347 B G B . zu eng gefaßt sei. Bei einem Kraftfahrzeug sei jede Benutzung nach der besonderen Beschaffenheit der Maschine und des Arbeitsvorgangs mit einem Verbrauch der Substanz, einer Wertminderung verbunden. Ganz roh betrachtet, sei ein Wagen bei normaler Benutzung innerhalb von 5 Jahren verbraucht. Unter diesen

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Umständen dürfe der Käufer, der eine Wandlung erklärt habe und den Wagen zur Verfügung stelle, dessen Rückgabe e r verlange und anbiete, den Wagen nicht benutzen. Wenn er es dennoch tue, so verschlechtere er schuldhaft den Kaufgegenstand. Die Vornahme des Gebrauchs sei bei einer solchen Maschine immer eine Vornahme des Verzehrs. Der Wandelung begehrende Käufer habe die Rechtspflicht, den Verzehr der Sache zu unterlassen und zu vermelden. Der Angriff der Revision ist begründet. Nach § 467 BGB. finden auf die Wandelung die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346 bis 348 BGB. Anwendung. Aus der Anwendung des § 347 das. folgt, daß sich der Anspruch des Verkäufers auf Schadensersatz wegen Verschlechterung der Kaufsache nach den Vorschriften bestimmt, die für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von detm Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten. Das bedeutet nach § 989 BGB., daß der Käufer dem Verkäufer für den Schaden verantwortlich ist, der dadurch entsteht, daß infolge seines Verschuldens die Sache verschlechtert wird. Diese Haftung für verschuldete Verschlechterung besteht nach § 347 bereits vom Empfang der Leistung an. Im Schrifttum ist allerdings mehrfach die Ansicht vertreten, daß für die Fälle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts und so auch für den Fall der Wandelung die Haftung für verschuldete Verschlechtelung wie für verschuldeten Untergang der Sache nicht bereits vom Zeitpunkt des Empfangs der Leistung an begründet sei, sondern daß aus Billigkeitsrücksichten die entsprechende Anwendung des § 347, die für diesen Fall vorgeschrieben sei, dazu führen müsse, den Haftungsbeginn auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. In der Bestimmung dieses Zeitpunkts gehen die Ansichten auseinander. Von einigen wird der Zeitpunkt der Entstehung des Rücktritts- oder Wandelungsrechts als maßgebend angesehen ( P l a n c k - S i b e r BGB. 4. Aufl. 1914, 0 e r t m a n n BGB. 5. Aufl. 1928, beide § 347 Anm. 1), von anderen der Zeitpunkt, in dem der Leistungsempfänger von dem Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen des Rücktritts oder der Wandlung Kenntnis erlangt (RGRKomm. z. BGB. 8. Aufl. § 347 Anm. 1); eine dritte Meinung endlich stellt auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ab ( W a r n e y e r BGB. § 347). Demgegenüber weist D ü r i n g e r - H a c h e n b u r g - H o e n i g e r HGB. Bd. V 1 5. 191 Anm. 215 mit Recht darauf hin, daß alle diese Meinungen gerade für den Fall der Wandelung zu unbilligen Ergebnissen führen, weil derselbe Zeitpunkt, in dem die Haftung des Käufers für Verschlechterung und Untergang beginnt, nach § 347 auch für den Beginn des Anspruchs des Verkäufers auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen maßgebend ist. Wollte man diese Herausgabepflicht nicht von dem Empfang der Leistung an bestehen lassen, so würden die

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Nutzungen noch bis zu einem späteren Zeitpunkt dem Käufer verbleiben, der Verkäufer aber hätte nach der Vorschrift in § 347 letzter Satz den Kaufpreis vom Tage des Empfangs an zu verzinsen. Zur Vermeidung von Unbilligkeiten muß deshalb auch für den Fall der Wandelung die Haftung des Käufers für Verschlechterung des Kaufgegenstandes ebenso wie seine Pflicht zur Herausgabe von Nutzungen vom Zeitpunkt des Empfangs der Leistung an bestehen (RG. in HRR. 1930 Nr. 771). Aber auch wenn man davon ausgeht, daß der wandelnde Käufer für alle von ihm verschuldeten Verschlechterungen des Kaufgegenftandes vom Zeitpunkt der Empfangnahme an bis zur Rückgabe schadensersatzpflichtig ist, so ist damit doch nicht gesagt, daß die Frage, welche Verschlechterungen als von ihm verschuldet anzusehen sind, in jedem Abschnitt dieses Zeitraums gleichmäßig zu beantworten sei. Hier ist vielmehr ein Unterschied zu machen zwischen der Zeit bis zum Verlangen der Wandelung und der folgenden Zeit. Solange der Käufer sich noch nicht entschlossen hat, Wandelung zu verlangen, solange kann es ihm nicht verwehrt werden, die ihm übereignete Sache zu benutzen, mag diese Benutzung auch ohne weiteres eine Verschlechterung zur Folge haben. Ein derartiger im. Rahmen des Ueblichen und Wirtschaftlichen vorgenommener Gebrauch der Kaufsache wird deshalb dem Käufer in diesem Zeitpunkt nicht als Verschulden angerechnet werden können. Man wird ihm 1 diglich, solange die Möglichkeit einer Wandelung überhaupt noch besteht, zumuten dürfen, die Kaufsache nicht unpfleglich zu behandeln, sie nicht mehr zu verschlechtern als dies üblicherweise durch ihren Gebrauch geschieht. Dieser Gedankengang liegt auch der für die Wandelung in gleicher Weise anwendbaren Vorschrift des § 351 BGB. zugrunde. Ein wirtschaftlich verständiger Gebrauch des Kaufgegenstandes gibt hier also den Maßstab dafür ab, ob ein Verschulden des Käufers an der Verschlechterung anzunehmen ist oder nicht (vgl. S t a u b - H e i n i c h e n HGB. § 377 Anm. 65 S. 167; v o n T u h r Allg. Teil II 1 § 43 Anm. 110). Anders ist die Frage des Verschuldens zu beurteilen von dem Zeitpunkt ab, in dem der Käufer Wandelung verlangt hat. Nunmehr hat an die Stelle der Rücksicht auf den eigenen Bedarf, auf den Zweck, zu dem der Kaufgegenstand erworben wurde, die Rücksicht auf die Belange des Verkäufers zu treten, der die Sache zurücknehmen soll. Diese Rücksicht zwingt 'den Käufer dazu, von dem Augenblick an, in dem er sein Wandelungsbegehren ausgesprochen hat, die Benutzung des Kaufgegenstandes einzustellen, sofern diese gleichzeitig eine Verschlechterung bedeutet, wie dies bei Kraftwagen, Kleidungsstücken, Möbeln und dergl. der Fall zu sein pflegt. Ob

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eine andere Auffassung Platz greifen darf, w e n n es sich um Gegenstände handelt, bei denen der Gebrauch der Sache keine Verschlechterung zur Folge hat, oder gar um Kaufsachen, bei denen ein gewisser maßvoller Gebrauch, wie bei einem Pferde, zur Erhaltung notwendig ist, bedarf hier nicht der Prüfung. Daß grundsätzlich wenigstens die einigermaßen dauernde Weiterbenutzung mit dem Wandelungsbegehren nicht vereinbar ist, hat die Rechtsprechung auch ständig in den Fällen angenommen, in denen es sich um die Frage handelte, ob der Käufer sein Wandelungsrecht verloren habe (vgl. WarnRspr. 1931 Nr. 19 und die dort aufgeführten Entscheidungen). Setzt also der Käufer entgegen seiner Unterlassungspflicht den Gebrauch .der Kaufsache fort, obwohl er e r k e n n t oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen müßte, daß der Gebrauch mit einer Verschlechterung v e r k n ü p f t ist, so ist diese von ihm verschuldet. An der Pflicht zur Unterlassung des Gebrauchs ändert es auch nichts, wenn sich der Verkäufer im Verzug mit d e r Rücknahme der Kaufsache (Gläubigerverzug) befindet; ein Unterschied ist hier nur insofern gegeben; als sich die Haftung des Käufers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt (§ 300 BGB.). Eine Ausnahme kann allein für den Fall gelten, daß der V e r k ä u f e r mit der weiteren Benutzung des Kaufgegenstandes einverstanden ist. Dies Einverständnis wird sich unter Umständen auch aus dem Verhalten des Verkäufers ergeben; so kann mitunter die Tatsache, daß der Verkäufer den Kaufgegenstand trotz vollzogener Wandelung nicht zurücknimmt und den Kaufpreis nicht zurückzahlt, für ein Einverständnis sprechen, insbesondere dann, wenn ihm bekannt ist, daß der Käufer der Benutzung der Kaufsache dringend bedarf. Hiervon abgesehen aber kann auch die Tatsache, daß der Käufer die Kaufsache, sei es für seinen Gewerbebetrieb, sei es für seinen persönlichen Gebrauch nötig hat, die Zulässigkeit der Weiterbenutzung nach erklärter Wandelung an sich nicht begründen. Ist der Käufer gezwungen, sich Ersatz zu beschaffen und hierfür erhöhte Aufwendungen zu machen, so wird er diese vom Verkäufer, sofern sich letzterer im Schuldnerverzug befindet, unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens erstattet verlangen können; dies um so mehr, wenn er den V e r k ä u f e r auf die Notwendigkeit der Ersatzbeschaffung und den dadurch ihm erwachsenden besonders hohen Schaden hingewiesen hat. Im Einzelfall kann allerdings auch der vom Verkäufer zu vertretende Verzugsschaden dadurch gemindert werden, daß der Käufer, anstatt eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen, den Kaufgegenstand selbst weiter benutzt. Sind die Umstände derart, hat der Käufer insbesondere den im Schuldnerverzug befindlichen Verkäufer auf die Notwendigkeit der Weiterbenutzung hingewiesen, dann wird zu prüfen sein, ob nicht der Verkäufer durch seinen Verzug auch die Ver-

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schlechterung des Kaufgegenstandes ganz oder teilweise selbst verschuldet hat und deshalb ein Schadensersatzanspruch auf seiner Seite entfällt (§ 254 BGB.). Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger selbst vorgetragen, daß er den ihm von der Beklagten gelieferten Kraftwagen, obgleich er bereits im April 1932 Einwilligung in die Wandlung verlangt hatte, erst im Laufe des zweiten Rechtszugs am 6. September 1933 aus dem Betrieb genommen habe. Unter diesen Umständen durfte sich das Berufungsgericht nicht mit der Feststellung begnügen, daß eine besondere Verschlechterung des Wagens und ein hierfür ursächliches Verschulden des Klägers nicht dargetan seien; es durfte der Beklagten nicht ohne weitere Begründung lediglich einen Anspruch auf Erstattung der vom Kläger gezogenen Nutzungen zuerkennen. Unter Berücksichtigung der im vorstehenden dargelegten Grundsätze wird das Kammergericht vielmehr noch zu prüfen haben, ob der Kläger nicht durch die Weiterbenutzung des Wagens von der Erklärung des Wandelungsbegehrens an bis zum Monat September 1933 eine Verschlechterung verschuldet hat, für die er der Beklagten verantwortlich ist. RGZ. 151, 304 ## • 2. Wann liegt ein Erlöschen des Rücktrittsrechts im Sinne des § 356 Satz 2 BGB. vor? 3. Ist der Fall des § 356 Satz 1 BGB. gegeben, wenn es sich bei den mehreren Beteiligten um eine Erbengemeinschaft handelt? B G B . §§ 326 flg., 356. V. Z i v i l s e n a t .

Urt v. 12. Juni 1936.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter ,,Zivilprozeß". RGZ. 153, 395 1. Ist bei einem außergerichtlichen Vergleich der einzelne Gläubiger zum Rücktritt berechtigt, wenn er auf Grund eines Rundschreibens des Schuldners annehmen mußte, alle Gläubiger wurden aus dessen Vermögen gleichmäßig befriedigt werden, sich diese Gleichbehandlung aber nicht bewahrheitet? 2. Wie ist in einem solchen Falle die Beweislast? 3. Hat der einzelne Gläubiger auch dann ein Rücktrittsrecht, wenn der Schuldner einem anderen Gläubiger aus seinem Vermögen eine Sonderbefriedigung gewährt hat, ein Dritter sich aber noch vor ZitiIü. Sdiuldredit 3

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dem Zustandekommen des Vergleichs dem Schuldner zur Erstattung dieser Sonderbefriedigung verpflichtet hat? B G B . §§ 157, 346, 356. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 23. Februar 1937. I. Landgericht Nordhausen.

II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Die Klägerin hatte .mit ihren Gläubigern, zu denen auch die Beklagten gehörten, einen vom Amtsgericht S. am 21. Oktober 1931 bestätigten Vergleich geschlossen, durch den die Forderungen zinslos bis zum 1. Oktober 1934 gestundet wurden, aber nach Möglichkeit in Teilzahlungen getilgt werden sollten. Im Herbst 1933 wandte sich die Klägerin, nachdem sie 3 5 % auf die Forderungen bezahlt hatte, an ihre Gläubiger mit der Bitte um Zustimmung zu einem außergerichtlichen Vergleich, in dem ihr auf die Schulden ein Nachlaß von 30 % gewährt werden sollte, während sie sich verpflichtete, die restlichen 3 5 % bis zum 10. April 1934 zu bezahlen. Eine große Anzahl der Gläubiger stimmte dem Vergleichsvorschlag zu. Die übrigen Gläubiger suchte die Klägerin durch weitere Rundschreiben zur Zustimmung zu bewegen. Am 19. April 1934 schrieb sie in einem an alle Gläubiger gerichteten Schreiben, da einige Gläubiger ihre Zustimmung versagten, müsse sie einen Betrag von etwa 4000 bis 5000 RM. ausgeben, um einen gerichtlichen Vergleich durchzuführen. Sie hat aber keinen Antrag auf Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens gestellt, sondern sich mit den widersprechenden Gläubigern geeinigt. Als bekannt wurde, daß diese Gläubiger bevorzugte Befriedigung erhalten hatten, fochten neben anderen Gläubigern auch die Beklagten ihre Zustimmungserklärungen an und betrieben aus dem gerichtlich bestätigten Vergleich vom 21. Oktober 1931 die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Klägerin. Diese hält die Vollstreckung für unzulässig, weil der von ihr erstrebte außergericht liehe Vergleich wirksam zustande gekommen sei, und beantragte mit der Klage, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der im einzelnen bezeichneten Restforderungen, die zusammen 8021,33 RM. betragen, für unzulässig zu erklären. Die Beklagten machen geltend, der außergerichtliche Vergleich sei nicht zustande gekommen, da die bevorzugten Gläubiger nicht zugestimmt hätten. Außerdem hätten sie nur einem Vergleich zugestimmt, bei dem alle Gläubiger gleichmäßig behandelt werden sollten; sie hätten deshalb ihre Zustimmungserklärungen mit Recht wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten; auch verstoße das Verhalten der Klägerin gegen §§ 826, 823 Abs. 2 B G B . in Verbindung mit § 263 StGB. Die Klägerin hat diese Ausführungen bestritten.

