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German Pages 480 Year 1884
Entscheidungen des
Reichsgerichts. Herausgegeben von
den Mitgliedern -es Gerichtshofes.
Entscheidungen in Civilsachen.
Neunter Band.
Leipzig, Verlag von Veit & Comp.
1883.
Entscheidungen des
Reichsgerichts in
Civilsachen.
Neunter Band.
Leipzig, Verlag von Veit & Comp.
1883.
Neudruck von 1894 unter Berücksichtigung der in den späteren Bänden unter „Berichtigungen" aufgeführten Versehen.
Inhalt. I. Reichsrecht. Nr.
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1. Ist ein Vertrag rechtswirksam, welcher die Übertragung einer Firma ohne
Milübertragung eines bereits betriebenen Geschäftes zum Gegenstände hat? 2. Rechtliche Bedeutung der nach dem österreichischen Einkommensteuergesetze dem Gewerbsunternehmer zustehenden Befugnis, die Steuer von den Zinsen
1
seiner Kapitalschulden seinem Gläubiger in Abzug zu bringen, in An wendung auf außerhalb Österreichs wohnende Gläubiger............................. 3 3. Unterschied der Auflösung einer Aktiengesellschaft durch Fusion von der Auflösung durch Liquidation. Wirkung der Fusion auf die schwebenden
Schulden der Gesellschaft....................................................................................... 11 4. Wechselregreß; Einwand des Erlöschens deS Acceptes durch Verjährung 21 5. Dividendennachbezug; Präklusivfrist für Dividendenerhebung .... 30 6. Aktienzeichnung; Irrtum des Zeichners über den Inhalt des Statutes. Anfechtung des Kaduzierungsbeschlusses von feiten der Aktiengesellschaft . 36 7. Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht wegen der mittels Indossaments von Dritten erworbenen Forderungen aus Wechseln und Orderpapieren gegen den aus diesen Papieren verpflichteten Kaufmann ................................ 45 8. Ist der Schiffer, welcher im Orderhafen keine Order findet, verpflichtet, Order einzuholen? Ist das Recht des Bestimmungsortes maßgebend für die Vorgänge auf der Reise?..................................................................................öl 9. Begründung der Wechselverpflichtung der Bezogenen. Recht des Inhabers der Wechsel-Sekunda auf Aushändigung der acceptierten Wechsel-Prima 56 10. Bestellung eines Faustpfandes im Sinne des Art. 309 H.G.B. durch Verpfändung eines Grundschuldbriefes (Nr. 80 S. 202) 62 11. Bedeutung einer auf einem Wechsel befindlichen generellen Quittung . 62
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Inhalt.
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Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners; Beginn des Laufes der Frist für die Anfechtungsklage, Modalität der Rückgewähr ... 66 Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners; Absicht des Schuld ners, seine Gläubiger zu benachteiligen..............................................................73 Kann der Bürge im Konkurse des Hauptschuldners den Anspruch auf Ersatz der künftig zu leistenden Zahlung anmelden, wenn der Gläubiger seine Forderung angemeldet hat?......................................................................... 75 Sind die Bestimmungen in Art. 269 Abs. 2 H.G.B. anwendbar auf Vereinigungen zu einem Handelsgewerbe?.........................................................79 Vermächtnis eines Handelsgeschäftes mit der Firma ohne die Aktiven und Passiven.......................................................................................................................... 81 Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners; Begriff „Rechtsnach folger" im Sinne des §. 11 des Gesetzes vom 21. Juli 1879 .... 84
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16. 17.
18. Anfechtung der Beschlüsse des Vorstandes einer Genossenschaft wegen nicht erfolgter Eintragung von Änderungen des Vorstandes in das Ge
nossenschaftsregister .................................................................................................... 90 19. Anwendung des §. 44 K.O. auf Forderungen der Ehefrau aus parti kularer Gütergemeinschaft; Absonderungsrecht der Ehefrau, welche die weiblichen Freiheiten nach württembergischcm Rechte angerufen hat . . 92 20. Antrag auf Ehescheidung auf Grund der von den österreichischen Ge richten gewährten Gestaltung der beständigen Trennung von Tisch und Bett................................................................................................................................98 21. Ist die vom Schuldner dem Gläubiger ohne Gegenleistung bewilligte vollstreckbare Urkunde ein entgeltlicher Vertrag im Sinne des §. 3 Nr. 2 des Anfechtungsgesetzes vom 21. Juli 1879?................................ 100 22. Veräußerung der Firma des Gemeinschuldners durch den Konkurs
verwalter ...................................................................................................................104 23. Wesen der Vereinigungen im Sinne des Art. 266 H.G.B., der Gemein schaften und erlaubten Privatgesellschaften nach den Vorschriften des A.L.R/s
Aufgeben des Rechtes, aus der Gesellschaft re auszutreten........................... 107 Kauf „wie zu besehen".............................................................................................111 Ist die Ausstellung eines eigenen Wechsels in Duplikaten zulässig?. . 113 Seeversicherung; H.G.B. Artt. 808. 825 ....................................................... 118 Nach welchem Zeitpunkte ist die Neuheit der Erfindung bei der Umwand lung von Landespatenten in Reichspatente zu beurteilen?........................... 124 28. Besteht eine Kollision von Patentrechten, wenn das eine Patent ein Fa brikat, das andere eine Maschine zur Herstellung dieses Fabrikates zum
24. 25. 26. 27.
Gegenstände hat?........................................................................................................128 29. Bedeutung der Bestimmungen in §. 11 des Patentgesetzes........................... 131 30. Darf der Wechselinhaber, welcher ein Blankoaceept als Domizilwechsel ausgefüllt hat, den Domizilvermerk nachträglich streichen? ..... 135
31. Bezahlung von Rhedereischulden durch den Korrespondentrheder; Erfor dernisse eines Rhedereibeschlusses............................................................................ 136
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Rechtliche Natur des Vermögens einer offenen Handelsgesellschaft . . Ist die actio doli eine subsidiäre Klage, insbesondere gegenüber dem Anfechtungsgesetze vom 21. Juli 1879? . Anfechtung eines von einem Prokuristen, bezw. vertretungsberechtigten Gesellschafter namens des Prinzipals, bezw. der Gesellschaft abge schlossenen Rechtsgeschäftes Erstreckt sich die Solidarhaft der Genossenschafter auch auf die Forde rungen, welche im Konkurse nicht geltend gemacht werden können? . . Umfang der Haftung des Rheders für den infolge einer Kollision seines
Schiffes mit einem anderen Schaden. H.G.B. Artt. 451. 736 37. Setzt das Pfandrecht des Kommissionärs nach Art. 344 H.G.B. voraus, daß die laufende Rechnung sich nur auf Kommissionsgeschäfte bezieht? (Nr. 122 S. 424) 38. Wechselregreß. Statutenkollision (Nr. 123 S. 431)
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II. Gemeines Recht. 39.
Vorbehalt des Eigentums an verkauften Maschinen; Bedeutung und Wirkung der Perlinenzqualität; Verbindung einer beweglichen Sache mit
einer unbeweglichen .................................................................. 169 40. Actio Pauliana;' Absicht des Schuldners, seine Gläubiger zu benach teiligen (Nr. 13 S. 73) ‘........................... 173
41. Ausschließung der gesetzlich eintretenden allgemeinen ehelichen Güter gemeinschaft (Nr. 19 S. 92) 42. Condictio indebiti; Verzugs- und Prozeßzinsen 43. Jntercession von Frauen; Bedeutung der zu ihrer Gültigkeit vorge schriebenen Formen 44. Bürgschaft für „eröffneten Mehrkredit". Verletzung einer Auslegungs regel bei Auslegung eines Rechtsgeschäftes 45. Anordnung einer vorläufigen Kuratel über einen zu Entmündigenden; Befugnisse des einstweiligen Kurators 46. Statutenkollision. Ist die Einrede der Vorausklagung nach dem für die Hauptobligation oder nach dem für die Bürgschaftsobligation maß gebenden örtlichen Rechte zu beurteilen?.................................................. . 47. Ehescheidung wegen Versuchs des Ehebruchs; wegen zeitlicher Freiheits strafen
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Inhalt.
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48. Statutenkollision; welche Gesetze sind bei der Ehescheidung anzuwenden? 191 49. Veräußerung eines bestehenden superfiziarischen Rechtes.................................194 50. Feuerversicherung; unrichtige Beantwortung der im Versicherungsanträge enthaltenen Fragen durch den Agenten der Gesellschaft.................................195 51. Erlischt der Anspruch auf Konventionalstrafe durch vorbehaltlose An nahme der Hauptleistung? .................................................................................. 199 52. Gerichtliches Testament; muß in dem Protokolle die Zeit der Errichtung angegeben sein?........................................................................................................201 53. Bezahlung einer fremden Schuld; Wegfall des Ersatzanspruches (Nr. 31 S. 136)................................................................................................................... 202 54. Inwieweit darf durch polizeiliche Anordnungen in Privatrechte einge griffen werden?........................................................................................................203 55. Unter welchen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Unterstützung
aus einer milden Stiftung?................................................................................. 206 56. Vertretung der Testamentserben durch den Testamentsvollstrecker bei Streitigkeiten über das Erbrecht............................................................................208 57. Ist die Klage auf Nichtigkeitserklärung einer Ehe vererblich? Reassumtion derselben von einem einzelnen Miterben.................................................212 58. Kann der Kurator eines Wahnsinnigen eine Klage auf Ungültigkeits erklärung der Ehe des Kuranden anstellen?...................................................... 219 59. Actio doli im Verhältnisse zur actio Pauliana (Nr. 33 S. 146.) . . 225 60. Statutenkollision; welches örtliche Recht ist bei Verträgen anzuwenden? 225 61. Kündigung. Auslegung eines Vertrages gegen den Wortlaut desselben 229 62. Rechtliche Natur der Nutzungsrechte an einer Gemeinheit. Widerspruch
eines Gesetzes mit einem Grundsätze der Verfassung......................................233 63. Voraussetzung der Verpflichtung zum Schadensersätze in außerkontrakt lichen Verhältnissen
(Nr. 36 S. 158)
.......................................................
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III. Preußisches Recht. 64.
Versicherungsantrag; Nichtbeantwortung im Antragsformulare gestellter
Fragen........................................................................................................................237 65. Unterlassene Instandhaltung der Anlagen in einem Hafen; Ersatzpflicht des Eigentümers des Hafens..................................................................................243 66. Schenkung durch Übergabe einesSparkassenbuches ... ..................................... 245
67. Anspruch des Hypothekenschuldners auf Gewähr der früheren Priorität einer gekündigten Hypothek ..................................................................................250 68. Umfang der Verpflichtung desPatrones zumBaue der Pfarrgebäude 253
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69. Zuständigkeit für Beschwerden gegen Entscheidungen, welche einen als Gerichtsgebühr in Ansatz gebrachten Vollmachtstempel betreffen . . . 256 70. Vertrag zu Gunsten Dritter . . .......................................................................260 71. Wertsberechnung des statutarischen Schichtteils in der Provinz Westfalen 265 72. Offenbarungseid....................................................................................................... 269 73. Ist zum Übergange des Eigentums eines bei der Erbauseinandersetzung
einem Erben zum Alleineigentum überlassenen Grundstückes Auflassung erforderlich?..................................................................................................................272 74. Verpflichtung des Exproprianten zur Entschädigung wegen unzureichender Einrichtung der in §. 14 des Gesetzes vom 3. November 1838 und §. 14 des Enteignungsgesetzes vom 11. Juni 1874 vorgesehenen Anlagen. . 276 75. Schadloshaltung wegen dauernder Wertsverminderung einer Sache . . 278 76. Hat der Vater ein Recht auf die Einkünfte des.freien Vermögens seiner minderjährigen Kinder, soweit dieselben zum Unterhalte der Kinder er forderlich sind?.......................................................................................................280 77. Wird der gesetzliche Erbe von dem gesetzlichen Erbrechte durch Verursachung des Todes des Erblassers ausgeschlossen?...................................................... 284 78. Wesen des gewagten Geschäftes................................... ................................... 287 79. Schadensersatzanspruch des Geschästsherrn gegenden Bevollmächtigten 288 80. Verpfändung in blanco indossierter Grundschuldbriefe................................ 292 81. Kommt der Grundsatz des Art. 313 Abs. 2 H.G.B. auch bei dem nicht kaufmännischen Zurückbehaltungsrechte zur Anwendung?........................... 295 82. Wesen der Gemeinschaften A.L.R. I. 17 und der erlaubten Privatgesell schaften A.L.R. II. 6 (Nr. 23 S. 107)............................................................ 296 83. Kommt der Vorteil aus einem von dem Beauftragten infolge des Auf
trages im eigenen Namen abgeschlossenen Geschäfte diesem oder dem Auftraggeber zu?....................................................................................................... 296 84. Erbschaftsstempelsteuergesetz vom 30. Mai 1873 §. 25 ............................ 300 85. Umfang der landschaftlichen Zwangsverwaltung........................................... 303
IV. Rheinisches Recht. 86. Gesetzliches Unterpfandrecht der Ehefrau. Mitwirkung der Ehefrau zum Verkaufe einer Liegenschaft während bestehender Gütergemeinschaft . .
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87. Kann der Nutznießer einer hypothekarisch gesicherten Forderung das Kapital einziehen und einklagen?.......................................................................340 88. Pfändung des ungeteilten Anteiles einer dem Schuldner zugefallenen Erbschaft (Nr. 107 S. 364)............................................................................. 312
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89. Widerruf eines Mandates 90. Rechte des Arbeiters aus einer von dem Arbeitgeber für ihn bewirkten Unfallversicherung 91. RangordnungsVerfahren; Beginn der Frist zur Erhebung der Wider spruchsklage gegen den VerteilungsPlan
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V. Prozeßrecht. 92. Liegt in der Zustellung eines Arrestanordnungsbeschlusses, in welchem ein Recht als Gegenstand des Arrestes bezeichnet ist, eine Pfändung des Rechtes? C.P.O. §. 754 Abs. 2 93. Zurückverweisung der Sache in die erste Instanz wegen Mängel des Verfahrens. C.P.O. §. 501 94. Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt. C.P.O. §. 94 . . 95. Gebühren der Rechtsanwälte; Gebührenordnung §. 87. Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses 96. Gebühren der Rechtsanwälte; Gebührenordnung §. 13 Ziff. 4. §. 17 . 97. Voraussetzungen für den Erlaß einstweiliger Verfügungen. C.P.O. §§. 817. 819 98. Negative Feststellungsklage, Beweislast. C.P.O. §§. 231.253 99. Beweis durch Eid. C.P.O. §§. 425. 426. 428. 491. 495. 501
. . ..
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100. Zustellung von Rechtsmittclschriftsätzen. C.P.O. §§. 74. 164 ... . 101. Prorogation bei den in §. 23 Ziff. 2 G.V.G. aufgeführten Streitigkeiten. C.P.O. §§.38.40 * . . 102. Gerichtsstand des Erfüllungsortes bei Verträgen über Immobilien. C.P.O. §.29 103. Zustellung von Rechtsmittelschriftsätzen an den Anwalt, welcher Prozeß vollmacht für die gleiche Instanz hatte, als darin über den Grund des Anspruches erkannt wurde. C.P.O. §§. 162—164 104. Gebühren der Rechtsanwälte; Gebührenordnung §.44 105. Nestitutionsklage gegen ein vor bent 1. Oktober 1879 rechtskräftig ge wordenes Urteil. C.P.O. §§. 543. 549 106. Haftung des Gerichtsvollziehers gegenüber dem Gläubiger, welcher ihm den Auftrag zur Zwangsvollstreckung erteilt hat. C.P.O. §§. 674.676 107. Pfändung des ungeteilten Anteils einer dem Schuldner zugefallenen Erbschaft; Überweisung der gepfändeten Forderung durch das mit der Klage auf Gültigkeitserklärung der Pfändung befaßte Gericht. C.P.O. §§. 729. 730. 754
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108. Bestreiten der Zulässigkeit der Berufung in der Revisionsinstanz wegen Verspätung der Zustellung des Urteiles, welche in zweiter Instanz nicht geltend gemacht ist. C.P.O. §§. 516. 497. 130. 162. 163 ......................
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109. Vollstreckung ausländischer Urteile. C.P.O. §§. 660. 661 ......................
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110.
Beweis durch Sachverständige.
C.P.O. §§. 375. 376
............................
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111. Kann der Anspruch der Ehegatten auf Erziehung ihrer Kinder nach der Ehescheidung im Ehescheidungsverfahren geltend gemacht werden? C.P.O. §. 575 Abs. 2....................................................................................................... 381 112. Beschwerde über Entscheidungen des Gerichtsschreibers; C.P.O. §§. 531. 539; Wahrung der in §. 540 Abs. 4 bestimmten Notfrist durch eventuelle Einlegung der Beschwerde vor der Entscheidung des Prozeßgerichtes; Er teilung des Zeugnisses nach §. 646 Abs. 2 C.P.O...........................................384 113. Ladung ohne vorgängige Ansetzung des Termins; ist der Mangel von Amts wegen zu berücksichtigen? C.P.O. §§. 230. 305. 479. 515. 526 388 114. Kann der Armenanwalt gegen einen Beschluß, welcher im Kostenfest setzungsverfahren zwischen den Parteien ergangen ist, im eigenen Namen Beschwerde erheben?............................................................................................ 389 115. Besteht für das Kostenfestsetzungsverfahren in erster Instanz Anwalts zwang? C.P.O. §§. 74. 98. 162 .................................................................. 390 116. Bezieht sich die Vorschrift in §. 578 Abs. 1 C.P.O. nur auf den auf die Klage zur mündlichen Verhandlung anberaumten Termin oder auch auf die weiteren Termine? Voraussetzungen des in H.568Abs. 2 C.P.O. bestimmten Gerichtsstandes................................................................................. 393 117. Revisionssumme. C.P.O. M 4. 508. 655 Abs. 2......................................410 118. Erfordernisse der Zustellung; Prüfung der Legalität der Form der Zu stellung von Amts wegen; Geltendmachung eines formellen, in der Be rufungsinstanz nicht gerügten Mangels in der Revisivnsinstanz. C.P.O. §§. 156. 181. 267. 477. 479. 511. 512. 521 . . 412 119. Berechnung der Revisionssumme, wenn das Berufungsurteil nach rechts kräftiger Zuerkennung der Hauptforderung nur noch den Zinsenanspruch zum Gegenstände hat. C.P.O. §§. 3—9. 508 ............................................ 414 120. Voraussetzungen der Anwendbarkeit des §. 260 C.P.O.................................416 121. Einspruch; Einlegung der Zustellung des Versäumnisurteils; Wirkung der Zurücknahme eines vor Zustellung des Versäumnisurtells einge legten Einspruchs. C.P.O. §§. 217. 283. 304. 306. 311. 476. 477. 514. 540. 549 .................................................................................................. 420 122. Hat der Kommissionär wegen des ihm nach Art. 374 H.G.B. zustehen den Pfandrechtes am Kommissionsgute ein Widerspruchsrecht gegen die Pfändung eines Dritten? C.P.O. §§. 710. 712. 713. 745. 746. 772. 803. 808 ............................................................................................................. 424 123. Urkunden- und Wechselprozeß; Mangelhaftigkett der dem Beklagten mit der Klage zugestellten Abschrift einer zum Beweise der Klagethatsachen dienenden Urkunde; Beibringung deutscher Übersetzungen in fremder
Seite Sprache abgefaßter Urkunden; Geltendmachung eines ausländischen Wechsels, dem ein Erfordernis der D.W.O. fehlt, im Wechselprozesse. C.P.O. §§ 133. 230. 267. 492. 555. 556. 560 ......................................
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Sachregister....................................................................................................................... 439 Gesetzesregister..................................................................................................................455 Chronologische Zusammenstellung.................................................................................460 Zusammenstellung nachOberlandesgerichtsbezirken................................................ 467
I. Reichsrecht. 1. Ist ein Vertrag rechtswirksam, durch welchen sich jemand, der ein Handelsgeschäft nicht betreibt, zwecks Übertragung seines Namens als Firma an einen Anderen diesen verpflichtet, sich den ein Geschäft darstellenden Komplex von Gegenständen anzuschaffen und nach darauf erlangtem Eintrag des Namens als Firma die Gegenstände und Waren als Geschäft zu übertragen? I. Civilsenat. Urt. v. 16. September 1882 i. S. S. (Bekl.) w. G. P.
(Kl.) Rep. I. 320/82. I.
II.
Landgericht I Berlin.
Kainmergcricht daselbst.
Aus den Gründen:
„Das deutsche Handelsgesetzbuch hat für die Handelsfirmen das Erfordernis der Wahrheit, d. i. der Übereinstimmung des zu wählenden Firmennamens mit dem wirklichen Namen der Person des Firmen trägers, aufgestellt (Artt. 16. 17. 18).
Von diesem Erfordernisse sta tuiert es Befreiungen nur zu Gunsten bereits bestehender Handels
geschäfte.
Bereits bestehende Handelsgeschäfte sollen mit der für sie
geführten Firma auf andere Personen übergehen können, sei es, daß das bestehende Handelsgeschäft durch Vertrag oder Erbgang gänzlich aus andere Personen übergeht (Art. 22), sei es,
daß nur eine teilweise
Personenveränderung durch Eintritt oder Austritt eines Gesellschafters
erfolgt (Art. 24).
Diese Ausnahmen beruhen auf der Anerkennung,
E. d. R.G. Entich. in Civils.
IX.
1
daß für ein bestehendes Geschäft dessen Firma eine vermögensrechtliche Bedeutung hat, und daß insbesondere ohne die Möglichkeit ihrer Mit
übertragung die Fortführung des Geschäftes durch andere Personen
erheblich gehindert werden würde lvgl. Motive zum preußischen Ent würfe des Handelsgesetzbuches S. 17).
