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German Pages 373 [376] Year 1954
Entscheidungen
des Reichsgerichts in Zivilsachen Sammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet Herausgegeben von Professor D r . L e o n h a r d Auerbach, B e r l i n ; Präsident des R e i c h s p a t e n t a m t e s a. D . J o h a n n e s E y l a o , M ü n c h e n ; R e c h t s a n w ä l t i n C h a r l o t t e G r a f , B e r l i n ; Ministerialdirektor z . W v . S e n a t s präsident D r . E i n s t K n o l l , B e r l i n ; R e c h t s a n w a l t Erich K u m m e r o w , B e r l i n ; Rechtsanwalt Hermann Reufi, Berlin; Rechtsanwalt Dr. W a l t e t Schmidt, D ü s s e l d o r f ; Landgerichtsdirektor A l e x a n d e r Swarzenski, Berlin ; R e c h t s a n w a l t D r . W e r n e r Vahldiek, Berlin. Gruppe
III
Handelsrecht
Privatversicherungsrecht Teil
Berlin
3
1954
Walter de Gruyter & Co. rormals G J . G ö s c h e n s c h e Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . T r ü b n e r / Veit & Comp.
Rückversicherung Seeversicherung Versicherungsaufsichtsgesetz Bearbeitet
von
Dr. Werner Vahldiek R e c h t s a n w a l t in B e r l i n
Berlin
1951
Walter de Gruyter & Co. vormals G . J . G o s c h e n ' s e h e Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung J Georg R e i m e r / Karl J . T r ü b n e r / Veit Sc Comp.
Archiv Nr. 28 17 54 Sate UD(J D r u c k : Berliner Buchdruckerei Union G m b H . . Berlin S W 2 9 Alle Rechte, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten
ν
Inhaltsverzeichnis
Seile
Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen
Rückrersicherung
. . . VII
1
Seeversicherung
Versicherungsaufsichtsgesetz
330
Sachregister
360
VII
Verzeichnis der a u f g e n o m m e n e n Entscheidungen aus der alten Sammlung * Entscheidung enthält nur Leitsatz
RGZ
Seite
RGZ.
Seite
4. 46—50 7, 27—32 11. 10—18
17
89, 46—53
139
21
89, 68—76 89, 144—147
145 153
1 2 , 28—32 19, 1—7 19, 207—216
37
89, 277—282 89, 315—324
156 159
43
90, 140—147
26 33
51
90, 366—368
57
91, 83—86 . .
167 173 1
31, 131—134 32, 4—17*
63 66
92, 247—251 92. 251—254
175 179
33, 35, 36, 44, 47, 52, 56. 56, 69,
66
92, 414—417
182
113 —118
67
93, 150—151
185
130—134 19—27
72 76
94, 104—106
186
94, 268—271
188
168—173
83
95, 226—229 95, 273—278
191 194 199 204
83—89 25, 78—85 21,
67—79*
405—409
88
249—251 400—403
91 93
238—242
96
71, 393—399
100
109, 363—368
210
72, 1 5—22 75, 169—172 84, 382—386 87, 227—232
330 105
110, 152—155
215
112, 310—312
218
109
116, 224—227
220
117, 391—397
223
118, 13—17
228
97, 318—323 98, 168—171 100. 216—218
207
88,
238—244
112 1 17
88,
313—316
122
120, 39—41
232
126
121, 396—400
234
132 137
122, 233—236
238
123, 10—14
241
89, 21—29 89, 34—40 89, 40—42
VIII RGZ.
Seite
RGZ.
Seite
14—19 141 —146 1 59—163 320—327 230—235 1—6
245 249 254 258 3 335
130, 47—52 130, 302—309
264 268
133, 102—1 13 147, 69—77 150, 261—265 1 53, 1 13 —123 153, 184—192 169, 1—24 169, 24—36 169, 368—376
340 351 275 279 8 289 311 321
123, 123, 123, 123, 125, 129,
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Die Entscheidungen sind ungekürzt gebracht worden. Soweit eine Entscheidung mehrere Fachgebiete betrifft, ist sie nur in einem Fachgebiet aufgenommen worden. Die anderen Gebiete enthalten nur den Leitsatz der betreffenden Entscheidung mit einem Hinweis, wo der vollständige Abdruck erfolgt ist. Um das Auffinden der Entscheidungen zu erleichtern, wird am Schluß der Gruppe ein Gesamt-Fundstellenregister erscheinen, in dem alle aufgenommenen Entscheidungen verzeichnet und nach der Fundstelle der alten und der neuen Sammlung zitiert sind.
Rückversicherung RGZ. 91, 83. Tragweite der Vereinbarung, daß der Rückversicherer die Schadensregelung des Rückversicherten bedingungslos anzuerkennen hat. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 27. Oktober
1917.
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit daselbst.
Bei der Beklagten waren 300 Ballen Baumwolle auf dem von Galveston nach Gothenburg bestimmten neutralen Dampfer Canadia einerseits gegen Seegefahr, frei von Kriegsmolest, anderseits gegen direkte Kriegsgefahr versichert. Die Beklagte war bei der Klägerin zu 50 °/o rückversichert. § 6 des Rückversicherungsvertrags bestimmte: „Die Dresdener (Klägerin) muß die von der Allianz (Beklagten) vorgenommenen Schadensregulierungen bedingungslos anerkennen und die ihr zur Last fallenden Schadenanteile innerhalb drei Tagen remittieren." Der Dampfer Canadia wurde bei den Shetlandsinseln von einem britischen Kreuzer angehalten und unter britischer Prisenbesatzung zur Untersuchung nach Kirkwall geschickt. Unter Führung eines britischen Offiziers lief er am 12. März 1915 bei Nacht in dem durch Löschung der Leuchtfeuer besonders gefährdeten Fahrwasser zwischen Fair Island und den Shetlandsinseln auf Felsen und strandete, wobei die Ladung verloren ging. Die Beklagte hat die Versicherten schadlos gehalten und der Klägerin die Hälfte belastet. Die Klägerin hat den Betrag am 27. November 1915 überwiesen, verlangt aber nunmehr Rückzahlung, weil, wie sich nachträglich herausgestellt habe, der Schaden durch die Hauptpolice nicht gedeckt sei, sie somit auch nicht schuldig gewesen sei, der Beklagten 50°/o zu vergüten. Die Haftung aus der Versicherung gegen Seegefahr sei wegen Kriegsmolest ausgeschlossen gewesen; ein Schaden, der unmittelbar auf Kriegsgefahr beruhe, liege ebenfalls nidit vor. Die Beklagte beantragt Klagabweisung. Sie ist der Ansicht, daß sie den Schaden mit Recht ersetzt habe, da ein Kriegsunfall vorliege. Jedenfalls sei aber die Klägerin nach § 6 des Rückversidierungsvertrags verpflichtet, ihre Schadensregelung anzuerkennen.
2
Rückversicherung
Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen aus folgenden
Die
Gründen: „Es handelt sidi um denselben Schiffahrtsunfall, der Gegenstand der Entscheidung des Reichsgerichts vom 29. November 1916 ( R G Z . Bd. 89 S. 142) war. Dennoch liegen die Verhältnisse hier nicht unwesentlich anders, weil die Policenbedingungen in beiden Fällen verschieden lauten. Dort unterstand die Versicherung den Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 und der Hamburger Kriegsklausel, die mit den Worten beginnt: „Die Police dedct die durch die Klausel ,nur für Seegefahr' ausgeschlossenen Gefahren". Es war also zu entscheiden, ob der Unfall durch eine Versicherung „nur für Seegefahr" gededct gewesen wäre, was bejaht wurde. Hier ist dagegen im Ansdiluß an eine Versicherung gegen Seegefahr, aber frei von Kriegsmolest, eine nachträgliche Versicherung bei derselben Gesellschaft gegen „direkte Kriegsgefahr" genommen worden, so daß die Haftung des Versicherers davon abhing, ob der Unfall durch eine direkte Kriegsgefahr verursacht ist. In dem früheren Falle hatte das Reichsgericht anerkannt, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Kriegsgefahr und Unfall bestehe, dies aber gemäß der vorliegenden Versicherung nicht für ausschlaggebend erachtet, weil die Kriegsgefahr nicht die unmittelbare Ursache des Unfalls gewesen sei, der sich trotz der starken Beeinflussung durch den Krieg immerhin noch als ein typischer Seeunfall — Strandung infolge eines Scbiffahrtsirrtums — darstelle. Im gegenwärtigen Falle würde, abgesehen von dem Worte „direkte", der Nachweis jenes Kausalzusammenhanges genügen, um die Haftung des Versicherers zu begründen, und es käme darauf an, ob durch die Beschränkung auf „direkte Kriegsgefahr" die Haftung für den Fall ausgeschlossen ist. daß neben erheblichen Kriegsfaktoren schließlich ein Schiffahrtsirrtum ursächlich für die Strandung war. Diese ganz andere und höchst zweifelhafte Frage, die wohl keinenfalls gegen die Beklagte entschieden werden könnte, ohne daß auf den von ihr angetretenen Beweis über die Vorbesprechung mit dem Versicherten eingegangen würde, konnte nach Lage der Sache unentschieden bleiben, weil sich die Abweisung der Klage aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen rechtfertigt. Unbedenklich und auch von der Revision nicht angefochten ist die Auslegung des § 6 des Rüdcversicherungsvertrags. Es handelt sich um eine Vereinbarung von wesentlich gleichem Inhalte wie bei den bei V o i g t , Seeversicherungsrecht S. 2 9 0 , E h r e n b e r g , Rückversicherung S. 109 angeführten Klauseln, von denen die eine in R O H G . Bd. 2 4
3
Rüdcversidierung
S. 393 ausführlich erörtert ist. Angesichts dieser Vereinbarung muß die Klägerin die Schadensregelung der Beklagten anerkennen, es sei denn, daß sie ihr Arglist oder grobe Fahrlässigkeit zur Last legen kann. In den Instanzen war denn auch von der Klägerin grobe Fahrlässigkeit der Beklagten behauptet worden, indessen hat das Berufungsgericht diese Behauptung aus zutreffenden Gründen zurückgewiesen. Nach Lage der Sache konnte die Beklagte ohne Verschulden und vollends ohne grobes Verschulden die Überzeugung gewinnen, daß ihre Haftung begründet sei. In diesem Falle aber hatte die Rüdcversicherungsklausel insbesondere gerade die Tragweite, daß sie von der Verpflichtung entbunden war, die Entscheidung den Gerichten zu überlassen, wenn noch etwaige Zweifel übrig blieben, und sie durfte sich dabei auch von der Erwägung leiten lassen, daß der Versicherte es mutmaßlich auf eine lückenlose Versicherung gegen See- wie gegen Kriegsgefahr abgesehen hatte (vgl. E h r e n b e r g , a. a. O.) S. 115). Die Revision ist nun freilich der Meinung, daß es auf die Frage einer Arglist oder groben Fahrlässigkeit bei der Schadensregelung nicht ankomme, weil die Beklagte nach dem Schreiben vom 7. Dezember 1915 bereit gewesen sei, den Schaden auch ohne Verpflichtung zu bezahlen, und weil sie eine solche Freigebigkeit nur auf ihre Kosten, nicht auf Kosten der Klägerin üben dürfe. Letzteres mag richtig und es mag zuzugeben sein, daß die Klage begründet wäre, wenn die Beklagte im Bewußtsein der NichtVerpflichtung gezahlt hätte (vgl. E h r e n b e r g , das künftige Rüdcversicherungsrecht S. 38, in den Veröffentl. des V. f. Vers.-Wissensch.. Heft v. 15. Dezember 1908). Das Berufungsgericht hat aber bereits ohne Rechtsirrtum oder prozessualen Verstoß die Auslegung des erwähnten Schreibens dahin, daß die Beklagte eikläre, in solchem Bewußtsein gezahlt zu haben, zurückgewiesen und dargelegt, daß dem Schreiben nicht einmal die hypothetische Erklärung zu entnehmen sei, sie würde unter Umständen auch ohne rechtliche Verpflichtung gezahlt haben." RGZ. 125, 230. Muß der Erstversicherer, wenn er als Rechtsnachfolger des geschädigten Erstversicherten eine Rüdcentschädigung (Provenue) erhält, hieran den Rückversicherer beteiligen? I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 10.Juli 1. Landgericht I Berlin, Kammer (Qr Handelssadien. —
1929.
II. Kammergeridit
daselbst.
Auf Grund des Versicherungsantrags der Beklagten vom 24. Januar 1920 nebst Nachtrag vom 23.Iii. April 1920 ist zwischen den Parteien x·
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Rückversicherung
ein Vertrag zustande gekommen über eine laufende Rückversicherung für die von der Beklagten übernommene Erstversicherung von Zuckersendungen mit Kahn von Böhmen nach Hamburg. Dabei hatte die Beklagte als Erstversidierer ihre Versicherungssumme auf 15 OOO 000 Μ angegeben. Die RückVersicherungssumme für die Klägerinnen als Rückversicherer wurde auf 2V2 °/o bemessen, der Eigenbehalt der Beklagten mit 10 °/o eingesetzt. Die Klägerinnen waren beim Absdiluß des Vertrags durch ihren gemeinschaftlichen Hauptbevollmächtigten für Deutschland vertreten. Auf Grund dieses Rückversicherungsvertrags machte die Beklagte den Klägerinnen die Rüdcversicherungsaufgabe vom 18. Juni 1920 über eine Sendung Zucker von Böhmen nach Hamburg mit dem Schiff D. Oe. D. 3 3. Die nicht sofort aufgegebene Erstversicherungssumme wurde in Nachtragsaufgaben nachgeholt und schließlich auf 7 521 556 Μ beziffert. Der Kahn D. Oe. D. 33 ist auf der Versicherungsreise bei Torgau auf ein Wrack aufgelaufen und gesunken, wobei der größte Teil der Ladung verloren ging. Den Anforderungen der Beklagten entsprechend zahlten ihr die Klägerinnen 2V2 % Rückversicherungsquoten in deutscher Währung. Als im Jahre 1921 die Beklagte den Erlös des verwertbaren Teils der Ladung in deutscher Währung erhalten hatte, beteiligte sie an dieser Rüdcentschädigung (Provenue) die Klägerinnen als Rückversicherer entsprechend dem Anteil von 2Vs°/o. Ferner führte die Beklagte einen Prozeß wegen der Schadensersatzansprüche, die der Erstversicherte auf Grund des Kahn-Unfalls gegen den Fiskus geltend gemacht und an die Beklagte abgetreten hatte. Zunächst machte sie vom Verlauf dieses Prozesses den Klägerinnen regelmäßig Mitteilung, zog auch anteilige Vorschüsse zu den Prozeßkosten von ihnen ein. Im Gegensatz hierzu stellte sie sich vom September 1924 ab auf den Standpunkt, daß die Klägerinnen an dem Prozeß und der zu erzielenden und später erzielten Rückentsdiädigung nicht beteiligt seien. Sie begründete dies damit, daß die Rückversicherung in deutscher Währung, die Erstversicherung aber in der damals festen französischen Währung abgeschlossen sei und daß die Beklagte im Verhältnis zu den Klägerinnen das Kursrisiko getragen habe. Auf Grund eines im Jahre 1926 zwischen der Beklagten und dem Fiskus geschlossenen Vergleichs wurden den Erstversicherern als Rechtsnachfolgern des geschädigten Erstversidierten 500 000 RM zur Abgeltung des Ladungsschadens ausgezahlt, wovon der Beklagten 65 % zuflössen. Die Klägerinnen verlangen von der so an die Beklagte gelangten Rück-
Rückversicherung
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entsdhädigung entsprechend der von ihnen übernommenen und gezahlten Rückversidierungsquote einen Anteil von 2'/ί°/ο nebst Zinsen. Die Instanzgerichte haben der Klage stattgegeben. Die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe : Das Berufungsgericht hat keine ausdrückliche Stellung zu der Frage genommen, nach welchem Recht das streitige Verhältnis zu beurteilen ist. Aus der Art der Begründung des Urteils ist aber die ausschließliche Anwendung deutschen Rechts zu entnehmen. Dies ist von den Parteien nicht gerügt worden und rechtlich nicht zu beanstanden. Denn es handelt sich um einen Vertrag, der in Deutschland auf Grund deutscher Antragsvordrucke geschlossen und in Deutschland sowohl durch die inländische Handelsniederlassung der Beklagten als auch durch den Hauptbevollmächtigten der Klägerinnen für Deutschland zu erfüllen ist. Das Berufungsgericht hat mit näherer Begründung angenommen, die Klägerinnen oder ihr Bevollmächtigter hätten bei Abschluß des Rückversicherungsvertrags nicht gewußt, daß die Erstversicherung nicht in deutscher, sondern in einer fremden — französischen — Währung abgeschlossen war. Diese tatsächliche Feststellung des Berufungsgerichts unterliegt keinem rechtlichen Bedenken und ist auch von der Revision nicht ausdrücklich angegriffen worden. Somit ist davon auszugehen, daß die Klägerinnen bei Abschluß des Rüdcversicherungsvertrags angenommen haben und annehmen durften, daß — entsprechend dem von der Beklagten gestellten und von den Klägerinnen angenommenen Versicherungsantrag vom 24. Januar 1920 — die Erstversicherung in deutscher Währung abgeschlossen sei. Die Beklagte gibt zu, daß, wenn dies letztere tatsächlich der Fall gewesen wäre, die Klägerinnen einen Anspruch auf die streitige Rückentschädigung hätten. Es ist also nur zu prüfen, ob hieran etwas geändert wird durch die bloße, den Klägerinnen damals unbekannte Tatsache des Abschlusses der Erstversicherung in französischer Währung. Dabei ist zu beachten, daß die Klägerinnen — durch ihre Papiermark-Leistungen auf Grund des Rüdcversicherungsvertrags — der Beklagten anteilmäßig die vollen Werte zugeführt haben, die diese nach dem Erstversicherungsvertrag in französischen Franken an den Erstversicherten abführen mußte und abgeführt hat, daß ferner die Beklagte diese vollen Frankenbeträge mittels oder auf Grund jener Papiermark-Leistungen der Klägerin angeschafft hat. Die Beklagte hat also dadurch, daß die Erstversicherung in französischer und die Rückversicherung in deutscher Währung abgeschlossen worden ist, keinerlei Valutaschaden erlitten, sondern ist bei Abwicklung der Versidierungs-
6
Rückversicherung
vertrage wirtschaftlich nicht anders gefahren, als wenn beide Verträge in französischer Währung abgeschlossen gewesen wären. Die Beklagte hat auch nidit etwa behauptet, daß sie wegen der Gefahr eines ihr zur Last fallenden Valutaschadens eine besondere Rückversicherung genommen oder sonst Aufwendungen gemacht habe. Sie vertritt aber den Standpunkt, daß sie die Gefahr eines Valutaschadens (das Kursrisiko) getragen habe, daß sie hierfür entschädigt werden müsse, auch wenn tatsächlich kein Valutaverlust eingetreten sei, und daß schon um deswillen die Klägerinnen keinen Anspruch auf die Rüdcentsdiädigung hätten. Es entspricht, so sehr auch im übrigen die Rechtsnatur des Rüdcversicherungsvertrags bestritten ist, allgemein anerkannten versicherungsrechtlichen Grundsätzen, daß der Rückversicherte, der gemäß dem Rückversicherungsvertrag in dem darin vorgesehenen Umfang gegen die von ihm als Erstversicherer übernommene Gefahr (Versicherungsrisiko) gedeckt, also insoweit gegen Schaden geschützt wird, darüber hinaus keinen besonderen Gewinn aus dieser Versicherung erzielen soll. Nun hat im vorliegenden Fall die Beklagte den Erstversicherten wegen des zunächst berechneten Versicherungsschadens befriedigt und auf das so Geleistete die im Rückversicherungsvertrag vorgesehenen 21/t"/o vollwertig als RückVersicherungssumme von den Klägerinnen erhalten. Hierauf hat sie — sei es nach § 67 V V G . , sei es, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, auf Grund besonderer Abtretung der Forderung des Erstversicherten — auf Grund der Schadensersatzansprüche des Erstversicherten gegen einen Dritten aus dem Unfall die Auszahlung einer bestimmten Schadenssumme erlangt. Das bedeutet wirtschaftlich eine entsprechende Verringerung der Entschädigung, welche die Beklagte auf Grund des Hauptversicherungsvertrags geleistet hat, und demgemäß eine Minderung des Versicherungsschadens. Dies wirkt auf die Erstattungspflicht der Klägerinnen zurück, da diese als Quoten-Rückversicherer nur einen bestimmten Teil (2'/t %>) des der Beklagten als dem Erstversicherer zur Last fallenden Schadens zu tragen haben (Interessengemeinschaft zwischen Erst- und Rückversicherer). Da die Klägerinnen auf das zunädist von der Beklagten an den Erstversicherten Geleistete 2Vi °/o als Rüdcversicherungsquote gezahlt haben, steht ihnen grundsätzlich audi in Höhe dieser 2 1 /« °/o ein Anspruch auf die von der Beklagten erlangte Rüdcentsdiädigung zu. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, wie die Rechtslage dann wäre, wenn infolge einer Valutaänderung die von den Klägerinnen in deutscher Währung gezahlte Rüdcversicherungsquote von 2Vi°/o einen geringeren Hundertsatz der
Rückversicherung
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von der Beklagten an den Erstversicherten abgeführten Gesamtleistung ausgemacht hätte. Im übrigen würden audi dann die Klägerinnen nidit ohne weiteres von jedem Anteil an der Rückentschädigung ausgeschlossen, sondern grundsätzlich daran mit einem Betrage beteiligt sein, der dem Verhältnis der Leistung der Klägerinnen an die Beklagte zu der Leistung der Beklagten an den Erstversicherten entspricht. Unter Umständen kann durch nachträgliche Leistungen von dritter Seite eine Abdeckung des ganzen Versicherungsschadens eintreten. Würde dann der Rückversicherer trotz Leistung seines Anteils auf den zuerst berechneten Schaden von der Rückentschädigung völlig ausgeschlossen werden, so hätte er dem Erstversicherer eine Leistung auf einen Schaden gemacht, der für diesen wirtschaftlich gar nicht eingetreten ist. Es fragt sich, ob an dieser Sadi- und Rechtslage im vorliegenden Falle aus besonderen Gründen etwas geändert wird. Richtig ist, daß die Beklagte, wenn ihre Auslegung des Rückversicherungsvertrags zutreffen sollte, ein gewisses Kursrisiko zu tragen hatte. Dies war aber den Klägerinnen bei Abschluß des Rückversicherungsvertrags nicht bekannt, da sie — wie hier zu unterstellen — angenommen haben und annehmen durften, daß auch der Hauptversicherungsvertrag in deutscher Währung abgeschlossen sei. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Beklagten gewesen, wenn sie für die bloße Übernahme des Kursrisikos, auch ohne Eintritt eines der Beklagten zur Last fallenden Kursschadens, im Verhältnis der Parteien eine besondere Entschädigung haben wollte, dies den Klägerinnen gegenüber bei Abschluß des Rückversicherungsvertrags klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Dies um so mehr, wenn — entgegen dem Grundsatz einer zwischen dem Erstversicherer und dem Rückversicherer bestehenden Interessengemeinschaft und der partiarischen Natur der auf Teilung des Risikos angelegten Rückversicherung — diese Entschädigung in einem völligen Aussdiluß der Klägerinnen von einer etwaigen Rückentschädigung bestehen sollte. Mangels einer solchen Klarstellung kann die Beklagte nicht wegen einer derartigen Gefahrtragung den Klägerinnen die ihnen an sich zustehende Rückentschädigung vorenthalten, weder ganz noch teilweise. So hat denn auch die Beklagte die Klägerinnen zunächst sowohl an den eingezogenen Provenuen als auch an den Kosten des von ihr zur Erlangung weiterer Provenuen geführten Prozesses beteiligt. Auch im übrigen ist nicht ersichtlich, daß nach Art und Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Rückversicherungsvertrags oder auf Grund seiner tatsächlichen Abwicklung der Rechtsstandpunkt der Beklagten begründet wäre. Die in dieser Beziehung vom Berufungs-
8
Rüdiversicherun^
gericht im einzelnen angestellten Erwägungen sind nidit rechtsirrig. Die Revision legt besonderes Gewicht auf die Behauptung der B e klagten, daß diese die verhältnismäßig h o h e Rückentschädigung von dritter Seite nur deshalb erhalten habe, weil der Erstversicherungsvertrag in ausländischer Währung mit einem ausländischen Versicherungsnehmer abgeschlossen gewesen sei. Aber wie das Berufungsgericht zutreffend b e t o n t , k o m m t für das Rechtsverhältnis der Parteien zwar die Tatsache in Betracht, daß wegen des Versicherungsfalls eine die Leistungen der Beklagten an den Erstversicherten mindernde Entschädigung von dritter Seite an die Beklagte gezahlt worden ist, nicht aber die Frage, welche Gründe den Dritten zu dieser Zahlung bewogen haben. Im übrigen ist aus dem Parteivorbringen nicht ersichtlich, i n wiefern der Dritte zu seiner Zahlung durch die von der Beklagten angeführten Gründe veranlaßt worden sein k ö n n t e . Für das Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Geschädigten kam die Höhe des dem letzteren erwachsenen Schadens und die Frage in Betracht, ob und in welchem Umfang der Dritte hierfür einzustehen hatte. Dagegen wurde die gegebenenfalls begründet Schadensersatzpflicht des Dritten grundsätzlich von der Frage nicht berührt, ob und in welchem Maße, in welcher Währung usw. der Geschädigte wegen des Schadens durch V e r sicherung gedeckt war. R G Z . 153,
184.
1. Ist die Rückversicherung eine echte Versicherung? 2. Sind die Vorschriften des § 8 0 V A G . trotz der Bestimmung des § 186 V V G . im Konkurse des Rückversicherers anwendbar? Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen vom 6. Juni 1931 ( R G B l . I S. 3 1 5 ) — V A G . — § § 8 0 , 148. Verordnung über die Beaufsichtigung der inländischen privaten Rückversicherungsunternehmungen vom 2. Dezember 1931 (RGBl. I S. 6 9 6 ) . Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1 9 0 8 ( R G B l . S. 2 6 3 ) - V V G . - § § 13, 4 0 , 186. VII. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 8. Januar
I. Landgericht Hamburg, Kammer für
1937.
Handelssachen.
Die Kläger haben als Konkursverwalter der N. im Konkurse der A . - U . eine Forderung der N. zur Konkurstabelle angemeldet. Sie ist in Höhe von 2 8 4 8 1 , 8 8 R M als einfache Konkursforderung von den Beklagten, den Konkursverwaltern der A . - U . , anerkannt worden. Die Kläger begehren für diese Forderung Anerkennung eines Vorrechts nach
Rückversicherung
9
§ 8 0 VAG. Die Beklagten bestreitcn das Vorrecht. Sie madien geltend: Die Forderung rühre aus einer Rückversicherung her. Auf diese aber finde § 8 0 VAG. keine Anwendung. Diese Bestimmung entspreche in ihrer Wortfassung den Vorschriften der Erstversicherung ( § § 1 3 , 4 0 VVG.) und gewähre nur für die dort angeführten Forderungen ein Vorrecht. Da aber für die Rückversicherung die Vorschriften dieser Bestimmungen nicht anwendbar seien ( § 1 8 6 VVG.), könne auch § 8 0 VAG. auf die Rückversicherung keine Anwendung finden. Dies ergebe sich weiter aus der Verordnung vom 2. Dezember 1931. Aber auch aus wirtschaftlichen Erwägungen könne § 80 VAG. nicht auf die Rückversicherung zur Anwendung kommen, da sich infolge der internationalen Wesensart der Rückversicherung unerwünschte Schwierigkeiten ergeben würden. Außerdem rühre die Forderung der N. nicht aus Rückerstattung von Prämien und Zahlung einzelner Schadensbeträge her, sondern gründe sidi auf vereinbarte Kontokorrentabrechnungen und Auskehrung der Salden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Konkurstabelle im Konkurse der A.-U. festgestellt, daß von der mit Vorrecht angemeldeten Forderung die als einfache Konkursforderung ohne Vorrecht anerkannten 28 481,88 RM bevorrechtigt seien, und zwar bevorrechtigt im Range vor Vorrechtsforderungen auf Rückerstattung zurückgezahlter Prämien und vor den nicht bevorrechtigten Konkursforderungen. Die Sprungrevision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: 1. Das Landgericht stellt als unstreitig fest, die N. und die A.-U. hätten in einem Rückversicherungsverhältnis gestanden; es sei audi -unbestritten, daß sich diese Rückversicherung als ein Versicherungsverhältnis darstelle, das in die Gruppe der Scha>densversicherung als eine besondere Art der Haftpflichtversicherung gehöre. Deshalb stehe lediglich zur Entscheidung, ob § 80 VAG. mit dem dort ausgesprochenen Vorrecht auch auf Ansprüche zur Anwendung gelangen könne, die ihre Grundlage in einer Rückversicherung hätten. Es handle sich bei der A.-U. um eine Versicherungsgesellschaft, die verschiedene Versicherungszweige betreibe. Eine unterschiedliche Behandlung in einem Falle, in dem von einer Versicherungsgesellschaft teils aufsichtsfreie, teils beaufsichtigte Versicherungszweige betrieben würden, sei nicht angängig. Vielmehr sei es gerechtfertigt, auch auf die aufsichtsfreien Zweige einer gemischten Gesellschaft § 80 VAG. zur Anwendung zu bringen (RGZ.
10
Rückversicherung
Bd. 149 S. 257). O b die Vorschrift auch dann anzuwenden sei, wenn es sich um Verträge mit reinen RückVersicherungsgesellschaften handle, sei im Hinblick auf die §§ 13, 40, 186 W G . und auf die Verordnung vom 2. Dezember 1931 zweifelhaft. Das könne aber aus dem angeführten Grunde hier dahingestellt bleiben. Das Vorbringen der Beklagten, daß die angemeldete Forderung nicht aus einem Rückversicherungsverhältnis herrühre, sondern einen Saldo aus gegenseitigen Verrechnungen darstelle, sei gänzlich unsubstantiiert geblieben, auch hätten die Beklagten keine Stellung zu der Behauptung der Kläger genommen, daß die streitige Forderung erst nach den Saldierungen entstanden sei. 2. Was zunächst die Rechtsnatur der von den Beklagten als einfache Konkursforderung anerkannten Forderung, für die das Vorrecht beansprucht wird, betrifft, so ist zu bemerken: Die Beklagten hatten nicht, wie das landgerichtliche Urteil in seinen Gründen sagt, den Einwand gebracht, daß die Forderung nicht aus einem Rückversicherungsverhältnis herrühre, sondern sie hatten vorgetragen, die vertragsmäßigen Ansprüche des Erstversicherers gegen den Rückversicherer gingen auf Grund der hier vereinbarten Kontokorrent-Abrechnungen nur auf Auskehrung der Salden, nicht auf Rückerstattung von Prämien und Zahlungen einzelner Schadensbeträge. Sie hatten sich damit gegen die Behauptung der Kläger gewandt, wonach die Forderung von 28 4 8 1 , 8 8 R M „aus Schadensfällen in der FeuerversidierungsJBranche herrührten, in welcher die N. die verschiedensten Summen an Versicherungsnehmer zur Auszahlung gebracht, bzw. die entsprechenden Forderungen zur Konkurstabelle anerkannt" habe; die N. sei (außer bei anderen Versicherungen auch zu einem gewissen Prozentsatz) bed der A.-U. rückversichert. Aus dieser Rückversicherung heraus sei die A.-U. verpflichtet, die N. in Höhe dieser 28 4 8 1 , 8 8 R M „freizuhalten". Deswegen hätten die Beklagten die Forderung der Kläger auch in der genannten Höhe — ohne Vorrecht — zur Konkurstabelle anerkannt. Aus diesen gegenseitigen Behauptungen ergibt sich klar, daß die Kläger geltend gemacht hatten, die von den Beklagten anerkannte Forderung habe „den Ersatz eines zur Zeit der Eröffnung des Konkurses" (über das Vermögen der A.-U.) „bereits eingetretenen Schadens" (§ 8 0 VAG.) zum Gegenstand, und daß die Beklagten dem mit dem Einwand begegnet waren, zwischen dem Rückversicherungsnehmer und dem Rückversicherer sei (echte) Kontokorrent-Abrechnung vereinbart worden, so daß sich die Forderung der Kläger nicht mehr auf Ersatz eines zur Zeit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der A.-U. bereits eingetretenen Schadens (und auch nicht auf Rückerstattung
Rückversidierung
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von Prämien), sondern infolge angenommenen Novationscharakters des editen Kontokorrents (vgl. S t a u b - G a d o w HOB. § 355 S. 224flg.) nur noch auf Auskehrung von Salden habe riditen können und geriditet habe. Die Beklagten haben sich also ersichtlich darauf berufen, die rechtliche Selbständigkeit der ursprünglichen Forderungen sei erloschen, sie bildeten infolge der Vereinbarung eines echten Kontokorrents nur mehr unselbständige Rechnungsposten (vgl. H e r r m a n n s d o r f e r Technik und Bedeutung der Rückversicherung S. 262); ob die Beklagten darüber hinaus hatten geltend machen wollen, daß auch diesen Rechnungsposten selbst weder Forderungen auf Ersatz eines zur Zeit der Konkurseröffnung über das Vermögen der A.-U. bereits eingetretenen Schadens noch auch solche auf Rückerstattung von Prämien zugrunde gelegen hätten, ist nicht ersiditlidi und kann auch dahingestellt bleiben. Denn das Landgericht hat die ganze Einwendung der Beklagten mit den oben angeführten Bemerkungen abgetan. Es ist nun gleichgültig, ob es dabei diese Einwendung ausreichend gewürdigt hat; denn die gemäß § 566a ZPO. eingelegte Revision kann nach Abs. 3 das. nicht auf Mängel des Verfahrens, also insbesondere nicht auf Verletzung der §§ 286, 139 ZPO. gestützt werden. Die angeführte Einwendung der Beklagten ist deshalb für das Revisionsgericht nicht mehr beachtlich, und dieses hat davon auszugehen, daß der als einfache Konkursforderung anerkannten und festgestellten Forderung, für die nunmehr das Vorrecht begehrt wird, der Sachverhalt zugrunde liegt, der von den Klägern, wie oben bemerkt, behauptet und nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe des Landgerichts durch die Zurückweisung der Einwendung der Beklagten als festgestellt zu erachten ist. Danach ist aber ihre Rechtsnatur dahin bestimmt, daß es sich um eine Forderung „auf Ersatz eines zur Zeit der Konkurseröffnung" (über das Vermögen der A.-U.) „bereits eingetretenen Schadens" (vgl. § 80 VAG.) handelt. 3. Das Landgericht meint, es sei unter den Parteien unstreitig, daß sich die Rückversicherung als Versicherung darstellt. Die Beantwortung dieser für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits grundlegenden Frage hängt aber natürlich nicht von dem Einverständnis der Parteien ab; das Landgericht hätte sie unabhängig davon prüfen müssen. Die Frage ist zu bejahen. Das Reichsgericht hat sie bisher nicht ausdrücklich entschieden; nachdem es in früheren Urteilen wenigstens die Exzedenten- und die Quotenexzedentenversicherung als „Sozietät" angesehen hatte, hat es später die Frage nach der Reditsnatur der Rückversicherung im allgemeinen stets offengelassen; noch in dem Urteil vom 13. Mai 1930 (RGZ. Bd. 129 S. 1 [6] hat der erkennende Senat es
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unterlassen können und unterlassen, zu ihr Stellung zu nehmen. Heute geht die weitaus überwiegende, wenn nicht einhellige Auffassung des Schrifttums dahin, die Rückversicherung als solche sei als echte Versicherung, und zwar als eine der Haftpflichtversicherung ähnliche, wenn auch nicht mit ihr wesensgleiche besondere Art der Schadensversicherung anzusehen; der gesellschaftsartige (partiarisdie) Einschlag dieser Versicherungsart stehe dem nicht entgegen (vgl. u . a . H e r r m a n n s d o r f e r Wesen und Behandlung der Rückversicherung S. 31 bis 46; R i t t e r Das Recht der Seeversicherung § 1 Anm. 146 bis 157; G e r h a r d , H a g e n u . a . VVG. S. 3, 4, §§ 149, 150 Anm. 2 Nr. 2, § 1 8 6 Anm. 2; H a g e n im Handbuch des gesamten Handelsrechts 8.Bd. II. Abteilung §§ 523 flg., 596 flg.; M o l d e n h a u e r im Versicherungslexikon von Manes Sp. 1329 flg. u . a . m . ) . Dieser Auffassung tritt der eikennende Senat grundsätzlich bei. Er mißt insbesondere auch den Bestimmungen der § § 7 7 8 , 779 Abs. 1 HGB. Bedeutung für die Bejahung der Wesensart der Rückversicherung als einer echten Versicherung bei. Nach ihnen kann Gegenstand der Seeversicherung jedes in Geld schätzbare Interesse sein, das jemand daran hat, daß Schiff oder Ladung die Gefahren der Seesdiiffahrt besteht, i n s b e s o n d e r e . . . die von einem V e r s i c h e r e r ü b e r n o m m e n e G e f a h r ( R ü c k v e r s i c h e r u n g ) . Hier hat der Gesetzgeber für ein bestimmtes Gebiet des Versicherungswesens jedenfalls klar zum Ausdruck gebracht, daß er insoweit die Rückversicherung für eine echte Versicherung ansieht. Allerdings muß es der Prüfung des einzelnen Falls vorbehalten bleiben, inwieweit bei der außerordentlichen Vielgestaltigkeit der Formen, in denen die Rückversicherung auftritt, die Merkmale eines Versicherungsvertragsverhältnisses etwa hinter gesellschaftlichen oder rechtlich andersartigen Bestandteilen der Regelung eines Rückversicherungsverhältnisses so sehr in den Hintergrund treten können, daß rechtlich von einem Versicherungsverhältnis nicht mehr gesprochen werden könnte. Nach dem, was vorstehend über die Feststellungen ausgeführt worden ist, von denen hier das Revisionsgericht auszugehen hat, kommen irgendwelche Besonderheiten nicht in Frage. Damit ergibt sich weiter für den vorliegenden Fall von selbst, daß es sich um einen Versicherungszweig handelt, für den die besonderen Vorschriften über die Deckungsrücklage (§§ 65 bis 79 VAG.) nicht gelten. 4. Für die Frage, ob die Forderung das streitige Vorrecht genießt, kommt es dann nur noch darauf an, welche Tragweite der Bestimmung des § 186 VVG. in Hinblick auf die §§ 13 und 40 dieses Gesetzes und auf § 80 VAG. zukommt, und darauf, ob durch § 148 VAG. die An-
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wendung des § 8 0 V A G . im vorliegenden Falle ausgeschlossen wird. Was die erste dieser Fragen betrifft, die in diesem Rechtsstreit besonders Gegenstand der Erörterungen gewesen ist, so hat die Revisionsbeantwortung zutreffend hervorgehoben, daß § 8 0 V A G . zwei ganz verschiedenen Arten von Forderungen das Vorrecht, und zwar in verschiedener Rangfolge, gewährt. Nach dem, was oben zu Nr. 2 dieser Gründe ausgeführt worden ist, muß das Revisionsgericht im vorliegenden Falle davon ausgehen, daß hier zur Tabelle im Konkurse der A.-U. lediglidi solche Forderungen der N. festgestellt worden sind, mit denen diese von der A.-U. als ihrem Rückversicherer Ersatz für Ersatzleistungen begehrt, die sie ihrerseits ihren (gegen Feuerschaden) Erstversicherten, sei es durdi Zahlung, sei es durch Anerkennung ihrer Forderungen in ihrem eigenen Konkurse gewährt hat. Durch die Anerkennung dieser Forderungen — wenn auch ohne Vorrecht — im Konkurs der A . - U . haben die Beklagten sidi der Rechtsprechung gefügt, nadi welcher der Rückversicherer im Konkurse des Erstversicherers und RückVersicherungsnehmers in dessen Konkursmasse volle Entschädigung, nicht etwa nur die vom Erstversicherer an die Geschädigten bezahlte oder zu zahlende Konkursdividende, zu gewähren hat (vgl. R G Z . 'Bd. 5 S. 1 1 5 , Bd. 55 S. 86 u. a.). Es besteht nicht ein bloßer Befreiungsanspruch (Freihaltungsanspruch), wie die Kläger mißverständlich bemerkt haben, sondern ein echter Zahlungsanspruch. Dadurdi erst wird klar, daß für die als einfache Konkursforderung zur Tabelle festgestellte Forderung, um deren Vorredit es sich handelt, nur der zweite der in § 8 0 V A G . aufgestellten beiden Tatbestände in Frage kommt. Die Vorschrift setzt diesen Tatbestand von sich aus als eine der V o r aussetzungen für die Vorreditsgewährung fest. Insoweit scheidet jede Bezugnahme auf Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes aus: deshalb ist § 186 V V G . für diesen Tatbestand jedenfalls ohne Einfluß. Es kann sonach unerörtert bleiben, wie zu entscheiden wäre, soweit etwa die N. von der A.-U. auch die Rüdeerstattung eines auf die Zeit „nach der Beendigung des Versicherungsverhältnisses" entfallenden Versicherungsentgelts begehren würde; alle damit in Zusammenhang stehenden Streitfragen, wie die Anwendung der § § 17 flg. K O . oder die entsprechende Anwendung der § § 13 und 4 0 W G . , erweisen sich hier als gegenstandslos. 5. Da somit alle in § 8 0 V A G . für die Gewährung des verlangten Vorrechts aufgestellten Voraussetzungen gegeben sind, kommt es nur noch darauf an, ob der Anwendung dieser Vorschrift Bedenken aus § 1 4 8 V A G . entgegenstehen. Die Frage ist von der Rechtsauffassung
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aus, die den erkennenden Senat in seinen Urteilen vom 19. Februar 1935 (RGZ.Bd. 147 S.69) und vom 26. November 1935 (RGZ.Bd. 149 S. 257) geleitet hat, zu verneinen. Der Senat hat dort mit eingehender Begründung dargelegt, daß es unerheblich ist, ob die Sdiadensversicherungsunternehmung, in deren Konkurs das Vorrecht geltend gemacht wird, in dem in Frage kommenden Versidierungszweige oder überhaupt der Aufsicht nach dem Versicherungsaufsiditsgesetz unterliegt oder nicht (vgl. Bd. 147 S. 75, 2. Abs., Bd. 149 S. 261 Mitte). Für die Rückversicherung kann nach dem, was bisher erörtert worden ist, nichts anderes gelten. Deshalb kann auch darauf nichts ankommen, daß der Reidiswirtschaftsminister durch die Verordnung vom 2. Dezember 1931 von der Ermächtigung des § 148 Abs. 1 Satz 2 VAG. Gebrauch gemacht und bestimmt hat, daß eine Anzahl von Vorschriften dieses Gesetzes für diejenigen inländischen privaten Unternehmungen, die ausschließlich Rüdcversicherung, und zwar ohne Beschränkung auf aufsiditsfreie Versicherungszweige, zum Gegenstand haben, gelten sollen, daß er also damit solche Unternehmungen, die ausschließlich Rückversicherung in beaufsichtigten Versicherungszweigen betreiben, einer beschränkten Aufsicht unterworfen hat, während von den inländischen Rüdcversidierungsunternehmungen völlig aufsichtsfrei nur noch die sind, welche Rüdcversicherung ausschließlich in gesetzlich aufsichtsfreien Versicherungszweigen betreiben. Denn § 80 VAG. stellt, wie in den früheren Urteilen des erkennenden Senats ausgesprochen worden ist, eine sachlidi-rechtlidie Konkursvorschrift dar, nicht eine Verfahrensvorschrift, welche die Beaufsichtigung von Versidierungsunternöhmungen betrifft, und das hier geregelte Konkursvorrecht gilt ohne jede Rüdcsicht darauf, ob der Versicherungszweig, aus dem die Forderung stammt, aufsichtspflichtig ist oder nicht (so auch K o e n i g e - P e t e r s e n - W i r t h VAG. § 80 Anm. 6). Die Gesichtspunkte, die der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs vom 26. Februar 1931 (RT. Drudcs. Nr. 848 zur V. Wahlperiode des Reichstags 1930 S. 19/20) für die gegenteilige Auffassung entnommen wurden, sind in dem ersterwähnten Urteile des erkennenden Senats (Bd. 147 S. 74/75) bereits widerlegt. Die aus der Nichtanwendbarkeit der § § 1 3 und 40 W G . für die Rüdcversicherung gemäß § 186 W G . v o n K o e n i g e - P e t e r s e n - W i r t h a . a . O . hergeleiteten Bedenken erledigen sich — mindestens im vorliegenden Falle — durch das, was zu Nr. 4 oben gesagt ist. Es könnte sich nur nodi um allgemeine Erwägungen handeln etwa des nachstehend umschriebenen Inhalts: Bei der besonderen Artung und der außerordentlich vielseitigen Gestaltung der Rüdcversicherung, bei dem ihr innewohnen-
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den Teilnehmereinsdilag und insbesondere bei der von den Rückversicherungsnehmern — Erstversicherern — in aller Regel vorauszusetzenden Gesdiäftskundigkeit und Fähigkeit, durch Vertragsbedingungen nadi allen Richtungen hin ihre Rechtsverhältnisse selbst zu regeln und ihre Belange zu wahren (vgl. die amtliche Begründung zum nunmehrigen § 186 W G . ) , fehle es gerade an denjenigen Beweggründen, die den Gesetzgeber zur Schaffung des Vorrechts nadi § 80 VAG. veranlaßt hätten und die aus der oben angeführten Stelle der amtlichen Begründung zum Versicherungsaufsichtsgesetz ersichtlich seien; die gleichen Erwägungen, die den Gesetzgeber veranlaßt hätten, die Rückversicherung von der Regelung durch das Versicherungsvertragsgesetz nach § 1 8 6 W G . auszusdiließen, müßten auch die Anwendung des § 8 0 VAG. auf den Konkurs von Rüdcversidierungsunternehmungen als dem Willen des Gesetzgebers nidit entsprechend erscheinen lassen. Solche Erwägungen können indessen nicht durdigreifen. Die besondere Artung und Gestaltung der Rückversicherung und deren teilnehmerartiger Einschlag können, wie bereits eingangs erwähnt worden ist, die Erkenntnis nidit hindern, daß es sidi bei ihr um eine edite Versicherung, wenn audi eigener Art, und zwar um eine Sdiadensversidierung, handelt. Auf Gesdiäftskundigkeit und auf die mehr oder minder für die Versicherungsnehmer gegebene Möglichkeit, ihre Rechtsverhältnisse durch Vertrag selbst zu regeln und ihre Belange dadurch zu wahren, kann die Auffassung nidit gestützt werden, daß auf eine Forderung aus einer bestimmten Art von Versicherung, auf die sonst die vom Gesetzgeber angeordneten Voraussetzungen zutreffen, trotzdem das Gesetz nicht anwendbar sein solle. Für die Annahme einer solchen Ausnahme genügen Erwägungen von der oben angedeuteten Art, die an sich schon nicht stidihalten, keinesfalls. Auf die Bedeutung der Bestimmungen der §§ 778, 779 Abs. 1 HGB. für die Frage nach der Wesensart der Rückversicherung wurde bereits oben hingewiesen; wie gezeigt, ist aber auch sonst ein Zweifel an der Rechtsnatur der Rückversicherung als einer echten Sdiadensversidierung nidit mehr möglich. Das ist durch das oben erwähnte und durch weiteres Schrifttum seither einwandfrei geklärt; daran ändert es nichts, daß, wie in Nr. 3 oben erwähnt, die Prüfung der besonderen Gestaltung der einzelnen Verhältnisse darauf hin, ob sie die Voraussetzungen eines Versidierungsverhältnisses noch erfüllen, vorbehalten bleiben muß. Dann aber rechtfertigt nadi dem in den genannten früheren Urteilen des erkennenden Senats Ausgeführten nichts mehr die Auslegung, § 80 VAG. sei auf die Rückversicherung nidit anwendbar.
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Endlich kann audi der Hinweis der Revision auf unerwünschte Folgen, die sidi aus der Anerkennung der Anwendbarkeit des § 80 VAG. auf den Konkurs des Rückversicherers im zwischenstaatlidien Verkehr ergeben sollen, nidit dazu führen, das Gesetz anders auszulegen, als es nach seinem Inhalte und seiner Stellung im Gesetzeswerke auszulegen ist. Sollten sich wirklich unerwünschte Folgen ergeben, was die Revisionsbeantwortung mit beachtlichen Ausführungen bestritten hat, so wird der Gesetzgeber nicht zögern, ihnen entgegenzutreten, soweit nicht anderweitige Erwägungen ihn davon abhalten. Die Auslegung geltenden Rechts kann durch den Hinweis auf solche unbestimmte, der genauen Nachprüfung unzugängliche Auswirkungsmöglichkeiten nidit beeinflußt werden.
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Seeversicherung RGZ.4, 46. 1. Ist in der Policeklausel, daß das Schiff im Anschlüsse an das (sidi auf eine bestimmte Reise beziehende) Risiko dieser Police audi für die folgende Reise gegen eine nach Billigkeit zu regulierende Prämie versichert bleiben soll, ein perfekter Versicherungsvertrag oder nur die Bereiterklärung des Versicherers zur Ubenahme der weiteren Versicherung enthalten? 2. Bildet jene Klausel eine bloße Modalität des Versicherungsvertrages oder einen selbständigen Nebenvertrag, zu dessen Abschlüsse es eines besonderen Auftrages des Versicherten an den von ihm mit der Versicherung Beauftragten bedarf? Begründet auch eine ohne Auftrag des Versicherten von einem Dritten genommene Versicherung die Einrede der Doppelversicherung? Allg. Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 §§ 5. 11, 13, 72, 76. HGB. Art. 786, 792, 794, 827, 831. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 4.Mai 1881. I. Landgericht Hamburg. — II. Oberlandesgeridit daselbst.
Kläger, als Korrespondentreeder des Schiffes „Cadet", hatte den Makler M. C. M. Sohn in Hamburg beauftragt, auf das Kasko dieses Schiffes für eine Reise von Maracaibo nach einem europäischen Hafen Versicherung zu nehmen. Laut Police vom 6. Januar 1879 ist demgemäß von M. diese Versicherung mit der Klausel „für Rechnung wen es angeht" und mit dem Zusatz „Auftrag von Neuenfeld mündlich" bei verschiedenen Gesellschaften im Gesamtbetrage des taxierten Wertes des Schiffes genommen. Das Schiff erhielt seine Bestimmung nach Liverpool. Nachdem es dort glücklich angekommen war und gelöscht hatte, sollte es von Liverpool nach Hamburg versegeln, weshalb Kläger, angeblich weil er den Makler M. nicht angetroffen hatte, durch den Makker D. audi für diese Reise zum Belaufe des ganzen Taxwertes des Schiffes Versicherung nehmen ließ, worüber eine Police vom 25. März 1879 gezeichnet wurde, jedoch (abgesehen von einer Gesellschaft, welche auf beide Policen gezeichnet hatte) von anderen Gesellschaften als den Zeichnern der erstgedaditen Police. Auf dieser Reise ging das Schiff gänzlich verloren. Als nun Kläger die Zeichner der jüngeren Police in Versicherungsvertragsgesetz III
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Seeversicherung
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Ansprudi nahm, erhoben sie die Einrede der Doppelversidierung auf Grund einer Klausel der, nach Angabe des Klägers in M.s Besitz gebliebenen und dem Kläger nie zu Gesicht gekommenen älteren Police, laut weldier das Schiff audi für die folgende Reise (im Anschluß an den aufhörenden Risiko dieser Police) gegen eine nach Billigkeit zu regulierende Prämie versidiert bleiben sollte. Aus den
Gründen:
„Durch das angefoditene Erkenntnis des Oberlandesgerichts ist den beklagten Versicherungsgesellschaften der Beweis auferlegt: daß M. C . M . S o h n , als er die in der Police v o m 6. Januar 1879 beurkundete Versicherung schloß, v o n der Reederei des Schiffes „ C a d e t " , sei es ausdrücklich, sei es stillschweigend, Auftrag gehabt habe, das K a s k o des Schiffes audi für die in der Police angegebene folgende Reise zu versichern. Die hiergegen von beiden Teile erhobenen Beschwerden sind unbegründet. 1. Der Kläger beschwert sich . . . darüber, daß die Beklagten nidit schon jetzt nach dem Klagantrage verurteilt seien. . . . Mit Unredit k o m m t Kläger behufs Begründung dieser Beschwerde darauf zurück, daß die in der Police vom 6. Januar 1879 aufgenommene Klausel: „Bei Abweichungen von obiger Bestimmung, sowie auch für die folgende Reise bleibt das Schiff im Anschluß an den aufhörenden Risiko dieser Police versichert gegen nach Billigkeit zu regulierende Prämie" nicht einen beide Teile festbindenden Versicherungsvertrag, sondern nur ein pactum de contrahendo enthalte, kraft dessen das Schiff für die folgende Reise nur versichert bleiben solle, sofern eine andere Versicherung nicht genommen sei. Denn dieser Punkt ist bereits durch duae conformes zu Ungunsten des Klägers entschieden, indem die zweite Instanz in Übereinstimmung mit der ersten angenommen hat, daß durch jene Klausel die Versicherer das Risiko der folgenden Reise bereits fest übernommen haben. Auch würde hierin eventuell den Vorinstanzen nur beigepflichtet werden können, da die Klausel sowohl nach ihrem Wortlaut als nach ihrem vernünftigen Zweck unmöglich in dem ihr vom Kläger . . . beigelegten Sinne verstanden werden kann, nach welchem die Versicherer sich nur zur Übernahme der Versicherung der folgenden Reise bereit erklärt haben würden. . . .
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2. Die Beklagten gründen ihre, auf sofortige Klagabweisung, unter Streichung des den Beklagten noch auferlegten Beweises, gerichtete Beschwerde zunächst auf die Ausführung, daß bei dem Zugeständnis des Klägers, daß M. mit der Versicherungsnahme für die Reise von Maracaibo nadi Liverpool von ihm beauftragt gewesen sei, das Bestreben eines speziellen Auftrages zu der hier fraglichen Klausel des demgemäß geschlossenen Versicherungsvertrages rechtlich keine Beachtung verdiene. Dies würde allerdings zutreffend sein, wenn es sich bei der generellen Erteilung des Auftrages zur Versicherungsnahme um eine bloße Modalität des den Gegenstand des Auftrages bildenden Rechtsgeschäftes, ζ. B. um die Höhe der Prämie, handelte, da in Ermangelung einer desfallsigen Beschränkung des Auftrages die Vereinbarung in betreff solcher Modalitäten als dem Ermessen des Beauftragten überlassen anzunehmen sein würde. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber nicht um bloße Modalitäten des abzuschließenden Vertrages, sondern um die Abschließung eines selbständigen, von dem aufgetragenen Geschäfte völlig trennbaren Nebenvertrages. Denn assekuranzrechtlich unterscheidet sich die Versicherung für e i n e Reise wesentlich von der Versicherung für mehrere aufeinander folgende Reisen (vgl. §§ 72, 76 der Allgemeinen Bedingungen von 1867 und Art. 827, 831 HGB.), und in dem Auftrage der Versicherungsnahme für die Reise des Schiffes von Maracaibo kann daher der stillschweigende Auftrag zur Versicherungsnahme auch für die nächste f e r n e r e Reise an sich unmöglich gefunden werden. Audi ist aus der Police vom 6. Januar 1879 eine materielle Einheitlichkeit der Versicherung der damaligen und der folgenden Reise des Schiffes keineswegs ersichtlich, wie es z . B . der Fall sein würde, wenn vereinbart wäre, daß für beide Reisen eine Gesamtprämie nach Billigkeit festgestellt werden solle, sobald über die folgende Reise Bestimmung getroffen sei. Vielmehr ist für die damalige Reise sofort ganz selbständig die Prämie (auf 1V2 Prozent) fest stipuliert, für die folgende Reise dagegen die Regulierung der Prämie nach Billigkeit vorbehalten. Auch haben die Beklagten gar nicht etwa behauptet, daß die vereinbarte Höhe der erstgedaditen Prämie mit dem in der Klausel getroffenen Abkommen im Zusammenhang stehe, d. h. daß ohne ein solches eine größere Prämie zu zahlen gewesen sein würde, geschweige denn, daß beide Verträge unteilbar seien, weil die Beklagten ohne dieses Abkommen auf die Versicherung des Schiffes nur für dessen damalige Reise überhaupt nidit eingegangen sein würden. Vgl. Entsch. des ROHG.s Bd. 4 S. 2 1 9 flg. 2'
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O b die hier fragliche Klausel an sich für das Interesse des Versicherten günstig war, ist für die hier maßgebende Frage, ob die Vereinbarung derselben dem vom Kläger dem Versicherungsnehmer erteilten Auftrage entsprach, unerheblich. In der Natur der Sadie liegt sie an sich entschieden nicht, und die erst in dieser Instanz erfolgte Berufung der Beklagten auf ihre Gewöhnlichkeit u n d Üblichkeit ist schon wegen prozessualer Verspätung dieses Vorbringens unbeachtlidi. Wenn die Beklagten ferner geltend machen, daß eine ohne Auftrag des Versicherten von einem Dritten genommene Versicherung nach § 5 der Allgemeinen Bedingungen deshalb nicht nichtig, sondern nur für den Versicherer nidit verbindlich sei, so ist auch dieser Gesichtspunkt ungeeignet, die Einrede der Doppelversicherung im vorliegenden Falle zu begründen. Denn die Bestimmung des mit dem Art. 792 HGB. gleichlautenden § 11 der Bedingungen, daß die spätere nochmalige Versicherung eines Gegenstandes, insoweit derselbe bereits versichert ist, keine rechtliche Geltung hat, beruht lediglich auf dem Mangel eines versicherbaren Interesses beim Abschlüsse des zweiten Versicherungsvertrages (vgl. Protokolle S. 3018). An einem solchen fehlt es aber keineswegs, wenn die erste Versicherung für den Versicherer unverbindlich ist, der Versicherte mithin gegen ihn keinen wirksamen Anspruch auf Ersatz des durch die übernommene Gefahr eingetretenen Schadens zu erheben vermag. So liegt aber hier die Sache, wenn M. bei dem mit der Klausel „für Rechnung wen es angeht", in Wirklichkeit aber unstreitig für fremde Rechnung erfolgten Absdiluß des Versicherungsvertrages keinen Auftrag zur Versicherung des Schiffes auch für die folgende Reise vom Kläger hatte. Denn unstreitig hat M. nicht etwa den Beklagten die Anzeige gemadit, daß ihm ein solcher Auftrag nicht erteilt sei, sondern er hat sich vielmehr ausweise der Policeklausel „Auftrag von Neuenfelde mündlich" als Beauftragter des Reeders bzw. der Reederei geriert. Durch eine nachträgliche Genehmigung konnte mithin Kläger nach § 5 der Bedingungen (Art. 786 HGB.) die Wirksamkeit des Vertrages für ihn bzw. die Reederei nicht herbeiführen, sondern der Vertrag würde für ihn nur dann Rechte gegen die Beklagten als Versicherer begründen, wenn M. auftragsgemäß gehandelt hätte. Dies letztere in betreff der in der Police gedachten folgenden Reise zu beweisen, ist daher mit Recht den Beklagten auferlegt, da sie nur dann mit der Einrede der Doppelversicherung durchzudringen vermögen. Die Gültigkeit eines Versicherungsvertrages bei einer Versicherung für fremde Rechnung, welche wegen des Fehlens der dazu erforderlichen Voraussetzun-
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gen für den Versicherer unverbindlich ist, besteht lediglich darin, daß letzterer dem Versicherungsnehmer gegenüber Anspruch auf die Prämie behält (vgl. § 5 der Bedingungen und Art. 786 HGB. am Ende). Dies genügt aber selbstverständlich nicht, um im Sinne des § 11 der Bedingungen (Art. 792 HGB.) den Gegenstand als bereits versichert für denjenigen anzunehmen, um dessen Interesse bei jener Versicherung für fremde Rechnung es sich handelte, da dieser, wie Kläger mit Recht geltend gemacht, bei einer solchen Auslegung verhindert werden könnte, sein Interesse überhaupt rechtswirksam durch Versicherung zu decken, während es doch keinem Zweifel unterliegen kann, daß weder nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen dem unbefugten Eingriff eines Dritten in eine fremde Rechtssphäre diese Wirkung beigelegt werden darf, noch auch durch das Handelsgesetzbuch und die Bedingungen ihm hat beigelegt werden sollen (vgl. Protokolle zum Handelsgesetzbuch S. 4237 flg.). Auf die weitere Ausführung der Beklagten, daß eventuell die Voraussetzungen hier nicht vorliegen würden, unter welchen nach § 13 der Bedingungen (Art. 794 HGB.) im Falle einer Doppelversicherung nicht die zuerst, sondern die später genommene Versicherung rechtliche Geltung hat, bedarf es keines Eingehens, da dem obigen zufolge die Einrede der Doppelversicherung nur dann als begründet erscheint, wenn die Beklagten den Beweis des vom Kläger dem M. zur Versicherung für die folgende Reise erteilten Auftrages erbringen, während der § 13 lediglich von dem Falle handelt, in welchem die frühere Versicherung für fremde Rechnung ohne Auftrag genommen ist." . . . RGZ. 7, 27. Hat bei der Versicherung der Frachtgelder einer bestimmten Reise der Versicherer audi dann Ersatz zu leisten, wenn das Schiff zunächst eine Reise in Ballast nach dem Abladehafcn machen maß and vor der Einnahme von Ballast oder Ladung im Abladehafen, bzw. vor der Abfahrt von dort zugrunde gegangen ist? Ist dieserhalb die vom Versicherungsnehmer beim Abschluß des Vertrages gemachte Anzeige, daß das Schiff noch auf einer solchen Zureise begriffen sei, von Erheblichkeit? •HGB. Art. 817, 818, 827, 829, 831, 833, 835 vgl. mit Art. 633. Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 §§ 44, 74. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 11.Februar 1882.
I. Landgericht Stettin, Kammer für Handelssachen. — II. OberlandesgeriAt daselbit.
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Aus den
Gründen:
. . . „Die Sadie selbst anlangend, handelt es sidi um eine Versicherung von 2 5 0 0 Μ „auf Teilfraditgelder im Segelschiff „Marie Helene" . . . von Tabasco nadi England oder einem Hafen des Kontinents mit Holz" und ist unstreitig das Schiff bei Absdiluß der Versicherung noch auf der Reise von Liverpool nach Tabasco begriffen gewesen. Der Berufungsriditer verletzt nun allerdings, wie ihm von der Beklagten vorgeworfen wird, den Rechtsbegriff der „versidierten Reise" (Art. 817, 818, 827, 831 und 821 HGB.) sowie den Art. 829 HGB. und verstößt audi gegen die Regeln der Auslegung von Verträgen indem er den Versicherungsantrag dahin auffaßt, daß die Frachtgelder versichert seien nicht nur für den Fall, daß dem Schiffe in Tabasco n a c h dem Beginne der Einnahme der Ladung oder des Ballastes oder n a c h der Abfahrt von Tabasco ein Unfall zustoßen werde, sondern audi für den Fall, daß dies sdion auf der H i n r e i s e nach Tabasco geschehen sollte. Wenn nämlich der Berufungsrichter für diese Auslegung des Vertrages sich zunächst auf den Art. 829 HGB. beruft, so ist ihm zwar darin beizutreten, daß der hier in erster Linie maßgebende § 74 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867, auf Grund deren die Versicherung geschlossen ist, in gleicher Weise interpretiert werden muß, wie der Art. 829 HGB., da beide, soweit ihr Inhalt hier in Frage kommt, übereinstimmen und ersterer aus dem letzteren entnommen ist, so daß angenommen werden muß, daß die Kontrahenten soweit bei ihren vertragsmäßigen Festsetzungen dasselbe gewollt haben, was schon der Gesetzgeber bestimmt hatte (ein Grundsatz, welcher — wie hier sogleich bemerkt werden mag — audi von dem Verhältnisse des § 72 der Bedingungen zu dem Art. 827 HGB. gilt, da der erstere, soweit er hier in Frage kommt, ebenfalls aus dem letzteren wörtlidi entnommen ist). Unrichtig ist es aber, wenn der Berufungsriditer diese gesetzlichen Bestimmungen auf Grund der Protokolle der Beratungskommission dahin interpretiert, daß der Versicherer auf die Frachtgelder einer Reise, wenn das Schiff zunächst eine Reise in Ballast nadi dem Abladehafen machen müsse, audi dann Ersatz zu leisten habe, wenn das Schiff v o r der Einnahme von Ladung oder Ballast im Abladehafen bzw. v o r der Abfahrt von dort zu Grunde gehe, sofern nur mit der Einnahme des Ballastes für die Zureise der Anfang gemacht sei oder das Schiff diese Zureise (ohne Ballast) angetreten habe. Der Wortlaut der Art. 827 und 829 HGB. steht dieser Auslegung entgegen. Denn der Art. 829 bestimmt :
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2?
„Bei der Versicherung der Fracht beginnt . . . die Gefahr in Ansehung der Unfälle, welchen das Schiff und dadurch die Fracht ausgesetzt ist, mit demselben Z e i t p u n k t e , in dem die Gefahr bei der Versicherung des Sdiiffes für dieselbe Reise beginnen . . . würde," und nach Art. 8 2 7 beginnt bei der Versicherung des Schiffes für eine R e i s e die Gefahr für den Versicherer mit dem Zeitpunkte, „in weldiem mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes angefangen wird, oder, wenn weder Ladung nodi Ballast einzunehmen ist, mit dem Z e i t p u n k t e der Abfahrt des Schiffes." D i e hier erwähnte Einnahme von Ladung oder Ballast, bzw. Abfahrt läßt sich aber mit Rücksicht darauf, daß es sich nach dem Eingange des Artikels nicht um eine Versicherung auf Zeit (vgl. Art. 8 3 4 und 8 3 5 H G B . ) , sondern um eine Versicherung für eine bestimmte Reise handelt, ungezwungen nur auf die versicherte Reise beziehen, und kann es deshalb nach Art. 8 2 7 H G B . keinem Zweifel unterliegen, daß der V e r sicherte, wenn im vorliegenden Falle das Schiff nur für die Reise v o n T a b a s c o ab versichert wäre, für einen schon vor Antritt dieser Reise entstandenen Schaden nicht haften würde. Das gleiche bestimmt aber seinem Wortlaute nach der Art. 8 2 9 hinsichtlich der Frachtversicherung, wie die W o r t e „für dieselbe (d. h. die versicherte) R e i s e " deutlich ergeben. Audi aus der Entstehungsgeschichte des Art. 8 2 9 a . a . O . läßt sich die demselben v o m Berufungsrichter gegebene Auffassung, daß bei der Versicherung auf die Fracht eines Schiffes für eine bestimmte Reise den Versicherer, wenn das Schiff behufs dieser Frachtreise erst eine Zureise in Ballast nach dem Abladehafen machen müsse, in Ansehung derjenigen Unfälle, welchen das Schiff ausgesetzt ist, auch die Gefahr dieser Zureise treffe, nicht entnehmen. Der preußische Entwurf eines Seerechts enthielt über den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung
der Gefahr bei Versicherungen
auf
Fracht überall keine Bestimmungen. Schon bei der ersten Lesung machte aber der Referent den Vorschlag, ergänzend zu bestimmen, daß bei der Versidierung der Fracht die Gefahr für den Versicherer wie bei der Versicherung der G ü t e r beginne und ende, d. h. von dem Augenblick, in welchem das G u t vom Lande scheidet, bis zu dem Augenblick, an welchem es am Bestimmungsort wieder an Land gebracht wird, dauere, welcher Antrag jedoch nur bei der Fracht von Stüdegütern die Billigung der Kommission
fand, während für den Fall der Vercharterung
Schiffes im ganzen (oder zu einem verhältnismäßig bestimmten
des Teile
oder eines bestimmt bezeichneten Raumes) beschlossen wurde, daß das
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Risiko des Fraditversidierers wie bei der Kaskoversicherung mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes beginne. Vgl. Protokolle S. 3 2 5 8 - 3 2 6 6 . Dementsprechend lautete auch der Art. 721 des Entwurfes aus erster Lesung. Bei der zweiten Lesung wurde sodann zunächst von einer Seite beantragt, statt dessen bei Frachtversicherungen, wenn das Schiff im ganzen verfrachtet sei usw., die Gefahr erst beginnen zu lassen mit dem Anfange der Verschiffung der betreffenden Ladung (nicht auch schon des etwa erforderlidien Ballastes). Dieser Antrag wurde jedoch gegen eine Stimme abgelehnt, nachdem dagegen geltend gemacht war, wenn das Schiff erst eine Zureise in Ballast machen müsse, um die Ladung in einem anderen Hafen abzuholen „und die Fradit der ganzen Reise versichert sei", müsse die Gefahr für den Versicherer sdion in dem Augenblidc beginnen, in welchem mit der Einladung des Ballastes angefangen; dies entspreche der Natur der Sadie, indem die ganze Fradit für den Versicherten verloren sei, wenn nach dem Beginn der Ballastierung des Schiffes das letztere zu Grunde gehe. Vgl. Protokolle S. 4339 und 4340. Hieraus ergibt sich aber deutlich, daß die Gefahr einer Zureise in Ballast den Frachtversicherer — wie dies auch im Begriffe der Versicherung auf eine bestimmte Reise liegt — nach der Absicht der Kommission nur dann treffen soll, wenn die Versicherung für die ganze (kombinierte) Reise, also auch für die Zureise, geschlossen ist. Die weitere Verhandlung in zweiter Lesung hatte sodann das Ergebnis, daß auf den Antrag eines Mitgliedes dem jetzigen Art. 829 HGB. entsprechend die Unterscheidung zwisdien der Versicherung auf Frachtgelder bei Verfrachtung des ganzen Schiffes und auf die Fracht von Stückgütern aufgegeben und statt dessen hinsichtlich des Beginns der Gefahr zwisdien den das Schiff und den die Güter treffenden Gefahren unterschieden wurde. Zur Begründung dieses Antrages wurde nun freilich insbesondere wieder auf den Fall hingewiesen, wenn das Schiff erst eine Ausreise in Ballast madien oder doch Ballast einnehmen müsse, bevor es mit der Einnahme der Ladung beginnen könne, und hierzu bemerkt, in Fällen dieser Art scheine es angemessen, daß der Versicherer Ersatz für die Fracht leiste, wenn sie zwar vor Beginn den Einnahme der Ladung, aber nadi Anfang der Ballastierung durdi einen das Schiff treffenden Unfall verloren gehe. Hierbei ist aber augenscheinlich ebenfalls wieder als selbstverständlich vorausgesetzt, daß es sich um eine Frachtversicherung für die ganze Reise, also auch für die Zureise handele. Denn wäre die Fradit nur für die Reise vom Ablade-
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orte an versichert, so würde diese Argumentation eine durchaus verkehrte und dem Wesen des Versicherungsvertrages gerade widersprechende sein. Es ergibt sich dies auch daraus, daß auch schon in der beantragten veränderten Fassung des Art. 721 der Ausdruck gebraucht war, die Gefahr solle mit dem Zeitpunkte beginnen, in welchem sie bei einer Versicherung des Schiffes für dieselbe Reise beginnen würde. In demselben Sinne sind auch andere bei der Beratung vorgekommene ähnliche Äußerungen zu verstehen. Vgl. Protokolle S. 4341—4345. Mit Recht hebt die Revisionsklägerin hervor, daß die Auffassung des Berufungsrichters, welche dem Versicherer bei der Frachtversicherung das Risiko einer mitversicherten Reise aufbürdet, den Gegensatz zwischen der Versicherung einer einfachen Reise (der Frachtreise) und der Versicherung einer kombinierten Reise gänzlich ignoriert und die erstere Art der Versicherung nicht gelten läßt, vielmehr in allen Fällen auch die Zureise nach dem Abgangshafen ohne Rücksicht auf den desfallsigen Vertragswillen als mitversichert behandelt, unmöglich richtig sein kann. O b L e w i s in seinem Kommentar zum Seerecht Bd. 2 S. 296 jene Auffassung teilt, kann dahingestellt bleiben. Wenn sodann der Berufungsrichter sich für seine Auslegung im vorliegenden Falle noch auf die von den Versicherungsnehmern gemachte Anzeige, daß das Schiff zunächst auf einer Reise in Ballast nach dem Abladehafen begriffen sei, beruft, so übersieht er dabei, daß schon mit Rücksicht auf die dem Versicherungsnehmer dieserhalb nach § 44 der Bedingungen dem Versicherer gegenüber bei Vermeidung der Unverbindlichkeit des Vertrags obliegende Verpflichtung dieser Umstand für die Interpretation des Vertragswillens der Parteien in dem von ihm angenommenen Sinne ganz augenscheinlich ohne Erheblichkeit ist. Auch geht der § 44 der Bedingungen gerade davon aus, daß es sich um eine nicht mitversicherte Zureise handelt, da dieselbe dem Versicherer nicht würde „angezeigt" zu werden brauchen, wenn sie einen Teil der versicherten (kombinierten) Reise bildete. Da hiernach die Annahme des Berufungsrichters, daß die Versicherung auch für die Hinfahrt des Schiffes nach Tabasco gelten solle, lediglich auf rechtsirrtümlichen Prämissen beruht, so erscheint die Revision als begründet." . . .
26 RGZ. π ,
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10.
Kann bei taxierten Seeversicherungspolicen der Versicherer im Falle eines Partialschadens eine Erhöhung der Taxe verlangen, wenn er beweist, daß dieselbe den wahren Wert des versicherten Gegenstandes nicht erreicht? HGB. Art. 7 9 7 . I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 24. November 1 8 8 3 . I. Landgericht Hamburg. —
II. Oberlandesgericht
daselbst.
Die Klägerin hatte bei der Beklagten Versicherung auf das Kasko eines Dampfschiffes genommen. In der Police war eine Million Mark mit dem Beisatze ,,auf Grundlage gegenseitiger Vereinbarung ohne weiteren Beweis" als Wert des Schiffes angegeben; die Beklagte hatte darauf 6 3 0 0 0 0 Μ gezeichnet. Nachdem ein Schaden in Havariegrosse eingetreten war, forderte Klägerin den auf das Schiff entfallenden Anteil des Schadens nach Verhältnis der vereinbarten T a x e . Da aber in der Dispache der Wert des Schiffes auf Grund einer Schätzung zu (rund) 1 2 0 0 0 0 0 Μ angegeben war, behauptete Beklagte, daß in betreff des Mehrbetrages über eine Million Mark Selbstversicherung vorliege, und die von ihr zu zahlenden Schadensvergütung nach Verhältnis d e s w a h r e n W e r t e s zu berechnen sei. Die Klage auf Zahlung der Differenz zwischen dem von der Klägerin geforderten und dem von der Beklagten zugestandenen Betrage wurde in erster Instanz als unbegründet abgewiesen. Die zweite Instanz dagegen verurteilte nach dem Klagantrage und die hiergegen eingelegte Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Die Seeversicherungspolice, aus welcher geklagt wird, hat unstreitig die Eigenschaft einer taxierten Police im Sinne des Art. 797 HGB. Streitig ist, ob bei einer solchen Police dem Versicherer die Befugnis zusteht, behufs Berechnung des von ihm bei einem Partial Verluste zu zahlenden Betrages eine Erhöhung der Taxe zu verlangen, wenn er beweist, daß dieselbe den wahren Wert des versicherten Gegenstandes nicht erreicht. Aus b e s o n d e r e n Bedingungen der Police, auf welche die Klage sich gründet, kann diese Befugnis nicht hergeleitet werden. Mag der bei der Wertangabe in der Police beigefügte Zusatz „auf Grundlage gegenseitiger Vereinbarung ohne Beweis" nur bedeuten, daß dem V e r sicherten der Beweis des Wertes erlassen ist, oder zugleich, daß dem Versicherer der Gegenbeweis nicht zusteht; jedenfalls ist dem Ver-
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sicherer das Recht, die Taxe als zu niedrig anzufediten, wenn es ihm ohnedies nicht zusteht, durch diese Policeklausel nicht beigelegt. Ebensowenig kann die gedachte Befugnis aus den a l l g e m e i n e n Seeversicherungsbedingungen von 1867 hergeleitet werden, welche der Police zum Grunde liegen. Als es sich darum handelte, den früheren allgemeinen Plan hamburgischer Seeversicherungen mit Rücksicht auf das Handelsgesetzbuch umzugestalten, wurde zwar in den ersten und zweiten Entwurf die Bestimmung aufgenommen, daß der Versicherer befugt sei, eine Erhöhung der Taxe zu fordern, wenn er beweise, daß dieselbe hinter dem wahren Wert zurückbleibe ( § § 1 5 , 51 des 1863 gedruckten Entwurfes, § 1 6 des 1864 gedruckten Entwurfes); diese Bestimmung wurde aber infolge des von verschiedenen Seiten dagegen erhobenen Widerspruchs in den dritten Entwurf ( § 1 6 des 1866 gedruckten Entwurfes) nicht aufgenommen. Demgemäß beschränken die allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867 sich darauf, im § 16 Abs. 2 den Art. 797 HGB., mit einem hier nicht in Betracht k o m menden Zusatz, lediglich wiederzugeben. Hierdurch ist die Befugnis des Versicherers, Erhöhung der Taxe zu fordern, wenn audi — sofern sie anderweit begründet sein sollte — nicht abgeschnitten, dodi jedenfalls nidit anerkannt oder begründet worden. Audi aus dem H a n d e l s g e s e t z b u c h e , welches die Grundlage der allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867 bildet, ist diese Befugnis nicht herzuleiten. Revisionsklägerin glaubt dieselbe auf Art. 797 Abs. 2, Art. 799 Abs. 2 (§ 16 Abs. 2, § 1 8 Abs. 2 der allgemeinen Seeversicherungsbedingungen) stützen zu können und ficht das Berufungsurteil wegen Verletzung dieser Bestimmungen an. Es ist jedoch der Auslegung, welche denselben von dem Berufungsgerichte gegeben wird, beizustimmen. Art. 797 Abs. 2 HGB. erklärt den Versicherer für befugt, eine Herabsetzung der Taxe zu fordern, wenn er beweist, daß dieselbe wesentlich übersetzt sei, legt demselben aber nicht die Befugnis bei, eine Erhöhung der Taxe zu fordern, wenn er beweist, daß dieselbe den wahren Versicherungswert nicht erreiche. Stellte diese Vorschrift sich als Anwendung des Grundsatzes dar, daß dem Versicherer freistehe, eine vereinbarte Taxe durch den Nachweis, daß sie dem wahren Werte des versicherten Gegenstandes nicht entspreche, zu beseitigen und den wahren Versicherungswert an deren Stelle zu setzen, so würde der Einwand der zu niedrigen Taxe allerdings darauf gestützt werden können. Es ergibt sich aber aus der Entstehungsgeschichte des Art. 797 a. a. O . (vgl. den revidierten allgemeinen Plan hamburgischer Seeversicherungen
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1860 § 11 und die Protokolle der Kommission zur Beratung des Handelsgesetzbuches S. 3065 flg. S. 4266), daß die Bestimmung des Abs. 2 des Art. 797 nidit als eine Anwendung des vorgedaditen Grundsatzes angesehen, sondern auf die Regel, daß die Versicherungssumme den Versidierungswert nicht übersteigen kann, zurüdegeführt wurde. Aus dieser im Wesen der Versicherung begründeten und deshalb durch Privatwillkür nicht abzuschließenden Regel wurde die Folgerung gezogen, daß eine Überversicherung audi nidit in der Weise bewirkt werden kann, daß ein den wahren Wert des versicherten Gegenstandes übersteigender Versicherungswert vereinbart wird. Erscheint demnach die Bestimmung des Art. 797 Abs. 2 als Anwendung des im Art. 790 a. a. O. enthaltenen Grundsatzes, so kann vor Anwendung derselben auf den Fall der Vereinbarung eines hinter dem wahren Wert zurückbleibenden Versicherungswertes keine Rede sein, da eine soldie Vereinbarung dem Wesen der Versicherung nicht widerstreitet und die Schranken erlaubter Privatwillkür nidit überschreitet. Aus Art. 799 Abs. 2 a. a. O. kann für die vorliegende Frage nichts entnommen werden. Der ganze Art. 799 betrifft lediglich die Frage, in welcher Weise, namentlich nadi welchem Zeitpunkte, der Versidierungswert eines Schiffes durdi Schätzung zu ermitteln ist. Wenn Abs. 2 bestimmt, daß die Vorschrift des Abs. 1 audi dann zur Anwendung kommt, wenn der Versidierungswert des Schiffes taxiert ist, so ist dadurch nur ausgesprochen, daß, w e n n u n d s o w e i t es bei einer vorliegenden Taxe auf die Ermittelung des wahren Wertes durdi Schätzung ankommt, diese gemäß der in Abs. 1 enthaltenen Vorschrift zu bewirken ist. O b u n d w i e w e i t aber der Versicherer gegenüber einer vorliegenden Taxe die Ermittelung des wahren Wertes verlangen könne, bestimmt nidit Art. 799, sondern Art. 797 a. a. O. Daß Abs. 2 Art. 799 eine weitergehende Bedeutung nidit hat, wird audi durch dessen Entstehungsgeschichte bestätigt, indem derselbe einen Zusatz enthält, welcher im Entwürfe erster Lesung Art. 691 noch fehlte und audi in zweiter Lesung (Protokolle S. 4269) nicht erörtert, sondern, wie es scheint, erst bei der Sdilußredaktion und lediglich zu dem Zwecke beigefügt wurde, dem Mißverständnisse vorzubeugen, als sei durch die Worte in Abs. 1 „wenn die Parteien nicht eine andere Grundlage für die Schätzung vereinbart haben" die Anwendung des Abs. 1 auf taxierte Policen gänzlich ausgeschlossen. Wie schon das Berufungsgericht hervorgehoben hat, soll die mit Art. 799 a. a. O. beginnende Reihe von Bestimmungen über die Ermittelung des Versicherungswertes (§§ 6 flg. der Referentenvorlage, Protokoll S. 2986 Art. 691 flg. des Entwurfes
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erster Lesung) nach der bei der Beratung gegebenen Erläuterung (Protokoll S. 3022) auf taxierte Policen nur alsdann Anwendung finden, wenn die Taxe vom Versicherer als wesentlich übersetzt angefochten wird und zu entscheiden ist, ob dieselbe den höchsten zulässigen Schätzungswert erheblich übersteigt oder nicht. Kann demnach die Befugnis, eine Erhöhung der Taxe zu verlangen, auch auf die angeführten Bestimmungen des Handelsgesetzbuches nicht gestützt werden, so bleibt nur noch zu untersuchen, ob dieselbe etwa a u s d e r N a t u r d e s V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g e s oder a u s a l l g e m e i n e n R e c h t s g r u n d s ä t z e n sich ergibt. Dies ist bereits in älterer Zeit, vgl. W e s k e 1 1 , Theorie und Praxis der Assekuranzen, übersetzt von E n g e l b r e c h t 1782 Bd. 2 S. 245 und B e n e c k e , System des Assekuranz- und Bodmereiwesens 1 8 1 0 Bd. 4 S. 188, wie neuerdings, vgl. V o i g t , im Neuen Archiv für Handelsrecht Bd. 3 S. 68 und in den Erläuterungen zum Entwürfe eines neu revidierten allgemeinen Planes hamburgischer Seeversicherungen von 1863 S. 10, 19, behauptet und insbesondere darauf hingewiesen worden, in welche nachteilige Lage die Versicherer durch die Annahme des Gegenteils geraten, indem die Versicherungsnehmer bei Vereinbarung einer niedrigen Taxe zwar für die verhältnismäßig selteneren Fälle des Totalverlustes sich mit einer partiellen Entschädigung begnügen, dagegen für die viel häufigeren Fälle des Partialschadens völlige Versicherung unter Ersparung eines Teiles der Prämie erreichen können. Hiergegen wird jedoch mit Recht bemerkt, vgl. B r a n d t , Über Seeversicherung, aus dem Norwegischen übersetzt 1878 S. 14, 15, daß allerdings bei Vereinbarung einer Taxe unter dem wahren Werte des versicherten Gegenstandes der Versicherer ein größeres Risiko übernimmt, indem derjenige, welcher in dieser Weise Versicherung nimmt, im Falle eines partiellen Schadens einen zu großen Ersatz bekommt und mithin nicht einen so großen Teil des Verlustes zu tragen hat, wie dem Verhältnisse des eingetretenen Schadens zu dem Werte des versicherten Gegenstandes entspricht, daß aber dies sehr wohl kontraktmäßig bei der Versicherung bestimmt werden kann und deshalb eine Vereinbarung dieses Inhaltes, solange nicht wegen Betruges oder aus anderen Gründen der Vertrag selbst angefochten werden kann, für den Versicherer als bindend zu betrachten ist. Daß aber in der Vereinbarung einer den wahren Wert nicht erreichenden Taxe die Übernahme dieses
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Risiko ohne weiteres zu finden ist, läßt sich mit Grund nicht bezweifeln, wenn man den Inhalt einer solchen Vereinbarung näher in Betracht zieht. Gänzlich abzuweisen ist die in England in älterer Zeit verteidigte Ansicht, daß die Vereinbarung der Taxe nur auf den Fall des Totalverlustes zu beziehen, im Falle eines Partialverlustes durch gemeinschaftliche oder besondere Havarie dagegen die taxierte Police a 1 s e i n e o f f e n e a n z u s e h e n s e i : an average loss opens the policy. Indem die Taxe allgemein ohne Unterscheidung zwischen Total- und Partialverlust vereinbart wird, ist eine verschiedene Behandlung dieser Fälle ausgeschlossen, für welche ein innerer Grund nidit angeführt werden kann, da der Wert des versicherten Gegenstandes von der Größe des eingetretenen Schadens nicht abhängt. Die gedachte Ansicht ist daher von englischen und amerikanischen Schriftstellern bekämpft worden, vgl. P h i l l i p s , Tr. on the law of insurance, 5 th edit. Vol. 1 p. 16 Nr. 1203; P a r s o n s , Tr. on the law of marine insurance Vol. 1 p. 272, und gilt so sehr als aufgegeben, daß A r η ο u 1 d (On the law of marine insurance, 5 th edit, by Maclachlan 1877 Vol.1 p. 301) dieselbe ohne weitere Widerlegung nur in einer geschichtlichen Notiz als irrige Meinung früherer Zeit erwähnt. Für unrichtig ist auch die Ansicht zu erachten, daß die Vereinbarung einer Taxe unter dem wahren Werte des versicherten Gegenstandes ebenso zu beurteilen sei, wie die V e r s i c h e r u n g e i n e s T e i l e s d e s V e r s i c h e r u n g s w e r t e s , so daß die bei einer Teilversicherung eintretende Verteilung des Schadens zwischen dem Versicherer und dem Versicherten als sogenanntem Selbstversicherer audi im ersteren Falle stattfinde. Die Vereinbarung, durch welche der Wert des versicherten Gegenstandes hinsichtlich der aus der Versicherung entstehenden Rechte und Pflichten auf eine bestimmte Summe (Taxe) festgestellt wird, hat einen anderen Inhalt, als die Vereinbarung, welcher Teil des Wertes versichert sein soll. Erstere Übereinkunft betrifft den Versicherungswert, letztere die Versicherungssumme. Die Vereinbarung, daß nur ein Teil des Versicherungswertes versichert sein soll (Teil- oder Quotenversicherung), kann bei taxierten wie bei offenen Policen vorkommen; im § 1 5 der allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867 ist der Fall vorgesehen, daß bei einer taxierten Police — wie bei derjenigen, aus welcher hier geklagt ist — die Versicherungssumme nur einen Teil des Taxbelaufes ausmacht. Ist aber die Taxe so zu verstehen, daß sie den Wert des ganzen versicherten Gegenstandes darstellt, und ist nicht verabredet, daß nur ein Teil des Taxbelaufes ver-
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sichert sein soll, so drückt die Taxe zugleich die Versicherungssumme aus, welche im Falle des Totalverlustes voll und im Falle des Partialverlustes teilweise zu zahlen ist. Es liegt alsdann k e i n e T e i l v e r s i c h e r u n g , sondern eine Versicherung des g a n z e n Versicherungswertes vor. Eine solche liegt audi dann vor, wenn der wahre Wert des versicherten Gegenstandes höher ist als die Taxe; denn die Parteien sind übereingekommen, als Wert des ganzen Gegenstandes den Betrag der Taxe gelten zu lassen und diesen Betrag ganz zu versichern. Die verbindende Kraft einer solchen Übereinkunft ist nicht davon abhängig, ob dem Versicherer beim Abschlüsse des Versicherungsvertrages bekannt war oder nicht, daß der wahre Wert des versicherten Gegenstandes höher ist, als die Taxe. Wußte er dies oder war ihm der wahre Wert unbekannt, so übernahm er, indem er unter solchen Umständen die Taxe mit dem Versicherungsnehmer vereinbarte, bewußterweise das aus dem schon feststehenden oder doch möglicherweise vorhandenen höheren Werte sich ergebende Risiko. Nahm er dagegen irrtümlich an, daß die Taxe dem wahren Werte entspreche, so wurde zwar sein Versprechen, die Versicherungssumme nach Maßgabe der Taxe zu zahlen, durch einen Irrtum veranlaßt, die Gültigkeit des Versprechens aber durch diesen nur den Beweggrund zum Vertragssdilusse bildenden Irrtum nicht beeinträchtigt; überdies würde, selbst wenn der Irrtum einen Anfechtungsgrund abgäbe, hierauf nur die Anfechtung des Versicherungsvertrages, nicht aber ein Anspruch auf Erhöhung der Taxe gegründet werden können. Zu verwerfen ist endlich audi die von der Revisionsklägerin hauptsächlich geltend gemachte Ansicht, der Vereinbarung der Taxe in der Police sei die Bedeutung beizumessen, daß der Taxe nur b i s z u m B e w e i s e e i n e s a n d e r e n W e r t e s als Versicherungswert gelten solle. Dieser Auffassung zufolge würde die Vereinbarung der Taxe nur ein beiderseitiges Anerkenntnis enthalten, daß der Taxbelauf dem wahren Werte des versicherten Gegenstandes entspreche, welches Anerkenntnis nadi allgemeinen Rechtsgrundsätzen den Gegenbeweis nicht ausschlösse. Die Bedeutung der Taxe würde nach dieser Auffassung sich darauf beschränken, die dem Versicherten bezüglich des Wertes des versicherten Gegenstandes obliegende Beweislast auf den Versicherer zu übertragen, welcher den Beweis der Unrichtigkeit der Taxe sowohl in der Richtung, daß sie zu hoch, wie daß sie zu niedrig sei, führen könnte, je nachdem er auf die eine oder die anderen Behauptung einen Anspruch oder eine Verteidigung gründet. Bei dieser Auffassung der Taxe würde die Revisionsklägerin mit dem Einwände der zu niedrigen Taxe zu hören
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sein. Wenn nun audi eine Vereinbarung des Inhaltes möglich ist und einen verständigen Inhalt ergibt., vgl. K ü b e l in der Zeitsdirift für Versicherungsrecht Bd. 1 S. 387, so ist doch der Taxe in Seeversicherungspolicen im Zweifel die Bedeutung einer solchen Vereinbarung nicht beizulegen. Die Taxe wird vereinbart, um durch Abschneidung der gerade bei den Gegenständen der Seeversicherung besonders schwierigen, zeitraubenden und kostspieligen Ermittelungen über den Versicherungswert eine im beiderseitigen Interesse des Versicherten und des Versicherers liegende rasche und glatte Erledigung der Schadensvergütung herbeizuführen. Dieser Zweck wird nicht schon durch eine bloße Umkehrung der Beweislast, sondern nur durch die gänzliche Ausschließung von Beweis- und Gegenbeweiserhebungen erreicht. Demgemäß legt Art. 797 HGB. der Taxe die Bedeutung bei, daß sie „unter den Parteien für den Versicherungswert maßgebend ist". Sie wird mithin nicht bloß vorläufig bis zur Erbringung des Gegenbeweises, sondern s c h l e c h t h i n für maßgebend erklärt. Daß hiermit die vereinbarte Taxe für den alleinigen Maßstab bei Berechnung der Versicherungssumme erklärt werden sollte, sofern nicht eine „Anfechtung der Taxe", d. h. eine Anfechtung des dieselbe festsetzenden Vertrages stattfinde, ergeben audi die Verhandlungen bei Beratung des Handelsgesetzbuches (Prot. S. 3064), welche sich nur in der Richtung bewegten, ob die Anfechtung vertragsmäßig vereinbarter Versicherungstaxen nicht noch mehr einzuschränken, nämlich nur für den Fall einer betrüglidien Übersetzung des wahren Wertes zuzulassen sei 1 ), wogegen für Absdiwädiung der Bedeutung der Taxe durch unbeschränkte Zulassung des Gegenbeweises sich keine Stimme erhob. Das einzige Mittel zur Beseitigung der Taxe ist demnach die Anfechtung des Vertrages, sd es durch Anfechtung des ganzen Versicherungsvertrages wegen Betruges oder aus anderen Gründen, oder durch Anfechtung der Versicherung, soweit sie eine Überversicherung enthält, auf Grund des Art. 790 HGB., welche jedoch nach Art. 797 Abs. 2 nur im Falle einer w e s e n t l i c h e n Übersetzung stattfindet. Auf die bloße Tatsache aber, daß die Taxe den wahren Wert des versicherten Gegenstandes nicht erreicht, kann eine Anfechtung des Vertrages nidit gegründet werden. > Die Bemerkung in den Protokollen S. 3065, daß dieser Grundsatz im englischen und franzöisisdien Rechte gelte, ist nur in betreff des englischen Rechtes riditig. Da« französische Recht gestattet, ungeachtet des scheinbar entgegensehenden Art. 336 Code de comm., die Anfechtung der Taxe wegen Ü b e r s e t z u n g des Wertes auch außer dem Falle des Betruges; C a u ν e t , Ass. marit. 1862 Τ. I No. 192. 2 0 9 ; W e i l , Ass. marit. 1879 No. 55; D r o z , Ass. marit. 1881 Τ. 1 Ν ο . 3 1 β .
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Das Berufungsgericht hat demnach mit Redit angenommen, daß es keinen Reditssatz gibt, welcher dem Versicherer gestattet, die Wirkung einer vereinbarten Taxe durch den Beweis, daß dieselbe hinter dem wahren Wert zurüdcbleibe, zu beseitigen, daß es vielmehr dem Versicherer überlassen bleibt, gegen die Nachteile, welche ihm aus einer zu niedrigen Taxe im Falle des Partialverlustes erwachsen, durch die Versicherungsbedingungen oder durch Unterlassung derartiger Versicherungen sich zu schützen."
RGZ. 12, 28. Begriff des Wortes „unterwegs" in Art. 835 HCB. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 26. April 1884.
I. Landgericht Elberfeld. — II. Oberlandesgericht Köln.
Die Parteien haben einen Rückversicherungsvertrag dahin abgeschlossen, daß der klagende Verein für einen Teil seiner Risiken bei der Beklagten Rückversicherung nahm. § 7 dieses Vertrages lautet: Die Reassekuranzen werden stets bis zum Ablauf des Rechnungsjahres des Neuvorpommerschen Schiffsversicherungsvereins (am 31. März) geschlossen, gelten jedoch, insoweit zu diesem Zeitpunkt die betreffenden Schiffe unterwegs sind, als verlängert bis zur Ankunft im nächsten Bestimmungshafen, nach Maßgabe des Art. 835 HGB. Die in solchem Falle zu zahlende Zeitprämie wird halbmonatlich berechnet, wobei angefangene 15 Tage für voll gelten. Das bei dem klagenden Verein mit 36 000 Μ versicherte, von diesem nach dem vorstehenden § 7 bis zum 31. März 1881 rückversicherte Schiff Johannes hatte in Fort Liberty auf San Domingo eine nach Falmouth bestimmte Blauholzladung eingenommen und ging von dort am 25. März 1881 in See nach Port Haity, um dort ausklariert zu werden, was in Fort Liberty in Ermangelung einer zuständigen Behörde nicht geschehen konnte. Am 28. März erhielt das Schiff in Port Haity die Ausklarierung, mußte aber wegen Desertion einiger seiner Leute bis zum 2. April dort liegen bleiben. Am 2. April 1881 segelte es ab, geriet in der folgenden Nach auf Grund und ging verloren. Der klagende Verein ersetzte dem Versicherten den Schaden mit 35 953,67 Μ und fordert jetzt von der Beklagten die Zahlung von 19 974,26 M. Das Landgericht erkannte nach dem Klagantrage, das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurüdc. Die gegen das Berufungsurteil von der Beiklagten eingelegte Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Versicherungsvertragsgesetz III
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Gründen : „Alles Tatsädilidie ist unstreitig. Zwar erhellt nicht, in weldier Weise das Schiff Johannes bei dem klagenden Verein versichert war, ob für die Reise oder auf Zeit, es ist dies aber audi gleichgültig. Es handelt sich nur um die Interpretation des § 7 des Rückversicherungsvertrages, und diese löst sidi auf in eine Interpretation des Art. 835 HGB. Es fragt sidi: was heißt dort „ u n t e r w e g s " , und war daher der Johannes am 2. April im Sinne dieses Artikels „unterwegs"? Vorauszuschicken ist folgendes. Veranlassung zur Bestimmung des Art. 835 mag die Erwägung gegeben haben, daß, wenn ein auf Zeit versichertes Schiff v e r s c h o l l e n ist und bis Ablauf der Versidierungszeit über dasselbe keine Nachrichten eingegangen waren, nicht zu ermitteln ist, ob der Untergang noch in die Versicherungszeit gefallen ist oder nicht. Nur für diesen Fall sind in früheren Gesetzgebungen Bestimungen enthalten. S . z . B . § 2 1 7 5 ALR. II. 8, Code de commerce Art. 376. Allein in Betracht kommen auch noch andere Umstände. In den Protokollen der Handelsgesetzbuchskonferenz (S. 3239) wird darauf Gewicht gelegt, daß es nidit leidit sei, eine neue Versicherung auf ein Schiff zu erlangen, von dessen Aufenthalt keine bestimmten Nachriditen gegeben werden konnten. Zu berücksichtigen ist auch der Fall, daß der Versicherte der Ansicht ist, eine anzutretende Reise werde noch innerhalb der Versidierungszeit beendet werden, aber ein unvorhergesehenes Ereignis eintritt, weldies die Reise über diese Zeit hinaus verlängert. Überhaupt ist nur infolge der Bestimmung des Art. 835 a . a . O . die vollständige Ausnützung einer auf Zeit geschlossenen Versicherung möglich. Jedenfalls aber würde es irrtümlich sein, wenn man die erwähnte Haupt v e r a n l a s s u n g zu jener Bestimmung zur Interpretation der Bestimmung in der Art benützen wollte, daß man die Verlängerung der Zeitversidierung nur dann eintreten ließe, wenn der Versicherte bei Ablauf der Versicherungszeit über das Schiff keine Nachriditen hat, bzw. haben kann. Die Bestimmung findet ebenfalls Anwendung, wenn der Reeder zur kritischen Zeit den Aufenthalt des Schiffes kennt, ζ. B. weiß, daß es in einem Nothafen liegt, oder daß es als vorübergefahren signalisiert ist, oder daß es kurz vorher den Heimatshafen verlassen hat und noch auf dem Fluß sich befindet usw. Nicht außer adit zu lassen ist auch, daß, wenngleidi die Bestimmung zunächst als zur Sicherung des Reeders gegeben sich darstellt» doch audi der Versicherer bei derselben wesentlich interessiert ist, indem dieser mit dem Eintritt der Verlängerung die Prämie erwirbt.
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Das Interesse des Versicherers wird anerkannt im zweiten Satze des ersten Absatzes des Art. 83 5 HGB. Der Reeder kann den Eintritt der Verlängerung nur ausschließen, solange das Schiff noch nicht unterwegs ist. Für die Interpretation selbst ist nun aber von größter Bedeutung das Allegat des Art. 827 a. a. O . Durch dasselbe ist der gesetzliche Sinn des Wortes „unterwegs' präzisiert. Art. 827 HGB. stellt den Begriff der V e r s i c h e r u n g s r e i s e fest. Diese beginnt mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes und endet mit der Löschung. Nur wenn weder Ladung noch Ballast einzunehmen ist, beginnt die Versicherungsreise mit der Abfahrt. Von d i e s e m Begriffe geht der Gesetzgeber in Art. 83 5 a . a . O . aus. Ob dies nicht auch dann anzunehmen sein würde, wenn das Allegat fehlte, kann dahingestellt bleiben, die Bezugnahme auf Art. 827 HGB. beseitigt in dieser Beziehung jeden Zweifel. Diese Ansicht wird audi von V o i g t vertreten. Bei Besprechung des „Revidierten allgemeinen Planes hamburgischen Seeversicherung" (im Neuen Archiv für Handelsrecht Bd. 4 S. 198 Note d) zu § 51 des Planes, der sich an Art. 835 HGB. anschließt, welcher selbst das Wort „unterwegs" aus § 51 des Hamburger Planes von 1857 entnommen hat, sagt V o i g t : „Das Wort . u n t e r w e g s ' in Art. 51 hat zu Meinungsverschiedenheiten Veranlassung gegeben. Diesen ist jetzt vorgebeugt, da der assekuranzrechtliche Begriff des . U n t e r w e g s s e i n ' durch den Art. 827 HGB. festgestellt worden ist. (Ein Schiff ist .unterwegs' von dem Zeitpunkt an, wo mit der Einnahme der Ladung oder resp. d e i Ballastes angefangen wird, eventuell, wo das Schiff abfährt, bis zum Ende der Löschung der Ladung resp. des Ballastes am Bestimmungsorte.)" Man kann gegen diese Auslegung nicht einwenden, daß es gegen den natürlichen Sinn des Wortes verstoße, wenn man ein noch im Hafen befindliches Schiff als unterwegs befindlich annehme, denn auch die Auffassung der „Reise" in Art. 827 HGB. stimmt nicht mit dem sonst üblichen Gebrauch dieses Wortes überein. Nach Art. 827 beginnt die Versicherung für eine „Reise" schon v o r dem Antritt der Reise im sonst üblichen Sinne des Wortes und dauert bis n a c h dem Ende derselben fort. Die Terminologie „Assekuranzreise" ist auch keineswegs eine ungewöhnliche. Es lag aber nahe, daß man von diesem, sonst so geläufigen Begriff ausging, wo man aus Utilitätsrücksichten die Verlängerung der Zeitversidierung eintreten ließ; man hängte gleidi3·
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sam die begonnene Reise an und sah diese Reise in dem Augenblidc als begonnen an, in welchem sie als s e l b s t ä n d i g v e r s i c h e r t e R e i s e begonnen haben würde. Audi in der französischen und englisch-amerikanischen Jurispundenz wird die Frage nach der Bedeutung von Worten, wie en cours de voyage, at sea, on a passage, wenn dieselben sich in Verlängerungsk l a u s e l n finden, erörtert. Daß man dabei zu einem anderen Resultat gelangt ( S i r e y , 52. 2. 326; P a r s o n s , A treatise on the Law of marine unsurance Vol.1 No. IX p. 315 N o t e 1), erklärt sidi daraus, daß nach den fraglichen Rechten die Assekuranzreise nicht, wie nach Art. 827 HG6. schon mit dem Beginn der Ladung anfängt, kann daher auch nicht gegen die obige Deduktion verwendet werden. Geht man von der dargelegten Auffassung des Art. 835 HGB. aus, so gestaltet sich der vorliegende Fall folgendermaßen: Die Reise, welche das Schiff Johannes in Port Liberty antrat, war keine zusammengesetzte. Das Schiff sollte die ganze eingenommene Ladung und nur diese nach Europa bringen, also unterwegs weder Ladung löschen, noch einnehmen. Der europäische Hafen, nach welchem gemäß den in Falmouth einzuholenden Ordres die Ladung gebracht werden sollte, war daher der Bestimmungshafen, der e i n z i g e Bestimmungshafen. Die Reise war folglich angetreten mit dem Beginn der Ladung in Fort Liberty. Allerdings sollte das Schiff, um die Ausklarierung zu erhalten, Port Haity anlaufen; allein der Zwedc des Anlaufens dieses Hafens war lediglich der, gesetzlichen Vorschriften nachzukommen, welche den Zwedc der Reise selbst nicht berühren. Port Haity kann darum ebensowenig als der Bestimmungshafen bzw. der nächste Bestimmungshafen der versicherten Reise angesehen werden, als ein for orders anzulaufender Hafen als Bestimmungshafen bezeichnet werden kann. Hiernach erscheint die gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision als unbegründet und war daher unter Verurteilung der Revisionsklägerin in die Kosten dieser Instanz (§ 92 ZPO.) zurückzuweisen." RGZ. 15, 83. Ist der dem Empfänger der Güter nach Art. 607, 612 HGB. ersatzpflichtige Verfrachter berechtigt, von der hiernach geschuldeten Summe denjenigen Betrag abzuziehen, welchen der Empfänger von seinem Versicherer, speziell von dem Versicherer imaginären Gewinnes, gezahlt erhalten hat?
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Allgem. Seeversidierungsbedingungen v. 1867 §§ 2, 16, 22, 27, 71, 115. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 19. September 1885.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Sdiiffahrtsredit 1". R C Z . 19, 1. Unter welchen Voraussetzungen wird der Versicherer von seiner Verpflichtung, dem versicherten Reeder auch den diesem aus einer Schiffskollision entstandenen Schaden zu ersetzen, dadurch befreit, daß das Schiff ohne Lotsen fuhr? Hamburgische Verhältnisse bezüglich der Hafenlotsen. HGB. Art. 736, 740, 818, 824. Allgem. Seeversidierungsbedingungen von 1867 §§ 29, 31, 61, 69. Hamb. Hafenordnung vom 18. April 1866 §§ 2, 4. I. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Hamburg. —
Aus
den
Urt. v. 7.Juli 1886. II. Oberlandesgericht
daselbst.
Gründen:
„Das mit anderen Dampfschiffen des Klägers eine regelmäßige Fahrt zwischen Hamburg und London unterhaltende klägerische Dampfschiff Capeila ist, als es am 25. April 1885 ohne Hafenlotsen in den Hamburger Hafen einlief, um dort den für diese Schiffe bestimmten festen Liegeplatz einzunehmen, infolge eines bei seiner Führung begangenen Verschuldens mit einer im Hafen liegenden Sdiute zusammengestoßen. Den der Schute und ihrer Ladung dadurch zugefügten Schaden hat Kläger der ihm nach Art. 736 HGB. obliegenden Verpflichtung gemäß . . . vergütet. Er fordert jetzt Ersatz . . .von den Beklagten, bei welchen damals der Kasko der Capella in Gemäßheit der Allgem. Seeversidierungsbedingungen von 1867 auf Zeit versichert war. Die Beklagten haben jedoch, unter Bezugnahme auf die §§ 29, 31, 61 der gedachten Bedingungen, ihre Ersatzpflicht bestritten, indem sie dem Kläger Verletzung der Anzeigepflicht und Erhöhung der Gefahr vorwerfen, weil die Capella gesetzlich nicht ohne Hafenlotsen in den Hafen habe einlaufen dürfen, dies aber, und zwar auf Veranlassung d e s K l ä g e r s , geschehen sei, da dieser seinen Schiffsführern geradezu gestattet habe, ohne Hafenlotsen einzulaufen, wie denn Kläger es audi unterlasse, dem Hafenmeister von dem bevorstehenden Eintreffen seiner Sdiiffe Anzeige zu machen, ohne daß dieses Verhalten den Beklagten beim Absdiluß der Versicherung angezeigt worden wäre.
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Durch das Berufungsurteil ist in Übereinstimmung mit dem Urteil erster Instanz, unter Verwerfung dieses Einwandes, nach dem Klagantrage erkannt und die dagegen eingelegte Revision der Beklagten kann für begründet nicht erachtet werden. Nach § 69 Ziff. 7 der Allgem. Seeversicherungsbedingungen (wie nach Art. 824 Ziff. 7 HGB.) trägt der Versicherer die Gefahr des Zusamenstoßes von Sdiiffen, und zwar ohne Unterschied, ob der Versicherte infolge des Zusammenstoßes u n m i t t e l b a r , oder ob er mittelbar d a d u r c h einen Schaden erleidet, daß er den e i n e m D r i t t e n z u g e f ü g t e n Schaden zu ersetzen hat. Nadi Art. 740 HGB. ist aber der Reeder des Schiffes von der Verantwortung für d e n Schaden frei, welcher, wenn sich das Schiff unter der Führung eines Z w a n g s l o t s e n befindet, durch den v o n d i e s e m verschuldeten Zusammenstoß entsteht, vorausgesetzt, daß die zur Schiffsbesatzung gehörigen Personen die i h n e n obliegenden Verpflichtungen erfüllt haben. Schon aus d i e s e m Grunde involviert es immer eine V e r g r ö ß e r u n g der vom Versicherer übernommenen Gefahr, wenn der Schiffer in Fällen des L o t s z w a n g e s , d. h. wo er d u r c h o b r i g k e i t l i c h e A n o r d n u n g v e r p f l i c h t e t i s t , sich eines Lotsen zu bedienen, dieser Verpflichtung zuwiderhandelt. Liegt hierbei lediglich ein Verschulden des S c h i f f e r s vor, so kann sich allerdings der Versicherer, da der Schiffer in dieser Beziehung als n a u t i s c h e r Dirigent handelt, nicht darauf berufen, da der Versicherer nach § 69 Ziff. 6 der Bedingungen (und Art. 824 Ziff. 6 HGB.) auch die Gefahr der Unredlichkeit oder des Verschuldens der zur Schiffsbesatzung gehörigen Personen zu tragen hat. Denn die dort hinzugefügte Einschränkung, „sofern daraus f ü r d e n v e r s i c h e r t e n G e g e n s t a n d ein Schade entsteht", erleidet nach Ziff. 7 a. a. O . eine A u s n a h m e , wenn es sich um einen durdi eine S c h i f f s k o l l i s i o n entstandenen Schaden handelt. Vgl. V o i g t , Das deutsche Seeversidierungsrecht S. 406, 438 und L e w i s , Seerecht (2. Aufl.) S. 370, 371. Dagegen wird die Haftung des Versicherers für die nach solcher Vergrößerung der Gefahr sich ereignenden Unfälle nach § 6 1 der Bedingungen (vgl. Art. 818 HGB.) aufgehoben, wenn der Versicherte s e l b s t oder der Schiffer im A u f t r a g e oder mit G e n e h m i g u n g desselben die Vergrößerung der Gefahr veranlaßt hat, es sei denn, daß einer der in § 6 1 a . a . O . unter 1 und 2 erwähnten Ausnahmefälle vorliegt, deren Voraussetzungen jedoch vom Kläger gar nicht behauptet sind.
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Dieselben Grundsätze gelten auch dann, wenn zwar kein gesetzlicher Zwang für die Schiffe, sich eines Lotsen zu bedienen, besteht, es aber durch die V o r s i c h t geboten ist, dies zu tun oder es wenigstens nicht unversucht zu lassen, einen Lotsen zu erhalten. Dies ist aber auch vom Berufungsrichter keineswegs verkannt worden. Derselbe geht zunächst, indem er annimmt, daß der hamburgische Hafenlotse, w e n n sich ein Schiff unter seiner Führung befindet, als Zwangslotse im Sinne des Art. 740 HGB. zu betraditen sei, ganz richtig davon aus, die Beklagten könnten es dem Kläger nur dann zum Vorwurf machen, daß sich beim Einlaufen der Capella in den Hafen und bei der Kollision mit der gedachten Schute ein Hafenlotse nicht an Bord befand, wenn entweder ein gesetzliches Verbot bestände, in den Hafen einzulaufen, bevor ein Hafenlotse an Bord gekommen ist, um die Führung des Schiffes zu übernehmen, oder wenn es Sache des Führers der Capella, bzw. des Kläger als ihres Reeders gewesen wäre, einen Hafenlotsen zu nehmen, und der eine oder andere es unterlassen hätte, das Erforderliche zu tun, um einen Hafenlotsen zu veranlassen, an Bord zu kommen. Er führt sodann aber aus, daß so wenig nach der hamburgischen Hafenordnung vom 18. April 1866, wie nach den älteren hamburgischen Verordnungen ein Verbot des Einlaufens der Schiffe in den Hafen ohne Hafenlotsen in d e m Sinne, daß die Schiffe bis zum Anbordkommen eines Hafenlotsen vor dem Hafen liegen bleiben müssen, existiere, und daß ebensowenig von der Pflicht, einen Lotsen zu nehmen, die Rede sein könne, indem er nach §§ 2, 4 der Hafenordnung die den Hafenlotsen zugewiesene Stellung dahin charakterisiert, daß sie nidit auf V e r l a n g e n eines einkommenden S c h i f f e s , sondern in Ausübung der ihnen obliegenden h a f e n p o l i z e i l i c h e n F u n k t i o n e n tätig werden, für deren Erfüllung sie nur ihrer vorgesetzten Behörde, nidit den aufkommenden Schiffen verantwortlich seien, die ihre Tätigkeit a b z u w a r t e n , nicht aber zu b e s t i m m e n hätten. Dasselbe gelte von dem den Hafenlotsen übergeordneten Hafenmeister, insoweit dieser sich in der Lage befinde, im einzelnen Falle auf das Tätigwerden der Hafenlotsen hinzuwirken. Von einem V e r f ü g u n g s r e c h t der Schiffer über die Dienste der Hafenlotsen könne daher nidit die Rede sein. Da es sich hierbei um den Inhalt von Gesetzen handelt, auf deren Verletzung nadi § 511 ZPO. die Revision nicht gestützt werden kann, ist diese Feststellung audi für die jetzt zu erlassende Entscheidung maßgebend. Die daraus gezogene Sdilußfolgerung, daß hiernach weder der Kapitän der Capella nodi der Kläger an und für sich dafür verantwortlich sei, daß ein Hafenlotse nidit an Bord
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gekommen ist, sondern die Hafenpolizei das Schiff ungehindert seinen Weg nach seinem regelmäßigen Liegeplatze hat nehmen lassen, ist aber durchaus zutreffend. Indem der Berufungsriditer sodann zur Prüfung der Frage übergeht, ob — wie die Beklagten behaupten — der Kläger sich eine Verletzung der A n z e i g e p f l i c h t hat zuschulden kommen lassen oder eine V e r g r ö ß e r u n g der von den Versicherern zu tragenden G e f a h r veranlaßt und dadurch nach §§ 29, 3 1 , 6 1 der Bedingungen seinen Ersatzanspruch gegen die Beklagten verwirkt hat, erkennt er ausdrücklich an, daß der Versicherer es mit Recht als eine ihn beschwerende Vergrößerung seines Risikos ansieht, wenn ein Schiff in einem Lotsenrevier die ihm gebotene Möglichkeit oder obliegende Verpflichtung, einen Lotsen zu nehmen, unbenutzt beziehungsweise unbefolgt läßt, wobei er auch auf die Bestimmung des Art. 740 HGB. verweist. Er findet aber die dem Kläger gemachten Vorwürfe im ν ο r l i e g e n d e n Falle nicht 'begründet. Die Beklagten hatten in zweiter Instanz auf geriditsseitige Anregung über das übliche Verhalten der aufkommenden Schiffe mit Rücksicht auf den in Hamburg zu erwartenden Hafenlotsen angegeben: „Dampfschiffe in regelmäßiger Fahrt zwischen Hamburg und England, sog. turn-Schiffe (zu welchen unstreitig die Capella gehört), pflegten allerdings, wenn sie an die Stadt kommen, nicht anzuhalten, um einen Hafenlotsen zu erwarten oder sich einen solchen vom Hafenmeister zu erbitten, doch sei es üblich, daß solchen turn-Sdiiffen ein Hafenlotse in einer Jölle entgegenfahre. Der Hafenmeister ersehe aus den gewöhnlidien gedruckten telegraphischen Sdiiffsnachriditen aus Kuxhaven über dort passierte einkommende Schiffe, welche Schiffe hier (d. h. in Hamburg) zu erwarten seien. Von den Agenturen der betreffenden Schiffslinien werde aber dem Hafenmeister noch außerdem Anzeige gemacht, wann ein bestimmtes Schiff hier im Hafen zu erwarten sei. Auf soldie Anzeige schicke sodann der Hafenmeister dem Schiffe einen Hafenlotsen entgegen." Daran knüpften die Beklagten die Behauptung, der Kläger habe eine solche Anzeige n i c h t gemacht, vielmehr seinen Kapitänen gesagt, sie dürften ohne Hafenlotsen in den Hafen einlaufen. Damit habe er übliche Vorsichtsmaßregeln unterlassen und die Gefahr der von den Beklagten versicherten Reise vergrößert. Der Berufungsrichter führt nun aus, das Gesetz (die Hafenordnung) madie es dem in Hamburg anwesenden Reeder so wenig wie den dortigen Agenten auswärtiger Reedereien zur Pflicht, dem Hafenmeister
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von dem zu erwartenden Eintreffen ihrer Schiffe Anzeige zu machen, der Hafenmeister erhalte, wie audi die Beklagten zugäben, die betreffenden Nachrichten von den im Hafen zu erwartenden Schiffen durch die von Kuxhaven telegraphisch gemachte Meldung der dort vorbeipassierten Schiffe. Wenn nun auch ein oder der andere Reeder oder Agent audi seinerseits dem Hafenmeister noch eine solche Anzeige zugehen lasse, weil ihnen vielleicht daran liege, ζ. B. wegen Unbekanntschaft des Führers des betreffenden Schiffes mit dem hamburgischen Hafen, w o m ö g l i c h einen Hafenlotsen zu erhalten und bei der unbestritten u n z u r e i c h e n d e n Zahl der Hafenlotsen v o r z u g s w e i s e berücksichtigt zu werden, so sei doch eine zu diesem oder einem ähnlichen Zwecke gemachte Anzeige an den Hafenmeister immer nur eine Erinnerung desselben an die ihm ohnedies obliegende Ausübung der Hafenpolizei durch Anhalten der Hafenlotsen zu ihrer Pflichterfüllung. Durch Unterlassung dieser Anzeige würde der Reeder nicht etwa die für den Versicherer wertvolle Geltendmachung eines erzwingbaren Rechtes auf Erlangung eines Hafenlotsen unterlassen, sondern die Dinge den ohnehin gesetzlich gewiesenen Gang gehen lassen. Die Revision greift diese Argumentation als reditsirrtümlidi an, weil der Versicherte eine übliche Vorsichtsmaßregel nicht deshalb unterlassen dürfe, weil sie nicht m i t S i c h e r h e i t die Gefahr beseitige, dieselbe vielmehr auch dann anzuwenden sei, wenn sie die Gefahr nur v e r m i n d e r e und m ö g l i c h e r w e i s e einem Schaden vorbeuge; in concreto sei aber nicht zu bezweifeln und werde auch vom Berufungsrichter stillschweigend vorausgesetzt, daß eine solche Anzeige t a t s ä c h l i c h die Anbordsetzung eines Hafenlotsen oftmals, ja regelmäßig zur Folge haben werde. Audi ohne „erzwingbares Recht" stelle sich diese Anzeige daher als eine zweckmäßige Vorsichtsmaßregel zur Verminderung der Gefahr dar, durdi welchen die Chance, einen Hafenlotsen zu erhalten, verbessert werde, und der Kläger sei daher seinen Versicherern gegenüber dazu verpflichtet gewesen, sie anzuwenden, wenn sie ü b l i c h war, was der Berufungsrichter habe f e s t s t e l l e n müssen. Dieser Angriff erscheint aber nicht zutreffend. Denn der Berufungsrichter nimmt mit Recht an, daß der Reeder den Versicherungsvertrag unter den obwaltenden Umständen zwar verletzt, wenn er das Anbordkommen eines Hafenlotsen h i n t e r t r e i b t oder gar d a r a u f h i n w i r k t , daß das Anbordkommen unterbleibt, nicht aber wenn er, ohne eine besondere Veranlassung hierzu zu haben, eine Maßregel unterläßt,
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welche nur den Zweck haben könnte, eine v o r z u g s w e i s e Berücksichtigung bei der Zuweisung der ihrer geringen Zahl wegen für a l l e Schiffe n i c h t ausreichenden Hafenlotsen, als eine u n g e r e c h t f e r t i g t e B e g ü n s t i g u n g auf Kosten a n d e r e r Schiffe zu bewirken. Die Anzeige des Reeders bzw. der Agentur an den Hafenmeister von dem bevorstehenden Eintreffen des Schiffes ist nach der eigenen Darstellung der Beklagten an sich eine g a n z ü b e r f l ü s s i g e Maßregel, da der Hafenmeister schon aus den telegraphischen Nachrichten über die Kuxhaven passierenden Schiffe ersieht, w e l c h e Schiffe zu erwarten und bei der Verwendung der Hafenlotsen von ihm zu berücksiditigen sind, was nach Angabe der Beklagten in der Weise geschieht, daß der Hafenmeister ihnen, ohne daß dies e r b e t e n wird, einen Hafenlotsen in einer Jölle entgegenschickt. Es muß davon ausgegangen werden, daß der Hafenmeister und seine Untergebenen, die Hafenlotsen, den ihnen als Hafenbeamten obliegenden Pflichten u n p a r t e i i s c h nachkommen, und daß daher in der Zuerteilung der Hafenlotsen o h n e b e s o n d e r e n G r u n d kein Unterschied gemacht wird, je nachdem der Hafenmeister von dem zu erwartenden Eintreffen eines Schiffes nur durch die Telegramme aus Kuxhaven oder auch noch speziell durch eine Anzeige des Reeders oder der Agentur des Schiffes unterrichtet wird. Die Annahme der Revisionskläger, daß t a t s ä c h l i c h eine solche besondere Anzeige doch oftmals ja regelmäßig v o n E r f o l g sein werde, entbehrt daher der Begründung, und es ist aus dem angefochtenen Urteil audi keineswegs zu entnehmen, daß der Berufungsrichter hiervon ausgegangen ist. Sollte daher eine solche Anzeige von Seiten der Agenturen der sog. turn-Schiffe auch ü b l i c h sein, so würde derselben doch kein materieller Wert beigelegt werden und es dem Kläger nicht zum Vorwurf gereichen können, daß er seinerseits dieselbe unterlassen und daß er bei Absdiluß des Versicherungsvertrages den Beklagten nidit mitgeteilt hat, daß er in dieser Weise verfahre. Denn die Beklagten waren als Versicherer nur zu der Erwartung berechtigt, daß der Kläger bei der Art seines Reedereibetriebes die von ihnen zu übernehmende Gefahr nicht s c h u l d h a f t vergrößere, und h i e r v o n kann nicht die Rede sein, wenn der Kläger es lediglich unterließ, von einer Maßregel Gebrauch zu madien, welche er unter Berücksichtigung der obwaltenden Umstände als überflüssig und nutzlos ansehen durfte. Daß auch der Berufungsrichter die Sache in dieser Weise beurteilt hat, erhellt aus den Erwägungen, auf Grund deren er den von den Beklagten daraus entnommenen Einwand verworfen hat, daß der Kläger
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seinen Kapitänen allgemein die Weisung gegeben habe, ohne Hafenlotsen einzulaufen." RGZ. 19,
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Offene oder taxierte Police? Auslegung und Beweislast. Anfechtung einer taxierten Police, laut welcher Güter einschließlich imaginären Gewinns versichert sind ohne Bestimmung darüber, welcher Betrag für den letzteren gelten solle. Prüfung der Frage, für wessen Rechnung eine Versicherung mit der Klausel „für Rechnung wen es angeht" genommen ist. Interesse des „cif"-Käufers an der ihm zedierten, vom Verkäufer auf FraditvorschuB genommenen Versicherung? HGB. Art. 782, 783, 785, 786, 797, 803, 805. Allgem. Seeversidierungsbedingungen von 1867 §§ 4, 5, 16, 22, 24. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 29.Januar 1887.
I. Landgericht M.-Gladbadi, Kammer f . Handelssachen. —
II. Oberlandesgeridit
Köln.
Im Herbst 1881 verschiffte die Firma T. & C o . in St. Petersburg mit dem deutschen Segelschiff „Sdiwalbe", Kapitän D., nach Kopenhagen für Order eine Ladung Hafer, worüber das Konossement unter dem 15./27. Oktober 1881 ausgestellt wurde. Ausweislich zweier am 1. November 1881 in M. Gladbach ausgestellter Policen versicherte sie auf diese Ladung bei der dort domizilierten beklagten Gesellschaft 1050 £ für den Hafer einschließlich imaginären Gewinn und 22 £ 19. 5 für Frachtvorschuß, und zwar „für Rechnung wen es angeht". Nachdem in Kopenhagen dem Schiff als Bestimmungshafen Dünkirchen angewiesen war und es seine Reise dahin fortgesetzt hatte, verkauften T. & C o . am 22. November 1881 die schwimmende Ladung Hafer mit der Klausel „eif" . . . an den jetzigen Kläger W. in Arras. Dann strandete das Schiff in der Nähe von Texel und die Ladung ging total verloren. Beide Policen enthalten die Bestimmung, daß die aus dieser Versicherung abzuleitenden Rechtsfolgen nach den auf Grundlage des deutschen Handelsgesetzbuches festgestellten Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen von 1867 auch in betreff derjenigen Punkte zu bestimmen sind, worin die letzteren von dem Handelsgesetzbuche abweichen. Nach Andienung des Schadens hat die Beklagte dem Kläger als legitimiertem Inhaber der Policen 19 0 0 0 Μ gezahlt. Der Kläger, welcher geltend macht, daß die über den Hafer ausgestellte Police eine t a x i e r t e sei, verlangt jedoch Ersatz der vollen versicherten 1072 £ 19. 5, mithin nach der unbestrittenen Berechnung noch 2 7 1 7 , 2 5 M.
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Die Beklagte hat diesen Anspruch bestritten und Abweisung der Klage sowie im Wege der Widerklage Verurteilung des Klägers zur Herausgabe ihm angeblich bereits zuviel gezahlter 1660 Μ beantragt. Sie bestreitet, daß die Police eine taxierte sei, und behauptet eventuell deren wesentliche Übersetzung. Audi macht die Beklagte geltend, daß die Versicherung nicht — wie sie früher irrtümlich geglaubt — für Rechnung des Klägers, sondern vielmehr für Rechnung von T. & Co. selbst genommen sei. . . . Kläger könne daher als Zessionar von T. & Co. n i c h t m e h r beanspruchen, als d i e s e zu fordern gehabt haben würden. . . . Aus den G r ü n d e n : „1. Von keiner Seite ist behauptet, daß vor oder bei Abschluß des Vertrages irgendwelche Verhandlungen darüber stattgefunden haben, daß der Versicherungswert auf eine bestimmte Summe (Taxe) f e s t g e s t e l l t werden solle. Noch weniger ist eine diesfallsige, in Art. 797 HGB. und § 16 der Bedingungen vorausgesetzte V e r e i n b a r u n g behauptet. O b eine solche der Absicht und dem Willen der Kontrahenten entspricht und demgemäß als durch die Zustellung bzw. Annahme der Police s t i l l s c h w e i g e n d getroffen anzunehmen ist, kann daher zunächst nur nadi dem Wortlaut und Sinn der von der Beklagten den Versicherungsnehmern T. & Co. ausgestellten und von diesen ohne Erinnerung angenommenen und behaltenen Policen selbst beurteilt werden. Dies ist aber eine Frage der U r k u n d e n a u s l e g u n g und daher an sich Sache des R i c h t e r s , nicht der Begutachtung durch S a c h v e r s t ä n d i g e , welche letztere n u r i n s o f e r n dabei in Betracht kommen kann, als es sich um etwaige im Handelsverkehr bestehende Gewohnheiten und Gebräuche, insbesondere um das Verständnis handelt, welches im Seeassekuranzgeschäft mit gewissen Ausdrücken verbunden zu werden pflegt (vgl. Art. 279 HGB.). Der erste Richter hat dies offenbar verkannt, indem aus dessen Beweisbeschlüssen sowie daraus, daß er in seinen Gründen einfach darauf Bezug nimmt, daß die Hamburger Sachverständigen die ihnen vorgelegte Police Nr. 1025 im Sinne des Handelsgesetzbuches und des § 1 6 der Bedingungen, obwohl sie im Binnenlande und nicht in Hamburg abgeschlossen sei, für eine „taxierte" erklärt hätten, klar hervorgeht, daß er annimmt, es handele sidi hier lediglich um eine der Beurteilung S a c h v e r s t ä n d i g e r unterliegende Tatfrage. Daß auch der Berufungsrichter diesen Irrtum geteilt habe, ist nun zwar nicht anzunehmen, da er sich nicht darauf beschränkt, den in erster Instanz vernommenen Sachverständigen darin beizupflichten, daß die in Rede
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stehende Police nach dem Zusammenhange ihrer Bestimmungen für eine taxierte im Sinne des Art. 797 HGB. anzusehen sei, sondern diesen Ausspruch audi seinerseits zu rechtfertigen sucht. Hierbei verstößt der Berufungsriditer jedoch zunächst gegen die § § 2 5 9 und 264 ZPO., indem er als Ausgangspunkt seiner Argumentation aufstellt, in Seeversicherungssachen bildeten die taxierten Policen tatsächlich und in der Übung der großen Handelsplätze die R e g e l , die offenen die Ausnahme, wofür er auf eine „Druckschrift" und auf Blatt 30 der „Nebenakten" Bezug nimmt. . . . Mit den allegierten Urkunden scheinen nun gemeint zu sein der eingelieferte Abdruck der „Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867", welchen zwei im Vordrucke die Worte „taxiert zu" . . . enthaltende Policenformulare hinzugefügt sind, sowie ein in den eingereichten Handakten enthaltenes Policenformular. Aber lediglich aus dem Vordrucke in einem Formulare den Schluß zu ziehen, daß tatsächlich in der Mehrzahl der Fälle seiner Benutzung in u n v e r ä n d e r t e r Gestalt von ihm Gebrauch gemacht wird, erscheint schon an sidi sehr bedenklich. Jedenfalls hätte der Berufungsrichter bei dieser seiner tatsächlichen Feststellung nicht — wie geschehen — den auffallenden Umstand unbeachtet lassen dürfen, daß weder d e r K l ä g e r die vorwiegende Üblichkeit taxierter Policen bei der Seeversicherung — sei es überhaupt oder doch gerade bei der hier in Frage stehenden Versicherung a u f G ü t e r — behauptet hat, noch von derselben in den Gutachten d e r S a c h v e r s t ä n d i g e n irgendwie die Rede ist, diese vielmehr ihr Gutachten l e d i g l i c h auf die in der hier fraglichen Police gewählte A u s d r u c k s w e i s e gründen. Außerdem enthält es eine Verletzung des Gesetzes bei Feststellung des Sachverhältnisses durch Suppeditierung bzw. Absdineidung des rechtlichen Gehöres, wenn der Berufungsrichter bei Auslegung der Police eine Tatsache zum Grunde legt, welche weder vom Kläger in der Verhandlung geltend gemacht war, noch sich aus der Beweisaufnahme ergeben hatte. O b diese Tatsache demungeachtet von dem Berufungsriditer im Falle ihrer O f f e n k u n d i g k e i t im Sinne des § 264 Z P O . hätte berücksichtigt werden dürfen, kann dahingestellt bleiben, weil der Berufungsrichter augenscheinlich eine G e r i c h t s notorietät in betreff des an den großen Handelsplätzen tatsächlich Üblichen keineswegs feststellen will und festgestellt hat. Überdies hat der Berufungsrichter übersehen, daß es h i e r darauf ankommen würde, ob i n P e t e r s b u r g , als dem Wohnsitze der Versicherungsnehmer T. & Co., die taxierten Policen die Regel bilden, während sämtliche drei vom Berufungsrichter in Bezug genommenen Policenformulare, wie das darin am Schlüsse vorgedruckte
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Ortsdatum ergibt, n u r f ü r H a m b u r g bestimmt sind und mithin audi nur auf das d o r t Übliche hindeuten würden. Hätte der Berufungsrichter aber audi ohne prozessualen Verstoß festgestellt, daß im Seeversidierungsverkehr die taxierten Policen tatsächlich die Mehrzahl bilden, so erscheint d o d i die hieraus gezogene S c h l u ß f o l g e r u n g nicht gerechtfertigt. Wenn nämlich der Berufungsrichter fortfährt, hieraus ergebe sich für die Gesellschaften, die sidi mit Seeversicherungen beschäftigen, selbst wenn sie im Binnenlande ihren Sitz haben, die Verpflichtung, klar und deutlich in dem Dokumente selbst zu sagen, daß die Police als n i c h t taxierte (offene) gelten sollen, so will er hiermit offenbar ausdrücken, daß eine Police solange als eine taxierte zu gelten habe, als nicht aus dem Dokumente die N i c h t V e r e i n b a r u n g einer Taxe klar und deutlich hervorgehe, oder dieser Beweis anderweitig erbracht werde. Damit stellt aber der Berufungsriditer, wie ihm die Revision mit Redit vorwirft, für den Beweis der Intention der Kontrahenten eine rechtlich nicht begründete P r ä s u m t i o n für die Beweisest auf. Denn für die r e c h 11 i c h e Beurteilung bildet, auch wenn in der Praxis die taxierte Police überwiegen sollte, die o f f e n e Police audi bei der Seeversicherung das N o r m a l e , da es zur Feststellung des Versicherungswertes auf eine bestimmte, unter den Kontrahenten für den Versicherungswert maßgebende Summe immer noch einer b e s o n d e r e n , mithin von d e m j e n i g e n Kontrahenten, welcher sie b e h a u p t e t und R e c h t e daraus herleitet, seinerseits zu beweisenden Vereinbarung bedarf. . . . 2. Der Berufungsriditer folgert daraus, daß in der Police die Weiterreise des Schiffes von Kopenhagen nach einem der bezeichneten verschiedenen Häfen gegen einen entsprechenden Prämienzusdilag vorbehalten und mitversichert ist, T. & Co. hätten nidit beabsichtigt, sich selbst mit der Verwertung des Hafers am Lösdiungsplatze zu befassen, sondern hätten die schwimmende Ware bzw. das Konnossement verkaufen wollen, mithin die „für Rechnung wen es angeht" genommene Versicherung für f r e m d e Rechnung, nämlich für diejenige d e s e r s t v o n i h n e n a u f z u s u c h e n d e n K ä u f e r s des Hafers genommen, woraus dann weiter gefolgert wird, daß es, da diese Absicht, also implicite auch der Mangel eines Auftrags, durch den Inhalt der Police genügend z u r K e n n t n i s des Versicherungsgebers gebracht sei, der in Art. 786 HGB. vorgeschriebenen ausdrücklichen Anzeige nicht bedurft habe, und daß der von dem K ä u f e r (dem Kläger) von der Ankunft der Ware in Dünkirdien erwartete Gewinn als versichert anzusehen sei.