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Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin wurde das angefochtene Urteil aufgehoben und nach dem Klagantrag erkannt aus folgenden Gr ü n d e n : Der Berufungsrichter hält ohne Rechtsverstoß den Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs auf der Grundlage einer Befriedigung der Gläubiger in Höhe von 70 °/o für nachgewiesen. . . . Er führt weiter aus, der Vergleich sei aber wieder aufgehoben worden, da die Beklagten durch ihr Anfechtungsschreiben von diesem wirksam zurückgetreten seien, weil die unstreitig bevorzugten Gläubiger zum Teil aus dem Vermögen der Klägerin befriedigt worden seien. Er geht davon aus, daß beim außergerichtlichen Vergleich Sonderabkommen mit einzelnen Gläubigern zwar zulässig seien, dies aber nicht gelte, wenn der Schuldner den Gläubigern eine gleichmäßige Behandlung zugesichert habe. Diese Rechtsauffassung steht mit der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts in Uebereinstimmung (s. J a e g e r KO. 6./7. Aufl. § 181 Anm. 9). Die Revision hält aber die Auffassung des Berufnngsrichters, im vorliegenden Fall sei den Gläubigern eine gleichmäßige Behandlung zugesichert worden und diese Zusicherung sei unrichtig gewesen, für rechtsirrig. Hiermit greift sie jedoch in unzulässiger Weise die vom Berufungsrichter vorgenommene Auslegung der verschiedenen Schreiben der Klägerin an. Dieser konnte darin die Zusicherung finden, daß alle Gläubiger gleichmäßig nur 70°/o ihrer Forderungen erhalten würden. Diese Auffassung ist keineswegs unmöglich; sie steht vielmehr mit der herrschenden Meinung in Uebereinstimmung, wonach der einzelne Gläubiger in der Regel mit einer gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger rechnen darf, wenn der Schuldner in üblichen Rundschreiben die gleichmäßige Befriedigung aller seiner Gläubiger zur Grundlage seines Vergleichsvorschlages macht. — Die Revision beanstandet auch zu Unrecht die Meinung des Berufungsrichters, bei diesem Sachverhalt hätten die Gläubiger ein Recht, vom Vergleich zurückzutreten. Wenn der einzelne Gläubiger auf Grund der Rundschreiben des Schuldners annehmen muß, alle Gläubiger würden gleichmäßig befriedigt, so muß der Vergleich nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte gemäß § 157 BGB. dahin ausgelegt werden, daß der Gläubiger zum Rücktritt berechtigt sein soll, wenn sich die durch die Umstände gerechtfertigte Erwartung der Gleichbehandlung nicht bewahrheitet (vgl. J a e g e r a. a. 0.). Dem steht für den gegebenen Fall nicht etwa die nachgiebiges Recht enthaltende Bestimmung des § 356 BGB. entgegen, wonach das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden kann, wenn bei dem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite M*

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mehrere beteiligt sind. Greift dieser Grundsatz in der Regel auch dann Platz, wenn es sich um mehrere Geschäfte handelt, die zusammen eine Einheit darstellen (RGR. Komm. z. B G B . § 356 Amn. 1), so muß doch bei einem außergerichtlichen Vergleich mit einer Vielheit von Gläubigern als Vertragswille angenommen werden, daß jeder einzelne Gläubiger unabhängig von der Entschließung der anderen das Rücktrittsrecht ausüben kann; denn andernfalls wäre dieses Recht in vielen Fällen praktisch undurchführbar, weil es nicht gelingen wird, die vielen Beteiligten, deren Belange oft verschieden sein werden, zu einem einheitlichen Vorgehen zu bestimmen. Das wäre aber mit dem Grundsatz der Berücksichtigung von Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr nicht zu vereinbaren. So faßt auch der Berufungsrichter die Sachlage offensichtlich auf, wenn er den Beklagten grundsatzlich für diesen Fall ein Rücktrittsrecht zubilligt, obgleich er nicht sagt, auf Grund welcher Bestimmungen er das Rücktrittsrecht für gegeben erachtet. Der Berufungsrichter nimmt weiter an, der Rücktritt sej in einem solchen Falle allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn die Befriedigung der bevorzugten Gläubiger wegen der ihrerseits nicht erlassenen Forderungsanteile nicht aus dem Vermögen des Schuldners, sondern aus dem eines Dritten erfolgt sei; hierbei sei entscheidend, daß die Mehrbeträge endgültig aus dem Vermögen des Dritten kämen und der Schuldner, falls er mit den Gläubigern ein Sonderabkommen abgeschlossen und ihnen das Geld ausgezahlt habe, im Auftrage des Dritten handle und von ihm die bindende Zusicherung erhalten habe, daß er die Mehrbeträge übernehme; hierfür sei der Schuldner beweispflichtig. Der Berufungsrichter hält auch für erwiesen, daß alle bevorzugten Gläubiger der Klägerin außer den Erben K. aus Mitteln der Zentralbank mitteldeutscher Genossenschaften in H. befriedigt worden seien, da der Aufsichtsrat am 3. September 1934, also vor Auszahlung dieser Gläubiger, beschlossen habe, die Zahlung der Mehrbeträge zu übernehmen. Dagegen stellt er fest, daß die Klägerin in der Zeit vom 6. März bis 16. Mai 1934 an die K.sehen Erben den als Bevorzugung anzusehenden Betrag von 500 RM. ausgezahlt habe; da die Zentralbank aber erst am 3. September 1934 sich in rechtlich bindender Weise zur Erstattung dieses Betrages verpflichtet habe, so habe die Klägerin das Sonderabkommen mit den Erben K. aus eigener Entschließung getroffen und aus eigenen Mitteln erfüllt. Hiernach seien die Beklagten mit Recht vom Vertrage zurückgetreten. Die Revision rügt hier mit Unrecht, daß der Berufungsrichter die Klägerin in diesem Punkt für beweispflichtig hält. Wenn der Vergleich dahin zustande gekommen ist, daß alle Gläubiger gleichmäßig

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befriedigt werden, so ist es zwar Sache des Gläubigers, der ein Rücktrittsrecht vom Vergleich geltend macht, nachzuweisen, daß keine gleichmäßige Befriedigung stattgefunden habe. Hat er dies aber dargetan, so muß davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzung der gleichmäßigen Befriedigung nicht gegeben ist; dann ist es Sache des Schuldners, die von ihm geltend gemachte Ausnahme nachzuweisen, daß die Befriedigung wegen der in Frage kommenden Mehrbeträge nicht aus seinem Vermögen, sondern aus dem dritter Personen erfolgt sein. Die Revision macht weiter geltend, der Berufungsrichter habe wegen des Zeitpunkts der Zahlung an die Erben K. von seiner Fragepflicht Gebrauch machen müssen, dann würde die Klägerin behauptet und bewiesen haben, daß die Anweisung zur Zahlung an diese erst am 4. Januar 1935 erfolgt und der Betrag erst am 15. März 1935 von ihnen abgehoben sei. Es kommt jedoch nicht darauf an, ob diese Rüge aus § 139 ZPO. an sich begründet ist. Denn auch wenn die Zahlung an die Erben K. in der Zeit vom 6. März bis 16. Mai 1934 geschehen sein sollte, würde dies den Beklagten kein Rücktrittsrecht geben. Der Berufungsrichter verläßt den bis dahin von ihm eingeschlagenen richtigen Weg und irrt rechtlich, wenn er meint, auch die spätere Uebernahme des Betrags durch die Zentralbank sei unerheblich. In diesem Punkt stellt er tatsächlich fest, daß eine Bindung der Zentralbank auch zur Uebernahme der an die Erben K. gezahlten 500 RM. durch den am 3. September 1934 erfolgten Aufsichtsratsbeschluß erfolgt sei, und weiter, daß der Vergleich erst durch die Ende September/Anfang Oktober 1934 erfolgten Zahlungen an die anderen bevorzugten Gläubiger zustande gekommen sei; denn deren Zustimmung findet er ja gerade darin, daß sie die damalige Zahlung der Mehrbeträge angenommen haben. Dann aber lag in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Vergleichsabschlnsses auch wegen des den Erben K. zugebilligten Mehrbetrags die bindende Verpflichtung eines Dritten zu dessen Uebernahme vor, so daß eine bevorzugte Befriedigung aus der Masse auch nicht hinsichtlich dieses Einzelbetrags erfolgt ist. Selbst wenn — wie der Berufungsrichter annimmt — die Klägerin den Erben K. zunächst 500 RM. als Sonderbefriedigung aus ihrem Vermögen gezahlt haben sollte, ohne schon damals einen Ersatzanspruch gegen die Zentralbank zu haben, können sich dennoch die Beklagten zur Begründung eines Rücktrittsrechts darauf nicht berufen, da v o r dem Vergleichsabschluß die Zentralbank sich zur Erstattung dieses Betrags verpflichtet hatte. Hiernach steht den Beklagten auch dann kein Rücktrittsrecht zu, wenn man die vom Berufungsrichter festgestellten Zahlungstermine zugrunde legt.

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Bei diesem Sachverhalt entfällt auch die Möglichkeit, daß die Beklagten ihre Zustimmungserklärungen wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung anfechten könnten oder daß ihnen ein Schadensersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2, 826 BGB. in Verbindung mit § 263 StGB, zustände . . . (Wird näher ausgeführt.) Hiernach ist die Sache im Sinne des § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. zur Endentscheidung reif.

Erfüllung RGZ. 66, 54 Wird durch eine vorgängige Vereinbarung der Parteien über die Anrechnung der künftigen Zahlung auf eine bestimmte Schuld das einseitige Bestimmungsrecht des Schuldners beseitigt? BGB. § 366 Abs. 1. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Kassel.

Urt. v. 25. April 1907. II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger hatte der späterhin in Konkurs geratenen Handelsgesellschaft V. W. zwei Darlehne gegeben, eins von 25 000 M., das andere von 16 000 M. Für das letztere Darlehn, das im April 1904 bis auf 5450 M. abgetragen war, hatte der Beklagte im Dezember 1903 Bürgschaft geleistet; für dieselbe Forderung hatte die Schuldnerin dem Kläger Wechselakzepte gegeben. Mit Urkunde vom 19. Januar 1904 hatte die Firma V. W. die Anteile der beiden Teilhaber W. und R. an der Mechanischen Schäftefabrik in L., G. m. b. H., mit zusammen 32 000 M. an den Kläger „zu dessen freiem Eigentum" abgetreten, wobei bestimmt war, daß der Kläger die bei der Liquidation der Schäftefabrik auf diese Stammanteile entfallenden Beträge auf seine Darlehensforderung von 25 000 M. in Anrechnung bringen werde. Kurz vor dem 16. April 1904 war auf die dem Kläger abgetretenen Stammanteile bei der Firma V. W. ein Betrag von 7159,36 M. eingegangen. Der Teilhaber W. hatte dies dem Kläger angezeigt, worauf dieser verlangte, daß W. das Geld für ihn bei der Bankfirma A. & H. einzahle. Nun ließ W. am 16. April 1904 durch den Buchhalter K. v. P. bei der genannten Bank für Rechnung des Klägers die Summe von 7000 M. einzahlen. Der Buchhalter war von W. angewiesen, bei der Zahlung die „Wechselproteste" zu verlangen, und äußerte auch auf der Bank ein entsprechendes Verlangen, erhielt aber

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den Bescheid, die Wechselproteste seien nicht im Besitze der Bank. Der Beklagte, aus der Bürgschaft auf Zahlung der Schuld von 5450 M. in Anspruch genommen, wandte ein, daß diese Schuld durch die Zahlung der 7000 M. getilgt sei. Das Berufungsgericht verwarf, abweichend vom ersten Richter, diese Einrede. Die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen. Aus den G r ü n d e n : Das Berufungsgericht nimmt an, es ließe sich in dem Zahlungsvorgange vom 16. April 1904 eine Zahlung des W. an den Kläger finden, wobei W. bestimmt hätte, daß sie zur Tilgung der Wechselschuld geleistet werde, nämlich in der Erklärung des W.'schen Vertreters, er zahle die 7000 M. und wolle die Wechselproteste haben. Da A. & H. ermächtigt gewesen sei, Zahlungen für den Kläger in Empfang zu nehmen, und H., der Vertreter des Klägers, die mit jener Bestimmung angebotene Zahlung nicht abgelehnt, sondern angenommen habe, so hätte e r sich mit der Bestimmung einverstanden erklärt. Allein gleichwohl kann nach Ansicht des Berufungsgerichts von einer Zahlung, welche die W e c h s e l s c h u l d getilgt hätte, keine Rede sein. Mit den in der Urkunde vom 19. Januar 1904 getroffenen Bestimmungen sei ausgesprochen gewesen, daß die Forderungen aus den Stammanteilen der beiden Teilhaber der Firma V. W. nicht mehr als zum Vermögen dieser Firma, sondern als Vermögensbestandteil des K l ä g e r s in Betracht kommen sollten, an welchem allein dem Kläger das Verfügungsrecht zugestanden habe. Nach Eingang des auf jene Anteile entfallenden Betrages von 7000 M. sei die Firma, obwohl die Ueberlieferung an sie erfolgt war, verpflichtet gewesen, das Geld als dem Kläger gehörig zu betrachten und wie ein Treuhänder damit zu verfahren. Sie habe de-halb das Geld nur den Anordnungen des Klägers gemäß verwenden dürfen, und da diese Anordnung bereits im voraus und ein für allemal dahin getroffen gewesen sei, daß das Geld zur Tilgung der Darlehnsforderung von 25 000 M. zu verwenden sei, so habe die Firma und deren Inhaber die Zahlung bei A. & H. nur in dieser Weise vornehmen dürfen. Wenn W. bei der Zahlung des Geldes dem Empfangsbevollmächtigten des Klägers, der von jenem Rechtsverhältnisse des Klägers und der Firma n i c h t s w u ß t e , bemerken ließ, die Zahlung sei für die Wechselschuld bestimmt, so wäre dies rechtswidrig und für den Kläger unverbindlich; für ihn habe die Zahlung nur als die vertragsmäßig bestimmte in Betracht kommen können, und nur dann wäre ein anderer Erfolg eingetreten, wenn W. dem Kläger s e l b s t zum Bewußtsein gebracht hätte, daß er nicht auf die Darlehnsforderung, sondern auf die Wechselforderung zahlen wolle, und Kläger damit einverstanden gewesen wäre. Aber auch schon die bloße Vereinbarung zwischen W. und dem Kläger, daß

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demnächst die 7000 M. auf die Darlehnsforderung gezahlt werden sollten, reiche zu der Feststellung hin, daß die erfolgte Zahlung auf diese Forderung anzurechnen war, trotz des von W. gemachten Zusatzes in Ansehung der Wechsel. Das Oberlandesgericht schließt sich der Rechtsauffassung an, daß eine derartige Vereinbarung nicht bloß eine obligatorische Verpflichtung des Schuldners, in bestimmter Weise zu zahlen, begründe, sondern einen wirksamen Verzicht auf das dem Schuldner zustehende Bestimmungsrecht (§ 366 BGB.) enthalte. . . . Anlangend die rechtliche Bedeutung der Vereinbarung vom 19. Januar 1904, so bezweifelt die Revision, ob der Zession der Stammanteile die vom Berufungsgerichte unterstellte Rechtswirkung beigelegt werden könne. Da eine Mitteilung der Abtretung an den Drittschuldner, die in Liquidation befindliche Schäftefabrik, wie anzunehmen, nicht erfolgt sei, lasse sich nicht sagen, daß das Geld, welches die Schuldnerin den bisherigen Gläubigern ausbezahlt habe, ein Vermögensstück des K l ä g e r s gewesen sei. Im übrigen beruhe die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des § 366 B G B . Durch diese Gesetzesvorschrift werde es ausschließlich der bei der Zahlung gemachten Bestimmung des Schuldners anheimgestellt, welche von mehreren Schulden getilgt werden solle. Es sei daher die von P l a n c k aufgestellte Ansicht richtig, daß frühere Vereinbarungen den Schuldner nicht hindern, bei Leistung der Zahlung von ihnen abzuweichen. Das von der Revision aus dem Mangel einer Benachrichtigung des 'Drittschuldners entnommene Bedenken ist nicht begründet." (Wird näher ausgeführt.) „Es kann aber auch darin der Revision nicht Recht gegeben werden, daß eine Verletzung des § 366 B G B . vorliege. So viel steht zunächst außer Zweifel, daß eine vorgängige Vereinbarung des Gläubigers und des Schuldners, wonach künftige Zahlungen auf eine bestimmte Forderung anzurechnen sind, gesetzlich durchaus zulässig ist, und daß eine solche Abmachung auch den Schuldner rechtswirksam verpflichtet. Denn der § 366 B G B . enthält, wie wohl allgemein anerkannt wird, a n s i c h nur dispositives Recht. Fraglich ist aber, wieweit die Verpflichtung des Schuldners aus einer derartigen Vereinbarung wirkt und ob dadurch die in § 366 Abs. 1 B G B . für maßgebend erklärte Tilgungsbestimmung des Schuldners ausgeschaltet, einer in Abweichung von der Vereinbarung vom Schuldner bei der Leistung getroffenen Bestimmung die Rechtswirksamkeit benommen wird. Bestritten ist insbesondere, ob der Gläubiger, wenn der Schuldner der Abrede zuwider bei der Leistung eine andere als die festgesetzte Schuld tilgen zu wollen erklärt, gleichwohl unter Annahme der Leistung diese auf die vertragsmäßig bestimmte Schuld