Ein Interesse, lediglich seinen
Namen zum Gegenstände einer vermögensrechtlichen Ausbeutung durch Veräußerung zu machen, bezw. auf feiten des Erwerbers, unter fremdem
Namen mehr zu erlangen, als dem eigenen voraussichtlich zufallen möchte, wird vom Gesetze reprobiert. Deshalb sagt Art. 23 noch be sonders:
„Die Veräußerung einer Firma als solcher, abgesondert von
dem Handelsgeschäfte, für welches sie bisher geführt wurde, ist nicht zulässig." Es ist daher keine Firmenübertragung zulässig, wenn
der Firmeninhaber das von ihm betriebene Geschäft in Wahrheit aufgiebt, mag er auch ein Quantum Waren aus dem Geschäfte an den
Erwerber übertragen und diese fein Geschäft nennen. Ebenso ist eine Firmenübertragung unzulässig, wenn der Übertragende ein zu über tragendes Geschäft gar nicht betrieben hat, vielmehr sich erst zur Er füllung eines die Übertragung feines Namens als Firma bezweckenden
Vertrages den Komplex von Gegenständen, welche ein Geschäft darzu stellen vermögen, anschafft, um, statt eigenen Betriebes eines solchen,
sofort mit erlangtem Einträge des Namens als Firma auf Grund ge
dachter Veranstaltungen den Namen und jenen Komplex in Erfüllung der übernommenen Verpflichtung auf den Gegenkontrahenten zu über
tragen. Vgl. Entsch. des RQ.H.G.'s Bd. 6 S. 246 flg.; Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 1 S. 260 flg., Bd. 3 S. 120 flg. Die betreffenden Vorschriften des Handelsgesetzbuches bezwecken nicht bloß den Schutz desjenigen, dem eventuell die wirkliche Führung des betreffenden Firmennamens durch solche Übertragung verkümmert wird,
sondern es sind zwingende Vorschriften int Interesse des Publikums, wie sich aus den Wortfassungen „darf" in Art. 16, „muß" in Artt. 17. 18, „nicht zulässig" in Art. 23 und aus der Anordnung des Einschreitens
seitens des Handelsgerichtes mit Ordnungsstrafen gegen die Zuwider
handelnden in Art. 26 Abs. 2 ergiebt. Es kann danach für die Ent scheidung, ob ein die Übertragung der Firma ohne Mitübertragung eines bereits betriebenen Geschäftes zum Gegenstände habender Vertrag unter den Kontrahenten zu erfüllen ist, kein Gewicht darauf gelegt
werden, daß, wenn auch eine rechtswirksame Erlangung der Firma auf
solchem Wege nicht möglich ist, etwa die Kontrahenten es nicht sowohl hierauf, als bloß auf die thatsächliche Erlangung abgesehen haben, und schon für die zur Erschleichung der Firma gegen das Gesetz gethanen Schritte das Äquivalent festgesetzt ist. Wenn die Veräußerung der
Firma als solcher, abgesondert von dem Handelsgeschäfte, für welches sie bisher geführt wurde, vom Gesetze als unzulässig bezeichnet wird, so entbehrt ein Vertrag, welcher solche Veräußerung zum Gegenstände
hat, der Rechtswirkung, und dieser Mangel der Rechtswirkung muß sich für und gegen jeden der Kontrahenten und ohne Rücksicht daraus äußern, ob die Kontrahenten bewußt das Unzulässige gewollt haben."...
2. Rechtliche Bedeutung der Bestimmung der österreichischen Ein kommensteuergesetze, daß der dortige Gewerdsunternehmer die Steuer von den Zinsen seiner Kapitalschulden seinem Gläubiger in Abzug bringen darf, in Anwendung auf außerhalb Österreichs wohnende Gläubiger. Kann der österreichische Schuldner gegenüber dem aus ländischen Gläubiger dies Abzugsrecht geltend machen, wenn das Schnldverhältnis auf Erfüllung im Auslande gestellt und die Ver zinsung in namhaft gemachten festen Beträgen versprochen ist? I. Civilsenat. Urt.v. 4.Oktober 1882i.S.Lemberg-Czernowitz-Jassyer
Eisenbahngesellschast (Bell.) w. D. B. S. (Kl.) I. II.
Rep. I.
335/82.
Landgericht Frankfurt a. M. Oberlandesgericht daselbst.
Die beklagte Gesellschaft hatte 1865 Schuldverschreibungen auf den Inhaber mit Zinskoupons emittiert, in denen die zu zahlenden Kapitals- und Zinsbeträge in bestimmten Terminen nach den Währungen
verschiedener Länder, insbesondere neben der österreichischen Silber währung, der süddeutschen Guldenwährung und der Thalerwährung an gegeben waren, auch entsprechend diesen Währungen nach Wahl der Besitzer die Zahlung an Plätzen dieser Währungsgebiete versprochen
war.
In dem Texte der Schuldverschreibungen hieß es:
lehen ist bis zum Jahre 1869 steuerfrei."
„Dieses An
Klägerin forderte Zahlung 1*
1881 fällig gewordener Zinskoupons in Frankfurt a. M. in deutscher
Reichsgoldwährung, entsprechend der Umrechnungsnorm des deutschen Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 für süddeutsche Währung.
Die Be
klagte wollte von dem geforderten Betrage die 10°/o Steuer abziehen, welche nach den österreichischen Einkommensteuergesetzen* sie von den 1 Das österreichische Patent vom 29. Oktober 1849 (R.G.Bl. v. 1849 Nr. 439), welches eine als „Einkommensteuer" bezeichnete Ertragssteuer einführte, bezeichnet als Gegenstände der Steuer: a. Grund- und Hausbesitz' und hypothezierte Schulden. In betreff ihrer heißt es im §. 2: „Das Einkommen von dem der Grundund Gebäudesteuer unterliegenden Besitztume, dann den auf demselben haftenden Kapitalien und Renten wird durch den mit dem Patente vom 10. Oktober 1850 angeordneten außerordentlichen Zuschlag zur Grund- und Gebäudesteuer und durch die dem Besitzer der Realität erteilte Berechtigung des Steuerabzuges von den er wähnten Kapitalzinscn und Renten der Besteuerung unterzogen." b. Andere Arten des Einkommens. Hier heißt es zunächst im §. 3: „Alle anderen Arten des reinen Einkom mens, das die Bewohner der unter dem gegenwärtigen provisorischen Gesetze be griffenen Länder von ihrem persönlichen Erwerbe oder ihrem in diesen Ländern verwendeten Vermögen beziehen, sind, soweit das Gesetz keine Ausnahme bewilligt,
der Einkommensteuer unterworfen." Diese Arten zerfallen in drei Klassen:
I. II. III.
Einkommen Einkommen Zinsen von renten oder
von den der Erwerbssteuer unterworfenen Gattungen. aus Gehalten, Pensionen re. Darlehen oder anderen stehenden Schuldforderungen, Leib andere den Zinsgenuß von einem Kapitale vertretenden
Renten. Die Steuerbemessung erfolgt auf Grund von Bekenntnissen der zum Genusse des Einkommens Berechtigten. In betreff der Klasse I bestimmt §. 11: „Bei den Angaben des Ein kommens dürfen nicht in Abzug gebracht werden dieZinsen von dem in der Unternehmung oder dem Geschäfte anliegenden Kapitale und von den Kapitalsschulden der steuerpflichtigen Geschäftsunter-
nehmung." Damit hängt §. 23 zusammen, der unter der Rubrik: „Von wem die Steuerbemessung vorgenommen wird, b. von Schulden der Erwerbsunterneh mungen" bestimmt: „Die Steuer von den Zinsen der Kapitalsschulden einer Handels- oder anderen Gewerbsunternehmung ist der Eigen tümer der letzteren berechtigt, mit Fünf von Hundert oder 3 Kr. von einem Gulden bei der Auszahlung der Zinsen in Abzug zu bringen und zu fordern, daß der auf diese Art abgezogene Betrag von dem Gläubiger quittiert werde."
2.
Österreichische Einkommensteuer.
Zinskoupons.
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Zinsen der in ihrem Unternehmen angelegten Kapitalien zu zahlen hat.
Sie ging davon aus, daß dies eine Steuer sei, welche auf den Erträgen dieser Kapitalien ruhe und daher von den Kapitalsbesitzern, auch den Dem entsprechend sind das Steuerobjekt in Klasse III nach §. 13: „Die Zinsen und Renten in der dritten Klasse, welche nicht durch den dem Schuldner zufolge des gegenwärtigen Gesetzes bewilligten Abzug getroffen werden, sei es, weil sie weder auf einem Grund- oder Hausbesitze, noch auf einer steuerpflichtigen Unter nehmung haften, oder wenn dem Schuldner selbst die Befreiung von den Steuern zukommt (es sind nämlich nach §. 5 in der Klasse I die der untersten Gewerbs steuerklasse Angehörigen steuerfrei)." In betreff der Steuerfreiheit in Klasse III sagt §. 8: „Beweiset jemand, daß sein gesamtes Jahreseinkommen, ohne Abzug der Schulden, im ganzen 300 Gld. nicht übersteigt, so kann er verlangen, daß er von der Einkommensteuer, die ihm von Kapitalzinsen oder den Zinsgenuß vertretenden Renten entweder unmittelbar oder durch den seinen Schuldner gestatteten Anspruch zu treffen hat, freigelassen, oder, sofern er dieselbe berichtigt hätte, ihm solche zurückerstattet werde." Zu der ursprünglich auf 5 % festgesetzten Steuer sind durch Finanzgesetz vom 19. Dezember 1862 (R.G.Bl. v. 1862 Nr. 101) 2°/0 und durch Finanzgesctz vom 26. Juni 1868 (R.G.Bl. v. 1868 Nr. 72) weitere 3 % zugeschlagen, und es heißt in diesem Gesetze: das den Gewerbeunternehmern gesetzlich eingeräumte Recht, die Einkommensteuer, welche auf die bei ihnen angelegten Kapitalien entfällt, an den Zinsen dieser Ka pitalien in Abzug zu bringen, hat auch den erhöhten Zuschlag zu geben. Besondere Bestimmungen sind ergangen: Bezüglich der Besteuerung an Zinsen von Staats-, öffentlichen Fonds- und städtischen Obligationen durch Verordnung v. 28. April 1859 (R.G.Bl. v. 1859 S. 67): Fortan soll von den fällig werdenden Zinsen von Staats-, öffentlichen Fonds und ständischen Obligationen, mit Ausnahme derjenigen, die aus Anlehen her rühren, bei deren Aufnahme die Steuerbefreiung zugesichert wurde, die Einkom mensteuer nicht mehr auf Grundlage von Bekenntnissen, sondern gleich unmittelbar durch die zur Auszahlung dieser Zinsen berufenen landesfürstlichen Kassen mit dem für die dritte Klaffe des Einkommens festgesetzten Prozente ohne Rücksicht auf die Eigenschaft des Besitzers und die Höhe des Zinsbetrages zu bemessen und in Abzug zu bringen sein. Bezüglich der Umwandlung der verschiedenen Schuldtitel der bisherigen allgemeinen Staatsschuld durch Gesetz vom 20. Juni 1868 (R.G.Bl. v. 1868 Nr. 66): Sämtliche Gattungen der fundierten allgemeinen Staatsschuld werden in eine 5prozentige einheitliche Schuld umgewandelt, die mit einer Steuer von 16%, welche nicht erhöht werden kann, belastet wird. Der Finanzministerial-Erlaß v. 24. Juni 1851 (vgl. Hanel, Die österreich. Steuergesetze Bd. 2 S. 85) bestimmt: 1. Nach §. 3 des Einkommensteuer-Patentes sind — außer den im §. 2 er wähnten Einkommen — alle anderen Arttn des reinen Einkommens, das die
ausländischen, geschuldet wurde.
Auch erachtete sie durch ihre Angabe
im Texte der Schuldverschreibungen die Pflicht zur Erstattung dieser Steuer den Besitzern der Zinskoupons auferlegt.
erachtete den Abzug als gerechtfertigt.
Der erste Richter
Der zweite Richter verwarf ihn.
Er ließ dahingestellt, ob die österreichischen Gesetze im Sinne einer dem Kapitalsbesitzer auferlegten Steuer zu verstehen seien, weil, auch wenn dies der Fall wäre, die Steuerhoheit des österreichischen Staates nicht
über sein Gebiet hinausreiche. Die Angabe in den Schuldverschreibungen
erachtete er nicht von ausreichender Klarheit, um gegenüber dem Ver sprechen fester Zinssummen für das Publikum die Pflicht, sich gedachten
Abzug gefallen zu lassen, zum Ausdrucke zu bringen.
Die von der
Beklagten eingelegte Revision wurde vom Reichsgerichte zurückgewiesen aus folgenden
Gründen:
... „Was den geltend gemachten Abzug der von der Beklagten nach ihrer Behauptung für die Kapitalien, zu denen die eingeklagten Zins
koupons gehören, nach dem österreichischen Patente vom 29. Oktober 1849 und den Finanzgesetzen vom 19. Dezember 1862 und vom 26. Juni 1868
mit 10% bezahlten österreichischen Einkommen- oder Ertragssteuer an
langt .. ., so stellt sich die Verwerfung des Abzuges seitens des Be rufungsgerichtes als richtig dar.... Die hier in Betracht kommenden Zinskoupons sind nach ihrem,
bezw. der entsprechenden Schuldverschreibungen Inhalt weder solche, für welche zur Auszahlung der Zinsen österreichische landesfürstliche Kassen berufen sind, noch gehören sie zu Staatsschuldtiteln.
Es kommen
daher für die Frage der Einkommensteuerpflicht weder die österreichische Bewohner der unter diesem Gesetze begriffenen Länder von ihrem persönlichen Er
werbe oder ihrem in diesen Ländern verwendeten Einkommen beziehen, der Ein
kommensteuer unterworfen, soweit dieses Gesetz keine Ausnahme bewilligt.
Im
Gegensatze hiervon ergiebt sich offenbar, daß das reine Einkommen, welches die Bewohner der unter dem Patente begriffenen Länder von dem im Auslande ver
wendeten Vermögen beziehen, der Einkommensteuer nicht unterliege.
2) In Bezug auf den Steuerpflichtigen macht das Gesetz keinen Unterschied zwischen In- und Ausländern, sondern erklärt die Bewohner dieser Länder für steuerpflichtig.
Sobald nun ein Ausländer nach den allgemeinen Nechtsbegriffen
als ein Bewohner dieser Länder anzusehen ist und hier entweder einen persönlichen
Erwerb hat oder aus einem hier verwendeten Vermögen ein Einkommen bezieht, so kann auch diese Stcuerpflicht nicht in Frage gestellt werden.
Verordnung vom 28. April 1859 noch das österreichische Gesetz vom 20. Juni 1868 in Anwendung, welche Gesetze allerdings den Abzug der Einkommensteuer von allen bei landesfürstlichen oder Staatskassen ein zuhebenden Zinskoupons von Staats-, öffentlichen Fonds- oder ständischen Schuldverschreibungen schlechthin, bezw. die erstgedachte Verordnung für
die aus landesfürstlichen Kassen zu zahlenden ausdrücklich „ohne Rück
sicht auf die Eigenschaft des Besitzers" vorschreiben.
Vielmehr kommt
für die vorliegenden Zinskoupons von österreichischen Gesetzen lediglich
das Einkommensteuerpatent vom 29. Oktober 1849 in Betracht, da der Inhalt der Gesetze vom 19. Dezember 1862 und vom 20. Juni 1868 sich auf die Verordnung von Zuschlägen zu den durch das gedachte
Patent festgesetzten Steuerprozentbeträgen beschränkt. Das gedachte Patent, welches im Eingänge als für die Kron länder, in denen die mit dem Patente vom 31. Dezember 1812 fest gesetzte Erwerbssteuer besteht,
zur Geltung bestimmt bezeichnet wird,
erachtet als Steuerquellen, abgesehen von den im §. 2 behandelten
„Grund- und Hausbesitz und hypothezierten Schulden", die anderen Arten des Einkommens in drei Klassen, von denen hier nur die erste und dritte Klasse interessieren, nämlich als erste Klasse „das Einkommen
von den der Erwerbssteuer unterworfenen Erwerbsgattungen" und als
dritte Klasse „Zinsen von Darleihen oder anderen stehenden Schuld sorderungen" (§. 4). In betreff der ersten Klasse wird in §. 13 a. a. O.
näher bestimmt:
„Bei der Angabe des Einkommens dürfen nicht in
Abzug gebracht werden die Zinsen von dem in der Unternehmung oder dem Geschäfte anliegenden Kapitale und von den Kapitalsschulden der steuerpflichtigen Geschästsunternehmung" und in §. 23 unter der Über schrift:
„Von Schulden der Erwerbsunternehmungen und der all
gemeinen Rubrik: „Von wem die Steuerbemessung" vorgenommen wird":
„Die Steuern von den Zinsen der Kapitalsschulden einer Handels oder anderen Gewerbsunternehmung ist der Eigentümer der letzteren berechtigt, mit 5 vom Hundert oder 3 Kr. von einem Gulden in Abzug
zu bringen und zu fordern, daß der auf diese Art abgezogene Be trag von dem Gläubiger quittiert werde."
In betreff der dritten Klasse
wird in §. 13 a. a. O. näher bestimmt: „Die Zinsen in der dritten
Klasse, welche nicht durch den dem Schuldner zufolge des gegenwärtigen Gesetzes bewilligten Abzug getroffen werden, sei es, weil sie weder auf
einem Grund- oder Hausbesitze noch auf einer steuerpflichtigen Unter-
nehmung haften oder weil dem Schuldner selbst die Befreiung von der Steuer zukommt, hat der zum Bezüge Berechtigte anzugeben." Ehe das Patent aber von dem Grund- und Hausbesitze und den hypothezierten Schulden zu der Klasseneinteilung des anderen Einkom mens übergeht, bestimmt es im §. 3 unter der Überschrift „Andere
Arten des Einkommen": „Alle anderen Arten des Einkommens, das die Bewohner der unter
dem gegenwärtigen provisorischen Gesetze begriffenen Länder von ihrem persönlichen Erwerbe oder ihrem in diesen Ländern verwen
deten Vermögen beziehen, ist, soweit das Gesetz keine Ausnahme be willigt, der Einkommensteuer unterworfen."
Hier ist deutlich der Wirkungskreis des Patentes dahin beschränkt, daß
als Steuersubjekte in betreff der nunmehr zu behandelnden Arten von Einkommen lediglich die Bewohner der österreichischen Kronländer, wie
letztere im Eingänge näher bezeichnet worden, erachtet werden.
Dies
bestätigen auch die vom Berufungsgerichte angezogenen österreichischen Finanzministerialerlasse vom 24. Juni 1851 und vom 15. Januar 1853. Vgl. Hanel, Die österreichischen Steuergesetze Bd. 2 S. 85.119/ Diesem Prinzipe widerspricht es, den außerhalb Österreichs wohnhaften
Eigentümer eines in einem österreichischen Gewerbsunternehmen zur Verwendung kommenden Schuldkapitales als nach gedachtem Patente
dem österreichischen Staate steuerpflichtig zu erachten. An einer Be stimmung, wonach etwa aus Österreich emittierte Jnhaberpapiere wegen dieser ihrer Beschaffenheit steuerlich als Kapitalsforderungen eines durch
das Patent getroffenen Eigentümers erachtet werden sollten, fehlt es. Dem §. 23 des Patentes kann daher gegenüber dem §. 3 nur dann eine über die Grenzen des letzteren hinausgehende Wirkung beigemessen
werden, wenn der darin gestattete Abzug einen anderen Charakter als den der Einziehung einer dem Gläubiger auferlegten Steuer oder der Erstattung für die Zahlung einer dem Gläubiger gegen den Staat obliegenden Steuerschuld hat.
Soll trotz §. 3 das Patent dahin aus
zulegen sein, daß der österreichische Gewerbsunternehmer bei Versteuerung
des Ertrages seines Unternehmens von diesem Ertrage auch die Zinsen
von Kapitalsschulden an im Auslande Wohnhafte nicht soll abziehen dürfen, und daß das ihm nach §. 23 des Patentes seinen Gläubigern gegenüber gewährte Abzugsrecht auch gegen die im Auslande wohnenden
Gläubiger gelten soll, so ist dies nur von dem Gesichtspunkte aus
2. österreichische Einkommensteuer. Zinskoupons.
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möglich, daß — zum mindesten in Rücksicht auf die Ausländern zu stehenden Kapitalien der österreichische Gewerbsunternehmer als der
ausschließliche Steuerpflichtige im rechtlichen Sinne erachtet wird, der
die Steuerpflicht in Höhe des ganzen Ertrages seines Unternehmens
ohne Abzug der Zinsen für die darin angelegten ausländischen Kapi talien hat, daß ihm aber im Interesse seiner Erleichterung und that sächlicher Überwälzung der Steuer der österreichische Staat mittels
Eingriffes in die Privatrechte der Gläubiger das Recht hat verleihen wollen, sich von seinen Zinsschulden durch seiner eigenen Steuerzah lung entsprechend geringere Zahlungen zu befreien.
Die Beklagte hat
alsdann ihre Steuerschuld, nicht die der Klägerin bezahlt.
Sie zieht
mittels des Abzuges nicht an Stelle des österreichischen Staates eine
von diesem der Klägerin auferlegte Steuer ein. Sie will vielmehr von einem durch österreichisches Gesetz den in Österreich wohnenden und steuerpflichtigen Schuldnern im Interesse ihrer Steuererleichterung ver
liehenen Rechte, durch entsprechend geringere Zahlungen ihre Schulden zu tilgen, Gebrauch machen.
Es handelt sich daher, sofern der §. 23
überhaupt auf im Auslande wohnende Kapitalsgläubiger zu beziehen ist, bei der Entscheidung, ob diese Wirkung auf die infolge der Wahl der Kläger in Deutschland zahlbaren Zinsschulden anzuerkennen ist,
nicht um die Grenzen der Steuerhoheit des österreichischen Staates, sondern um Grundsätze des sogenannten internationalen Privatrechtes.