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Audi diese Argumentation ist mit Grund als rechtsirrtümlich angefochten. Es erscheint sdion an sich als eine durchaus willkürliche und grundlose Folgerung, daß ein Kaufmann, welcher zum Zwecke der Versendung von Waren über See ein Schiff in der Art chartert, daß dasselbe zunächst einen bestimmten Hafen anzulaufen hat, um sich dort O r d e r einzuholen, nach welchem der verschiedenen, im Frachtvertrage alternativ vorgesehenen Bestimmungsorte es seine Reise fortzusetzen habe, die zu verladende Ware an diesem Bestimmungsorte nicht für e i g e n e Rechnung zu verwerten, sondern bereits s c h w i m m e n d zu verkaufen beabsichtigt. Denn es läßt sich hieraus vielmehr n u r die Absicht entnehmen, sich die Spekulation mit der Ware auch nodi ferner durch die Benutzung desjenigen Marktes zu ermöglichen, welcher sich im Verlaufe der Reise des Sdiiffes bis zum Orderhafen als der vorteilhafteste -unter den alternativ vereinbarten Bestimmungsplätzen erweisen wird. Damit ist selbstverständlich die Benutzung einer sidi etwa darbietenden Gelegenheit, die Ware b e r e i t s s c h w i m m e n d zu verkaufen, nicht ausgeschlossen, was aber e b e n s o w o h l der Fall sein kann, wenn der Bestimmungsort des Schiffes schon v o n v o r n h e r e i n feststeht. Wenn Güter und der von ihrer Ankunft am Bestimmungsorte erwartete Gewinn für eine Reise mit alternativem Bestimmungsorte versichert werden, so ist mithin für den Versicherungsgeber hieraus keineswegs ersichtlich, daß die Versicherung für Rechnung eines erst aufzusuchenden Käufers und demgemäß für f r e m d e Rechnung o h n e A u f t r a g genommen wird. Da der Mangel eines Auftrages der Beklagten nicht a n g e z e i g t ist, würde daher die Versicherung, wenn sie in der Tat in diesem Sinne genommen wäre, nach Art. 785, 786 HGB.und § § 4 , 5 der Bedingungen von 1867 für die Beklagte u n v e r b i n d l i c h sein. Es kann aber gar keinem Zweifel unterliegen, daß T. & Co. die Versicherung tatsächlich zunächst für e i g e n e Rechnung genommen haben und haben nehmen wollen. Denn einesteils waren sie, da sie den Hafer erst am 22. November, mithin mehrere Wochen nach der Versidierungsnahme, an den jetzigen Kläger verkauft haben, die d a m a l s a l l e i n I n t e r e s s i e r t e n bei der in Frage stehenden Versicherung, weldie sie g ü 11 i g e r weise für fremde Rechnung gar nicht nehmen k o n n t e n , und anderenteils würde die Annahme des Berufungsrichters zu der als geradezu u n m ö g l i c h zu bezeichnenden Konsequenz führen, daß T. & Co. ihrer eigenen Absicht beim Vertragssdilusse zufolge i h r e r s e i t s ü b e r a l l n i c h t v e r s i c h e r t gewesen sein, sondern die Gefahr s e l b s t gelaufen haben würden, bis ihnen der Verkauf des Hafers in schwimmendem Zustande
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gelang. Der Berufungsriditer hat bei seiner Annahme die in den Art. 782, 783, 785, 786 HGB. ausgesprochenen Grundsätze nicht beachtet. Der Kläger kann hiernach — was audi von der Versicherung auf i m a g i n ä r e n G e w i n n gilt — nur als R e c h t s n a c h f o l g e r der ursprünglich Versicherten — T. Sc Co. — diejenigen Ersatzansprüche geltend machen, welche d i e s e n zustehen würden, wenn der Hafer u n v e r k a u f t geblieben wäre, und welche durch den Verkauf des Hafers mit der „cif'-Klausel unstreitig auf den Kläger übergegangen sind. 3. Die Beurteilung des Berufungsriditers erscheint aber auch vom Standpunkte der t a x i e r t e n Police nicht frei von Rechtsirrtum. Zunächst entspricht nämlich die Annahme, daß 10°/o der T a x e von .1050£, mithind 105 £ = 2656,50Frs. als versicherter G e w i n n zu gelten habe, zwar wohl dem Art. 805 Abs. 2 HGB., aber nicht dem hier maßgebenden und auch vom Berufungsriditer angezogenen § 24 der Seeversicherungsbedingungen. Denn der Berufungsriditer übersieht, daß, während nach dem G e s e t z e im Falle der Mitversicherung des imaginären Gewinnes von Gütern, wenn der Versicherungswert taxiert, aber nicht bestimmt ist, welcher Teil der Taxe auf den imaginären Gewinn sidi beziehe, 10°/o der T a x e als darauf fallend gelten sollen, in § 24 Abs. 2 der B e d i n g u n g e n , in b e w u ß t e r Abweichung hiervon und behufs Erzielung einer g l e i c h m ä ß i g e n Behandlung mit den n i c h t taxierten Policen, vgl. V o i g t , Das deutsche Seeversicherungsrecht S. 15 3, bestimmt ist, daß 10°/o vom Versicherungswerte d e r G ü t e r als auf imaginären Gewinn fallend anzusehen seien. Der Berufungsriditer hätte daher, um die vermeintliche Gesamttaxe von 1 0 5 0 £ den B e d i n g u n g e n entsprechend in ihre Bestandteile zu zerlegen, das Verhältnis von 110 zu 100 anwenden müssen, in welchem Falle sich, als auf imaginärem Gewinn versichert, die Summe von 95 £ 9 , 1 = 2 4 1 4 F r c s . ergibt. Es ist sodann aber auch ein, die Art. 797, 805 HGB. verletzender Standpunkt, wenn der Berufungsriditer bei der Μ i t Versicherung des imaginären Gewinnes an Gütern mittels taxierter Police ohne eine Bestimmung über das Verhältnis des Wertes der Güter zu dem mitversicherten Gewinn zunächst eine besondere Anfechtung des auf den i m a g i n ä r e n G e w i n n entfallenden Betrags der Taxe nach Maßgabe des dafür in Art. 797 Abs. 2 HGB. aufgestellten Prinzipes für erforderlich erachtet und sodann zu der Untersuchung übergehend, ob der für die Versicherung der G ü t e r übrigbleibende Betrag der Taxe wesentlich übersetzt sei, trotz der B e j a h u n g dieser Frage und Herabsetzung des betreffen-
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den Teiles der Taxe vermeint, daß dies auf den mitversidierten imaginären Gewinn keinen Einfluß habe. Vielmehr ist in solchen Fällen einer e i n h e i t l i c h e n Versicherung der Güter und des imaginären Gewinnes bei der Anfechtung der Taxe seitens des Versicherers wegen wesentlicher Übersetzung derselben in e r s t e r Linie zu prüfen, ob eine soldie Übersetzung in betreff des auf die G ü t e r entfallenden Betrages der Taxe vorliegt. Führt dies dann zu einer Herabsetzung des entsprechende Teiles der Taxe, so zieht dies in d e m s e l b e n Verhältnisse die Herabsetzung audi des auf imaginären Gewinn entfallenden Betrages g a n z v o n s e l b s t nach sich, ohne daß es dieserhalb noch einer b e s o n d e r e n Anfechtung bedarf, da nicht eine b e s t i m m t e S u m m e auf imaginären Gewinn s e l b s t ä n d i g versichert ist, sondern nach Art. 805 HGB., bzw. § 24 der Bedingungen der in der einheitlichen Versicherung enthaltene Betrag für imaginären Gewinn gesetzlich, bzw. vertragsmäßig in einem p r o z e n t u a l e n V e r h ä l t n i s s e zu der Taxe der Güter, bzw. zu deren Versicherungswerte steht und daher mit d e r e n Herabsetzung ebenfalls in entsprechendem Maße herabzusetzen ist. Ob, wie der Berufungsrichter annimmt und die Revision bestreitet, die Bestimmung des Art. 797 Abs. 2 HGB., bzw. des § 1 6 Abs. 3 der Bedingungen, nach welcher, wenn i m a g i n ä r e r G e w i n n taxiert (versichert) ist, im Falle der Anfechtung der Taxe der Versicherer zu beweisen hat, daß dieselbe den zur Zeit des Abschlusses des Vertrages nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwartenden Gewinn überstiegen habe, in dem vom Berufungsrichter als vorliegend angenommenen Falle des Art. 805 Abs. 2 HGB., bzw. des § 24 Abs. 2 der Bedingungen, daß im Falle der Mitversidierung des imaginären Gewinnes der Versicherungswert taxiert ist, ü b e r h a u p t a n w e n d b a r sei, kann hier dahingestellt bleiben, da die Beklagte die gedachte Voraussetzung für die Anfechtung der Taxe des imaginären Gewinnes a l s s o l c h e n gar nicht behauptet hat. Wenn sodann der Berufungsrichter andererseits die auf die Ware selbst entfallende Taxe für wesentlich übersetzt erachtet und daher den dem Kläger zu ersetzenden Versicherungswert infolge der Anfechtung der Beklagten demgemäß herabgesetzt hat, so ist d i e s e Entscheidung der Beklagten allerdings günstig. Auch geht der Berufungsrichter bei Prüfung dieser Frage ganz richtig davon aus, daß in Ermangelung einer von den Kontrahenten vereinbarten anderen Grundlage für die Schätzung nach Art. 803 HGB. und nach dem mit demselben übereinstimmenden § 22 der Bedingungen als Versicherungswert des Hafers derjenige Wert gelte, welchen derselbe am Orte und zur Zeit der A b V e r s i c f a e n i n g s v e r t r a g s g e s e t i III
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l a d u n g (in St. Petersburg) gehabt hat, unter Hinzurechnung aller Kosten bis an Bord einschließlich der Versicherungskosten. Wenn dann aber der Berufungsrichter unter Zugrundelegung der unbestrittenen Faktura diesen Versicherungswert einschließlich der Assekuranzprämie und Η °/o Bankprovision auf 22 329 Frcs 73 Cts. und die auf den Hafer selbst entfallende Taxe auf 90°/o von 1050 £ = 945 £ = 23 908 Frcs. 50 Cts. berechnet, so übersteigt nach dieser Berechnung die Taxe den Versicherungswert nur um etwa 6"/jo°/o, und hat es der Berufungsrichter an jeder B e g r ü n d u n g fehlen lassen, weshalb hierin eine w e s e n t l i c h e Übersetzung der Taxe zu überblicken sei. Allerdings ist in diesem Punkte das richterliche E r m e s s e n entscheidend. Aber dieses Ermessen ist vom Richter in einer Weise zu b e g r ü n d e n , daß ersichtlich wird, ob er bei Ausübung desselben von zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist. Daß dies im vorliegenden Falle geschehen sei, ist aber kaum anzunehmen. Denn der Grund, aus welchem ü b e r h a u p t die Anfechtung der vereinbarten Taxe seitens des Versicherers gestattet ist, besteht nur darin, daß dem Versicherungsvertrage ein bestimmtes, in Geld schätzbares I n t e r e s s e zum Grunde liegt, und daß deshalb bei der Abschätzung dieses Interesses nicht s ο w e i t überschritten werden darf, daß d a s W e s e n d e s V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g e s d a d u r c h g e ä n d e r t wird. Vgl. Protokolle zum 4267. Bei einer Überschreitung Prozentsatz scheint diese ..wesentlich" ausdrücken
Handelsgesetzbuche S. 3064 flg. und S. 4266, des Versicherungswertes um einen so geringen ratio legis, welche das Gesetz mit dem Worte wollte, nicht vorzuliegen. . . .
Irrig ist es dagegen, wenn die Revision meint, der Ansprudi aus der laut Police Nr. 1026 erfolgten Versicherung des Frachtvorschusses sei weder in der Person von T. & Co., noch in der des Klägers begründet. Denn T. & Co., weldie auch bei dieser Police als die ursprünglich Versidierren erscheinen, haben zwar — wie der Berufungsrichter mit Recht als unstreitig ansieht — ihre Ansprüche auch aus dieser Versicherung dem Kläger übertragen. Dieser aber hat ebensowohl, wie v o r dem Verkaufe des Hafers T. & Co., ein I η t e r e s s e an der Versicherung des dem Sdiiffer auf die Fracht geleisteten Vorschusses, da er zwar mit der cif-Klausel gekauft hatte und die Fracht daher an sich nidit von ihm, sondern von den Verkäufern T. & Co. zu tragen war, ausweislich der Faktura aber ihm von der ihm auf den Kaufpreis zunächst gutgeschriebenen Gesamtfracht ad 3613 Frcs. der Betrag des Frachtvorschusses mit 579 Frcs. 26 Cts. w i e d e r g e k ü r z t ist, e r
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mithin seinen Verkäufern ungeachtet der cif-Klausel diesen von ihnen vorgeschossenen Betrag der Fracht zu z a h l e n hatte und demnach der Vertragswille offenbar dahin ging, daß Kläger gegen Abtretung der Entschädigungsansprüche aus der von T. & Co. für den Frachtvorschuß genommenen Versicherung s e i n e r s e i t s die Gefahr übernahm, auch im Falle des V e r l u s t e s des Hafers den betreffenden Teil der Fracht seinen Verkäufern ersetzen zu müssen." RGZ. 21,
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Seeversicherung von Vorschußgeldern auf behaltene Ankunft. Anspruch gegen den Versicherer, wenn das Schiff im Nothafen wegen Reparaturunfähigkeit bzw. Reparaturunwürdigkeit verkauft ist. Begriff der Reparaturanfälligkeit. Voraussetzung einer gültigen Kondemnation. Sprachgebrauch der Börse. HGB. Art. 444 Nr. 1, 499, 877, 278. Allgem. Seeversicherungsbedingungen von 1867 §§ 131, 137, 127—129. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 16.Mai 1888. I. Landgericht Hamburg. — 11. Oberlandesgericht daselbst.
Geklagt ist auf Grund einer Police, nach welcher bei den beklagten Versicherungsgesellschaften Versicherung für Rechnung, wen es angeht, genommen ist auf Vorschußgelder taxiert zu 6000 M, ohne weiteren Beweis des Interesses, auf die behaltene Ankunft und Entlöschung des Segelschiffs „Verein", Kapitän Α., für eine Reise von Swansea, wahrscheinlich mit einer Ladung Kohlen nach einem oder mehreren Häfen oder/und Plätzen der Kap Verdischen Inseln in ununterbrochenem Risiko. Die Versicherung ist geschlossen nach den Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867, jedoch unter Aufhebung der §§ 38, 39, 131, 1 37') und mit der Bestimmung, daß die Police mit 100 Prozent zu bezahlen ist, falls das Schiff wegen Seeschadens seinen Bestimmungsort nicht erreicht, kondemniert wird oder vor gänzlicher Entlöschung verloren geht. 1 Der § 131 schließt den Anspruch gegen den Versicherer im Falle eines V e r kaufes des Schiffes wegen Reparaturunwürdigkeit ganz aus und stellt zugleich die V o r a u s s e t z u n g e n fest, u n t e r denen ein Anspruch aus dem V e r k a u f e wegen R e p a r a t u r unfähigkeit zusteht. Der § 137 handelt von dem Ansprüche wegen des aus einer K o n d e m n a t i o n oder dem V e r k a u f e sich ergebenden Frachtverlustes. Die beiden anderen Paragraphen interessieren hier nicht. Die weiterhin a n g e f ü h r t e n §§ 1 2 7 — 1 2 9 treffen Bestimmung über das V e r f a h r e n bei der Kondemnation ( V o i g t , Das Seevcrsicherungsrecht S. 702, 750, 673 flg.).
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Das Sdiiff „Verein" ist am 21. Februar 1886 mit einer Ladung Steinkohlen von Swansea nadi St. Vincent, Kap Verdischen Inseln, versegelt, ist unterwegs bei stürmischem Wetter ledc gesprungen und hat am 9. März Santa Cruz auf La Palma der Kanarischen Inseln als Nothafen anlaufen müssen. Hier hat die Entlöschung der Ladung stattgefunden, demnächst ist nadi verschiedenen Besichtigungen das Sdiiff am 18. Juni 1886 kondemniert und hierauf nebst Inventar meistbietend verkauft worden. Die Beklagten haben dem auf diesen Sachverhalt gegründeten Klaganspruche auf Zahlung der versicherten Vorschußgelder insbesondere entgegengesetzt, daß die Kondemnation für sie nidit verbindlich sei, weil dieselbe nicht in Gemäßheit der trotz der Aufhebung des § 131 in Kraft gebliebenen §§ 127—129 der Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen übrigens audi nidit nadi den eventuell maßgebenden Vorschriften des Handelsgesetzbuches (Art. 877 in Verbindung mit Art. 499) erfolgt sei. In den Vorinstanzen ist dem Klagantrage entsprochen mit der eventuell von den Beklagten beantragten Auflage an die Kläger zur Zession der ihnen bzw. ihren Auftraggebern aus den versicherten Vorsdiußgeldern gegen die Reederei des Schiffes „Verein" zustehenden Forderung, wozu Kläger sich bereit erklärt haben. Aus der Begründung des Berufungsurteils ist folgendes hervorzuheben. Der Berufungsrichter nimmt mit dem Landgerichte an, daß zur Begründung des klägerischen Anspruches eine ordnungsmäßige Kondemnation erforderlich gewesen sei und nicht etwa (wie Kläger, auf den Wortlaut der Police sich stützend, vermeinen) die Tatsache,, daß das Sdiiff seinen Bestimmungsort nidit erreicht hat, allein genüge. Audi hinsichtlich der Bedeutung des Ausschlusses der § § 1 3 1 , 137 der Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen tritt der Berufungsrichter dem Landgerichte unter Bezugnahme auf das in K i e r u l f f s Sammlung Bd. 3 S. 987 flg. veröffentlichte Urteil des Oberlandesgerichtes in Lübedc darin bei, daß hiermit audi die Bestimmungen der §§ 127—129 über das bei der Kondemnation zu beobachtende Verfahren beseitigt seien, und daß an deren Stelle auf die betreffenden Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu rekurrieren sei. Dagegen nimmt derselbe abweichend vom ersten Urteile an, daß der Verkauf des Schiffes wegen Reparaturunwürdigkeit den Versicherern gegenüber nidit gerechtfertigt gewesen sei. In dieser Beziehung wird, übereinstimmend mit der Berufungsbegründung, ausgeführt, daß die vorliegende Versicherung als „eine auf das Schiff sich beziehende" im Sinne von Art. 825 Abs. 2
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des Handelsgesetzbuches anzusehen sei, daß mithin gemäß Art. 888 Nr. 4 a. a. O . bei Abschätzung der Reparaturkosten diejenigen Schäden hätten ausgesdiieden werden müssen, „weldie in Abnutzung, Alter, Wurmfraß und Fäulnis sich gründen". Dies sei nicht geschehen. Die Kondemnation sei aber nicht bloß wegen Reparaturunwürdigkeit, sondern, und zwar in erster Linie, auch wegen Reparaturunfähigkeit erfolgt und die Notwendigkeit des Verkaufes aus diesem Grunde sei nach Vorschrift von Art. 444 Nr. 1, 499 HGB. dargetan. Denn es sei durch die zugezogenen Sachverständigen festgestellt, daß die Reparatur des Lecks auf La Palma nicht habe geschehen können, und daß das Schiff auch nicht ohne Aufwendung ganz unverhältnismäßiger Mittel und selbst nicht ohne Gefährdung von Menschenleben nach dem einzigen Platze auf den Kanarischen Inseln, wo dieselbe allenfalls möglich gewesen wäre (Naos auf Lanzerote), hätte verbracht werden können. Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „Die Revisionskläger rügen: 1. Daß der Berufungsrichter den Begriff der Reparaturunfähigkeit verkannt und Art. 444 Nr. 1 des Handelsgesetzbuches verletzt habe, da durch die Notwendigkeit, unverhältnismäßige Mittel zur Verbringung des Schiffes in einen anderen Hafen behufs der dort vorzunehmenden Reparatur aufzuwenden, niemals Reparaturunfähigkeit, sondern höchstens Reparaturunwürdigkeit begründet werde. Diese Rüge ist nicht zutreffend. Das Gesetz erklärt in der von den Revisionsklägern angezogenen Bestimmung ein seeuntüchtig gewordenes Schiff für reparaturunfähig, „wenn die Reparatur überhaupt nicht möglich ist oder an dem Orte, wo das Schiff sich befindet, nicht bewerkstelligt, dasselbe auch nicht nach dem Hafen, wo die Reparatur auszuführen wäre, gebracht werden kann". Nur der zweite der beiden in dieser Bestimmung unterschiedenen Fälle, die sogenannte relative Reparaturunfähigkeit, kommt hier in Betracht. Den Revisionsklägern ist zuzugeben, daß das Handelsgesetzbuch den Begriff der relativen Reparaturunfähigkeit enger abgegrenzt und in einen schärferen Gegensatz zu dem Falle der Reparaturunwürdigkeit gestellt hat als das ältere deutsche und viele außerdeutsche Seerechte. Insbesondere liegt die Reparaturunfähigkeit der obigen Definition zufolge nicht vor, wenn die Reparatur an dem Orte, wo das Schiff sidi befindet, bloß zur Zeit unmöglich, mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft oder nur unter Aufwendung außergewöhnlicher Mittel
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zu bewerkstelligen ist. V o n derartigen Fällen sprechen die in der Revisionsbegründung angeführten älteren auf den „Allgemeinen Plan hamburgischer Seeversidierungen" von 1S47 bezüglichen Urteile de» Lübedcer Oberappellationsgerichtes. Vgl. Hamburger Sammlung Bd. 2 T. 2 S. 1024 flg. und S e e b o h m , Sammlung S. 562 flg. Wenn es sich aber, wie im vorliegenden Falle, darum handelt, daß das Schiff behufs der Reparatur erst nadh einem anderen Hafen gebracht werden muß, so ist es durchaus gerechtfertigt, der Unmöglichkeit die nur unter Aufwendung ganz außergewöhnlicher Mittel vorhandene Möglichkeit gleichzustellen. Sonst gelangt man zu Konsequenzen, die widernatürlich sind und nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Der Berufungsrichter hat in dieser Beziehung mit Recht darauf hingewiesen, daß der Schiffer sdion durch die Rücksicht auf die Versicherer gemäß § 92 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen gebunden erscheint, solche außergewöhnliche Mittel nicht aufzuwenden. Daß die hier beklagten Versicherungsgesellschaften, die lediglich Vorschußgelder auf behaltene A n k u n f t versichert hatten, zu den Reparaturkosten nicht beitragspflichtig gewesen sein würden, steht dieser Erwägung nicht entgegen, da der Schiffer nicht bloß das Interesse der Beklagten, sondern auch das der übrigen Versicherer zu berücksichtigen hatte und die Beklagten es gegen sidi gelten lassen müssen, wenn mit Rüdcsidit hierauf von der Reise nadi einem Reparaturhafen Abstand genommen wurde. Von vorstehenden Gesiditspunkten aus hat der Berufungsrichter den Sachverhalt rechtlich und tatsächlich richtig gewürdigt, wenn er auf Grund des Gutachtens der in La Palma vernommenen Sachverständigen, nach welchem als der einzige Platz, wo die Reparatur allenfalls möglich gewesen wäre, Naos auf der ebenfalls zu der Kanarischen Inselgruppe gehörigen Insel Lanzerote in Betracht kam, dorthin aber das beschädigte Schiff ohne h o h e Gefahr für Mannschaft, Schiff und Ladung nur unter Begleitung eines zu requirierenden Dampfers hätte gebracht und die Reparatur daselbst voraussichtlich erst nach totalem Aufbrechen des alten Schiffes h ä t t e bewirkt werden können, angenommen hat, daß die Voraussetzungen der relativen Reparaturunfähigkeit im Sinne des Art. 444 Nr. 1 HGB. vorhanden war. 2. Unbegründet ist auch der weitere von den Revisionsklägern dem Berufungsurteile gemachte Vorwurf einer Verletzung der Art. 499, 877 HGB. Die Verletzung soll darin bestehen, daß nach diesen Vorsdiriften die Reparaturanfälligkeit durdi das Ortsgericht oder die sonst
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zuständige Behörde festgestellt werden müsse, die zu diesem Behufe Sachverständige zu hören, aber selbst die Feststellung zu treffen und die Kondemnation auszusprechen habe. Im vorliegenden Falle fehle es an einem solchen Aussprudle der Reparaturanfälligkeit, und es sei unzulässig, wenn der Berufungsriditer den formellen Mangel durch eigene Nachprüfung der Sachverständigengutachten ergänze. Diese Rüge beruht auf einem Mißverständnisse des Art. 8 7 7 . Derselbe bestimmt, daß der Versicherte dem Versicherer gegenüber nur dann zum V e r k a u f e des Schiffes befugt sein soll, „wenn die Reparaturunfähigkeit oder Reparaturunwürdigkeit (Art. 4 4 4 ) auf dem im Art. 4 9 9 H G B . vorgeschriebenen Wege festgestellt worden i s t " . Zufolge Art. 4 9 9 , soweit derselbe hier interessiert, soll durch einen Ausspruch des O r t s gerichtes bzw. der sonstigen O r t s b e h ö r d e nach Anhörung von Sachverständigen festgestellt werden, daß ein Fall dringender Notwendigkeit vorliegt, und hiernädist dem Schiffer die Befugnis zum V e r k a u f e des Schiffes erteilt werden. Dieser Ausspruch ist die vom Handelsgestzbuche verlangte Kondemnation. Eine solche hat hier stattgefunden; damit ist den Anforderungen, die das Handelsgesetzbuch in formeller Hinsicht aufstellt. Genüge geschehen. D i e Revisionskläger meinen, daß nach Art. 8 7 7 die förmliche Feststellung einer der beiden daselbst anerkannten Notfälle (Reparaturunfähigkeit oder Reparaturunwürdigkeit) durch den Kondemnationsspruch Vorbedingung für die Statthaftigkeit des Schiffsverkaufes den Versicherern gegenüber sei. Diese Auslegung des Art. 8 7 7 scheitert indes schon daran, daß ein großer, wenn nicht der größte T e i l der außerdeutschen Seerechte (so namentlich auch das in La Palma geltende spanische Recht, vgl. Codigo de comercio von 188 5 Art. 5 7 8 , 5 7 9 ; ähnlich auch das frühere spanische Handelsgesetzbuch von 1 8 2 9 Art. 5 9 3 ) , besondere technische Bezeichnungen für die Fälle der Reparaturunfähigkeit und der Reparaturunwürdigkeit gar nicht kennt. Schon aus diesem Grunde ist es unmöglich, dem Art. 8 7 7 eine Bedeutung beizulegen, nach welcher die Wirksamkeit der Aussprüche fremder Gerichte oder Behörden davon abhängig sein würde, daß sie sich die sprachliche Unterscheidung des deutschen Handelsgesetzbuches aneignen. Das richtige Verständnis des Art. 8 7 7 führt vielmehr dahin, daß derselbe formell nur eine Kondemnation in dem oben erörterten Sinne fordert. Die Kondemnation muß erfolgt sein auf Grund einer Feststellung, nach welcher sich das Schiff im Zustande der Reparaturunfähigkeit oder der Reparaturunwürdigkeit befindet. Eine ausdrückliche Bezeichnung des Kondemnationsgrundes in dem Kondemnationsspruche ist jedoch nicht erforderlich,. und wenn sie erfolgt ist, für den einheimischen Richter
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nicht unbedingt maßgebend. Es ist im Streitfalle Sache des Prozeßriditers, darüber zu entsdieiden, ob der Kondemnation eine gehörige Feststellung der Reparaturunfähigkeit oder der Reparaturunwürdigkeit zu Grunde liegt. Hieraus ergibt sich, daß der Berufungsriditer im vorliegenden Falle weder seine Befugnisse überschritten, noch einen formellen Mangel der Kondemnation in unzulässiger Weise ergänzt hat, wenn er aus der Begründung des Kondemnationssprudies und insbesondere aus den demselben zu Grunde liegenden Sachverständigengutachten den Schluß gezogen hat, daß der Zustand des Schiffes als relativ reparaturunfähig im Sinne des Handelsgesetzbuches festgestellt worden ist. 3. In der ihrem tatsächlichen Inhalte nach mündlich vorgetragenen Berufungsbegründung ist seitens der Revisionskläger behauptet worden, an der Börse bestehe bei Sachkundigen kein Zweifel darüber, daß der Aussdiluß des § 1 3 1 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen in den Seeversicherungspolicen nicht auch die Bedeutung einer Ausschließung der auf das Verfahren bei der Feststellung der Reparaturunfähigkeit bezüglichen §§ 127—129 a . a . O . bedeute. Der Berufungsrichter hat die Erhebung des hierfür angetretenen Sadiverständigenbeweises abgelehnt. Die Revisionskläger rügen, daß durch diese Ablehnung gegen Art. 278, 279 HGB. verstoßen sei. Diese Rüge erledigt sich dadurch, daß, wie von den Revisionsklägern selbst, und zwar ebenfalls in der Berufungsbegründung ausgeführt worden ist, in den Fällen, in denen, wie hier, kein Agent der Versicherer sich am Orte der Kondemnation befindet, das Verfahren nach den Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen mit dem Verfahren nadi dem Handelsgesetzbuche in allen wesentlichen Punkten übereinstimmt. Übrigens ist auch dem Grunde beizutreten, aus welchem der Berufungsrichter den Beweisantrag abgelehnt hat, daß durch die unter Beweis gestellte Behauptung keine Rechtsgrundlage gegeben wird, „den klaren Inhalt des § 131 und die damit gegebene Bedeutung seines Ausschlusses dem einzelnen Kontrahenten gegenüber restriktiv zu interpretieren". Denn durch die gedachte Behauptung würde audi, falls sie erwiesen wäre, nicht dargetan werden, daß im vorliegenden Falle der Versicherer die an der Hamburger Börse herrschende Anschauung gekannt habe und sich ihr habe unterwerfen wollen." 1 ) 1 Die von den Revisionsbeklagten angeregte Frage, ob der Berufungsriditer die hier in Rede stehende Police mit Recht unter Art. 825 Nr 2 HGB. bezogen hat, ist dahingestellt geblieben.
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RGZ. 25, 78. Seeversicherung. Versicherung auf behaltene Ankunft. Vorschußforderung nach ihrer passiven Seite als versicherbares Interesse. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 22.Januar 1890. 1. Landgericht Hamburg. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Laut Police vom 14. Februar 1888 haben die Kläger bei der von den Beklagten vertretenen Transportversicherungsgesellsdiaft für Rechnung, wen es angeht, versichert 7500 Μ taxierte Frachtgelder des Schiffes „Mena" von Puerto Cabello nach einem der in der Police angegebenen Häfen Europas „mit Ladung, gleichviel weldier Art und/oder Ballast". Die Police enthält ferner folgende Bestimmung: „Was der Frachtbetrag eventuell weniger ausmachen wird als der versicherte Betrag, validiert auf behaltene Ankunft des Schiffes und ist ohne weiteren Nachweis des Interesses mit 100 Prozent zu bezahlen, falls das Schiff wegen Seeschaden seinen Endbestimmungsplatz nicht erreicht oder kondemniert wird." Nach der von den Beklagten zugestandenen Behauptung der Kläger hat die „Mena" die Reise von Puerto Cabello in Ballast angetreten, hat unterwegs Havarie erlitten und ist in Maracaibo kondemniert worden. Kläger haben hiernach die Beklagten auf Zahlung von 7500 Μ nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagten haben Abweisung der Klage beantragt, weil kein versicherbares Interesse vorliege, da von der „Mena" zur Zeit der Kondemnation keine Fracht verdient, ihr solche audi kontraktlich nicht zugesichert gewesen sei. Hierüber sowie generell über das Fehlen jedes versicherbaren Interesses ist den Klägern der Eid angetragen. Kläger haben hierauf eine Darstellung des Sachverhaltes gegeben, nach welcher die Versicherung auf behaltene Ankunft zur Deckung von Vorschußgeldem bestimmt war, die von den Klägern als Mitreedern zu den Ausgaben der Reederei geleistet seien, und die sidi am 1. Januar 1889 auf 8889,58 Μ belaufen hätten. Kläger behaupteten, daß sie sowohl zur Gewährung wie zur Versicherung der Vorschüsse durch generellen Auftrag des Korrespondentenreeders der Reederei der „Mena" ermächtigt gewesen seien. Als das versicherte Interesse bezeichnen sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichtes Bd. 15 N r . 4 0 die Vorsdhußforderung n a c h d e r p a s s i v e n S e i t e . Mittelbar sei dabei zugleidi ihr, der Kläger, eigenes Interesse versichert. Beklagte entgegneten, daß nach diesen Erklärungen die Versicherung wegen unriditiger Bezeichnung des versicherten Gegenstandes ungültig sei, und behaupteten unter Eides-
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zuschiebung, daß die Versicherung nidit auf Vorsdiußgelder genommen und soldie von den Klägern überhaupt nicht gegeben seien. Sie wollen ferner die Passivseite einer Vorschußforderung nicht als versicherbares Interesse gelten lassen. Das Landgeridit hat nach dem Klagantrage erkannt. Der Einwand unrichtiger Bezeichnung des versicherten Interesses wird verworfer., weil die Versicherung auf behaltene A n k u n f t jedes zulässige Interesse decke. Die Frage, ob Vorsdiußgelder namens des Reeders versichert werden können, wird bejaht, indes hierauf kein entscheidendes Gewicht gelegt, weil die Beklagten die Erklärung der Kläger, daß sie die Versicherung auf Vorsdiußgelder genommen hätten, nidit gelten lassen wollen. Aus diesem Grunde wird auch die zuletzt erwähnte Eideszusdiiebung für unerheblich erachtet. Die Eideszusdiiebung über das Fehlen jedes versicherbaren Interesses ist, weil keine tatsächliche Behauptung enthaltend, für unzulässig erklärt. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Unter Wiederholung ihrer früheren Rechtsbchelfe haben sie den Klägern den Eid noch darüber zugeschoben, daß sie keinen Auftrag zur Versicherung von Vorschußgeldern für die Reederei gehabt hätten, und den Einwand der Doppelversicherung erhoben, darauf gestützt, daß auch das Kasko der „Mena", und zwar zeitlich v o r der eingeklagten Police bei Hamburger Assekuradeuren versichert sei. Kläger haben letztere Tatsache zugestanden, die daraus hergeleitete Folgerung aber bestritten. Sie haben ferner den der Versicherung zugrunde liegenden Hergang im wesentlidicn ebenso wie in erster Instanz dargestellt und auf richterliches Befragen erklärt, daß sie eventuell ihre F o r d e r u n g für Vorsdiußgelder als das versicherte Interesse angesehen wissen wollen. Das Oberlandesgeridit hat zunächst ein Zwischenurteil dahin erlassen: Die Einrede, daß die aus der Police ersichtliche Versicherung nur für ein Interesse der Reederei der „Mena" geltend gemacht werden kann, wird verworfen. Es wird ferner festgestellt, daß der erhobene Anspruch nicht begründet werden kann durch Berufung darauf, daß durch die Police eine gegen die Reederei der „Mena" gerichtete Vorschußforderung nadi ihrer passiven Seite versichert sei. Der Berufungsrichter sdiloß sich hinsichtlich des ersten Punktes im wesentlichen dem landgerichtlichen Urteile an, nahm dagegen abweichend von demselben und im Gegensatz zu der angeführten Ent-
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sdieidung des Reichsoberhandelsgerichtes an, daß die passive Seite der Vorsdiußforderung kein versicherbares Interesse der Reederei darstelle, hielt aber eine weitere Verhandlung über die eventuelle Behauptung der Kläger, daß sie durch die fragliche Police ihre eigene Forderung unter Versicherung gebracht hätten, für notwendig. Bei der hiernach wieder aufgenommenen Verhandlung ergab sich Einverständnis der Parteien darüber, daß 1. die „Mena" seit 1886 bis zu ihrer Kondemnation einer in Kolding domizilierten Aktiengesellschaft unter der Firma Bryggen Menas Rhederi mit einem in zehn gleichwertigen Aktien eingeteilten Aktienkapital von 16 000 Kronen gehört hat, sowie daß zwei dieser Aktien auf den Namen der Kläger lauteten, während die letzteren an einer Dritten zu einem Drittel beteiligt waren; 2. daß die Versicherer des Kasko die volle Versicherungssumme im Belaufe von 22 500 Μ an die Kläger gezahlt haben. Klägerischerseits wurde noch geltend gemacht: Da das Aktienkapital für Ankauf und erste Instandsetzung des Sdiiffes verwendet wurden, so seien von ihnen als Bankiers der Gesellschaft im Auftrage und mit Genehmigung des C., des Vorstandes und Korrespondentereeders der Aktiengesellschaft, die Vorschüsse gegeben zur Deckung der Ausgaben für Ausrüstungen, Versicherungskosten, Heuergelder usw. Die Kläger behaupten ferner wiederholt, daß sie zur Versicherung generell ermächtigt gewesen seien, und führten aus, daß schlimmstenfalls die Beklagten zur Zahlung gegen Zession der den Klägern an die Aktiengesellschaft zustehenden Forderung zu verurteilen seien. Zur Widerlegung der Annahme einer Doppelversicherung, gegen die sich übrigens bereits das Zwisdienurteil erklärt hatte, wurde hierbei bemerkt: es seien nicht Kasko und Bruttofracht und d a n e b e n Ausrüstungskosten, sondern erstens das Kasko und zweitens e n t w e d e r Fradit o d e r Ausrüstungskosten usw., genauer e n t w e d e r das Frachtinteresse o d e r das anderweitige Interesse an behaltener Ankunft, bestehend in Vorschußgeldern, welche Kläger für Ausrüstung, Versicherung usw. des Sdiiffes verwendet hätten, versichert worden. Die Beklagten erwiderten hierauf, daß die Kläger sich durch die Einziehung der vollen Versicherungssumme für das Kasko in betreff ihrer Forderung gededet hätten, daß, wenn sie dies nicht getan und den Betrag der Aktiengesellschaft remittiert hätten, sie durch die schuldvoll herbeigeführte Unmöglichkeit, ihre Redite in vollem Umfange abzutreten, des Anspruches aus der Versidierung verlustig gegangen seien, um so mehr, als die Aktiengesellschaft im übrigen vermögenslos sei.
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Seeversicherung
Auf richterliches Befragen erklärten die Beklagten: es werde nicht zugestanden, daß die von den Klägern gegebenen Vorschüsse den Betrag von 7 5 0 0 Μ erreichen; ein Beweis für das Gegenteil könne nicht angetreten werden. Dem Vertreter der Kläger wurde geriditsseitig die Frage vorgelegt, ob nunmehr die prinzipale Geltendmachung der Versicherung als einer für die Reederei validierenden in dem Sinne aufrechterhalten werde, daß die Ausrüstungskosten als das versicherte Interesse gelten sollen, und wie hoch sich dieselben eventuell belaufen. Dieselbe gab hierauf die Erklärung ab: In dem Vorsdiuß der Kläger seien allerdings auch Kosten der Ausrüstung für die fragliche Reise enthalten; zu welchem Betrage könne augenblicklich nicht angegeben werden. Das Berufungsurteil hat demnächst eine weitere, als Urteil bezeichnete Entscheidung verkündet folgenden Inhalts: „Die Klage wird abgewiesen, insofern dieselbe darauf gegründet wird, daß durch die Police eine den Klägern gegen die Aktiengesellschaft Bryggen Menas Rhederi zustehende Vorschußforderung versichert sei." Der Berufungsrichter trat der Ausführung der Beklagten bei, daß, wenn die Kläger sich aus der eingezogenen Versicherungssumme für die Kaskoversicherung bezahlt gemacht haben, ihre Forderung erloschen, wenn sie dies unterlassen, ihr Anspruch gegen die Beklagten zufolge §§ 28, 71 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen (Art. 809, 826 HGB.) untergegangen sei. Es wurde indes audi diesmal die Wiedereröffnung der Verhandlung für erforderlich erachtet, weil Kläger einen neuen Gesichtspunkt, nämlich den einer Versicherung der Ausrüstungskosten, vorgebracht hätten. Den Klägern wurde deshalb aufgegeben, sich darüber zu erklären, ob sie geltend machen wollen, durch die Police seien Ausrüstungskosten, welche für die Versicherungssumme aufgewendet worden, versichert, und im Bejahungsfalle, wie hoch sich dieselben belaufen. Die Kläger erklärten darauf, ein Teil der Gelder, welche sich als Vorschüsse der Kläger an Menas Rhederi darstellen, sei auf Ausrüstungskosten verwendet. Der Auflage des Gerichts seien sie nicht imstande nachzukommen, weil die von ihnen geleisteten Vorschüsse zum größten Teil an den Kapitän gezahlt worden seien. Die Beklagten behaupten im Gegenteil, daß in der Forderung der Kläger an die Aktiengesellschaft Ausrüstungskosten für die fragliche Reise nicht enthalten seien.
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Hiernächst ist das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen worden, weil Kläger, obwohl ihnen durch die Ausübung des richterlichen Frageredits hierzu Gelegenheit gegeben worden sei, nicht erklärt hätten, daß sie geltend madien wollen, durdi die Police seien für die Versidierungsreise verwendete Ausrüstungskosten versichert. Auf die Revision der Kläger ist das Berufungsurteil aufgehoben und die Sadie zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden aus folgenden Gründen: „Mit den Instanzrichtern ist davon auszugehen, daß nach der Police die Versicherung auf behaltene Ankunft nicht bloß dann in Kraft treten sollte, wenn die Fracht der Mena sich auf einen g e r i n g e r e n Betrag als 7500 Μ belaufen würde, sondern audi in dem (gegenwärtig vorliegenden) Falle, daß das Schiff von Puerto Cabello aus eine Ballastreise antreten, und daß zur Zeit seiner Kondemnation Fradit weder von ihm verdient, noch ihm kontraktlich zugesichert sein sollte. Den Beklagten ist darin beizutreten, daß die vorliegende Police die Kläger zwar von dem N a c h w e i s e des Interesses befreit, sie aber nicht befreit von der Verpflichtung, das Interesse, auf welches die Versicherung der behaltenen Ankunft bezogen wird, zu b e z e i c h n e n , und daß den Versicherern der Beweis zusteht, daß das bezeichnete Interesse nicht oder nicht in Höhe der Versicherungssumme vorhanden ist. Vgl. V o i g t , Seeversicherungsrecht S. 595, 771 flg. Ebenso würde die Versicherung für hinfällig erachtet werden müssen, wenn dasjenige, was als Gegenstand der Versicherung bezeichnet wird, sich überhaupt nicht als ein versicherbares Interesse darstellt. Auch würde dem Anspruch der Kläger auf Grund von § 11 der Allgem. Seeversidierungsbedingungen (Art. 792 HGB.) der Einwand der Doppelversicherung entgegengesetzt werden können, insoweit das als versichert bezeichnete Interesse bei Abschluß der Police bereits durch eine frühere Versicherung gedeckt war. Kläger haben, wie aus dem Tatbestande hervorgeht, als das durch die Versicherung gedeckte Interesse die angeblich von ihnen der Reederei in Höhe von 8889,58 Μ geleisteten Vorschüsse bezeichnet. Prinzipaliter wollen sie die Versicherung auf die Vorschußforderung „nach ihrer p a s s i v e n Seite" beziehen. Eventuell soll die Versicherung für die ihnen gegen die Reederei zustehende Forderung als Aktivum Geltung haben. Sie haben ferner, um dem Einwände der Doppelver-
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Seeversicherung
Sicherung zu begegnen, der daraus h e r g e n o m m e n ist, daß im v o r l i e g e n den Falle das K a s k o der M e n a bereits v o r A b s d i l u ß der P o l i c e zu v o l l versichert war, darauf hingewiesen, daß durch die in R e d e Versicherung
entweder
Fracht
oder
Ausrüstungskosten
stehende
usw.,
genau
e n t w e d e r das Frachtinteresse oder das anderweite Interesse an b e h a l t e n e r A n k u n f t , bestehend in V o r s d i u ß g e l d e m , welche Kläger für A u s r ü s t u n g , Versicherung usw. des Sdiiffes g e g e b e n , gededct w o r d e n seien. A u f die im T a t b e s t a n d e m i t g e t e i l t e richterliche Aufforderung i s t v o n i h n e n die Erklärung abgegeben worden, daß ein T e i l der g e w ä h r t e n
Vorsdiüsse
auf Ausrüstungskosten verwendet w o r d e n sei, daß sie indes nicht imstande seien, anzugeben, wie h o d i sich dieselben belaufen. V o n diesen A n g a b e n bedarf die einer Versicherung der den K l ä g e r n zustehenden Vorschuß f ο r d e r u η g k e i n e r weiteren Erörterung.
Die
G r ü n d e , aus denen der Berufungsrichter in dem Zwischenurteile
den
auf dieses Interesse gestützten Anspruch vorliegenden Falles für u n s t a t t h a f t erachtet
h a t , sind zutreffend;
auch sind in dieser
Hinsicht
Revisionsangriffe nicht e r h o b e n . Dagegen kann
die dem
Zwischenurteile
vom
1 3 . Juni
1889
zu
G r u n d e liegende Rechtsauffassung, daß die durch die angeblichen V o r schüsse begründete S c h u l d der R e e d e r e i sich nicht als ein versicherbares Interesse der letzteren darstellte, v i e l m e h r v o n diesem S t a n d p u n k t e aus die fragliche Versicherung
als W e t t a s s e k u r a n z
erscheinen
würde,
nicht gebilligt werden. Das Reichsgericht schließt sich in bezug auf die Zulässigkeit welchem
das
einer in
derartigen den
Versicherung
Vorinstanzen
den
mehrfach
Reichsoberhandelsgerichtes v o m 2 4 . O k o b e r
Erwägungen
angeführte
an,
auf
Urteil
des
1874,
vgl. Entsch. des R O H G . s Bd. 15 N r . 4 0 S. 1 1 7 flg., beruht.
M i t Bezug auf die Sachlage des gegenwärtig zu entsdieidenden
Falles ist hervorzuheben, daß — wie auch in dem U r t e i l e des Reichsoberhandelsgerichtes
angedeutet wird — die Versicherung
von
Vor-
s d i u ß g e l d e m namens der Reederei allerdings nicht schrankenlos zulässig ist, sondern nur dann, wenn die V o r s c h ü s s e in Beziehung auf die v e r sicherte R e i s e und zur Deckung v o n im regelmäßigen erforderlichen
Ausgaben
gewährt
sind,
Gesdiäftsgange
daß ferner der Einwand
der
Doppelversicherung begründet ist, w e n n zur Z e i t der Versicherung der V o r s c h u ß g e l d e r die Aufwendungen, zu deren Bestreitung die Vorschüsse gegeben Mit
sind, bereits anderweit
dieser Einschränkung
u n t e r Versicherung
aber ist d i e Versicherung
gebracht von
waren.
Vorschuß-
f o r d e r u n g e n nach ihrer passiven S e i t e für s t a t t h a f t zu erachten.
Eine
W e t t a s s e k u r a n z k a n n in einer solchen Versicherung schon deswegen nicht
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Seeversicherung
gefunden werden, weil es sich hierbei in der Hauptsache immer um die Dedcung von Auslagen handelt, für die zufolge § 19 der Allgem. Seeversicherungsbedingungen (Art. 8 0 0 H G B . ) audi direkt Versicherung namens der Reederei genommen werden kann. Aus Vorstehendem ergibt sich, daß seitens der Kläger der V e r pflichtung zur B e z e i c h n u n g des versicherten Interesses Genüge geschehen ist, indem dieselben die von ihnen der Reederei geleisteten Vorschüsse als im Namen der Reederei unter Versicherung gebracht bezeichnet und angegeben haben, daß die Vorschüsse für Ausrüstungsk o s t e n , Heuer, Versicherungsgelder usw., das heißt zur Deckung ähnlicher für die Versicherungsreise im regelmäßigen Geschäftsbetriebe erforderlicher Auslagen, gewährt worden sind. Wollten die Beklagten diesen Erklärungen gegenüber ihre Verpflichtung zur Zahlung der V e r sicherungssumme bestreiten, so liegt ihnen nach Inhalt der Police der Beweis ob, daß die gegnerisdierseits behaupteten Vorschüsse nicht oder nicht zu den angegebenen Zwedcen gegeben worden sind. Spezielle Angaben über Höhe und Art der einzelnen Aufwendungen braudien die Kläger zur Begründung ihres Anspruches nicht zu machen. Der übrigens auch v o m Berufungsrichter zurückgewiesene Einwand der Doppelversicherung ist nicht substanziiert, da, wie richtig ausgeführt wird, die Versicherung auf behaltene A n k u n f t nur in Ermangelung eines Fraditinteresses validiert, auch nicht behauptet ist, daß das hier in R e d e stehende Interesse bei der früher abgeschlossenen Kaskoversicherung durch besondere Vereinbarung mit versichert war ( § 1 9 der Allgem. Seeversicherungsbedingungen, Art. 8 0 0 HGB.). Der Revision war hiernach stattzugeben. Zur Entscheidung ist die Sache nodi nicht reif " . . . RGZ. 31,
131.
Tritt die Versicherungsbedingung in einer Seeversicherung: „die Gefahr der Selbstentzündung oder deren Folgen sind inkludiert" audi dann in Kraft, wenn durch Maßregeln zur Abwendung der bereits drohenden Selbstentzündung die Ladung beschädigt worden ist? 1. Z i v i l s e n a t . I. L a n d g e r i c h t H a m b u r g . —
Urt. v. 28. Juni
1893.
II. O b e r l a n d e s g e r i c h t
daselbst.
Die Kläger haben bei den Beklagten auf Grund der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1 8 6 7 für Gaskohlen, welche mit dem Segelschiffe „ O l g a " von Newcastle on T y n e nach Guayaquil geführt werden sollen, mit der Klausel: „Die Gefahr der Selbstentzündung oder
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Seeversidierung
deren Folgen sind inkludiert" Seeversicherung genommen. Das Schiff erlitt auf der Reise schwere Stürme, die Kohlen wurden durchnäßt, und das Schiff lief wegen der Gefahr, daß sich die Kohlen entzündeten, einen Nothafen an. Dort sind die Kohlen nach Untersuchung durch Sachverständige gelöscht und verkauft worden, weil die Wiedereinschiffung und der Transport in heißem Klima wegen der drohenden Gefahr der Entzündung nicht ratsam war. Die Kläger haben Zahlung der Versicherungssumme verlangt. Der erste Richter hat den Anspruch abgewiesen, der zweite Richter ihn (unter Vorbehalt der Entscheidung über den Abzug des Erlöses für die Kohlen) zugesprochen. Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Betreffs der Auslegung der Klausel „Die Gefahr der Selbstentzündung oder deren Folgen sind inkludiert" und der Beurteilung der hier in Betracht kommenden Tatsachen ist dem Berufungsgerichte vollkommen beizupflichten. Es wird nicht verkannt, daß dem Wortlaute nach die Klausel so verstanden werden könne, daß nur die Folgen der wirklich eingetretenen Selbstentzündung dem Versicherer zur Last gelegt werden sollen; allein in richtiger Anwendung des Art. 278 HGB. werden Sinn und Zweck der von Treue und Glauben beherrschten Versicherungsverträge im allgemeinen und Sinn und Zweck des vorliegenden Versicherungsvertrages im besonderen geprüft. Auf Grund der unter Zuziehung des Vertreters der Versicherer vorgenommenen Untersuchung und Begutachtung der Kohlen wird einwandsfrei als bewiesen angenommen, daß die mit kochsalzhaltigem Wasser durchfeuchteten Kohlen nicht nadi einem heißen Klima weiterverschifft werden durften, daß vielmehr, zumal bei der Besichtigung ein deutlicher Geruch von Steinkohlengas im Schiffsräume wahrnehmbar war, nach menschlichem Ermessen schon beim gewöhnlichen Verlaufe der Reise eine Selbstentzündung der Kohlen und damit eine Vernichtung derselben als s i c h e r zu erwarten war. Aus dieser Sachlage wird gefolgert, daß die mit Zustimmung der Beklagten erfolgte Unterlassung der Weiterbeförderung der Kohlen und deren Konsequenz, der Verkauf derselben, im Vertragsverhältnisse der Parteien zu einander nicht im pekuniären Interesse der Kläger, welche bei dem zu erwartenden Untergange der Ladung durch die Versicherung gedeckt gewesen wären, sondern im alleinigen Interesse der Versicherer gelegen habe; daß im Verhältnisse der Parteien demnach die Niditbeförderung und der Verkauf der Kohlen sich als eine Maßregel darstellen, welche, n a c h d e m b e r e i t s e i n S e e u n f a l l v o r l a g , der in seiner Folge nach mensch-
Seeversicherung
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lidier Voraussicht zur Selbstentzündung führen m u f i t e , zu dem Zwecke getroffen wurde, den bei versicherungsmäßiger Fortsetzung der Reise als sicher zu erwartenden Fall der Selbstentzündung und damit den für den Versicherer nach der Police voraussichtlich sich ergebenden Fall des Totalverlustes zu dessen Gunsten zu vermeiden. Nach dieser richtigen Sdtlußfolgerung wären, auch wenn die Unterlassung der Weiterbeförderung der Kohle und der Verkauf nidit mit Zustimmung des Vertreters der Beklagten erfolgt wären, die Voraussetzungen der nützlichen Geschäftsführung festgestellt. Audi im Hinblick auf die Art. 823, 825 Ziff. 4 H G B . ( § § 6 6 , 70 Ziff. 4 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen) ist die Entscheidung gerechtfertigt; denn wenn nach Fortsetzung der Reise durch Selbstentzündung der Kohlen ein Totalverlust eingetreten wäre, würden die Beklagten gegen den Anspruch auf die Versicherungssumme eingewendet haben, daß der Versicherte sich schuldhaft der ihm bekannten Gefahr ausgesetzt und den größeren Schaden selbst herbeigeführt habe. Der von den Revisionsklägern erhobene Einwand, die Ansicht des Berufungsgerichts führe zu der Konsequenz, daß der Reeder, welcher sein Schiff nur gegen Totalverlust habe versichern lassen, alle kleinen und großen durch Havarie verursachten Sdiäden reklamieren könne, weil er damit den sonst dohenden Totalverlust vermeide, also im Interesse des Versicherers gehandelt habe, ist nicht stichhaltig. Das Entscheidende im gegebenen Falle besteht darin, daß bereits ein Seeunfall vorlag, der nach menschlicher Voraussicht zur Selbstentzündung und zum Totalverluste führen mußte, welche Folge nur durch die von den Versicherten im Einverständnisse mit den Versicherern getroffenen Maßregeln abgewendet worden ist. Es handelt sich also nicht um eine Aufwendung zur Verhütung von Schäden, welche unter allen Umständen dem Versicherten obliegt. Audi der bezüglich der Berechnung des Schadens erhobene Angriff ist nicht begründet. Es wird nämlich behauptet, daß nicht der Wert der unversehrten Kohlen h ä t t e zu Grunde gelegt werden dürfen, daß vielmehr, da die Beklagten für die Beschädigung der Kohle durch Nässe nicht aufzukommen hatten, der zur Zeit des Verkaufes bereits vorhandene Minderwert infolge der Verschlechterung der Kohle hätte in Abzug gebracht werden müssen. Die Verurteilung zum Ersätze des ursprünglichen Wertes der Kohle (abzüglich des Erlöses aus der Versteigerung) ist aber die notwendige Folge der Entscheidung der Hauptfrage. Die Beklagten werden nämlich deshalb zur Bezahlung der Versicherungssumme für verpflichtet erklärt, weil bei Weiterbeförderung
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Seeversicherung
der durdinäßten Kohle ein Totalverlust entstanden wäre, der nicht die Kläger, sondern die Beklagten zu tragen hatten, der also durch den Verkauf der Kohlen von den Beklagten abgewendet worden ist. Von diesem Standpunkte aus kann die Verschlechterung der Kohle nicht als besonderer Schadensfall in Betracht kommen, sondern der Verkauf der durch die beginnende oder doch schon drohende Selbstentzündung verdorbenen Kohle muß dem Falle der Selbstentzündung gleichgestellt werden. Die Vermögenslage der Klägerin muß vollständig die gleiche wie im Falle der Weiterbeförderung der beschädigten Kohle und nachher erfolgten gänzlichen Vernichtung derselben sein." RGZ. 32, 4. 1. Steht audi dem Reeder eines Schiffes, durch dessen Hilfe ein in Seenot geratenes anderes Schiff desselben Reeders gerettet ist, ein Anspruch auf Hilfslohn zu? 2. Kann der Reeder des geretteten Schiffes für den ihm als Reeder des rettenden Schiffes gebührenden Hilfslohn von dem Versicherer des geretteten Schiffes Ersatz verlangen? Allgemeine Seeversicherungsbedingungen von 1867 §§ 66, 84 flg., 88. KO. §§ 40, 41. 1. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 6. Juli 1892.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Schififahrtsrecht 1". RGZ. 33, 67. 1. Ist der sog. indirekte Kollisionsschaden, welchen der Reeder dadurch erleidet, daß er seinerseits den einem Dritten zugefügten Schaden zu ersetzen hat, ausschließlich von dem Versicherer des Kasko zu ersetzen, oder haftet dieser nur pro rata unter Mitberiidcsichtigung der Fracht? 2. Wird hieran etwas durch den Umstand geändert, daß die Fracht definitiv vorausbezahlt ist und auch im Falle des Verlustes von den Befrachtern nicht zurückgefordert werden kann, oder durch den Umstand, daß der Reeder auf die Fracht keine Versicherung genommen hatte? Inwiefern bleibt definitiv vorausbezahlte Fracht ein versicherbares Interesse? 3. Ist die Ersatzpflicht bezüglich des indirekten Kollisionsschadens auf die Versicherer von Schiff und Fracht nach Art. 451, 452 HGB. zu verteilen oder nach Verhältnis des Wertes von Schiff und Fracht?
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4. Ist dabei der Wert des Schiffes beim Antritt der Reise oder nach dem Eintritt der Kollision und die Brutto- oder die Nettofracht maßgebend? Allgemeine Seeversicherungsbedingungen § 69 Ziff. 7. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 23. September 1893.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Sdiiffahrtsredit 1 " . RGZ. 35, 113. Haftet der Versicherer des Schiffes dem Reeder audi für denjenigen Schaden, welcher diesem daraus erwächst, daß er einem Dritten einen Schaden zu ersetzen hat, der nicht durch den Zusammenstoß des versicherten Schiffes mit einem anderen Schiffe, sondern in anderer Weise (ζ. B. durch Ansegelung eines Piers oder einer Hafenmauer) entstanden ist? HGB. Art. 824 Ziff. 1 Abs. 2. Bremer Seeversidierungsbedingungen von 1875 § 1. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 8. Mai 1895. I. Landgericht B r e m e n . —
II. O b e r l a n d e s g e r i c h t
Hamburg.
Kläger beansprucht von den beiden Beklagten auf Grund eines mit denselben abgeschlossenen Versicherungsvertrages Schadensersatz nebst Zinsen seit dem Tage der Klage. Das Landgeridit hat die Klage abgewiesen und das Oberlandesgericht die vom Kläger eingelegte Berufung kostenpflichtig verworfen. Die vom Kläger eingelegte Revision ist zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Der Kläger, welcher Reeder des Schiffes „Christine" ist, hatte dasselbe auf Grund der Bremisdien Seeversidierungsbedingungen von 1875 für eine Reise von Dünkirdien nach New York oder Philadelphia und weiter bei verschiedenen Assekuradeurs, unter anderen auch bei den beklagten Gesellschaften, versichert. Schon im Beginn der Ausreise geriet das Schiff unter Lotsenkommando der englischen Küste bei Dover zu nahe und kollidierte, bevor der ausgeworfene Anker das Schiff halten konnte, mit dem Promenadenpier von Dover, wodurch es diesen besdiädigte und auch selbst Beschädigungen erlitt. Nach einer hierüber aufgemachten Dispache beträgt der auf die Beklagten entfallende Anteil des Gesamtschadens bzw. 976,22 Μ und 650,82 M. In diesem Gesamt5*
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Seeversicherung
schaden ist aber a u d i derjenige Betrag e n t h a l t e n , d e n der Kläger der betreffenden Behörde, welche ihn dieserhalb in Anspruch g e n o m m e n h a t , f ü r die Beschädigung des Piers h a t ersetzen müssen, und der Kläger gesteht zu, daß er, w e n n die Beklagten n i d i t verpflichtet seien, ihm d i e s e n zu ersetzen, wegen der vertragsmäßigen Frandiise v o n 3 Prozent, vgl. § 10 der gedachten Versicherungsbedingungen, ü b e r h a u p t k e i n e n Anspruch auf Schadensvergütung gegen die Beklagten haben w ü r d e , da d a n n der Schade w e n i g e r als 3 P r o z e n t betrage. Die Beklagten haben den e r h o b e n e n Anspruch als b e g r ü n d e t a n e r k a n n t , w e n n die v o m Kläger g e n o m m e n e Versicherung s i e a u c h zum Ersätze des v o m Kläger als Ersatz f ü r die Beschädigung des Piers gezahlten Betrages verpflichte. Sie h a b e n dies aber b e s t r i t t e n , u n d die Entscheidung der Sache h ä n g t daher lediglich v o n der B e a n t w o r t u n g dieser Rechtsfrage ab. Beide V o r i n s t a n z e n haben diese Frage v e r n e i n t , u n d hierin k a n n ihnen n u r b e i g e t r e t e n werden. W i e in den v o m Berufungsgerichte mit Recht als durdiaus zutreffend in Bezug g e n o m m e n e n G r ü n d e n des Landgerichtes a u s g e f ü h r t ist, findet die e n t g e g e n s t e h e n d e Ansicht des Klägers zunächst in den Bremischen Versicherungsbedingungen keine Stütze. Der aus den älteren Bedingungen von 18 54 wörtlich h e r ü b e r g e n o m m e n e § 1 der Bedingungen v o n 1 875, nach welchem der Versicherer alle Gefahren ü b e r n i m m t , denen der v e r s i c h e r t e G e g e n s t a n d auf der versicherten Reise ausgesetzt ist, und welcher daher im wesentlichen mit dem ersten A b sätze des Art. 824 HGB. ü b e r e i n s t i m m t , während die speziellen Bestimmungen des zweiten Absatzes dieses Artikels in die Bedingungen nicht a u f g e n o m m e n sind, erregt vielmehr u m g e k e h r t das Bedenken, o b nicht die A n w e n d u n g dieser Bestimmungen, soweit sie nicht eine logische Konsequenz des im ersten Absätze aufgestellten Prinzipes e n t h a l t e n , sondern — wie es bei der, zum Ersätze a u d i des m i t t e l b a r e n Schadens den Versicherer verpflichtenden Ziff. 7 der Falle ist — d a r ü b e r h i n a u s g e h e n , bei einer nach B r e m i s c h e n Bedingungen geschlossenen Versicherung als v e r t r a g s m ä ß i g ausgeschloss e n anzusehen ist. Anlangend gegangen, daß Seeversicherung h a f t e t , der d e m Gegenstand
sodann das Gesetz selbst ist ganz richtig d a v o n auswie bei jeder a n d e r e n Versicherung so audi bei der der Versicherer an u n d für sich nur f ü r den Schaden Versicherten dadurch e n t s t e h t , daß der v e r s i c h e r t e eine W e r t v e r m i n d e r u n g erleidet oder verloren geht
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(für den u n m i t t e l b a r e n Schaden), nicht aber für den dem Versicherten daraus entstehenden Schaden, daß der versicherte Gegenstand seinerseits Schaden s t i f t e t , welchen zu ersetzen der Versicherte verpflichtet ist ( m i t t e l b a r e n Schaden). Für die Seeversicherung ist dies Prinzip auch ausdrücklich anerkannt durch die in Art. 825 HGB. unter Ziff. 1 Abs. 2 enthaltene Bestimmung, nach welcher dem Versicherer der Schade n i c h t zur Last fällt, welcher (außer dem Falle des Zusammenstoßes von Schiffen) daraus entsteht, daß der Reeder für den durch eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten zugefügten Schaden haften muß. Hiernach erscheint es als eine A u s n a h m e v o n d e r R e g e l , wenn das Handelsgesetzbuch in Art. 824 Abs. 2 unter Ziff. 7 den Versicherer b e i d e m Z u s a m m e n s t o ß v o n S c h i f f e n nicht nur für den unmittelbaren, sondern auch für den mittelbaren Sdiaden haften läßt, d. h. für den Schaden, welchen der Versicherte dadurch erleidet, daß er den einem Dritten zugefügten Schaden zu ersetzen hat. Eine erweiternde Interpretation dieser Bestimmung dahin, daß unter dieselbe auch der Zusammenstoß des Schiffes mit einem a n d e r e n Gegenstande als einem Schiffe falle, würde sich gegenüber dem klaren Wortlaute des Gesetzes jedenfalls nur dann rechtfertigen lassen, wenn ein dahingehender Wille des Gesetzgebers sich ganz unzweideutig und zwingend ermitteln ließe. Dies ist aber keineswegs der Fall. Vielmehr ist von den Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, daß die Entstehungsgeschichte des Art. 824 Ziff. 7 HGB., auf welche der Kläger sich beruft, g e r a d e d a s G e g e n t e i l ergibt. Denn schon in erster Lesung entschied die Kommission sich dafür, daß — vorbehaltlich einer Schadensstiftung durch das Schiff selbst, namentlich durch Ansegelung — der Versicherer zwar für die durch Verschulden des Schiffers oder Schiffsvolkes entstandenen Schäden a n d e r v e r s i c h e r t e n S a c h e einzustehen habe, nicht aber audi für Nachteile, welche der Reeder nur dadurch erleidet, daß er einem D r i t t e n für ein Verschulden dieser Personen h a f t e t . Sodann beschloß man zwar nicht nur, daß im Falle einer Sdiiffskollision der Versicherer auch bei N i c h t beschädigung des v e r s i c h e r t e n Schiffes ohne Unterschied zwischen Verschulden und Zufall (im Hinblicke auf die desfallsigen Bestimmungen fremder Rechte) für den Sdiaden des a n d e r e n Schiffes i n s o w e i t aufzukommen habe, als derselbe bei der Repartition des Schadens dem v e r s i c h e r t e n Schiffe zur Last gebracht sei, sondern daß bei der Gleichheit der Gründe dies auch für alle a n d e r e n F ä l l e gelten solle, in denen d u r c h d a s S c h i f f ein Schade gestiftet werde, für welchen der versicherte Reeder aufzukommen habe.
70
Seeversicherung
Vgl. Protokolle S. 3224, 3225 und Art. 714 des Entwurfes 1. Lesung. In zweiter Lesung wurde hieran aber nicht festgehalten, sondern vielmehr besdilossen, a l l e ü b r i g e n Fälle der Schadensstiftung durch das Schiff zu s t r e i c h e n und n u r b e i K o l l i s i o n s f ä l l e n die Haftung des Versicherers für vom Reeder zu ersetzende Schäden d e s a n d e r e n S c h i f f e s bestehen zu lassen. Vgl. Protokolle S. 4 3 2 8 ^ 1 3 3 2 . Bei dieser Entstehungsgeschichte des Gesetzes stellt sidi die Bestimmung unter Ziff. 7 des Art. 824 HGB. als eine aus reinen Zwedcmäßigfleeitsgründen beliebte Abweichung von der Regel des Art. 825 dar, deren Erweiterung auf den Fall des Zusammenstoßes eines Sdiiffes mit a n d e r e n Gegenständen als von dem Gesetzgeber n i c h t gewollt und als u n z u l ä s s i g erscheint. Als G r u n d der Streichung des Entwurfes erster Lesung, soweit nach demselben die Ziff. 7 des Art. 824 des Gesetzes auch von dem in a n d e r e r Art durch das Schiff zugefügten Schaden, für welchen der versicherte Reeder in Gemäßheit der jetzigen Bestimmungen der Art. 451, 452 HGB. zu haften habe, gelten sollte, ist ausdrücklich angegeben, daß in diesen anderen Fällen n i c h t (wie bei der Ü b e r s e g e l u n g ) b e s o n d e r e Gründe vorlägen, eine A u s n a h m e von der Regel zu machen, daß der Versicherer nicht für den Schaden einzustehen habe, welcher daraus entsteht, daß der Reeder für einen Anspruch mit Schiff und Fracht haftet. Diese, die Bestimmung unter Ziff. 7 des Art. 824 HGB. ganz klar auf den Fall einer Kollision m e h r e r e r S c h i f f e beschränkende Motivierung verliert durch die in der vorhergehenden Beratung von einem einzelnen Mitgliede der Kommission geltend gemachten Erwägungen nichts von ihrer Bedeutung. O b also die Erwägung, daß es rätlich erscheine, zur Vermeidung des Übelstandes, daß bei dem durch den Z u s a m m e n s t o ß z w e i e r S c h i f f e entstandenen Schaden eine Ausnahme von dem Grundsatze in betreff des Umfanges gemacht werde, in welchem der Versicherer die Gefahr des Verschuldens des Schiffers zu tragen habe, die Haftung des Versicherers hier vielmehr auf den Umstand zu stützen, daß der Zusammenstoß — m i t o d e r o h n e Sdiuld — doch immer ein S e e U n g l ü c k sei, dessen Folgen der Versicherer unter allen Umständen im weitesten Umfange zu tragen habe, und die e l e m e n t a r e Seite des Ereignisses als die maßgebende zu betrachten, nicht auch bei dem Zusammenstoße des Schiffes mit einem a n d e r e n Gegenstande als einem Schiffe, ζ. B. mit einem Hafendamme, einer Schleuse, einem Pier usw., zutreffen würde, kann dahingestellt bleiben, da die Kommission diese Konsequenz offenbar n i c h t gezogen hat und nicht hat ziehen
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w o l l e n , wenn sie annahm, daß n u r b e i d e r Ü b e r s e g e l u n g besondere Gründe für die Statuierung einer Ausnahme von der Regel vorlägen, und deshalb die in erster Lesung beschlossene w e i t e r e Ausnahme in betreff des in a n d e r e r Art durch das Schiff zugefügten Sdiadens, für welchen der versicherte Reeder zu haften habe, s t r i c h . Aus demselben Grunde kann audi nicht in Betracht kommen, ob die zur Unterstützung der gegen den gestrichenen Satz angeführten bedenklichen Zweifelhaftigkeit der Frage, ob im einzelnen Falle ein angerichteter Schade als durch das S c h i f f oder durch V e r s c h u l d e n des Schiffers und der Mannschaft verursacht zu betrachten sei, aufgestellten Beispiel gerade auf den Fall des Zusammenstoßes des Schiffes mit einem Pier usw. passen. Denn die „Gleichheit der Gründe", welche ausweise S. 3224, 3225 der Protokolle die Kommission in erster Linie bestimmt hatte, die erweiterte Haftung des Versicherers für den dem Reeder aus einer Kollision mit einem anderen Schiffe m i t t e l b a r erwachsenen Schaden auf alle diejenigen Fälle auszudehnen, in welchem mit dem Schiffe selbst ein Schade gestiftet sei, für den der Reeder mit Schiff und Fracht hafte, ist in zweiter Lesung, und zwar o h n e alle weitereu U n t e r s c h e i d u n g e n , ersichtlich v e r n e i n t worden. Es kann hiernach, vgl. auch V o i g t , Deutsches Seeversicherungsrecht S. 429—432, nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß die für den Fall des Zusammenstoßes von Schiffen in Art. 824 Ziff. 7 HGB. getroffene Bestimmung die a l l e i n i g e , keiner erweiternden Auslegung fähige A u s n a h m e von der in Art. 825 aufgestellten R e g e l bildet, nach welcher der Versicherer für Schäden n i c h t einzustehen hat, die dem versicherten Reeder dadurch erwadisen, daß er seinerseits für den durch eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten zugefügten Schaden haften muß. Wenn die Revision aus dem Umstände, daß in Art. 825 HGB. auf die Art. 451, 452 verwiesen ist, den Einwand entnimmt, daß der Reeder hiernach nur für den einem Dritten durch ein V e r s c h u l d e n der Schiffsbesatzung in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen zugefügten Schaden hafte, daß aber ein solches Verschulden im v o r l i e g e n d e n Falle gar nicht festgestellt sei, so erscheint dies als unzutreffend. Denn die Annahme der Revision, daß die hier fragliche Bestimmung des Art. 825 HGB. notwendig das Vorliegen eines solchen Verschuldens v o r a u s s e t z e , ist nicht zu billigen. Das Zitat der Art. 451, 452 hat vielmehr ersichtlich nur den Zweck, zu veranschaulichen, in welcher Weise und in welchem Umfange eine Haftung des Reeders auf Schadensersatz einem Dritten gegenüber nach deutschem
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Rechte audi a u ß e r dem Falle eines Zusammenstoßes entstehen kann, und die Bestimmung des Art. 825 selbst ist ihrer ratio zufolge ebensowohl auf d e n Fall anwendbar, wenn der Reeder — etwa infolge einer Entscheidung ausländischer Gerichte — in die Lage kommt, einem Dritten o h n e ein Verschulden der Schiffsbesatzung für einen durch das Schiff verursachten Schaden ersatzpflichtig zu werden." R C Z . 36,
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Seeversicherung. Wettassekuranz. Fällt bei Versicherung auf die behalten« Ankunft eines bestimmten Schiffes am Ladeplatze das versicherte Interesse fort, wenn es dem Versicherten gelungen ist, an demselben Ladeplatze auf einem anderen Schiffe abzuladen? I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 11.Januar
1896.
I. Landgericht Hamburg. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Klägerin hat bei der Beklagten Versicherung genommen „auf die zu verdienende Kommission und/oder imaginären Gewinn und/oder sonstiges Interesse der in Brundswick, Savannah und/oder einem anderen Hafen der Ostküste Nordamerikas einzunehmenden Ladung Phosphat, validierend auf die behaltene Ankunft des Schiffes am Ladeplatze, taxiert zu 10 0 0 0 Μ als Versicherungswert, geltend auf Basis gegenseitiger Übereinkunft ohne weiteren Beweis, im Dampfschiff H. . . . von Sidney (Neu-Sdiottland) mit Kohlen noch Montreal und weiter nadi der Ostküste Nordamerikas mit Kohlen oder Ballast zur Prämie von 5/e Prozent". Ausdrücklich bestimmt ist in der Police ferner, daß, falls der Dampfer infolge Seeschadens oder einer Kondemnation den Bestimmungsort nicht erreiche, die versidierte Summe als Totalschade mit 1 0 0 Prozent zu vergüten sei. Im übrigen haben sich die Parteien mit einigen hier in Betracht kommenden Abweichungen den Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867 unterworfen. Der Dampfer H. ist auf der Reise zum Ladeplatze gestrandet und von den Reedern und Kaskoversicherern abandonniert worden. Nach Erhebung der Klage auf Zahlung der Versicherungssumme hat die Klägerin als ihr Versicherungsinteresse angegeben, daß sie in Florida eine größere Q u a n t i t ä t Phospat gekauft, daß sie die Ware am 16. Mai 1 8 9 4 mit der Bedingung: „Juni/Juli Verschiffung per Dampfer" nach Europa (Rotterdam) weiter verkauft und zur Erfüllung dieser Verpflichtung mittels Charters vom 3 0 . Juni 1894 den Dampfer H. gedungen habe. V o n der Beklagten wurde eingewendet, daß die Klägerin keinen Schaden erlitten habe, da sie nicht ex H. verkauft u n d a l s b a l d n a c h E i n t r e f f e n d e r
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N a c h r i c h t von dem U n f ä l l e von d e n s e l b e n R e e d e r n d e n f ü r s i e n o c h g ü n s t i g e r e n D a m p f e r Ch. g e c h a r t e r t u n d m i t d i e s e m d e n K a u f v e r t r a g e r f ü l l t h a b e , audi bei Erfüllung des Kaufvertrages nidit 10 000 Μ verdient habe. Klägerin räumte die Charterung des Ersatzdampfers ein. Nachdem der erste Richter die Klage abgewiesen hatte, bezeichnete Klägerin als ihr Hauptinteresse die Erfüllung des Kaufvertrages und den hieraus zu erwartenden Gewinn. Eventuell machte sie geltend, daß beim Ausbleiben des H. die Entstehung von Lagerspesen und sonstigen Unkosten zu befürchten gewesen sei, sowie ferner, daß der H. 3300 Tons hätte einnehmen können, während der Ersatzdampfer nur zur Einnahme von 2 8 1 9 ' / s T o n s imstande gewesen sei, und daß der Untersdiied in der Tragfähigkeit einen Gewinnausfall von 2000 Μ für sie bedeute. Aus der Erfüllung des Kaufvertrages mit dem Ch. hat Klägerin ihrer Angabe zufolge einen Gewinn von 9000 Μ erzielt. Das Berufungsgericht hat die Beklagten nadi dem Klagantrage verurteilt. Auf die Revision ist dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden aus folgenden Gründen: „Die Policcbestimmung, daß der Betrag von 10 000 Μ „auf Basis gegenseitiger Übereinkunft ohne weiteren Beweis" als Versicherungswert gelten solle, ist vom Berufungsgerichte richtig gewürdigt. Nach ständiger, auch vom Reichsgerichte gebilligter Rechtsprechung wird der Versicherte im Falle einer Versicherung auf behaltene A n k u n f t durch diese oder ähnliche Bestimmungen nicht von der Verpflichtung befreit, das Vorhandensein eines Versicherungsinteresses darzutun. Beizutreten ist dem angefochtenen Urteile ferner darin, daß Klägerin dieser Verpflichtung bereits in erster Instanz genügt hat, indem sie als ihr Interesse an der behaltenen Ankunft des Dampfers H. am Ladeplätze die Erfüllung des Kaufvertrages vom 16. Mai 1894 bezeichnet hat. Jedenfalls ist dieser Verpflichtung in zweiter Instanz Genüge geschehen durch die Angabe der Klägerin, daß sie den aus der Erfüllung des Vertrages zu hoffenden Gewinn auf 10 000 Μ geschätzt habe. Nicht zuzustimmen ist dagegen dem Berufungsgericht in der Beurteilung des Umstandes, daß Klägerin alsbald nachdem sie von der Strandung des H. Kenntnis erhalten, einen anderen Dampfer, den Ch., gechartert und mit diesem den Kaufvertrag erfüllt hat. Das Berufungsgericht geht hierbei davon aus, daß nach allgemeinen assekuranzrechtlichen Grundsätzen wie nach dem Inhalte der vorliegenden Police
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Klägerin mit der Strandung des H. den Anspruch auf die volle Versicherungssumme erworben hatte, und daß sie dieses Anspruches durch die Charterung des Ersatzdampfers nidit verlustig gegangen sei. Das naditräglidie Engagement des Ersatzdampfers ist nach der Ansicht des Berufungsgerichtes ein selbständiger Vorgang, auf den sidi die Versicherer nidit berufen können. Daß infolge dieses Umstandes Klägerin ohne Schaden fortgekommen sei und sich schließlich besser stehe, als wenn der Schade überhaupt nicht eingetreten wäre, ändere an der rechtlichen Beurteilung nichts; denn, wie auch vom Reichsgerichte, vgl. Urt. vom 4. März 1892 i. S. F. w. Oberrheinische Versicherungsgesellschaft Rep. I. 430/92 in Hanseatischer Handelsgerichtszeitung 1893 S. 15, 16, anerkannt sei, bestehe ein ausnahmsloser Rechtssatz, daß ein Unfall in seinen tatsächlichen Konsequenzen nicht zu einem Glücksfalle für den Versicherten umschlagen dürfe, für die Seeversicherung nicht. Eine Versicherung, wie die hier in Frage stehende, auf die behaltene Ankunft eines Schiffes am Ladeplatze, werde nur für solche geschlossen, an denen regelmäßig nicht auf Schiffsgelegenheit zu rechnen sei; und auch für die Klägerin habe es sich um die Gefahr gehandelt, überhaupt nicht rechtzeitig verladen zu können, nicht etwa um das Risiko, eventuell eine etwas höhere Fracht zahlen zu müssen. Diese Ausführungen werden der eigentümlichen Beschaffenheit des vorliegenden Falles nidit gerecht. Die Annahme, daß das angezeigte Hauptinteresse der Klägerin darin bestanden habe, rechtzeitig verladen zu können, ist unzweifelhaft zutreffend. Gerade hieraus aber ergibt sidi, daß die Auffassung des Berufungsgerichtes nicht berechtigt ist. Denn das Interesse, weldies Klägerin an der rechtzeitigen, d. h. an einer dem Kaufvertrage vom 16. Mai 1894 entsprechenden Verladung hatte, ist ihr nicht entgangen, da es ihr gelungen ist, einen Ersatzdampfer zu erlangen und mit diesem die beabsichtigte Verladung auszuführen. A u c h für d i e S e e v e r s i c h e r u n g a b e r i s t an dem G r u n d s a t z e f e s t z u h a l t e n , daß ein A n s p r u c h auf die V e r s i c h e r u n g s s u m m e nur z u s t e h t , wenn und i n s o w e i t d u r c h den U n f a l l das v e r s i c h e r t e I n t e r e s s e v e r l o r e n i s t. Mit diesem Grundsatze steht auch das vom Berufungsgerichte angezogene reichsgerichtliche Urteil nicht im Widerspruch. In dem damals entschiedenen Falle war Ware a u s e i n e m b e s t i m m t e n S c h i f f e verkauft unter der Bedingung Should vessel be lost, contract to be void, und es war auf die behaltene Ankunft der Ladung mit diesem Schiffe Versicherung genommen. Hier knüpfte sich also das
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Interesse des Versicherten an das Eintreffen der Ware m i t d e m i m K a u f v e r t r a g e b e z e i c h n e t e n S c h i f f e . Wenn das Reichsgeridit in diesem Falle die Kondemnation des Schiffes als einen Totalschaden betrachtet und dem Versicherten die volle Versicherungssumme zugesprochen hat, obwohl nach der Behauptung der Beklagten die Ladung von anderen Schiffen übernommen und am Bestimmungsorte zu einem höheren als dem ursprünglichen Verkaufspreise veräußert war, so lag dieser Entscheidung die Erwägung zu Grunde, daß mit dem Verluste des Schiffes d i e E r f ü l l u n g d e s K a u f v e r t r a g e s u n m ö g l i c h g e w o r d e n s e i , und daß die anderweite Verwertung der Ware auf einer selbständigen Spekulation beruhe, die mit dem versicherten Interesse nichts zu tun habe. In dem gegenwärtig zu entscheidenden Falle liegt die Sache ganz anders. Die Klägerin hatte, insoweit es sich um die Erfüllung des Kaufvertrages handelt, kein Interesse daran, daß die Ware gerade mit dem H. in Rotterdam eintreffe. Das Interesse aber, welches sie an der rechtzeitigen Verladung überhaupt hatte, ist durch das Engagement des Ersatzdampfers gewahrt worden. Es ist hiernach unzulässig, dieses Engagement als ein neues von dem versicherten Interesse verschiedenes Unternehmen zu betrachten; denn dasselbe hatte ebenso die Charterung des H. den Zwedc, die Erfüllung des Kaufvertrages herbeizuführen und der Klägerin den hieraus erhofften Gewinn zu verschaffen. Ob es der Klägerin durch einen außerordentlichen Glücksfall oder vermöge besonderer Diligenz gelungen ist, eine andere Schiffsgelegenheit auszumitteln, ist unerheblich; entscheidend ist, daß sie dasjenige Interesse, weldies sie durch die Versicherung dedcen wollte, nicht eingebüßt hat. Vorstehenden Erwägungen gegenüber ist audi kein Gewicht darauf zu legen, daß nach dem Wortlaute der Police die versicherte Summe als Totalschade zu vergüten ist, falls das Schiff infolge eines Seesdiadens oder einer Kondemnation den Bestimmungsort nicht erreicht. Wäre diese Klausel"dahin zu verstehen, daß die Klägerin einen Anspruch auf die Versicherungssumme auch dann haben solle, wenn sie eine Einbuße am versicherten Interesse nicht erleiden würde, so würde dieselbe unwirksam sein; denn die Versicherung würde hierdurch den Charakter einer Wettassekuranz erhalten. Es ist aber audi nicht anzunehmen, daß die Parteien eine derartige unstatthafte Vereinbarung treffen und den Versicherern den Nachweis abschneiden wollten, daß trotz des Nichteintreffens des H. die Klägerin einen Schaden nidit erlitten habe. Der Klaganspruch ist hiernach hinfällig, insoweit er auf das Interesse der Klägerin an einer r e c h t z e i t i g e n Verladung gestützt
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ist. Es bleiben aber noch die eventuell geltend gemachten Interessen zu erörtern, die sich für die Klägerin an die Ankunft des versicherten Dampfers knüpften. Dahin gehören insbesondere die der Klägerin durch das Niditeintreffen desselben erwachsenen größeren Unkosten, ferner der Mehrgewinn, den Klägerin angeblich infolge der größeren Tragfähigkeit des H. hätte erzielen k ö n n e n . " . . .
RGZ. 44, 19. Muß, wenn die versicherten Güter Seebeschädigung erlitten haben, der Zollnachlaß, der im Bestimmungshafen wegen der Beschädigung gewährt worden ist, zu Gunsten des Versicherers in die Schadensrechnung eingestellt werden? HGB. Art. 803, 879. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 7 . J u n i
1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. —
1899.
II. Oberlandesgericht
daselbst.
Die Klägerin nahm 1896 bei den verklagten Gesellschaften Versicherung auf zwei Kisten Seidenwaren, taxiert zu 30 6 0 0 Μ incl. imaginären Gewinnes, gleichviel wie hoch. Die Versicherung bezog sich auf die Beförderung der Güter von Hamburg nach Pernambuco mit dem Dampfschiffe P. und wurde nach den Allgemeinen SeeversicherungsBedingungen von 1867 geschlossen. Die Güter erreichten den Bestimmungsort, aber mit Beschädigung durch Seewasser, wurden, nachdem sie verzollt worden waren, unter Beobachtung der Bestimmungen des § 133 der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen am 15. Januar 1897 öffentlich versteigert und ergaben einen Brutto-Auktionserlös von Rs. 13 : 334 9 8 0 . Der Marktwert beider Kisten im unbeschädigten Zustande wurde von den Sachverständigen incl. Zolls auf Rs. 73 : 136 0 0 0 geschätzt, wovon indes ein Diskont von 14 Prozent abgesetzt wurde, so daß ein Wert von Rs. 62 : 896 9 6 0 verblieb. Wäre die Ware gesund angekommen, so würde der brasilianische Zoll Rs. 1 2 : 0 6 6 6 0 0 betragen haben. Mit Rücksicht auf die vorhandene Seewasser-Beschädigung wurde indes von der Zollbehörde ein Nachlaß von 40°/o = Rs. 4 : 8 2 6 6 4 0 bewilligt. Die Parteien stritten darüber, ob dieser Zollnachlaß die Schadensrechnung beeinflussen müsse. Die Kläger bestritten dies, während die Beklagten beanspruchten, daß der Zollnachlaß dem Auktionserlöse zugeschlagen werde. Die in Hamburg aufgemachte Dispache, die den Standpunkt der Beklagten zugrunde legte, die Rechte der Klägerin aber vorbehielt, ergab einen Schadensbetrag von 2 2 0 8 0 M, der von den verklagten Gesellschaften bezahlt wurde.
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Die Klägerin dagegen berechnete den Schaden, dessen Ersatz sie auf G r u n d der Versicherung fordern könne, auf 24 400,20 Μ und erhob Klage auf Bezahlung des Überschusses (2320,20 M). Der erste Richter wies die Klage ab; das Berufungsgericht dagegen verurteilte die Beklagten nach dem Klagantrage. Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: . . . „Der Zweck des Assekuranzvertrages besteht bei der Güterversicherung darin, daß der Versicherte schadlos gehalten werden sol!, wenn die kaufmännische Unternehmung der Güterversendung infolge des Eintrittes einer der vom Versicherer übernommenen Gefahrstatsachen ganz oder teilweise vereitelt wird. Die kaufmännische Unternehmung geht auf die Erzielung des Wertes der vorhandenen Waren im Bestimmungsorte aus. Dieser Wert setzt sich aus drei Faktoren zusammen: 1. aus dem Werte, den die Güter bei der Abladung hatten, unter Hinzurechnung aller Kosten bis an Bord; 2. aus der Fracht und den sonstigen Unkosten, die unterwegs oder im Bestimmungshafen entstehen, insonderheit audi dem Eingangszolle, der im Bestimmungshafen von der Ware zu entrichten ist; 3. aus dem Gewinne, den der Kaufmann aus der Unternehmung zu erzielen hofft. Die Technik des Versicherungswesens hat für die Deckung dieser unterschiedlichen Wertfaktoren verschiedene Versicherungsarten ausgebildet. Die gewöhnliche Güterversicherung bezieht sich ausschließlich auf den unter 1 angegebenen Wert. Die Allgemeinen SeeversicherungsBedingungen bestimmen in § 22 Abs. 1 in Übereinstimmung mit Art. 803 Abs. 1 HGB.: „Als Versicherungswert der Güter gilt, wenn die Parteien nicht eine andere Grundlage für die Schätzung vereinbart haben, derjenige Wert, welchen die Güter am O r t e u n d z u r Z e i t d e r A b l a d u n g haben, unter Hinzurechnung aller Kosten bis an Bord einschließlich der Versicherungskosten." Soll die Fracht hinzugerechnet werden, so muß dies besonders vereinbart werden (§§ 22 Abs. 2, Art. 803 Abs. 2). Dasselbe gilt, wenn Kosten während der Reise oder am Bestimmunsorte, insonderheit auch der am Bestimmungsorte zu entrichtende Zoll, versichert werden sollen (a.a.O.). Ebenso ist nach § 2 4 Abs. I (Art. 805 Abs. l) der imaginäre Gewinn als mitversichert nur anzusehen, sofern es im Vertrage bestimmt ist.
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Hier liegt eine gewöhnliche Güterversicherung ohne besondere Klauseln oder Abmachungen im Sinne des § 22 Abs. 1 vor. Der Versicherungswert der Güter ist also der Wert im Abladungshafen. Mitversichert ist nur der imaginäre Gewinn. Beide Versicherungen sind einheitlich taxiert, ohne daß angegeben wäre, welcher Teil der Taxe auf die Güter, und weldier auf den Gewinn entfallen soll. Trotzdem kommt die Präsumtion des § 24 Abs. 2 (Art. 805 Abs. 2) nicht in Betracht, weil es in der Police heißt: „incl. imaginären Gewinnes, g l e i c h v i e l w i e h o c h". Vgl. V o i g t , Seeversicherung S. 153. Die Scheidung, was imaginärer Gewinn, und was Abladungswert ist, bedarf für den Prozeß auch keiner Erörterung, nachdem die Beklagten ihre anfängliche Absicht, die Policentaxe anzufechten, aufgegeben haben. Denn die Schadensvergütung beim imaginären Gewinn ist, wenn die Güter in beschädigtem Zustande ankommen, dieselbe, wie bei der Güterversicherung. Vgl. § 138 Abs. 2 in Verbindung mit § 133 Abs. 5 der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen, Art. 883 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 879 HGB. Mit anderen Worten: soviel Prozente der Wert der Güter selbst durch die Seebeschädigung verloren hat, ebensoviel Prozente gelten als vom imaginären Gewinn verloren. Es fragt sidi weiter, wie sich die B e r e c h n u n g d e s S c h a d e n s an den Gütern zu gestalten hat. Das Handelsgesetzbuch hat in dieser Beziehung im Art. 879 den seit langer Zeit bei den seefahrenden Nationen eingebürgerten Grundsatz kodifiziert, daß die Beschädigung durch eine Vergleichung zwisdien dem Werte, den die Waren a m B e s t i m m u n g s o r t e gehabt hätten, wenn sie dort gesund angekommen wären, und dem Werte, den sie dort tatsächlich infolge der Beschädigung hatten, ermittelt werden soll. Die Ermittelung des Gesundwertes soll nach dem Handelsgesetzbuche in Gemäßheit des Art. 612 Abs. 1 und 2 erfolgen: d . h . der Gesundwert soll auf Grund des Marktpreises oder, wenn es einen solchen nicht gibt, durch Abschätzung Sachverständiger festgestellt werden. Dagegen soll die Ermittelung des Wertes der Geschädigten Güter durch deren öffentlichen Verkauf, und nur wenn der Versicherer einwilligt, durch Abschätzung erfolgen. Den Streit der Theoretiker, ob es richtiger sei, beide Male die Nettowerte, oder die Bruttowerte einander gegenüber zu stellen, ob also die Landungskosten, die Zölle, die Verkaufskosten und ähnliche Spesen in Abzug zu bringen seien, oder nicht, hat das Handelsgesetzbuch — in Übereinstimmung mit
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dem in den Hansestädten und in England herkömmlichen Verfahren — zu Gunsten der Gegenüberstellung der B r u t t o w e r t e entschieden, dem Versicherer aber in Anwendung des in Art. S 3 8 Ziff. 4 aufgestellten Grundsatzes die Verpflichtung auferlegt, außer dem eigentlichen Schaden auch die Kosten der Besichtigung, der Abschätzung und des Verkaufes zu tragen. An dieser gesetzlichen Grundlage der Schadensermittelung haben die Allgemeinen Seeversidierungs-Bedingungen von 1867 im wesentlichen festgehalten (§133 und V o i g t , a . a . O . S. 736). Hinzugefügt sind nähere Vorschriften, wie bei der Abschätzung zu verfahren ist, und es sind audi sonst, z.B. in bezug auf die Tragung der oben erwähnten Kosten, in Einzelheiten Abweichungen vom Gesetze bestimmt, die aber die Grundlage der Schadensermittelung nidit berühren. Die Differenz zwischen dem gesdiätzten Brutto-Gesundwerte und dem Auktionserlöse bildet jedoch nidit etwa den Schaden, den der Versidierer zu vergüten hat, sondern nur einen Faktor für die Berechnung dieses Schadens. Der Schade wird nidit auf den Wert am Bestimmungsorte, sondern auf den Abladewert vergütet. Es wird aber unterstellt, daß ebensoviele Prozente auf den Versidierungs- (gleidi Ablade-)wert verloren seien, als nach dem Auktionsergebnisse auf den Brutto-Gesundwert am Bestimmungsorte verloren sind. Das Sdiätzungsund das Verseigerungsergebnis hat also für die Sdiadensermittelung nur die Bedeutung von Vergleichungszahlen. Auch dieser im Abs. 1 des Art. 879 klar ausgesprochene Grundsatz ist von den Allgemeinen Seeversidierungs-Bedingungen beibehalten. Nur für den (hier nidit vorliegenden) Fall, daß die Schätzung des Gesundwertes im Löschungshafen u n t e r dem Versicherungswerte der Güter bleibt, statuieren die Allgemeinen Seeversidierungs-Bedingungen eine (prinzipwidrige) Ausnahme zu Gunsten des Versicherers. Vgl. V o i g t , a . a . O . S. 738. Der Charakter der Schätzungssumme und des Auktionserlöses als Verhältniszahlen für die Ermittelung des Prozentsatzes der Beschädigung bedingt, daß beide Ziffern gleichartig sein müssen. Wenn ihre Differenz als Gradmesser für den Betrag der Beschädigung dienen soll, müssen beide Zahlen — von der Beschädigung abgesehen — auf der gleichen Grundlage beruhen. Auf diesem Gedanken beruht die gesetzliche Vorschrift (Art. 879 Abs. 1 HGB.), daß der B r u t t o - G e s u n d w e r t mit dem B r u t t o werte im beschädigten Zustande verglichen werden soll. Will man ein falsches Ergebnis vermeiden, so dürfen Faktoren, die den einen Wert beeinflussen, bei dem anderen nidit in Wegfall kommen. Aus
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demselben Gedanken haben die Allgemeinen Versidierungs-Bedingungen ( § 1 3 3 Abs. 5) besondere Regeln für die hier interessierende Frage der Verzollung entwickelt, indem sie hierfür eine äquivalente Behandlung vorsdireiben. Wird die Ware unverzollt verauktioniert, so soll audi der Gesundwert ohne Zoll abgeschätzt werden; wird die Ware aber — und dies wird als Regel unterstellt — nach der Verzollung versteigert, so soll audi der Gesundwert „incl. Zolls" abgesdiätzt werden, d. h. es kommt auf den Marktwert der verzollten Ware an. Im vorliegenden Falle ist der Regel gemäß verfahren: die beschädigte Ware ist verzollt worden und dann erst in Auktion gebracht, und dementsprechend ist audi der Gesundwert incl. Zolls abgesdiätzt worden. Ihre Weigerung, den durch Vergleidiung dieser beiden Beträge sidi ergebenden Prozentsatz auf die Versicherungssumme voll zu vergüten, stützen die verklagten Gesellschaften auf die Tatsache, daß die Zollbehörde in Pernambuco mit Rücksicht auf die Beschädigung der Ware einen Zollnachlaß von 4 0 Prozent gewährt hat. Die Beklagten verlangen, daß dieser Zollnadilaß dem Auktionspreise zugeschlagen oder, was auf dasselbe herauskommt, von der Taxe des Gesundwertes abgezogen werde, so daß sich die Differenz, welche für die Berechnung des auf die Versicherungssumme zu vergütenden Prozentsatzes maßgebend ist, entsprechend verringern würde. Dieses Verlangen hat aber nicht nur den positiven Inhalt der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen gegen sidi, sondern streitet auch gegen die Natur der Sache und gegen die Billigkeit. Die Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen statuieren in dem schon angeführten § 133 Abs. 5 keinen Unterschied, ob der ausländische Staat auf beschädigte Güter einen Zollrabatt gewährt, oder ob er sie mit demselben Zoll belastet, wie gesunde Güter. Der Zoll bildet überhaupt als solcher keinen Faktor in der Berechnung, weder der nominelle Zoll der gesunden Ware, noch der tatsächlich auf die beschädigte Ware entrichtete Zoll. Es ist ausschließlich das Schätzungsergebnis und Auktionsergebnis maßgebend. Mit Rücksicht auf die im großen Verkehr unentbehrliche Praktikabilität des Entschädigungsverfahrens wird vorausgesetzt, daß der Marktwert oder die Sdiätzung und die öffentliche Versteigerung — wenn sie nur unter den rechten Bedingungen erfolgen — immer den relativ besten Wertmesser abgeben werden. Diese Bedingungen bestehen aber — wenn sich die Abschätzung des Gesundwertes auf v e r z o l l t e Ware bezieht — nur darin, daß der Zoll auf die beschädigte Ware tatsächlich vor der Auktion entrichtet ist. O b die Bieter in der Auktion die stattgehabte Verzollung immer richtig
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einschätzen, läßt sich nicht feststellen; es wird aber angenommen, daß es geschieht. Den Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen gegenüber läuft das Begehren der Beklagten auf eine nachträgliche Korrektur des Auktionsergebnisses oder des Schätzungsergebnisses hinaus, die nach bekannten versidierungsrechtlidien Grundsätzen ( V o i g t , a. a. O . S. 6 6 9 flg.) völlig unzulässig erscheint. Das Begehren der Beklagten ist aber auch innerlich ungerechtfertigt. Denn es handelt sich bei der Feststellung der Differenz zwischen Gesundwert und Wert im beschädigten Zustande immer nur um die Ermittelung des P r o z e n t s a t z e s , der als durch die Beschädigung verloren gelten muß. Ist von den versicherten Gütern im Bestimmungshafen ein Zoll überhaupt nicht zu entrichten, so wird dieser Prozentsatz durch das vorgeschriebene Verfahren ohne Fehlerquelle rein zur Erscheinung kommen. Unterliegen die Güter aber der Verzollung, und zwar in der Weise, daß der Staat des Bestimmungshafens von der beschädigten Ware den gleichen Zoll erhebt wie von der unbeschädigten, so tritt eine Fehlerquelle in die Rechnung ein, die notwendigerweise zu Ungunsten des Versicherten ausschlagen muß. Seiner absoluten Höhe nach ist der Zoll in diesem Falle gleich; aber er macht einen kleineren Prozentsatz vom Gesundwerte, einen größeren vom Werte des Beschädigten aus. Das führt zu dem Resultate, daß in diesem Falle der maßgebende Prozentsatz der verlorenen Wertteile geringer erscheint, als er in Wahrheit ist. Ausgeglichen aber wird diese Fehlerquelle, wenn der Zoll eine der Beschädigung entsprechende Verringerung erfährt, wenn also verhältnismäßig ebensoviel weniger an Zoll erhoben wird, als die Güter durch die Besdiädigung an Wert verloren haben. Tatsächlich hat im vorliegenden Falle der gewährte Zollnachlaß das Maß der Besdiädigung nicht erreicht. Denn das Auktionsergebnis hat gezeigt, daß etwa 78 Prozent des Gesundwertes durch die Beschädigung verloren waren, während die Zollbehörde nur 4 0 Prozent des Zolles nachgelassen hat. Nun wird freilich gegenüber den positiven Bestimmungen der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen ein Versicherter in dem soeben erwähnten zweiten Falle der gleichmäßigen Verzollung besdiädigter und unbeschädigter Ware nicht etwa die Unbilligkeit des Ergebnisses für sich anrufen dürfen, um eine Erhöhung der Entschädigungssumme zu erzielen. Noch viel weniger aber kann davon die Rede sein, daß der Versicherer in einem Falle, wo das Verfahren der Zollbehörde diese Unbilligkeit tatsächlich zum Teil ausgeglichen hat, gegen die für den Vertrag als maßgebend aufgestellten Regeln zu seinen •Gunsten die volle Durchführung der Unbilligkeit sollte fordern dürfen. Versicherungsvertragsgesetz III
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Was die Beklagten z u g u n s t e n des von ihnen vertretenen Standp u n k t e s weiter a u s z u f ü h r e n gesucht haben, k a n n nicht als stichhaltig anerkannt werden. Die Beklagten glauben sich auf den Rechtssatz berufen zu k ö n n e n , daß wenn eine und dieselbe Tatsache Verlust und Gewinn gebracht h a t , als Schadc nur der Verlust nach Abzug des G e w i n n s in Betracht k o m m e n k a n n . Sie übersehen dabei zunächst, daß dieser Rechtssatz — w e n n ec hier A n w e n d u n g finden m ü ß t e — rechnerisch ein ganz anderes Ergebnis herbeiführen würde, als es in der nach den I n s t r u k t i o n e n der Beklagten aufgemachten Dispache vorliegt. H a t die Klägerin infolge der Seebeschädigung an dem Versicherungswert der G ü t e r einen Verlust v o n etwa 78 P r o z e n t erlitten, zugleich aber infolge derselben Seebeschädigung eine Zollausgabe v o n 4 8 2 6 Milreis erspart, so m ü ß t e die erstrebte Ausgleichung v o n Verlust und G e w i n n dahin f ü h r e n , den ersparten Zoll von dem Schaden an den G ü t e r n (und dem imaginären G e w i n n ) zu kürzen. Dann w ü r d e sich das Ergebnis herausstellen, daß die Beklagten schon etwa 1300 Μ zuviel gezahlt h ä t t e n . Der S t a n d p u n k t , den die Beklagten v e r t r e t e n , u n d der der Dispache zugrunde liegt, ist ein ganz anderer. Der Zollnachlaß soll nicht v o n dem Schaden an den G ü t e r n (und dem imaginären G e w i n n ) , sondern v o n der T a x e des Gesundwertes gekürzt (oder dem A u k t i o n s e r l ö s zugeschlagen) werden. Dieses Begehren aber k a n n der a n g e f ü h r t e Rechtssatz nicht rechtfertigen. Dazu k o m m t aber, daß dieser Rechtssatz im Versicherungsrecht insoweit überhaupt auf G e l t u n g nicht Anspruch machen k a n n , als verschiedene Versicherungsinteressen v o n einem und demselben Ereignis b e d r o h t werden. In dieser Beziehung k o m m t in Betracht, daß die Klägerin den Zoll nicht u n t e r Versicherung gebracht h a t , sondern daß sich die geschlossene Versicherung nur auf den A b l a d e w e r t der G ü t e r (und auf den erwarteten imaginären G e w i n n ) erstreckt. Wie aus dem oben Bemerkten h e r v o r g e h t , wäre es an sich möglich gewesen, auch den Zoll unter Versicherung zu bringen, u n d zwar — wie die Revision m i t Recht h e r v o r h e b t — als eine Versicherung des Mehrwertes, der durch die Zollauslage in die G ü t e r gesteckt ist. Insoweit dieser M e h r w e r t einer Scegefahr ausgesetzt war, k o n n t e er unter Versicherung gebracht werden (§ 1). Ein T o t a l v e r l u s t freilich b e d r o h t e diesen M e h r w e r t nicht; denn von G ü t e r n , die unterwegs verlorengcgangen sind, ist kein Zoll zu entrichten: sobald aber die G ü t e r ans Land gelangt sind, ist die Versicherung b e e n d e t (§ 73). Eine Beschädigung der G ü t e r aber k a n n diesen M e h r w e r t allerdings b e d r o h e n , w e n n der Staat des Bestimmungshafens beschädigte G ü t e r ebenso verzollt wie unbeschädigte o d e r
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doch nur einen Zollnachlaß eintreten läßt, der im Verhältnis hinter dem Maße der Beschädigung zurückbleibt. Denn in diesem Falle büßt der Kaufmann wegen der Beschädigung, also infolge einer Seegefahr, die Aussicht teilweise ein, den Zoll durch den Verkaufserlös der Güter wiedeT zu erlangen. Hätten die Parteien eine solche Versicherung geschlossen (§ 22 Abs. 2), so würde selbstredend audi der in § 2 3 (Art. 804 HGB.) sanktionierte Satz zu beachten sein, d . h . der Versicherer würde für denjenigen Teil des Zolles keinen Ersatz zu leisten haben, der infolge des Unfalls erspart worden ist. Verfehlt aber ist die Heranziehung dieser Bestimmung in dem vorliegenden Falle, wo nur der Abladewert ( § 2 2 Abs. 1) Gegenstand der Versicherung ist, und der Versicherte folglich die Seegefahr, der jener durch den Zoll repräsentierte Mehrwert der Güter ausgesetzt gewesen ist, selber getragen hat." . . . R G Z . 4 7 , 168. Liegt Doppelversicherung vor, wenn jemand nadi erfolgter Versicherung eines ihm gehörenden Hinterhangsfahrzeuges das ihm gehörende Schleppschiff (insbesondere auch gegen Haftpflicht) versichert, und der Vertrag über die Versicherung des Schleppschiffes die Bestimmung enthält, da0 Hinterhangsfahrzeuge des Versicherten in den durch die Versicherung gedeckten Fällen so betrachtet werden sollen, als ob es sich um Fahrzeuge dritter Personen handele? I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 9. Januar 1901.
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit
daselbst.
Die Ewerführerei von H. F. H. & Sohn war laut Police vom 27. Januar 1896 auf die Zeit vom 29. Januar 1896 bis 28. Januar 1897 für das Kasko und Inventar ihrer Schute Nr. 19 mit 4000 M, außerdem nodi für das Kasko ihrer Schuten Nr. 1, 14, 36 und 50 mit je 6000 M, und zwar mit je 50 Prozent der Versicherungssummen bei jeder der beiden klagenden Gesellschaften, versichert. Das Kasko nebst Maschine und Inventar des derselben Ewerführerei gehörenden Schleppdampfers „Pauline" war laut Police vom 12. Mai 1896 auf die Zeit vom 13. Mai 1896 bis 12. Mai 1897 mit 30 000 Μ bei der Beklagten versichert. Diese letztere Versicherung deckte auch die der Versicherten obliegende Haftpflicht für die von der „Pauline" durch Kollision anderen Fahrzeugen verursachten Schäden (nach Abzug von 50 M) und ferner die Haftpflicht für alle 3 Prozent übersteigende Schäden (ausgenommen an Personen), für welche die Versicherte als Eigentümerin der ,.Pauline" 6·
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auf Grund des Schleppvertrages verantwortlich gemacht werden könne, bis zur Höhe der Versicherungssumme. Die Police über die Versicherung der „Pauline" enthielt sodann die Bestimmung: „Hinterhangsfahrzeuge, weldie Eigentum der Herren Versicherten sind, sollen in allen durdi diese Police gedeckten Fällen so betrachtet werden, als wenn es sidi um Fahrzeuge dritter Personen handelt." Die Sdiute Nr. 19 ist am 15. Januar 1897 im Hamburger Hafen, während sie von der „Pauline" geschleppt wurde, mit einem ihr entgegenkommenden Dampfer, dem „Omösund", zusammengestoßen, schwer beschädigt worden und gesunken. Der von H. F. H. & Sohn für Rechnung der Klägerinnen gegen die Reeder des „Omösund" geführte Sdiadensersatzprozeß, in welchem nach erfolgter Streitverkündung die Beklagte dem Streitverkünder beigetreten war, endete mit rechtskräftig gewordener Abweisung der Klage auf Grund der Annahme, daß die Kollision mit durch ein Verschulden des die Schute schleppenden Dampfers „Pauline" verursacht worden sei. Die Klägerinnen, welche am 18. August 1897 unter Abzug des Wertes der wiedergehobenen Schute als deren Versicherer an H. F. H. & Sohn den entstandenen Schaden mit 3 7 3 4 , 4 0 Μ bezahlt hatten, forderten von der Beklagten die Erstattung dieser Summe nebst 6 Prozent Prozeßzinsen, indem sie geltend machten, daß H. F. H. Sc Sohn einen entsprechenden Ersatzanspruch auf Grund der Versicherung der „Pauline" gegen die Beklagte gehabt habe, und dieser Anspruch auf Grund des § 27 der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen auf sie, die Klägerinnen, übergegangen sei; sie behaupteten audi, daß ihnen die Police über die Versicherung der „Pauline" von H. F. H. & Sohn ausgehändigt worden sei. Die Beklagte bestritt das Geltendgemachte und Behauptete und verlangte Abweisung der Klage. Hervorzuheben ist, daß nach ausdrücklicher Bestimmung der einen wie der anderen der beiden hier in Betracht kommenden Versicherungspolicen die aus der Versicherung für den Versicherer und den V e r sicherten abzuleitenden Rechtsfolgen sich nach den „Allgemeinen Seeversidierungs-Bedingaingen von 1 8 6 7 " bestimmen sollten, sowie ferner, daß versichert war laut der Police vom 27. Januar 1896 gegen alle Gefahren mit alleiniger Ausnahme der Kriegsgefahr, welche das versicherte Fahrzeug im Hafen bzw. auf der Elbe, deren Nebenflüssen, Armen, Fleethen und Kanälen, abwärts bis Stade inkl. erleiden sollte, laut der Police vom 12. Mai 1896 gegen die Gefahren der Fluß- und
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Binnenschiffahrt, weldie die „Pauline" im Hafen oder auf der Elbe usw. abwärts bis Kugelbaake inkl. erleiden sollte. Das Landgericht verurteilte die Beklagte der Klage gemäß. Auf die Berufung der Beklagten wurde dagegen vom Oberlandesgeridit die Klage abgewiesen. Die Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Das Berufungsgericht stützt seine die Klage abweisende Entscheidung 1. darauf, daß bezüglich des eingetretenen Schadensfalles eine Doppelversicherung vorgelegen und deshalb der Firma H. F. H. Sc. Sohn auf Grund des mit der Beklagten abgesdilossenen Versicherungsvertrages vom 12. Mai 1896 ein Anspruch auf Schadensvergütung, der auf die klagenden Gesellschaften hätte übergehen können, nicht zugestanden habe, 2. darauf, daß, wenn auch ein solcher Anspruch bestanden hätte, er doch auf die klagenden Gesellschaften nicht übergegangen wäre. In letzterer Beziehung ist namentlich erwogen, daß der Art. 808 HGB. und ebenso der § 27 der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen den Versicherer, der den Schaden vergütet habe, nur in wirklidie Schadensersatzansprüche gegen Dritte, in Schadensersatzansprüche, die eich auf Verletzung einer Vertragspflicht oder auf ein außervertrag' liches Verschulden gründeten, eintreten lasse. Auf die Frage, ob dies richtig ist, braucht indes ebensowenig eingegangen zu werden, wie auf die fernere Frage, ob etwa in der behaupteten Aushändigung der Police über die Versicherung der „Pauline" an die klagenden Gesellschaften eine stillschweigende Anspruchsabtretung gefunden werden könnte. Für zutreffend und durchschlagend zu erachten ist der erste Entscheidungsgrund des Berufungsgerichts. Die in dem angefochtenen Urteil wiederholt angezogene gesetzliche Vorschrift des Art. 7 9 2 HGB. findet hier zwar, da es sich nidit um See-, sondern um Binnenversicherungen handelt, keine Anwendung, audi keine analoge Anwendung. Vgl. Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 35 S . 6 0 . Nadi dem Versicherungsvertrage vom 12. Mai 1 8 9 6 sollten sidi aber die aus ihm für die Vertragschließenden abzuleitenden Rechtsfolgen nach den Allgemeinen Seeversidierungs-Bedingungen von 1867 bestimmen, und da der § 11 der letzteren denselben Inhalt hat wie der Art. 792 HGB., so war Vertragsbedingung, daß die Versicherung insoweit unverbindlich sein solle, als sie, wenn eine Seeversicherung
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vorläge, wegen Doppelversicherung keine rechtliche Geltung würde. Diese Vertragsbedingung trifft den gegebenen Fall.
haben
Die Firma H. F. H. &Sohn hatte, wenn einem ihr selbst gehörenden Hinterhangsfahrzeuge infolge Verschuldens einer Person der Besatzung der „Pauline", sei es durch einen Zusammenstoß mit der „Pauline" selbst oder mit einem mit dieser zusammengestoßenen dritten Fahrzeuge, sei es in anderer Weise, ein Sdiaden zugefügt wurde, einen Schadensansprudi weder auf Grund der §§ 3, 92 des Binnenschiffahrtsgesetzes, weil einem Schiffseigner, dessen Schiff infolge Verschuldens einer Person der Besatzung eines anderen ihm gehörenden Schiffes beschädigt worden ist, gegenüber dem Schiffsvermögen, das von diesem letzteren Schiffe und dessen Fradit gebildet wird, kein Schadensersatzanspruch zusteht, Entsdi. des RG.s in Zivils. Bd. 45 S. 50 (Urteil vom 2. Dezember 1899), noch auf Grund eines Schleppvertragsverhältnisses, weil ein solches nicht bestand. Sollte nun nach der im Tatbestand hervorgehobenen Klausel der Police vom 12. Mai 1896 in Fällen von Schadenszufügungen der angegebenen Art die Sache so angesehen werden, als ob das beschädigte Hinterhangsfahrzeug nicht der Firma H. F. H. & Sohn, sondern einem Dritten gehört hätte, mit anderen Worten, als ob eine gesetzliche oder vertragsmäßige Haftpflicht der genannten Firma bestände, so war damit in Wahrheit, wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt, für die bezeichneten Fälle der Schadenszufügung auch das Kasko jedes Hinterhangsfahrzeuges der Firma versichert. Nur der Form nach war diese Versicherung eine S p e z i a l - H a f t p f l i c h t V e r s i c h e r u n g der „ P a u l i n e " ; in Wirklichkeit war sie eine Art l a u f e n d e S a c h versicherung, unter die gegebenenfalls jedes Hinterhangsfahrzeug der Versicherten fiel. Unter sie fiel demnach auch die Schute Nr. 19; diese war aber bereits seit dem 29. Januar 1896 gegen alle Gefahren, mit Ausnahme der Kriegsgefahr, somit audi gegen diejenigen Gefahren versichert, auf welche sich rüdcsiditlich der Hinterhangsfahrzeuge der Firma H. F.H. &Sohn die Versicherung vom 12. Mai 1896 bezog, und daraus ergibt sich, daß aus dieser zweiten Versicherung eine Verbindlichkeit des Versicherers zur Vergütung des der Schute Nr. 19 zugefügten Schadens nicht entstanden ist. Was die Revision hiergegen vorgebracht hat, ist nicht stichhaltig. Wenn ausgeführt worden ist, ein Schiffseigner, der mehrere Fahrzeuge besitze, habe insbesondere in dem Falle, daß er diese in demselben Schleppzuge verwende, ein Interesse daran, das Risiko auf verschiedene
See vcrsidiernnj: Versicherungsgesellschaften zu verteilen, so mag das zutreffend sein; durchaus nicht einzusehen ist aber, weshalb mit einer solchen Risikov e r t e i l u n g , also damit, daß von mehreren Fahrzeugen eines oder einige bei der einen, andere bei einer anderen Gesellschaft versichert werden, die behauptete Notwendigkeit entstehen soll, daß die Fahrzeuge so als versichert gelten müßten, als ob sie verschiedenen Eigentümern gehörten. Diese Aufstellung ist ebenso unrichtig wie die fernere, die natürliche Abgrenzung des Risikos sei im vorliegenden Falle die, daß der durch die Schuld der ,.Pauline" entstandene Schaden von dem Versicherer der „Pauline" getragen werde und nicht von dem Versicherer der Schute Nr. 19. die keine Schuld treffe. Für den V e r s i c h e r e r der „Pauline" war der entstandene Schaden nicht weniger ein zufälliger als für den Versicherer der Schute. Aber selbst, wenn man die Vordersätze, von denen die Revision ausgeht, als richtig anzuerkennen hätte, so würde aus ihnen nidit folgen, was die Revision aus ihnen folgern zu können glaubt. Sie folgert, es sei als g e w o l l t anzunehmen, daß zwar der Versicherer der Schute zunächst den Schaden zu ersetzen habe, dann aber befugt sein solle, die Erstattung des Gezahlten von dem Versicherer der „Pauline" zu fordern. Demgegenüber muß aber gefragt werden, von wem denn dies gewollt sein soll. Es mag sein, daß die Firma H. F. Η & Sohn sich bei dem Abschhiß des Vertrages mit der Beklagten von derjenigen Rechtsansicht hat leiten lassen (oder dodi mit ihr als einer möglichen geredinet hat), die in dem erwähnten Urteil des Reichsgerichts vom 2. Dezember 1899 als irrig zurückgewiesen worden ist, daß sie also der Meinung war, in einem Falle, wie dem hier gegebenen, könne dem Versicherer des Hinterhangsfahrzeuges auf Grund des § 27 der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen gegen sie selbst als Eigentümerin der „Pauline" ein Ersatzanspruch zustehen, den sie deshalb genötigt sei, durch entsprechende Versicherung der „Pauline" auf den Versicherer der letzteren abzuwälzen. Unmöglich können indes diese Überlegungen, wenn sie bei der Versicherungsnehmerin obgewaltet haben, irgendwie maßgebend sein. Beteiligt waren die Versicherungsnehmerin. die Versicherer der Schute und der Versicherer der „Pauline". In Betracht kommen k ö n n t e somit doch nur eine auf irgendeine Weise zum Ausdruck gelangte Willensc i η i g u η g dieser Beteiligten, und daran fehlt es völlig. Gegenüber der für die Entscheidung freilich schon ohnehin belanglosen Ausführung der Revision, die Konsequenz der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht sei die, daß für solche Fahrzeuge, die nur als Anhängefahrzeuge eigener Schlepper verwendet würden, höhere
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Versicherungsprämien gezahlt werden müßten, weil dann kein Ersatzanspruch vorhanden sei, der auf den Versicherer übergehen könne, ist darauf hinzuweisen, daß, wie die Revision selbst nicht verkennt, aus demselben Grunde die Risikoprämie für einen Schlepper, der nur zum Schleppen eigener Fahrzeuge des Sdileppereigentümers verwendet wird, entsprechend geringer sein würde." . . . R C Z . 52, 4 0 5 . Zur Auslegung des § 898 (§ 7 8 9 ) des Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 1. November 1902.
1. Landgericht Hamburg. —
II. Oberlandesgeridit daselbst.
Der Beklagte nahm bei der Patriotischen Assekuranzkompagnie zu H. im Jahre 1900 durch mehrere laufende Policen für eine große Anzahl von Sdiiffen auf Grund der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen Versicherung gegen Seegefahr. Am 7. Februar 1901 wurde über das Vermögen der Assekuranzkompagnie der Konkurs eröffnet. Durch Schreiben vom 9. und 11. Februar 1901 zeigte der Beklagte dem Verwalter der Konkursmasse an, daß er auf Grund der § § 160, 12 der Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen (§§ 898, 7 8 9 HGB.) für neun näherbezeichnete Schiffe auf Kosten der Assekuranzkompagnie neue Versicherung mit einem Kostenaufwande von zusammen 3409,39 Μ an Prämien und Stempel genommen habe. Der Verwalter klagte darauf gegen den Beklagten auf Zahlung von Prämien, auf die der Beklagte nach der Klagerhebung 4 1 2 6 , 5 3 Μ zahlte, so daß noch 3 9 0 9 , 3 9 Μ übrigblieben. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage, indem er auf Grund der § § 17, 54, 59 Abs. 2 K O . mit 3 4 0 9 , 3 9 Μ Kosten der neuen Versicherung aufrechnete und den Rest von 5 0 0 Μ zu seiner Sicherheit wegen Schäden zurüdcbehielt, die nodi vor dem 9. und 11. Februar 1901 entstanden sein möchten. Der erste Richter verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 3 9 0 9 , 3 9 Μ nebst Zinsen; auf die Berufung des Beklagten aber wurde dies Urteil aufgehoben, insoweit es den Beklagten zu mehr als 500 Μ nebst Zinsen verurteilte, im übrigen aber die Klage und die Berufung zurückgewiesen. Die Revision des Klägers ist zurückgewiesen aus folgenden Gründen: ..Nachdem der Beklagte das Berufungsurteil, durch welches er zur Zahlung von 500 Μ nebst Zinsen verurteilt ist, hat rechtskräftig werden
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lassen, handelt es sich nur nodi um den Prämienrest von 3409,39 Μ und die Frage, ob der Beklagte die Zahlung derselben wegen der Kosten der neuen Versicherung im unstreitigen Betrage von 3409,39 Μ verweigern kann. In den Vorinstanzen ist weder darüber gestritten, daß der klagende Konkursverwalter an sich die verlangten Prämienrückstände fordern kann, nodi darüber, daß dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der neuen Versicherung zusteht. Streitig war nur, gegen wen dieser Ansprudi zu richten, und ob seine Aufrechnung gegen die Forderung der Konkursmasse zulässig. Daß der Beklagte die neue Versicherung nach § 898 HGB. (§ 160 ASVB.) gemäß § 789 HGB. (§ 12 ASVB.) genommen hat, keine Doppelversicherung, in welchem Falle von Erstattung der Kosten der neuen Versicherung überhaupt nicht die Rede sein könnte, ist vom Kläger nie in Frage gezogen worden. Der Berufungsrichter läßt . . . audi keineswegs unentschieden, ob die neue Versicherung gemäß § 789 HGB. (§ 12 ASVB.) genommen, sondern nur, ob sie gemäß Nr. 1, 2 oder 3 daselbst genommen. Darauf, daß es an einer Feststellung fehle, daß die neue Versicherung gemäß § 789 HGB. genommen sei, kann die Revision deshalb nicht gestützt werden. Die Revision ist auch sonst unbegründet. Nach § 898 HGB., aus welchem der § 160 ASVB. wörtlich entnommen ist, kann der Versicherte, wenn der Versicherer zahlungsunfähig geworden ist, nach seiner Wahl entweder vom Vertrage zurücktreten und die ganze Prämie zurückfordern oder innehalten, — oder auf Kosten des Versicherers neue Versicherung nach Maßgabe des § 789 HGB., der die Doppelversicherung ausschließt, nehmen, wenn ihm nidit genügende Sicherheit bestellt wind, d. h. dafür, daß er im Schadensfalle volle Befriedigung durch Zahlung der Versicherungssumme erhält. Daß diese Vorschrift audi im Falle d « Konkurses des Versicherers anwendbar, ist audi, abgesehen von der vom Berufungsrichter angezogenen Bemerkung in der Begründung der Konkursordnung zu § 20 derselben (§ 25 n. F.) nicht bedenklich, da die Zahlungsunfähigkeit des Versicherers durch keine Tatsache klarer gestellt wird, als durch die Konkurseröffnung über sein Vermögen. Der Versicherte soll, wenn er nicht vom Vertrage zurüdetritt, dasselbe Risiko noch einmal unter Versicherung nehmen dürfen, weil er nadi eingetretener Zahlungsunfähigkeit des früheren Versicherers keine Sicherheit dafür hat, ob und wie weit er durch die frühere Versicherung für das Risiko gedeckt ist. Nach § 2$ KO. kommen im Falk des Konkurses über das Vermögen des Versicherers nicht die §§ 17 flg. KO. zur Anwendung, sondern nadi § 898 HGB. hat der Versicherte zu bestimmen, ob der Versicherungsvertrag auf-
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gehoben sein soll, oder ob er neue Versicherung nehmen will. Entscheidet sich der Versicherte, wie hier, für letzteres, so bleibt es bei dem früheren Versicherungsvertrage ebenso wie in den Fällen des § 789 HGB. Der Konkursverwalter tritt in den laufenden Vertrag ein, hat die Rechte und die Pflichten des Gemeinschuldners aus demselben, aber audi keine anderen und mehreren Rechte; er hat den Vertrag so zu nehmen, wie er nach der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Gemeinsdiuldners sich in der Hand des Gemeinsdruldners qualifizierte. Nun ist es rechtlich unbedenklich, daß der zahlungsunfähig gewordene Versicherer nach § 898 HGB., wenn es nicht zum Konkurse kommt, den Anspruch aus dem Versicherungsvertrage auf die Prämie gegen den Versicherten nicht ohne Rüdcsicht auf seine Verpflichtung geltend machen kann, dem Versicherten die Kosten der neuen Versicherung zu erstatten. Denn der Versicherte, der die gezahlte Prämie zurückfordern, die Zahlung der rüdeständigen verweigern könnte, indem er nach dem Gesetze vom Vertrage zurüdetritt, läßt den Vertrag gerade deshalb bestehen, weil nach dem Gesetze der Versicherer ihm in diesem Falle die Kosten der neuen Versicherung zu erstatten hat, und rechnet mit den Kosten der neuen Versicherung gegen die Prämienforderung aus der früheren Versicherung ganz so auf, wie mit einer Gegenforderung, die in rechtlichem Zusammenhange mit der Klageforderung steht. Kann der Versicherer die Auflösung des Vertrages sowohl wie die neue Versicherungnahme auf seine Kosten nadi § 898 nur durch Sicherheitsstellung abwenden, so kann er auch die Prämienforderung aus der bestehen gebliebenen Versicherung nur geltend machen, wenn er dem Versicherten die Kosten der neuen Versicherung erstattet, die das Gesetz ihm auferlegt, wenn der Versicherte es bei der Versicherung beläßt. Anders kann audi der Verwalter im Konkurse des Versicherers die Prämienforderung nicht geltend machen. Er ist in der Lage, die neue Versicherungnahme durch Sicherheitsbestellung abzuwenden. Tut er dies nicht, und fordert er die Prämie, so kann er die Prämie audi nur so fordern, wie der Gemeinschuldner sie fordern könnte. Denn aufrechenbar ist die Gegenforderung aus der neuen Versicherung durch die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners geworden, die vor der Konkurseröffnung bestand, durch die Konkurseröffnung nur offenkundig geworden ist. Mit dieser Qualität der Aufrechenbarkeit der Forderung aus der neuen Versicherung ist die Prämienforderung aus der früheren Versicherung auf die Konkursmasse übergegangen. Daß die neue Versicherung erst nach der Konkurseröffnung genommen ist, verschlägt nichts, da die Forderung auf die Kosten der neuen Versiehe-
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rung für den Fall ihrer Entstehung sdion vor der Konkurseröffnung aufrechenbar war und durch die Versicherungnahm e nach der Konkurseröffnung definitiv aufrechenbar geworden ist (§ 53, § 54 Abs. 1, 3 KO.). Hiernach ist die angefochtene Entscheidung gerechtfertigt. Sie ist gerechtfertigt, mag der Beklagte die neue Versicherung nach Nr. 1 oder 2 oder 3 des § 789 HGB. genommen haben. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der neuen Versicherung steht ihm in allen drei Fällen ebenso zu wie dem Versicherer der Anspruch auf die Prämie aus der früheren Versicherung. Im Falle der Versicherungnahme gemäß Nr. 3 des § 789 ist es auch offenbar billig, daß der Versicherer, der die volle Prämie erhält, obwohl er von seiner Verpflichtung zum Teil befreit wird, sich die Kosten der neuen Versicherung abziehen lassen muß, die durch seine Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt sind. Auf die angeregte Frage einzugehen, wie sich die Rechtslage gestaltet, wenn der Verwalter im Konkurse des Versicherers die Prämien aus der früheren Versicherung nicht fordert, oder wenn die Konkursmasse in die Lage kommt, den Vesicherungsvertrag durch Zahlung der vollen Versicherungssumme zu erfüllen und daneben die Kosten der neuen Versicherung zu erstatten, Nr. 1 und 2 des § 789, liegt kein Anlaß vor." . . . RCZ. 56, 249. Seeversicherung. Anspruch des Versicherten, wenn das den Gegenstand der Versicherung bildende Schiff, nachdem es im Seesturm beschädigt worden war, entgegen den Versicherungsbedingungen nicht repariert, sondern in dem beschädigten Zustande verkauft wurde. Tragweite des § 131 Abs. 5 der Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 2.Januar 1904.
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssadien. — II. Obcrlandcsgi-Ticht daselbst.