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anzurechnen berechtigt sei. Das wird von mehreren Schriftstellern verneint, weil das Zah'ungsangebot und dessen Bedeutung ausschließlich vom Schuldner abhänge, die Erfüllungshandlung sich nur auf die von ihm bestimmte Schuld beziehe und durch die vom Schuldner eingegangene vertragliche Verpflichtung in ihrem W e s e n nicht verändert werde. Danach soll, unbeschadet der Berechtigung des Gläubigers, die Leistung abzulehnen, der vertragswidrig bestimmende Schuldner sich nur schadensersatzpflichtig machen. Vgl. P l a n c k , BGB. Bd. 2 zu § 366 Bern. 2 3. Aufl. S. 219; v. S t a u d i n g e r ( K u h l e n b e c k ) , Kommentar Bd. 2 Abt. 1 zu § 366 Bern. 2 2. Aufl. S. 228; E n n e c c e r u s , Lehrbuch des Bürg.R. 3. Aufl. § 285 S. 717. Von anderen Rechtslehrern aber wird der vorgängigen Vereinbarung der Parteien eine weitergehende Rechtswirkung zugeschrieben P i e einen erblicken darin einen nicht bloß obligatorisch wirkenden V e r z i c h t beider Teile auf den Anrechnungsmodus des § 366, namentlich also einen Verzicht des Schuldners auf das Bestimmungsrecht nach § 366 Abs. 1; oder es wird angenommen, daß gegenüber einer vertragsmäßigen Regelung die gesetzliche Vorschrift des § 366 gar nicht Platz greife, daß diesfalls die abweichende Bestimmung des Schuldners bei der Leistung nicht Ausübung seines Rechtes aus § 366 Abs. 1, sondern eine Vertragsverletzung wäre, wodurch der Gläubiger sein Recht auf die vertragsmäßige Anrechnung nicht verlieren könnte. Auch der Gesichtspunkt ist verwertet worden, daß der Schuldner in der vorgängigen Vereinbarung sein Bestimmungsrecht schon ausgeübt (konsumiert) habe. Vgl. D e r n b u r g , Das Bürgerliche Recht Bd. 2 Abt. 1 3. Aufl. § 117 S. 297 flg.; C r o m e , System des Bürgerl. Rechts Bd. 2 § 182 Nr. 4 S. 237 flg. und Anm. 50; S c h o l l m e y e r (Kommentar von H o l d e r ) zu § 366 Bern. 1 S. 286 flg.; R e h b e i n , BGB. Bd. 2 Bern. 15 zu §§ 362—371 S. 279 flg.; K i s c h , in G r ü n h u t s Zeitschrift Bd. 29 S. 352. O e r t m a n n , Recht der Schuldverhältnisse § 366 Bern. 1 2. Aufl. S. 223, geht davon aus, daß die Parteien durch die vorgängige Vereinbarung den Anrechnungsmodus des § 366 durch den vertragsmäßig vereinbarten e r s e t z e n , versagt jedoch dem Gläubiger das Recht, die unter der abweichenden Bestimmung angebotene Leistung auf die vertragsmäßig bestimmte Schuld einseitig anzurechnen. Die Ansicht, welche den Gläubiger bei vertragswidriger Bestimmung durch den Schuldner lediglich auf einen Schadensersatzanspruch verweisen will, kann in Einzelfällen zu Ergebnissen führen,

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welche mit den Grundsätzen von T r e u und Glauben im Rechtsverkehre nicht im Einklänge stehen und in unbilliger W e i s e den Gläubiger benachteiligen würden. Sieht man nicht bloß auf den W o r t laut der Vorschritten des § 366 B G B . , sondern auch auf deren B e deutung und Zweck, bezüglich der Anrechnungsweise den fehlenden oder unvollständig gebliebenen Vertragswillen der Parteien zu ergänzen, so wird man eher zu der Auffassung kommen, daß, wenn Gläubiger und Schuldner zum voraus eine Vereinbarung über die Anrechnung der Leistung auf eine bestimmte Forderung getroffen haben, hierdurch eine nachherige einseitige Bestimmung des Schuldners a u s g e s c h l o s s e n werde. Vgl. auch Motive zum Entwürfe B G B . Bd. 2 zu §§ 267 flg. S. 86. B e i dem Fehlen jedes öffentlichen Interesses ist nicht anzunehmen, daß das Gesetz mit der Vorschrift in § 366 Abs. 1 B G B . in etwa anderweit begründete Vertragsrechte eingreifen, der unmittelbar bei der Leistung vom Schuldner getroffenen Tilgungsbestimmung eine absolut maßgebliche Bedeutung ohne Rücksicht auf vorangegangene Vertragsabreden verleihen wollte. Das B e d e n k e n aber, daß das Zahlungsgeschäft vom Schuldner ausgehe, und daß es, wenn dieser auf eine andere Schuld zahlen will, hinsichtlich der vertragsmäßig festgesetzten Schuld an einem Angebote fehle, würde der Erwägung weichen müssen, daß eben durch die vertragliche Vereinbarung zum voraus der fraglichen Leistung die Richtung bestimmt angewiesen ist, in welcher sich das Zahlungsgeschäft alsdann durch den Leistungsakt vollzieht. Indes für den vorliegenden F a l l kommt es lediglich darauf an, ob durch die Zahlung der 7000 M. die von dem Beklagten verbürgte W e c h s e l s c h u l d getilgt worden ist, und dies trifft nach dem festgestellten Sachverhalt unter keinen Umständen zu. Ungeachtet eines mit dem Gläubiger getroffenen Uebereinkommens bleibt es dem Schuldner selbstverständlich nicht verwehrt, dem Gläubiger die Tilgung einer anderen Schuld, als d e r vertragsmäßig bestimmten, v o r z u s c h l a g e n , und in diesem Sinne wird seine der A b r e d e zuwiderlaufende Bezeichnung der zu tilgenden Schuld gewöhnlich aufzufassen $ein. A b e r die Wirksamkeit eines solchen einseitigen Vorschlages des Schuldners setzt dessen mindestens stillschweigende Annahme durch den Gläubiger voraus. Damit hat alsdann der Schuldner nicht das einseitige Bestimmungsrecht — welches vielmehr durch die Abrede beseitigt ist — ausgeübt; sondern e s ist durch beiderseitigen Parteiwillen (mutuo consensu) die frühere Abrede beseitigt, und an deren Stelle etwas anderes vereinbart (vgl. auch O e r t m a n n , a. a. O.]. W e n n nun der Schuldner dem Gläubiger s e l b s t die Zahlung mit dem B e m e r k e n leistet, daß auf die a n d e r e Schuld geleistet werde, und der Gläubiger, ohne dem zu widersprechen, das

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Geleistete annimmt, so wird darin in der Regel eine stillschweigende Annahme jenes Angebotes liegen. Im gegenwärtigen Falle ist jedoch nicht an den Gläubiger persönlich gezahlt worden, sondern an einen zur Empfangnahme von Zahlungen ermächtigten D r i t t e n , entweder Inkassobevollmächtigten, oder solutionis causa adjectus. Gegenüber einem solchen Dritten als dem Vertreter des Gläubigers hätte eine vom Schuldner befugterweise gemäß § 366 Abs. 1 B G B . vorgenommene Bestimmung, die eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist, rechtswirksam erfolgen können (vgl. S c h o l l m e y e r , a. a. 0 . S. 268). Dagegen würde eine Zustimmung des Gläubigers zu der von dem Schuldner vertragswidrig vorgeschlagenen Anrechnung auf eine andere Schuld hier nur dann anzunehmen sein, wenn der Dritte von der früher getroffenen Uebereinkunft der Parteien Kenntnis hatte, und weiter seine Vollmacht sich auch darauf erstreckte, von jener Vereinbarung abzugehen, mit dem Schuldner ein anderes zu bereden. Weder das eine noch das andere trifft vorliegend, soweit ersichtlich, bei der Bankfirma A. & H. zu. Aus der Tatsache, daß H. die von dem Angestellten der Schuldnerin unter dem Hinweis auf die Wechselschuld einbezahlten 7000 M. angenommen hat, könnte also nicht gefolgert werden, daß er irgendeine über den Zahlungsempfang hinausgehende Erklärung für den Kläger hätte abgeben wollen, welche der früheren Abrede der Parteien zuwiderlieft Den ihm übrigens gar nicht bekannten vertraglichen Rechten des Klägers hätte H. durch ein, sei es ausdrücklich oder stillschweigend erklärtes, Einverständnis mit der Anrechnung der Zahlung auf die Wechselschuld nichts vergeben können. Daß aber der Kläger selbst nachher sein Einverständnis mit diesem Anrechnungsmodus bekundet hätte, ist nicht behauptet; er hat im Gegenteil in seinem Schreiben an A. & H. vom 19. April 1904 die gezahlte Summe als eine Ratenzahlung ä conto der Darlehnsschuld von 25 000 M. gekennzeichnet. Unter diesen Umständen braucht nicht weiter erörtert zu werden, ob damit, daß bei dem Zahlungsakte vom 16. April 1904 der Buchhalter der Firma V. W. „eine Bemerkung in dem Sinne hinzugefügt hat", er solle sich die Wechsel (Proteste) geben lassen, wirklich, wie das Berufungsgericht unterstellt, eine Tilgungsbestimmung der Schuldnerin bezüglich der Wechselschuld deutlich zum Ausdrucke gebracht worden sei. Für eine Bestimmung im Sinne von § 366 Abs 1 BGB. war hier gegenüber der durch den Vertrag vom 19. Januar 1904 über die Verrechnung der Geldbeträge aus den Geschäftsanteilen auf die Darlehnsforderung zum voraus und endgültig getroffenen Verfügung kein Raum mehr." . . . RGZ. 66, 279 1. Trifft beim Kauf einer individuell bestimmten Sache mit Zusicherung einer Eigenschalt den Verkäufer oder den Känier die

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Beweislast, wenn der Käufer gegen die Kaufpreisklage einwendet, die von ihm noch nicht als Erfüllung angenommene Kaufsache habe die zugesicherte Eigenschaft nicht? 2. Voraussetzungen der „Annahme als Erfüllung" nach § 363 BGB. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Hagen i. W.

Urt. v. 2. Juli 1907. II. Oberlandesgericht

Hamm.

Die Klägerin verkaufte im November 1900 der Beklagten einen gebrauchten Gasmotor, Dessauer Fabrikat von 1893 oder 1894, zum Preise von 2600 M.; sie leistete d i e Garantie für den Gasverbrauch, die von der Deutzer Fabrik für gleichartige Fabrikate in den Jahren 1893 und 1894 geleistet wonden war. Der Kaufpreis war zur Hälfte zahlbar bei Empfang, zur anderen Hälfte nach Inbetriebsetzung. Die Beklagte, welche die eirste Hälfte gezahlt hatte, weigerte Zahlung der zweiten Hälfte und beantragte, die Klage auf deren Zahlung abzuweisen, da .der Motor m e h r Gas verbrauche, als zugesichert sei. Mit der Widerklage verlangte sie wegen Fehlens der zugesicherten Eigenschaft Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 463 BGB.; als T e i l dieses Schadens wurde Rückerstattung der bezahlten Kaufpreishälfte begehrt. Die. Klägerin machte unter anderem geltend: an sich schon sei die Beklagte zur Klage und zur Widerklage dafür, daß der Motor die zugesicherte Eigenschaft nicht habe, beweispflichtig. Ueberdies treffe die Bekagte die Beweislast, da sie den Motor als Erfüllung angenommen habe (§ 363 BGB.). Aus den G r ü n d e n : Zur streitigen Frage, ob der verkaufte Motor m e h r Gas verbrauche als die Deutzer Motoren aus 1893 und 1894 erwägt das Berufungsgericht, die hieraus abgeleitete Einwendung der Beklagten zur K l a g e sei als Einrede des rieht erfüllten Vertrages nicht haltbar. „ D e r M o t o r s e i a l s S p e z i e s g e k a u f t , überl i e f e r t und angenommen." Daher treffe n i c h t die Klägerin die Beweislast für Vertragsmäßigkeit des Motors, sondern der B e k l a g t e n liege, die Beweislast ob sowohl für die Zusicherung, soweit deren Umfang streitig war, als dafür, daß der Motor der Zusicherung nicht entsprechen soll. Die Beklagte habe aber den Beweis für zu hohen Gasverbrauch n i c h t erbracht und könne ihn auch nicht mehr erbringen. Gegen die Ausführungen über die B e w e i s l a s t richtet sich der Hauptanigriff der Revision. Sie macht geltend: grundsätzlich sei davon auszugehein, daß auch beim Spezieskauf der Verkäufer vertragsmäßige Erfüllung darzutun habe. Nur wenn der Käufer die gekaufte Sache als vertragsmäßig angenommen habe, ändere sich nach

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§ 363 B G B . die Beweislast. Im Hinblick auf die Zusicherung für den Gasverbrauch könne nach der Sachlage eine Annahme der Maschine als vertragsmäßige Erfüllung erst dann überhaupt in Frage kommen, wenn die Beklagte in die Möglichkeit versetzt war, den garantierten Gasverbrauch zu prüfen, oder wenn sie sich durch ihr eigenes Verhalten der Möglichkeit unverzüglicher Prüfung begeben hatte. Beides sei im gegebenen Falle ausgeschlossen. Der Angriff ist verschieden zu beurteilen, soweit er die Klage, und soweit er die Widerklage betrifft. Zur Klage> ist er gerechtfertigt. Durch die Klage ist verlangt Zahlung des noch ausstehenden Kaufgelderrestes, also Erfüllung des Kaufvertrages. Nach Sachlage sind wegen der Beweislast zur Klage z w e i rechtliche Gesichtspunkte auseinanderzuhalten. Zunächst ist zu prüfen, ob beim S p e z i e s k a u f der V e r k ä u f e r , der E r f ü l l u n g des V e r t r a g e s durch Zahlung des Kaufpreises v e r l a n g t , wenn der Käufer entgegenhält, es sei beim Kaufabschlüsse eine Eigenschalt zugesichert, und er brauche nicht zu erfüllen, weil die Kaufsache nicht die zugesicherte Eigenschaft besitze, — wenn der Käufer, mit anderen Worten, die Einrede des n i c h t g e h ö r i g e r f ü l l t e n Vertrages aus dem Fehlen jener zugesicherten Eigenschaft ableitet —, ü b e r h a u p t z u b e w e i s e n hat, einmal daß des- Vertrag nicht mit jener Zusicherung geschlossen! sei, oder doch, wenn letzteres feststeht, daß die Kaulsache die zugesicherte Eigenschaft hat, oder ob den K ä u f e r nach b e i d e n Richtungen die B e w e i s l a s t trifft. In zweiter Reihe ist dann zu erörtern, ob nicht den Käufer im gegebenen Falle die Beweislast um deswillen trifft, weil e r die ü b e r g e b e n e K a u f s a c h e im S i n n e d e s § 3 6 3 B G B . a l s E r f ü l l u n g a n g e n o m m e n hat. Das Berufungsgericht beschäftigt sich mit der ersten Frage nicht ausdrücklich, da es jedenfalls eine „Annahme als Erfüllung" im Sinne des § 363 als vorliegend erachtet. Soweit es sich um deren V o r f r a g e handelt, ob den Käufer die Beweislast dafür trifft, daß die von ihm behauptete Zusicherung vereinbart wurde, ist es auch nicht nötig, zu ihr Stellung zu nehmen/, da das Berufungsgericht den Inhalt der hier in Frage stehenden Zusicherung für den Gasverbrauch festgestellt hat. Zu dem in der Rechtslehre vielerörterten zweiten Teil jener Frage, ob der K ä u f e r , wenn feststeht, daß der Vertrag mit einer Zusicherung abgeschlossen ist, b e w e i s e n m ü s s e , daß die gekaufte Sache die z u g e s i c h e r t e E i g e n s c h a f t n i c h t h a t ,