Diese Grundsätze aber (gleichviel ob man nach denselben dem Rechte des Erfüllungsortes an sich eine subsidiär maßgebende Bedeutung, in vollem oder begrenztem Umfange, beimißt oder unter Leugnung solcher alles auf den mutmaßlichen Willen der Kontrahenten oder an ihrer
Stelle gedachter treuer Männer in betreff des anzuwendenden Rechtes
überhaupt oder des einzelnen in Frage kommenden Rechtssatzes für sich allein stellt) führen zur Verneinung der Wirksamkeit jenes Ab zugsrechtes bei Geltendmachung des Rechtes aus Zahlung außerhalb Österreichs. Selbst in Bezug auf Schuldverbindlichkeiten, welche in ihren Wir kungen gänzlich unter ausländischen Gesetzen stehen, wird von beachtens
werten Seiten die Ansicht vertreten, daß der einheimische Richter zu Gunsten des einheimischen Gläubigers denjenigen Schuldbefreiungs gründen des ausländischen Gesetzes die Wirkung zu versagen habe, welche nicht mit allgemeinen Gerechtigkeitsgrundsätzen im Einklänge
stehen und insbesondere lediglich zum Schutze eines Sonderinteresses des ausländischen Staates oder seiner Angehörigen, namentlich in
Richtung gegen die einheimischen Gläubiger, eingeführt sind.
Vgl. Ässer, Internationales Privatrecht S. 140 (in betreff des Moratoriums); Wharton, Treatise of the conflict of laws 2. Aus gabe §. 521; Story, Comment, on the conflict of laws 6. Ausg. §§. 349. 350 S. 470. 471; Fiore, Droit international prive, trad.
par Pradier-Fodere Nr. 308 S. 48 flg.
Von dieser Ansicht kann hier abgesehen werden.
Die Schuldverschrei
bungen sind nach Wahl der Gläubiger an bestimmten Orten außerhalb Österreichs zahlbar. Die Angabe dieser Zahlungsorte korrespondiert
mit der Angabe der Währungen verschiedener Währungsgebiete, deren
Hauptorte die angegebenen Zahlungsorte sind. Die Angabe der Wäh rungen befindet sich in der Überschrift der Schuldverschreibungen in besonders in die Augen fallender Weise.
Die Feststellung der Zah
lungsorte enthält keine Einschränkung ihrer Geltung auf einen be
stimmten Zeitraum von den Fälligkeitsterminen ab.
Auf die Gewin
nung der Kapitalien der angegebenen verschiedenen Währungsgebiete war die Absicht gerichtet.
Alle diese Umstände rechtfertigen die An
nahme, daß sich die Bedeutung der Festsetzung gedachter Zahlungsorte durchaus nicht in der Gewährung bloßer sogenannter Zahl- oder Er
hebungsstellen erschöpft, daß es vielmehr darauf abgesehen war, die Schuldverschreibungen für die fremden Währungsgebiete als überhaupt der Vorzüge einheimischer teilhaftig werden zu lassen und insbeson dere die Bewirkung der Zahlung als nach Befugnis der Gläubiger denjenigen Einschränkungen und Hinderungen entzogen zu kennzeichnen,
welche der österreichische Staat ihnen vermöge seiner Herrschaft im
Domizile des Schuldners auferlegen wollen möchte und zur Wirkung zu bringen die Macht haben würde, wenn die Gläubiger zur Geltend machung ihrer Forderungen dem Schuldner in sein Domizil folgen müßten. Ob hierdurch eine völlige Loslösung der Schuldverschreibungen von der Einwirkung Österreichs nach Wahl der Gläubiger bewirkt ist,
kann hier dahingestellt bleiben.
Es mag sein, daß die Anwendung
des österreichischen Gesetzes insoweit nicht ausgeschlossen ist, als es sich um den Schuldverschreibungen selbst beizumessende Wirkungen oder um die Einwirkungen von den Schuldner betreffenden Ereignissen handelt, welche nach allgemeinen Grundsätzen alle Gläubiger gleichmäßig berühren
müssen.
Hier aber liegen zur Abwehr voller Geltendmachung der For
derungen dienende Behelfe vor, zu deren Aufstellung der österreichische Staat seine Gesetzgebungsgewalt aus einem lediglich fiskalischen, bezw.
die wirtschaftliche Schonung seiner Angehörigen und Besteuerten be zweckenden Interesse verwendet hat.
Der Wirkung solcher, reinen
Opportunitätsgesichtspunkten des Heimatsstaates des Schuldners ent stammenden Maßregeln über die Machtsphäre dieses Staates hinaus steht, auch wenn sie von dem Staate beabsichtigt sein sollte, die ge
schilderte Tendenz der Stellung der Währung und Zahlungen auf
außerösterreichische Gebiete entgegen.
Gerade die Anwendung des hier
in Rede stehenden Abzugsrechtes wäre aber auch unter dem Gesichts punkte von Treue und Glauben noch besonders zurückzuweisen, da nach
den thatsächlichen Annahmen und Würdigungen des Berufungsgerichtes, welche einem rechtlichen Bedenken nicht unterliegen, die Beklagte in
den Schuldverschreibungen und Zinskoupons die vollen Zinsbeträge als Gegenstand der Zahlung bezeichnet hat, ohne von der Existenz der Abzugsbewilligung Kenntnis zu geben, obwohl bereits zur Zeit der fraglichen Emission das Patent von 1849 in Österreich in Wirksamkeit
war." ...
3. Unterschied der Auflösung einer Aktiengesellschaft durch Ver einigung mit einer anderen — Fusion — von der gewöhnlichen Auf lösung mit Liquidation. Werden infolge der Fusion die schwebenden Schulden der aufgelösten Gesellschaft fällig? I. Civilsenat.
Urt. v. 17. Oktober 1882 i. S. Straßen-Eisenbahn-
Gesellschaft Hamburg (Bekl.) w. P. (Kl.) I.
II.
Rep. I. 358/82.
Landgericht Hamburg.
Oberlandesgericht daselbst.
Die Pferdeeisenbahngesellschaft in Hamburg, eine Aktiengesellschaft, hatte behufs Deckung der Hälfte der Anlagekosten eines Geleises von der Marienthaler Land- und Baugesellschaft daselbst, welche an der Führung des Geleises durch bestimmte Straßen interessiert war, eine
Summe — bis aus 65 000 Thlr. limitiert — darlehnsweise vor gestreckt erhalten und über die empfangenen Beträge derselben auf In
haber lautende Obligationen ä 200 Thlr. ausgehändigt.
Verzinsung
und Rückzahlung der Beträge sollten lediglich aus den Betriebsüberschüssen der Pferdeeisenbahngesellschaft, die Rückzahlung im Wege allmählicher
Amortisation erfolgen, auf die Obligation sollten 3% Zinsen gezahlt
werden, sofern daneben die Betriebsüberschüsse für das Aktienkapital
der Schuldnerin eine Dividende von 6 °/0 gewährten.
Ein über diese
Beträge hinaus noch vorhandener Ertrag sollte nach Verhältnis des Obligationenkapitales und Aktienkapitales auf die Obligationen und die Aktien verteilt werden, und der auf die Obligationen fallende Betrag sollte die zur Rückzahlung der Obligationen zu verwendende jährliche
Amortisationsquote bilden. Im betreffenden Vertrage hieß es: „Eine anderweite Einlösung wie durch Beteiligung an den jährlichen Über
schüssen nach Maßgabe des — die erwähnten Festsetzungen enthaltenden — §.8 kann von der Pferdeeisenbahngesellschaft niemals gefordert werden."
Es war ferner in dem Vertrage vorgesehen, daß eine in
§. 2 des Statutes der Pferdeeisenbahngesellschaft vorgesehene Ausgabe weiterer Aktien — eine solche war daselbst bis zur Errichtung eines
Kapitalsbctrages von insgesamt 1000 000 Thlrn. vorgesehen — durch diesen Vertrag nicht gehindert werden solle, und daß es für den Ver
trag einflußlos bleibe, ob einzelne der der Pserdeeisenbahngesellschast zustehenden Konzessionen erlöschten oder neue von derselben erworben
würden, so lange eine Auflösung der Gesellschaft nicht stattfände.
Im
Statute der Pferdeeisenbahngesellschaft war als Fall der Auflösung nur der der völligen Aufgabe des Betriebsunternehmens mit Liqui dation und Vermögensverteilung vorgesehen.
Einige Jahre nach Abschluß dieses Vertrages und nachdem an
scheinend niemals eine für die Rückzahlung disponible Amortisations
quote erzielt worden war, im Jahre 1881 schloß die Pferdeeisenbahn
gesellschaft mit der Straßeneisenbahngesellschaft in Hamburg, ebenfalls eine Aktiengesellschaft, einen „Fusionsvertrag" genannten Vertrag, in-
halts dessen sie derselben ihr gesamtes Vermögen gegen Gewährung von Aktien oder Obligationen, entsprechend der Wahl ihrer Aktionäre, übertrug.
Die aufnehmende Straßeneisenbahngesellschaft sollte die zum
Zwecke des Umtausches gegen die bisherigen Aktien der Pferdeeisenbahngksellschaft erforderlichen Aktien oder Obligationen emittieren. Der
Betrieb des Pferdeeisenbahnunternehmens sollte bereits von Anfang 1881 ab für Rechnung der Straßeneisenbahngesellschaft gehen, und es
sollten dementsprechend die den Pferdebahn-Aktionären in Tausch für
ihre Aktien zu gebenden Straßenbahnaktien, wie in Zukunft, auch schon für 1881 an der von der Straßeneisenbahngesellschaft zu gewährenden Dividende teilnehmen. Bestimmt war ausdrücklich, daß bei der Über
tragung des Vermögens von beiden Gesellschaften die Vorschriften des
Handelsgesetzbuches, insbesondere des Art. 247, zu beobachten wären. Infolge dieses Vertrages wurde auf Antrag beider Gesellschaften die
Auflösung der Pferdeeisenbahngesellschaft, als durch Vereinigung mit der Straßeneisenbahngesellschaft erfolgt, im Handelsregister eingetragen. Das Aktienkapital der Pferdeeisenbahngesellschaft hatte sich zur Zeit
des Abschlusses des Fusionsvertrages auf 750 000 Thlr. belaufen. Klägerin stützte auf diese Vorgänge das Recht der Inhaber der
auf Grund des Vertrages mit der Marienthaler Gesellschaft ausgegebenen
Obligationen auf sofortige Rückzahlung ihrer Beträge, und zwar in
erster Reihe deshalb, weil mit Auflösung der Pferdeeisenbahngesellschaft
diese sich freiwillig der Möglichkeit begeben habe, die Bedingungen der Rückzahlung durch Amortisation aus ihrem Betriebe zu erfüllen, die Obli
gationeninhaber sich aber einen anderen Schuldner nicht aufdrängen zu lassen brauchten. Sie erhob deshalb für eine Anzahl Obligationen gegen die Straßeneisenbahngesellschaft als „Rechtsnachfolgerin der Pferdeeisen bahngesellschaft" Klage auf deren Rückzahlung.
Die in der Berufungs
instanz von der Beklagten aufgestellte Behauptung, es hätten sämtliche
Aktionäre der Pferdeeisenbahngesellschaft statt Obligationen Aktien ge
wählt, blieb unbestritten. Beide Jnstanzrichter verurteilten die Beklagte nach dem Klagantrage.
Auf die Revision der Beklagten wurde das
Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und die Sache zur ander weiten Verhandlung und Entscheidung an dasselbe zurückverwiesen. Aus den Gründen:
... „Der Entscheidungsgrund des Berufungsgerichtes besteht in der Ausführung, die Klage sei die Darlehnsklage, für welche geltend gemacht sei, daß die Stipulation der Unkündbarkeit mit Auflösung der Pferdeeisenbahngesellschaft hinfällig geworden sei, es komme daher auf
die weiter unter den Parteien erörterten Fragen, insbesondere, ob das
Vermögen der ausgelösten Gesellschaft noch von dem der Beklagten ge
trennt sei, ob der Vertrag der aufgelösten Gesellschaft mit der Beklagten
im rechtlichen Sinne ein Fusionsvertrag sei, ob, wie die erste Instanz angenommen, die Gesichtspunkte, welche für die Leitung des Unter nehmens der Pferdeeisenbahngesellschaft maßgebend und den Obligations
inhabern erheblich gewesen, wesentlich verändert worden, gar nicht an, die Pferdeeisenbahngesellschaft sei trotz der Vereinigung mit der vor
maligen Straßeneisenbahngesellschaft in Bezug auf ihre Schulden im Liquidationszustande, und es sei kein Grund erfindlich, weshalb diese
Schuld erst zur Zeit des Ablaufes derjenigen Konzessionen fällig werden
sollte, welche der Pferdeeisenbahngesellschaft zur Zeit des Abschlusses
des Vertrages mit der Marienthaler Gesellschaft zustanden. Diese, sichtlich von jeder Erörterung der besonderen Wirkungen
des
vorliegenden Vereinigungsvertrages
gegenüber den wesentlichen
Voraussetzungen des vorliegenden Darlehnsvertrages absehende Aus
führung verkennt die Wirkungen der Auflösung und Liquidation einer Aktiengesellschaft, insbesondere aber das Wesen der gemeinhin „Fusion"
genannten Auflösung einer Aktiengesellschaft, wie solches aus den Vor schriften des §. 247 H.G.B. zu entnehmen ist. Das Gesetz erfordert für die gewöhnlichen Fälle der Auflösung einer Aktiengesellschaft eine Liquidation (Artt. 244 flg. H.G.B.).
Die
Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflich tungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen der selben einzuziehen (Art. 137 a. a. O.). Eine Verteilung an die Aktio näre darf vor Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger oder Niederlegung
bezw. Sicherstellung der Beträge ihrer Forderungen nicht stattfinden
(Art. 245 a. a. O.).
Aber aus dem Gesetze folgt nicht, daß durch
die Auflösung der Gesellschaft und ihren Eintritt in Liquidation nicht fällige Forderungen an die Gesellschaft fällig, besondere zu Gunsten
der Gesellschaft vereinbarte Zahlungsmodalitäten hinfällig, schwebende
Verhältnisse zu akuten Lösungen geführt werden müßten.
setz bestimmt nicht,
Das Ge
bis zu welchem Zeitpunkte die Erfüllung der
Verpflichtungen und die Einziehung der Forderungen herbeizuführen sei, und es konnte dies nicht bestimmen, weil hierfür die Beschaffen heit der Verpflichtungen ausschlaggebend ist. Art. 137
So wenig aus dem
a. a. O. eine vorzeitige Fälligkeit der Gesellschaftsforde
rungen zu folgern ist, so wenig folgt aus demselben ein Recht der Gesellschaftsgläubiger, vorzeitig und ohne Rücksicht auf die Vertrags
vereinbarungen und Bedingungen Bezahlung ihrer Forderungen zu
begehren.
Das Gesetz spricht in Art. 202 Abs. 2 selbst von „schweben
den" — also trotz der eingetretenen Liquidation noch als schwebend erachteten — Verbindlichkeiten. Es entspricht gerade einer angemessenen, den Interessen der Aktionäre dienenden, Liquidation, die Vorteile und
Erleichterungen, welche sich die Gesellschaft für ihre Schuldentilgung
während ihres Bestehens zu verschaffen gewußt hat, auch nach der Auflösung auszunutzen.
Es kann deshalb auch der aufgelösten Gesell
schaft nicht versagt werden, insofern die Stundung ihrer Verpflichtungen von bestimmten Handlungen ihrerseits abhängig ist, auch diese gerade
zum Zwecke förderlicher Liquidation noch im Liauidationszustande vor zunehmen, vorausgesetzt, daß deren Vornahme nicht überhaupt mit dem Wesen der Liquidation unverträglich ist.
Die Gesellschaftsgläubiger
sind, sofern nicht aus dem Schuldvertrage für sie ein Recht auf so fortige Zahlung wegen der Auflösung entspringt, so lange nicht verletzt,
als nicht den Bestimmungen des Art. 245 zuwidergehandelt wird.
Es
erscheint daher schon der abstrakte Schluß nicht gerechtfertigt, daß, so
bald man die Pferdeeisenbahngesellschaft als im Liquidationszustande befindlich anzusehen hätte, sich daraus ohne weiteres die Fälligkeit ihrer Schulden ergebe.
Vgl. Entsch. des R.R.H.G.'s Bd. 24 S. 242 flg.; Entsch. des
R.G.'s in Civils. Bd. 5 S. 7 flg. Freilich war im vorliegenden Vertrage der Pferdeeisenbahngesell schaft mit der Marienthaler Gesellschaft die die Unkündbarkeit bedingende Verzinsung und Amortisation vom Ertrage und damit präsumtiv von
dem vollen Betriebe des Unternehmens der ersteren Gesellschaft ab
hängig.
Diese Voraussetzung mochten die Gläubiger als weggefalleu
betrachten können, wenn die Gesellschaft sich auflöste und in Liquidation
trat, weil damit der weitere volle produktive Betrieb seitens der Ge sellschaft als aufgegeben zu erachten war.
Demnach möchte der Weg
fall der Unkündbarkeit in Rücksicht auf die in diesem Darlehnsvertrage vereinbarten Voraussetzungen der Verzinsung und Amortisation sich
ohne weiteres rechtfertigen lassen, wenn der Fall der Erledigung der
Pferdeeisenbahngesellschaft, um den es sich hier handelt, als Fall der
Auflösung und Liquidation dieser Gesellschaft zu erachten wäre. Dies ist aber gerade in den hier entscheidenden Beziehungen nicht
der Fall, wenn das von der Pferdeeisenbahngesellschaft mit der Be klagten eingegangene Verhältnis rechtlich als Fusion im Sinne des
Art. 247 H.G.B. anzusehen ist.
Wäre bei der Fusion eine Liquida
tion des Vermögens der sich auflösenden Gesellschaft vorausgesetzt, sodaß dasjenige, was zur Aufnahme seitens der anderen Gesellschaft
bestimmt wäre, lediglich in dem nach Versilberung der Aktiva und Be zahlung der Schulden verbleibenden Nettoüberschusse bestände, sofern nicht etwa die bisherigen Gläubiger ausdrücklich in die Übertragung
des unrealisierten Vermögens willigten, so wären die Vorschriften des Art. 247 ebenso überflüssig wie unverständlich.
Darüber kann kein
Zweifel obwalten, daß thatsächlich mit derjenigen Verbindung, welche
man Fusion nennt, nicht die Aufnahme eines Erlösüberschusses eines realisierten Gesellschaftsvermögens, sondern die eines noch bestehenden Vermögens zu weiterem produktiven Wirken bezweckt wird. Diesen Zweck mag ein Gesetzgeber für nicht berücksichtigungswert ansehen. In solchem Falle genügen die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften über
Auflösung einer Gesellschaft. Die Organe der Gesellschaft mögen als dann zusehen, ob sie die Einwilligung der Gläubiger in die Über
tragung des Vermögens erlangen und, soweit dies nicht gelingt, behufs Vermeidung der eigenen Verantwortung und der Hinderungsmaßregeln
der Gläubiger das Vermögen soweit, als zur Befriedigung oder Sicher stellung der widersprechenden Gläubiger erforderlich ist, realisieren oder
die Ausführung der Fusion aufgeben.
Es läßt sich- auch eine Unter
stützung der Fusionsausführung durch den Gesetzgeber in der Weise denken, daß die Gläubiger mit ihrem Widerspruchsrechte nach Ablauf
einer Frist nach geschehener Bekanntmachung des Fusionsbeschlusses
präkludiert werden, was die Aufschiebung der Vollziehung während dieser
Frist und bei erfolgendem Widerspruche voraussetzt?
gesetzbuch geht aber von anderen Grundsätzen aus.
Das Handels
Neben der gewöhn
lichen Auflösung der Aktiengesellschaft mit der Verwandlung ihres
Vermögens in Geld durch sie selbst, bei welcher die Gesellschaft das Auf
gebot der Gläubiger vorzunehmen hat, im Liquidationszustande bestehen bleibt, neue im Handelsregister einzutragende Organe erhält, im Hinblick
auf unbekannte Gläubiger ihr Vermögen nicht vor Ablauf eines Jahres verteilen darf, kennt das Gesetz als besonderen Fall den der Auflösung
der Aktiengesellschaft durch Vereinigung mit einer anderen Aktien-
1 So in Artt. 192—195 des jetzigen italienischen Codice di commercio.
D. E.
3. Aktiengesellschaft. Fusion. gesellschaft.
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In diesem Falle geschieht die Auflösung nicht mit Ver
wandlung des Vermögens der sich auflösenden Gesellschaft in Geld, sondern eben durch gedachte Vereinigung, also mit Übergang des Ver
mögens an die andere Gesellschaft.
Es erfolgt kein Aufgebot der
Gläubiger seitens der sich auflösenden Gesellschaft.
Die registermäßige
Existenz derselben erlischt mit Eintragung des Fusionsbeschlusses voll
ständig, und entsprechend wird gleichzeitig die Thatsache der Vereinigung bei der aufnehmenden Gesellschaft eingetragen.
Dagegen ist den Or
ganen der aufnehmenden Gesellschaft die Pflicht auferlegt, das Ver
mögen der aufgelösten Gesellschaft bis zur Befriedigung oder Sicher
stellung ihrer Gläubiger getrennt zu verwalten.
Wegen der Schulden
des aufgenommenen Gesellschaftsvermögens ist von jetzt ab die aus nehmende Gesellschaft zu belangen.
Für die Dauer der getrennten
Vermögensverwaltung bleibt der bisherige Gerichtsstand der aufge lösten Gesellschaft bestehen.