Der Kläger hatte laut Police vom 18. Juli 1901 auf ein Jahr vom 3. Juli 1901 an sein Segelschiff „Pollux", dessen Versicherungswert auf 40 000 Μ taxiert war, in Höhe von 30 000 Μ bei den Beklagten versichert. Im November 1901 wurde das Schiff auf der Reise von Liverpool nach Glasson Dock im Seesturm schwer beschädigt. Der Versicherte einerseits und der Versicherer andrerseits ernannten je einen Sachverständigen. Der Sachverständige der Versicherer schätzte die Kosten der erforderlichen Reparatur auf £ 1716.19.6, der Sachverständige des Versicherten auf £ 3190.11, der darauf von diesen beiden Sachverständigen ernannte Obmann auf £ 2725. Der Kläger verkaufte dann das
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Schiff in beschädigtem Zustande, und zwar ausweislich anerkannter Urkunden für £ 200. Von dem Hamburger Dispacheur wurde am 31. Mai 1902 die Dispache aufgemacht, nach welcher 29 106 Μ von den Beklagten zu entrichten sein würden. Am 11. September 1902 zahlten die Beklagten einen Einschuß an den Kläger in Höhe von 27 0 0 0 M. Auf anteilsmäßige Zahlung des Restes von 2 1 0 6 Μ nebst Zinsen war die Klage gerichtet. Die Beklagten verweigerten diese Zahlung auf Grund der Versicherungsbedingungen. Unstreitig war versichert nach Maßgabe der „Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1 8 6 7 " und verschiedenen Zusätzen und Abänderungen dieser Bedingungen. Ersetzt waren u. a. die vier ersten Absätze des § 130 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen durch andere Bestimmungen, von denen die erste lautete: „Nachdem die in den §§ 127—129 vorgeschriebene Besichtigung, Begutachtung und Taxation stattgefunden hat, muß ohne Verzug zur Reparatur geschritten werden, gleichviel ob die Versicherung an dem Orte der Reparatur endet, oder nicht." 1 ) Auf diese Bestimmung beriefen sich die Beklagten. Das Landgericht verurteilte die Beklagten der Klage gemäß, und die Berufung der Beklagten wurde zurüdegewiesen. Auch die Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: Der § 130 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen unterscheidet zwischen dem Fall, daß das beschädigte Schiff sich bereits an demjenigen Platz befindet, wo die auf das Schiff geschlossene Versicherung endet (Abs. 2), und dem Fall, daß es sich nicht so verhält (Abs. 3). Nur in diesem zweiten Fall muß wie es heißt, ohne Verzug zur Reparatur geschritten werden. Ungeachtet dieser ihrer Fassung nadi zwingenden Vorschrift ist im § 131 Abs. 5 bestimmt, daß, wo Kondemnation und Verkauf des Schiffes zur Last des Versicherten bleibe ( ), der Schaden, soweit er den Versicherer treffe, auf der Grundlage der von dem Versicherten beizubringenden ordnungsmäßigen Besichtigungs- und Schätzungsdokumente (§ 129) aufzumachen und sodann vom Versicherer unter Abzug wegen des Unterschiedes zwischen alt und neu zu vergüten sei. Man kann nicht sagen, daß wegen dieser letzteren Bestimmung die Vorschrift über die vorzunehmende Reparatur ohne Bedeutung ist. Die Folge ihrer Nichtbeobachtung besteht eben 1
Vgl. B r o d m a n n ,
Seegtsetzgebung des Deutschen Reich« S. 307.
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darin, daß der unter Abstandnahme von der Reparatur vorgenommene Verkauf nicht als für Redinung des Versicherers vorgenommen gilt, und deshalb der Versidierte nidit berechtigt ist, vom Versicherer die Zahlung des Unterschiedes zwischen dem Verkaufserlös und der Versicherungssumme zu fordern, sondern nur das im § 131 Abs. 5 gewährte Recht hat. Wenn nun durch eine der verabredeten Änderungen der Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen das „muß" des § 130 Abs. 3 auf den Fall des § 130 Abs. 2 ausgedehnt worden, andrerseits aber die Bestimmung des § 131 Abs. $ unverändert geblieben ist, so folgt aus der Änderung des § 130 nur, daß auch das Aanwendungsgebiet der Bestimmung des §131 Abs. 5 erweitert worden ist, und diese also nunmehr überhaupt Platz greift, wo nach den abgeänderten Bestimmungen des § 130 die Reparatur hätte vorgenommen werden müssen, sie aber unterblieben, und anstatt dessen aus einem der im § 131 Abs. 5 angedeuteten Gründe das Schiff verkauft worden ist. — Daß im übrigen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 131 Abs. 5 im vorliegenden Falle gegeben sind, kann mit Grund nicht bezweifelt werden, da der Verkauf des Schiffes wegen Reparaturunwürdigkeit erfolgt, und die Dispache auf der Grundlage ordnungsmäßiger Besiditigungs- und Schätzungsdokumente aufgemacht ist. Die von der Revision vertretene Ansicht, eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung des § 131 Abs. 5 sei, daß eine Kondemnation des Schiffs stattgefunden habe, ist unzutreffend, was sich insbesondere daraus ergibt, daß ein ausdrücklich angeführter Anwendungsfall des § 1 3 1 Abs. 5 der ist, wenn von der Reparatur wegen Geldmangels abgestanden wurde." . . . RGZ. 56, 400. 1. Worin besteht der Gegensatz zwischen Verlust und Beschädigung im Sinne der Seeversicherung? 2. Begriff der gewöhnlichen Leckage; Fälle der außergewöhnlichen Leckage. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 20. Januar 1904. 1. Landgericht Hamburg. Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandcsgeridit daselbst.
Kläger hatte auf Grund laufender Police 143 Tierces Honig, welche auf dem Dampfer „Navaron" von Havanna nach St. Nazaire und von da mit Umladung nach Hamburg zu transportieren waren, bei der Beklagten versichert. In Hamburg langten nur 86 Tierces an. Die übrigen 57 Tierces, welche mit Rumfässern und Schwatnmballen zusammen in einem besonderen Schiffsraum verstaut waren, waren infolge Loskom-
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mens der Staulage bei stürmischem W e t t e r völlig zertrümmert worden. Ihr Inhalt war ausgelaufen. Die Trümmer der Fässer wurden in St. Nazaire öffentlich verkauft. Die Versicherung war auf Grund der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen mit der Klausel „frei von Beschädigung und Bruch außer im Strandungsfall" abgeschlossen. Kläger behauptete, es liege bezüglich der 57 Tierces Totalverlust vor, und beantragte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der anteiligen Versicherungssumme m i t 11 483,65 Μ nebst Zinsen. Das Landgericht Hamburg verurteilte die Beklagte zur Zahlung der bezeichneten Summe nebst Zinsen. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision ist zurückgewiesen. Gründe: „Die Revision wendet sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß hinsichtlich der nicht abgelieferten 57 Tierces im Sinne der Versicherungsbedingungen nur Beschädigung, und nicht vielmehr Totalverlust vorliege. Der Kläger verweist dabei sowohl auf den gemeinen Sprachgebrauch, als auch auf die Ausdrudesweise des Gesetzgebers, welcher in § § 6 1 1 , 613 H G B . zwischen gänzlichem oder teilweisem V e r l u s t einerseits und B e s c h ä d i g u n g andrerseits strenge unterscheide. Der § 103 der Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen stehe dieser Auffassung nur scheinbar entgegen. Denn wenn hier von einem Schaden gesprochen werde, der in einem durch Beschädigung entstandenen gänzlichen oder teilweisen Verlust bestehe, so sei hierbei nur der Fall ins Auge gefaßt, daß infolge der Beschädigung die W a r e für sich allein vollständig verdorben sei. W o aber die Ware s a m t i h r e r V e r p a c k u n g in Verlust geraten sei, da könne von einer Beschädigung nicht mehr gesprochen werden. In solchem Falle liege Totalverlust vor. Deshalb k ö n n e auch der Verlust der Ware durch Leckage nicht unter den Begriff des Totalverlustes fallen, wenn wenigstens die Verpackung nodi vorhanden sei. Auf demselben Standpunkt stehe die in der Hanseatischen Geriditszeitung Jahrg. 1887 Nr. 71 veröffentlichte Entscheidung. Nur d e r Fall könne nach § 103 der Allgemeinen Seeversidierungsbedingnngen noch unter den Begriff der Beschädigung gebracht werden, in welchem die Güter wegen Beschädigung und drohenden Verderbes während der Reise verkauft werden mußten. Es sei unrichtig, diesen ausdrücklich geregelten Fall als bloßes Beispiel aufzufassen. Diese Ausführungen k ö n n e n nicht als zutreffend erachtet werden. Vielmehr erscheint die Abweisung des klägerischen Anspruchs auf Grund sowohl des § 106 als des § 103 der Allgemeinen Seeversidierungs-
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Bedingungen gerechtfertigt. Es ist zunächst mit dem Oberlandesgericht anzunehmen, daß es sidi hier um einen Fall sog. a u ß e r g e w ö h n l i c h e r L e c k a g e handelt. Der Begriff der Leckage und die mehrfach gebrauchte Unterscheidung zwischen ,,gewöhnlicher Ledcage" und „außergewöhnlicher Ledcage" ist im Handelsgesetzbuch (vgl. §§ 456, 459, 616, 618, 657, 821) nicht definiert, aber aus der Vergleichung der einschlägigen Bestimmungen unschwer zu entnehmen. Man wird unter gewöhnlicher Ledcage das regelmäßige Dringen gewisser Flüssigkeiten durch die Fugen der Gebinde ohne äußere Beschädigung der letzteren verstehen. Vgl. die Kommentare zum Handelsgestzbudi von S t a u b § 4 5 6 Anm. 10, und von L e h m a n n u. R i n g § 4 5 6 Nr. 6. Im Gegensatz hierzu fällt unter die außergewöhnliche Leckage das durch äußere oder gewaltsame Beschädigung der Fastage herbeigeführte Auslaufen. Vgl. E g e r , Frachtrecht 2. Aufl. Bd. 1 S. 28 3; D e r s e l b e , Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr 2. Aufl. S. 454. Doch ist hiermit der Begriff der außergewöhnlichen Ledcage nicht erschöpft. Vielmehr müssen hierunter auch diejenigen Fälle gerechnet werden, in welchen infolge der eigentümlichen natürlichen Beschaffenheit des Gutes ein das gewöhnliche Maß übersteigendes Aussickern stattgefunden hat (vgl. § 4 5 9 Ziff. 4 HGB.). Im Sinne der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen wird der Gegensatz zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Leckage durch die Vorschrift des § 106 Abs. 2 bestimmt. Hiernach hat im Interesse einer einfachen und praktischen Handhabung jede Leckage, welche einen näher bestimmten Prozentsatz des Flüssigkeitsinhalts übersteigt, ohne Rücksicht auf ihre Ursache, als außergewöhnliche zu gelten. Für solche außergewöhnliche Ledcage haftet der Versicherer nach § 106 Abs. 1 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen nur in ganz bestimmten Fällen, welche, wie unter den Parteien unbestritten, n i c h t vorliegen. Zu dem gleichen Resultate führt die Anwendung des § 103 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen. Daß im Sinne derselben audi ein solcher Schaden, der in dem gänzlichen Verlust besteht, noch als Beschädigung beurteilt werden kann, ergibt sich klar aus seinem Wortlaut. Entscheidend ist nicht der Umfang des Schadens, sondern die w i r k e n d e U r s a c h e . Deshalb erscheint es verfehlt, die Unterscheidung beizuziehen, ob außer der Ware audi deren Verpackung in Verlust geraten ist. Hätte man auf diese Unterscheidung maßgebendes
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Gewicht legen wollen, so hätte sie zweifellos Ausdrude gefunden. Sie würde sich schon deshalb als unzweckmäßig erwiesen haben, weil der Gegensatz zwischen Ware und Verpackung im Einzelfalle (insbesondere bei der sog. Originalverpackung) zweifelhaft sein kann. Das Kriterium zwischen Verlust und Beschädigung im Sinne der Seeversicherung ist vielmehr der Wirkung der schadenbringenden Ursachen zu entnehmen. Charakterisiert sich dieselbe als eine solche, welche zwar die Ware angreift, aber erst durch die unbehinderte Dauer der Einwirkung zum völligen Verluste führt, so wird in der Regel nur Beschädigung angenommen werden können. Vgl. V o i g t , Seeversicherungsredit § 1 0 3 5 . 599, 6 1 9 ß g . Dem Berufungsgericht ist schließlich auch darin beizutreten, daß es den in § 103 Abs. 1 der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen hervorgehobenen Fall des § 535 Abs. 3 HGB. nur exemplifikativ auffaßt." . . . RGZ. 69, 238. Seeversicherung. Rechtliche Bedeutung der Klausel: „frei von Beschädigung außer im Strandungsfalle". Hat die Klausel: „free of particular average, unless the vessel be stranded" nach englischem Rechte dieselbe Bedeutung? I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 30.September 1908. I. Konsulargericht Shanghai
Der Kläger hatte bei der Agentur der Beklagten in Shanghai am 5. März 1906 Versicherung genommen auf eine Sendung von 812 Fässern ö l , die auf dem japanischen Dampfer „Gensang Maru" von Tschinkiang, einer am Yangtse gelegenen Stadt, nach Yokohama verschifft werden sollten. Eine Police war über die Versicherung nicht ausgestellt worden. Die Agentur der Beklagten hatte aber dem Kläger den Absdiluß unter Benutzung eines gedruckten Briefformulars bestätigt: „subject to all clauses and conditions of the Company's printed Form of Policy." In diesem Bestätigungsschreiben wurden die 812 Fässer Öl mit dem Zusätze „On Dedc" in drei Posten mit ihren Merkzeichen angegeben: „ Β Β 446, Υ Υ 228, W W 118", und es war durdi Blaustempel die Klausel: „Free of particular average, unless the vessel be stranded, sunk or burnt" aufgedruckt. Als Versicherungswert der 812 Fässer waren 19 000 Taels, und als Prämie 10 Promille oder 190 Taels angegeben.
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Auf der Fahrt des Schiffes nach Yokohama wurden von 8 1 2 Fässern 5 2 8 infolge starken Seeganges über Bord gespült gingen verloren.
den und
Der Kläger forderte Ersatz dieses Schadens und beantragte, die B e k l a g t e zur Zahlung von 12 3 5 5 , 5 2 Taels nebst Zinsen zu verurteilen, während die Beklagte Abweisung der Klage verlangte, weil sie die Gefahr des Überbordspülens der Deckladung nicht übernommen habe. Lediglich hierum drehte sich der Streit. Das Konsulargericht verurteilte die Beklagte nach dem Klagantrage. Das Reichsgericht wies die Berufung zurück, aus folgenden Gründen: „Das Konsulargericht scheint angenommen zu haben, daß die Beklagte kraft der Klausel „Free of particular average e t c . " den Ersatz der über Bord gespülten 5 2 8 Fässer an sich ablehnen k ö n n e . Es ist aber gleichwohl zur Verurteilung der Beklagten gelangt, indem es aus der H ö h e der Prämie in Verbindung mit dem Umstände, daß die B e k l a g t e der in Shanghai bestehenden Vereinigung von Seeversicherern, der Shanghai Marine Underwriters Association, angehört, ableitet, daß durch die ausdrückliche Bezeichnung der Fässer als Deckladung die Gefahr des Überbordspülens von der Beklagten besonders übernommen sei. Die Mitglieder der genannten Assoziation übernähmen regelmäßig bei Verschiffungen von Ö l auf Deck das Risiko des Überbordspülens, k r a f t der Klausel: „Warranted Free of all Average, but to cover riks of J e t t i s o n and Washing Overboard. T o pay T o t a l Loss only on such Bags, Baskets or other Packages, as do not reach their destination." O b w o h l nun diese Klausel hier in das Bestätigungsschreiben nicht aufgenommen sei, müsse es nach der Belegenheit des Falles doch so angesehen werden, daß durch die W o r t e „ O n Deck" auf diese Klausel hingewiesen werden sollte. Nach dem, was die Beklagte hiergegen jetzt vorbringt, würde das Reichsgericht eine Ergänzung der Beweisaufnahme herbeiführen müssen, wenn die Entscheidung von der Richtigkeit dieser Ausführung abhinge. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr nimmt das Reichsgericht an, daß die Beklagte mit Unrecht aus der Klausel „Free of particular average e t c . " ihre Befreiung herleitet, und daß sie für den eingeklagten Schaden auch dann zu haften hat, wenn man die W o r t e „ O n D e c k " bloß als Anzeige eines Umstandes ansieht, der für die Beurteilung der zu übernehmenden Gefahr von Bedeutung war. Versicherungsvertragsgesetz III
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Auszugehen ist davon, daß nadi dem gedruckten Policenformular der Beklagten, das nach dem Bestätigungsschreiben maßgebend ist, die Gefahr des Uberbordspülens an und für sich zu den von der Beklagten übernommenen Seegefahren gehört, wie dies audi das Konsulargericht darlegt, und die Beklagte selbst nicht in Abrede nimmt. Die nach den Hamburger Allg. Seevers.Bed. von 1867 (§ 107) bei Deckladungen regelmäßig eintretende Befreiung „von Werfen und Überbordspülen" greift daher nach dem vorliegenden Vertrage nicht Platz. Demnach fragt sich bloß, ob der Beklagten darin beigetreten werden muß, daß sie kraft der Klausel „Free of particular average etc." — weil unstreitig ein Strandungsfali, oder ein dem gleichstehender Unfall nicht vorliegt — für das Überbordspülen nur haften würde, wenn s ä m t l i c h e 812 Fässer hierdurch in Verlust geraten wären, also ein Totalverlust des g a n z e n versicherten Gutes vorliegen würde. Nadi deutscher Rechtsauffassung zielt die Klausel „frei von Beschädigung außer im Strandungsfalle" (§851 HOB., § 103 Allg. Seevers. Bed.) auf eine Unterscheidung nach der schadenstiftenden Ursache ab. Liegt ein Ereignis vor, das seiner Natur nach bloß geeignet ist, die Güter in ihrer Beschaffenheit anzugreifen, so ist dies im Sinne des Versicherungsrechts immer „Beschädigung" und wird auch dadurch nicht zum „Verlust", daß die Einwirkung so nachhaltig auftritt, daß die Güter in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zerstört oder gänzlich entwertet werden. „Verlust" aber, und nicht „Beschädigung", liegt vor, wenn die Güter von einem Ereignisse betroffen werden, das ihre Existenz im wirtschaftlichen Sinne unmittelbar bedroht. Vgl. V o i g t , Seevers.R. S. 599; Entsch. des RG.s in Zivils. Bd. 56 S. 400. Daß das Überbordspülen von Fässern mit ö l in diesem Sinne nicht Beschädigung, sondern Verlust ist, kann einem Zweifel nicht unterliegen. Nach deutschem Recht würde sonach die Freizeichnung von Beschädigung den Versicherer nicht befreien, den hier eingetretenen Schaden, der sich als Totalverlust eines Teiles der versicherten Güter darstellt (§§ 8 54, 876 HGB.), zu ersetzen. Es ist jedoch der Beklagten zuzugeben, daß für den vorliegenden Fall nicht das deutsche, sondern das englische Recht zur Anwendung zu kommen hat. Denn aus der Klausel des gedruckten Policenformulars: „It is agreed that the practice of Lloyds shall be recognised as the Standard for adjusting claims of particular average or partial loss" k a n n m i t Rp«4it ü b e r l e i t e ! · w e r d e n , d a ß sich d i e P a r t e i e n d e m f ü r L l o v d s -
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d. h. für die Londoner Versicherer, maßgebenden Rechte unterwerfen wollten. Grundsätzlich hat aber die englische Klausel „Free of particular average, unless the vessel be stranded" keine andere Bedeutung, als die deutsche Klausel „frei von Beschädigung außer im Strandungsfalle". Dies wird zwar durch den Wortlaut insofern etwas verschleiert, als sich der Ausdrude „particular average" scheinbar mit dem deutschen Ausdrucke „Beschädigung" nicht deckt. Particular average (PartikularHavarie) kann auch den Gegensatz zu general average (große Havarie) bezeichnen, also den Schaden, der einen einzelnen Reiseinteressenten trifft, im Gegensatze zu dem, der auf alle Reiseinteressenten zu verteilen ist (§§ 700 flg. HGB.). Daß die Klausel aber das Wort nidit in diesem Sinne verwendet, ist ohne weiteres einleuchtend und wird auch von der Beklagten nicht beansprucht, da sie sonst sogar beim Überbordspülen aller 812 Fässer ihre Befreiung behaupten müßte. Die Literatur über das englische Seeversicherungsrecht lehrt denn auch, daß der Ausdrude particular average auch als Gegensatz zu dem Begriffe des total loss verwertet wird, und in diesem Sinne ist er hier zu verstehen. Darüber kann nach dem, was insbesondere A r η ο u 1 d , Marine Insurance (7. Aufl.) Bd. 2 unter Nr. 882 flg. über die Entstehung der zunächst bei den sog. Memorandum-Articles aufgekommenen Klausel anführt, ein Zweifel nicht bestehen. Tendenz und Zweck der Klausel stimmen, wie auch L o w n d e s (Marine Insurance) und M c A r t h u r (Marine Insurance) bestätigen, durchaus mit der dargelegten Bedeutung der deutschen Klausel überein: die Versicherer zu entlasten von der Deteriorierung der Güter, wie sie mehr oder weniger stark im regelmäßigen Verlaufe jeder längeren Seereise aufzutreten pflegt. Was aber den zur Beschädigung im Gegensatze stehenden Begriff des Totalverlustes anlangt, so ist auch dem englischen Rechte ein total loss of a parts sehr wohl bekannt, und der Begriff des Totalverlustes keineswegs eingeschränkt auf das Verlorengehen s ä m t l i c h e r versicherter Güter (vgl. A r n o u l d , a . a . O . Nr. 1082). Ob nun in einem gegebenen Falle Verlust eines Teiles der versicherten Güter, oder Beschädigung anzunehmen ist, kann zweifelhaft erscheinen. Wie aus A r n o u l d Nr. 1082—1086 hervorgeht, hat die Rechtsprechung der englischen Gerichte in dieser Frage geschwankt. Die einzelnen Entscheidungen, die dort mitgeteilt werden, sind schlecht miteinander in Einklang zu bringen und lassen eine grundsätzliche Erörterung vermissen. Es kann nicht darauf ankommen, ob in dieser Kasuistik der eine oder andere Fall zugunsten der Versicherer ent7'
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schieden worden ist, der dem hier vorliegenden ähnlich ist. Vielmehr hat das Gericht die vorhin entwickelten Grundsätze, auf denen die Klausel beruht, zur Anwendung zu bringen. Nadi diesen Grundsätzen aber muß anerkannt werden, daß bei der Versicherung einer bestimmten Anzahl von Behältern mit flüssiger Ware, von denen für jeden einzelnen Behälter Marke und Nummer dem Versicherer aufgegeben sind, die vollständige Zerstörung mehrerer einzelner Behälter als total loss of a part anzusehen ist, also ein Totalverlust vorliegt, der dem Versicherer zur Last fällt. Es würde ein geradezu widersinniges Ergebnis sein, in einem solchen Falle den Versicherer zwar haften zu lassen, wenn sämtliche Behälter über Bord gegangen sind, ihn aber für nicht haftbar zu erklären, wenn audi nur ein einziger Behälter von dem Unfälle nicht betroffen und gesund angekommen ist. Der von der Beklagten angeregten Vernehmung Sachverständiger bedurfte es bei dieser Sachlage nicht; vielmehr konnte ohne weiteres auf Zurückweisung der Berufung erkannt werden." RGZ. 71, 393. 1. Deckt die Frachtversicherung auch eine begründete Aussicht auf Fraditverdienst, wenn Frachtverträge noch nicht abgeschlossen sind? oder kommt nur sog. „besegelte Fracht" in dem Sinne in Betracht, daB die betreffenden Güter wenigstens zum Teil in das Schiff verladen sein müssen? 2. Deckt die Frachtversicherung audi die Fracht einer späteren Reise? insbesondere die Fracht der demnächstigen Transportreise, wenn der Unfall sich auf der Ballastzureise ereignet? 3. Zur Auslegung des § 83 der Allg. Seeversicherungs-Bedingungen von 1867. HGB. §§ 823, 825. Allg. Seevers.Bed. §§ 72, 74, 83. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 18. September 1909. 1. L a n d g e r i c h t
I Berlin,
Kammer
für H a n d e l s s a c h e n .
—
II.
Kammergericht
daselbst.
Laut Versicherungsscheines vom 24. Februar 1904 versicherte der Kläger bei der Beklagten für Rechnung wen es angeht 15 0 0 0 Μ auf Frachtgelder und/oder behaltene Fahrt des Dampfers ,.Luise" für die Zeit von 12 Monaten, beginnend mit dem 5. März 1904. Der Schein enthielt folgende Bestimmungen: „Diese Versicherung gilt . . . auf Frachtgelder und/oder behaltene Fahrt, einerlei, ob die Fracht gemacht wird oder nicht und ob dieselbe durdi bereits abgeschlossene Verträge gesichert ist oder nicht. Der
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durch diese Police versicherte Betrag soll stets voll gedeckt bleiben, und soll derjenige Betrag, welcher nicht Frachtgelder ist, sowie die laut der Allg. Seeversich.-Bed. von 1867 etwa zu machenden A b züge als auf behaltene Fahrt des Dampfers versichert gelten, und falls derselbe total verloren geht oder . . . nach den Bestimmungen des Allg. deutsch. Handelsgestzbuchs wegen Seeschadens kondemniert wird, ist die versicherte Summe als Totalschaden mit 1 0 0 °/o zu bezahlen, einerlei ob und wieviel Fracht der Kapitän etwa vorausbezahlt erhalten hat; dagegen ist etwa verdiente Distanzfracht in Abzug zu bringen. Im Schadensfälle gilt der Nachweis des vollen Interesses als erbracht. Der im Falle von Stranden, Stoßen usw. herbeigeführte Ausfall von der Fracht wird vergütet, sobald solcher über 3 °/o beträgt, gleichviel nach welchem Maße die Fracht bedungen ist oder wird." Der Dampfer stieß am 3. September 1904 mit dem Dampfer „ B o o k w o o d " zusammen, während er in Ballast von Great-Yarmouth nach Seaham (an der Ostküste von England) fuhr, um dort eine Ladung einzunehmen. Zur Ausbesserung der hierbei erlittenen Schäden mußte er den Nothafen von North-Shields, nahe vor Seaham, aufsuchen und sich dort 16 Tage aufhalten. Nach der Behauptung des Klägers war vorher, nämlich am 5. September 1904, ein Frachtvertrag abgeschlossen worden, wonach der auf der Reise von Rotterdam nach Great-Yarmouth begriffene Dampfer etwa am 7. September 1904 in Seaham ladebereit sein sollte, um eine Kohlenladung von dort nach Königsberg zu bringen. Die Fracht für diese Ladung würde 4 3 8 4 , 9 9 Μ betragen haben und sei dem Kläger entgangen, weil er infolge des Seeunfalles die vereinbarte Frachtreise nicht hätte ausführen können. Ferner habe eine zweite Frachtreise von Königsberg nach Libau und Stettin mit Getreide in sicherer Aussicht gestanden, die ebenfalls durch den Unfall vereitelt sei. Hierbei würde sich eine Fracht von 4 6 3 0 , 5 9 Μ ergeben haben. Der Kläger erachtete die Beklagte auf Grund der Versicherung für verpflichtet, diesen Frachtausfall zu ersetzen, und beantragte, die Beklagte zur Zahlung von 7 5 0 0 Μ nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte bestritt, daß nach den Angaben des Klägers ein V e r sicherungsfall vorliege. Die Versicherung für behaltene Fahrt — gleichbedeutend mit behaltener Ankunft — komme nicht in Betracht, weil sie sich nur auf Totalverlust des Schiffes und was dem gleichstehe beziehe. Die Frachtversicherung aber beziehe sich nur auf sog. besegelte Fracht, d. h. für Ladung, zu deren Transport die Unfallreise bestimmt gewesen sei. Im vorliegenden Falle sei aber der Dampfer auf der Unfallreise nur
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in Ballast gefahren. Die Frachtversicherung beziehe sich niemals auf wegen Verzögerung der Reise entgangene Fracht. Hierauf sei lediglich die Versicherung für behaltene Fracht berechnet. Das Landgericht erklärte nach Einziehung eines Gutachtens der Vorsteher der Kaufmannschaft zu Stettin den Anspruch des Klägers auf Ersatz der ihm durch den Zusammenstoß vom 8. September 1904 entgangenen Fracht dem Grunde nach für gerechtfertigt. Dagegen wies das Kammergericht nach Einholung des Gutachtens eines Hamburger Sachverständigen PI. die Klage ab. Der Kläger legte Revision ein, jeidoch nur insoweit, als der Klaganspruch auch wegen der in der Charter vom S.September 1904 vereinbarten Fracht abgewiesen sei. Der Revision wurde stattgegeben, aus folgenden Gründen: (Es wird zunächst ausgeführt, daß aus Versicherung für behaltene Fahrt ein Anspruch nicht hergeleitet werden kann, weil Totalverlust oder was dem gleich steht nicht vorliegt.) „Was die Frachtversicherung anlangt, so ist davon auszugehen, daß, wie auch die Revision nicht verkennt, nur Frachtverträge in Betracht kommen können, die zur Zeit des Unfalles bereits abgeschlossen waren. Gegenstand der Frachtversicherung ist begrifflich eine bereits entstandene Frachtforderung oder bei der Versicherung von Frachtvorschuß eine darauf geleistete Zahlung. Dies ist im Einklänge mit dem englischen Rechte — vgl. V o i g t , Seeversicherungsrecht S. 492 — in § 825 Abs. 3 HGB. ausdrücklich anerkannt worden. Dieselbe Bestimmung ist mit einer hier nicht in Betracht kommenden Abweichung als § 74 Abs. 3 in die hier maßgebenden Hamburger Bedingungen übergegangen. Es ist fehlsam, wenn das Berufungsgericht meint, die Worte der Police: „einerlei, ob die Fracht gemacht wird oder nicht und ob dieselbe durch bereits abgeschlossene Verträge gesichert ist oder nicht" enthielten eine Erweiterung dieser Bestimmung. Sie sind vielmehr lediglich zu beziehen auf die unmittelbar vorher erwähnte Versicherung auf behaltene Fahrt und besagen, daß, wenn dieser Versicherungsfall eintritt, die auf diese Versicherung entfallende Summe zu bezahlen ist, selbst wenn die ganze Fracht der betreffenden Reise verdient sein sollte und auch dann, wenn der von der behaltenen Ankunft erwartete zukünftige Gewinn noch nicht durch abgeschlossene Verträge gesichert sein sollte. Im folgenden wird dies noch weiter dahin erläutert, daß der nicht auf die Frachtversicherung fallende Betrag bei Totalverlust oder Kondemnation des Schiffes als Totalschaden zu zahlen sei, einerlei ob und
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wieviel Fracht der Kapitän etwa vorausbezahlt erhalten habe, jedoch mit der Maßgabe, daß etwa verdiente Distanzfracht abzuziehen sei. Ist es also für den Fall der Frachtversicherung einerseits erforderlidi, daß ein bereits geschlossener Frachtvertrag vorliegt, so ist es doch anderseits nicht Bedingung, daß „besegelte" Fradit in dem Sinne gegeben ist, daß die Güter sämtlich oder teilweise in das Schiff verladen sind. In dieser Hinsicht entscheiden vielmehr die §§ 825 Abs. 1 und 823 Abs. 1 HGB., welche ebenfalls mit hier nicht in Betracht kommenden Änderungen als §§ 74 Abs. 1 und 72 Abs. 1 in die Bedingungen übergegangen sind. Nach § 825 beginnt und endet die Gefahr bei der Frachtversicherung in Ansehung der Unfälle, denen das Schiff und dadurch die Fracht ausgesetzt ist, mit demselben Zeitpunkte, in welchem die Gefahr bei der Versicherung des Schiffes für dieselbe Reise beginnen und enden würde, und nach § 823 beginnt bei der Versicherung des Schiffes für eine Reise die Gefahr für den Versicherer mit dem Zeitpunkte, in welchem mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes angefangen wird, oder wenn weder Ladung noch Ballast einzunehmen ist, mit dem Zeitpunkte der Abfahrt des Schiffes, während sie der Regel nach endigt mit der Beendigung der Löschung im Bestimmungshafen. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich zunächst, daß die Frachtversicherung jeweilig nur gelten kann für eine und dieselbe Frachtreise. Es folgt daraus, daß, wenn das Schiff, während es mit voller Frachtladung unterwegs ist, einen die Fracht in Mitleidenschaft ziehenden Seeunfall erfährt, der Frachtversicherer nicht zugleich verantwortlich gemacht werden kann für den Verlust, den der Versicherte etwa dabei auch an der Fracht einer zukünftigen Frachtreise erleidet, sollte auch der betreffende Frachtvertrag bereits abgeschlossen gewesen sein. Andernfalls würde sich das Risiko des Versicherers auf ein Vielfaches der jeweilig vom Schiffe zu verdienenden Fracht erstrecken können und damit jede sichere Grundlage für die Schätzung der Gefahr und die Berechnung der Prämie wegfallen. Dagegen steht nichts im Wege, falls das Schiff behufs Erfüllung des Frachtvertrages zunächst eine Zureise zum Abladehafen zu machen hat, eine Frachtversicherung für die kombinierte Zu- und Transportreise zu nehmen, mit der Folge, daß, wenn die Frachtforderung aus einem bereits abgeschlossenen Frachtvertrage durch einen Seeunfall auf der Zureise verloren geht, der Versicherer dafür einzustehen hat. Daß dies der Sinn der §§ 823, 825 HGB. ist, ergibt sich aus den Verhandlungen der Seerechtskommission, wie sie in den Entsch. des RG.s in Zivils.
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Bd. 7 S. 29 dargestellt sind. Daß aus den Hamburger Allg. Bedingungen, wenn man von deren § 8 3 einstweilen absieht, nichts anderes zu entnehmen ist, ist gleichfalls zweifellos. Das Reichsgericht hat damals den Anspruch des Versicherten lediglich aus dem Grunde abgewiesen, weil er ausdrücklich nur für die Transportreise, nicht auch für die Zureise Versicherung genommen hatte. Bei der hier vorliegenden Zeitversicherung war aber die Zureise Yarmouth-Seaham, auf der sich der Unfall ereignete, unbestritten mitversichert. Wäre somit nach dem HGB. zu entscheiden, so wäre es nicht zweifelhaft, daß die Beklagte f ü r einen dem Kläger entstandenen Verlust an Fracht der Reise Seaham-Königsberg, der auf jenen Unfall zurückzuführen ist, sofern der betreffende Frachtvertrag bereits abgeschlossen war, einzustehen hätte. Dies ist auch die Ansicht des Sachverständigen PI. D e n n nachdem er dargelegt hat, daß § 8 3 der Bedingungen den Reisebegriff des HGB. verändere, indem er feststelle, daß jede Ballastvorreise, auch wenn eine weitergehende Charter vorliege, als selbständige Reise angesehen werden solle, erklärt er: ,,Die erwartete Fracht von Seaham nach Königsberg k a n n dem Berufungsbeklagten nicht zugebilligt werden, weil . . . laut Vertragsrecht die Ballastvorreise der Versicherung gegenüber als eine felbständige Reise anzusehen ist. Wäre dies nicht der Fall, würde sich allerdings die Basis ändern." Die Auslegung, welche der Sachverständige und ihm folgend das Berufungsgericht dem § 8 3 der Bedingungen geben, ist aber nicht zu billigen. Der § 8 3 beginnt mit den W o r t e n : „Insofern es auf die besondere Behandlung der einzelnen von mehreren durch dieselbe Versicherung gedeckten Reisen a n k o m m t " . . . Daraus ergibt sich deutlich, daß von der D e c k u n g der mehreren Reisen durch dieselbe Versicherung ausgegangen wird, diese Deckung somit nicht durch das Folgende aufgehoben werden kann. Diese Deckung w ü r d e aber vollständig beseitigt werden, wenn bei einer Frachtversicherung der Ballastzureise nicht die Fracht der demnächstigen Transportreise in Betracht gezogen werden dürfte. Ferner würde bei einer Frachtversicherung auf Zeit für jene Ballastreise Prämie zu bezahlen sein, ohne daß ihr ein Risiko des Versicherers entspräche. Daß im vorliegenden Falle mit der Frachtversicherung eine solche für behaltene Fahrt kombiniert ist, begründet für die prinzipielle Beurteilung und die Auslegung des § 8 3 keinen Unterschied. Daß an eine solche Tragweite der Bestimmung nicht gedacht ist, ergeben auch zur Genüge die angeführten Beispiele, in denen die an sich recht unbestimmte Voraussetzung, daß ,,es auf die besondere Behandlung der . . . Reisen a n -
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k o m m t " , die erforderliche Erläuterung findet. Als Beispiele werden angeführt: die zu gewährleistende Seetüchtigkeit, § 70 Nr. 1, die Separierung der Havarien, § 97 a. E., und die Kosten der für die Reparatur des Sdiiffes erforderlichen Gelder, § 130, Abs. 3, mit dem Zusätze: „u.dgl." Damit wird also folgendes ausgesprochen: 1. Die Seetüchtigkeit ist bei jeder Reise immer von neuem zu gewährleisten, auch bei einer Transportreise, die sich an eine zu ihrer Ausführung unternommene Ballastreise anschließt. 2. Bei Berechnung der 3 % Befreiung des § 97 gilt die Ballastzureise gegenüber der demnädistigen Transportreise als eine besondere Reise. 3. Nach § 130 Abs. 3 sollen dem Versicherer die — mutmaßlich dann außergewöhnlich hohen — Kosten der Beschaffung der Reparaturgelder in dem Falle zur Last fallen, daß die Reparatur nicht an dem Orte, wo die Reise enden sollte, stattzufinden hat. Im Sinne dieser Bestimmung ist als Ort, wo die Reise enden sollte, audi der Ort anzusehen, nach dem das Schiff auf einer Ballastzureise fährt. Alle diese Bestimmungen sind durchaus verständlich und erscheinen auch in sich billig und gerechtfertigt. Es bedarf keiner Ausführung, daß sich mit ihnen die vom Vorderrichter gezogene Folgerung nicht auf eine Linie stellen läßt und somit nicht unter die Worte „u.dgl." begriffen werden kann. Vgl. auch V o i g t , Seevers. S. 143 Abs. 2. . . . Die Beklagte hat in der Revisionsinstanz darzulegen versucht, es sei ein Unterschied zu machen, je nachdem die kombinierte Zu- und Transportreise als solche versichert oder durch Zeitversicherung gedeckt sei; im ersten Falle möchte den Ausführungen der Revision beizutreten sein, während sie im anderen Falle nach den § § 8 3 und 97 Abs. 3 der Bedingungen nicht zuträfen. Für eine solche Unterscheidung fehlt es aber sowohl an einem sachlichen Grunde, wie auch an einem Anhalte in dem Wortlaute der angezogenen Bestimmungen, nach dem vielmehr beide Fälle völlig gleich behandelt werden." . . . RGZ.75, 169. Zur Frage der Doppelversicherung nach § 788 HGB. (Fassung vom 10. Mai 1897). I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 30. Januar 1911. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit
daselbst.
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Am 30. März 1906 fand im Hamburger Hafen zwischen einem fremden Dampfer und einer im Tau des klägerischen Schleppers „Alwine" befindlichen Schute ein Zusammenstoß statt, wobei die Schute und ihre Ladung beschädigt wurden. Der Kläger wurde in einem Vorprozesse verurteilt, den an der Ladung entstandenen Schaden gemäß den Fraditbedingungen der Hamburg-Altonaer Ewerführer-Baase zu ersetzen. Die damaligen Kläger waren Zessionare der Ladungseigentümer. Ein vertragliches Verhältnis zwischen ihnen und dem jetzigen Kläger lag nidit vor, da die Frachtverträge von Spediteuren im eigenen Namen geschlossen waren. Die Verurteilung war lediglich auf § 3 BinnSchiffGes. gestützt. Zur Zeit des Unfalls war die „Alwine" nach den Allg. Seeversidierungs-Bedingungen von 1867 zur Höhe von 23 000 Μ versichert, und zwar zu je einem Drittel bei der Versicherungs-Aktiengesellschaft Rhenania, bei der Oberrheinischen Versicherungsgesellschaft und bei der Versicherungsgesellschaft Globus. Die Versicherung umfaßte den Schaden, den der Kläger als Eigentümer der „Alwine" einem Dritten wegen Verschuldens einer Person der Schififsbesatzung ersetzen mußte. Die mit der jetzigen Klage zu einem Drittel herangezogene Gesellschaft Globus leitete ihre Verteidigung aus der Tatsache her, daß der Kläger zu der fraglichen Zeit noch durch eine andere Police der Rhenania und der Oberrheinischen Gesellschaft versichert war, durch eine Haftpfliditpolice, die er vor Eingehung der Kaskoversicherung genommen hatte. Die Beklagte war der Ansicht, daß hiernach die spätere Kaskoversicherung, soweit es sich um den indirekten Kollisionssdiaden handle, als Doppelversicherung ungültig sei. Vom Kläger wurde diese Folgerung bestritten. Während der erste Richter die Beklagte antragsgemäß verurteilte, wies das Oberlandesgericht die Klage ab. Die Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Nach § 11 der Allg. Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 ( = § 788 HGB., Fassung vom 10. Mai 1897) hat, wenn ein zum vollen Werte versicherter Gegenstand nochmals versichert wird, die spätere Versicherung insoweit keine rechtliche Geltung, als der Gegenstand auf dieselbe Zeit und gegen dieselbe Gefahr bereits versichert ist. Die Zweifel, ob diese Voraussetzungen hier verwirklicht sind, wo der Kläger durch eine ältere Haftpflichtpolice der beiden rheinischen Gesellschaften und durch eine jüngere Kaskopolice derselben Gesellschaften
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sowie der Beklagten versichert war, knüpfen an den Wortlaut im Anhang der Haftpfliditpolice an: „Diese Versicherung deckt alle Schäden, für welche der Absender oder Empfänger der Waren den Herrn Versicherten in seiner Eigenschaft als Frachtführer verantwortlich zu machen berechtigt ist." Das Landgericht, das die Doppelversidierung verneint hat, führt aus, der Kläger habe Ansprüche der Ladungseigentümer, nicht Ansprüche der davon verschiedenen Absender oder Empfänger der Ladung befriedigen müssen. Die Ansprüche der Absender aus den Frachtverträgen und die der Eigentümer nach § 3 BinnSdiiffGes. seien nicht identisch. Indem der Kläger gegen die einen versichert war, sei er es nicht zugleich gegen die andern gewesen. Demgegenüber hält das Oberlandesgericht für entscheidend, daß der Kläger von den Absendern hätte belangt werden können. Da diese rechtliche Möglichkeit bestanden habe und der Kläger, wenn sie eingetreten wäre, das Recht gehabt hätte, sich an die Haftpflichtversicherer zu halten, sei die Doppelversidierung nicht zu bestreiten. Dem Oberlandesgericht muß im Ergebnis, wenn audi nicht in der Begründung, zugestimmt werden. Allerdings wendet die Revision nicht ohne Grund ein, daß es darauf ankomme, was der Kläger angesichts der tatsächlichen Gestaltung der Dinge tun durfte, nicht darauf, was ihm unter andern Umständen zu tun erlaubt gewesen wäre. Es fragt sich, ob er wegen der Ansprüche, auf die hin er im Vorprozeß verurteilt ist, den Rüdegriff gegen die Haftpflichtversicherer nehmen konnte. Auf der andern Seite ist zu beachten, daß es in der Police nicht etwa heißt: „Die Schäden, für welche der Absender den Kläger als Frachtführer verantwortlich macht", auch nicht: „für die er ihn mit Recht verantwortlich macht", sondern: „für che er ihn verantwortlich zu machen berechtigt ist". Auch wenn man der Revision zugibt, daß die Person des Absenders die Haftpflichtversicherung individualisiert, bedeutet dies doch nur, daß dadurch der objektive Inhalt der Forderung bestimmt wird, für deren Befriedigung der Versicherer Ersatz leisten muß. Wer die Forderung erhoben hat, ist nicht immer von entscheidender Wichtigkeit. Es begründet nicht notwendig einen Unterschied, ob im Einzelfalle der Absender, oder ob der Eigentümer der Ladung geklagt hat. Ständen sich bei Beschädigung der Ladung der durch die Kaskopolice gedeckte außervertragliche Anspruch des Eigentümers und der Vertragsanspruch des vom Eigentümer verschiedenen Absenders derartig selbständig gegenüber, daß die Tilgung des einen Anspruchs den andern unberührt ließe, so wäre natürlich von Doppelversidierung keine
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Rede. Ebenso würde, wenn Gesamtgläubigerschaft vorläge, aber der eine Anspruch über den andern hinausginge, mit Bezug auf den Überschuß die spätere Versicherung ihre Geltung bewahren. Anders aber, wenn die Ansprüche der Gesamtgläubiger auch ihrer Höhe nach zusammenfallen. Bei solcher Sachlage hängt die die spätere Versicherung entkräftende Wirkung der früheren nicht davon ab, ob es zufällig der Absender, oder ob es der Eigentümer ist, der seinen Anspruch betreibt. Audi wenn der Anspruch des Eigentümers ausgeübt wird, bleibt es dabei, daß ein Schade eingeklagt ist, für den nadi der älteren Haftpfliditpolice „der Absender den Versicherten in seiner Eigenschaft als Frachtführer verantwortlich zu machen berechtigt war". Der Schade wird daher durch die Haftpflichtversicherung gededet, die jüngere Kaskoversicherung ist insoweit unwirksam. Der vorliegende Fall, wo die Absender Spediteure waren, die die Frachtverträge mit dem Kläger für Rechnung der Eigentümer abgeschlossen hatten, muß nach dem zuletzt besprochenen Gesichtspunkte beurteilt werden. Die außervertraglichen Schadensersatzansprüche der Eigentümer fanden, wie im Vorprozeß zutreffend erkannt worden ist, in den Bedingungen der Hamburg-Altonaer Ewerführer-Baase, die der Kläger seinen Frachtverträgen zugrunde gelegt hatte, ihre Schranke (vgl. dazu Urteil des Reichsgerichts in der Hanseat. Ger.-Ztg. Hptbl. 1902 Nr. 89). In diesem Umfange — in keinem höheren und keinem geringeren — konnten auch die Spediteure den Kläger verantwortlich machen. Es ist feststehende Rechtsprechung des Reichsgerichts, daß ein Beauftragter, der im eigenen Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers kontrahiert hat, für den dem Auftraggeber entstandenen Schaden Ersatz verlangen kann (vgl. Entsch. in Zivils. Bd. 62 S. 335). Durch Befriedigung der Spediteure wären mithin die Ansprüche der Eigentümer getilgt worden, ebenso wie umgekehrt die Befriedigung der Eigentümer den Spediteuransprüchen den Boden entzog. Absender und Eigentümer waren Gesamtgläubiger; ihre Ansprüche hatten die gleiche Höhe und waren auf Ersatz desselben Schadens gerichtet. Da sonach die Haftpflichtpolice es dem Kläger ermöglichte, nach der den Eigentümern gegenüber erfolgten Verurteilung sich bei den rheinischen Versicherern zu erholen, steht ihm ein Rückgriff gegen die jetzige Beklagte auf Grund der Kaskopolice nicht zu."
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RGZ. 84, 382. Seeversicherung. Wen trifft die Bcweislast, wenn gegenüber dem Anspruch auf die Versicherungssumme der Versicherer sich darauf beruft, daß der Totalverlust des Schiffes auf dessen Seeuntüchtigkeit zurückzuführen sei? Grundsätze der Beweiswürdigung. HGB. § 8 2 1 Nr. 1. Allg. Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 § 7 0 . I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 8. April 1914.
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht
daselbst.
Im November 1910 hatte der Kläger den in Christiania liegenden norwegischen Dampfer Drammen auf Abbruch gekauft, den er durch den Schlepper Arkona der „Unterweser" nach Moorburg überführen lassen wollte. Am 24. November 1910 wurde die Reise angetreten, nachdem der Kläger bei der Beklagten Versicherung auf das Fahrzeug genommen hatte. Der Dampfer war völlig manövrierunfähig. Die Maschine war auseinandergenommen, Donkeykessel und Masdiinenpumpen waren außer Betrieb. Die Besatzung bestand aus drei Mann, nämlich, außer dem Sdiiffer auf kleine Fahrt B., einem gewissen Α. M. und dem Schiffszimmermann H., welche nicht Seeleute von Beruf sind. Am 26. November sprang der Drammen aus unaufgeklärter Ursache leck. Er sank mit dem Hinterschiff immer tiefer in das Wasser, so daß die Besatzung das Schiff verließ und sich auf den Schlepper rettete, und sank in der Nähe von Sylt um 12 Uhr mittags weg. Er ist total verlorengegangen. — Aus den
Gründen:
„Gegenüber dem Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme haben sich die Versicherer darauf berufen, daß das Schiff nicht seetüchtig gewesen und daraus der durch den Totalverlust verursachte Schaden entstanden sei (§ 821 Nr. 1 Abs. 1 HGB., § 70 Nr. 1 und Zusatz Abs. 2 Nr. 1 AllgSeeVersBed.). In der Vorinstanz haben die Beklagten zugegeben, daß es an ihnen liege, die Seeuntüchtigkeit zu beweisen, haben aber nicht das gleiche gelten lassen wollen, was den ursächlichen Zusammenhang der Seeuntüchtigkeit des Schiffes mit seinem Untergang angeht. Der Vorder richter ist ihnen darin nicht gefolgt. Er führt aus, daß freilich das Reichsgericht in dem Urteil Seuff. Arch. 47 Nr. 50 auf diesem Standpunkt stehe. Er meint, daß die Auffassung jener Entscheidung viel Bestechendes habe und mit Grundsätzen in Einklang stehe, wonach bei Ersatzansprüchen auf Grund von Übertretungen vorbeugender Polizei-
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gesetze der Übertreter bis zum Beweise des Gegenteils den Schaden, dem das Gesetz vorbeugen wolle, als durch die Übertretung verursacht gelten lassen müsse, wenn dadurch der Schaden entstanden sein könne. Aber er läßt das nicht gelten in Fällen, wo der Vertrag (oder das mit ihm übereinstimmende Gesetz) eine bestimmte Verteilung der Beweislast gewollt habe. Dies sei hier angesichts der Fassung der einschlägigen Bestimmungen, § 821 HGB. und § 70 AllgSeeVersBed., der Fall. Dafür, daß nach diesen Vorschriften der Versicherer auch den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Seeuntüchtigkeit und dem Versicherungsfall beweisen müsse, habe sich ausnahmslos die Literatur, nicht minder aber audi das Reichsgericht selbst in dem Urteil Entsch. in Zivils. Bd. 70 S. 96 ausgesprochen. Diese Ausführungen wirken schon insofern nicht überzeugend, al» das Moment, worauf der Vorderrichter die Unterscheidung der für die Beweislast verschieden zu beurteilenden Fälle gründen will, das Entscheidende nicht sein könnte. Ist gegenüber dem Wortlaut des § 821 Nr. 1 Abs. 1 noch ein Zweifel darüber denkbar, wer der beweispflichtige Teil ist, 90 kann unmöglich daraus allein, daß die Parteien ihren Vertrag in diesen Wortlaut des Gesetzes fassen, ein Schluß darauf gezogen werden, daß sie audi über die Verteilung der Beweislast sich haben einigen wollen. Aber die Ausführungen des Vorderrichters beruhen überhaupt auf einem Mißverständnis. Voraus zu bemerken ist, daß, was hier zur Erörterung steht, nichts damit zu tun hat, daß bei der Abfassung der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen die Versicherer zunächst den Versuch gemacht haben, in dem § 70 (der anscheinend überhaupt nicht praktisch zur Geltung gekommen ist, vgl. V o i g t , Seevers.-Redit S. 441 flg.) nadi dem Vorbilde des englischen Versicherungsrechts dem Kaskoversicherten die Garantie für die Seetüchtigkeit des Schiffes aufzuerlegen. Wenn, wie der § 70 lautet, der Schaden von der Versicherung ausgenommen wird, welcher auf einer Reise entsteht, zu welcher das Schiff in seeuntüchtigem Zustand ausgesandt ist, so sollte damit ganz objektiv der Umfang des Risikos eingeschränkt werden. Es sollte jeder auf einer solchen Reise entstehende Schaden ausgeschlossen sein, gleichviel, ob er auf der Seeuntüchtigkeit beruhe oder nicht. Es sollte nicht etwa dem Versicherungsnehmer der Beweis des ursächlichen Zusammenhanges auferlegt werden, der damit vielmehr für gegenstandslos erklärt wurde. So wie die Bestimmungen nach Aufnahme des Zusatzes lauten, kann dem Vorderrichter darin nur beigestimmt werden, daß auch für
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die Ursächlichkeit die Beweislast den Versicherer trifft. Das wird in dem Urteil dieses Senats Entsch. Bd. 70 S. 95 schlechthin ausgesprochen. Aber etwas anderes ist — wenigstens dem Grundgedanken nach — auch in dem früheren Urteil des Senats aus dem Jahre 1891 nicht gesagt. Nicht um Verteilung der Beweislast handelt es sich dort, sondern darum, daß — ebenso, wie in den vom Berufungsgericht erwähnten Fällen, so auch hier — in Beziehung auf die Beweiswürdigung sich in Wissenschaft und Praxis allgemeine Rechtsgrundsätze gebildet haben» welche der Instanzrichter auf dem ihm im übrigen vorbehaltenen Gebiet der tatsächlichen Beurteilung des ProzeßstoSes einhalten muß, will eT nicht der Revision einen Angriffspunkt bieten. V o i g t (Seevers.-Recht S.455), den der Vorderriditer gegen die Rechtsprechung des Reichsgerichts anzieht, steht vielmehr ganz auf dem gleichen Standpunkt, wenn er, — und zwar in Beziehung nicht nur auf den ursächlichen Zusammenhang, sondern auch auf die Seetüchtigkeit — dem Versicherer den Beweis auflegend, am Schluß seiner Ausführungen den Vorbehalt macht, daß, wenn der Versicherte keinen den Unfall (der Verfasser hat hierbei das Leckspringen des Fahrzeugs im Auge) rechtfertigenden Umstand nachweisen könne, die evidentia facti gegen ihn spreche. Also auch hier der allgemeine Gedanke einer Erleichterung der Beweisführung unter Vorbehalt des vom Gegner etwa zu führenden Gegenbeweises. S i e v e k i n g (Seevers.-Recht § 821 Anm. 4b) bekämpft die Entscheidung in Seuff. Archiv ebenfalls ohne Grund. Es wäre allerdings „zu weitgehend", wenn das Reichsgericht nur das gesagt hätte, was S i e ν e k i η g a. a. O. darüber berichtet, nämlich: es genüge, wenn mit Rüdcsicht auf die konkrete Sachlage möglich erscheine, daß die Seeuntüchtigkeit die mittelbare Veranlassung des entstandenen Schadens gewesen sei, wenn möglicherweise der Schaden nicht entstanden wäre, wenn das Schiff seetüchtig in See gegangen wäre. Aber das Urteil sagt nicht nur das, es führt vielmehr aus, daß, wenn jene Frage bejaht wird, weiter zu erörtern ist, ob bestimmte Anhaltspunkte vorhanden sind, welche den Kausalzusammenhang als ausgeschlossen erscheinen lassen, oder, wie es an einer anderen Stelle weniger schroff und daher die Regel, diese als allgemein gültige gedacht, besser wiedergebend lautet: Anhaltspunkte, welche die Annahme begründen, daß die Mängel nicht als die unmittelbare Ursache des Unfalls anzusehen sind. Diese ganz wesentliche Fortführung des Gedankens darf nicht übersehen werden. Das Gericht hat keine Veranlassung, von den bisher festgehaltenen Grundsätzen abzugehen. Es liegt in dem Wesen menschlicher Erkennt-
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niskraft begründet, daß, wo immer die Frage nadi dem ursächlichen Zusammenhang auftritt, diese Schwierigkeit sich geltend madit, daß man auf hypothetische Erwägungen angewiesen ist. Es soll um deswillen nidits an der Verteilung der Beweislast geändert werden. Aber die Beweiswürdigung, der freien Beurteilung des Richters anvertraut, soll den Unterschied nicht verkennen, ob es gilt, wahrnehmbare Geschehnisse der Vergangenheit festzustellen, oder die Möglichkeiten im Bereiche dessen zu beurteilen, was eben nicht geschehen ist." . . . RGZ. 87, 2 2 7 . Zur Anwendung des § 656 HCB. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 25. September 1915.
I. Landgericht Stettin, K a m m e r für Handelssachen. —
II. Oberlandesgeridit
daselbst.
Der Kläger hat mit der Firma Sch. in Riga zwei Chartepartien vom 2./15. und 28./10. Juni 1911 geschlossen und auf Grund dieser Verträge in vier Reisen Rundhölzer von Riga nach Stettin befördert. Über die Ladungen wurden sieben Konnossemente gezeichnet, die an Order gestellt und von Sch. mit seinem Blankoindossament versehen worden sind. Die Beklagte ist die Empfängerin der Ladung. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Zahlung eines Restbetrags von 10 906 Μ an Fracht. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn diesen Betrag nebst Zinsen zu zahlen. Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts in Stettin wies die Klage ab. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein, die vom Oberlandesgericht wegen der Fracht aus sechs Konossementen zurückgewiesen wurde. (Über die Fracht aus dem siebenten Konossement, in dem das Maß der verladenen Hölzer nidit angegeben war, ist nodi nicht entsdiieden worden.) Die Revision ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: ,,Die Beklagte ist als Empfängerin der Hölzer verpflichtet, die Fracht nach Maßgabe des Konnossements zu zahlen ( § § 6 1 4 , 651 HGB.). Die hier in Betracht kommenden in Riga gezeichneten Konnossemente zeigen, bei Anführung der Zahlungen nach einem Konnossement vom 6./19. August 1911, folgenden Inhalt: „Ich Schiffer . . . bescheinige hierdurch, im Räume meines Sdiiffes erhalten zu haben von dem Herrn Sch. . . . 1 9 9 0 S t ü c k R u n d balken 3 1 3 4 9 , 7 5 c b f . e n g l . — d a v o n ca. 5 0 0 St. l o a d e d o n d e c k a t s h i p p e r s r i s k — . . . und daher ver-
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pflichtet bin, dieses . . . an O r d e r abzuliefern. Die Fracht dafür ist geschlossen zu 21 Pf. f ü r j e d e n a u s g e l i e f e r t e n e n g l . Κ u b i k f u β und alle anderen Bedingungen laut Charterparty, datiert Riga den 2 8 . / 1 0 . Juni a. c. . . . Qualität, Maß und Spezifikation unbekannt." Die unterstrichenen (gesperrten) Angaben sind handschriftlidi in das gedruckte Formular eingefügt. In der Chartepartie vom 2 8 . / 1 0 . Juni 1911 heißt es: „Nadi glücklicher Ankunft an dem Löschplatze und nach . . . Lieferung der Ladung . . . erhält der Kapitän . . . die bedungene Fracht von . . . 21 Pf. per engl. Kubikfuß Rundhölzer. . . . Bei der Frachtberechnung von Rundholz gilt . . . Fittenmaß für englische Kubikfuß." Bei der Beurteilung des Konnossementsinhalts hat das Berufungsgericht folgendes erwogen. In den in Betracht kommenden sechs Konnossementen sei das Aufmaß der Hölzer nach englischem Kubikfuß zahlenmäßig angegeben und als richtig bescheinigt worden. Im Zusammenhange mit der weiteren Angabe der Konnossemente, daß eine Fracht von 21 Pf. für jeden ausgelieferten englischen Kubikfuß zu zahlen sei, ergebe sich aus den Konnossementen zahlenmäßig, welche Fracht der Ladungsempfänger zu zahlen gehabt hätte. Diese Fracht habe die Beklagte unstreitig entrichtet. Unhaltbar seien die Ausführungen des Klägers darüber, daß nadi den Konnossementen die Fracht von 21 Pf. für jeden a u s g e l i e f e r t e n Kubikfuß zu zahlen sei, daß aber in Stettin — wie eine Umrechnung der zollamtlichen Vermessungsergebnisse nadi Metern in englische Fuß dartue — ein größeres Maß an Hölzern ausgeliefert sei als das in den Konnossementen verzeichnete Maß, daß daher die Beklagte die streitige Mehrfracht zu zahlen habe. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, die Erwähnung des Auslieferungsmaßes in den Konnossementen sei in dem Sinne zu verstehen, daß dadurch die Zahlungspflidit des Empfängers nadi unten eine versdiiebbare Grenze erhalte: er brauche nicht für mehr Hölzer Fracht zu zahlen, als ihm ausgeliefert würden. Die obere Grenze seiner Zahlungspflicht sei dagegen durch die in den Konnossementen enthaltenen Maßangaben festgelegt. Darüber hinaus hafte die Beklagte nicht. Diese Auffassung des Berufungsgerichts wird von der Revision mit Unrecht angegriffen. Die Auslegung der Konnossemente, wie sie das Oberlandesgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, enthält keinen Rechtsirrtum, sie steht vielmehr mit dem Gesetz im Einklang. Wenn das Konnossement keine anderen Angaben enthielte, als daß «ine bestimmte Zahl Rundhölzer geladen sei und die Fracht 21 Pf. für Versicherungsvertragsgesetz III
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den Kubikfuß betrage, so wäre nach § 620 HGB. im Zweifel anzunehmen, daß die Fracht nach dem Maße der in Stettin abgelieferten, nidit der in Riga eingelieferten H ö h e r zu zahlen sei. Ist aber wie im vorliegenden Falle das Maß im Konnossement angegeben (31 349,75 cbf. engl.), so soll diese Angabe nach ausdrücklicher Regel des § 656 HGB. „für die Berechnung der Fradit entscheidend" sein. Dem Konnossementserwerber gewährt die Maßzahl, weil ihr im Konnossement nach deutlichem Gesetzeswillen entscheidende Bedeutung verliehen ist, einen sicheren Anhalt für seine Frachtverpflichtung und seine davon abhängigen kaufmännischen Maßnahmen. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß sich im Konnossemente die Klausel findet: Qualität, M a ß und Spezifikation unbekannt. Wäre also die Maßangabe ,,31 349,75 cbf. engl." wie für die Sachhaftung so auch für die Höhe der Fracht nicht bestimmend, so wäre nicht abzusehen, was für einen Zweck dann die Einschreibung genauer Maße überhaupt haben sollte. Und zwar wäre die Einfügung der Maßangabe in das Konnossement um so weniger erklärlich, als die Feststellung des Maßes doch nur durch eine erheblichen Zeitaufwand beanspruchende Vermessung im Einladehafen erfolgen konnte. Gleiche Gesichtspunkte sind bereits in der Hamburger Konferenz, die den § 620 HGB. durch die Vorschrift des § 6 5 6 zu ergänzen beschlossen hat, hervorgetreten. Es heißt in den Protokollen der Kommission zur Beratung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs (herausgegeben von J. L u t z , V.Teil S. 2338): „Wenn im Konnossemente Maß, Zahl oder Gewicht der angeblich eingenommenen Güter genannt, gleichviel, ob die Klausel „Maß, Zahl oder Gewicht unbekannt" beigefügt sei oder nicht, so habe diese Angabe gerade den Sinn, daß sie der dereinstigen Frachtberechnung zugrunde gelegt werden solle. Wäre dies nicht der Fall, so würde im Falle der Beifügung jener Klausel der erwähnte Inhalt des Konnossements gar keine Bedeutung haben. In der eben dargelegten Weise werde die Sache in Deutschland allgemein angesehen und gehandhabt und ebenso in der Mehrzahl der neueren Gesetzgebungen" . . . Wohne der Maß- oder Gewichtsangabe im Konnossemente keine entscheidende Kraft bei, so „müßten die Waren bei der Löschung immer noch einmal gewogen oder gemessen werden und würde hierzu, wenn ζ. B. die Ladung aus 3000 bis 4000 Ballen Baumwolle bestehe u. dgl., ein sehr großer Zeitaufwand erforderlich sein, der ebensowohl im Interesse des Empfängers wie des Sdiiffers tunlichst vermieden werden, sollte."
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V o n der Regel, daß die Maßangabe im Konnossemente für die Frachtberechnung entscheidend ist, erwies sich freilich eine Ausnahme als unvermeidlich. Wird nämlich im Konnossemente trotz der Maßangabe bestimmt, daß dieser für die Berechnung der Fracht keine entscheidende Bedeutung zukomme, so muß eine solche Bestimmung durchgreifen. Das kann vernünftigerweise nicht anders sein; diese Ausnahme von der bezeichneten Regel wird denn auch im § 656 in dem Nachsatz „wenn nicht das Konnossement eine abweichende Bestimmung enthält" anerkannt. Dabei ist aber zu betonen, daß die Ausnahme sich nur dann Geltung verschaffen kann, wenn die abweichende Bestimmung unzweideutig ist. Schon das Reichsoberhandelsgericht hat sich (Entsch. Bd. 6 S. 347) in diesem Sinne ausgesprochen: Die „Maßangabe soll unbedingt allein entscheidend sein, sofern nicht das Konnossement selbst in völlig unzweideutiger Weise bestimmt, daß diese Angabe im Konnossemente für die Frachtberechnung nicht entscheidend sein, die Fracht vielmehr von dem Ergebnis einer Vermessung am Ablieferungsort abhängen soll". Wird hieran nicht festgehalten, so würde auch der weiter mit dem § 6 5 6 verfolgte Zweck, Streitigkeiten über die Höhe der geschuldeten Fracht zu vermeiden oder doch in erheblichem Maße zu vermindern, nicht erreicht werden können (vgl. die Kommissionsprotokolle a.a.O.). Die Revision will bei der Auslegung der hier streitigen Konossemente alles Gewicht auf den Satz legen, daß die Fracht 21 Pf. für jeden a u s g e l i e f e r t e n Kubikfuß betrage. Damit wird sie jedoch dem § 656 HGB. nicht gerecht. Es ist davon auszugehen, daß das Konnossement an erster Stelle eine genaue Angabe des Maßes der in Riga vermessenen Hölzer enthält. Wird daneben an einer zweiten Stelle auf das in Stettin auszuliefernde Maß verwiesen, so fragt sich zunächst, ob denn überhaupt beide Stelle des Konnossements miteinander unvereinbar sind. Es zeigt sich, daß diese Frage zu verneinen ist. Nach den Konnossementen waren ein Teil der Hölzer, nach einem Konossemente sogar sämtliche Hölzer, a t shippers risk auf Deck verladen worden. Ging die Decklast ganz oder zum Teil auf der Reise verloren, so konnte aus den Worten an der zweiten Konnossementsstelle entnommen werden, daß insoweit keine Fracht zu entrichten war (vgl. auch § 617 HGB.). Weiter ist besonders zu beachten, daß das in Riga vorhandene Maß sich auf der Reise nicht erhöhen konnte; denn es handelte sich um Hölzer, deren Maße durch eine Seereise nicht beeinflußt werden. Bei einer solchen Sachlage, bei der sich das Maß im Ausladehafen gegenüber dem im Einladehafen vorhandenen Maße nicht erhöhen, wohl aber
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unter Umständen verringern konnte, liegt der Sinn, in dem das Berufungsgericht das Konnossement ausgelegt hat, sehr nahe. Nach oben ist die Höhe der Frachtvergütung fest begrenzt, sie kann den Betrag von 2 1 X 3 1 349,75 nicht übersteigen. Nicht ausgeschlossen ist dagegen eine Verringerung der Vergütung, und insoweit kann es auf das in Stettin auszuliefernde Maß ankommen. Mit anderen Worten das Konnossement wird dahin beurteilt: die im Konnossemente stehende Maßzahl ist entscheidend, insoweit nicht, insbesondere im Falle des Verlustes von Hölzern, das in Stettin ausgelieferte Maß geringer sein sollte, als 31 349,75 cbf. engl. Der Konnossementserwerber hatte also insofern Sicherheit, als er sidi immer mit einer nach 31 349,75 cbf. berechneten Fracht von seiner Frachtverpflichtung lösen konnte. Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut des Konnossements durchaus vereinbar und entspricht zugleich dem im § 656 HGB. enthaltenen Gesetzeswillen. Mit diesem läßt sich dagegen die Auffassung der Revision nicht in Einklang bringen. Denn keinesfalls enthält das Konnossement gegenüber der in ihm stehenden genauen Maßangabe eine abweichende unzweideutige Bestimmung des Inhalts, die in das Konnossement aufgenommene Maßangabe habe für die Frachtberechnung überhaupt keine Bedeutung, die Berechnung solle vielmehr lediglich nach dem in Stettin festzustellenden Auslieferungsmaß erfolgen. Die für die Auslegung des Konnossements erheblichen Umstände mögen sich schon dadurch verändern können, daß es sich um Waren handelt, deren Gewicht oder Maß nach oben oder nach unten durch die Seereise, namentlich infolge der Aufnahme oder Abgabe von Feuchtigkeit aus der Luft oder an die Luft, beeinflußt wird (vgl. auch Hanseat. Gerichtszeitung 1888 Nr. 89 S. 206). Über einen solchen Fall ist hier indessen nicht abzuurteilen. Nicht entgegen steht den obigen Ausführungen die Entscheidung RGZ. Bd. 14 S. 117. Nach dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Tatbestande hieß es in der im Konnossement in Bezug genommenen Chartepartie, die Fracht bestimme sidi nach calliper measure, as customary at port of discharge. Durch diesen Hinweis auf eine gerade im Löschungshafen gebräuchliche Vermessungsweise war aller berechtigte Zweifel darüber beseitigt, daß die Fracht nur nach dem ausgelieferten Maße berechnet werden sollte. Die Maßangabe im Konnossemente wurde durch eine deutliche abweichende Bestimmung in der Chartepartie entkräftet. . . . Die Revision ist hiernach zurückzuweisen."
Secversidiening
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RGZ. 88, 238. Kann bei der Seeversicherung von Gütern der Nachweis der Verladung nur durch die Konnossemente geführt werden? Kann nach einer berechtigten Abandonerklärung die Forderung des Versicherten auch auf nachträglich eingetretenen Totalverlust gestützt werden? Was ist unter „Gewährleistung" im Sinne von § 8 6 8 Abs. 2 HGB. (§ 123 Abs. 2 Allg. SeeVersBed.) zu verstehen? Wird die Prämienverbesserung nach § 1 0 1 Abs. 3 Allg. SeeVersBed. durch Versicherung gegen Kriegsgefahr ausgeschlossen? HGB. §§ 884, 861, 868. Allg. SeeVereBed. §§ 146, 116, 123, 101. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 17.Mai 1916.
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit daselbst.
Mit dem der Klägerin gehörigen Segler „Odessa" wurde im Juni 1914 eine von ihr gekaufte Salpeterladung von der Westküste Südamerikas nach Europa verschifft. Die Klägerin versicherte diese Ladung gemäß der Police . . . zum taxierten Wert von 961 921 Μ einschließlich 10°/o imaginären Gewinns mit der Klausel „nur für Seegefahr", jedoch einschließlich Kriegs- und Nothafengefahr, gegen 3s/e°/o Prämie für Rechnung, wen es angeht, bei einer Reihe von Gesellschaften. Die Beklagte übernahm von dem Gesamtbetrag 72 144 M. Am 19. August 1914 wurden Sdiiff und Ladung von einem englischen Kriegsschiff aufgebracht. Hiervon erstattete die Klägerin der Beklagten am 11. September 1914 Anzeige. Sie verlangte am 11. November 1914 von der Beklagten Zahlung der gesamten, nach ihrer Meinung infolge der Aufbringung und des Fristablaufs fälligen Versicherungssumme; die Frist des § 116 unter 2 Allg. SeeVersBed. war durch die Police auf 2 Monate ermäßigt. Die Beklagte lehnte dies ab, weil die Konnossemente nicht vorgelegt werden konnten. Diese waren nämlidi der Nebenintervenientin (einer englisdien Bankfirma) dafür in Pfand gegeben, daß diese im Auftrage der Klägerin den vereinbarten Bankremburs durch Akzeptierung der von den Verkäufern gezogenen Wedisel in Höhe des Kaufpreises von ca. 8 50 000 Μ geleistet hatte. Von dem Kaufpreis entfällt auf die hier in Rede stehende Versicherungssumme von 72 144 Μ ein Betrag von 63 749,93 M, während der Rest von 8394,07 Μ den imaginären Gewinn und die Versicherungskosten darstellt. Die Police selbst ist in Händen der Klägerin. Mit der am 1. Dezember 1914 erhobenen Klage verlangte die Klägerin Zahlung der Versicherungssumme η. Z. gegen Abtretung ihrer
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Rechte an der Ladung pro rata gemäß § 116 Allg. SeeVersBed., eventuell aber Sicherheitsleistung in Höhe von 63 749,93 Μ η. Ζ. und Zahlung in Höhe von 8 394,07 Μ η. Ζ. In der Berufungsinstanz stellte sie noch einen zweiten Eventualantrag auf Zahlung der Versicherungssumme gegen Sicherheitsleistung ihrerseits wegen der Pfandansprüche der Nebenintervenientin in Höhe von 63 749,93 M. Am 21. Dezember 1914 hat der Londoner Prize Court die Ladung gegen den Widerspruch der Nebenintervenientin, welche darauf kraft der in ihren Händen befindlichen Konnossemente Anspruch erhob, für gute Prise erklärt, weil die britische Nebenintervenientin nur pledgee sei, während der legal owner ein alien enemy, nämlich die Klägerin, sei. Im Juli 1915 wurde dies Urteil infolge der Verwerfung der Berufung durch den Privy Council rechtskräftig. Klägerin stützt daher ihre Ansprüche audi auf den gemäß § 1 0 9 Allg. SeeVersBed. eingetretenen Totalverlust. Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie bestreitet, daß sie ohne Vorlegung der Konnossemente (vgl. Allg. Bed. § 146 unter 1) zur Zahlung verpflichtet sei. Vor allem müsse ihr aber die Klägerin die ihr an der Ladung zustehenden Rechte abtreten (vgl. Allg. Bed. § § 1 1 6 und 123), und hierzu sei sie infolge der Verpfändung an die Nebenintervenientin nicht imstande. Es fehle dementsprechend auch an einem eigenen Interesse der Klägerin, da nicht sie, sondern die Nebenintervenientin den Kaufpreis bezahlt habe, und eine Regreßforderung der Nebenintervenientin nicht zu befürchten sei. Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch nachträglich noch um 360,72 Μ erhöht. Diesen Betrag hat sie nämlich am 11. Dezember 1914 auf Verlangen der Beklagten als Prämienverbesscrung gemäß § 101 Abs. 3 der Allg. Bed. unter Protest bezahlt. Sie ist der Ansicht, daß sie zu dieser Nachzahlung nur verpflichtet sein würde, wenn sie Versicherung lediglidi ,,nur für Seegefahr" genommen hätte, daß aber ihre Versicherung gegen Kriegsgefahr auch das hier in Frage kommende Risiko dccke. Die Beklagte bezeichnet diese Auslegung der Vertragsbestimmungen als unrichtig. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen verurteilte Jas Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung der Versicherungssumme: nur bezüglidi der nachträglich verlangten 360,72 Μ (Extraprämie) wurde die Berufung zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten wurde das Berufungsurtril dahin abgeändert, daß die Beklagte wegen des Betrags von 63 749,93 Μ nur zur Sicherheitsleistung verurteilt wurde. Die Anschlußrevision der Klägerin wegen der Extraprämie von ?όύ,72 Μ wurde zurückgewiesen.
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Gründe: „Richtig ist, was das Berufungsgericht über die Berechtigung der Klägerin zum Abandon ausführt. Insbesondere steht es dieser Berechtigung nicht entgegen, daß die Klägerin die Konnossemente nicht vorlegen kann, denn § 146 Allg. SeeVersBed. sagt keineswegs, daß die Verladung der Güter nur durch Vorlegung der Konnossemente nachgewiesen werden kann. Die Verladung und die Tatsachen, aus denen sich das Eigentum der Klägerin an der Ladung ergibt, stehen aber als unbestritten fest. Ebenso liegen die vertragsmäßigen Voraussetzungen der Abandonerklärung ( § 1 1 6 Allg. SeeVersBed.) unbestritten vor. Der Abandon ist ordnungsmäßig und nach Ablauf der vertragsmäßigen Zweimonatsfrist jedenfalls in der Klage, wenn nicht schon am 11. November 1914, erklärt worden. Er ist audi nicht widerrufen worden, so daß die weitere Begründung der Klage auf die demnächstige Verurteilung der Ladung als gute Prise und den damit eingetretenen Totalverlust nicht mehr in Betracht kommt, weil diese Tatsachen wegen des Überganges der Rechte auf die Beklagte ( § 1 2 3 Abs. 1 Allg. SeeVersBed.) sich für deren Rechnung ereigneten. Gerechtfertigt ist daher die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der den imanigären Gewinn und die Versicherungskosten umfassenden Summe von 8394,07 Μ nebst Zinsen, weil einerseits insoweit Rechte Dritter nicht entgegenstehen, anderseits auch bereits ein wirklicher Schade der Klägerin vorliegt, dessen Höhe aus den vom Berufungsgericht angegebenen Gründen nicht bestritten werden kann. Insoweit ist die Revision zurückzuweisen. Dagegen ist ihr darin beizutreten, daß wegen des Restes der Versicherungssumme, der den Kaufpreis deckt, die Frage der Gewährleistung ( § 1 2 3 Abs. 2 Allg. SeeVersBed.) rechtsirrtümlich beurteilt worden ist. Zur Zeit des Abandons hafteten auf der Ladung dingliche Rechte, nämlidi ein Pfandrecht der Nebenintervenientin wegen des von ihr bezahlten Kaufpreises. Dieses Pfandrecht gründete sich nicht auf Gefahren, für die die Beklagte nach dem Versicherungsvertrag aufzukommen hatte. Es liegt daher der Fall des § 123 Abs. 2 Allg. SeeVersBed. (§ 868 Abs. 2 HGB.) vor, für den bestimmt ist, daß der Versicherte dem Versicherer Gewähr zu leisten hat. Diese „Gewährleistung" braucht nicht notwendig in einer Sicherheitsleistung seitens des Versicherten zu bestehen; der Begriff ist vielmehr weiter. Schon nach den Hamburger Protokollen S. 3448 wurde zu dem Art. 751 (daselbst S. 3420), dessen zweiter Satz mit redaktionellen Änderungen dem heutigen Abs. 2 des § S68 HGB. entspricht, ohne Widerspruch bemerkt: „Der Versicherer
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solle vielmehr nur befugt sein, den Betrag, um welchen der Wert der versicherten Sache durch die darauf haftenden Verpflichtungn verringert werde, von der Versicherungssumme abzuziehen oder s o n s t Gewährleistung von dem Versicherten anzusprechen." So erwähnt audi V o i g t , Seeversicherungsrecht S. 661, unter den Verpflichtungen, deren Betrag der Versicherte sich von der Versicherungssumme kürzen lassen muß, als Beispiel eine Bodmereischuld, die nicht in einer von dem Versicherer übernommenen Gefahr ihren Grund hat. Er bemerkt dazu, daß dieser Abzug sich a u d i dadurch rechtfertige, daß das versicherbare Interesse um diesen Betrag verringert sein würde. Ähnlich R e a t ζ , Seeversicherung, in Endemanns Handbuch IV S. 458. Das Rechtsinstitut des Abandons hat den Zwecke, dem Versicherten ein durch die übernommene Gefahr unbenutzbar gewordenes, hochgefährdetes Kapital sofort als nutzbares wiederzuversdiaffen; er soll dieserhalb nicht auf den in Z u k u n f t etwa eintretenden wirklichen Totalverlust, bzw. auf die zweifelhafte Möglichkeit der Rettung verwiesen werden können (vgl. A r n o u l d , Marine Insurance II S. 1183). Daraus folgt, daß, soweit überhaupt kein Kapital des Versicherten der Gefahr ausgesetzt war, wie bei der von V o i g t erwähnten Bodmereibelastung, auch keine Entschädigung zu zahlen ist (vgl. A r n o u l d a . a . O . S. 1211 Abs. l). Es kann auch gerechtfertigt sein, dem Versicherten die Entschädigung nur gegen eine Sicherheit zuzusprechen für den Fall, daß ihm das vorläufig entzogene Kapital infolge der Belastung später einmal wieder zugeht. Drittens kann die Sicherheitsleistung dann dem Versicherer obliegen, wenn eine Kapitalentziehung erst für die Z u k u n f t droht. Würde in diesem Falle der Versicherer zur sofortigen Zahlung verurteilt, vorbehaltlich der Verpflichtung des Versicherten zur Rüdczahlung, falls der Kapitalverlust in Wirklichkeit nicht eintritt, so würde er mehr erhalten, als ein eingebüßt hat, was dem Wesen der Versicherung widerspricht. Diese Grundsätze, auf den vorliegenden Fall angewandt, ergeben folgendes. Stände sdion jetzt fest, daß die Nebenintervenientin von der englischen Regierung aus dem Werte der für gute Prise erklärten Ladung abgefunden wird, so wäre der dem Kaufpreis entsprechende Wert des Pfandrechts einfach von der Versicherungssumme abzuziehen, denn die Klägerin hätte dann insoweit weder ein Kapital investiert, n o d i einen Kapitalverlust zu befürchten. Stände umgekehrt das Gegenteil fest und k ö n n t e die Pfandforderung der Nebenintervenientin sofort gegen die Klägerin geltend gemacht werden, so müßte die Beklagte die eanze Versicherungssumme bezahlen, denn die Klägerin hätte dann
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nicht nur den imaginären Gewinn und die Versicherungskosten endgültig eingebüßt, sondern ihr Vermögen wäre zugleich mit einer fälligen Forderung der Nebenintervenientin in Höhe des Kaufpreises belastet, während ihr die Deckung dafür in Gestalt der Ladung entzogen wäre. Sie h ä t t e also einen Schaden in Höhe der Versicherungssumme erlitten. Wäre nur mit der Möglichkeit der Schadloshaltung der Nebenintervenientin aus der Prise zu rechnen, und könnte diese ihre Forderung gegen die Klägerin unbehindert geltend machen, so würde sich die Verurteilung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung der Klägerin rechtfertigen, weil deren Vermögen mit einer fälligen Forderung belastet wäre, für die nur die Möglichkeit einer zukünftigen Deckung bestände. Der gegenwärtige Fall liegt noch anders. Zwar ist das Vermögen der Klägerin mit der Pfandforderung der Nebenintervenientin belastet, während ihr die Deckung dafür durdi Übergang des Eigentums an der Ladung zunächst, infolge der Abandonerklärung, auf die Beklagte, und alsdann, infolge des Urteils des Prisengerichts, auf die englische Regierung endgültig entzogen ist. Die Pfandforderung der Nebenintervenientin kann aber gegenwärtig nidit geltend gemacht werden, so daß die Entziehung eines nutzbaren Kapitals zur Zeit nur droht; zugleich besteht immerhin die Möglichkeit, daß die Nebenintervenientin als britische Untertanin von der britischen Regierung aus dem Erlöse der Ladung schadlos gehalten wird, und in diesem Falle würde der Klägerin in Höhe des Kaufpreises infolge der Tilgung ihrer Schuld jeder Schaden erspart werden. Daher ist es nicht gerechtfertigt, die Beklagte insoweit schon jetzt zur Zahlung zu verurteilen, denn hierdurch würde die Klägerin für die Zwischenzeit bis zu der noch nicht einmal sicheren Inanspruchnahme durch die Nebenintervenientin eine Kapitalnutzung erhalten, die ihr durdi den Unfall gar nicht entzogen ist. Anderseits kann die Klage auch nicht ohne weiteres insoweit abgewiesen werden, denn die Klägerin hat die Sicherheit einer Deckung der Pfandforderung durch die Ladung endgültig eingebüßt. Das Richtige trifft vielmehr der erste Eventualklagantrag, der darauf gerichtet ist, der Klägerin eine entsprechende Sicherheit wiederzuverschaffen. Diese Forderung ist auch in dem Schreiben der Klägerin vom 11. November 1914 am Schlüsse erhoben und ganz zutreffend begründet worden. Hinsichtlich des Betrags von 63 749,93 Μ nebst Zinsen ist daher auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil dahin abzuändern, daß die Beklagte nur zur Sicherheitsleistung verurteilt wird. Die Anschlußrevision ist nicht begründet. Wäre die Beklagte lediglich „nur für Seegefahr" versichert gewesen, so unterliegt es keinem
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Zweifel, daß sie nach der Aufbringung der „ O d e s s a " zur Prämienverbesserung nach § 1 0 1 Abs. 3 der Bedingungen verpflichtet gewesen wäre, sofern sie, was nicht geschehen ist. nicht auf die Fortdauer der Versicherung verzichtet hätte. Ebensowenig kann bezweifelt werden, daß sie dazu nicht gemäß § 101 Abs. 3 verpflichtet gewesen wäre, wenn sie sich nur gegen Kriegsgefahr versichert gehabt hätte. Im vorliegenden Falle bestanden aber beide Versicherungen nebeneinander. Daher kann es sich nur fragen, ob mit der Aufbringung des Schiffes die Versicherung für Seegefahr ohne weiteres gegenstandslos wurde, denn alsdann würde allerdings der § 101 Abs. 3, welcher Versicherung gegen Seegefahr als bestehend voraussetzt, unanwerrdbar sein. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr war die Ladung auch nach der Aufbringung noch beiden Arten von Gefahren ausgesetzt, und es bestanden daher zunächst noch beide Versicherungen nebeneinander. (S. § 1 0 1 Abs. 1; R G Z . Bd. 67, S. 25S und B o y e n s in Goldschm. Zeitschr. Bd. 76 S. 4 1 0 . ) Die Versicherung gegen Kriegsgefahr deckte auch keineswegs das hier in Rede stehende Risiko. Vielmehr sind unter 2 der Kriegsklausel gewisse Folgen eines durch Kriegsgefahr verursachten Aufenthalts gerade insoweit von der Versicherung gegen Kriegsgefahr ausgenommen, als sie durch die V e r sicherung „nur für Seegefahr" gedeckt sind oder gedeckt werden können, und letzteres trifft für den Aufenthalt im Aufbringungshafen zu. Auf Grund ihrer Versicherung „nur für Seegefahr" war die Klägerin daher gemäß § 101 Abs. 1 zur Prämienverbesserung verpflichtet. O b hierin mit der Abandonerklärung eine Änderung eintrat, weil nunmehr die Gefahr der versicherten Ladung auf die Beklagte überging, bedarf keiner Erörterung, weil es sich im gegenwärtigen Rechtsstreite nur um die Prämie des ersten Monats nach der Ankunft des Schiffes im Aulbringungshafen handelt." . . . R G Z . 88. 313. Was ist unter den „zur Rettung sowie zur Abwendung größerer Nachteile" aufgewendeten Kosten zu verstehen, welche nach § 834 Nr. 3 HGB. dem Versicherer zur Last fallen? HGB. § § 8 1 9 und 8 3 4 Nr. 3. Allgemeine Seeversicherungsbedingungen von 1 8 6 7 § § 6 6 , 8 4 Nr. 3 , 1 0 1 . . Hamburger Kriegsklausel von 1 9 1 3 . I. Z i v i l s e n a t . 1. L a n d g e r i c h t
I Berlin,
Kammer
Urt. v. 17. Juni
für H a n d e l s s a c h e n .
—
1916.
11. Kainmergericht
daselbst.
Die Klägerin hat bei der Beklagten gemäß Versicherungsschein vom 30. Juli 1914 eine größere Menge Gold, unter anderem 5 5 0 0 0 £ ,
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die von ihrer Filiale in Buenos Aires f ü r die Londoner Filiale der D. Bank auf dem Dampfer Ortegal verladen waren, „nur gegen Kriegsg e f a h r " n a d i der Hamburger Kriegsklausel v o n 1913 versichert. Der Dampfer war am 16. Juli von Buenos Aires abgegangen und unterwegs durch Funksprudi v o r der Kriegsgefahr gewarnt worden. Er lief deshalb am 3. August in den neutralen spanischen Hafen von Teneriffa ein, w o er noch jetzt liegt. Die Filiale einer d e u t s d i e n Bank in Barcelona war bemüht, das Gold f ü r die deutsche Empfängerin und für Deutschland zu retten. Es gelang ihr, ohne Vorzeigung des Konnossements die Auslieferung vom Schiffer, abzüglich eines für Beteiligung an der großen Havarei zurückbehaltenen Betrags von 5000 £ , zu erreichen und die Bank von Spanien zum Ankauf und zur Gutschrift des Kaufpreises zu bestimmen. Der Verkauf war mit Verlust verbunden, a u d i verursachten die Bemühungen der Intervenientin erhebliche Kosten. Nachdem die Klägerin zunächst am 25. September der Beklagten geschrieben hatte, sie habe die R e t t u n g nicht veranlaßt und den Gegenwert nicht angenommen, und versucht hatte, die ganze Versicherungssumme von der Beklagten bezahlt zu erhalten, was diese ablehnte, genehmigte sie nachher das Verfahren der Bank in Barcelona und verlangte nunmehr von der Beklagten mit der gegenwärtigen Klage auf Grund der Kriegsversicherung Ersatz des Verlustes und der Kosten, die sie auf 82 516,54 Μ berechnet. Sie stützt ihren Anspruch auf § 834 N r . 3 HGB. und § 7 der Allgemeinen Bedingungen der Police, indem sie geltend macht, bei dem b e k a n n t e n völkerrechtswidrigen Verhalten Englands h a b e damals auch in dem neutralen H a f e n noch die G e f a h r der N e h m u n g von Schiff und Ladung bestanden. Die Beklagte bestreitet, daß eine R e t t u n g im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege. Die Klage w u r d e in den Instanzen abgewiesen. Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen? ,,Die in Rede stehende Versicherung gilt ,,nur gegen Kriegsgefahr" gemäß der der Police angehängten Hamburger Kriegsklausel. Hiernach deckt die Versicherung unter den zu Nr. 1—3 aufgeführten Ausnahmen die durch die Klausel ,,nur für Seegefahr" ausgeschlossenen Gefahren. Maßgebend ist für den Bereich des demgemäß übernommenen Risikos der § 1 0 1 ASVB. (vgl. § 849 HGB.), welcher auch in Nr. 2 der Ausnahmen ausdrücklich angezogen wird. Nach dieser Bestimmung würden an sich unter die Kriegsklausel fallen: ,,die Kosten, welche entstehen . . . aus dem freiwilligen A u f e n t h a l t e wegen Kriegsgefahr", und es würde danach in Frage kommen, o b die Versicherung nicht unmittelbar
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auf den vorliegenden Fall zuträfe. Indessen sind gerade diese Kosten durch die Ausnahmebestimmung unter Nr. 1 von der Versicherung ausgenommen. Als versicherter Unfall kommt daher, wie audi die Klägerin nicht verkennt, hier nur die Nehmung durch feindliche Kriegsschiffe in Betracht. Um dieser zu entgehen, wurde der Teneriffa-Hafen als N o t hafen angelaufen und soll nach der Behauptung der Klägerin der Verkauf bewerkstelligt sein, mit dem die eingeklagten Kosten und Verluste verbunden waren. Die Klägerin ist der Ansicht, daß diese Kosten usw. zu den in den §§ 66 und 84 Nr. 3 ASVB. (§§ 819 und 834 Nr. 3 HGB.) bezeichneten Aufwendungen gehören, welche auch in § 7 der Allgemeinen Bedingungen gegenwärtiger Police dem Versicherten zur Pflicht gemacht seien. Diese Ansicht ist aber mit Recht von den Vorinstanzen abgelehnt worden. Was zunächst den erwähnten § 7 anlangt, so führt er nicht weiter als die vorerwähnten Bestimmungen der Allgem. Seeversicherungsbedingungen und des Handelsgesetzbuches. Er ist nur der hier vorliegenden Wertsendungsversicherung insofern angepaßt, als bei dieser auf einen bereits eingetretenen Verlust häufig schon aus einer Verzögerung der A n k u n f t geschlossen werden kann und es in diesem Falle geboten erscheint, sofort die „zur Erhaltung, eventuell zur Wiederbeschaffung der versicherten Valoren" notwendigen Nachforschungen anzustellen. Die Besorgnis eines bereits eingetretenen Verlustes lag aber im gegenwärtigen Falle nicht vor. Im übrigen setzen die erwähnten Bestimmungen einen durch die Versicherung gedeckten Unfall voraus, wie dies besonders eingehend in der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 21. Januar 1896 (Hanseat. GZ. Nr. 105), dargelegt ist. Ebenso S i e ν e k i η g , Seeversicherungsrecht zu § 819 Anm. 2. Tritt ein Unfall ein, für den der Versicherer aufkommen muß, so ist der Versicherte nach § 819 HGB. und analogen Bestimmungen (vgl. auch §§ 62, 63 VersVG., § § 2 1 6 4 ff., 2234 ALR. II, 8) verpflichtet, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um den Schaden noch abzuwenden oder zu mindern, und die hierfür notwendig oder zwedemäßig aufgewendeten Kosten sind ihm vom Versicherer zu ersetzen. Keineswegs gehören aber zu diesen Kosten die Aufwendungen, welche zu dem Zwecke erfolgen, um den versicherten Gegenstand der Gefahr, gegen die er versichert ist, vor Eintritt eines Unfalls zu entziehen. Der Versicherte ist im allgemeinen verpflichtet, den versicherten Gegenstand so zu behandeln, wie ein ordentlicher Kaufmann ihn im eigenen Interesse behandeln würde, wenn er nicht versichert wäre (vgl. RGZ. Bd. 32 S. 13). Danach kann ihm auch die Verpflichtung obliegen, bei allzu großer Gefahr das
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Unternehmen aufzugeben, oder in anderer Weise der Gefahr aus dem Wege zu gehen. Das sind aber Maßnahmen, die ohne Eintritt eines versicherten Unfalls den Versicherer nur insofern berühren, als ihre Unterlassung die Verwirkung des Ansprudis wegen Verschuldens des Versicherten oder seiner Vertreter (§ 821 Nr. 4 und 5 HG6. n. F.) zur Folge haben kann. Hiermit steht die von der Klägerin angezogene Entscheidung RGZ. Bd. 31 S. 131 nidit im Widerspruch. Dort handelte es sich um die Klausel „die Gefahr der Selbstentzündung oder deren Folgen sind inkludiert", und es mußten die versicherten Kohlen im Nothafen verkauft werden, weil bei Fortsetzung der Reise die Selbstentzündung infolge des vorher eingetretenen Seeunfalls unvermeidlich gewesen wäre. Es wurde nicht verkannt, daß der Wortlaut der Klausel den Fall nicht dedcte, indessen wegen des bereits vorliegenden Seeunfalls eine weitere Auslegung für sachgemäß erachtet. Auf Seite 133 wird bemerkt: „Es handelt sidi also nicht um eine Aufwendung zur V e r h ü t u n g von Schäden, welche unter allen Umständen dem Versicherten obliegt." Hierin liegt die Abgrenzung vom vorliegenden Falle. Die Klägerin kam günstigsten Falles nur geltend machen, daß sie das versicherte Unternehmen — ohne daß vorher ein unter die Versicherung fallender Unfall eingetreten wäre — hätte aufgeben müssen, weil nach Ausbrudi des großen Krieges die Gefahr der Nehmung durch feindliche Kriegsschiffe zu groß geworden sei, und daß ein schleuniger Verkauf wegen der Möglichkeit des Beitritts von Spanien zum Bunde unserer Feinde oder einer Neutralitätsverletzung von Seiten Englands geboten gewesen sei. Die Beklagte bestreitet letzteres und meint, daß das Gold in Teneriffa vollkommen sicher gewesen und der Verkauf haupsädilich wegen des drohenden Zinsenverlustes vorgenommen sei. Aber selbst wenn man in dieser Hinsicht durchaus der Darlegung der Klägerin folgt, so ändert dies nichts daran, daß ein unter die Versicherung fallender Unfall noch nicht vorlag und die Klägerin oder ihr Geschäftsführer sich freiwillig dazu entschloß, den versicherten Gegenstand dem weiteren Kriegsrisiko zu entziehen. Auch das englische Versicherungsrecht nimmt in einem solchen Falle eine Haftung des Versicherers nicht an, indem es dies damit begründet, daß die causa proxima des Schadens, welche allein den Versicherer berühre, nidit die übernommene Gefahr sei, sondern der Entschluß des Versicherten, dieser Gefahr aus dem Wege zu gehen (A r η ο u 1 d , Marine Insurance II S.785)" . . .
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RGZ. 89, 2 1 . 1. Wonach entscheidet es sich, ob eine Versicherung für Rechnung wen es angeht für eigene oder für fremde Rechnung genommen ist? Bedeutung des Umstandes, daß die Versicherung von dem Reeder auf behaltene Ankunft und im Interesse eines Gläubigers genommen ist. 2. Was ist unter Beeinträchtigung der auf den Versicherer im Falle der Zahlung übergehenden Rechte ( § 8 0 4 Abs. 3 HGB.) zu verstehen? 3. Art der Verrechnung im Falle des § 8 0 4 Abs. 1 HGB., wenn der erlittene Schade, die dafür entstandene Ersatzforderung und die von dem Versicherer geleistete Vergütung den Beträgen nach nicht übereinstimmen. HGB. § § 7 8 1 , 7 8 2 (a. F.). 8 8 6 , 8 5 0 , 804 Abs. 1 und 3. Hamb. Allg. SeeVersBed. § § 4, 5, 149, 102, 27 Abs. 1 und 3. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 2 1 . O k t o b e r
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. —
1916.
II. Oberlandesgericht
daselbst.
Gemäß der Police vom 9. Juli 1 9 1 2 hat die Nebenintervenientin für Rechnung wen es angeht auf die behaltene Ankunft ihres Dampfers Okawango in Höhe von 1 0 0 0 0 0 Μ für die Dauer von zwölf Monaten Versicherung genommen. Die Beklagten sind als Versicherer beteiligt. Der Dampfer ist am 2 8 . Mai 1 9 1 3 total verloren gegangen, die Versicherungsforderung ist an sich nicht bestritten, indessen haben die Beklagten nur zum Teil Zahlung geleistet, weil sie glauben, im übrigen eine Gegenforderung im Wege der Aufrechnung geltend machen zu können. Die Nebenintervenientin hat die nicht an Order lautende Police auf die Klägerin indossiert und ihr am 24. O k t o b e r 1912 übersandt. Diese behauptet, die Versicherung sei für ihre Rechnung und in ihrem Auftrage genommen, um eine ihr zustehende Hypothek an dem Schiffe Okawango zu dedeen; sie habe auch die Prämien gezahlt. Eventuell mache sie die Versicherungsforderung als Rechtsnachfolgerin der Nebenintervenientin geltend. Die Gegenforderung, wegen deren die Beklagten die Zahlung weigern und Klageabweisung verlangen, richtet sich gegen die Nebenintervenientin. Diese hatte gemäß der Police vom 4. Dezember 1912 bei verschiedenen Versicherern unter Beteiligung der Beklagten auf die behaltene Ankunft ihres Dampfers Christiania für Rechnung wen es angeht in Höhe von 50 0 0 0 Μ für die Zeit von zwölf Monaten V e r sicherung genommen. Der Dampfer Christiania ist am 13. Februar 1913 durch Zusammenstoß mit einem Dampfer der Deutschen Levante-Linie total verloren gegangen, worauf die Versicherer kurz nadi dem 24. März.
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1913 die 5 0 0 0 0 M auf Veranlassung der Nebenintervenientin an die Hamburg-Amerika-Linie, weldie eine Restkaufpreisforderung für die Christiania in dieser Höhe an die Nebenintervenientin hatte, bezahlten. Audi diese Police lautete nicht an Order und war an die HamburgAmerika-Linie indossiert. Die Levante-Linie erkannte ihre Schadensersatzpflidit aus dem Zusammenstoß an und bezahlte demgemäß 220 000 Μ für Kasko und Fracht der Christiania an die Nebenintervenientin. Die Beklagten, welche behaupten, daß die Versicherung vom 4. Dezember 1912 für Rechnung der Nebenintervenientin selbst genommen sei, machen geltend, daß die Nebenintervenientin den gemäß § 27 Abs. 1 der Hamburger Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 den Versicherern gebührenden Anteil zu Unrecht erhoben habe, und beredinen diesen Anteil im ganzen auf 37 208 M, wovon auf die gegenwärtigen Beklagten 24 142,74 Μ (die bestrittene Klagesumme) entfallen. Gemäß § 27 Abs. 3 der Allgemeinen Bedingungen sei die Nebenintervenientin ihnen in dieser Höhe für die eingezogenen Gelder verantwortlich und zur Herausgabe verpflichtet. Da nun auch die Versicherung vom 9. Juli 1912 in Wahrheit für die Nebenintervenientin selbst genommen sei und den Beklagten der Übergang der hieraus entstandenen Forderung auf die Klägerin erst nadi Entstehung der nach § 2 7 Abs. 3 Allg. SVB. für sie begründeten Ersatzforderung aus dem Falle Christiania bekannt geworden sei, so könnten sie letztere gemäß § 406 BGB. gegen die Klägerin im Wege der Aufrechnung geltend machen. Die Klägerin wendet hiergegen ein, daß, wie die Versicherung vom 9. Juli 1912 für ihre Rechnung als Hypothekengläubigerin genommen sei, so audi die Versicherung vom 4. Dezember 1912 für Rechnung der Hamburg-Amerika-Linie zur Sidierung für deren Restkaufgeldforderung. Durch die Zahlung an letztere könnten daher die Beklagten nicht in eine der Nebenintervenientin gegen die LevanteLinie zustehende Ersatzforderung eingetreten sein. Wäre aber auch die Versicherungsforderung aus der Police vom 4. Dezember 1912 in der Person der Nebenintervenientin entstanden, so träfe dodi § 27 Abs. 3 Allg. SVB. nicht zu, weil die Levante-Linie lediglich aus Versehen in Kenntnis der Verhältnisse gezahlt habe und somit gemäß § 407 Abs. 1 BGB. eine den Beklagten gegen sie zustehende Ersatzforderung unbeeinträchtigt geblieben sei. Eventuell könne eine den Beklagten gemäß § 27 Abs. 3 zustehende Forderung nadi § 1 5 1 Allg. SVB. nicht gegen die Klägerin, welche von Anfang an die wahre Versicherte der Police vom 9. Juli 1912 gewesen sei, geltend gemacht werden. Endlidi werde den Beklag-
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ten der Eid darüber zugeschoben, daß sie bei Entstehung ihrer angeblichen Forderung gegen die Nebenintervenientin, nämlidi vor der Zahlung der Levante-Linie, von dem Übergang der Versicherungsforderung aus der Police vom 9. Juli 1912 auf die Klägerin Kenntnis hatten. Die Höhe der Aufrechnungsforderung berechnet die Klägerin auf nur 3472,60 M. Der Unterschied beruht zum Teil darauf, daß die Klägerin von den von der Deutschen Levante-Linie gezahlten 220 000 Μ die ganze verlorengegangene Fracht in angeblicher Höhe von 34 476 Μ in Abzug bringt, während die Beklagten jene Summe nur auf Ladung, Ansprüche der Mannschaft und Kasko verrechnet wissen wollen. Das Landgericht hat zunächst zwei Zwisdienurteile erlassen, durdi welche die Aufrechnung der Beklagten mit einer ihnen etwa gegen die Nebenintervenientin zustehenden Forderung aus dem Falle Christiania für zulässig erklärt und die Replik, daß die Beklagten nicht berechtigt seien, nach Maßgabe ihrer Versicherung Ansprüche auf die von der Levante-Linie geleistete Zahlung zu erheben, verworfen wurde. Hierauf wurde durch Teilurteil vom 15. April 1915 die Klage in Höhe von 16 501,14 Μ nebst Zinsen, weil insoweit die Gegenforderung schon jetzt liquide sei, abgewiesen. Dabei wurde eine Beteiligung der Fracht und des Kaskos pro rata an der von der Levante-Linie geleisteten Zahlung zugrunde gelegt. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen. F-benso wurde die Revision der Nebenintervenientin zurückgewiesen. Aus den G r ü n d e n : „1. Die Hauptstreitfrage, ob in den beiden Versicherungsfällen Okawango und Christiania die Nebenintervenientin versichert war, oder ob sie die Versicherung für fremde Rechnung, im ersten Falle für die Klägerin, im zweiten für die HAPAG. genommen hat, ist von den Vorinstanzen richtig im ersteren Sinne entschieden worden. Es handelt sich beide Male um Versicherung auf behaltene Ankunft und für Rechnung wen es angeht. Maßgebend sind die §§ 4 und 5 Allg. SVB., welche, soweit es hier darauf ankommt, im wesentlichen mit den §§ 781 und 782 HGB. übereinstimmen. Die Aufhebung des § 782 HGB. in dem Gesetz vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 307) spielt für den gegenwärtigen Rechtsstreit keine Rolle, weil sein Inhalt als § 5 Allg. SVB. in die Verträge aufgenommen ist (vgl. RGZ. Bd. 86 S. 112). Die Versidierung für Rechnung wen es angeht ist ein dem Seerecht eigentümliches Rechtsgebilde, bei dem im Vertrage unbestimmt gelassen wird, ob der Versicherungsnehmer selbst, oder ein Dritter
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versichert ist, mit anderen Worten, ob die Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung genommen wird. Die Versicherung für fremde Rechnung stellt in gewissem Sinne einen Vertrag zugunsten eines Dritten dar, weil die Rechte aus dem Vertrage dem Versicherten und nicht dem Versicherungsnehmer zustehen (§ 386 HGB.; RGZ. Bd. 3 5 S. 54). Im Regelfalle wird also in erster Linie der Versicherungsvertrag, daneben werden die ihn begleitenden Umstände darüber entscheiden, ob die Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung genommen ist (§ 326 Abs. 2 BGB.). Dieser Gesichtspunkt der Auslegung versagt aber — was die Revision verkennt — bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht, denn hier soll es ja gerade zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer ungewiß bleiben, ob die Versicherung für eigene Rechnung des Versicherten, oder ob sie für Rechnung eines Dritten und eventuell welches Dritten genommen wird. Es ist sogar anerkannten Rechtens, daß der Versicherungsnehmer selbst bei Absdiluß des Vertrags im Ungewissen darüber sein kann, ob die Versicherung für seine oder für fremde Rechnung geht, und daß erst spätere Umstände hierüber entscheiden können (RGZ. Bd. 13 S. 101 flg., V o i g t , Seeversicherungsrecht S. 31, S i e v e k i n g , Seeversicherungsrecht § 781 Anm. 3, 4). Hiernach sagt das Berufungsgericht mit vollem Recht, daß es eine Beweisfrage sei, wer aus den streitigen Verträgen der ursprünglich Berechtigte gewesen sei. Denn hierüber konnten in der Tat nur außerhalb der Verträge liegende Umstände entscheiden. Daß die Versicherung in beiden Fällen auf behaltene A n k u n f t der Schiffe genommen war, spricht nicht gegen die Annahme einer Kaskoversicherung, weil durch diese Art der Versicherung die verschiedensten Interessen, deren nähere Bezeichnung nicht erforderlich ist, gedeckt werden können ( V o i g t S. 19 Anm. 1, S. 590; S i e v e k i n g § 850 Anm. 1, § 779 Anm. 2, § 781 Anm. 3). Was aber die Würdigung der außerhalb der Versicherungsverträge liegenden Umstände, insbesondere der Veranlassung zu den Versicherungen durch die Klägerin oder die HAPAG. anlangt, so kann dem Berufungsgericht keinesfalls ein Rechtsirrtum vorgeworfen werden. In beiden Fällen bestand der eigentliche Zweck der Versicherungsnahme darin, den Gläubigern der Nebenintervenientin Sicherheit für ihre Forderungen zu verschaffen. Dieser Zwedc konnte aber sowohl direkt durch Versicherung der Forderungen selbst, wie auch indirekt durch Versicherung der Schiffe und Abtretung der Policen erreicht werden, und schon V o i g t (S. 16) bezeugt, daß der letztere Weg in der Mehrzahl der Fälle gewählt werde. In der Tat bietet er den Vorteil, daß der Reeder insoweit auf eine besondere Kaskoversicherung Versicherungsvertragsgesetz III
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verzichten kann, so daß er audi ohne eine soldie dann gedeckt bleibt, wenn die Forderung inzwischen getilgt wird. Die . . . Behauptungen der Klägerin, die Versicherung sei in ihrem Auftrag und für ihre Rechnung genommen worden, sie habe auch die Prämien bezahlt, . . . haben beide Vorinstanzen für widerlegt erachtet. Dabei ist mit Recht Gewicht auf die Indossierung der Police gelegt worden, da sich hieraus die Auffassung der Klägerin und der Nebenintervenientin ergibt, daß die Redite aus der Versicherung ursprünglich für die letztere begründet waren und von der Klägerin erst durch Übertragung erworben wurden. Im Falle Christiania genügten schon die von der Klägerin aufgestellten Behauptungen nicht, um eine Versicherung für Rechnung und im Auftrage der HAPAG. anzunehmen, denn sie beschränkten sich darauf, daß diese die Versicherung „verlangt" habe. Auch hier spricht die Tatsadie der Indossierung dafür, daß die beiden Beteiligten das Verhältnis ebenso aufgefaßt haben wie die Vorinstanzen. Da ein Auftrag zur Versicherung für Rechnung der HAPAG. nicht einmal behauptet ist und der Mangel des Auftrags bei Abschluß der Versicherung den Beklagten nicht mitgeteilt ist, so würde die Versicherung nach § 5 Allg. SVB. tinverbindlich gewesen sein, wenn die Nebenintervenientin sie für Rechnung der HAPAG. hätte nehmen wollen. Auch dies spricht dafür, daß sie die Versicherung für eigene Rechnung, auf das Kasko hat nehmen wollen. Ebenso der Umstand, daß sie in Höhe der fraglichen 50 000 Μ eine anderweite Kaskoversicherung nicht genommen hat. 2. Da die Nebenintervenientin hiernach im Falle Christiania die Versicherte war und die Beklagten auf ihre Veranlassung und gemäß der Zession der Versicherungsansprüche der HAPAG. Zahlung geleistet haben, so sind sie gemäß Abs. 1 des § 27 Allg. SVB. (§ 804 HGB.) nach Maßgabe der Zahlung in die der Nebenintervenientin gegen die Levante-Linie erwachsenen Ersatzansprüche eingetreten. Die LevanteLinie hat . . . 220 000 Μ „zur Abfindung aller Ansprüche der Christiania-Interessenten" bezahlt. Da zu diesen Interessenten auch die Nebenintervenientin als Eigentümerin des Schiffes gehörte, so hat sie dadurch mindestens zum Teil nachträglich eine Deckung für denjenigen Schaden erhalten, auf den die Versicherungssumme bezahlt ist. Die Revision bestreitet, daß durch die Zahlung der Levante-Linie an die Nebenintervenientin eine Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten aus § 27 Abs. 1 entstanden sei, denn die mit der Sachlage vertraut gewesene Levante-Linie habe nur aus Versehen an die Nebenintervenientin gezahlt und könne daher gemäß § 407 Abs. 1 BGB. von den Beklagten
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ungehindert auf nochmalige Zahlung in Anspruch genommen werden. Diese Ausführung kann aber der Revision nicht zum Erfolge verhelfen. Das Berufungsgericht stellt fest, daß wenn audi die Levante-Linie von der Sachlage soviel gekannt habe, daß die betreffende Summe sowohl von der Nebenintervenientin als auch von den Beklagten beansprucht werde, sie doch den Übergang der Forderungen auf die Beklagten nicht „gekannt" habe. Denn die Rechtslage sei für sie ungeklärt gewesen, zumal da die Klägerin und die Nebenintervenientin auch jetzt noch den Forderungsübergang lebhaft bestritten. Gegen diese Annahme läßt sich mit Grund nichts einwenden. Wenn auch die Levante-Linie in dem Schreiben vom 30. April 1913 erklärt, daß ihrer Zahlung bezüglich der 50 000 Μ ein „bedauerliches Versehen" zugrunde gelegen habe, so ist hieraus doch nicht auf positive Kenntnis von dem Forderungsübergange zu schließen, sondern nur auf die Kenntnis von dem Vorhandensein zweier sich streitender Forderungsprätendenten. Es kommt aber überhaupt hierauf nicht an; denn die Nebenintervenientin beeinträchtigte und beeinträchtigt zweifellos die Rechte der Beklagten auf die Ersatzleistung dadurch, daß sie diese unberechtigt einkassiert hat und den Beklagten vorenthält. Hätte sie die Levante-Linie angewiesen, an die Beklagten zu zahlen, oder hätte sie die Zahlung für diese entgegengenommen und abgeliefert, so wäre deren Lage erheblich günstiger gewesen. Sie selbst hat jedenfalls kein Recht darauf und ist verpflichtet, wenn nicht auf Grund des § 27 Abs. 3 (vgl. auch § 71) Allg. SVB., so doch nach den Grundsätzen der unberechtigten Bereicherung (§812 BGB.; condictio causa finita), den Beklagten den Betrag zu erstatten, weil diese ihr die Versicherungssumme für einen Schaden gezahlt haben, für den sie nachträglich durch die Zahlung der Levante-Linie Deckung erhalten hat. 3. Auch die verhältnismäßige Verrechnung eines Teiles der von der Levante-Linie geleisteten Zahlung auf Kasko und Fracht unterliegt keinem Bedenken. Es bestand zunächst kein Streit darüber, daß die Zahlung geleistet wurde zur gänzlichen Abfindung aller Ansprüche aus der Kollision, und die Klägerin hat niemals behauptet, daß die LevanteLinie noch zu einer weiteren Zahlung verpflichtet sei. Sodann bestand Einverständnis darüber, daß von den gezahlten 220 000 Μ von vornherein abzuziehen seien: 50 000 Μ für die Ladungsbeteiligten und ferner die Auslagen der Nebenintervenientin zur Schadloshaltung der Mannschaft. Für letzteren Posten sind vorläufig den Angaben der Klägerin entsprechend 10 061,30 Μ . . . eingesetzt worden. Die hiernach verbleibenden 159 938,70Μ sind auf Kasko und Fracht verteilt 9·
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worden, wobei zugunsten der Klägerin vorläufig angenommen ist, daß 1. die Fradit in unbestrittener Höhe von 34 476 Μ gänzlich verlorengegangen ist, 2. das Kasko den von der Klägerin behaupteten Wert von 282 OOO Μ gehabt hat. Für die Revisionsinstanz beschränkt sidi also der Streit darauf, ob, wie die Klägerin will, die Fracht im vollen Betrage zu ihren Gunsten von den 159 938,70 Μ zunächst abgezogen wird, oder ob, wie die Beklagten wollen und von den Vorinstanzen entschieden ist, letztere Summe verhältnismäßig auf Kasko und Fracht zu verrechnen ist. Die Rechnungsmethode der Vorinstanzen entspricht allein der Logik, der Billigkeit und dem Rechte. Wäre sowohl die Fracht wie auch das Kasko zum vollen Werte versichert gewesen und hätten sämtliche Versicherer den Schaden bezahlt, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß sie sich hinsichtlich einer etwaigen Ersatzforderung an Dritte in einer Gemeinschaft befänden, an der jeder nach Maßgabe der von ihm geleisteten Schadensvergütung beteiligt wäre. Der Anteil, den jeder Versicherer in diesem Regelfalle erhalten hätte, muß ihm auch zufallen, wenn Kasko oder Fracht nur teilweise versichert waren — der Reeder ist insoweit Selbstversicherer —, oder wenn die Ersatzforderung bezahlt ist, bevor einzelne Versicherer bezahlt haben, oder wenn die Ersatzleistung erst nach Zahlung seitens der Versicherer an den Versicherten entrichtet ist. Dies und nichts anderes ist der Sinn des § 2 7 Allg.SVB. (§ 804 HGB.)." 4. (Zum Schlüsse wird der Angriff gegen die Feststellung zurüdcgewiescn. daß die Beklagten beim Erwerb der zur Aufrechnung verstellten Forderung von dem Übergange der Klageforderung auf die Klägerin durch das Indossament von Oktober 1912 noch keine Kenntnis hatten.) RGZ. 89. 34. Wer ist als versichert anzusehen, wenn der Cif-Verkäufer die Güter für Rechnung wen es angeht versichert? Was ist unter „Nehmung" und „Aufbringung" im Sinne von §§ 101, 116 der Hamb. Allg. SeeVers.B. zu verstehen? I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 25. Oktober 1916.
1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit
daselbst
Klägerin, welche eine Anzahl Zweigniederlassungen in China unterhält, hat mit der Beklagten gemäß Police vom 1. Juli 1913 eine laufende Versicherung auf Güter und Waren in Dampfschiffen von Plätzen Chinas nach europäischen Plätzen abgeschlossen. Die Police
Seeversicherung
133
gilt „für Rechnung wen es angeht" und an sich „nur für Seegefahr", jedoch ist in § 10 der besonderen Bedingungen folgende „Kriegsklausel" hinzugefügt. „Die Versicherung deckt folgende Gefahren, soweit solche bei der Originalversicherung ausgeschlossen sind, und zwar so lange, als sich die Ware an Bord des Seedampfers befindet: die Risiken der Konfiskation, Nehmung, Beschädigung, Vernichtung und Plünderung durch kriegführende Mächte, Kriegsschiffe und Kaper, mögen diese kriegführenden Mächte völkerrechtlich anerkannt oder nicht anerkannt sein, bzw. mögen diese Kriegsschiffe und Kaper völkerrechtlich anerkannten oder nicht anerkannten Mächten angehören, einschließlich Minen- und Torpedogefahr. Jedoch haftet der Versicherer nicht: 1. für Kosten . . ., welche entstehen aus dem freiwilligen Aufenthalt wegen Kriegsgefahr, aus der Anhaltung, der Blodcade des Aufenthaltshafens, der Zurückweisung von einem blockierten Hafen, der Ausladung, Lagerung und Weiterbeförderung der Güter wegen Kriegsgefahr; 2. für die nachstehenden Folgen eines durch Kriegsgefahr verursachten Aufenthalts: Verderb und Verminderung der Güter, sowie andere Schäden, die während der Ausladung und Lagerung der Güter eintreten; 3. für die Auferlegung von Zöllen und Kontributionen sowie daraus entstehende Kosten." Diese Kriegsversicherung sollte ohne Mehrprämie bis auf weiteres mit Kündigungsbefugnis der Beklagten eingeschlossen sein. Neben der Police sollten die Hamb. Allg. Seeversicherungsbedingungen gelten. § 1 der besonderen Bedingungen besagt: „Die Police erstreckt sich auch auf die Versicherungen der Zweigniederlassungen der Firma H. D. & Co. in . . . und zwar sowohl auf die eigenen als auch auf diejenigen Versicherungen, zu deren Deckung die Niederlassungen von europäischen oder chinesischen Geschäftsfreunden Auftrag erhalten. Nach einem Schadenfalle beziehentlich nach präjudizierlichen Nachrichten ist indessen die Annahme eines Versicherungsauftrags nicht zulässig." Die Versicherung sollte bis zum Maximalbetrage von 800 000 Μ für jedes Dampfschiff alle in die Zeit vom 1. Juli 1913 bis 30.Juni 1914 (nach dem Datum der Konnossemente) fallenden Abladungen decken.
134
Seeversicherung
Die Niederlassungen hatten über ihre Abladungen auf den von der Beklagten gelieferten Formularen Versicherungszertifikate in Vollmacht der Beklagten zu zeichnen. Auf diese Versicherung hat die Klägerin Waren im Versicherungswerte von 180 080 M, die von ihren chinesischen Zweigniederlassungen im Juni 1914 mit dem am 20. Juni 1914 aus Canton abgegangenen Dampfer Aenne Ridcmers verladen sind, angemeldet. Der Dampfer befand sich bei Kriegsausbruch in Port Said, wurde dann von den Engländern gezwungen, diesen Hafen zu verlassen, und auf hoher See von einem englischen Kriegsschiff zwangsweise nach Alexandria gebracht. Hier wurde er mit der Ladung festgehalten und darauf nach teilv/eiser Entlöschung von der englischen Admiralität requiriert und in Benutzung genommen. Nach Behauptung der Beklagten, über die noch keine Feststellung getroffen ist, waren von den auf die Versicherung angemeldeten Waren 58 Faß Holzöl und 100 cases Kassia im Gesamtwerte von 7700 Μ schon vor der Aufbringung des Dampfers in Port Said gelöscht worden. Da die Waren innerhalb der vereinbarten Abandonfrist nicht freigegeben wurden, hat die Klägerin mit der am 15. Mai 1915 zugestellten Klage nach Beobachtung der Vorschriften in §§ 116 flg. Allg. SVB. den Abandon erklärt und sie verlangt von der Beklagten den Versicherungswert nebst Zinsen. Eventuell beruft sie sich hierfür auf eingetretenen Totalverlust. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt, indem sie bestritt, daß Konfiskation oder Nehmung im Sinne der Kriegsklausel vorliege, und außerdem rügte, daß nidit erhelle, ob die Klägerin die Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung genommen habe, sowie letzterenfalls, ob Auftrag dazu erteilt sei. Das Landgericht erkannte im wesentlichen nach der Klage. Das Oberlandesgericht verwarf durch Teilurteil die Berufung der Beklagten in Höhe von 172 380 Μ nebst Zinsen mit der Maßgabe, daß es der Klägerin obliege, einen Abandonrevers nadi Maßgabe von § 126 Allg. SVB. zu erteilen. (Wegen der Restforderung von 7700 Μ soll noch Beweis erhoben werden.) Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „1. Zutreffend nimmt der Vorderrichter an, daß die hier vorliegende Versicherung als für eigene Rechnung der Klägerin genommen anzusehen ist und daß sie ihr Interesse und den Schaden genügend dargetan hat. In der rechtlichen Beurteilung befindet sich der Vorderrichter durchaus im Einklänge mit den Grundsätzen, die mit Bezug auf die Versicherung für Rechnung wen es angeht, insbesondere im Falle
Seeversicherung
13 5
der Versicherung durch den Cif-Verkäufer in RGZ. Bd. 13 S. 99 aufgestellt sind und durch welche die strengere Anforderungen erhebende Entscheidung R O H G . Bd. 14 S. 123 insoweit überholt ist. Bei der erwähnten Form der Versicherung braucht zur Zeit der Eingehung des Vertrags die Person des Versicherten nodi nicht festzustehen; sie dient insbesondere dem Falle, in dem es erst von zukünftigen Ereignissen oder Verfügungen abhängt, wer bei Eintritt eines Unfalls der Geschädigte ist. Soweit der Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts zu entnehmen ist, daß für den Cif-Verkäufer mit der Abladung ein versicherbares Eigentumsinteresse wegfällt, weil nunmehr die Gefahr auf den Käufer übergeht, kann ihr nicht beigetreten werden. Vielmehr ist gemäß der Auffassung von RGZ. Bd. 13 S. 99 anzunehmen, daß für den Cif-Verkäufer das versicherbare Eigentumsinteresse erst mit der endgültigen Bezahlung der Ware oder mit der Eigentumsübertragung aufhört. Weigert ζ. B. der Käufer aus irgendeinem Grunde die Zahlung, so ist der Verkäufer keineswegs dem Versicherer gegenüber verpflichtet, den Käufer zur Abnahme der Ware und zur Zahlung zu zwingen, sondern er kann die Ware behalten und erklären, daß die Versicherung für seine Rechnung geht. Damit wird weder einer unzulässigen Versicherung des objektiven Interesses (vgl. Κ i s c h in den Jahrb. f. Dogmatik Bd. 63 S. 361 flg.) der Weg eröffnet, noch das berechtigte Interesse des Versicherers verletzt; vielmehr wird dem Versicherungsnehmer nur diejenige Entscheidung über die Art der Versicherung — ob für eigene oder für fremde Rechnung — ermöglicht, zu der er durch die gewählte Form der Versicherung — für Rechnung wen es angeht — befugt sein sollte. Es würde ganz unpraktisch sein, wenn man nach Eintritt eines Unfalls die Frage, ob und welche Rechte der versichernde Cif-Verkäufer aus der Versicherung herleiten kann, von der Erledigung seines Verhältnisses zum Käufer, etwa von der Entscheidung eines zwischen ihnen über die Abnahme und Zahlungspflicht zu führenden Rechtsstreites anhängig machen wollte. Vielmehr muß der Cif-Verkäufer, der für Rechnung wen es angeht versichert hat, wenn er zur Zeit des Unfalls noch Eigentümer war, ohne weiteres für befugt erachtet werden, zu erklären, daß er für eigene Rechnung versichert hat, und demgemäß die Rechte aus der Versicherung geltend zu machen. Daß dies der Standpunkt des Gesetzes ist und daß die Verpflichtung zur Herausgabe des versicherten Gegenstandes nicht etwa ein versicherbares Eigentumsinteresse des Schuldners ausschließt, ergibt § 2 8 1 BGB., wclcher allgemein dahin verstanden wird, daß der dort bezeichnete
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Seeversicherung
Ersatz oder Ersatzanspruch
audi in der V e r s i c h e r u n g s s u m m e
oder
in
dem Anspruch darauf bestehen kann. . . . Es genügt, daß das Berufungsgericht ohne B e a n s t a n d u n g der R e v i sion feststellt, die Klägerin sei bei der Abladung wie auch zur Z e i t der Aufbringung des Dampfers und später Eigentümerin
der
W a r e n gewesen und sie habe daher ein versicherbares
versicherten
Eigentumsinter-
esse bei der ihrer Erklärung nach für eigene R e c h n u n g
genommenen
Versicherung
die
dargetan.
Wenn
die R e v i s i o n
behauptet,
Beklagte
h a b e geltend gemadit, daß die Klägerin bezüglich der 5 0 0 G a l l e n das Interesse des Cif-Käufers unter Versicherung gebracht habe, so ist das nicht richtig; vielmehr beschränkte sich die B e h a u p t u n g der B e k l a g t e n in den Instanzen darauf, daß die Gallen eif v e r k a u f t seien. N u r h a t t e die B e k l a g t e nach dem T a t b e s t a n d des angefochtenen Urteils v o r dem Landgericht die Auffassung vertreten, daß bei e t w a i g e n
Cif-Verkäufen
der Klägerin eine Versicherung für fremde Rechnung a n z u n e h m e n sei. Diese Auffassung ist unzutreffend. V i e l m e h r dürfte es mehr der k a u f männischen Anschauung entsprechen, daß der C i f - V e r k ä u f e r , der noch Eigentümer geblieben ist und k e i n e Zahlung erhalten h a t , zunächst bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht sein Eigentumsinteresse ins Auge faßt, wenn ihm auch vorbehalten b l e i b t , h i n t e r h e r in geeign e t e n Fällen zu erklären, daß die Versicherung für den K ä u f e r gelte. Die
Beklagte
hat
diese
Auffassung
denn
auch
in
ihrer
Berufungs-
begründung nicht mehr aufrechterhalten. . . . 2. Auch die Unterscheidung, welche die „Aufbringung"
des Dampfers
Aenne
Revision
Rickmers
zwischen
als einer
Beschlagnahme zwecks Ermöglichung der prisenrechtlichen
der
vorläufigen Maßnahmen
und der „ N e h m u n g " als der Beschlagnahme zum Zwecke der A n e i g n u n g treffen
will,
ist
nicht
gerechtfertigt.
Vielmehr
sind
„Aufbringung",
„Beschlagnahme" und „ N e h m u n g " völkerrechtlich sowie im Sinne der hier
vorliegenden
Kriegsklausel
gleichbedeutende
Begriffe.
bringung oder Nehmung bezeichnet man den A k t des welcher
sich rechtlich
und der Wirkung
Als
Auf-
Kriegsschiffes,
nach als Beschlagnahme
im
G e g e n s a t z zur K o n f i s k a t i o n , die nur dem Prisengericht zusteht, k e n n zeichnet. anderseits
Die im
Aufbringung, Gegensatz
zur
Nehmung Anhaltung
oder und
Beschlagnahme
stehen
Durchsuchung,
welche
Schiff und Ladung nur vorübergehend berühren. Ordnung Abschnitt V I flg., vgl. auch u. a. L i s z t ,
S. Deutsche
Prisen-
Völkerrecht § 4 1 ;
R G Z . Bd. 6 7 S. 2 5 8 flg. Daß im vorliegenden Falle die A e n n e Rickmers v o n den Engländern „aufgebracht" ist, erkennt die R e v i s i o n selbst an. D i e Aufbringung erfolgt aber stes im Hinblick auf die e r w a r t e t e K o n -
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Seeversicherung
fiskation (Deutsche Prisen-Ordnung Nr. 94). Audi die Tatsache, daß das Schiff der britischen Admiralität zur Benutzung überwiesen wurde, beweist die voraufgegangene Nehmung, weil eine solche Benutzung nur bei Prisen stattfindet (s. B o n f i l s , Völkerrecht Nr. 1412). Selbstverständlich war mit der Nehmung des Schiffes auch die darin befindliche feindliche Ladung, also auch die den Gegenstand des Rechtsstreites bildenden Waren, beschlagnahmt. Wenn daher die vorliegende Kriegsklausel einerseits das Risiko der Konfiskation und der Nehmung dem Versicherer auferlegt, anderseits die Kosten der Anhaltung von der Versicherung ausnimmt, so bedeuten diese Begriffe dasselbe wie in § 1 0 1 Allg. SVB. Wenn weiter in § 116 Allg. SVB. von dem Falle gesprochen wird, daß das Schiff oder die Güter von einer kriegführenden Macht a u f g e b r a c h t oder durch Seeräuber g e n o m m e n und binnen bestimmter Frist nach der Aufbringung oder Nehmung nicht freigegeben sind, so fällt die Aufbringung unter den Begriff der Nehmung im weiteren Sinne, wie er dem § 101 zugrunde liegt, und das W o r t dient hier nur dazu, einen Gegensatz zwischen der Nehmung durch kriegführende Mädite und einer solchen durch Seeräuber herzustellen. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht angenommen, daß mit der Aufbringung des Sdiiffes zwecks prisengerichtlicher Behandlung in Alexandrien die Voraussetzung sowohl der Kriegsklausel wie nuch des Abandons gemäß § 116 der Allg. SVB. erfüllt ist."
RGZ. 89, 40. Ist die Auslieferung der auf die abandonierten Gegenstände sich beziehenden Urkunden, insbesondere der Konnossemente, eine Bedin* gung der Geltendmachung des Abandons? HGB. § § 871, 8 8 4 , 8 7 0 , 8 6 8 , 6 4 6 , 6 4 7 . Hamb. Allg. SeeVersBed. § § 126, 146, 125, 123. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 25. Oktober 1 9 1 6 .
I. Landgericht H a m b u r g , K a m m e r f. H a n d e l s s a c h e n . —
II. O b e r l a n d e s g e r i c h t
daselbst.