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oder ob dem V e r k ä u f e r der B e w e i s o b l i e g e , daß die verkaufte Sache die zugesicherte Eigenschaft besitzt, hat beim Spezieskauf, um dem es sich hier handelt, die Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts und des Reichsgerichts für das gemeine Recht und für das preuß. Allgemeine Landrecht in Verbindung mit dem Handelsgesetzbuche die Beweislast des K ä u f e r s angenommen. Für das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist die letztere Frage lebhaft umstritten. Nach der einen Ansicht genügt beim Spezieskauf der Verkäufer, auch falls eine Eigenschaft zugesichert wurde, seiner E r f ü l l u n g s p f l i c h t , wenn er die verkaufte Spezies ohne die zugesicherte Eigenschaft liefert. Nach dieser An-sicht liegt in der Zusicherung nicht das Versprechen, die Eigenschaft verschaffen zu wollen, sondern lediglich die Uebernahme der Garantie für ihr Vorhandensein zur Zeit des Gefahrüberganges; deshalb h a t der Käufer n i c h t die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, und trifft i h n gegen den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises die Beweislast, daß die gekaufte Speziessache nicht die zugesicherte Eigenschaft hat. Nach einer anderen Ansicht ist es ein T e i l d e r E r f ü l l u n g s p f l i c h t , daß der Verkäufer die gekaufte Speziessache mit der zugesicherten Eigenschaft liefert. Nach dieser Auffassung hat der Käufer die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gegen den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises, wenn die gekaufte Speziessache nicht die zugesicherte Eigenschaft hat, und den Verkäufer trifft, auch wenn er die Kaufsache bereits übergeben, dieser Einrede gegenüber die Beweislast dafür, daß die von ihm übergebene Kaufsache die zugesicherte Eigenschaft hat, es sei denn, daß der Käufer die gekaufte Speziessache als Erfüllung im Sinne des § 363 BGB. angenommen, und ihm auf Grund letzterer Gesetzesvorschrift die Beweislast trifft. Der erkennende Senat muß in folgerichtigem. Ausbau der seinem Urteil vom 24. Oktober 1902, Rep. II. 192/02, — Entsch. in Zivils. Bd. 52 S. 352 — zugrunde liegenden Auffassung der letzteren Ansicht beitreten und danach annehmen, d a ß im gegebenen Falle zur K l a g e auf Zahlung des Kaufpreises den Verkäufer die Beweislast dafür trifft, daß der von ihm übergebene Motor die zugesicherte Eigenschaft — hier in bezug auf den Dampfverbrauch — hatte, es sei denn, daß der Käufer den Motor als Erfüllung im Sinne des § 363 angenommen hat. Wie in dem Urteile des erkennenden Senats vom 7. Juni 1907, Rep. II. 63 07, ausgeführt ist, kann der rechtliche Begriff der „Annahme als Erfüllung" im Sänne des § 363 n e g a t i v dahin abgegrenzt werden, e r verlange keine so weit gehende Willensrichtung bei der Annahme auf Seiten des Gläubigers, daß er das der Leistung zugrunde liegende Schuldverhältnis zufolge der ihm als Erfüllung

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angebotenen und von ihm als solche angenommenen Leistung als durch Erfüllung erloschen erachte; denn § 363 ändert nichts an den materiellen Rechten und Pflichten des Gläubigers und des Schuldners; insbesondere folgt aus der Annahme der Leistung als Erfüllung im Sinne des § 363 keinerlei Aufgeben irgendwelcher Rechte und keinerlei Verzicht auf solche; es ändert sich nur die Beweislast. Der erkennende Senat hat weiter in dem gedachten Urteil den rechtlichen Begriff der „Annahme als Erfüllung" im Sinne des § 363 p o s i t i v dahin näher zu bestimmen versucht, der Wille des Gläubigers müsse im Falle des § 363 nur darauf gerichtet sein, d i e Leistung, also vorliegend den gekauften Motor, als die gekaufte Sache anzunehmen, um sie zu behalten, falls sich nicht etwa die Berechtigung zur Wandelung ergeben sollte. Dort ist noch ausgeführt: „Tut er dies", das ist, hat er die Leistung als Erfüllung in dem dargelegten Sinne angenommen, „so hat er nachher die von ihm behaupteten Mängel der W a r e " — es handelte sich damals um einen Gattungskauf — „ru beweisen, und dies alles selbst dann, wenn er bei der Annahme der W a r e als Erfüllung ausdrücklich Vorbeihalte gemacht und ausdrücklich erklärt hat, die Fehlerlosigkeit und Vertragsmäßigkeit der W a r e nicht anzuerkennen." Im übrigen gebt das gedachte Urteil gleichfalls davon aus, es sei a u s d e n U m s t ä n d e n d e s F a l l e s zu entscheiden, ob eine Annahme als Erfüllung in dem dort dargelegten Sinne stattgehabt habe. Im gegebenen Falle könnten nach dem Tatbestande des Berufungsurteils außer den bereits erörterten Ausführungen darüber, daß ein Spezieskauf und ein. daneben hergehender Werkvertrag abgeschlossen war, als Umstände des Falles noch in Betracht kommen: der Motor wurde am 19. November 1900 der Beklagten übersendet; er kam bei ihr am 26. November an. An diesem Tage zahlte* sie die Hälfte des Kaufpreises, indem sie 9ich wegen vier abgebrochener Schrauben am Zylinder und etwaiger sonstiger Beschädigungen ihre Ansprüche vorbehielt. Durch Postkarte vom 30. November zeigte sie der Klägerin an, die Fundamente seien fertiggestellt, und ersuchte um Zusendung eines Monteurs auf den 3. Dezember. Die Klägerin schickte den Monteur H., der den Motor in den Tagen vom 4. bis zum 7. oder 8. Dezember aufstellte. Die Gaszuleitung, die zu den der Beklagten obliegenden Montáeruing9arbeiten gehörte, und die Ausblaseleitung wurden noch nicht montiert. Am 23. Dezember bat die Beklagte, den Monteur am Tage nach Weihnachtein wieder zu senden, um den Motor in Tätigkeit zu setzen, da sie mit den Arbeiten bis dahin soweit fertig sein werde. Am 4./5. Januar 1901 setzte der von der Klägerin gesendete Monteur den Motor in Betiieb; mach seiner Abreise ergaben sich, wie Beklagte behauptet, alsbald Stockungen und Schwierigkeiten. Auf Ersuchen der Beklagten vom 10. Januar um

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nochmalige Zusendung eines Monteurs sandte die Klägerin einen solchen. Nach seinem Weggange traten indes nach deni Schreiben der Beklagten wiederum Schwierigkeiten im Betriebe ein. Am 14. Januar schrieb sie der Klägerin, sie werde de« Motor nicht eher abnehmen, bis sie die Ueberzeugung von seiner Gebrauchsfähigkedt habe. Nach weiterem Briefwechsel schrieb am 28. Januar der Geschäftsführer der Beklagten an die Klägerin, sie könnten den Motor nicht behalten, da er doppelt soviel Gas verbrauche als die Deutzer Motoren. Das Berufungsgericht hat das gedachte Tatsachenmaterial in seinen Urteilsgründem nicht im einzelnen geprüft; es beschränkt sich auf die Ausführung, „der Motor ist als Spezies gekauft, überliefert und angenommen". Seine Urteilsgründe lassen daher ausdrücklich nicht erkennen, welche Umstände aus jenem Tatsachenmaterial für die Auffassung, daß hier eine Annahme als Erfüllung vorliege, maßgebend waren. Nun handelt es sich im gegebenen Falle. um Zusicherung einer Eigenschaft — Menge des Gasverbrauchs —, deren Vorhandeinisein erst n a c h de*m Ingebrauchsetzen de« Motors in den Händen des Käufers erkannt werden kann. Bei solcher Sachlage wird aber nach Auffassug des erkennenden Senats eine A n n a h m e b e h u f s P r ü f u n g u n d U n t e r s u c h u n g in der Regel n o c h n i c h t ,,Annahme als Erfüllung" im Sinne des § 363 sein, es sei derco, daß weitere besonderei Umstände den Schluß rechtfertigen, es habe auch in einem solchen Falle schon v o r der Prüfung und Untersuchung eine Annahme als Erfüllung stattgehabt. Mit diesen Darlegungen verläßt der Senat nicht etwa die in seinem Urteil vom 7. Jumi 1907 ausgesprochene rechtsgrundsätzliche Auffassung; er gibt ihr nur die für einen Fall, wie er hier zu entscheiden ist, gebotene nähere Begrenzung. Danach würde daraus, daß die Beklagte den übersendeten Motor nicht sofort zurückgewiesen, daß sie ihira ferne«- im Rahmen des mit der Klägerin weiter geschlossenen Werkvertrages hat aufstellen lassen, mit rechtlicher Notwendigkeit noch nicht eine „Annahme als Erfüllung" abzuleiten sein, vielmehr nur unter besonderen weiteren Umständen angenommen werden können, daß eine solche stattgehabt hat. Aus dem vorliegenden Material über das Verhalten der Beklagten n a c h der Montierung ergibt sich gleichfalls nicht mit absoluter Notwendigkeit eine „Annahme als Erfüllung". Das Fehlen jeder Begründung darüber, aus welchen Umständen des gegebenen Falles eine „Annahme als Erfüllung" abgeleitet wurde, macht aber jede Nachprüfung unmöglich, ob das Berufungsgericht von einer richtigen Auffassung des rechtlichen Begriffes der „Annahm« als Erfüllung" ausgegangen ist. Die Art seiner Begründung legt zum mindesten nahe, daß es von der Auffassung ausging, aus einer An-

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nähme zur Prüfung und Untersuchung ergebe sich mit rechtlicher Notwendigkeit eime Annahme als Erfüllung im Sinne des § 363. Eine solche rechtliche Auffassung wäre aber im gegebenen Falle rechtsirrtümlich. Fällt wegen dieser rechtlichen Bedenken der Ausgang des Berufungsgerichts, daß eine Annahme als Erfüllung im Sinne des § 363 vorliege, und daß deshalb die Beklagte beweispflichtig sei, so fällt auch seine Entscheidung zur Klage, soweit darin Zahlung des Kaufgelderrestes mit 1300 M. verlangt ist. Die Sache war indes in diesem Umfange nicht zur Entscheidung reif. . . . Der bezeichnete Angriff einer Verletzung der Beweislast ist dagegen n i c h t gerechtfertigt zur W i d e r k l a g e . Durch diese verlangt die Beklagte, indem sie sich auf den Standpunkt stellt, die Klägerin habe durch Lieferung des Motors, dem die zugesicherte Eigenschaft fehlte, überhaupt nicht erfüllt, aus § 463 BGB. unter Zurückweisung des Motors d e n Schadensersatz, der aus der hierdurch bewirkte® vollständigen Nichterfüllung des Vertrages sich ergebe, — Entsch. des RG.'s im Zivils. Bd. 52 S. 355 — und beansprucht als T e i l dieses Schadensersatzes wegen Nichterfüllung die Erstattung eines dem b e z a h l t e n Kaufpreise entsprechenden Betrages, der auch vom ersten Richter zuerkannt wurde. Zur Rechtfertigung eines solchen Anspruchs trifft aber den k l a g e n d e n K ä u f e r die Beweislast dafür, daß die Kaufsache die zugesicherte Eigenschaft nicht hatte. Dies hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung über ihre Revision nicht verkannt. Die von ihr hervorgehobenen allgemeinen Erwägungen sind wicht geeignet, aus der Aufhebung des Urteils zur Klage auf Zahlung des Kaufpreises auch die Aufhebung des Urteils zur Widerklage zu rechtfertigen." . . .

R G Z . 71, 2 3

Zum Begriffe der Annahme einer Leistung als Erfüllung im Sinne des § 363 BGB. II. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 16. April 1909.

I. Landgericht Leipzig, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht

Dresden.

Aus den G r ü n d e n : ,,Der Berufungsrichter stellt fest, daß die vier ersten Sendungen wegen Wasserzusatzes gehörig gerügt worden sind. Bei der fünften Sendung läßt es der Berufungsrichter dahingestellt, ob eine Mängelrüge stattgefunden hat. Der Berufungsrichter führt im übrigen aus, der Beklagte habe alle fünf Sendungen als Erfüllung im Sinne des § 363 BGB. angenommen, so daß sich die Beweislast umgekehrt habe: Zivils.

Sifuldrcrfit

3

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der Beklagte müsse beweisen, daß die fünf Sendungen einen Wasserzusatz hatten. Diesen Beweis erachtet der Berufungsrichter als nicht geführt. Der Beklagte rügt Verkennung des Begriffs der Erfüllungsannahme: er habe wiederholt die Annahme verweigert und weitere Sendungen untersagt; hiermit habe er deutlich ausgedrückt, daß er die Lieferungen nicht als vertragsmäßige gelten lasse; ein solches Verhalten schließe die Anwendung des § 363 BGB. aus. Der Beklagte beachtet bei dieser Ausstellung nicht, daß es bei seinen Verwahrungen nicht geblieben ist. Der Berufungsrichter stellt nämlich noch weiter fest, daß der Kläger nicht nur alle Beanstandungen des Beklagten zurückgewiesen, sondern auch auf der Annahme der Ware als einer vertragsmäßigen bestanden hat, sowie daß der Beklagte jeweils insoweit nachgab, daß er die fünf Sendungen annahm, verarbeitete und für sich verwendete, allerdings unter Vorbehalt etwaiger Ansprüche aus der Gewährleistung. Der Beklagte hat damit über die Ware im eigenen Interesse und zum Zwecke des Behaltens verfügt. Hierin liegt eine Annahme als Erfüllung nach § 363 B G B . Ein Vorbehalt dahin, daß die Vertragsmäßigkeit der Ware nicht anerkannt werde, ändert nichts. Denn durch die Annahme als Erfüllung wird die Ware nicht als eine vertragsmäßige genehmigt; ein Vorbehalt der Nichtgenehmigung versteht sich daher hier von selbst und ist mit § 363 B G B . sehr wohl vereinbar. Ein Vorbehalt, der die Anwendung des § 363 B G B . ausschließen soll, müßte dahin gehen, daß der Käufer lediglich als Geschäftsführer des Verkäufers aufzutreten und für dessen Rechnung handeln zu wollen erklärt. Eine dahin gehende Behauptung hat der Beklagte nicht aufgestellt, auch keine Erklärung in der Korrespondenz abgegeben, die dahin gedeutet werden könnte. Der Berufungsrichter hat also den § 363 B G B . richtig angewendet." RGZ. 102, 344 Hat die Post ein unmittelbares Klagerecht gegen den Empfänger einer Nachnahmesendung, wenn der Postschaffner die mit Nachnahme belasteten Pakete gegen das Versprechen späterer Zahlung ausgeliefert hat? VII. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Hannover.

