Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Band 104 [Reprint 2020 ed.] 9783112359884, 9783112359877


182 73 27MB

German Pages 479 [591] Year 1922

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Band 104 [Reprint 2020 ed.]
 9783112359884, 9783112359877

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Entscheidungen des

Reichsgerichts. Herausgegeben von

den Mitgliedern des Gerichtshofes vnd der Neichsanwaltschaft.

Entscheidungen in Zivilsachen. 104. Wand.

Serlin «nd Leipzig 1922 Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gmyter L Co. vormals G. I. Göschen'sche Verlag-handlung :: I. Guttentag, Verlags­ buchhandlung :: Georg Reimer Karl I. Trübner :: Bett & Comp.

Entscheidungen des

Reichsgerichts in

Zivilsachen.

104. Arand.

Mit Anhang: Entscheidnng des Staatsgerichtshofs.

Serlin und Leipzig 1922

Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gmyter & Co. vormals G. I. Göschen'sche Berlagshandlung :: I. (Suttentag, Verlags­ buchhandlung :: Georg Reimer :: Karl I. Trübner :: Veit A Comp.

Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.

Inhalt. I. Bürgerliches Recht a. DrichsrrchL.

$tr.

1.

Seite

Kann ein Gattungskauf wegen arglistiger Täuschung beim Abschluß deS Kaufgeschäfts

angefochten werden?

Bestättgung anfechtbarer Rechts­

geschäfte durch schlüssige Handlungen.....................................................

2.

Zum Begriff der Verladung bei Berttägen,

1

bei denen der, Zeitpunkt

der Verladung nicht nur für deren Rechtzeitigkeit, sondem auch für die BertragSmäßigkeit der Ware wesentlich ist...............................................

4

S. Kann die Eisenbahn durch Tarifbestimmung ihre Haftung für den Ver­

lust von Kostbarkeiten auf einen Höchstbetrag beschränken?

4.

.... 6

Ist der Unternehmer berechtigt, wegen posittver Vertragsverletzung des

Bestellers vom Werkverträge zurückzutreten?

Ist der Schuldner dmch

einen vom Gläubiger gemäß § 887 ZPO. erwirkten ErmächtigungSbeschluß an der eigenen Erfüllung des Vertrag- gehindert? ....

5.

15

SchadenSersatzanspruch des Eigentümers eines für militärische Zwecke

beschlagnahmten Gebäudes wegen Beschädigungen durch Militärpersonen. Ist der Nachweis eines Verschuldens erforderlich?

6.

Rechtsweg

...

18

Haftung des Versicherers gegen Einbruchsdiebstahl nach einem Umzüge des Versicherungsnehmers....................................................................................20

8.

Setzt die Kündigung nach §§* 581, 553 BGB. auch im Falle einer er­ heblichen Gefährdung der Pachtsache durch den Pächter eine vorherige Abmahnung seitens des Verpächters voraus?.......................................... 26

9.

Wird

der aus

einem gegenseitigen Vertrag

auf Erfüllung

klagende

Gläubiger dadurch seinerseits zur Erfüllung verpflichtet, daß der Be­ klagte sich

zu der Erfüllung, die er zunächst verweigert hatte, bereit

erklärt?........................................................................................................................ 27

12. Fassung des Protestes beim Verrechnungsscheck..................................................37

Inhalt.

VI

Seite

Nr.

13.

Wann kann der Verkäufer beim Suk-esflvlieferungSgeschäst zurücktreten, wenn der Käufer mit der gegen Vorlegung de- Duplikatfrachtbriefs -u

leistenden Barzahlung für eine Lieserungsrate in Verzug kommt?. 14.

.

39

Ist daS einem gemeinnützigen Siedelungsunternehmen zustehende Vor­

kaufsrecht auch dann anwendbar, wenn eine Gesellschaft m. b. H., deren Vermögen nur aus dem Grundstück besteht, ihre sämtlichen Geschäfts­

anteile einem andern abiritt?............................................................................ 42 15.