Die Klägerin hatte bei verschiedenen Gesellschaften, darunter der Beklagten unter deren Beteiligung zu Vs, auf laufender Police gewisse Abladungen nach den Hamburger Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 und Zusätzen „nur für Seegefahr" versichert. Nach Mitteilung der Beklagten vom 29. Juli 1914 ist diese Versicherung für eine Abladung von Palmkernen usw. mit dem Dampfer Aline Woermann von Afrika nach Hamburg im Werte bis zu 2 50 0 0 0 Μ auf das Kriegsrisiko ausgedehnt worden, und zwar gemäß der Hamburger Kriegsklausel
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Seeversicherung
unter Abkürzung der Frist des § 116 Abs. 1 Nr. 2 Allg. SVB. auf zwei Monate. Die Güter im Werte von mindestens 250 000 Μ sind in der Zeit vom 16. bis 30. Juli auf den Dampfer abgeladen worden. Dieser blieb bei Kriegsausbruch in Duala liegen, wurde dort von den Engländern am 27. September 1914 beschlagnahmt, mit der Ladung nach Liverpool geschafft und ist hier für gute Prise erklärt worden. Audi die Ladung ist beschlagnahmt und in Liverpool verkauft worden. Die Konnossemente waren an Order der Klägerin ausgestellt, sie sind ihr aber nicht zugegangen und auf ihren Antrag durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12. Januar 1916 im Aufgebotsverfahren für kraftlos erklärt worden. Die Klägerin hat der Beklagten am 9. Oktober 1914 Anzeige gemäß § 116 Abs. 2 Allg. SVB. erstattet und verlangt Auszahlung der Versicherungssumme nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt Klageabweisung, weil sie nur gegen Übergabe der Konnossemente (§ 126 Allg. SVB.) zur Zahlung verpflichtet sei. Diese könnten sidi in Händen eines Dritten befinden, welcher daraufhin in der Lage sei. die Rechte an den Gütern oder deren Erlöse geltend zu machen. Das Landgericht wies die Klage ab. Der Berufung der Klägerin gab das Oberlandesgeridit statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: ,,Daß die Voraussetzungen des Abandons an sich vorliegen, hat das Berufungsgericht einwandfrei festgestellt und wird audi von der Beklagten nicht mehr bestritten. Insbesondere steht fest, daß die Konnossemente an die Order der Klägerin ausgestellt und von dieser nicht weiter begeben waren, so daß ihr zur Zeit des Abandons und später, bis zum Verkauf durch die englische Regierung, die Rechte an den Gütern zustanden. Diese Rechte und etwaige Ersatzansprüche sind durch die rechtmäßige Abandonerklärung gemäß § 868 HGB. und § 123 Allg. SVB. ohne weiteres auf die Beklagte übergangen, der Auslieferung der Konnossemente bedurfte es hierzu nicht. Diese haben, nachdem das Schiff eingezogen und die Ladung durch die feindliche Madit der Reederei weggenommen ist, ihre Eigenschaft als Legitimations- und Traditionspapiere gemäß §§ 646 und 647 HGB. eingebüßt (vgl. RGZ. Bd. 16 S. 4), audi gehen die auf dem Verlust der Güter beruhenden Ersatzansprüche des Eigentümers nicht durch das Indossament des Konnossements auf den Indossatar über (RGZ. Bd. 74 S. 47). Allerdings kann der Besitz der Konnossemente trotzdem von Wert sein, indem er als Ausweis über die Berechtigung zur Geltendmachung der Rechte an
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Seeversicherung
den Gütern selbst oder der auf ihrem Verlust beruhenden Ersatzansprüche dient. Deshalb wird auch der Versidierer im Falle des Abandons, wie das Oberlandesgericht zutreffend annimmt, in der Regel die Aushändigung der Konnossemente gemäß § 126 Allg. SVB. (§ 871 H G B . ) verlangen können. Riditig ist aber audi, daß hier sowie in § 1 4 6 Allg. SVB. (§ 8 8 4 HGB.) die Möglichkeit der Beschaffung dieser U r kunden durch den Versicherten sitllschweigend unterstellt wird. D i e § § 1 2 5 , 126 Allg. SVB. ( § § 8 7 0 , 871 HGB.) schreiben vor, daß der Versicherte den Versicherer, auf den seine Rechte an den versicherten Sachen übergegangn sind, in den Stand setzt, diese Rechte auch geltend zu machen, und daß er das Seine dazu beiträgt, um dem Versicherer die gefährdeten Werte zu erhalten. Sie stellen nicht etwa Bedingungen für die Geltendmachung des Abandons auf, sondern enthalten besondere Verpflichtungen des Versicherten, deren Verletzung Schadensersatzansprüche begründen würde. Selbstverständlich fällt aber die regelmäßige Verpflichtung des Versicherten zur Beschaffung der auf die abandonierten Gegenstände sich beziehenden Urkunden fort, wenn diese ohne sein Verschulden und sogar wie hier im ursächlichen Zusammenhange mit der Gefahr, gegen die er versichert war, verlorengegangen sind. Übrigens wird auch der sonst durch die Konnossemente gegebene Ausweis im vorliegenden Falle gemäß § 1018 Z P O . durch das von der Klägerin erwirkte Ausschlußurteil ersetzt."
RGZ. 89, 46. Bedeotung der von dem Versicherer übernommenen Bargschaft für die Havereibeiträge. Kann der Versicherte daraufhin verlangen, daß der Versicherer die Güter freimacht von der Haftung für Kosten, die den Grund einer Havereiforderung bilden können? Ist der Versidierer überhaupt für den Wert der Güter haftbar, wenn sie dem Versicherten infolge der Nichtzahlung solcher Kosten verloren gehen? HGB. § 8 3 4 Nr. 1 u. 4, § § 8 3 5 , 731. Hamb. Allg. SeeVersBed. § § 84 Nr. 1, 6 9 Abs. 3, 86. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 28. Oktober 1916.
1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen
—
II. Oberlandesgericht
daselbst.
Der Kläger hat auf laufender Police bei den Beklagten zwei Fässer und zwei Kisten mit ätherischem ö l , die mit dem Dampfer Lusitania in Malaga zur Beförderung nach Marseille verladen waren, nur für Seegefähr, ,,frei von Beschädigung außer im Strandungsfalle" zu 8 8 0 0 Μ versichert. Der Dampfer geriet in Brand und mußte den Nothafen
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Almeria aufsudien, wo er als Wrack liegen blieb. Die Ladung wurde mit einem anderen Schiffe zum Bestimmungshafen Marseille gebracht. Die für den Kläger bestimmten vier Stücke wurden dort von einem gerichtsseitig bestellten Tiers Consignataire, dem Kaufmann F. P., in Empfang genommen. Mittlerweile war ein Havarie-Grosse-Verfahren in Genua eingeleitet worden. In einer Expertise vom 18. März 1914 in Marseille wurde die Ware auf 9309,65 Fr. geschätzt und festgestellt, daß sie keinen Schaden gelitten hatte. Der Kläger war aber hiermit nicht zufrieden, sondern verlangte eine zweite Expertise und machte den Beklagten den Vergleichsvorschlag, ihnen die Ware zu abandonieren, was diese ablehnten. Um den Havereibeitrag sicherzustellen und die Herausgabe der Ware zu ermöglichen (vgl. § 7 3 1 HGB.). hatten die Beklagten bereits in Genua für 1000 Fr. Bürgschaft übernommen; auf Verlangen von P., der insoweit für die Haverei-Kommission in Genua handelte, erhöhten sie die Sicherheit auf den vollen Wert der Ware, indem sie durch ihre Vertreter in Marseille Ch. V. et fils am 23. Juni dem P. gegenüber für weitere 8309,65 Fr. Bürgschaft leisten ließen. Sdion am 28. Mai und 5. Juni 1914 hatten sie den Kläger benachrichtigt, daß sie in der Weise verfahren würden, und ihn ersucht, über die Ware zu verfügen. Inzwischen hatte aber der Tiers Consignataire P. laut Schreiben vom 13. Juni 1914 vom Kläger einen Vorschuß von 1000 Fr. auf die bei ihm entstandenen Unkosten, die bis dahin spezifiziert auf 480,30 Fr. berechnet wurden, und für weiter entstehende Kosten verlangt. Er bemerkte dazu, daß er sidi bemühen wolle, diese Kosten in Genua als Havarie-Grosse mitverrechnen zu lassen, er sei aber nicht gesonnen, so lange in Vorschuß zu gehen, und machte die Auslieferung der Ware von der verlangten Zahlung abhängig. Der Kläger teilte dies Schreiben den Beklagten laut Brief vom 16. Juni mit, machte sie dafür verantwortlich, daß die Ware noch nicht freigegeben sei, und stellte sie ihnen rur Verfügung gegen Zahlung der Versicherungssumme. Die Beklagten ließen am 20. Juni antworten, daß die Garantie von ihren Marseiller Vertretern inzwischen geleistet sei, — womit die Garantie von V. für 8 309,65 Fr. gemeint war — und lehnten die Verfügungstellung ab. Dieses Mißverständnis beherrschte auch den weiteren Schriftwechsel. Inzwischen wurde mit Ausbruch des Krieges die Abnahme der Ware vorläufig unmöglich. Der Kläger vertritt nun den Standpunkt, daß die Beklagten schon nach dem Versicherungsverträge für rechtzeitige Abfindung des P. hätten sorgen müssen, jedenfalls hätten sie aber in den Briefen vom 28. Mai
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und 5. Juni 1914 eine dahingehende Verpflichtung übernommen. Infolge des Eintritts des Krieges stehe die Verzögerung der Auslieferung der Ware dem völligen Verluste gleich, so daß die Beklagten ihm die volle Versicherungssumme schuldeten. Er beantragte daher, die beiden Beklagten zur Zahlung von je 4400 Μ nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagten beantragten Klageabweisung. Ihrer Meinung nach sind sie nur zur Zahlung von Havereibeträgen verpflichtet, die aber noch nicht verlangt werden könne, weil die Dispache zum Teil wegen der durch das Verschulden des Klägers verursachten Verzögerung (Verlangen einer zweiten Expertise, Weigerung, den Tiers Consignataire zu befriedigen oder sich mit ihm auseinanderzusetzen) noch nicht fertig sei. Sie hätten sich lediglich bereit erklärt, an Stelle des Versicherten die übliche Garantie für diese Beiträge zu leisten, was zum Belaufe des vollen Wertes der Ware, also im denkbar höchsten Betrage geschehen sei. Die Forderung des P. berühre sie gar nicht. Sie sei übrigens zum Teil durch das widerspruchsvolle Verhalten des Klägers veranlaßt worden. Der Anspruch auf die Versicherungssumme entbehre jeden Rechtsgrundes, weil ein Seeunfall (abgesehen von der großen Haverei) nicht vorliege und die Ware unversehrt vorhanden sei. Das Landgericht verurteilte die Beklagten nach der Klage. Ihre Berufung wurde vom Oberlandesgerichte zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten ist die Klage abgewiesen worden aus folgenden Gründen: „Das Oberlandesgericht legt zutreffend dar, daß der Kläger aus dem Versicherungsvertrage selbst den Klageanspruch nidit herleiten kann. Als versicherter Unfall kommt nur das durch das Anlaufen des Nothafens Almeria veranlaßte Havereiverfahren in Betracht. Die Beklagten werden demnach zu erstatten haben die den Kläger treffenden Beiträge zur großen Haverei sowie die Dispachekosten nadi Maßgabe v o n § 84 Nr. 1 und § 6 9 Abs. 3 Allg. SVB. (§ 834 Nr. 1 und 4 HGB.). Diese Ansprüche können aber erst auf Grund der Dispache geltend gemacht werden, die noch nicht fertiggestellt ist (§ 86 Allg. SVB. und § 835 HGB.). Der Schade, dessen Erstattung hier verlangt wird, soll darauf beruhen, daß die Auslieferung der Ware sich wegen Zurückbehaltung für Havereivergütung verzögert hat. Nach den hier in Betracht kommenden Rechten (s. die Übersicht bei U l r i c h , Große Haverei 2. Aufl. Bd. III S. 282, vgl. Bd. II S. 204 und 224) kann der Schiffer die Auslieferung der Ware verweigern oder sie beschlagnahmen lassen, um die Zahlung der darauf haftenden Havereibeiträge sicherzustellen (vgl. § 7 3 1 HGB.). An sich ist diese Sicherstellung Sache des
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Versicherten, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt. Es hat sich aber in neuerer Zeit eine Praxis gebildet, wonach besonders bei Stückgüterverfrachtung die Versicherer, ohne dazu verpflichtet zu sein, diese Angelegenheit für die Ladungsbeteiligten besorgen (s. A r π ο u 1 d , Marine Insurance 9. Aufl. S. 1250; L o w n d e s , General Average 5. Aufl. S. 402). Die in England üblichen Formulare für derartige Bürgschaftsübernahmen sind zu ersehen bei L o w n d e s S. 821 und S. 823. Diese Bürgschaften bezwecken nicht, dem Versicherten bedingungslos und ohne jede Gegenleistung die Verfügung über die Ware zu verschaffen, sondern nur dasjenige Hindernis der Herausgabe zu beseitigen, das in der Haftung für die Beiträge zur großen Haverei besteht. So verpflichtet sich der Schiffer nach dem ersten Formular zur Auslieferung der Ware „on payment of the freight", und es ist klar, daß unter Umständen auch andere Hindernisse der Auslieferung der Ware an den Empfänger entgegenstehen können, selbst wenn die Beiträge zur großen Haverei als Hindernis beseitigt sind. Es ist auch klar, daß sich diese Praxis nur deswegen hat einführen können, weil sie im Interesse der Versicherer liegt, insofern sie geeignet ist, die ihnen obliegenden Beiträge zur großen Haverei unter Umständen zu ermäßigen (vgl. § 8 3 4 Nr. 1 und 4 HOB.). Diese Beiträge können nämlich nicht nur solche sein, die der Versicherte für fremden Schaden zu entrichten hat, sondern auch solche, die ihm nach der Dispache in Anrechnung auf eigenen Schaden auferlegt werden (vgl. S i e v e k i n g , Seeversicherung § 8 3 5 Anm. 6), und in letzterer Beziehung können sie darauf beruhen, daß die Güter wegen der Beitragspflicht zurüdcgehalten werden und daß Aufwendungen zwedcs der Freigabe erforderlich sind, die dem Versicherer wegen seiner auswärtigen Beziehungen leichter fallen wie dem Versicherten. Auf dieser Grundlage sind die beiden Schreiben vom 28. Mai und 5. Juni 1914 zu würdigen, aus denen die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung der später von P. geforderten Zahlung von 1000 Fr. gefolgert wird. In dem ersten machen die Vertreter der Versicherer dem Kläger Mitteilung von einem ihnen zugegangenen Schreiben der Versicherer, in welchem es heißt: „Was das verlangte Depot anlangt, so haben wir unsere Marseiller Vertreter bereits ersucht, diese Angelegenheit durch Garantiebrief zu erledigen, so daß Herr M. W. über die Ware verfügen kann." In dem zweiten erfolgt Mitteilung über ein weiteres Schreiben der Beklagten an ihre Vertreter, worin es heißt: „und teilen uns inzwischen unsere Havarie-Kommissäre in Marseille, die Herren Ch. V. et fils, mit, daß sie für Havarie Grosse-Garantie
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Sorge tragen werden, so daß anstandslose Abnahme der Partie 0 1 von seiten unseres Versicherten, des Herrn M. W., erfolgen wird. Wir bitten Sie, unseren Kunden in diesem Sinne zu benachrichtigen, und ist es erforderlich, daß Herr W. nunmehr über die Ware verfügt." Die Übernahme einer Verpflichtung seitens der Beklagten dem Kläger gegenüber wird aus diesem Schreiben überhaupt kaum hergeleitet werden können. Es handelt sich um eine Mitteilung, daß sie Schritte getan hatten, um die Havariegarantie zu leisten und die Ware freizubekommen mit der Absicht, den Kläger zu schleuniger Verfügung zu veranlassen. Jedenfalls aber können die Briefe nur bezogen werden auf die Sicherstellung für die Havereibeiträge, für die die Beklagten eventuell hafteten und für die die Ware zurückgehalten werden konnte. Insoweit kann aber die Frage, ob in der Tat eine Verpflichtung der Beklagten übernommen wurde, auf sich beruhen, denn die Beklagten haben ja diese Sicherheit im denkbar höchsten Betrage geleistet. Zunächst scheinen in Genua nur 1000 Fr. gefordert und nach deren Sicherstellung die Ware zur Verschiffung freigegeben zu sein. Indessen hat nachher der zum Tiers Consignataire bestellte P., „agissant pour le comite de Genes", noch eine zusätzliche Sicherheit von 8309,65 Fr. verlangt, so daß also die Havereibeiträge auch dann gedeckt gewesen wären, wenn sie — was nach Lage der Sache völlig ausgeschlossen war, weil es sich nur um Nothafenkosten handelte — den vollen Wert der Ladung erreichen würden. Auch diese zusätzliche Sicherheit ist auf Veranlassung der Beklagten von der Firma Ch. V. et fils am 23. Juni 1914 geleistet worden, so daß nun die Verpflichtung zur Leistung von Havereibeiträgen kein Hindernis der Auslieferung der Ware mehr bilden konnte. Audi das Berufungsgericht nimmt nur eine Verpflichtung der Beklagten zur Leistung der Sicherheit für die Havereibeiträge an, erklärt dann aber die von P. geforderten 1000 Fr. als dazu gehörig, weil sie von P. in seinem Schreiben „unzweideutig als H a v a r i e f o r d e r u n g qualifiziert seien". Diese Begründung ist schon an sich bedenklich, denn die vielleicht unzutreffende Bezeichnung eines Dritten kann für das Rechtsverhältnis der Parteien nicht maßgebend sein. Sodann aber forderte P. die fraglichen 1000 Fr. nicht namens der Dispachebehörde als Sicherheit für die Leistung der Havereibeiträge, sondern im eigenen Namen als Bezahlung für im Interesse des Klägers geleistete Auslagen und Bemühungen. Er unterscheidet in dieser Hinsicht scharf und zutreffend zwischen der zusätzlichen Sicherheit von 8309,65 Fr., wegen deren er ihm rät, sich an seine Versicherer zu wenden, und der vor-
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schußmäßigen Zahlung der 1000 Fr. die er nicht in seiner Eigenschaft als Vertreter der Havereibehörde, sondern als Dritter aus eigenem Rechte lediglich von dem Kläger, als Empfänger und Eigentümer der Ware, erwartet. Dabei verkennt das Berufngsgeridit, daß Havereibeiträge und Havereiforderung verschiedene Dinge sind. Eine Havereiforderung hätte möglicherweise auf Grund der von P. für den Kläger geleisteten Auslagen und Dienste von diesem bei der Dispache geltend gemacht werden und er selbst hätte daraufhin Beiträge fordern können. P. spricht von seiner Absicht, sie in dieser Weise für den Kläger geltend zu madien. Hierfür haftete aber die Ware selbstverständlich nicht anderen Beitragsberechtigten. Soweit der von P. angesetzte Betrag in der Dispache anerkannt wurde, k o n n t e er unter Umständen auf die von dem Kläger für die Ladung zu leistenden Beiträge verrechnet werden und insofern zu deren Erhöhung dienen. I n s o w e i t (vgl. Allg. SVB. §§ 84, 86; HansGZ. 1911 Nr. 42 S. 94 „Gründe" Abs. 1) wären dann die Beklagten verpflichtet, jedoch erst nach festgestellter Dispadiercdinung, an den Kläger Zahlung zu leisten. Möglich ist aber audi, daß die betreffende Forderung ganz oder teilweise im Dispacheverfahren zurüdegewiesen, oder daß sie aus den Beiträgen anderer Beteiligter gededet wird. Jedenfalls sind die Beklagten nur verpflichtet, die endgültig festgestellten, auf den Kläger entfallenden Havereibeiträge auf Grund der jetzt noch gar nidit vorliegenden Dispache zu bezahlen. Es ist daher unrichtig und beruht auf Rechtsirrtum, wenn das Berufungsgericht aus der Absicht des P., die fraglichen Kosten in großer Haverei zu liquidieren, folgert, daß der Betrag als Havereibeitrag auf die Ware gefordert wäre. Auch kann keine Rede davon sein, daß die Beklagten sich in den Schreiben vom 28. Mai und 5. Juni 1914 zur vorzeitigen Z a h l u n g von Havereibeiträgen verpflichtet hätten. Es bedarf hiernach a u d i keiner Erörterung der Frage, inwieweit die von P. liquqidierten Kosten überhaupt etwas mit der großen Haverei zu tun haben, was bei einem Teile von ihnen wie Fracht und Verwendungen auf die Ware anscheinend nicht zutrifft. Bestand hiernach keine Verpflichtung der Beklagten, dem Verlangen des Klägers, daß sie den Vorschuß, den P. von ihm forderte, verauslagten, nachzukommen, so können sie audi nicht für die Folgen haftbar gemacht werden, die aus der Zurückhaltung der Ware durch P. entstanden sind. Die Klageforderung müßte aber audi dann abgewiesen werden, wenn das Verlangen bereditigt gewesen wäre. Es handelte sidi um die Auslegung eines von den Versicherern unabhängig von dem Versicherungsvertrag angeblich erteilten Versprechens, über welches die
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Parteien sidi nidit einigen konnten. In diesem Falle wäre es. wenn der Kläger die fragliche Aufwendung als im Interesse der Ware für erforderlidi erachtete, Sache des Klägers, als Eigentümers der Ware gewesen, die Aufwendung vorläufig aus eigenen Mitteln zu machen und von den Beklagten Erstattung zu verlangen. Der Eigentümer darf in soldier Lage nicht sein Eigentum preisgeben und die Gefahr auf denjenigen abwälzen, der verpflichtet ist, die Kosten der Aufwendung zu tragen. Beispielsweise darf der Eigentümer eines Hauses, wenn er von einem Dritten berechtigterweise und vergeblich die Zahlung der Feuerversicherungsprämie an die Versicherungsgesellschaft verlangt hat, nicht das Haus unversichert lassen und seinen Schuldner für den Brandschaden verantwortlich machen. Vielmehr wird der Kausalzusammenhang in einem solchen Falle durch den Entschluß des Eigentümers, die Aufwendung zu unterlassen, unterbrochen, und die weiteren Schicksale der Sache treffen lediglich ihn selbst. Es bedarf hiernach keiner Erörterung der weiteren zweifelhaften Fragen, ob die jetzt nach Kriegsausbruch eingetretene Lage nodi als adäquate Folge der unterlassenen Zahlung angesehen werden kann, und ob eventuell der Kläger ohne weiteres den vollen Wert der noch vorhandenen Sache ersetzt verlangen könnte." RGZ. 89, 68. 1. Zur Deckung welchen Interesses ist im Zweifel die Seeversicherung des Cif-Verkäufers für Rechnung wen es angeht bestimmt? 2. Kann der Eintritt der Konfiskationsgefahr, wenn sie demnächst zur Nehmung und Kondemnation führt, der Nehmung gleich geachtet werden? Unterschied zwischen Nehmung und Anhaltung? 1. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 31.Januar 1917. 1. Landgericht Hamburg, K a m m e r f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Klägerin hat von der deutschen Firma H. D. & Co., die in Ostasien Zweigniederlassungen besitzt, 41 Faß Eigelb und 32 Kisten Eiweiß cif Hamburg gekauft. Die Verkäuferin hatte die Ware im Versicherungswerte von 13 100 Μ bei der Beklagten auf ihre laufende Police für Rechnung wen es angeht unter Bezugnahme auf die Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 versichert. Die Versicherung deckte neben der Seegefahr auch die Kriegsgefahr nach Maßgabe folgender Klausel: „Die Versicherung dedet folgende Gefahren, soweit solche bei der Originalversicherung ausgeschlossen sind, und zwar so lange, als sich VenldierungSTcrtragsgeseti III
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die Ware an Bord des Seedampfers befindet: die Risiken der Konfiskation, Nehmung". . . . Auf Grund der ordnungsmäßigen Deklaration waren an die Order der Verkäuferin die Versicherungsscheine vom 29. Juni 1914 ausgestellt worden; die Verkäuferin hat die Scheine nebst den Konnossementen vom 29. Juni 1914 mit ihrem Blankoindossament der Klägerin übergeben. Die Waren wurden Ende Juni 1914 auf dem englischen in deutscher Charter laufenden Dampfer Feliciana abgeladen. Dieser hatte bei Kriegsausbruch bereits Port Said passiert. Der Dampfer fuhr nunmehr nach London, wo er am 23. August 1914, ankam, und entlöschte dort die Waren. Diese sind später durch das rechtskräftige Prisen-, gerichtsurteil vom 26. April 1915 kondemniert worden. Nach der Unterstellung der Vorinstanzen ist für die Revisionsinstanz gemäß Behauptung der Beklagten davon auszugehen, daß eine Beschlagnahme erst durch die englischen Zollbeamten nach der Entlöschung im Zollhause stattgefunden hat. Die Klägerin hat Anfang März 1915 unter Beobachtung der Fristen des § 116 Allg. SVB. den Abandon erklärt. Sie behauptet eventuell Totalverlust und verlangt mit der Klage die Versicherungssumme von 13 100 Μ nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt Klageabweisung, indem sie einmal bestreitet, daß die Klägerin, wie es erforderlich gewesen wäre, zu der Versicherung gegen Kriegsgefahr Auftrag erteilt habe, und sodann geltend macht, daß, solange die Ware sich auf dem Sdiiffe befunden habe, weder eine Nehmung noch eine Kondemnation erfolgt sei. Das Landgericht verurteilte die Beklagte gemäß der Klage. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten wurden diese Urteile aufgehoben aus folgenden Gründen: „Die Revision ist begründet. Zwar kann der erste Angriff keinen Erfolg haben, denn das Berufungsgericht legt zutreffend dar, daß die Versicherung für Rechnung der Firma H. D. Sc Co. genommen war und die Rechte daraus durch Indossierung der Versicherungsscheine auf die Klägerin übergegangen sind. Es ist richtig und entspricht den Ausführungen der Entscheidung dieses Senates vom 25. Oktober 1916 1 , daß schon an sich die für Rechnung wen es angeht von dem Cif-Verkäufer genommene Seeversicherung im Zweifel als zur Deckung seines Eigentumsinteresses bestimmt zu erachten ist. Jedenfalls hat aber der CifVerkäufer im Regelfalle das Recht, nachträglich zu erklären, daß die 1
Siehe RGZ. Bd. 89 S. 34 (abgedr. weiter oben in diesem Abschnitt).
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Versicherung diese Bedeutung hat, und eine solche Erklärung ist im vorliegenden Falle dadurch abgegeben worden, daß die Firma H. D. & Co. die Versicherungsscheine an ihre O r d e r hat ausstellen lassen und sie sodann in b l a n k o indossiert und an die Klägerin begeben hat. Der zweite Angriff, der sich gegen die Feststellung des Berufungsgerichts richtet, daß ein der Police entsprechender Versicherungsfall vorliegt, muß dagegen f ü r begründet erachtet werden. Es handelt sich um eine sehr beschränkte Kriegsklausel, nach der lediglich die Fälle der N e h m u n g und Konfiskation, und diese auch nur so lange in Frage k a m e n , als sich die Ware an Bord des Seedampfers befand. Die Beg r ü n d u n g des Berufungsgerichts, welche darauf hinauszulaufen scheint, daß ein Tatbestand, welcher der N e h m u n g gleich zu achten ist, schon vorgelegen habe, als sidi die Ware noch an Bord befand, ist schwer verständlich. Das Berufungsgericht meint, es k ö n n e sidi nur fragen, o b die Ware zu dieser Zeit bereits das Risiko der Konfiskation lief, was b e j a h t werden müsse, weil die prisengerichtliche Verurteilung erfolgt sei, o b w o h l eine N e h m u n g auf See nicht erfolgt sei. Die Gefahr der Konfiskation sei in dem Augenblick entstanden, als der Schiffer beschloß, nach London zu fahren und damit die seinem Schiffe anvertraute Ladung der Gewalt der englischen Regierung zu überantworten. D a m i t habe er dasselbe bezwedct und erreicht, was eine N e h m u n g herbeigeführt h ä t t e : die Schaffung der Unterlage für die prisengerichtliche Untersuchung. Aus dieser Konfiskationsgefahr habe sich dann in einheitlichem und f ü r den Verlust der Güter kausalem Zusammenhange die Entlöschung der Ware, die eigentliche Konfiskation im Londoner Zollhause und die nachfolgende prisengeriditliche Kondemnation entwickelt. Abgesehen davon, daß bei diesen Ausführungen die Begriffe Beschlagnahme (Nehmung) und Konfiskation nicht gehörig auseinander gehalten werden — die Zollbeamten haben die Ware nur beschlagnahmt („seized"), während die Konfiskation erst im Wege der K o n d e m n a t i o n erfolgt ist —, ist es unzulässig, den Eintritt der Konfiskationsgefahr der N e h m u n g oder der Konfiskation selbst gleich zu achten. Ebensogut h ä t t e der bloße Ausbruch des Krieges als fortwirkende Ursache der demnächstigen Beschlagnahme und Kondemnation hingestellt werden k ö n n e n ; denn es war wohl ausgeschlossen, daß das englische Schiff sich in Kenntnis des Kriegsausbruchs nach Hamburg in die Gewalt der Feinde begab, ganz abgesehen davon, ob es mit Rücksicht auf Minengefahr und Beseitigung der Schiffahrtszeichen überhaupt dorthin h ä t t e gelangen k ö n n e n , es war vielmehr natürlich, daß es sich nach England in Sicherheit brachte. Nehmung und Konfiskation sind versicherungsrechtlidi 10·
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feststehende Begriffe, die keineswegs ausgedehnt werden können auf Umstände, die eine Gefahr der Nehmung oder Konfiskation begründen. Geht man aber hiervon aus, so heißt es sich über den klaren Wortlaut der Kriegsklausel hinwegsetzen, wenn man einerseits einräumt, daß die Nehmung und Konfiskation erst stattgefunden haben, als die Ware sich nicht mehr an Bord des Seedampfers befand, anderseits aber wegen der schon vorher begründeten Gefahr einer Nehmung und Konfiskation die Klausel für anwendbar erklärt. Denn die Klausel sagt, daß der Versicherer für Nehmung und Konfiskation nicht mehr haftet, wenn diese erfolgen, nachdem die Ware von Bord gebracht ist. Es ist zuzugeben, daß eine Konfiskation (Kondemnation) im Regelfalle erfolgt, nachdem die feindliche Ware bereits gelöscht ist. Dagegen findet die Nehmung regelmäßig statt, während die Ware sich an Bord befindet. Die Berücksichtigung des ersteren Umstandes könnte daher höchstens die Folge haben, im Falle einer der Regel entsprechenden Nehmung, wenn diese durch eine nadi der Löschung stattfindende Kondemnation bestätigt wird, die Klausel ausdehnend dahin auszulegen, daß der Versicherer nicht nur auf Grund der Nehmung nach den Bestimmungen über Abandon für haftbar erklärt wird, sondern auf Grund der durch Kondemnation bestätigten Nehmung auch für Totalverlust. Dagegen fehlt es an der Möglichkeit, die Klausel anzuwenden, wenn sowohl Nehmung wie Kondemnation erst nach der Löschung erfolgen; denn der Versicherer hat deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er nur für die gewöhnliche Nehmung haften und frei sein will, sobald die Ware unbeschlagnahmt und uneingezogen das Schiff verläßt. Audi die Erwägung des Berufungsgerichts, daß tatsächlich deutsche in Ostasien verladene Güter in großem Umfange auf englischen Schiffen befördert wurden und daher unter der vorliegenden Kriegsklausel bei Ausbrudi des Krieges zwischen Deutschland und England nicht gegen Kriegsgefahr versichert gewesen wären, wenn man die Klausel nidit ausdehnend auslegt, geht fehl. Denn es ist einmal sehr wohl möglich, daß die Versicherten sich mit der Klausel einverstanden erklärt haben, weil sie die Gefahr eines Krieges zwischen Deutschland und England für fernliegend erachteten. Sodann aber kommt in Betracht, daß nadi völkerrechtlicher Auffassung, wie sie bei Ausbruch des gegenwärtigen Krieges herrschte, keineswegs damit zu rechnen war, daß die Engländer feindliches Eigentum, das ihren eigenen Schiffen vor Ausbrudi des Krieges im guten Glauben anvertraut war, einziehen würden, und zwar selbst dann, wenn es ohne vorherige Beschlagnahme an Land gebracht war.
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Schon seit dem Krimkriege drängte sich allgemein die Überzeugung auf, daß es unbillig sei, unmittelbar oder kurz nach Ausbruch der Feindseligkeiten Handelsschiffe und Ladungen harmloser Kaufleute, die im Vertrauen auf friedliche Verhältnisse ihren Geschäften nachgingen, wegzunehmen. Vgl. B o n f i l s - F a u c h i l l e - G r a h , Völkerrecht, 1904, S. 716. Unter dem Vorgange von Großbritannien, Frankreich und Rußland entstand daher der Gebrauch, daß den in eigenen Häfen befindlichen oder diese Häfen in Unkenntnis des Krieges anlaufenden feindlichen Handelsschiffen eine Indultfrist gewährt wurde, binnen deren sie sich in Sicherheit bringen konnten. Vgl. B o n f i l s a . a . O . S. 717; L i s z t , Völkerrecht. 9. Aufll. S. 330: H a t t e n h e i n , Handelsschiffe der Kriegführenden, S. 38; W e h b e r g , Beuterecht im Land- und Seekriege, 1909, S. 37. Bestätigt wurde diese Auffassung in dem VI. Haager Abkommen über die Behandlung der feindlichen Kauffahrteischiffe beim Ausbrudie der Feindseligkeiten. In Art. I wird die Gewährung der Indultfrist als erwünscht bezeichnet. In Art. 2 wird die Einziehung der betreffenden Schiffe, denen die Frist nicht gewährt wurde, oder die davon keinen Gebrauch machen konnten, untersagt. In Art. 3 wird auch die Enziehung von feindlichen Handelsschiffen untersagt, die vor Ausbruch des Krieges in See gegangen sind und dort in Unkenntnis der Feindseligkeiten betroffen werden. Und nach Art. 4 dürfen Waren, die sich an Bord jener Schiffe befinden, nicht eingezogen werden. Wenn auch die völkerrechtliche Verbindlichkeit dieses Abkommens mit Rüdcsicht auf den von Deutschland und Rußland zu den Art. 3 und 4 gemachten Vorbehalt — womit sie sich für den Notfall das Recht entschädigungsloser Zerstörung von Konterbande (statt der Anhaltung oder Zurückhaltung) wahren wollten — zweifelhaft ist, so geben die Bestimmungen doch Zeugnis von der damals das Völkerrecht beherrschenden Auffassung und beweisen, daß der mittelalterliche Standpunkt, wonach das Seebeuterecht, soweit es in der Pariser Deklaration aufrechterhalten war, die Bereicherung des nehmenden Staates bezwecke, überwunden und durch die Zweckbestimmung einer Bekämpfung des feindlichen Seehandels mit präventiven Mitteln ersetzt war. Vgl. W e h b e r g , Land- und Seekriegsrecht, 1915, S. 5 und S.254. Der ausgesprochene Grund der seit dem Krimkrieg in Übung gekommenen Indultfrist war denn audi, wie auf der Haager Konferenz von 1907 dargelegt wurde,
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„de concilicr les interets du commerce avec les necessites de la guerre et, meme apres l'ouverture des hostilites de prot6ger encore, aussi largement que possible, les operations engagέes de bonne foi et en cours d'execution avant la guerre" (Actes et documents I p. 250). Demgemäß heißt es in der Begründung zu Art. 2 des VI. Abkommens: „On ne saurait, dans l'etat actuel du commerce moderne, admettre qu'ä chacque periode de plus ou moins grande tension politique entrc les Etats, les armateurs, assureurs, diargeurs, interesses de toute sorte au commerce de mer aient ä craindre de voir leurs entreprises, confiees ä la bonne foi des relations politiques, sombrer dans la brutalite d'une confiscation inopinee" (Actes et dovuments p. 253). Dieser Gesichtspunkt des Schutzes des gutgläubigen Handels trifft nun ganz besonders zu auf feindliche Waren, welche vor Ausbruch eines Krieges den eigenen Schiffen der Kriegführenden zur Beförderung anvertraut wurden. Der Zweck der Verhinderung des feindlichen Seehandels im Kriege reditfertigt lediglich die Anhaltung und Zurückhaltung soldier Waren, nicht aber deren Konfiskation, welche nur durch den Zwedc einer rücksichtslosen, selbst den Vertrauensbruch nicht scheuenden Schädigung der Angehörigen des feindlichen Staates und der eigenen Bereicherung begründet werden kann. Nimmt man hinzu, daß während des Krieges feindliche Waren den eigenen Schiffen überhaupt nicht anvertraut zu werden pflegen, oder wenn dies in seltenen Fällen doch gesdiehen sollte, regelmäßig besonderen Strafbestimmungen wegen Landesverrats oder verbotenen Handels mit dem Feinde unterliegen würden, so erklärt es sich, daß die neueren Verordnungen und internationalen Abmachungen über das Seebeuterecht den Fall der Beschlagnahme und Konfiskation von Waren auf eigenen Schiffen gar nicht in Betracht ziehen, und daß er auch in der völkerrechtlichen Literatur fast durchweg übergangen wird. So spricht ζ. B. audi Art. 4 des VI. Haager Abkommens nur von feindlichen Waren auf feindlichen Schiffen. Ebenso behandeln die Art. 58 bis 6 0 der Londoner Erklärung von 1909 nur feindliche oder neutrale Waren auf feindlichen Schiffen. § 2 der Deutschen Prisengeriditsordnung vom 15. April 1911 (RGBl. 1914 S. 302) bestimmt den Begriff der Prisen, wie folgt: „Prisen im Sinne dieser Verordnung sind feindliche oder neutrale Kauffahrteischiffe . . , sowie auf solchen Schiffen befindliche feindliche oder neutrale Güter, sofern sie in Ausübung des Prisenrechts in Beschlag genommen werden."
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Ähnlidi die Deutsche Prisenordnung vom 30. September 1909 Nr. 1 (RGBl. 1914 S. 276). Vgl. ferner Art. 39 des Oxforder Reglements des Instituts für internat. Recht bei W e h b e r g , Land- und Seekriegsrecht, S. 195. W e s t l a k e , Interational Law (1907) II p. 129 beschreibt geradezu die Wirkung der Pariser Deklaration, wie folgt: „We may therefore conclude that enemy ships and enemy goods o n b o a r d t h e m are now, by international law, the o n l y enemy property which, as sudi, is capturable at sea." W e h b e r g , der die Frage der Einziehbarkeit des feindlichen Eigentums auf eigenen Schiffen erörtert (s. Land- und Seekriegsrecht S. 175, 176) ist der Ansicht, daß an sidi vom juristischen Standpunkt aus die Einziehung zulässig sei, weil die Pariser Konvention nicht extensiv ausgelegt werden könne. Er fügt jedoch hinzu: „Praktisch aber werden die Staaten audi hier bedenken, daß ihren Handelsschiffen ein Vorteil durch die Beförderung feindlicher Waren entsteht, und sie werden wohl entsprechend Art. 48 und 49 des englischen naval prize law und § 4 1 Abs. 2 der japanischen Seeprisenordnung von 1904 das feindliche Gut nur einziehen, wenn gleichzeitig das Schiff auf Grund einer Bestimmung des Landesrechts der Beschlagnahme unterliegt." Ahnlich S c h r a m m , Das Prisenrecht (1913) S. 98. Was aber die vor Ausbruch des Krieges den eigenen Schiffen anvertrauten feindlichen Waren anlangt, so erachtet W e h b e r g ( a . a . O . S. 199 Note 1) mit Recht den A r t . 4 des VI. Haager Abkommens für anwendbar, weil die auf feindlichen Schiffen befindlichen Waren naturgemäß nicht besser behandelt werden dürften als die auf eigenen Fahrzeugen (Α. Α. Η u b e r i c h , Engl. Prisenrecht, 1915, S. 56). Nun haben allerdings im gegenwärtigen Kriege die englischen Prisengerichte nicht nur im vorliegenden, sondern auch in mehreren anderen Fällen feindliche Waren, die vor Aus'bruch des Krieges britischen Schiffen zur Beförderung anvertraut waren, beschlagnahmt und eingezogen. Sic haben dabei den mehrfach ausgesprochenen Satz des englischen Prisenrechts, wonach das Seebeuterecht feindliches Eigentum ergreift, das auf See oder s c h w i m m e n d im Hafen betroffen wird (s. z.B. das Zitat aus Wheaton-Dana, 1866, in dem Urteil über die Miramichi, Prize Cases 1916 S. 147: in maritime warfare „the private property of the enemy taken at sea or a f l o a t in port is indiscriminately liable to capture and confiscation", sowie die oben erwähnte Stelle bei W e s t l a k e und Prize Cases 1916 S. 544; vgl. audi Η u b e r i c h a. a. O. S. 52) dahin ausdehnend ausgelegt, daß die Beschlagnahme und Konfiskation audi an Land zulässig sei, soffern es sid»
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um eine den Eigentümern noch nicht ausgehändigte Ladung handle. S. außer dem Falle der Miramichi (Prize Cases 1916, S. 137) besonders das Urteil des Privy Council im Falle The Roumanian (a. a. Ο. S. 536), den Fall The Adiaia (S. 635) und das Urteil des ägyptischen Prisengerichts zu Alexandria in British and Colonial Prize Cases, herausgegeben von Grant, 1916 S. 247; vgl. dazu S c h a p s in Recht und Wirtschaft 1917 S. 11. Was die Frage der Konfiskation am Lande betrifft, so hat sich der Privy Council dabei über eine Vorentscheidung aus dem Jahre 1784, betreffend die Ooster-Eems, hinwegsetzen zu können geglaubt (s. Prize Cases 1916 S. 549 flg. und S. 536). O b diese Erkenntnisse rechtlich haltbar sind, ist hier nicht zu prüfen. Jedenfalls entsprechen sie nicht der vor Ausbrudi des großen Krieges herrschenden, fortgeschrittenen völkerrechtlichen Auffassung und den Erwartungen, die überwiegend vor dem Kriege in bezug auf die demnächstige Handhabung des Völkerrechts in einem etwaigen Kriege gehegt wurden. Und schwerlich wären sie in dieser Weise ergangen, wenn die britische Kriegführung nicht von der Absicht beherrscht würde, die deutschen Handelsinteresscn auch für die Zeit nach dem Kriege nach Möglichkeit zu schädigen. Ist dies aber richtig, so entfällt jedes Bedenken gegen die Auslegung der Police, die dem deutschen Wortsinn entspricht. Daß auf Grund der Police n a c h Ausbruch eines Krieges Waren mit feindlichen Schiffen befördert wurden, war ausgeschlossen oder wenigstens vermeidlich. Daß aber bona fide v o r Ausbrudi eines Krieges mit demnächst feindlich werdenden Schiffen verladene Güter nach ihrer Entlöschung im feindlichen Hafen gekapert und eingezogen wurden, war ein unerwartetes Ereignis, mit dem der Versicherte bei Abschluß des Vertrags mutmaßlich nicht gerechnet hat und mit dem auch dann nodi nidit zu redinen war, als der Schiffer der Feliciana sich entsdiloß, das Schiff nach England zu bringen. Daher läßt sich audi dieser Entsdiluß nicht der in der Police vorgesehenen Nehmung oder Konfiskation gleichstellen. Da hiernach die Auslegung der Vorinstanzen nidit zu billigen ist. unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung, und es fragt sich, ob sofort auf Klageabweisung erkannt werden kann. Diese Frage ist zu bejahen, weil Behauptungen, welche bei Zugrundelegung der richtigen Auslegung die Verurteilung rechtfertigen würden, insbesondere des Inhalts, daß die Beschlagnahme oder Einziehung stattgefunden hätte, während die Güter sich noch an Bord der Feliciana befanden.
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nicht aufgestellt sind. Unerörtert geblieben sind nur die Behauptungen des Klägers in dem Schriftsätze Nr Diese gehen dahin, daß die englische Regierung schon vor der Löschung die Anhaltung der Güter angeordnet und die Aushändigung an die deutschen Berechtigten untersagt hätte. Diese Maßnahme erklärt sich aber aus dem englischen V e r b o t des Handels mit dem Feinde und der Erfüllung der mit dem Feinde abgeschlossenen, noch nicht erledigten Verträge. Sie ist keineswegs gleichbedeutend mit Nehmung und Konfiskation, ließ vielmehr der Möglichkeit Raum, daß die Waren nach Beendigung des Krieges der Klägerin ausgehändigt oder für ihre Rechnung verwertet wurden, und löst daher die Haftung der Beklagten nicht aus. Die Klage ist hiernach kostenpflichtig abzuweisen." R C Z . 8 9 , 144. Ist bei der Versicherung von Decklast mit der Klausel „frei von Beschädigung", wenn die Güter über Bord gespült werden, nachdem sie zuvor beschädigt wurden, der schon an Bord entstandene Schaden in Abzug zu bringen? Verteilung der Beweislast. HGB. § 851.
Allg. SeeVersBed. § § 103 bis 107.
I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 2. Dezember 1 9 1 6 .
I. Landgericht Hamburg, Kammer r. Handelssachen. —
II. Oberlandesgeridit
daselbst.
Die Klägerin hat bei den Beklagten auf eine laufende Police nach den Hamb. Allg. Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 158 Faß K o k o s öl versichert, die am 8. November 1 9 1 2 in Hamburg mit dem Dampfer Michel für Le Havre verladen wurden. Die Ware war als Deckladung einschließlich der Gefahr des Werfens und Überbordspülens, jedoch frei von Beschädigung oder Bruch, außer im Strandungsfalle, versichert. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts herrschte am 11. November 1912 ein schwerer Sturm, bei dem schon morgens einige Fässer aus der Lage kamen, aber wieder befestigt werden konnten. Um 4 Uhr nachmittags wurde jedoch die ganze hintere Deckladung durch überkommende Seen hochgehoben und aus der Lage gebracht. Hierbei zerbrach der größere Teil der Fässer. Sie wieder festzumachen, versuchte die Mannschaft vergeblich. Sie glitt auf dem durch Ö l und Fett schlüpfrigen Deck aus, und der Sturm wuchs weiter, bis die überkommenden Seen 102 der hin- und hergeworfenen Fässer über Bord schleuderten. Die Klägerin verlangte für diese 102 verlorengegangenen Fässer eine Entschädigung von 13 0 1 7 , 5 5 M. Die Beklagten weigerten die Zahlung, weil die Fässer bereits, bevor sie über Bord gespült wurden, beschädigt
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und ihres Inhalts beraubt gewesen seien, so daß der Unfall, für den sie einzustehen hätten, nur wertlose Trümmer betroffen hätte. Beide Vorinstanzen erachteten die Beklagten für haftbar, weil es sich um einen einheitlichen Vorgang der Schadensverursachung handle, die sich als Uberbordspülen kennzeichne, ohne daß die dabei vorgekommene Zertrümmerung der Fässer als selbständige Schadensursache ausgeschieden werden könne. Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „Nach § 107 Allg. SVB. gilt für Güter, welche auf Dedc geladen sind, die Versicherung frei von Beschädigung sowie frei von Werfen und Überbordspülen. Der Versicherer soll hiernach, außer für große Haverei und was ihr gleichsteht, nur dann für den Verlust der Güter haften, wenn das Schiff gesunken, gescheitert, durch Feuer zerstört, verschollen oder für gute Prise erklärt ist, und er nicht etwa beweisen kann, daß die Dedclast schon vorher geworfen oder über Bord gespült worden war. Der § 107 gehört zu dem Abschnitt, der vom Umfang der Gefahr handelt. Es kommt daher bei der Klausel „frei von Beschädigung" nicht auf den Umfang des Schadens an, sondern darauf, ob die wirkende Ursache eine solche war, welche typisch den gänzlichen Verlust herbeizuführen pflegt. Dies ergibt sich auch aus § 103, wonach der Versicherer nidit haftet für einen Schaden, der aus einer Beschädigung entstanden ist, und zwar audi dann nicht, wenn diese im weiteren Verlauf den gänzlichen Verlust herbeigeführt hat. So ist im Falle außergewöhnlicher Ledcage vom Reichsgericht in RGZ. Bd. 56 S. 400 erkannt worden, weil sich die Leckage typisch nur als Beschädigung kennzeichnet. Verlust im Gegensatz zu Beschädigung liegt dagegen vor, wenn die Güter von einem Ereignis betroffen werden, das ihre Existenz im wirtschaftlichen Sinne unmittelbar bedroht (RGZ. Bd. 69 S. 240). Schon § 1 0 7 ergibt deutlich, daß zu derartigen Ereignissen auch das Werfen und das Überbordspülen zu rechnen sind (vgl. RGZ. Bd. 69 S. 240). Wie nun aber ein Ereignis, das sich typisch als Beschädigung darstellt (z.B. Bruch von Fässern infolge starken Seeganges, vgl. Urt. des RG.s vom 29. April 1899, HansGZ. Nr. 71), diesen Charakter dadurch nicht einbüßt, daß es infolge lange dauernder Wirkung schließlich zum gänzlichen Verlust führt, so behält umgekehrt ein typisch den Verlust herbeiführendes Ereignis diesen Charakter auch dann, wenn es in seinem einheitlichen Verlauf die Ware vor ihrer gänzlichen Vernichtung zunächst beschädigt ( V o i g t S. 384). Soll z.B. eine aus vielen Stücken bestehende Deckladung geworfen werden, so wird es regcl-
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mäßig erforderlich sein, zunächst die Befestigung zu lösen, und dabei wird häufig eine Beschädigung der hin- und hergeworfenen Gegenstände eintreten, bevor sie sämtlich über Bord geworfen sind. Dies schließt nicht aus, daß infolge des verlustbegründenden einheitlichen Vorganges des Werfens der Gesamtwert vernichtet ist, ohne daß dabei die vor dem Enderfolg eingetretene Beschädigung in Abzug zu bringen wäre. Genau so verhält es sich bei dem Überbordspülen. Waren die Güter auf Dedc befestigt, so ist es kaum anders denkbar, als daß die Befestigung zunächst durch den Wellengang gelöst wird, die losen Güter durcheinander rollen und hierbei beschädigt werden, wenn sie ihrer Natur nach einer solchen Beschädigung ausgesetzt sind, bis das Überbordgehen die Vernichtung vollendet. Auch in dem Falle RGZ. Bd. 69 S. 238 handelte es sich um einen solchen Verlust von auf Dedc verladenen Ölfässern, und es wurde auch dort nicht gefragt, ob etwa vor dem schließlichen Überbordgehen eine Beschädigung stattgefunden hatte. Da im vorliegenden Falle wie dort die Versicherer entgegen dem § 107 Allg. SVB. die Gefahr des Überbordspülens übernommen haben und die in Rede stehenden 102 Fässer tatsächlich über Bord gespült sind, so haben die Vorinstanzen mit Recht untersucht, ob ihre teilweise Beschädigung bei dem einheitlichen Vorgang des Lösens der Befestigung durch die Elemente und des hierdurch unmittelbar, trotz zur Bekämpfung der Gefahr aufgewandter Bemühungen verursachten Überbordgehens stattgefunden hat, und da diese Frage bejaht werden mußte, Verlust durch Überbordspülen angenommen. Nur wenn es gelungen wäre, die losen Fässer wieder ordnungsmäßig zu befestigen, und vorher eine Beschädigung eingetreten wäre, hätte diese von dem durch ein späteres Überbordspülen vollständig vernichteten Gesamtwerte in Abzug gebracht werden müssen. Es steht nun zwar fest, daß schon am Morgen des Unfalltages einzelne Fässer aus der Lage gekommen und wieder befestigt waren. Doch haben die Beklagten nicht behauptet, daß schon hierbei eine Beschädigung eingetreten ist. Nach den in § 107 Abs. 1 und § 104 Abs. 3 SVB. gegebenen Beweisregeln würde ihnen übrigens der Beweis obgelegen haben, daß eine Beschädigung schon vor dem einheitlichen Vorgange des Überbordspülens, welcher ja den Verlust an sich erklärt, stattgefunden hat, da jene Beweisregeln unbedenklich auf den Fall, in dem der Versicherer die Gefahr des Überbordspülens der Deckladung übernimmt, analog anzuwenden sind."
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RGZ. 89, 277. Endigt bei der Versidierung gegen Hafen- und Reviergefahr die Gefahr für den Versicherer mit dem Antritt der Reise oder erst, wenn das Sdiiff auf der Reise die Grenzen des Hafenreviers überschritten hat? Begriff des Verholens. HGB. § 823. Hamb. Allg. SVB. § 72. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 23. Dezember 1916. 1. Landgericht Hamburg. K a m m e r f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht
daselbst.
Die Kläger haben laut Police vom 24. Oktober 1913 bei den Beklagten „vorläufig für die Zeit von 1 Monat, beginnend am 28. November 1913" ihr Segelschiff „Henriette" „nur für Seegefahr" nach den Hamburger Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 versichert. In der Police heißt es: „Das Sdiiff ist am 28. November (1913) in Frederikstad angekommen und deckt diese Versicherung die Hafen- und Reviergefa'hr daselbst . . . Dodc- und Sliprisiko irgendwelcher Art sowie die Gefahren des Verholens innerhalb des oben genannten Reviers gelten eingesdilossen . . . Sollte das Risiko dieser Police mit dem Ablaufstage nodi nicht beendet sein, so läuft diese Police stillschweigend weiter gegen Vi«°/o Prämie für jede weiteren angefangenen 15 Tage." . . . Nach der Verklarung war die Beladung am 14. Januar 1914 beendet. Am 17. Januar fuhr das Schiff mit Hilfe zweier Schlepper nach der Insel Beigene (etwa 4 Seem, von Frederikstad), wo die Kompasse reguliert wurden, und versuchte alsdann — wie es in der Verklarung heißt — mit Hilfe von zwei Schleppern am 19. Januar die Reise zu beginnen; es mußte aber wegen Nebels bei Bratholmen (etwa 8 Seem, von Frederikstad) zu Anker gehen und blieb hier wegen Nebels und Sturmes bis zum 15. Februar. An diesem Tage brach unter Dedc Feuer aus, das erst am 16. Februar mit Hilfe eines Bergungsdampfers gelöscht werden konnte. Am 18. Februar wurde das schwer beschädigte Schiff wieder nach Frederikstad zurüdcgesdileppt und blieb dort bis zum 21. März liegen. An diesem Tage trat es mit Schlepperhilfe die Reise nach Sandefjord an, um dort repariert zu werden. Hier blieb es bis zum 10. Mai und ging dann in See nach Hamburg. Ursprünglich war nach der Police in Aussicht genommen, daß es zunächst noch einmal wieder nach Frederikstad zurückkehren würde. In bezug auf diese letzteren Vorgänge befindet sich auf der Police eine Prämien'berechnung und ein Nachtrag vom 21. März 1914, der besagt: „Das Schiff verholt per SdileppeT von Frederikstad nach dem Reparaturhafen Sandefjord und
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später wieder zurück. Während der Reisen, beginnend mit Ankeraufnehmen und endigend mit Ankerfallenlassen, tritt diese Police außer Kraft, deckt während des Aufenthalts in Sandefjord und tritt später mit Ankunft in Frederikstad wieder in Kraft." . . . Die Parteien streiten darüber, ob der durch den Brand vom 1 5. Februar 1914 angerichtete Schaden unter die Versicherung falle. Die Kläger behaupten, daß Bratholmen zum Revier Frederikstad gehöre, was die Beklagten verneinen. Die Beklagten vertreten sodann die Ansicht, daß die Versicherung sofort mit Antritt der Reise geendigt 'habe, da es sich um eine Aufenthalts- im Gegensatz zu einer Reiseversicherung handle, während die Kläger meinen, daß das Risiko audi nach Antritt der Reise bis zur Erreichung der Reviergrenze fortdauerte. Das Landgericht trat in beiden Streitpunkten den Klägern bei und gab der auf Zahlung eines Teiles des Schadens gerichteten Klage statt. Das Oberlandesgericht ließ unentschieden, ob der Unfallsort Bratholmen nodi zum Revier von Frederikstad zu rechnen sei, trat aber darin den Beklagten bei, daß die Versicherung mit Antritt der Reise, welcher spätestens am 19. Januar 1914 erfolgt sei, geendet habe, und wies demgemäß die Klage ab. Die Revision der Kläger ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „Aus der auf der Police stehenden Prämienberechnung und dem Nachtrage zur Police läßt sich eine sichere Auslegung der Police nicht entnehmen. Die Prämienberechnung bis 19. Januar beruht offenbar darauf, daß die Reise nach Auffassung der Kläger und nach der Verklarung erst mit diesem Tage, beim Verlassen der Insel Beigene, wo die Kompasse reguliert waren, angetreten wurde, und die Beklagten keinen Grund hatten, dieser Auffassung zu widersprechen. Man konnte annehmen, daß das Schiff vor der Kompaßregulierung noch nicht reisefertig war, und daß die immerhin nicht weit von Frederikstad gelegene Insel Beigene eben deshalb als im Sinne der Police zum Revier gehörig anzusehen war, weil der dortige Aufenthalt dazu dienen sollte, die Reisefertigkeit zu vollenden. Insofern konnte auch das Abschleppen nach Beigene als ein „Verholen" innerhalb des Reviers angesehen werden. Unter „Verholen" ist zunächst zu verstehen das Wechseln des Liegeplatzes in einem bestimmten Hafen oder auf der Reede im Gegensatze zur Reise, welche die Erreichung eines anderen Bestimmungsortes bezwedet. Dieser Begriff läßt sich aber ohne Zwang ausdehnen auf das Aufsuchen eines in der Nähe gelegenen Platzes, wo das Schiff völlig reisefertig gemacht werden soll. Daß sodann für den zweiten Aufent-
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halt in Frederikstad die Prämie beredinet ist, erklärt sich einfach daraus, daß die Kläger allgemein eine Aufenthaltsversidierung im Gegensatze zur Reiseversidierung, die sie selbst trugen, zu nehmen pflegten, wie sie denn audi in dem Nachtrag vom 21. März 1914 den demnächstigen Aufenthalt in Sandefjord und den in Aussicht genommenen dritten Aufenthalt in Frederikstad versicherten. Anderseits läßt sidi aus dem erwähnten Naditrag nidit mit Sicherheit herleiten, daß die Kläger die Auffassung der Beklagten, wonach die Versicherung ohne weiteres mit dem Antritt der Reise endigte, audi für die Vergangenheit als berechtigt anerkannt haben, indem sie sidi ihr für die Zukunft fügten; denn damals bestand vermutlich sdion Streit über die den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Haftpflicht der Beklagten. Entscheidend ist daher, wie die ursprüngliche Gefahrklausel auszulegen ist. Die Auslegung des Landgerichts ist in sidi widerspruchsvoll. Es erkennt an, daß die Police nur das Aufenthaltsrisiko decken wolle und daß daher ein nadi Antritt der Reise eintretender Schaden nicht unter die Police falle, selbst wenn der Unfall sich innerhalb der Reviergrenzen ereignet habe. Das Landgericht nimmt ferner an, daß die Reise spätestens am 19. Januar angetreten sei, was audi ohne Zweifel zutrifft, und es hätte danach von dem ersterwähnten Standpunkt aus zur Abweisung der Klage gelangen müssen. Es entzieht sich aber dieser Sdilußfolgerung, weil die Seereise wieder zur Zeit aufgegeben und verschoben und wegen Nebels ein langdauernder Aufenthalt innerhalb des Reviers genommen sei. Mit Recht verweist das Oberlandesgericht demgegenüber auf § 72 der Allg. SVB. (vgl. § 823 HGB.), wonach die Reisegefahr spätestens beginnt mit der Abfahrt des Schiffes und frühestens endigt mit dem Fallenlassen des Ankers im Bestimmungshafen; Offenbar ist es nicht die Meinung des Oberlandesgerichts — wie die Revision annimmt —, daß im vorliegenden Falle die Versicherung gemäß § 72 sdion mit dem Beginn der Ladungseinnahme geendigt habe, obwohl bei der gewöhnlichen Reiseversidierung die Gefahr allerdings mit diesem Zeitpunkt beginnt. Vielmehr kam es dem Oberlandesgericht nur darauf an, nachzuweisen, daß die einmal begonnene Reisegefahr — im Gegensatz zur Aufenthaltsgefahr — nicht bei einer vorübergehenden Unterbrechung der Reise aufhöre. Dies ist audi zutreffend und entspricht dem, was das Reichsgericht sdion wiederholt über den Begriff „unterwegs" im Sinne von § 831 HGB. ausgeführt hat (s. RGZ. Bd. 12 S. 28 und Urteil vom 21. Juni 1916 I 29/16). Das Schiff blieb im vorliegenden Falle unterwegs, als es sich wegen ungünstigen Wetters bei Bratholmen vor Anker legte, und die Reisegefahr wurde damit nicht
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unterbrochen. Es handelt sidi also um den Gegensatz der AufenthaltsVersicherung und einer solchen Reiseversicherung, bei der die Aufenthaltsgefahr ausgeschlossen war. Hatten daher die Beklagten für die Reisegefahr auch dann nicht einzustehen, wenn sie innerhalb des Reviers eintrat, so ist die Klage unbegründet. Es kann daher nur darauf ankommen, ob die fragliche Klausel mit den Klägern dahin auszulegen ist, daß die Reisegefahr auch insoweit eingeschlossen sein sollte, als sie sich innerhalb des Reviers ereignete. Dies wird aber vom Oberlandesgericht (insoweit in Übereinstimmung mit dem Landgericht) aus Erwägungen, die einen Rechtsirrtum nicht erkennen lassen, verneint. Die Kläger haben erklärt, sie trügen bei ihren Schiffen das Reiserisiko selbst, versicherten aber die Hafen- und Reviergefahr, weil dort besonders leicht Schäden entstünden. Schon diese Erklärung spricht dafür, daß mit dem eigentlichen Antritt der Reise die von ihnen genommene Versicherung endigen sollte. Dabei erwähnt das Berufungsgericht weiter, daß die Grenzen eines Reviers sich nach verschiedenen Gesichtspunkten — wie auch der vorliegende Fall zeige — verschieden bestimmen ließen, und daher der Umfang der übernommenen Gefahr äußerst zweifelhaft sein würde, wenn jene Ortsbestimmung maßgebend wäre, während der eigentliche Antritt der Reise leicht feststellbar ist. Ferner spreche der Umstand, daß die Versicherung mit der Ankunft des Schiffes in Frederikstad (nicht etwa mit dem Erreichen der Reviergrenzen) beginnen sollte, dafür, daß sie mit der Abfahrt endigen sollte. Mit Recht endlich betont das Berufungsgericht besonders den Umstand, daß die Gefahr des Verholens ausdrücklich eingeschlossen wurde, denn dies sollte den Zweifel beseitigen, ob auch bloße Ortsbewegungen im Revier, die nicht zum Zwecke der Erreichung eines anderen Bestimmungshafens erfolgten, unter den Begriff der Reise im Gegensatz zum Aufenthalt fielen, was verneint wurde. Ebenso werden auch in England die sogenannten Port- oder Harbour-Policies ausgelegt (Harbour ist der weitere Begriff: geschützter Ruheplatz; Port bezeichnet einen künstlich hergerichteten Hafen). Vgl. A m o u l d , Marine Insurance p. 508." . . . RGZ.89, 315. Seegefahr und Kriegsgefahr. Endet nach deutschem Rechte bei der Versicherung „nur für Seegefahr" die Gefahr des Versicherers mit der — demnächst als berechtigt anerkannten — Nehmung, wenn diese nach dem Rechte des Nehmerstaats bei nachfolgender Kondemnation den sofortigen Eigcntumsverlust bewirkt? Wie ist bei solcher Rechtslage zu
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entscheiden, wenn nach inwischen erfolgtem Totalverlust durch Seeunfall ein Kondemnationsurteil noch nicht vorgelegt werden kann, aber die Kondemnation zu erwarten ist? Verschiedenheit des Begriffs „Totalverlust" nach deutschem und englischem Recht. Hat nach dem gemeinen Volkerrecht, nach dem deutschen oder nach dem englischen Recht die spater für berechtigt erklärte Nehmung den sofortigen Ubergang des Eigentums auf den Nehmerstaat zur Folge? HGB. §§ 820 Nr. 1 u. 2, 849, 882, 854, 861 Nr. 2, 867. Allg. SVB. §§ 69 Nr. 1 u. 2, 101, 144, 109, 116 Nr. 2, 122. Prisenordnung vom 30. September 1909, Prisengeriditsordnung vom 15. April 1911 (RGBl. 1914 S. 275 u. 301). I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 13.Januar 1917.
1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit daselbst
Gemäß Police vom 10. Juli 1914 hatte die Klägerin ihren Dampfer Santa Catharina, taxiert zu 6 0 0 0 0 0 M, in Höhe von 310 0 0 0 Μ bei verschiedenen Gesellschaften, darunter bei der Beklagten zum Betrage von 100 0 0 0 M, „nur für Seegefahr", im übrigen nach den Hamb. Allg. Seeversidierungsbedingungen von 1867, auf ein Jahr vom 21. Juli 1914 an versichert. Das Sdiiff wurde am 14. August 1914, als es vom Kriegsausbruch noch keine Kenntnis hatte, von dem englischen Kriegssdiiff Glasgow auf hoher See in der Nähe der brasilianischen Küste betroffen und aufgebracht. Die Besatzung mußte das Schiff verlassen. Während es sich in der Gewalt der Feinde befand, bradi am 15. Oktober 1914 infolge von Selbstentzündung der in den Bunkern befindlichen Kohlen ein Brand aus, der nach der Annahme des Berufungsgerichts dazu zwang, das Schiff bei den Abrolhos-Inseln (vor Porto Allegre) auf den Strand zu setzen. Es ging total verloren. Ein prisengerichtliches Verfahren war nach dem von der Beklagten vorgelegten Lloyds List vom 19. August 1915 in London eingeleitet worden, doch steht über den Ausgang nichts fest; ein Urteil des Prisengerichts konnte nicht vorgelegt werden. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der bezeichneten Versicherungssumme und fordert mit gegenwärtiger Klage einstweilen 5000 Μ nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt Klagabweisung, weil ihrer Ansicht nach zur Zeit der Zerstörung des Schiffes für die Klägerin infolge der voraufgegangenen Nehmung, welche zweifellos zur Kondemnation hätte führen müssen oder geführt haben würde, kein versicherbares Interesse mehr vorgelegen habe. Das Landgericht schloß sich der Ansicht der Beklagten an und wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht dagegen verurteilte die Beklagte nach der Klage.
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Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „I. O h n e Reditsirrtum oder prozessualen Verstoß hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein unter die Klausel „nur für Seegefahr" fallender Unfall vorliegt. Die nädiste Ursadie des Totalverlustes liegt in dem durch Selbstentzündung der Kohlen verursachten Brande und in der dadurch veranlaßten Strandung. Es liegt somit ein Tatbestand vor, der unter § 69 Nr. 1 Allg. SVB. und nicht unter die Nr. 2 daselbst fällt (vgl. § 820 Nr. 1 und 2 HOB.). Dies begründet gemäß § 1 0 1 Abs. 1 Allg. SVB. (§ 849 Abs. 1 HGB.) an sich die Haftung des Versicherers bei der Versicherung „nur für Seegefahr". Mit Recht erklärt das Berufungsgericht es für unerheblich, ob die Seegefahr, der das Schiff zum Opfer gefallen ist, durch Kriegsereignisse, insbesondere durch weniger zweckmäßige oder vorsichtige Behandlung seitens der feindlichen Besatzung, verstärkt worden ist. Dies würde nur bei einer Versicherung „frei von Kriegsmolest" in Betracht kommen. II. Zweifelhafter ist die Frage, ob zur Zeit des Seeunfalls im Hinblick auf die voraufgegangene Nehmung für die Klägerin noch ein versicherbares Interesse vorlag, oder db anzunehmen ist, daß der Totalverlust lediglich den feindlichen Staat traf. In dieser Hinsicht kann der Begründung des angefochtenen Urteils nicht durchweg beigetreten werden. Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, nach welchem Rechte diese Frage zu entscheiden sei. Es führt aus, daß, während nach deutschem Rechte das Urteil des Prisengerichts konstitutive Wirkung habe, seine Wirkung nach englischem Rechte nur eine deklarative sei, so daß, wenn ein verurteilendes Erkenntnis ergehe, es so angesehen werde, als ob das Eigentum im Augenblick der Aufbringung auf den Nehmerstaat übergegangen sei. Indessen liege ein solches Erkenntnis noch nicht vor, und es sei doch auch nach englischem Rechte zum Eigentumsübergang erforderlich. Das Berufungsgericht läßt also erkennen, daß es vielleicht anders entschieden hätte, wenn eine inzwischen erfolgte Kondemnation hätte nachgewiesen werden können. Nicht ohne Grund bemeikt das Landgericht, wenn es hierauf ankomme, wäre wohl abzuwarten, wie das Urteil des Prisengerichts ausfallen werde. In der Tat muß der Versicherte, um Bezahlung des Schadens fordern zu können, nach § 144 Allg. SVB. (§ 882 HGB.) sein Interesse dartun, und an diesem Nachweise würde es fehlen, wenn wie hier mit großer Wahrscheinlichkeit auf ein verurteilendes Erkenntnis des zuständigen Prisengerichts zu rechnen ist, welches nach der Ansicht des Berufungsgerichts die Folge haben würde, mit Rückwärtswirkung zur Zeit der Nehmung Versicherungsvertragsgesetz III
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das Eigentum des Versicherten an dem Schiffe und damit zugleich das versicherte Kaskointeresse aufzuheben. Indessen ist zu beachten, daß die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage nach dem maßgeblichen Rechte im vorliegenden Falle drei verschiedene Rechtsfragen betrifft und für jede dieser Fragen besonders beantwortet werden müßte. Es handelt sich einmal darum, o b das Eigentum bei einem genommenen und demnächst kondemnierten feindlichen Kauffahrteischiffe schon mit der Nehmung oder mit der Kondemnation auf den Nehmerstaat übergeht; zweitens darum, ob und inwieweit für die Entscheidung des Prisengerichts und ihre Wirkungen die Rechtslage zur Zeit der Nehmung maßgebend ist, d. h. ob das einzuziehende oder eingezogene Eigentum bei der Entscheidung und später so zu behandeln ist, als sei es schon mit der Nehmung auf den Nehmerstaat übergegangen; endlich aber um folgende Frage: Wie bestimmt das maßgebliche Recht den Begriff des v e r s i c h e r b a r e n I n t e r e s s e s , und ist nach diesem maßgeblichen Versicherungsrecht ein versicherbares Interesse auch dann noch anzuerkennen und demgemäß ein Totalverlust möglich, wenn das versicherte Schiff aufgebracht ist und die Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß es zur guten Prise erklärt wird? Diese Frage hat das Berufungsgericht berührt, ohne sie weiter zu verfolgen, obwohl sie die entscheidende ist. Es hat aber bereits zutreffend dargelegt, daß der vorliegende Versicherungsvertrag, weil unter Deutschen über ein deutsches Schiff unter Bezugnahme auf allgemeine deutsche Bedingungen geschlossen, nach deutschem Rechte zu beurteilen sei. Nach diesem maßgebenden deutschen Rechte, also dem Versicherungsrecht im Gegensatz zum Eigentums- oder Prisenrecht im vorörterten Sinne, ist aber die Frage, ob für den Versicherten auch nach der Nehmung noch das versidierbare Interesse bestehen bleibt, wie und nach welchem Rechte man auch die anderen beiden Fragen zu beantworten hat, zu bejahen. Die Frage ist bereits in RGZ. Bd. 67 S. 251, insbesondere S. 258 erörtert und bejaht; eingehender wird sie von Β ο y e η s in Goldschmidts Zeitschrift Bd. 76 S. 409 flg. gegenüber den jene Entscheidung beanstandenden Ausführungen von W i t t m a a c k (Goldschm. Zeitschr. Bd. 76 S. 377 flg.) behandelt und ebenfalls bejaht. Als entscheidend mag hier nur hervorgehoben werden, daß nach deutschem Versicherungsrecht in der Nehmung für sich noch kein Totalverlust erblickt wird (§ 8 54 HGB., § 109 All. SVB.) und daß die Gefahr für den Versicherer bei der Versicherung „nur für Seegefahr" erst mit der Kondemnation endigt, sofern sie nicht auch bei Übernahme der Kriegsgefahr schon vorher endigen würde (§ 849 HGB., § 101 Allg-
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SVB.)· Für das hier vorliegende Vertragsverhältnis kommt ferner in Betracht, daß nach ausdrücklicher Vorschrift des § 101 Abs. 3 Allg. SVB. das Versicherungsverhältnis audi nach der Aufbringung des Schiffes mit der Verpflichtung des Versicherten zur Zahlung einer Zuschlagsprämie fortdauert, sofern dieser nicht unverzüglich auf die Fortdauer verzichtet. Letzteres ist hier nicht geschehen, vielmehr hat sich die Beklagte die Zuschlagsprämie für 2 Monate bezahlen lassen. In der Aufbringung oder Nehmung erblickt das deutsche Versicherungsrecht nur eine Bedrohung des Gegenstandes der Versicherung, welche die Ausübung des besonderen, nicht von Totalverlust abhängigen Rechtsbehelfs des Abandons rechtfertigt (§ 861 Nr. 2 HGB., § 116 Nr. 2 Allg. SVB.). In dieser Hinsicht weicht das englische Recht ab, das in der Nehmung einen „constructive total loss" ( A r n o u l d , Marine Insurance II, s. 1099) erblidct. Er unterscheidet sich zwar dadurch von dem „actual or absolute total loss", daß seine Geltendmachung eine notice of abandonment erfordert, indessen wird seine Natur als Totalverlust hierdurch nidit berührt ( A r n o u l d , a . a . O . s. 1091). Während nach diesem Rechte der Abandon nur die Form ist, mit der beim constructive total loss ein als solcher anerkannter Totalverlust geltend zu machen ist, wird er im deutschen Rechte zu einem besonderen Rechtsbehelf, der es dem Versicherten gestattet, die Versicherungssumme zu fordern, o b w o h l k e i n T o t a l v e r l u s t , sondern nur Bedrohung vorliegt. Der Unterschied zeigt sidi auch darin, daß nach englischem Rechte der Abandon hinfällig wird, wenn vor Klagerhebung Umstände (ζ. B. eine Wiedernahme) eintreten, die den Totalverlust ausgeschlossen erscheinen lassen ( A r n o u l d , a . a . O . s. 1096 u. 1102). Anders nach deutschem Rechte (§ 867 HGB., § 122 Allg. SVB.). Die anderen beiden Rechtsfragen sind demgegenüber unerheblich. Was aber die Frage des Eigentumsüberganges bei Prisen anlangt, so muß auch gegenüber der Bekämpfung W i t t m a a c k s an der in RGZ. Bd. 67 S. 251 ausgesprochenen Ansicht festgehalten werden, daß zunächst nach dem jetzigen gemeinen Völkerrechte wie nach heutigem deutschen Rechte das Eigentum erst mit der Kondemnation auf den Nehmerstaat übergeht. Die von W i t t m a a c k angeführten Stellen des Preuß. Allg. Landrechts sind durch die neuere Rechtsentwicklung, wie sie auch in der deutschen Prisenordnung vom 30. September 1909 und der Prisengerichtsordnung vom 15. April 1911 durch Gegenüberstellung der Begriffe Beschlagnahme und Einziehung Anerkennung gefunden hat, überholt. Diese Reditsentwidclung ergibt sich ferner ganz klar aus den zahlreichen von W i t t m a a c k selbst angezogenen 11·
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Schriften, wenn man dabei nur diese und die zweite der oben erwähnten Fragen auseinanderhält, ob für die Beurteilung des Prisengeridits die Reditslage zur Zeit der Nehmung maßgebend ist und ob die Prise ex nunc in gewissen Beziehungen so behandelt wird, als sei das Eigentum schon zur Zeit der Nehmung übergegangen; s. S. 361 (v. M a r t e n s ) , S. 367 ( O r t o l a n ) , S. 368 ( G i o r d a n a ) , S. 369 ( F i o r e ) , S. 371 ( P h i l l i m o r e und T r a v e r s T w i ß ) , S. 372 (Nordamerik. Praxis), S. 375 ( K a l t e n b o r n ) , S. 377 ( G e f f c k e n ) S. 380 und 382 ( B u l m e r i n c q ) , S. 383 ( B o n f i l s ) , S. 384 (v. M a r t e n s B e r g b o h m ) , S. 386 ( P e r e l s ) , S. 3S8 (v. L i s z t ) , S. 389 ( P i l l et), S. 390 ( D e r n b u r g ) , S. 391 (P a ρ ρ e η h e i m), S. 393 ( W a t a n a b e ) . Audi der neueste Bearbeiter des Seekriegsrechts, W e h b e r g im Handbudie des Völkerrechts Bd. 4 S. 270 und 343 flg., der selbst einen anderen Standpunkt vertritt, erkennt an, daß obige Ansicht durchaus die herrschende ist. Ebenso H ü t t e n h e i n , Handelsschiffe der Kriegsführenden, 1912 S. 51. Aber selbst dem englischen Rechte kann der Grundsatz nicht mit Sicherheit entnommen werden, daß bei nachfolgender Kondemnation das Eigentum schon mit der Nehmung übergeht. Anerkannt ist „that the property ist not changed by capture in favour of a vendee or recaptor, so as to bar the original owner, till there has been a regular sentence of condemnation" (s. z.B. A r n o u l d , Marine InsuranceII, s. 830). Auch die Zitate bei W i t t m a a c k , dessen Ausführungen darunter leiden, daß die Frage des Eigentumsüberganges und die Maßgeblichkeit der Rechtslage zur Zeit der Nehmung für die Beurteilung des Prisengeridits nicht je für sich behandelt werden, ergeben nichts wesentlich anderes. Lord M a n s f i e l d erklärt, daß, wenn auf die Eigentumsänderung etwas ankommen sollte, nach englischem Rechte eine Eigentumsänderung im Falle der Kaptur vor der Kondemnierung n i c h t stattfinde . . . ( a . a . O . S. 344). Ebenso Richter S c o t t (S. 346): nadi allgemeiner Ansicht sei jetzt ein Kondemnationsurteil zum Eigentumsübergange völkerrechtlich notwendig und ein neutraler Käufer sehe auf das Kondemnationsurteil als den Rechtstitel, wenn er das genommene Schiff kaufe. Mehrfach wird aber — in Beantwortung der zweiten Frage — ausgesprochen, daß im Falle der Kondemnation die Sache so a n g e s e h e n werde, a l s s e i das Eigentum schon mit der Nehmung übergegangen. Soweit es sich um die Beurteilung des Prisengeridits handelt, stimmt dies vollkommen mit dem gemeinen Völkerrecht und dem deutschen Recht überein. § 1 der Prisengerichtsordming vom 15. April 1911 sagt: Gegenstand der Prisengerichtsbarkeit ist die Ent-
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sdieidung über die Rechtmäßigkeit der in einem Kriege gemachten Prisen. Daraus folgt ohne weiteres, daß ein Eigentumsübergang zwischen Nehmung und Kondemnation an den Angehörigen eines neutralen Staates unbeachtlich ist (vgl. auch Art. 56 der Londoner Erklärung von 1909 bei L i s z t S. 525). Mit Unrecht legt W i t t m a a c k , a . a . O . S. 358, 359 dem Reichsgericht in dem Urteile RGZ. Bd. 67 S. 251, das sich darüber gar nicht ausspricht, eine andere Ansicht unter. Soweit sonst in englischen Rechtssprüchen von einer Zurückbeziehung die Rede ist, muß das Rechtsverhältnis, um das es sich handelt, ins Auge gefaßt und danach der Grund der Zurückbeziehung festgestellt werden. Schon Lord M a n s f i e l d (s. Wittmaack, a. a. O . S. 344, 355) hat ausgesprochen, daß es bei der Versicherung nicht sowohl auf die Frage des Eigentumsüberganges, als darauf ankomme, ob in der Nehmung ein Totalverlust liege, und gerade in diesem Punkte weichen ja die beiden Rechte voneinander ab. Darin liegt auch der eigentliche Grund der abweichenden Entscheidung der englichen Gerichte in der Sache Romulus. Zwar hat der erste Richter ( C h a n n e l ) unter Bezugnahme auf folgenden Satz in einer alten Auflage von A b b o t t on Shipping von 1867, der in die neuen Auflagen nicht übergegangen ist: When by condemnation a complete title has vested in the captors, the property in the prize relates back t o the time of he capture, and an assignment by the captors in the mean time is valid. — den Ausspruch getan, der bereits RGZ. Bd. 67 S. 251 auf S. 256 angeführt wurde. Aber schon beim Appellhof erklärte der Master of the Rolls, daß es nicht auf die Frage des Eigentumsüberganges ankomme, die nicht endgültig entschieden zu werden brauche, sondern darauf, ob der Verlust durch die Nehmung herbeigeführt worden sei (Law Reports 1908 I S. 606, 607). Ebenso der Richter F l e t c h e r M o u l t o n : ( a . a . O . S. 609): „In my opinion the doctrine of relation back is n o t involved in our decision in this case. The question is whether or not there was a total loss to the insured by reason of the seizure". . . . Ebenso der Richter F a r w e l l ( a . a . O . S.610): ,,Ι agree I do not think it is necessary for us to consider the doctrine of relation bade in the present case." Im House of Lords erklärte der Lord Chancellor L o r e b u r n (Law Reports 1908 H. of L. pp. S. 338): „I think it is true that in this case the property in the Romulus did n o t pass wholly from the owner on February 26. The owner still had a chance of recovering the ship and still remained so at risk that he might in law have insured her . . . The real question is whether there was a
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total lo9s by capture." Audi der E a r l of H a l s b u r y hält die Frage des Eigentumsüberganges für unerheblidi, obwohl er nicht zurückhalten will mit der Ansicht, ein Eigentumswediesel sei bei der Nehmung vor sich gegangen und es entspreche dem Vökerrechte, daß im Falle der Kondemnation „the rightfulness of the secure and consequently the change of property related bade to the time of capture" (a. a. O. S. 341). Der dritte Richter, Lord A s h b o u r n e , schloß sidi ohne nähere Begründung den beiden Vorvotanten an (S. 341). Das Ergebnis ist, daß die britische Entscheidung in der Sadie Romulus jedenfalls nidit darauf beruhte, daß das Eigentum bereits zur Zeit der Nehmung auf den nehmenden Staat übergegangen war, sondern auf dem Umstände, daß in der Nehmung nach englischem Rechte ein constructive total loss erblickt wurde. Man kann aber überhaupt der britischen Rechtsprechung und Literatur jenem Grundsatz nidit mit Sicherheit entnehmen, wenn audi einzelne, C h a n n e l und H a l s b u r y , sich zu ihm bekannt haben. Bei beiden handelt es sidi um eine Sdilußfolgerung aus dem völkerrechtlich allgemein anerkannten Grundsatze, daß das Prisengericht darüber zu entscheiden hat, ob die Beschlagnahme und die Kondemnation nadi der Sadi- und Rechtslage zur Zeit der Nehmung gerechtfertigt erscheint. Dies kommt besonders bei H a l s b u r y , der ausgesprochenermaßen nur Völkerrecht anwenden will, deutlich zum Ausdrudce. Wenn man ferner die Entwicklung der mit der englischen im Zusammenhange stehenden nordamerikanischen Praxis berücksichtigt und erwägt, daß es eine wenig zweckmäßige gesetzliche Regelung bedeuten würde, den Eigentumsübergang zu einer bestimmten Zeit von einem zukünftigen Ereignis abhängen zu lassen, von dem es noch ungewiß ist, ob es überhaupt und wann es eintritt, und daß die gewünschten Rechtsfolgen ebensogut zu erreichen sind, wenn man den Eigentumsübergang an die Kondemnation knüpft und gemäß dem Zwecke der berechtigten Aufbringung etwaige Verfügungen des Eigentümers in der Zwischenzeit für unbeaditlidi erklärt, so wird man nicht dazu gelangen können, den von Lord H a l s b u r y formulierten Reditssatz für das englische Recht festzustellen. Dann aber ist es ganz gewiß richtig, daß auch bei einer Nehmung durch englische Streitkräfte unter späterer Kondemnation nach deutschem Versicherungsrechte bis zu letzterer ein versicherbares Intereesse für den Eigentümer bestehen bleibt. L o r e b u r n (Law Reports 1908 H. of L. S. 3 38) will dieses ja audi für das englische Recht anerkennen. Selbst wenn aber mit dem Oberlandesgeridit anzunehmen wäre, daß nach Maßgabe des englischen Rechtes der Eigentumsverlust infolge nadi-
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folgender zu erwartender Kondemnation schon mit der Nehmung eingetreten wäre, müßte doch nadi dem deutschen Versicherungsrecht ein versicherbares Interesse bis zur Kondemnation als bestehend angenommen werden. Nach deutscher Anschauung besteht eben vorher noch kein Verlust, ein Verlust droht nur, und diese Drohung läßt stets, mag audi der demnädistige Verlust auf die Vergangenheit zurückbezogen werden müssen, Raum für ein versicherbares Interesse. Dies könnte sogar de lege ferenda noch nach der Kondemnation als möglich erachtet werden, insofern nicht ausgeschlossen ist, daß infolge des Friedensvertrags eine Restitution an den früheren Eigentümer stattfindet. Dieser behält daher immerhin audi dann noch ein gewisses Interesse, daß das Schiff nicht einer Seegefahr zum Opfer fällt. Hier greift indessen das Gesetzes- und Vertragsredit ein, indem es festsetzt, daß mit der Kondemnation die Gefahr für den Versicherer aufhört, somit ein versidierbares Interesse nicht mehr anerkannt wird. Daß es auf die zweite der oben bezeichneten Fragen, inwieweit bei der Aburteilung des Prisengeridits die Sachlage zur Zeit der Nehmung zugrunde zu legen ist, und wie etwaige Zwischenverfügungen des Eigentümers behandelt werden, noch weniger ankommt, bedarf keiner Ausführung. Denn bleibt das Eigentum an dem Schiffe von der Nehmung unberührt und wird es erst durch die Kondemnation beseitigt, so kann nach dem deutschen Versicherungsrecht um so weniger ein versicherbares Interesse für die Zwischenzeit bestritten werden. Das Ergebnis ist also, daß im Sinne der Klage zu entscheiden ist und daß dies auch dann geschehen müßte, wenn die Beklagte ein kondemnierendes Erkenntnis des zuständigen englischen Prisengerichts beibringen könnte." RGZ. 90, 140. Kann die Aufbringung, audi abgesehen von dem Abandonrcdite, den Versidierungsanspruch auslösen? Begriff der Aufbringung im Gegensatze zur An- oder Festhaltung. Wann und wie lange ist der Gegen·· stand der Versicherung im Sinne des § 861 Abs. 1 Nr. 2 HGB. infolge einer Aufbringung bedroht? HGB. §§ 861, 867. Bremer SeeVersBed. von 1875 §§ 1, 21, 65. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 4. April 1917. I. Landgericht Bremen, Kammer für Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit Hamburg.
Die Klägerin hat gemäß der Police vom 28. Juli 1914 bei den Beklagten 100 tons Sesamsaat im Werte von 41 000 M, die mit dem
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deutschen Dampfer Aenne Rickmers von einem chinesischen Hafen nach Bremen zu befördern waren, unter Bezugnahme auf die Bremer Seeversicherungsbedingungen von 1 8 7 5 gegen die ,,durch die Klausel ,bloß für Seegefahr' ausgeschlossenen G e f a h r e n " und weiter nach Maßgabe der angehängten Kriegsklausel versichert. In der Kriegsklausel heißt e s : „Der Versicherer haftet n i d i t : 1. . . . 2. für K o s t e n , welche entstehen aus der Anhaltung, der Blodcade des Aufenthaltshafens, der Zurückweisung von einem blockierten Hafen, der Entlöschung, Lagerung und Weiterbeförderung der G ü t e r wegen Kriegsgefahr; 3. . . . Verderb und Verminderung der G ü t e r infolge durch Kriegsgefahr veranlaßten Aufenthalts sind gleichfalls nicht zu Lasten des V e r sicherers. Die Vorschriften des § 3 9 werden aufgehoben. Wenn der versicherte Gegenstand dadurch bedroht ist, daß er von einer kriegführenden Macht aufgebracht wurde und während einer Frist von zwei M o n a t e n nicht freigegeben ist, ist der V e r sicherte befugt, die Zahlung der Versicherungssumme zum vollen Betrage gegen Abtretung der in betreff des versicherten Gegenstandes ihm zustellenden Rechte zu verlangen. Die Frist wird von dem Tage an geredinet, an welchem dem Versicherten die freie V e r fügung über den versicherten Gegenstand entzogen i s t . " M i t der im Dezember 1 9 1 5 erhobenen Klage hat die Klägerin behauptet, daß der Dampfer Aenne Rickmers mit den darauf befindlichen 1 0 0 tons Sesamsaat im Herbst 1 9 1 4 von einem britischen Kriegsschiff aufgebracht und nach Alexandrien geschleppt worden sei, ohne daß bisher eine Freigabe der versicherten Ware stattgefunden habe. Sie verlangt daher gemäß der Kriegsklausel unter Vorbehalt weiterer Ansprüche von jeder der Beklagten 10°/o ihres Anteils an der Versicherungssumme, zusammen 4 1 0 0 Μ nebst Zinsen. Die Beklagten beantragen Klageabweisung, indem sie bestreiten, daß eine Aufbringung des Dampfers stattgefunden und daß sidi die versicherte W a r e zur Z e i t der angeblichen Aufbringung noch auf dem Schiffe befunden habe. Nach ihrer Darstellung lag der Dampfer bei Ausbrudi des Krieges in P o r t Said und ist auf Grund einer Absprache zwischen dem ägyptischen Gouvernement und der britischen Marineverwaltung v o n dort nadi Alexandrien gebracht worden. Der englische Oberbefehlshaber habe nämlidi dem Schiffer verboten, in den Kanal einzufahren, ihm dagegen freigestellt, bis zu einem bestimmten Termin
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in der Richtung nadi dem Mittelmeere zu fahren und die Ladung zu entlösdien oder sie in andere Schiffe überzuladen. Der Schiffer habe audi einen Teil der Ladung, darunter die hier versicherte Ware entlöscht, sei aber mit dem Schiffe in Port Said verblieben. Der im Dienste des ägyptischen Gouvernements stehende Hafenkapitän habe ihm dann gesagt, daß das Schiff unter englischer Führung in See gehen müsse. Die deutsche Mannschaft sei entlassen, und der englische Schiffsführer von dem Hafenkapitän angewiesen worden, einen bestimmten Kurs zu nehmen, auf dem er gemäß Vereinbarung mit der britischen Marineverwaltung ein englisches Kriegsschiff antreffen und weitere Instruktion erhalten werde. Demgemäß sei verfahren worden; der Dampfer sei von dem hierzu beorderten Kriegsschiff in Empfang genommen und nach Alexandrien begleitet worden. Das Landgericht verurteilte die Beklagten nach der Klage. Ihre Berufung wurde zurückgewiesen. Die Revision wurde stattgegeben aus folgenden Gründen: „Vorweg ist zu bemerken, daß der gegenwärtige Fall auch abgesehen von der Verschiedenheit der Versicherungsbedingungen wesentlich anders liegt, als der durch Urteil dieses Senats vom 25. O k t o b e r 1916 entschiedene (RGZ. Bd. 89 S. 34). Denn in letzterem Falle herrschte Einverständnis darüber, daß der Dampfer Aenne Rickmers aufgebracht war zum Zwecke der prisengerichtlichen Aburteilung; streitig war nur, ob damit die policenmäßige Bedingung der Nehmung erfüllt sei, was bejaht wurde. Ferner war unstreitig, daß sich die versicherte deutsche Ware zur Zeit der Aufbringung an Bord befunden hat. Im gegenwärtigen Falle ist bestritten, daß eine Aufbringung stattgefunden hat, und geltend gemacht, daß es sich nur um Anhaltung (detention) handle. Sodann wird behauptet, daß die versicherte Ware schon vor der angeblichen Aufbringung oder Anhaltung des Dampfers durch ein englisches Kriegsschiff von dem deutschen Schiffer in Port Said gelöscht worden ist. Im allgemeinen sind maßgebend die Bremer Bedingungen von 1875; die Versicherung deckt mit gewissen Beschränkungen die durch die Klausel „bloß für Seegefahr" ausgeschlossenen Gefahren. Sieht man zunächst von den Beschränkungen ab, so würden gedeckt sein (vgl. § 21 der Brem.SVB.): Beraubung, Beschädigung oder Vernichtung des versicherten Gegenstandes durch Kriegsschiffe oder Kaper; Kosten, welche entstehen aus der Anhaltung und Reklamierung, aus der Blockade des Aufenthaltshafens oder der Zurückweisung von einem blockierten Hafen oder aus dem freiwilligen Aufenthalte wegen Kriegsgefahr:
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sonstige unmittelbare Folgen einer feindseligen Behandlung; Schaden, welcher aus der Kondemnation des Schiffes für die freigegebenen Güter durdi deren Verkauf oder Beförderung zum Bestimmungsplatz entstehen mag. Stillschweigend und gemäß dem Grundsatze des § 1 der Brem.SVB. ist auch die Kondemnation selbst eingeschlossen. Nach den Beschränkungen sind hiervon aber wieder ausgeschlossen: die Kosten, welche entstehen aus freiwilligem Aufenthalte wegen Kriegsgefahr sowie aus der Anhaltung, der Blockade des Aufenthaltshafens, der Zurückweisung von einem blockierten Hafen, der Entlöschung, Lagerung und Weiterbeförderung der Güter wegen Kriegsgefahr. Auch sollen Verderb und Verminderung der Güter infolge eines durch Kriegsgefahr veranlaßten Aufenthalts nicht zu Lasten des Versicherers sein. Da nun weder Kondemnation behauptet wird, noch auch geltend gemacht wird, daß durch die Aufbringung oder Anhaltung der versicherten Ware unmittelbar ein Schade zugefügt ist, so würde die Versicherung versagen, wenn man zunächst von der Erweiterung absieht, welche sie in den letzten Sätzen der Police durch das dort dem Versicherten zugestandene Abandonrecht erhalten hat. Denn das Abandonredit im Falle der Kriegsgefahr ist den Bremer Bedingungen nach § 6 5 an sich fremd. Daher löst nach diesem Versicherungssystem die Aufbringung als solche den Versidierungsanspruch nicht aus, sondern kann Ansprüche nur erzeugen, wenn sie zur Kondemnation, d. h. zum Totalverluste führt, oder in anderer Weise unmittelbaren Verlust oder Beschädigung mit sich bringt. Die gegenwärtige Klage kann daher nur gestützt werden und ist audi nur gestützt worden auf jene letzten Sätze der Police, d.h. auf Abandonrecht unter der Behauptung: daß der versicherte Gegenstand dadurch bedroht ist, daß er von einer kriegführenden Macht aufgebracht wurde und während einer Frist von zwei Monaten, vom Tage der Verfügungsentziehung an gerechnet, nicht freigegeben ist. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die Aufbringung gegeben ist; im Ergebnis ist ihm darin wegen des Schiffes und, falls die Ware an Bord gewesen ist, auch für diese beizutreten, wenngleich die Begründung nicht einwandfrei ist. Aufbringung, Nehmung und Beschlagnahme in diesem Sinne sind im wesentlichen gleichbedeutend, nur werden die beiden ersten Ausdrücke vorzugsweise in bezug auf Schiffe, der letzte in bezug auf Güter angewandt. Richtig sagt das Berufungsgericht: „Ihrem Wesen nach ist die Aufbringung gewaltsame Besitzergreifung zugunsten des Nehmerstaats." Dies setzt aber die Beschlagnahme als Prise voraus, d . h . mit der Ab-
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sidit, den Eigentümer seines Eigentums zugunsten des Nehmerstaats zu berauben (Arnould, Marine Insurance S. 829). Sdiarf davon zu unterscheiden ist die Anhaltung im weiteren Sinne, bei der die Absicht obwaltet, das Schiff dem Eigentümer zu belassen oder zurückzugeben oder ihn dodi wenigstens dafür zu entschädigen. Die Anhaltung kann eine bloß vorübergehende sein, ζ. B. zum Zwecke der Durchsuchung, sie kann sich audi auf längere Zeit, ζ. B. die Dauer des Krieges, erstrecken. Dies ist aber keine Beschlagnahme, die der Aufbringung gleichsteht. Geht man hiervon aus, so reichen die eigenen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht aus, um eine Aufbringung auch nur des Schiffes für gegeben zu erachten. Die Maßnahmen in Port Said können allerdings in der Absicht erfolgt sein, das Schiff einem britischen Kreuzer in die Hände zu spielen und eine Aufbringung auf See herbeizuführen; ebenso kann die Empfangnahme durch den britischen Kreuzer und die Überführung nach Alexandrien als Aufbringung gemeint gewesen sein. Notwendig ist beides aber an sich nicht. Nimmt man hinzu, daß anscheinend nach dem Sprudle des Prisengerichts (s. Nr. 9) das in Port Said „festgehaltene" (detained) Sdiiff für weiter festgehalten erklärt wurde mit Rückgabe bei Kriegssdiluß — „vessel detained with restoration at the close of the war" —, so würde man eher auf gegenteilige Absicht schließen dürfen. Indessen muß nach der eigenen, insoweit vom Berufungsgerichte nicht berücksichtigten Darstellung der Beklagten angenommen werden, daß die Handlung des Kreuzers doch eine Aufbringung darstellte. Die Beklagten erklären nämlich, es sei in diesem Falle ebenso verfahren worden, wie im Falle des Dampfers Gutenfels, und hier habe das Prisengericht die seitens der Krone beantragte Kondemnierung dieses Schiffes abgelehnt, indem es die Behauptung, es läge eine „capture on the high sea" vor, für eine Sophisterei erklärte. Hieraus ergibt sich klar, daß die britische Regierung bei dem Verfahren der Überführung des Dampfers nach Alexandrien von der Absicht geleitet war, die Einziehung zugunsten des britischen Staates zu betreiben und somit eine Aufbringung zu vollziehen. Auf diese Stellungnahme der Regierung kommt es aber allein bei dieser Frage an und nicht darauf, ob die Aufbringung vom Prisengerichte für gerechtfertigt erachtet ist. Soweit sich zu dieser Zeit die versicherte Ware an Bord des Dampfers befand, ist auch diese ohne weiteres als feindliches Eigentum auf feindlichem Schiffe als mitaufgebracht oder beschlagnahmt zu erachten. Damit ist aber der Rechtsstreit nach Lage des Falles, selbst unter der erwähnten Voraussetzung, daß sich die Ware noch an Bord befand, noch nicht zugunsten der Klägerin entschieden. Denn es kommt neben der
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Aufbringung nodi eine weitere policenmäßige Bedingung der Zulässigkeit des vertragsmäßigen Abandons in Betradit. Die Kriegsklausel sagt nämlich: „Wenn der versicherte Gegenstand dadurch b e d r o h t ist, daß er von einer kriegführenden Macht aufgebracht w u r d e und während einer Frist von zwei Monaten nicht freigegeben ist, ist der Versicherte befugt usw." Diese Fassung läßt deutlich erkennen, daß das Bedrohtsein zur Zeit der Aufbringung nicht genügt, sondern daß es fortbestehen muß, wenn nach Ablauf der zwei Monate der Abandon erklärt wird. Ist es bei letzterer Erklärung wieder beseitigt, so ist die Erklärung wirkungslos. Diese Auslegung entspricht auch dem § 867 HGB., der auf diesen Fall eines vertraglich modifizierten Abandons um so mehr analog anzuwenden ist, als seine Vorschrift nur eine Billigkeitsregel enthält. Ist ζ. B. die Bedrohung durch ein freisprechendes Erkenntnis des Prisengerichts völlig hinfällig geworden, ohne daß vorher der Abandon erklärt wurde, so hat es keinen Sinn mehr, den Versicherer zu zwingen, die unbeschädigte und ungefährdete versicherte Sache gegen volle Zahlung zu übernehmen. Als unbeschädigt und ungefährdet muß aber die versicherte Sache dann gelten, wenn diejenige Gefahr, gegen die im Falle der Aufbringung versichert war, aufgehört hat, ohne daß ein Schaden, für den der Versicherer einzustehen hat, durch die Aufbringung entstanden ist. Beides würde im vorliegenden Falle zutreffen, wenn das Prisengeriditsurteil, das den Dampfer (vermutlich mit der Ladung) als lediglich bis zum Ende des Krieges zurüdtzuhalten erklärte, in Rechtskraft erwachsen ist, ohne daß vorher der Abandon erklärt war. Denn unter der Bedrohung durch Aufbringung kann im vorliegenden Falle nur die Gefahr der Kondemnation verstanden werden, da die Beklagten die Haftung für Kosten der Anhaltung und für Verderb und Verminderung der Güter infolge eines durch Kriegsgefahr veranlaßten Aufenthaltes ausdrücklich abgelehnt haben. Es k o m m t daher unter der mehrfach erwähnten Voraussetzung, daß sich die Ware noch an Bord befunden hat, darauf an, wann die Klägerin den Abandon erklärt hat und ob das behauptete freisprechende Prisengerichtsurteil vorher rechtskräftig geworden ist. Über den Zeitpunkt der Abandonerklärung steht bisher nichts fest. In der Klage ist nur behauptet, die Beklagten seien vor dem 1. November 1914 vergeblich gemahnt worden. Damals k o n n t e aber nach den in Nr. 9 angegebenen Daten der Abandon noch aar nicht erklärt werden.
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Schon aus diesen Gründen unterliegt das Urteil der Aufhebung. Mit Recht beschwert sidi aber die Revision auch über die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die v e r s i c h e r t e Ware aufgebracht worden ist. Das Berufungsgericht selbst redinet mit der Möglichkeit, daß die Ware sich zur Zeit, als der Dampfer Port Said verließ, nicht mehr an Bord befunden hat. Es meint aber, wenn sie vorher entlöscht sei, so könne dies nur unter englischem Zwange gesdiehen sein, der sich als Aufbringung kennzeidine. Die Vernehmung des Schiffers B. als Zeugen über die Behauptung, daß er freiwilig die Ware in Port Said entlöscht habe, lehnt das Berufungsgericht ab, weil dies ganz unglaubwürdig sei. Diese Begründung ist offenbar von dem vorher dargelegten Rechtsirrtum über das Wesen der Aufbringung als einer Maßnahme zur Eigentumsentziehung beeinflußt und entbehrt außerdem der Schlüssigkeit. An anderer Stelle nimmt das Berufungsgericht selbst an, daß die britische Regierung vielleicht Bedenken trug, in dem neutralen Port Said feindliche Waren zu beschlagnahmen. Es ist audi gar nicht einzusehen, weshalb die Darstellung der Beklagten in ihrem Schriftsatze . . . von vornherein unglaubhaft sein soll. Danach soll dem Schiffer freigestellt worden sein, bis zu einem bestimmten Termine Port Said in der Richtung nach dem Mittelmeere zu verlassen und vorher über die Ladung zu verfügen, insbesondere sie zu entlöschen oder in andere Schiffe überzuladen. Es ist sowohl denkbar, daß die Engländer im Interesse des Kanalverkehrs nicht wünschten, daß das deutsche Sdiiff dauernd in Port Said liegen blieb, als audi, daß sie es, und zwar leer, in Alexandrien zu haben wünschten, um es selbst für Transporte zu benutzen. Indem der Sdiiffer den Termin zum Verlassen des Hafens verstreidien ließ, kann er sehr wohl, weil er mit einem Zwange bezüglich des Schiffes zu redinen hatte, die Ware freiwillig entlösdit haben, um sie zu seiner Verfügung zu behalten; sollte aber auch in dieser Hinsicht gleichfalls Zwang ausgeübt sein, so braucht darin noch keineswegs eine Beschlagnahme zum Zwecke demnädistiger Einziehung zu liegen. Jedenfalls konnte die beantragte Zeugenvernehmung des Schiffers nicht mit dieser Begründung abgelehnt werden."
RGZ. 9 0 . 3 6 6 . Ist im Falle der taxierten Police (§ 7 9 3 HGB., § 16 Allg. SVB.) die
Taxe für die Berechnung der Freiprozente nadi § 845 HGB. (§ 97 Allg. SVB.) unbedingt maßgebend? Vorbehalte für Sonderschätzungen. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 30. Juni
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. —
1917.
II. Oberlandesgeridit
daselbst
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Seeversidierung
Die Klägerin hat laut Police vom 22. April 1913 bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften, deren etwaige Schuld der Beklagte übernommen hat, „Kasko, Maschinen und Zubehör, taxiert 243 OOO Μ auf Grundlage gegenseitiger Vereinbarung ohne weiteren Beweis, des Dampfers Caroline Hemsoth" „nur für Seegefahr" nadi den Allg. SVB. von 1867 versichert. Die Police enthält den Vordrude: Separattaxen? Kasko Maschine Zubehör
Μ Μ Μ
diese drei Rubriken unausgefüllt, jedoch neben dem W o r t e „Separattaxen" handschriftlich das W o r t „vorbehalten". Die gedruckten besonderen Bedingungen enthalten den Satz: „Etwaige Havarie particuliere ist auf Kasko, Maschine und Zubehör separat oder über das ganze nach Wahl der Reederei zu dispachieren." Der Dampfer hat durch Eis lediglich am Schiffsrumpf Schaden erlitten, über dessen Höhe Streit herrscht, den die Klägerin jedoch auf 4063,65 Μ beziffert. Dieser Betrag nebst 5 °/o Prozeßzinsen wird mit gegenwärtiger Klage gefordert. Der Beklagte beantragt unter Berufung auf § § 9 7 , 16, 17 Allg. SVB. Klagabweisung, weil dieser Betrag die Franchise von 3 %• nicht erreichen würde. Es sind nämlich in Anlaß des Unfalls auf gemeinschaftliches Betreiben der Parteien Separattaxen gemacht, nach denen der Rumpf auf 105 000 M , Maschinen und Kessel auf 50 000 M , das Zubehör auf 18 000 Μ geschätzt wurden, so daß sich ein Gesamtversicherungswert von 173 000 Μ ergab. Der Beklagte will nun die einzelnen Taxen im Verhältnis dieser Schätzung zur Policentaxe heraufgesetzt wissen, so daß sich damit ein der letzteren entsprechender Taxwert des Kaskos von 147 385 Μ herausstellt. Legt man diesen zugrunde, so erreicht der behauptete Schade weder 3 %> der Gesamttaxe, noch 3 % der Sondertaxe des Rumpfes. Die Klägerin hält diese Art der Franchisenberechnung für unrichtig und will ohne Rücksicht auf die Policentaxe die jetzt veranlaßte Schätzung des Kaskowertes zugrunde legen. Beide Vorinstanzen sind der Auffassung des Beklagten beigetreten. Die Revision der Klägerin ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „Enthielte die Police nicht die Bestimmung „Separattaxen v o r behalten" und die Befugnis der Klägerin, etwaige besondere Haverei nach Wahl separat oder über das Ganze zu berechnen, so unterläge es keinem Zweifel, daß die Taxe für die Freiprozente maßgebend wäre
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und die Klägerin daher nichts zu beanspruchen hätte. Dasselbe würde gelten, wenn die Separattaxen von vornherein entsprechend der Gesamttaxe berechnet gewesen wären, einerlei, ob der Klägerin daneben die erwähnte Wahl der Anrechnung des Schadens zustände oder nicht. Denn ein Recht, eine Herabsetzung der Taxe wegen wesentlicher Übersetzung zu fordern, steht nach § 16 Allg. SVB. ( § 7 9 3 HGB.) nur dem Versicherer, nicht aber dem Versicherten zu. Diese Rechtslage der Klägerin änderte sich aber auch dadurch nicht, daß im vorliegenden Falle die Bestimmung der Separattaxen innerhalb und nach Maßgabe des durch die Gesamttaxe gegebenen Rahmens vorläufig unterlassen und vorbehalten wurde. Denn dadurch wurde die Verbindlichkeit der vertragsmäßigen Gesamttaxe für die Parteien nicht berührt (vgl. V o i g t S. 577). Zur Aufnahme der Separattaxen lag nur für den Fall der besonderen Haverei Veranlassung vor, und zwar nur dann, wenn nach Art und Betrag des Schadens die Klägerin Veranlassung hatte, diesen für Rumpf, Maschinen und Zubehör besonders zu verrechnen. In anderen Schadensfällen, vor allem im Falle des Totalverlustes, genoß sie die Vorteile der hohen Gesamttaxe. Bei Totalverlust würde der Beklagte mutmaßlich den Schaden nach dieser Taxe vergütet haben, da deren nachträgliche Anfechtung wegen wesentlicher Übersetzung in diesem Falle mindestens schwierig gewesen wäre. Dementsprechend kann auch die Klägerin jetzt nicht dem Beklagten den Vorteil der einmal vereinbarten Taxe entziehen, indem sie sich auf die Separattaxen in einer Weise beruft, die die Gesamttaxe ihrer rechtlichen Bedeutung entkleiden würde. Vielmehr ist mit Rücksicht auf diese der Vorbehalt der Separattaxen dahin auszulegen, daß der taxierte Versicherungswert, sofern sich das Bedürfnis nach besonderer Schätzung von Rumpf, Maschinen und Zubehör herausstellen sollte, in angemessener Weise auf «diese drei Sonderteile des ganzen Schiffes zu verteilen ist. Dies geschieht eben dadurch, daß man der Berechnung der Instanzen folgt." RGZ. 92, 247. Behandlung einer Police, bei der ein Teil der Versicherer die See· gefahr, ein anderer die Kriegsgefahr übernommen hat. Zur Auslegung der Hamburger Kriegsklausel. Welche Kosten sind nach ihr von der Versicherung ausgeschlossen? HGB. § 949. Allg. SVB. § 101. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 23. Februar 1918.
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandcsgericht daselbst*
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Laut Police vom 24. April/25. Mai 1915 hat die Firma S. R. & Sohn bei einer Reihe von Versidierern 1743 Sack Valonea (Gallen) im Dampfer Sappho von Calamata nadi Venedig und weiter mit der Eisenbahn nach Zürich in durchstehendem Risiko teils gegen See-, teils gegen Kriegsgefahr versichert. Die Klägerin als legitimierte Inhaberin der Police klagt aus der Versicherung gegen Kriegsgefahr und behauptet, daß diese von den 11 Beklagten mit der aus der Police ersichtlichen Beteiligung übernommen sei. Die „Kriegs- und Minengefahr" ist gemäß der der Police angehefteten Kriegsklausel des V. Η . A. übernommen, welche besagt: „Die Police deckt (auch) die durch die Klausel „Nur für Seegefahr" ausgeschlossenen Gefahren, jedoch haftet der Versicherer nicht: 1. für Kosten . . ., welche entstehen aus dem freiwilligen Aufenthalte wegen Kriegsgefahr, aus der Anhaltung, der Blodcade des Aufenthaltshafens, der Zurückweisung von einem blockierten Hafen, der Ausladung, Lagerung und Weiterbeförderung der Güter wegen Kriegsgefahr; 2. . . ." Das Schiff ist bei Ausbruch des Krieges zwischen Österreich-Ungarn und Italien in Venedig angekommen. Die Ladung wurde abgeleichtert und längere Zeit in Venedig gelagert, bevor sie nach Zürich weiterbefördert wurde. Die Klägerin behauptet, die hierdurch entstandenen Leichter- und Lagerkosten beruhten auf Kriegsgefahr, denn die Verzögerung sei dadurch entstanden, daß ein Ausfuhrverbot für Valonea nach der Schweiz erlassen, daß Visierung durch das Ministerium in Rom verlangt worden sei und daß infolge des Krieges ein erheblicher Waggonmangel bestanden habe. Die Beklagten bestreiten, daß ein durch Kriegsgefahr unmittelbar verursachter Schade vorliege; soweit dies aber doch der Fall sein sollte, hätten sie sich nach der erwähnten Kriegsklausel freigezeichnet. Beide Instanzen entschieden wegen der erwähnten Kosten gegen die Klägerin. Die Revision der Klägerin ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „ O b w o h l nach der ersten Seite der Police eine einheitliche Versicherung vorzuliegen scheint, bei der die Versicherer sowohl die Seewie auch die Kriegsgefahr — letztere unter gewissen Beschränkungen — übernommen haben, geht doch aus der Zeichnung auf S. 2 hervor, daß sie in Wahrheit einen zwiespältigen Charakter hat, indem eine Reihe
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von Versidiercrn mit bestimmten Beteiligungen nur die Seegefahr übernommen haben, während eine zweite Gruppe, bei der sidi allerdings auch solche aus der ersten Gruppe, aber mit abweichender Beteiligung befinden, nur „ f ü r Kriegsgefahr" gezeichnet hat. Die Klägerin hat mit der gegenwärtigen Klage nur die zweite Gruppe nach Maßgabe der innerhalb dieser erfolgten Verteilung der Q u o t e n in Anspruch genommen und beruft sich demgemäß auch nur darauf, daß die geltend gemachten Schäden auf Kriegsgefahr beruhen. Es ist daher lediglich der Umfang der übernommenen Kriegsversicherung zu prüfen. In dieser Hinsicht folgt aus dem Eingange der angehefteten Kriegsklausel, daß allein die durdi die Klausel „nur für Seegefahr" ausgeschlossenen Gefahren, und auch diese nur unter gewissen Beschränkungen gegenüber den in der Police angezogenen Hamburger Allg. Seeversicherungsbedingungen v o n 1867 übernommen sind. Daraus ergibt sich bei Beachtung des § 101 Abs. 1 der erwähnten Bedingungen, daß die Versicherer nur für die z u n ä c h s t durch Kriegsgefahr verursachten Schäden haften. Mit Recht hat das Berufungsgericht den Anspruch auf Ersatz von Leichterkosten schon deshalb abgesprochen, weil irgendein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Leichtern und einer Kriegsmaßnahme, als welche hier nur eine zeitweilige Arthaltung der Ware oder das Verbot, sie weiter nach der Schweiz zu befördern, in Betracht kommt, nicht ersichtlich sei. Das Leichtern der Güter vom Seeschiffe stelle nur eine Art der Übernahme dar und sei allein durch die Hafenverhältnisse bedingt und von der späteren Behandlung unabhängig. Es stehe dahin, ob nicht auch bei alsbaldiger Weiterbeförderung h ä t t e geleichtert werden müssen; in dieser Hinsicht komme es darauf an, ob am Ufer Platz gewesen sei. Die zeitweilige Lagerung habe jedenfalls nicht die Notwendigkeit der Leichterung bedingt. . . . (Diese Begründung wird für zutreffend erachtet.) Das Berufungsgericht führt aber weiter mit Recht aus, daß für den behaupteten Wagenmangel der Krieg, wenn überhaupt, nur als e n t f e r n t e Ursache der Transportverzögerung anzusehen sei. Denn Transportschwierigkeiten und Wagenmangel können ebensogut im Frieden auftreten und stellen keineswegs eine typische Kriegsgefahr dar. Anders verhält es sich allerdings mit der Verzögerung der Beförderung und der Lagerung, soweit sie durch das Ausfuhrverbot oder das Verlangen, die Ladungspapiere in Rom zu visieren, veranlaßt wurden, weil hierin unmittelbare Kriegsmaßnahmen der italienischen Regierung zu erblicken sind. Dies ist aber audi vom Berufungsgericht nicht verkannt worden, nur nimmt es insoweit Freizeichnung durch die Kriegsklausel Versicherungsvertragsgesetz III
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an, weil die Begriffe „Ausladung" und „Lagerung" nach dem Zusammenhange gerade den Fall des erzwungenen — nicht des freiwilligen — Aufenthalts beträfen. Hiergegen macht die Revision geltend: die Hinzufügung der Worte „wegen Kriegsgefahr" ergebe deutlich, daß man nur an eine freiwillige Ausladung, Lagerung und Weiterbeförderung z u r V e r m e i d u n g d e r K r i e g s g e f a h r gedacht habe. O b nicht in der Tat diese Worte den ihr von der Revision beigelegten Sinn haben, erscheint allerdings zweifelhaft. Die Kriegsklausel steht in enger Beziehung zu § 1 0 1 der Allg. SVB. und zu § 849 HGB. In letzteren Bestimmungen tritt die Anschauung hervor, daß, während der Regel nach und im Zweifel ein unter die Seeversicherung fallender Schaden einen Verlust oder eine Beschädigung des versicherten körperlichen Gegenstandes voraussetzt, bei der Kriegsversicherung (wie in anderen besonders geregelten Fällen) audi die unmittelbar durch Kriegsgefahr verursachten Kosten den Versicherungsanspruch begründen. Zur Verdeutlichung sind in der exemplifizierenden Aufzählung der unter die eigentliche Kriegsversicherung fallenden Ereignisse (Protokolle S. 3311) auch die wesentlichsten Möglichkeiten, in denen unmittelbar durch Kriegsgefahr Kosten verursacht werden, in § 849 und den ihm folgenden § 1 0 1 mit aufgenommen. Dabei scheint allerdings mit den Worten „wegen Kriegsgefahr" etwas anderes ins Auge gefaßt zu sein, wie mit den Worten „durch Kriegsgefahr verursadit" in Abs. 1. Der zugrunde liegende Art. 643 des preuß. Entwurfs sprach v o n dem „freiwilligen A b w a r t e n der Kriegsgefahr". Da nun die hier vorliegende Kriegsklausel aus den Hauptfällen des Kriegsschadens, wie sin in den erwähnten Bestimmungen aufgeführt werden, wiederum einzelne als solche bezeichnet, in denen die Haftung des Versicherers trotz unmittelbarer Verursachung durch den Krieg ausgeschlossen sein soll, so könnte man geneigt sein, die Worte „wegen Kriegsgefahr" auch hier in dem Sinne von „zur Vermeidung der Kriegsgefahr" zu verstehen, zumal da in Nr. 2 von den „Folgen eines durch Kriegsgefahr verursachten Aufenthalts" die Rede ist. In der Sache selbst begründet dies aber keinen Unterschied. Denn wie sich aus § 849 und § 101 klar ergibt, daß sowohl die Kosten eines freiwillig zur Vermeidung der Kriegsgefahr genommenen Aufenthalts, wie auch die Kosten des durch eine Kriegsmaßnahme erzwungenen Aufenthalts, wofür der typische Fall die Anhaltung ist, unter die Kriegsversicherung fallen, so ergibt die vorliegende Kriegsklausel ebenso klar die Vertragsabsicht, nicht nur die Kosten des freiwilligen, sondern auch die des erzwungenen Aufenthalts insoweit von d e r
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Kriegsversicherung auszuschließen, als die betreffende Maßnahme von hoher Hand nicht über eine bloße (vorläufige) Anhaltung oder dgl. hinausgeht. Um dies zum Ausdrude zu bringen, sind als die wesentlichsten Anwendungsmöglichkeiten besonders angeführt: „Anhaltung, Blockade des Aufenthaltshafens und Zurückweisung von einem blokkierten Hafen". Diesen beispielsweise angeführten Fällen muß der gegenwärtige Tatbestand, wo die Weiterbeförderung nach der Schweiz durch Verfügung von hoher Hand zeitweilig gehindert wurde, gleichgestellt werden, und es ist im Ergebnis gleichgültig, ob man hierin eine „Anhaltung" erblicken, oder die nicht unmittelbar berücksichtigte Maßnahme wegen augenscheinlicher Gleichheit des Vertragsmotivs wie eine Zurückweisung von einem blockierten Hafen behandeln will, oder ob man endlich mit dem Oberlandesgericht — ebenso S i e v e k i n g zu § 8 4 9 Anm. 11 unter e — die Worte „Ausladung, Lagerung und Weiterbeförderung wegen Kriegsgefahr" so versteht, daß darunter auch jede durch Kriegsgefahr v e r u r s a c h t e Lagerung usw. fällt. Daß die vorliegende Art des Eingriffs in den Transport in der formularmäßigen Kriegsklausel nicht besonders berücksichtigt ist, erklärt sich zur Genüge daraus, daß sie den hier unter Versicherung gebrachten kombinierten See- und Landtransport voraussetzte, auf den das Formular an sich nicht berechnet war. Eine sinngemäße Auslegung des Formulars war daher durchaus gerechtfertigt."
RGZ. 92, 251. Ist eine vorzeitige Abandonerklärung stets unwirksam? Zu den Begriffen der Anhaltung und der Bedrohung als Voraussetzungen des Abandons. HGB. § § 8 6 1 flg. Allg. SVB. § § 116 flg. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 23.Februar 1 9 1 8 . I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. —
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Die Klägerin hatte für ihre Versendungen nach China durch laufende Police nach den Hamburger Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1 8 6 7 Seeversicherung bei den beiden Beklagten zu j e 50°/o genommen. Wegen der Kriegsgefahr galt die Hamburger Kriegsklausel. Auf die Police hat die Klägerin 4 7 Kisten mit Chemikalien, verladen am 27. Juli 1914 mit dem deutschen Dampfer Bülow von Antwerpen nach Shanghai, angemeldet. Der Dampfer lief nach Kriegsausbruch Lissabon als Nothafen an und wurde dort durch Dekret der portugiesischen Regierung vom 2 0 . April 1 9 1 6 beschlagnahmt und requiriert; die 12·
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an Bord befindlichen feindlichen Waren — es war nach der Kriegserklärung Deutschlands — sollten gelöscht und in amtliche Verwahrung genommen werden, um nach dem Kriege ohne Entschädigung wieder ausgeliefert zu werden. Erforderlichenfalls sollten audi die Güter requiriert oder bei Verderblichkeit öffentlich verkauft werden können; der Reinerlös sollte alsdann hinterlegt werden. Tatsächlich sind die versicherten Waren gelöscht und im Zollsdiuppen gelagert worden. Am 8. März 1916 hatte die Reederei den Ladungsbeteiligten mitgeteilt, daß der Dampfer requiriert sei. Schon am 28. Februar 1916 hatte die Klägerin den Beklagten unter Bezugnahme auf Meldungen von der Beschlagnahme der deutschen Dampfer in Portugal ihren Schaden in Höhe von 12 110 Μ angedient, sie wiederholte diese Anmeldung am 10. Mära nach der Kriegserklärung. Am 20. Mai erklärte sie den Abandon und bestätigte die Erklärung am 22. Mai unter Hinzufügung näherer Angaben über den Sachverhalt. Die Klägerin verlangt mit der Klage Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von je 6055 Μ nebst Zinsen. Die Beklagten bestreiten die Voraussetzungen des Abandons, weil weder die Güter angehalten seien, noch eine Bedrohung mit Totalverlust gegeben sei. Auch sei zur Zeit der Abandonerklärung weder der Unfall angezeigt, noch seien seit der Anzeige zwei Monate verstrichen gewesen, wie es die Kriegsklausel erfordere. Beide Vorinstanzen erkannten zugunsten der Klägerin. Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: „Das Berufungsgericht erkennt an, daß die Klägerin ihre Abandonerklärung zu einer Zeit — nämlich am 22. Mai 1916 — abgegeben hat, wo die vom Tage der Unfallanzeige, demselben 22. Mai 1916, zu rechnenden zwei Monate noch nicht abgelaufen waren. Es erwägt jedoch, daß die Klägerin ihre Abandonerklärung auch nach Ablauf der zwei Monate aufrechterhalten habe; daß eine vorzeitige Abandonerklärung unwirksam sein sollte, sei den Bedingungen nicht zu entnehmen. Eine Wiederholung würde, da die Beklagten die bündige Erklärung vom 22. Mai in Händen hatten, eine leere Formalität gewesen sein. Selbstverständlich sei die Erklärung erst mit Ablauf der zwei Monate, also mit dem 22. Juli 1916, wirksam geworden. Diesen Erwägungen ist zuzustimmen, sie entsprechen auch dem Urteile des erkennenden Senats in der badischen Sache I 167/16 v. 14. Februar 1917 (S. 7). Für die Abandonerklärung ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. Auf Grund des erklärten Abandons hatte die Klägerin
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Ende Juni 1916 die gegenwärtige Klage erhoben, woraus (ich ihre Absicht ergab, den Abandon aufrechtzuerhalten. Dieser Zustand dauerte infolge der Fortführung des Prozesses bis zum 22. Juli und darüber hinaus fort, so daß die Beklagten an diesem Tage in genau derselben Lage waren, als wenn die Abandonerklärung damals abgegeben wäre. Ihrem berechtigten Interesse war damit genügt, und es wäre somit allerdings eine leere Formalität gewesen, wenn die Erklärung wiederholt worden wäre. Die Ausführung der Revision, der Tag des Abandons müsse im beiderseitigen Interesse sicher feststehen, trifft das angefochtene Urteil nicht; denn es geht ja davon aus, und zwar mit Recht, daß die Wirkungen der Erklärung am 22.Juli 1916, d.h. zwei Monate nadi der Anzeige, und nicht früher eingetreten seien. Das Berufungsgericht stellt sodann fest, daß infolge des Dekrets der portugiesischen Regierung vom 20. April 1916 die Güter an diesem Tage durch Verfügung von hoher Hand angehalten und zugleich mit der Gefahr des Totalverlustes bedroht worden seien. Es kommt daher auf die Frage nicht an, ob schon die Anhaltung des Schiffes und die dadurch herbeigeführte Bedrohung der Güter zur Begründung des Abandons ausreichen würde. Daß aber eine Anhaltung der Güter angenommen worden ist, erscheint nicht rechtsirrtümlich. Es ist hierzu nicht erforderlich, daß die Güter noch in Fortbewegung begriffen waren, audi schließt es den Begriff der Anhaltung nicht aus, daß die Klägerin schon vor dem 20. April 1916 tatsächlich, infolge des Kriegszustandes, nach manchen Richtungen in der freien Verfügung darüber behindert sein mochte. Ihre freie Verfügung wurde erst durch das erwähnte Dekret, das sich als eine Verfügung von hoher Hand darstellt, völlig ausgeschlossen; denn während danach neutrales Gut den Eigentümern auszuliefern war, wurden die versicherten Waren, als deutsches Eigentum von der portugiesischen Regierung für die Dauer des Krieges sequestriert. Darin ist mit Recht eine Anhaltung erblickt worden. Endlich ist es auch nicht rechtsirrtümlich, wenn das Berufungsgericht feststellt, daß die Waren nunmehr und hierdurch mit der Gefahr des Totalverlustes bedroht waren. Die Erwägungen, die hierzu führten, sind im wesentlichen tatsächlicher Art. Das Berufungsgericht führt nämlich aus, daß die Entlöschung der hochwertigen und leicht verderblichen Ware aus dem gleichzeitig beschlagnahmten Dampfer Bülow, die Übernahme in den Gewahrsam der mit Deutschland im Kriege befindlichen portugiesischen Regierung, endlich deren Vorbehalt, die als Heilmittel hochbegehrte Ware im Bedarfsfalle zu requirieren, in Verbindung mit der Neigung aller unter Englands Führung vereinten Feinde
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zur gänzlichen Mißachtung und Verletzung feindlichen Eigentums und mit dem in den besonderen portugiesischen Verhältnissen beruhenden Mangel jeder Gewähr für die Erhaltung der Ware, die Erwartung eines Totalverlustes nahe legten. Daran werde auch durch die Bestimmung des Dekrets, wonach beabsichtigt sei, die Ware nach Beendigung des Krieges ohne Entschädigung wieder auszuhändigen, nichts geändert. Diese Begründung ist im Wege der Revision nicht angreifbar." . . .
RGZ. 92, 414. Fällt unter die Klausel: „Diese Police deckt audi die direkte Kriegs' gefahr, bestehend in Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung durch Kriegsschiffe, Kaper, Torpedos oder Seeminen" usw., eine Beschlagnahme der entlöschten Ware am Lande mit nachfolgender Kondemnation? I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 24. April
I. Landgericht Berlin, Kammer für Handelssachen. —
1918.
II. Kammergericht daselbst.
Laut Policen vom 6. August 1 9 1 4 hat die Klägerin bei der Beklagten 100 OOO kg Gerste im britischen Dampfer Leander zum Werte von 14 0 0 0 Μ von Taganrog nach Rotterdam und 9 0 0 0 0 0 kg Gerste im britischen Dampfer Marie Rose zum Werte von 126 0 0 0 Μ von Ghenitschesk nach Rotterdam unter Bezugnahme auf die Hamburger Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 „nur für Kriegsgefahr laut anhängender Klausel" versichert. Letztere lautet: „Diese Police deckt auch die direkte Kriegsgefahr, bestehend in Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung durdi Kriegsschiffe, Kaper, Torpedos oder Seeminen mit Ausschluß aller indirekten Folgen, insbesodere von Liegegeldern und ähnlichen Kosten, auch wenn in Havariegrosse verteilt, sowie von Beschädigung oder Wertverminderung durch Verzögerung der Reise." Bedingung für die Gültigkeit der Versicherung sollte sein, daß die Dampfer spätestens am 1. August in See gegangen waren. Die Prämie betrug M> °/o. Beide Dampfer befanden sidi auf der Reise vom Schwarzen Meere nach Rotterdam, sind aber hier nicht angekommen, sondern haben einen britischen Hafen (nadi Angabe der Klägerin Belfast, NordIrland) angelaufen. Laut prisengeriditlichem Urteile vom 20. O k t o b e r 1 9 1 5 wurde die Ladung der Marie Rose, nachdem sie in Bristol beschlagnahmt war, kondemniert . Bezüglich der Ladung des Leander ist weiteres nidit festgestellt. Die Klägerin behauptet, es sei in beiden Fällen eine „Wegnahme" i. S. der Klausel anzunehmen, und verlangt vorläufig auf jede Police einen Teilbetrag von 10 0 0 0 M , zusammen
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20 000 Μ nebst Zisnen. Die Beklagte beantragt Klagabweisung, indem sie hauptsächlich einwendet, daß nicht Wegnahme schlechthin, sondern nur eine solche durch Kriegsschiffe oder Kaper, also auf hoher See, durch die Versicherung gedeckt werde. Beide Vorinstanzen haben sich dieser Auffassung angeschlossen. Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Da bei Absdiluß der Versicherung die britische Kriegserklärung an Deutschland bereits ergangen war, indessen die später im Kriege gemachten Erfahrungen noch nicht vorlagen, so mußte nach damaliger Anschauung — vgl. RGZ. Bd. 89 S. 68 — die Gefahr der Aufbringung und Kondemnation der den britischen Schiffen anvertrauten Ladung verhältnismäßig gering erscheinen und die Minengefahr in den Vordergrund treten. Der Wortlaut der Klausel besagt nun an sich, daß die „Wegnahme" in der Form der Aufbringung durch K r i e g s s c h i f f e zu erfolgen hat, um unter die Versicherung zu fallen. Mehr als Aufbringung (Nehmung) ist, obschon der Begriff der Wegnahme an sich wohl weiter geht, nicht zu erfordern, weil die Kriegsschiffe völkerrechtlich zu weiterem, insbesondere der Eigentumsentziehung, nicht befugt sind. Je nachdem eine nachfolgende Kondemnation dargetan werden k o n n t e oder nicht, würde die Klägerin im Falle der Aufbringung durch Kriegsschiffe zur Geltendmachung eines Totalverlustes oder nur zum Abandon berechtigt gewesen sein. Weder der Wortlaut der Klausel noch die sonstigen Umstände des Falles lassen eine ausdehnende Auslegung in dem Sinne zu, daß der Aufbringung durch Kriegsschiffe die Beschlagnahme am Lande oder die Kondemnation ohne vorherige Aufbringung durch Kriegsschiffe gleichgestellt wird. Mit dem dem Urteile vom 16. Juni 1917 (RGZ. Bd. 90 S. 324) zugrunde liegenden Falle verhielt es sich in dieser Hinsicht anders. Hier war die ausdehnende Auslegung in erster Linie darauf gestützt, daß eine ganze Reihe von Vorfällen, die sich unter den Begriff der Anhaltung und deren Folgen zusammenfassen ließen und somit kriegsversicherungsrechtlich einen Gegensatz bildeten zur Eigentumsentziehung und zu den diese vorbereitenden Maßnahmen, besonders der Aufbringung, als solche bezeichnet wurden, für die der Versicherer nicht haften wollte. Daraus wurde gefolgert, daß Wegnahme, Beschädigung und Zerstörung durdi Kriegsschiffe oder Kaper nur beispielsweise aufgeführt seien und daß eine sonstige Beschlagnahme wie auch die Kondemnation von der Haftung nidit ausgeschlossen sein sollte. Ermöglicht wurde diese Auslegung sprachlich dadurch, daß den einleitenden Worten „Gegenwärtige
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Versicherung deckt nur die direkte Kriegsgefahr" die Worte „Wegnahme" usw. mit der unbestimmteren Verbindung „und zwar:", die wohl die Hervorhebung besonderer Fälle bedeuten konnte, angeschlossen waren, während es in gegenwärtiger Klausel heißt: „die direkte Kriegsgefahr, bestehend in usw.", worin sprachlich an sich eine Beschränkung auf die angeführten Fälle zu erblidcen ist. Vor allem aber werden in der gegenwärtigen Klausel nur gegenübergestellt: „Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung durdi Kriegsschiffe usw." und „alle indirekten Folgen", d. h. eben jener Wegnahme usw., die von der Versicherung ausgenommen sein sollen. £5 kann also hier keine Rede davon sein, daß sich gegenüberstehen Fälle der Eigentumsentziehung und der bloßen Anhaltung. Über eine ganz ähnliche Klausel, wie sie hier vorliegt, hat sich das Reichsgericht bereits in dem Urteile vom S.März 1917 I. 9/17 (HansGZ. Nr. 68) ausgesprochen. Hier hatte das Landgericht Bremen (s. HansGZ. 1916 Nr. 53 S. 98) versucht, der Klausel dadurch einen weiteren Sinn zu geben, daß es das Wort „Wegnahme", weil durch ein Komma von den nachfolgenden Worten getrennt, ganz für sich betrachtete und die Worte „durch Kriegsschiffe usw." nur auf „Beschädigung und Vernichtung" bezog. Dies hatte das Reichsgericht aus sprachlichen und sachlichen Gründen für nicht unbedenklich erklärt. In der Tat wäre die richtige sprachliche Ausdrucksweise für eine solche Meinung die gewesen, daß man mindestens das Wort „Wegnahme" durch ein „sowie" und nicht nur durch ein Komma von dem folgenden getrennt hätte. Auch sachlich ist die Auslegung des Landgerichts Bremen nicht gerechtfertigt, da Wegnahme im wesentlichen gleichbedeutend ist mit Nehmung und völkerrechtlich und versicherungsrechtlich auf eine Handlung von Kriegsschiffen oder Kapern, nicht aber auf eine Beschlagnahme durch Verwaltungsbehörden hindeutet. Daher wird auch in der Entscheidung des RG.s Bd. 90 S. 324 nicht etwa angenommen, daß der Ausdruck „Wegnahme" die Beschlagnahme dedke, sondern daß letztere der beispielsweise angeführten Wegnahme gleichzuachten sei. Die vorliegenden Policen geben einen guten und den Umständen entsprechenden Sinn, wenn man die Versicherung auf Wegnahme usw. durch Kriegsschiffe, Kaper usw. einschränkt. Es sollte die Kriegsgefahr gedeckt werden, die die Ware während des vermutlich nur kurzen Aufenthaltes auf S e e bis zum Bestimmungshafen lief. Danach wurde die sehr niedrige Prämie °/o) bemessen, und deshalb wurde bedungen daß das Schiff spätestens am 1. August abgefahren sein müsse. Ein wesentlich anderes Risiko war es, wenn das Schiff ohne Aufbringung
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einen feindlichen oder sonstigen Zwischenhafen anlief, die Ware dort entlosdit und festgehalten wurde und nunmehr unvorhersehbaren Maßnahmen der betreffenden Regierung für unabsehbare Zeit ausgesetzt wurde." . . . RGZ. 93, 150. Ist im Falle einer Aufbringung, welche unter die Zeitversidierung gegen Kriegsgefahr fällt, die Prämie bis zur Kondemnation fortzuzahlen? Kann der Versicherte einwenden, die Dauer der Versicherung sei durch den versicherten Unfall verlängert worden? HGB. §§ 831, 861 Nr. 2. Bremer Seeversicherungsbedingungen von 1875 § 6 . I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 15.Juni 1918.