Die Vorschriften, verglichen mit den die
Liquidation betreffenden und erläutert durch die Motive zum preußischen
Entwürfe des H.G.B.'s S. 367 flg., lassen über die Absicht des Ge
setzgebers keinen Zweifel. Er erachtete bei ausnahmsloser Herrschaft der allgemeinen Grundsätze über die Wirkungen der Auflösung einer Aktiengesellschaft die Ausführbarkeit einer Fusion für in Frage gestellt,
während
er die Möglichkeit der Rekonstruktion und Umbildung von
Unternehmungen durch Fusionen der Berücksichtigung für wert erachtete. Als eine geeignete Versöhnung des Interesses an der Ausführbarkeit
von Fusionen mit dem erforderlichen Schutze der Gläubiger erschien es ihm, die Erledigung einer Aktiengesellschaft durch einen Übergang ihres
Vermögens
ohne vorherige Befriedigung
oder Sicherstellung
ihrer
Gläubiger an eine andere Aktiengesellschaft zuzulassen, dafür aber bei getrennter Verwaltung desselben innerhalb der aufnehmenden Gesellschaft
dem Vermögen hinsichtlich seiner bisherigen Gläubiger im Gegensatz zu den bisherigen Gläubigern der aufnehmenden Gesellschaft eine gleiche
Sonderstellung
mit ausschließlichem Zugriffsrecht
der erstgedachten
Gläubiger zuzuerkennen, wie es ohne die Vereinigung in der ausschließ lichen Verfügung der sich auflösenden Gesellschaft gehabt haben würde.
Dies bezwecken die Vorschriften des Art. 247. Vgl. Renaud, Recht der Aktiengesellschaften 2. Aufl. S. 807. 811;
Wiener in der Zeitschrift s. Handelsr. Bd. 27 S. 365 flg., ins-
bes. 370-374. E. d. R.G. Entsch. in Civils. IX.
2
Es erschien nicht zutreffend, den Art. 247 im Sinne einer Liquidation des Vermögens der aufgelösten Gesellschaft, nur geführt von der
aufnehmenden Gesellschaft und auf deren Registerblatt, zu verstehen. Es
mag die Aufrechterhaltung der Trennung der Verwaltung bei Fusionen
nicht für alle Zeiten geplant sein. Aber das Charakteristische, wodurch der Liquidationszustand ausgeschlossen wird, ist, daß das getrennt ver waltete Vermögen nicht einem bloßen Liquidationszwecke zu dienen hat,
sondern ungehindert produktiv weiter zu arbeiten in der Lage und in
der Regel auch bestimmt ist, sodaß die Abstoßung der vor der Fusion bestandenen Schulden allmählich, wie es während eines bestehenden Geschäftsbetriebes erfolgt, geschehen kann.
Dies giebt auch das Gesetz
dadurch zu erkennen, daß es in Nr. 5 des Art. 247 von dem Aufgebot
der Gläubiger entbindet, solange nicht zu einer Aufgebung der ge
trennten Verwaltung geschritten werden soll.
Hiernach ergiebt sich, daß
bei einer Auflösung durch Fusion der Auflösung überhaupt nicht die Wirkung des Eintrittes in Liquidation, und insbesondere nicht in dem
Sinne einer Beendigung der produktiven Seite des Geschäftes beige messen werden kann. Ebensowenig läßt sich aber der Wegfall der Unkündbarkeit infolge
der Fusion unter dem abstrakten Gesichtspunkte begründen, daß bei
einer Fusion der alte Schuldner verschwinde, niemand aber sich einen neuen aufdringen zu lassen brauche.
Die Rechtspersönlichkeit der in
Betracht kommenden Schuldner beruht auf deren Vermögen. Insofern die rechtliche Verbindung des übergehenden Vermögens mit dem Ver mögen der aufnehmenden Gesellschaft nicht aufzuhalten wäre, würde
daher allerdings ein völliger Wechsel in den Personen eintreten.
Aber
Art. 247 hat die Bedeutung, daß zwar eine Nachfolge der ausnehmen
den Gesellschaft in das Vermögen der sich auflösenden eintritt, daß indessen, solange die thatsächliche Trennung der Verwaltung aufrecht
erhalten wird, die Verbindung des Vermögens der sich auflösenden Ge
sellschaft mit dem der neuen zu einer Einheit, welche das erstere auch für die bisherigen Schulden der letzteren haften machte, ausgeschlossen bleibt (vgl. §. 193 Abs. 2 K.O.; Wiener, a. a. O. S. 376).
Wie
weit diese Aufrechthaltung der besonderen Vermögenseinheit in ihren Wirkungen geht,
kann hier unerörtert bleiben.
Es genügt, daß das
Gesetz das durch die Fusion begründete Verhältnis bei Aufrechthaltung getrennter Verwaltung als das einer Fortsetzung der alten Rechtsper-
sönlichkeit der aufgelösten Gesellschaft durch die neue Gesellschaft, soweit
es sich um die Gläubiger der ersteren handelt, auffaßt.
Auf dieser
Auffassung beruht es gerade, daß der bisherige Gerichtsstand der früheren Gesellschaft in betreff ihrer Verbindlichkeiten erhalten bleibt,
und daß überhaupt die ausnehmende Gesellschaft unter allen Umständen wegen jener Verbindlichkeiten in Anspruch zu nehmen ist.
Der Kläger
bewegt sich in einem Widerspruche, wenn er die Beklagte auf Grund
des Art. 247 in Anspruch nimmt und doch dieselbe als einte völlig Fremden behandelt wissen will. Das Berufungsgericht bezweifelt allerdings anscheinend das Vor handensein getrennter Verwaltung.
Allein zu einem wirklichen Ent
scheidungsgrunde ist dieser Zweifel nicht verwertet.
Auch beruht der
Zweifel, da er aus die Thatsacheu des Betriebes des Pferdeeisenbahn unternehmens für Rechnung der Beklagten von Anfang 1881 ab und
der erfolgten Aushändigung der neuen Aktien der Beklagten an die
Aktionäre der aufgelösten Gesellschaft gestützt wird, auf einer Ver
kennung des Begriffes der getrennten Vermögens Verwaltung.
So
wenig eine getrennte Verwaltung mehrerer Vermögensmassen dadurch
ausgeschlossen ist,
daß diese einen und denselben Eigentümer haben,
so wenig wird sie dadurch gehindert, daß nach den getroffenen Verein
barungen an den mehreren Vermögensmassen, und insbesondere an dem
bei ihrer Verwaltung zu erzielenden Gewinne und zu erleidenden Ver luste, die sämtlichen Aktionäre gleichmäßig und ohne Unterschied An
teil haben, und daß in Bezug auf jede der Massen sämtliche Aktionäre Beschließungsrechte ausüben.
Was aber die Frage anlangt, ob nicht der Auffassung des Ver hältnisses als Fusion entsprechend Art. 247 die Eigentümlichkeit der
Gewährung eines Wahlrechtes zwischen Aktien und Obligationen ent gegenstehe, so kommt in Betracht, daß nach Inhalt des Thatbestandes
des Berufungsurteiles die Behauptung der Beklagten, es hätten that sächlich sämtliche Aktionäre der Pferdeeisenbahngesellschaft für ihre Aktien nicht Obligationen, sondern Aktien der Beklagten genommen,
unbestritten geblieben ist.
Es mag nun im allgemeinen bedenklich sein,
ein Verhältnis nach einem erst nach seiner Eingehung eingetretenen Er
folge zu qualifizieren.
Aber im vorliegenden Falle ist in dem Ver-
einigungsvertrage selbst die Beobachtung des Art. 247 festgesetzt, und danach der Wille der Kontrahenten, eine wirkliche Fusion im Sinne o*
dieses Gesetzes vorzunehmen, unzweifelhaft vorhanden gewesen.
Wille kann nicht deshalb gänzlich unbeachtet bleiben,
Dieser
weil die Kon
trahenten bei der Ausführung eine Möglichkeit statuiert haben, deren Eintritt
möchte.
der Wirkung
des Verhältnisses
als Fusion entgegenstehen
Sie haben gleichzeitig das Verhältnis auch für den Fall der
anderen Möglichkeit begründen wollen, in welchem die Wirksamkeit des
selben als Fusion sicher keinem Hindernisse begegnet. Es liegt also kein Griind vor, nachdem diejenige ins Auge gefaßte Alternative ein getreten, welche die Wirksamkeit des Verhältnisses als Fusion zuläßt, dem Verhältnisse diese gewollte Wirkung zu versagen.
Die Lage des Klägers für den jetzigen Prozeß würde aber auch keine günstigere sein, wenn der Übertragung des Vermögens der Pferde eisenbahngesellschaft der Charakter der Fusion im Sinne des Art. 247
abzusprechen wäre.
Alsdann wäre die Pferdeeisenbahngesellschaft zu
Unrecht, ohne in den Liquidationsstand zu treten, gelöscht, zu Unrecht
ihr Vermögen ohne Befriedigung oder Sicherstellung ihrer Gläubiger
fortgegeben.
Klüger aber,
der nicht die als zwecks ihrer Schulden
tilgung noch für fortexistierend erachtete Pferdeeisenbahngesellschaft, sondern die Beklagte in Anspruch nimmt, könnte dies nicht auf Grund
des Art. 247, sondern nur auf den Rechtsgrund hin thun, daß die Beklagte durch die Übernahme des Vermögens den Willen, dessen Schul
den auch unmittelbar den Gläubigern gegenüber zu übernehmen, wirksam bekundet habe. Wollte aber Kläger aus dieser Übernahme Rechte geltend machen, so müßte er die betreffende Schuld zunächst auch in
der Beschaffenheit und Beschränkung gelten lassen, in der sie die Be klagte übernommen hat. Er könnte nicht auf jener Übernahme fußen
und zugleich die Fälligkeit der Schuld ohne weiteres daraus herleiten, daß Beklagte eine andere Person als seine bisherige Schuldnerin ist. Vielmehr wäre es auch hier günstigsten Falles seine Sache, darzuthun, daß die Beklagte diejenigen Bedingungen und Voraussetzungen nicht zu
erfüllen vermöge, an welche die Unkündbarkeit geknüpft worden, und daß deshalb die übernommene Schuld fällig werde. Das Urteil des Berufungsgerichtes mußte daher aufgehoben wer
den.
Die Sache ist aber zur Endentscheidung noch nicht reif.
Aus
dem Dargelegten ergießt sich, daß es rechtlich unzutreffend erscheint, schlechthin der Eingehung einer Fusion die Wirkung einer Veränderung
der Schulden der sich auflösenden Aktiengesellschaft in betreff ihrer
Fälligkeits- und Zahlbarkeitsbedingungen beizumesscn.
Ungeprüft ist
aber bisher seitens des Berufungsgerichtes geblieben, ob etwa aus der
Gegenüberstellung der Auflösung der Gesellschaft gegen die derselben
während ihres Bestehens gestatteten Veränderungen im §. 11 des Darlehnsvertrages zu folgern ist, daß die Kontrahenten auch der Auf
lösung durch Fusion, und zwar jeder solchen Auslösung, die Wirkung
des Wegfalls der Unkündbarkeit haben beimessen wollen. Ungeprüft ist ferner bisher die Wirkung dieses Fusionsvertrages und seiner Aus führung auf den
vorliegenden Darlehnsvertrag
geblieben.
Dieser
Prüfung bedarf es auf der Grundlage des bisher in den Instanzen
Erörterten nach zwei Gesichtspunkten. infolge
des
Fusionsvertrages
Einmal fragt es sich, ob etwa
diejenigen
Ertragsfestsetzungen,
von
welchen in den §§. 7 und 8 des Darlehnsvertrages die Höhe des zu zahlenden Obligationszinses wie der jährlichen Amortisationsquote ab
hängig gemacht ist, unmöglich geworden seien.
Sodann fragt es sich,
ob etwa, wie dies das Urteil erster Instanz angenommen hat, durch die infolge des Fusionsvertrages notwendige Richtung der Interessen
aus das nunmehrige Gesamtunternehmen das Vermögen der Pferde eisenbahngesellschaft jetzt einem wesentlich anderen Gesellschaftszwecke
dienstbar gemacht sei, als welcher bei der Stipulierung der Unkündbar keit der Obligationen als diese bedingend vorausgesetzt worden war. Bei beiden Gesichtspunkten ist der Umstand, daß die Modifikation
mittels Aufgehens der Pferdeeisenbahngesellschaft in der Beklagten durch Fusion erfolgt ist, ohne entscheidende Bedeutung.
Sie würden in der
selben Weise in Betracht kommen, wenn die Pferdeeisenbahngesellschaft bestehen geblieben wäre und die Straßeneisenbahngesellschaft in sich aus Es handelt sich nur darum, ob infolge der materiellen Umgestaltung ausdrückliche Voraussetzungen der Unkündbarkeit nicht
genommen hätte.
mehr erfüllt werden können, oder eine wesentliche Veränderung eines Gesellschaftszweckes, dessen Einhaltung bei der Unkündbarkeit als Be-
dingnis, wenn auch nur stillschweigend, gesetzt war, stattgefunden hat."
4. Kann der Geltendmachung des Wechselregresscs entgegengestellt werden, daß das Accept durch Wechselverjährung wirkungslos ge worden?
I. Civilsenat. Urt. v. 25. November 1882 i. S. Konkursmasse der Ritterschaftlichen Privatbank in Pommern (Kl.) w. K. (Bekl.)
Rep. I. 418/82. I. II.
Landgericht Potsdam. Kammcrgericht Berlin.
Der Beklagte hatte einen Wechsel auf die Handlung V. & S.
gezogen und, mit dem von dieser vollzogenen Accepte versehen, giriert. Zur Verfallzeit wurde Zahlung nicht geleistet, und der Inhaber be schränkte sich daraus, die Regreßforderung bei den Konkursen zweier Vormänner, darunter der Ritterschaftlichen Privatbank in Pommern, zu liquidieren.
Schließlich entschloß sich die Konkursmasse dieser letz
teren, den Wechsel durch Zahlung des nach Abrechnung verschiedener
bei Verteilungen in den Konkursen bezahlten Dividendenbeträge noch verbleibenden Restbetrages einzulösen.
Als diese Einlösung erfolgte,
war infolge des Ablaufes der dreijährigen Frist der Anspruch gegen
die Bezogenen bereits verjährt.
Die bezeichnete Konkursmasse erhob
Regreßklage gegen den Beklagten als ersten Indossanten.
Derselbe
machte außer anderen Einwendungen geltend, daß der Regreß verloren sei, weil Klägerin kein unversehrtes Accept zu gewähren vermöge. Der erste Richter wies aus diesem Grunde die Regreßklage ab.
Der
zweite Richter verwarf diesen Grund, bestätigte aber die Klagabwei
sung wegen Unwirksamkeit des Wechselprotestes, weil der Notar sich mit einer Erklärung des im Geschäftslokale des Domiziliaten anwesend
gefundenen Kassierers begnügt hatte, ohne daß ein Zahlungsbegehren an die Person des Domiziliaten gestellt oder registriert war, daß der selbe nicht anzutreffen gewesen
wäre.
Die Revision der Klägerin
wurde verworfen. Aus den Gründen: „Es kann dahingestellt bleiben, ob der Annahme des Berufungs gerichtes in betreff der Ungültigkeit des erhobenen Protestes, welche sich
allerdings ans das in den Entscheidungen des Reichsgerichtes in Civil-
sachen Bd. 3 S. 90 abgedruckte Urteil des III. Civilsenates des Reichs gerichtes stützt, beizutreten gewesen wäre.
Die getroffene Entscheidung
stellt sich deshalb als richtig dar, weil Klägerin zur Zeit der Regreß
nahme den Wechsel dem Beklagten nicht mehr mit wirksamem, sondern
nur mit durch Verjährung erloschenem, also mit wechselmäßig unwirk
sam gewordenem Acceple zu gewähren vermochte.
Die Bedingung des Regreßanspruches ist die Herausgabe des Wechsels in ordnungsgemäßem Zustande.
Der Regreßpflichtige muß
gegen Leistung der Zahlung in die Lage gesetzt werden, alle auf den Wechsel während seines Umlaufes gesetzten Obligos nach Maßgabe feiner durch den Rückerwerb begründeten Legitimation wechselrechtlich — natürlich vorbehaltlich der besonderen Einwendungen gegen seine
Person — geltend machen zu können.
Er muß in die Lage des In
habers gesetzt werden, worunter nicht die bloße wechselrechtliche Legi timation ungeachtet des Nichtmehrvorhandenseins von wechselmäßigen
Rechten, sondern die Legitimation zur Geltendmachung der dem Wechsel während seines Umlaufes erworbenen Wechselrechte zu verstehen ist
(Art. 54 W.O.). Vgl. Entsch. des R.O.H.G.'s Bd. 11 S. 217 flg. Zum mindesten muß dies in betreff derjenigen Rechte gelten, welche dem Wechsel bereits anhafteten, als der nunmehr in Anspruch genom mene Regreßpflichtige den Wechsel weitergab. Im vorliegenden Falle
enthielt aber unstreitig der Wechsel das Accept schon bei der Begebung des Wechsels durch Beklagten. Ob das Accept in einer seine Geltend machung verhindernden Weise thatsächlich zerstört ist, oder ob es bei verbliebenem thatsächlichen Bestände in seiner einmal vorhanden ge
wesenen Rechtswirksamkeit erloschen ist, kann keinen Unterschied machen. Bedingung des Wechselregresses ist wie die thatsächliche so auch die rechtliche Unversehrtheit des Wechsels in betreff der in ihm enthaltenen verpflichtenden Erklärungen.
Vgl. Liebe, Allgemeine deutsche Wechselordnung S. 208. 209 gerade in Bezug auf den Regreß bei verjährtem Accept; Thöl,
Wechselrecht 4. Aust. §. 99 Note a, §. 101 S. 371. 372, §. 197
Note 1. Darauf, daß, weil ein Indossament nicht einer Cession gleich zu er
achten, der Indossatar nicht zur Eintreibung des Wechsels, überhaupt nicht zu positiven Handlungen, außer der Präsentation und Protesterhebung, verpflichtet ist, während es doch zum Schutze gegen den Ab lauf der Verjährungsfrist positiver Handlungen bedürfen würde, kommt
es ebensowenig an wie auf eine Erwägung, ob denn eine Unterbrechung der Verjährung gegen den Acceptanten seitens eines Indossatars zu
Gunsten anderer Vorindossanten überhaupt oder doch in etilen Fällen zu wirken vermöchte.
Vgl. die entgegenstehenden Ansichten von Thöl, a. a. O. S. 788
Note 15, und Renaud, Wechselrecht S. 311 einerseits, Dernburg, Preuß. Privatrecht 2. Aust. S. 715 andererseits; auch Entsch. des
R.O.H.G.'s Bd. 5 S. 362, Bd. 7 S. 80. Nach dem entscheidenden Prinzipe des Art. 54 W.O. konimt es nicht
darauf an, was der Regreßnehmer thun muß und kann, um den Ab lauf der Verjährung gegen den Acceptanten zu verhindern.
Er muß
seinen Regreß ausüben, so lange er noch in der Lage ist, dem Regreß
pflichtigen das Accept unerloschen gewähren zu können. Es ist jetzt in Praxis und Doktrin unstreitig, daß es der objektive Eintritt eines den Wechsel in seiner Integrität wesentlich beeinträchtigenden Zustandes ist, welcher den Regreßanspruch beseitigt, ohne daß es darauf ankommt, ob
der Regreßnehmer diesen Zustand durch sein Verschulden, bezw. durch
Mangel einer Diligenz, die ihm obgelegen hätte, herbeigeführt hat. Vgl. Entsch. des R.O.H.G.'s Bd. 11 S. 217.
Es kommt daher für einen Fall, wie den vorliegenden, nur darauf an,
wen der Kasus, daß die Wechselkraft des Acceptes erloschen, trifft, den Inhaber des Wechsels zur Zeit des Erlöschens dieser Wechselkraft, oder denjenigen, gegen welchen dieser einen noch nicht verjährten, aber
auch zur gedachten Zeit noch nicht geltend gemachten Regreßanspruch
hat.
Nach dem an die Spitze gestellten Prinzipe muß hier die Ent
scheidung zum Nachteile des ersteren aussallen.
Es möchte hiergegen der Einwand erhoben werden, diese Lösung
widerspräche dem Gesetze, weil danach die Verjährungsfrist des Regreß anspruches auf das Maß der Verjährungszeit des Anspruches gegen
den Acceptanten herabgesetzt werde, während doch das Gesetz die Ver jährung dieser
Ansprüche
ganz unabhängig voneinander,
für
den
Anspruch gegen den Acceptanten mittels Setzung einer einzigen, voni Verfalltage ab lausenden Frist, für die Regreßansprüche mittels lauter besonderer, für den einzelnen Indossanten von seiner Einlösung bezw.
Belangung lausenden Fristen, absichtlich geordnet habe.
Für diesen
Einwand lassen sich anscheinend noch besondere Stützpunkte aus den
Hergängen in der Leipziger Wechselkonferenz bei Beratung der Ver jährungsvorschriften herleiten.
Bei der betreffenden Beratung entging
den Konferenzmitgliedern die int vorliegenden Prozesse eingetretene Mög-
4.
Wcchsclregreß.
Verjährung gegen den Acceptanten.
25
lichkeit, daß infolge der Statuierung dieser verschiedenen Fristen die
Verjährung gegen den Acceptanten schon abgelaufen sein könne, wäh rend die Regreßansprüche noch im Laufen wären, nicht.
Es wurde
deshalb von verschiedenen Seiten vorgeschlagen, einerseits, ausdrücklich
auszusprechen, daß der Regreßpflichtige vom Regresse frei werde, so bald der Anspruch gegen den Acceptanten verjährt sei,
bezw. daß er
vom Regreßnehmer den Nachweis fordern dürfe, es sei die Verjährung gegen den Acceptanten unterbrochen, andererseits, für die Dauer der
einem Indossanten für die Regreßklage laufenden Frist diesem gegen
über auch das Obligo des Acceptanten fortdauern zu lassen.
Vorschläge wurden indessen verworfen.