Zur Frage der Haftung eines Schank- und Speisewirts für die von seinen Gästen in dem Gastlokal abgelegtm Kleidungsstücke? ....

16.

Zur Haftung der Eisenbahn bei

Entwendung

45

von UmzugSgut aus

geschloffenen Möbelwagen.................................................................................. 47 17,

Räumliches Anwendungsgebiet der DevisenVO. v. 8. Februar 1917.

Folgen des Verstoßes gegen sie.

Bestätigung nach § 141 BGB.

Zu

§ 817 Satz 2 BGB................................................................................................ 50 21.

Rechtliche Wirkungen der bei Bestellung einer Amortisationshypothek

getroffenen Bereinbarllng über die Ansammlung der TilgungSbeiträge

zu einem Amortisationsfonds und dessen Bestimmung zum Zubehör deS Grundstücks.................................................................................................... 68 23.

24.

Zum Begriff der widerrechtlichen Drohung i. S. deS § 123 Abs. 1 BGB.

79

Schadloshaltung des Eigentümers, dessen Anspruch auS § 907 Satz 1 BGB. durch § 26 GewO, ausgeschlossen wird........................................ 81

25.

Zum Begriff der „Zeit des Eintritts

deS vom Kläger geltend ge­

machten ScheidungSgrunds" in § 1574 Abs. 3 BGB................................86 26.

Voraussetzungen und Umfang

des Schutzes eines Druckschriftenlitels

nach 8 16 UWG....................................................................................................... 88

27.

Inwieweit hat der Untemehmer im Falle der Kündigung des Werk­ vertrags durch den Besteller einen Anspruch auf Herausgabe des von ihm auf das Grundstück des Bestellers eingebrachten, zur Herstellung

deS Werks besttmmten Materials?.................................................................93 28.

Zur Frage des Erfordernisses der Mängelanzeige außerhalb des Gebists der betderseitigm Handelskäufe......................................................................95

29.

Zum Begriff der Kostbarkeit i. S. des Art. 3 übereinkommens

30.

des Intern. Fracht­

.................................................................................................... 97

Sind Kaufverträge gültig, die unter einer aufschiebenden Bedingung

geschloffen sind, deren Herbeiführung ausschließlich von der Willkür deS

Verkäufers abhängig ist?

Verstößt eS gegen die guten Sitten, wenn

der Verkäufer, um sich gegen nicht voraussehbare Preisverschiebungen

zu sichern, dem Käufer besonder- lästige Bedingungen auferlegt?

.

.

98

Nr.

Sette

81 . Ergreift die Nichtigkeit eines formgerecht beurkundeten GrundstückSveräußerungsvertrags notwendig auch die in der nämlichen Urkunde

vollzogene Auflassung?

Vermag diese den Formmangel des mündlich

vereinbarten Kaufgeschäfts zu heilen?...................................................... 102

82 Zur Frage der Geltung von ZwangSbewirtschastungsbestimmungen im besetzten Gebiet zur Zeit deS Waffenstillstands..................................... 105 33. Kann die in §903 RBersrchO. verlangte strafgerichtliche Feststellung

auch in einem Strafbefehle getroffen werden?..................................... 111 34. Zur Auslegung der Klauseln „freibleibend unter Vorbehalt der Lieferungs­

möglichkeit" und „Berechnung des Kaufpreises zum Preise des Liefemngstags Vorbehalten" bei Vertragsangeboten............................................... 114

36. Besteht die Pflicht zur Übersendung des Stückeverzeichnisses (§ 3 DepotG.) auch beim Vorliegen eines der Einkaufskommission ähnlichen Rechts­

geschäfts?

Kann

die in § 3 DepotG. bestimmte Nachzahlungsfrist

vom Kommittenten verlängert werden?

verzeichnis

Verzicht

auf das Stücke­

119

.........................