I. Landgericht Bremen, Kammer für Handelssachen. — II. Oberlandesgericht Hamburg.
Der Kläger hat seinen Fischdampfer Heppens bei den Beklagten laut Police vom 8. Juni/6.Juli 1915 für die Zeit vom 5.Juli bis S . O k tober 1915 nach den Rev. Bremer Bedingungen von 1875 für Fangreisen in Ost- und Nordsee und angrenzenden Gewässern nur gegen Kriegsgefahr versichert. Nach § 6 der Bremer Bedingungen (vgl. § 8 31 HGB.) soll bei einer Zeitversicherung, wenn das Schiff bei Ablauf der Versicherungszeit auf einer Reise begriffen ist, die Versicherung bis zum Ende der Gefahr solcher Reise unter Prämienzulage pro rata der Zeitprämie fortdauern. Am 5. Oktober 1915 befand sidi der Dampfer nodi auf der Reise. Er wurde vor Beendigung der Reise am 7. Oktober 1915 von der englischen Kriegsmacht aufgebracht und am 22. März 1 9 1 6 prisengerichtlich kondemniert. Die Beklagten erkennen den Totalverlust an, haben aber die Prämie für die Zeit vom 7. Oktober 1915, bis wohin sie von dem Kläger bezahlt war, bis zum 22. März 1916 einschließlich darauf entfallener Stempelkosten, im ganzen 6 9 6 4 , 6 5 M, von der im übrigen vergüteten Versicherungssumme abgezogen. Der Kläger, der den Abzug nicht für gerechtfertigt hielt, erhob Klage auf Zahlung des genannten Betrags. Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, beschränkte er denAntrag auf Zahlung von 6 7 1 5 , 8 8 M, indem er anerkannte, noch die Prämie für die Zeit bis zum 13. Oktober 1915, wo das Schiff nach dem gewöhnlichen Verlaufe von der Fangreise nach Bremerhaven zurückgekehrt sein würde, zu schulden. Das Oberlandesgericht wies jedoch die Berufung zurück. Auch die Revision hatte keinen Erfolg.
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Gründe: „Der Grundsatz des Deutschen Seeversicherungsrechts, daß die Gefahr für das versicherte Schiff noch nicht mit der Nehmung, sondern erst mit der Kondemnation endigt ( R G Z . Bd. 89 S. 319), bezieht sich keineswegs nur auf die Versicherung „nur für Seegefahr", sondern ebensogut auf die Kriegsversicherung. Die Nehmung beendigt auch die Kriegsgefahr nicht, sondern läßt sie nur in verschärfter Form fortbestehen, indem sie die Bedrohung des Reeders mit dem Verluste des Eigentums besonders nahe legt (§ 361 Nr. 2 HGB.). Dies gilt vor allem auch nach den Bremischen Bedingungen, nach denen die Aufbringung als solche den Versicherungsanspruch nicht auszulösen vermag ( R G Z . Bd. 9 0 S. 143). Die Reise, auf der das Schiff begriffen war, endigte aber audi nicht vor der Kondemnation, mit der das versicherbare Interesse des Klägers erlosch; es wäre insbesondere ganz willkürlich, für den Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung der Reise, sei es durch Erreichen des Bestimmungshafens, sei es durch Totalverlust, denjenigen Zeitpunkt einzusetzen, an welchem das Schiff bei normalem Verlaufe der Reise den Bestimmungshafen erreicht haben würde. Audi aus dem Gesichtspunkte läßt sich der Prämienanspruch der Beklagten nicht bekämpfen, daß dieser auf der durch die Aufbringung verursachten Verlagerung der Reise, folglich auf der durdi die Versicherung gedeckten Kriegsgefahr beruhe. Denn die Versicherung deckt nur Verlust und Beschädigung der versicherten Sache, nicht aber jede sonstige wegen dieser Sache durch Kriegsgefahr verursachte Verschlechterung der Vermögenslage des V e r sicherten. Diese Regelung entspricht audi dem Grundsatze des § 8 3 1 Abs. 2 H G B . " R G Z . 94, 104. Kommt es bei einer taxierten Police nicht darauf an, ob die versicherten Güter vor dem Wirksamwerden des Abandons durch inneren Verderb eine Werteinbuße erlitten haben? HGB. § § 7 9 3 , 7 9 9 , 8 5 8 , 8 7 5 , 8 7 6 , 821 Nr. 5; Allg. SVB. von § § 16, 2 2 , 7 0 Nr. 3.
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I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 2. November 1918. 1. Landgericht Hamburg, K a m m e r f. Handelssachen. —
II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Klägerin ist für ihre Verschiffungen nach China bei den Beklagten durch laufende Police gegen See- und Kriegsgefahr gemäß den Hamburger Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1 8 6 7 und besonderer Kriegsklausel versichert. Hierauf hat sie im Juli 1 9 1 4 mit dem deutsdien
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Dampfer Uckermark Güter im taxierten Versicherungswerte von 18 640 Μ verladen und deklariert. Der Dampfer lief kurz nach Kriegsausbruch Lissabon an und blieb dort liegen. Im Februar 1916 wurde er von der portugiesischen Regierung mit Beschlag belegt und entlöscht. Durch Dekret derselben Regierung vom 20. April 1916 wurden die Waren der Verfügung der Klägerin entzogen, welche daraufhin den Abandon erklärte und die Versicherungssumme nebst Zinsen verlangte. Die Beklagten haben den Klaganspruch dem Grunde und dem Betrage nach bestritten. In den Instanzen wurden die Beklagten in der Hauptsache nach der Klage verurteilt. Bei der Revision der Beklagten handelte es sich nur noch um einen Teilbetrag von 5608 M. Es wurde ihr stattgegeben aus folgenden Gründen: ,,Die Beklagten hatten unter Beweisantretung behauptet, daß am 25. Juli 1916, wo der Abandon wirksam wurde, die versicherten Güter durch Eigenverderb infolge der zweijährigen Lagerung eine Wertverminderung in Höhe von 5608 Μ erlitten gehabt hätten, und wollten diesen Betrag von dem zu vergütenden Totalverlust in Abzug gebracht wissen. Das Oberlandesgericht beseitigt diese Einrede mit der Erwägung, daß es sich um eine taxierte Police handle, bei der die Taxe, also die ganze Versicherungssumme von 18 640 Μ unter den Parteien für den Versicherungswert maßgebend sei, und daß es deshalb auf eine Wertverringerung der Güter hier nicht ankomme. Diese Ausführung ist rechtsirrtümlich. Nicht die behauptete Wertverminderung, sondern vielmehr die Tatsache, daß es sich um eine taxierte Police handelt, ist für die vorliegende Frage unerheblich. Die Taxe hat nach § § 1 6 , 22 Allg. SVB. (§§ 793, 799 HGB.) die Bedeutung, daß — abgesehen von dem Falle erheblicher Übersetzung — der taxierte Abladewert der Güter unter den Parteien feststeht. Der Abladewert, gleichgültig, ob taxiert oder nicht taxiert, bleibt audi für die Dauer der Versicherung maßgebend, so daß sich keine Partei auf eine inzwischen eintretende Preisänderung infolge wechselnder Konjunktur berufen kann. Dies kommt in den Bestimmungen über die Bezahlung des Schadens (§§ 858, 875, 876 HGB.) zum Ausdrude und wird in Anlehnung an § § 1 4 0 , 141 VersVG. ausdrücklich ausgesprochen in § 9 0 Abs. 2 des Entwurfs der Allg. D. Seeversicherungsbedingungen von 1914, wo es heißt: „Dieser Wert (d.h. der Abladewert) gilt auch bei dem Eintritte des Versicherungsfalles als Versicherungswert." (Eine Abweichung von diesem Grundsatz enthält § 877 HGB. für den Fall, daß Güter auf der
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Reise infolge eines Unfalls verkauft werden.) Wohl zu unterscheiden von dem Falle einer Preisänderung ist aber der Fall einer Wertverminderung durch Verlust oder Beschädigung. Bine solche geht keineswegs ohne weiteres in dem nachfolgenden Totalverlust auf, vielmehr kommt es darauf an, ob sie dem Versicherer, der den Totalverlust zu tragen hat, ebenfalls zur Last fällt. Die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts würde auf den von V o i g t S. 384 flg. mit Recht bekämpften Satz hinauslaufen: „Der Totalverlust verschlingt den Partialschaden." Auch das Reichsgericht hat in der Entscheidung vom 2. Dezember 1916 RGZ. Bd. 89 S. 144 auf S. 147 anerkannt, daß ein dem Totalschaden voraufgehender Partialschaden, der dem Versicherer nicht zur Last fällt, von ersterem in Abzug zu bringen sei. Für den vorliegenden Fall scheint, obwohl es nidit ausdrücklich festgestellt ist, nach den Vorträgen der Parteien . . . die Hamburger Kriegsklausel vereinbart zu sein. Danach haftet der Versicherer nicht für Verderb und Verminderung der Güter als Folgen eines durch Kriegsgefahr verursachten Aufenthalts. Schon nach dem Handelsgesetzbuch und den Allg. Seeversicherungsbedingungen fallen ihm Verderb und Beschädigung dann nicht zur Last, wenn sie auf einer nicht durch versicherten Unfall verursachten Verzögerung der Reise beruhen (§ 821 Nr. 5HGB.; § 7 0 Nr. 3 Allg. SVB.). Um einen solchen Verderb der Güter vor dem Abandon, der die Vergütung des in Aussicht stehenden Totalverlustes bezwedct, handelt es sich nach den vorläufig genügend substanziierten Behauptungen der Beklagten. Werden diese bewiesen, so muß der vorher entstandene Partialschaden in Ermangelung eines besonderen Haftungsgrundes von dem der Versicherungssumme entsprechenden Totalschaden in Abzug gebracht werden." . . . RGZ. 94, 268. Zur Auslegung der §§ 793 Abs. 2 and 786 Abs. 3 HGB. Ist der Versicherer verhindert, die Herabsetzung der Taxe zu fordern, wenn er bei AbschluB der Versicherung mit der wesentlichen Ubersetzung einverstanden war? 1. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 8.Januar 1919. 1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit («sselbst.
Durch Police vom 29. Dezember 1915 versicherte die Klägerin bei der Beklagten 10 Pakete von je drei Briefen, enthaltend je 8500 für die Liberianische Regierung bestimmte Briefmarken im Nennwerte von $ 135 5,—, „taxiert zu 30 000 Μ auf Grund gegenseitiger Vereinbarung
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o h n e weiteren Beweis", als holländische Einschreibsendungen von Amsterdam nach Liberia auf Grund der Hamburger Allg. Seeversicherungsbedingungen einschließlich Kriegsgefahr. Die Parteien sind darüber einverstanden, daß die Sendung von den Engländern beschlagnahmt wurde und daß die Klägerin daraufhin berechtigterweise den Abandon erklärt hat. Die Beklagte hat aber nur lOOOO Μ vergütet als den wahren Wert der Sendung, indem sie Herabsetzung der Taxe auf diesen Betrag wegen wesentlicher Übersetzung verlangt. Die Klägerin gibt zu, daß die Herstellungskosten nicht mehr als 10 0 0 0 Μ betragen haben, behauptet jedoch, daß die Parteien bei Abschluß der Versicherung darüber einverstanden gewesen seien, daß nicht ihr Eigentumsinteresse, sondern das Interesse an der glücklichen A n k u n f t der Marken versichert sein sollte. Dies Interesse sei sehr groß gewesen. Sie habe zunächst an einflußreichen Personen in Liberia 90 0 0 0 Μ bezahlen müssen, um den Auftrag zu erhalten, ferner habe sie für die Herstellung dieser und anderer gleicher Marken etwa 36 0 0 0 Μ aufgewandt. Das Geschäft stehe ihr einschließlich Zinsen mit 145 0 0 0 Μ zu Buch. Gewinn habe sie dadurch erwarten können, daß die Regierung von Liberia die ihr übersandten Marken in Verkehr gebracht haben würde und sie dadurch in die Lage gekommen wäre, die anderen gleichzeitig hergestellten Marken besonders an Briefmarkensammler abzusetzen. Demgemäß habe sie den Wert der abgesandten Marken mit 30 000 Μ angenommen. Die Beklagte sei von ihrer Maklerfirma H. & C. M. ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß weder der nominelle Wert der Marken noch die Kosten der Herstellung, sondern letztere zuzüglich Versandkosten, sonstiger Unkosten und imaginären Gewinns als Versicherungssumme in Betracht kämen. Die Klägerin verlangt demnach Zahlung weiterer 20 000 Μ nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt Klagabweisung. Sie bestreitet, daß Vereinbarungen neben der Police getroffen seien, hält solche aber auch gegenüber dem Wortlaute der Urkunde für unerheblich. Es handle sich um eine reine Güterversicherung, ein anderweites Interesse sei nicht versichert worden; das sehr mittelbare Interesse an dem Absatz anderer Marken könne in dieser Weise audi nicht versichert werden, jedenfalls würde die Beklagte eine solche Versicherung nicht eingegangen sein. Das Landgericht hat nach der Klage verurteilt, indem es annahm, daß in Wahrheit das Interesse der Klägerin an der A n k u n f t der Ware versichert worden sei. Das Oberlandesgericht ist in letzterer Hinsicht anderer Ansicht und nimmt reine Güterversicherung an; trotzdem hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil die Parteien darüber
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einverstanden gewesen seien, daß neben dem wirklichen Werte eine „Reihe werterhöhender Umstände und Eigenschaften", insbesondere die von der Klägerin bei der Einleitung des Geschäftes aufgewandten Kosten, bei der Wertbemessung Mitberücksichtigung finden sollten und daß daher die Beklagte nach Treu und Glauben die Herabsetzung der Taxe nicht verlangen könne. Auf der Revision der Beklagten wurde dies Urteil aufgehoben aus folgenden Gründen: „Die Begründung des angefochtenen Urteils ist unklar und rechtsirrtümlich. Zunächst wird festgestellt, daß eine reine Güterversicherung vorliege, bei der die Versicherungssumme den wirklichen Wert der Güter weit übersteige, und daß sich hierüber beide Parteien vollkommen klar gewesen seien. Davon, daß imaginärer Gewinn oder ein anderes Interesse versichert werden sollte, sei mit keinem Worte die Rede. Sodann aber heißt es, daß nadi dem übereinstimmenden Willen der Parteien und kraft beiderseitiger Vereinbarung eine Reihe wertsteigender Umstände und Eigenschaften, insbesondere die von der Klägerin bei Einleitung des Geschäftes aufgewandten erheblichen Kosten, bei der Wertbemessung Mitberücksichtigung finden sollten. Dies müsse die Beklagte auch jetzt gegen sich gelten lassen. Was damit gesagt sein soll, ist unklar. Liegen nach Ansicht des Oberlandesgerichts Umstände und Eigenschaften vor, welche den Wert der Sendung tatsächlich so weit erhöhten, daß die Annahme einer Versicherungssumme von 30 000 Μ gerechtfertigt war, so ist die Festestellung, daß letztere den wirklichen Wert der Ware weit überstieg, unrichtig. Allerdings fehlt es dann an einer Begründung dafür, inwiefern insbesondere Kosten, die die Klägerin zur Einleitung des Geschäftes aufgewandt hatte, den wirklichen Wert der Ware steigern konnten. Sollte aber die Ansicht des Berufungsgerichts dahin gehen, daß eine von den Parteien bewußterweise vereinbarungsgemäß aus irgendwelchen unzutreffenden Gründen vorgenommene Übersetzung der Taxe die Beklagte hinderte, die Herabsetzung zu verlangen, so würde dies rechtsirrtümlich sein. Zwar ist der § 793 Abs. 2 HGB. nicht lediglich ein Anwendungsfall des § 786 Abs. 3, so daß auch dort die Versicherung insoweit ungültig wäre, als die Versicherungssumme den Versicherungswert übersteigt, vielmehr ist die Regelung bei der taxierten Police insofern eine andere, als einmal nur eine wesentliche Übersetzung in Betracht kommt, und sodann diese nicht von dem Versicherten geltend gemacht werden kann (RGZ. Bd. 9 0 S. 367) noch von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Nur der Versiehe-
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rer kann die Herabsetzung der T a x e verlangen. Immerhin ist audi diese Bestimmung unter dem Gesichtspunkte der das öffentliche Interesse verfolgenden Vorschrift des § 7 8 6 Abs. 2 und 3 dahin auszulegen, daß das Recht des Versicherers durdi Parteivereinbarung nicht ausgeschlossen werden kann, weil sonst den Wettassekuranzen Tür und T o r geöffnet wäre. Es kommt daher nicht darauf an, ob auch der Versicherer sich der Übersetzung der Taxe bewußt war und aus welchen Gründen er sich damit einverstanden erklärt hat. Vielmehr hat er unter allen Umständen das Recht, die Herabsetzung der Taxe wegen wesentlicher Übersetzung zu fordern (vgl. R G Z . Bd. 11 S. 1 3 , B d . 1 9 S. 2 1 5 ; L e h m a n n , Zeitschr. f. Vers. Wissenschaft Bd. 11 S. 78 5 flg.). Hiernach läßt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts nur halten, wenn entweder bei Annahme einer Güterversicherung mit genügender Begründung festgestellt werden kann, daß die Versicherungssumme den wirklichen Wert nicht wesentlich überstiegen hat, oder wenn festgestellt wird, daß trotz des gewählten Wortlautes der Police die Parteien darüber einverstanden waren, daß nicht der Wert der Ware zur Zeit und am O r t e der Versendung zuzüglich der in § 7 9 9 Abs. 1 HGB. (§ 2 2 Abs. 1 Allg. SVB.) bezeichneten Kosten, sondern ein anderes der Versicherungssumme im wesentlichen entsprechendes Interesse der Klägern versichert werden sollte. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß trotz eines solchen Einverständnisses der Parteien doch der W o r t laut der Police maßgebend sein würde, ist ebenfalls rechtsirrtümlich. Keine von jenen beiden Feststellungen kann nach Lage der Sache schon jetzt in der Revisionsinstanz getroffen werden. Daher ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen." . . . RGZ. 95, 226. 1. Zum Grundsätze der Unteilbarkeit der Gefahr im Seeversicherungsrechte. Bedeutung von Policeklauseln, die diesen Grundsatz durchbrechen, insbesondere der Stilliegeklausel. 2 . Zum Begriff „Schiff" im Seeversicherungsrecht. HGB. § 8 9 7 ; Allg. SVB. § 157. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 2 9 . März 1 9 1 9 .
I. Landgericht Lübeck, Kammer für Handelssachen. — II. Oberlandesgericht Hamburg.
Die Beklagte hat bei den Klägerinnen laut verschiedenen Policen für die Zeit vom 18. Februar 1 9 1 6 bis 17. Februar 1917 Versicherung „nur für Seegefahr" auf die dort angegebenen europäischen Reisen des
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Dampfschiffes „Trave" genommen, und zwar für das Kasko, für das Interesse durdi den Mehrwert des Kaskos und / oder sonstiges Interesse sowie für Frachtgelder und / oder behaltene Fahrt. Die Versicherungsprämien sollten von Ende März 1916 an in 4 vierteljährlichen Raten gezahlt werden. Die Klägerinnen verlangen, nachdem die erste Rate bezahlt worden ist, den Rest der Prämien. Die Beklagte hat eingewandt, der Dampfer „Trave" sei am 18. Mai 1916 nahe der schwedischen Küste v o n einem Unterseeboot torpediert worden und gesunken; daraufhin sei er am 4. September 1916 an einen skandinavischen Bergungsunternehmer verkauft worden, dem audi das Eigentum daran übertragen worden sei. Deshalb seien in Gemäßheit der Policenbedingungen für den Rest der Versicherungszeit die Prämienraten ganz oder zu einem erheblichen Teile nicht verfallen. Beide Vordergerichte gaben der Klage statt. Die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: „Die Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen von 1867, auf welche sich die hier maßgeblichen Policen ausdrücklich beziehen, kennen keinen allgemeinen Grundsatz dahin, daß der Versicherer für die Zeit, während welcher eine Gefahrtragung und damit die Möglichkeit einer Leistung aus dem Versicherungsverträge für ihn nicht besteht, Versicherungsprämie nicht zu beanspruchen habe. Vielmehr ist dort in § 157 der gegenteilige Grundsatz von der „Unteilbarkeit der G e f a h r " in der Weise zum Ausdruck gebracht, daß an sich (vgl. allerdings § 162 Abs. 2 Satz 3), sobald die Gefahr für den Versicherer zu laufen begonnen hat, die ganze Versicherungsprämie verfallen ist und ein Ristorno (Rüdcgewähr) audi nur teilweise nicht stattfindet. Wenn daher in einem Falle der hier fraglichen Art das „nur für Seegefahr" versicherte Schiff vor Ablauf der Versicherungszeit auf Grund einer nicht durdi die Versicherung gedeckten Gefahr, ζ. B. Kriegsgefahr (Torpedoschuß), total verloren geht, so ist trotzdem grundsätzlich die ganze Prämie verfallen, und zwar audi für denjenigen in die Versidierungszeit fallenden Zeitraum, wo von einer Gefahrtragung des Versicherers und von einem versicherten Eigentum des Versicherungsnehmers oder audi von einem Eigentum überhaupt keine Rede mehr sein kann. Somit bedeuten die hier in Betracht kommenden Bestimmungen der Policen, betr. RüdeGewähr eines Teiles der Prämien trotz Beginns der versicherten Gefahr, Ausnahmen von einer Grundregel und sind demgemäß nicht ausdehnend, sondern nur in strenger Anlehnung an ihren Wortlaut auszulegen. Danach ergibt sich folgendes:
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1. Die Klausel der Police: „Sofern der Dampfer im Laufe des versicherten Zeitraumes verkauft werden sollte, erlischt die Versicherung mit dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels gegen pro rata Rüdegabe für die nicht gelaufene Zeit, es sei denn, daß eine Vereinbarung getroffen wird betreffs Übertragung der Versicherung auf den Erwerber" betrifft (ähnlich wie die Vorschrift in § 162 Abs. 2 Satz 3 der Allg. SVB.) nach Wortlaut, Sinn und Zweck nur einen solchen Verkauf und einen solchen Eigentumswechsel, welcher sich auf den Dampfer in seiner Eigenschaft als Seeschiff (vgl. auch RGZ. Bd. 86 S. 430; HGB. § 4 7 4 . EG. z. HGB. Art. 6) bezieht, und zwar als ein solches Seeschiff, bei welchem eine Übertragung der „nur für Seegefahr" genommenen Versicherung auf einen etwaigen Erwerber vernünftigerweise in Frage kommen könnte. Daß dies bei einem auf dem Grunde des Meeres liegenden Wrack nicht der Fall ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Dasselbe ist aber audi dann anzunehmen, wenn absolute oder relative Reparaturunfähigkeit oder audi nur Reparaturunwürdigkeit des Schiffes vorliegen sollte, wie solche in § 131 All. SVB. (bzw. §§ 873, 479 HGB.) behandelt ist. Zwar wird ein derartiger Gegenstand, obgleich seine künftige Benutzung als Seefahrzeug in der Regel ausgeschlossen erscheint, sowohl in den Allg. Seeversidierungsbedingungen als auch im Handelsgesetzbuch als „Schiff" bezeichnet, und es werden die betr. Beschädigungen als „Partialschäden" (teilweiser Schaden am Schiff) dem Totalverlust gegenübergestellt. Dies ist aber im Verhältnis des Versicherten zum Versicherer nur dafür von Bedeutung, in welcher Weise die Schäden zu behandeln sind, welche von der Versicherung gedeckt werden. Für die Auslegung der hier maßgeblichen Policenklausel ist dagegen jene Unterscheidung ohne Belang, da eine Übertragung der in jeder Beziehung, insbesondere auch hinsichtlich der Höhe der Prämien, auf ein fahrtüchtiges Schiff zugesdmittenen Versicherung in dem angegebenen Sinne bei einem reparaturunfähigen oder reparaturunwürdigen Schiffe in derselben Weise wie bei einem Wrack außer Frage steht. Daher kommt es hier darauf an, ob zu der Zeit, wo der von der Beklagten behauptete Verkauf und Eigentumswedisel stattgefunden hat, das Kaufobjekt nodi den Charakter eines Seeschiffes (Dampfers) derart hatte, daß seine Reparaturfähigkeit und Reparaturwürdigkeit gegeben war. . . . 2. Die ferner von der Beklagten in Bezug genommene Policenklausel lautet in ihrem hier maßgeblichen Teile: Versicherungsvertragsgesetz III
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„Wenn das Schiff im Winterlager oder aus anderen Gründen (ausgenommen wegen einer dieser Versicherung zur Last fallenden Havarie) während aufeinanderfolgender 15 oder mehr Tage in einem Hafen unbeschäftigt stilliegt" . . . Audi diese Klausel verträgt nach Lage der Sache keinerlei ausdehnende Auslegung (vgl. die Urt. des Reichsgerichts vom 9. und 16. Dezember 1916, I 146 und 145/16). Somit kommt nur ein tatsächliches unbeschäftigtes Stilliegen des Schiffes im Winterlager oder Hafen in Betracht. Mit Recht lehnt daher das Berufungsgericht eine Prüfung der Frage ab, ob und für welchen Zeitraum innerhalb der Versicherungszeit das Schiff, wenn die Versenkung nicht erfolgt wäre, in einem Hafen oder Winterlager stillgelegen haben würde. Richtig ist, daß für den Fall, daß das Schiff trotz der Torpedierung einen Hafen hätte aufsuchen können und dort während der Versicherungszeit für den in der Policeklausel vorgesehenen Zeitraum zwecks Reparatur stillgelegen hätte, die Beklagte einen Anspruch auf entsprechende Verringerung der Prämien erlangt hätte. Hieraus kann aber nichts für den gegenwältigen Streitfall hergeleitet werden. Die Kriegsgefahr und damit auch die Gefahr der Torpedierung und ihrer Folgen ging im Verhältnis der Parteien allein zu Lasten der Beklagten, und die Möglichkeit, daß sie ohne den eingetretenen Kriegssdiaden oder bei einer geringeren Wirkung des Torpedoschusses unter Umständen einen Zustand hätte herbeiführen können, der die Beklagte nach dem Versicherungsverträge zur Herabsetzung oder gänzlichen oder teilweisen Niditzahlung der Restprämie berechtigte, ändert nichts daran, daß die Beklagte beim Fehlen einer solchen Voraussetzung aus der „nur für Seegefahr" genommenen Versicherung den Versicherern zur vollen Prämienzahlung verpflichtet war."
RCZ. 95, 273. 1. Zur Auslegung der in einer Seeversicherungspolice enthaltenen Klausel „die Versicherung deckt auch die direkte Kriegsgefahr, als Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung der Güter durch Kriegsschiffe, Kaper, Torpedos oder Seeminen". 2. Was ist unter „direkter" Kriegsgefahr zu verstehen? 3. Deckt eine Güterversicherung auch den Erlös, der für die versicherten Güter erzielt wird? 4. Zu den Begriffen „Nehmung" (Beschlagnahme) und „Wegnahme". HGB. §§ 849, 848; Allg. SVB. von 1867 §§ 101, 100.
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I. Z i v i l s e n a t .
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Urt. ν. 26. März 1919.
I. Landgericht I Berlin. K a m m e r f ü r Handelssachen. —
II. Kammergericht
daselbst.
Die Klägerin hat bei der Beklagten einen Posten Gerste versichert, der auf dem englischen Dampfer „Trevalgan" von Odessa nach Rotterdam unterwegs war. Der Versicherung sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für den Seetransport und daneben noch besondere Bedingungen, die in der Police verzeichnet waren, zugrunde gelegt worden, darunter folgende Klausel: „Die Versicherung deckt auch die direkte Kriegsgefahr, als Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung der Güter durch Kriegsschiffe, Kaper, Torpedos oder Seeminen. Jedoch haftet der Versicherer nicht für die Kosten, weldie entstehen aus dem freiwilligen Aufenthalt wegen Kriegsgefahr, aus der Anhaltung, der Blockade des Aufenthaltshafens, der Zurückweisung von einem blockierten Hafen, der Ausladung, Lagerung und Weiterbeförderung der Güter wegen Kriegsgefahr . . . und ferner nicht für den Verderb und Verminderung der Güter sowie für andere Schäden, die während der infolge der Kriegsgefahr stattfindenden Ausladung und Lagerung der Güter eintreten. Das Risiko für den Versicherer beginnt erst mit der erfolgten Einladung in den Dampfer und endet unter allen Umständen in dem Augenblick, in dem die Güter im Bestimmungshafen an das Land gelangen." Der Dampfer „Trevalgan" änderte nach Kriegsausbruch seine ursprüngliche Reise insofern, als er am 11. August 1914 nach London fuhr, von dort am 16. August 1914 wieder auslief und am 18. August 1914 in Barry bei Cardiff ankam. Die versicherte Gerste wurde in London oder Barry gelöscht und in England verkauft. Der Erlös wurde zunächst bei einer englisdien Bank für Rechnung, wen es angeht, hinterlegt, später aber nebst den aufgelaufenen Zinsen von den englisdien Behörden beschlagnahmt und durdi englische Prisengerichtsurteile für gute Prise erklärt. Die Klägerin behauptet Totalverlust im Sinne von § 36 der „Allgemeinen Versidierungsbedingungen für den Seetransport" und verlangt Zahlung eines Teiles der Versicherungssumme. Die Beklagte behauptet, daß ein durch die Versicherung gededeter Schade nicht vorliege. Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache in die Berufungsinstanz zurückverwiesen. 13*
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Gründe: „1. Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, daß die hier maßgebliche Kriegsklausel der Seeversicherungspolice jede „Gefahr" dedct, die als „direkte Kriegsgefahr" im Sinne der genannten Klausel anzusehen ist. Die Bedeutung des Wortes „als" vor einer Aufzählung von Einzelfällen kann verschieden sein. Es kann damit die nachfolgende Aufzählung als erschöpfend bezeichnet werden sollen, es kann aber auch diese Aufzählung nur als Anführung von Beispielen gemeint sein, die eine Ergänzung gestattet. Das letztere ist in einem Falle der hier vorliegenden Art nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch anzunehmen, wonach in solchem Zusammenhange das Wort „als" nichts anderes bedeutet wie „und zwar" in dem vom Reichsgericht in RGZ. Bd. 90 S. 325 erörterten Sinne. Der Versicherer hätte, wenn er dem Worte „als" eine andere als diese Bedeutung beigelegt wissen wollte, dies deutlich in der von ihm verfaßten Policeklausel zum Ausdrude bringen müssen. Es kommt hinzu, daß in dem nachfolgenden, mit dem Worte „jedoch" eingeleiteten Satze der Klausel eine Reihe von Einzelfällen aufgezählt ist, die von der Kriegsversicherung nicht gedeckt sein sollen, was ganz überflüssig sein würde, wenn die in dem vorhergehenden Satze mit den Worten „Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung der Güter durch Kriegsschiffe, Kaper, Torpedos oder Seeminen" vorgenommene Aufzählung erschöpfend wäre (vgl. auch RGZ. Bd. 90 S. 326). Zu Unrecht nimmt die Revision nach dieser Richtung hin Bezug auf die Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ. Bd. 92 S. 414, da die dort behandelte Klausel anstatt des hier fraglichen Wortes „als" die einen anderen Sinn ausdrückenden Worte „bestehend in" enthält. 2. Bei Prüfung der Frage, was als „direkte Kriegsgefahr" im Sinne der Police anzusehen ist, ist zu beachten, daß es sich hier nicht um einen im Seeversicherungsrechte grundsätzlich festgelegten Begriff handelt. Insbesondere wird weder in den einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs, die nach Art. 48 der „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Seetransport" subsidiär heranzuziehen sind, noch auch in den Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 der Begriff der „direkten Kriegsgefahr" als solcher erwähnt. Anderseits rechtfertigt der Umstand, daß die in der Police als „direkte Kriegsgefahr" aufgezählten Beispiele nur kriegerische Handlungen durch Seestreitkräfte oder Seekriegsmittel betreffen, nicht — wie die Revision will — den Schluß, daß auch nur solche Handlungen als „direkte Kriegsgefahr" im Sinne des Versicherungsvertrags zu gelten haben. Dagegen spricht schon, daß zu den Maßnahmen, die ihrem Wesen nach in erster Linie
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als direkte Kriegsgefahr erscheinen, die Beschlagnahme durch kriegführende Mächte zwecks Konfiskation und diese Konfiskation selbst gehören, die erstere aber, wie audi im deutschen Prisenrecht anerkannt ist (vgl. z . B . Deutsche Prisengerichtsordnung vom 15. April 1911 § 2 3 ) , nicht nur auf See und durch Seestreitkräfte, sondern auch am Lande und durch Landtruppen, Hafenbehörden usw. erfolgen kann, und die letztere Sache richterlicher Behörden ist (vgl. auch RGZ. Bd. 9 0 S. 326). Dagegen sprechen aber auch die im zweiten, mit „jedoch" eingeleiteten Satze der fraglichen Kriegsklausel aufgezählten Ausnahmen. Diese betreffen keineswegs nur durch Seestreitkräfte vorgenommene kriegerische Handlungen und hätten anderseits als Ausnahmen nicht besonders erwähnt zu werden braudien, wenn sie nicht an sich als Fälle „direkter Kriegsgefahr" im Sinne des Vertrags anzusehen wären. Diese Ausnahmen lehnen sich nun durchweg an diejenigen Fälle an, welche im § 849 HGB. und im § 1 0 1 Allg. SVB. von 1876 zu den Schäden gerechnet werden, welche „zunächst durdi Kriegsgefahr" verursacht sind, und welche in der Entscheidung vom 29. November 1916 RGZ. Bd. 89 S. 140 als „unmittelbar durch die Kriegsgefahr" verursachte Schäden, bei denen die Kriegsgefahr „die causa proxima des Schadens war" (vgl. audi R G Z . Bd. 67 S. 255) bzw. eine „typische" Kriegsgefahr im Gegensatze zur typischen Seegefahr vorlag, den in § 848 HGB., § 100 Allg. SVB. behandelten, „mittelbar" durch Kriegsgefahr verursachten Schäden gegenübergestellt werden. Danach rechtfertigt es sich, als durch „direkte Kriegsgefahr" im Sinne der hier fraglichen Police verursachte Schäden solche anzusehen, welche im § 849 HGB. (§ 101 Allg. SVB.) als „die zunächst durch Kriegsgefahr verursachten Schäden" bezeichnet sind und wovon die dort gemachten Aufzählungen von Einzelfällen besonders hervorstechende Beispiele hervorheben (vgl. audi Art. desRG. v. 19. Mai 1917 I 2 6 / 1 7 ; S i e v e k i n g , Seeversicherungsrecht § 849 Anm. 8). Es mag sein, daß eine solche Schlußfolgerung nicht in allen Fällen gezogen werden kann, wo in einer Seeversicherungspolice die „direkte Kriegsgefahr" erwähnt wird, wie z . B . in der in RGZ. Bd. 9 0 S. 325 behandelten Police die Einleitung der Aufzählung der nicht mitversicherten Ausnahmefälle durch das Wort „infolgedessen" auf eine andere Auslegung hinweist. Dies ändert aber nichts an der Berechtigung der für den gegenwärtigen Spezialfall vertretenen Auslegung. 3. Die hier maßgebliche Police bezeichnet sich als eine solche „auf Güter", und als Gegenstand der Versicherung sind daselbst ausdrücklich die hier fraglichen Güter bezeichnet worden. Diese Güter sind, wie zwischen den Parteien unbestritten und audi der Entscheidung des
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Berufungsgerichts zugrunde gelegt ist, in England aus dem Dampfer „Trevalgan" ausgeladen und verkauft worden; der Erlös ist hinterlegt und späterhin auf Grund eines in England eingeleiteten prisengeriditlidien Verfahrens kondemniert worden. Das Berufungsgericht meint, es könne dahingestellt bleiben, unter welchen Umständen die Güter nach England geschafft sind und wie es zu ihrem Verkauf daselbst gekommen ist. Denn jedenfalls sei eine direkte Kriegsgefahr in dem hier maßgeblichen Sinne dadurch gegeben, daß der hinterlegte Erlös der Güter beschlagnahmt und durch ein in England erfolgtes prisengerichtliches Verfahren kondemniert sei. Der Verkauf der Ware sei nicht etwa die vermittelnde Ursache für die Kondemnation des Erlöses gewesen, vielmehr habe sidi durch den fraglichen Verkauf nur der Gegenstand der Kondemnation geändert. Diesen Ausführungen kann nicht beigetreten werden. Sie finden weder in den Spezialvorschriften des vorliegenden Versicherungsvertrags noch in den subsidiär anwendbaren Vorschriften des Handelsgesetzbuchs eine Stütze. Zwar ist nach den Grundsätzen des Seeversidierungsredits als versicherter Gegenstand nicht die Sache selbst, sondern das Interesse des Versicherungsnehmers an der Sache anzusehen (RGZ. Bd. 83 S. 168; S i e v e k i n g § 7 7 9 Anm. 15). Dies ändert aber nichts daran, daß es hier für die Frage, ob ein Versicherungsfall im Sinne der Police vorliegt oder nicht, ausschließlich auf das Sdiidcsal der versicherten Güter selbst ankommt (vgl. jedoch auch § 859 HGB.). Es ist daher, da nach der Sachlage weder ein Abandon im Sinne von Art. 38, 39 der Allgemeinen Versidierungsbedingungen für den Seetransport noch auch Kosten usw. im Sinne von § 849 Abs. 2 HGB., § 101 Abs. 2 Allg. SVB. in Frage kommen, zu prüfen, ob ein Totalverlust der Güter im Sinne von Art. 36 der gen. Allgemeinen Vereicherungsbedingungen für den Seetransport, etwa durch ihren Verkauf in England oder auf andere Weise, eingetreten und gegebenenfalls, ob dieser Totalverlust von der Beklagten zu vertreten ist. Dafür ist von maßgeblicher Bedeutung, wie die Ware nach England gekommen und d o r t zum Verkauf gebracht worden ist. 4. Die in Art. 2 der Allgemeinen Bedingungen erfolgte Freizeichnung „von Kriegsmolest" sowie von demjenigen „Schaden, welcher durch Verfügung von hoher Hand, Weg- oder Beschlagnahme seitens irgendeiner Macht oder Behörde . . . verursacht wird", geht nur so weit, als nicht die besonders vereinbarte Kriegsklausel eingreift. Anderseits fällt eine „notgedrungene Änderung der Reise" trotz der Vorschrift in Art. 1 der Allgemeinen Bedingungen dann nicht unter
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die Versicherung, wenn sie auf Kriegsmolest zurückzuführen ist, ohne daß ein Fall der „direkten Kriegsgefahr" im Sinne der mehrerwähnten Policcnklausel vorliegt. Dabei ist folgendes zu berücksichtigen. In den Urteilen des Reichsgerichts vom 16. Juni 1917 RGZ. Bd. 90 S. 327 und vom H . F e b r u a r 1917 I 167/16 ist zutreffend ausgeführt, daß in der bei Ausbruch des gegenwärtigen Krieges von der britischen Admiralität den englischen Schiffen erteilten Weisung, britische Häfen anzulaufen, eine Nehmung (Beschlagnahme, Wegnahme — hier gemeint im engeren Sinne, nicht im Sinne der durch richterliche Behörden auszusprechenden Konfiskation, Kondemnation, Einziehung) der an Bord befindlichen Güter nicht erblickt werden kann. Dies hindert aber nicht, eine solche amtliche Weisung als ein wesentliches Moment heranzuziehen bei Prüfung der Frage, ob eine — nach obigem nicht auf Beschlagnahme beschränkte — „direkte Kriegsgefahr" im Sinne der Police und ein dadurch verursachter Schade vorliegt. Ferner würde in dem Falle, wo das Schiff nicht gemäß Art. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Seetransport, sondern zur Vermeidung der Kriegsgefahr von seinem Wege nach einem neutralen Hafen abgewichen und in einen englischen Hafen eingelaufen sein sollte, zwar im Prinzip gemäß § 848 HGB. ein von der hier fraglichen Versicherung nicht gedeckter „Kriegsmolest" vorliegen. Dieses Prinzip würde aber durchbrochen sein, wenn der etwaige Kriegsmolest als „direkte Kriegsgefahr" in dem oben dargelegten Sinne anzusehen sein sollte. Dabei würde nicht nur ein direkter Zwang der britischen Behörden, sondern auch entsprediend den in der Entscheidung des Reichsgerichts vom 19. Mai 1917 I 26/17 dargelegten Grundsätzen der Fall in Betracht kommen, wo etwa das Schiff, um die Gefahr der Aufbringung (die allerdings für ein englisches Schiff in der fraglichen Gegend damals nicht besonders naheliegend gewesen sein dürfte) zu vermeiden, die Reise in den neutralen Hafen aufgegeben hat. Schließlich würde auch unter Umständen ein mit dem Kriege zusammenhängender zwangsweiser Verkauf der Güter in England von Bedeutung sein können, und zwar auch dann, wenn die Verbringung der Güter dahin für sich allein von der Versicherung nicht gededet sein sollte." . . . RGZ. 97, 318. 1. Kann bei der Seeversicherung der Beweis des Totalverlustes nur durch urkundliche Belege gefuhrt werden? 2. Zur Frage der Zahlungspflidit des Seeversicherers, wenn eine gekaufte Ware total verloren geht, ehe der versicherte Kaufer, z.B. infolge Zahlungsverbots, den Kaufpreis entrichten kann.
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HGB. §§ 882, 884, 858; Allg. SVB. §§ 144, 146, 113. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 22. Dezember 1919.
1. Landgeridit Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit daselbst.
Die Klägerin hat bei den Beklagten für Rechnung wen es angeht 748 Ballen Baumwolle, die im Sommer 1914 mit dem Dampfer Lautenfels von Indien nadi Hamburg verschifft wurden, gegen Kriegs- und Seegefahr versichert. Der Dampfer lief bei Ausbruch des Krieges P o r t Said an. Von den Engländern wurde er gezwungen, diesen Hafen zu verlassen; er wurde dann nach Alexandrien aufgebracht. Hier ordnete der englische Supreme Court an, daß die Ladung nach einem englischen Hafen zu verbringen sei und die englischen Behörden über sie durch Verkauf oder anderweitig verfügen dürften, der Erlös aber zu hinterlegen sei. Die Klägerin behauptet, daß sie Eigentümerin der Baumwolle sei. Sie habe sie von der Firma F. C. & Co. gekauft, habe die Konnossemente erhalten und Zahlung durch die Londoner Firma R. & Sons geleistet. Die Ware sei von den englischen Behörden verkauft worden. Die Klägerin verlangt Zahlung der Versicherungssumme, da Totalverlust vorliege. Die Beklagten bestreiten, daß die Klägerin Eigentum an der Ware durch Kauf erlangt habe; sie sei vielmehr nur Vermittlerin gewesen. Sie bestreiten weiter, daß die Ware in England verkauft worden sei und Totalverlust vorliege. Sie behaupten endlich, daß, auch wenn Totalverlust vorliege, die Klägerin keinen Schaden erlitten habe, da sie den Kaufpreis nicht gezahlt habe. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Auch die Revision blieb erfolglos. Gründe: „Das angefochtene Urteil hat zunächst angenommen, daß die Klägerin als Eigentümerin der 748 Ballen Baumwolle nachgewiesen sei; zum mindesten habe sie durch Übergabe der Konnossemente das Recht zur freien Verfügung über die Ware erhalten, was nach § 146 Nr. 1 Allg. SVB. zum Nachweise des Interesses, also der Legitimation zur Erhebung des Versicherungsanspruchs, genüge. Gegen diese Ausführungen sind rechtliche Bedenken nicht zu erheben; sie sind auch von der Revision nicht angefochten worden. Weiter hat das Berufungsgericht angenommen, daß die versicherte Ware von den englischen Behörden verkauft und dadurch der Klägerin
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ohne Aussidit auf Wiedererlangung verlorengegangen sei, so daß der Versicherungsfall vorliege. Es ist im einzelnen dargelegt, daß durch den Spruch des Supreme Court in Alexandrien zwar die Ware nicht kondemniert, wohl aber die englischen Behörden zum Verkauf derselben ermächtigt seien, und daß danach unter Berücksichtigung des audi bei den Feinden Deutschlands herrschenden Mangels an Baumwolle durchaus angenommen werden müsse, daß die englischen Behörden von jener Befugnis Gebrauch gemacht und die Ware tatsächlich verkauft hätten. Diese Sdilußfolgerung des Berufungsgerichts ist an sich rein tatsächlicher Natur und also in der Revisionsinstanz nicht nachzuprüfen; zivilprozeßreditliche Beweisregeln sind nicht verletzt worden. Es kann sich nur darum handeln, ob, wie die Revision rügt, nidit beachtet worden ist, daß nach §§ 144, 146 Allg. SVB. der Versicherungsfall durch urkundliche Belege darzutun ist, und zwar durch solche Belege, die im Handelsverkehr nicht beanstandet zu werden pflegen. Die Revision meint, dieser Vorschrift sei nicht Genüge getan, da durch urkundliche Belege nur die Ermächtigung zum Verkauf dargetan sei, die wirkliche Vornahme des Verkaufs aber allein aus der wirtschaftlichen Lage der Engländer und ihrer Verbündeten geschlossen werde. Dieser Ausführung der Revision kann nicht beigetreten werden. Im § 146 ist ausgesprochen, daß als Beleg in Kondemnationsfällen insbesondere das Erkenntnis des Prisengerichts genüge. Die Bestimmung fordert, wie ihr Wortlaut ergibt, nicht die Beibringung des Prisenurteils als unerläßliche Bedingung; es ist vielmehr nur ausgesprochen, daß das Prisenurteil jedenfalls genüge. N u n hat das Reichsgericht bereits mehrfach dargelegt, daß während des Krieges an die Notwendigkeit der Beibringung von Belegen nicht derselbe Maßstab gelegt werden kann, wie im Frieden. Im Kriege sind solche Belege in vielen Fällen schlechterdings nicht zu erhalten. Weiter ist bereits darauf hingewiesen worden, daß Anschauungen des Handelsverkehrs darüber, welche Belege in Kriegszeiten genügen, sich nicht gebildet haben. Alles dies zwingt dazu, die Bestimmungen des § 146 nicht so, wie in Friedenszeiten, sondern analog und sinngemäß anzuwenden. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die richterliche Überzeugung, ob ein Versicherungsfall vorliegt, des genügenden Anhalts an feststehenden tatsächlichen Umständen nicht entbehren darf. Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen. Die Ermächtigung zum Verkauf ist urkundlich belegt. Daß auch die Gegner Deutschlands vielfach erheblichen Mangel an Baumwolle gelitten haben, ist allgemein bekannt. Wenn das Berufungsgericht daraus den Schluß gezogen hat, daß die
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streitige Baumwolle verkauft ist, so ist dieser Schluß nicht so unsicher, daß sich sagen läßt, ihm fehle die genügende tatsächliche Grundlage. Die Beklagte h a t t e Beweis dafür angetreten, daß die Engländer keinerlei Ware ohne prisengerichtliches Urteil verkauft und daß sie vielfach deutsche Ware noch bis in die jüngste Zeit bewahrt haben. Die Übergehung dieses Beweisantrags wird v o n der Revision gerügt. Allein in überzeugender Weise hat das Berufungsgericht hervorgehoben, daß das auf andere Ware zutreffen mag, aber nicht auf Ware, die so dringend benötigt wurde wie Baumwolle. Auf letzteres richtete sich denn audi die Beweisantretung nicht. Daß der Verkauf nicht vor Erlaß eines Kondemnationsurteils vorgenommen worden ist, ist damit durchaus vereinbar. Nach allem kann nicht angenommen werden, daß das Berufungsgericht an die Verpflichtung des Versicherten zur Beibringung urkundlicher Belege im vorliegenden Falle zu geringe Anforderungen gestellt hat. Des weiteren rügt die Revision, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, daß der Klägerin ein Schaden nidit entstanden sei. Die Behauptungen der Beklagten gingen dahin, daß, wenn der Verkauf der Ware vorgenommen sein sollte, der Erlös hinterlegt worden sei. Da nun die Klägerin ihre Londoner Bankiers R. & Sons, die die Konnossemente bezahlt hätten, nicht abgedeckt habe, so würde sie, wenn ihr jetzt die Klagsumme zugesprochen werde, den Wert der Ware zweimal erhalten, nämlich einmal aus dem in England hinterlegten Erlös und zweitens von den Versicherern. Das sei unzulässig. Audi diese Einrede geht fehl. Das Grundprinzip des Totalverlustes ist, daß der Versicherer den Versicherungswert zu zahlen hat, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist. Das ist im § 113 Allg. SVB. klar und deutliche ausgesprochen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist in diesen Bedingungen nicht vorgesehen. Gegen Zahlung gehen die dem Versicherten in betreff des versicherten Gegenstandes zustehenden Rechte nach § 114 auf den Versicherer über. Damit ist Vorsorge getroffen, daß der Versicherte nicht etwa, wenn die Ware wieder greifbar werden sollte, diese zu der Versicherungssumme hinzu erhält. Deshalb wird der Versicherte, wenn an die Stelle der Ware ein Verkaufserlös getreten ist, seine Rechte auf diesen abzutreten haben (vgl. L u t z , Protokolle Bd. 8, 9 S. 4385 flg.). O b solche Abtretung zur vollen Höhe zu erfolgen hat, wenn der Erlös die Versicherungssumme übersteigt, ist hier nicht zu entscheiden. Eine Bereicherung des Versicherten kann auf diese Weise nie erfolgen, wie ein Erörterung der möglichen Fälle ergibt.
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Entweder der Erlös ist hinterlegt und bleibt zugunsten des Berechtigten hinterlegt. Dann hat der Anspruch auf diesen Erlös von der Klägerin auf die Beklagten nadi § 114 Allg. SVB. überzugehen, so daß die Klägerin nicht in den Besitz des Erlöses gelangen wird. Die Klägerin wird sich ihrerseits demnächst mit R. & Sons, die den Kaufpreis durch Einlösung der Dokumente bezahlt und diese letzteren der Klägerin übersandt haben, auseinanderzusetzen haben. Im Endergebnis kann also eine Bereicherung der Klägerin auf Kosten der Beklagten nicht eintreten. Allerdings gelangt die Klägerin in den Besitz der Versicherungssumme früher, als sie an R. Zahlung leisten kann; das ist ohne weiteres zuzugeben. Diese Erwägung hat in dem Urteil RGZ. Bd. S8 S. 243 — es lag damals ein Abandon mit nachfolgender Kondemnation vor — zu der Entscheidung geführt, daß die Versicherungsgesellschaft in solchem Falle nicht schon zur Zahlung, sondern nur zur Sicherheitsleistung für die Versicherungssumme zu verurteilen sei. Richtig ist, daß damit den berechtigten Interessen des Versicherten Genüge getan sein würde. Gleichwohl kann jene Beurteilung einer solchen Sachlage nicht im vollen Umfange aufrechterhalten werden. Grundsätzlich hat vielmehr die Versicherungsgesellschaft auch in einem solchen Falle Zahlung zu leisten, nicht nur Sicherheit zu stellen. Das ergibt sich aus den Allg. Seeversicherungsbedingungen. Nach diesen zieht sowohl der Abandon ( § 1 1 6 ) als auch der Totalverlust ( § 1 1 3 ) die Verpflichtung zur Zahlung als Rechtsfolge nach sich. Für den Fall, daß ein Abandon vorliegt und daß der versicherte Gegenstand mit gewissen dinglichen Rechten Dritter belastet ist, ist zugunsten der Versicherer eine Ausnahmebestimmung getroffen; in solchem Falle haben zwar die Versicherer ebenfalls Zahlung zu leisten, aber der Versicherte hat ihnen wegen der genannten dinglichen Rechte Gewähr zu leisten. Eine weitere Ausnahme ist in den Allg. Seeversicherungsbedingungen weder für den Fall des Totalverlustes noch für den des Abandons bestimmt. Die Bedingungen haben also keine Vorsorge für den Fall getroffen, daß der Versicherte infolge von Totalverlust oder Abandon früher einen fälligen Anspruch gegen den Versicherer erlangt, als ihn durch den Versicherungsfall ein wirklicher Kapitalverlust trifft. Es wird nicht daran festgehalten, daß damit eine Lücke in den vertraglichen Bestimmungen gegeben ist, die, wie im Urteil Bd. 88 S. 243 geschehen, ergänzt werden müßte. Vielmehr ist es durchaus möglich, daß die Versicherer das in solchem Falle für sie entstehende Risiko, das für Friedenszeiten kaum erheblich ist, haben auf sich nehmen wollen. Das ist um so mehr anzunehmen, als a u d i in den neuen Allgemeinen deutschen Seeversicherungsbedingungen § § 7 1 ,
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72 flg. keine Bestimmung getroffen ist, die die sofortige Zahlung in derartigen Fällen ausschließt, obwohl doch die im Kriege gemachten Erfahrungen die Aufnahme einer solchen Bestimmung hätten nahelegen können. Danach ergibt sich also, daß auch für den Fall der Hinterlegung des Verkaufserlöses die Beklagten nach der grundsätzlichen in den Allg. Seeversicherungsbedingungen getroffenen Regelung Zahlung zu leisten haben. Gewährleistung der Klägerin — einerlei, ob solche für den Fall des Totalverlustes überhaupt jemals sollte verlangt werden können oder nicht — kommt im vorliegenden Streifalle nicht in Frage, da die Beklagten nicht behauptet haben, daß der Firma R. & Sons dingliche Rechte an der Ware zugestanden hätten; dies ist auch kaum anzunehmen, da die Firma ja die Konnossemente an die Klägerin übersandt hat. Die zweite Möglichkeit ist, daß der Erlös der Ware von den englischen Behörden an R. & Sons ausgekehrt ist. Die Beklagten suchen auszuführen, daß dann von einem durch den Totalverlust verursachten Schaden der Klägerin nicht die Rede sein könne, da die Klägerin ihrer Schuld gegenüber R. & Sons auf Ersatz des von diesen gezahlten Kaufpreises ledig geworden sei. Man könnte auch daran denken, daß den Beklagten solchenfalls eine Zurückbehaltungseinrede zustehe, weil die Klägerin einen Anspruch auf den an die Stelle der Ware getretenen Erlös nicht mehr abtreten könne. Nach Lage des Streitfalles muß dahingestellt bleiben, ob eine dieser Einwendungen rechtlich zum Ziele führen könnte; denn unter jeder möglichen Konstruktion wären die Beklagten dafür beweispflichtig, daß der Erlös tatsächlich an R. & Sons ausgekehrt worden ist. Diesen Beweis haben sie, wie die Revision zugibt, nidit angetreten. Die Revision meint, ein solcher Beweis hätte nicht angetreten werden können, weil die Beklagten in erster Linie auf dem Standpunkte stehen, daß die Ware nicht verkauft und ein Erlös also nicht vorhanden sei. Dem ist jedoch nicht beizutreten. Es war prozessual durchaus zulässig, hilfsweise zu behaupten und unter Beweis zu stellen, daß, wenn durch Verkauf der Ware ein Erlös erzielt sein sollte, dieser an R. & Sons gezahlt sei. Dies ist nicht geschehen." RGZ.98, 168. Inwiefern ist der Versicherer nach den Allgemeinen Seeversichernngsbedingungen von 1867 beim Versichererabandon über die Versicherungssumme hinaus verpflichtet? Allg. SVB. §§ 92, 93. HGB. §§ 840, 841.
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I.Zivilsenat.
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Urt. v. 2 1 . Februar 1 9 2 0 .
I. Landgericht Hamburg, K a m m e r f. Handelssachen. —
II. Oberlandesgeridit
daszlbst.
Ein der Klägerin gehöriger Dampfer geriet auf einer Ballastreise bei O x e l ö s u n d auf Grund. Durch Bergungsdampfer wurde er abgebracht und in beschädigtem Zustande in den Hafen eingeschleppt. Er war bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften, zu denen die Beklagte geh ö r t , nach den Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen versichert. D i e beteiligten Kaskoversicherer gaben am 1. Februar 1 9 1 7 gemäß § 9 3 Abs. 1 Allg. S V B . der Klägerin die Erklärung ab, daß sie ihr die volle Versicherungssumme bezahlten und den Dampfer überließen, wogegen sie, die Versicherer, von allen weiteren Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsvertrage befreit seien. Die Zahlung der Versicherungssumme ist erfolgt. Die Klägerin behauptet aber trotzdem, nach § 9 3 Abs. 4 Allg. S V B . wegen der ihr erwachsenen Rettungskosten und der K o s t e n einer vorläufigen Instandsetzung des Dampfers Rechte gegen die Versicherer behalten zu haben. Für die Rettungskosten übernahm sie kurz v o r der Abandonerklärung der Versicherer vom 1. Februar 1 9 1 7 gegenüber den R e t t e r n die persönliche Haftung. M i t der Klage nimmt sie wegen der K o s t e n der Rettung und der vorläufigen Instandsetzung die Beklagte im Verhältnis ihres Anteils an der Kaskoversicherung in Anspruch. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, daß die fraglichen K o s t e n neben der bereits bezahlten Versicherungssumme nicht beansprucht werden k ö n n t e n . Das Landgericht gab der Klage teilweise statt. Das Berufungsgericht wies die Klage gänzlich ab. Die Revision der Klägerin h a t t e keinen Erfolg. Gründe: ,,Der v o m sog. Versichererabandon handelnde § 93 der Allg. S V B . (siehe auch § 8 4 1 H G B . ) will die an sich aus dem Versicherungsverträge folgende Haftpflicht des Versicherers in einem bestimmten Umfange mildern, nicht aber eine weitere selbständige Verpflichtung desselben begründen. Dies ergibt sich klar aus dem Wortlaut von § 93 Abs. 1 und 4 Allg. S V B . (§ 841 Abs. 1 und 4 HGB.), wo es heißt: „Der V e r sicherer ist . . . berechtigt, durch Zahlung der vollen Versicherungssumme von allen weiteren Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsverträge sich zu b e f r e i e n " und „Ungeachtet der Zahlung der Versicherungssumme bleibt der Versicherer . . . verpflichtet." Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß nach Zahlung der Versicherungssumme für den Versicherer zufolge § 9 3 Abs. 4 nur noch solche Verbindlichkeiten in
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Frage kommen, welche ihm audi ohne diese Zahlung (Versichercrabandon) über den Betrag der Versicherungssumme hinaus obgelegen hätten, da nur solche als „weitere" Verbindlichkeiten bezeichnet werden können, von denen sich der Versicherer mit jener Zahlung „befreite" und hinsichtlich deren er „ungeaditet der Zahlung der Versicherungssumme" verpflichtet „bleibt". Nun sind die Fälle, wo von dem das Seeversicherungsrecht beherrschenden Grundsatze, daß der Versicherer nur bis zur Höhe der Versicherungssumme haftet (§ 92 Abs. 1 Allg. SVB., § 840 Abs. 1 HGB.), abgewichen ist, ausschließlich in § 92 Abs. 2 und 3 Allg. SVB. behandelt (siehe übrigens auch § 840 Abs. 2 und 3 HGB.). Und zwar kommt hier, wo ein „neuer" Unfall im Sinne von § 92 Abs. 3 nicht in Frage steht, nur die Vorschrift in § 92 Abs. 2 zur Anwendung. Wie in der Entscheidung vom 11. Oktober 1919 I 53/19 (RGZ. Bd. 96 S. 316) eingehend dargelegt ist, bezieht sich die in § 92 Abs. 2 vorgeschriebene Haftung des Versicherers über die Versicherungssumme hinaus nicht auf die in § 84 Nr. 1 und 2 (§ 834 Nr. 1 und 2 HGB.) behandelten Fälle, d. h. auf die Beiträge zur großen Haverei und ihnen gleichgestellte Aufwendungen. Daraus folgt nach obigem, daß solche Rettungskosten, welche in großer Haverei zu verteilen oder entsprechend zu behandeln sind, nicht zu denjenigen Kosten gehören, zu deren Ersatz der Versicherer nach § 93 Abs. 4 ungeachtet der Zahlung der Versicherungssumme verpflichtet bleibt. Dementsprechend ist der Klaganspruch hinfällig, soweit er auf Bezahlung von Rettungskosten gerichtet ist, da diese hier zur großen Haverei gehören würden, wenn das Schiff nicht in Ballast gefahren wäre, sondern Güter anderer Personen als des Reeders an Bord gehabt hätte (§ 84 Nr. 2). Nach dem Tatbestande des Berufungsurteils und der dort in Bezug genommenen Dispache nebst Verklarung ist der eigentliche Bergungsvertrag vom Schiffer oder mit seinem Wissen und Willen geschlossen worden; die Rettungskosten sind also „von dem Schiffer oder auf dessen Geheiß" im Sinne von § 700 HGB. aufgewendet worden. Die Rettungsmaßnahmen haben Erfolg gehabt und auch im übrigen sind, wie unbestritten ist, die Voraussetzungen von § 700 gegeben. Daß wegen der genannten Rettungskosten ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht daraus hergeleitet werden kann, daß sich die Klägerin für diese Kosten nachträglich den Rettern gegenüber persönlich verpflichtet hat, ist von den Vorinstanzen zutreffend ausgeführt und von der Revision nicht weiter bemängelt worden. Hinsichtlich der Kosten der vorläufigen Reparatur des Schiffs ist folgendes zu bemerken. Sollten diese Kosten zufolge §§ 700, 706 Nr. 4
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HGB. zur großen Haverei gehören, so würden sie nadi obigem von der Vorschrift in § 93 Abs. 4 Allg. SVB. nicht betroffen werden. Das Berufungsgeridit hat unentsdiieden gelassen, ob solches der Fall gewesen ist oder ob die Kosten der vorläufigen Reparatur zur „Wiederherstellung" des Schiffes überhaupt aufgewendet seien, da audi im letzteren Falle eine besondere Vergütung dieser Kosten neben der Versicherungssumme von der Klägerin nicht beansprucht werden könne. Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Den vorstehenden Darlegungen entsprechend sind unter den in § 93 Abs. 4 Allg. SVB. aufgeführten „Kosten, welche auf die . . . Wiederherstellung der versicherten Sachen verwendet sind", nicht alle Kosten der bezeichneten Art zu verstehen, sondern nur solche, welche der Versicherer auch ohne den Versichererabandon über die Versicherungssumme hinaus erstatten müßte. Dazu gehören Kosten der „Wiederherstellung der versicherten Sachen" nur dann, wenn auf sie der § 92 Abs. 3 anwendbar ist, d. h. wenn die Kosten zur Wiederherstellung der durch einen Unfall beschädigten Sache aufgewendet sind und nun ein neuer, von der Versicherung gedeckter Unfall die Sache betrifft (§ 92 Abs. 2 umfaßt die fraglichen Wiederherstellungskosten nidit). Hier dagegen, wo nur ein einziger Unfall in Betracht kommt, scheiden die Spezialvorschriften des § 92 Abs. 3 völlig aus. Die Wiederherstellungskosten würden ohne den Versidiererabandon nur im Rahmen der Versicherungssumme gemäß § 92 Abs. 1 zu vergüten sein und sind daher auch nidit nadi § 93 Abs. 4 neben der Versicherungssumme besonders zu erstatten." RCZ. 100, 216. Hat ein Versicherer, der wegen Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers nach den Allg. Seeversicherungsbedingungen von 1867 § 1 6 0 Abs. 2 die Versicherung für erloschen erklärt hat, trotzdem einen Anspruch auf Prämienzahlung für die nadi dem Tage des Erlöschens der Versicherung liegende Versidierungszeit? I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 13. November 1920. 1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit daselbst.
Die Beklagte hat im Jahre 1914 mehrere Dampfer bei verschiedenen Versicherern wegen des Kaskos auf bestimmte kalendermäßig angegebene Zeit versichert. Das Vertragsverhältnis ist vereinbarungsgemäß nach den Allg. SVB. von 1867 zu beurteilen. Es ist eine Versicherungsprämie von 9 */o vereinbart, „davon 2 1 /i°/o per 10. Juni, 2 1 /i°/o per
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10. September, 2 1 /i °'o per 10. Dezember 1914, 2 ' i °/o per 10. März 1915". Im November 1914 ist die Beklagte zahlungsunfähig geworden. Infolgedessen ersuchten die Versicherer durch das Schreiben vom 30. November 1914 gemäß § 160 Allg. SVB. die Beklagte um Zahlung der rüdeständigen Prämien oder genügende Sicherstellung binnen einer bestimmten Frist und erklärten nadi fruchtlosem Ablaufe dieser Frist die Versicherungen für erloschen. Die Prämien sind bis zum Tage des Erlöschens der Versicherungen, dem 2. November 1914, bezahlt. Der Kläger verlangt als Zessionar der Versicherer die Restprämie bis zum Ablauf der Versicherungszeit. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht gab ihr statt. Die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Wie bereits in RGZ. Bd. 95 S. 227 erwähnt ist, kennen die hier maßgeblichen Allg. SVB. keinen Grundsatz dahin, daß der Versicherer für die Zeit, während welcher eine Gefahrtragung und damit die Möglichkeit einer Leistung aus dem Versicherungsvertrage für ihn nicht besteht, audi eine Versicherungsprämie nicht zu beanspruchen habe. Vielmehr sind für diesen Fall in den §§ 154 flg. besondere und eigenartige Bestimmungen getroffen. Danach kann u. a. selbst dann, wenn die versicherte Sachc ohne Zutun des Versicherten der von dem Versicherer übernommenen Gefahr überhaupt nicht ausgesetzt wird, die Versicherungsprämie nur teilweise seitens des Versicherten zurückgefordert oder einbehalten werden, nämlich „bis auf eine dem Versicherer gebührende Vergütung" (§ 154 Abs. 1 Allg. SVB., § 894 Abs. 1 HGB.). Aber auch diese beschränkte Rüdeforderung oder Einbehaltung der Versicherungsprämie findet nicht statt, wenn die Gefahr für den Versicherer, sei es audi für noch so kurze Zeit, bereits zu laufen begonnen hat (§ 157 Allg. SVB., § 897 HGB.). Der in diesen Vorschriften zum Ausdruck gebrachte Gedanke, daß der Abschluß des Versicherungsvertrags an sich dem Versidierer einen Anspruch auf die ganze Prämie oder einen Teil derselben selbst dann gibt, wenn für ihn eine in der Gefahrtragung bestehende Gegenleistung nicht in Frage kommt, ist nicht nur dem Seeversidierungsredite, sondern dem Versidierungsredit überhaupt eigentümlich. So ist z.B. in den im VersVG. § 38 Abs. 1 und § 39 Satz 1 und 2 geregelten Fällen der Versicherer „von der Verpflichtung zur Leistung frei", ohne daß dadurch das Versicherungsvertragsverhältnis an sich, insbesondere die Verpflichtung des Versicherten
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zur Zahlung der Prämie, berührt wird (vgl. G e r h a r d - M a n e s , VersVG. § 38 Anm. 6, 7, § 39 Anm. 11 Abs. 3). Übrigens findet sich ein ähnlicher Grundsatz audi in den neuen Allg. Deutschen Seeversidierungsbedingungen von 1919, wo für den in § 17 Satz 1 vorgesehenen Fall bestimmt ist, daß der Versicherer trotz Bestehens des Versicherungsvertrags und der Pflicht des Versicherten zur Prämienzahlung „von der Verpflichtung zur Leistung frei" ist. Dabei wird in den eben erwähnten Vorschriften diese Befreiung des Versicherers von seiner Leistungspflicht ausdrücklich unterschieden von der „Kündigung" des Versicherungsverhältnisses, d. h. der für beide Teile wirksamen Vertragsaufhebung (§ 38 Abs. 2 VersVG., § 17 Satz 2 Allg. DSVB.). Aber auch diese Kündigung schließt nicht aus, daß der Versicherer die Prämie oder einen Teil derselben zu beanspruchen hat für einen Zeitraum, während dessen er keinerlei Gefahr trägt ( H ä g e r - B r u c k VersVG. § 40 Anm. 2, 3; G e r h a r d - M a n e s § 40 Anm. 3; § 17 letzter Satz Allg. DSVB.). Entspricht somit die Möglichkeit der Befreiung des Versicherers von seiner Leistungspflicht trotz gänzlichen oder teilweisen Bestehenbleibens seines Anspruchs auf Prämienzahlung einem Grundgedanken des Versicherungsrechts, so ist der weitere Grundsatz von der Unteilbarkeit der Gefahr jedenfalls in den Allg. SVB. von 1867 klar zum Ausdruck gekommen. Denn wenn es dort in § 157 (vgl. auch § 897 HGB.) heißt: „Ein Ristorno findet nicht statt, wenn die Gefahr für den Versicherer bereits zu laufen begonnen hat", so will das besagen: sobald auf Grund des Versicherungsvertrags die Gefahrtragung für den Versicherer eingetreten ist, hat der Versicherer grundsätzlich den Anspruch auf die ganze vertragsmäßige Prämie, also wenn es sich, wie hier, um eine Zeitversicherung handelt, füT den im Vertrage ausdrücklich vorgesehenen Zeitraum, und zwar auch dann, wenn schon vorher die Gefahrtragung für den Versicherer fortgefallen ist. Dafür, daß dies — wie aus den Ausführungen bei V o i g t , Seeversicherungsrecht § 160 S. 795 vielleicht entnommen werden könnte — nur für die zur Zeit der Beendigung der Gefahrtragung des Versicherers bereits fälligen Prämien gilt, geben die Allg. SVB. keinen Anhalt. Vielmehr weist die Vorschrift in § 154 Abs. 1, daß der Ristorno nicht nur die bezahlte, sondern auch die „einbehaltene" Prämie umfaßt, darauf hin, daß der § 157 sich auf die ganze vertragsmäßige Prämie bezieht, einerlei, ob sie bei dem Erlöschen der fraglichen Gefahrtragung bereits fällig war oder nicht. Diese Grundsätze sind bei Auslegung der hier maßgeblichen Vorschriften des § 160 Abs. 2 nicht außer acht zu lassen. Danach kann es jiicht zweifelhaft sein, daß in bestimmter Absicht nach § 160 Abs. 2 VcrslcbenuigsTcrtragsgesetx 1(1
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dem Versicherer bei Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers anders geartete Rechte eingeräumt sind als in § 1 6 0 Abs. 1 dem V e r sicherten bei Zahlungsunfähigkeit des Versicherers. Insbesondere bedeutet die in § 160 Abs. 1 dem Versicherten zugebilligte Erklärung „von dem Vertrage zurückzutreten" etwas anderes als die im § 1 6 0 Abs. 2 erwähnte Befugnis des Versicherers, die „Versicherungen für erloschen zu erklären". Diesem „Erlöschen" der Versicherung steht gegenüber der in § 1 6 0 Abs. 2 a. E. erwähnte Fall, daß die Versicherung „in Wirksamkeit b l e i b t " . In beiden Fällen ist nach Sachlage unter „ V e r sicherung" nicht das ganze Versidierungsvertragsverhältnis, sondern nur die in der Haftpflicht des Versicherers beruhende „Sicherung" des Versicherungsnehmers zu verstehen, deren Erlöschen hier wie in anderen oben erwähnten Fällen des Versicherungsrechts die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung der vertragsmäßigen Prämien nicht berührt. Dabei ist es, entsprechend dem in § 157 zum Ausdruck gekommenen Grundsatz von der Unteilbarkeit der Gefahr, ohne Bedeutung, ob zur Zeit des Erlöschens der Gefahrtragung die Prämie bereits fällig war oder nicht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob hier, wo in den maßgeblichen Policen eine Prämie von 9 °/o der Versicherungssumme für die vereinbarte Versicherungszeit ausbedungen ist, der Zusatz: davon 214 % per 10. Juni 1914, 2 % °/o per 10. September 1 9 1 4 , 2 4 ° / O per 1 0 . Dezember 1 9 1 4 , 2 % °/o per 1 0 . März 1 9 1 5 , nur einen schriftlichen Hinweis auf die im gewöhnlichen Gange des Geschäfts für die Berichtigung der Prämien üblichen Termine im Sinne des § 59 Abs. 2 bedeutet und daher gmäß § 59 Abs. 1 (vgl. auch § 812 HGB.) an der sofortigen Fälligkeit der ganzen Jahresprämie nichts ändert, oder o b darin eine besondere Vereinbarung zu erblicken ist, durch welche unter Ausschluß der sofortigen Fälligkeit der Prämie bestimmte Termine für eine ratenweise Zahlung festgesetzt sind. 1
R G Z . 109, 363. Zur Frage der Schadensfeststellung nach den Allgemeinen Deut' sehen Secversicherungsbedingungen von 1 9 1 9 (ADSVB.). § § 4 0 , 9 3 , 74 ADSVB. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 2 0 . Dezember 1924.
1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. —
II. Oberlandesgericht daselbst·
Die Firma Alfred R. & Co., Hamburg hat mit den beklagten V e r sicherungsgesellschaften „für Rechnung wen es angeht" eine laufende Seeversicherungspolice für das Jahr 1921 über Kakaobohnen für Reisen.
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von Bahia nach Hamburg geschlossen. Auf Grund dieser Police sind Einzelpolicen für die Klägerin ausgestellt worden, u. a. am 12. Januar 1921 über 2 0 0 0 Sadc Kakao im Dampfer „Belgier" und am 2 4 . Januar 1921 über 2 0 0 0 Sadc Kakao im Dampfer „Lalande". Beide Sendungen sind teilweise durch Seewasser beschädigt in Hamburg eingetroffen. Im Dampfer „Belgier" waren 4 6 7 , im Dampfer „Lalande" 3 0 6 Sadc beschädigt. Die Klägerin behauptet, die beschädigte WaTe sei zum Zwedce der Schadensfeststellung von der Firma R. & W. in Hamburg öffentlich versteigert worden. Die so erzielten Nettoerlöse legte die Klägerin ihrer Schadensberechnung zugrunde und verlangte im Klagewege von den Beklagten die Regelung des Schadens. Für das Rechtsverhältnis der Parteien sind die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1 9 1 9 maßgebend. Die Beklagten bestreiten die Klagansprüche dem Grunde und der Höhe nach. Sie berufen sich darauf, daß die Klägerin den ihr nach § § 4 0 , 74 und 93 ADSVB. obliegenden Verpflichtungen nicht nachgekommen und deshalb eine Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Versicherungsschäden nicht gegeben sei. Das Landgericht gab der Klage im wesentlichen statt. Das O b e r landesgericht wies sie ab. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Gründe: 1. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf eine bei den Beklagten genommene laufende Seeversicherungspolice. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind auf Grund dieser Police vor dem streitigen Schadensfall bereits zwei Sdiadensfälle zugunsten der Klägerin reguliert worden. Dabei ist im ersten Fall zwischen dem Versicherungsmakler der Klägerin einerseits und dem Vertreter der Beklagten anderseits die Vereinbarung getroffen worden, daß die Firma R . & W . in Hamburg als Sachverständige die beschädigte Ware besichtigen und den Schaden feststellen sollte. Auf Grund dieser Feststellung ist die Regulierung erfolgt. Im zweiten Falle ist in derselben Weise ohne besondere V e r einbarung der Parteien verfahren worden. Die Klägerin hat nun in den Vorinstanzen unter Antritt vom Sachverständigenbeweis behauptet, es sei — und zwar auch bei grundsätzlicher Anwendung der Allgemeinen Deutschen Seeversichcrungsbedingungen — an der Hamburger Assekuranzbörse feststehender Handelsgebrauch, daß die Anweisung, die bei Andienung des ersten Schadensfalls auf Grund einer laufenden Police von den Versidierern 14*
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dem Versicherungsmakler darüber erteilt wird, durch wen der Schaden festgestellt werden soll, ohne weiteres f ü r alle späteren, durch dieselbe laufende Police gedeckten Schadensfälle verbindlich sei. Sollte diese Angabe der Klägerin zutreffen, so wäre hier der streitige Schaden nicht an der Hand d e r Vorschriften in § 74 ADSVB., sondern allein und ausschlaggebend durch die Firma R. & W. festzustellen gewesen. Des weiteren hat die Klägerin durch die Berufung auf die Aussage des Zeugen W . mit genügender Deutlichkeit ihren Standpunkt vor dem Berufungsgericht dahin geltend gemacht, daß der in der angegebenen Weise für die Schadensermittlung zuständige Sachverständige verkehrsüblich auch den Versicherern gegenüber berechtigt sei, o h n e weitere Anzeige an diese zur öffentlichen Versteigerung der beschädigten Ware zu sdireiten, w e n n seiner Ansicht nach nur auf diesem Wege eine ordnungsmäßige Schadensermittlung möglich oder aus einem anderen G r u n d e die öffentliche Versteigerung sadidienlich war. Sollte dies richtig sein, so würden die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht ausreichen, um jeden Ansprudi d e r Klägerin auf Abgeltung des Versicherungsschadens ohne weiteres als hinfällig erscheinen zu lassen. D e n n daß die Firma R. Sc W. die von ihr vollzogene öffentliche Versteigerung als das einzige Mittel zur Feststellung des Sdiadens ansah und diese Versteigerung nach Lage der Sadie für gerechtfertigt hielt, h a t der Zeuge W. mit klaren W o r t e n bezeugt. 2. Eine andere Frage ist, ob nicht die Klägerin auch solchenfalls, sei es selbst, sei es durch ihren Assekuranzmakler W. F. S. den Beklagten als Versicherern von Zeit und O r t der Versteigerung so rechtzeitig h ä t t e Mitteilung machen müssen, daß sie sich an der Versteigerung beteiligen k o n n t e n . Es liegt auf der Hand, daß die Versicherer regelmäßig ein berechtigtes Interesse daran haben, in der Lage zu sein, die Art und Durchführung der Versteigerung überwachen und gegebenenfalls selbst mittelbar oder unmittelbar mitbieten zu k ö n n e n . Auf diesem Wege k a n n sehr wohl eine Verringerung des von den Versicherern zu tragenden Schadens herbeigeführt werden. Die auf der Versicherungst r e u e beruhende Pflicht des Versicherungsnehmers, zur Verringerung des Versicherungsschadens möglichst beizutragen, besteht aber auch noch während der Schadensliquidation. Erfordert diese Pflicht grundsätzlich die rechtzeitige Benachrichtigung der Versicherer von O r t und Zeit der Versteigerung durch den Versicherungsnehmer, so k a n n er sich bei Unterlassung jener Benachrichtigung nicht darauf berufen, daß er zwar v o n der beabsichtigten Versteigerung rechtzeitig erfahren, aber diese seinerseits nicht verlangt und betrieben habe, oder daß der zum
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öffentlichen Verkaufe befugte Versteigerer — hier die Firma R. & W. — seinerseits zu einer Anzeige an die Versicherer nidit verpflichtet gewesen sei, oder daß er alles einer von ihm beauftragten zuverlässigen Assekuranzfirma überlassen habe. Vielmehr hat solchenfalls die Klägerin für den Schaden einzustehen, den die Beklagten dadurch erlitten haben, daß die der Klägerin an sidi mögliche und zumutbare gehörige Benachrichtigung der Beklagten von der Versteigerung unterblieben ist. In ähnlicher Weise würde die Klägerin dafür aufzukommen haben, wenn die in § 4 0 ADSVB. vorgesehene unverzügliche Anzeige des Versicherungsfalls unterblieben ist. Dies allein steht aber dem grundsätzlichen Versicherungsanspruch der Klägerin als solchem nicht im Wege. 3. Anderseits kann nur teilweise den Ausführungen gefolgt werden, die von der Revision für den Fall gemacht sind, daß die oben erwähnten Hamburger Handelsgewohnheiten nicht in Betracht kommen sollten. Nadi § 9 i Abs. 2, § 74 Abs. 2 bis 10 ADSVB. ist in Schadensfällen der fraglichen Art für die Feststellung der Schadenshöhe ein besonders geregeltes Verfahren vorgeschrieben. Ist die so vorgesehene gehörige (insbesondere auch rechtzeitige) Schadensfeststellung infolge eines Ilmstandes unterblieben, den der Versicherungsnehmer zu vertreten hat, so ist grundsätzlich der Versidierungsansprudi hinfällig geworden, so daß der Versicherer dem Versicherungsnehmer nichts zu zahlen hat (§ 74 Abs. 9). Dies würde regelmäßig der Fall sein, wenn die Schadensfeststellung nach § 74 an sich möglich und zumutbar war, der Versicherungsnehmer aber nichts getan hat, um diese Schadensfeststellung zu veranlassen und durchzuführen, insbesondere die unverzügliche Anzeige des Schadensfalls nach § 40 sowie die Bestellung eines Sachverständigen nach § 74 unterlassen hat, und der Versicherer ohne sein Verschulden von dem Versicherungsfall und dem Erfordernis einer Schadensfeststellung nach § 74 keine Kenntnis erhalten hat. Sieht man von den erwähnten Hamburger Handelsgewohnheiten ab, so gehörte es zu den Vertragspflichten der Klägerin, die Schadensfeststellung gemäß § 74 zu betreiben. Hat die Klägerin in dieser Beziehung alles der von ihr beauftragten Firma W. F. S. überlassen, so hat diese — wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat — als Erfüllungsgehilfin der Klägerin zu gelten. In gleicher Weise fällt es auf die Klägerin zurück, wenn sie ohne weiteres angenommen haben sollte, daß die Firma R. & W. sich des Einverständnisses der Beklagten mit einer Abstandnahme von dem in § 74 vorgesehenen Verfahren und mit der Vornahme der Versteigerung durch die genannte Firma versichert hätte oder ver-
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sichern würde. Es ist daher solchenfalls davon auszugehen, daß die gehörige Schadensfeststellung gemäß § 74 infolge eines Umstände* unterblieben ist, den die Klägerin zu vertreten hat. Somit bedarf es keiner weiteren Erörterung, o b etwa, wenn gemäß § 74 Sachverständige bestellt worden wären und diese die öffentliche Versteigerung der Ware für die Schadensfeststellung als unbedingt erforderlich erklärt und durchgeführt hätten, die Beklagten dies auch bei Unkenntnis von der Versteigerung oder bei Widerspruch gegen sie trotz der Vorschrift in § 9 3 Abs. 3 gegen sich gelten lassen müßten. Denn jedenfalls wäre beim Ausscheiden der mehrerwähnten Hamburger Handelsgewohnheiten die Firma R. & W . im Verhältnis der Parteien nicht legitimiert gewesen, die Schadensfeststellung o h n e Willen und Kenntnis der Beklagten vorzunehmen und darüber zu befinden, o b diese Feststellung nur im Wege der öffentlichen Versteigerung getroffen werden k o n n t e . 4. Dagegen würde es allerdings von Bedeutung sein, wenn o b j e k t i v der einzige W e g für eine gehörige Schadensfeststellung die öffentliche Versteigerung gewesen sein sollte, so daß auch eine nadi § 74 eingeleitete Schadensfeststellung sachgemäß nur zu einer Versteigerung h ä t t e führen k ö n n e n . Alsdann würden die Beklagten zwar in der oben dargelegten Weise wegen Unterlassung der unverzüglichen Anzeige des Versicherungsfalls oder der rechtzeitigen Benachrichtigung von der bevorstehenden Versteigerung oder auch wegen Verletzung der V e r fahrensvorschriften des § 74 oder wegen verspäteter oder unsachgemäßer Durchführung der Versteigerung Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin erheben können. Sie wären aber nicht berechtigt gewesen, der zur gehörigen Durchführung der Schadensregulierung notwendigen V e r steigerung an sich zu widersprechen, da dies mit der ihnen obliegenden Versicherungstreue nicht zu vereinbaren wäre. Und ebensowenig wären die Versicherer berechtigt, j e n e Versteigerung als unwirksam zu behandeln und um deswillen jede Schadensregulierung grundsätzlich abzulehnen, weil die Versteigerung nicht von ihnen selbst verlangt worden sei. Denn das auf § 93 Abs. 3 beruhende und aus den vom Berufungsgericht angeführten Interessen der Versicherer hergeleitete Recht der letzteren, ihrerseits die Versteigerung zu verlangen, schließt nicht die Rechtmäßigkeit jeder ohne ein solches Verlangen der Versicherer erfolgten Versteigerung aus. So kann ζ. B. sehr wohl eine ohne jenes Verlangen der Versicherer und ohne ihr Wissen vorgenommene V e r steigerung rechtmäßig sein und keineswegs dem Versicherungsanspruch des Versicherungsnehmers als solchen entgegenstehen, wenn der V e r -
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Sicherungsnehmer auf Grund seiner Schadensabwendungspflicht die beschädigten Güter verkaufen mußte, und dies sachgemäß nur im Wege einer unverzüglichen, insbesondere durch vorherige Benachrichtigung der Versicherer nicht verzögerten Versteigerung geschehen konnte. In gleicher Weise wird der Versicherungsanspruch des Versicherungsnehmers durch eine ohne Wissen der Versicherer erfolgte Versteigerung grundsätzlich nicht beseitigt, wenn diese Versteigerung der einzig sachgemäße Weg zur Feststellung des Schadens war derart, daß die Versicherer ihr keinenfalls rechtswirksam hätten widersprechen können. R C Z . 110,
152.
Ist in dem Falle, daö bei einem Feuerversicherungsvertrag nachträglich die Versicherungssumme erhöht wird und dabei über die zu tragende Gefahr ausführliche Angaben gemacht werden, eine zwischen dem AbschluB des ursprünglichen und dem AbschluB des nachträglichen Vertrags eingetretene Gefahrerhöhung schon „bei AbschluB des Vertrags" vorhanden gewesen oder erst „nach AbschluB" eingetreten? Versicherungsvertragsgesetz § § 16 flg., 2 7 flg. V I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 9.Januar 1. Landgericht Königsberg i. Pr. —
1925.
II. Oberlandesgericht
daselbst.
Die Klägerin betreibt ein Automobilgeschäft. Begründet ist es von Ε. K . ; er hat später R. G. als Teilhaber aufgenommen. Noch als Einzelkaufmann versicherte Ε. K. sein Lager usw. laut Versicherungsschein vom 2 8 . Juli 1 9 1 9 bei der Beklagten und der O . e r Versicherungsgesellschaft in Höhe von insgesamt 104 0 0 0 Μ gegen Feuersgefahr. Später übernahm die Beklagte die Versicherung allein. Das geschah durch den Nachtrag vom 6. September 1 9 1 9 . In der ,.Veränderungsanzeige" vom 17. August 1 9 2 0 wurde der Eintritt des R. G. in das Geschäft mitgeteilt und gebeten, die Versicherungssumme auf 577 0 0 0 Μ zu erhöhen. Durch den Nachtrag vom S.September 1 9 2 0 wurde die Versicherung auf die Klägerin umgeschrieben und die Versicherungssumme durch Nachversicherung von 473 0 0 0 Μ auf 577 0 0 0 Μ erhöht. Im ursprünglichen Versicherungsantrag vom 2 7 . Mai 1919 war angegeben worden, daß „Benzin in polzeilidi vorschriftsmäßig hergerichteten Anlagen Martini und Hunicke" gelagert werde. In der V e r änderungsanzeige wurde die entsprechende Frage dahin beantwortet, daß „Benzin im massiven Keller der Polizeivorschrift gemäß aufbewahrt" werde. Inzwischen war aber im März 1 9 2 0 ein Teil der Garage vom Deutschen Reich beschlagnahmt und der Ententekommission in Königs-
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berg zur Verfügung gestellt worden. Deren Chauffeure kehrten sidi nicht an die Polizeivorschriften und lagerten übermäßige Mengen von Benzin in den Boxen der Garage selbst. In der Nacht vom 20. zum 21. O k t o b e r 1920 brannte die Garage der Klägerin nieder. Der etwa zu erstattende Schaden wurde im Sachverständigenverfahren auf 475 204 Μ festgesetzt; die Beklagte lehnte indessen jede Zahlung ab. Die Klägerin verlangte im Klagewege in erster Instanz 461 300 M, in zweiter Instanz 2000 GM als Teilbetrag ihres Schadens. Beide Instanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision hate Erfolg. Gründe: Der Berufungsrichtcr stellt fest, daß durch das polizei- und vertragswidrige Verhalten der Ententechauffeure die Gefahr der Versicherung erhöht worden ist, daß aber die Klägerin diesen Umstand nidit angezeigt und in der ,.Veränderungsanzeige" vom ] 7. August 1920 sogar bewußt wahrheitswidrige Angaben über das Lagern des Benzins gemacht hat. Er hat auf diese Verhältnisse die §§ 27 flg. VersVG. angewendet. Er nimmt an, daß sich die Gefahr unabhängig vom Willen des Versicherungsnehmers und nadi dem Absdiluß des Vertrages erhöht hat, § 27 Abs. 1 a. a. O., daß der Versicherungsnehmer nach erlangter Kenntnis von der Gefahrerhöhung verpflichtet war, unverzüglich dem Versicherer Anzeige davon zu erstatten, § 27 Abs. 2, und daß der Versicherer mangels einer solchen Anzeige von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist, weil der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen, § 2 8 Abs. 1. Die Revision bekämpft die Annahme, daß der für die Anwendung dieser Vorschriften maßgebende Vertrags«diluß der vom 28. Juli 1919 sei, sie will ihn im Absdiluß des Nachtragsvertrags vom S.September 1920 erblidcen. Ist das richtig, so ist die im März 1920 einsetzende Erhöhung der Gefahr nicht nach dem Vertragsschluß eingetreten, sie war alsdann vielmehr schon beim Vertragsschluß vorhanden und die Klägerin hat gegen § 16 Abs. 1 VersVG. verstoßen; sie hat bei der Schließung des Vertrags nidit alle ihr bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer angezeigt, oder sie hat über einen erheblichen Umstand eine unrichtige Anzeige erstattet, § 17 daselbst. Die Rechtsfolgen dieser Verfehlungen sind andere als die oben entwickelten. Sie gaben dem Versicherer das Recht, vom Versicherungsvertrag zurückzutreten, § 16 Abs. 2, aber nur innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an, in welchem der Versicherer von der Verletzung der Anzeige-
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pflidit Kenntnis erlangt hat, § 20 Abs. 1. Daneben bleibt das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände anzufechten, unberührt, § 2 2 VersVG., § § 1 2 3 flg. BGB. Im einen wie im anderen Falle, beim Rüdetritt wie bei der Anfechtung, ist eine entsprechende Erklärung des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer erforderlich, § 2 0 Abs. 2 Satz 1 VersVG., § 1 4 3 Abs. 1 BGB. Daß solche Erklärungen abgegeben worden wären, ist bisher noch nicht festgestellt. In der hiernach zunächst entscheidenden Frage ist der Ansicht der Revision beizutreten. Im Sinne der angezogenen Vorschriften des VersVG. und der darauf beruhenden Bestimmungen in den §§ 4 und 6 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist der maßgebende Vcrtragsdiluß der Abschluß des Nachtragsvertrags vom S.September 1920. Damals wurde der Vertrag auf eine neue Grundlage gestellt, sowohl hinsichtlich der Versicherungssumme, die auf beinahe den fünffachen Betrag erhöht wurde, als audi hinsichtlich der zu tragenden Gefahren. Darüber waren in der Veränderungsanzeige vom 17. August 1920 ausführliche neue Angaben erfordert und audi abgegeben worden. Sicherlich ist ein neuer Vertrag zustande gekommen in Höhe der zur Nachversicherung gelangten 473 000 M. Insoweit bestand vorher überhaupt noch kein Vertrag. Der am 8. September 1920 über eine Versicherungssumme von 577 000 Μ einheitlich abgeschlossene Vertrag läßt sich aber hinsichtlich der Gefahrtragung nicht teilen. Man kann nicht sagen: In Ansehung der ursprünglichen Versicherungssumme von 104 000 Μ ist der Vertrag am 28. Juli 1919 geschlossen worden, jede nach diesem Zeitpunkt sich ergebende Erhöhung der Gefahr ist nach dem Vertragssdiluß eingetreten; in Ansehung der Nadiversidierungssumme von 473 000 Μ aber ist der Vertrag erst am 8. September 1920 abgeschlossen worden, jede vor diesem Zeitpunkt aufgetretene Gefahr war bei Schließung des Vertrags schon vorhanden. Bei dieser Auffassung würde man dazu gelangen, die Ordnungswidrigkeiten der Ententediauffeure, die mit dem März 1920 einsetzten, zum Teil als eine Gefahr anzusehen, die bei Schließung des Vertrags vorhanden war, zum Teil aber auch als eine Gefahr, die erst nach Schließung des Vertrags eingetreten ist. Das wäre ein in sich unmögliches Ergebnis. N u r eine einheitliche Beurteilung kann in Frage kommen und diese führt dazu, daß der ganze Vertrag am 8. September 1920 geschlossen worden ist, daß also die v o n den Ententediauffeuren drohende Gefahr bei Schließung des Vertrags bereits vorhanden war.
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Unter diesen Umständen reicht, wie dargelegt, die Begründung des Berufungsriditers nicht aus. um die Abweisung der Klage zu tragen. R C Z . 112,
310.
Haftet der Seeversicherer für Güterschaden, der von dem Ablader verschuldet ist? HGB. § 8 2 1 Nr. 5. I. Z i v i l s e n a t . I
Urt. v. 9. Januar
Landgericht 1 Berlin. K a m m e r für Handelssachen. —
1926.
II. Kammcrgericht
daselbst.
Die Klägerin hat bei der Beklagten am 7. Februar 1 9 2 4 ein Kollo mit Pelzwaren im W e r t e von 3 6 0 £ für die Reise von London nach Berlin von Haus zu Haus gegen Transportgefahr durch fernmündliche Vereinbarung versichert. Die Sendung wurde auf Grund des Konnossements vom 7. Februar 1 9 2 4 in London von der Speditionsfirma G. & H. auf den nach Bremen bestimmten Dampfer „ D a g o " abgeladen. Das Kollo ist aber bei Ankunft des Schiffs in Bremen nicht vorgefunden, vielmehr während der Seereise — offenbar durch Diebstahl — abhanden gekommen. Die Klägerin verlangt auf Grund des mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrags von dieser Ersatz des durdi den Verlust des versicherten Gutes entstandenen Schadens. Die Beklagte wendet ein, die Klägerin habe sidi den Schaden selbst zuzuschreiben, da sie oder ihr Londoner Ablader das hochwertige Gut nicht in gehöriger Weise deklariert, sondern als gewöhnliches Frachtgut verschickt habe. Damit sei die Haftpflicht der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag hinfällig geworden. Demgegenüber beruft sich die Klägerin darauf, daß die zwischen den Parteien abgeschlossene Generalpolice, wenngleidi sie sidi nur auf Transporte innerhalb Deutschlands beziehe und audi bei Abschluß des streitigen Versicherungsvertrags nicht ausdrücklich in Bezug genommen sei, für den hier in Betracht kommenden Transport entsprechende Anwendung zu finden habe und daß danadi die Beklagte trotz der Nichtdeklarierung des versicherten Gutes für dessen Verlust einstehen müsse. Die Instanzgerichte haben hatte keinen Erfolg. Aus den
die Klage abgewiesen.
Die Revision
Gründen:
. . . Der Versicherungsvertrag ist zwischen zwei in Deutschland ansässigen Vertragsteilen geschlossen und nach deutschem Recht zu beurteilen. Da es sich im wesentlichen um eine Seeversicherung handelt
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und der Sdiaden auf der Seereise entstanden ist, hat das Berufungsgericht mit Redit das deutsdie Seeversicherungsrecht angewandt. Übrigens würde eine Heranziehung des Versicherungsvertragsgesetzes das Ergebnis nicht ändern. Nach § 821 Nr. 5 HGB. fällt bei der Versicherung von Gütern dem Versicherer der Sdiaden nicht zur Last, welcher von dem Ablader in dieser Eigenschaft vorsätzlich oder fahrlässig verursacht ist (siehe audi VVG. § 1 3 1 ) . Ablader war die Londoner Speditionsfirma G. & H.. welche nach den Feststellungen des Berufungsgeridits und ausweislich des Konnossements die versicherte Ware auf dem Dampfer Dago abgeladen hat. Nach dem Konnossement, dessen Inhalt mangels besonderer abweichender Vereinbarungen audi für den Seefrachtvertrag maßgeblich ist, haftet das Schiff nicht für den Verlust, die Beschädigung usw. eines Kollos oder Pakets, dessen Wert den Betrag von 10 £ übersteigt, wenn nicht vorher schriftliche Vereinbarungen dieserhalb getroffen sind. Es handelt sidi um ein kleines, elf englische Pfund = etwa 5 kg wiegendes Kollo, welches 13 Fudisfelle enthielt, die nach den eigenen Angaben der Klägerin einen Wert von zusammen 360 £ hatten. Das Berufungsgericht hat mit näherer Begründung festgestellt, daß der Firma G. & H. der hochwertige Inhalt des Kollos bei der Absendung bekannt gewesen sei. Somit gehörte es zu den Pflichten der genannten Abladerfirma, welche die ihr übertragene Spedition auch nach englischem Recht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausführen iriußte, daß wegen des Kollos, dessen Wert den Betrag von 10 £ weit überstieg, die im Konnossement vorgesehene schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, die erforderlich war, um die Freizeichnung des Schiffes von jeder Haftpflicht zu beseitigen. Und zwar gilt dies im Hinblick auf die besondere, von der Abladerfirma zu beachtende, Konnossementsvorschrift auch dann, wenn es in London nicht üblich sein sollte, Pelzwarentransporte von England nach Deutsohland als Kostbarkeit zu deklarieren und wenn das, was die Firma G. & H. zur Sicherung des Transports getan hat, den an sich in London für derartige Versendungen üblichen Maßnahmen entsprochen haben sollte. Würde der Ablader die in dem Konnossement erforderte schriftliche Vereinbarung getroffen und somit den 10 £ übersteigenden Wert des Kollos deklariert haben, so würde nach den Ausführungen des Berufungsgerichts der Kapitän des Dampfers Dago das Gut unter besonderen Versdiluß genommen haben und es würde der Verlust desselben auf der Seereise nicht eingetreten sein, da — wie das Berufungsgericht festgestellt hat — keins der unter einem solchen be-
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sonderen Versdiluß gehaltenen Güter auf der fraglichen Reise abhanden gekommen ist. Danach ist es unerheblich, ob bei einer den Konnossementsbedingungen entsprechenden schriftlichen Vereinbarung die Reederei des Dampfers „Dago" ihrerseits nur bis zur Höhe von 10 £ für den Verlust des Transportguts gehaftet hätte. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wäre bei einer vom Ablader pflichtgemäß vollzogenen schriftlichen Vereinbarung der Verlust überhaupt vermieden worden, und es ist nicht ersichtlich, daß der Ablader diese Wirkung eines pflichtgemäßen Handelns nicht hätte voraussehen können. . . . RGZ. 116, 224. Bedeutung der in einer Seeversidierungspolice enthaltenen Klausel: „against rust and oxydation however caused" (Rostklausel). Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 (ADS.) §§ 1, 86. 1. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 26. Februar 1927. 1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Klägerin hat bei den Beklagten auf Grund der Seeversicherungspolicen vom 18. November 1924 und 16. Februar 1925 verzinkte Drähte und Bleche für die Reise vom Hamburg nach Buenos Aires versichert. Die Policen enthalten unter anderem eine Klausel, wonach die Versicherung audi genommen ist ,.against rust and oxydation however caused", und ferner die Klausel ,.claims if any, to be ascertained and paid by Mr. Emilio H. Buenos Aires". Außerdem sind für die Versicherungen die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 (ADS.) maßgebend. Die Güter sind in Buenos Aires in verrostetem Zustand angekommen. Der in den Policen benannte dortige Havariekommissar H. hat über den Schaden und dessen Höhe „Zertifikate" ausgestellt, jedoch „ohne Präjudiz für Umfang und Verbindlichkeit der Versidierer". Die Klägerin verlangt von den Beklagten Erstattung des Rostsdhadens auf Grund der Versicherungsverträge. Die Instanzgerichte haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat bei Auslegung der Rostklausel der Versicherungsverträge ausgeführt, daß die Klausel nicht nur eine Haftpflicht
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der Versicherer für die durch „äußere Einwirkung" verursachten Schäden enthalte, sondern darüber hinausgehe. Es sei seit langem allgemein bekannt, daß audi verzinkte Eisendraht- und Eisenblechwaren auf so langen Seereisen wie der hier in Betracht kommenden leicht verrosteten. Gerade diese erhöhte Rostgefahr habe der in die Versicherungspolicen aufgenommenen Rostklausel den Boden bereitet. Wenn die Klägerin gewußt haben sollte, daß auf solchen Seereisen Rostschäden in erheblichem Umfang entstanden seien und entstehen würden, so sei dies nichts besonderes. Denn dies sei allgemein bekannt und müsse audi den hamburgischen Vertretern der Beklagten bekannt gewesen sein. Anders läge die Sadie höchstens dann, wenn die Klägerin nicht nur von der Rostgefährlichkeit der Güter, sondern auch davon Kenntnis gehabt hätte, daß die Güter nach einem neuen, mit bedenklichen und gefahrerhöhenden Fehlern behafteten Verfahren verzinkt worden seien. Das sei aber von der Beklagten nicht behauptet worden. Diese Erörterungen des Berufungsgerichts laufen darauf hinaus, daß die Rostklausel audi die G e f ä h r d u n g der Güter durch solchen Rostsdhaden decke, welcher auf der Versicherungsreise durch die innere Beschaffenheit der Ware entstanden ist, sei es, daß solche innere Beschaffenheit der Güter für sich allein, sei es, daß sie in Verbindung mit einem Gefahrereignis der Versicherungsreise wirksam wurde. Dieser Standpunkt des Berufungsgerichts ist frei von Rechtsirrtum. Dabei ist zu beachten, daß die Rostklausel als eine Sondervorschrift den Bestimmungen in § 86 ADS. vorgeht und im Zweifel gegen die Versicherer auszulegen ist, die als Verfasser der Versicherungspolicen zu behandeln sind. Nun haben aber die Beklagten unter Beweisantritt folgendes behauptet: Die Güter seien nach einem neuartigen, minderwertigen Verfahren verzinkt worden. Dieses Verfahren habe die Rostbildung zur notwendigen alsbaldigen Folge, die auch dann eintrete, wenn die Güter vor Luft und Sonne geschützt verwahrt und auf dem Büro gelagert würden. Die Waren rosteten ohne weiteres an der Luft, ohne daß sonstige schädigende Einflüsse oder äußere Einwirkungen hinzuträten. Es handle sich um eine selbsttätig stets und auch bei Lagerung an Land eintretende Rostbildung, um einen unvermeidbaren inneren Verderb von innen heraus und um kein Transportrisiko. Sollten diese Angaben der Beklagten zutreffen, so hätte wegen des Rostschadens weder eine Transportgefahr noch ein versicherbares Interesse vorgelegen (§ 1 ADS.). Denn die Seeversicherung von Gütern verlangt eine mit dem Transport verbundene Gefährdung dieser Güter,
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d. h. es muß immerhin eine, wenn audi geringe Möglichkeit vorhanden sein, daß die Güter die Gefahren der Seesdiiffahrt bestehen; das Nichtbestehen dieser Gefahren muß also ungewiß sein. Daran fehlt es aber bei Schäden, die von vornherein nach Art und Umfang unvermeidlich sind und daher auch mit den Gefahren der Seesdiiffahrt nichts zu tun haben. Demgemäß kann die Aufnahme der streitigen Klausel in die, im übrigen nach den Allgemeinen Deutschen Seeversidierungs-Bedingungen von 1919 zu beurteilenden Seeversidierungspolicen keinesfalls auch eine Deckung gegen absolut unvermeidliche und unter allen Umständen sicher eintretende Schäden der eben erwähnten Art bedeuten. Das Berufungsgericht ist zwar auf die vorstehend angeführten Behauptungen der Beklagten nicht ausdrüddich eingegangen. Soweit jedoch darin eine Verletzung von § 286 Z P O . zu erblicken sein sollte, würde dies nadi der Verordnung vom 15. Januar 1924 und den Gesetzen vom 21. Dezember 1925 und 17. Dezember 1926 hier unbeachtlich sein. Ebensowenig kann aber aus der Art, wie das Berufungsgericht seine Entscheidung begründet hat, entnommen werden, daß es die materielle Sadi- und Rechtslage in rechtsirrtümlicher Weise verkannt hätte. Die Beklagten hatten zur Unterstützung ihrer Angaben auf drei von ihnen beigebrachte Privatgutachten Bezug genommen. Diese Gutachten sind zum Inhalt der Verhandlung vor dem Berufungsgericht gemacht worden. Sie ergeben indes keinen Anhalt für die daraus hergeleiteten Behauptungen der Beklagten. Sie zeigen nur, daß es sich um eine schwache Verzinkung der Transportgüter oder um eine ungleichmäßige Verteilung der Zinksdiicht handelt, welche die Rostgefahr in höherem Maße begründet als eine gute Verzinkung und bei der Einwirkung feuchter Luft besonders leicht zur Rostbildung führt. Danach konnte das Berufungsgericht audi bei der Heranziehung dieser Gutachten sehr wohl davon ausgehen, daß die Art und Weise der Verzinkung des Transportguts nur eine — besonders durch die Seereise erhöhte — Rostgefahr mit sich brachte, nicht aber unter allen Umständen zwangsläufig die Verrostung in derselben Art und in demselben Umfang wie geschehen herbeiführen mußte. Daß dies in der Tat die Auffassung des Berufungsgerichts gewesen ist, ergibt sich mit genügender Deutlichkeit aus den Ausführungen, mit denen es die Annahme einer Verletzung der Anzeigepflicht durch die Klägerin ablehnt. Diese Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Anzeige der danach allein in Betracht kommenden erhöhten Rostgefahr aus besonderen Gründen für nicht erforderlich erklärt, liegen im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet und lassen keinen Rechtsirrtum erkennen.
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RGZ. 117, 391. Umfang der Transportversicherung bei einer sog. Werftprobefahrt des versicherten Schiffes. Begriff der Fahrtüchtigkeit (Seetüchtigkeit). Ist die Werftprobefahrt ein gefahrerhöhender Umstand? Allgemeine Seeversidierungs-Bedingungen von § § 2 9 flg., 6 9 ,
1867 (ASVB.)
70.
I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 2. Juli 1927. 1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit daselbst.
Der von der Klägerin für die Firma Η. B. in Hamburg erbaute Schleppdampfer „Neptun" sollte im November 1924 zur Abnahme kommen. In der Police vom 7. November 1924 versicherte die Firma Η. B. „für Rechnung wen es angeht" das Kasko des „neuerbauten" Schleppdampfers bei der Beklagten für die Zeit vom 18. November 1924 bis zum 17. November 1925, beide Tage eingeschlossen. Die Versicherung erfolgte — wie sonst bei der Klausel „nur für Seegefahr" — gegen die Gefahr der Fluß- und Binnenschiffahrt für die Sdiiffahrt auf der Elbe und ihren Nebenflüssen. Nach der Police sind die Allgemeinen Seeversidierungs-Bedingungen von 1867 mit einzelnen Zusätzen, Abänderungen und besonderen „Bedingungen" maßgebend. Am 18. November 1924 fand am Vormittag um 10 Uhr vor der auf 12 mittags festgesetzten eigentlichen Probefahrt eine sogenannte Werftprobefahrt statt, und zwar im Kuhwärder Vorhafen. Das Schiff stand unter der Führung des Kapitäns H. Im übrigen nahmen an der Probefahrt mehrere Ingenieure und ein Heizer der Klägerin sowie mehrere von der Firma B. gestellte Personen teil. Auf Wunsch des an Bord befindlichen Oberingenieurs der Klägerin fuhr Kapitän H. mit dem Dampfer Kreise und machte einige scharfe Wendungen. Dabei wurde eine im Schlepp eines anderen Dampfers befindliche Schute angerannt und beschädigt. Deswegen ist in einem Vorprozeß die jetzige Klägerin zum Schadensersatz verurteilt worden. Diese, zu deren Gunsten die Versicherung damals lief, verlangt von der Beklagten auf Grund des Versicherungsvertrags Ersatz der bezahlten Urteilssumme und der Kosten des Vorprozesses. Sie behauptet, daß H. als Person der Besatzung des Dampfers „Neptun" den Sdiiffszusammenstoß verschuldet habe und daß die Beklagte ihr gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 6 und 7 ASVB. schadensersatzpflichtig sei. Die Beklagte wendet ein, der Dampfer „Neptun" habe sich auf der Fahrt nicht in einem seinem Zweck entsprechenden tauglichen Zustand befunden (§ 70 Nr. 1 ASVB.) und die Werftprobefahrt sei ihr
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nicht gehörig als ein gefahrerhöhender Umstand angezeigt worden (§§ 29, 30 das.)· Die Instanzgerichte haben den Klaganspruch dem Grunde nadi für gerechtfertigt erklärt. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: 1. Nach § 7 0 Nr. 1 ASVB. in der nach der Versicherungs-Police maßgeblichen abgeänderten Fassung haftet die Beklagte nicht für den ..Schaden, welcher daraus entsteht, daß das Schiff sich nicht in einem seinem Zweck entsprechenden tauglichen . . . Zustande befindet . . . oder nicht gehörig ausgerüstet oder bemannt . . . zur Verwendung kommt". Als tauglicher Zustand und gehörige Ausrüstung in diesem Sinne wird nach der Police — in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsauffassung — eine solche Beschaffenheit des Schiffes erfordert, die es befähigt, die Gefahren der Fluß- und Binnenschiffahrt auf der Elbe und deren Nebenflüssen zu überstehen, soweit diese Gefahren nicht ganz außergewöhnlicher Art sind. Die Frage, ob eine soldie Beschaffenheit des Schiffes vorhanden war oder nicht, ist nach objektiven Gesichtspunkten und nach den Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise zu entscheiden (RGZ. Bd. 115 S. 67; S c h a p s Seerecht § 5 1 3 Anm. 2; V o i g t Seeversidierungsrecht § 7 0 S. 448 flg.; R i t t e r Seeversicherung § 5 8 Anm. 9; S i e v e k i n g Seeversicherung §821 Anm. 3; M i t t e l s t e i η Binnenschiffahrtsrecht § 8 Anm. 2). Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Schleppdampfer „Neptun" sidi zur maßgeblichen Zeit in einem soldien Zustande der Fahrtüchtigkeit befunden habe. Der zur Ein- und Ausschaltung der Dampfsteuerung dienende Hebel sei bei Beginn der Probefahrt in der für die Betätigung der Dampfsteuerung erforderlichen Stellung gewesen. Er sei aber in dieser Stellung nicht durch Einführung des dazu bestimmten Splintes in das hierfür vorgesehene Splintloch festgehalten worden und habe so während der Fahrt des Schiffes bei den auftretenden Erschütterungen seine Lage verändern können; der Splint sei jedoch an Bord des Schiffes gewesen und habe verwendungsbereit an gehöriger Stelle an einer Kette gehangen. Das Schiff habe also auch in dieser Beziehung die erforderliche Einrichtung und Ausrüstung gehabt. Der Umstand, daß der Splint trotz Benutzung der Dampfsteuerung nicht in das Splintloch eingeführt worden sei, bedeute keinen Mangel in der Beschaffenheit des Schiffes und seiner Einrichtung, sondern eine Fahrlässigkeit der Schiffsbesatzung bei der Handhabung der vorhandenen und an sich ordnungsmäßigen Einrichtungen. Und zwar habe diese Fahrlässigkeit der Kapitän H. begangen. Dieser habe bei der Abfahrt des
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Schiffes von der Werft die Schiffsführung übernommen und die Rudermasdiine bedient. Er sei daher auch für die ordnungsmäßige Sicherung des Hebels verantwortlich gewesen. Diese Verantwortlichkeit habe nicht erst mit der Abnahme des Sdiiffes durch den Bauherrn begonnen, sondern bereits mit der tatsächlichen Übernahme der Schiffsführung durch H.; die Schiffsführung umfasse aber die riditige Handhabung der zur Rudermaschine gehörigen Einrichtungen. Zwar habe H. die Führung des Sdiiffes bis zu dessen Abnahme nicht vom Bauherrn, sondern von der Werft (der Klägerin) übertragen erhalten; dies ändere aber nichts daran, daß H. zur Schiffsbesatzung im Sinne von § 69 Abs. 1 Nr. 6 ASVB. gehört habe. Die von der Klägerin vorübergehend an Bord entsandten Schiffsbauingenieure hätten lediglich als Sachverständige zu prüfen gehabt, ob das Schiff auf der Probefahrt allen Anforderungen entspreche. Es hätten ihnen aber keine bestimmten Schiffsdienste, sei es in der Führung des Schiffes, sei es bei der Bedienung der Maschine, obgelegen. Sie seien audi im Verhältnis der Parteien nicht als Vertreter der Klägerin anzusehen, da sie insoweit keinerlei rechtsgeschäftliche Befugnisse gehabt hätten, und ebensowenig könnten sie von dem Zeitpunkt an, wo H. die Schiffsführung übernommen habe, im Verhältnis der Parteien als Erfüllungsgehilfen der Klägerin während der Probefahrt bezeichnet werden. Vielmehr trage die gesetzliche Verantwortung dafür, daß der Schalthebel der Rudermasdiine auf der Probefahrt nicht durdi den Splint gesichert war, allein der Sdiiffsführer H. Mangels Splintsidierung sei der Hebel während der Probefahrt durch die Schwingungen des Schiffes aus seiner Lage geraten und so die Dampfsteuerung ausgeschaltet worden. Dies und verschiedene andere, vom Kapitän H. zü vertretende Fehler in der Schiffsführung hätten den Zusammenstoß herbeigeführt. Die Einwendungen der Revision hiergegen sind nicht durchschlagend. Richtig ist, daß der gehörige Zustand des Schiffes im Sinne von § 70 Nr. 1 ASVB. in der hier maßgeblichen Fassung nidit ohne weiteres und in allen Fällen sdion dann vorliegt, wenn sich alle für die Fahrt erforderlichen Erinrichtungsgegenstände — gleichviel an welcher Stelle und in welcher Zusammensetzung — an Bord des Schiffes befinden. Das hat aber das Berufungsgericht auch keineswegs verkannt. Nach seinen Feststellungen handelt es sich um eine Rudermasdiine, die sowohl für Dampf- wie für Hand-Steuerbetrieb eingerichtet war. Beide Steuervorrichtungen arbeiten aber nicht gleichzeitig, sondern es wird ordnungsmäßigerweise jeweils nur die eine oder die andere benutzt. Zur gehörigen Einrichtung und Beschaffenheit des Sdiiffes in dem hier Versicherungsvertragsgesetz III
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maßgeblichen Sinne genügt es, wenn alles Erforderliche so vorhanden ist, daß bei beiden Steuervorrichtungen das Ein- und Ausschalten der einen oder anderen Vorrichtung von der Schiffsbesatzung im Rahmen des Schiffsdienstes in verkehrsüblicher Weise vorgenommen werden kann. Das war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Die Entscheidung darüber, welche der beiden Steuervorrichtungen jeweils auf der Fahrt in Benutzung genommen werden soll, ist ausschließlich Sache der Schiffsführung. Es brauchte ihr daher das Sdiiff von der Werft auch nicht mit einer gehörig eingeschalteten Steuervorrichtung, sei es für Dampf-, sei es für Handbetrieb, übergeben zu werden. Vielmehr lag es der Schiffsleitung ob, nachdem sie sich für die Benutzung der einen oder der anderen Steuervorrichtung entschieden hatte, dafür Sorge zu tragen, daß die von ihr gewählte Vorrichtung in sachgemäßer Weise eingeschaltet war oder wurde. Danach enthält die Feststellung des Berufungsgerichts, daß das Schiff zur maßgeblichen Zeit in einem tauglichen Zustand im Sinne von § 70 Nr. 1 ASVB. war, keinen Rechtsirrtum. Die Annahme des Vorderrichters, daß auf der Probefahrt die Schiffsführung in den Händen des Kapitäns H. lag, wird von der Revision nicht beanstandet. Sie ist audi nach den tatsächlichen Feststellungen gerechtfertigt. Als Schiffsführer (Schiffer) gehörte H. aber zur Schiffsbesatzung im Sinne von § 69 Abs. 1 Nr. 6 und § 70 ASVB. (§ 481 HGB., § 3 Abs. 2, §§ 7, 21 Binnenschiffe.; Μ i 11 e I s t e i η Binnenschiffe. § 3 Anm. 5, § 7 Vorbemerkung 1). Zu der Frage, ob ein mitwirkendes Verschulden der von der Klägerin für die Probefahrt an Bord gesandten anderen Personen vorliegt, insbesondere der Ingenieure der Klägerin, hat das Berufungsgericht nicht ausdrücklich Stellung genommen. Seine Ausführungen ergeben aber mit genügender Deutlichkeit, daß ein solches Verschulden nidil: anzunehmen ist. Im übrigen sei hierzu folgendes bemerkt. Die Werftprobefahrt mag ausschließlich oder in erster Reihe den Zweck gehabt haben, daß die Werft, d . h . die Klägerin, sich selbst vor der eigentlichen Probefahrt von der Manövrierfähigkeit des Schiffes überzeugen konnte. Das änderte aber nichts daran, daß im Verhältnis der Parteien die Klägerin als Versicherte für die Besatzung des Sdiiffes nur insoweit zu sorgen hatte, als das Sdiiff gehörig bemannt sein mußte (§ 70 Nr. 1 ASVB. in der Fassung der Police). Daß in dieser Beziehung ein Mangel geherrscht hätte, insbesondere daß die Klägerin bei der Auswahl des Kapitäns H. zum Führer des Schiffes für die Werftprobefahrt nicht mit der erforderlichen Sorgfalt verfahren wäre, ist nicht behauptet oder sonst ersieht-
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lieh. Als Schiffsführer lag es dem H. unter anderem ob, dafür zu sorgen, daß die von der Klägerin für die Werftprobefahrt an Bord gesandten Personen, mochten sie zur Schiffsbesatzung gehören oder nicht, Störungen des Schiffsbetriebes unterließen und, soweit sie zur Schiffsbesatzung gehört haben sollten, ihre Dienstpflichten erfüllten. Es liegt keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, daß H. hieran oder sonst in der ihm obliegenden Schiffsführung durch Weisungen, Maßnahmen oder Unterlassungen der Klägerin gehindert worden wäre. Sollte trotzdem der Schiffszusammenstoß auf ein mitwirkendes Verschulden einer oder mehrerer Personen zurückzuführen sein, welche die Klägerin für die Werftprobefahrt an Bord gesdiidet hatte, so würde sich die Beklagte hierauf der Klägerin gegenüber nicht berufen können. Soweit jene Personen zur Besatzung des „ N e p t u n " gehört haben sollten, fiel ihr Verschulden gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 6, 7 (letztere Nummer in der Fassung der Police) und § 70 Nr. 3 (in der Fassung der Police) unter die Versicherung. Andernfalls lag neben dem die Beklagte haftbar machenden Verschulden des H. ein Mitverschulden anderer Personen vor, das aber aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen nicht als ein Verschulden der Klägerin im Sinne von § 70 Nr. 4 ASVB. angesehen werden kann. Vielmehr wäre ein solches Verschulden als das von Personen zu behandeln, die, ohne zur eigentlichen Schiffsbesatzung zu gehören, im Dienste des Schiffseigners zu Schiffszwecken in Ausführung von Dienstverrichtungen gehandelt hätten, die an sich zu den Obliegenheiten der Schiffsbesatzung gehörten (RGZ. Bd. 13 S. 115, Bd. 20 S. 85, Bd. 50 S. 35; M i t t e l s t e i η Binnenschiffahrtsrecht § 3 Anm. 5 c ß). Für ein solches Verschulden hätte in entsprechender Anwendung von § 3 BinncnschiffG., § 435 HGB. die Klägerin dem durch den Zusammenstoß geschädigten Dritten aufzukommen ( S c h a p s Seerecht § 481 Anm. 15, § 735 Anm. 10/11). Demnach würde auch dieser Schaden gemäß § 69 Abs. I Nr. 7 ASVB. (Fassung der Police), § 92 BinnenschiffG., § 73 5 HGB. unter die Versicherung fallen. 2. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt: Die Beklagte habe vor und bei Abschluß des Versicherungsvertrags Kenntnis davon gehabt, daß der Schleppdampfer „Neptun" eine unter die Versicherung fallende Probefahrt machen werde. Es hätte also selbst für den Fall, daß das Abhalten einer Probefahrt im allgemeinen als gefahrerhöhender Umstand im Sinne von §§ 29 flg. ASVB. anzusehen sein sollte, im Verhältnis der Parteien keiner besonderen Anzeige der Probefahrt bedurft ( § 3 1 Abs. 2 ASVB.). Dies gelte auch von der Werftprobefahrt. Denn die Werftprobefahrt sei der eigentlichen Probefahrt gegenüber nicht als 15·
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gefahrerhöhender Umstand anzusehen. Da die Beklagte überhaupt Kenntnis von der Veranstaltung einer Probefahrt gehabt habe, so sei keine besondere Anzeige von der Werftprobefahrt erforderlich gewesen. Diese Erwägungen betreffen im wesentlichen das der Revision nicht zugängliche Tatsadiengebiet. Ersichtlich geht das Berufungsgericht davon aus, daß eine unter die Versicherung fallende Probefahrt grundsätzlich in der Art und in dem räumlichen und zeitlichen Umfang vorgenommen werden durfte, wie dies den berechtigten Interessen des Versicherten bei Übergabe und Abnahme des Schiffes entsprach, ohne daß dabei das den Grundsätzen von Treu und Glauben im Verkehr entsprechende Maß übersdiritten wurde. Führte ein in diesem Sinne sachgemäßes Vorgehen dazu, die Probefahrt in zwei Teile zu zerlegen und der eigentlichen, regelmäßig mit gewissen festlichen Veranstaltungen an Bord verbundenen Probefahrt eine — besonderen technischen und nautischen Versuchen dienende — Werftprobefahrt vorhergehen zu lassen, so konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum annehmen, daß dies gegenüber dem sonst Üblichen keinen gefahrerhöhenden Umstand bedeute. Daß aber die Werftprobefahrt hier zwedclos gewesen oder aus dem Rahmen des Verkehrsüblichen und nach Treu und Glauben zu Erwartenden herausgefallen sei, ist weder aus den Feststellungen des Berufungsgerichts noch sonst ersichtlich. Es kommt auch nicht etwa in Frage, daß die Werftprobefahrt auf eine Prüfung der Fahrtüchtigkeit des Schiffes im oben dargelegten Sinne abgestellt war. Denn diese Fahrtüchtigkeit, die nach § 70 Nr. 1 ASVB. (in der Fassung der Police) bei Beginn der Werftprobefahrt vorhanden sein mußte, ist nach den rechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufungsgerichts damals auch vorhanden gewesen. RGZ. 118, 13. Zur Frage der relativen oder beschränkten Seetüchtigkeit eines Flußschiffes und ihrer Bedeutung für die Haftpflicht des Transportverricherers, insbesondere wenn die Sceuntüchtigkeit von der Schißsbesatzung verschuldet worden war. Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 (ADS.) §§ 33, 58. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 9.Juli 1927.
1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — IL Oberlandesgeridit daselbst.
Im Februar 1925 hatte die Schiffsverkaufsgesellschaft A. &L. für Redinung, wen es angeht, bei den Beklagten das Kasko nebst Inventar
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sowie den Motor des Motorschleppers „Ägir", eines Flußfahrzeugs, für die Reise von Hamburg durch den Elbe-Travekanal über Travemünde nadi Königsberg i. Pr. und weiter nach Lotzen versichert. Interessenten an dieser Versicherung sind die Kläger. Der versicherte Motorschlepper hat auf der Versicherungsreise zweimal einen Unfall erlitten. Hier handelt es sich nur noch um Ersatz der Schäden des zweiten Unfalls, der dadurch verursacht wurde, daß nadi der Abfahrt des Schiffes von Warnemünde der Motor bei Arcona versagte und das Schiff von einem Bergungsdampfer nach Saßnitz geschleppt werden mußte. Die Beklagten behaupten, dieser Unfall sei darauf zurückzuführen, daß der Motorschlepper nicht seetüchtig gewesen oder doch nicht in dem nach der Police erforderlichen reisetüchtigen Zustand in See gesandt worden sei. Das Berufungsgericht ist dieser Auffassung im wesentlichen beigetreten und hat die Klage abgewiesen, während der erste Richter ihr zum Teil stattgegeben hatte. Die Revision der Kläger blieb erfolglos. Gründe: Das versicherte Schiff ist in der Versicherungspolice bezeichnet als ein „Flußfahrzeug, 18m lang, 4,48m breit, 1,10m tief, mit 85 PS". Die Versicherung ist genommen für die Reise von Hamburg unter eigener Kraft durch den Elbe-Travekanal über Travemünde nadi Königsberg i. Pr. und weiter mit Bahn oder Kesselwagen (Pferdegespann) oder Trecker nach Lotzen im durchstehenden, ununterbrodienen Risiko. In der Versicherungspolice ist ferner angeführt: Das Fahrzeug solle Verwendung finden auf den Masurisdien Seen und die Versicherung umfasse das gesamte Risiko von Hamburg nadi Lotzen, ausschließlich des Risikos des Auf- und Abnehmens bis zu dem Augenblidc, in dem das Fahrzeug am Bestimmungsort wieder zu Wasser gebradit sei. Die Überführung des Fahrzeugs erfolge durch einen Kapitän für kleine Fahrt; für den Transport von Königsberg nach Lotzen gelte die Versicherung zu den allgemein üblichen Landtransport-Versicherungsbedingungen; im übrigen sollten die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 Anwendung finden. Im Anschluß an diesen Inhalt der Versicherungspolice hat das Berufungsgericht folgendes ausgeführt: Nach § 58 ADS. hafte der Versicherer nicht für einen Sdiaden, der dadurch verursacht worden sei, daß das versicherte Schiff nicht seetüchtig in See gesandt war. Ein FlußMotorsdilepper sei seiner Natur nach niemals so seetüchtig wie ein Seeschiff, in diesem Sinne könne daher § 58 ADS. hier nidit verstanden werden. Anderseits spreche nichts dafür, bei der vorliegenden Versicherung nur eine Fahrtüchtigkeit im Sinne von § 8 BinnensdiiffG. zu ver-
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langen. Denn für den Versicherer sei es ganz gleichgültig, o b das auf eine Seereise gesandte Schiff für eine Binnenreise gehörig ausgerüstet sei. Die Anwendung von § 58 A D S . auf die Seereise eines FlußsdiiPfs k ö n n e daher nur in der Weise erfolgen, daß das Schiff soweit seetüchtig zu machen sei, wie es ohne unverhältnismäßige Aufwendungen gegenüber der Binnenfahrtüchtigkeit gemacht werden könne. Sei nun die Ursadie eines Seeunfalls ein Mangel der Seetüchtigkeit des Flußschiffs gewesen, der ohne unverhältnismäßige Aufwendungen habe behoben werden können, so k ö n n e der Versicherer unter Berufung auf § 58 A D S . dem Versicherten entgegenhalten, daß das Schiff nicht so seetüchtig gewesen sei, wie es nach dem Versicherungsvertrag h ä t t e sein sollen. So liege es hier. D e r Motorschlepper , , Ä g i r " sei dadurch in Seenot geraten, daß infolge von Verschmutzung der Brennstofftanks die Z u leitungen zum M o t o r bei bewegter See sich verstopft hätten und so der Lauf des M o t o r s gestört worden sei. Die Verschmutzung der Brennstofftanks hätte ohne unverhältnismäßige Aufwendungen v o r der A b fahrt des Schiffes beseitigt werden k ö n n e n . Daß der sich am Boden der T a n k s sammelnde Schmutz eine Fahrt in Binnengewässern nicht beeinträchtigt hätte, weil bei der dortigen geringen Bewegung des Sdiiffes der Schmutz am Boden liegen geblieben wäre, sei hier ohne Bedeutung. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts enthalten keinen Rechtsirrtum. Die Vorschrift in § 58 A D S . , wonach der Versicherer nicht für den Schaden h a f t e t , der dadurch verursacht wird, daß das Schiff nicht seetüchtig in See gesandt ist, bedeutet eine o b j e k t i v e Beschränkung der Haftung des Versicherers. Es kommt also auf Wissen und Willen des Versicherten in bezug auf die fehlerhafte Beschaffenheit des Schiffes nicht an ( R G Z . Bd. 115 S. 6 7 ; R i t t e r , Seeversicherung § 58 Anm. 23). Ebenso ist es unerheblich, o b die Schiffsbesatzung, namentlich den Kapitän, eine Sdiuld an der Seeuntüchtigkeit des Schiffes trifft oder nidit (R i 11 e r a. a. O . § 58 Anm. 20). Dieser Grundsatz der objektiven Haftungsbeschränkung des Versicherers muß audi dann gelten, wenn die Versicherungsreise ganz oder — wie hier — teilweise aus einer Seereise besteht und der Versicherer bei Abschluß des Versicherungsvertrags wußte, daß das Schiff ein Flußsdiiff ist, das eine Seetüchtigkeit im eigentlidien Sinne nicht besitzt. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß dann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, worauf in § 13 A D S . besonders eindringlich Bezug genommen ist, das Flußsdiiff für die versicherte Seereise soweit in verkehrsüblicher Weise seetüchtig zu machen ist, wie dies ohne unverhältnismäßige Aufwendungen gegenüber der Binnenfahrtüchtigkeit
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geschehen kann ( R i t t e r a . a . O . § 5 8 Anm. 22 a. E.). Dabei wird in entsprechender Anwendung der für § 58 ADS. geltenden Grundsätze die Haftpflicht des Versicherers durch die bloße Tatsache beseitigt, daß sich das Schiff bei Beginn der unter die Versicherung fallenden Seereise nicht in dem danach erforderlichen Zustande befunden hat. Zu Unrecht wendet die Revision ein, daß damit ein dem Transportversicherungsrecht fremder Begriff der relativen oder der beschränkten Seetüchtigkeit eingeführt werde. Denn gerade diese Begriffe, wonadi das versicherte Schiff nur für die besonderen Umstände der beabsichtigten Transportunternehmung tüchtig sein muß — relative Seetüchtigkeit —, oder nur für gewisse Fahrten (ζ. B. an der Küste entlang) oder für Fahrten bestimmter Art und unter bestimmten Umständen (ζ. B. bei gutem Wetter) — beschränkte Seetüchtigkeit — geeignet ist, sind im Seeversicherungsrecht allgemein anerkannt und gebräuchlich ( R i t t e r a . a . O . § 53 Anm. 6, 7; S c h a p s , Seerecht § 51 3 Anm. 2). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mußte vor Beginn der Seereise die Verschmutzung der Brennstofftanks entfernt werden. Die Tanks enthielten Schmutz, Fasern und Glasstücke. Das war schon für die Binnenschiffahrtsreise nicht ordnungsmäßig, wenngleich hier bei ruhiger Fahrt solche Fremdkörper auf dem Tankboden liegen blieben. Beim Arbeiten des Schiffes in bewegter See dagegen vermengten sie sich mit dem Öl derartig, daß sie durch die Filter nicht zurückgehalten wurden und in die Zuleitungen zum M o t o r gelangten. Das Schiff war also bei Beginn der Seereise sowie bei der Abfahrt von Warnemünde in einem solchen Zustande, daß es nicht geeignet war, die gewöhnlichen Gefahren der Seeschiffahrt, und zwar auch der hier in Frage kommenden Seefahrt längs der Ostseeküste, zu überstehen, Das Schiff konnte aber ohne besonderen Aufwand von Zeit, Mühe und Kosten durch Reinigung der Tanks in einen gehörigen Zustand versetzt werden. Dies mußte und konnte spätestens vor Beginn der Seefahrt oder audi noch vor der Ausreise von Warnemünde geschehen und gehörte — wie das Berufungsgericht festgestellt hat — zu den Obliegenheiten des Maschinisten oder des Schiffsführers. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, daß die Kläger mit Erfolg geltend machen könnten, es handle sich hier um ein für den Unfall ursächliches Verschulden der Schiffsbesatzung, das gemäß § 33 Abs. 3 ADS. nicht der Versicherungsnehmer, sondern der Versicherer zu vertreten habe. Denn die Vorschrift in § 33 Abs. 3 bezieht sich nicht auf ein solches Verhalten der Schiffsbesatzung, das die unzulängliche Beschaffenheit des Schiffes bei Beginn der Seereise im oben erörterten Sinne zur Folge hat, eine Beschaffenheit, welche die
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Haftpflicht des Versicherers objektiv, also ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Versicherten oder der Schiffsbesatzung, ausschließt ( R i t t e r a . a . O . § 3 3 Anm. 36, 37, 38, 39; § 5 8 Anm. 19 bis 30; S i e v e k i n g , Seeversicherungsrecht § 8 2 1 Anm. 4; V o i g t , Seeversicherungsrecht S. 445 flg.; Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 § 7 0 Nr. l). Im vorliegenden Falle handelt es sich bei der Reinigung der Brennstofftanks um die gehörige und verkehrsübliche Instandsetzung einer unmittelbar dem Schiffsbetrieb dienenden Einrichtung des Schiffes. Diese Reinigung war erforderlich, um das Schiff für einen Teil der Versicherungsreise tauglich zu machen. Sie mußte vor Beginn dieses Abschnitts der Versicherungsreise erfolgen, da sie auf See nicht oder doch nicht in sachgemäßer Weise vorgenommen werden konnte, etwa sobald infolge Wellengangs eine stärkere Bewegung des Schiffes eintrat. Deshalb sind die Versicherer ohne Rücksicht darauf, ob ein schuldhaftes Verhalten der Schiffsbesatzung vorliegt oder nicht ( § 3 3 Abs. 3 ADS.), gemäß § 58 ADS. von der Haftung für den Unfall befreit. Demgegenüber ist die Bezugnahme der Revision auf das Urteil des Reichsgerichts vom 21. April 1913 I 921/12 (Hans. Gerichtszeitung 1913, Hauptbl. S. 180 Nr. 85) schon um deswillen verfehlt, weil die dort an Hand der Bremer Seeversicherungs-'Bedingungen von 1875 angestellten Erwägungen auf besonderen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts beruhen, wie sie hier nicht in Frage kommen. Ähnlich verhält es sich mit den in RGZ. Bd. 8 5 S. 129 auf Grund der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 erörterten Gesichtspunkten (zu vgl. aber auch R i t t e r , Seeversicherung § 58 Anm. 20). RGZ. 120, 39. Geht ein Schaden, der dadurch verursacht worden ist, daß das Schiff infolge nicht gehöriger Beladung nicht seetüchtig war, zo Lasten des Versicherers oder des Versicherungsnehmers? Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 § 33 Abs. 3, § 58. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 21.Januar 1928.