Diese
„Es wurde zwar — von an
deren Mitgliedern — die Möglichkeit der hervorgehobenen Jnkonvenienzen zugegeben, aber kein entscheidendes Gewicht darauf gelegt,
weil sie annehmen zu dürfen glaubten, daß in einer Frist von zwei Jahren, welche voraussichtlich für die Verjährung der Ansprüche gegen den Acceptanten mindestens festgesetzt werden würde, das Geschäft regel mäßig abgewickelt und der Regressat daher nicht in der Lage sein
werde, sein Forderungsrecht wegen Ablaufes der Verjährung gegen den Acceptanten zu verlieren. Es wurde ferner darauf aufmerksam gemacht,
daß schlimmsten Falles der H. 75 (des Entwurfes),
wonach
immer
noch die Klage gegen den Bereicherten offenstehe, die erforderliche Aus
gleichung geben werde und es ungerecht sei, den Acceptanten, welcher innerhalb dieser ganzen Zeit sich über die erhaltene Deckung mit dem
Aussteller nicht berechnen könne,
weil er immer der Klage aus dem
Accepte gewärtig sein müsse, allzulange im Obligo zu lassen." Vgl. Leipziger Konferenzprotokolle,
28. Sitzung, — Hirschfeld'sche
Ausgabe — S. 188. 189.
Man kann hiernach zugeben, daß es anscheinend die Absicht der Be ratenden gewesen, es würde unter dem Erlöschen des Acceptes nicht der Regreßnehmer, sondern der Regreßpflichtige, gegen den der Regreß
anspruch noch nicht verjährt sei, zu leiden haben.
Aber diese Ansicht
im Stadium der Beratung kann nicht gegen die Annahme eines anderen Ergebnisses als Konsequenz eines anderen, in dem zustande gebrachten Gesetze enthaltenen Prinzipes entscheiden.
Für die Auslegung des Ge
setzes ergiebt sich aus jenen Verhandlungen nur, daß man es unter lassen hat, den gedachten Fall gesetzgeberisch zu ordnen, weil er sich zu
selten ereignen möchte, und daß ohne Rücksicht auf gedachte Jnkonvenienz
die Verjährung des Anspruches gegen den Acceptantcn und der Regreß ansprüche so, wie geschehen, gestattet worden ist.
Es ist aber nicht
richtig, die Annahme der Verwirkung des Regreßrechtes mit Erlöschen
der Wirkung des Acceptes durch Verjährung als eine Kürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist für den Regreßanspruch zu bezeichnen. Wie der Grund dieser Verwirkung auf einem ganz anderen Prinzipe als dem einer Verjährung beruht, so wird das Prinzip auch in der
praktischen Anwendung zu anderen Ergebnissen führen.
Daß vermöge
des Prinzipes thatsächlich ein Indossant in die Lage kommen kann, sich nicht der ganzen Verjährungszeit, welche das Gesetz seinem Regreß anspruche gewährt, bedienen zu können, ist nicht als Kürzung der gesetz
lichen Verjährungsfrist, bezw. als ein Widerspruch gegen die Verjäh rungsvorschriften, zu erachten. Ebensowenig ist gegen die hier vertretene
Auffassung ein Argument daraus herzunehmen, daß in erforderlicher weiterer Konsequenz derselben nicht schon das Nichtverjährtsein des
Anspruches gegen den Acceptanten im Zeitpunkte der Regreßnahme
genüge, daß vielmehr der Regreß so zeitig genommen werden müsse,
daß auch dem in Anspruch Genommenen noch die Unterbrechung der
Verjährung gegen den Acceptanten möglich werde.
Solche Konsequenz
würde die Anwendung des Prinzipes weder als bedenklich, noch auch als praktisch besonders unzuträglich erscheinen lassen, da der Regreß pflichtige schon durch Streitverkündung die Verjährung gegen
den
Acceptanten unterbrechen kann. Gewichtiger erschiene ein Einwand, welcher aus Art. 48 und der Benachrichtigungspflicht des Art. 45 W.O. hergeleitet würde.
Indem
die Wechselordnung jedem Wechselschuldner das Recht der Einlösung
des Wechsels gewähre und im Hinblicke hierauf dem Wechselinhaber
die Pflicht zur Benachrichtigung des Vormannes von der Nichtzahlung
in kurzer Frist nach der Protesterhebung auflege, habe dieselbe — so läßt sich sagen — dafür gesorgt, daß der Regreßpflichtige die Gefahr der Wechselverjährung vermeiden könne, seinen Lasten.
diese Gefahr gehe daher zu
Diese Auffassung wäre unbedenklich richtig, wenn die
Wechselordnung ein Notifikationssystem in dem Sinne adoptiert hätte, daß eine Aufforderung zur Einlösung in kurzer Frist nach Verfall und
Nichtzahlung als ein für die Geltendmachung des Wechselanspruches we
sentlicher Akt erfordert wäre.
Alsdann würde allerdings die Verjährung
des Acceptes nach solcher Aufforderung zu Lasten des Aufgeforderten
gehen, gerade so, wie sie jetzt nach Erhebung der Regreßklage zu Lasten
des Regressaten geht, der noch Zeit hatte, nach Erhebung der Klage gegen ihn die Verjährung gegen den Acceptanten zu unterbrechen. Aber solches System kennt die Wechselordnung nicht. In den Entwürfen und Beratungsprotokollen zur Wechselordnung
stand die Gestaltung der Wechselverjährung immer in innerer Verbin
dung mit der Annahme oder Verwerfung eines solchen strengen Noti fikationssystemes.
Bei Annahme desselben statuierte man für
den
Regreß eine längere Verjährungsfrist, und zwar schließlich eine und
dieselbe für alle Regreßansprüche und für den Anspruch gegen den
Acceptanten. Man erachtete die eventuellen Regressaten durch die Notifi kation für aufmerksam gemacht, um sich wegen ihres eigenen eventuellen Regresses zu sichern.
Der Inhaber habe das ©einige durch die Notifi
kation gethan und könne dann mit seiner Regreßnahme bis gegen das Ende der Verjährungsfrist warten, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß dem Regressaten dann nicht mehr soviel Zeit bleibe,
selbst noch
seine Ansprüche gegen die Vormänner und den Acceptanten zu ver folgen.
Bei Verwerfung gedachten Notifikationserfordernisses dagegen
wurden zur baldigen Orientierung der eventuellen Regreßpflichtigen
und Regreßberechtigten kurze Verjährungsfristen für den Regreßanspruch erforderlich erachtet, und die Verjährung sollte dann immer für den einzelnen Regreßberechtigten ihren besonderen Anfang in dem Zeitpunkte
nehmen müssen, in dem er eingelöst hatte oder beklagt war.
Das gedachte Notifikationssystem hatte das preußische Landrecht
und wesentlich auch der Entwurf der Gesetzrevisoren.
Der Inhaber
mußte denjenigen der Vormänner, den er zuerst in Anspruch nehmen wollte, bei Verlust des Rechtes unter Vorlegung des Wechsels und
Protestes binnen bestimmter Frist nach Verfall zur Erstattung auf fordern und, bei Weigerung der Erstattung, ebenso weiter den weiteren
Vormann; desgleichen der Indossant, der eingelöst hatte, seine Vor männer.
Die Frist der Wechselverjährung wat ein Jahr, gegen den
Acceptanten vom Verfall, gegen die Indossanten von den resp. Notifika
tionsterminen, bezw. von den an diesen wieder aufgenommenen Protesten,
ab gerechnet (vgl. §§. 1121—1131. 1062. 1130. 1208 Pr. A.L.R. II. 8, §§. 131. 137. 138. 162. 163 des Entwurfes der Gesetzrevisoren). Von
int wesentlichen gleichen Gesichtspunkten ging der preußische Entwurf nach den Beratungen der Kommission des Staatsrates von 1845 aus
(§§. 171—180. 196. 197. 279. 280, Motive S. 42. 44. 61).
In den
Beratungen der Sachverständigen über diesen Entwurf erwogen aber bereits die Bedenken gegen dieses System als zu lästig und insbesondere auch deshalb unvollkommen, weil der aufgeforderte Vormann nicht in
so kurzer Zeit prüfen könne, ob nicht der Regreß durch Versäumung der Notifikation an seinen Nachmann präjudiziert sei.
Die enge Be
ziehung zwischen diesem Systeme und der Gestaltung der Verjährung
wurde hier anerkannt, indem man sich mangels eines bestimmten Er gebnisses in betreff des Notifikationssystemes auch der Beratung über
die Verjährung enthielt.
In dem Kommissionsberichte wurde aber die
Ansicht des Referenten gegen das Notifikationssystem wiedergegeben und
ausgeführt, daß man wenig Bedenken trage, die Notifikation nach dem Vorgänge des sächsischen und braunschweiger Entwurfes gänzlich auf
zugeben, weil sie aber an sich wünschenswert und bisher vorgeschrieben, könne sie im Sinne der Pflicht der Benachrichtigung jedes an den
unmittelbaren Vormann und mit Pflicht des Ersatzes nachweisbaren
Schadens seitens des Versäumenden, aber unter Wegfall als WechselEs seien dann kurze Fristen für die
solennität, beibehalten werden.
Regreßklage, wenn auch längere als die des Code, erforderlich und für
jeden Regreßanspruch ein besonderer Anfangstermin der Verjährung von der geschehenen Einlösung oder Belangung des Regreßnehmers an,
der in solchem Falle durch Streitverkündung die Verjährung unter brechen könne.
Vgl. Verhdlgn. der Sachverständigen S. 85—90. 116—119. 143;
Kommissionsbericht S. 93 flg. 96. Bei der neuen Beratung der Staatsratskommission
über die
§§. 43. 79. 80 des diesen Vorschlägen entsprechend abgefaßten Ent wurfes wurde gegen diese Behandlung der Sache geltend gemacht, daß
eine Notifikationspflicht mit bloßem Präjudiz des Schadensersatzes etwas ganz Inanes sei, daß die bei solcher unzulänglichen Notifikationspflicht
unvermeidliche Statuierung des Laufes lauter einzelner Verjährungs fristen für jeden Regredienten, wie kurz man sie auch bemesse, doch zu dem Ergebnisse führe, daß die Vormänner lange im ungewissen blieben,
ob sie in Anspruch genommen würden, während das strikte Notifikations system auf dem richtigen Prinzipe beruhe,
„wem notifiziert ist, der
weiß, daß ihm Regreßnahme droht, und kann die Gefahr der Wechsel
verjährung vermeiden, wenn er thätig einschreitet und den Wechsel
einlöst". Nach wiederholtem Schwanken überwogen diese Gesichtspunkte gegen die Aufgabe der Notifikation als Wechselsolenuität. Dieselbe wurde aufrecht erhalten. Es wurde eine Wechselverjährung für alle
Ansprüche, ein Jahr vom Verfalltage ab, statuiert (§. 73 des neuen Entwurfes). Jedem Eigentümer eines Wechsels sollte die Pflicht ob
liegen, demjenigen seiner Vormänner, den er in Anspruch nehmen will,
am zweiten Tage nach Protesterhebung von der Nichtzahlung zu benach richtigen und ihm Wechsel und Protesturkunde zur Einlösung vorzulegen. Nur hierdurch sollte der Anspruch gegen den betreffenden Vormann und dessen Vormänner erhalten bleiben.
Behufs Erhaltung des Anspruches
gegen die Nachmänner des Betreffenden sollte Benachrichtigung dieser in gleicher Frist unter Mitteilung einer Protestabschrift erforderlich sein (§§. 44. 45 dieses Entwurfes).
Desgleichen sollte der einlösende In
dossant sich die Rechte gegen seine Vormänner durch entsprechende Be nachrichtigung innerhalb zweier Tage von der Einlösung ab erhalten nlüssen (§. 46 des Entwurfes; vgl. Motive dazu S. 70—81. 97).
Dieser Entwurf wurde der Leipziger Konferenz vorgelegt.
Dieselbe
entschied sich aber nach wiederholtem Schwanken für das Prinzip, wie es, abgesehen von der hinzugefügten Verwirkung von Zinsen und Kosten
bei der Nichtbenachrichtigung, im Kommissionsberichte auf Grund der Beratung der preußischen Sachverständigen vorgeschlagen war und in
den jetzigen Artikeln 45—47. 77—80W.O. enthalten ist (vgl. die Pro tokolle in der Hirschfeld'schen Ausgabe S. 87—108. 170—175. 177
bis 180. 184—188).
Aus dieser Entstehungsgeschichte ergiebt sich,
daß die angenom
mene Benachrichtigungspflicht keine Institution ist, durch welche die
Gefahr der Verjährung des weiteren Anspruches als auf den zu Be nachrichtigenden abgewälzt im Sinne der Wechselordnung zu erachten
wäre.
Es ist keine Notifikation im eigentlichen wechselrechtlichen Sinne.
Es erfolgt nur eine Benachrichtigung von der Nichtzahlung, nur an
den unmittelbaren Vormann, ohne Einlösungsbegehren.
Auf der Unter
lassung der Benachrichtigung steht kein anderes wechselmäßiges Prä judiz als das des Verlustes von Zinsen und Kosten.
Kann nach dem
Systeme der Wechselordnung der zu Benachrichtigende ohne wesentlichen wechselrechtlichen
Nachteil des
Versäumenden
auch unbenachrichtigt
gelassen werden, so kann er auch nicht als auf den ihm drohenden Regreß und auf Wahrung seiner Rechte aufmerksam gemacht gelten.
Eine verschiedene Behandlung in betreff der Tragung der Gefahr der
Wechselverjährung, je nachdem thatsächlich die Benachrichtigung erfolgt ist oder nicht, würde aber jedes Anhaltes im Gesetze entbehren.
Nach
der Wechselordnung sind erst die speziellen Einlösungsforderungen, bezw. Regreßklagerhebungen, die eigentlichen wechselmäßigen Notifika
tionen.
Die Vorschrift der Benachrichtigung nach Art. 45 beruht nur
auf allgemeinen, zur Gewinnung wechselrechtlicher Gesichtspunkte nicht
geeigneten Rücksichten der Zweckmäßigkeit und Billigkeit.
Ob der Re
greßnehmer durch den Nachweis von Einwendungen, welche dem Acceptanten, ganz abgesehen von der Verjährung, gegen die Regreßpflichtigen
zuständen, die Verwirkung des Regreßanspruches auf Grund solcher Verjährung abwenden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden,
da das Berufungsgericht den Beweis der klägerischen Behauptung, der Wechsel sei von der Bezogenen nur aus Gefälligkeit acceptiert
worden, nicht für geführt erachtet." ...
5. Besteht ein Vorzugsrecht des Dividendenanspruches für das lau fende Jahr vor statutarischen Nachbezugsrechten für verflossene Jahre bei Prioritätsaktien? Ist die statutarische Festsetzung des Verfalles von Dividenden bei Nichterhebung binnen vier Jahren Bestimmung einer Verjährung oder einer auf Nichterhebung bei der Gcscllsckaftskasse gesetzten Präklusion? Tritt die Präklusion der berechtigten Dividendenschcine nicht ein, wenn feststeht, daß die Gesellschaft auf die selben, weil sie andere Jahrgänge für die berechtigten hielt, nicht gezahlt haben würde? Ist die Bestimmung des preußischen Gesetzes vom 31. März 1838 §. 2 Nr. 5 über kurze Verjährung auf Aktionär dividenden anwendbar? I. Civilsenat. Urt. v. 3. Januar 1883 i. S. M. (Kl.) w. MärkischPoseuer Eisenbahngesellschaft (Bekl.). I. II.
Landgericht Guben. Karnmergericht Berlin.
Rep. I. 474/82.
Das Statut der Märkisch-Posener Eisenbahngesellschaft,
nach
welchem die von derselben ausgegebenen Stamm-Prioritätsaktien aus
dem Reinerträge vor den Stammaktien fünf Prozent des Nominal betrages ihrer Aktien erhalten sollten, bestimmte im §. 23 Nr. 3c:
„Sollte in einem oder dem anderen Jahre der Reinertrag nicht aus reichen,
um den Inhabern der Stamm-Prioritätsaktien die Divi
dende von fünf Prozent zu gewähren,
so wird das Fehlende aus
dem Reinerträge des oder der fehlenden Jahre nachgezahlt, und die Inhaber der Stammaktien erhalten nicht eher eine Dividende,
als
bis diese Nachzahlung vollständig geleistet ist." Über das Verhältnis dieses Nachbezugsrechtes der Stamm-Priori tätsaktien zu dem laufenden Dividendenrechte derselben Aktien bei zur
Deckung beider Rechte unzureichendem Jahresertrage war eine ausdrück
liche Bestimmung in dem Statute nicht enthalten.
Die mit den Stamm-
Prioritätsaktien ausgegebenen Dividendenscheine bezeichneten den Rein
gewinnanspruch des laufenden Jahres als einen Prioritätsanspruch bis zu zehn Thalern, ohne des Nachbezugsrechtes älterer Dividendenscheine
derselben Aktien zu erwähnen und das Verhältnis des laufenden Divi dendenscheines zu den älteren zu normieren.
In den ersten Ertrags
jahren reichte der Reingewinn zur Deckung der 5°/0 Dividende der
Stamni-Prioritätsaktien nicht aus, und es wurde seitens der Gesell schaftsorgane in diesen Jahren von der Auffassung aus, daß der am
längsten verfallene Dividendenschein dem später verfallenen und laufen den vorzugehen habe, der Reinertrag entsprechend diesem Alter verteilt.
Auf Grund des Generalversammlungsbeschlusses vom 22. April 1876 wurde aber der betreffenden Bestimmung des §. 23 des Statutes der
Inhalt gegeben, daß aus dem Reinerträge des laufenden Jahres zu
nächst der Dividendenschein dieses Jahres und erst nach dessen voller Befriedigung die nachbezugsberechtigten Dividendenscheine früherer Jahre,
und zwar der früher verfallene vor dem später verfallenen, zur Hebung kommen solle.
Diese Statutenfassung wurde am 24. April 1876 in
das Handelsregister eingetragen, und es erfolgte nunmehr noch für das
Geschäftsjahr 1875 und weiter die Verteilung des Reinertrages ent Demnach blieben bis zur An
sprechend dieser neuen Bestimmung.
stellung der jetzigen Klage rückständig der Dividendenschein pro 1872 mit 15/]2°/o, weil erst im Jahre 1881 aus dem nach Zahlung des laufenden Dividendenscheines verbliebenen Überschußertrage l*/4 °/0 aus
gedachten Dividendenschein als den ältesten verfallenen zur Hebung
gelangt waren, und die Dividendenscheine pro 1873 und 1874 mit den ganzen 5 °/0. Der Kläger als Besitzer von 75 Stück Dividendenscheinen von Stamm-Prioritätsaktien von 1872, 1873 und 1874 hat auf Grund dieser Hergänge entsprechend ihrer möglicherweise verschiedenen recht
lichen Beurteilung gegen die Gesellschaft verschiedene Klaganträge ge stellt.
Er ging zunächst davon aus, daß die anfängliche Verteilung
immer zunächst auf den ältesten Dividendenschein die allein dem Sta tute entsprechende und die neue Jnhaltsfeststellung des Statutes im
Jahre 1876 eine für die Rechte der bisherigen Dividendenscheine un wirksame Statutenänderung gewesen wäre.
Weil bei der richtigen Be
handlung der Sache durch Honorierung der Dividendenscheine pro 1872,
1873 und 1874 vor den laufenden Dividendenscheinen entsprechend ihrem größeren Alter dieselben längst voll zur Hebung gekommen wären,
verlangte er prinzipaliter diese volle Hebung von der Gesellschaft gegen Auslieferung der Dividendenscheine. Von der möglichen Auffassung aus,
daß schon von Anfang an
von richtiger Auffassung aus der laufende Dividendenschein vor dem nachbezugsberechtigten hätte berücksichtigt werden müssen, also bis ein
schließlich des Jahres 1874 unrichtig verfahren worden sei, daß er als dann für die Dividendenscheine pro 1872, 1873 und 1874 durch vor zugsweise Befriedigung dieser Dividendenscheine als laufenden aus den Erträgen dieser Jahre pro 1872 P/2 °/0, pro 1873 31/2 °/0 und pro
1874 273 % hätte erhalten müssen, hat der Kläger, diesem Standpunkte
entsprechend, für 1872 durch die spätere Nachzahlung in Höhe des ge
dachten Betrages befriedigt, den eventuellen Klagantrag dahin gestellt, ihm gegen Abstempelung der Dividendenscheine pro 1873 und 1874
die ihm zu Unrecht vorenthaltenen 3l/2% und 2*/3 % zu zahlen. Kläger wurde in beiden Instanzen mit beiden Klaganträgen ab
gewiesen.
Auf seine Revision ist das Berufungsurteil in betreff des
eventuellen Klagantrages aufgehoben und die Sache zur weiteren Ver handlung in die zweite Instanz zurückverwiesen worden.
Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht geht zunächst im Einverständnisse mit dem ersten Richter davon aus, daß schon die Bestimmung im §. 23 des
Statutes alter Fassung im Sinne des Vorzuges des laufenden Divi-
dendenscheines von Stamm-Prioritätsaktien vor denen früherer Jahre in betreff deren Nachbezugsrechtes zu verstehen sei.
Diese Auffassung
wird auf den Inhalt des §. 23, des Schemas für die Prioritätsaktie wie für deren Dividendenscheine, auf die Auffassung der Interessenten in den ersten und typisch gewordenen Fällen von Normierungen von
Nachbezugsrechten und auf den unmittelbaren und nächsten wirtschaft lichen Zusammenhang der Aktie gerade mit dem lausenden Dividenden
scheine gestützt.
Dieselbe ist mit einleuchtenden Gründen vertreten in
den Entsch. des R.O.H.G.'s Bd. 22 S. 368 flg., und sie verstößt nir
gends gegen Gesetze noch gegen
gesunde Jnterpretationsgrundsätze,
da das Verständnis lückenhafter Festsetzungen im Sinne gesunder Ver kehrsanschauung durchaus im Bereiche zulässiger Interpretation liegt.
Demnach war die Fassungsgestaltung des §. 23 im Jahre 1876 in
gedachter Beziehung keine Statutenänderung in materieller Beziehung, sondern nur eine Klarstellung seines wirklichen Inhaltes....