37. Läßt sich die Bereinbamng eine- einzutragenden dinglichen Vorkaufs­

rechts mit festem Preise gemäß § 140 BGB. in die Vereinbarung eines durch die Bestellung einer Auflassungsvormerkung zu sichernden

schuldrechtlichen Vorkaufsrechts umdeuten?

Ist eine solche Verein­

122

barung rechtswirksam?.......................................... 39. Gesellschaft m. b. H.

Ist der Gesellschafter von der Ausübung des

Stimmrechts ausgeschlossen bei der Beschlußfassung über ein Rechts­

geschäft, das zwar nicht in seinem Namen, aber für seine Rechnung mit der Gesellschaft vorgenommen werden soll? ........

128

40. Steht § 566 BGB. der Wirksamkeit der nebm einem mündlichen Miet­ verträge getroffenen Abrede schriftlicher Beurkundung entgegen? .

.

.

131

43. Haftung des Postfiskus für den Schaden, der dem Inhaber eines Post­

scheckkontos aus einem unter Mitwirkung eines Postangestellten ver­ übten Betrug erwachsen ist............................................................................. 141 45 . Ist ein auf die Angestellten der Eisenbahn beschränkter Streik als höhere Gewalt i. S. des § 456 HGB. und des § 84 EVO. anzusehen?

.

.

150

46 Kann das Mieleinigungsamt bei Herabsetzung des Mietzinses bindend

entscheiden,

daß ein Teil des angeblichen Kaufpreises für die Ein­

richtung deS gemieteten Ladens in Wahrheit Mietzins sei? 49

....

Zur Auslegung der mit der Anmeldung eines Warenzeichens über­

einstimmenden Eintragung, wenn die Anmeldung sich streng an die Klasseneinteilung des patentamtlichen Warenverzeichnisses gehalten hat. Unterliegt die Rechtsgültigkeit des die Eintragung aiändernden Be-

153

vm

Inhalt.

Nr.

Sette

richtigungsbeschluffes des Patentamts der Nachprüfung

seitens

des

Gerichts?.................................................................................................................162

50. Kann auf Grund einer vertraglichen Preis-Freizeichnungsklausel der Lieferant bis zur Lieferung beliebig oft eine Preiserhöhung fordern?

170

51. Kann der Demobiluiachungskommissar nach § 28 DO. v. 12. Februar 1920 einen Schiedsspruch in Gesamtstreitigkeilen für verbindlich erklären? In welchem Umfang unterliegt der für verbindlich erklärte Schieds­ spruch der richterlichen Nachprüfung?..................................................... 171 52. Beschlußfassung einer Gesellschaft m. b. H. über die Enthebung eines

Gesellschafters vom Amte eines Aufsichtsratsmitglieds. Ist dieser Ge­ sellschafter zur Teilnahme an der Abstimmung berechtigt? ....

182

53. Befreit die Vereinbarung „Rückzahlung in kürzester Frist" von der Einhaltung einer Kündigungsfrist (§ 609 Abs 2 BGB.)? Steht die

mangelnde Fälligkeit der aufzurechnenden Forderung der Wirksamkeit der Aufrechnung entgegen, wenn der Anfechtungsgegner ihr nicht wider­

spricht?

............................................................................................................. 186

55. Hastet der Gemeindevorsteher einer Preuß. Landgemeinde aus § 179 fc

BGB. persönlich, wenn er einen Kaufvertrag für die Gemeinde ohne

Beobachtung der vorgeschriebenen Form und ohne vorschriftsmäßige Vollmacht abgeschlossen hat?

Zum Begriff des „Kennenmüssen" in

§ 179 Abs. 3 BGB.............................................................................................. 191

56. Zur Anwendung des Art. 169 EG. z. BGB. auf die Verjährung eines Pflichtteilsanspruchs.

Setzt der Beginn der Verjährung nach §§ 2305,

2332 BGB. Kenntnis des Nachlaßbestands voraus?......................... 195

58. Zur Bedeutung der Bitte um Gegenbestätigung im kaufmännischen Verkehr............................................................................................................. 201 59. Beamtenhastung.