Urt. v. 21. Juni 1921. II. Oberlandesgericht

Celle.

Am 11. September 1919 überbrachte der Postschaffner M. vom Postamt II in H. dem Beklagten mit dem Post-Paketwagen 20 Wertpakete, die mit insgesamt 5540 M. Nachnahme und mit 108 M. Porto und Bestellgeld belastet waren. Da P., der Geschäftsführer des Beklagten, nicht soviel Geld in der Kasse hatte, anderseits M. wegen

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Ueberlastung des Paketwagens die Pakete nicht wieder zurücknehmen wollte, wurde vereinbart, daß die Pakete dableiben und M. das Geld gegen Mittag abholen sollte. Die Pakete wurden durch M. und einen von ihm zugezogenen Hilfsbeamten abgeladen, es fand sich aber dabei noch eine dritte Person in Postuniform, der wegen Unterschlagungen aus dem Postdienst entlassene frühere Postillon D. ein, der nach dem Zeugnis P.'s sich an dem Abladen beteiligte und bei der Vereinbarung hinter M. stand, von diesem aber nach dessen Zeugnis, als er seiner ansichtig wurde, weggewiesen wurde. M. überließ P. auch die Begleitadressen mit dem Auftrage, die Beträge zusammenzurechnen und zu quittieren. Mittags erschien dann D., ließ sich von P. das Geld auszahlen, trennte von den Begleitadressen die Abschnitte ab, die er P. überließ, und nahm die Adressen an sich. Als sodann M. sich einfand, war D. bereits verschwunden. Der Kläger machte den Beklagten, weil er an eine unberechtigte Person gezahlt habe, verantwortlich und erhob Klage auf Zahlung von 5648 M. Der Beklagte bestritt die Berechtigung des Klägers zur Klage, wandte auch eiin, daß er an D., der mit abgeladen habe und durch Postuniform sowie die Nachnahmepapiere nach § 370 B G B . legimitiert gewesen sei, habe zahlen dürfen. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, das Oberlandesgericht aber die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache in die Vorinstanz zurückverwiesen worden. Aus den G r ü n d e n : . . . Das Landgericht hatte seine Entscheidung auf die von M. mit P. getroffene Vereinbarung gestützt, zu der M. vielleicht nicht berechtigt gewesen sei, die aber der Kläger nachträglich durch Erhebung der Klage genehmigt habe. Von der hiernach dem Beklagten obliegenden Zahlungspflicht habe sich dieser durch die Zahlung an den Schwindler D. nicht befreien können, denn mit diesem habe P. nicht verhandelt und von ihm auch die Nachnahmepapiere nicht erhalten, so daß der Beklagte auf § 370 B G B . sich nicht berufen könne. Das Oberlandesgericht hat die Frage, ob der Beklagte durch die Zahlung an D. von seiner Zahlungsverbindlichkeit sich endgültig befreit hat, dahingestellt gelassen und die Klage aus dem Grund abgewiesen, weil zwischen den Parteien keine den Kläger zur Klage berechtigenden Beziehungen beständen. Eine unerlaubte Handlung falle dem Beklagten nicht zur Last, eine Vereinbarung, wie sie das Landgericht angenommen, sei aber rechtsgültig nicht zustande gekommen. § 19 der (gemäß § 50 des Reichspostgesetzes vom 28. Oktober 1871 25*

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erlassenen) Postordnung vom 20. März 1900 schreibe zwingend vor, daß Nachnahmesendungen nur gegen Berichtigung des Nachnahmebetrags ausgehändigt werden dürften. E i n e Abweichung davon sei eine Verletzung der Dienstvorschriften, die auch durch eine Genehmigung der Oberpostdirektion nicht habe geheilt werden können. Denn auch diese sei zu einer Abänderung nicht befugt gewesen. Auch aus dem Gesetz und aus dem Vertragsverhältnis zum Absender sei ein Klagerecht der P o s t gegenüber dem Empfänger der Sendung nicht abzuleiten. Demgegenüber hat die Revision zunächst mit Recht gerügt, daß die Postordnung vom 20. März 1900 (RZB1. S . 5 3 ) , auf deren Wortlaut im § 19 I V der Berufungsrichter seine Entscheidung gegründet habe, zur Zeit des hier in R e d e stehenden Vorgangs überhaupt nicht mehr in Geltung gewesen sei, und daß § 19 I V der jetzigen Postordnung vom 28. J u l i 1917 ( R G B l . S. 763) des Wörtchen „nur" aus dem der Berufungsrichter die zwingende Natur der Bestimmung abgeleitet habe, nicht enthalte, sondern nur besage: „Am Bestimmungsorte wird die Nachnahmesendung dem Empfänger vorgezeigt und gegen den Nachnahmebetrag ausgehändigt". Aber auch abgesehen hiervon war das Berufungsurteil nicht haltbar. Daß Stundungen des Nachnahmebetrags nicht unbedingt ausgeschlossen, vielmehr unter Umständen die Gewährung von Einlösungsfristen bis zur Dauer von 7 Tagen zulässig ist, ergab schon die Postordnung vom 20. M ä r z 1900 im § 19 V I übereinstimmend mit dem jetzigen § 19 V I . Freilich ist dabei, wenigstens als Regel, vorausgesetzt, daß die Sendung dem Empfänger nicht ausgehändigt wird, solange der Nachnahmebetrag nicht bezahlt ist. Die Möglichkeit einer solchen verfrühten Aushändigung beim Vorliegen besonderer Umstände und bei völliger Sicherheit des Empfängers ist jedoch nicht ausgeschlossen. Die Postordnung selbst (§ 19 VI, jetzt 19 V I I I ) rechnet mit der Möglichkeit einer Aushändigung ohne Einziehung des Nachnahmebetrags. Wenn dort in einem solchen F a l l e die P o s t dem Absender gegenüber für haftbar erklärt wird „vorbehaltlich der Abtretung seines Anspruchs gegen den Empfänger", so ist damit nicht gesagt, daß jeder unmittelbare Anspruch gegen den Empfänger, auch da, wo er aus dem Gesetz oder einer Vereinbarung hergeleitet werden kann, ausgeschlossen sein soll. Im § 7 2 Abs. 4 E V O . vom 23. Dezember 1908 ist bestimmt: „Ist das Gut ohne Einziehung der Nachnahme ausgeliefert worden, so hat die Eisenbahn dem Absender den Schaden bis zum Betrage -der Nachnahme zu ersetzen, vorbehaltlich ihres Anspruchs gegen den Empfänger. In Beziehung auf diesen bestimmen § 436 H G B . und § 76 Abs. 4 E V O . : „Durch Annahme des Gutes und des Frachtbriefs wird der Empfänger verpflichtet, der Eisenbahn nach Maßgabe des Frachtbriefs Zahlung zu leisten." Die Eisenbahn kann hiernach auch nachträglich die Nachnahme von dem Empfänger einziehen (vgl. E g e r , E V O . 3. Aufl. S. 348 Anm. 347, S. 384, 396; E g e r ,

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Frachtrecht, 2. Aufl. Bd. 2 S. 362). J a selbst, wo diese Vorschriften nicht anwendbar sind, weil nur das Frachtgut, aber nicht der Frachtbrief übergeben ist, kann aus der Annahme des Frachtguts und der Kenntnis der Nachnahmebelastung eine vertragsmäßige Verpflichtung zur Zahlung des Nachnahmebetrags nach der Verkehrssitte und den Verkehrsanschauungen hergeleitet werden (RGZ. Bd. 95 S. 122; J W . 1919 S. 450 Nr. 12). Die frachtrechtlichen Vorschriften finden nun freilich nach § 452 HGB. auf die Beförderung von Gütern durch die Postverwaltung keine Anwendung. Auch die Postordnung bestimmt aber im § 50 Abs. VI, übereinstimmend mit § 50 VI der Fassung vom 20. März 1900: „Hat der Empfänger die Sendung angenommen, so ist er . . . zur Zahlung des Portos und der Gebühren verpflichtet und kann sich davon durch spätere Rückgabe der Sendung nicht befreien." Hiernach wird im vorliegenden Falle, da P. von M. die Nachnahmesendungen mit den Begleitadressen, also doch wohl endgültig, übernommen und nur eine Stundung der Geldzahlung stattgefunden hatte, zunächst kaum ein Bedenken darüber obwalten können, daß der Kläger die Postgebühren (Porto und Bestellgeld) im Betrage von 108 M. auch nach der Aushändigung der Pakete von dem Beklagten einfordern, und wenn dieser nicht etwa — was der Berufungsrichter offen gelassen hat — durch die Zahlung an D. freigeworden ist, auch einklagen durfte. In betreff des Nachnahmebetrages von 5540 M. fehlt es allerdings in der Postordnung an einer dem § 50 Abs. VI a. a. O. entsprechenden Bestimmung. Hier greifen aber alle die Erwägungen durch, die der I. Zivilsenat des Reichsgerichts in dem bereits angezogenen Urteil RGZ. Bd. 95 S. 124 in dem analogen F a l l e der Eisenbahn-Nachnahme beim Versagen der frachtrechtlichen Bestimmungen aus den allgemeinen Bestimmungen über Treu und Glauben und aus den Verkehrsanschauungen abgeleitet hat. „In dieser Hinsicht — so heißt es dort — kann es einem Zweifel nicht unterliegen, daß derjenige, der Frachtgut an sich nimmt, wissend, daß es mit einer Nachnahme belastet ist, zu deren Bezahlung er vorher aufgefordert war, und der dann trotz Aufforderung keine Anstalten macht, es herauszugeben, so anzusehen ist, wie einer, der sich zur Bezahlung der Nachnahme und der Fracht verpflichtet hat." Im vorliegenden F a l l e hat ohne Zweifel der Beklagte durch seinen Geschäftsführer P. eine solche Verpflichtung sogar ausdrücklich übernommen. Die Gründe, aus denen der Berufungsrichter diese Verpflichtung nicht gelten lassen will, beruhen teils auf der irrigen Annahme, daß die angeblich zwingenden Vorschriften der Postordnung vom 20. März 1900 noch in Geltung seien, teils auf einer ungenügenden Würdigung dieser Vorschriften. Vereinbarungen über Stundung des Nachnahmebetrags sind, wie bereits erwähnt, in gewissem Umfange zulässig. Insoweit die Zuständigkeit des Postamts und des

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überbringenden Postbeamten dazu nicht ausgereicht haben sollte, ist jedenfalls, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, durch die das Reich vertretende Oberpostdirektion bei Anstellung der Klage Genehmigung eingetreten, so daß der Klage, soweit sie auf Gesetz und Vertrag sich gründet, Bedenken nicht entgegenstehen. Im übrigen würde auch dann, wenn man — der beiläufigen Andeutung des Berufungsrichters folgend — annehmen könnte, daß M. die Nachnahmesendungen an P. nicht endgültig, sondern nur zur einstweiligen Verwahrung abgegeben hätte, nicht jeder unmittelbare Anspruch des Klägers gegen den Beklagten ausgeschlossen sein. Der Kläger hätte dann den mittelbaren Besitz behalten, und wegen fahrlässiger Beeinträchtigung und Entziehung dieses Besitzes könnten nach § 823 BGB. P., und nach § 31 BGB., der Beklagte verantwortlich gemacht werden (JW. 1911 S. 939 Nr. 2; RGZ. Bd. 57 S. 94, Bd. 59 S. 326). Weiter könnte durch das unberechtigte Behalten der Nachnahme-Pakete auch in diesem Falle, wie in dem in RGZ. Bd. 95 S. 122 behandelten, eine nachträgliche stillschweigende Zahlungsverpflichtung entstanden sein. . . . RGZ. 105, 266 f 1. Wann gilt der Kaufpreis als bezahlt: a) im Falle vereinbarter oder dem Käufer freigestellter Ueberweisung des Betrags auf eine vom Verkäufer bezeichnete Bank, b) im Falle vereinbarter Akkreditivstellung bei einer vom Verkäufer bezeichneten Bank? 2.*) II. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 13. Oktober 1922. I. Landgericht Landsberg a. W.

II. Kammergericht Berlin.

Der Beklagte hatte auf einem Gute Waldbestand zum Abholzen erworben und im Dezember 1919 mit dem Schlagen und Aufarbeiten begonnen. Im Januar 1920 verkaufte er dem Kläger das von etwa 20 Morgen anfallende Kiefernlangholz. Der Inhalt dieses Vertrags ist niedergelegt in einem das Datum vom 6. Januar 1920 tragenden Schreiben des vom Kläger mit der Vermittlung des Geschäfts beauftragt gewesenen Agenten K. in Stettin. Danach handelte es sich um schätzungsweise 500 bis 800 Festmeter, die in Teilpartien vom Kläger abgenommen und spätestens bis zum 1. Oktober 1920 von ihm abgefahren werden sollten; der Kaufpreis betrug 110 M. für den Festmeter ab Wald und war „innerhalb 8 Tagen nach der Absendung der *) Ueberholt.