Es ergiebt sich aber allerdings damit die auch vom Berufungsgerichte gezogene Konsequenz, daß schon der Reinertrag für die Geschäftsjahre 1873 und 1874, statt, wie geschehen, auf ältere Dividendenscheine, zuvörderst
auf die Dividendenscheine dieser Jahre hätte verteilt werden sollen. Der Grund aber, mit welchem das Berufungsgericht den diesem Standpunkte
an sich angepaßten zweiten — eventuellen — Klagantrag zurückweist,
erscheint rechtlich unzutreffend. Das Berufungsgericht erachtet die jetzige Geltendmachung des Anspruches auf Auszahlung jener Dividenden pro 1873 und 1874 auf die Dividendenscheine jener Jahre, bezw. auf Er stattung ihres Betrages, deshalb für unzulässig, weil nach §. 23 des Statutes am Ende die Auszahlung der Dividende jährlich vier Wochen nach Publikation der Bilanz zu erfolgen hatte und es im §. 25 des
Statutes heiße:
„Dividenden, die nicht binnen vier Jahren von den
angegebenen Zahlungstagen ab gerechnet erhoben worden sind, verfallen zum Vorteile der Gesellschaft."
Mit Recht rügt der Revisionskläger,
daß die Anwendung dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall un
zutreffend und das Berufungsgericht unter Gesetzesverletzung zu ihrer Anwendung gelangt sei.
Das Berufungsgericht faßt die Bestimmung
als Anordnung einer vertragsmäßigen Präklusivfrist auf.
Es wird
zwar schließlich in den Entscheidungsgründen die Möglichkeit, daß sie
eine Verjährung nach dem Vorgänge des Gesetzes vom 1. März 1838 sein könnte, berührt. b. R.G.
Aber angenommen wird dies seitens des Be-
Entsch. in Civils. IX.
3
rufungsrichters nicht.
Eine solche Annahme hätte auch nicht stattfindcn
können ohne die nähere Erörterung, ob denn bei der Normierung der betreffenden Festsetzung den Formvorschriften des §. 566 A.L.R. I. 9 entsprochen worden, ob diese Formvorschrift zu den für Handelsgeschäfte
durch Art. 317 H.G.B. außer Wirksamkeit gesetzten Förmlichkeiten ge
höre, insbesondere aber auch, ob denn die Vereinigung zu einer Aktien gesellschaft ein Handelsgeschäft sei.
Es kann übrigens in der That
schon nach der Fassung des §. 25 des Statutes keinem Zweifel unter liegen, daß es sich um eine vertragsmäßige Verpflichtung mit der Wir
Daß aber gerade
kung des Rechtsverlustes bei Nichterfüllung handelt.
die Bedeutung einer solchen gegenüber einer Verjährung vom Berufungs gerichte nicht gewürdigt worden ist, ergeben seine Gründe der Zurück
weisung der klägerischen Behauptung, es könne diese Bestimmung nicht angewendet werden, weil ja die Gesellschaft die Erträge pro 1873 und
1874 für die Dividendenauszahlung gar nicht den Inhabern der Divi
dendenscheine pro 1873 oder 1874, sondern den Inhabern ganz an
derer Dividendenscheine zur Verfügung gehalten habe, die Gesellschafts organe entsprechend ihrer damaligen Auffassung auf die Präsentation der laufenden Dividcndenscheine nicht gezahlt haben würden.
Diesen
Einwand erledigt das Berufungsgericht mit lediglich einer angenommenen
Verjährung entnommenen Gesichtspunkten.
Er soll unerheblich sein,
weil Kläger auf Grund der Bilanz ein klagbares Forderungsrecht ge habt habe und die Auszahlung weder inhibiert werden konnte noch
durfte.
Dabei ist aber zunächst unberücksichtigt gelassen, daß es in
§. 25 a. a. O. nicht heißt, daß die Divivenden verfielen, wenn der
Anspruch auf dieselben nicht innerhalb vier Jahren durch die zur Be seitigung der Auszahlnngsweigerung der Gesellschaft geeigneten Mittel,
speziell durch Klage, geltend gemacht sei, sondern nur, daß sie verfielen, wenn sie nicht innerhalb vier Jahren erhoben sind.
Das Berufungs
gericht müßte von seiner Auffassung aus zu der Konsequenz gelangen,
daß, auch wenn der Dividendenberechtigte sich innerhalb der gedachten vier Jahre bei der Gesellschaftskasse zur Erhebung der Dividende mel
dete, ihm daselbst aber die Zahlung verweigert würde, er doch auch
zur Aufhaltung der Präklusion in dieser Frist die Klage hätte erheben
müssen.
Davon steht im §. 25 a. a. O. nichts.
Er setzt eine zur
Zahlung bereite Gesellschaftskasse voraus, bei welcher innerhalb der
vier Jahre der Dividendenschein präsentiert werden soll.
Steht aber
nach den getroffenen Dispositionen fest, daß auf den betreffenden Divi
dendenschein nicht gezahlt wird, so führt der Gesichtspunkt der ver tragsmäßigen Verwirkung für den Fall der Erhebungsverzögerung gerade zur Nichtanwendung der Strafe des §. 25 a. a. O.
So wenig
für den Gläubiger bei einer Holschuld ein Verzug mit seinen Wirkungen eintreten kann, wenn der Schuldner bereits erklärt hat, nicht zu zahle», so wenig kann die vertragsmäßige Festsetzung von Verzugsstrafen in solchem Falle Anwendung finden.
Es ist aber die Bedeutung der ver
tragsmäßigen Präklusivfrist gegenüber einer Verjährung auch bei der
Unterstellung, die Erhebung im Sinne des §. 25 umfasse auch die
Klaganstellung, verkannt. Gerade weil es sich um eine vertragsmäßige Verpflichtung handelte, bei deren Nichterfüllung sich der betreffende Kontrahent dem Nachteile des Rechtsverlustes unterwarf, sind Inhalt
und Umfang der Verpflichtung wie die Frage, ob überhaupt im ein
zelnen Falle die Verpflichtung im Sinne des Vertrages zu erfüllen war, nicht davon abhängig, was der Betreffendenach den Gesetzen thun konnte, sondern davon, was er entsprechend dem Verhalten des Gegen kontrahenten und dessen Pflicht zur Vertragstreue zu thun Anlaß hatte. Diese Untersuchung mußte dazu führen, daß diese Präklusivfrist gar nicht für diejenigen Dividendenschein-Kategorien, die nach der damaligen
Auffassung der Gesellschaftsorgane keine Hebung erhalten sollten, son
dern nur für diejenigen Kategorien, welche ausdrücklich oder konkludent zur Erhebung aufgerufen waren, zur Geltung kommen konnte.
Da auch eine unmittelbare Anwendung des Gesetzes vom 31. März
1838 ausgeschlossen ist, weil rückständige Anteile an Gesellschafts gewinnen nicht „zu bestimmten Zeiten wiederkehrende Abgaben und Leistungen" im Sinne des §. 2 Nr. 5 dieses Gesetzes sind, so mußte
die Revision, soweit es sich um den eventuellen — zweiten — Klag
antrag handelt, für begründet erachtet und das Berufungsurteil, soweit es auch diesen Antrag abgewiesen hat, ausgehoben werden.
In der Sache selbst kann aber noch nicht erkannt werden.
Ein
mal hat nach dem Thatbestände zweiter Instanz die Beklagte behauptet,
es habe an den die Geschäftsjahre 1873 und 1874 abschließenden Generalversammlungen 1874 und 1875, welche die Verteilungen nach dem damaligen unrichtigen Modus gebilligt hätten, der damalige In
haber der den hier in Betracht kommenden Dividendenscheinen ent sprechenden Stamm-Prioritätsaktien ohne Widerspruch teilgenommen 3*
und selbst aus den Erträgen gedachter Jahre die entsprechende Gewinn
quote auf die älteren Dividendenscheine erhoben.
In diesem Falle würde selbstverständlich dieses sein Verhalten für die jetzt vom Kläger geltend gemachten Dividendenscheine, welche für
die Geschäftsjahre, über deren Erträge in der Generalversammlung und durch die Dividendenerhebung verfügt wurde, die laufenden waren,
präjudizierlich gewesen sein.
Eine Erörterung über diese Behauptung
hat bisher nicht stattgefunden.
Es bleibt aber auch die Frage noch
offen, ob, auch wenn keine Anwesenheit des betreffenden Aktionärs in jenen Generalversammlungen und keine Erhebung der Reinerträge ge dachter Jahre auf ältere Dividendenscheine gefunden hat,
seitens
desselben statt
ein der jetzigen Geltendmachung der Dividendenscheine
in der von der Klage verfolgten Richtung entgegenstehender konkludenter
Verzicht darin zu finden ist, wenn der damalige Aktionär, bezw. Be
sitzer der Dividendenscheine überhaupt nur die Verwendung der Rein
erträge der Jahre 1873 und 1874 zur Bezahlung anderer als der laufenden Dividendenscheine, obwohl er von dieser Maßregel Kenntnis
haben mußte,
ohne Widerspruch gelassen hat.'
Diese Frage ist eine
ganz andere, als die einer Präklusion des Anspruches durch §. 23 des
Statutes."
6. Kann der auf Grund einer sormgerechten, auf ein festgesetztes Statut hin erfolgten Aktienzeichnung in Anspruch genommene Zeich ner sich der Aktiengesellschaft gegenüber, welche die ausstehenden Einzahlungen fordert, mit dem Einwande schützen, er habe sich bei der Aktienzeichnung über den, Inhalt des Statutes in betreff der darin festgesetzten Höhe des Übernahmepreises der einzubringenden Fabrik in einem wesentlichen Irrtume befunden? — Kann ans die Nichteinhaltung der im Art. 221 H.G.B. und im Statute vorge sehenen Fristen und Formen für die Einzahlnngsforderungen bloß der Aktionär oder auch die Aktiengesellschaft die Unverbindlichkeit des daraufhin erfolgten Kaduzierungsbeschlusses gründen? — Hat 1 Vgl. Urteil des O.A.G.'s zu Berlin vom 16. September 1878 (Busch, Archiv Bd. 20 S. 344 flg., Seuffert, Archiv Bd. 22 Nr. 65). D. E.
der Aktionär wegen Art. 220 Ads. 1 H.G.B. noch neben der im Statute für den Zahlungsverzug festgesetzten Konventionalstrafe Ver zugszinsen zu zahlen? I. Civilsenat. Urt. v. 14. Februar 1883 i. S. St. (Bekl.) w. Kon kursmasse der Aktiengesellschaft Fürstenwalder Stärke-, Zucker- und Mehlfabrik (Kl.). I. II.
Rep. I. 526/82.
Landgericht Frankfurt a. O. Kammergericht Berlin.
Aus den Gründen: „Der Beklagte hat dem Ansprüche aus seiner Aktienzeichnung auf
Zahlung der ausgeschriebenen 9O°/o den Einwand entgegengestellt, er
sei an dieselbe wegen wesentlichen Irrtumes nicht gebunden.
Dieser
Einwand basiert auf der Behauptung, es seien ihm während der am
14.August 1881 vorgenommenen Verhandlung derGesellschastserrichtung über den Inhalt des Statutes, auf welches sich seine Aktienzeichnung bezog, in betreff der Höhe des Übernahmepreises für die von der Ge
sellschaft zu übernehmende B.'sche Fabrik betrüglicherweise von den Gründern und Mitzeichnern falsche Angaben gemacht worden, sodaß
er das Statut, welches ihm vorgelesen, von ihm genehmigt und notariell vollzogen worden, in dem Glauben, es enthalte einen weit geringeren Übernahmepreis, als wirklich darin enthalten war, vollzogen habe, was
dadurch möglich gewesen sei, daß er der Vorlesung nicht fortgesetzt und namentlich nicht an der entsprechenden Stelle zugehört habe.
Von den drei selbständigen Gründen, aus welchen das Berufungsgericht diesen Einwand verworfen hat, können die beiden Gründe, welche dahin gehen,
daß der behauptete Irrtum kein wesentlicher, sondern lediglich ein Irrtum im Beweggründe für die Beteilignng sei, sowie ferner, daß sich aus den unter Beweis gestellten Thatsachen, auch wenn sie bewiesen würden,
der Schluß eines solchen Irrtumes noch nicht rechtfertigen lassen würde, in Bezug aus ihre Anfechtbarkeit dahingestellt bleiben. Zutreffend erscheint der dritte Grund, daß der gedachte Irrtum, auch wenn er als unechter
im Sinne der gemeinrechtlichen Terminologie oder als wesentlicher im Sinne der §§. 75.73 A.L.R. I. 4 anzusehen ist, der auf Grund der
gedachten Verhandlungen eingetragenen Aktiengesellschaft nicht entgegen gestellt werden kann.
Der Beklagte hat mittels der von ihm vollzogenen
Erklärungen die Beteiligung an einer Aktiengesellschaft als Zeichner gewollt, und zwar insbesondere auch gerade an der Aktiengesellschaft,
welche auf Grund der betreffenden Akte vom
14. August 1881, diese
zunächst nur in ihrer äußerlichen Identität und Unterscheidbarkeit be
trachtet, zur Entstehung gelangen sollte. Nun ist bei der Beteiligung durch Aktienzeichnung allerdings wesentlich die Zustimmung zu dem be
treffenden Statute, welches den Inhalt der Kapitalsvereinigung bestimmen soll. Auch mag man die Vereinigung aller Beteiligten zu dieser Statuten festsetzung unter Beitrag der Summen für das Grundkapital als Er
richtung eines Gesellschaftsvertrages unter denselben, gestützt aus die Sprache des Gesetzes,
Artt. 208. 209 a H.G.B., erachten
können.
Immerhin wird dasjenige, was mit Willen des einzelnen Zeichners geschieht, nicht durch diese interne Willenseinigung erschöpft, sodaß das
ganze Verhältnis lediglich von den Grundsätzen in betreff dieser Willens
einigung beherrscht würde und jeder Mangel bei derselben das Ge schehene in seinen Wirkungen ungeschehen machen könnte.
Vielmehr
trägt jeder Zeichner zu den Erklärungen bei, durch deren Vorhandensein
mit seinem Willen der Registerbehörde die Erfüllung der für die Ent
stehung einer Aktiengesellschaft vorgeschriebenen Normativbestimmungen dargethan werden soll, und auf Grund deren die Registerbehörde nach entsprechender Prüfung eineGesellschaft, die nach dem erklärten Statuten
inhalte leben muß und sich nur entsprechend den für solche Gesellschaften
gegebenen Vorschriften wieder auflösen, bezw. ihr Grundkapital wieder von sich lassen kann, zu registrieren, sowie ihr Vorhandensein mit dem entsprechenden Grundkapitale dem Publikum kundzugeben hat. Mau kann
daher die Aktienzeichnung in dieser Richtung als eine Erklärung zum
Handelsregister, daß der Betreffende Kapitalseinleger zum entsprechenden
Betrage bei der auf Grund des zu überreichenden Statutes tragenden Aktiengesellschaft sei, charakterisieren.
einzu
Daß nach den Vor
schriften des Gesetzes die Zeichnung nicht in Urschrift zum Register ein
gereicht zu werden braucht, vielmehr die Einreichung von Bescheinigungen über ihr Vorhandensein für genügend befunden werden kann, ändert an
dieser Auffassung nichts.
Es kann nun dahingestellt bleiben,
welche
Wirkung im Rechtsverkehre im allgemeinen bei Differenz zwischen Wille
und Erklärung dem ersteren gegenüber der letzteren beizumessen ist.
Der
Satz von der Geltung des wahren Willens entgegen der Erklärung erscheint jedenfalls auf dem Gebiete solcher Erklärungen, welche dazu
bestimmt sind, über den Kreis derjenigen, welchen zunächst erklärt wird, hinaus Dritten das Vorhandensein des erklärten Verhältnisses kund
zugeben und mit dieser Kundgebung auf ihre Entschließung zu wirken,
wie Ermächtigungs- und zur öffentlichen Kenntnis bestimmte Beteiligungs erklärungen, in Beziehung auf die Dritten nur in äußerst beschränkten Grenzen anwendbar.
Der Prinzipal oder Machtgeber muß in seinen
Beziehungen zu Dritten das Verhältnis zu seinen Leuten oder Bevoll mächtigten so gelten lassen, wie es den Dritten bei sorgfältiger Erkun
digung zur Erscheinung kommt, auch wenn erweislich sein Wille mit
dieser Erscheinung sich nicht decken sollte.
In noch höherem Maße
muß die ausschließliche Maßgeblichkeit der Erklärung gelten, wenn es
sich um eine Beteiligüngserklärung handelt, welche der Behörde ab
gegeben wird, und an deren Prüfung durch die Behörde das Gesetz im rechtspolizeilichen Interesse bestimmte, das öffentliche Interesse berührende unb nicht wieder zurückzunehmende Wirkungen knüpft.
Die Behörde kann die Erklärung nur nach ihrem Inhalte prüfen, und die von ihr
registrierte Gesellschaft kann nur mit dem aus der Summe der Be
teiligungen, wie sie erklärt sind, sich ergebenden Inhalte von Satzungen zur Existenz kommen.
Sollte hier, nachdem die Gesellschaft zur Ein
tragung gelangt ist, der einzelne Beteiligte noch mit der Behauptung, daß er etwas anderes gewollt als erklärt habe, gehört werden, so liefe dies auf gänzliche Wirkungslosigkeit der Aufstellung von Normativ bestimmungen für die Errichtung solcher Gesellschaften hinaus.
Vgl. Wiener in Zeitschr. für Handelsrecht Bd. 24 S. 483.
Gewiß wird es auch für diese, aus der normativen Natur der betreffenden Vorschriften sich ergebende Geltung des objektiven Erklärungsinhaltes entgegen dem wirklich erweislichen Willen gewisse Schranken geben.
Wer infolge betrüglicher Unterschiebung eines ganz anderen Schrift
stückes einen Zeichnungsschein unterzeichnet hat, während er ein Schrift stück ganz anderen Charakters zu unterzeichnen wähnte, wird nicht ohne weiteres deshalb, weil dieser Zeichnungsschein zur Errichtung der Ge sellschaft verwendet worden, aus demselben haftbar sein. Schranken näher zu bestimmen, liegt hier kein Anlaß vor.
Allein diese Beklagter hat
hier eine Zeichnung, und zwar für die auf Grund der konkreten Ver handlungen vom 14.August 1881 zu errichtende Gesellschaft, gewollt, und er hat nur, wie er behauptet, geglaubt, daß das von ihm vollzogene Statut
in einem wesentlichen Punkte einen anderen Inhalt hatte, als dieses in
Wahrheit der Fall war. Dieser Fall bewegt sich innerhalb der Schranken, in welchen für die Rechte der Gesellschaft aus ihr Grundkapital dem objektiven Inhalte der Erklärungen ausschließliche Geltung zukommt.
Ob in einem Falle, wie dem vom Beklagten behaupteten, dem in Irrtum Befangenen Mittel zur Verfügung ständen, um wegen dieses Irrtumes
die Auflösung der eingetragenen Gesellschaft herbeizuführen und aus dem nach Befriedigung der vorhandenen Gesellschaftsgläubiger ver bleibenden Vermögen den Vorausempfang eines seine Einlage deckenden
Betrages vor den anderen Beteiligten zu erwirken, kann hier unerörtert
bleiben.
Die Aktiengesellschaft ist hier infolge Konkurses über ihr Ver
mögen aufgelöst, und die vom Beklagten geforderten Zahlungen sollen präsumtiv zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienen. Über die
Verwendung des nach Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger etwa noch verbleibenden Betrages der beklagtischen Zahlungen, ob sie an den Be
klagten zurückzugewähren oder ob und inwieweit sie zur Ausgleichung der Aktionäre untereinander zu verwenden, darüber wird durch eine
dem jetzigen Klaganspruche entsprechende Entscheidung nicht verfügt. Der Beklagte kann sich daher, sofern seine Behauptungen wahr sein
sollten, wegen der ihn infolge seiner Aktienzeichnung treffenden Nach
teile nur an diejenigen halten, welche ihn durch betrügliche Angaben über den Inhalt des Statutes zu dessen Vollziehung veranlaßt haben.... Der Beklagte hat aber auch ferner eingewendct, er sei von einer
Haftung über im ganzen 4O°/o, also über mit Rücksicht auf die gleich eingezahlten 10% noch 30% hinaus,
gemäß Artt. 220. 222 Nr. 2
H.G.B. deshalb befreit, weil ihn der Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen
verzögerter Einzahlung des eingeforderten Aktienbetrages seiner Anrechte
aus der Zeichnung der Aktien und seiner geleisteten Einzahlungen für
verlustig erklärt habe.
In dieser Beziehung steht fest, daß der §. 6
des Statutes die Ausschreibung der weiteren Einzahlungen dem Auf sichtsrate übertrug, welcher sie in den von ihm zu bestimmenden Raten
und Fristen durch öffentliche Bekanntmachung bewirken sollte.
Es hieß
hierauf weiter:
„Der säumige Käufer verfällt in eine Konventionalstrafe von 10%
des restierenden Betrages.
Statt dessen können auch die säumigen
Aktionäre nach dreimaliger Aufforderung zur Leistung der rückstän digen Teilzahlungen gemäß Art. 221 Abs. 2 H.G.B. durch Beschluß
des Aussichtsrates ihrer Anrechte aus der Zeichnung zu Gunsten der
Gesellschaft verlustig erklärt werden.
Diese Gesellschaft wird öffent
lich bekannt gemacht, und es werden neue Aktien an Stelle der kraftlos erklärten emittiert." Der Aufsichtsrat
der Gesellschaft hatte im Oktober 1881 eine
öffentliche Bekanntmachung, datiert vom 21. Oktober 1881,
zahlung von 75 %
zur Ein
des Aktienbetrages bis zum 30. Oktober 1881
durch die Gesellschaftsblätter ergehen lassen.
Sodann hatte der Auf
sichtsrat dem Beklagten an drei auseinander folgenden Tagen, am 3., 4. und 5. November 1881, private Aufforderungsschreiben zur Zahlung des gedachten Betrages auf seine Aktien zugehen lassen, und hieraus
hatte er in einer Sitzung vom 16. Dezember 1881 den Beschluß gefaßt,
den Beklagten seiner Anrechte aus der Zeichnung für verlustig zu er klären. Dieser Beschluß wurde am 10. Februar 1882 von dem der zeitigen Aufsichtsrate wieder ausgehoben.