1. Landgericht Flensburg, Kammer f ü r Handelssadien. — II. Oberlandesgeridit
Kiel.
Der der Klägerin gehörige Dampfer „Kanal IV" ist am 5. Dezember 1924 auf der Fahrt von Flensburg nach Hamburg bei stürmischem Wetter in der Nähe von Schleimünde gesunken. Nach dem Spruch des Seeamtes ist das Sinken des Schiffes darauf zurückzuführen, daß ein Teil der Ladung (Kupferplatten) von berufsmäßigen Stauern nicht vor-
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schriftsmäßig verstaut worden war und daher während des starken Seegangs beim Schlingern des Schiffes im Unterraum übergegangen ist. Der Dampfer war mit Maschinen und Zubehör bei der Beklagten für die Unfallreise versichert. Auf den Versicherungsvertrag finden vereinbarungsgemäß die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 (ADS.) Anwendung. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung der Versicherungssumme nadi Abzug des Reinerlöses aus der Verwertung des inzwischen gehobenen Wracks. Die Beklagte wendet ein, der Untergang des Schiffes sei auf nicht gehörige Beladung zurückzuführen und sie sei daher von ihrer Haftung nadi § 58 ADS. befreit. Demgegenüber hat sidi die Klägerin u. a. darauf berufen, daß für mangelhafte Beladung des Schiffes der Schiffer verantwortlich sei und daß die Klägerin nadi § 3 3 Abs. 3 ADS. ein Verschulden der Schiffsbesatzung nidit zu vertreten habe. Die Instanzgerichte haben die Klägerin abgewiesen. Ihre Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Untergang des Dampfers auf unsachgemäße Stauung der im Großraum verstauten Kupferplatten zurückzuführen. Danach hatte sidi die Ladung infolge der fehlerhaften Stauung bei dem starken Sturm zum Teil versdioben; hierdurch entstand eine Neigung des Schiffes (Schlagseite), die für seinen Untergang ursächlich wurde. Auf diesen Tatbestand wendet das Berufungsgericht den § 58 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 ADS. an. Der § 5 8 ADS. besagt: „ D e r Versicherer haftet nicht für einen Schaden, der dadurch verursacht wird, daß das Schiff nicht seetüchtig, insbesondere nicht gehörig . . . beladen . . . in See gesandt ist." M i t Recht betont das Berufungsgericht, daß diese Vorschrift auch eine unsachgemäße Stauung der Ladung von der hier festgestellten Art umfaßt, einerlei, ob dieser Mangel auf ein Verschulden des Reeders, der Schififsbesatzung oder anderer Personen zurückzuführen ist oder nicht ( R i t t e r , Recht der Seeversicherung § 58 Anm. 15 flg.). Die Vorschrift beruht auf einem in den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen zum Ausdruck gekommenen Grundsatz über die versicherungsrechtliche Bedeutung der Seetüchtigkeit, der in Rechtsprechung und Schrifttum vielfach mit den Worten ausgedrückt wird: Der V e r sicherungsnehmer „garantiert" die Seetüchtigkeit des versicherten Schiffes bei Antritt der Versidierungsreise ( R i t t e r a . a . O . § 58 Anm. 19). Das Berufungsgericht untersucht dann, ob dieser Grundsatz hier ausgeschlossen oder beschränkt werde durch die Vorschrift in § 33
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Abs. 3 ADS.: „Der Versicherungsnehmer hat das Verhalten der Sdiiffsbesatzung als solcher nicht zu vertreten." Der Vorderrichter stellt fest, daß die fehlerhafte Stauung der Ladung auf einem Verschulden der Schiffsbesatzung, nämlich des Schiffers beruhe, dem in § 5 1 4 HGB. ausdrücklich die Sorge „für die gehörige Stauung nach Seemannsbrauch" auferlegt sei. Er meint aber, daß sich die Klägerin als Versicherungsnehmerin hierauf in Verbindung mit § 3 3 Abs. 3 ADS. gegenüber der Beklagten nidit berufen könne. Denn diese Bestimmung habe nur Bedeutung als Ausnahmefall im Rahmen der grundsätzlichen Vorschriften in Abs. 1 und 2 dieses Paragraphen über die Befreiung des Versicherers von seiner Leistungspflidit bei einem für den Schaden ursächlichen V e r schulden des Versicherungsnehmers und anderer Personen. Wenn aber ohne Rücksicht auf ein solches Verschulden in bestimmten Fällen auf Grund besonderer Vorschriften der Allgemeinen Deutschen Seeversidierungs-Bedingungen die Haftpflicht des Versicherers ausscheide, komme jene Sonderbestimmung in § 33 Abs. 3 nidit in Frage. Dies sei hier der Fall, wo nach § 5 8 ADS. der Versicherungsnehmer selbst den aus der fehlerhaften Stauung erwachsenen Schaden audi dann zu tragen habe, wenn niemand ein Verschulden hieran zur Last falle. Dann fehle es an einer inneren Berechtigung, dem Versicherungsnehmer die Gefahr, die er sogar beim Fehlen eigenen oder fremden Verschuldens grundsätzlich zu tragen habe, wegen eines für diese Gefahr ursächlichen Verschuldens der Schiffsbesatzung abzunehmen. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum. Sie entsprechen dem bereits in R G Z . Bd. 118 S. 13 vertretenen Standpunkt, daß die in § 5 8 ADS. geregelte Haftungsbeschränkung des Versicherers objektiver Natur ist und von der Sondervorschrift in § 33 Abs. 3 nidit berührt wird. Dort ist auch betont, daß gegenüber den Vorsdiriften der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen die Erörterungen nicht in Betracht kommen können, die in R G Z . Bd. 8 5 S. 129 flg. auf Grund der Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 angestellt worden sind (vgl. auch R i t t e r a . a . O . § 5 8 Anm. 2 0 ; R G Z . Bd. 7 0 S. 95). R G Z . 121, 396. Welche Bedeutung hat die in § 7$ der Allgemeinen Deutschen Secversidierungsbedingungen von 1 9 1 9 vorgeschriebene Ausbesserung des Teilschadens für den Anspruch des Versicherungsnehmers? I. Z i v i l s e n a t . I. L a n d g e r i c h t
Urt. v. 12. Juli 1923.
H a m b u r g , K a m m e r f. H a n d e l s s a c h e n . —
II. O b e r l a n d e s g e r i c h t
daselbst.
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Die klagende Reederei hatte ihren Dampfer ,,Hedwig" für die Zeit vom 20. März 1925 bis zum 19. März 1926 bei den beklagten Versicherungsgesellschaften gegen Seeunfall versichert. Der Versicherung lagen vereinbarungsgemäß die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919 (ADS.) zugrunde. Während der Versicherungszeit hatte der Dampfer drei Seeunfälle, welche Kasko-Teilschäden verursachten. Die Schäden wurden gemäß § 74 ADS. durch Sachverständige auf 17 565 RM festgestellt. Bei der im Juni 1926 vorgenommenen Dispachierung wurde zu Lasten der Beklagten ein policemäßiger Schaden von 18 381,25 RM eingesetzt. Bereits im Februar oder März 1926 haben die Beklagten auf Anfordern der Klägerin für die Ausführung der Ausbesserungen an dem Dampfer einen Vorsdiuß von 12 000 RM entrichtet; die Klägerin hat aber die Beschädigungen des Dampfers n i d n ausgebessert, sondern den Versicherern im April 1926 mitteilen lassen, daß sie von einer Ausbesserung des Schiffes wegen der großen Höhe der Ausbesserungskosten absehen wolle. Später hat sie den Dampfer in beschädigtem Zustande für 15 000 RM verkauft. Der Erwerber ist nicht in das Versicherungsverhältnis eingetreten; er hat das Schiff nach Angabe der Klägerin mit einem Kostenaufwand von 21 000 dänischen Kronen in betriebsfähigen Zustand gebracht. Die Klägerin behauptet, wegen wichtigen Grundes nach § 75 Abs. 5 ADS. zur Ausbesserung des Schiffes nicht verpflichtet gewesen zu sein. Ein von den Parteien gemäß § 75 Abs. 6 ADS. angerufenes Schiedsgericht hat durch Schiedsspruch vom 25. Mai 1927 das Vorhandensein eines wichtigen Grundes verneint. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz des Versicherungsschadens, wobei sie die bereits gezahlten 12 000 RM in Anrechnung bringt. Die Beklagten fordern widerklagend Rückzahlung dieser 12 000 RM. Landgericht und Oberlandesgcricht wiesen die Klage ab und gaben der Widerklage statt. Auf die Revision der Klägerin wurde der Klaganspruch dem Grunde nach festgestellt und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Gründe : Das Berufungsgeridit hat dargelegt, daß die Klägerin sich nicht auf § 75 Abs. 5 ADS. berufen könne, sondern grundsätzlich gemäß § 75 Abs. 1 nach Feststellung des Teilschadens den Dampfer unverzüglich hätte ausbessern müssen. Diese Ausführungen sind nicht rechtsirrig. Die Revision wendet sich denn audi in erster Reihe gegen die vom Berufungsgericht daraus gezogenen Schlußfolgerungen. Diese gehen dahin: Die §§ 44, 74 ADS. enthielten „Voraussetzungen" für die
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Zahlungspflicht des Versicherers, der auf Grund des Versicherungsvertrags nicht zu leisten brauche, bevor sie erfüllt seien. Dies sei dort ausdrücklich ausgesprochen. Insbesondere sei in § 74 Abs. 9 ADS. nicht etwa nur ein Zurückbehaltungsrecht des Versicherers gegeben, sondern die Verpflichtung des Versicherers entstehe überhaupt erst nach Erfüllung der in § 74 ausgesprochenen Pflichten des Versicherungsnehmers. Der enge äußere und innere Zusammenhang der §§ 74 und 75 zwinge zu dem Schluß, daß bei einer Kaskoversicherung auch die gehörige Erfüllung der nach § 75 dem Versicherungsnehmer obliegenden Pflichten Voraussetzung für den Grund des Schadenersatzanspruchs des Versicherungsnehmers sei. Da nun die Klägerin es o h n e ausreichenden Grund unterlassen habe, den Teilschaden unverzüglich auszubessern, und da die Ausbesserung auch in Z u k u n f t nicht mehr möglich sei, so k ö n n e auch die Schadensersatzpflicht der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag nicht mehr zur Entstehung kommen. Daneben lasse sich das Verhalten der Klägerin als positive Verletzung einer Hauptvertragspflicht auffassen, die den Beklagten ein Recht zum Rüdetritt vom Versicherungsvertrag nach § 326 BGB. gebe. In § 7 4 ADS. heißt es: (1) Ein Teilschaden ist durch Sachverständige festzustellen . . . (8) Die von den Sachverständigen getroffene Feststellung ist nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellung erfolgt in diesem Falle durch Urteil. . . . Ferner in § 75: (1) Nach Feststellung des Teilschadens ist das Schiff unverzüglich auszubessern. . . . (3) Die Ersatzpflicht des Versicherers wird durch die für die Ausbesserung aufgewendeten Kosten bestimmt. Übersteigt der Gesamtbetrag dieser Kosten den von den Sachverständigen geschätzten Betrag, so wird die Ersatzpflicht durch den geschätzten Betrag bestimmt. . . . Danach soll die in § 75 Abs. 1 vorgesehene Ausbesserung des Teilschadens nur dazu dienen, die in § 74 vorgeschriebene Feststellung jenes Schadens zu kontrollieren ( R i t t e r Recht der Seeversicherung § 7 5 Anm. 3, 10; V o i g t Seeversicherungsrecht S. 700 Abs. 3). Dabei ist der Betrag der für die Ausbesserung aufgewendeten Kosten keineswegs unbedingt entscheidend. Dies zeigt sich schon darin, daß nach § 75 Abs. 3 die Ersatzpflicht des Versicherers ausschließlich durch den festgestellten Betrag des Schadens bestimmt wird. Sieht man von dieser
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Sondervorschrift ab, so ist grundsätzlich maßgebend entweder der Betrag der Ausbesserungskosten oder der von den Sachverständigen (oder statt ihrer durch Urteil) nach § 74 Abs. 1—8 ADS. festgestellte Betrag, je nachdem, welcher Betrag geringer ist. Hat aber nach § 74 Abs. 9 Satz 2 ADS. eine anderweitige Feststellung des Sdiadens stattgefunden, so sind grundsätzlich nur die Ausbesserungskosten maßgebend ( R i t t e r a . a . O . § 7 5 Anm. 26). Es kann indessen der Fall auch so liegen, daß eine Feststellung oder Kontrolle der Ersatzpflicht des Versicherers „durch die für die Ausbesserung des Teilschadens aufgewendeten K o s t e n " überhaupt nicht möglidi ist. So z.B., wenn ein unter die Versicherung fallender Teilschaden entstanden ist und das Schiff, bevor dieser Teilschaden beseitigt werden konnte, infolge eines versidierungsfreien, vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Ereignisses völlig verloren geht. Audi dann hat der Versicherer an und für sich den versicherten Teilschaden zu ersetzen (R i 11 e r a. a. O . § 75 Anm. 40, 41; § 28 Anm. 24). O b und inwieweit dabei eine Feststellung des Teilschadens nach § 74 Abs. 1—8 oder Abs. 9 Satz 2 ADS. erforderlich ist, bedarf hier keiner näheren Darlegung. Es genügt der Hinweis, daß nach den Allgemeinen Deutsdien Seeversicherungsbedingungen eine Ersatzpflicht des Versicherers für Kasko-Teilschaden, audi abgesehen v o n den daselbst in § 7 5 Abs. 5 vorgesehenen Fällen, trotz Unterlassens einer gehörigen Ausbesserung des Teilsdiadens und Fehlens einer Klarstellung über die Höhe solcher Ausbesserungskosten begründet sein kann. Es ist daher nicht, wie das Berufungsgericht meint, „aus dem engen äußeren und inneren Zusammenhang der §§ 74 und 75 ADS." die Sdilußfolgerung zu ziehen, daß die unverzügliche Ausbesserung für das Bestehen und die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs des Versicherungsnehmers dieselbe Bedeutung habe wie die in §§ 44 und 74 a.a.O. aufgestellten Erfordernisse ( R i t t e r a.a.O. § 74 Anm. 57flg., § 44 Anm. 2 flg.). Das folgt auch nicht aus dem Umstand, daß der Versicherungsnehmer ebenso wie zur Mitwirkung bei der Schadensfeststellung nadi § 74 grundsätzlich zur unverzüglichen Ausbesserung des Teilsdiadens verpflichtet ist (R i 11 e r a. a. O . § 75 Anm. 13). Auch da, wo eine Ausbesserungspflicht des Versicherungsnehmers nach § 75 Abs. 1, 3 ADS. anzunehmen ist, dient diese Ausbesserung im Versicherungsverhältnis weder zur Abwendung noch zur Minderung des Teilschadens, sondern nur zur Feststellung und Kontrollierung der von den Versicherern zu deckenden Schadenshöhe ( R i t t e r a.a.O. § 75 Anm. 10, 3, 4). Es ist nicht ersichtlich, daß die Versidierer ein anderes oder weitergehendes berechtigtes Interesse an der tatsächlichen Ausbesserung
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des Teilsdiadens auf Grund von § 75 ADS. hätten. So ist denn audi nur dieses Interesse an Feststellung und K o n t r o l l e der Höhe des T e i l sdiadens von den See-Versicherern bei der Beratung und Vereinbarung der einschlägigen Vorschriften in § 7 5 A D S . angeführt worden (vgl. B r u c k , Materialien zu den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen Band I S. 2 6 4 Bern. 1 flg., Bern. 14. Α . M . R i 11 e r § 7 5 Anm. 13, § 7 4 Anm. 1 1 ; vgl. aber audi § 7 5 Anm. 4 0 , 4 1 ) . Dies alles weist darauf hin, daß die in § 7 5 ADS. geregelte Ausbesserungspflicht nur für die H ö h e des Versicherungsschadens Bedeutung hat, nicht aber die Grundlage des Schadensersatzansprudis selbst berührt. Jene Ausbesserungspflidit betrifft daher auch nicht eine dem Versicherungsnehmer obliegende Leistung, auf welche die Vorschriften in § § 326 und 3 2 3 flg. B G B . angewandt werden k ö n n t e n . Insbesondere steht der Anwendbarkeit von § 3 2 6 B G B . entgegen, daß die Ausbesserungspflicht keine Hauptverpflichtung im Sinne des Versicherungsvertrags ist. Hätte in § 7 5 A D S . etwas anderes bestimmt werden sollen, so hätten die Versicherer, welche die Abfassung der Bedingungen in erster Linie und entscheidend beeinflußt haben, dies klar und deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein unter die Versicherung fallender Teilschaden entstanden und gemäß § 74 Abs. 1 bis 7 ADS. durch Sachverständige festgestellt worden, audi ist den Voraussetzungen des § 4 4 ADS. genügt. Somit hat die Klägerin grundsätzlich einen Ansprudi auf Ersatz des Versicherungsschadens. Ist der Teilschaden nicht in der durch § 75 A D S . vorgesehenen Weise ausgebessert worden, obwohl weder die in § 75 Abs. 5 erwähnte Ausnahme von der Ausbesserungspflicht, noch eine vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretende Unmöglichkeit gehöriger Ausbesserung vorliegt, so kann die Klägerin zwar nidit schlechthin die nach § 7 4 Abs. 1—7 ADS. festgestellte S c h a d e n s u m m e , wohl aber den Betrag verlangen, auf den sie bei gehöriger und rechtzeitiger Ausbesserung gemäß § 75 Abs. 3, 4 Anspruch hätte. Für die H ö h e dieses Betrags ist die Klägerin grundsätzlich beweispflichtig. Die H ö h e des Versicherungsanspruchs ist auch von Bedeutung für die von den Beklagten erhobene Widerklage.
RGZ. 122, 233. Was bedeutet „nicht gehörig bemannt" in § 821 Nr. 1 HGB.? I. Z i v i l s e n a t
Urt. v. 7. N o v e m b e r
I. Landgericht I Berlin. K a m m e r für Handelssachen. —
1928.
II. KammergeriAt
daselbst.
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Die Beklagte war bei der Klägerin auf Kasko, Motor und Zubehör der Motorbarkasse ,-Bijagos" für Fahrten innerhalb und in der Nähe des Bijagos-Archipels (Portugiesisch Neu-Guinea) versichert. Während der Versidierungszeit ist die Barkasse bei einer Versidierungsreise im Februar 1926 auf einen Pfahl gefahren und in Totalverlust geraten. Die Beklagte hat der Klägerin von dem Schadensfall Nachricht gegeben und Zahlung der Versicherungssumme von 20 000 RM verlangt. Die Klägerin hat der Beklagten auf ihre Forderung zunächst 12 000 RM gezahlt unter dem Vorbehalt, daß der Schaden zu Lasten der Police gehe. Kurz darauf hat sie der Beklagten weitere 8000 RM gezahlt. Die Klägerin behauptet, es habe sich nunmehr herausgestellt, daß der Schaden durch Überlassung der Steuerung der Motorbarkasse an einen 14 bis 15 Jahre alten Burschen, also durch nicht gehörige Bemannung des Schiffes, entstanden sei und ihr gemäß § 821 Nr. 1 HGB. nicht zur Last falle. Sie verlangt daher jetzt Rüdczahlung der 20 000 RM nebst Zinsen. Die Klägerin unterlag in allen drei Reditszügen. Gründe: (Es wird zunächst dargetan, daß die Klägerin — ganz abgesehen davon, ob sie bei der zweiten Zahlung ihren Vorbehalt aufrecht erhalten habe oder nidit — dafür beweispflichtig sei, daß die Motorbarkasse auf der Unfallreise nicht gehörig bemannt in See gesandt und daß der Schaden hieraus entstanden sei.) Das Berufungsgericht hat folgendes ausgeführt. Es habe sich um eine ganz kurze Fahrt in der Nähe der Küste gehandelt. Daher müsse angenommen werden, daß das Schiff trotz Abwesenheit des Kapitäns gehörig bemannt gewesen sei. Die Klägerin habe nicht dargetan, daß der Bootsmann völlig dienstunfähig oder durch sein Beinleiden auch nur erheblich in seinem Dienste behindert gewesen sei. Der Umstand, daß der Matrose Albino mit der Führung des Steuers betraut worden sei, hätte nadi aller Wahrscheinlichkeit nicht zu dem Unglück geführt. Hätte der Bootsmann ihn im ruhigen Fahrwasser unter Aufsicht gehabt und in schwierigen Fällen, ζ. B. beim Anlanden, kurze Zeit das Steuer selbst bedient, so wäre das Boot vermutlich ohne Unfall an Land gekommen. Es sei durchaus wahrscheinlich, daß der Bootsmann, der die aus seinem Leiden sich ergebenden Hemmungen pflichtgemäß hätte überwinden müssen, aus Nachlässigkeit und Bequemlichkeit seinen Dienst nicht genügend versehen habe und daß hierdurch der Schaden entstanden sei. Die Klägerin habe aber nach § 8 der englischen Versicherungsbedingungen (Institute Time Clauses, Hulls-F. P. A. Absolutely) für Schäden einzustehen, die durdi Verschulden der Schifisbesatzung entstanden
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sind. Jedenfalls habe die Klägerin keinen genügenden Beweis dafür erbracht, daß der Bootsmann audi bei Erfüllung seiner Pflichten das Unglück wegen seines Leidens nidit hätte abwenden können. Hiermit hat das Berufungsgericht zum Ausdruck gebracht: es sei nach Lage der Sache anzunehmen, daß die Motorbarkasse auf der Unfallreise den Verhältnissen dieser Reise entsprechend gehörig bemannt gewesen und daß der Unfall durch Verschulden (Nachlässigkeit, negligence) der Schiffsbesatzung (des Bootsmannes) verursacht worden sei, da die Klägerin besondere dagegen sprechende Umstände nicht dargetan und bewiesen habe. Diese im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Erwägungein des Berufungsgerichts sind rechtlich fehlerfrei. Den Versicherungsvertrag haben Aktiengesellschaften abgeschlossen, die in Deutschland ansässig sind; für die in Deutschland angefertigte Police ist ein deutscher Vordruck benutzt worden, in dem auf die angehängten englischen Bedingungen hingewiesen wird. Danach sind zwar die in Bezug genommenen englischen Bedingungen, die zu den typischen Bedingungen des englischen Assekuranz-Verkehrs gehören, in dem Sinne auszulegen, wie sie im englischen Rechtsverkehr verstanden werden. Im übrigen aber ist der Versicherungsvertrag nach deutschem Recht zu beurteilen, d. h. mangels Heranziehung besonderer Seeversicherungsbedingungen in erster Reihe nach §§ 778 flg. HGB. Die der Versicherungspolice beigefügten englischen Bedingungen enthalten keine ausdrücklichen Vorschriften für den Fall, daß das Schiff auf der Unfallreise nicht gehörig bemannt (nicht gehörig bemannt in See gesandt) war. Nimmt man mit der Klägerin an, daß ein solcher Fall auch mittelbar von den englischen Bedingungen, insbesondere von der Nr. 8 der Institute Time Clauses, nicht betroffen wird, so würde § 821 Nr. I HGB. anwendbar sein und danach die Klägerin nicht haften, wenn der Schaden daraus entstanden sein sollte, daß das Schiff nicht gehörig bemannt in See gesandt worden ist. Für die Frage, ob letzteres der Fall war oder nicht, kommt es nicht nur auf Art und Größe des Schiffes, Qualität der Mannschaft usw. an, sondern auch auf die besonderen Umstände der Reise selbst, ihre Dauer, ihr Ziel, die Zeit ihrer Ausführung und die zu dieser Zeit herrschenden Witterungs-, Wasser- und Beleuchtungs-Verhältnisse. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht Gewicht darauf gelegt, daß es sich um eine ganz kurze Fahrt (unbestritten von 20—30 Minuten Dauer) in der Nähe der Küste und in ruhigem Fahrwasser handelte. Wenn also das Berufungsgericht angenommen hat, daß das Schiff trotz Abwesenheit des Kapitäns für die Reise gehörig bemannt war, zumal da der an Bord befindliche Bootsmann der
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b e r u f e n e Vertreter des Kapitäns gewesen sei, so ist dies nicht rechtsirrtümlich. Insbesondere geben die Parteiausführungen und die Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anhalt dafür, daß, wie die Revision meint, das Schiff bei Berücksichtigung der in Portugiesisch N e u - G u i n e a gegebenen Verhältnisse ohne Kapitän unter keinen Umständen als genügend bemannt erachtet werden k ö n n e . Es ist audi nicht ersichtlidi, daß der Bootsmann als Stellvertreter des Kapitäns bei pflichtmäßigem Handeln die an Bord erforderliche A u t o r i t ä t nicht h ä t t e wahren k ö n n e n . D e n n es handelte sich um eine offene Motorbarkasse, die 1 3 m lang war und deren Ruderstand sich unmittelbar neben der Kabine b e f a n d ; der Mann am Ruder k o n n t e mithin ständig von der Kabine aus ü b e r w a d i t und durch Anweisungen geleitet werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts h ä t t e der Bootsmann diese Überwachung wirksam vornehmen, in schwierigen Fällen audi für kurze Zeit das Ruder selbst bedienen k ö n n e n und müssen. Außer dem Bootsmann befand sidi unbestritten ein Maschinist, ferner der vom Bootsmann an das Steuer beorderte 14—15 jährige Matrose Albino und noch ein anderer 14—15 jähriger Eingeborener zu Dienstleistungen an Bord. Das Berufungsgericht meint, diese Mannschaft sei unter den obwaltenden U m s t ä n d e n ausreichend gewesen, und es sei anzunehmen, daß der Unfall vermieden worden wäre, wenn nur der Bootsmann diejenige Sorgfalt beobachtet h ä t t e , die er trotz seines Beinleidens anwenden k o n n t e und mußte. Dies ist vom Rechtsstandpunkt aus nicht zu beanstanden. Für die A n n a h m e , daß die Klägerin von ihrer durch den Versicherungsvertrag begründeten Haftpflicht wegen ungenügender Bemannung des Schiffes (§ 821 Nr. 1 HGB.) befreit worden sei, ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kein Raum. Sie geben genügenden Anhalt d a f ü r , daß der Schaden durch Nachlässigkeit der Schiffsbesatzung im Sinne von N r . 8 der englischen Bedingungen verursacht und daher von der Klägerin zu vertreten ist. Das Vorliegen eines ursächlichen Verschuldens des Schiffseigners (der Beklagten) oder eines Geschäftsführers im Sinne jener Nr. 8 ist vom Berufungsgericht ohne Reditsirrtum verneint worden. RGZ. 123, 10. 1. Zum Begriff der vorsätzlichen Verletzung der Deklarationspflicht des Versicherungsnehmers im Sinne von § 97 Abs. 6 letzter Satz der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919. 2. Was sind gefahrerhcbliche und deshalb anzeigepflichtige Umstände nach § 19 daselbst? Versicherungsvertragsgesetz III
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I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 8.Dezember 1928. I. Landgericht Bremen, Kammer für Handelssachen. — II. Oberlandesgericht Hamburg.
Die Klägerin hatte mit den Beklagten auf Grund einer laufenden Police einen Versicherungsvertrag auf Zeit geschlossen, der wiederholt verlängert worden war. Auf die Versicherung sollten die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919 (ADS.), vorbehaltlich vereinbarter Abweichungen, Anwendung finden. Durch die laufende Versicherung waren unter anderem die Verschiffungen der Klägerin von Graphit von Madagaskar nach Europa gedeckt. In der Police war bestimmt, daß die Versicherung mit dem Zeitpunkt beginne, in dem die Güter am Ablade- oder Verschiffungsplatz zur Beförderung auf der versicherten Reise von der Stelle entfernt würden, wo sie bisher aufbewahrt waren. Demgemäß waren audi die Vorreisen vom Inneren Madagaskars bis zur Küste, unter anderem die Eisenbahnreise von Brickaville auf Madagaskar bis zu dem etwa 60 km entfernten Hafenplatz Tamatave und die Lagerung der Güter in Tamatave bis zur Verschiffung, von der Versicherung gedeckt gewesen. Die Klägerin hatte aber zunächst diese Vorreisen den Versicherern nicht angezeigt, sondern bei den jeweiligen Deklarationen der einzelnen Transporte nur die Abladung der Güter ab Tamatave vermerkt. Erst am 11. März 1927 hat sie auf die laufende Police deklariert: rund 70 000 kg und etwa 80 000 kg Graphit mittels Bahn von Brickaville nach Tamatave und weiter mit aufzugebendem Dampfer nach Hamburg von Haus zu Haus ohne Unterbrechung des Risikos. Am gleichen Tage ist eine entsprechende Einzelpolice ausgestellt worden. Einige Tage später zeigte die Klägerin den Versicherern an, daß laut telegraphisch eingegangener Nachricht 50 Tonnen Graphit im Hafen von Tamatave durch Seewasser beschädigt worden seien infolge eines Zyklons, der eine Überschwemmung der Lagerhäuser in Tamatave zur Folge gehabt habe. Mit der Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten anteilig die Erstattung ihres Schadens. Die Beklagten wenden ein, daß die Klägerin die früheren Vorreisen vertragswidrig nicht deklariert habe und daß damit die laufende Versicherung nach § 97 Abs. 6 Schlußsatz ADS. erloschen sei. Auch habe die Klägerin ihrer Anzeigepflicht nach § 19 das. nicht genügt. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht gab ihr im wesentlichen statt. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : . . . Richtig ist, daß bei der laufenden Versicherung der Versicherer in ganz besonderem Maße auf die Vertragstreue des Versiehe-
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rungsnehmers und seiner Erfüllungsgehilfen angewiesen ist. So kann zu der Zeit, wo der Versicherungsnehmer vom Beginn der Versidierung Kenntnis erlangt und die in Betracht kommenden Beförderungsgüter dem Versicherer aufgibt, bereits ein Teil des von der Versidierung gedeckten Risikos glücklich überstanden sein. Es besteht dann die Gefahr, daß der Versicherungsnehmer nur das restliche Risiko deklariert, um an der Versicherungsprämie zu sparen. Es bedarf aber keiner näheren Darlegung, daß in derartigen Fällen grundsätzlich die Voraussetzungen von § 97 Abs. 6 letzter Satz ADS. vorliegen, daß nämlich der Versicherungsnehmer die Güter vorsätzlich nicht oder vorsätzlich unrichtig aufgegeben hat. Die Schwierigkeit für den Versicherer besteht dann nur darin, die wahre Sachlage zu erkennen und nötigenfalls zu beweisen. Aber diese formelle Schwierigkeit kann das materielle Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer nicht derart beeinflussen, daß in § 97 Abs. 6 Sdilußsatz unter vorsätzlichem Handeln oder Unterlassen etwas anderes zu verstehen wäre, als was nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen darunter verstanden wird (vgl. auch Allgemeine Seeversicherungsbedingungen von 1867 § 64 Abs. 2 ; V o i g t Seeversicherungsrecht S. 337 0g.; § 8 1 7 Abs. 2HGB.). Danach gehört zum Begriff der Vorsätzlichkeit als einer Verschuldensform das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit, also bei vorsätzlicher Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung durch Handlung oder Unterlassung (Vertragsdolus) eine wissentliche Verletzung der durch das besondere Vertrags veihältnis gebotenen Vertragspflicht (Komm, von RGRäten zum BGB. § 2 7 6 Anm. 4 a, b; S t a u d i n g e r BGB. 9. Aufl. Vorbem. zu §§ 2 7 5 - 2 8 2 Β I 2 flg. S. 265 flg.; § 2 7 6 Anm. II S. 285 flg.). Somit genügt zur vorsätzlichen Verletzung der Deklarationspflicht im Sinne von § 97 Abs. 6 Schlußsatz nicht schon die bloße Tatsache, daß der Versicherungsnehmer die Güter vorsätzlich nicht aufgibt, sondern er muß dies im Bewußtsein der damit zusammenhängenden Verletzung der Deklarationspflicht unterlassen haben ( R i t t e r Seeversicherung § 97 Anm. 6 4 S. 1172/73). Das ist hier nicht der Fall. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Deklaration der Vorreisen nicht deshalb unterlassen, um Prämien zu ersparen, sondern nur aus dem Grunde, weil sie und ihr Ablader angenommen haben, daß eine solche Deklarationspflicht nicht bestehe. Und diese Feststellung konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum auch für den Fall treffen, daß die Klägerin sich zwar bewußt war, die jeweilige Vorreise falle unter die Versicherung, daß sie aber diese Voneise deshalb nicht für deklarations16·
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pflichtig hielt, weil sie bereits o h n e Unfall beendet u n d f ü r die Prämienberechnung n a d i ihrer Ansicht bedeutungslos war. Nach d e r laufenden Police war zwischen den Parteien vereinbart, es solle die Prämie „bei A n m e l d u n g einer jedesmaligen gegen diese l a u f e n d e Police validierenden Abladung durch gegenseitige Übereink u n f t zwischen der Versicherten u n d den Versicherern bestimmt werd e n . " Die Beklagten behaupten, daß sie bei der nach dieser Bestimmung erfolgten jeweiligen Prämienvereinbarung einen h ö h e r e n Provisonssatz, als geschehen sei, h ä t t e n beanspruchen k ö n n e n u n d beansprucht haben w ü r d e n , w e n n sie von den n i d i t deklarierten, aber u n t e r d i e Versicherung fallenden Vorreisen K e n n t n i s gehabt h ä t t e n . Sollte das richtig sein, s o war es ihnen u n b e n o m m e n , sobald sie v o n den unterlassenen D e k l a r a t i o n e n e r f u h r e n , ihre e r h ö h t e n Prämienansprüche nachträglich geltend zu machen. Anderseits fiel, wie dargelegt, die streitige letzte Versicherungsreise ab Brickaville einschließlich der Lagerung der G ü t e r in T a m a t a v e unter die nach wie vor bestehende Versicherung. Die Klägerin war nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, diese V o r reise mitzudeklarieren. Sollte sie diese Rechtspflicht nur um deswillen erfüllt haben, weil sie infolge ,,präjudizierlicher" Nachrichten mit neuer Beschädigung der G ü t e r rechnete, so ist das hier o h n e rechtliche Bed e u t u n g . Insbesondere k a n n das Verhalten der Klägerin nicht als gegen Treu und Glauben im Sinne v o n § 13 ADS. verstoßend erachtet werden, zumal da die Deklaration der früheren Vorreisen aus den vom Berufungsgericht a n g e f ü h r t e n G r ü n d e n unterlassen worden, also nicht v o r sätzlich im Sinne von § 97 Abs. 6 Schlußsatz ADS. unterblieben war. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe dadurch, daß sie die ihr zugegangenen Nachrichten über den Z y k l o n in M a d a gaskar nidit alsbald an die Beklagten weitergegeben habe, ihre Anzeigepflicht nach § 19 ADS. nicht verletzt. Dies ist von der Revision nicht ausdrücklich beanstandet w o r d e n , auch vom R e c h t s s t a n d p u n k t aus nicht angreifbar. Der Versicherungsvertrag war bereits rechtsverbindlich abgeschlossen. Er u m f a ß t e die mit dem Z y k l o n zusammenhängende Reisegefahr, da d i e G ü t e r laut ausdrücklicher Vorschrift der Police o h n e weiteres unter die Versicherung fielen, sobald sie in Brickaville auf Madagaskar v o n ihrer Aufbewahrungsstelle zur Beförderung über Tam a t a v e nach Europa e n t f e r n t wurden. Die Beklagten k o n n t e n sich, audi w e n n ihnen zur Zeit der Deklaration der Vorreise das durch den Z y k l o n e r h ö h t e Versicherungsrisiko oder der Unfall selbst b e k a n n t gewesen w ä r e , ihren Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag n i d i t e n t ziehen. A u d i war nach der übereinstimmenden Erklärung der Parteien
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das Einlaufen von „präjudizierlichen" Nachrichten der fraglichen Art für die Höhe der Prämie ohne Bedeutung. Es handelt sich also nicht um einen gefahrerheblichen Umstand im Sinne von § 19 ADS. . . . RGZ. 123, 14. Zum Begriff: a) des Versicherungsrisikos bei laufender Versicherung, b) der allgemein bekannten Umstände im Sinne von § 19 der Allgemeinen deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 8.Dezember 1928. 1. Landgericht H a m b u r g . Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Auf Grund einer laufenden Police hat die Klägerin als Versicherungsnehmerin mit der Ba. Transport-Versicherungs-Aktiengesellschaft und der Beklagten als Versicherern ein Abkommen über Transportversicherung getroffen. Die Versicherung erstredete sich für die Zeit vom 8. September 1925 bis zum 8. September 1926 „auf Güter aller Art, hauptsächlich Kopra in Säcken . . . für Reisen von Häfen oder Plätzen Niederländisch-Ostindiens, Straits Settlements, der Philippinen, Südsee-Inseln und Ceylons nach Häfen oder Plätzen Europas". Die Police enthält unter anderem für „Kopra in Säcken" die Bestimmung, daß Manko und/oder Untergewicht, frei von dem ersten 1 °/o, mitversichert ist. Es ist hinzugefügt: „Manko und/oder Untergewicht, d.h. die Differenz zwischen Abgangs- und Empfangsgewicht, wie nachstehend festgelegt, ist in allen Fällen zu ersetzen, ohne Rücksicht auf die Ursache der Entstehung. . . . Als Gewichtsnachweis dienen: für das Abgangsgewicht: das Gewicht in der Faktura oder im Konnossement; für das Empfangsgewicht: amtliche bzw. beeidigte Gewichtsnoten resp. Quaigewichtsnoten resp. Veem-Gewiditsnoten resp. Wiegenoten der Kontroll-Comp. mbH." Auf Grund der laufenden Police nebst den unter den gleichen Bedingungen gezeichneten Einzelpoliccn nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Versicherungsschaden in Anspruch, weil sich bei verschiedenen unter die Versicherung fallenden Verschiffungen von Kopra aus der Zeit vom Oktober 1925 bis zum Mai 1926 Mankos herausgestellt hätten. Die Beklagte hat unter anderem eingewandt, daß die Versicherung, soweit es sich um den Reise-Gewichtsverlust handle, nicht gültig sei.
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weil von vornherein festgestanden habe, daß dieser Verlust infolge der Verdunstung des in der Kopra enthaltenen Wassers im Durchschnitt 3—4°/o betragen würde. Dies sei ihr, der Beklagten, bei Absdiluß des die laufende Police betreffenden Vertrags und bei Beginn der einzelnen Versicherungen nidit bekannt gewesen, wohl aber der Klägerin. Diese habe insoweit ihre Anzeigepflicht verletzt. Der Versicherungsvertrag sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig und audi wegen arglistiger Täuschung gehörig angefochten worden. In Wahrheit habe die Klägerin durch den Gewichtsverlust der Kopra auf den betreffenden Versidierungsreisen keinen Schaden erlitten. Sie habe die Kopra nadi Abladegewicht in Ubersee gekauft. Dabei sei in den Kaufpreis der durchschnittliche Reise-Gewichtsverlust der Ware mit 3—4 °/o eingerechnet gewesen, so daß die Klägerin um so viel billiger gekauft habe, als wenn sie die Ware nach dem Empfangsgewicht in Europa gekauft hätte. Demgegenüber hat die Klägerin geltend gemacht, daß nicht der durchschnittliche Gewichtsverlust, sondern der bei jeder einzelnen Beförderung entstehende Gewichtsverlust in Betracht komme. Daß der durchschnittliche Gewichtsverlust 3—4 °/o betrage, habe die Klägerin der Beklagten schon um deswillen nicht mitzuteilen brauchen, weil sie die Kenntnis dieser Tatsache bei der Beklagten habe voraussetzen dürfen. Der für die Kopra in Übersee gezahlte Einkaufspreis sei für den Versicherungsschaden ohne Bedeutung. Das Landgericht sprach der Klägerin durch Teilurteil einen Betrag von 5000 Holl. Gulden nebst Zinsen zu. Das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : Nach der laufenden Police finden auf die Versicherung die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919 (ADS.) nebst den Zusatzbestimmungen des Vereins Hamburger Assekuradeure Anwendung. Nach § 126 ADS. ist für das Versicherungsverhältnis das deutsche Recht maßgebend. Mit dem Berufungsgericht ist von folgendem auszugehen. Die streitigen Schäden beruhen ausschließlich auf Gewichtsverlust der Kopra, d. h. auf dem Unterschied zwischen Abgangs- und Empfangsgewicht, auf Versicherungsreisen von Indien oder der Südsee nach Europa. Es tritt bei derartigen Verschiffungen durchschnittlich ein Gewichtsverlust des beförderten Gutes von 3—4 °/o ein. Auch hatte die Klägerin — wenn sie, wie behauptet ist, die Kopra in Ubersee nach dem abgeladenen Gewicht gekauft haben sollte — einen
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Kaufpreis zu zahlen, 4 er um den erwähnten durchschnittliche Gewichtsverlust geringer war, als wenn sie nach dem Empfang9gewidit gekauft hätte. . . . (Nach Wiedergabe von Ausführungen des Berufungsgerichts fährt das Urteil wie folgt fort:) 1. Die laufende Versicherung bewirkt nur, daß — bei Vorhandensein der erforderlichen Voraussetzungen — die einzelne Versicherungsreise als soldie unter die Versidherung fällt. Wie groß das Abgangsgewicht der Kopra auf der einzelnen Versicherungsreise und wie groß die Zahl dieser Versicherungsreisen sein würde, stand bei Absdiluß der laufenden Police nicht fest. Insbesondere aber war bei Absdiluß der laufenden Police sowie bei Beginn der die einzelne Beförderung betreffenden Versicherung oder beim Entstehen des Versicherungs-Interesses (Eintritt der Versicherungsreise) ungewiß, ob die Kopra auf der jeweiligen Versicherungsreise an Gewicht verlor, wie groß gegebenenfalls dieser Gewichtsverlust war und ob er einem Durchsdinittsverlust von 3—4 °/o entsprach. Daraus entnimmt das Berufungsgericht zutreffend, daß für jede Versicherungsreise hinsichtlich des Gewichtsverlustes der Kopra eine besondere Gefahr und damit ein versicherbares Risiko bestanden habe. Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, daß der Gewichtsverlust der Kopra nur durch Verdunsten überflüssiger und wertloser Feuchtigkeit entstanden und daß dadurch die Ware weder beschädigt nodi in ihrem Wert verringert worden sei. Es kommt für die maßgebliche Reisegefahr nicht auf den inneren Wert der beförderten Ware an, sondern auf ihren vom Versicherten zu erzielenden Verkaufswert. Dieser ist aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, da die Kopra in Europa nach Gewicht gehandelt wird, um so geringer, je mehr die Ware auf der einzelnen Versidierungsreise durch Verdunstung oder auf andere Weise an Gewicht verloren hatte. Für diesen vom Ankunftsgewicht der Ware abhängigen Verkaufspreis und für die mit diesem Ankunftsgewicht verknüpfte Beförderungsgefahr ist oder war es unerheblich, welchen Kaufpreis die Klägerin ihrerseits für die Ware gezahlt hat, auf Grund welcher Berechnungen dieser Kaufpreis festgesetzt und ob dabei ein durchschnittlicher Reise-Gewichtsverlust eingerechnet worden ist, wenn nur — wie hier — die Klägerin selbst nicht nach dem tatsächlichen Ankunftsgewidit gekauft hat. Der Umstand, daß der durchschnittliche Gewichtsverlust bekannt war, ändert nichts daran, daß der allein für die Versicherung maßgebliche Gewichtsverlust auf der einzelnen Versidierungsreise ungewiß war.
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2. Zur Frage, ob die
Klägerin die Anzeigepflidit
verletzt
hat.
In § 19 ADS. ist bestimmt: ,,Der Versicherungsnehmer hat bei Schließung des Vertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen, es sei denn, daß die Umstände allgemein bekannt sind." . . . (Die Ausführungen des Vorderrichters hierzu werden geteilt, ebenso der Revisionsangriff.)
mit-
Es kann dahingestellt bleiben, o b — wie das Berufungsgericht meint — zu den allgemein bekannten Umständen im Sinne von § 1 9 ADS. auch solche Umstände zu rechnen sind, von denen der Versicherungsnehmer annehmen kann, daß der Versicherer sich darüber unterrichtet hat oder unterrichten werde. Denn jedenfalls gehören zu diesen allgemein bekannten Umständen solche, die in den beteiligten Fachkreisen allgemein bekannt sind. Daß dies für die Tatsache des regelmäßigen Gewichtsverlustes von Kopra auf derartigen Reisen zutrifft, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum festgestellt. Seine weiteren Ausführungen ergeben aber auch, daß die Klägerin annehmen durfte, die Beklagte sei — gegebenenfalls auf Grund besonderer Erkundigungen — zur Zeit des Abschlusses des Versicherungsvertrages audi über die Höhe des durchschnittlichen Gewichtsverlustes (3—4 °/o) unterrichtet gewesen. Auch diese Feststellung ist tatsächlicher Natur und frei von Rechtsirrtum. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß der Vorderrichter den Grundsatz verkannt hätte, wonach dem Versicherer für die Umstände, die ihm an sich der Versicherungsnehmer nach § 19 ADS. anzuzeigen hat, keine besondere Erkundigungspflicht obliegt. Denn die Feststellungen des Berufungsgerichts gehen nicht etwa von einer solchen Erkundigungspflicht, sondern nur davon aus, daß die Klägerin auf Grund allgemeiner kaufmännischer Gepflogenheiten habe annehmen dürfen, die Beklagte habe bei Abschluß des Versicherungsvertrags auch von der Höhe des durchschnittlichen Gewichtsverlustes Kenntnis gehabt. Im übrigen geben die Erwägungen des Oberlandesgerichts auch eine genügende Unterlage für die Annahme, daß hier, wo die Tatsache des regelmäßigen Gewichtsverlustes durch Verdunstung von Wasser ein allgemein bekannter Umstand im Sinne von § 19 ADS. ist, die Höhe dieses durchschnittlichen Gewichtsverlustes zu J e n generellen gefahrerheblichen Umständen gehört, die sich aus der Natur des Versicherungs-Risikos ergeben und die daher der Versicherer als Grundlage für seine Prämienberechnung und zur sachgemäßen Beurteilung des Risikos verkehrsüblicherweise zu ermitteln hat.
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Nach alledem kann im Verhältnis der Parteien der Klägerin das Unterlassen der Anzeige über die Höhe des durchschnittlichen Gewichtsverlustes nicht zur Last fallen, sei es, weil es sidi um einen nach § 19 ADS. nicht anzeigepflichtigen Umstand handelt, sei es, weil die Klägerin diese Anzeige gemäß § 20 Abs. 2 ADS. ohne Verschulden unterlassen hat (vgl. audi § 16 W G . ) . 3. Auch die übrigen Ausführungen des Berufungsgerichts sind rechtlich ohne Bedenken. Insbesondere ist der gegen die Klägerin erhobene Vorwurf arglistiger Täuschung schon dann unbegründet, wenn — wie das Berufungsgericht festgestellt hat — die Klägerin bei Absdiluß der laufenden Police annehmen durfte, daß der Beklagten nidit nur die Tatsache des regelmäßigen Gewichtsverlustes, sondern auch dessen Höhe bekannt war. RGZ. 123, 141. Ist bei einer laufenden Transportversicherung eine Reise grundsätzlich von der Versicherung gedeckt, wenn audi nur der Beginn des Versicherungsrisikos in die Versicherungszeit fällt? Oder ist in diesem Falle, wenn im unmittelbaren AnsdiluB an den Ablauf der alten Versicherung eine neue laufende Versicherung genommen wurde, die Reise durch diese gedeckt? Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 (ADS.) § § 88,
97.
I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 19.Januar 1929. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Klägerin hatte bei der N.sehen Versicherungsgesellschaft für die Zeit vom I . J a n u a r bis 31. Dezember 1926 eine laufende Police für Rechnung, wen es angeht, auf Güter aller Art für Reisen von und nach Häfen und anderen Plätzen der Erde, alles in durchstehendem Risiko von Haus zu Haus laut besonderer Klauseln. Auf die Versicherung sollten die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 (ADS.) nebst Zusatzbestimmungen des Vereins Hamburger Assekuradeure Anwendung finden. In ähnlicher Weise nahm die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1927 eine laufende Versicherung bei der Beklagten. Auf die letztere Police meldete sie laut Anmeldeschein vom 11. Januar 1927 unter anderem einen Transport Haselnußkerne mit Dampfer ,,Marmara" von Konstantinopel nach Hamburg an. Die diese Waren betreffenden Konnossemente sind vom 5. Dezember 1926 datiert. Der Dampfer „Marmara" war bereits am
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17. Dezember 1926 von Konstantinopel abgefahren, am 5. Januar 1927 in Rotterdam und am 10. Januar 1927 in Hamburg angekommen. Bei der Entlöschung zeigte sich, daß die am 11. Januar 1927 auf die laufende Police der Parteien angemeldeten Haselnußkerne durch Seewasser beschädigt waren. Die Klägerin behauptet, der Schaden sei am 4. Januar 1927 eingetreten, und verlangt von der Beklagten auf Grund der mit ihr für das Jahr 1927 abgeschlossenen laufenden Versicherung Schadensersatz. Die Beklagte bestritt den Klaganspruch, namentlich deshalb, weil der Schaden nicht von der zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherung gedeckt werde. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat unterstellt, daß die Güter während ihrer Reise von Konstantinopel nach Hamburg schwimmend und „kostfracht" (c. f.) von der Klägerin im Jahre 1927 gekauft worden sind, daß sie ohne Versicherung von der Verkäuferin im Jahre 1926 auf den Weg gebracht worden waren und daß die Klägerin nach ihrem Kaufvertrag die ganze Reisegefahr übernommen hatte, d. h. — entsprechend den Vorschriften unter V im Anhang zur laufenden Versicherung — von dem Zeitpunkt ab, in dem die Güter am Abladeort zur Beförderung auf der maßgeblichen Reise von der Stelle, wo sie bisher aufbewahrt worden waren, entfernt worden sind. Da es kaufmännisch nicht üblich ist, daß Güter in solchen Fällen unversichert reisen, hatte nach kaufmännischen Grundsätzen die Klägerin im Ansdiluß an ihren Kaufvertrag für die Deckung der gesamten Reisegefahr durch eine entsprechende Versicherung zu sorgen. Dies kam hiernach für sie erst im Jahre 1927 in Frage. In der zwischen den Parteien maßgeblichen Police (vgl. auch § 97 Abs. 1 ADS.) ist das Erfordernis aufgestellt, daß es sich um eine Beförderung handeln muß, für die der Versicherungsnehmer „nach kaufmännischen Grundsätzen Versicherung zu nehmen hat". Dieses Erfordernis war also für die Klägerin erst eingetreten, als die Versicherungszeit abgelaufen war, die der Police mit der N.sdien Versicherungsgesellschaft zugrunde lag (1. Januar bis 31. Dezember 1926), und der Lauf der Versicherungszeit begonnen hatte, auf die sich die zwischen den Parteien abgeschlossene Police bezog (1. Januar bis 31. Dezember 1927). Nun heißt es in der zwischen den Parteien geschlossenen Police unter I des Anhangs zur laufenden Versicherung: Diese laufende Versicherung schließt sich einer früheren unmittelbar an.
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Die damit in Bezug genommene frühere laufende Versicherung ist diejenige mit der N.schen Versicherungsgesellschaft, deren Bedingungen mit denen der streitigen, für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1927 abgeschlossenen Versicherung übereinstimmen. Dies zeigt, daß die Klägerin durch die letztere Police für die Zeit vom 1. Januar bis 2um 31. Dezember 1927 in derselben Weise gedeckt sein sollte, wie wenn für diese Zeit die zwischen der Klägerin und der N.schen Versicherungsgesellschaft abgeschlossene Versicherung in Kraft geblieben wäre. Es sollte also die Klägerin — die Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Eintritt der Deckungspflicht unterstellt — entweder durdi die alte oder durch die neue Police versichert sein. Und dementsprechend sollte die Klägerin das Recht haben, sich unter allen Timständen an die Beklagte als den neuen Versicherer zu halten, falls sie Ansprüche gegen den früheren Versicherer, die N.sche Versicherungsgesellschaft, nur um deswillen nicht erheben konnte, weil am 1. Januar 1927 statt einer Verlängerung der Versicherung bei der N.schen Versicherungsgesellschaft ein Versicherer-Wechsel eingetreten war. Es ist also zunächst zu prüfen, welcher Art das Rechtsverhältnis der Klägerin zur N.schen Versicherungsgesellschaft für den streitigen Versicherungsanspruch ist. Im „Anhang zur laufenden Versicherung", welcher der Police der N.schen Versicherungsgesellschaft beigefügt ist, heißt es im Anfang der Versicherung unter Nr. V: Die Versicherung des Einzeltransportes beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Güter am Abladeort zum Zwecke der Beförderung auf der versicherten Reise von der Stelle, an der sie bisher aufbewahrt wurden, entfernt werden. (Vgl. auch § 8 8 Abs. 2 ADS.). Die Versicherung endet nach Nr. VI in der dort vorgeschriebenen Weise grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der Ablieferung der Güter am Endpunkt der Versicherungsreise (vgl. auch § 8 8 Abs. 3 ADS.). In Nr. VII des Anhangs ist bestimmt: Während des vorstehend (d. h. in V und VI) bestimmten Anfanges und Endes der Versicherung gilt diese in ununterbrochenem durchstehenden Risiko zu Wasser und zu Lande. (Vgl. auch Seite 1 der Police: „in durchstehendem Risiko von Haus zu Haus lt. Klausel Α oder Β 2"; d. h. VI 1 oder 3 im Anhang zur laufenden Versicherung). Ähnlich heißt es im § 88 Abs. 1 ADS.: Die Versicherung erstreckt sich auf die ganze Dauer der versicherten Reise. Ferner sind nach dem Inhalt der laufenden Police selbst die Prämiensätze für die ganze den jeweiligen Einzeltransport betreffende
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Dauer der Versicherung in genau bestimmten Beträgen festgesetzt. Dies alles weist darauf hin, daß das Risiko für die einzelne unter die laufende Versicherung fallende Beförderung einheitlich, nidit nach Zeitabschnitten teilbar ist. Des weiteren hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf ein Sachverständigen-Gutachten folgendes festgestellt. Der Kauf von Ware, für welche die Reisegefahr (Seegefahr) bereits begonnen habe, sei im Geschäftsleben ein alltägliches Vorkommnis. Es sei nicht üblich, solche Geschäfte von der laufenden Versicherung auszuschließen. Bei der Anmeldung der bereits begonnenen Reisen auf die zur Zeit des Risikobeginnes (Beginnes der Versidierung) in Kraft befindliche laufende Police hätten die Versicherer einen Nachweis des zur Zeit dieses Beginnes bereits vorhandenen versicherbaren Interesses niemals gefordert; Rechtsstreitigkeiten hierüber seien nicht bekannt geworden. Der Sinn, welcher der laufenden Police im Verkehr beigemessen werde, lasse sich nur dahin verstehen, daß eine derartige Reise, und zwar in ihrem ganzen Verlauf, audi dann versichert sei, wenn das Interesse des Versicherten erst zu einem späteren Z e i t p u n k t als dem Beginn der Reise entstanden sei, aber rückwirkend die ganze Reise umfasse. Dieser Verkehrsauffassung stehen die Bestimmungen der hier maßgeblichen laufenden Police und die daneben in Betracht kommenden Vorschriften der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen nicht entgegen. Allerdings bezieht sich die Versicherung nur auf Güter (Transporte), für welche die Klägerin nach kaufmännischen Grundsätzen Versicherung zu nehmen hat (Police S. 2, § 97 Abs. 1 ADS.). Anderseits beginnt die Versicherung mit dem Zeitpunkt, in dem die Güter am Abladeorte zur Beförderung auf der versicherten Reise von der Stelle, an der sie bisher aufbewahrt wurden, entfernt werden (Anhang der Police zur laufenden Versidierung unter V ; § 88 Abs. 2 ADS.). Nirgends ist aber vorgeschrieben, der Versicherungsnehmer müsse zur Zeit des Versidierungsbeginns zu den Gütern in einem solchen Verhältnis stehen, daß er an ihnen ein versicherbares Interesse habe und nadi kaufmännischen Grundsätzen für sie Versicherung habe nehmen müssen. Richtig ist, daß bei dieser Auslegung der Versicherungsbedingungen eine gewisse Gefahr besteht, Versidierungsnehmer und Versicherter könnten schlecht verlaufene Risiken in einer dem Sinn und Zweck der laufenden Versicherung widersprechenden Weise unter Versicherungsschutz bringen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat aber diese auch sonst bei der laufenden Versicherung bestehende Gefahr dem Verkehr — im Gegensatz zu dem von R i t t e r , Recht der See-
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Versicherung § 97 Anm. 29, vertretenen Standpunkt — keinen Anlaß gegeben, die Dedcung einer Versicherungsreise durch laufende Versicherung davon abhängig zu machen, daß der Versicherungsnehmer zur Zeit des Versicherungsbeginns bereits in dem erwähnten Verhältnis zu den Gütern stand, daß er also für sie nach kaufmännischen Grundsätzen Versicherung zu nehmen hatte. Ein derartiges Erfordernis hätte im vorliegenden Fall in den einschlägigen Versicherungsbedingungen klar zum Ausdrude kommen müssen. Unklarheiten dieser Bedingungen — sowohl bei den in der Police und ihren Anhängen als audi bei den in den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen enthaltenen — gehen nach anerkannten Rechtsgrundsätzen zu Lasten der Versicherer. Die Güter sind im Jahre 1926 am Abladeort zum Zwecke der Beförderung auf der versicherten Reise von der Stelle, an der sie bisher aufbewahrt wurden, entfernt worden (Anhang zur laufenden Versicherung Nr. V ) . Danach fällt die streitige Versicherungsreise unter den für 1926 zwisdien der Klägerin und der N.sehen Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Versicherungsvertrag. Die so begründete V e r sicherung umfaßt wegen der Einheitlichkeit und Unteilbarkeit des zeitlichen Risikos der einzelnen Versicherungsreise audi die nach dem 31. Dezember 1926 liegende Reisezeit, wobei es gleichgültig ist, ob die Klägerin für 1927 anderweit eine laufende Versicherung abgeschlossen hat oder nicht. Obgleich die Klägerin an den beschädigten Gütern erst im Jahre 1927 ein versicherbares Interesse erlangt hat, und auch wenn der Schaden erst im Jahre 1927 eingetreten ist, wird dieser Schaden doch von der laufenden Versicherung gedeckt, weldie die Klägerin und die N.sdie Versicherungsgesellschaft für das Jahr 1926 geschlossen haben, wenn nur im übrigen die Voraussetzungen für den Eintritt dieser Deckung gegeben sind. Es fragt sich, ob die Klägerin trotzdem die Beklagte wegen ihres Schadens auf Grund der zwischen den Parteien für das Jahr 1927 vereinbarten laufenden Versicherung mit Erfolg in Anspruch nehmen kann. Dies ist indes nicht der Fall, wie in der Hauptsadie bereits den vorstehenden Erwägungen zu entnehmen ist. Allerdings begründet die zwischen den Parteien geschlossene laufende Versicherung keine Zeitversicherung im Sinne von § 39 ADS. Die Police enthält aber eine ausdrückliche Zeitbestimmung, wonach die Beklagte die Versicherung der Einzelbeförderungen nur für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1927 übernommen hat. Ist nun das Risiko der einzelnen Versicherungsreise nicht nach Zeitabschnitten teilbar und ist anderseits die laufende Versicherung auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt, so
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können nur soldie Güter von der laufenden Versicherung gededct werden, bei denen der B e g i n n des für den jeweiligen Transport einheitlichen Risikos in den von der Police umfaßten Zeitraum, also hier in die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1927 fällt. Daran kann audi der Umstand nidits ändern, daß der Kauf, durch welchen das versicherbare Interesse des Versicherungsnehmers entstand, erst nach dem 1. Januar 1927 abgeschlossen wurde. Maßgebend für den Anfang der Dedcungspflicht des Versicherers ist hier allein der Beginn der Versicherungsreise. Sollte die Behauptung der Klägerin zutreffen, daß die Versicherer bei Cif-Käufen schwimmender Waren Mehrwertdeklarationen des Käufers auf seine laufende Police auch dann nicht beanstanden, wenn der Beginn des Versicherungsrisikos für die abgeladenen Güter vor der in der Police angegebenen Versicherungszeit liegt, so ist das hier von keiner entscheidenden Bedeutung. Denn derartige Mehrwertversicherungen können nicht ohne weiteres mit der streitigen Güterversicherung gleichgestellt werden. RGZ. 123, 159. 1. Über schuldhaftes Verhalten des Versicherungsnehmers als Voraussetzung für den Anspruch des Versicherers auf Nachzahlung von Prämien für Versendungen, die unter die laufende Versicherung fallen, aber nicht deklariert worden sind. 2. Zur Frage der Verwirkung eines derartigen Anspruchs des Versicherers. ADS. § 97 Abs. 6. BGB. § 242. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 23. Januar 1929.
I. Landgericht Hannover, Kammer für Handelssachen. — II. Oberlandesgeridit Celle.
Auf Grund einer Generalpolice versicherte die Beklagte bei der Klägerin ihre sämtlichen Versendungen „von zusammengebauten und zerlegten Lokomotiven, Maschinen, Maschinenteilen, Lokomobilen, Dampfkesseln, Motoren, Motorpflügen, Kraftwagen und sonstigen im Geschäft der versicherten Firma vorkommenden Waren und Rohstoffen verpackt oder unverpadct". Der Vertrag wurde durch mehrere Nachträge ergänzt. Er war zunächst auf ein Jahr, für die Zeit vom 22. Juli 1920 bis zum 22. Juli 1921, geschlossen, wurde dann aber stillschweigend von Jahr zu Jahr verlängert, bis er am 1. Juli 1927 auf Grund gehöriger Kündigung ablief. Während der Dauer dieses Vertrags versicherte die Beklagte in vielen Fällen ihre Versendungen bei anderen Versicherungsgesellschaften in fremder Währung. Die Klägerin bean-
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spracht nunmehr audi für diese Versendungen unter Berufung auf Art. 1 der „Besonderen Bedingungen" die policenmäßig zu berechnenden Versicherungsprämien. Demgemäß hat sie geklagt 1. auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung über sämtliche im Jahre 1922 beendeten und in der Folgezeit bis zum 30. Juni 1927 begonnenen, im Betriebe der Beklagten vorgekommenen Versendungen, und zwar nach Zeit, nach dem Wert der versendeten Güter, nach Bestimmungsort und Beförderungsweg; 2. auf Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr für diese Versendungen die Versicherungsprämie nach Tarif zu zahlen. Die Instanzgerichte haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Es handelt sich um eine sogenannte laufende Versicherung. Im Berufungsurteil heißt es, daß nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags „die Beklagte sämtliche Transporte ihrer Waren und Rohstoffe bei der Klägerin zu versichern hatte". Damit ist gemeint, daß während der in der Police angegebenen und späterhin verlängerten Versicherungszeit sämtliche Versendungen von Waren und Rohstoffen der Beklagten in der in der Police und ihren Anhängen vorgesehenen Weise von der laufenden Versicherung umfaßt wurden und daß demgemäß die Beklagte laut Art. 1 der „Besonderen Bedingungen" diese sämtlichen Versendungen beim Abgang der Sendung in das Versicherungs-Journal eingetragen und der Klägerin oder ihrem Vertreter wöchentlich oder sofort anmelden (deklarieren) mußte. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, daß nach dem — auf Papiermark-Grundlage abgeschlossenen — Versicherungsvertrag die Beiklagte nicht berechtigt gewesen sei, anderwärts Devisenversicherungen wegen ihrer Versendungen einzugehen, zumal da der Versicherungsvertrag durch eine Vereinbarung vom 31. August/5. September 1923 auf eine wertbeständige Grundlage gestellt worden sei und die Beklagte daraufhin wiederholt auf die laufende Police „in den verschiedensten Währungen deklariert" habe. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind frei von Rechtsirrtum und werden auch von der Revision nicht beanstandet. Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihrer Ansprüche darauf, daß während der maßgeblichen Zeit in zahlreichen Fällen die Beklagte die ihr nach den „Besonderen Bedingungen" Art. 1 Satz 1 obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt habe und daß nadi Satz 2 ebenda in allen diesen Fällen die Beklagte die Prämien nachzuzahlen habe.
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N u n ist aber folgendes zu beachten: 1. d e r Satz 2 in Art. 1 der „Besonderen B e d i n g u n g e n " l a u t e t : „ N i d i t b e f o l g u n g dieser Bestimmungen (d. h. betr. Eintragung und A n m e l d u n g der Versendungen) e n t b i n d e t die Versicherungsgesellschaft v o n ihren Verpflichtungen aus dieser Police, die Prämie bleibt jedoch verfallen." Das b e d e u t e t aber nicht: es genügt sdion die bloße Tatsache dieser „ N i d i t b e f o l g u n g " . Dem steht sowohl die für Auslegung laufender Policen geltende Rechtsauffassung entgegen als a u d i die Vorschrift in A r t . 16 der „Besonderen B e d i n g u n g e n " : „. . . wird hierdurch bestimmt, daß es die Gültigkeit der V e r sicherung nicht beeinträchtigen soll, wenn seitens der versicherten Firma Irrtümer bei der Versicherungsanmeldung v o r k o m m e n oder A n m e l d u n g e n aus Versehen ganz unterblieben sind . . ." Die N i d i t b e f o l g u n g der Bestimmungen in A r t . I Satz 1 der „Besonderen Bedingungen" muß also auf einem Verschulden des Versicherungsnehmers oder seiner Erfüllungsgehilfen beruhen, w e n n daraus f ü r die Klägerin als Versicherer Rechte nach Satz 2 erwachsen sollen. 2. Die Stelle in den „Besonderen Bedingungen" Art. 1 Satz 2: „. . . entbindet die Versicherungsgesellschaft v o n ihren V e r pflichtungen aus dieser Police . . ." bedeutet: a) Die Gesellschaft braucht für die einzelne nicht gehörig eingetragene u n d angemeldete Versendung keine Versicherungsdeckung zu leisten (Befreiung f ü r die Vergangenheit); b) Die Gesellschaft ist ü b e r h a u p t von ihren Verpflichtungen aus d e r Police (laufenden Versicherung) befreit (Befreiung für die Z u k u n f t ) . Vgl. auch S i e v e k i n g , Seeversicherungsrecht § S17 A n m . 7; § 64 Abs. 2 S. 1 ASVB. 1 8 6 7 ; § 9 7 Nr. 6 ADS. 1 9 1 9 ) . 3. Ähnliche oder gleichlautende Vorschriften zugunsten des V e r sicherers sind bei der laufenden Güter-Versicherung allgemein üblich. Bei laufender Police sind die Güter unabhängig v o n der Eintragung u n d Anzeige (Deklaration) der einzelnen Versendung durch die V e r sicherung gededet, u n d zwar im vorliegenden Fall, sobald gemäß den „Allgemeinen Bedingungen" die v o n d e n Versicherern ü b e r n o m m e n e G e f a h r begonnen hat. Eintragung u n d Anzeige der einzelnen V e r sendung werden regelmäßig erst nach dem so erfolgten Beginn der Versicherungsdeckung der Versendung in Frage k o m m e n , manchmal e r s t d a n n , w e n n der Versicherungsnehmer bereits über den Verlauf d e r ganzen Versicherungsreise oder eines Teiles unterrichtet ist. D a n n
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Seeversicherung
besteht aber die Gefahr, daß der Versicherungsnehmer nur einen Teil der Versicherungsreise oder nur die schlecht verlaufenden oder besonders gefährdeten Versendungen einträgt und anzeigt und so zum Schaden des Versicherers an den nach der jemaligen Versicherungsreise zu berechnenden Prämien spart. Dem soll durch die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur alsbaldigen Eintragung und Anmeldung jeder Versendung („nadi Abgang, wöchentlich, sofort") und durch die Folgen der Nichterfüllung dieser Pflicht möglichst begegnet werden. 4. Der Berufungsrichter hat festgestellt, daß die Beklagte objektiv gegen die ihr nach Art. 1 Satz 1 der „Besonderen Bedingungen" obliegenden Verpflichtungen verstoßen hat. Er hat aber keine Stellung zu der Frage genommen, ob dies schuldhaft, insbesondere fahrlässig geschehen ist. Die Beklagte beruft sich darauf, daß es sich zunächst um eine Papiermarkversicherung gehandelt und daß sie sich damals für berechtigt gehalten habe, zur gehörigen Deckung ihres Risikos anderwärts Devisenversicherungen abzuschließen. O b und inwieweit das letztere zutrifft, kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls rechtfertigen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme, daß die Beklagte sämtliche Versendungen, die sie nicht gemäß Art. 1 Satz 1 der „Besonderen Bedingungen" eingetragen und angemeldet hat, anderweit unter Versicherung gebracht hat. Dann liegt es aber nidit so, daß die Beklagte die gehörige Eintragung und Anzeige der Versendungen unterlassen hat, um auf diese Weise der Klägerin das Versendungsrisiko aufzubürden, selber aber an der Zahlung entsprechender Prämien zu sparen. 5. Das Berufungsgericht hat unterstellt, die Klägerin habe darum gewußt, daß die Beklagte unter Außerachtlassung ihrer Verpflichtungen aus der Police in erheblichem Maße bei anderen Gesellschaften Versicherungen abgeschlossen hat. Diese Unterstellung bezieht sich bei ihrer allgemeinen Fassung auf die ganze streitige Zeit von 1922 bis 1. Juli 1927, wenn nicht gar auf die ganze auf dem Abschluß der Generalpolice vom 31. Juli 1920 beruhende Vertragszeit. Wenn aber die Klägerin das oben erwähnte Verhalten der Beklagten kannte und um deswillen von ihren Rechten nach Art. 1 Satz 2 der „Besonderen Bedingungen" Gebrauch machen wollte, so durfte sie die Beklagte nicht jahrelang hierüber im unklaren lassen. Dies um so weniger, als die Beklagte nach der Police berechtigt war, den Versicherungsvertrag zum Ablauf eines jeden am 22. Juli endigenden Versicherungsjahrs unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist zu kündigen. Das Berufungsgericht ist zwar der Auffassung, es sei von der Klägerin durchaus kaufmännisch Versicherungsvertragsgesetz III
17
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Seeversicherung
gedacht gewesen, wenn sie trotz Kenntnis des Vertragsbruches der Beklagten zunächst geschwiegen habe, um aus dem Vertrage doch wenigstens gewisse Vorteile zu ziehen. Diese Beurteilung wird jedoch der Sachlage schon um deswillen nicht gerecht, weil die Klägerin j e t z t nicht ,,gewisse", sondern alle Vorteile aus dem Vertrag ohne volle Gegenleistung ziehen will. Der Berufungsrichter erwägt weiter, es wäre von der Klägerin unklug gewesen, sofort ihre Rechte entschieden geltend zu machen, weil sie sich damit einer Kündigung des Vertrags ausgesetzt hätte. Aber damit verkennt er, daß die Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Verkehr nicht um eigener V o r teile willen die Ausübung des vertragsmäßigen Kündigungsrechts der Beklagten hintertreiben durfte. Das vom Berufungsgericht unterstellte Verhalten der Klägerin würde darauf hinweisen, daß sie gemäß § 2 4 2 BGB. ihre aus Art. 1 Satz 2 der „Besonderen Bedingungen" hergeleiteten Rechte auf Prämienzahlung verwirkt hat. RGZ. 123, 3 2 0 . 1. Uber die Verpflichtung des See-Versicherungsnehmers zur s o r g ' fältigen Behandlung des Versicherungsrisikos und über den Einfluß dieser Behandlungsweise auf die Leistungspflidit des Versicherers, insbesondere bei Haftungsbeschränkungen der Reederei. 2. Kann sich die Reederei, audi wenn ein sog. reines Konnossement ausgestellt worden ist, auf Vermerke im Kai-Empfangsschein berufen? Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen § § 23, 33, 4 1 . I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 20. Februar 1 9 2 9 .
1. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. —
II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Firma A. in Hamburg hatte bei der Beklagten eine laufende Police zur Dcckung ihrer gesamten Transporte bis zur Höhe von 2 0 0 0 engl. Pfund. Sie verschiffte laut Konnossement vom 2 8 . Juli 1925 mit dem Hansadampfer „Schwarzenfels" neben anderen Frachtgütern eine Kiste Lederwaren (Damen-Handtaschen) im Gewidit von 8 3 kg von Hamburg nach Bombay und von dort mittels anderer Beförderungsgelegenheit nach Basrah, und zwar wurde die Kiste in Bombay in den Dampfer „ V i t a " umgeladen und von diesem nach Basrah gebracht. Dort wurde sie in den Dampfer „Ihsan" umgeladen, der sie nach ihrem endgültigen Bestimmungsort Bagdad schaffte. Über die Versicherung dieser Kiste auf Grund der laufenden Police wurde die Einzelpolice (Separate Policy) vom 2 8 . Juli/4. August 1925 für die Reise ab Lagerhaus
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(Speicher) der Firma A. in Hamburg bis Lagerhaus (Speicher) des legitimierten Empfängers in Bagdad ausgestellt. Die Versicherung unterstand den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen von 1919 (ADS.). In Bagdad wurde über die Güter, zu denen die Kiste mit Lederwaren gehörte, der „Survey Report" vom 4. November 1925 errichtet, in dem es heißt: „Their external condition was 2 cases broken and 1 case intact. They showed signs of having been tampered with . . . The goods were found to be short of contents as per schedule and the cause, after due examination, is attributed t o : Theft, in course of transit." Es wurde ferner festgestellt, daß die hier in Betracht kommende Kiste nur 381 Handtaschen enthielt, während nach Angabc der Firma A. bei Beginn der Versicherungsreise in der Kiste 865 Stüde Damenhandtaschen gewesen sein sollen. Die Firma A. behauptete, daß danach während der Reise aus der Kiste 4S4 Damenhandtaschen entwendet worden seien. Sie hat ihre Versicherungsansprüche an die Klägerin abgetreten. Diese verlangt jetzt auf Grund des Versicherungsvertrags Schadensersatz wegen der angeblich in Verlust geratenen 484 Damenhandtaschen. Die Beklagte hat den Klaganspruch nach Grund und Betrag bestritten. Die Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen. hatte Erfolg. Gründe:
Die Revision
Das Berufungsgericht hat folgendes ausgeführt. Die Kiste habe schon im Kaischuppen in Hamburg Eröffnungsspuren gezeigt. Die Firma A. habe dies gewußt und überdies bestätigt, daß solche Spuren vorhanden seien. Trotzdem habe sie den Auftrag zur Weiterbeförderung der Kiste erteilt. Damit habe sie sich ihre etwaigen Ersatzansprüche aus dem Versicherungsvertrag gegen die Beklagte abgeschnitten. Der Bestätigungsvermerk sei ausgestellt worden von dem Angestellten der Firma Α., namens P. Dieser habe auf einem Schiffszettel (richtiger: KaiEmpfangsschein) den Vermerk unterschrieben: „Nr. 402 (das war die streitige Kiste) zeigt Eröffnungsspuren; kann so verladen werden." Auf solche Weise sei eine Verfolgung der aus der Beraubung der Kiste hergeleiteten Reditsansprüche gegen die beim Transport tätig gewesenen Schiffahrtsgesellschaften wesentlich erschwert worden. Denn diese hätten sich darauf berufen können, daß die Kiste schon bei ihrer Übernahme verdächtige Spuren gezeigt habe. Sie hätten sich also mit weit mehr Aussicht auf Erfolg verteidigen können, als wenn festgestellt worden wäre, daß die Kiste bei der Übernahme noch ihren richtigen Inhalt gehabt habe. Es handle sich um eine Erhöhung der Gefahrstands17'
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pflidit; die R c i s e g e f a h r sei insofern e r h ö h t w o r d e n , als der B e k l a g t e n der ihr n a d i dem G e s e t z zustehende Rückgriff Unmöglichkeit"
„bis
zur G r e n z e
der
erschwert w o r d e n sei. Diese G e f a h r e r h ö h u n g sei v o n
der Klägerin schuldhaft herbeigeführt worden. D e r V e r s i d i e r t e müsse diejenigen M a ß n a h m e n zur Sicherung seiner Ansprüche treffen, die e r als ordentlicher K a u f m a n n v o r n e h m e n würde, w e n n er nicht versichert wäre. J e d e r gewissenhafte K a u f m a n n würde aber u n t e r den gegebenen U m s t ä n d e n eine Untersuchung d e r K i s t e v o r der V e r l a d u n g auf das Seeschiff
vorgenommen
haben.
Die
von
der
Klägerin
vorgeschützte
Entschuldigung, daß die V e r l a d u n g gedrängt habe, sei nicht stichhaltig, da eine nennenswerte V e r z ö g e r u n g durch die Untersuchung der K i s t e in Hamburg nicht eingetreten wäre. D i e Firma A . m ü s s e für das schuldh a f t e Handeln des P . einstehen, das dieser b e g a n g e n h a b e , als er in ihrer V e r t r e t u n g die Untersuchung des Inhalts der K i s t e t r o t z K e n n t n i s der Eröffnungsspuren Eröffnungsspuren
abgelehnt,
angeordnet
ihre
Weiterbeförderung
und den
erwähnten
mit
Vermerk
diesen
auf
dem
Kai-Empfangsschein unterschrieben habe. Zu Unrecht wendet demgegenüber die R e v i s i o n ein, daß v o n einer den Versicherer befreienden Erhöhung der Gefahrstandspflicht nur im Sinne v o n § 8 7
A D S . die R e d e sein k ö n n e .
Nach § § 2 3 , 33 und 4 1
A D S . hat der Versicherungsnehmer die Gefahrstandspflicht, dieSchadensverhütungsDie
sowie die Sdiadensabwendungs-
Abgrenzung
Einzelfalle
dieser
Verbindlichkeiten
Schwierigkeiten
machen.
und
-minderungspflicht.
gegeneinander
Zutreffend w e i s t
kann
Ritter,
im Das
Recht der Seeversicherung § 33 A n m . 9 S. 5 5 4 , darauf hin, daß zwischen der
Verpflichtung
des
Versicherungsnehmers,
die
Gefahr
nicht
zu
ändern, und seiner Verpflichtung, im Versicherungsfall Schaden abzuwenden und zu mindern, die Verpflichtung liegt, den Eintritt des V e r sicherungsfalls sorgfältigen
zu verhindern,
Behandlung
des
wie
überhaupt
die
Verpflichtung
Versicherungsrisikos.
In
zur
R G Z . Bd. 8 3
S. 4 3 / 4 4 handelte es sich nur um ein nach Inhalt und Sinn des V e r sicherungsvertrags durch die Versicherung gedecktes R i s i k o . war nach den Vorschriften des
D e r Fall
Versicherungsvertragsgesetzes
zu
be-
urteilen. Soweit dort abweichende Ausführungen gemacht sein sollten, wären sie auf Fälle der hier fraglichen A r t nicht anwendbar. Die
danach bestehende
Verpflichtung
des
Versicherungsnehmers
zur sorgfältigen R i s i k o b e h a n d l u n g — wobei nach § 13 A D S . T r e u und G l a u b e n im höchsten M a ß e zu b e t ä t i g e n sind — k a n n in der v o m B e rufungsgericht
festgestellten. W e i s e
verletzt
worden
sein.
würde eine Verschlechterung der Rechtslage der Firma A .
Denn
es
gegenüber
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261
den Transportunternehmern und damit eine Erhöhung des von ihr eingegangenen und grundsätzlich durch die Versicherung gedeckten Transportrisikos bedeuten, wenn der Nachweis eines von den Transportunternehmern zu vertretenden Schadens in der vom Berufungsgericht festgestellten Weise „bis zur Grenze der Unmöglichkeit" erschwert worden ist. Diese Erschwerung kann nicht nur gegenüber den vom Berufungsgericht besonders erwähnten Schiffahrtsgesellschaften, sondern audi gegenüber dem Unternehmer der Landbeförderung bis zum Kaischuppen in Hamburg eingetreten sein. Daß dies auf einem Verschulden des P. beruhen würde und daß für ein solches Verschulden die Klägerin einzustehen hätte, ist vom Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum dargelegt worden. Und zwar gilt dies auch dann, wenn als Maßstab für die Maßnahmen, die ein Versicherungsnehmer zur Sicherung seiner Ansprüche in derartigen Fällen vornehmen muß, nicht schlechthin zu gelten hat, was er als ordentlicher Kaufmann tun würde, falls er nicht versichert wäre, sondern wenn dabei audi noch die besondere Verbindlichkeit in Betracht kommt, die für den Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer durch den Versicherungsvertrag begründet worden ist. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Gefahrstandspflidit grundsätzlich nur bei Verschulden des Versicherungsnehmers verletzt wird. Aber die so begründete Erhöhung der Gefahrstandspflicht würde hier den Versicherer nur insoweit befreien, als dadurch der Eintritt des Versicherungsfalls oder der Umfang der Leistung des Versicherers beeinflußt worden ist ( § 2 4 Abs. 2, § 4 1 Abs. 3 ADS.). Es fragt sich also, in welchem Maße die Durchführung der Ansprüche der Firma A. gegen die Unternehmer des Versicherungstransports und entsprechend die Durchführung der Rückgriffansprüche der Beklagten beeinträditigt worden ist. Dies hängt, wie die Revision mit Recht betont hat, davon ab, wie die Rechtslage der Klägerin den genannten Transportunternehmern gegenüber sein würde, wenn die Erhöhung der Gefahrstandspflidit nicht eingetreten wäre. Nicht anders würde das Ergebnis sein, wenn man annehmen wollte, daß keine Erhöhung der Gefahrstandspflidit im Sinne von §§ 23, 24 ADS. vorliegt, sondern daß die Firma A. nur die allgemeine Verpflichtung nach § 13 ADS. verletzt hat. Treu und Glauben im höchsten Maße zu betätigen. Ein Verstoß gegen letztere Verpflichtung würde die Firma A. der Beklagten gegenüber schadensersatzpfliditig gemacht haben. Dadurch wäre Art und Umfang der Verpflichtung der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag in gleicher Weise beeinflußt worden, wie durch ihre Befreiung von der Leistungspflicht
262
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nach § § 24, 23 ADS. Dies k ö n n t e die Beklagte nach § 4 0 4 BGB. auch der Klägerin gegenüber geltend machen. Das Konnossement vom 28. Juli 1925 ist ein durchgehendes Konnossement (Durchkonnossement). Es ist gezeichnet für den der Deutschen Hansalinie gehörigen Dampfer „Schwarzenfels", der von Hamburg nach Bombay bestimmt war. Die Weiterbeförderung der Kiste von Bombay nach Basrah ist in diesem Konnossement vorgesehen und erfolgte mit dem Dampfer „ V i t a " . Das Durchkonnossement lautet auf Auslieferung der Kiste an den legitimierten Empfänger in Basrah. V o n Basrah nach Bagdad wurde die Kiste weiter versendet mit dem Dampfer „Ihsan" auf Grund eines von dem Durchkonnossement an sich nidit berührten Beförderungsvertrags. O b der Schiffer des Dampfers „Schwarzenfels" oder wer sonst wegen der Beförderung von Bombay nach Basrah einen Frachtvertrag geschlossen h a t , ob und inwieweit dabei die Bestimmungen des Durchkonnossements herangezogen worden sind, ob der Schiffer der „ V i t a " ein Sonderkonnossement ausgestellt h a t , unter welchen Bedingungen die Kiste von Basrah an Bord des Dampfers „ I h s a n " weiter befördert worden ist, über alles dies fehlt es an jedem tatsächlichen Anhalt. Die Bedingungen des Durchkonnossements, insbesondere die auf seiner Vorderseite mit Stempel aufgedrückte Sonderklausel, k ö n n e n nicht ohne weiteres für die Beförderung v o m Lagerhaus bis zum Kaischuppen in Hamburg und von Basrah nach Bagdad herangezogen werden. Es ist sehr wohl möglich, daß f ü r diese Reiseabschnitte Beförderungsbedingungen maßgebend sind, die anders lauten als die Bedingungen des Durchkonnossements und v o n ihnen unabhängig sind. A u d i k ö n n e n für die Reise von Bombay nach Basrah neben dem Durdikonnossement besondere Vereinbarungen in Betracht k o m m e n . Anderseits umfaßte die Versicherungsreise laut Einzelpolice v o m 28. Juli/4. August 1925 den ganzen Transport der Kiste vom Verlassen des Lagerhauses (Speicher) der Firma A. in Hamburg bis zur Ablieferung im Lagerhaus des legitimierten Empfängers in Bagdad (binnen 30 Tagen nach dem Datum der Löschung), also „von Haus zu Haus". Es ist deshalb für einen Abschnitt oder mehrere Abschnitte der Versicherungsreise nicht ersichtlich, ob der Umstand, daß der Inhalt d e r Kiste v o r ihrer Übernahme an Bord des Dampiers „Schwarzenfels" im Hamburger Kaischuppen nicht festgestellt worden war und das P. als Vertreter der Firma A. jene Bescheinigung auf dem Kaiempfangsschein ausgestellt h a t t e , eine Gefahrstandsänderung im Sinne der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen bedeutete und ob er auf den Eintritt des
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263
Versicherungsfalls oder auf den Umfang der Leistung des Versidierers Einfluß hatte. Schon aus diesen Gründen muß das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Es bedarf daher keines Eingehens auf die von der Revision erörterten Fragen, o b und in welchem Maße die Haftpflicht der Reedereien, soweit sie im Durchkonnossement geregelt ist, durdi die vom Berufungsgericht festgestellte Erhöhung der Gefahrstandspflidit in einer das Rechtsverhältnis der Parteien berührenden Weise beeinflußt ist. Immerhin sei dazu nodi folgendes bemerkt. Grundsätzlich geht zwar die mit Stempel aufgedruckte Klausel den formularmäßig gedruckten Bedingungen des Durchkonnossements vor. Das bedeutet aber keine Aufhebung der formularmäßigen Vorschrift auf Seite 1 des Durdikonnossements: ,,The Owners of the steamer will n o t be responsible for . . . any package exceeding £ 50 value, unless shipped in sealed packages under special shipping order with value declared thereon, delivered direct t o the Master or diiefmate and the Bs/L are signed in accordance therewith." Vielmehr hat das Schiff für die Kiste, deren Wert über £ 50 war, weder im ganzen noch zum Teil einzustehen, wenn nicht die Bedingung erfüllt sein sollte, daß die Kiste versiegelt unter besonderer V e r schiffungsorder mit darauf erklärter Wertangabe verschifft, direkt an den Kapitän oder seinen Vertreter übergeben und das Konnossement entsprechend gezeichnet war. Sollte dieser Bedingung entsprochen sein, so wäre nach der auf das Durchkonnossement aufgestempelten Klausel die Reederei zwar grundsätzlich für die Kiste haftbar, aber keinesfalls über den Betrag von 5 0 0 Rupien hinaus. Beide Haftungsbeschränkungen, sowohl die gedruckte über einen Kollowert von mehr als £ 5 0 als auch die im Stempelaufdruck enthaltene, gehen nicht über das verkehrsübliche Maß im Sinne von § 8 7 ADS. hinaus. Sie gelten aber an sich nur für den vom Durchgangskonnossements umfaßten Abschnitt der Versicherungsreise. Die Revision verweist ferner darauf, daß sich der Vermerk des P. auf einem Kai-Empfangsschein (receipt) befinde, der nur für die Hamburger Kaiverwaltung bestimmt gewesen sei, und daß trotz dieses V e r merkes das Durchkonnossement als sog. reines Konnossement ausgestellt worden sei. Damit ist aber der Beklagten nicht ohne weiteres die Möglichkeit genommen, sich auch für die eigentliche Konnossementsreise auf die hier erörterte Gefahrstandserhöhung zu berufen. Die Konnossementsbescheinigung, daß die Kiste „in outward good oder and
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condition" an Bord des Dampfers „Schwarzenfels" gekommen sei, verpflichtete allerdings grundsätzlich die Reederei des Schiffes, die Kiste in derselben äußeren Verfassung (nach Regel XIV des Durchkonnossements gelten „Gewicht, . . . Inhalt . . ., wenngleich im Konnossement erwähnt, als dem Schiffer unbekannt") in Bombay von Bord des Schiffes an die zuständige Stelle zu übergeben (nach der Regel X Abs. 3 ist „bei Gütern in Durchfracht . . . die Verantwortung der Reederei auf ihre eigene Linie beschränkt"). Diese Gewährleistungshaftung ( S c h a p s Seerecht § 6 5 1 Anm. 4aflg.) bedeutet aber nicht, daß die Reederei im Verhältnis zum Ablader und Befrachter, der Firma Α., in jeder Beziehung so zu behandeln ist, als ob die Kiste keine Eröffnungsspuren gehabt hätte. Nach Regel II des Durchkonnossements haftet die Reederei für Diebstahl nur, wenn er von der Schiffsmannschaft begangen ist. Dies hat der legitimierte Konnossements-Inhaber zu beweisen, wenn er deshalb die Reederei in Anspruch nehmen will. Bei dieser Beweisführung hat die Zeichnung des reinen Konnossements für die Reederei nicht zur Folge, daß der wirkliche Zustand, in dem sich die Kiste bei ihrer Übernahme durch das Schiff befand, überhaupt nicht in Betracht kommt; sondern dieser wirkliche Zustand und die darüber im Kai-Empfangsschein enthaltene Bescheinigung können sehr wohl den Beweis, daß der Diebstahl durch die Schiffsmannschaft begangen worden sei, erheblich oder, wie das Berufungsgericht meint, „bis zur Grenze der Unmöglichkeit" erschweren. RGZ. 130, 47. Zur Bedeutung der Abhängigkeit zweier Seeversicherungen voneinander für den Begriff der Doppelversicherung und für die Frage des anteilmäßigen Ausgleichs der Versicherer untereinander. Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen (ADS.) § 10 Abs. 2. HGB. § 787. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 1. Oktober 1930. I. Landgericht I Berlin. K a m m e r f ü r Handelssachen. —
II. Kammergericht
daselbst.
Die Firma Β. & M. in Konstantinopel nahm unter Vermittlung deutscher Assekuranzmakler-Firmen im Jahre 1927 im eigenen Namen „für Rechnung wen es angeht" bei mehreren deutschen Versicherungsgesellschaften, darunter bei der Beklagten, Versicherung auf eine Ladung Soda von Mariopol nach Hamburg mit Dampfer „Istambol". Der bevollmächtigte Agent der Beklagten zeichnete für die Beklagte die „Dekkungsnote" vom 6./7. Dezember 1927. Ferner haben die sämtlichen an
Seeversicherung
265
der Versicherung beteiligten deutschen Versicherungsgesellschaften, darunter die Beklagte, das Versicherungszertifikat vom lO./l 6. Dezember 1927 unterzeichnet. Inzwischen hatte die Bank, welche die Ladung bevorschussen sollte, wegen angeblicher Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit der deutschen Versicherung die Kreditgewährung abgelehnt. Um diese Bedenken zu beseitigen, stellte die Firma Β. & M. namens der Klägerin mehrere vom 10. Dezember 1927 datierte Versicherungspolicen aus, wonach die Klägerin als Versichererin der Bank als Versicherungsnehmerin für das erwähnte Beförderungsgut Versicherung gewährte. Die Police enthält die Klausel: „Payable in Hamburg by Messrs. J. & H. in accordance with the German Marine General Policy Conditions." Auf der Versicherungsreise ist ein Schaden an den versicherten Gütern entstanden. Die Klägerin hat diesen Schaden bezahlt und verlangt aus eigenem Recht und auf Grund einer Abtretung der Ansprüche der Firma Β. & M. von der Beklagten in einer ihrem vertraglichen Versicherungsanteil entsprechenden Höhe Ersatz der geleisteten Zahlungen. Die Beklagte erhob u. a. den Einwand der Doppelversicherung und behauptete, daß sie höchstens anteilmäßig nach § 10 Abs. 2 ADS. in Anspruch genommen werden könne. Die Beklagte unterlag in allen drei Rechtszügen. Gründe: 1. Die Ausführung des Berufungsgerichts, daß sowohl die zwischen der Firma Β. & M. und den deutschen Gesellschaften als auch die zwischen der Klägerin und der Bank abgeschlossene Versicherung nach deutschem Recht unter Heranziehung der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen zu beurteilen sei und daß auch das Rechtsverhältnis der Parteien untereinander dem deutschen Recht unterstehe, ist frei von Rechtsirrtum. Sie ist audi von der Revision nicht besonders angegriffen worden. Dasselbe gilt von der Annahme des Vorderrichters, daß die mit der Beklagten und ihren Genossinnen abgeschlossene Versicherung an sich gültig sei. Diese Versicherung hat die Firma Β. & M. nicht als Vermittlerin, sondern im eigenen Namen (als Versicherungsnehmerin) „für Rechnung wen es angeht" genommen. 2. Das Berufungsgericht hat erklärt, es liege eine Doppelversicherung vor, ohne dies näher zu begründen. Das landgerichtliche Urteil, auf welches das Berufungsurteil verweist, nimmt an, daß die beiden Versicherungen dasselbe Interesse deckten. Anscheinend hat die Firma Β. & M. die Versicherung mit den deutschen Gesellschaften auf Grund eines ihr von dem türkischen Ablader, der Firma M. F., erteilten Auf-
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Sceversidierung
trags abgeschlossen. Da aber diese Versicherung ,,für Rechnung wen es a n g e h t " genommen ist und die zwischen der Klägerin und der Bank vereinbarte Versicherung auf dieselbe Ware lautet, so mag die Annahme nicht reditsirrtümlich sein, daß die beiden Versicherungsverträge dasselbe Versicherungsinteresse betreffen (Eigentümer-Interesse jener Bank; R i t t e r § 10 Anm. 8 S. 2 6 7 ; B r u c k W G . § 5 8 Anm. 4 ; R G Z . Bd. 3 5 S. 60). Daraus folgt aber noch nicht ohne weiteres, daß es sich um eine Doppelversicherung im Sinne von § § 1 0 flg. ADS. handelte. Vielmehr würde trotz Identität des Versicherungsinteresses eine solche Doppelversicherung nicht vorliegen, wenn beide Versicherungen derart voneinander abhängig sind, daß das reditswirksame Bestehen der einen (ersten) Versicherung die andere (zweite) ausschließt, wenn ζ. B. die zweite Versicherung nur für den Fall genommen ist, daß die erste Versicherung „nicht zu Recht besteht" ( R i t t e r a . a . O . § 1 0 Anm. 12). Aber auch wenn eine Doppelversidierung vorliegen sollte, kann die in § 10 Abs. 2 ADS. im Verhältnis der Versicherer zueinander vorgesehene Verpflichtung nach Anteilen durch besondere — ausdrüdcliche oder stillschweigende — Vereinbarung ausgeschlossen sein (R i 11 e r a. a. O . § 10 Anm. 12, 29). Nun betont bereits das landgerichtliche Urteil: die von der Klägerin abgeschlossene zweite (englische) Versicherung habe ausschließlich formelle Zwecke verfolgt, sie habe nur die Bevorschussung der Beförderungsware durch die Bank ermöglichen sollen, sie sei daher auch ausdrücklich — ebenso wie die erste Versicherung — den Vorschriften der Allgemeinen Deutschen Seeversidierungs-Bedingungen unterstellt worden. Dem hat sich das Berufungsgericht mit den folgenden Ausführungen angeschlossen: Die von der Firma Β. & M. als Versicherungsnehmerin mit der Beklagten und ihren Genossinnen abgeschlossene (deutsdie) Versicherung sei von der Bank, welche die Beförderungsware habe bevorschussen sollen, wegen angeblicher Bedenken gegen deren Gültigkeit beanstandet worden. Daraufhin habe die Firma Β. & M. namens der Klägerin als Versichererin mit der Bank als Versicherungsnehmerin wegen der betreffenden Beförderung eine zweite (englische) Versicherung geschlossen. Diese Versicherung sei keine regelmäßige gewesen, sondern habe wesentliche von der Regel abweichende Eigenheiten gehabt. Zwar sei im Versicherungsschein formularmäßig ein Betrag als Versicherungsprämie angegeben. Es sei aber, wie die Beweisaufnahme ergeben habe, v o n vornherein zwischen den Vertragsteilen vereinbart worden, daß dem Sinn und Zweck des Vertrags entsprechend keine Prämie gezahlt werden solle, und es sei auch tatsächlich keine Prämie gezahlt worden.
Sceversidierung
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Die Versicherung sei von der Klägerin wesentlich im Interesse der Beklagten und deren deutschen Genossinnen geschlossen worden. Es h a b e nicht im Interesse dieser Versicherungsgesellschaften gelegen, daß sidi die von ihnen mit der Firma Β. & M. abgeschlossene Versicherung in Konstantinopel als nicht verwendbar herausstellte. Die Firma Β. & M. würde aber, wenn sie wegen der Beanstandung der deutschen Versicherung durch die Bank eine neue b e z a h l t e Versicherung hätte eingehen müssen, entweder die mit den deutschen Gesellschaften eingeleitete Versicherung widerrufen oder doch auf einen Erlaß der für diese Versicherung eingesetzten Prämien gedrungen haben. Durch die von der Klägerin mit der Bank abgeschlossene Versicherung hätten der Beklagten und den übrigen deutschen Gesellschaften lediglich Vorteile und keinerlei Nachteile entstehen können; die Klägerin oder die sie vertretende Firma Β. & M. habe durchaus zum Nutzen jener Gesellschaften gehandelt. Die Beklagte könne sich auf die für den Regelfall einer Doppelversicherung vorgesehenen Ausgleichsvorschriften (§ 787 Abs. 2 HGB., § 1 0 Abs. 2 ADS.) unter den hier maßgeblichen Umständen, auf welche jene Bestimmungen nicht paßten, nicht berufen. Diese Feststellungen des Tatrichters geben einen genügenden Anhalt, um die Nichtanwendung der Ausgleichsvorschriften zu rechtfertigen, sei es, weil überhaupt keine Doppelversicherung im Sinne von § § 1 0 flg. ADS. vorliegt, sei es, weil der zweite (englische) Versicherungsvertrag nach Inhalt, Sinn und Zweck die Ausgleichung nach § 10 Abs. 2 ADS. gegenüber den deutschen Versicherungsgesellschaften ausgeschlossen hat, indem dieser Vertrag nur der Bank eine Sicherung geben sollte, wenn und soweit die deutsche Versicherung sich als rechtsunwirksam erweisen würde (Schutz- oder Garantieversicherung; R i t t e r a . a . O . § 1 0 Anm. 12, 29). Wenn das Berufungsgericht meint, es sei nicht anzunehmen, daß die „Parteien des Prozesses" die genannten Ausgleichsvorschriften ausgeschlossen hätten, so ist dies nicht entscheidend. Der erste (deutsche) Versicherungsvertrag war nach deutschem Recht reditswirksam abgeschlossen und für die Beklagte in vollem Umfang ihres Versicherungsanteils verbindlich. O b und inwieweit hieran durch den zweiten (englischen) Versicherungsvertrag etwas geändert worden ist, hängt vom Inhalt dieses Vertrags ab, der nicht zwischen den Prozeßparteien sondern zwischen der Klägerin und der Bank abgeschlossen ist. 3. Dem Inhalt des englischen Versicherungsvertrags, wie er hiernach auf Grund der Feststellungen des Berufungsgerichts zu verstehen ist, entspricht es ferner, daß eine nach diesem Vertrag geleistete
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Zahlung der Versicherungssumme insofern nur vorläufigen Charakter hat, als sie danach unter dem Vorbehalt der Erstattung dieser Summe durch die deutschen Gesellschaften erfolgte, wenn und insoweit der mit diesen abgeschlossene Versicherungsvertrag rechtswirksam war. M i t jener Zahlung der Klägerin ging daher der Anspruch der Firma Β. & M . als Versicherungsnehmerin des deutschen Versicherungsvertrags auf Zahlung der Versicherungssumme gegen die Beklagte (und ihre G e nossinnen) nidit ohne weiteres unter. Vielmehr konnte die Firma Β. & M . ihre an sich begründeten Ansprüche aus der deutschen Versicherung rechtswirksam abtreten, einerlei ob dies vor oder nach der Leistung der Klägerin geschah. Daß eine solche Abtretung der Firma Β. & M. an die Klägerin erfolgt ist, hat das Berufungsgeridit ohne Reditsirrtum festgestellt. (Wird ausgeführt.) 4. Danach kann es dahingestellt bleiben, ob, wie das Berufungsgericht meint, die Klägerin oder die sie vertretende Firma Β. & M. in auftragloser Geschäftsführung für die Beklagte und die übrigen deutschen Gesellschaften gehandelt hat und ob die Klägerin als Geschäftsführerin von der Beklagten als Geschäftsherrin gemäß § 6 8 4 BGB. die Zahlung der eingeklagten Versicherungssumme nebst Zinsen aus dem Gesichtspunkt der Herausgabe der durch die Geschäftsführung erlangten ungerechtfertigten Bereicherung fordern kann. Ebenso bedarf es keines weiteren Eingehens auf die von R i t t e r (a. a. O. § 10 Anm. 12 S. 269, § 4 5 Anm. 6/7 S. 680/81) bejahte, von anderen aber verneinte Frage ( S i e v e k i n g Seeversicherungsrecht § 8 0 4 Anm. 4 b S. 50; B r u c k W G . § 6 7 Anm. 4; dahingestellt gelassen in RGZ. Bd. 47 S. 170), o b die Vorschrift in § 4 5 ADS. ( § 8 0 4 H G B . ; § 6 7 W G . ) - wonach der dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zustehende Anspruch auf Ersatz des Schadens auf den Versicherer übergeht, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt —, auch auf Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen dritte V e r s i c h e r e r anzuwenden ist. RGZ. 130, 302. 1. Uber Transportversicherung von Teilen einer Gesamtladung gleichartiger Massengüter mittels laufender Police. 2. Zur Frage, ob unter eine laufende Transportversicherung Güter fallen können, an denen der Versicherungsnehmer erst nach dem Beginn der Reisegefahr ein Versidierungsinteresse erlangt hat. Allgemeine
Deutsche
Seeversicherungs-Bedingungen 97, 124.
(ADS.)
§§
88,
Seeversidierung
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I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 29. November 1930. 1. Landgericht Hamburg, Kammer f. HandelssaAen. — II. Oberlandesgeridit daselbst.
Die Beklagte hatte auf Grund einer laufenden SeeversicherungsPolice Beförderungsgüter der Klägerin versichert. Auf die Versicherung f a n d e n vereinbarungsgemäß die Allgemeinen Deutsdien Seeversidierungs-Bedingungen nebst den der Police beigefügten Zusatzbestimmung e n Anwendung. Die Versicherung ist genommen worden „ f ü r Rechnung, wen es a n g e h t " . Sie umfaßt als laufende Versicherung Beförderungen v o n Kakaobohnen von Plätzen der Westküste Afrikas, einschließlich d e r Vorreisen aus dem Innern Afrikas, nach europäischen Häfen oder N e w York, samt etwaigen Umladungen. Übernommen h a t t e die Beklagte die Versicherung für die Zeit vom I . N o v e m b e r 1926 bis zum 31. O k t o b e r 1927, jedoch konnte die Versicherung jederzeit mit siebentägiger Frist gekündigt werden. Ende 1926 und Anfang 1927 ist eine größere Zahl von Ladungen, welche die Klägerin auf die laufende Police deklariert hatte, beschädigt im Bestimmungshafen eingetroffen. Die Beklagte hat in einer Reihe von Fällen die Entschädigung abgelehnt, weil die laufende Versicherung die Risiken aus verschiedenen Gründen nicht gedeckt habe. Die Beklagte h a t die Versicherung am l . M ä r z auf den S.März 1927 gekündigt. Die Klägerin verlangt Deckung der Schäden auf Grund der laufenden Police. Die Instanzgerichte haben der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: 1. Zur Frage der Versicherung von Teilen einer Gesamtladung mittels laufender Police. Im Urteil des Landgerichts ist ausgeführt: Zur sog. Konkretisierung der von der Klägerin deklarierten Teilpartien aus größeren „gleichg e m a r k t e n " Ladungen genüge es, daß jede einzelne Partie nach Gewicht oder einem Bruchteil der Gesamtladung in einem gehörig dosierten Konnossement ausgedrückt sei. Wie dies für den Übergang der Gefahr bei Verwandlung einer Gattungsschuld in die Schuld einer bestimmten Sache genüge, so müsse das gleiche gelten für die Versicherung, die sich auf den Teil der Ladung beziehe, der auf das in der Deklaration benannte Konnossement falle. Bei der gegenwärtigen Organisation des Handels, wonach die Reederei die Verteilung' der Gesamtladung auf die einzelnen Konnossemente vornehme und häufig auch nicht der Versicherungsnehmer, sondern seine Nachmänner die Ware im Bestimmungshafen abnähmen, liege in dieser Behandlung der Sache keine Geiaht,
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soweit nidit ein Vertragsteil wider Treu und Glauben unlautere Machenschaften vornehme. Zum Nachweis der Dedcung der eingetretenen Schäden durch die laufende Police genüge also, daß die beschädigten Kolli zu der Partie gehört hätten, über welche das in der Deklaration genannte Konnossement ausgestellt war. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich auf diese Ausführungen des Landgerichts verwiesen und folgendes hinzugefügt. Die von der Klägerin gekauften und auf die laufende Versicherung angemeldeten Güter seien während der Seereise ununterscheidbar in einer größeren Ladung gleicher und in gleicher Weise gekennzeichneter Güter enthalten gewesen. Die Konnossemente hätten über Teile dieser Gesamtladung gelautet. Nach der A n k u n f t im Bestimmungshafen habe die Reederei die Güter auf die einzelnen Konnossemente verteilt. Diese Verteilung sei, wie sie nach der Übung des Handels für den Konnossementsinhaber im Verhältnis zur Reederei und zu seinem Verkäufer verbindlich sei, auch für das Versicherungsverhältnis maßgebend. Diejenigen Güter, die hierbei auf das Konnossement der Klägerin oder ihres Nachmannes zugeteilt worden seien, müsse man als vom Beginn der Vorreise an versichert ansehen. Die Einwendungen der Revision hiergegen schlagen nicht durch. Die Erwägungen des Vorderrichters sind jedenfalls dann und insoweit frei von Rechtsirrtum, als die jeweils verschiffte Gcsamtladung bereits während der Vorreise, vom Beginn der Versicherungsgefahr bis zur Verladung im afrikanischen Verschiffungshafen, ein in sich abgesondertes Ganzes gebildet haben und mit diesem identisch gewesen sein sollte. Die Beklagte hat zwar angedeutet, daß dies nicht der Fall gewesen sei, sondern die afrikanische Landbeförderung größere Partien betroffen habe, aus denen der Ablader oder Verkäufer nur einen Teil als Gesamtladung des einzelnen Schiffes abgesondert habe. Die betreffenden Angaben der Beklagten sind aber im Hinblick auf den Streitfall zu allgemein gehalten und im übrigen nicht so klar und bestimmt, daß auf sie näher eingegangen werden könnte. Die von der Revision gerügte Verletzung des § 286 Z P O . ist nicht ersichtlich. Es bedarf daher keiner Erörterung der Frage, ob die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts audi in Fällen der angedeuteten Art für zutreffend zu erachten ist. Dahingestellt kann auch bleiben, welcher Partei insofern im Streitfalle die Darlegungs- und Beweispflicht obliegen würde. Im übrigen spricht die eigene Sachdarstellung der Beklagten über die einschlägigen Verhältnisse des Kakaohandels dafür, daß diese bei Absdiluß des Versicherungsvertrags trotz Kenntnis jener Verhältnisse kein besonderes Gewicht gelegt hat auf den Umstand, der für die „Konkretisierung" der Ware während der Inlands-
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reise und für die Klarstellung der Nämlichkeit der Ware deT Binnenbeförderung mit der für die Klägerin verschifften Ware angeblich bedeutsam war, nämlidi darauf, ob die Klägerin von ihr ν e r k a u f t e oder g e kaufte Ware unter Versicherung bringen wollte. 2. Zur Frage, ob auf Grund der laufenden Police die Vorreise unter die Versicherung der Beklagten gebracht werden konnte. Die laufende Police enthält die Bestimmung: Die Versicherungsnehmer (hier: die Klägerin) sind verpflichtet, sämtliche unter diese Police fallenden Transporte von Kakaobohnen, soweit die Versicherung von ihnen zu decken ist oder ihnen der Auftrag zur Versicherung vorliegt, zur Versicherung anzumelden. . . . Vorreisen aus dem Innern Afrikas gelten prämienfrei mitgedeckt. Hieran anknüpfend hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die laufende Police enthalte über die den Gegenstand der Versicherung bildenden Güter eine von dem Grundsatz des § 97 Abs. 1 ADS. abweichende und diesen ausschließende Bestimmung insofern, als nach der Police maßgebend sei, ob die Klägerin die Versicherung zu decken habe oder ihr der Auftrag zur Versicherung vorliege. Die Klägerin kaufe die Ware an sich „fob Westafrika". Bei derartigen Fob-Verkäufen im Handel mit westafrikanischem Kakao sei es üblich, daß der V e r k ä u f e r die Versicherung für die ganze Reise vom Innern Afrikas bis zum europäischen Bestimmungshafen einheitlich decke und dem Käufer, der die Gefahr der Seereise trage, die Versicherungsprämie — unter Abzug eines Teils für die auf Gefahr des Verkäufers gehende Vorreise aus dem Landinnern bis zur Verladung in das Seeschiff — in Rechnung stelle. Die Klägerin habe aber, um zu ihrem Besten Ersparnisse an der Prämienhöhe zu erzielen, schon vor Abschluß der hier maßgeblichen laufenden Versicherung mit den Firmen, mit denen sie regelmäßig ihre Kakaokäufe abschloß, vereinbart, diese sollten sowohl selbst mit der Deckung der gesamten Versicherung durch die Klägerin (Käuferin) einverstanden sein, als audi in jedem Falle versuchen, das Innverständnis ihres etwaigen Verkäufers (Vormanns) mit einer solchcn Deckung der Versicherung zu erlangen. Sei auch das letztere Einverständnis erzielt worden, so habe doch die Klägerin die von ihr gekaufte Ware auf ihre laufende Versicherung angemeldet. Die hierfür in der Police bestimmte Voraussetzung habe vorgelegen, da, sobald dem Verkäufer der Klägerin oder seinen Vormännern die Pflicht zur Besorgung der Versicherung abgenommen worden, es handelsüblich Sache der Klägerin gewesen sei, für die auf ihre Gefahr reisenden Güter Versicherung zu nehmen, und zwar für die gesamte Reise einschließlich der Vorreise. Das versicherbare
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Interesse der Klägerin habe sich auf die einheitliche, die Vorreise mit umfassende Gesamtreise erstredet. Es habe audi nicht im Sinne des zwisdien den Parteien geschlossenen Versidierungsvertrags gelegen, daß die Erfordernisse des eigenen Versicherungsinteresses der Klägerin oder des Auftrags zur Versicherung für die Vorreise und die Seereise getrennt zu prüfen seien. Vielmehr habe sich nach dem Versicherungsvertrag die Versicherung, wenn die Seereise unter sie gefallen sei, ohne weiteres audi auf die Vorreise erstredet. Danach hat das Berufungsgericht die Bestimmung der Police „soweit die Versicherung von ihnen (d. h. der Klägerin) zu dedeen ist" dahin ausgelegt, daß es für die Frage, ob im Sinne des Versicherungsvertrags die K l ä g e r i n die Versicherung zu dedeen hatte, auf die zwisdien der Klägerin und ihren Verkäufern getroffenen oder zu treffenden Vereinbarungen ankomme. Und das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, daß auf Grund dieser Vereinbarungen die Klägerin im Verhältnis zu ihren Verkäufern, anders als bei den gewöhnlichen Fob-Käufen, die Versicherung der gesamten Reise einschließlich der Vorreise selbst habe dedeen müssen. Diese Ausführungen sind nicht rechtsirrig. Der Revision steht entgegen, daß es sich hier um Sonderabreden der Klägerin mit ihren Verkäufern handelt, die im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrags zulässig waren und von den Regeln des gewöhnlichen Fobgesdiäfts abweichen. Im übrigen ist die Mitversicherung der Vorreise durch die Klägerin in der Police ausdrücklich vorgesehen, und die Beklagte hat selbst anerkannt, daß „im Kakaohandel ausnahmslos die Gesamtreise einheitlich versichert wird". Daß die Deckung der gesamten Versicherungsreise, einschließlich der VorFobreise, durch den K ä u f e r in Fällen der hier fraglichen Art audi sonst in der Handelsübung vorkommt, ist bereits im landgerichtlichen Urteil festgestellt worden. 3. Zur Frage, ob Güter unter die laufende Versicherung fallen können, an denen der Versicherungsnehmer erst nach Beginn der Reisegefahr ein Versicherungsinteresse erlangt hat. Der Berufungsrichter hat diese Frage unter Bezugnahme auf die Gründe des landgeriditlidien Urteils und auf die Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ. Bd. 123 S. 141 bejaht. Die Versicherer, so f ü h r t er aus, hätten bei der Anmeldung von Gütern auf laufende Versicherungen niemals Wert auf die Feststellung gelegt, ob das Interesse des Versicherungsnehmers schon bei Beginn der Reise bestanden habe. Audi die hier maßgebende Police enthalte keine Bestimmung, wonach der
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Versicherungsnehmer ein Versicherungsinteresse bereits bei Risikobeginn haben müsse. Der Grundsatz der Einheitlichkeit und Unteilbarkeit der Versicherungsgefahr, auf die laufende Versicherung übertragen, bedeute, daß die Versicherung der einzelnen Reise diese ganz umfasse, auch wenn die Voraussetzungen, kraft deren die Reise unter die laufende Police falle, erst nach Beginn des Risikos eingetreten seien. Der Eintritt dieser Voraussetzungen für die einzelne Beförderung lasse die Versicherung f ü r diese Beförderung schon mit dem in § 88 Abs. 2 ADS. oder — bei der Klausel „von Haus zu Haus" — mit dem in § 124 Abs. 1 ADS. bezeichneten Zeitpunkt beginnen (vgl. zu letzterem auch die Anhänge zur Police: „Besondere Zusatzbedingungen zu den ADS. 1925" Nr. 17 und „Zusatzbestimmungen zu den ADS. für laufende Versicherungen" 1. Klausel betr. Versicherung von Haus zu Haus). Auch die gegen diese Ausführungen gerichteten Revisionsangriffe sind unbegründet. Das Oberlandesgericht stellt fest, daß die Deckung einer Güterbeförderung durch laufende Versicherung auch dann verkehrsüblich sei, wenn der Versicherungsnehmer an den Gütern erst nach dem Beginn der Reisegefahr ein versicherbares Interesse erlangt habe. Diese Feststellung ist tatsächlicher Natur. Die Behauptung der Revision, daß sie unter Verletzung von § 286 Z P O . getroffen sei, ist unbegründet. . . . (Wird dargelegt.) Ist danach die tatsächliche Feststellung der Verkehrsüblidikeit zugrunde zu legen, so erscheinen auch im übrigen die oben angeführten Darlegungen des Vorderrichters aus den in RGZ. Bd. 123 S. 141 angegebenen Gründen frei vom Rechtsirrtum. 4. Der Berufungsrichter hat festgestellt, daß in allen Fällen der Zeitpunkt der Abladung der Güter auf das Seeschiff n a c h dem 1. November 1926, also nach Eintritt der Versicherungszeit, liege. Er hat ferner ausgeführt, als Vertragswille der Parteien sei anzunehmen, daß es für den Eintritt der Deckungspflicht der Beklagten auf den nur schwer oder gar nicht zu ermittelnden Zeitpunkt des Beginns der Vorreise aus dem Innern Afrikas nidit ankommen solle. Vielmehr solle sich die Versicherung dann, wenn die Seereise unter sie falle, ohne weiteres auch auf die Vorreise erstrecken. Dieser Auffassung kann vom Rechtsstandpunkt aus nicht entgegengetreten werden. a) In der laufenden Police selbst sowie in den nach ihr anzuwendenden „Besonderen Zusatzbedingungen zu den Allgemeinen Deutschen .Seeversicherungs-Bedingungen 1925" Nr. 17 ist vorgeschrieben: Die Versicherung gilt „von Haus zu Haus" gemäß Klausel A und/oder Β 1 der einschlägigen Vorschriften in den gleichfalls zum Versicherungsvertragsgesetz III
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Vertragsinhalt erhobenen „Zusatzbestimmungen zu den ADS. für laufende Versicherungen". Diese Sondervorschriften enthalten aber nur Bestimmungen darüber, wann die Versicherungsreise endet, nicht darüber, wann sie beginnt. Insoweit kommen also die einschlägigen Vorschriften der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen in Betracht, wo es in § 1 2 4 (Versicherung „von Haus zu Haus") h e i ß t : Die Versicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die G ü t e r am A b l a d u n g s o r t zum Zwecke der Beförderung auf der versicherten Reise von der Stelle, an der sie bisher aufbewahrt wurden, entfernt werden. Über die Versicherung der Vorreise ist in der P o l i c e nur gesagt: Vorreisen aus dem Innern Afrikas gelten prämienfrei mitgedeckt. Die danach maßgebende Vertragsbestimmung paßt nur auf den Abladehafen, nicht aber auf irgendeinen Abladeplatz im Innern Afrikas, dessen Feststellung nach Lage der Verhältnisse mit Schwierigkeiten verknüpft sein muß und bei dem die näheren Vorgänge der A b beförderung sich nur schwer ermitteln lassen werden. b) Maßgebend für die Prämienberechnung ist nach der P o l i c e allein die Seereise. Die Vorreise bildet also nur einen unselbständigen Vorgang im Verhältnis zur eigentlichen Beförderungsreise. c) In Nr. 3 der „Besonderen Zusatzbedingungen" ist bestimmt, daß dem Versicherer nur ein angemessener Teil der Prämie gebührt, wenn das versicherte Interesse nach dem Beginn der Versicherung wegfällt. Auch hier kann unter Beginn der Versicherung nur ein Zeitpunkt verstanden sein, von dem ab die Verpflichtung zur Prämienzahlung begann. H ä t t e sich ein Versicherungsfall auf der Vorreise zugetragen und w ä r e die Ware überhaupt nicht zum Abladehafen gelangt, so würde eine Verpflichtung zur Prämienzahlung überhaupt nicht eingetreten, also auch eine Verpflichtung zur Deckung des Schadens durch die Versicherungsgesellschaft nicht entstanden sein. Audi dies spricht dagegen, den Beginn der Versicherungsreise auf einen Zeitpunkt zu verlegen, der früher liegt als das Eintreffen der Ware im Abladehafen. d) Auf die sonstigen Gepflogenheiten im Kakaohandel und den Regelfall, daß die Kakaogroßhändler selbst die Beförderungen bis zum Abladehafen unter ihre eigene laufende Versicherung bringen, kann sich die Beklagte nicht berufen, weil sie in der hier maßgebenden P o l i c e die Deckung der Vorreiseschäden ausdrüddich übernommen hat. Eine bestimmte, auf zuverlässige Tatsachen gestützte Behauptung, daß die Klägerin Ersatz der Vorreiseschäden von einer anderen Versicherungs-
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gesellsdiaft erlangt habe oder erlangen könne, hat die Beklagte nicht aufgestellt. Die Schwierigkeiten, die sidi aus der erst nachfolgenden „Konkretisierung" der unter die Versicherung fallenden Ware ergeben, fallen hier nidit entscheidend ins Gewicht. Die Klägerin mußte die Ware, die sie aus der verschifften Gesamtmenge nadi den Gepflogenheiten des Großhandels zugeteilt erhielt, auf die laufende Versicherung anmelden. Sobald sie die Ware angemeldet hatte, war letztere, auch wenn ihre „Konkretisierung" erst später erfolgte, durch die Versicherung gededct, und zwar rückwärts im Wege der Vergangenheitsversicherung. Nadi alledem bildet die Vorreise aus dem Innern Afrikas nur einen unselbständigen Teil der Gesamtreise, so daß als Beginn der eigentlichen Versidierungsreise der gemäß § 124 ADS. zu bestimmende Zeitpunkt anzusehen ist, wo die Güter von ihrem bisherigen Aufbewahrungsort im Abladehafen zur 'Beförderung auf der Versicherungsreise entfernt werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Reisebeginn in diesem Sinne in allen streitigen Fällen erst nach dem 1. November 1926 — innerhalb der Versicherungszeit — stattgefunden. Somit sind trotz der grundsätzlichen Einheitlichkeit und Unteilbarkeit der gesamten von der Versicherung umfaßten Reise kraft besonderer Vereinbarungen audi diejenigen Reisen von der laufenden Versicherung gededct, bei denen etwa die Vorreise im Innern Afrikas bereits vor dem 1. November 1926 begonnen hatte (vgl. auch RGZ. Bd. 123 S. 141). Im übrigen hat das Berufungsgericht tatsächlich festgestellt, daß bei allen von der Klägerin auf die laufende Police angemeldeten Sendungen während der Versicherungszeit ein versicherbares Interesse der Klägerin bestanden hat. Es bedarf daher keines Eingehens auf den vom Berufungsgericht vertretenen Standpunkt, daß für die Frage der Versicherungsdeckung durch die laufende Police von entscheidender Bedeutung sei, ob der Eintritt des versicherbaren Interesses des Versicherungsnehmers an den Beförderungsgütern in die Versicherungszeit fällt. RGZ. 150, 261. 1. Liegen die Voraussetzungen einer Haftungsbefreiung gemäß § 97 Abs. 8 Satz 1 der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919 vor, wenn das zur Beförderung der versicherten Güter dienende Schiff das vertraglich erforderliche Seefähigkeitszeugnis nidit für die gesamte Reise, sondern nur für den Teil des Reiseweges besitzt, auf dem der Schaden eingetreten ist? 18*
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2. Ist der Ausnahmefall des § 9 7 Abs. 8 Satz 2 a. a. O . gegeben, wenn die versicherten Güter mit Zustimmung des Versicherungsnehmers in einem bestimmten Schiff befördert werden, dessen Minderwertigkeit er nicht kennt? HGB. § 8 2 0 . Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen ( 1 9 1 9 ) - ADS. - § 97 Abs. 8. I.Zivilsenat.
Urt. v. 12.Februar 1936.