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AuBmaßliste und Rechnung" zu zahlen, weitere 5 M. für den Festmeter sollte der Kläger unter gewissen Voraussetzungen nach der Abwicklung des ganzen Geschäfts zahlen. Die vereinbarte Anzahlung von 5000 M., die abredegemäß bei der letzten Ueberweisung zu verrechnen war, hat der Kläger geleistet. Unterm 10. Januar 1920 übersandte der Beklagte dem Kläger durch den Agenten K. die erste Ausmaßliste über 257,90 Festmeter mit dem Ersuchen, den Rechnungsbetrag von 29658,50 M. auf sein Konto bei der Zweigstelle Küstrin der Diskontogesellschaft zu überweisen; dabei hatte er den Festmeter mit 115 M. berechnet. Der Kläger erteilte mit Schreiben vom 21. dess. Mts. der Deutschen Bank, Filiale Stettin, für den um 5 M. für den Festmeter gekürzten Rechnungsbetrag (28 369 M.) entsprechenden Auftrag. Ebenfalls unterm 21. Januar 1920 richtete der Beklagte an den Agenten K. ein Schreiben, worin er erklärte, er setze wegen des noch ausstehenden Kaufpreises den K. „bzw." den Kläger in Verzug und gebe gleichzeitig noch eine Nachfrist bis zum 26. dess. Mts., „innerhalb welcher Zeit mir das fällige Kaufgeld in bar — nicht Scheck — entweder direkt zugestellt oder bei meiner Bank eingegangen sein muß"; für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs drohte er seinen Rücktritt von dem Vertrage an. Diesen Rücktritt erklärte er dann durch Brief vom 27. Januar 1920. Der Kläger erhob Klage auf Lieferung des gekauften Holzes. Das Landgericht gab der Klage statt, die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Auch die Revision blieb erfolglos. Gründe: Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Deutsche Bank, Filiale Stettin, den Auftrag des Klägers vom 21. Januar 1920 in der Weise ausgeführt, daß der Ueberweisungsbetrag von 28 369 M. am 24. dess. Mts. zunächst ohne Avis bei der Zweigstelle Küstrin der Diskontogesellschaft einging und daß dann das Avis, das erforderlich war, um den Betrag auf dem Konto des Beklagten unterzubringen, am 26. dess. Mts. und zwar während der üblichen Geschäftszeit — zwischen 9 und 5 Uhr — eintraf. Bei der Prüfung der Frage, ob damit die dem Kläger bis zum 26. Januar gesetzte Nachfrist gewahrt war, geht das Berufungsgericht, indem es sich der Auffassung des Beklagten anschließt, davon aus, daß entscheidend sei, ob die Bank des Beklagten (die Zweigstelle der Diskontogesellschaft) im ordnungsmäßigen Geschäftsgange den überwiesenen Betrag noch am 26. Januar dem Beklagten auf sein Konto zur Verfügung hätte stellen können und sollen, so daß er in der Lage gewesen wäre, noch am 26. Januar darüber zu verfügen. Daß die Leistung rechtzeitig in diesem Sinne gewesen sei, bejaht es, indem es zunächst den Zeugenaussagen entnimmt, daß bei der Bank des Beklagten normalerweise die

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his 6 Uhr einlaufende Korrespondenz noch an demselben Tage erledigt werde und daß dies auch im vorliegenden Falle geschehen wäre, wenn der Beklagte darauf aufmerksam gemacht hätte, daß von der Erledigung die Innehaltung einer Frist abhänge. Weiter führt es aus: Wenn die dem Kläger als Zahlstelle bezeichnete Bank des Beklagten (nach den Zeugenaussagen) wegen besonderer Arbeitsbelastung gerade damals nicht in der Lage gewesen sei, ihre Eingänge in der sonst üblichen Weise zu erledigen, so könne dieser Umstand nicht dem Kläger zur Last gelegt werden, vielmehr habe dieser seiner Pflicht dadurch Genüge getan, daß Geld und Avis zu einer Zeit bei der Diskontogesellschaft eingegangen seien, zu welcher er bei ordnungsmäßigem Geschäftsverlauf noch mit einer Umbuchung auf das Konto des Beklagten am selben Tage habe rechnen können; gegenüber der ausdrücklichen Bekundung des Zeugen, Bankbeamten K., daß zwischen 9 und 5 Uhr einlaufende Eingänge noch am selben Tag erledigt zu werden pflegten, sei der vom Beklagten dafür angetretene Beweis, daß es üblich sei, die nach 1 Uhr eintreffenden Eingänge als erst am folgenden Tag eingegangen zu behandeln, unerheblich; unerheblich sei auch die vom Beklagten unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, daß selbst am folgenden Tag, am 27. Januar, ihm auf Erkundigung bei der Bank nach dem Eingange des Betrags erwidert worden sei, es sei noch nichts eingegangen; denn da feststehe, daß Geld und Avis bereits am 26. J a nuar eingetroffen gewesen seien, so würde diese unrichtige Auskunft vom 27. Januar nur noch mehr bestätigen, daß infolge der ungewöhnlichen Arbeitsbelastung der Bank die Eingänge damals nicht ordnungsmäßig bearbeitet worden seien. Diese Beurteilung läßt einen den Beklagten beschwerenden Rechtsirrtum nicht erkennen. Die Revision meint, die Leistung des Klägers wäre nur dann rechtzeitig gewesen, wenn der Beklagte noch am 26. Januar Kenntnis von dem Geldeingang oder der Buchung auf sein Konto erhalten hätte, weil er nur dann, was das Berufungsgericht selbst zutreffend als zur Rechtzeitigkeit erforderlich ansehe, in der Lage gewesen wäre, über den gezahlten Betrag zu verfügen. Dem steht entgegen, daß dem Kläger nur oblag, spätestens am 26. J a n u a r den geschuldeten Kaufpreis zu zahlen, und daß er es nicht dem Beklagten zu ermöglichen hatte, noch am 26. Januar Verfügung über das Geld zu treffen. Seiner Zahlungspflicht hat er aber jedenfalls dadurch genügt, daß die Ueberweisung, wie das Berufungsgericht feststellt, bei der ihm vom Beklagten als Zahlstelle bezeichneten, als Beauftragte des Beklagten handelnden Bank so zeitig einging, daß die Buchung auf das Konto des Beklagten bei normaler Erledigung noch an demselben Tag erfolgen konnte. Wenn der erkennende Senat in dem Urteile RGZ. Bd. 103 S. 376 für den Fall der Akkreditivstellung angenommen hat, daß zur vollständigen Erfüllung der Eingang des

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Geldes bei der Bank nicht ausreiche, sondern daß es noch einer Erklärung der Bank an den Verkäufer bedürfe, so ist daraus für den vorliegenden Fall, wo es sich um eine bloße Zahlung handelt, nichts zu folgern. Denn die Akkreditierung, deren Zweck die Sicherstellung des Verkäufers ist, ist der Anlaß zur Schaffung eines neuen Verhältnisses, nämlich zwischen dem Verkäufer und der Akkreditivbank. Hier bedarf es der Erklärung der Bank, um dem Verkäufer Kenntnis von seiner Akkreditierung zu geben. Darüber hinaus aber begründet diese Erklärung bei entsprechender Fassung je nach den Umständen, insbesondere je nach der Unwiderruflichkeit oder Widerruflichkeit des Akkreditivs, für die Bank eine Verpflichtung zur vertragsmäßigen Auszahlung dem Verkäufer gegenüber. Von alledem ist bei der vom Beklagten freigestellten und vom Kläger angewendeten Art der Zahlung durch Banküberweisung, die mit der Buchung des überwiesenen Betrags auf dem Konto des Beklagten bei seiner Bank erfolgt ist, keine Rede. In seiner Nachfristbestimmung vom 21. Januar hat denn auch der Beklagte nichts weiter verlangt, als daß das Geld am 26. Januar bei seiner Bank eingegangen sein müsse. Die weiteren hierher gehörigen Ausführungen der Revision, daß die Schuld an der nicht rechtzeitigen Buchung und Benachrichtigung lediglich den Kläger treffe, sind gegen* standslos, da eine Fristversäumung überhaupt nicht vorliegt. Auf die eventuelle Erwägung des Berufungsgerichts, daß der Kläger selbst dann, wenn man die Zahlung erst mit der tatsächlich am 27. J a n u a r erfolgten Gutschrift als bewirkt ansehen wollte, immer noch innerhalb der angemessenen Frist gezahlt haben würde, weil die bis zum 26. Januar gesetzte Frist zu kurz gewesen sei, kommt es hiernach nicht mehr an. . . . RGZ. 114, 139 Zur Frage der Rechtswirksamkeit von Zahlungen au! das Bankkonto eines Kaulmanns, wenn die Bank die Benachrichtigung des Kontoinhabers von der erfolgten Gutschrift verabsäumt. B G B . § 362. I. Z i v i 1 s e n a t. I. L a n d g e r i c h t

Hamburg,

II. Oberlandesgericht

Urt. v. 23. Juni 1926.

Kammer

für

Handelssachen.

daselbst.

Am 14. September 1923 beauftragte die Klägerin die Bankfirma P. & Co. in Prag, für ihre Rechnung 50 Milliarden M. an die Firma Sch. & Co. in Hamburg zu zahlen, und zwar durch Ueberweisung auf deren Konto bei der Beklagten. Auf Grund dieses Auftrags übersandte die Firma P. & Co. laut Schreiben vom 17. September 1923 der Beklagten für Rechnung der Klägerin einen Scheck

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über 50 Milliarden Papiermark und belastete dafür die Klägerin mit 18 026,50 Tschechenkronen. Da in dem Schreiben nicht angegeben war, für wen der Scheckbetrag bestimmt sei, fragte die Beklagte deswegen bei der Firma P. & Co. an und erhielt am 28. September 1923 die Nachricht, daß die Gutschrift für die Firma Sch. & Co. in Hamburg erfolgen solle. Darauf nahm die Beklagte diese Gutschrift am 29. September 1923 in ihrem Hauptbuch vor, gab aber der Firma Sch. & Co. hiervon keine Nachricht. Letztere hatte inzwischen, am 19. September 1923, der Klägerin mitgeteilt, daß die erwarteten 50 Milliarden Papiermark nicht eingegangen seien. Daraufhin beauftragte die Klägerin die Firma P. & Co. nochmals mit der Ueberweisung von 50 Milliarden Papiermark an die Beklagte zugunsten der Firma Sch. & Co. Demgemäß schickte die Firma P. & Co. am 20. September 1923 abermals einen Scheck über 50 Milliarden Papiermark an die Beklagte und teilte ihr gleichzeitig mit, daß sie den Scheckbetrag der Firma Sch. & Co. gutschreiben solle. Diese Gutschrift ist alsbald erfolgt. Von der Gutschrift machte die Beklagte der Firma Sch. & Co. am 24. September 1923 Mitteilung. F ü r die erneute Ueberweisung hat die Firma P. & Co. der Klägerin 15 023 Tschechenkronen in Rechnung gestellt. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe den ersten Ueberweisungsauftrag der Firma P. & Co. zwar eingenommen, aber nicht ordnungsmäßig ausgeführt. Denn dazu habe gehört, daß die Beklagte von der am 29. September 1923 vollzogenen Gutschrift umgehend der Firma Sch. & Co. Nachricht gab. Mangels solcher Benachrichtigung sei der am 29. September 1923 der Firma Sch. & Co. gutgeschriebene Betrag ohne deren Wissen und zum Schaden der Klägerin durch die nachfolgende Verschlechterung der deutschen Valuta völlig entwertet worden. Darüber hinaus habe aber die Klägerin oder die Firma P. & Co. einen Schaden dadurch erlitten, daß durch das Verhalten der Beklagten die zweite Uebersendung eines Schecks von 50 Milliarden Papiermark verursacht worden sei, wodurch der Klägerin Ueberweisungskosten in Höhe von 15 023 Tschechenkronen erwachsen seien. Die Klage werde aber auch auf ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten gestützt. Die Firma P. & Co. habe ihre Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin klage aus eigenem und aus abgetretenem Rechte. Die Beklagte hat den Klaganspruch nach Grund und Betrag bestritten. Die erste Instanz hat nach dem Klagantrag erkannt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin war erfolglos.

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Gründe: Das Berufungsgericht hat unter anderem folgendes ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Firma P. & Co., habe bei der Uebersendung des ersten Schecks an die Beklagte verabsäumt, dieser mitzuteilen, für wen der Betrag bestimmt sei. Eine Mitteilung hierüber habe die Beklagte erst am 28. September 1923 auf Grund einer Rückfrage erhalten. Die so erfolgte Verzögerung der für die Gutschrift des Scheckbetrags auf Girokonto der Firma Sch. & Co. erforderlichen Angabe habe es bewirkt, daß die Firma der Klägerin mitgeteilt habe, der angeforderte Betrag von 50 Milliarden Papiermark sei nicht eingegangen. Infolge dieser Nachricht habe die Klägerin die Firma P. & Co. veranlaßt, am 20. September 1923 nochmals einen Scheck von 50 Milliarden Papiermark an die Beklagte für die Firma Sch. & Co. zu schicken. Diese zweite Ueberweisung desselben Betrags sei ausschließlich durch das erwähnte Versehen der Firma P. & Co. verursacht worden. Anderseits habe die Beklagte zwar unterlassen, die auf Grund der ersten (am 17. September 1923 erfolgten und am 28. September 1923 vervollständigten) Ueberweisung am 29. September 1923 geschehene Gutschrift von 50 Milliarden Papiermark zugunsten der Firma Sch. & Co. dieser rechtzeitig mitzuteilen; dadurch sei aber der Klägerin kein Schaden entstanden. Denn mit der am 29. September 1923 erfolgten Gutschrift im Hauptbuch der Beklagten seien die Verpflichtungen der Klägerin der Firma Sch. & Co. gegenüber erfüllt, derart, daß diese Firma in ihrem Verhältnis zur Klägerin die Zahlung als am Tage der Gutschrift geschehen gelten lassen müsse. Demgegenüber meint die Revision, die Klägerin sei dadurch geschädigt, daß die Beklagte die Firma Sch. & Co. von der am 29. September 1923 vollzogenen Gutschrift nicht alsbald benachrichtigt habe. Denn wenn diese Benachrichtigung erfolgt wäre, so hätte die Firma S.h. & Co. spätestens am 30. September 1923 von der Ueberweisung Kenntnis erhalten und hätte entweder den Betrag sofort zurücküberwiesen oder der Klägerin für die Entwertung des Betrags vom Gesichtspunkt des Schadensersatzes oder der ungerechtfertigten Bereicherung aus einstehen müssen. Diese Ansprüche will die Klägerin in erster Linie aus dem zwischen ihrer Zedentin, der Firma P. & Co., und der Beklagten durch die fragliche Ueberweisung begründeten Vertragsverhältnis herleiten. Nun hatte unbestritten die Firma Sch. & Co. zur maßgblichen Zeit nach außen und insbesondere der Klägerin gegenüber zu erkennen gegeben, daß sie bei der Beklagten ein Girokonto habe und daß letztere ermächtigt sei, auf dieises Girokonto Zahlungen für die Firma Sch. & Co. entgegenzunehmen. Die Firma P. & Co. konnte also, dem Auftrag der Klägerin entsprechend, auf jenes Girokonto

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

für die Firma Sch. & Co. rechtsverbindliche Zahlungen leisten. Eine solche Zahlung ist mit der Gutschrift des der Beklagten zuerst übersandten Schecks am 29. September 1923 zugunsten der Firma Sch. & Co. erfolgt. Es mag sein, daß diese Zahlung insofern überflüssig war, als die 50 Milliarden Papiermark, welche die Klägerin an die Firma Sch. & Co. zahlen wollte, bereits durch Gutschrift des am 20. September 1923 von der Firma P. & Co. der Beklagten übersandten Schecks an die Firma Sch. & Co. gelangt waren. Das ändert aber nichts daran, daß auch die am 29. September 1923 von der Beklagten vorgenommene Gutschrift des ihr am 17. September 1923 übersandten Schecks im Rahmen des zwischen den Beteiligten insbesondere zwischen den jetzigen Streitteilen bestehenden Verkehrsverhältnisses erfolgte. Die so vollzogene Gutschrift hatte die Wirkung, daß am 29. September 1923 als dem Tage der Gutschrift das Konto der Firma Sch. & Co. bei der Beklagten in Höhe des gutgeschriebenen Betrags zugunsten der Firma Sch. & Co. verändert wurde. Die damit begründete Sach- und Rechtslage konnte ohne Zustimmung der Firma Sch. & Co. von der Beklagten nicht einseitig geändert werden. Und zwar gilt dies ohne Rücksicht darauf, ob die Firma Sch. & Co. von der Gutschrift durch die Beklagte benachrichtigt wurde oder sonstwie Kenntnis davon erlangte. Ob die Beklagte verpflichtet war, eine solche Nachricht alsbald nach vollzogener Gutschrift an die Firma Sch. & Co. gelangen zu lassen, richtet sich grundsätzlich nur nach dem zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnis. Es war also auch gegebenenfalls nur die Firma Sch. & Co. berechtigt, von der Beklagten jene Benachrichtigung zu verlangen. Dagegen war der von der Firma P. & Co. der Beklagten erteilte und von dieser angenommene Auftrag zur Gutschrift des mit Schreiben vom 17. September 1923 übersandten Schecks mit der Gutschrift seines Betrags auf dem Girokonto der Firma Sch. & Co. im Hauptbuch der Beklagten am 29. September 1923 vollzogen. Damit war von der Firma P. & Co. für Rechnung der Klägerin eine Zahlung an die Firma Sch & Co. geleistet, welche diese in ihrem Verhältnis zur Klägerin als am 29. September 1923 in der gutgeschriebenen Höhe vollzogen gelten lassen muß. Die Uebertragung der Gutschrift vom Hauptbuch in das Reskontro der Beklagten hatte nur für deren inneren Geschäftsbetrieb Bedeutung. Die Versäumung dieser Kontoübertragung berührt das Rechtsverhältnis der Firma P. & Co. sowie der Klägerin zur Beklagten ebensowenig wie die Versäumung der Benachrichtigung der Firma Sch. & Co. von der Gutschrift durch die Beklagte. Sollte durch die letztere Versäumnis für die Klägerin ein Schaden entstanden sein, so kann sie dafür die Beklagte nicht in Anspruch nehmen. Denn weder die Klägerin noch die Firma P. & Co. hatten gegenüber der Beklagten einen Anspruch darauf, daß diese der Firma Sch. & Co. die Gutschrift rechtzeitig mitteilte. Soweit

Erfüllung

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eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten vorliegen sollte, würde eine solche nicht auf Kosten der Klägerin, sondern der Firma Sch. & Co. erfolgt sein. Somit hat das Berufungsgericht den Klaganspruch mit Recht für unbegründet erklärt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob etwa die Klägerin oder die Firma P. & Co. unter den obwaltenden Umständen der Beklagten gegenüber verpflichtet war, wegen der zweimal erfolgten Ueberweisung von 50 Milliarden Papiermark an die Firma Sch. & Co. alsbald durch geeignete Nachforschungen eine Aufklärung herbeizuführen. RGZ. 119, 9 0 f Unter welchen Umständen hat die Umwandlung einer Kaufpreisschuld in eine solche aus Darlehen und die Hingabe einer Schuldurkunde über das Darlehen die Wirkung, daß die Forderung aus dem Kau! getilgt wird und dem Verkäufer fortan nur noch ein Anspruch aus dem Darlehens-Schuldversprechen zusteht? B G B . § 364. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Wiesbaden.