Aber Beklagter erachtet diese
Aufhebung an sich für unerheblich und hat auch behauptet, der Beschluß
vom 16. Dezember 1881 sei ihm gleich darauf vom Vorsitzenden des Aussichtsrates und dem Vorstande der Gesellschaft, und zwar von ersterem
auf Grund Ermächtigung des Aufsichtsrates, mitgeteilt worden.
Von
den Gründen, aus welchen das Berufungsgericht diesen Einwand ver worfen hat, erscheint insbesondere der, daß der Kaduzierungsbeschluß, als der gesetzlichen und statutarischen Voraussetzungen entbehrend, auch
für die Gesellschaft unwirksam und als nicht geschehen zu erachten sei, zutreffend.
Gesetz und Statut erforderten als Voraussetzungen des
Kaduzierungsbeschlusses dreimalige öffentliche Aufforderung und Einhaltung einer vierwöchentlichen Frist zwischen der letzten Auf
forderung und dem für die Einzahlungen gesetzten Schlußtermine.
Hier hatte nur eine einmalige öffentliche Aufforderung stattgefunden. Die drei privaten Aufforderungen enthielten überhaupt keinen Zahlungs
termin, jedenfalls keinen von der letzten Aufforderung noch vier Wochen Frist setzenden. Beklagter erachtet dies für unerheblich, weil sowohl die geräumige und feste Fristgewährung wie die Öffentlichkeit der Zahlungsaufforderungen nur im Interesse der Aktionäre festgesetzt wäre, letztere, damit nicht die etwaigen späteren Aktienerwerber ohne Kenntnis
von der Einforderung um ihre Rechte kämen.
Deshalb könnten die
Aktionäre der Wirksamkeit des gedachter Voraussetzungen entbehrenden
Kaduzierungsbeschlusses widersprechen, aber die Gesellschaft könnte sich auf diese Mängel nicht berufen, wenn die Aktionäre den Beschluß an-
erkennen wollen.
Nun kann zugegeben werden, daß das wesentliche
Motiv zur Festsetzung gedachter Formen durch das Gesetz die Rück sicht auf die Aktionäre gewesen sein wird.
Insbesondere läßt sich in
Rücksicht auf die Zulassung privater Aufforderung bei Namensaktien,
wenn sie nur mit Genehmigung der Gesellschaft übertragbar sind, im Schlußsätze des Abs. 2 des Art. 221 nicht behaupten, daß die vorge schriebene Öffentlichkeit der Bekanntmachung bei den anderen Aktien das
Interesse der Gesellschaftsgläubiger wahren wolle. Gleichwohl erscheint eine zweispältige Behandlung der durch Gesetz anferlegten, wie nochmals durch Statut in Bezug genommenen Formen, wonach solche in Rück sicht auf ein aufzusuchendes, zu Grunde liegendes Interesse für den
einen Teil als wesentlich, für den anderen als unwesentlich erachtet
und danach zwiespältige Wirkungen ihrer Nichterfüllung angenommen werden, mit dem Wesen der Aktiengesellschaft unverträglich. Das innere Leben der Aktiengesellschaft beruht auf ihrer Vereinsregel. Nur ent sprechend deren Festsetzungen entstehen rechtliche Wirkungen und Ver
änderungen aus dem Handeln der beteiligten Personen.
Handlungen,
die sich außerhalb dieser Regel bewegen, sind Handlungen, welche
solche Wirkung nicht ausüben.
Zu den wesentlichen Elementen der
Vereinsregcl gehören insbesondere auch die festgesetzten Formen.
Unter
den zwölf in Art. 209 behufs Eintragung der Gesellschaft erforderten Festsetzungen des Gesellschaftsvertrages betreffen drei ganz oder zum
Teil Formen, die Nr. 12 ausdrücklich die Form der von der Gesell schaft
ausgehenden
Bekanntmachungen.
Bei
jeder
Formfestsetzung
werden bestimmte Momente den Anlaß geben, weshalb sie überhaupt
iinb so, wie es geschieht, statt anders, festgesetzt wird, und diese Momente werden bei Statuierung von Jnteressenverschiedenheiten häufig gerade in der Richtung bloß des einen Interesse liegen.
Gleichwohl
muß bei solchen aus der vereinbarten Satzung ihr Leben schöpfenden Organismen
jede festgesetzte Form präsumtiv
als wesentlich,
ihre
Einhaltung als die Wirksamkeit des Handelns für den Organismus
überhaupt bedingend erachtet werden.
Verläßt man diesen Grundsatz,
so kommt man unvermeidlich zur Desorganisation der Aktiengesellschaft. Es handelt sich aber auch nicht lediglich um die Frage, ob die Gesell schaft den Mangel einer Formerfüllung dem Beklagten entgegensetzen
kann.
Vielmehr handelt es sich auch darum, ob denn der Aufsichts
rat, indem er ohne Formerfüllung und Fristgewährung, wie es dem
Gesetze und Statute entsprochen hätte, jene Verlustigerklärung aussprach, überhaupt etwas that, was die Gesellschaft anzuerkennen hat.
dies muß verneint werden.
Auch
Weder das Gesetz noch das Statut geben
einem Gesellschaftsorgane schlechthin die Befugnis, einen Zeichner seiner
Haftung über 40% hinaus unter Verlust des bereits Eingezahlten zu entlassen.
Das Gesetz gestattet nur ein bestimmtes Verfahren der
Zahlungsaufforderung, das es eingehend gestaltet, und das mit einer
Präklusion enden kann.
Dies Verfahren ist nach §. 6 des Statutes
in die Zuständigkeitssphäre des Aufsichtsrates gelegt. Daraus folgt nun aber durchaus nicht, daß der Aufsichtsrat die Gesellschaft verbinde,
wenn er, ganz aus den Schranken gedachten Verfahrens heraustretend, bloß eine Präklusion des Aktionärs ausspräche, die sich dieser gefallen
lassen wollte.
Handelnde, die sich außerhalb der dem Gesellschafts
organe für sein Handeln gesetzten Normen bewegen, handeln, soweit
es sich um interne Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafts mitgliedern handelt, eben nicht als Organ.
Anderenfalls wäre das
Ergebnis, daß der Aufsichtsrat den Aktionär einfach von der weiteren Haftung befreien kann, unvermeidlich.
Könnte er von Form und Frist
absehen, so könnte er auch jede Zahlungsaufforderung unterlassen und mit dem Aktionär verabreden, es solle so angesehen werden, als sei
er aufgefordert.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesem Falle,
bezw. dem der Präklusion auf bloße Erklärung des Aktionärs hin, er
werde nicht zahlen, und dem des einfachen Verzichtes auf die weiteren 60% gegen Verfall des schon Eingezahlten wäre nicht erkennbar.
Man
gelangte dann zu dem Satze, der Aufsichtsrat könne jederzeit den
Aktionär gegen Aufgabe seines Anrechtes aus den Einzahlungen von der Verpflichtung zur Zahlung von 60% entheben, wenn dieser nur
damit einverstanden ist.
Sobald man aus dem Wirkungsgebiete der
Aktiengesellschaft die festen Halte in Formen und materiellen Befugnis umgrenzungen, wie sie das Gesetz und Statut geben, verläßt, hört eben
jedes vernünftige organische Leben für dieselbe überhaupt auf.
In
Konsequenz dieses Gesichtspunktes ist anch mit Recht der Klägerin
wegen der Nichtinnehaltung des Zahlungstermines der öffentlichen Bekanntmachung im Oktober 1881 wie wegen der Nichtinnehaltung
des Zahlungstermines der öffentlichen Aufforderung vom Dezember 1881 in betreff der weiteren 15% die statutenmäßige Konventional strafe von 10% zugesprochen worden-
Unrichtig ist nun freilich die Begründung, mit welcher das Be
rufungsgericht der Klägerin neben der Konventionalstrafe noch 6°/rt Zinsen von den eingeforderten Aktienbeträgen zugesprochen hat.
Das
Statut setzte nicht neben der Konventionalstrafe noch Verzugszinsen von
den eingeforderten Beträgen fest.
Es erscheint nicht richtig, daraus,
daß nach Art. 220 Abs. 1 der Aktionär zur Zahlung von Verzugszinsen von Rechts wegen verpflichtet ist, zu folgern, daß, wenn im Statute für den Fall der Zögerung mit der Einzahlung nichts anderes als
eine Konventionalstrafe bestimmt ist, die Konventionalstrafe nach dem
Statute und die Verzugszinsen von Rechts wegen zu zahlen seien.
Das „von Rechts wegen" bedeutet, daß es für die Verpflichtung keiner besonderen Verabredung und für den Beginn der Verzinsung keiner
weiteren Mahnung bedarf.
Aber durch diese Bestimmung und die im
Abs. 2 eingeräumte Vertragsfreiheit in betreff der Höhe einer auf den
Fall verzögerter Einzahlung stipulierbarer Konventionalstrafe ist der Charakter der Konventionalstrafe, wie er nach dem preußischen Land
rechte und auch handelsrechtlich der präsumtive ist, nämlich das für die nicht gehörig geleistete Erfüllung zu vergütende Interesse normierend —
§. 292 A.L.R. I. 5, Art. 284 H.G.B. —, nicht verändert und danach
absorbiert sie präsumtiv die Zögerungszinsen. Vgl. Striethorst, Archiv Bd. 81 S. 44 flg., Bd. 4 S. 306.
Es kommt indessen hierauf nicht an, da Klägerin von den Aktien beträgen nur Zinsen von der Klagerhebung ab gefordert hat und ihr auch nur solche zugesprochen sind, die gedachte Absorbierung durch die
Konventionalstrafe aber auf die Prozeßzinsen nicht zu beziehen ist.
Vgl. Striethorst, a. a. O. Bd. 27 S. 31."
7. Steht das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht des Art.313 H.G.B. einem Kanfmanne auch wegen der mittels Indossaments von Dritten erworbenen Forderungen aus Wechseln und anderen Orderpapieren gegen den aus diesen Papieren verpflichteten Kaufmann zu, sofern letzterer die Papiere im Betriebe des Handelsgewerbes gezeichnet, ersterer sie in solchem Betriebe erworben hat?
I. Civilsenat.
Urt. v. 17. März 1883 i.S. Erfurter Bank P. B. L Co.
(Bekl.) w. Konkursmasse der Handelsgesellschaft K. & S. (Kl.) , Rep. I. 115 83. I. II.
Landgericht Erfurt. Oberlandesgericht Naumburg.
Die beklagte Bank hatte Wertobjekte der Handelsgesellschaft K. & S. als Pfänder in Händen.
Als K. & S. in Konkurs verfielen, ver
weigerte sie trotz Befriedigung
der Psandschuld deren Herausgabe,
indem .sie auf gedachte Objekte das kaufmännische Zurückbehaltungs
recht auf Grund von Wechseln geltend machte, welche K. & S. acceptiert, bezw. ausgestellt hatten, die aber die Bank nicht von diesen selbst, sondern aus dritter Hand mittels Giros früherer Erwerber erhalten hatte.
Der Konkursverwalter bestritt die Befugnis zur Ausübung des
Zurückbehaltungsrechtes wegen dieser Forderungen und erhob Klage
auf Herausgabe der Pfänder.
In den Instanzen wurde die Beklagte
auf Herausgabe verurteilt, indem angenommen wurde, der Art. 313 H.G.B. greife nicht Platz. Das Reichsgericht hob das zweite Urteil
aus und erkannte auf Abweisung der Klage. Aus den Gründen: ... „Der Entscheidungsgrund des Berufungsgerichtes mußte als
unrichtig und der richtigen Auslegung des Art. 313 H.G.B. wider sprechend erachtet werden.
Darüber waltet kein Bedenken ob, daß die
Forderung aus einem Wechsel oder aus einem anderen Orderpapier
in der Hand des dritten Inhabers nicht eine übergegangene Forderung eines früheren oder ersten Berechtigten aus einem für diesen begrün
deten Rechte, sondern eine dem Inhaber unmittelbar aus der in dem
Papiere enthaltenen Verpflichtungserklärung erwachsene ist, bei welcher die Entstehung des Gläubigerrechtes in seiner Person nur durch den
Erwerb des Papiers vermittelt wird. Nun drückt sich Art. 313 allerdings nicht dahin aus, daß das Zurück
behaltungsrecht bei Forderungen ausgeschlossen sei, welche der Sachbesitzer
lediglich aus dem Rechte eines anderen ableite, sondern dahin, daß für seine Geltung Forderungen aus zwischen dem Sachbesitzer und dem Sach eigentümer geschlossenen beiderseitigen Handelsgeschäften vorausgesetzt
sind. Bekanntlich herrschen darüber, wie man konstruktiv den Rechtseffekt
der unmittelbaren Gebundenheit der Wechselzeichner, bezw. Aussteller von Orderpapieren gegenüber allen successiven Nehmern zu begründen
hat, verschiedene Auffassungen.
Sicherlich wäre es aber ein ebenso
unbefriedigendes wie dem Willen des Gesetzgebers fernliegendcs Ergeb nis, in engem Anschlüsse an den Wortlaut des Gesetzes die Anwendung des Art. 313 auf durch Giro erworbene Forderungen davon abhängig zu machen, welche der Konstruktionen man für die zutreffende erachtet,
und daher die Geltung des Zurückbehaltungsrechtes zuzugeben, sofern man die Konstruktion der Vermittelung der Willensbildnng durch lauter Wechsel- und Begebungsverträge der Wechselzeichner mit allen späteren
Nehmern zur Perfektion durch die Zwischenmänner gebracht,
vgl. Thöl, Wechselrecht 3. Ausl. §. 261, billigt, die Geltung aber zu verwerfen, wenn man die Bindekraft schon in einem bloßen Kreationsakte oder einem einseitigen Versprechen,
vgl.Kuntze, Lehre von denJnhaberpapicren §§. 65ftg.; Dernburg,
Preußisches Privatrecht Bd. 2 §.12, oder in einem — von einem Kontrahieren verschiedenen — Sichobli-
gieren zu Gunsten aller späteren Nehmer, nur vermittelt durch ein Geben an den unmittelbaren Nehmer,
vgl. Goldschmidt, Zeitschr. f. Handelsr. Bd. 28 S. 110 flg., finden will. Läßt man aber die Frage, auf welchem Wege die Bindekraft der
Willenserklärung und ihr Ergriffenwerden von der Herrschaft des
Wechselerwerbers konstruktiv zu erklären ist, beiseite und ermittelt das nach Willen und Vorstellung der Beteiligten Wesentliche bei den rechts geschäftlichen Handlungen, durch welche das Recht aus dem Wechsel
oder einem sonstigen Orderpapiere für den dritten Nehmer entsteht, so
ergiebt sich, daß der Aussteller des Orderpapieres, bezw. der Wechsel unterzeichner, mittels der Ausstellung, bezw. Unterzeichnung des Wechsels,
erklärt, zu jedem legitimierten Inhaber der Urkunde in ein direktes Schuldverhältnis treten, denselben als seinen Gläubiger anerkennen zu
wollen.
Diese Auffassung liegt insbesondere der Anerkennung des
Orderpapieres in Artt. 301 flg. H.G.B. zu Grunde.
Protokolle der Nürnberger Konferenz heißt es:
Seite 560 der
„Wer Orderpapiere
ausgiebt, erklärt damit, bafj. er nicht auf die Person des ersten Gläu bigers Gewicht legt, sondern sich gleichsam einen fungiblen Gläubiger
gefallen lassen will."
Allerdings geschieht die Bestimmung der Personen der successiven Nehmer durch die selbständige Entschließung der Vormänner.
Allein
die Grundlage des Verhältnisses beruht immer auf dem Obligiertseinwollen des Ausstellers, bezw. Wechselzeichners gegenüber unbestimmten,
bezw. durch den Papiererwerb Bestimmtheit erlangenden Gläubigern. Es erscheint deshalb zulässig und gerechtfertigt, die rechtsgeschäft
lichen Handlungen der Ausstellung des Orderpapieres oder der Wechsel zeichnung einerseits und des Erwerbers des Papieres seitens eines dritten Nehmers andererseits als zwischen den betreffenden Personen
geschlossene Geschäfte im Sinne des Art. 313 anzusehen, sofern nicht der Begründung von Gläubigerverhältnissen Besonder
dieser Art
heiten anhaften, zu deren Ausschließung vom Vorteile des Zurückbe haltungsrechtes das Gesetz erweislich aus wirtschaftlichen, bezw. rechts politischen Gesichtspunkten das gedachte Erfordernis aufgestellt hat.
Diese Auffassung wird auch durch die Entstehungsgeschichte des
betreffenden Passus im Art. 313 unterstützt.
Zweimal wurde bei den
Beratungen der promenierte, aber von anderen Seiten lebhaft bekämpfte
Ausschluß mittels Cession erworbener Forderungen von dem Zurück behaltüngsrechte durch die Stimme des Präsidenten abgelehnt. Alsdann wurde die jetzige Fassung als bloße Redaktion der gefaßten Beschlüsse
vorgelegt, und trotz der Monita, daß dies nicht Redaktion, sondern Änderung der Beschlüsse sei, weil danach cedierte Forderungen vom
Zurückbehaltungsrechte doch ausgeschlossen seien, auf den Versuch hin, diesen Vorwurf damit zurückzuweisen, daß cedierte Forderungen nicht
unbedingt ausgeschlossen seien, insbesondere dann nicht, wenn die Ver anlassung zum Erwerbe ein zwischen dem Cessionar und dem debitor
cessus abgeschlossenes Handelsgeschäft gewesen, angenommen. Vgl. S. 454—470. 1339—1357. 1420—1424. In den Diskussionen, welche mit Verwerfung des Ausschlusses cedierter
Forderungen endeten, waren unter den cedierten Forderungen die in dossierten bald inbegriffen erachtet (Prot. S. 1351), bald als nicht
inbegriffen ihnen entgegengestellt worden (Prot. S. 461).
Es kann
dahingestellt bleiben, ob nicht schon aus der schließlich behaupteten
Einschränkung
des Ausschlusses cedierter Forderungen,
welche sich
aus dem redigierten Passus ergeben sollte, und in deren Sinn der schließ liche Beschluß gefaßt wurde, zu folgern ist, daß jedenfalls bei Forde
rungen aus indossierten Papieren, weil sie schon zum Zwecke eventuellen
Erwerbes seitens jedes legitimierten Inhabers ausgestellt, der Aus
Jedenfalls rechtfertigt der Verlauf der
schluß nicht stattfinden sollte.
Entstehung des gedachten Passus, der in demselben enthaltenen Ein
schränkung eine möglichst limitierte, das Zurückbehaltungsrecht vor der Bedeutungslosigkeit möglichst schützende Tragweite zu geben. Prüft man aber die Tendenz des gesetzlichen Erfordernisses von wirtschaftlichen bezw. rechtspolitischen Gesichtspunkten aus, so lassen sich entscheidende Bedenken gegen die Subsumtion der Begründung
des Gläubigerverhältnisses durch Wechsel bezw. Orderpapieren gegen über späteren Nehmern unter die „zwischen den Beteiligten geschlossenen
Geschäfte" nicht aufstellen.
Als solches Bedenken möchte geltend ge
macht werden können, das gedachte Erfordernis bezwecke Abschluß mit einem bestimmten, dem Schuldner erkennbaren Gläubiger, indem nur bei Kenntnis der Gläubigerschaft spätere Hingabe von Sachen an die betreffende Person stillschweigende Verpfändung, nur die In anspruchnahme von Kredit bei einer als Besitzer hingegebener Sachen
bekannten Person stillschweigende Willenserklärung wäre, daß die Sachen Pfand sein sollten.
Allein, obwohl von solcher Willenspräsumtion
wiederholt bei den Beratungen über das Zurückbehaltungsrecht zur Rechtfertigung desselben gesprochen worden ist, so läßt sich diesem Gesichtspunkte doch eine wesentliche Bedeutung bei der Auslegung des
Gesetzes nicht beimessen.
Das individuelle Moment ist auch schon bei
der gesetzlichen Feststellung der Erfordernisse für die Erlangung der Retentionsobjekte verwischt, denn da es genügt, daß die Sachen mit Willen des Schuldners in den Besitz des Gläubigers gelangt sind,
während das Wissen nach Prot. S. 1349 gestrichen ist, genügt auch
hier die allgemeine Zustimmung des Schuldners gegen den unmittel baren Empfänger seiner Sachen, daß dieser sie beliebig weitergebe,
um dieselben in dem daraufhin erlangten Besitze eines weiteren Em pfängers für diesen zu Gegenständen der Ausübung des Zurückbehal
tungsrechtes machen zu können.
Es läßt sich kein anderer Satz auf
stellen, als der einer Billigkeit, daß wer im kaufmännischen Verkehre einem Kaufmanne Sachen in Besitz giebt oder mit seiner Zustimmung
geben läßt, sich gefallen lassen muß, daß dieser sich wegen der For derungen, welche demselben aus eigenem Rechte an ihn zustehen, an die Sachen halten darf, sofern dies nicht mit der in betreff der Sachen gegebenen besonderen Bestimmung in Widerspruch steht.
Liegt dem schließlichen Ausschlüsse cedierter Forderungen vom
Zurückbehaltungsrechte der Gedanke zu Grunde, daß der Sachenschuldner nicht durch willkürliches Ansichziehen einer Forderung die Sachen zu
einem Deckungsobjekte soll machen können, so unterscheidet sich eben
von der Kontrahierung einer Schuld gegenüber einer individuellen Person, deren Abtretung der Schuldner nur nicht hindern kann, die Ausstellung von Orderpapieren wesentlich darin, daß die letzteren durch
Gelangung
gerade die ihnen vom Aussteller beigelegte Wer sie ausstellt, muß darauf gefaßt fein, daß
an Dritte
Funktion erfüllen.
sie an einen Sachenschuldner kommen.