I. Landgericht Königsberg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Gemäß der von den Parteien unterzeichneten „Laufenden SeeGüterpolice" hatte die Beklagte der Klägerin gegenüber für Rechnung, wen es angeht, Versicherung übernommen auf Holz für Verschiffungen in Dampf-, Großmotor-, Segelschiffen und Segelleichtern. In einem Anhang zur Police war vereinbart worden, die Versicherungsvereinbarung solle auch Gültigkeit haben, sofern ein Schiff nicht die in der Police aufgeführten Klassen besitze, sondern auf Seefähigkeitsattest fahre. Auf die Versicherung sollten die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1 9 1 9 Anwendung finden. Am 27. August 1931 hat die Klägerin fernmündlich 9 3 6 6 Stück Kiefernstammbretter angemeldet, die von dem Dampfer „Laid" der estländischen Reederei U. von Riga nach Königsberg gebracht werden sollten. Als die Klägerin hierbei darauf hinwies, daß der Dampfer auf ein Seefähigkeitszeugnis der Revalcr Hafenverwaltung fahre, forderte die Beklagte einen Zuschlag von 25 v. H. zu der üblichen Prämie; diesen bewilligte die Klägerin und bestätigte die Abmachungen mit Schreiben vom 20. September 1 9 3 1 . Der Dampfer ,,Laid" ist auf der Reise von Riga nach Königsberg am 26. September 1931 untergegangen. Die Klägerin hat vollen Ersatz des entstandenen Schadens mit 43 4 9 6 , 2 8 R M gefordert und diesen Betrag nebst 15 v. H. jährlicher Zinsen seit dem 2 9 . O k t o b e r 1931 eingeklagt. Die Beklagte bestreitet, daß sie eine Versicherungsverpflichtung treffe. Die Gerichte des ersten und des zweiten Rechtszugs haben die Klage abgewiesen. Die Revision hatte keinen Erfolg. Aus
den
Gründen:
Der Berufungsrichter stellt fest, der Dampfer „Laid" habe ein gültiges Seefähigkeitszeugnis lediglich für die Fahrt in estländischen Gewässern und im Golf von Riga besessen, nidit aber ein solches, das auch die Fahrt in deutschen Küstengewässern eingeschlossen hätte. Er
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entnimmt weiter aus Inhalt, Sinn und Zweck des Vertrags über die laufende Versicherung, daß unter dem Seefähigkeitszeugnis, bei dessen Vorhandensein nach dem Anhang der laufenden Police der Versicherungsvertrag ebenfalls Gültigkeit haben solle, ein solches über die ganze Reise zu verstehen sei, die zur Ausführung der in Betracht kommenden Einzelbeförderung zu machen sei. Daraus schließt das Berufungsgericht, bei der zur Erörterung stehenden Beförderung von Riga nach Königsberg sei die Voraussetzung des § 97 Abs. 8 Satz 1 ADS. gegeben gewesen, daß die versicherten Güter in einem Schiff „minderwertiger als der im Vertrage bestimmten A r t " befördert worden seien. Diese Auffassung als solche (abgesehen von der Frage eines die Anwendung des § 97 Abs. 8 Satz 1 ADS. ausschließenden Sonderabkommens und des Vorliegens der Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des Satzes 2 das.) beanstandet die Revision nicht. Zur Beanstandung besteht audi kein Anlaß. Die Bestimmung der Police und ihres Anhangs, die Güter müßten in einem eisernen oder stählernen Schiff bestimmter, angegebener Klasse oder in einem dieser Klassen gleichwertigen Schiff oder in einem Schiff verladen sein, das auf Seefähigkeitsattest fahre, ist getroffen, um das Maß der Seetüchtigkeit festzulegen, das die Schiffe besitzen sollten, um als vertragsmäßige Beförderungsmittel zu gelten. Ein Schiff, das als seetüchtig nicht nur für Reisen auf den estländischen und Rigaer Gewässern, sondern auch auf der Ostsee befunden ist und daher ein Seefähigkeitsattest dieses Inhalts erhalten hat, ist im Sinn des Vertrags als seetüchtiger zu weiten denn ein Schiff, das lediglich ein beschränkteres Scefähigkeitsattest besitzt. Es ist seetüchtiger auch für die Befahrung der estländischen Küstengewässer und des Rigaer Golfs. Daß nun die Police, wenn sie die Verwendung eines Sdiiffs der erörterten höheren Seetüchtigkeit fordert, dies nur für den Teil der Reise tun »olle, der auf der freien Ostsee vor sich geht, daß sie sich dagegen für den in den estländischen und Rigaer Gewässern vor sich gehenden Teil mit einem Sdiiff einer für diese Gewässer ausreichenden Seetüchtigkeit begnügen wolle, dafür bieten weder der Inhalt der Police noch die Begleitumstände irgendeinen Anhaltspunkt. Es kann im Gegenteil ohne weiteres angenommen werden, daß die Police, wenn sie das Vorliegen eines Zeugnisses über eine Seetüchtigkeit gewissen Ausmaßes fordert, diese Forderung einheitlich für jeden Teil der Reise aufstellt. Und ebenso ergibt sich ohne weiteres aus Sinn und Zweck des Vertrags, daß das geforderte Seefähigkeitszeugnis die in Betracht kommende Einzelreise in ihrem ganzen Umfang umfassen muß. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so handelt
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es sich um eine Änderung der versicherten Unternehmung, und es sind die Voraussetzungen des § 97 Abs. 8 Satz 1 ADS. gegeben. Mit Recht hat daher auch das Berufungsgericht für bedeutungslos erklärt, ob sich der Unfall noch im Gebiet derjenigen Gewässer zugetragen hat, auf die sich das tatsächlich vorhandene Seefähigkeitszeugnis bezog. Dem Berufungsurteil ist audi darin beizutreten, daß die Ausnahmebestimmung des § 97 Abs. 8 Satz 2 ADS. nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt keine Anwendung finden kann. Die Beförderung der versicherten Güter im Dampfer „Laid" ist mit Zustimmung der Klägerin erfolgt. Es handelt sich also nicht um den Fall, daß ohne Wissen und Willen des Versicherungsnehmers ein Dritter, ζ. B. ein mit der Abwicklung der Beförderung beauftragter Spediteur, die Beförderung in einem anderen als dem ursprünglich vorgesehenen Schiff vorgenommen hat. Die Klägerin kann sich unter diesen Umständen auf die in Rede stehende Ausnahmebestimmung nur berufen, wenn sich diese auch auf den Fall bezieht, daß der Versicherungsnehmer bei der von ihm selbst oder einem seiner Angestellten, für den er einzustehen hat, veranlaßten Verladung in den Dampfer nicht wußte, daß der Dampfer kein Seefähigkeitszeugnis der im Vertrag vorgesehenen Art besaß. Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich ein soldier Sinn nicht. Die Entstehungsgeschichte gibt in dieser Hinsicht aber ebenfalls keine sicheren Anhaltspunkte zugunsten des Versicherungsnehmers. Mit Recht weist die angefochtene Entscheidung darauf hin, daß bei den Beratungen über die Allgemeinen Deutschen Seeversidierungsbedingungen keinen Ausdrude in der endgültigen Fassung ein Antrag der Makler gefunden habe, der Bestimmung folgende Fassung zu geben: „Die Haftung des Versicherers bleibt jedoch bestehen, wenn der Versicherungsnehmer den Verstoß gegen die Vertragsvorschriften weder kannte nodi kennen mußte" (Materialien zu den Allgemeinen Deutschen SeeversicherungsBedingungen. Im Auftrage der Vereinigten Handelskammern herausgegeben von Brudc. Bd. 1 S. 340). Die Versicherer haben lediglich zugesagt, in Erwägung ziehen zu wollen, inwieweit sie diesen Wünschen entsprechen könnten, die sich nach Äußerungen der Vertreter der Kaufmannschaft vor allem auf den Fall bezogen, daß der ursprünglich vorgesehene Dampfer die Ware nicht mitnehmen könne. Sie haben dann jedoch die jetzige Fassung beantragt, die Annahme gefunden hat. Daß die angenommene, von dem Vorsdilag der Makler abweichende Fassung die gleiche Bedeutung haben sollte wie dieser Vorschlag, kann nach ihrem Wortlaut nicht angenommen werden. Sie will vielmehr ersichtlich nur den Fall treffen, für den bei dieser Beratung die Vertreter der
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Kaufmannschaft auf Deckung durch Versicherung bestanden haben. Das ist der bereits erwähnte Fall, daß die Ware von einem Dritten mit einem anderen als dem ursprünglich vorgesehenen Dampfer befördert werden muß. Sie kann daher nicht auf den vom Vorschlag der Makler möglicherweise umfaßten Fall erstredet werden, daß jede Änderung in dem das Beförderungsmittel betreffenden Gegenstand der Unternehmung gedeckt werden sollte, wenn der Versicherungsnehmer sie nicht kannte oder auf Grund leiditer Fahrlässigkeit sich keine Kenntnis davon verschafft hatte. Es besteht danach also kein ausreichender Anlaß, den gemäß den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien auch den Fall zu unterstellen, daß der Versicherungsnehmer selbst, wenn auch unwissentlich, durch die Wahl des Beförderungsmittels den Gegenstand der Versicherung ändert, ein Fall, der an sidi, wie die Versicherer bei den Beratungen mit Recht bemerkt haben (Materialien a . a . O . S. 3 39), audi ohne ausdrückliche Bestimmung den Versicherer von seinen Vertragspflichten befreien würde. Aus § 20 ADS. kann in dieser Beziehung Abweichendes ebenfalls nicht entnommen werden. Die Revision kann weiter auch mit ihrer Auffassung keinen Erfolg haben, der Berufungsrichter habe rechtsirrtümlich verneint, daß zwischen den Parteien ein besonderes, außerhalb des laufenden Versicherungsvertrags stehendes Abkommen getroffen worden sei, durch das die besondere Unternehmung mit dem Dampfer „Laid" ohne Rücksicht darauf unter Versicherungsschutz gestellt worden sei, ob dieser ein für die Reise Riga—Königsberg gültiges Seefähigkeitszeugnis besessen habe . . . (Wird ausgeführt.) RGZ. 153, 113. 1. Hat bei einem den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919 unterstellten Versicherungsvertrag der Versicherer Versicherungsschutz zu gewähren, wenn nach den Grundsätzen der adäquaten Verursachung ein einheitlicher Schaden durch das Zusammenwirken eines versicherungsmäBigen Ereignisses mit einem nicht versicherungsmäfiigen herbeigeführt worden ist? 2. Ist fUr die Haftung des Versicherers in solchem Falle nur die sogenannte „nächste Ursache" maßgebend? Was ist unter der „nächsten Ursache" zu verstehen? HGB. § 821. Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen von 1919 - ADS. - §§ 28, 33, 58.
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Urt. ν. 5. Dezember 1936.
I. Landgericht Hamburg, K a m m e r f. Handelssachen. —
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daselbst.
Die Beklagten haben zu den Bedingungen der vorgelegten Police, die eine entsprechende Anwendung der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen vorsehen, der Firma Gebr. U. gegenüber auf das Kasko des MS. „Sülfmeister" Versicherung übernommen für Rechnung, wen es angeht. Am 27. Dezember 1930 stieß der „Sülfmeister", als er im Hamburger Hafen auf der Fahrt vom Sandtorhafen zum Reiherstieg den Elbestrom querte, mit dem einkommenden englischen D. „Artificer" zusammen. Beide Schiffe wurden beschädigt. Der Kläger verlangt u. a. aus abgetretenem Recht der Eigner des „Sülfmeister" auf Grund des Versicherungsvertrags Ersatz der für die Beschädigung des „Artificer" nach einem Rechtsstreit an dessen Reeder vergüteten Beträge. Die Beklagten haben demgegenüber geltend gemacht, sie seien auf Grund von § 58 ADS. haftungsfrei, da Fahruntüchtigkeit des „Sülfmeister" den Schaden verursacht habe. Das Landgericht und das Berufungsgericht haben diesem Klaganspruch stattgegeben. Die Revision des Klägers befaßt sich mit weiteren abgewiesenen Klagforderungen. Die Anschlußrevision der Erst- und der Drittbeklagten, welche Abweisung der Versicherungsforderung erstrebte, blieb ohne Erfolg. Aus
den
Gründen:
Das 'Berufungsgericht stellt fest: Zur Zeit des 4 0 Sekunden vor dem Zusammenstoß erfolgten, mißglückten Steuerbord-Rudermanövers des „Sülfmeister" habe die Entfernung zwischen diesem und dem „Artificer" von Steven zu Steven noch 100 m betragen. Der Führer des „Sülfmeister", S., habe schon früher durch Stoppen oder Rudermanöver die Lage klären müssen. Er sei nach dem Versagen der bisher funktionierenden Ruderanlage unter Beibehalt seines quer über die Elbe führenden Kurses mit halber Kraft weiter gefahren und habe erst im letzten Augenblick, als der „Artificer" drei Töne zur Anzeige, daß er voll rückwärts gehe, abgegeben habe, seinen Motor ohne Kursänderung auf voll rückwärts gesetzt. Es nimmt im Anschluß an den gerichtlichen Sachverständigen an, S. habe durch dieses als fehlerhaft zu würdigende Verhalten eine im Rechtssinn ursächliche Bedingung für den Zusammenstoß gesetzt: er habe bei der gegebenen Sachlage auch nach dem Versagen des Ruders, das ihm in unmittelbarem Anschluß an das Drehen
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des Steuerrades nach Steuerbord durch dessen Leerlauf offenbar geworden sei, noch genügend Zeit und Raum gehabt, durch ein der nautischen Sorgfaltspflicht entsprechendes Manöver — als das Nächstliegende durch sofortiges Vollrüdcwärtsgehen — dem „Artificer" aus dem Wege zu gehen. Der Berufungsrichter kommt danach zu dem Ergebnis, daß die Beklagten dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren hätten. Er läßt dabei dahingestellt, ob der (für das Versagen der Ruderanlage ursächliche) Bruch des 5. Zahnes des Ruderquadranten ü b e r h a u p t v o r d e m Z u s a m m e n s t o ß erfolgt oder, wenn dies der Fall gewesen sei, ob er erst bei dem beabsichtigten Steuerbord-Manöver eingetreten oder schon bei Antritt der Fahrt vorhanden gewesen sei. Nach dem Sinn seiner im Zusammenhang betrachteten Darlegungen unterstellt der Berufungsrichter alle diese Möglichkeiten und sieht in jedem Falle die Beklagten auf Grund des festgestellten Verhaltens des S. als verpflichtet an, dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren. In dieser Beziehung können nach dem Inhalt der Police und der §§ 2S, 33 Abs. 1 und 3 ADS. keine Zweifel obwalten für den Fall, daß der für das Versagen der Ruderanlage ursächliche Bruch des Quadrantenzahnes erst nach Antritt der Fahrt eingetreten ist. Denn die Beklagten haben nicht geltend gemacht, daß den Versidierten vorsätzliche oder grobfahrlässige Handlungsweise zur Last falle ( § 3 3 Abs. 1 Satz 2 ADS.). Eine in entsprechender Anwendung des § 58 Abs. 1 ADS. die Versicherer haftungsfrei lassende Fahruntüchtigkeit des „Sülfmeister" bei Antritt der Reise kommt in solchem Falle nicht in Betracht. Vergebens sucht die Anschlußrevision auch die Darlegungen des Berufungsgerichts zu bekämpfen, daß das Verhalten des S. eine im Rechtssinn ursächliche Bedingung für den Zusammenstoß gesetzt habe . . . (Wird ausgeführt. Dann heißt es weiter:) Entscheidend für die Frage, ob die Beklagten dem Kläger nach den unterstellten Möglichkeiten der Sachlage auf jeden Fall Versicherungsschutz zu gewähren haben, ist danach, ob dies auch für den Fall anzunehmen ist, daß der „Sülfmeister" mit einer nicht in Ordnung befindlichen Ruderanlage, also in fahruntüditigem Zustande, die Fahrt angetreten hat, daß sich aber der Zusammenstoß trotz des darauf beruhenden Versagens der Ruderanlage bei nautisch einwandfreiem Verhalten des S. hätte vermeiden lassen. Der Berufungsrichter bejaht dies mit folgender Begründung: Maßgebend für eine Haftungsbefreiung entsprechend § 5 8 ADS. sei nicht, ob der Schaden nach den Grundsätzen der adäquaten Verursachung als eine Folge der Fahruntüchtigkeit anzusehen sei, sondern ob sich di»*
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Fahruntüchtigkeit als „nächste Ursache" des Schadens im Sinne der causa-proxima-Regel (causa proxima, non remota spectatur) ergebe. O b ein Ereignis als „nächste Ursache" anzusehen sei, will das Berufungsgericht bei Zusammenhalt seiner Erörterungen unter Bezugnahme auf eine Äußerung der Versicherer bei der Beratung der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen danach beurteilt wissen, ob der entstandene Schaden sich nach der Verkehrsanschauung als eine „unvermeidliche Folge" der bei Antritt der Fahrt vorhandenen Fahruntüchtigkeit darstellt. Im Ergebnis, der Bejahung des Versicherungsschutzes auch für den Fall einer Fahruntüditigkeit des „Sülfmeister", ist dem Berufungsgericht beizutreten. Nach dem zu unterstellenden Sachverhalt ist die Ruderanlage des „Sülfmeister" bereits bei Fahrtantritt in ordnungswidrigem Zustande gewesen, der zum mindesten ein energisches SteuerbordRudermanöver ausschloß. Als die Kurse der beiden Dampfer sich kreuzten, war die Gefahr eines Zusammenstoßes durch diesen Umstand erhöht, weil ein zur Beseitigung dieser Gefahr dienliches SteuerbordManöver des ausweispflichtigen „Sülfmeister" nicht möglich war. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war dadurch jedoch der Zusammenstoß noch nicht unvermeidlich geworden: er wäre, wie den Ausführungen des angefochtenen Urteils dem Sinn nach entnommen werden kann, zunächst schon durch die gebotene frühere Klärung der Sachlage vermieden worden; er wäre aber weiter nach dem Versagen der Ruderanlage auch durch ein, vom Führer des „Sülfmeister" fehlerhaft nicht angeordnetes, Rückwärtsmanöver noch zu vermeiden gewesen. Unvermeidbar herbeigeführt wurde der Zusammenstoß erst durch das von S. gewählte Manöver, seinen Kurs mit halber Kraft fortzusetzen und im letzten Augenblick zu versuchen, mit voller Kraft nodi vor dem Bug des „Artificer" vorbeizulaufen. Für die Folgen dieses Verhaltens hätten die Versicherer jedenfalls dann, wenn es die alleinige Ursache des Schadens gebildet hätte, gemäß § § 28, 33 ADS. zu haften. Bei dem vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt hängt, wie bereits ausgeführt, der Versicherungsschutz davon ab, ob die Versidierer trotz der bei Antritt der Reise vorhandenen Fahruntüchtigkeit, die als alleinige schadenstiftende Ursadie zweifellos gemäß § 58 ADS. die Befreiung der Versicherer zur Folge hätte, wegen des ursächlichen Zusammenhanges des fehlerhaften Verhaltens des S. mit dem Schaden haften. Denkbar wäre auch, daß wegen des Zusammentreffens beider Umstände eine Beschränkung des Versicherungsschutzes dem Umfange nach anzunehmen wäre.
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Das Berufungsgericht hat die erstgenannte Möglichkeit angenommen, indem es davon ausgeht, daß f ü r die Frage des Versicherungsschutzes nach den die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen beherrschenden Verursadiungsgrundsätzen lediglich das Verhalten des S. als „nächste Ursache" des schadensverursachenden Umstandes in Betracht komme. Die der Police zugrunde liegenden Bestimmungen der Allgemeinen Deutschen Seeversidierungsbedingungen ergeben in dieser Hinsicht keine ausdrücklichen Anhaltspunkte. Zur Ermittlung dessen, was in dieser Riditung als Vertragsinhalt zu gelten hat, ist daher heranzuziehen, welcher Inhalt nach der Verkehrsauffassung einem den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen unterliegenden Versicherungsverhältnis auch ohne ausdrückliche Bestimmung beizulegen ist. Dafür gewähren die Verhandlungen Anhaltspunkte, die zur Niederlegung der Allgemeinen Deutschen Seeversidierungsbedingungen geführt haben. Die Verhandlungen zu §§ 28 und 58 ADS. ergeben allerdings i n dieser Richtung nichts. Erörtert worden ist vielmehr die Frage des ursächlichen Zusammenhangs bei der Beratung des die Haftungsfreiheit f ü r Kriegsgefahr behandelnden § 35 ADS. Die Verhandlungen zu dieser Bestimmung (wiedergegeben in den Materialien zu den Allgemeinen Deutschen Seeversidierungsbedingungen, im Auftrage der Vereinigten Handelskammern herausgegeben von B r u c k ) enthalten hierzu folgendes: . . . (Wird näher ausgeführt. Dann wird fortgefahren:) Nach dem Inhalt der Verhandlungen, die zu der jetzigen Fassung v o n § 35 ADS. geführt haben, k a n n es zunächst keinem Zweifel unterliegen, daß der im Seeversicherungsrecht überkommene und in § 821 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB. sowie in den Allgemeinen Deutschen Seeversidierungsbedingungen von 1867 in § 101 Absatz 1 Halbsatz 2 zugrunde gelegte Satz „causa proxima, non remota spectatur" nicht durch uneingeschränkte und in aller Folgerichtigkeit durchgeführte Einführung des Grundsatzes der adäquaten Verursadiung ersetzt werden sollte ( L u t z Protokolle der Kommission zur Beratung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs 7 . T e i l S. 3308; V o i g t Das Deutsche Seeversicherungsrecht S. 383, 388; RGZ. Bd. 67 S. 254). Das ergibt sich daraus, daß man dem Versuche eines einzelnen Versicherungsvertreters (Materialien S. 151/152), diesen Grundsatz für maßgeblich zu erklären, sofort entgegengetreten ist, daß ferner im weiteren Verlaufe der Verhandlungen der rechtskundige Beirat der Bremer Reeder ( a . a . O . S. 169), ohne Widerspruch zu finden, darauf hingewiesen hat, es solle der adäquate Zusammenhang nicht eingeführt werden, und daß weiter
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mehrfach b e t o n t worden ist, es solle der alte Rechtszustand nicht oder doch nur im Sinn der Ermöglidiung einer Verbesserung der zur Ü b e r spannung dieses Grundsatzes gelangten Rechtsprechung g e ä n d e r t den (Versicherer:
Materialien
S. 149, 167,
170, M a k l e r :
wer-
S. 166/167,
168, V e r t r e t e r des Wirtschaftsverbandes: S. 168). A u s den Verhandlungen zu § 35 A D S . ergibt sich w e i t e r , daß d e r causa-proxima-Grundsatz
als
für
das
m a ß g e b e n d betrachtet werden sollte.
gesamte
Seeversicherungsrecht
Das geht aus f o l g e n d e m h e r v o r :
D i e Versicherer haben die Auffassung
vertreten,
der
causa-proxima-
G r u n d s a t z gelte im Seeversicherungsrecht überall d o r t , w o es auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen Gefahrereignis und Schaden a n k o m m e ( a . a . O . S. 158, 159); sie sind der A u f n a h m e des W o r t e s „ z u n ä c h s t " in § 3 5 A D S . wesentlich audi aus dem G r u n d e e n t g e g e n g e t r e t e n , die aus der A u f n a h m e dieses W o r t e s etwa mögliche Folgerung schließen, daß der Grundsatz im übrigen
auszu-
Seeversicherungsrecht
G e l t u n g beanspruchen k ö n n e ( a . a . O . S. 159, 161). Dieser
keine
Auffassung
h a t in d e n Beratungen niemand widersprochen. Aus diesem G r u n d e ist d a v o n auszugehen, daß sich bei der Beratung der A l l g e m e i n e n
Deut-
schen Seeversicherungsbedingungen die Auffassung durchgesetzt h a t , es solle in ihrem Bereich die Beurteilung des ursächlichen Ablaufs nicht nach den Grundsätzen der adäquaten Verursadiung s t a t t h a b e n , sondern, o b w o h l dies nicht ausdrücklich aus der Fassung der B e d i n g u n g e n h e r v o r g e h t , nach dem causa-proxima-Grundsatz
erfolgen.
Es soll
durch
diesen Grundsatz — wie zwar in den V e r h a n d l u n g e n nicht ausdrücklich, ausgesprochen ist, wie es aber Sinn und Ziel der gesamten
Verhand-
lungen entspricht — die Verkehrsauffassung des Seevcrsidierungsrechts ( P r o t o k o l l e a. a. O . ) zur G e l t u n g gebracht werden. W e n n verschiedene Versicherer
für
die
Folgen
verschiedener
Ereignisse
haften,
die
zu-
sammen einen einheitlichen Schadenserfolg herbeigeführt h a b e n , wenn ferner
ein
haftungsfreies
und ein
haftungsbewirkendes
Ereignis
mit
schadenverursachender W i r k u n g zusammentreffen, hat k e i n e V e r t e i l u n g des Schadens unter den Versicherern oder zwischen Versichertem Versicherer
stattzufinden. Es soll in solchen Fällen v i e l m e h r
und
darüber,
welcher Versicherer zu haften habe oder ob der Versicherer zu h a f t e n habe,
entscheiden,
Schadens trägt. Begründung. Regelung
wer
die
Gefahr
für
die
„nächste"
Ursache
Diese Verkehrsauffassung e n t b e h r t nicht der
des
inneren
K ö n n t e in dem erstgenannten Falle immerhin noch eine
der Entscheidungsfrage
nadi den Grundsätzen
der
Doppel-
versicherung e i n t r e t e n , so würden zum mindesten im zweiten Falle, b e i welchem eine billige Schadensverteilung nur nach dem G r a d e der U r -
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sächlichkeit d e r Ereignisse stattfinden k ö n n t e , der Abwicklung des Versicherungsverhältnisses ganz erhebliche, mit dem V e r k e h r s b e d ü r f n i s nicht in Einklang zu bringende tatsächliche Schwierigkeiten e n t g e g e n stehen. Der G r u n d s a t z „causa proxima, non remota s p e c t a t u r " ist danach bei Maßgeblichkeit der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbeding u n g e n f ü r den Fall des Z u s a m m e n w i r k e n s mehrerer zur E n t s t e h u n g eines Schadens beitragender Ereignisse als Vertragsinhalt anzusehen. Die reichsgerichtliche Entscheidung vom 2. N o v e m b e r 1929 (I 1 0 5 / 2 9 in H a n s R Z . 1929 Sp. 790) k o m m t — o h n e nähere Begründung — zu d e m gleichen Ergebnis. In dem zur Entscheidung stehenden Falle muß das zunächst zur Folge haben, daß eine Teilung des Schadens zwischen den Parteien nicht s t a t t z u f i n d e n hat, o b w o h l , wie sich bereits aus den bisherigen D a r legungen ergibt, nach dem unterstellten Sachverhalt sowohl die Fahru n t ü c h t i g k e i t des „Sülfmeister" wie das f e h l e r h a f t e V e r h a l t e n seines Führers gemäß d e n Grundsätzen der adäquaten Verursachung als U r sache f ü r d e n e n t s t a n d e n e n Schaden in Frage k o m m e n . Nach diesen G r u n d s ä t z e n würde, wie hier eingefügt sei, eine Berufung der Versicherer auf § 58 ADS. allerdings o h n e Erfolg sein müssen, wenn das V e r h a l t e n des S. d e n ursächlichen Z u s a m m e n h a n g zwischen dem A n t r i t t d e r Reise in fahruntüchtigem Z u s t a n d e u n d dem Z u s a m m e n s t o ß u n t e r brochen h ä t t e . Nach d e n in der Rechtsprechung a n e r k a n n t e n G r u n d sätzen w ü r d e das jedoch nur der Fall sein, wenn das f e h l e r h a f t e M a n ö v e r des S. gegen alle nautische Regel und Erfahrung die ersten A n f o r d e r u n g e n an ein vernünftiges nautisches V e r h a l t e n in g r ö b lichstem Maße außer acht gelassen h ä t t e , so daß es gänzlich a u ß e r h a l b d e r durch den erfahrungsmäßigen Verlauf gegebenen Möglichkeiten des Sachablaufs gelegen h ä t t e (JW. 1911 S. 755 Nr. 9; R G Z . Bd. 102 S. 2 3 0 [231]). Feststellungen in dieser Richtung hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen. Darüber, was u n t e r der „nächsten" Ursache eines Schadensfalles zu verstehen sei, ergeben die Verhandlungen, welche zu den Allgemein e n Deutschen Seeversicherungsbedingungen g e f ü h r t h a b e n , k e i n e völlige Klarheit. Die bisherige Rechtsprechung des Reichsgerichts hierzu h a t t e als die causa proxima die „nächste und u n m i t t e l b a r e Ursache" d e r e n t s t a n d e n e n Schäden bezeichnet in einem Fall, welchem die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1867 z u g r u n d e lagen, deren § 101 eine Befreiung des Versicherers nur „ f ü r die z u nächst durch Kriegsgefahr verursachten Schäden" vorsah ( R G Z . Bd. 67
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S. 251 [255], Romulus-Fall). Ebenso haben die Entscheidungen R G Z . Bd. 89 S. 139 [140] (Totmes-Fall) und RGZ. Bd. 89 S. 142 [143} (Canadia-Fall) unter der Herrschaft der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1867 ebenfalls auf „die den Unfall unmittelbar verursachende Gefahr", die „unmittelbare Ursache des Verlustes" abgestellt. Im Canadia-Fall hatte das Oberlandesgericht, dem das Reichsgericht insoweit nicht entgegengetreten ist, ausgeführt: es kämen nur soldie Tatsachen in Betracht, welche „nicht in weiterer Folge, sondern, ganz direkt ohne Dazwischentreten weiterer Vorkommnisse" . . . auf diejenige Gefahr zurückgeführt werden müßten, gegen welche die V e r sicherung genommen worden sei. Es werde also nicht ein größerer Tatsachenkomplex als für das Eintreten eines bestimmten Geschehens ursächlich betrachtet, sondern es müsse ein bestimmter einzelner V o r gang als letzter Anlaß aus der Kausalitätsreihe ausgesondert und als für das Geschehen zunächst ursächlich verantwortlich gemacht werden können (HansGZ. 1916 S. 2 3 2 Nr. 125). Nach dieser Rechtsprechung ist somit die z e i t l i c h n ä c h s t e Ursache als causa proxima anzusehen. Wenn die Versicherer bei den Verhandlungen über die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen davon gesprochen haben (Materialien S. 158), die deutsche Rechtsprechung habe aus der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes und der Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen Schlüsse gezogen, die nach der Auffassung aller Beteiligten unrichtig seien und mit der Rechtsprechung des Auslandes in Widerspruch ständen, obgleich auch dieses den Grundsatz von der Maßgeblichkeit der nächsten Schadensursache habe, wenn ferner der rechtskundige Beirat der Versicherer betont hat ( a . a . O . S. 167), es solle durch die Fortlassung des Wortes „zunächst" der Grundsatz auf seine wahre, durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts verdunkelte Bedeutung zurückgeführt werden, wenn weiter ein Hamburger Versicherer erklärt hat ( a . a . O . S. 169), es handle sich darum, einer neuen und besseren Rechtsprechung die Wege zu ebnen (vgl. audi die a. a. O . S. 170 wiedergegebene entsprechende Äußerung der Versicherer): so haben alle diese Äußerungen ersichtlich die vorstehend angeführten und ähnliche Entscheidungen im Auge, die auf die causa proxima im Sinne der zeitlich letzten Ursache (causa ultima) abstellen. Die Versicherungsmakler haben demgegenüber im gesamten Verlauf der V e r handlungen an der Einfügung des Wortes „zunächst" festgehalten. Erst als der rechtskundige Vertreter des Wirtschaftsverbandes die Verwendung des Wortes „unmittelbar", also des in der bisherigen Rechtsprechung zur Kennzeichnung der causa ultima bezeichneten Wortes,
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vorgeschlagen und den Maklern erklärt hatte, ihre Wünsche seien in dieser Fassung berücksichtigt, haben die Makler den Antrag auf Einfügung von „zunächst" fallen lassen ( a . a . O . S. 170) und sich dann allerdings mit der Unterlassung einer Einfügung überhaupt zufrieden gegeben. Unter diesen Umständen kann es schon trotz der versdiiedentlidien Hinweise darauf, daß einer freieren Rechtsprechung der Weg geebnet werden solle, als nicht ganz unzweifelhaft erscheinen, ob eine völlige Einigung darüber erfolgt ist, daß als „nächste Ursache" keinesfalls allein die z e i t l i c h nächste anzusehen sei. Wollte man aber selbst das annehmen, so läßt sich den Verhandlungen doch nicht mit Sicherheit entnehmen, wie einverständlich der Begriff der causa proxima im weiteren Sinne bestimmt werden sollte. Die Versicherer hatten anknüpfend an R i t t e r s Ausführungen in ZVersW. 1914 S.42, die wiederum auf ein Erkenntnis des Handelsgerichts in Hamburg vom 8.Juli 1861 zurückgehen ( S e e b o h m Sammlung seerechtlicher Erkenntnisse des Handelsgerichts zu Hamburg S. 626; vgl. audi Τ h ö 1 Ausgewählte Entscheidungsgründe des Oberappellationsgeridits Lübedc S. 357), eine Feststellung dieses Begriffs dahin getroffen wissen wollen (Materialien S. 159, vgl. audi S. 170), daß der Versicherer für den unmittelbar durch versicherungsmäßige Ereignisse entstandenen Sdiaden und für die unvermeidlichen Folgen versicherungsmäßiger Ereignisse hafte, für den unmttelbar durdi versidierungsfreie Ereignisse entstandenen Schaden und für die unvermeidlichen Folgen versicherungsfreier Ereignisse aber nicht haften sollte. Die in Zusammenhang damit vorher erfolgte Erwähnung der deutschen Rechtsprechung, die in Widerspruch zu der richtigeren Rechtsprechung des Auslandes stehe, h a t t e augenscheinlich außer den vom Reichsgericht abweichenden nordamerikanischen, dänischen und norwegischen, auf die ü b e r w i e g e n d e Ursadie abstellenden Entscheidungen im Canadia-Fall (vgl. R i t t e r Das Recht der Seeversicherung Bd. 1 § 35 Anm. 12; S c h j e l d e r u p HansRZ. 1920 Sp. 69, 70), den „Ikaria-Fall" im Auge (vgl. R i t t e r Das Recht der Seeversicherung Bd. 1 § 28 Anm. 21; S c h j e l d e r u p a . a . O . Sp. 57flg.)- In diesem hat das House of Lords ausgesprochen, die causa proxima dürfe nicht lediglich im Sinne einer causa ultima betrachtet, es müsse die vorherrschende (Lord D u η e d i η a. a. Ο . Sp. 68), in der erhalten gebliebenen Ursächlichkeit nächste und wirkliche, vorherrschende Ursache gesucht werden (Lord S h a w : proximate in efficiency. That efficiency must have been preserved, although other causes may meantime have sprung up, which have yet not destroyed it . . . the real efficient cause, to which the event can be ascribed —
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the one to which may be variously ascribed the qualities of reality, predominance, efficiency, a. a. O . Sp. 68, 69). Ein allseitiges Einverständnis mit dem eben erwähnten Vorschlag der Versicherer kann den Verhandlungen jedoch nicht entnommen werden, da hinterher wiederum die Einfügung der Worte „unmittelbar" ( a . a . O . S. 161, 170) und „überwiegend" befürwortet und nicht ohne Unterstützung geblieben ist, ohne jedoch ihrerseits erkenntlich allseitige Zustimmung gefunden zu haben. Da demnach bei den Beratungen der Allgemeinen Deutschen Seeversidierungsbedingungen eine Einigung über den Begriff der causa remota nidit erfolgt ist, ist dieser der Verkehrsauffassung der einschlägigen Wirtsdiaftskreise unter Berücksichtigung der sidi aus den Verhandlungen für ihn ergebenden Anhaltspunkte sowie unter Berücksichtigung dessen zu entnehmen, daß Treu und Glauben für die Bestimmung der Leistung maßgebend heranzuziehen sind. Und zwar bedarf es zur Entscheidung des vorliegenden Falls nicht der Untersuchung, ob sich für die in dieser Richtung notwendige Auslegung des Vertragsinhalts ein Grundsatz aufstellen läßt, der eine geeignete Richtlinie für alle möglichen Fälle des Zusammenwirkens zweier Ursachen ergibt. Es ist lediglich an Hand der erörterter Gesichtspunkte zu untersuchen, was als nächste Ursache in dem Fall zu betrachten ist, daß eine bei Antritt der Fahrt bestehende Fahruntüchtigkeit des Schiffs zwar eine die Gefahr eines Zusammenstoßes erhöhende Lage geschaffen hat, daß ein soldier bei einem den Regeln der nautischen Vorsicht entsprechenden Verhalten des Schiffsführers aber vermeidbar war und daß der Zusammenstoß dann dennodi durch fehlerhaftes Verhalten des Schiffsführers herbeigeführt worden ist. Es besteht kein Anlaß, dem Berufungsgericht aus Rechtsgründen entgegenzutreten, wenn es in solchem Fall nach der Verkehrsauffassung als nächste Ursache des an sich trotz der Fahruntüditigkeit vermeidbaren Zusammenstoßes das fehlerhafte Verhalten des Schiffsführers angesehen hat. Der festgestellte Sachverhalt läßt erkennen, daß es sich bei dem durch den Zusammenstoß herbeigeführten Schaden nicht um die unvermeidbare, sondern um die vermeidbare Folge eines versicherungsfreien Ereignisses, des Antritts der Fahrt mit beschränkter Steuerfähigkeit, und um die unvermeidbare Folge eines Versicherungsschutz auslösenden Ereignisses, des fehlerhaften Verhaltens des S., handelt. Dieses Verhalten des S. stellt kein Manöver des letzten Augenblicks dar. Es ist ausdrücklich festgestellt worden, daß S. schon in größerer Entfernung als 100 m die Lage gegenüber dem „Artificer" hätte klären müssen, daß er aber auch
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n a d i dem Ruderversager noch Zeit und Raum für ein Verhalten hatte, weldies einen Zusammenstoß ausschloß. Auch nicht um ein bloßes Unterlassen des S. handelt es sich, wie die Revision meint, sondern z u einem wesentlichen Teile um positiv fehlsames Handeln. Es widerspricht nicht der die erfahrungsmäßig eintretenden Folgen abwägenden natürlichen Betrachtung der Sachlage, unter diesen Umständen das Verhalten des S. als die „nächste" Ursache des Zusammenstoßes zu betrachten. Auch als „zeitlich letzte" und „unmittelbare" Ursache würde es übrigens in Frage kommen. Sonadi ist die Haftung der Versicherer zu bejahen. Treu und Glauben stehen diesem Ergebnis ebenfalls nicht entgegen. Es widerstrebt keinesfalls der Billigkeit, daß die Beklagten f ü r die Folgen eines Ereignisses Versicherungsschutz gewähren, das den Schaden erst unvermeidbar gemacht hat. RGZ. 169, 1. 1. Nach welchen Grundsätzen ist die Haftung des Versicherers in der Seeversicherung zu beurteilen, wenn ein einheitlicher Schaden durch mehrere nur zum Teil durch den Versicherungsvertrag gedeckte Gefahrumstände verursadit worden ist? Vertragsauslegung und „nächste Ursache·. 2. Zum Begriff der „nächsten Ursache". Adäquate Verursachung und „nächste Ursache". Kann einem nicht sdiuldhaften nautischen Verhalten des Kapitäns ausschlaggebende Bedeutung für die Frage nach der „nächsten Ursache" beigemessen werden, wenn es den Unfall des Schiffes unvermeidlich gemacht hat? 3. Enthält die deutsche Kriegsklausel 1938 eine erschöpfende Bestimmung des Begriffs „Kriegsereignis"? HOB. §§ 820, 849. Allgemeine Deutsche Seeversicherungäbedingungen von 1919 - ADS. - §§ 28, 33, 35. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 2 8 . N o v e m b e r 1941.
I. Landgericht Hamburg, Kammer (. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Auf Grund einer laufenden Police hatte die Klägerin bei der Beklagten Versicherung genommen auf Güter aller Art für Reisen von und nach allen Teilen der Welt. Versichert war der Fakturenwert der Güter, doch war die Klägerin berechtigt, audi einen · höheren imaginären Gewinn anzuzeigen. Nach der laufenden Police umfaßte die Versicherung audi die Kriegsgefahr, nach § 122 ADS. Die Klägerin meldete, nachdem zwischen ihr und der Beklagten am 14. O k t o b e r 1939 schon eine Besprechung über das beabsichtigte Unternehmen stattgefunden Versicherungsvertragsgesetz III
19
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hatte, im Oktober 1939 für die Reise von Rio d e Janeiro nach Deutschland 54 907 Sack Kaffee zur Versicherung auf Grund der laufenden Police bei der Beklagten an. Nach den von der Beklagten ausgestellten Einzelpolicen wurde der Kaffee zur Bedingung „frei von Beschädigung, wenn unter 3 v. H., jeder Sack eine Taxe" einschließlich Diebstahl und Schweißschaden versichert. Die Kriegs-, Minen- und Torpedogefahr wurde abweichend von der laufenden Police im Umfange der deutschen Kriegsklausel 1938 gegen eine Prämienzulage von 3 v. H. gedeckt. Ziff. 1 der Kriegsklausel lautet: Die Versicherung deckt die Gefahren des Krieges, des Bürgerkrieges und kricgsähnlicher Ereignisse. Auf diesen Gefahren beruhen Schäden, verursacht durch Handlungen kriegerischer Art, insbesondere durdi das Einsetzen der bewaffneten Macht, durdi Blockade oder andere Sperren, sowie durch •Beschlagnahme oder sonstige gegen den versicherten Gegenstand als solchen geriditete Maßnahmen einer anerkannten oder nicht anerkannten Macht, die zu Zwcdcen der Kriegsführung vorgenommen werden. Die Versicherung deckt außerdem die Gefahren, die sich unabhängig vom Kriegszustand aus der Verwendung und dem Vorhandensein von Minen, Torpedos, Bomben und anderen Kriegswerkzeugen ergeben. Hervorzuheben ist noch die durdi Ziff. 10 der Kriegsklausel bestimmte Begrenzung des Wertes der Kriegsversicherung auf den Fakturenbetrag unter Hinzurechnung der Versicherungskosten, der Kosten, die bis zur Annahme der Güter durdi den Verfrachter entstehen, und der Fracht. Sowohl die Kriegsklausel als audi die Einzelpolicen nehmen ergänzend Bezug auf die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen nebst den jeweils gültigen Zusatzbestimmungen und verbindlichen Beschlüssen des Vereins Hamburger Assekuradeure sowie auf die Verfügungen der Fachgruppe. Bei den Einzelpolicen ist ferner zu erwähnen die Klausel: „Frei von Beschlagnahme oder sonstiger Entziehung durdi Verfügung von hoher Hand (unbeschadet § 36 ADS. und unbeschadet der „deutschen Kriegsklausel 1938", falls Krieg eingesdilossen)." Audi für die Versicherung der durch die Kriegsklausel nicht gedeckten Gefahren berechnete die Beklagte mit Rücksicht auf den Kriegszustand eine Prämienzulage, die von der Klägerin ohne Verhandlung über die Berechtigung zugestanden wurde.
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Nach den Einzelpolicen sollte der Kaffee auf dem deutschen Dampfer „Bahia Bianca" verschifft werden, der nach Kriegsausbruch mit den Westmäditen am 10. September 1939 in Rio de Janeiro eingetroffen war und die Reise mit den versicherten Gütern am 6. Dezember 1939 auf G r u n d eines von einer deutschen Amtsstelle erhaltenen Befehls antrat. Auf Grund einer dem Kapitän mitgegebenen, auf hoher See geöffneten Segelanweisung der gleichen Amtsstelle fuhr der Dampfer durch die . . .-Straße. Auf der Fahrt durch Treibeisfelder wurde der Dampfer in der . . .-Straße so schwer besdiädigt, daß er am 10. Januar 1940 von der Besatzung verlassen werden mußte. Dies geschah unter Öffnung der Seeventile. Mit dem Dampfer gingen audi die versicherten Güter zugrunde. Die Besatzung wurde von einem durch SOS-Rufe herbeigerufenen Fischdampfer übernommen. Über den Verlauf der Reise und des Schiffsunfalls liegt die von einem deutschen Konsulat aufgenommene Verklarung vom 22. Januar 1940 vor, der ein Auszug aus dem Schiffstagebuch beigefügt ist. Die Beklagte hat den Versicherungsfall auf Grund der deutschen Kriegsklausel für gegeben erachtet und den nach ihrer Meinung geschuldeten Betrag an die Klägerin gezahlt. Die Klägerin dagegen ist der Ansicht, daß die Güter durch einen reinen Seeunfall verloren gegangen seien und deshalb der Schaden auf Grund der Versicherung gegen Seegefahr zu ersetzen sei, deren Wert mit Bnsdiluß des imaginären Gewinnes den Wert der Kriegsversidierung um 188 000 RM übersteigt. Sie hat mit der Klage Zahlung dieses Betrages nebst 5 v. H. Zinsen seit dem 11. Februar 1940 sowie eines weiteren Betrages verlangt, der ihr nach ihrer Ansicht auch auf Grund der Kriegsversicherung zustehen würde. Dazu hat sie vorgetragen, die Reise von Rio de Janeiro nach Deutschland habe der deutsche Dampfer, worüber sich die Parteien klar gewesen seien, nur unter Bruch der feindlichen Blockade und nur auf außergewöhnlichem Wege machen können. Auch darüber sei man sich klar gewesen, daß der Reiseweg wahrscheinlich durch nördliche Gewässer führen werde. In Kenntnis dieser Tatsachen habe die Beklagte die Versicherung für die Kriegsgefahr und die übrigen Gefahren der Reise übernommen und der Gefahrerhöhung durch Prämienzulagen Rechnung getragen. Sie hafte deshalb für den Seeunfall, der Schiff und Ladung auf der versicherten Reise zugestoßen sei. Die Beklagte, die den Klageansprudi nach Grund und Höhe bestreitet, hat vorgebracht, Hauptursache des Schadens sein ein Kriegsereignis. Der Dampfer habe die Blockadebruchreise auf Befehl der Regierung machen und die in der Segelanweisung bezeichneten Punkte 19·
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ansteuern müssen. Die Eis- und Witterungsverhältnisse in der . . .Straße seien sehr ungünstig. Für die Fahrt durch das eisgefährdete Gebiet habe dem Dampfer die erforderliche Ausrüstung, insbesondere eine Eisverstärkung und eine Scheinwerferanlage gefehlt. Wegen des Krieges habe der Dampfer keine Eisnachriditen erhalten und sie audi nicht einholen dürfen, um sidi nicht zu verraten. Der Kapitän habe auch mit Rücksicht auf den Krieg nidit immer nautischen Erwägungen folgen dürfen. Die amtliche Reiseanweisung habe ihn trotz des Auftretens von Treibeis genötigt, den vorgeschriebenen Kurs fortzusetzen und das Eis zu forcieren. Schiff und Ladung seien also Bedingungen zum Opfer gefallen, die außerhalb eines Krieges unmöglich seien. Die Klägerin hat entgegnet, eine Eisausrüstung sei nach den zu erwartenden Eisverhältnissen nidit erforderlich gewesen. Der Beklagten sei audi bekannt gewesen, daß der Dampfer eine solche Ausrüstung nicht besessen habe. Die Gefährlichkeit der Reise durdi die . . .-Straße werde von der Beklagten übertrieben. Abgesehen von den der Beklagten bekannt gewesenen Tatsachen sei während der ganzen Reisedauer kein Kriegsereignis vorgefallen. Die amtlidie Reiseanweisung habe dem Kapitän erlaubt, den Kurs erforderlichenfalls zu ändern. So seien audi die Kapitäne anderer Dampfer in ähnlicher Lage verfahren. Aus der vorgelegten Aufstellung gehe hervor, daß Bahia Bianca als einziger Dampfer dem Eis in der . . .-Straße zum Opfer gefallen sei, obwohl die Dampfer meist keine Eisverstärkung besessen hätten. Der Untergang des Dampfers Bahia Bianca sei daher nur ein unglüddich verlaufener Einzelfall. Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 5. September 1940 die Klage in Höhe von 188 000 RM nebst Zinsen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung des Klageansprudies hat es den Reditsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: I. 1. Der Berufungsrichter ist richtig davon ausgegangen, daß die als Ursachen für den Verlust des Dampfers und der Güter in Betradit kommenden Gefahrumstände insofern eine verschiedene Bedeutung haben, als sie teils dem Bereiche der Kriegsgefahr, teils dem der Seegefahr angehören, und daß deshalb entschieden werden müsse, ob die Beklagte den Schaden aus dem Verlust der Güter auf Grund ihrer Haftung für die Kriegsgefahr oder die Seegefahr zu ersetzen habe, weil
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nur im letzten Falle der eingeklagte imaginäre Gewinn durch die Versicherung gedeckt sei. Zutreffend hat der Berufungsrichter aus den in dem Urteil RGZ. Bd. 153 S. 113 dargelegten Gründen angenommen, daß im Seeversicherungsrecht die Regel „causa proxima, non remota spectatur" gilt, und daß diese Regel dazu bestimmt ist, in Zweifelsfällen bei dem Zusammentreffen vertragsmäßiger und nicht vertragsmäßiger Ursachen eines einheitlichen Schadens die Frage der Haftung des Versicherers zu entscheiden. Zu bemängeln ist nur, daß der Berufungsrichter erst an letzter Stelle auf den Vertragsinhalt eingegangen ist, obgleich allgemein anerkannt ist, daß in Fällen der in Rede stehenden Art für die Entscheidung in erster Reihe die im Einzelfalle durch Vertrag getroffene Regelung, also der durch Auslegung zu ermittelnde Wille der Parteien maßgebend ist ( R i t t e r ZVersW. 1914 S . 4 1 ; D e r s e l b e Das Recht der Seeversicherung Bd. 1 § 2 8 Anm. 19; S i e v e k i n g Das deutsche Seeversicherungsrecht S. 186; G e r h a r d - Μ a η e s V V G . S. 2 5 6 ; Κ i s c h Zum Kausalproblem im Versicherungsrecht in Wirtschaft und Recht der Versicherung, Beiheft der „Versicherungs- und Geldwirtschaft 1 9 2 6 " , besonders S. 45 flg.). Daher ist in jedem Falle zunächst zu prüfen, welche Tragweite dem Vertragsinhalt, namentlich besonderen Bedingungen, für die Haftung des Versicherers beizumessen ist. Diese Prüfung kann ζ. B. ergeben, daß mittelbare Ursachen ausscheiden sollen (RGUrt. 1 2 1 7 / 3 8 vom 21. Mai 1940 [VerkRdsch. 1941 S. 1651}). Den Allgemeinen deutschen Seeversicherungsbedingungen gehen besondere Bedingungen vor, deren Auslegung sich nach den allgemein für Verträge geltenden Regeln richtet ( R i t t e r Das Recht der Seeversicherung Bd. 1 S. 8 Anm. 13). Soweit sich nicht schon aus dem Vertragsinhalt eine eindeutige Entscheidung der Frage ergibt, ob im Sinne des Vertrages bei Verursachung des Schadens durch mehrere nur zum Teil durch den Vertrag gedeckte Gefahrereignisse der Versicherungsfall eingetreten ist, muß sie, wie in dem Urteil RGZ. Bd. 153 S. 113 näher ausgeführt ist, durch Ermittlung der „nächsten Ursache" in dem Sinne gefunden werden, der diesem Begriffe nach der Vcrkehrsanschauung und mit Rücksicht auf den das Versicherungsverhältnis in besonderem Maße beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben ( § 1 3 ADS.) beizumessen ist. 2. Es bedarf danach zunädist einer Antwort auf die Frage: War die Reise durch die . . .-Straße das Unternehmen, für das die Beklagte nach dem Vertrage die Haftung für die Seegefahr und im Rahmen der deutschen Kriegsklausel auch für die Kriegsgefahr übernommen hat?
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O b g l e i d i der Berufungsrichter diese Frage nicht ausdrücklich e r ö r t e r t h a t , k a n n doch dem Z u s a m m e n h a n g c seiner A u s f ü h r u n g e n e n t n o m m e n w e r d e n , daß er sie hat bejahen wollen. Nach der laufenden Versicherung waren die in Verlust g e r a t e n e n G ü t e r versichert für Reisen v o n u n d nach allen Teilen der Welt. Bei der gewöhnlichen laufenden Versicherung sind die G ü t e r schon versichert, w e n n der Versicherungsnehmer nadi k a u f m ä n n i s c h e n G r u n d sätzen f ü r sie Versicherung zu n e h m e n h ä t t e , falls er nicht laufend versichert wäre ( § 9 7 ADS.; RG. in Seuff. Arch. Bd. 90 N r . 11 S. 22). D i e A n m e l d u n g des Versidierungsinteresses h a t regelmäßig n u r die B e d e u t u n g einer tatsächlichen Mitteilung darüber, daß eine u n t e r die l a u f e n d e Police fallende G ü t e r b e f ö r d e r u n g a u s g e f ü h r t wird und die Reisegefahr zu laufen begonnen hat ( R i t t e r Das Deutsche Seeversicherungsrecht § 9 7 Anm. 6 flg., A n m . 44; R G Z . Bd. 89 S. 125 flg.). Somit k o m m t es für die Frage, ob die von der Beklagten ü b e r n o m m e n e G e f a h r e r h ö h t worden oder eine wesentliche U m g e s t a l t u n g des als versichert zu betrachtenden U n t e r n e h m e n s eingetreten ist, an sich auf die Verhältnisse bei Eingang der laufenden Versicherung an ( R G Z . Bd. 94 S. 300; R i t t e r a. a. O . § 19, A n m . 5, § 97 A n m . 9, A n m . 88). Daraus ergibt sich die Frage, ob u n t e r Reisen nach allen Teilen der Welt im Sinne des Vertrages nur solche im regelmäßigen Schiffsverkehr zu verstehen sind. Bejahendenfalls würde a n z u n e h m e n sein, daß die Reise der Bahia Bianca durch die . . .-Straße weder hinsichtlich der Kriegsversicherung noch hinsichtlich der Seeversicherung u n t e r die laufende Police fällt. Es ist nicht zu beanstanden, daß der Berufungsrichter auf diesen P u n k t nicht näher cingegangen ist, weil aus seinen Feststellungen h e r v o r g e h t , d a ß im Streitfall eine Einigung der Parteien über die Einbeziehung der „Blockadebruchreise" des Dampfers in die Versicherung zustande gekommen ist. Nach den A u s f ü h r u n g e n des Berufungsrichters haben die Parteien am 14. O k o b e r 1939 eine grundlegende Besprechung über die V e r sicherung des nach Kriegsausbruch v o n Rio d e Janeiro nach Deutschland zu verschiffenden Kaffees gehabt. Über den Inhalt dieser Besprechung ist N ä h e r e s nicht gesagt. Die Parteien haben aber, wie aus den weiteren Feststellungen des Bcrufungsrichters h e r v o r g e h t , vor der D e k l a r a t i o n v o n „Blockadebruchreisen" gesprochen. Ende O k t o b e r 1939 war außerdem die Absicht, durch deutsche Schiffe solche Reisen a u s f ü h r e n zu lassen, bereits „börsennotorisch" und somit in den beteiligten V e r kehrskreisen allgemein b e k a n n t (R i 11 e r a. a. O . § 19 A n m . 50). Hierzu h a t der Bcrufungsrichter noch bemerkt, es sei o h n e h i n offenbar ge-
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w e s e n , d a ß f ü r die Verschiffung des Kaffees von Rio de Janeiro nach Deutschland wegen des Kriegszustandes mit England nur eine Blockadebruchreise in Frage gestanden habe. Die Parteien h ä t t e n audi mit R ü d c s i d i t hierauf eine P r ä m i e n e r h ö h u n g v o r g e n o m m e n . G e m e i n t ist ersichtlich die P r ä m i e n e r h ö h u n g für die Seegefahr u n d die Festsetzung der Prämie für die Kriegsgefahr im U m f a n g e der deutschen Kriegsklausel. Indessen h a t sich nach der A n n a h m e des Berufungsrichters die K e n n t n i s der Parteien bei Bemessung der Prämie nicht erstredet auf die n ä h e r e A u s f ü h r u n g der Reise, insbesondere den Inhalt der amtlichen Reiseanweisung. Die Parteien sind sich, indem sie in Kenntnis der o b e n e r w ä h n t e n U m s t ä n d e wegen der dadurch bewirkten G e f a h r e r h ö h u n g Prämienzulagen vereinbarten und die deutsche Kriegsklausel d e m V e r t r a g e i n f ü g t e n , über die Einbeziehung der n a d i Ausbruch des Krieges abgeladenen, nach Deutschland zu verschiffenden Güter in die V e r sicherung einig geworden. Insbesondere hat Einverständnis darüber b e s t a n d e n , daß d i e G ü t e r in einem deutschen D a m p f e r b e f ö r d e r t w u r d e n , o b w o h l sie darin ebenso wie der D a m p f e r selbst der dringend e n G e f a h r der N e h m u n g ausgesetzt waren und die l a u f e n d e Versicherung nicht auf einen bestimmten Dampfer beschränkt war. Wie der Berufungsrichter mit Recht festgestellt hat, war es für die Beklagte o f f e n b a r , daß die G ü t e r n i d i t auf dem üblichen, sondern n u r auf einem außergewöhnlichen W e g an den Bestimmungsort gelangen k o n n t e n . M i t der Möglichkeit, daß die Fahrt durch nördliche Gewässer, insbesondere auch durch die . . .-Straße, ging, h ä t t e die Beklagte bei der Prämienberechnung rechnen müssen. Die Beklagte hat sich in dem Bewußtsein, daß Einzelheiten über den Reiseweg u n b e k a n n t u n d auch n i d i t zu erfahren waren, mit der Klägerin über die Prämienzulagen für d i e Ü b e r n a h m e der See- und Kriegsgefahr geeinigt. H ä t t e sie geltend machen wollen, daß die nach Ausbruch des Krieges auf einem deutschen D a m p f e r nach einem deutschen Bestimmungsort bewirkte V e r s d i i f f u n g des Kaffees nicht u n t e r die laufende Police falle, so h ä t t e sie n a d i Treu u n d G l a u b e n keine Prämienzulagen berechnen und der Klägerin keine Einzelpolicen aushändigen dürfen, sondern ihre M e i n u n g und ihren Willen, für die beabsichtigte „Blockadebruchreise" nicht zu h a f t e n , klar zum Ausdruck bringen müssen (§ 13 ADS.; R i t t e r Das Deutsche Secversidierungsredit S. 11 Anm. 17 und 18, § 1 3 Anm. 4 u n d 5, § 9 7 A n m . 16 und 17). Hiernach ist die Reise durch die . . .-Straße das U n t e r n e h m e n , f ü r das die G ü t e r gegen See- und Kriegsgefahr zu den durch die Einzelpolicen ergänzten Bedingungen der l a u f e n d e n Police
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versichert waren. Auf Verkennung der Rechtslage beruht somit die Ansidit der Revisionsbegründung, der Reiseantritt unter Kriegsblockade und amtlicher Reiseanweisung sei ein versicherungsfreies Ereignis. Die Reise durch die . . .-Straße als solche ist kein Kriegsereignis, sondern das den Gegenstand der Versicherung bildende Unternehmen. Nach der dargelegten Rechtslage, die sich aus der mit der Einigung über die Prämienzulagen und die besonderen Bedingungen der Einzelpolicen zustande gekommenen Vereinbarung ergibt, haftet die Beklagte für die mit der Reise durdi die . . .-Straße verbundenen Gefahren der Seeschiffahrt auch insoweit, als diese durch die Kriegsgefahr erhöht worden sind. Dies folgt zunächst daraus, daß die Versicherung der Güter alle Gefahren der „Blodcadebrudireise" umfaßt, die Kriegsgefahr im Umfange der deutschen Kriegsklausel. Gefahren, die als solche nicht unter die deutsche Kriegsklausel fallen, sondern nur durdi die Kriegsgefahr beeinflußt worden sind, waren danach durdi die Versicherung gegen Seegefahr gededet, die nadi den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen umfassend ist (§ 28 ADS.), soweit nidit Ausnahmen festgesetzt sind. Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, daß auch eine Versicherung frei von Kriegsgefahr ( § 3 5 ADS.) grundsätzlich die Haftung für die durch Krieg verursachte Erhöhung der Seegefahr, den sogenannten Kriegsmolest, einschließt, sofern nicht durdi die Gefahrerhöhung der Gegenstand der Versicherung wesentlich geändert wird ( R i t t e r a . a . O . § 3 5 Anm. 29; vgl. audi die eine ähnlidie Rechtslage behandelnden Urteile RGZ. Bd. 67 S. 251 Fall „Romulus" und RGZ. Bd. 89 S. 139, S. 142, S. 316 Fälle „Totnies", „Canadia" und „Santa Catharina"). Will der Versicherer für Seegefahr von jeder Haftung befreit sein, sobald die Seegefahr durdi Krieg beeinflußt wird, so muß er sich der Klausel „frei von Kriegsmolest" bedienen ( § 1 1 9 ADS.). Dies ist im Streitfalle deshalb von Bedeutung, weil sidi die deutsche Kriegsklausel auf imaginären Gewinn nicht erstreckt. Nachdem die Parteien nach Ausbrudi des Krieges mit den Westmäditen die Verschiffung der Güter auf einem der Gefahr der Nehmung ausgesetzten deutschen Dampfer zum Gegenstand ihres Vertrages gemacht haben, kann sich die Beklagte nidit darauf berufen, daß auf dem durdi die Versicherung gedeckten außergewöhnlichen Reiseweg unter der Einwirkung des Krieges die Gefahren der See größer gewesen seien, als sie es im gleichen Seegebiet zur gleichen Zeit unter gewöhnlichen Verhältnissen gewesen wären. In diesem Sinn ist vor allem der Umstand zu würdigen, daß die Gefahr der Nehmung die Einholung von Eisnadirichten ausschloß.
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Besonderer Betrachtung bedarf die vom Berufungsrichter nicht erörterte Behauptung der Beklagten, der Dampfer sei mangels Eisverstärkung und Scheinwerferanlage für die Reise durch die . . .-Straße im Monat Januar seeuntüchtig gewesen. Käme es lediglich auf die Bestimmungen der laufenden Police an, so würde die Abladung der Güter auf einem Dampfer, der mit der Gefahr der Nehmung bedroht und für die Fahrt durch die . . .-Straße nach dem als richtig zu unterstellenden Vortrage der Beklagten mangelhaft ausgerüstet war, als eine das versicherte Unternehmen wesentlich umgestaltende und deshalb die Beklagte von der Haftung sowohl für die Seegefahr als audi für die Kriegsgefahr befreiende Vertragsverletzung zu beurteilen sein. Durch das Einverständnis der Parteien über die Verladung auf Dampfer Bahia Bianca sind indessen der Beklagten alle Einwendungen abgeschnitten, die sich aus der Beschaffenheit des Dampfers und seiner Bedrohung durdi feindliche Nehmung ergeben können. Da beide Parteien über die Einzelheiten der Reise nicht unterrichtet waren, eine Reise durch nördliche Gewässer wegen der feindlichen Blockade aber audi in der hier in Betracht kommenden Zeit (Dezember und Januar) in Rechnung zu stellen war, kann sich die Beklagte gegenüber dem Anspruch aus der Güterversicherung nicht unter dem Gesichtspunkte der Umgestaltung der Reise auf Seeuntüditigkeit des Sdiiffes für die Fahrt durch die . . .-Straße berufen. Die Vorschrift des § 58 ADS. findet auf die Güterversicherung keine Anwendung. Bei der laufenden Güterversicherung hat der Versicherungsnehmer nicht die Seetüchtigkeit des Schiffes zu gewährleisten, sondern haftet er für die Eignung des Beförderungsmittels nur insoweit, als sich dies aus dem Vertrag ergibt. Die in der laufenden Police vorgeschriebenen Eigenschaften hat der Dampfer unzweifelhaft besessen, da in dieser Hinsidit Bedenken nicht geltend gemacht worden sind. Auf die Wahl des Reiseweges, die bei einer „Blodcadebrudireise" veränderlichen Bedingungen unterworfen war, hatte die Klägerin ebensowenig Einfluß wie die Beklagte. Nach dem Schiffstagebuch ist die geheimgehaltene Segelanweisung erst nadi Erreichen der freien See vom Kapitän geöffnet worden. Das Wagnis der Unbestimmtheit des Reiseweges ergibt sich aus der Natur des versicherten Unternehmens, so daß für eine Anwendung der § § 2 3 , 24 ADS., die sich nur auf Gefahränderungen durch den Versicherungsnehmer beziehen, audi hinsichtlich der Eigenschaften des Dampfers kein Raum ist. Nachdem klargestellt ist, daß nadi dem Vertrage die Haftung der Beklagten für imginären Gewinn die Seegefahr der Reise durch die
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. . .-Straße mit Einschluß der durch den Krieg b e w i r k t e n G e f a h r e r h ö h u n g u m f a ß t , ist auf die Frage der Abgrenzung zwischen Seegefahr u n d Kriegsgefahr nach der deutschen Kriegsklausel einzugchen. W e n n auch der Berufungsrichter die Kriegsklausel nicht erwähnt h a t , so k a n n doch das Revisionsgericht über ihre rechtliche Tragweite f ü r den Streitfall von sich aus entscheiden, da sie zu den typischen Bedingungen g e h ö r t . Die deutsche Kriegsklausel 193 8 ist mit Rücksicht auf das auf dem englischen Versicherungsmarkt zustande g e k o m m e n e W a t e r b o r n e A g r e e m e n t von der Fachgruppe Transportversicherung der Wirtschaftsgruppe Privatversicherung eingeführt worden, um, wie es in der V e r f ü g u n g des Leiters der Fachgruppe v o m 23. Februar 1938 heißt, die deutsche Versicherungswirtschaft bei einer H ä u f u n g v o n Kriegsschäden v o r Verpflichtungen zu bewahren, die von ihr nicht getragen w e r d e n k ö n n t e n u n d die Belange der Versicherungsnehmer anderer Z w e i g e gefährden w ü r d e n . Zweck der Klausel ist also Beschränkung des W a g nisses aus der Kriegsversicherung. Für d e n Streitfall k o m m t nicht d i e Beschränkung des Kriegswagnisses auf die Beförderung der G ü t e r durch das Seeschiff (Ziff. 2 und 3), sondern nur seine begriffliche A b g r e n z u n g d u r d i die Kriegsklausel in Betracht. Die Kriegsklausel bezeichnet u n t e r Ziff. 1 Abs. 1 durch Rahmenbegriffe grundsätzlich die Gcfahrbereiche, auf die sie angewendet sein will. G e n a n n t sind die G e f a h r e n des Krieges, Bürgerkrieges u n d kriegsähnlicher Ereignisse. Wirksam w e r d e n k ö n n e n diese Gefahren nur durch in die a n g e f ü h r t e n Bereiche fallende Ereignisse, die im Abs. 2 der Ziff. 1 erschöpfend aufgezählt sind, wie der Unterschied der Fassung zu § § 3 5 und 121 Abs. 1 ADS. ergibt, w o die beispielsweise gemeinte A u f z ä h l u n g gewisser Kriegsereignisse durch das W o r t ,.insbesondere" verdeutlicht wird. Der Sonderfall Abs. 3 Ziff. 1, der in die Kriegsversicherung Schäden einbezieht, die sich unabhängig v o m Kriegszustand aus der V e r w e n d u n g und dem V o r h a n d e n sein von Minen, Torpedos, Bomben u n d anderen Kriegswerkzeugcn ergeben, ist für die grundsätzliche Festlegung des Begriffes Kriegsereignis im vorhergehenden Absatz o h n e Bedeutung u n d k a n n daher hier außer Betracht bleiben. Als Gefahrereignisse, die unter die V e r sicherung gegen Kriegsgefahr fallen, werden im Abs. 2 d e r Ziff. 1 zunächst grundsätzlich H a n d l u n g e n kriegerischer Art genannt. Die anschließend a u f g e f ü h r t e n Beispiele (Einsetzen der b e w a f f n e t e n Macht, Blockade oder andere Sperren) zeigen, was gemeint ist. Es h a n d e l t sich allgemein gesprochen um ein Gebrauchmachen v o n der K r i e g s m a d i t . das, w e n n es durch eine der beteiligten Mächte während eines der im Abs. 1 g e n a n n t e n Gefahrzustände, also während eines Krieges, Bürger-
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krieges oder aus Anlaß eines kriegsähnlichen Ereignisses geschieht, v o n N a t u r aus Kriegsmaßnahme ist. G e t r e n n t durch das einen Unterschied a n d e u t e n d e W o r t „ s o w i e " werden ferner zur Kriegsgefahr gerechnet gegen den versicherten Gegenstand als solchcn gerichtete M a ß n a h m e n einer a n e r k a n n t e n o d e r nicht a n e r k a n n t e n Macht, die zum Zwecke d e r K r i e g f ü h r u n g v o r g e n o m m e n werden. Wie die als hauptsächlich v o r k o m m e n d e s Beispiel ausdrücklich erwähnte Beschlagnahme lehrt, ist hier an V e r f ü g u n g e n v o n hoher Hand im weiteren Sinne gedacht, die zur Kriegsmaßnahme nur unter der zweifachen Voraussetzung werden, daß sie zu Zwecken der Kriegführung v o r g e n o m m e n werden und zugleich gegen den versicherten Gegenstand als solchen gerichtet sind. Auf das Z u s a m m e n t r e f f e n beider Voraussetzungen k o m m t es also wesentlich an. Die Zweckbestimmung unterscheidet die Kriegsmaßnahmen gegenüber V e r f ü g u n g e n v o n h o h e r Hand im besonderen Sinne (vgl. die U n t e r scheidung in § 820 Abs. 2 Ziff. 2 HGB.; § 69 η Abs. 2 Ziff. 2 H a m b u r g e r Allg SVB.; § § 36, 73 ADS.; zum Begriffe V e r f ü g u n g von h o h e r H a n d : V o i g t das Deutsche Seeversicherungsrecht 1912 Bern. 9 zu § S 2 0 H G B . ; R i 11 e r a. a. O . § 36 Anm. 3, 4). Keiner Begründung bedarf, daß eine Beschlagnahme, A u f b r i n g u n g oder N e h m u n g durch feindliche Kriegsschiffe w ä h r e n d eines Krieges oder Bürgerkrieges unter die Kriegsklausel fällt. Für die Entscheidung ist hiernach nichts dadurch g e w o n n e n , daß der Berufungsrichter die Segelanweisung des Dampfers Bahia Bianca o h n e Erläuterung als V e r f ü g u n g von h o h e r Hand bezeichnet hat. In Frage steht nur, ob die Segclanweisung für die Versicherung der G ü t e r ein Kriegscreignis im Sinne der deutschen Kriegsklausel oder eine auf Entziehung der Güter gerichtete V e r f ü g u n g v o n hoher H a n d im Sinne der A u s n a h m e b e s t i m m u n g e n der Police ist. Beides ist zu verneinen. Nach der Verklarung, auf die der Tatbestand des Berufungsurteils Bezug nimmt, wurde die vorgeschriebene Segelroute gefahren. Der Bcrufungsrichter geht auf G r u n d des der Verklarung beigefügten Auszuges aus dem Schiffstagebuch davon aus, daß der Dampfer gewisse Positionen ansteuern sollte. Zu Unrecht beanstandet die Beklagte die A n n a h m e des Berufungsrichters, der Dampfer habe die angegebenen A n s t e u e r u n g s p u n k t e nicht unter allen Umständen erreichen müssen, sondern auch einen anderen Kurs einschlagen oder zum mindesten den Kurs u n t e r V e r m e i d u n g der Eisgefahr wählen d ü r f e n , wenn Einwirkungen des Feindes oder zwingende nautische Gesichtspunkte dies e r f o r d e r t h ä t t e n . Die P r o z e ß r ü g e der Beklagten, daß der Kapitän des Dampfers e n t sprechend ihrem Beweisantrag über den näheren Inhalt der Segel-
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anweisung hätte vernommen werden müssen, ist schon deshalb unbegründet, weil nur unter Beweis gestellt war, daß der Dampfer v o n dem vorgeschriebenen Kurse lediglich bei Unmöglichkeit der Befolgung des Befehls habe abweichen dürfen. Audi die Beklagte ist nadi ihrem Vorbringen davon ausgegangen, daß der Kapitän v o n der Segelanweisung habe abweichen dürfen, wenn die Sicherheit des Schiffes es dringend und unbedingt geboten habe. Der Beweisantrag war danach unerheblich, weil darüber hinausgehende Einzelheiten von beiden Parteien nicht vorgetragen waren und der Berufungsrichter bei der Würdigung der Segelanweisung zum gleichen Ergebnis gelangt ist. Auch die Bemerkung der Revisionsbegründung, eine Abweichung von dem vorgeschriebenen Wege sei nicht schon dann zulässig gewesen, wenn sie nach rein nautischen Gesichtspunkten zweckmäßig gewesen wäre, sondern nur dann, wenn eine Abwägung der Gesichtspunkte, die der Anordnung der Fahrt durch die . . .-Straße zugrunde gelegen hätten, gegenüber rein nautischen Gesichtspunkten die Abweichung zur zwingenden Notwendigkeit gemacht haben würde, deckt sich dem Sinn und der Sache nach mit der Erwägung des Berufungsrichters, daß eine Kursänderung nur zulässig gewesen wäre, wenn Einwirkungen des Feindes oder zwingende nautische Gesichtspunkte sie erfordert hätten. Ersichtlich meint der Berufungsrichter, daß sich der Aussteller der amtlichen Reiseanweisung von sachkundigen und verständigen Erwägungen hat leiten lassen. Ziel der Anweisung war die Rettung von Schiff und Ladung, die ihren deutschen Bestimmungshafen erreichen sollten. Der festgestellte Sachverhalt läßt ferner keinen Zweifel darüber, daß die nautische Führung des Schiffes dem Kapitän verblieben war. Sollte also das Ziel der Reiseanweisung erreicht werden, so mußte der Kapitän die Möglichkeit haben, von dem vorgeschriebenen Weg abzuweichen, wenn Schiff und Ladung durch Seegefahren, insbesondere das Auftreten von Eis, ernstlich bedroht waren und dieser Gefahr ohne feindliche Behinderung durch Ausweichen oder Kursänderung begegnet werden konnte. Jedenfalls kann der durch den Hinweis auf das Verhalten anderer Schiffe in ähnlidier Lage unterstützten Meinung des Berufungsrichters, daß dies der Sinn der amtlichen Reiseanweisung sei, aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden. Aus dieser bedenkenfrei festgestellten Grundlage ergibt sich rechtlich die Folgerung, daß die amtliche Segelanweisung für die Versicherung der Güter kein unter die deutsche Kriegsklausel fallendes Ereignis ist. Sie würde zwar nach § 35 ADS. als Kriegsereignis angesehen werden können, da diese Vorschrift als Beispiel von Kriegsereignissen allgemein
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die durdi den Krieg veranlaßten Maßnahmen einer kriegführenden Macht anführt. Danach würde es genügen, daß der Krieg den Beweggrund für eine Maßnahme der kriegführenden Macht bildet, die nicht notwendig zum Zwecke der Kriegführung getroffen zu sein braucht < R i t t e r § 35 Anm. 14). Die deutsche Kriegsklausel hat aber in dem Bestreben nach Einschränkung der Kriegsversicherung den Begriff des Kriegsereignisses wesentlich enger gefaßt. Die Kriegsklausel deckt nur solche Handlungen einer beteiligten Macht, die entweder durch die Anwendung kriegerischer Gewaltmittel als Handlungen kriegerischer Art gekennzeichnet oder zum Zwecke der Kriegführung gegen den versicherten Gegenstand als solchen gerichtet sein müssen. Keiner der danach möglichen Fälle liegt hier vor. Unerheblich ist für den Streitfall, daß die Blockadebruchreise amtlich angeordnet worden ist und daß der Dampfer die Reise auf Befehl der gleichen Stelle angetreten hat, von der die Reiseanweisung erteilt wurde. Versicherungsrechtlich kommt es bei der Güterversicherung nur auf das Schicksal der Güter selbst und nicht des Dampfers an. Für die Güterversicherung kann nur maßgeblidi sein, daß die Parteien nach Abladung der Güter auf Dampfer Bahia Bianca deren Verschiffung von Rio de Janeiro nach dem deutschen Bestimmungshafen unter Bruch der feindlichen Blodcade zum Gegenstande des Versicherungsvertrages gemacht haben. Der Zeitpunkt des Reiseantritts war für das Versicherungsverhältnis unerheblich. Die Reiseanweisung, deren Einwirkung auf das Versicherungsverhältnis somit allein noch der Erörterung bedarf, würde nach Abs. 2 der deutschen Kriegsklausel, da es sich dabei nicht um den Einsatz kriegerischer Machtmittel handelt, nur unter der doppelten Voraussetzung Kriegsereignis sein, daß sie eine zum Zwecke der Kriegführung vorgenommene Maßnahme war, die gegen die versicherten Güter als solche gerichtet war. Es ist zwar anzunehmen, daß die Segelanweisung audi in bezug auf die Güter der Kriegführung diente, weil der Kaffee der heimischen Kriegswirtschaft zugeführt werden sollte. Zu verneinen ist dagegen, daß sie gegen die Güter als solche gerichtet war. Das kann bei Zugrundelegung dessen, daß die Güterversicherung sich auf eine Blockadebruchreise bezog, keinesfalls angenommen werden. Die Reise als solche kommt also nicht als Maßnahme im Sinne der Kriegsklausel in Betracht. Es handelt sich vielmehr lediglich um die nähere Bestimmung der Art ihrer Ausführung. Der Besitz oder die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit der Ladungsbeteiligten wurde durch sie in keiner Hinsicht betroffen. Im Gegenteil war Zweck der Segelanweisung die Rettung der Güter vor feindlichem Zugriff. Die Güter sollten auf einem
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durch feindliche S t r e i t k r ä f t e nicht versperrten Weg an ihren Bestimm u n g s o r t gebracht werden u n d dadurch den V e r f ü g u n g s b e r e c h t i g t e n erhalten bleiben. Die Segelanweisung entsprach somit dem gemeinsamen Interesse der Parteien am Gelingen der versicherten Blockadebruchreise, weil a n z u n e h m e n ist, daß ihr Aussteller auf G r u n d der ihm zu G e b o t e s t e h e n d e n K e n n t n i s v o n d e n M a ß n a h m e n des Feindes den Weg v o r geschrieben hat, der zur Zeit der Ausreise bei Abwägung aller U m s t ä n d e die größte Aussicht auf R e t t u n g b o t . M i t vollem Recht sagt daher der Berufungsrichter, daß sich die Bedeutung der Segelanweisung in der W a h l des Reiseweges erschöpft habe. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist auch die weitere Folgerung unbedenklich, daß der K a p i t ä n , wenn er über die gleiche Kenntnis u n d Erfahrung hinsichtlich der M a ß n a h m e n des Feindes v e r f ü g t h ä t t e wie die amtliche Stelle, zunächst den gleichen Weg verfolgt haben würde. Die Segelanweisung ist daher keine gegen die versicherten G ü t e r als solche gerichtete Z w a n g s m a ß n a h m e . O h n e sie h ä t t e das versicherte U n t e r n e h m e n der „Blockadebruchreise" mit gleicher Aussicht auf Erfolg nicht u n t e r n o m m e n werden k ö n n e n . Ein Vergleich mit dem Fahren in Geleitzügen, das eine Verteidigungsmaßnahme gegen feindliche Angriffe unter dem Befehl der begleitenden Kriegsschiffe darstellt, w ü r d e neben der Sadie liegen. Hiernach ist die Segelanweisung kein Kriegsereignis im Sinne der deutschen Kriegsklausel, so d a ß auf sich beruhen k a n n , ob sich nach dem erörterten Sachverhalt Wahrscheinlichkeitsgründe d a f ü r beibringen lassen, daß ohne sie die versicherte Reise einen anderen Verlauf gen o m m e n haben würde. Z u einer anderen Auffassung k a n n auch nicht die Erwähnung v o n „kriegsähnlichen Ereignissen" im Abs. 1 Ziff. 1 der deutschen Kriegsklausel führen. Der Begriff k n ü p f t an die warlike operations der englischcn Kriegsklausel an (vgl. hierüber A r η ο u 1 d O n the Law of Marine Insurance and Average, 12. Auflage 1939, Bd. 2 Sect. 905 c flg.). Er bezeichnet einen kriegsähnlichen Gefahrenzustand außerhalb des Krieges und wird ebenso wie die übrigen Rahmenbegriffe des Abs. 1 ausgefüllt durch die Begriffsbestimmung der Kriegsmaßnahmen in Ziff. 1 Abs. 2 der deutschen Kriegsklausel. Nach d e r Fassung der deutschen Kriegsklausel müssen in jedem Falle nach Ausbruch eines Krieges die H a n d l u n g e n k r i e g f ü h r e n d e r Mächte die Begriffserfordernisse des Abs. 2 der Ziff. 1 erfüllen, w e n n sie als Kriegsereignisse a n e r k a n n t w e r d e n sollen. Soweit nach diesem Auslegungsergebnis der Begriff der Kriegsg e f a h r nach der deutschen Kriegsklausel gegenüber § § 3 5, 121 ADS.
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eingeschränkt ist, erweitert sich das der Versicherung für Seegefahr zufallende Gebiet ( R G Z . Bd. 92 S. 6 5 ) . Die Ausnahmebestimmung der Einzelpolice über Verfügungen von hoher Hand, die eine von der Kriegsklausel unabhängige Einschränkung des Seegefahrbegriffs enthält, trifft auf die Segelanweisung nicht zu, weil sie keine Entziehung der G ü t e r zum Gegenstande hatte. 3. Hiernach bleibt als Kriegsereignis nur die Blockade oder Sperrung des Seeweges durch die Westmächte übrig. Nach dem Grundsatz der adäquaten Verursachung ist das Kriegsereignis ursächlich geworden für die amtliche Segelanweisung, die im Sinne des Vertrages selbst kein Kriegsereignis ist, für das Ausbleiben von Eisnachrichten und ferner dafür, daß der Dampfer im Januar in ein Seegebiet gelangt ist, in dem er durch das Auftreten von Treibeis mit der Gefahr des Totalverlustes bedroht war. Mängel in der Ausrüstung des Schiffes haben nach dem Vortrage der Beklagten nur für die Fahrt durch die . . .-Straße bestanden. Die für den Reiseweg bestimmend gewesenen Blockademaßnahmen sind somit auch ursächlich dafür gewesen, daß der Dampfer nach der Darstellung der Beklagten mit mangelhafter Ausrüstung der Eisgefahr ausgesetzt gewesen ist. Die das Kriegsereignis darstellenden Blockademaßnahmen haben danach die späteren bei dem Untergang des Dampfers nach Auffassung des Berufungsrichters m i t wirkenden Ereignisse mittelbar verursacht. M i t Rüdcsicht auf den dargelegten Vertragsinhalt kommt es aber rechtlich auf diese Verursachung nicht an. Die Eigenart des Streitfalles besteht darin, daß die feindliche Blockade schon vor Abschluß der hier maßgeblichen Vereinbarung bestanden hat. Deshalb muß aus den bereits angeführten Gründen die Einigung der Parteien über die Verschiffung des Kaffees auf dem von feindlicher Nehmung bedrohten Dampfer als Übernahme der Kriegs- und Seegefahr für die allein in Frage kommende „Blockadebruchreise" gedeutet werden. Hinsichtlich des iniagiären Gewinnes haftet zwar die Beklagte nicht für die Kriegsgefahr, doch fällt ihr insoweit die Erhöhung der Seegefahr zur Last, die durch das bei A b schluß der entscheidenden Vereinbarung allgemein bekannt gewesene Kriegsereignis der feindlichen Blockade entstanden ist. Diese aus dem Vertrage sich ergebende Rechtslage schließt es aus, das Kriegsereignis, das nach der zutreffenden Ansicht der Klägerin nur im Hintergrunde gestanden hat, als rechtlich maßgebende Ursache des Totalverlustes anzusehen. Die im Sinne des Vertrages „nächste" Ursache kann vielmehr nur in der mit dem Auftreten von Treibeis verbundenen Seegefahr gefunden werden, die durch die Kriegsgefahr lediglich in einer der
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Beklagten als Versicherer zur Last fallenden Weise erhöht worden ist. II. 1. Das Ergebnis ist aber audi dann das gleiche, wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, daß die Segelanweisung Kriegsereignis im Sinne der deutschen Kriegsklausel ist, daß ferner die Vertragsauslegung kein eindeutiges Ergebnis dafür liefert, ob die Haftung der Beklagten für imginären Gewinn gegeben ist. Alsdann bedarf es ergänzender Heranziehung der causa-proxima-Regel. Sie tritt hierbei nicht etwa an die Stelle des das gesamte bürgerliche Recht beherrschenden Grundsatzes der adäquaten Verursachung. Der Auffassung von R i t t e r ( § 2 8 Anm. 19) ist nicht beizutreten, soweit er die Vereinbarkeit beider Regeln verneint. Die Rechtsfrage nach der nächsten Ursache tritt nicht auf, wenn nur eine Schadensursache vorliegt oder wenn mehrere Ursachen getrennt zu ermittelnde Schäden herbeigeführt haben. Es besteht daher kein Bedenken, in solchen Fällen auch im Seeversicherungsrecht den ursächlichen Zusammenhang nach dem im Gebiete des bürgerlichen Rechts allgemein anerkannten Grundsatz der adäquaten Verursachung zu beurteilen. Aber audi bei einer Mehrheit von Ursachen eines einheitlichen Schadens besteht nicht immer ein Bedürfnis zur Anwendung der causa-proxima-Regel. Haftet der Versicherer für sämtliche Ursachen im gleidien Umfange, so liegt nach dem Vertrage kein Grund zu einer rechtlichen Unterscheidung vor. Einer solchen bedarf es in Rücksicht auf das für die Anwendung der causa-proxima-Regel maßgebende Bedürfnis der Seeversidierungswirtsdiaft nach einfacher und übersichtlicher Regelung der Haftungsfrage ( R i t t e r § 2 8 Anm. 19) vielmehr erst dann, wenn der einheitliche Schaden auf ein Zusammentreffen von haftungsfreien mit durch den Versicherungsvertrag gedeckten Gefahrumständen oder auf ein Zusammentreffen von solchen Gefahrumständen zurüdczuführen ist, die durch den Vertrag in verschiedenem Umfange gedeckt sind. Unter Berufung auf die Protokolle ( L u t z Protokolle der Kommission zur Beratung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs 7. Teil S. 3308) hat bereits das Urteil R G Z . Bd. 67 S. 251 (Romulus-Fall) klar betont, daß es bei den Schwierigkeiten, zu deren Lösung der Satz „causa proxima spectatur, non r e m o t a " dient, nicht bloß auf eine Mehrheit von Schadensursachen, sondern weiter darauf a n k o m m t , daß nur ein Teil dieser Ursachen des einheitlichen Schadens zur Verantwortung des Versicherers steht. O h n e Belang ist hierbei, ob die durch den Vertrag nicht gedeckte Gefahr von einem anderen Versicherer übernommen wurde oder dem Versicherungsnehmer selbst zur I.ast fällt. Ist aber in dem dargelegten Sinne das Zusammentreffen
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mehrerer nur zum Teil durch den Vertrag gedeckter Ursachen eines einheitlichen Schadens Voraussetzung für die nach der causa-proximaRegel zu treffende Entscheidung, welche der mehreren Ursachen für diesen Vertrag die rechtlich maßgebende ist, und ob danadi der Versicherungsfall vorliegt, so ist die mehrfache Verursachung auch im Seeversicherungsrecht nach dem in allen sonstigen bürgerlichrechtlichen Beziehungen bewährten Grundsatz der adäquaten Verursachung festzustellen (in diesem Sinne schon L i n d e n m a i e r Adäquate Verursachung oder nächste Ursache? im Jahrbuch der Akademie für Deutsches Recht 1938 S. 181 flg. [S. 184] und H a g e n s Causa proxima non remota spectatur HansRZ. 1923 Sp. 364). Nach dem Grundsatz der adäquaten Verursachung gelten nur diejenigen Gefahrumstände als Ursachen des Schadens, die ihrer Natur nach den Eintritt eines Erfolges dieser Art erfahrungsgemäß allgemein begünstigen. Die Anwendung dieses Maßstabes führt zur Verneinung der Ursächlichkeit in Fällen, in denen Ereignis und Schadensfolge in einem so losen und entfernten Zusammenhange stehen, daß dieser Zusammenhang nach der Auffassung des Lebens vernünftigerweise nicht mehr in Betracht gezogen werden kann. Scheiden hiernach eine oder mehrere Gefahrumstände als Ursachen aus und liegt infolgedessen der Fall, daß mehrere nur zum Teil durch den Vertrag gedeckte Ursachen den Schaden verursacht haben, nicht vor, so besteht kein Bedürfnis, nach der nächsten Ursache zu forschen. Der innere Grund für die Geltung der causa-proxima-Regel im Seeversicherungsrecht beruht darauf, daß bei der großen Mannigfaltigkeit von Möglichkeiten, die sich im Seeverkehr aus der Mitwirkung verschiedener Gefahrereignisse und aus vertraglichen Haftungsbeschränkungen des Versicherers ergeben können, das Verkehrsbedürfnis eine einfache Regel erfordert, die eine rasche und der Billigkeit entsprechende Entscheidung der Frage gestattet, ob im Sinne des Vertrages der Versicherungsfall gegeben ist. Damit ist die Anwendung des Grundsatzes der adäquaten Verursachung zur Erforschung der Ursädilichkeit der in Betracht kommenden Gefahrumstände durchaus vereinbar; denn nur bei mehrfacher Verursachung eines einheitlichen Schadens kann, wie dargelegt, das Bedürfnis nach Entscheidung der Frage bestehen, welche von diesen Ursachen im Sinne des Vertrages die rechtlich maßgebende ist. Wie bereits unter I dargelegt worden ist, bedarf es ferner der Heranziehung der causa-proxima-Regel in den hiernach in Betracht kommenden Fällen nur dann, wenn nicht schon die Vertragsauslegung Versicherungsvertragsgesetz III
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zu einer eindeutigen Beantwortung sicherungsfall gegeben ist.
der Frage führt, ob der
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Im Urteil des Reichsgerichts zum Sülfmeister-Fall (RGZ. Bd. 153 S. 113) ist ausführlich begründet worden, daß audi der Inhalt der causa-proxima-Regel durch die Verkehrsauffassung und den in besonderem Maß im Seeversidierungsredit zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 13 ADS.) bestimmt wird. Dieses Urteil ist im Schrifttum mehrfach mißverstanden worden. Entgegen der irrigen Meinung von H a g e n (Seeversicherungsrecht 1938 S. 59 Anm. 8) hat es nicht ausgesprochen, daß unter causa proxima im Seeversicherungsrecht allgemein die zeitlich letzte Ursache zu verstehen sei. Es hat nicht den Versuch gemacht, den Inhalt der causa-proxima-Regel grundsätzlich zu bestimmen, weil es dies zur Entscheidung des ihm zugrunde liegenden Falles nicht für erforderlich erachtet hat. Die Urteilsgründe zeigen, daß im gegebenen Falle sowohl bei Maßgeblichkeit der zeitlich letzten Ursache, als audi bei Befolgung der Rittersdien Ansicht, daß der Versicherer auch für die unvermeidlichen Folgen versicherungsmäßiger Ereignisse haftet, sofern diese Ereignisse nicht ihrerseits unvermeidliche Folgen versidierungsfreicr Ereignisse sind (ZVersW. 1914 S. 42; Das Recht der Seeversicherung Bd. 1 § 2S Anm. 21), das Ergebnis das gleidie war und daß deshalb eine Entscheidung zwischen beiden Meinungen nidit als notwendig angesehen wurde. M ö l l e r hat in seiner Besprechung des Sülfmeister-Falles (Die versicherten Gefahren in der Seeversicherung Hansa 1937 S. 1029) nicht hinreichend beachtet, daß die in Bctracht kommenden Gefahrereignisse, die Fahruntüditigkeit des Schiffes und das nautische Versehen des Schiffsführers, in adäquater Weise ursächlich für den Schaden waren und daß gleichwohl die Haftungsfrage auf Grund der nach den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen anzuwendenden causa-proxima-Regel entschieden werden mußte, weil der Versicherer zwar für ein nautisches Versehen der Schiffsbesatzung ( § 3 3 Abs. 3 ADS.), nicht aber für einen durch Fahruntüditigkeit des Schiffes verursachten Schaden haftete ( § 5 8 ADS.). 2. Die Ansicht des Berufungsriditers, daß die im Sülfmeister-Fall angestellten rechtlichen Erwägungen ausreichen, um auch im Streitfalle zu einer der Verkehrsanschauung und der Billigkeit entsprechenden Entscheidung der Frage nach der „nächsten Ursache" zu gelangen, gibt zu Rechtsbedenken keinen Anlaß. Die Feststellung des Berufungsrichters, das Schicksal von Schiff und Ladung sei durch die schwere Beschädigung des Dampfers beim Durdifahren des Treibeises besiegelt, der Untergang insbesondere auch bei früherer Hilfeleistung nicht mehr
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abwendbar gewesen, hat die Beklagte nicht angefochten. Für die Beschädigung des Dampfers durch Treibeis, die hiernach in der Folge des Ursachenverlaufes als dasjenige Ereignis hervortritt, das den Untergang des Schiffes und der versicherten Güter zur unmittelbaren Folge hatte, war in adäquater Weise ursächlich das Durchfahren (Forcieren) des Treibeises und, wie der Berufungsrichter mit Recht angenommen hat, mittelbar auch die Segelanweisung des Dampfers und die feindliche Blockade. Bei Entscheidung der Frage, welche von diesen Ursachen nach der causa-proxima-Regel die „nächste" und danach rechtlich maßgebende Ursache ist, muß wiederum davon ausgegangen werden, daß nach dem Vertrage die Reise durch die . . .-Straße das versicherte Unternehmen ist und daß die mit diesem Unternehmen verbundene Seegefahr der Beklagten als Versicherer auch insoweit zur Last fällt, als sie durch die Kriegsgefahr erhöht worden ist. Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Berufungsrichter zutreffend Gewicht darauf gelegt, daß der Kapitän durch die Segelanweisung entsprechend ihrer bereits erörterten Zweckbestimmung, Schiff und Ladung ohne Schaden durch die feindlidie Blockade zu bringen, in der nautisdien Führung des Dampfers nicht eindeutig im Sinne einer strikten Befolgung beschränkt war, daß er insbesondere, sofern feindliche Einwirkungen oder zwingende nautische Gesichtspunkte es erforderten, audi einen anderen Kurs hätte einschlagen dürften. In diesem Zusammenhange hat der Berufungsrichter ferner festgestellt, daß der Kapitän ohne feindliche Behinderung zweckmäßige nautisdie Maßnahmen zur Vermeidung der Eisgefahr ergreifen konnte. Er hat dies damit begründet, daß der Dampfer auf der ganzen Reise keine feindlichen Streitkräfte gesichtet und audi keine Nachrichten über die Anwesenheit solcher Streitkräfte in der . . .-Straße erhalten habe. Die Angriffe der Beklagten gegen diese Feststellungen sind unbegründet. Soweit sie sich gegen die dargelegte Bedeutung der Segelanweisung wenden, sind sie bereits zurückgewiesen worden. Zu Unrecht vermißt die Beklagte nähere Feststellungen darüber, welche Maßnahmen der Kapitän zur Vermeidung der Eisgefahr hätte ergreifen müssen, und ob hierfür zwingende nautische Gründe vorgelegen hätten. Der Berufungsrichtcr hat den von beiden Parteien nicht bestrittenen und als einzige Erkenntnisquelle für den Hergang des Unfalls zu Gebote stehenden Inhalt der Verklarung und des Schiffstagebuches ausreichend gewürdigt. Seine Sdilußfolgerungen halten sich im Rahmen freier richterlicher Tatsachenwürdigung (§ 286 ZPO.). Er durfte sich mit der durch Tatsachen ausreichend belegten Feststellung begnügen, daß ge20·
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eignete Maßregeln zur Rettung von Schiff und Ladung aus der Eisgefahr möglich waren. In Frage kam nach den Feststellungen des Berufungsrichters insbesondere eine Kursänderung, und zwar erforderlichenfalls unter Verlassen des eisgefährdeten Gebietes. Hierzu hat der Berufungsriditer reditlidi unangreifbar ferner festgestellt, daß solchen Rettungsmaßnahmen der Sinn der Segelanweisung nicht entgegenstand und daß der Kapitän zur Zeit des Unfalles in seinen Entschließungen durch Maßnahmen des Feindes nicht beeinflußt war. O h n e Grund beanstandet die Beklagte, daß der Berufungsrichter zur Unterstützung seiner A u f fassung, der Dampfer habe einen anderen Kurs nehmen k ö n n e n , audi darauf hingewiesen hat, daß dies andere Dampfer unter ähnlidien Umständen getan haben. Hierbei kam es nidit darauf an, ob diesen Dampfern die Ansteuerung der gleichen Punkte aufgegeben war, weil es bei diesem Hinweise dem Berufungsrichter in dem erörterten Zusammenhang ersichtlich nur um die Darlegung zu tun war, daß ein Verlassen des vorgeschriebenen Kurses gestattet war, wenn dies nadi dem Ermessen der Schiffsführung zur Rettung von Schiff und Ladung geboten war. Nach dem ohne Rechtsverstoß festgestellten Sachverhalt sind somit für die Anwendung der causa-proxima-Regel folgende Tatsachen entscheidend: Die feindliche Blockade und die Segelanweisung haben dazu geführt, daß der Dampfer in ein Seegebiet der . . .-Straße gelangt ist, das zu der in Rede stehenden Jahreszeit durch das Auftreten von Treibeis für die Sdiiffahrt gefährlich war. Es haben also, wie zugunsten der Beklagten auch für die Segelanweisung unterstellt werden mag, hinsichtlich des imaginären Gewinnes nicht gedeckte Kriegsereignisse Schiff und Ladung in die Lage gebracht, in der sie durch das eine Seegefahr darstellende Treibeis bedroht waren. Kennzeichnend für die Sachlage ist indessen, daß der Kapitän durch nautische Maßnahmen einen durch Eisgefahr drohenden Schaden noch hätte abwenden können. Der Berufungsriditer hat nicht nur festgestellt, daß dem Kapitän die hierzu erforderliche Handlungsfreiheit durch die Segelanweisung belassen war, sondern auch, daß nach der Gestaltung der Eisverhältnisse, wie sie der Dampfer angetroffen hatte, der Unfall durch eine unter den gegebenen Umständen nach der Segelanweisung gestattete Kursänderung hätte vermieden werden können. Für die rechtliche Beurteilung ergibt sich hieraus: Der durch Untergang der Güter entstandene Schaden ist unmittelbar verursacht worden durch Verwirklichung einer Seegefahr, die als solche hinsichtlich des in Rede stehenden imaginären Gewinnes durch den Versicherungsvertrag gedeckt ist. Kriegsereignisse, die eine Haftung für imaginären Gewinn
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nicht begründen würden, haben, allerdings in adäquater Weise ursächlich für den Schaden, nur eine den Eintritt des Unfalls begünstigende Gefahrenlage geschaffen. Die entscheidende, die Verwirklichung der Seegefahr unvermeidlich machende Wendung hatte dagegen der Lauf der Dinge erst dadurch erhalten, daß der Kapitän, der nach dem Inhalt der Segelanweisung bei dringender Gefahr insoweit Handlungsfreiheit hatte, in einer inigen Einschätzung der für das Schiff damit verbundenen Gefahr, der, wie der Erfolg zeigt, das Schiff tatsächlich nicht gewachsen war, das Durchfahren (Forcieren) des Treibeises unternommen hat. Es handelt sich mithin um einen Irrtum des Kapitäns über die Bedeutung einer Seegefahr für das Schiff, der ihn zu einer von seinem Ermessen abhängigen Maßnahme veranlaßte, die den Verlust des Sdiiffes durch diese Seegefahr zur Folge haben mußte, während Anhaltspunkte dafür, daß es bei der möglichen Vermeidung dieser Gefahr der Kriegsgefahr oder einer sonstigen Seegefahr hätte zum Opfer fallen müssen, nicht gegeben sind. Mit Recht ist unter diesen Umständen der Berufungsrichter im Ansdiluß an die Darlegungen im Urteil RGZ. Bd. 153 S. 113 zu dem Ergebnis gelangt, es entspreche der Verkehrsauffassung und dem Grundsatz von Treu und Glauben, das von seinem Ermessen abhängige nautische Verhalten des Kapitäns als „nächste Ursache" für den Verlust der Güter anzusehen, weil es dasjenige von der Beklagten als Versicherer zu vertretende Ereignis ist ( § 3 3 Abs. 3 ADS.), das die Beschädigung des Dampfers durch Treibeis und in weiterer Folge den Verlust der Güter unmittelbar herbeigeführt und unvermeidlich gemacht hat. Es muß als durdiaus der Verkehrsauffassung entsprechend erachtet werden, ein sich in den Sachablauf einschiebendes Ereignis als nächste Ursache eines Schadens anzusehen, das der eine Schadensmöglichkeit nur begünstigenden Ursachenreihe durch bewußtes Handeln erst die Richtung auf den tatsächlichen Eintritt des Schadens gegeben hat. Betont sei, daß damit nicht auf ein schuldhaftes Handeln des Kapitäns abgestellt wird, weil die Haftung des Versicherers nach § 33 Abs. 3 ADS. von schuldhaftem Handeln des Kapitäns unabhängig ist. Das Verhalten des Kapitäns hat die nach der Verkehrsauffassung für die Ermittlung der „nächsten Ursache" maßgebliche Bedeutung, weil es dem Geschehensablauf erst die entscheidende, den Unfall unvermeidlich machende Richtung gegeben hat. Mit Rücksicht auf diese Eigenart des Sachverhalts braucht auch nicht geprüft zu werden, wie sich nach der Verkehrsauffassung und dem Grundsatz von Treu und Glauben die Anwendung der causa-proxima-Regel gestalten würde, wenn der Dampfer und die versicherten Güter ohne Mitwirkung eines ermessens-
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abhängigen V e r h a l t e n s der Schiffsbesatzung einem zufälligen Ereignis zum O p f e r gefallen wären, das einen Seeunfall darstellt, beispielsweise einem Sturm oder Z u s a m m e n s t o ß mit Eis bei dichtem Nebel. Der Hinweis der Beklagten auf die G r ö ß e der Eisgefahr auf dem v o r geschriebenen Wege durch die . . .-Straße ist schon mit Rücksicht auf die dargelegte Bedeutung des Verhaltens der Schiffsleitung unerheblich. Das hier g e w o n n e n e Ergebnis entspricht aber auch deshalb der Billigkeit, weil im Streitfalle die Beklagte nach dem V e r t r a g e die mit der Blockadebruchreise v e r b u n d e n e e r h ö h t e Seegefahr ü b e r n o m m e n h a t . Soweit die Beklagte sich noch besonders auf d i e m a n g e l h a f t e A u s r ü s t u n g des D a m p f e r s für die Fahrt durch eisgefährdetes Gebiet berufen h a t , m u ß a u d i bei A n w e n d u n g d e r causa-proxima-Regel beachtet werden, daß die Klägerin aus den bereits a n g e f ü h r t e n G r ü n d e n hierfür bei der in Rede stehenden Güterversicherung nicht einzustehen h a t . Nicht beizutreten ist der Ansicht der Beklagten, daß der Streitfall dem Canadia-Fall (RGZ. Bd. 89 S. 142) ähnlich sei. In jenem Falle lag ein wesentlich anders geartetes Z u s a m m e n t r e f f e n v o n Kriegsereignissen mit zum Bereiche der Seegefahr g e h ö r e n d e n Ereignissen vor. Insbesondere stand der neutrale Dampfer zur Zeit des Unfalls u n t e r dem Befehl einer an Bord befindlichen englischen Prisenbesatzung, auf deren A n o r d n u n g er den Kurs g e n o m m e n h a t t e , der infolge Löschung eines Leuchtfeuers zum Scheitern auf den Felsen f ü h r t e , während im Streitfalle nach der reditsirrtumsfreien Auffassung des Berufungsrichtcrs dem in seinen Entschließungen.insoweit jedenfalls durch feindliche Einwirk u n g nicht beeinflußten Kapitän durch die Segelanweisung die Freiheit gegeben war, die nach der Sachlage möglichen und n o t w e n d i g e n n a u t i schen M a ß n a h m e n zur Vermeidung der Eisgefahr zu treffen. Auf die im Schrifttum erörterte Frage, ob das Urteil im Canadia-Fall heutiger Verkehrsauffassung noch entspricht, braucht daher nicht eingegangen zu werden. Die Vorschläge des Aufsatzes v o n L i η d e η m a i e r (a. a. O . S. 138 flg.), auf den sich die Beklagte zur Begründung ihrer Auffassung bezieht, daß bei Ermittlung der „nächsten Ursache" grundsätzlich auf die überwiegende Ursache abzustellen sei, haben die k ü n f t i g e G e s t a l t u n g des Seeversichcrungsrechts im Auge. Aus den dargelegten G r ü n d e n erübrigt sich eine Erörterung darüber, inwieweit sich f ü r alle d e n k b a r e n Fälle Richtlinien zur A n w e n d u n g der causa-proxima-Regel aufstellen lassen. Nicht zugegeben werden k a n n d e r Beklagten, daß bei der e r ö r t e r t e n Eigenart der Sachlage nach der Verkehrsauffassung d i e
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Kriegsereignissc die den gesamten Ursachenverlauf beherrschenden Ursadien seien. Audi die Anwendung der causa-proxima-Regel führt somit zu dem Ergebnisse, daß der Berufungsrichter die Haftung der Beklagten für imaginären Gewinn aus der Übernahme der Seegefahr mit Recht für begründet erachtet hat. R C Z . 169, 24. Zur Vertragsauslegung nach den Allgemeinen versicherungsbedingungen von 1919. BGB.
§157.
Deutschen
See-
Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen 1 9 1 9 - ADS. - § 13.
von
I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 2S. November 1941. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. —
II. Oberlandesgericht
daselbst.
Der Dampfer Bahia Bianca der Klägerin war auf Grund einer vom 1. Januar 1 9 3 9 ab auf ein Jahr laufenden Zeitversicherung bei der Beklagten gegen Seegefahr für regelmäßige Fahrten zwischen Deutschland und Häfen der Ostküste Südamerikas versichert. Nadi der Police waren Reiseabweichungen von dieser Route sowie andere Reisen stets gegen eine nach Billigkeit zu vereinbarende Prämienzulage gedeckt. Nach Ausbruch des Krieges mit den Westmächten vereinbarten die Parteien die Aufhebung der Zeitpolice. Die Beklagte stellte am 12. September 1 9 3 9 eine bis zum 2. O k t o b e r 1 9 3 9 befristete Deckungsnote aus. Danach sollten versichert sein Schiffe, die am 3. September 1 9 3 9 in einem nicht feindlichen Hafen waren oder noch in einem solchen Hafen eintreffen würden, ferner Schiffe, die am 3. September 1 9 3 9 in Marinecharter oder Requisition waren. Für letztere sollte die Versicherung nur mit bekannter Beschränkung gelten. Reisen, die bis zum 2. O k t o b e r 1 9 3 9 einschließlich angetreten wurden, sollten als gedeckt gelten. Für Fahrten sollten die Bedingungen der alten Flottenpolice der Klägerin gelten und Prämien nach Billigkeit berechnet werden. In einem Nachtrage vom 7. O k t o b e r 1939, der vorläufige Geltung für einen Monat haben sollte, wurden vom 7. O k t o b e r 1 9 3 9 ab die Versicherungssummen aller Schiffe auf die Hälfte herabgesetzt. Die Bedingungen der Deckungsnote vom 12. September 1939 sollten bestehen bleiben, soweit sie sinngemäß Anwendung finden konnten. Schiffe, die in Dienst gestellt oder von der Marine requiriert oder gechartert waren, sollten zu vollen Taxen versichert sein, doch sollte die Frage, ob für gecharterte und unter Wehrleistungsgesetz angefor-
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dcrtc Sdiiffe Dedcung bestehe, offenbleiben. Keine der beiden Parteien sollte insoweit neue Redite erwerben oder alte aufgeben. Für Fahrten sollte wiederum die Prämie nach Billigkeit berechnet werden. Durdi einen weiteren Nachtrag vom 27. Oktober 1939 wurde die Versicherung der stilliegenden Schiffe vom 25. Oktober 1939 ab aufgehoben. Über Fahrten war folgendes bestimmt: Soweit Schiffe in Fahrt sind oder wieder in Fahrt gesetzt werden, bleibt die Versicherung in Kraft „bzw." wird wieder in Kraft gesetzt. Es gelten dann, wie seinerzeit vereinbart, die Bedingungen der alten Flottenpolice der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrtsgesellsdiaft; ausgeschlossen ist der Dampfer „Cap Arcona". Gegenwärtig befinden sich folgende Schiffe in Fahrt (folgen die Namen von fünf Schiffen). Die Dauer dieser Versicherung für die in Fahrt befindlichen Schiffe ist vorläufig bis zum 31. Dezember 1939 festgelegt. Es folgte die von der Beklagten hinzugefügte Klausel: „Prämie offen — Haftung status quo". Die sämtlichen in der Urkunde vom 27. Oktober 1939 als in Fahrt befindlich aufgeführten Dampfer befanden sich, wie den Parteien bekannt war, auf der Reise von Südamerika nach Deutschland. Im Dezember 1939 fand über die Heimkehrfahrten von Dampfern aus Südamerika ein Briefwechsel der Parteien statt. Die Beklagte schrieb am 20. Dezember 1939 an die Klägerin anläßlidi der Verhandlungen über die weitere Verlängerung der Versicherung: Wir stehen auf dem Standpunkt, daß wir für Blodcadebruchreisen nicht haften, und daß es Sache des Reiches ist, das Risiko zu tragen. Die Fachgruppe Reeder teilt letzteren Standpunkt. Die Fachgruppe Reeder ist audi der Ansicht, daß die Situation eine ähnliche ist für die Abweichungsreisen, welche von Schiffen kurz vor Ausbruch des Krieges ausgeführt sind (Fluchtreisen). Wir vertreten den Standpunkt, daß für diese Reisen die Versicherer gegen Zulageprämien im Risiko sind. Der ganze Fragenkomplex soll in einer Besprechung mit dem Reichsverkehrsministerium erörtert werden. Wir haben Ihnen unsere bezüglichen Akten zur Verfügung gestellt. Sie werden daraus ersehen haben, daß wir durchaus bereit sind, den ganzen Fragenkomplex in entgegenkommender Weise zu behandeln, und daß wir auch bereit sind, die Angelegenheit weiter in der Schwebe zu lassen. Wir hielten es jedoch für unsere Pflidit, Sie ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß wir, wenn wir mit unserem Einwände der
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Nidithaftung nicht obsiegen, die der Gefahrerhöhung entsprechenden Zulageprämien verlangen können. Wir bitten Sie, sidi zu entscheiden, ob Sie rückwirkend auf Deckung der Blockadebrudireisen verzichten und infolgedessen sowohl die Stammprämie wie eventuell die fällige Zulageprämie einsparen wollen, oder ob die Angelegenheit in der Schwebe bleiben soll, d. h. daß sich unsere gegenseitigen Verpflichtungen erledigen sollen, je nach dem, wie endgültig die Rechtslage geklärt wird. Die Klägerin erwiderte am 22. Dezember 1939: Wir haben ohne Präjudiz Kenntnis genommen. Wir können Ihren Standpunkt nicht teilen, daß für die Fluchtschiffe eine Zulageprämie berechtigt ist. Wir haben uns bemerkt, daß der ganze Fragenkomplex in einer Besprechung mit dem Reichsverkehrsministerium erörtert wird. Die uns freundlich zur Verfügung gestellten Akten haben wir mit Interesse gelesen und behändigen sie Ihnen anbei zurück. Nach Prüfung haben wir uns entschieden, auf die Deckung der Blockadebruchreisen nicht zu verzichten, weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft. Wir werden Ihnen die uns bisher bekannten Schäden der Blockadebrecher noch schriftlich aufgeben. Abschriftlich beigefügt war Durchschlag eines Schreibens der Klägerin an das Reichsverkehrsministerium vom gleichen Tage. In diesem Schreiben teilte die Klägerin mit, sie stehe zur Zeit mit den Assekuradeuren in Verhandlung über Erneuerung ihrer Ende des Jahres ablaufenden Flottenpolice. Die Assekuradeure hätten sich auf den Standpunkt gestellt, daß sie für den Fall der Rückbeorderung der im Auslande liegenden Schiffe für Blockadebrudireisen nicht hafteten. Für die Klägerin ergebe sich daher die Frage der Deckung des Seerisikos, da sie zahlreiche Schiffe im Auslande habe, die vermutlich noch zurückbeordert würden. Die Klägerin gehe, da zur Zeit eine präzise Deckung bei den deutschen Versicherern nicht möglich sei, von der Voraussetzung aus, daß das Deutsche Reich für die von der deutschen Regierung beorderten Schiffe auch für das Seerisiko neben dem Kriegsrisiko aufkomme. Durch eine weitere Dedcungsnote der Beklagten vom 29. Dezember 1939, die als Dedcungsnote für 1940 bezeichnet ist, wurde die Flotte der Klägerin gegen Seegefahr für die Zeit von drei Monaten versichert. Die Versicherung sollte sich dreimal stillschweigend um drei Monate verlängern, sofern nicht von einer Partei einen Monat vor dem Ablauf der jeweiligen Dreimonatsfrist Änderungswünsche vorgebracht würden. Im übrigen sollte die Versicherung unverändert
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erneuert werden. Ergänzend wurde Bezug genommen auf den Briefwechsel der Parteien vom 2 0 . und 2 2 . Dezember 1 9 3 9 . Der Dampfer „Bahia B i a n c a " der Klägerin, der am 10. September 1 9 3 9 in R i o de Janeiro eingetroffen war, trat am ö . D e z e m b e r 1 9 3 9 mit einer bei der Beklagten gegen See- und Kriegsgefahr versicherten Kaffeeladung der Firma Th. W. die Heimreise an. Nach Behauptung der Beklagten wurde die Reise auf Befehl der gleichen deutschen Amtsstelle angetreten, die, wie unstreitig ist, dem Kapitän des Dampfers eine geheime, nach dem vorliegenden Auszug aus dem Schiffstagebuch erst nach Erreichung der hohen See geöffnete Segelanweisung mitgegeben hatte. Der Dampfer, dem bestimmte Ansteuerungspunkte angegeben waren, geriet auf dem vorgeschriebenen Kurs in der . . .-Straße in Treibeis. Bei dem Versuch, ein Treibeisfeld zu durchfahrcn, erlitt er so schwere Beschädigungen, daß die Besatzung ihn am 10. Januar 1 9 4 0 als dem Untergang verfallen aufgeben mußte, weil das eindringende Wasser nicht bewältigt werden konnte. Der Dampfer ging mit der Ladung zugrunde, nachdem die Besatzung, die von einem durch S O S - R u f e herbeigerufenen Fischdampfer übernommen wurde, bei dem Verlassen des Schiffes die Seeventile geöffnet hatte, um das Sinken zu beschleunigen. Die Klägerin hat vorgetragen: Nachdem die vom 1.Januar 1 9 3 9 ab laufende Zeitversicherung aufgehoben worden sei, habe die Beklagte durch die für die Reise des Dampfers Bahia Bianca maßgebliche D e k kungsnote vom 7. O k t o b e r 1 9 3 9 für die Dampfer der Klägerin, die sich unter Brudi der feindlichen Blockade auf der Heimreise befunden hätten oder noch heimkehren würden, gegen eine nach Billigkeit zu berechnende Prämie die Kaskoversicherung gegen Seegefahr übernommen. Die über die Schiffsbewegungen ständig unterrichtete Beklagte habe bei Ausstellung der Deckungsnote gewußt, daß die Heimfahrten der Dampfer mit einer amtlichen Segelanweisung durch nördliche Gewässer führten. Eine Versicherung der Dampfer für andere Fahrten habe nicht in Frage gestanden. Namentlich sei der Beklagten bekannt gewesen, daß die als in Fahrt befindlich aufgeführten 5 Dampfer sich mit amtlicher Segelanweisung von südamerikanischen Häfen auf der Heimreise befunden hätten. Auch der Briefwechsel der Parteien vom 2 0 . und 2 2 . Dezember 1 9 3 9 lasse darauf schließen, daß die Beklagte die Kaskoversicherung für die Heimreise übernommen und nur nachträglich über den Umfang des übernommenen Wagnisses Bedenken bekommen habe. Mit der Klage hat die Klägerin einen Teilbetrag der Versicherungssumme in Höhe von 1 0 0 0 0 0 R M nebst 5 v. H. Zinsen seit dem
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11. Februar 1 9 4 0 gefordert. Die Beklagte hat unter Bestreiten ihrer Haftung für den Unfall des Dampfers Abweisung der Klage beantragt. Sie hat vorgetragen: Die Versicherer hätten, nachdem sie von „Blockadebruchreisen" Kenntnis erlangt hätten, die Auffassung vertreten, daß sich ihre Haftung hierauf nicht erstrecke. Es sei möglich, daß schon vor dem 7. O k t o b e r 1 9 3 9 mit der Klägerin über Blockadebruchreisen gesprochen worden sei. Hauptanlaß zum Abschluß der Vereinbarung vom 7. O k t o b e r 1 9 3 9 sei die Stornierung des Liegerisikos gewesen. Gleichzeitig habe die Klägerin die Gelegenheit benutzt, die in der Vereinbarung namentlich aufgeführten Dampfer als „Blockadebrecher" anzuzeigen. Sinn der Klausel „Haftung status q u o " sei gewesen, der Klägerin audi für den neuen Zeitabschnitt keinen geringeren Schutz zu gewähren, als sie ihn bisher genossen habe. Die Beklagte habe nur haften wollen, wenn bei richtiger Auslegung der Gilten Police auch Blockadebruchreisen gedeckt gewesen seien. Letzten Endes hätten über die Frage der Haftung die Gerichte entscheiden sollen. Nach der Zeitpolice, auf die durch die Klausel „Haftung status q u o " verwiesen werde, habe die Beklagte nur für Reisen im regelmäßigen Schiffsverkehr gehaftet. Die Reise der Bahia Bianca als „Blockadebruchreise" und „Polarfahrt" sei kaufmännisch und nautisch nicht zu rechtfertigen gewesen. Aus dem Rahmen einer üblichen Handelsreise falle ein solches Unternehmen heraus. Für den Verlust des Dampfers müsse das Reich eintreten, weil die Reise auf amtlichen Befehl und nadi amtlicher Segelanweisung aus politischen und kriegswirtschaftlichen Gründen im Interesse der Allgemeinheit ausgeführt worden sei. Der vorgeschriebene Kurs habe den Dampfer durch eisgefährdete Seegebiete geführt, obwohl er, da er keine Eisverstärkung und keine Scheinwerferanlage besessen habe, für die Eisfahrt nicht ausgerüstet gewesen sei. Gegenüber den Bestimmungen der Zeitpolice liege daher eine völlige Umgestaltung des versicherten Unternehmens vor. Unter diesen Umständen könne die Deckungsnote vom 7. O k t o b e r 1 9 3 9 nicht so ausgelegt werden, daß die Beklagte für die Seegefahr der Blockadebrudircise des Dampfers Bahia Bianca hafte. M i t ihrem Sdireiben vom 20. Dezember 1 9 3 9 habe die Beklagte lediglich der Klägerin das Anerbieten gemacht, sich zur Ersparnis von Prämien der Auffassung der Versicherer anzuschließen. Hierbei habe sie die Klägerin darauf hingewiesen, daß erhebliche Prämienzulagen in Frage k o m m e n würden, wenn die Beklagte mit ihrer Auffassung nicht d u r c h g i n g e n würde. Selbst wenn aber die Beklagte für die Seegefahr der Blockadebrudireise hafte, so sei der Versicherungsfall gleichwohl nicht gegeben,
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weil die nädiste Ursache des Schiffsverlustes Kriegsereignisse gewesen seien. Die Beklagte hafte audi deshalb nicht, weil der Dampfer für die Fahrt durch den eisgefährdeten Teil der . . .-Straße seeuntüchtig gewesen sei. Unter Billigung der Auffassung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgeridit hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Ihre Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Die Auslegung, die der Berufungsriditer den Bestimmungen der Zeitpolice über die den Gegenstand der Versicherung bildenden Reisen hat zuteil werden lassen, gibt zu Rechtsbedenken keinen Anlaß. Hierauf kommt es indessen für die Entscheidung nicht an, weil die Zeitpolice sich bei dem Reiseantritt des Dampfers Bahia Bianca nicht in unveränderter Geltung befunden hat, vielmehr durch kurzfristige Vereinbarungen ersetzt worden war. Im Hinblidc hierauf steht die Frage im Vordergrund, ob mit Unterzeichnung der Deckungsnote vom 27. Oktober 1939, die beide Parteien als für die streitige Schiffsreise maßgeblich ansehen, ein die sogenannten Blockadebruchreisen einschließender neuer Versicherungsvertrag zustande gekommen ist, für den die Bestimmungen der Zeitpolice nur nodi insoweit sinngemäß fortgelten, als sie darin aufrechterhalten und nicht gegenstandslos geworden oder abgeändert worden sind. Bei der Beantwortung dieser Frage hat der Berufungsriditer wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen und auch reditlidi geirrt. Mit Rücksicht auf den Kriegsausbruch haben die Parteien nach ihrem übereinstimmenden Vorbringen die für die Zeit vom 1. Januar 1939 bis zum 31. Dezember 1939 laufende Kaskoversicherung des Dampfers Bahia Bianca aufgehoben und durch die bis zum 2. Oktober 1939 befristete Vereinbarung vom 12. September 1939 ersetzt, durch die eine Regelung für alle Schiffe der Klägerin getroffen wurde. Als am 6. Dezember 1939 Bahia Bianca die neue Reise antrat, würde also kein Vertrag bestanden haben, wenn nicht die Parteien anschließend an jene erste, den Kriegsverhältnissen Rechnung tragende Vereinbarung weitere befristete Abreden getroffen hätten, von denen es hier auf die in der Dedcungsnote vom 27. Oktober 1939 enthaltene ankommt. Ein zutreffendes Auslegungsergebnis läßt sich nur gewinnen, wenn von dem Sachverhalt ausgegangen wird, der den Parteien bei Absdiluß des Vertrages vom 27. Oktober 1939 bekannt gewesen ist. Die vom Berufungsrichter an erster Stelle behandelten Fragen der Gefahrenände-
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rung oder der Umwandlung des versicherten Unternehmens können folgerichtig erst erheblich werden, nachdem vorab klargestellt ist, welche Art Reisen nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien durch den in Rede stehenden Vertrag gedeckt sind. Dabei kommt es naturgemäß zunächst auf die besonderen Abreden des Vertrages vom 27. Oktober 1939 an, die wegen der inzwischen bekannt gewordenen Tatsachen getroffen worden sind. Soweit danach die Klauseln der in Bezug genommenen „alten Flottenpolice" gegenstandslos sind, können sie zur Ergänzung des neuen Vertrages nach ihrem ursprünglichen Sinne nicht herangezogen werden. Bei den Verhandlungen, die zum Abschluß des Vertrages vom 27. Oktober 1939 geführt haben, standen die Parteien wegen der Befristung der früheren Vereinbarungen vor der Frage, ob die Versicherung in dem neu abzuschließenden Vertrag auf die von der Beklagten als „Blodcadebrudireisen" bezeichneten Fahrten zu erstrecken sei. Nach dem der Beklagten vorgelegten Entwurf der Klägerin sollten versichert sein „in Fahrt befindliche und wieder in Fahrt gesetzte Schiffe", und zwar zu den Bedingungen der alten Flottenpolice. Als in Fahrt befindlich waren 5 Schiffe aufgeführt, die sich unter ähnlichen Umständen wie der Dampfer Bahia Bianca auf der Fahrt von Südamerika nach Deutschland befanden. Nach ihrem für das Revisionsverfahren mangels entgegenstehender Feststellungen als richtig zu unterstellenden Vorbringen hat die Klägerin der Beklagten Anfang Oktober 1939 mitgeteilt, daß alle in südamerikanischen Häfen liegenden Schiffe nach Deutschland zurückbeordert würden. In dem Rechtsstreit über die Kaffeeladung der Bahia Bianca, aus dem die wesentlichen Parteibehauptungen auch in der vorliegenden Sache vorgetragen worden sind, hat der Berufungsrichter für die gleiche Zeit die Tatsache, daß deutsche Schiffe mit Segelanweisung der Marinebehörde „Blockadebruchreisen" durch die nördlichen Gewässer machten, als „börsennotorisch" angesehen. Bei den fünf in der Deckungszusage vom 27. Oktober 1939 als in Fahrt befindlich genannten Dampfern hat die Beklagte zugestanden, daß sie ihr als „Blockadebredier" angezeigt worden seien; sie hat hinzugefügt, inzwischen seien nach Bekanntwerden der Ausführung vieler Blodcadebrudireisen die damit verbundenen Gefahren klar erkannt worden. Es fragt sich, wie unter solchen Umständen die von der Beklagten unter den Entwurf der Deckungszusage vom 27. Oktober 1939 gesetzten Klauseln „Prämie offen, Haftung status quo" im Zusammenhange mit dem sonstigen Inhalt der Urkunde und mit den lediglich allgemein in
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Bezug genommenen Bedingungen der „alten Flottenpolice" nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu verstehen sind. Die Klägerin hatte im Hinblidc auf die der Beklagten bekannten oder mitgeteilten Tatsachen, insbesondere die Nennung der in Fahrt befindlichen fünf „Blockadebrecher", in ihrem Entwürfe zum Ausdruck gebracht, daß sie die sogenannten Blockadebruchreisen in die Versicherung einbeziehen wolle. A u d i der Berufungsrichter gent d a v o n aus, daß dies der klare Sinn des der Beklagten gemachten Vertragsangebotes gewesen sei. Bei der Prüfung, wie nach Treu und Glauben die von der Beklagten hinzugesetzte Klausel „ H a f t u n g status q u o " zu verstehen war, ist zunächst zu 'beachten, daß regelmäßige Fahrten zwischen Deutschland und Häfen der O s t k ü s t e Südamerikas, für die nach der Zeitpolice von der Beklagten Versicherung übernommen war, durch die den Parteien bekannten Kriegsverhältnisse offensichtlich unmöglich geworden waren. Das gleiche gilt für erlaubte „Abweichungen von dieser R o u t e " , wenn darunter mit den Vorinstanzen Reiseänderungen verstanden werden, die aus kaufmännischen oder nautischen Gründen im regelmäßigen Schiffsverkehr vorzukommen pflegen. Im Sinne dieser gegenstandslos gewordenen Bestimmungen kann bei den sogenannten Blockadebruchfahrten von einer „ H a f t u n g status q u o " oder im Ergebnis von einem Offenbleiben der Haftung für solche Reisen keine Rede sein. Soweit aber nach der Police „andere Reisen stets mitgedeckt" sein sollen, ist davon auszugehen, daß die Frage, welche Reisen in die Versicherung einbegriffen werden sollten, mit Rücksicht auf die Ersetzung des der Police zugrunde liegenden Vertrages durch kurzfristige Abreden und die inzwischen bekannt gewordenen Tatsachen in einem neu abzuschließenden Vertrage von den Parteien selbst entschieden werden mußte und nicht durch einfachen Bezugnahme auf die Bestimmungen der erledigten Zeitpolice „in der Schwebe" gelassen werden konnte. Bei den in südamerikanischen Häfen liegenden Schiffen der Klägerin kamen andere Reisen als Blockadebruchreisen während der Geltungsdauer des Vertrages vom 27. O k t o b e r 1939 nicht in Frage. Als in Fahrt begriffene Schiffe, auf die sich nach dem Wortlaute des Vertrages die Versicherung erstrecken sollte, waren ausschließlich Dampfer genannt, die sich, wie der Beklagten bekannt war, auf einer Blockadebruchfahrt befanden. Daher ergibt sich die Frage, ob unter Reisen im Sinne des Vertrages v o m 27. O k t o b e r 1939 bei einer Treu und Glauben und die Verkehrssitte berücksichtigenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB.) solche zu verstehen sind, deren Ausführung bei
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Abschluß dieses Vertrages bereits feststand oder zu erwarten war. Die Reisen der d u r d i die Kriegsmarine angeforderten Schiffe, auf die sich der Vorbehalt der Beklagten in der Deckungsnote vom 7. Oktober 1939 bezog, wonach die Deckung offenbleiben und keine der Parteien neue Rechte erwerben oder alte Rechte aufgeben sollte, hatten die Parteien inzwischen (vgl. Rundsdireiben der Fachgruppe Reeder vom 18. O k t o b e r 1939) aus der Versicherung ausgeschlossen. Sie bedurften daher keiner Erörterung mehr. Besondere Bedeutung ist dem Umstände beizumessen, daß Bahia Bianca zu den noch in Fahrt zu setzenden Schiffen im Sinne des Vertrages vom 27. O k t o b e r 1939 gehörte und ihre Reise erst nach Ablauf der vorgesehenen Geltungsdauer der vorangehenden kurzfristigen Vereinbarungen am 6. Dezember 1939 angetreten hat. Deshalb kann ihre Heimfahrt nicht unter den Gesichtspunkten der „Gefahrenänderung" oder der „Umgestaltung der Reise" gewürdigt werden, sondern die entscheidende Frage ist, ob die Beklagte nach Bekanntwerden der erörterten Tatsachen im Vertrage vom 27. O k t o b e r 1939 die Haftung für Blockadebruchreisen gegen eine nach Billigkeit zu beredinende Prämie übernommen hat, ob also die Blockadebruchreise des Dampfers Bahia Bianca das versicherte Unternehmen ist. Die Klägerin hat nach der Berufungsbegründung dem Vorbehalte der Beklagten „Prämie offen, Haftung status q u o " den Sinn beigelegt, daß der Beklagten wegen der Erhöhung der Seegefahr durch die Kriegsgefahren bei im übrigen unveränderter Haftung eine nach Billigkeit zu berechnende Prämie gebühre. Nach den vorstehenden Ausführungen erscheint in der Tat die Auffassung nicht fernliegend, die Parteien hätten im Vertrag ihre Zweifel über die noch in Frage kommenden Reisen bereinigt und der Beklagten die Haftung für die Seegefahren in dem aus der Police und den Allgemeinen Seeversidierungsbedingungen zu entnehmenden Umfang auferlegt. Der Ansicht des Berufungsriditers, der Vorbehalt der Beklagten sei klar in dem Sinne, daß die Frage, ob Deckung für Blockadebruchreisen bestehe, offengeblieben sei, keine der Parteien habe neue Redite erwerben oder alte Rechte aufgeben sollen, kann somit nicht gefolgt werden. Eine Feststellung des Inhalts, daß bei den Vertragsverhandlungen über den Sinn des Vorbehalts gesprochen worden sei, hat der Berufungsrichter nicht getroffen. Seiner Bezugnahme auf die Aussagen des Vorstandsmitgliedes Sch. der Klägerin und des Prokuristen Sdiu. der Beklagten kann dies nicht entnommen werden.
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Die Ausführungen des Berufungsriditers lassen auch, wie der Revisionsbegründung zuzugeben ist, nicht erkennen, welche praktische Bedeutung die von der Beklagten übernommene Versicherung nach der von ihm gebilligten Vertragsauslegung hatte, wenn berücksichtigt wird, daß durch den Vertrag vom 27. Oktober 1939 stilliegende Schiffe von der Versicherung ausgeschlossen worden sind und für die in südamerikanisdien Häfen liegenden Schiffe Fahrten im Auftrage des Reichsverkehrsministeriums nicht in Frage kamen. Abgesehen davon ist bei der Ansicht des Berufungsriditers, nur im regelmäßigen Schiffsverkehr aus kaufmännischen oder nautischen Rücksichten geleistete Fahrten seien in die Versicherung einbegriffen, nicht zu erkennen, daß etwa hierunter die von anderen Schiffen auf Anordnung des Reichsverkehrsministeriums ausgeführten Fahrten fielen. An jeder Erklärung fehlt es für die Tatsadie, daß diese Fahrten in der Deckungszusage vom 27. Oktober 1939 überhaupt nicht erwähnt, dagegen als in Fahrt befindlich in voller Kenntnis des Sachverhalts ausschließlich fünf „Blockadebrecher" genannt worden sind. Audi die Beklagte ist nach ihrem späteren Verhalten nicht der Meinung gewesen, daß sich aus dem Vorbehalte „Haftung status quo" der Wille, für Blodcadebrudireisen nicht zu haften, zweifelsfrei ergebe. Im Schreiben vom 20. Dezember 1939 hat sie die Klägerin vor die Wahl gestellt, ob sie auf Dedcung der Blodcadebrudireisen verzichten und die Prämienzulage in entsprechendem Umfang einsparen wolle, oder aber ob die Angelegenheit „in der Schwebe" bleiben solle. Wegen der dargelegten Unklarheiten kommt aber für die Beurteilung des Vertrages vom 27. Oktober 1939 weiter in Betracht, daß die Parteien eines Seeversicherungsvertrages nadi § 13 ADS. Treu und Glauben im höchsten Maße zu betätigen haben (vgl. dazu R i t t e r Das Redit der Seeversicherung § 13 Anm. 4 und 5). Damit stellen die Seeversidierungsbedingungen einen Satz auf, der nadi der Rechtsprechung des Reichsgerichts für das gesamte Versicherungsrecht gilt (RGZ. Bd. 150 S. 147 [l 50]). Insbesondere hat das Reidisgeridit aus dem Umstände, daß das Versicherungsverhältnis in besonderem Maße durch Treu und Glauben und die Rüdcsicht auf die Verkehrssitte beherrscht wird, die Folgerung gezogen, daß die Parteien ihre Erklärungen über den Inhalt des Versicherungsvertrages und über die Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen mit größtmöglicher Klarheit und Bestimmtheit abzugeben haben (RGUrt. V I I 2 9 4 / 3 4 vom 26. Februar 1935 {HRR. 1935 Nr. 937]). Bei Anwendung dieses Maßstabes auf den Vertrag vom 27. O k t o b e r 1939 und die zugrunde liegenden Verhandlungen
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erhebt sich die Frage, ob die Beklagte ihre Meinung, für die Seegefahr der Blockadebrudireisen nach den bisherigen Vereinbarungen nicht zu haften, und ihren Willen, audi für die Zukunft eine solche Haftung nicht zu übernehmen, deutlich genug zum Ausdrude gebracht hat, oder o b sie nicht vielmehr dadurch eine die Sach- und Rechtslage verdunkelnde Ungewißheit geschaffen hat, daß sie dies nicht nach Bekanntwerden der Blockadebrudireisen alsbald mit klaren Worten getan hat, obwohl in einem neu abzuschließenden Vertrage die Frage der Haftung für solche Reisen nur von den Parteien selbst entschieden werden konnte. Mit Rücksicht auf die Ersetzung der Zeitpolice durch kurzfristige Vereinbarungen kann nicht als ohne weiteres selbstverständlidi angesehen werden, daß die Beklagte einer Abgrenzung der Reisen, die sich nicht aus der ursprünglichen Fassung der Police begründen ließ, unter keinen Umständen zustimmen wollte. Die von der Beklagten anscheinend befolgte Absicht, die der Regelung bedürfende Frage „in der Schwebe" zu lassen und die Lösung der Ungewißheit den Gerichten anheim zu geben, verträgt sidi nicht mit der Sicherheit des Rechtsverkehrs, die erfordert, daß dem Vertragsgegner der Wille, für die Seegefahr auf Blockadebruchreisen nicht zu haften, spätestens beim Vorliegen eines die Übernahme dieser Haftung einschließenden V e r tragsantrages unmißverständlidi kundgetan wird. Bei Berücksichtigung der dargelegten Gesichtspunkte hätte unter Heranziehung aller Umstände, insbesondere auch der mündlidien V e r handlungen der Parteien, geprüft werden müssen, ob die Klägerin nadi Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte ( § 1 3 ADS., § 157 BGB.) die Erklärungen der Beklagten so verstehen konnte und auch verstanden hat, daß die den Parteien bekannten und in Zukunft zu erwartenden Heimfahrten oder Blockadebrudireisen in die Versicherung zur Bedingung „Haftung status q u o " , also unter Übernahme der Haftung nur für Seegefahr, gegen eine nach Billigkeit zu beredinende Prämie einbezogen werden sollten ( R G Z . Bd. 116 S. 2 7 4 ) . RGZ. 169, 368. Kann der deutsche Einfuhrkaufmann den sogenannten Mehrwert des Gutes audi dann gegen Seegefahr versichern, wenn er die Ware in Deutschland auf der Grundlage seines Einkaufspreises und damit auf der Grundlage des Versicherungswertes der Hauptversicherung veräußern muß? HGB. § 7 7 8 . Allgemeine Deutsche Seeversidierungsbedingungen von 1 9 1 9 - ADS. - § § 1, 2, 6, 90, 97. Versicherungsvertragsgesetz III
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I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 28. August 1942.