Urt. v. 18. November 1927. II. Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

. . . (Anläßlich eines Aufwertungsstreits hat das RG. zu obenstehender Rechtsfrage folgendes ausgeführt:) Begründet ist die Rüge, die sich gegen die Annahme des Berufungsrichters wendet, daß den- Verkäufern, der Geschäftsanteile zum Betrag von 800 000 M. auch nach Hingabe der zur Deckung dieses Kaufpreisteil« bestimmten Schuldscheine (Schuldverschreibungen) noch Ansprüche aus gegenseitigem Vertrag, also aus Kauf, zugestanden hätten, weil es sich bei der Hingabe jener Schuldscheine nur um ein? Leistung erfüllungshalber gehandelt habe. Diese Auslegung des Vertrags vom 4. Dezember 1917 ist nach der Sachlage unmöglich. Ohne Zweifel ist auch zum Betrag der hier allein Ln Betracht kommenden 800 000 M. zunächst eine Kaufpreisforderung der Veräußersr der Geschäftsanteile entstanden. Eine bloße vertragsmäßige Umwandlung dieser Schuld der Beklagten in eine solche aus Darlehen hätte nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts für sich allein noch nicht die Wirkung gehabt, daß das altei Schuldverhältnis aus gegenseitigem Vertrag völlg erloschen wäre und den Veräußerern von da an in Höhe der 800 000 M. nur noch ein Anspruch aus dem Darlehens-Schuldversprechen zugestanden hätte. In solchem Falle könnte daher auch nicht von einer Leistung (in Gestalt des Schuldversprechens) an Erfüllungsstatt die Rede sein.

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

Eine derartige einfache, nur etwa auf Zweckmäßigkeitsgründen beruhende Umwandlung der Kaufschuld in eine Darlehensschuld liegt aber hier nicht vor. Die Vertragschließenden sind vielmehr weiter gegangen und haben an Stelle der ursprünglichen Kaufpreisschuld von 800 000 M. ein Schuldverhältnis errichtet, das die alte Schuld — aus Kauf — vollständig beseitigte, so daß die im Vertrag bestimmte Hingabe der Schuldscheine als Leistung an Erfüllungsstatt angesehen werden muß. Entscheidend hierfür ist nicht sowohl die äußere Form (gedruckte „Schuldverschreibungen" mit Zins- und Erneuerungsscheinen), in der die Beklagte die Schuldscheine anfertigen ließ und den Gläubigern aushändigte, als vielmehr der Inhalt der Bedingungen, die für das der Beklagten zu gewährende Darlehen vereinbart worden sind. Der § 2 dieser Bedingungen setzt die Kündigungs- und Rückzahlungsmöglichkeiten in der Weise fest, daß die Darlehensgläubiger bis zum 1. Februar 1933 überhaupt nicht kündigen können, die Beklagte aber als Schuldnerin vom 1. Januar 1923 ab zur Rückzahlung des Darlehens, sei es im ganzen oder im Raten von mindestens 50000 M. jeiderzeit berechtigt ist; und für die Zeit nach dem 1, Februar 1933 ist bestimmt, daß die Schuldnerin entweder die Weitergewährung des Darlehens zu den gleichen Bedingungen wie bisher auf fernere 5 Jahre verlangen oder das Darlehens in 5 "/»ige Order-Teilschuldverschreibungen zu je 1000 M. umwandeln dürfe. Nicht minder kennzeichnend für die Bedeutung des Darlehensverhältnisses ist die Bestimmung des § 5 der Bedingungen, wonach die Darlehensgläubiger die Deutsche Bank Filiale Frankfurt a. M. als Treuhänderin zu ihrer Vertreterin bestellen „iw bezug. auf Ausübung aller Rechte als Darlehensgläubiger gegen die M. M. Kommandit-Gesellschaft auf Aktien". Zugleich verpflichten sich im nämlichen § 5 die Darlehensgläubiger der Schuldnerin gegenüber, ihre Rechte aus dem Darlehen nicht selbständig gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen, sie übertragen vielmehr die Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Darlehen ausschließlich der Treuhänderm. Endlich erkennt in § 5 die Schuldnerin die Treuhänderin als allein zur Geltendmachung von Ansprüchen der Darlehemsgläubriger berechtigt an. Diese Regelung ist schlechterdings unvereinbar mit der Annahme, daß die Schuldscheine (Schuldverschreibungen) nur erfüllungshalber hingegelben werden sollten und daß — was die unvermeidliche Folge wäre — neben dean Darlehensanspruch ein solcher aus Kauf bestehe oder weiterbestehe. Es wäre in der Tat sinnlos gewesen, einerseits die Wahrnehmung aller Gläubigerrechte aus dem Darlehen ausschließlich der Treuhänderin zu übertragen, anderseits aber den Gläubigern gestatten zu wollen, daß sie im Streitfälle auf

Erfüllung

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die Kaufpreisforderung als solche zurückgreifen und über die Kündidigungs- und Rückzahlungsbestimimungen der Darlehensbedingungen hinweg gegen die> Beklagte nach den Grundsätzen über den Kauf selbst vorgehen dürften. Ein solches Nebeneinanderbestehen der Rechte aus dem Kaufvertrag, soweit er die 800 000 M. betrifft, und aus dem Darlehen müßte zu einer geradezu unentwirrbaren Unordnung führen; es kann also von dem Vertragschließenden unmöglich gewollt gewesen sein. Die Rechte, die den Veräußerern an den durch Hingabe von Schuldscheinen beglichenen 800 000 M. zukommen, sind in den besprochenen Darlehensbedingungen erschöpfend geregelt. . . . RGZ. 120, 166 f Gibt es eine Auslegungsregel, wonach die Uebernahme einer für den Verkäufer eingetragenen Eigentümergrundschuld in Anrechnung auf den Kaufpreis die Kaufpreisforderung nicht tilgt, sondern nur sichert? B G B . §§ 157, 364. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Kassel.

Urt. v. 13. Februar 1928. II. Oberlandesgericht daselbst.

(. . . Anläßlich eines Aufwertungsstreits hat das RG. zu der obenstehenden Frage folgendes ausgeführt:) Gründe: . . . Das Berufungsgericht meint, es sei im Zweifel anzunehmen, daß die Uebernahme einer für den Verkäufer eingetragenen Eigentümergrundschuld die Kaufpreisforderung nicht tilgen, sondern nur sichern solle. Dieser Satz ist allerdings vom Kammergericht ( J W . 1926 S. 994 Nr. 1, Rechtspr. in Aufwertungss. Bd. 1 S. 211, vgl. jedoch auch J W . 1926 S. 1824 Nr. 4, 1927 S. 997 Nr. 11) im Anschluß an N a d l e r (Grundbuch- und Aufwertungsfragen 1. Aufl. S. 89, 3. Aufl. S. 57) und an eine bei der Beratung des Aufwertungsgesetzes vom Staatssekretär J o ö 1 gemachte Aeußerung (Sten. Ber. 3030flg.) aufgestellt und von den Oberlandesgerichten Stuttgart (Rechtspr. in Aufwertungss. Bd. 2 S. 309) und Stettin (daselbst S. 391) übernommen worden. Auch sonst hat diese Meinung Anklang gefunden (vgl. Schlegelberger-Harmening AufwG. 5. Aufl. S. 250, Q u a s s o w s k i AufwG. 5. Aufl. S. 382). Anderseits ist sie von M ü g e l ( J W . 1926 S. 994, 1927 S. 997, Aufwertungsrecht 5. Aufl. S. 607, 837) und von v. K a r g e r ( J W . 1927 S. 1816) bekämpft worden. Ihre Richtigkeit ist nicht anzuerkennen; sie enthält eine Auslegungsregel, die der gesetzlichen Grundlage entbehrt. Die Frage, ob die

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Schuldrecht, A l l g e m e i n e r Teil

Uebernahme einer für den Verkäufer bestehenden Eigentümergrundschuld die geschuldete Leistung oder doch ein Teil davon sein oder nur eine Sicherung für eine bestehenbleibende Geldforderung bilden soll, ist lediglich nach § 157 B G B . zu beantworten. Gibt der Vertrag selbst in seinem Zusammenhang keinen Anhalt für die eine oder die andere Auslegung, so ist es Sache der beweispflichtigen-Partei, außerhalb des Vertrags liegende Umstände darzulegen, die einen Anhalt nach der einen oder anderen Richtung bieten können, z. B, eine Verkehrssitte, die Entstehungsgeschichte der streitigen Vertragsbestimmung und dergleichen mehr. Solche Umstände sind z. B. in der genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart hervorgehoben worden. Fehlen sie, so bedeutet es eine willkürliche Verschiebung der Darlegungs- und Beweispflicht, wenn man von dem obigen Satze ausgeht. Diese Pflicht trifft aber den Kläger, wenn er gegenüber dem Bestreiten der Beklagten einen Vertragsinhalt behauptet, wonach eine Geldforderung entstanden sein und die Uebernahme einer Grundschuld nur zu deren Sicherung dienen soll. Dabei ist auch die in der Rechtsprechung und im Schrifttum vielfach auftretende Meinung abzulehnen, als handle es sich bei der vereinbarten Uebernahme einer bestehenden Eigentümergrundschuld oder bei der Eintragung einer neuen Grundschuld für den Verkäufer darum, ob der Käufer erfüllungshalber oder an Erfüllungsstatt geleistet habe, und als könne hierfür die Vermutung des § 364 Abs. 2 B G B . verwendet werden. Diese Frage kann nur entstehen, wenn eine andere als die geschuldete Leistung bewirkt wird; hier dreht es sich aber gerade darum, welches die vertraglich geschuldete Leistung war. Ist in einem Kaufvertrag ein Kaufpreis in Geld festgesetzt und wird in Anrechnung hierauf eine Belastung übernommen oder die Eintragung einer Grundschuld vereinbart, so kann der Vertrag nicht in der Weise zerlegt werden, wie wenn zunächst das Entstehen einer Geldforderung und dann an Stelle dieser geschuldeten Leistung die Annahme einer anderen verabredet worden wäre. Vielmehr ist eine derartige Uebernahme von Belastungen, deren Gläubiger andere Personen als der Verkäufer sind, in der Regel nicht wohl anders zu deuten als dahin, daß die Uebernahme selbst die vertraglich geschuldete Leistung sein soll. In diesem Umfang soll nach dem Willen der Vertragschließenden gar keine Geldforderung des Verkäufers entstehen; der in Geld ausgeworfene Kaufprei$ ist demgemäß insoweit nur eine Rechnungsgröße. Steht die zu übernehmende Belastung dem Verkäufer zu oder soll eine Grundschuld neu für ihn eingetragen werden, so erhebt sich die Frage, ob die Uebernahme oder Eintragung, wie im ersten Falle, die geschuldete Leistung selbst sein soll oder ob beabsichtigt ist, insoweit eine Geldforderung des Verkäufers entstehen zu lassen und sie nur zu sichern durch die zu übernehmende oder neu einzutragende Belastung. Zur Beantwortung dieser

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Frage dient lediglich die Auslegungsregel des § 157 BGB. Es ist kein Anstoß daran zu nehmen, daß auch solche Verträge, in denen der „Kaufpreis" zum Teil nur Rechnungsgröße ist, verkehrsüblich als Kaufverträge bezeichnet zu werden pflegen. Es wäre verfehlt, aus der Wahl dieses Ausdrucks darauf schließen zu wollen, daß in Höhe des ganzen „Kaufpreises" eine Geldforderung des Veräußerers habe begründet werden sollen. Nach diesen Gesichtspunkten ist der vorliegende Streit zu entscheiden. Der im ursprünglichen Kaufvertrag festgesetzte Kaufpreis sollte in Höhe von 150 000 M. durch Uebernahme von Hypotheken anderer Gläubiger, in Höhe von 150 000 M. durch Barzahlung geleistet werden. Es besteht kein Streit darüber, daß nach dem Inhalt des Vertrags eine Geldforderung nur in Höhe von 150 000 M. entstehen, im übrigen aber die Uebernahme der Belastungen die geschuldete Leistung selbst sein sollte. Eine andere Auslegung ist nicht einmal möglich und wird auch vom Berufungsgericht nicht vertreten. Der Kaufpreis von 300 000 M. war also zum Teil nur eine Rechnungsgröße. Der ursprüngliche Vertrag ist nun durch eine Vereinbarung abgeändert worden, deren Formlosigkeit durch nachfolgende Auflassung und Eintragung geheilt wurde (§ 313 Satz 2 BGB.). Danach sollte freilich eine andere als die ursprünglich geschuldete Leistung bewirkt werden, aber nicht an Stelle der Geldleistung von 150 000 M. Zu deren Tilgung wurde keine neue Verbindlichkeit eingegangen; dieser Teil der Leistung blieb vielmehr unverändert und wurde unstreitig später bewirkt. Die Abänderung betraf ausschließlich denjenigen Teil der Leistung, der in der Uebernahme von Belastungen 'bestand. An Stelle der bisherigen Belastungen sollte eine Eigentümergrundschuld übernommen werden. Wenn nunmehr auch in Höhe dieser 150 000 M. eine persönliche Geldforderung des Verkäufers hätte begründet, der Vertrag also auch in diesem Punkt hätte geändert werden sollen, so wäre es Sache des Klägers gewesen, Umstände anzuführen, die für eine solche Aenderung sprechen. Bisher ist das nicht geschehen; diese Darlegung kann aber dem Kläger weder durch die vermeintliche Auslegungsregel erspart werden, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, noch durch die Erwägung des Vorderrichters, daß die Beklagte auch bei der ursprünglich vorgesehenen Uebernahme von Hypotheken den Hypothekengläubigern nicht nur dinglich, sondern auch persönlich gehaftet hätte. Diese Erwägung trifft nicht den Kern der Sache. Es handelt sich hier darum, ob die Beklagte dem Kläger außer dem Anspruch auf die bereits bar bezahlten 150 000 M. noch einen persönlichen Geldanspruch auf 150 000 M. eingeräumt hat. Dafür hat sich bisher kein Anhalt ergeben. Zivils. Schnltlrcdit 3