Er hat keine berechtigte Er
wartung, daß die auf dem Papiere beruhende Forderung im Besitze eines ungedeckten Gläubigers, das zur Deckung geeignete Objekt aber
im Besitze eines anderen frei bleibe.
Die Möglichkeit, daß auf diese
Weise der Besitzer von Deckungsobjekten das Papier vom ungedeckten Vormanne billig erwirbt, kann dabei nicht ins Gewicht fallen.
Die
vereinzelten Fälle möglichen Mißbrauches werden ausgewogen durch
den Normalfall, daß das Vorhandensein von Deckungsobjekten im Ver
kehre bei der leichten Negoziabilität des Orderpapieres auch für den selbst ungedeckten Inhaber nutzbar wird und eine gerechte und billige Ausgleichung für alle Teile eintritt, wie sie gerade der Bestimmung
des Orderpapieres entspricht, mittels dessen der Aussteller von seinem nächsten Nehmer Kredit beansprucht, aber ihm auch den Kredit, den er
im Verkehre genießt, zur Verfügung stellt.
Eine Verhütung von Be
nachteiligungen anderer Gläubiger durch Erwerb von Forderungen seitens des Inhabers von Deckungsobjekten erst bei Zahlungsunfähig
keit des Eigentümers der Objekte liegt aber außerhalb der ersichtlichen
Tendenz der Ausstellung der Erfordernisse des Zurückbehaltungsrechtes im Art. 313, gehört vielmehr zur Fürsorge der Konkursordnungen. Endlich ist aber auch das Erfordernis der Beschaffenheit der Ge schäfte als „beiderseitiger Handelsgeschäfte" nicht geeignet, die Anwen
dung des Art. 313 auf in der Person des dritten Nehmers begründete
Gläubigerverhältnisse aus Wechseln und sonstigen Orderpapieren zu
hindern, da diesem Erfordernisse genügt ist, wenn die in Betracht kommenden rechtsgeschäftlichen Handlungen, nämlich auf feiten des
Schuldners die Ausgabe des Papieres oder, sofern schon die Nieder schrift auf dem Papiere als verpffichtend anzunehmen ist, diese Nieder schrift, auf feiten des Gläubigers die Erwerbshandlung, von jedem der E. d. R.G. Entsck in Cimls. IX.
4
Handelnden im Betriebe des Handelsgewerbes vorgenommen worden sind (vgl. Art. 273 H.G.B.).
Daß jedem der beiden Beteiligten auch
die handelsgeschäftliche Qualität des Handelns des anderen Beteiligten erkennbar geworden sein mußte, verlangt das Gesetz nicht. Gemäß dieser Auffassung, welche übrigens mit den Ansichten der
weitaus überwiegenden Mehrzahl der Schriftsteller im Einklänge steht, vgl. insbesondere Goldschmidt, Handbuch Bd. 1 §.98 S. 1040; v. Hahn, Kommentar 2. Aufl. Bd.2 S. 175; Thöl, Handelsrecht
5. Aufl. Bd. 1 T. 2 S. 124; Anschütz und Völderndorff, Kom mentar Bd.3 S.195; Endemann in seinem Handbuche des Handels-,
See- und Wechselrechtes Bd. 2 S. 101; Koch, Kommentar zum H.G.B. Anm. 105 zu Art. 313,
mußte das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben werden. ... Da die Gemeinschuldnerin, wie die Beklagte, Kaufleute waren, so
ergiebt sich die Beschaffenheit ihrer in Betracht kommenden rechtsge
schäftlichen Handlungen als handelsgeschäftliche aus der Präsumtion des Art. 274 H.G.B.
Welche Wirkung die Vorschriften der Reichs
konkursordnung über die Anfechtung der die Konkursgläubiger benach teiligenden Rechtshandlungen auf den Fall des Erwerbes einer Forde rung seitens eines Sachenschuldners des Gemeinschuldners, durch welchen
Erwerb diese Forderung zu einer Deckung gelangt, welche sie in der Hand des früheren Gläubigers nicht hatte, ausüben, braucht nicht ent schieden zu werden, da von der Klägerin nicht behauptet ist, daß die
Beklagte die Wechsel erst nach der Zahlungseinstellung der Gemein schuldnerin erworben habe. ...
Ob irgend einer der Wechsel von
der Beklagten nach der Behauptung der Klägerin etwa in der kritischen Zeit vor dem angeblichen Zahlungseinstellungstermine, welche §. 23
Nr. 2 K.O. normiert, erworben worden, ist gleichgültig.
Denn §. 23
Nr. 2 a. a. O. hat zu seiner Voraussetzung, daß jemand, der zur Zeit der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung Gläubiger des nachmaligen
Gemeinschuldners war, für seine Forderung durch die Rechtshandlung
eine Sicherung oder Befriedigung erhält.
Diese Bestimmung ist nicht
anwendbar auf den ganz anderen Fall, daß jemand, der zur kritischen
Zeit Sachenschuldner des Gemeinschuldners war, zu gedachter Zeit eine
Forderung gegen ihn erwarb, die ihm einen Titel zur Behandlung der
Sachen als Deckung gewährte.
Der Beklagten gegenüber erschiene
also §. 23 Nr. 2 K.O. unanwendbar."
8.
Mangelnde Order im Orderhafen.
51
8. Verhältnis von Vertragsbestimmung und Rechtssatz. Ist das Recht des Bestimmungsortes einer versandten Ware für alle Vorgänge auf der Reise maßgebend? Ist der Schiffer, welcher im Orderhafen keine Order vorfindet, verpflichtet, Order einzuholen? Kann er, wenn er dies unterläßt, Liegegeld fordern? Bedeutung des Ausspruches von Kaufleuten über ein Rechtsverhältnis. I. Civilsenat.
Urt. v. 21. März 1883 i. S. E. P. als Führer der
„Nebo" (Kl.) w. C. S. (Bekl.)
I. II.
Rep. I. 129 83.
Landgericht Danzig. Oberlandesgericht Marienwerder.
Die norwegische Bark „Nebo" wurde von ihren Rhedern zum
Transport von ca. 3500 Barrels Petroleum verchartert, wie es in der
Chartepartie d. d. New-Jork, den 16. Dezember 1881 heißt:
. . . for a voyage from New-York to Elsinore or Christians sand at Captains Option for Orders to be given within 48 hours after ships arrival or demurrage to be paid to discharge at a safe Danish port or at a safe Norwegian or Swedish port between Bergen and Stockholm both included or in the Baltic as high as Cronstadt included or to a direct port as above. One port only. . . . Als Betrag des Liegegeldes ist 12 £ St. für den Tag vereinbart. In den an der Befrachter Order gestellten Konnossementen ist auf alle
Bedingungen der Chartepartie Bezug genommen.
Das Schiff kam am 24. April 1882 in Flekkerö, dem Außen hafen von Christianssand, an, der Schiffer sand aber in Christianssand
weder auf der Post, noch auf dem Telegraphenamt, noch sonst Order vor, inserierte darauf seine Ankunft in eine in Christianssand erscheinende
Zeitung, sowie in die Hamburger Börsenhalle und erhob Protest.
Erst
am 10. Mai erhielt er Order, nach Danzig abzugehen; dort angekommen, lieferte er die Ladung an den Konnossements-Inhaber C. S. ab und
fordert mit der vorliegenden Klage von diesem Liegegeld für 13 Tage, während welcher er in Flekkerö wegen nicht erhaltener Order von
Ablauf des zweiten Tages nach seiner Ankunft hatte liegen müssen,
im Betrage von 3188,64 ©#.
Der Beklagte bestreitet die Forderung, indem er es dem Kläger
zum Verschulden anrechnet, daß er nicht um Order telegraphiert habe. In erster Instanz wurde der Beklagte klagegemäß verurteilt, in
zweiter Instanz die Klage abgewiesen.
Auf Revision des Klägers hob
das Reichsgericht das Berusungsurteil auf und bestätigte das erste
Urteil aus folgenden Gründen: „1. Maßgebend für die Verpflichtung des Schiffers aus dem Frachtverträge sind zunächst die Bestimmungen der Chartepartie.
Erst
wenn und soweit es an diesen fehlt, kommen die allgemeinen Rechts bestimmungen zur Anwendung. Der Berufungsrichter hat daher rechts
grundsätzlich gefehlt, indem er zunächst die gesetzlichen Bestimmungen über die Verpflichtungen des Schiffers erörtert und, weil er zu der
Annahme gelangt, nach derselben sei der Schiffer, welcher im Order
hafen keine Order vorfindet, verpflichtet, davon dem Befrachter Nach richt zu geben, es für überflüssig erklärt, auf die Bestimmungen der
Chartepartie einzugehen.
Ein solches Verfahren würde nur in dem
Falle zulässig sein, wenn feststände, daß durch die Chartepartie die gesetzlichen Verpflichtungen des Schiffers nur hätten vermehrt, nicht aber möglicherweise auch vermindert werden sollen. 2. Der Berufungsrichter, ebenso wie der erste Richter, nimmt an,
für das vorliegende Rechtsverhältnis seien die Bestimmungen des in Danzig geltenden Rechtes maßgebend, weil Danzig der Sitz des durch
den Frachtvertrag begründeten Rechtsverhältnisses sei, „denn als Sitz eines Rechtsverhältnisses sei derjenige Ort anzusehen, an welchem das selbe seine Wirkung äußern solle.
Das an diesem Sitze geltende Recht
sei maßgebend, weil anzunehmen sei, daß die Kontrahenten sich dem Rechte des Ortes, an welchem der Vertrag seine Wirkung äußern soll,
freiwillig unterworfen haben."
Mag man auch diesen Satz, wenigstens
im allgemeinen, als richtig anerkennen und dem Berufungsrichter auch darin beitreten, daß der Anwendung desselben der Umstand, daß in der Chartepartie der Bestimmungsort nicht festgesetzt, sondern dessen Wahl
innerhalb gewisser räumlicher Schranken dem Befrachter überlassen ist, an sich nicht entgegensteht, so würde aus dem allgemeinen Satze doch
nur folgen, daß für das Verhältnis aus dem Frachtverträge, insofern derselbe im Bestimmungshafen zur Ausführung kommt bezw. kommen
soll, das Recht des Bestimmungshafens maßgebend, daß insbesondere
auch die Passivlegitimation des Empfängers des Gutes nach diesem Rechte zu beurteilen sei.
Würde also das Recht auf Liegegeld für die
Versäumnis im Orderhasen begründet fein, so würde für die Frage,
ob dasselbe gegen den Empfänger des Gutes geltend gemacht werden
könne, das Recht des Bestimmungshafens entscheidend sein.
Nicht aber
würde aus jenem Satze folgen, daß auch die Frage, was dem Schiffer
obliege, wenn er im Orderhafen keine Order vorfindet, nach dem Rechte
des später dem Schiffer bezeichneten Bestimmungshafens zu entscheiden sei.
Nach dieser Richtung soll das zwischen dem Befrachter und
dem Verfrachter eingegangene Rechtsverhältnis „seine Wirkung äußern" nicht im Bestimmungshafen, sondern im Orderhafen, es fehlt daher an
einem Grunde für die allgemeine Annahme, daß auch in dieser Beziehung
die Kontrahenten sich dem Rechte des Bestimmungshafens freiwillig unterworfen haben, und es ist nicht etwa für den konkreten Fall vom Berufungsrichter eine solche Unterwerfung thatsächlich festgestellt.
Für die Auffassung des Berusungsrichters kann auch nicht geltend gemacht werden, daß alle aus und bei der Ausführung des Fracht
vertrages entstehenden Rechtsverhältnisse notwendig nach einem und
demselben Rechte entschieden werden müssen: dies wäre eine unbegründete petitio principii. 3. Rechtsirrtümlich ist aber auch die Ausführung des Berufungs richters, die Bestimmungen des deutschen Handelsgesetzbuches begründeten
für den Schiffer in einem Falle wie dem vorliegenden die Verpflichtung, seine Ankunft im Orderhafen dem Befrachter anzuzeigen.
Aus der
allgemeinen Bestimmung des Art. 478 ist nichts dafür zu entnehmen. Art. 504 legt dem Schiffer die Verpflichtung auf, für das Beste der
Ladung diejenige Sorgfalt anzuwenden, welche der Befrachter selbst
nicht anwenden kann.
Dies paßt nicht auf den Fall, wenn der Be
frachter der von ihm vertragsmäßig übernommenen Verpflichtung, nach
dem Orderhasen Order gelangen zu lassen, nicht genügt hat.
Art. 595
führt gerade nicht zur Annahme der Verpflichtung, vom säumigen Be
frachter Instruktionen einzuholen.
Art. 602 Abs. 2 ist nicht analog
anzuwenden, da der Thatbestand ein ganz anderer ist.
In diesem
Artikel wird vorausgesetzt, daß der Befrachter das Seinige gethan, um
die Erfüllung des Frachtvertrages zu ermöglichen, und nicht weiß, daß es nicht zum Ziele geführt hat; im vorliegenden Falle dagegen hat der
Befrachter die übernommene Verpflichtung nicht erfüllt.
Verfehlt ist auch das Argument, die Befrachter seien ohne die
Anzeige der Ankunft des Schiffes im Orderhafen außer stände gewesen, über die Ladung zu verfügen und einen etwa über dieselbe abgeschlossenen Kaufvertrag durch Übergabe der Güter zur Ausführung zu bringen. Warum es dem Befrachter unmöglich sein soll, über die schwimmende
Ladung zu verfügen, bevor er deren Ankunft im Orderhafen erfahren
hat, ist nicht einzusehen. Soll aber ausgesprochen sein, es erscheine zweckmäßig und entspreche der kaufmännischen Übung, über aus Amerika
kommende Ware erst dann zu verfügen, wenn ihre Ankunft in Europa bekannt geworden sei, so kann dahingestellt bleiben, ob diese Annahme
zutreffend sei.
Jedenfalls war es Sache der Befrachter, wenn sie die
entsprechende Absicht hatten, dem Schiffer diese Anzeige vorzuschreiben,
und zwar war dies um so mehr angezeigt, als es in ihrem Interesse lag,
die Anzeige auch dann zu erhalten, wenn sie Order nach dem Order hafen hatten gelangen lassen. 4. Aus den unter Nr. 1.2. 3 entwickelten Gründen war das an gefochtene Urteil, insofern es die Klage abweist, aufzuheben.
Es konnte
aber in der Sache selbst sofort erkannt werden.
In dem in erster Instanz von der Kammer für Handelssachen des Landgerichtes zu Danzig ergangenen Urteile wird ausgeführt:
... Der Gerichtshof ist nach dem sehr ausführlichen und klaren Inhalte der Chartepartie vom 16. Dezember 1881 der Ansicht, daß
dieselbe nicht unvollständig ist und nicht der Ergänzung oder der Interpretation bedarf, und daß es, weil weder Charter noch Konnosse
ment die ausdrückliche Bestimmung enthalten, der Schiffer solle seine Ankunft im Orderhafen dem Befrachter melden, nicht der Wille der Kontrahenten gewesen ist, daß eine solche Meldung zu geschehen habe.
... Der Gerichtshof nimmt an, daß die Befrachter oder diejenigen, welche von ihnen das Orderkonnossement erhalten hatten, nach der Charter verpflichtet waren, in Christianssand und Helsingör recht-
zeitig auf dem Telegraphenamte, der Post oder sonstwo weitere Segel order niederzulegen oder einem Geschäftsfreunde auszutragen, daß er sie von der Ankunft des Schiffs in Kenntnis setze, damit sie dann direkt dem Kapitän Order erteilten, und daß sie, indem sie dies zu thun unterließen, ein grobes Versehen begangen haben, dessen Folgen
sie tragen müssen. ... Dieser Auffassung ist beizutreten und dabei noch zu bemerken, daß
in der englischen Jurisprudenz von der gleichen Auffassung ausge gangen wird.
Vgl. Maude und Pollock, A Compendium of theLaw ofMerchant Shipping 4 ed. by Baron Pollock and G. Bruce. London 1881. Vol. I. p. 320: Maclachlan, A Treatise on the Law of Merchant Shipping. 3 ed. London 1880. p. 427; Kay, The Law relating to the Shipmasters and Seamen. London 1875. Vol. I. p. 165; Abbott, A Treatise of the Law relative to Merchant Ships and Seamen. 12 ed. London 1881. p. 308. Alle diese Schriftsteller führen unter Bezugnahme auf Präjudizien
aus, der Schiffer, welcher im Orderhafeu keine Order vorfindet, sei nicht verpflichtet, sich an die Befrachter um Instruktion zu wenden, es genüge, wenn er in Erwartung derselben eine entsprechende Zeit liegen
bleibe.
Pflicht des Befrachters sei es, wird von Maclachlan a. a. O.
bemerkt, to he on the outlook of the ship. Wenn der Beklagte geltend macht, die Worte der Charter:
. . . at Captains Option for Orders to he given within 48 hours after ships arrival, hätten genauer lauten sollen, bezw. seien usancemäßig so zu verstehen, als lauteten sie:
. . . at Captains Option calling for Orders same to he given 48 hours after ships arrival, . . . so ist diese Behauptung (und folglich auch der darüber angetretene Beweis) schon aus dem Grunde bedeutungslos, weil auch in der letzteren Fassung nichts anderes ausgesprochen ist, als in der ersteren; denn es
ist völlig willkürlich, das calling for Orders auf ein direktes Angehen
der Befrachter um Anweisungen zu beziehen, es ist darunter vielmehr
das Erkundigen nach Anweisungen im Orderhafen selbst zu verstehen, und in diesem Sinne wird der Ausdruck von den angeführten Schrift stellern gebraucht.
Es würde aber auch, wenn die Interpretation des
Beklagten richtig wäre, unverständlich sein, warum die Frist, innerhalb
welcher Order gegeben werden soll, nach der Zeit der Ankunft des Schiffes und nicht vielmehr nach der Zeit der Jnstruktionseinholung
bestimmt war, die ja doch möglicherweise (weil vorerst im Orderhafen nachzuforschen war) erst später erfolgen konnte, während sich diese Be
stimmung der Charter sehr wohl erklärt, wenn es sich um die Ein holung der Order im Orderhafen selbst handelt.
Vgl. Maude und Pollock, a. a. O. Note d. 5. Der Beklagte bezieht sich noch auf ein Schriftstück, in welchem neun Kaufleute und drei Schiffsmakler in New-Dork erklären, daß sie decide and agree, that it is not only the custom of the trade, but the duty of a Shipmaster on arriving at Port of call and finding no Orders there and not knowing his consignees, to telegraph or cable to his Charterers for their account, that his vessel has arrived at such Port of call, and ask for Orders; failing to do so he forfeits all right to demurrage for his detention beyond the usual and customary time allowed for giving Orders. Allein aus dem Gegensatze, welcher zwischen custom of trade und duty gemacht wird, ergiebt sich, daß die Unterzeichner dieser Erklärung nichts anderes aussprechen wollen, als daß die Schiffer, wenn sie im Order hafen keine Order vorfinden, sich mittels Telegraphs oder Kabels an die Befrachter zu wenden pflegen, und daß nach ihrer, der Er klärenden, Ansicht die Schiffer hierzu verpflichtet sind bei Verlust des Anspruches auf Liegegeld. Dagegen findet sich in der Erklärung eine Bezugnahme auf irgend eine Chartepartie-Klausel, bezw. ein Ausspruch darüber, daß eine solche Klausel in einem bestimmten Sinne verstanden zu werden pflege, nicht, ebensowenig aber auch ein Zeugnis über einen Gewohnheitsrechtssatz. Das Schriftstück ist daher für die Frage nach der Auffassung der vorliegenden Chartepartie bedeutungslos und die betreffende Beweis antretung zwecklos. Hiernach war die gegen das landgerichtliche Urteil, insofern das selbe die Klage abweist, eingelegte Berufung als unbegründet zurück zuweisen."
9. Wird die Wechselverpflichtung des Bezogenen bereits mit der Niederschrift des Acceptes auf den zur Acceptierung vorgelegten Wechsel oder erst mit der Wiedkraushändignng des mit Accept ver sehenen Wechsels begründet? Ist das Recht des legitimierten In habers der Wechsel-Sekunda auf Aushändigung der arceptierten Prima wider den Acceptanten ein durchaus selbständiges?
I. Civilsenat.
Urt. v. 7. April 1883 i. S. C. & A. (Bekl.) w.
I. S. & Söhne (Kl.). I. II.
Rep. I. 147/83.
Landgericht Hamburg. Oberlandesgcricht daselbst.
Die Handlung R. & Co. in Malaga hatte an die Beklagten in Hamburg eine Ladung Olivenöl verkauft.
In Höhe des Kaufpreises
zog sie auf die Käufer einen Wechsel an eigene Order, zahlbar drei Monate nach der Ausstellung.
Diesen Wechsel stellte sie in zwei
Exemplaren, Prima und Sekunda, aus, versah die Sekunda mit dem Vermerk, daß sich die Prima acceptiert in Händen von C. H. D. in
Hamburg befände, und indossierte diese Sekunda unter dem Datum des 26. August 1882 an die Order von F. G. & Co, welche wiederum
unter dem Datum des 7. September 1882 dieselben an die jetzigen Kläger indossiert haben.
Die Prima sandten R. & Co. an ihren Agenten in Hamburg zur
Besorgung des Accepts.
Dieser überreichte den Beklagten die Prima
am 2. September 1882 und beließ sie zur Niederschrift des Accepts,
da der 3. September ein Sonntag war, einstweilen in den Händen der
Beklagten.
Diese versahen am 4. September 1882 morgens die Prima
mit ihrem Accept. Bald darauf an demselben Tage ging denselben aber ein sodann nochmals abschriftlich durch den Gerichtsvollzieher ihnen zugestelltes Schreiben des Rechtsanwalts S. zu, inhalts dessen dieser für einen Gläubiger von R. & Co. unter Hinweis auf §. 744
C.P.O. die Beklagten aufforderte, von dem von ihnen an R. & Co. für das Olivenöl geschuldeten Kaufpreise die Summe von 1840 c