I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Klägerin hatte im April, Mai und Juni 1939 von der O . K . insgesamt 1050 tons ( = je 1016 kg) mandsdiurische Hirse zum Preise von £ 7.15.0 je 1016 kg cif Hamburg/Rotterdam gekauft. Die Hirse wurde im Juni oder Juli 1939 in dem mandschurischen Hafen Dairen mit 7 5 0 tons auf das Motorsdiiff „Afrika" und mit 300 tons auf den Dampfer „Danmark" verladen. „Danmark" sollte am Bestimmungsort am 10. September 1939, „Afrika" am 16. September 1939 eintreffen. Infolge des Kriegsausbruchs wurden beide Schiffe auf der Fahrt von den Briten aufgebracht und die Ladung mußte in England gelöscht werden. Alsbald nadi dem Abschlüsse der Verträge mit der Ο . K. hatte die Klägerin die Hirse an die Reichsstelle für Getreide, Futtermittel usw. zu ihrem Einkaufspreise von £ 7.15.0 je 1016 kg cif Hamburg verkauft mit der Erklärung, daß sie in den Schiffen „Afrika" und „Danmark" befördert werde. Gleichzeitig hatte sie die Hirse von der Reichsstelle zu demselben Preise zuzüglich 1 R M je 1000 kg käuflich zuTückerworben. Dieser Preis von £ 7.15.0 je 1016 kg + 1 R M j e 1000 kg bildete den sogenannten Monopolverkaufspreis. Die Reichsstelle hatte dabei der Klägerin vorgeschrieben, daß sie die Hirse nur an Firmen verkaufen dürfe, die ihr von der Reichsstelle noch aufgegeben werden würden, und daß sie beim Weiterverkauf den Monopolverkaufspreis nur um 3 , 5 0 R M je 1 0 0 0 k g überschreiten dürfe. Zu einem Verkauf an solche Firmen war es jedoch bis zur Löschung der Hirse in England noch nicht gekommen. Nachdem die Ware in England gelöscht worden war, hat die Klägerin mit Zustimmung der Reichsstelle und im Einvernehmen mit den Beklagten die von ihr mit der Ο. K. abgeschlossenen Verträge rückgängig gemacht. Die Klägerin hatte gemäß dem laufenden Versicherungsschein Nr. 81 vom 15. März 1937 Güter aller Art gegen die Gefahren der Reisen von und nach allen Häfen bei den Beklagten anteilig versichert. Über die Versicherung von Mehrwert und erwartetem (imaginärem) Gewinn enthalten die „Besonderen Bedingungen für laufende Seetransportversicherungen", die ein Bestandteil des laufenden Versicherungsvertrages waren, folgende Klausel: Mehrwertversicherungen. Diese Police dedct zu gleichen Bedingungen einen evtl. Mehrwert und/oder imaginären Gewinn, gleichviel wie hoch, als separate Nachversicherung, auch auf „cif"-gekaufte Abladungen, wenn dieser Mehrwert und/oder imaginäre Gewinn vor Bekanntwerden präjudizierlicher oder ungünstiger Nachrichten de-
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klariert wird. Es sdiadet nicht, wenn der oder die Dampfer zur Zeit der Deklaration bereits abgegangen sind sowie wenn auf die Waren bereits anderweit Mehrwert und/oder imaginärer Gewinn, gleichviel wie hoch, versichert ist. Die Versicherer verzichten auf weiteren Nadiweis des Interesses und der Taxe. Laut des Anhanges 6 vom 9. Februar 1939 ist über die Kriegsgefahren unter anderem folgendes bestimmt worden: Die Kriegsgefahren gelten bei Mehrwertversicherungen (ausgenommen Reisen innerhalb der Nord- und Ostsee) allgemein . . . gemäß der angehefteten „Deutschen Kriegsklausel 1938" mitversichert unter Berechnung der Zuschlagprämien, die gemäß den Rundschreiben des Vereins Hamburger Assecuradeure als Hamburger Marktprämien für den Tag des Abgangs des Seeschiffes vom Einladehafen bekanntgegeben werden. Auf die mit den Schiffen „Afrika" und „Danmark" beförderte Hirse deklarierte die Klägerin am 18. Juli, 4. August, 28. August und 30. August 1939 Mehrwerte von insgesamt 16 950 RM, wovon 9750 RM auf die 750 tons im Motorschiff „Afrika" und 7200 RM auf die 300 tons im Dampfer „Danmark" entfielen. Die ihr aufgegebenen Prämien hat sie bezahlt. Die Klägerin hat von den Beklagten die Erstattung der 16 950 RM gefordert. Die Beklagten haben aus Entgegenkommen, ohne damit eine rechtliche Verpflichtung anzuerkennen, die in den Mitteilungen der Klägerin vom 18. Juli und 4. August 1939 angegebenen Beträge, nämlich 3450 RM, vergütet, während sie die Bezahlung des Mehrbetrages ablehnen. Die Klägerin hat daher Klage erhoben mit dem Antrage, die Beklagten anteilig, nach Maßgabe ihrer Beteiligung an der Versicherung, zur Zahlung von 13 500 RM zu verurteilen. Die Beklagten haben Abweisung der Klage begehrt. Sie haben hauptsächlidi vorgetragen, es sei kein versicherbares Interesse gegeben gewesen, da die Klägerin die Hirse in Deutschland zu dem ihr vorgeschriebenen, nach ihren Gestehungskosten errechneten Preise hätte verkaufen müssen, also einen etwaigen Mehrwert niemals hätte verwirklichen können, und da sie auch sonst kein eigenes Wagnis zu tragen gehabt habe. Sie haben ferner bestritten, daß nach dem Weltmarktpreis überhaupt ein Mehrwert bestanden habe, zum mindesten, daß er so hoch gewesen sei, wie ihn die Klägerin angegeben habe, und haben verlangt, daß diese insoweit den Nachweis erbringe; hilfsweise haben sie die Herabsetzung des Versicherungswertes (der Taxe) gefordert. 21'
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Während das Landgericht der Klage stattgegeben hat, hat sie das Oberlandesgericht abgewiesen. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: 1. Das Berufungsgeridit begründet die Abweisung der Klage damit: Die Klägerin habe als Versicherungsinteresse ausdrücklich „ M e h r w e r t " deklariert, worunter jedenfalls der gemeine Wert zu verstehen sei, den die Güter am Abladeorte zu Beginn der Mehrwertversicherung gehabt hätten, während es dahinstehen könne, ob sie auch eine Mehrwertversidierung in dem Sinne habe abschließen wollen, daß die Wertsteigerung habe mitversichert werden sollen, die während der Reise am Bestimmungsort eingetreten sei. Ein versidierbares Interesse sei im vorliegenden Falle zu verneinen, weil die Klägerin unter den hier gegebenen Umständen niemals eine etwaige Wertsteigerung für sidi hätte ausnutzen oder aus einer solchen einen Schaden hätte erleiden können, wie sdion bei der Deklarierung der Mehrwerte festgestanden habe. Bei glücklicher Ankunft der Ware würde nämlich die Klägerin den Mehrwert niemals verdient haben, weil sie bei einem Weiterverkauf an den auf der Grundlage des Einkaufspreises errechneten Monopolverkaufspreis gebunden gewesen wäre, den sie in jedem Falle nur um 3 , 5 0 R M habe überschreiten dürfen — wobei das O b e r landesgericht offensichtlich annimmt, daß der Monopolverkaufspreis durdi den Versicherungswert der Hauptversicherung voll gedeckt war —. Auch zu einem Deckungskauf bei gestiegenem Weltmarktpreise wäre die Klägerin niemals gezwungen gewesen, da bei einem eifGeschäft, wie sie es mit der Reichsstelle für Getreide abgeschlossen habe, der Verkäufer mit der ordnungsmäßigen Abladung seiner Pflicht genügt und die Gefahr der Seereise die Reichsstelle als die Käuferin zu tragen gehabt habe; überdies habe die Klägerin schon vor der Deklarierung des Mehrwertes die Ware von der Reichsstelle zurückgekauft. Wenn etwa die Ware in einem Nothafen hätte verkauft werden müssen und hierbei ein höherer Preis hätte erzielt werden können und erzielt worden wäre, so habe das nichts mit der Mehrwertversidierung zu tun. Die Klägerin würde daher glatt bereichert sein, falls sie auf Grund der Mehrwertversidierung etwas erhalte. Es sei aber ein oberstes Grundgesetz des Versicherungsrechts, daß die Schadensversicherung nicht zu einem Gewinn führen dürfe. Dieses Grundgesetz sei zwar in einigen Fällen mit Rücksicht auf eine glatte Abwicklung durchbrochen, so daß in diesen Fällen letzten Endes der Versicherte besser stehe, als wenn der Versicherungsfall nicht eingetreten wäre;
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hier jedoch liege es insofern anders, als schon bei der ersten Deldarierung festgestanden habe, daß die Klägerin niemals in den Genuß der von ihr angegebenen Mehrwerte hätte gelangen und auch niemals einen über den Versicherungswert der Hauptversicherung hinausgehenden Schaden hätte erleiden können. Bei diesen Darlegungen ist der Berufungsrichter ersiditlidi davon ausgegangen, daß die Mehrwertversicherung keine eigentlidie V e r sicherung des Gutes selbst im Sinne der § § 80—98 der Allgemeinen Deutschen See Versicherungsbedingungen von 1 9 1 9 (ADS.) sei, sondern etwas anderes. Damit befindet er sich im Einklang mit H o c h g r ä b e r Juristische Rundschau für die Privatversicherung 1925 S. 185 (187), der den Standpunkt vertritt, das Eigentumsinteresse an dem G u t e gelte als vollständig versichert, wenn der in § 90 Abs. 1 ADS. angegebene oder der sogenannte taxierte Versicherungswert voll gededet sei; das eigentliche Gütereigentümerinteresse könne dann nicht mehr versidiert und eine eigentliche Güterversicherung nicht mehr genommen werden; die Mehrwertversicherung sei zwar auch Versicherung eines Eigentümerinteresses, aber eben nicht die Versicherung des schon durch die Güterversicherung aufgezehrten Hauptinteresses, sondern eines N e b e n interesses, gehöre also ebenso wie ζ. B. die Versicherung des erwarteten (imaginären) Gewinnes in die Gruppe der „anderen auf die G ü t e r sich beziehenden Versicherungen" des § 99 ADS. In dieselbe Gruppe wird die Mehrwertversicherung auch von R i t t e r Recht der Seeversicherung Bern. 25 zu § 9 0 , Bern. 7 zu § 9 9 ADS. gerechnet, während allerdings das Reichsgericht in der Entscheidung vom 15. November 1911 ( R G Z . Bd. 77 S. 301) die Mehrwertversicherung schlechthin als eine Versicherung der G ü t e r selbst bezeichnet hat ( a . a . O . S. 304) und H a g e n Seeversicherungsrecht S. 74 sidi dahin ausspricht, die Mehrwertversicherung bedeute lediglich eine Berechnung des Versicherungswertes auf veränderter Grundlage; er sieht mithin die Mehrwertversicherung möglicherweise als eine gewöhnliche Güterversicherung an, bei der die Parteien b l o ß eine von § 90 Abs. 1 ADS. abweichende Berechnung des Versidiemngswertes vereinbart haben (über die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung vgl. R i t t e r a. a. O . Bern. 19 zu § 90, sowie für die vor dem Jahre 1919 geltenden Bedingungen R G Z . Bd. 90 S. 324 [328]). Der Auffassung des Oberlandesgerichts ist zum mindesten für den hier vorliegenden Fall beizutreten, in dem nicht etwa vereinbart worden ist, der Versicherungswert der Ware solle audi den etwaigen Mehrwert umfassen, sondern in dem unter der besonderen Überschrift „Mehrwertversicherung" in den Vertrag eine eigene Klausel auf-
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genommen worden ist, welche die nach einhelliger Rechtsüberzeugung unter § 99 ADS. gehörige Versicherung des imaginären Gewinns und die Versicherung des Mehrwertes gemeinsam behandelt. Damit ist jedoch für die Frage, was als „versichertes Interesse" im Sinne der §§ 1 und 2 ADS. (vgl. audi § 778 HGB.) anzusehen und ob dieses Interesse versidierbar sei, noch nichts gewonnen. Das „Interesse" wird in der Reditslehre erläutert als „die Beziehungen einer Person zu einem Gegenstand" (so R i t t e r a. a. O. Bern. 3 zu § 1 ADS. und H o c h g r ä b e r Die Hauptkapitel des Transportversicherungsredits S. 25) — etwas abweichend H a g e n a . a . O . S. 18, der von der „Beziehung" spricht, „kraft deren jemand durch eine gewisse Tatsache einen Vermögensschaden erleidet" —. Der sogenannte Mehrwert ist kein selbständiger, für sich vorhandener Gegenstand oder der Teil eines solchen, sondern ein in dem Gute selbst steckender Wert (so RGZ. Bd. 77 S. 301 [304]) — genauer vielleicht: ein Teil des in Geld in der Währung des Versicherungsvertrages ausgedrückten Wertes des Gutes — oder die unabhängig von der Reise entstandene Werterhöhung des Gutes (so H o c h g r ä b e r Juristische Rundschau für die Privatversicherung 1925 S. 15 5) oder ein Betrag, der in dem beim Beginn der Mehrwertversicherung geltenden Preise des Gutes sdion enthalten ist (so Η ο c h g r ä b e r Die Hauptkapitel des Transportversicherungsredits S. 39), oder eine Berechnung des Wertes des Gutes auf veränderter Schätzungsgrundlage (so H a g e n a. a. O. S. 74). Derjenige, der als Eigentümer oder als eine dem Eigentümer wirtschaftlich gleichstehende Person eine rechtliche Beziehung zu dem Gute selbst hat, muß aber begriffsnotwendig auch Beziehungen zu dem ganzen im Gute steckenden Werte haben und damit zu jedem Teile dieses Wertes, gleichgültig, ob es sich um den Teil des Wertes des Gutes handelt, der durch die Hauptversicherung gedeckt ist, oder um den Teil des Wertes, für den durch die Hauptversidierung keine Deckung besteht und auf den sidi die Mehrwertversicherung bezieht. Denn da das Gut als solches zu seinem Vermögen gehört, ist der gesamte wirkliche (objektive) Wert des Gutes Bestandteil seines Vermögens und nidit bloß der Wert (Geldbetrag), den er nach glücklicher Beendigung der Reise infolge eines von ihm abgesdilossenen schuldrechtlichen Vertrages oder infolge anderer besonderer Umstände beim Weiterverkauf an einem bestimmten O r t oder zu einer bestimmten Zeit erlöst. Wird ihm die Sache durch einen Unfall entzogen, so büßt er nicht nur einen Teil des Wertes des Gutes ein, sondern das ganze Gut und erleidet in seinem Vermögen einen Nachteil in Höhe des vollen Wertes, da er, um den
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früheren Vermögensstand wiederherzustellen, seinem Vermögen denjenigen Geldbetrag zuführen muß, der dem wirklichen Werte des Gutes entspricht. Daraus folgt zugleich, daß dieses Interesse auch in voller Höhe versicherbar und daß der Versicherte nicht bereichert ist, wenn er beim Eintritt des Versicherungsfalles infolge der von ihm genommenen Versicherung den dem wirklichen Werte des Gutes entsprechenden Geldbetrag erhält. Es bedarf deshalb an sich keiner Erörterung, ob es tatsächlich ein oberstes Grundgesetz des Inhalts gibt, daß die Versicherung niemals zu einer Bereicherung des Versicherten führen dürfe, und ob dieses Grundgesetz auch für die Seetransportversicherung gilt. Doch mag hierzu bemerkt werden: In dem vom Berufungsrichter angezogenen Urteile vom 15. November 1911 (RGZ. Bd. 77 S. 301) hat das Reichsgericht allerdings ausgesprochen, die Versicherung solle nie zu einem Gewinn führen (a. a. O. S. 307). Es hat aber für den damals zu entscheidenden Fall abgelehnt, daß die Versicherung dieses Ergebnis gehabt habe, mit der Begründung, die Versicherte (die damalige Beklagte) habe nur das erhalten, was ihr nach dem Vertrage gebührt habe. Daraus ergibt sich also nur, daß das Reichsgericht es als mit dem Wesen der Versicherung nicht vereinbar angesehen haben würde, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalles mehr erhalten hätte als das, was er gemäß dem von ihm abgeschlossenen Versicherungsvertrage zu beanspruchen hatte — wobei es offen bleibt, welche Folgerungen aus einer solchen Sachlage zu ziehen gewesen wären —, während die Frage, ob es statthaft sei, daß der Vermögensstand des Versicherten infolge des Abschlusses des Versicherungsvertrages und des Eintritts des Versicherungsfalles günstiger ist, als er sonst gewesen sein würde, überhaupt nicht behandelt worden ist. Auf keinen Fall aber kann aus diesem Gesichtspunkt ein Versicherungsvertrag als unwirksam angesehen werden, wenn beim Abschlüsse des Vertrages oder — bei einer laufenden Police — zu Beginn der Versicherung eines bestimmten Gutes für eine bestimmte Reise eine Möglichkeit denkbar war, bei der der Eintritt des Versicherungsfalles nicht zu einer Bereicherung des Versicherten führte. Solche Mögldikeiten aber waren, wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, hier gegeben. Insbesondere konnte es vorkommen, daß das Schiff infolge eines unter die Versicherung fallenden Ereignisses einen fremden Hafen anlaufen mußte, von dem aus die Weiterbeförderung des Gutes nach Deutschland unmöglich war. War in diesem Falle die Hirse noch vorhanden, so konnte sie in dem fremden Hafen zu
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dem Preise verkauft werden, der dem wirklichen Wert entsprach, und für die Annahme, daß die Klägerin dann den Teil des Erlöses, der den Versicherungswert der Hauptversicherung überstieg, an die Reichsstelle für Getreide oder an eine andere Stelle hätte abführen müssen, ohne einen Gegenwert zu erhalten, war nicht der geringste Anhalt vorhanden; die Klägerin erlitt also tatsächlich, wenn die Hirse durch das Ereignis vernichtet worden war, einen Schaden in Höhe ihres wirklidien Wertes. 2. Die Darlegungen des Oberlandesgerichts sind sonach nicht geeignet, die Abweisung des Anspruchs auf Zahlung der 13 500 RM zu tragen. Das Berufungsgericht wird deshalb darauf eingehen müssen, o b überhaupt ein Mehrwert vorhanden war, d. h. ob der wirkliche Wert der Hirse, in deutscher Währung ausgedrückt, höher war als der der Hauptversicherung zugrunde liegende Wert, und gegebenenfalls, um wieviel er diesen Wert überstieg. Hierzu ist zu bemerken: a) Zu der Frage, welcher O r t für die Berechnung des Wertes maßgebend sei, hat das Oberlandesgericht noch nicht abschließend Stellung genommen, sondern im Einklänge mit den Ausführungen R i t t e r s a . a . O . Bern. 25 zu § 90 ADS. nur ausgesprochen, daß auf alle Fälle der Wert der Hirse in dem mandschurischen Hafen Dairen in Betradit zu ziehen sei. Damit hat es nodi nicht gesagt, daß daneben nicht audi ein anderer O r t in Frage kommen könne, und die Prüfung, ob dies nadi dem Sinne des zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrages — in dem hierüber nichts Ausdrückliches steht — anzunehmen sei (§ 157 BGB.), wird daher noch vorzunehmen sein, soweit das bisherige oder neues Vorbringen der Parteien dazu Anlaß gibt und es für die Entscheidung wesentlich ist. b) Die Klägerin hatte den Beklagten in ihren Anzeigen vom 18. Juli, 4., 28. und 30. August 1939 bestimmte Summen als Mehrwerte angegeben, und die Beklagten hatten nicht widersprochen, sondern nach diesen Summen von der Klägerin die Versicherungsprämien der Mehrwertversidierung eingefordert. Diese Beträge sind als Taxe des Versicherungswertes gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 ADS. anzusehen. Denn die „Taxe" ist die Summe, auf die der Versicherungswert vereinbarungsgemäß festgesetzt worden ist. Eine solche Vereinbarung braucht nicht mit ausdrücklichen Worten getroffen zu werden, sondern sie kann auch durch schlüssige Handlungen der Partner zustande kommen. Hier haben die Beklagten in der Klausel über die Mehrwertversicherung, die in der laufenden Police enthalten war, erklärt, auf einen Nachweis des Interesses und der Taxe werde verzichtet. Das kann in Verbindung
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mit der Einforderung der Prämien nur bedeuten, daß die von der Klägerin mitgeteilten Beträge des Mehrwertes der „taxierte" Versicherungswert im Sinne des § 6 Abs. 2 ADS. sein sollten. Infolgedessen muß nicht die Klägerin beweisen, daß der wirkliche Wert der Hirse den Versicherungswert der Hauptversicherung um die von ihr angegebenen Beträge überstieg — wenn sie audi eine gewisse Darlegungspflicht hat —, sondern es ist Sache der Beklagten, den Beweis zu führen, daß der Wert in Wahrheit erheblich geringer oder daß er gleich Null war; diesen Beweis haben die Beklagten auch angetreten (wird ausgeführt). An dieser Beurteilung ändert der Umstand nichts, daß die Klägerin die Versicherung auch gegen die Gefahren des Krieges gemäß der Deutschen Kriegsklausel 1938 genommen hat und der Verlust der Hirse auf ein unter diese Klausel fallendes Ereignis zurückzuführen ist. (Wird näher ausgeführt.)
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Versicherungsaufsichtsgesetz RCZ. 72, 15. 1. Verschmelzung zweier Lebensversidierungs-Aktiengesellschaften unter AusschluB der Liquidation. Ist der Anspruch der Gläubiger der übertragenden Gesellschaft, insbesondere ihrer Versicherten, auf Sicherheitsleistung bei Vereinigung beider Vermögen durch das Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen beseitigt oder durch dessen Bestimmungen über die Prämienreserve ersetzt? 2. Wie ist dieser Anspruch gegebenenfalls Gesellschaft gegenüber zu verwirklichen?
der
aufnehmenden
HGB. §§ 3 0 6 , 3 0 1 . Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1890 (RGBl. S. 139) §§ 14, 56 flg. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 8. Oktober 1909. I. Landgericht Elberfeld. —
II. Oberlandesgeridit Düsseldorf.
Der Kläger hatte laut Versicherungsschein vom 13. Mai 1898 sein Leben bei der Vaterländisdien Lebensversidierungs Aktiengesellschaft zu Elberfeld mit einem am 1. April 1924 oder bei seinem früheren Tode zahlbaren Kapitale von 10 0 0 0 Μ versichert. Im Jahre 1906 übertrug die Vaterländische Versicherungsgesellschaft ihr Vermögen als Ganzes unter Aussdiluß der Liquidation auf den Beklagten. Die Verschmelzung war vom Kaiserlichen Aufsiditsamte für Privatversicherung genehmigt, und die erforderlichen Eintragungen im Handelsregister waren erfolgt, nidit aber audi die Vereinigung der beiden Vermögen. Der Kläger war der Meinung, daß diese nur geschehen dürfe, wenn ihm für seinen Anspruch aus der Versicherung Sicherheit geleistet worden sei. Der Beklagte hielt sich zur Sicherheitsbestellung nicht für verpflichtet. Der Kläger klagte mit dem Antrage, dem Beklagten die Vermögensvereinigung ohne vorherige Sicherheitsleistung in Höhe von 10 0 0 0 Μ oder in einer vom Gerichte festzusetzenden Höhe zu untersagen, und ihn für den Fall dieser Vereinigung zur Leistung der Sicherheit zu verurteilen. Das Landgericht erkannte auf Abweisung der Klage. Das Oberlandesgeridit dagegen gab der Klage unter Festsetzung des zu sichernden Betrages auf 3 500 Μ nach beiden Richtungen statt. Die von der Beklagten eingelegte Revision wurde zurückgewiesen.
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Gründe: . . . „1. Der Anspruch des Klägers auf Sicherheitsleistung gemäß § 301 HGB. wäre nicht gerechtfertigt, wenn dem Beklagten darin beigetreten werden könnte, daß die Schutzvorschrift des Handelsgestzbuchs durch § 14 PrivVersGes. ersetzt und also beseitigt worden sei. Der Berufungsrichter vertritt im Einklänge mit der überwiegenden Mehrzahl der Schriftsteller die entgegengesetzte Meinung, und dies ist vom Standpunkte des geltenden Rechtes aus zu billigen. In der Regelung •der Frage der Vereinigung (Fusion) zweier Aktiengesellschaften bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Handelsgesetzbuche. Beide Gesetze lassen die Auflösung einer Aktiengesellschaft durch Verschmelzung mit einer anderen dergestalt zu, daß eine Umwandlung des Vermögens der sich auflösenden Gesellschaft in Geld, mithin eine Liquidation, nicht stattfindet, vielmehr dieses Vermögen als Ganzes, wie im Falle der Beerbung einer Person, auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. Der Zustimmung der Gläubiger der sich auflösenden Gesellschaft oder ihres Aufgebots bedarf es nicht. Mit der Vollziehung der erforderlichen Eintragungen im Handelsregister erlischt die Rechtspersönlichkeit der übertragenden Gesellschaft; an deren Stelle tritt die aufnehmende Gesellschaft. Indem man auf diese Weise die Umbildung eines Aktienunternehmens im Wege der Fusion begünstigte und von der Notwendigkeit der Liquidation absah, erachtete man doch nicht minder die Interessen der Gläubiger der sich auflösenden Gesellschaft für berücksichtigenswert und traf zu ihrem Schutze Bestimmungen, die ihnen die materielle Grundlage des bisherigen Schuldverhältnisses trotz Wegfalls des ursprünglichen Schuldners tunlichst sichern und erhalten sollten. Den Organen der aufnehmenden Gesellschaft ist die Pflicht auferlegt, das Vermögen der andern Gesellschaft bis zur Befriedigung oder Sicherstellung ihrer Gläubiger getrennt zu verwalten, und damit die tatsächliche Vereinigung beider Vermögen trotz ihrer rechtlichen Zusammenfassung in der Hand der aufnehmenden Gesellschaft bis zu diesem Zeitpunkte zu unterlassen. Hierdurch ist den Gläubigern der Zugriff in das Vermögen, das ihnen bisher verhaftet gewesen war, offen gehalten; sie können audi die neue Schuldnerin im Gerichtsstande der bisherigen 'belangen; das übernommene Vermögen gilt noch, auch im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern der übernehmenden Gesellschaft, als Vermögen der aufgelösten Gesellschaft (vgl. über dies alles Artt. 247, 245, 215 ADHGB., §§ 306, 301 HGB. und Entsdi. des RG.s in Zivils. Bd. 9 S. 13). Soll die rechtliche Verschmelzung auch tatsächlich erfolgen, und die getrennte Verwaltung
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beider Vermögen aufhören, so darf dies nur unter Beachtung der für die Verteilung des Vermögens unter die Aktionäre geltenden V o r schriften geschehen, d. h. die Gläubiger müssen befriedigt oder, soweit dies nicht ausführbar ist, sichergestellt werden. Für die Versicherungsgesellschaften war keine Ausnahme gemacht. Bei den Beratungen der Nürnberger Kommission war das Bedenken erhoben worden, daß eine Aktiengesellschaft durch das Verlangen der Deposition der schwebenden Verbindlichkeiten — und dieser steht in diesem Punkte die Sicherstellung gleich — ruiniert werden könne, weil diese Forderungen zusammen, namentlich bei Assekuranzgesdiäften, oft sehr große Summen ausmachen würden; man beseitigte es durch die Bemerkung, daß die Deposition durch Unterlassung der Verteilung vermieden werden könne ( L u t z , Protok. Bd. 1 S. 366). Danach erachtet die Kommission die Schwierigkeiten einer getrennten Vermögensverwaltung nicht für so erheblich, um zu Gunsten der Versicherungsunternehmungen eine abweichende Behandlung der Gläubiger im Falle der Fusion eintreten zu lassen. Auch für sie galt das gleiche Recht, wie für andere Aktiengesellschaften. Dafür daß dieses Recht durch den § 14 PrivVersGes. hat geändert werden sollen, fehlt es zunächst an einer ausdrücklichen Bestimmung. Es ist zuzugeben, daß sie fehlen könnte, wenn der Wille des Gesetzgebers, die Gläubiger fortan in anderer Weise, nämlich durch die Prüfung und Genehmigung der Fusion von Seiten der Aufsichtsbehörde, zu schützen, sonstwie erkennbar wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Wenn auch das Gesetz Vorschriften privatrechtlichen Inhalts enthält (s. darüber Z e h n t e r im Arch, für bürg. R, 2 0 S. 1 flg.), so regelt es dodi grundsätzlich nur die öffentlichrechtliche Seite des privaten Versicherungswesens, indem es die privaten Unternehmungen der Staatsaufsicht unterstellt und eine Reihe polizeilicher Kontrollmaßregeln anordnet, die auf den Schutz der Versicherten abzielen, aber nicht in deren privatreditliche Beziehungen zu den Gesellschaften eingreifen. Eine solche Schutzvorschrift ist der § 14. Er fordert für die Fusion die Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden, die insbesondere dann zu versagen ist, wenn die Interessen der Versicherten nicht hinreichend gewahrt sind (§ 7 Nr. 2). Aber er fordert sie nicht für die privatreditliche Gültigkeit der Fusion, die durch den Mangel der aufsichtsamtlichen Genehmigung nicht berührt wird (vgl. R e h m , Komm. 2. Aufl. Bern. 5, 7 zu § 14). Man kann daher nicht sagen, daß die polizeiliche, freilich auch im Interesse der Versicherten als Gläubiger der sich auflösenden Gesellschaft, erforderte Genehmigung die dem Ge-
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biete des Privatrechts angehörenden Schutzvorschriften des HGB. allgemein oder wenigstens rüdcsichtlidi jener Gläubiger ersetze, und daß, wenn die Aufsichtsbehörde die Fusion gebilligt habe, die Gläubiger sich dabei zu bescheiden und die Vereinigung der beiderseitigen Vermögen o h n e Sidierstellung zu dulden hätten. Für die gegenteilige Meinung ist in den Materialien des Gesetzes nichts zu finden. Will man ihnen für die zu entscheidende Frage Bedeutung beimessen, so bestätigen sie, daß ein Eingriff in die das Fusionsrecht behandelnden §§ 301, 306 HGB. nicht beabsichtigt war. Der Bericht der Reichstagskommission (S. 40) bemerkt ausdrücklich zu § 14 des Entwurfs, der unverändert Gesetz geworden ist: „Hierzu wurde auf Anregung aus der Kommission in Übereinstimmung mit den Regierungsvertretern festgestellt, daß die Genehmigung der Geschäftsübertragung durch die Aufsichtsbehörde privatrechtliche Bedeutung nicht hat für das Verhältnis zwischen der bisherigen Unternehmung und dem Versicherten, vielmehr die privatrechtlichen Bestimmungen in Geltung bleiben, wonach niemand ohne seine Zustimmung einen andern Schuldner anzunehmen braucht." Ist nun audi eine solche privatrechtliche Bestimmung gerade für den Fall der Fusion nicht als geltend anzuerkennen, und müssen die Versicherten diese dulden, ohne daß ihnen ein Rücktrittsrecht einzuräumen wäre (Urteil des erkennenden Senats vom 6. November 1908 bei G r u c h o t , Bd. 53 S. 702), so läßt doch jene Feststellung über die Tragweite des § 14 keinen Zweifel; er verstärkt den Schutz der Gläubiger dadurch, daß er der privatrechtlichen nodi eine öffentlichrechtliche Sicherung hinzufügt, aber er beseitigt jene nicht. Man kann auch nicht sagen, daß beide Sicherungen gleichwertig seien, und daß aus diesem Grunde die frühere der späteren zu weichen haibe. Der Schutz, den § 14 gewährt, liegt auf einem andern Gebiete, als die gleichfalls den Interessen der Versicherten dienenden Vorschriften des HGB.s. Eine staatliche Behörde soll prüfen, ob bei der geplanten Verschmelzung die aufnehmende Gesellschaft die Gewähr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft bietet. So sehr eine solche Prüfung geeignet ist, die Gläubiger vor Schaden zu bewahren, so gibt sie doch keine reale Sicherheit, wie sie das HGB. den Gläubigern mit seinen Schutzbestimmungen zur Verfügung stellt. Diese fordern eine Sidierstellung gemäß den § 232 flg. BGB., also durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, oder durch Bestellung eines Pfandrechts oder einer Hypothek, aushilfsweise durch Stellung eines tauglichen Bürgen, begnügen sich also nicht mit einem
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Schutze, der, so wirksam er auch in der großen Mehrzahl der Fälle sein wird, doch unter Umständen versagt, da audi bei einer mit der äußersten Sorgsamkeit arbeitenden Behörde Täuschungen und Irrtümer nidit völlig ausgeschlossen sind. Nach Lage der gegenwärtigen Gesetzgebung besteht sonach neben dem § 14 PrivVersGes. der § 301 HGB. im Rahmen des § 306 daselbt audi Kir Versidierungsaktiengesellschaften unverändert fort. Wenn in dem Aufsatze von E m m i n g h a u s in der Leipz. Ztschr.. für VersichRecht usw. Bd. 2 S. 34 auf ein Urteil des Reichsgerichts vom 13. März 1906 Bezug genommen ist, in dem auf § 14 als die gesetzlidie Bestimmung hingewiesen worden sei, die dem Gläubiger die ihm nach § 301 Abs. 3 HGB. zugesagte Sicherheit gewährleiste, so ist ein solches Urteil nicht zu ermitteln; das Urteil des II. Senats vom 30. März 1906 in der Ztschr. für Aktienges. Bd. 14 S. 94 und Elsaß-Lothr. Ztsdir. 1906 S. 549 betrifft einen anderen Fall. Übrigens handelte es sich damals nach dem kurzen Berichte um eine Klage der aufnehmenden Gesellschaft auf Zahlung der Prämie; jenem Hinweise würde daher nur die Bedeutung einer gelegentlichen Bemerkung beizumessen sein, die zu Herbeiführung eines Plenarbeschlusses nidit nötigt. 2. Es ist bereits erörtert, daß die vom Gesetze geforderte Sicherstellung gemäß § § 232 flg. BGB., die beim Mangel abweichender Sonderbestimmungen allgemein für alle Fälle der Verpfliditung zur Sicherheitsleistung gelten, zu erfolgen habe. Daraus ergibt sich, daß die Prämienreserve nidit, wie die Revision meint, als eine dem Gesetze entsprechende Sicherheit angesehen werden kann. Zwar enthalten die §§ 56—60 PrivVersGes. eingehende verwaltungsreditliche Bestimmungen über die Bildung, Verwaltung und Verwahrung der Prämienreserve; aber erst mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Versicherungsgesellschaft entsteht ein Recht der Versicherten auf vorzugsweise Befriedigung aus den Beständen der Prämienreserve ( § § 6 0 , 61). Bis dahin sind sie auf die nicht unter allen Verhältnissen gesicherte Befolgung der vom Gesetze aufgestellten Grundsätze durch die Gesellschaft und auf die Überwachung durch die Aufsichtsbehörde angewiesen. Damit ist gewiß ein erheblicher Schutz für die Versicherten geschaffen; aber er ist keine Sicherheit, wie das Gesetz sie verlangt. Die Frage nach der Höhe der zu leistenden Sicherheit ist vom Berufungsrichter zu Gunsten des Beklagten dahin beantwortet, daß sie im wesentlichen nach dem Anteile des Klägers an der Prämienreserve zu bemessen sei. Dadurch ist der Beklagte keinesfalls beschwert, und es braucht nicht unter-
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sucht zu werden, ob an sich ein Anspruch auf Sicherstellung der vollen Versicherungssumme besteht. 3. Audi darin ist dem Berufungsrichter zuzustimmen, daß die Gläubiger nicht auf den durch § 3 0 6 Abs. 6 H G B . gegebenen Schadensersatzanspruch gegen Vorstand und Aufsiditsrat wegen pflichtwidriger Vereinigung der beiden Vermögen beschränkt sind. Das R O H G . hat bereits für das ältere Recht ausgesprochen, daß eine solche Beschränkung auf — dem Erfolge nach unsichere — Ersatzansprüche gegen die Gesellschaftsorgane nicht anzuerkennen sei, daß vielmehr, wenn die Gefahr der Verletzung des Gebotes der getrennten Verwaltung bestehe, die Gläubiger diese Verletzung nicht ruhig mit anzusehen brauchten, sondern Sicherungsmaßregeln ergreifen könnten (Entsch. des R O H G . Bd. 2 3 S. 152, Bd. 2 4 S. 2 5 1 ) . Dem ist auch für das neue Recht unbedenklich beizutreten. Im vorliegenden Falle hält sich der Beklagte zu der tatsächlichen Vereinigung seines Vermögens mit dem der Elberfelder Gesellschaft ohne Sicherstellung der Gläubiger der letzteren, zu denen auch der Kläger als Versicherter gehört, für befugt. Es ist also zu besorgen, daß er von seinem behaupteten Rechte Gebrauch macht und damit den Versicherten das ihnen vom Gesetze vorbehaltene Zugriffso b j e k t entzieht. Dadurdi rechtfertigt sich der Antrag des Klägers, daß das Gericht dem Beklagten die beabsichtigte Vereinigung ohne vorherige Sicherheitsleistung verbiete; es ist dies die den Beklagten am wenigsten beschwerende Sicherungsmaßrcgel, die für die Fälle der einstweiligen Verfügung ausdrüdclich vom Gesetze als zulässig anerkannt ist (§ 9 3 8 Abs. 2 Z P O . ) . Schließlich ist auch die für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das V e r b o t ausgesprochene Verurteilung zur Sidierheitsleistung als Verurteilung zu einer künftigen Leistung gemäß § 2 5 9 Z P O . nicht zu beanstanden. Der erkennende Senat hat diese Vorschrift auch auf bedingte Ansprüche für anwendbar erklärt (Entsch. in Zivils. Bd. 51 S. 2 4 3 ) . " . . .
RGZ. 1 2 9 , 1. 1. Unterliegt die Frage, ob das Reicfasaufsichtsamt für Privat' Versicherung die Voraussetzungen für die Herabsetzung der Versicherungssummen nach § 6 9 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes mit Recht für gegeben gehalten hat, der Nachprüfung des Gerichts? 2. Sind nur Unternehmungen, die ausschließlich das Rückversicherungsgeschäft betreiben, aufsichtsfrei, erstredet sidi aber bei Versicherungsunternehmen mit aufsiditspflichtigem Betrieb, die in diesem audi
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Rückversidierungsverträge versicherungen mit?
abschließen,
die
Aufsicht
auf
die
Rück-
3. Sind unter den nach § 6 9 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes herabsetzbaren Verpflichtungen einer Lebcnsversicherungsunternehmung nur Verpflichtungen aus Lebensversicherungen zu verstehen? Reichsgesetz über die privaten Versidierungsunternehmungen (Versicherungsaufsichtsgesetz) vom 12. Mai 1 9 0 1 / 1 9 . Juli 1 9 2 3 . § § 6 9 , 116,
VII. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Lübedc. —
58.
Urt. v. 13. Mai 1930. II. Oberlandesgericht Hamburg.
Die Schweizerische Rentenanstalt in Z . hat für eine Reihe bei ihr genommener Lebensversicherungen bei der Klägerin durch Verträge aus den Jahren 1 8 5 8 bis 1865 in schweizer Franken Rückversicherung genommen. Die der Klägerin auf Grund dieser Verträge bis Ende des Jahres 1871 überwiesenen Rückversicherungen hat die Beklagte von dieser durch Übereinkommen vom 12. bis 14. Dezember 1871 „in Rückversicherung übernommen", und zwar dergestalt, daß sie gegenüber der Klägerin in alle sich für diese aus den Verträgen mit der Schweizerischen Rentenanstalt ergebenden Verpflichtungen eintrat, wogegen die Klägerin ihr alle Rechte und Bonifikationen, die ihr gegen die Rentenanstalt zustanden, übertrug und garantierte. Im Anschluß an dieses Abkommen wurde ein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der Schweizerischen Rentenanstalt unter Entlassung der Klägerin in Ansehung der bezeichneten Rückversicherung angestrebt, das aber nicht zustande kam. Die Klägerin hat vier aus den Rückversicherungsverträgen mit dem Erstversicherer fällig gewordene Versicherungen an diesen geleistet und dafür die Beklagte bis zum 31. März 1 9 2 8 mit 22 8 0 6 , 6 9 schweizer Franken belastet. Die Beklagte hat ihr aber nur 10 5 9 3 , 6 0 Franken erstattet. Die Klägerin verlangte mit der Klage von ihr die Zahlung der restlichen 12 2 1 3 , 0 9 schweizer Franken nebst Zinsen. Die Beklagte hat eingewendet, das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung habe auf Grund des § 6 9 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ( V A G . ) vom 12. Mai 1901 in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juli 1923 ihre Verpflichtungen aus den ab 9. August 1 9 2 4 laufenden Versicherungen in fremder Währung in der Weise ermäßigt, daß die Prämienreserven dieser Versicherungen auf 24 °/o herabgesetzt worden seien und danach auch die Versicherungssummen neu berechnet werden sollten. Dem-
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entsprechend habe sie, da drei der in Betracht kommenden Versicherungsfälle erst nadi dem 9. August 1924 eingetreten seien, nur den an die Klägerin gezahlten Betrag an diese zu zahlen braudien und auch nur leisten dürfen. Die Klägerin hält den § 6 9 V A G . für unanwendbar auf die Verpflichtungen aus dem Vertrage vom 12./14. Dezember 1871, da dieser Vertrag kein Versicherungsvertrag sei, sondern nur eine Erfüllungsübernahme enthalte, im übrigen aber audi die sonstigen Voraussetzungen des § 69 fehlten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 28 526,05 schweizer Franken oder 23 0 8 4 RM nebst Zinsen verurteilt, nachdem die Klägerin ihren Antrag mit Rücksicht auf weiter eingetretene Versicherungsfälle entsprechend erweitert hatte. Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen worden. Gründe: Nadi § 6 9 Abs. 2 V A G . (in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juli 1923) ist die Versicherungsaufsichtsbehörde berechtigt, die Verpfliditungen einer Lebensversidierungsgesellsdiaft aus ihren laufenden Versicherungen dem Stande ihres Vermögens entsprechend zu ermäßigen, wenn sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage des Unternehmens ergibt, daß dieses zur Erfüllung seiner Verpflichtungen für die Dauer nicht mehr imstande ist, die Vermeidung des Konkurses aber im Interesse der Versicherten geboten ersdieint. Das Reichsaufsichtsamt für Privatversidierung hat diese Bestimmung durch die Beschlüsse vom 9. August 1924 und 14. September 1927 auf die Verpflichtungen der Beklagten aus ihren am 9. August 1924 laufenden Versicherungen in fremder Währung angewendet und daraufhin auch die Verpflichtungen der Beklagten aus dem zwischen ihr und der Klägerin geschlossenen Vertrage vom 12. bis 14. Dezember 1871 herabgesetzt. Die Klägerin will dies nicht gelten lassen, weil die Verpflichtungen der Beklagten aus diesem Abkommen nicht unter die Bestimmungen des § 69 Abs. 2 V A G . fielen und darum die Entscheidungen des Aufsiditsamts reditsunverbindlidi seien. Ob die Voraussetzungen der Herabsetzung rechtlich vorgelegen haben, unterliegt der Nachprüfung des Gerichts. Denn mag auch ein öffentlidireditlicher Akt der Aufsichtsbehörde vorliegen, so ist dieser für das Geridit dodi nur dann bindend, wenn das Aufsiditsamt im Rahmen seiner gesetzlichen Befugnisse die Herabsetzung vorgenommen hat. Darum hat das Gericht bei der Entscheidung über den Versicherungsanspruch auch die Erfüllung dieser Erfordernisse zu prüfen, wenn von der Lebensversicherungsgesellschaft auf die angeordnete HerabVersldierungsvertragsgesctz III
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Setzung ihrer Leistungspflidit Bezug genommen wird P e t e r s e n Privatversicherungsgesetz Anm. 4 zu § 6 9 ) .
(Koenige-
Die Klägerin hält die Vorschrift des § 69 Abs. 2 a. a. O . für nicht anwendbar auf den Vertrag vom 12./14. Dezember 1871, weil dieser kein Versicherungsvertrag sei und, selbst wenn er es sei, als Rüdcversicherungsvertrag nicht unter diese Vorschrift falle. Das Berufungsgericht ist der Klägerin darin beigetreten. Im ersten Punkt ist ihm nicht zu folgen. Das Berufungsgericht sieht das Abkommen nicht als einen Versicherungsvertrag an, weil die Beklagte darin nur die schuldreditliche Verpflichtung übernommen habe, die Klägerin von allen Ansprüchen der Schweizerischen Rentenanstalt aus den in dem Vertrage bezeichneten Rückversicherungen freizustellen, und das zwischen den Parteien geschlossene Geschäft sidi wirtschaftlich nur als ein Kauf des Bestandes von bestimmten Spezialrückversicherungen darstelle. Dies ist rechtsirrig. Unter einer Rückversicherung versteht man diejenige Versicherung, durch die ein Erstversicherer sich für die gegenüber dem Versicherten übernommene Zahlungsverpflichtung von einem anderen eine teilweise oder volle Deckung versprechen läßt. Gibt der Rückversicherer seine Rückversicherungsgefahr weiter in Rückversicherung, so liegt eine sog. Retrozession vor. Im Wesen des Rückversicherungsvertrags liegt es hiernach, daß der Rückversicherer dem Erstversicherer für dessen Verbindlichkeiten einzustehen verspricht, und Entsprechendes gilt auch für die Retrozession. Da das Einstehen für eine fremde Versicherungsverpflichtung das Wesen der Rückversicherung bildet, so kann auch ein Vertrag, durch den sich jemand einem anderen verpflichtet, die von diesem einem Dritten versprochene Vertragsleistung ihm abzunehmen, ein Rückversicherungsvertrag sein, sofern die abgenommene Leistung eine Versicherungsleistung ist und auch sonst die Bedingungen eines Versicherungsvertrages vorliegen. Diesen Erfordernissen aber genügt der Vertrag vom 12./14. Dezember 1871. Denn die Beklagte übernahm durch diesen Vertrag gegen Entgelt eine Gefahr für den Fall des Eintritts eines der Klägerin nachteiligen Ereignisses, das in dem Eintritt der Versidierungsfälle lag, für welche die Klägerin der Schweizerischen Rentenanstalt gegenüber die Rückversicherung übernommen hatte. Die Leistung der Beklagten bestand in der Pflicht, im Falle dieses Ereignisses die Klägerin von ihren Verpflichtungen aus der der Schweizerischen Rentenanstalt gegebenen Rückversicherung dieser gegenüber freizustellen, und das Entgelt für ihre Gefahrübernahme bekam sie in den laufenden Prämien, Bonifikationen und in den Prämienreserven, welche die
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Klägerin ihr überwies. Daß sie zum Schutz der Klägerin die Prämienreserve, die ihr nach dem damaligen Reditszustande überlassen werden konnte, zu erhalten und weiterzubilden hatte, ist auch ein Zeichen dafür, daß zwischen ihr und der Klägerin ein Versicherungsverhältnis geschaffen werden sollte. Die Parteien haben ihr Abkommen auch selbst als Rüdcversidierungsvertrag bezeichnet. Vielleicht ging es zu weit, wenn die Parteien von dem Eintritt der Beklagten in die Verpflichtungen der Klägerin gesprodien haben, da Beziehungen nur zwischen den Vertragschließenden bestanden und eine Übernahme der Rückversicherungsverpflichtungen der Klägerin der Schweizerischen Rentenanstalt gegenüber unter Ausscheiden der Klägerin zwar in Aussicht genommen war, aber nicht zur Verwirklichung gekommen ist. Aber die Ausdrudcsweise hat keine entscheidende Bedeutung. Der Sinn der von den Parteien getroffenen Abreden war jedenfalls der, daß die Beklagte die Klägerin von ihren Rüdcversicherungspfliditen freihalten sollte. Audi wenn dies in der Form der Erfüllungsübernahme vereinbart ist, handelte es sich um diese Pflicht. Daß die Vertreter der Parteien in ihren gelegentlich des Abkommens gewechselten Schreiben von Zession oder Verkauf der Rückversicherungen gesprodien haben, hat kein Gewicht, zumal in dem Vertrag selbst das Abkommen als Rüdcversidierungsvertrag bezeichnet worden ist. Im übrigen entsprach der Ausdrude „Zession" audi den Umständen, da es sich um die Rückversicherung eines Rückversicherers handelte und diese Weitergabe der Rüversidierung in der Sprache der Versicherungstechnik als Retrozession bezeichnet zu werden pflegt. Im Sinne der Retrozession kann aber der Ausdrude „Zession" gemeint gewesen sein. Daß die Beklagte für den Erwerb der Rückversicherungen der Klägerin eine „Provision" von rund 122 OOO schweizer Franken gezahlt hat, spricht nicht gegen den Absdiluß eines Rüdcversicherungsvertrags. Denn wirtschaftlich übernahm die Beklagte durch den Vertrag auch einen Rüdcversidierungsbestand der Klägerin, so daß das Geschäft für sie insofern einen Erwerb bedeutete. Und wenn dieser durch die „Provision" abgegolten ist, so folgt daraus noch nicht, daß der Vertrag nur ein Kaufvertrag war, und jedenfalls nichts für das Verhältnis, das auf Grund der Retrozession zwischen den Parteien zur Entstehung gelangte. Lag ein Rüdcversidierungsvertrag vor, so kann die Nichtanwendung des § 69 Abs. 2 VAG. zwar nicht damit begründet werden, daß der Betrieb von Rückversicherungen der behördlichen Beaufsichtigung nicht unterliege und deshalb auch für die Aufsiditsbefugnis aus § 69 a. a. O . keinen Raum gebe. Denn Rüdcversicherungsunternehmungen sind nur 22·
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aufsichtsfrei, wenn sic ausschließlich Rückversicherungen zum Gegenstande haben (§ 116 VAG.)· Betreibt ein Versidierungsunteraehmen mit aufsichtspflichtigem Betrieb daneben auch das Rüdcversicherungsgesdiäft, so erstredet sich die Aufsidjt auch auf die Rückversicherungen (Veröffentlichungen des Reidisaufsiditsamts 1904 S. 120). So aber liegt es hier, denn die Beklagte ist an sich ein Lebensversidierungsunternehmen, das der behördlichen Beaufsichtigung unterliegt, und schließt nur in diesem Betriebe auch Rüdcversicherungsverträge ab. Aber die Anwendung des § 69 Abs. 2 V A G . versagt, weil diese Bestimmung nur auf Lebensversicherungen zu beziehen ist. Denn wenn sie auch allgemein von Verpflichtungen einer Lebensversicherungsuntemehmung spricht, so fallen darunter doch nur die begrifflich zu dem Geschäftskreis einer Lebensversidierungsgesellschaft gehörenden Versicherungen, und das sind nur Lebensversicherungen. Die Rückversicherung ist aber keine Lebensversicherung, auch dann nicht, wenn die Rückversicherung oder Retrozession hinsichtlich einer Lebensversicherung in Rede steht. Über die rechtliche Natur des Rückversicherungsvertrags besteht zwar in der Rechtslehre Streit. Überwiegend wird die Rückversicherung als Sdiadensversidierung angesehen ( B r u c k Versicherungsvertrag Bern. 3 zu § 1 8 6 ; H e r r m a n n s d ö r f e r Wesen und Behandlung der Rückversicherung S. 35 flg.; M o l d e n h a u e r in Manes' Versicherungslexikon S. 1330). Aber es braucht zu dieser Frage nicht Stellung genommen zu werden, denn eine Lebensversicherung ist sie auf keinen Fall. Eine Anwendung des § 69 Abs. 2 VAG. auf Rückversicherung wäre audi, selbst wenn diese für Lebensversicherungen gegeben sind, mit der Vorschrift des § 58 VAG. über den Prämienreservefonds nicht gut vereinbar. RGZ. 133, 102. 1. Ober die Zuständigkeit des Reichsgerichts (nach § 28 FGG.) beim Zusammentreffen einer Handelsregistersache mit einer Grundbudisadie. 2. Gibt es, entsprechend der Vorschrift des § 306 HGB., eine liquidationslose Verschmelzung von Versidierungsvereinen auf Gegenseitigkeit mit der Wirkung der Gesamtreditsnachfolge? FGG. § 28. G B O . § 79. Reichsgesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen (Versicherungsaufsichtsgesetz) — V A G . — § § 14, 4 3 , 44. HGB. §§ 303 flg.
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Beschl. v. 19.Juni 1931.
I. Amtsgericht Berlin-Mitte. — II. Landgericht I Berlin.
Der Sachverhalt und die Entscheidung ergeben sich aus den Gründen: Die beiden Beschwerdeführer sind Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und auf Grund des Versicherungsgesetzes für Angestellte als Ersatzkassen zugelassen. Am 10. April 1930 schlossen sie miteinander einen Vertrag, wonach sie sich zu einer einheitlichen Ersatzkasse verschmolzen, indem der Beschwerdeführer zu 1 — der Beamtenversicherungsverein des deutschen Bank- und Bankiergewerbes a. G. zu Berlin — mit Wirkung vom 1. Januar 1930 das Vermögen des Beschwerdeführers zu 2 — des Beamtenfürsorgevereins der D. Bank a. G. zu Berlin — als Ganzes unter Aussdiluß der Liquidation gegen die Gewährung von Mitgliedsrechten an dessen derzeitige Mitglieder zu übernehmen erklärte. Danach traten die D. Bank und Di.-Gesellschaft AG. und die Mitgliedsbeamten des genannten Beamtenfürsorgevereins den bisherigen Mitgliedsfirmen und Mitgliedsbeamten des genannten Beamtenversicherungsvereins mit deren sämtlichen Rechten und Pflichten bei. Der Vertrag wurde von den Mitgliederversammlungen beider Vereine — und zwar 'beim Beamtenfürsorgeverein der D. Bank einstimmig — zum Besdiluß erhoben und vom Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung gemäß § 14 V A G . genehmigt. Zur Eintragung ins Handelsregister beim Beschwerdeführer zu 2 wurde daraufhin angemeldet, daß dieser infolge Übernahme seines Vermögens als Ganzen unter Ausschluß der Liquidation durch den Beschwerdeführer zu 1 erloschen sei, und zwar mit dem Bemerken, daß die bloße Löschung des Beamtenfürsorgevereins der D. Bank ohne den erwähnten Zusatz nicht beantragt werde. Das Amtsgericht lehnte die Eintragung ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Die von beiden Vereinen eingewendete weitere Beschwerde hat das Kammergericht gemäß § 28 FGG. dem Reichsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Den Gegenstand der Entscheidung bildet allein die Frage, ob eine Verschmelzung zweier Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit ohne Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge rechtlich zulässig ist. Vom Amtsgericht und vom Landgericht wird sie verneint, vom Kammergericht bejaht. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat sich in seinem Beschlüsse vom 26. November 1927 (AufwRspr. 1927 Sonderh. VI S. 92) gleichfalls auf den verneinenden Standpunkt gestellt. Angesichts dieses Beschlusses hält das Kammergericht den Fall des § 2 8
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Abs. 2 F G G . für gegeben. Es will die Fusion in ausdehnender A n w e n dung von § 3 0 6 H G B . zulassen, während das Bayerische O b e r s t e Landesgericht eine Übertragung dieser aktienrechtlichen Vorschrift auf den vorliegenden Fall mangels einer dahingehenden gesetzlichen V o r schrift für nicht zulässig erklärt. Der bayerische Besdiluß ist in einer Grundbuchsache ergangen auf eine weitere Besdvwerde hin, bei der es sich um die Löschung einer Aufwertungshypothek aus dem Grunde handelte, weil der Eintragungsantrag von einer infolge der liquidationslosen Verschmelzung zweier Versicherungsvereine a. G . angeblich nicht mehr zur Vertretung der Gläubigerin legitimierten Person herrührte. Es kann hiernach fraglich sein, o b die Sachlage des § 2 8 Abs. 2 F G G . vorhanden ist. Nach dieser Vorschrift ist die weitere Beschwerde der freiwilligen Gerichtsbarkeit dann dem Reichsgericht zur Entscheidung vorzulegen, wenn das zunächst damit befaßte Oberlandesgericht bei Auslegung einer reichsgesetzlichen, eine der Angelegenheiten des § 1 F G G . betreffenden Vorschrift von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgeridits oder des Reichsgerichts abweichen will. Zu den nach § 1 das. durch Reichsgesetz den Gerichten übertragenen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören nach dem 7. Abschnitt des Gesetzes (vgl. auch § 8 H G B . ) die Handelsregistersachen. Die Frage, ob der von den beiden Beschwerdeführern geschlossene Fusionsvertrag die Grundlage für eine Eintragung ins Handelsregister bilden kann, wie sie hier beantragt wurde, ist nach § § 4 3 flg. V A G . und den danach etwa eingreifenden anderweitigen rcichsrechtlichen Vorschriften zu entscheiden. Insbesondere ist die Zulässigkeit einer ergänzenden Auslegung dieser V o r schriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes aus § 3 0 6 HGB. zu prüfen. Handelt es sich somit zweifelfrei um die Auslegung einer reichsgesetzlichen, eine Angelegenheit des § 1 F G G . betreffenden Vorschrift, so ist für die reichsgerichtliche Zuständigkeit auch die weitere Voraussetzung gegeben, daß das Kammergericht bei seiner Auslegung der Vorschrift abweichen will von der Auslegung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, die gleichfalls die § § 4 3 flg. V A G . und § 3 0 6 H G B . zum Gegenstand hat. Daß die bayerische Entscheidung auf weitere Beschwerde gegen eine Entscheidung des Grundbuchamts ergangen ist, steht dem Verfahren nach § 2 8 Abs. 2 F G G . nicht entgegen. Zwar unterliegen die Grundbuchsachen, weil nicht durch Reichsgesetz den Gerichten übertragen (§ 1 G B O . ) , nicht dem § 1 F G G . Es ist aber, wie audi schon das Kammergericht im Vorlegungsbeschluß hervorhebt, dem § 28 F G G . kein zwingender Grund dafür zu entnehmen, daß die ab-
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weichende Vorentscheidung gerade in einem dem § 1 das. unterliegenden Verfahren ergangen sein müsse. D i e im Ansdiluß an die M o t i v e zum Entwurf der Grundbuchordnung (S. 1 1 0 der amtl. Ausgabe) entstandene Streitfrage, o b das Rechtsmittelverfahren der Grundbuchordnung als Teilgebiet desjenigen der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzusehen oder selbständig zu beurteilen sei, gründet sidi auf die unhaltbare Annahme jener M o t i v e , daß das Grundbudiamt in keinem Falle Entscheidungen abgebe, durch die ein Rechtspunkt festgestellt werde, und findet in den beiden fraglichen Gesetzen selbst keine Grundlage. Daß die Entscheidung des erstbefaßten Gerichts eine weitere Beschwerde im Sinne von § 27 F G G . voraussetze, wird zwar von J a s t r ο w in der Zeitschr. f. d. Zivilproz. Bd. 2 8 S. 4 8 1 (entspr. für § 7 9 G B O . l i n g e r ebendas. Bd. 41 S. 381) angenommen, aber durch den W o r t l a u t des Gesetzes nicht gefordert. Dieser ist vielmehr durchaus verträglich mit der Auslegung, daß es sich nur um eine in den Rahmen der nichtstreitigen bürgerlichen Rechtspflege fallende Angelegenheit handeln müsse. Das Grundbudiwesen bildet aber zusammen mit den reichgesetzlichen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit gerade den wesentlichsten Bestandteil der nichtstreitigen Zivilreditspflege und ist in seinem Rechtsmittelverfahren entsprechend dem in diesem Gesetz vorgeschriebenen Verfahren ausgestaltet. Die gleiche Erwägung steht dem Bedenken entgegen, mit dem S c h l e g e l b e r g e r F G G . § 2 8 Anm. 1 0 und R a u s n i t z F G G . § 2 8 Anm. 3 die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 2 auf eine in einer Grundbuchsache ergangene Vorentscheidung ablehnen, dem Bedenken nämlich, daß die Vorentscheidung in einer durch Reidisgesetz den Gerichten übertragenen Angelegenheit (§ 1 F G G . ) erlassen sein müsse, also nicht ein nur durch Landesgesetz ihnen zugewiesenes Verfahren betreffen dürfe, wie es dasjenige der Grundbuchordnung sei. Audi hierbei werden die gesetzlichen Voraussetzungen, welche § 28 Abs. 2 F G G . für die später zur Entscheidung kommende, dem Reichsgericht vorzulegende Sache aufstellt, ohne weiteres auf die Vorentsdieidung übertragen, wofür, wie dargelegt, keine rechtliche Notwendigkeit besteht. Bei dieser Sachlage ist für die Auslegung des § 28 Abs. 2 dem Zweck der Vorschrift entscheidende Bedeutung beizulegen. Dieser Zweck ist die Wahrung der Rechtseinheit bei der letztinstanzlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete der nichtstreitigen bürgerlichen Rechtspflege, soweit reichsgesetzliche Vorschriften für die Entscheidung in Betracht kommen, also der gleiche, wie er dem § 7 9 Abs. 2 G B O . zugrunde liegt. Es wäre
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zweckwidrig, das Verfahren nach der Grundbudiordnung in diesem Zusammenhang trotz der für das Gegenteil sprechenden gewichtigen Gründe, die z. B. audi U η g e r a. a. O . nicht verkennt, von dem des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur um deswillen scheiden zu wollen, weil beide Verfahren in gesonderten Gesetzen geregelt und die Gerichte nicht reichsgesetzlich zu Grundbuchämtern bestellt sind. Im Sinne zweckentsprechender Verwirklichung jenes Reditsgedankens liegt es vielmehr allein, das Grundbuchwesen und die sonstigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ihrer Natur entsprechend als einheitliches Rechtsgebiet zu behandeln (vgl. J o s e f FGG. § 28 Anm. 4), damit für den ganzen Bereich der nichtstreitigen bürgerlichen Rechtspflege die übereinstimmende Auslegung der dabei anzuwendenden Reichsgesetze verbürgt ist. Aus ähnlichen Erwägungen hat auch das Reichsgericht, ohne allerdings die Frage der Anwendbarkeit des § 79 Abs. 2, 3 G B O . auf Entscheidungen im Sinne von § 28 Abs. 2 FGG. grundsätzlich zu entscheiden, die V o r legungspflicht im Verhältnis des Grundbuchverfahrens zum Aufwertungsverfahren in R G Z . Bd. 117 S. 346 anerkannt. Im Bd. 65 S. 2 7 7 hat es sogar den Fall des § 79 Abs. 2 G B O . als gegeben angesehen bei einem Sachverhalt, wo die Rechtsfrage vom Reichsgericht vorher innerhalb eines ordentlichen Rechtsstreits abweichend entschieden worden war. Zu § 7 9 G B O . sprechen sich für die Vorlegungspflicht beim Zusammentreffen mit einer Entscheidung gemäß § 28 FGG. aus G ü t h e T r i e b e l G B O . § 79 Anm. 13a; M e i k e l G B O . § 79 2b β α α (vgl. auch Κ e i d e 1 FGG. § 28 Anm. 3; a. A. A r n h e i m G B O . § 79 Anm. 8). Ist hiernach das Reichsgericht mit Recht angerufen, so ist auf die Streitfrage selbst einzugehen. Das Registergericht und das Landgericht haben die beantragte Eintragung abgelehnt, weil das Versicherungsaufsichtsgesetz eine liquidationslose Fusion bei Versidierungsvereinen auf Gegenseitigkeit nicht kenne und eine Übertragung der Vorschrift des § 306 HGB., die nach § 305 das. die Gewährung von Aktien der übernehmenden Gesellschaft gegen Übertragung des Vermögens der erlöschenden Aktiengesellschaft voraussetze, auf die anders gestaltete Lage des vorliegenden Falles nicht angängig sei. Demgegenüber hält das Kammergericht den gegenwärtigen Fall und den des § 306 HGB. für rechtsähnlich und gelangt so aus rechtspolitischen Erwägungen zur Anwendung dieser Vorschrift im Sinne der rechtlichen Möglichkeit einer liquidationslosen Verschmelzung der beiden Vereine. Versicherungstechnisch fällt die Fusion zweier Versicherungsgesellschaften unter den Begriff der sog. Bestandsübertragung (Abtretung des
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Portefeuilles). Diese begreift in sidi die Übertragung des Versidierungsbestandes sowie gegebenenfalls des gesamten Vermögens, mit Aktiven und Passiven, der einen Gesellschaft auf die andere (M a η e s im Versicherungslexikon S. 223; B r u c k Privatversicherungsrecht S. 114; S c h e l l w i e n in der Ztschr. f. d. ges. Versicherungswissenschaft 1911 S. 269 flg.) und beruht auf der in § 14 VAG. dazu eröffneten Möglichkeit. Ihrer Rechtsnatur wie ihrer Wirkung nach ist sie bedingt durdi die Reditsform der beteiligten Gesellschaften. Beim Versidierungsverein a. G. (§ 15 VAG.), der einen rechtsfähigen, der Versicherung seiner Mitglieder dienenden Verein darstellt, ist jedes Mitglied, weil satzungsgemäß in einem Versidierungsverhältnis zum Verein stehend, „zugleich Versicherer und Versicherungsnehmer" ( H a g e n in Ehrenbergs Handbuch des ges. Handelsrechts Bd.VIII 1 S. 103; B r u c k a . a . O . S. 89) und daher ist infolge der Verkettung der Mitgliedschaft mit dem Versicherungsverhältnis in der Bestandsübertragung der Erwerb der Mitgliedschaft beim übernehmenden Verein durch die Mitglieder des erlöschenden Vereins notwendig beschlossen ( B r u c k S. 123). Die rechtliche Möglichkeit einer Verschmelzung zweier Versicherungsvereine a. G. an sich kann nach dem geltenden Recht keinem Zweifel unterliegen. Bei Behandlung der Auflösung eines solchen Vereins erklärt das Versicherungsaufsichtsgesetz in § 44 die Vorschriften des § 4 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, wonach die Auflösung nur durch das oberste Organ — und zwar im Zweifel mit einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen — beschlossen werden kann, für entsprechend anwendbar auf Beschlüsse, die ein Übereinkommen der in § 14 bezeichneten Art zum Gegenstand haben. § 14 unterstellt aber ein Übereinkommen, das sich als Bestandsveränderung im obigen Sinne darstellt, der Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden. Damit ist die Zulässigkeit von Bestandsveränderungen auf dem Gebiete der Versicherungsvereine a. G. anerkannt. Dies ist audi der Standpunkt der Wissenschaft (vgl. z.B. B r u c k a.a.O. S. 123; K o e n i g e - P e t e r s e n VAG. § 1 4 Anm. 22; H a g e n a . a . O . S. 230), und auch das Aufsichtsamt für Privatversicherung hat sich nach anfänglichen Bedenken (Veröffentl. 1908 S. 115) dem angeschlossen (Veröffentl. 1914 S. 129). Schuldrechtlich folgt die Möglichkeit eines derartigen Abkommens angesichts der Rechtspersönlichkeit beider Vertragsbeteiligten ohne weiteres aus den §§ 311, 419 BGB. (vgl. hierzu § 14 Abs. 2 VAG.) und aus dem Grundsatze der Vertragsfreiheit (RGZ. Bd. 56 S. 292). Es ergibt sidi auch aus dem Wesen des Versicherungsvereins a. G., daß der
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von seinem obersten Organ (§ 29 VAG.) mit gesetzlicher Mehrheit gefaßte Besdiluß auf Verschmelzung des Vereins mit einem anderen alle seine Mitglieder bindet, und zwar auch insoweit, als sie der Verschmelzung nicht zugestimmt haben (RGZ. Bd. 56 S. 292; S c h e l l w i e n a . a . O . S. 288; abweichend H a g e n a . a . O . S. 231). Dieser Besdiluß schließt den auf Auflösung des Vereins (§ 43 VAG.) in sich und hat an sich gemäß § 46 das. die Liquidation zur Folge. Daß die Liquidation, abgesehen von ihrer normalen, in §§ 47, 48 VAG. geregelten Abwicklung, auch zu einer Verwertung des Vereinsvermögens durch dessen Veräußerung im ganzen (nach Art von § 303 HGB.) führen kann, zeigt § 48 Abs. 2 VAG., und § 30 Abs. 2 der Satzung des Beschwerdeführers zu 2 sieht eine solche Vermögensübertragung auf ein anderes Versicherungsunternehmen für den Fall der Auflösung ausdrücklich vor. Dinglich ist die Form der Ausführung eines derartigen Abkommens im Sinne von § 4 1 9 BGB. (§ 303 HGB.) die der Einzelrechtsnachfolge je nach der Art des zu übertragenden Vermögenswertes, wie in Rechtsprechung und Wissenschaft nicht bestritten ist. Im vorliegenden Fall (vgl. § 2 des Vertrags der Beschwerdeführer) ist aber die Übernahme des Vermögens des Beamtenfürsorgevereins der D. Bank als Ganzen unter Ausschluß der Liquidation vereinbart, und die Frage ist also lediglich die, ob die hiernach gewollte Gesamtrechtsnachfolge zulässig und gesetzlich zu begründen ist. Zutreffend geht das Kammergericht im Vorlegungsbeschluß davon aus, daß es zur Annahme einer Gesamtrechtsnachfolge einer gesetzlichen Grundlage bedürfe. Lediglich im Wege einer Vereinbarung kann eine Gesamtrechtsnachfolge angesichts der zwingenden Natur der dinglichrechtlichen Vorschriften nicht geschaffen werden. Für das Gebiet der Versicherungsvereine a. G. ist das auch im Beschlüsse des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 26. November 1927 und in dem des Kammergerichts vom 10. Februar 1927 ( R i n g JFG. Bd. 4 S. 286) ausdrücklich ausgesprochen. Das Versicherungsaufsichtsgesetz enthält keine entsprechenden Vorschriften, wie sie im Aktienrecht die §§ 304 bis 306 HGB., im Genossenschaftsrecht die §§ 93 a bis d GcnG. für den Verschmelzungsfall vorsehen und wie sie auch das Gesetz über die Gesellschaften mbH. (§§ 80, 81) für den Fall der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mbH. gibt. Die amtliche Begründung zu §§ 42 bis 48 VAG. (Reichstagsdrucks. Nr. 5 der 10. Legislaturperiode II. Session 1900 bis 1902) besagt vielmehr, die Vorschriften des Aktienrechts über die Auflösung der Aktiengesellschaft zum Zwecke der Veräußerung ihres Vermögens im ganzen seien nicht auf die Ver-
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sicherungsvereine a. G. übertragen worden, der Entwurf begnüge sidi z u r V e r h ü t u n g schädlicher Verschmelzungen mit der A n o r d n u n g einer qualifizierten Mehrheit des obersten Organs und mit der Genehmigung d e r Aufsichtsbehörde für den Fusionsbeschluß. Hieraus braucht nicht o h n e weiteres eine Ablehnung der liquidationslosen Fusion für das Recht der Versicherungsvereine a. G. entnommen zu werden, o b w o h l sonst im Abschnitt III des Versicherungsaufsichtsgesetzes in größerem U m f a n g aktienrechtliche Vorschriften ausdrücklich als maßgebend f ü r die Versicherungsvereine a. G. bezeichnet worden sind. Das Schweigen des Gesetzes läßt vielmehr Raum für die Erwägung, ob etwa seine Ergänzung in bezug auf die liquidationslose Fusion d u r d i rechtsähnliche A n w e n d u n g gleichartiger Vorschriften möglich ist. Die Wissenschaft h a t diese Möglichkeit in verschiedenem Sinne beurteilt, überwiegend a b e r verneint. Abgelehnt wird sie bei K o e n i g e - P e t e r s e n V A G . S. 2 7 7 ; R e h m V A G . zu § 4 4 ; Μ a n e s V A G . § 14 Anm. 6; S c h e l l w i e n a . a . O . S. 290; E h r e n b e r g Zeitsdir. f. d. ges. Versicherungswissenschaft 1904 S. 45; H a g e n in Ehrenbergs Handbuch a.a.O. S. 2 3 1 ; K i r c h m a n n Fusion von Versicherungsunternehmungen S. 76. A n e r k a n n t w i r d sie dagegen von Z e h n t e r - B r a n d s t ä t t e r V A G . § 14 A n m . 1 a (freilich nur unter Bezugnahme auf das Reichsaufsichtsamt). Mehrdeutig ist die Formulierung bei B r u c k a.a.O. S. 123. In der Rechtsprechung hat sich das Kammergericht mehrfach mit dem Problem beschäftigt, allerdings nicht mit dem besonderen Fall der Verschmelzung gerade zweier Versicherungsvereine a. G. So h a t es die Zulässigkeit liquidationsloser Fusion eines Versichcrungsvereins mit einer öffentlichrechtlichen Versicherungsanstalt im Anschluß an § 304 HGB. bejaht (KGJ. Bd. 4 7 S. 117), für den Fall der Verschmelzung eines Versicherungsvereins mit einer Aktiengesellschaft aber verneint (JFG. Bd. 4 S. 286). U n b e r ü h r t bleibt die Streitfrage in RGZ. Bd. 56 S. 292, w o nur die rechtliche Möglichkeit der Fusion eines Versicherungsvereins mit einer Aktiengesellschaft des Versicherungswesens unter dem Gesichtspunkt des § 303 HGB. behandelt wird. Dagegen hat sich das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung in seinen Veröffentlichungen (Jahrg. 191S S. 112) bei der Verschmelzung zweier Versicherungsvereine a. G. für d i e Zulässigkeit des Ausschlusses der Liquidation ausgesprochen. Den entgegengesetzten Standpunkt nimmt das Bayerische O b e r s t e Landesgericht in seinem mehrfach erwähnten Beschlüsse ein. Keine Meinungsverschiedenheit besteht darüber, daß § 14 V A G . f ü r die zu entscheidende Frage ohne Bedeutung ist. Wenn der vorliegende Fusionsvertrag die Genehmigung des Reichsaufsichtsamtes g e f u n d e n hat,
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so ist damit nur der öffentlichrechtlichen Voraussetzung der V e r schmelzung im Sinne jener Vorschrift genügt, nicht aber ohne weiteres die Grundlage gegeben für die beabsichtigte, nur nach bürgerlichem Recht zu beurteilende Gesamtrechtsnachfolge. Immerhin wird vom Kammergericht in KGJ. Bd. 47 S. 117 flg. (126) die Genehmigung der Aufsichtsbehörde im Sinne einer Sicherheit auch für die privatrechtliche Wirksamkeit der Fusion eines nidit im Handelsregister eingetragenere Versicherungsvereins verwertet und die Zulässigkeit der Übertragung des § 304 HGB. auf die Fusion eines Versicherungsvereins mit einer öffentlichen Versicherungsanstalt mit Rücksicht auf die Vertrauenswürdigkeit des Vermögensübernehmers und aus reditspolitisdien Erwägungen als der Rechtsnatur der Versicherungsvereine a. G. nicht widerstrebend bejaht, namentlich wegen der den Beteiligten förderlichen Vereinfachung def Rechtslage. Auch für die Stellungnahme des Reichsaufsichtsamts (Veröffentl. 1918 S. 112) ist diese Vereinfachung der Rechtslage der entscheidende Gesichtspunkt. Das Kammergericht stellt im Vorlegungsbeschluß bei der Frage der Fusion der beiden Vereine ebenfalls auf Zweckmäßigkeitserwägungen ab, insbesondere auf das praktische Bedürfnis, Gesichtspunkte, denen bei der Rechtsähnlidikedt der Lage mit der des § 306 HGB. und in Anbetracht des Umstands Rechnung zu tragen sei, daß — wie dort die Aktionäre — so hier die Mitglieder des erlöschenden Rechtssubjekts Aktionäre oder Mitglieder des aufnehmenden würden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Gründe der Zweckmäßigkeit allein unmöglich die Anwendung des § 306 HGB. auf den vorliegenden Fall zu rechtfertigen vermögen, es wäre denn, daß dieser Vorschrift ein Rechtsgedanke von einer über das Aktienrecht hinausreichenden Gültigkeit innewohnen und die Rechtsähnlichkeit der Sachlage zu ihrer Übertragung auf den Streitfall nötigen würde. Das muß aber mit den beiden Vorinstanzen und dem Bayerischen Obersten Landesgericht verneint werden. Schon innerhalb des Aktienrechts bedeuten die §§ 304, 306 HGB. mit der darin vorgesehenen Gesamtrechtsnachfolge eine aus dem Rahmen der Vorschriften über die Verwertung des Vermögens einer sich auflösenden Aktiengesellschaft herausfallende Besonderheit. Auch das sonstige bürgerliche Recht kennt, abgesehen von der Erbfolge, eine Gesamtrechtsnachfolge nur in ganz wenigen Fällen, die unbedenklich als Ausnahmeerscheinungen anzusehen sind (vgl. die schon erwähnten Vorschriften des Gesetzes über die Gesellschaften mbH. und des Genossenschaftsgesetzes). Die Vorschriften in §§ 304, 306 HGB. sind positive Rechtssätze, die nicht einmal im Wesen der Aktiengesellschaft eine zwingende Entstehungsursache haben.
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Um so mehr muß es bedenklich ersdieinen, aus ihnen einen Rechtsgedanken von allgemeiner Gültigkeit abzuleiten. Dieser Rechtsgedanke kann jedenfalls nicht in der Übertragung des Vermögens im ganzen beruhen, da der § 303 HGB. für deren regelmäßige Form keine Gesamtrechtsnachfolge vorsieht. Einen Grund für die Gesamtrechtsnachfolge lcann aber an sich ebensowenig die Tatsache bieten, daß für das Vermögen der erlöschenden Gesellschaft Aktien der übernehmenden gewährt werden, wie die Verstaatlichung als solche. Zum Schlüsse aus der Rechtsähnlichkeit nötigt infolgedessen audi nicht ohne weiteres der Umstand, daß im vorliegenden Falle die Mitglieder des beschwerdeführenden Vereins zu 2 solche des Vereins zu 1 werden. Die für die § § 304, 306 charakteristische konstitutive Wirkung der Eintragung des Fusionsbeschlusses ins Handelsregister stellt eine Ausnahmeerscheinung dar, die keinesfalls verallgemeinert werden darf. Wesentlich dagegen spricht im Streitfall die Verschiedenheit der Rechtsnatur der beteiligten Rechtssubjekte. Die Aktiengesellschaft als reine Vermögens- und Erwerbsgesellschaft, deren maßgebende Grundlagen Grundkapital und Aktien bilden und bei der das persönliche Mitgliedschaftsrecht durch die Beudeutung der Aktie verdeckt wird, ist dem rechtsfähigen Verein, insbesondere dem Versicherungsverein a. G., durchaus wesensfremd; denn dessen Träger bilden einen nicht geschlossenen Kreis von Mitgliedern, die sich ohne Erwerbszweck zu gegenseitiger Versicherung auf gemeinsames Risiko verbunden haben. Vorschriften des Aktienrechts, die — wie die über die Fusion nach § 306 HGB. — gerade die vermögensgesellschaftliche Seite der Aktiengesellschaft zur Grundlage und Voraussetzung haben, können daher nicht schlechthin auf Vereinsverhältnisse übertragen werden. Das Kennzeichnende für die Vorschriften in §§ 305, 306 ist die Übertragung des Vermögens der einen Aktiengesellschaft auf die andere. Was in diesem Falle die Hauptsache ist, ist bei der Verschmelzung zweier Versicherungsvereine a. G. nur — und zwar nicht einmal notwendige — Begleiterscheinung. Das Wesentliche ist bei der Fusion solcher Vereine in jedem Falle die Bestandsübertragung, d. h. die Übertragung der Versicherungsverhältnisse und damit der daran hängenden Mitgliedschaften des einen Vereins auf den anderen. Zu Unrecht setzt daher das Kammergericht im Vorlegungsbesdiluß die beiden Fälle gleich, weil auch die Aktie ein Mitgliedschaftsrecht verkörpere. Dieses hängt aber bei der Aktie an der — in der Regel bereits voll geleisteten — Einlage, während es sich beim Versicherungsverein um ein personenrechtliches, mit nicht im voraus übersehbaren Zahlungsverpflichtungen verbundenes Mitgliedsdiaftsredit handelt.
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Wenn die Frage der liquidationslosen Fusion von Versicherungsvereinen a. G. nur aus Erwägungen der Reditsähnlichkeit zu beurteilen ist, so könnten diese bei deren rechtlicher Gestaltung weit eher aus dem Vereins- und Genossenschaftsrecht entnommen werden als gerade aus dem Aktienrecht. Der Umstand, daß das Versicherungsaufsichtsgesetz im Abschnitt über Versicherungsvereine a. G. vielfach aktienrechtliche Bestimmungen heranzieht, besagt demgegenüber nichts, da es sidi dabei größtenteils um verfassungsrechtliche oder sonstige die Rechtsnatur der Versicherungsvereine nicht berührende Vorschriften handelt. Das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs kennt aber überhaupt keine Verschmelzung zweier rechtsfähiger Vereine im Sinne des § 306 HGB., und im Genossensdiaftsredit ist sie erst durch Gesetz vom 1. Juli 1 9 2 2 (GenG. § § 93 a bis d) eingeführt worden. Gerade die Erlassung dieses Gesetzes beweist, daß der Gesetzgeber eine rechtsähnliche Übertragung des § 306 H G B . auf das Genossenschaftsgesetz nicht für angängig erachtet, sondern mit Rücksicht auf die rechtliche Eigenart der Genossenschaften für sie eine Sonderregelung als geboten angesehen hat. Danach erscheint es aber nicht nur als bedenklich, sondern als unzulässig, für dieses Recht der Versicherungsvereine a. G. aus § 3 0 6 HGB. eine Analogie abzuleiten, deren Berechtigung der Gesetzgeber für die der Aktiengesellschaft infolge der Kapitalbeteiligung der Mitglieder immerhin näher verwandte Genossenschaft abgelehnt hat. Die Verschmelzung von Genossenschaften mit gleicher Haftungsform ist in den § § 9 3 a bis d GenG. auch gegenüber dem Aktienrecht durchaus selbständig und eigentümlich behandelt, und es kann daher auch davon keine Rede sein, daß man diese auf die Genossenschaften zugeschnittenen Vorschriften, die z . B . bei der Fusion stets die Gesamtrechtsnachfolge unter Aussdiluß der Liquidation vorsehen, etwa auf die Versicherungsvereine a. G. übertragen könnte. Zu alledem kommt, daß rein versidierungstechnisch die Verschmelzung zweier solcher Vereine derart durch ihren Aufgabenkreis und durch die Rechtsnatur der Beteiligten bedingt ist, daß, wenn schon das Gesetz sie gestattet, der Rechtsvorgang mangels gesetzlicher Regelung eingehender vertraglicher Festlegung bedarf und seine dingliche Verwirklichung um so weniger durch Heranziehung von Vorschriften ersetzt werden kann, die auf ganz andere Verhältnisse beredinet sind. Gedacht sei nur der Leistungen der Mitglieder und der Vereine, der Behandlung versicherter Nichtmitglieder, des Austrittsrechts und der Anwendung der Gläubigerschutzvorschriften des § 301 HGB. (vgl. Κ ο e n i g e - Ρ e t e r s e η a. a. Ο . S. 2 7 7 ; H a g e n a. a. Ο . S. 231 Anm. 3).
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Demgemäß ist mit dem Bayerischen Obersten Landesgeridit und den beiden Vorinstanzen anzunehmen, daß die Verschmelzung zweier Versicherungsvereine a. G. ohne Liquidation rechtlich nicht zulässig und daß deren Zulässigkeit mangels gesetzlicher Vorschriften insbesondere audi nicht durch Analogie aus anderen Gesetzen abzuleiten ist. Demgegenüber kann es nicht ins Gewicht fallen, wenn in der Beschwerdeschrift für den vorliegenden Fall auf die Unbedenklichkeit solcher Maßnahme hingewiesen wird. Die zur Entscheidung stehende Rechtsfrage ist grundsätzlicher Art und unabhängig von der Lage des Einzelfalls. Auch der Umfang der Rechte und Pflichten der Mitglieder und der Umstand, daß die Mitglieder des beschwerdeführenden Vereins zu 2 dem Verein zu 1 sämtlich ausdrücklich beigetreten sind, ist für die Frage der Zulässigkeit der Gesamtrechtsnachfolge unerheblich. Hiernach war die weitere Beschwerde gegen die Ablehnung der beantragten Eintragung zurückzuweisen. RGZ. 147, 69. 1. Ist das durch § 8 0 des Versicherungsaufsichtsgesetzes neuer Fassung geschaffene Konkursvorrecht audi in der Transportversicherung anwendbar? 2. Kann es nodi geltend gemacht werden, wenn schon vor seiner Einführung (1. April 1931) der Versicherungsnehmer seine Schadensforderung als gewohnliche Konkursforderung angemeldet und ein Prüfungstermin darüber stattgefunden hat? Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen vom 6. Juni 1931 (RGBl. I S. 315) — V A G . - § § 1, 80, 148, KO. § § 6 1 , 142. VII. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Berlin. —
Urt. v. 19. Februar 1935. II. Kammergericht
daselbst.
Der Kläger hat durch Vertrag vom 24. Juni 1925 sein anatomisches Museum bei der ,,Westfalen"-Versicherungs-Aktiengesellschaft, der Rechtsvorgängerin der verklagten Gemeinschuldnerin, gegen Schaden durdi Sturm, Unwetter, Gewitter, Feuer, Zerknall und Diebstahl mit 50 0 0 0 RM versichert. Durch Nachtragsvertrag vom 9. OktobeT 1925 wurde die Versicherungssumme auf 100 0 0 0 RM erhöht. Das Museum befand sich damals im Lunapark in K.; im Sommer 1925 wurde es in einem in K.-W. befindlichen Schuppen eingelagert. In der Nacht vom 5. zum 6. Februar 1926 brach in dem Schuppen Feuer aus; der Schuppen und das darin untergebrachte Museum wurden vernichtet.
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Der Sachantrag des Klägers war im ersten Reditszug dahin gerichtet, daß die jetzige Gemeinsdiuldnerin zur Zahlung von 65 404 RM nebst Zinsen verurteilt werde. Das Landgericht hat dem Klagbegehren im wesentlichen stattgegeben. Während des Berufungsverfahrens ist die Beklagte am 14. Juni 1930 in Konkurs verfallen; der Konkursverwalter hat das Verfahren aufgenommen und beantragt, unter Abänderung des ersten Erkenntnisses die Klage abzuweisen. Das Kammergericht hat die vom Kläger zur Konkurstabelle angemeldete Versicherungsforderung in Höhe von 65 404 RM nebst Zinsen seit dem 1. Juli 1926 mit dem Vorrecht nach § 80 VAG. festgestellt. Die Revision des Beklagten war erfolglos.
A us den
Gründen:
Das Berufungsgericht läßt die Frage offen, ob das Versicherungsverhältnis, aus dem der umstrittene Entschädigungsanspruch erwachsen ist, den Grundsätzen der Feuerversicherung (§§ 81 flg. VVG.) oder denen der (staatsaufsichtsfreien) Transportversicherung (§§ 129 flg., § 187 Abs. 1 VVG.) unterworfen sei. Auch im zweiten Falle gebühre, so meint es, dem Anspruch im Konkurse der Versicherungsgesellschaft das Vorrecht aus § 8 0 VAG. in Verbindung mit § 6 1 KO. Diese Meinung hält die Revision unter Berufung auf die Anführungen von M a t t h e s in JurRPrV. Bd. 8 ( 1 9 3 1 ) S. 1 53, 1 55 für unrichtig. Sie führt aus, wenn das Versidierungsverhältnis nach den Regeln über die Transportversicherung zu beurteilen sei, so könne § 80 VAG. schon nadi § 148 VAG. nicht angewendet werden; aus dieser Bestimmung ergebe sich klar, daß bestimmte Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes für Transportversicherungsunternehmungen nur kraft besonderer Anordnung des Reichswirtschaftsministers gälten, nicht aber von selbst. Der Meinung, daß § 80 VAG. im Konkurse jeder Sadiversidierungsgesellsdiaft Anwendung finde, gleichviel ob die Gesellschaft der Aufsicht unterworfen sei oder nicht, ist der genannte Schriftsteller entgegengetreten. Die von ihm bekämpfte Auffassung ist damit begründet worden, daß in § 80 das. schlechthin von Versicherungszweigen die Rede sei, wofür nicht die besonderen Vorschriften der § § 6 5 bis 79 über die Dedcungsrücklage gelten, und daß diese Voraussetzung in gleicher Weise für aufsiditsunterworfene wie für aufsichtsfreie Sachversicherungsgesellschaften zutreffe. Er meint, hier werde übersehen, daß sich das Versicherungsaufsichtsgesetz überhaupt nur auf solche privaten Versicherungsunternehmungen beziehe, die der Aufsicht des Reichsaufsidits.amts oder, falls sich der Geschäftsbetrieb des Unternehmens auf das
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Gebiet eines Landes beschränke, der Aufsicht der zuständigen Landesbehörde unterständen. Das folge vor allem aus den §§ 1 und 2 VAG. Unter „Aufsicht nach diesem Gesetze" (§ 1 Abs. 1) könnten nicht nur die Vorschriften des V. Abschnitts über „Beaufsichtigung der Versicherungsuntemehmungen", sondern hierunter müßten schlechterdings sämtliche Vorschriften des Aufsichtsgesetzes verstanden werden. Die Vorschrift in § 1 Abs. 1 werde in § 148 dahin erläutert, daß die Konkursverlust-, T r a n s p o r t - oder ausschließlich Rückversicherung betreibenden Unternehmungen „nidit der Aufsidit nach diesem Gesetze" unterliegen. Das Aufsichtsgesetz gelte für solche Unternehmungen nur insoweit, als der Reichswirtschaftsminister angeordnet habe, daß auch sie der Aufsicht unterliegen oder bestimmte Vorschriften des Gesetzes für sie gelten sollten (§148 Abs. 1 Satz 2). Zudem stehe § 1 in dem Abschnitt I „Einleitende Vorschriften", § 148 in dem Abschnitt X „Schlußvorschriften"; diese Einordnung deute ebenfalls darauf hin, daß unter den Begriff der Beaufsichtigung sämtliche Bestimmungen des Gesetzes fielen. Auch der Gesetzgeber geht nach der Meinung des Verfassers offensichtlich davon aus, daß das für die Sachversicherung neu geschaffene Konkursvorrecht nur im Konkurse aufsichtsunterworfener Unternehmungen gelten solle. Denn in der Begründung zum Änderungsgesetz vom 30. März 1931 (Gesetzesvorlage vom 26. Februar 1931 RTDrucks. V. Wahlperiode 1930 Nr. 848 S. 20) sei die Einführung des Vorrechts ausdrücklich damit gerechtfertigt, daß es sich hier um Versicherungsuntemehmungen handle, „deren Vermögenslage im Interesse der Versicherten in gleicher Weise wie bei den Lebensversicherungsunternehmungen von der Aufsichtsbehörde überwacht werde." Das neugeschaffene Konkursvorrecht sei demnach, so wenig es im Konkurse einer öffentlichen Versicherungsanstalt gelten könnte, nicht im Falle des Konkurses von Unternehmungen anwendbar, welche die Versicherung gegen Konkursverluste oder die T r a n s p o r t v e r s i c h e r u n g oder ausschließlich die Rückversicherung zum Gegenstande hätten, es sei denn, daß es sich um Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit handle. Dieser Auffassung, die sich die Revision zu eigen macht, ist aber nicht beizutreten (sie wird vertreten auch von B e r l i n e r - F r o m m VAG. 1932 § 80 Bern. 1, 3 ß, §148 Bern. 2 b; M e n t z e l KO. 4. Aufl. 1932 §61 Bern. 2 b Abs. 2; vgl. dagegen B r u c k VVG. 7. Aufl. 1932 § 13 Bern. 7; K o e n i g e - P e t e r s e n - W i r t h VAG. 1931 § 80 Anm. 6; P o h l e in JW. 1933 S. 2751). Die neuen Vorschriften über „Konkursvorrechte bei der Schadensversicherung" in Abschnitt IV 3 § 80 VersicherungsTertragsgeseU [II
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VAG. sind sachlich-rechtlicher Natur (RGZ. Bd. 141 S. 57 [61 flg.]). Sie sind, wie schon ihre allgemeine Fassung zeigt, in allen Versidierungszweigen anwendbar, wofür nicht die besonderen Vorschriften der § § 6 5 bis 79 über die Deckungsrücklage gelten. Sie stehen nur in einem äußeren Zusammenhang mit den Verfahrensvorschriften, welche die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmungen betreffen. Die sachlich-reditlidien Wirkungen, die der Konkurs des Versicherers auf bestehende Versicherungsverhältnisse ausübt, sind nicht einheitlich und im unmittelbaren Zusammenhang miteinander geordnet. Für die Lebensversicherung und die ihr gleichzustellenden Versicherungszweige gilt § 6 1 Abs. 3 (jetzt § 7 7 Abs. 3) VAG., für die Seeversicherung § 898 HGB. Für die Schadensversicherung bestand bisher nur die allgemeine Vorschrift in § 13 VVG. Wenn nunmehr bei der Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes die einschlägigen Bestimmungen mit in das Aufsichtsgesetz aufgenommen worden sind, so erklärt sich dies zur Genüge daraus, daß schon in § 13 VVG. auf die ergänzende Regelung des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 verwiesen war. Jedenfalls kann aus der rein äußerlichen Eingliederung der sachlich-rechtlichen Vorschriften über Konkursvorrechte bei der Schadensversicherung in das Aufsichtsgesetz angesichts ihrer allgemeinen Fassung nicht geschlossen werden, daß sie innerlich mit den verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmungen in einem unlöslichen Zusammenhang stehen und daß das neugeschaffene Konkursvorrecht nicht auch im Konkurse soldier Versicherungsgesellschaften gelten sollte, die nach § 148 VAG. nicht ohne besondere Anordnung der Aufsicht nach diesem Gesetze unterliegen. Wäre eine so weitgehende, die Rechte der Versicherungsnehmer berührende Unterscheidung beabsichtigt gewesen, so hätte die» im Gesetze selbst einen klaren Ausdruck finden müssen. Es wäre audi eigenartig, wenn es nur von einer die Aufsicht betreffenden Verwaltungsanordnung abhängen sollte, ob die Rechte der Versidierungsnehme: eine so weitgehende Erweiterung erfahren, wie sie ihre Ausstattung mi: einem Konkursvorrechte darstellt. Ebensowenig wie aus der Regelung im Rahmen der Abänderung des Aufsichtsgesetzes können angesichts de: klaren Fassung der einschlägigen Bestimmungen (§ 80 VAG.) aus ihre: Stellung im Gesetze selbst (§§ 1, 80, 148 das.) irgendwelche Schlußfolgerungcn zu Gunsten der hier abgelehnten Auffassung gezogen werden. Aus der außergewöhnlichen Einordnung einer sachlich-rechtlichen Rechtsänderung in das im wesentlichen Verfahrensvorschrifter enthaltende Aufsiditsgesetz muß vielmehr abgeleitet werden, daß diese
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sachlich-rechtlichen Bestimmungen für sich betrachtet werden müssen, daß es insbesondere nicht angängig ist, ihre Anwendung lediglich um des äußeren Zusammenhangs willen derart zu beschränken, wie es die Revision als der Absicht des Gesetzgebers entsprechend will. Weil dieser äußere Zusammenhang durdi gesetzestechnische Rücksichten v e r anlaßt erscheint, wäre es gerade notwendig gewesen, eine Absicht des Gesetzgebers, da? Anwendungsgebiet des neuen Vorrechts mit Rücksicht auf den Umfang der Aufsicht sachlich zu beschränken, im Gesetze selbst deutlich zum Ausdruck zu bringen. Auch innere Gründe können die von der Revision befürwortete, einschränkende Auslegung des § 8 0 V A G . nicht rechtfertigen. Für die Freistellung der Transportversicherung v o n . der Aufsichtspflicht waren nach der Begründung zum V e r sicherungsaufsichtsgesetz (RTDrucks. 10. Legislaturperiode II. Session 1 9 0 0 / 0 1 Nr. 5 Vorlage vom H . N o v e m b e r 1 9 0 0 S. 2 5 ) folgende Erwägungen bestimmend: I . den Versicherungsunternehmungen stehen fast stets geschäftskundige Leute gegenüber, die ihre Belange selbst zu wahren wissen; 2. die Eigenart der Versicherung wird in starkem M a ß e durch den zwischenstaatlichen V e r k e h r bestimmt; 3. es handelt sich meist um Versicherungen von kurzer Dauer. Da der Berufungsrichter als möglich unterstellt, daß Gegenstand des vorliegenden Versicherungsvertrags eine Transportversicherung sei, so muß auch in der Revisionsinstanz die Frage auf sich beruhen, o b die Gründe, welche zur A u f sichtsfreiheit der Transportversicherung geführt haben, bei Verträgen der vorliegenden Art zutreffen, zumal es sich um ein U n t e r n e h m e n handelt, bei dem die Schausteller von M e ß - und Rummelplätzen ihre Habe zu versichern pflegten. Jedenfalls ist aber nicht anzuerkennen, daß Gründe der bezeichneten Art es hätten rechtfertigen k ö n n e n , bei der Transportversicherung die Versicherungsnehmer von dem Vorrecht für ihre Forderung aus dem Versicherungsverträge im K o n k u r s e des Versicherers auszuschließen. Wenn sie schon sich damit abfinden müssen, daß die Versicherungsgesellschaften, die diesen Versicherungszweig betreiben, von der Aufsichtspflicht ausgeschlossen sind, welche auch dem Schutz der Versicherten zu dienen bestimmt ist (vgl. RTDrucks. Nr. 5 vom H . N o v e m b e r 1 9 0 0 S. 18, RTDrucks. Nr. 8 4 8 vom 2 6 . Februar 1931 S. 12 Spalte l ) , so ist doch nicht einzusehen, weshalb auch noch ihre Rechte im Konkursfalle besdiränkter sein sollen als die Rechte der Versicherten in anderen Versicherungszweigen. Im Gegenteil wäre eher daran zu denken, daß solchen Versicherten, die schon der Fürsorge und des Schutzes d\irdi die Staatsaufsicht entraten müssen, wenigstens ein Vorrecht im Konkurse des Versicherers zu-
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gestanden werden müßte, sofern ihnen nicht im Konkursfalle zur Wahrung ihrer Belange andere Rechts- und Sdiutzbehelfe zur Verfügung stehen. Weder aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes vom 26. Februar 1931 (RTDrudcs. Nr. 848) noch aus den Reichstagsverhandlungen bei seiner Verabschiedung kann ein Beleg zu Gunsten der Auffassung der Revision gewonnen werden. In der amtlichen Begründung zu § 63 a des Entwurfs ( = § 80 VAG.) ist allerdings darauf hingewiesen, daß die hier getroffene Regelung außer durch den für die Lebensversicherten im § 61 (jetzt § 77) VAG. geschaffenen Vorgang auch nach anderen Richtungen hin ihre Rechtfertigung finde; es handle eich hier nämlich um Versicherungsunternehmungen, deren Vermögens« anlage zum Vorteil der Versicherten in gleicher Weise wie bei den Lebensversicherungsunternehmungen von der Aufsiditsbehörde überwacht werde, wenn auch nicht ohne weiteres die strengen Anlagevorsdiriften des § 59 (jetzt § 68) VAG. Anwendung fänden. Aus dieser beiläufigen Bemerkung ist aber keineswegs zu schließen, die Einräumung des Konkursvorrechts habe etwa sachlich derart beschränkt werden sollen, daß es nur den Versicherten von aufsichtspfliditigen Unternehmungen zugute komme. Offenbar sollte jener Hinweis nur dazu dienen, den Zusammenhang der neuen Maßnahme mit dem Vorliegen allgemeiner schutzbedürftiger Belange zu kennzeichnen, wie sie zum Erlasse des Versicherungsaufsichtsgesetzes überhaupt und zur Ergänzung seiner Schutzvorschriften durch das Gesetz vom 30. März 1931 Anlaß gegeben hatten. Von maßgebender Bedeutung hierbei war, wie schon die allgemeine Begründung des Versicherungsaufsiditsgesetzes (RT.Drucks. Nr. 5 vom H.November 1900 S. 18) hervorgehoben hatte, auch „die Gefahr schwerster Schädigung des Volkswohls, die von einem Mißbrauch des Versicherungswesens drohe und um so näher liege, al> auf diesem Gebiete des Wirtschafts- und Verkehrsielbens selbst der sorgsame und verständige Bürger ohne Hilfe von anderer Seite zu eigener zuverlässiger Beurteilung der Anstalten, denen er sidi anvertrauen müsse, regelmäßig nicht imstande sei". Die Erfahrungen, die bei Zusammenbrüchen von Versicherungsunternehmungen in den letzten Jahren gemacht worden waren, ließen es dem Gesetzgeber geboten erscheinen, mit Bezug auf den Sonderschutz der Versicherten die noch bestehende Lüdce im Gesetz zu schließen (RTDrudcs. Nr. 848 vom 26. Februar 1931 S. 19 zu § 63a). Übrigens ist hierbei zu bedenken, daß auch Unternehmungen, von denen die Transportversicherung betrieben wird, schon nach der früheren Fassung des § 116 (jetzt § 148
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in gewissem Umfang der Staatsaufsicht unterworfen werden konnten, grundsätzlich also der Aufsicht unterlagen, und daß zur Zeit der Vorlegung des Gesetzentwurfs vom 26. Februar 1931 nicht zu übersehen war, wann und in weldiem Umfang Maßnahmen zu ihrer Beaufsichtigung getroffen werden würden. Auch bei den Beratungen des Gesetzentwurfs ist nirgends zum Ausdruck gelangt, daß die Einräumung des Konkursvorrechts irgendwie beschränkt sein werde. In dem Berichte des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats vom 26. September 1930, der dem Gesetzentwurf beiliegt, ist darauf hingewiesen, daß die im Gesetzentwurf enthaltenen Bestimmungen die Belange der Versicherungsnehmer fördern sollen, und im Anschluß daran ganz allgemein bemerkt, in § 63a sei den Sachversicherten im Konkursfalle ein Recht auf bevorzugte Befriedigung eingeräumt (RTDrucks. Nr. 848 S. 40). Eine so weitgehende Einschränkung des Konkursvorrechts mit Bezug auf bestimmte Versicherungszweige schlechthin wäre gewiß nicht unerwähnt geblieben, wenn man sie beabsichtigt hätte. Mißlidi wäre auch die Rechtsunsicherheit, die bei Billigung der hier abgelehnten Ansicht dann entstehen müßte, wenn ein sogenannter gemischter Versidherungsbetrieb in Konkurs gerät, von dem neben beaufsichtigten gleichzeitig auch aufsichtsfrei« Versidierungszweige betrieben werden (vgl. M a t t h e s a . a . O . S. 155 unter Nr. 4 a.E.). Sie wird vermieden, wenn die Auslegung anerkannt wird, daß beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 80 VAG. den Versicherten das neugeschaffene Konkursvorrecht allgemein und ohne Rüdcsicht auf das Bestehen einer — den ganzen Versicherungsbetrieb oder nur einen Teil davon umfassenden — Staatsaufsicht zustehe. Dazu bildet beim Fehlen von Rücksichten, die eine solche Auslegung hindern könnten, die weite Fassung der sachlich-rechtlichen Vorschrift des § 80 VAG. die erforderliche Grundlage. Freilich können gerade dadurch die Versicherten der beaufsichtigten Versicherungszweige benachteiligt werden, daß audi den Versicherten der aufsichtsfreien Versicherungszweige das Konkursvorrecht zugute kommt, zumal wenn und soweit infolge mangelnder Staatsaufsicht in den aufsichtsfreien Zweigen keine ausreichenden Dedcungsrücklagen gebildet worden sind. Denn dann kann der Fall eintreten, daß die Konkursmasse des Versicherungsunternehmens jenen insoweit entzogen wird, als sie mit zur Befriedigung der Versicherten in den nicht beaufsichtigten Zweigen herangezogen werden muß. Das aber ist eine Schwierigkeit, die von den Versicherten in den Kauf zu nehmen ist. Ihr kann auf dem Wege begegnet werden, daß die Staatsaufsicht, durch deren Einwirken die Bildung auskömmlicher Dedcungs-
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rüddagen audi für die jetzt noch aufsiditsfreien Versicherungszweige sichergestellt zu werden vermag, j e nach den Erfahrungen, die mit der jetzigen Einrichtung gemadit werden, in weiterem Umfang als bisher, audi für bis jetzt noch aufsichtsfreie Zweige, gemäß § 148 V A G . angeordnet wird. Umgekehrt wäre es aber eine offenbare, das Versidierungsgesdiäft vielleicht auch beeinträditigendeRechtsungleidiheit, wenn die Versicherten eines Versicherungsunternehmens, das sowohl beaufsichtigte wie aufsiditsfreie Versicherungszweige betreibt, im Konkurse des Unternehmens versdiieden behandelt würden, obwohl die V e r sicherten möglicherweise auf die ihnen bekannten Rücklagen vertraut haben, ohne daran zu denken, daß diese Rückstellungen nur einem Teile der Versicherten zugute kommen könnten. Auch wäre wohl kaum zu verstehen, daß sich die Befriedigung der Transportversicherten im Konkurse des Versicherers versdiieden gestaltet, je nachdem der Versicherungsvertrag mit einer Aktiengesellschaft oder mit einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit geschlossen worden ist; denn Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§§ 15 flg. V A G . ) , welche die Transportversicherung betreiben, unterliegen nadi § 148 Abs. 1 Satz 1 V A G . j e t z t schon stets der Aufsicht nadi dem Staatsaufsichtsgesetze (vgl. P o h l e in J W . 1933 S. 2 7 5 1 ) . Die Revision wirft nodi die Frage auf, ob der Kläger das ihm zugesprochene Konkursvorredit nadi § 8 0 V A G . deshalb nicht geltend machen könne, weil er schon vor dem Inkrafttreten des § 8 0 V A G . neuer Fassung (1. April 1 9 3 1 ) seine Forderung als gewöhnliche Konkursforderung angemeldet und darüber ein Prüfungstermin stattgefunden habe. Daß dies zutrifft, ist nadi dem Parteivorbringen im Berufungsverfahren in der Revisionsinstanz zu unterstellen. Zur Konkurstabelle ist die Forderung des Klägers aber jedenfalls n i c h t f e s t g e s t e l l t worden. Der gegenwärtige Rechtsstreit ist vielmehr gerade dadurch veranlaßt, daß der Konkursverwalter den Anspruch bestritten hat. Festzuhalten ist an der Entscheidung des Senats vom 17. März 1 9 3 3 VII 2 / 3 3 ( R G Z . Bd. 141 S. 57), welche das durch § 80 V A G . neuer Fassung geschaffene Konkurs Vorrecht audi in solchen Konkursen anerkennt, die zur Zeit des Inkrafttretens des § 8 0 (1. April 1 9 3 1 ) sdion eröffnet waren. Es ist aber auch nicht einzusehen, inwiefern die Vorschriften in § 142 K O . der Geltendmachung des Konkursvorredits im vorliegenden Fall entgegenstehen sollten. Wenn in früheren Fällen die nachträgliche Geltendmachung eines Konkursvorrechts abgelehnt worden ist, so war die Rechtsprechung doch auf soldie Fälle beschränkt, in denen die Anerkennung eines Vorrechts für eine Forde-
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rung angestrebt wurde, die als gewöhnliche K o n k u r s f o r d e r u n g ohne Vorrecht angemeldet und als solche in der Tabelle a b unstreitig festgestellt worden war. Die ältere Rechtsprechung beruhte vornehmlich auf einem aus der Rechtskraftwirkung der Feststellung in der Konkurstabelle abgeleiteten Entscheidungsgrunde. Diese Begründung ist in R G Z . Bd. 38 S. 4 1 7 und Bd. 143 S. 355 nicht mehr aufrechterhalten. Aber auch die Gründe, welche in diesen Erkenntnissen als maßgebend bezeichnet worden sind, k ö n n t e n es, selbst wenn ihnen durchaus beizutreten wäre, nicht rechtfertigen, die Ablehnung eines an sich bestehenden gesetzlichen K o n k u r s v o r r e d i t s auch dann schon zu rechtfertigen, wenn, wie hier, nach der Anmeldung der Forderung im K o n k u r s e eine Feststellung zur Konkurstabelle überhaupt noch nicht stattgefunden hat. Indessen braucht dies nicht weiter ausgeführt zu werden. Denn im vorliegenden Falle handelt es sich um die Geltendmachung eines Vorrechts, das erst nach der Konkurseröffnung über das Vermögen der verklagten Versicherungsgesellschaft und erst nach der Anmeldung des Versicherungsanspruchs des Klägers zur Konkurstabellc gesetzlidi neu eingeführt worden ist. Auf ein derartiges neugeschaffenes Vorrecht kann ein etwaiger Ausschluß nachträglicher Geltendmachung nach P r ü f u n g der Forderung keinesfalls ausgedehnt werden. In dieser Richtung ist auf das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Februar 193 5 VII 209/34 Bezug zu nehmen (in diesem Bd. S. 78).
Sachregister (Die Ziffern bedeuten die Seitenzahlen diese· Bandes) A Abandon, Sinn und Zwedc des — s 117 — , Geltendmachung des — s bei Verlust der Konnossemente 137 — im Falle der Kriegsgefahr 167 — , Zu den Begriffen der Anhaltung und Bedrohung als Voraussetzungen des Abandons 179 — , Werteinbuße der Güter durch inneren Verderb vor dem — 186 —, Verpflichtung des Versidjerers beim Versicherer— über die Versicherungssumme hinaus? 204 Abandonerklärung, Zur Wirksamkeit einer vorzeitigen — 179 Ablader, Zur Haftung des Seeversidierers für Güterschaden, der von dem — verschuldet ist 218 Adäquate Verursachung und „nächste Ursache" im Seeversicherungsrccht 279, 289 ADSVB siehe Allgemeine Deutsche Seeversidierungsbedingungen von 1919 Allgemeine Deutsdie Steverticherung·bedingungen von 1919, Vertragsauslegung, § 13 311 — , Gefahrerhebliche und deshalb anzeigepflichtige Umstände nach § 19 241 —, Allgemein bekannte Umstände im Sinne von § 19 der — 245 — , Zur Frage der Sdiadensfeststellung 210 —, Voraussetzungen der Haftungsbefreiung nach § 97 VIII Satz 2 275 Allgemeine Seeverticherongibedin gongen von 1(67, Auslegung del § S3 100 —.Tragweite des § 1 3 l V 91 Anerkennung siehe Bedingungslose — Anhaltung, Nehmung und — , Unterschied 145
— und Bedrohung, Begriff der — all Voraussetzung des Abandons 179 Ankunft, Seeversicherung auf behaltene — 51, 57, 72 Anzeige, Zur Erheblichkeit der — bei Abschluß des Vertrages über Versicherung der Frachtgelder einer bestimmten Seereise, daß das Schiff noch auf einer Zureise begriffen sei 21 Anzeigepflidit nach § 19 der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919 241, 245 Aufbringung, Begriff der — im Gegensatz zur An-oder Festhaltung, § 8 6 1 HGB. 167 — eines Schiffes, die unter die Zeitversicherung gegen Kriegsgefahr fällt und Prämienverpflichtung 185 Anfenthaltsversichening, Begriff des Verholens 156 Ausbesserung des Teilschadens im Seeversicherungsrecht 234 Ausgleich, Anteilmäßiger Ausgleich der Versicherer untereinander bei der Doppelversicherung 264 Auslegung der Policeklausel bei Seeversicherung 17 Β Ballastzoreise siehe Besegelte Fracht Bedingungslose Anerkennung der Schadensregelung des Rückversicherten, Tragweite dieser Vereinbarung 1 Bedrohtscin infolge einer Aufbringung, § 861 I Ziff. 2 HGB. 167 Bedrohung, Begriffe der Anhaltung und — als Voraussetzung des Abandons 179
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Sachregister Beeinträchtigung der auf den Versicherer im Fall der Zahlung übergebenden Rechte. § 804 III HGB. 126 Beladung, Schaden, entstanden aus mangelnder Seetüditigkeit des Schiffes, die auf nicht gehöriger — beruht 232 Bemannung, Nicht gehörige — im Sinne des § 821 Ziff. 1 HGB. 238 Berechnung der Seefracht, § 656 HGB. 112 — siehe auch Schadenberechnung Beschädigung, Zum Gegensatz zwischen Verlust und — im Sinne der Seeversicherung 93, 96 Beschlagnahme siehe Kriegsklausel Besegelte Fracht, Frachtversicherung. Ballastzureise und Transportreise 100 Beweisführung des Totalverlusts bei der Seeversicherung 19 9 Beweislast bei dem Einwand der Seeuntüchtigkeit des Schilfes durch den Versicherer 109 — , Verteilung der — im Seeversicherungsrecht 153 Beweiswürdigung, Grundsätze der — 109 Börse, Sprachgebrauch der — 51 Bürgsdiaft des Versicherers für Havereibei träge 139 C „Cif'-Käufer, Zum Interesse des — s an der ihm cedierten, vom Verkäufer auf Frachtvorschuß genommenen Seeversicherung 43 Cif-Verkäufer, Seeversicherung des — s für Rechnung wen es angeht 132, 145
D Decklast, Versicherung von — mit der Klausel „frei von Beschädigung" 153 Deklarationspflicht, Verletzung der — des Versicherungsnehmers im Seeversicherungsrecht. Gefahrerhebliche Umstände 241 — und laufende Versicherung 254 Ooppelversicherung, Zur Einrede der — 17
—
bei Versicherung des Hinterhang*fahrzeuges und des SAleppsdiiffs 83 — . Zur Frage der — 105 — , Abhängigkeit zweier Seeversicherungen voneinander. Anteilmäßiger Ausgleich der Versicherer untereinander 264 Dritter siehe Haftung Ε Eigentumsübergang bei Nehmung und Kondemnation 159 Erhöhung der Taxe im Falle eines Partialschadens im Seeversicherungsrecht 26 Erstversicherer, Anspruch des Rückversicherers auf Anteil an einer vom — erlangten Rückentschädigung (Provenue) 3
F Fahrtüchtigkeit, Begriff 223 Feuerversicherung, Gefahrerhöhung bei oder nach AbschluB des Vertrages im Fall nachträglicher Erhöhung der 215 — FluBsdiiff, Reiseversicherung eines — e s für Seefahrt 228 Frachtgelder, Versicherung der — einer bestimmten Seereise 21 Frachtversicherung siehe Besegelte Fracht Freiprozente, Taxierte Police und Berechnung der — 173 Fusion siehe Verschmelzung
G Gefahr, Zum Grundsatz der Unteilbarkeit der — im Seeversicherungsredit 191 Gefahrerhöhang bei oder nach AbschluB des Vertrages im Fall nachträglicher Erhöhung der Feuerversicherungssumme 215 Gewihrleistung im Sinne von § 868 II HGB. 117 Gfiterschaden, Zur Haftung des Seeversicherers für — , der von dem Ablader verschuldet ist 218 Güterversicherung und Erlös der Güter, der für die versicherten Güter erzielt wird 194
Sachregister
362 Η
Hafen- und Reviergefahr. Versicherung gegen — — 156 Häftling des Versicherers für den Schadensersatz. den der Reeder einem D r i t t e n gegenüber für Ansegelung eines Piers oder einer Hafenmauer : u leisten hat? 67 — des Versicherers in der Seeversicherung, wenn ein einheitlicher Schaden durch mehrere nur zum Teil durch den Versicherungsvertrag gedeckte G e f a h r u m s t ä n d e verursacht worden ist? 289 Haftungsbefreiung zeugnis
siehe
Seefähigkeits-
Haftungsbeschränkung, Behandlung des Versicherungsrisikos bei — der Reederei 258 Hamburger Kriegsklausel, Auslegung 175 Havereibeiträge, Bürgschaft des Versicherers f ü r — 139 Herabsetzung der Taxe wegen wesentlicher Übersetzung t r o t z Einverständnis bei Abschluß der Seeversicherung 188 — der Lebensversicherungssumme nadi § 69 II V A G . und Nachprüfungsrecht des Gerichts 33 5 Hilfslohn, Z u m Anspruch des Reeders auf Ersatz des — s für R e t t u n g seines Schiffes durch eins seiner anderen Schiffe gegenüber dem Versicherer des g e r e t t e t e n Schiffes 66 Hinterhangifahrzeuge siehe Doppelversicherung 8 3 Κ Kai-Empfangsschein, Bedeutung von Vermerken im — 258 Kasko, Zur H a f t u n g des Versicherers des — für den sog. indirekten Kollisionsschaden des Reeders 66 Klausel, daß das Schiff im AnschluB an das Risiko dieser Police auch für die folgende Reise gegen eine nach Billigkeit zu regulierende Prämie versichert bleiben soll 17 •—• „ f ü r Rechnung, wen es a n g e h t " im Seeversicherungsrecht 43 •— über Selbstentzündung bei der Seeversicherung 63
— ..frei von Beschädigung außer im Strandungsfalle": Rechtliche Bedeutung 96 — ..frei von Beschädigung". Versicherung von Decklast mit der — 153 — „Diese Police deckt auch die direkte Kriegsgefahr, bestehend in Wegn a h m e durch Kriegssdiiffe usw." u n d Beschlagnahme der entlöschten Ware am Lande mit nachfolgender K o n demnation 182 — „Die Versicherung dedet die direkte Kriegsgefahr als Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung der G ü t e r durch Kriegsschiffe usw." 194 — „against rust and oxydation h o wever caused", Bedeutung der Rostklausel in der Seeversicherungspolice 220 — siehe auch Stilliegeklausel Kollisionsschaden, Zur H a f t u n g des Versicherers des Kasko für den sog. indirekten — des Reeders 66 Kondemnation, Voraussetzung einer gültigen — im Seeversicherungsrecht 51 — des gegen Kriegsgefahr versicherten Schiffes als Endpunkt der Prämienzahlung 185 Konkurs, Rechte des Versicherten im Falle des — e s des Versicherers 88 Konkursvorrecht und Rückversicherung 8 — des § 80 V A G . und Transportversicherung 351 Konnossement, Geltendmachung des A b a n d o n s bei Verlust der — e 137 Kriegsereignis im Sinne der deutschen Kriegsklausel 1938 289 Kriegsgefahr, Versicherung gegen — u n d Prämienverbesserung im Seeversicherungsrecht 117 — . S e e g e f a h r und — 159, 289 — , K o n d e m n a t i o n des gegen — versicherten Schiffes als Endpunkt der Prämienzahlung 185 — , Begriff der direkten -— im Seeversicherungsrecht 194 — , siehe auch Police Kriegiklausel, Beschränkte — bei der Seeversicherung 145 — . Auslegung der Hamburger —
175
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Sachregister
— u n d Beschlagnahme der entlöschten Ware am Lande mit nachfolgender K o n d e m n a t i o n 182 — , Z u r Abgrenzung zwischen Kriegsgefahr und Seegefahr nach der d e u t schen — 1938 289 L Laufende Transportversicherung, Reichweite einer — η — im Seeversidierungsrecht 268 Laufende Versicherung siehe Prämiennachzahlung Lebensversicherung, Herabsetzung der Versicherungssumme nach § 69 II VAG. und Nachprüfungsrecht des Gerichts 335 Lebensversicherungsgesellschaft siehe Verschmelzung Leckage,' Begriff der gewöhnlichen — Außergewöhnliche — 93 Liquidationslose Verschmelzung von Versicherungsvereinen a. G. mit der W i r k u n g der Ges.imtrechtsnachfolge unzulässig 340 Lotse. Zur Schadensersatzpflicht des Versicherers bei Sdiiffskollison. wenn Schiff ohne — η fuhr 37 Μ Mehrwertversicherung 321
gegen
Seegefahr
Ν Nächste Ursache, Begriff im Seeversicherungsrecht 279, 289 Nehmung und Aufbringung im Sinne v o n § § 1 0 1 , 116 der Hamb. Allg. SeeVers.B. 132 — u n d Anhaltung, Unterschied 145 — . Eigentumsübergang bei — und K o n d e m n a t i o n 159 — . Zu den Begriffen — (Beschlagnahme) und Wegnahme im Seeversicherungsrecht 194 Ρ Police, O f f e n e oder taxierte — Auslegung und Beweislast. Anfechtung einer taxierten — im Seeversicherungsrecht 43
— , Behandulng einer — , bei der ein Teil den Versicherer die Seegefahr, ein anderer die Kriegsgefahr übern o m m e n hat 175 — siehe auch T a x i e r t e — Policeklausel siehe Klausel Prämiennachzahlung für V e r s e n d u n g e n , die unter die laufende Versicherung fallen, aber nicht deklariert worden sind 254 Präraienverbesserung und Versicherung gegen Kriegsgefahr im Seeversidierungsrecht 117 Prämienzahlung, Kondemnation des gegen Kriegsgefahr versicherten Schiffes als E n d p u n k t der — 185 — . Z u m Anspruch des Versicherers, der wegen Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t des V e r sicherungsnehmers die Versicherung für erloschen erklärt hat, auf — 207 Probefahrt, U m f a n g der T r a n s p o r t v e r sicherung bei einer sog. Werft des versicherten Schiffes 22 3 Provenue siehe Erstversicherer R Rechnung für wen es angeht, Versicherung für — 43, 126 — , Seeversicherung des C i f - V e r k ä u f e r s für — 132. 145 Reederei, Haftungsbeschränkung der — . Berufung auf V e r m e r k e im KaiEmpfangsschein 258 Reichsgericht, Z u s t ä n d i g k e i t des — s nach § 28 FGG. beim Z u s a m m e n treffen von Handelsregistermit Grundbuchsache 340 Reparaturunfähigkeit, Begriff 51 Reparaturunwürdigkeit, Verkauf wegen — u n d Anspruch gegen Versicherer im Seeversicherungsrecht 51 R e t t u n g s k o s t e n nach § 834 Ziff. 3 HGB. 122 Risiko, Unteilbarkeit des — s Seeversicherung 249
bei
der
Rostklausel, Bedeutung der — in einer Seeversicherungspolice 220 Rückversicherung l — 1 6 Rückversicherungsvertrag, Rechtliche Natur. Inwieweit sind die — e a u f sichtsfrei? 335
364
Sadiregister S
Schaden, der entstanden am mangelnder Seetüchtigkeit del Schiffes, die auf nicht gehöriger Beladung beruht 232 Schadenberechnung, ZollnachlaS wegen Beschädigung der versicherten Güter bei der — 76 Schadensersatz, Haftung des Versicherers für den — , den der Reeder einem Dritten gegenüber für Ansegelung eines Piers oder einer Hafenmauer zu leisten hat? 67 Schadensfeststellong, Zur Frage der — nach den Allgem. Deutschen Seeversicherungsbedingungen von 1919 210 Schadensregelung, Tragweite der Vereinbarung, daß der Rückversicherer die — des Rüdeversicherten bedingungslos anzuerkennen hat 1 Schiff, Zum Begriff — im Seeversicherungsrecht 191 Schifffkolliiion, Zur Sdiadensersatzpflicht des Versicherers bei — , wenn Schiff ohne Lotsen fuhr 37 Seefähigkeitszeognis, Voraussetzungen der Haftbefreiung bei Vorliegen des —ses nur für einen Teil des Reiseweges 275 Seefracht, Berechnung der — , § 6 5 6 HCB. 112 Seegefahr und Kriegsgefahr
159
— , Zur Abgrenzung zwischen Kriegsgefahr und — nach der deutsdien Kriegsklausel 1938 289 — , Zur Mehrwertversicherung gegen — 321 — siehe auch Police Scetfichtigkeit, Begriff 223 — siehe audi Beladung Scenntüditigkeit, Beweislast und Beweiswürdigung bei dem Einwand der — des Schiffes durch den Versicherer 109 Seeversicherung 17—329 Seeversicherungsbedineungen siehe Allgemeine — Selbstenzöndang, Klausel über — bei der Seeversicherung 63
Sondenchätznngen, Vorbehalt für — im Seeversicherungsrecht 173 Stilliegeklansel, Bedeutung der — im Seeversidierungsredit 191 Τ Taxe, Herabsetzung der — wegen wesentlicher Übersetzung (§ 793 II HGB.) trotz Einverständnisse« bei Absdiluß der Versicherung 188 Taxierte Police oder offene Police. Anfechtung einer — η — im Seeversicherungsrecht 43 — und Berechnung der Freiprorente 173 — und Werteinbuße der Güter durch inneren Verderb vor dem Abandon 186
Taxierte Seerersidierungspolice. Erhöhung der Taxe im Falle eines Partialschadens 26 Teilschaden, Ausbesserung des — s im Seeversicherungsrecht 234 Totalverlust durch Seeunfall, Begriff nach deutschem und englischem Recht 159 — , Beweisführung des —es bei der Seeversicherung 199 — siehe audi Zahlungspflicht Transportreife siehe Besegelte Fracht Transportversicherung, Umfang der — bei einer sog. Werftprobefahrt des versicherten Schiffes 223 — , Laufende — . Ablauf des bisherigen Versicherungsvertrags und Absdiluß eines neuen mit einem anderen Versicherer während der Beförderung der Güter 249 — von Teilen einer Gesamtladung gleichartiger Massengüter mittels laufender Police im Seeversidierungsredit 268 — und Konkursvorrecht des § 80 VAG. 351 Treu and Glauben, Vertragsauslegung nadi den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen, § 13 311 U Überversicherung, Auslegung des $ 786 III HGB. 188
Sachregister Untenregi. Begriff des ,,—" in Art. 835 HCB. 33 Ursächlicher Zusammenhang liehe Adäquate Verursachung V Verholen, Begriff des —s Aufenthaltsversicherung 1 56 Verkauf, Zum Anspruch des Versicherten bei — des versicherten Schiffes im beschädigten Zustand entgegen den Versicherungsbedingungen 91 Verladung, Nachweis der — bei der Seeversicherung von Gütern 117 Verlost, Zum Gegensatz zwischen — und Beschädigung im Sinne der Seeversicherung 93, 96 Verrechnung, Art der — im Falle des § 804 I HGB. 126 Verschmelzung zweier Lebensversicherungs-Aktiengesellschaften unter Ausschluß der Liquidation. Sicherstellung des Versicherten 330 — zweier Versicherungsvereine a. G. ohne Liquidation mit der Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge unzulässig 340 Versidiernng, Rückversicherung ist echte — 8 Versicherungsaufsichtsgesetz 330—Ende Versicherungsrisiko bei laufender Versicherung, Begriff 245 — , Behandlung des — s bei Haftungsbeschränkung der Reederei 258 Versicherungssumme, Verpflichtung des Versicherers beim Versichererabandon über die — hinaus? 204
365
Versicherungsvertrag oder Bereiterklärung des Versicherers zur Übernahme der weiteren Versidierung. Auslegung der Policeklausel 17 Vertrag siehe Versicherungsvertrag Verwirkung des Anspruches des Versicherers auf nachträgliche Prämienzahlung für nicht deklarierte Versendungen 254 VorsdiuSfordcrung als versicherbare« Interesse im Seeversicherungsrecht 57 Vorsdiu0gelder, Seeversicherung von — η auf behaltene Ankunft 51 w Wegnahme, Begriff der — im Seeversicherungsrecht 194 Werftprobefahrt ein Umstand? 223
gefahrerhöhender
Werteinbuee der Güter durch inneren Verderb vor dem Abandon 186 Wettassekuranz
72 Ζ
Zahlungspflicht, Zur — des Seeversicherers bei Totalverlust der gekauften Ware, ehe der versicherte Käufer den Kaufpreis entrichten kann 199 Zahlungsunfähigkeit siehe Prämienzahlung Zollnadilae bei Schadensberechnung in der Seeversicherung 76 ZureUe siehe Anzeige
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Auswahlsammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet
G r u p p e I * Bürgerliches
Recht
25 Bände Halbleinen D M 299,— Allgemeiner Teil · 4 BSnde Herausgegeb. v. L a n d g e r i c h t s d i r e k t . A l e x . S w a r z e n s k i Recht der Schuldverhältnisse · 11 Bände Herausgegeben von Senatspräsident Dr. Ernst K n o l l Sachenrecht · 3 BSnde Herausgegeben von Rechtsanwältin Charlotte Familienrecht und Erbrecht · 3 Bände Herausgegeben von Rechtsanwalt Erich
Graf
Kummerow
Nebengesetze · 3 Bände Kraftfahrzeuggesetz und Reichshaftpflichtgesetz, herausgegeben von Senatspräsident Dr. Ernst K n o l l ; D M 12,— Reichsversicherungsordnung, Arbeitsrecht u. a., herausgegeben von Senatspräsident Dr. Ernst K n o l l ; D M 12,— Grundbuchrecht und freiwillige Gerichtsbarkeit, herausgegeben von Rechtsanwältin Charlotte G r a f u. Rechtsanwalt Erich K u m m e r o w ; D M 9 , — Gesamtregister Der B e z u g eines Bandes dieser Gruppe verpflichtet zur Abnahme der gesamten Gruppe. In beschränktem Umfang können die Nebengesetze einzeln bei einem Aufschlag von 10°/o bezogen werden
G r u p p e II
*
Verfahrensrecht
etwa 10 Bände in Vorbereitung Herausgeber Professor Dr. Leonhard A u e r b a c h Zivilprozeßordnung / Konkursordnung / Anfechtungsgesetz und Vergleichsordnung / Zwangsversteigerungsgesetz / Gerichtsverfassungsgesetz Bereits
erschienen:
Zivilprozeßordnung: 3 Bände. Je Band D M 12,—
WALTER D E G R U Y T E R & CO. / B E R L I N W 35
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Auswahlsammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet
G r u p p e III
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Handelsrecht
Handelsgesetzbuch · 3 Bände Herausgegeben von Rechtsanwalt Dr. Werner V a h 1 d i e k DM 36 — Recht der Handelsgesellschaften · 4 Bände Herausgegeben von Rechtsanwalt Dr. Walter S c h m i d t Aktiengesellschaft DM 15,— Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Kartellrecht DM 12,— Offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft DM 12,— Genossenschaften und Bergrecht DM 12,— Nebengesetze . 7 Bände Herausgegeben von Rechtsanwalt Dr. Werner V a h l d i e k Eisenbahnrecht DM 12,— Schiffahrtsrecht, 2 Bände, DM 27 — Bank- und Börsenredit / Wechsel- und Scheckrecht DM 24 — Privatversicherungsrecht, 3 Bände, DM 36,— Bei Einzelbezug 10°/o Preiserhöhung
Gruppe IV
· G e w e r b l i c h e r Rechtsschutz
Herausgegeben von Präsident Johannes Ε y 1 a u Patent- und Gebrauchsmusterrecht DM 18,— Warenzeichenund Wettbewerbsrecht (Doppelband) D M 26,— Urheber- u. Verlagsrecht, Geschmacksmusterrecht DM 15,— Bei Einzelbezug 10 °/o Preiserhöhung
Gruppe V
* öffentliches Recht
etwa 4 Bände in Vorbereitung Herausgeber Rechtsanwalt Hermann R e u ß Staatsrecht / Verwaltungsrecht / Beamtenrecht / Völkerrecht / Kommunalrecht / Kirchenrecht / Militärrecht Bereits erschienen: Staatsrecht • öffentliches Recht / Allgemeines DM 12,—
WALTER D E G R U Y T E R & CO. / B E R L I N W 35
BRUCK-MÖLLER
Kommentar zum
Ve rsicherungs Vertrags gesetz und zu den
Allgemeinen V ersicherungsbedingungen unter Einschluß des
Versicherungsvermittlerrechts Begründet von Prof. Dr. jur. Ernst B r u c k f Neubearbeitet von Prof. Dr. jur. Hans Möller 8. Auflage. 1953. Grofl-Oktav
L i e f e r u n g 1: E i n l e i t u n g , §§ l - 1 5 a VVG, 314 Seiten DM 34.Gesamtumfang etwa 1500 Seiten, voraussichtlich 5 Lieferungen erscheinen im Abstand von 5 - 6 Monaten
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