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

Hinterlegung RGZ. 59, 14 Ist die Verweisung aui die hinterlegte Sache nach § 379 Abs. 1 BGB. eine empfangsbedürftige Willenserklärung, oder lediglich eine dem Schuldner gewährte Einrede gegen den Klaganspruch auf Zahlung? Prüfungspflicht des hinterlegenden Schuldners, wenn die Forgerung abgetreten und gepfändet worden ist? II. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 23. September 1904. I. Landgericht I Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Der verklagte Postfiskus schuldete der Firma F. W. & M. M. zu Berlin für Lieferungen den Betrag von 3465,73 M. Durch Zession vom 1. November 1901 übertrug die genannte Firma diese Forderung „von mehr als 3000 M" an den Kaufmann F. zu Berlin, über dessen Vermögen demnächst der Konkurs ausbrach. Durch Brief vom 30. November 1901 (der Empfängerin zugegangen am 20. Dezember 1901) machte die Gläubigerin selbst von der Abtretung der Oberpostdirektion Mitteilung. Am 16. Dezember 1901 und am 7. Januar 1902 wurden für die Firma G. V o r p f ä n d u n g e n dieser Forderung gemäß § 845 ZPO. der Oberpostdirektion zugestellt. Der ersten Vorpfändung folgte binnen der dreiwöchigen Frist des § 845 Abs. 2 eine Nachpfändung nicht nach; wohl aber erfolgte die Nachpfändung bezüglich der Pfändung vom 7. Januar 1902 am 10. desselben Monats. Später wurden noch weitere Pfändungen gegen die Firma F. W. & M. M. auf die fragliche Forderung angelegt. Durch Klageschrift vom 4. Februar 1902 erhob der Kaufmann F. auf Grund der erwähnten Zession gegen den Postfiskus Klage auf Zahlung von 3400 M. nebst Zinsen zu 4 % seit dem 20. Dezember 1901. Der verklagte Postfiskus hinterlegte darauf unter Bezugnahme auf § 853 ZPO. am 14. Februar 1902 den Betrag von 3465,73 M. als Forderung der Firma F. W. & M. M. bei der Königlichen Ministerial-, Militär- und Baukommission und machte hiervon unterm 24. Februar 1902 dem Amtsgericht unter Mitteilung sowohl der Zession als der Pfändungen Anzeige. Das Amtsgericht leitete darauf das Verteilungsverfahren ein und wies in diesem ohne Zuziehung des F. bzw. der Konkursmasse den hinterlegten Betrag den p f ä n d e n d e n G l ä u b i g e r n zu.

Hinterlegung

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Bei der mündlichen Verhandlung über die Klage beantragte der Beklagte die Abweisung der Klage, indem er unter Berufung auf § 372 BGB. behauptete, daß er zur Hinterlegung berechtigt gewesen sei, und demgemäß den Kläger auf die hinterlegte Sache verwies. Das Landgericht wies, nachdem mittlerweile der Konkursverwalter für die Konkursmasse den Rechtsstreit aufgenommen hatte, die Klage ab. Die hiergegen von der Konkursmasse eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen. Das Berufungsurteil wurde aufgehoben, und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Aus den G r ü n d e n : „Die Revision muß als begründet erachtet werden. Nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanzen ist die Abtretung der streitigen Forderung an den Gemeinschuldner F. gegen den verklagten Postfiskus von der ursprünglichen Gläubigerin, der Firma F. W. & M. M., dem Beklagten durch Schreiben vom 30. November 1901, welches zugegebenermaßen am 20. Dezember 1901 in den Besitz der Oberpostdirektion gelangte, mitgeteilt worden. Zu dieser Zeit bestand eine Vorpfändung der Forderung gegen die Zedentin gemäß § 845 Abs. 1 ZPO., welche indessen, da eine Nachpfändung daraufhin nicht erfolgt ist, nach Ablauf der in § 845 Abs. 2 vorgesehenen Frist von 3 Wochen nach der am 16. Dezember 1901 erfolgten Zustellung, also mit Ablauf des 6. Januar 1902, ihre Wirksamkeit verlor. Damit erwarb aber der Gemeinschuldner F., sofern keine sonstigen Hindernisse, die bisher in schlüssiger Weise nicht geltend gemacht sind, im Wege standen, das ausschließliche Recht an der streitigen Forderung. Mit dem Abschlüsse des Abtretungsvertrages war er nach § 398 BGB. an die Stelle der früheren Gläubigerin getreten, und das seinem Ansprüche allein entgegenstehende Hindernis, die Vorpfändung, war unwirksam geworden. Die erst s p ä t e r gegen die frühere Gläubigerin angelegten Pfändungen trafen die Forderung nicht mehr, weil dieselbe dieser nicht mehr zustand; sie mußte die Abtretung nach § 409 BGB. unter allen Umständen gegen sich gelten lassen. Das Berufungsgericht hat gleichwohl den mit der am 10. Februar 1902 zugestellten Klage erhobenen Anspruch des F. und nunmehr dessen Konkursmasse auf Z a h l u n g des Forderungsbetrages, in Uebereinstimmung mit dem Landgericht, für unbegründet erachtet, und zwar mit Rücksicht auf die am 14. Februar 1902, also nach Anstellung der Klage, erfolgte H i n t e r l e g u n g der geschuldeten Summe seitens des Beklagten. Dabei wird angenommen, eine Befreiung desselben sei zwar nicht auf Grund des § 378 BGB. erfolgt, weil die Rücknahme -

26»

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Schuldrecht, Allgemeiner Teil

der hinterlegten Summe nicht ausgeschlossen gewesen sei; dagegen sei der Beklagte berechtigt gewesen, auf Grund des § 379 Abs. 1 den F. auf die hinterlegte Sache zu v e r w e i s e n , und das sei durch die Klagebeantwortung geschehen; der Beklagte sei auch nach § 372 B G B . zur Hinterlegung wegen der Unsicherheit der Person des Gläubigers b e r e c h t i g t gewesen. Seitens der klägerischen Konkursmasse ist hiergegen zur Begründung der Revision in erster Linie geltend gemacht worden, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, daß durch die Klagebeantwortung eine dem § 379 Abs. 1 entsprechende V e r w e i s u n g des F . auf die hinterlegte Sache erfolgt sei; eine Verweisung im Sinne dieser Bestimmung bestehe in der vom Schuldner dem Gläubiger gegenüber abzugebenden Erklärung, daß derselbe berechtigt sein solle, die hinterlegte Sache bei der Hinterlegungsstelle für sich in Anspruch zu nehmen; die Klagebeantwortung enthalte eine solche Erklärung nicht; zudem könne dieselbe zwischen den Prozeßbevollmächtigten nur ausgetauscht werden, wenn diese hierzu besonders bevollmächtigt seien. Dieser Angriff ist indessen verfehlt. Die Verweisung auf Grund des § 379 Abs. 1 ist nicht ein rechtsgeschäftlicher Akt, eine empfangsbedürftige Willenserklärung mit der Wirkung der B e g r ü n d u n g des Anspruchs des verwiesenen Gläubigers auf die hinterlegte Sache, sondern lediglich die Einrede des Schuldners, der auf die Rücknahme nicht verzichtet hat, daß er nicht zu z a h l e n brauche, weil und solange er berechtigterweise h i n t e r l e g t habe. Das wird nicht nur von den Kommentaren zum B G B . übereinstimmend anerkannt (vgl. u. a. R e h b e i n , Bd. 2 S. 314, P 1 a n c k , zu § 379 Bern. 2), sondern ist auch bei den Beratungen der II. Kommission ausdrücklich als die Bedeutung derselben bezeichnet worden. Vgl. A c h i l l e s ,

Protokolle Bd. 1 S. 351 flg.

Danach genügt zu der mehrerwähnten Verweisung lediglich die Bestreitung des Anspruchs auf Zahlung im Prozeß mit Rücksicht auf die bestehende Hinterlegung, wie diese in der Klagebeantwortung des Gemeinschuldners F., sowie in der Einlassung der Konkursmasse bei der mündlichen Verhandlung enthalten ist. Einer besonderen Vollmacht bedurfte es dazu weder für den einen noch für den anderen Prozeßvertreter. Diese Einrede konnte aber gegen den Zahlungsanspruch des F. und nunmehr dessen Konkursmasse, wie auch das Berufungsgericht annimmt, nur dann Erfolg haben, wenn die Hinterlegung bei der gegebenen Sachlage nach den einschlagenden gesetzlichen Bestimmungen b e r e c h t i g t war. Diese Berechtigung zur Hinterlegung ist vom

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Berufungsgericht nicht auf Grund des § 853 ZPO., der den Fall vorsieht, daß eine Forderung für mehrere Gläubiger gepfändet ist, angenommen worden, und es unterliegt auch keinem begründeten Bedenken, daß d i e s e Vorschrift, welche die Einleitung des Verteilungsverfahrens l e d i g l i c h unter pfändenden Gläubigern im Auge hat, nicht anwendbar ist, wenn neben den letzteren ein Zessionar Anspruch auf die Forderung erhebt. Vgl. P e t e r s e n , ZPO. (4) § 853 Bern. 1 a. E. Dagegen nimmt das Berufungsgericht an, daß der Beklagte zur Hinterlegung auf Grund des § 372 B G B . wegen Ungewißheit über die Person des Gläubigers berechtigt gewesen sei. In dieser Hinsicht geben aber die Ausführungen desselben Anlaß zu wesentlichen rechtlichen Bedenken. Zur Begründung seiner Annahme, daß der Beklagte, wie dieses der § 372 Satz 2 für die Berechtigung zur Hinterlegung erfordert, infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers mit Sicherheit nicht habe erfüllen können, führt das Berufungsgericht aus, es könne dem Schuldner an sich nicht schaden, wenn es nur auf R e c h t s i r r t u m beruhen konnte, daß er sich wegen der Person des Gläubigers in Ungewißheit befand; beachtenswert sei in dieser Hinsicht für die R i c h t u n g der neueren Gesetzgebung der § 853 ZPO., wonach dem Schuldner bei der Konkurrenz mehrerer pfändender Gläubiger die Entscheidung über die bessere Berechtigung nicht zugemutet werden solle; der gleiche Grundsatz müsse auch gelten, wenn eine A b t r e t u n g mit Pfändungen zusammentreffe. Diese Ausführungen sind rechtlich verfehlt und stehen in Widerspruch mit der positiven Vorschrift des § 372 a. a. 0 . , wonach dem Schuldner eine P r ü f u n g s p f l i c h t auferlegt ist, und nur dann, wenn diese Prüfung zu begründeten Zweifeln über die Person des berechtigten Gläubigers führt, mit den im Gesetze vorgesehenen Wirkungen hinterlegt werden darf. Ob dabei die Ungewißheit auf der Beurteilung t a t s ä c h l i c h e r oder r e c h t l i c h e r Fragen und Verhältnisse beruht, ist ohne entscheidende Bedeutung. Das Bürgerliche Gesetzbuch steht in dieser Frage wesentlich auf dem, auch durch die Rechtsprechung wiederholt anerkannten, Standpunkt des früheren, namentlich des gemeinen, Rechts. Einerseits soll die objektive Gewißheit bezüglich der Person des Gläubigers unter mehreren Prätendenten nicht in allen Fällen das Recht des Gläubigers zur Hinterlegung beseitigen; es soll das Hinterlegungsrecht auch dann anerkannt werden, wenn bei dem Schuldner begründete s u b j e k t i v e Zweifel in der bezeichneten Richtung bestehen konnten. Andererseits ist aber davon auszugehen, daß bei o b j e k t i v k l a r e r Sachlage begründete Ansprüche möglichst nicht in Frage gestellt werden sollen,

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vgl. R c h b e i n , Bürgerliches Gesetzbuch Bd. 2 S. 307; S e u f f e r t , Archiv Bd. 46 S. 282; S t r i e t h o r s t , Archiv Bd. 77 S. 289, in dem zu große Nachsicht in dieser Hinsicht dem Schuldner gegenüber leicht zu Unrecht gegen den berechtigten Gläubiger führen würde. Dann, aber auch nur dann, wenn nach einer mit der im geschäftlichen Verkehr üblichen und erforderlichen Sorgfalt vorzunehmenden Prüfung mit Rücksicht auf die Umstände des Falls b e g r ü n d e t e Zweifel anzuerkennen sind, kann der hinterlegende Schuldner sich auf § 372 Satz 2 mit Erfolg berufen. Vgl. Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 53 S. 204 flg., bes. 211. Ob im vorliegenden Falle der Beklagte bzw. dessen beteiligte Beamte überhaupt in eine Prüfung der Frage der Priorität der Zession zugunsten des F. vor den Pfändungen eingetreten sind, erhellt nicht, ist insbesondere in den Vorinstanzen nicht erörtert worden. Sollte der Beklagte sich in dem rechtlichen Irrtum befunden haben, daß er auf Grund des § 853 ZPO. hinterlegen könne, so würde damit die Hinterlegung nach § 372 nicht gerechtfertigt werden können. Das angefochtene Urteil mußte danach aufgehoben, und die Sache behufs Erörterung und näherer tatsächlicher Feststellung in den bezeichneten Richtungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden." . . . RGZ. 64, 366 Ist, wenn eine zur Hinterlegung nicht geeignete Sache geschuldet wird, und der Schuldner wegen Annahmeverzugs des Gläubigers die geschuldete Sache rechtmäßig zum Verkauf bringt, zur Befreiung des Schuldners unbedingt die Hinterlegung des Erlöses erforderlich, oder kann diese durch andere Maßnahmen, durch welche der Vermögenswert des Erlöses dem Vermögen des Gläubigers zugeführt wird, ersetzt werden? BGB. §§ 383, 387, 181. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Freiberg.

Urt. v. 26. November 1906. II. Oberlandesgericht

Dresden.

Der Kläger hatte im Jahre 1895 von dem Beklagten ein größeres Landgut auf die Zeit bis zum 30. Juni 1907 gepachtet und dabei das Inventar käuflich übernommen. Der Beklagte verlangte, gestützt auf besondere Bestimmungen des Pachtvertrags, wegen angeblicher Verletzungen des Vertrages durch den Kläger im Jahre 1899 Aufhebung des Vertrages; in dem hierüber geführten Prozesse kam es in zweiter Instanz zu einer Einigung, daß der Kläger das Gut am 1. Juli 1901 zu räumen habe. Der Kläger verlangte unter Berufung auf die einschlagenden Bestimmungen des Vertrages, daß der Beklagte das

Hinterlegung

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Gutsinventar zu dem durch Sachverständige zu bestimmenden Taxpreise übernehme und bar bezahle. Da der Beklagte dies verweigerte, kam es auch hierüber zum Prozeß. Als im Laufe desselben die Zeit, zu welcher das Gut zu räumen war, herankam, brachte der Kläger das Inventar unter Wahrung der in §§ 383, 384 B G B . vorgeschriebenen Formen zur Versteigerung. Den Erlös hinterlegte er nicht; er verwendete ihn vielmehr dazu, sich daraus, soweit es möglich war, wegen des Preises, den ihm der Beklagte zu zahlen gehabt hätte, zu decken. Den Rest dieses Preises (orderte er vom Beklagten. Das Oberlandesgericht verurteilte den Beklagten, und die von diesem eingelegte Revision wurde zurückgewiesen. Aus den

Gründen:

Der Beklagte rügt . . ., das Berufungsurteil verstoße gegen § 383 B G B . , indem es annehme, dem Klaganspruche stehe der Umstand nicht entgegen, daß