Sind die Polizeibeamten in Preußen befugt, von

der Schußwaffe Gebrauch zu machen, um einen Fliehenden zwecks Feststellung seiner Person zum Stehen zu bringen?........................ 203 62. Erfordernisse der Gewichtsfeststellung nach § 61 BinnSchiffG.

.

.

.

209

63. Ist der Ausnahmetarif betr. Zucker zur Ausfuhr auf Sendungen im

zwischenstaatlichen Durchgangsverkehr anwendbar?

Findet Art. 25 des

Deutsch-Niederländischen Handelsvertrags v. 31. Dezember 1851

auf

Eisenbahnlarife Anwendung?......................................................................212

64. Zur Auslegung der Kriegsklausel in Transporlversicherungsverträgen

216

65. Kann der Pachtzins wegen Veränderung der wirtschaftlichen Berhältniffe im ordentlichen Rechtswege erhöht werden?

Inwieweit sind hierbei

die Entscheidungen des PachteinigungSamts zu berücksichtigen? ...

218

ix

Inhalt.

Seite

Nr.

66. Kann der Kommittent vom Kommissionär Lieferung von Wertpapieren fordern, die vor dem Kriege an der Londoner Börse gekauft und in London in Depot geblieben waren?.......................................................... 223

69. Zur Auslegung der Verordnungen über Einstellung, Entlassung und Entlohnung der Angestellten während der Zeit der

wirtschaftlichen

Demobilmachung v. 24. Januar, 30. Mai und 3. September 1919

.

231

70. Erlischt ein durch Fernsprecher gemachte- Angebot durch Unterbrechung der Verbindung?............................................................................................ 235

71. Zur Frage der Formfreiheit der Auflassungsvollmacht................................. 236 72. Ist ein deutscher Konsul befugt, die Sachen eines durch den Krieg an

der Wahrnehmung seiner Rechte verhinderten Reichsangehörigen ver­ steigern zu lassen? Haftet da- Reich für den durch eine solche Ver­

steigerung entstandenen Schaden?................................................................... 239 74. Zur Abgrenzung der Befugnisse des Mieleinigungsamts und des Gerichts

hinsichtlich der Kündigung von Wohnungen..........................................244

75. Bermögensrechtliche Ansprüche des zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten, wenn die Ehe wegen Irrtums für nichtig erklärt ist

.

246

77. Zum Begriff des Sonderrechts in den Satzungen einer Gesellschaft m. b. H.

253

78

.

Haftet nach dem Reichsgesetz vom 22. Mai 1910 und dem Preuß. Ge­ setze vom 1. August 1909 das Reich, der Staat oder ein Gemeinde­

verband für den durch einen Arbeiter- und Soldatenrat einem Dritten zugefügten Schaden?

Inwieweit

begründet

die Unterlassung

aus­

reichender Maßregeln zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in der Revolutionszeit ein Verschulden der Arbeiter- und Soldatenräte und ihrer Organe?............................................................................................... 257

79. Kann Schadensersatz verlangt werden, wenn ein Vertrag wegen sogen, versteckten Dissenses nicht zustandegekommen, der Dissens aber von Be­

teiligten schuldhaft herbeigeführt worden ist?.......................................... 265 80. Ist der Nachindoffatar legitimiert, wenn das Nachindoffament des pro­

testierten Wechsels von einem Regreßnehmer herrührt, die zur Legi­ timation des Protesterhebers dienenden Indossamente auf dem Wechsel aber durchstrichen sind? ...................... .......................................................... 269 81. Ist der Altenteilsvertrag als Leibrentenvertrag anzusehen?

Findet die

Formvorschrift deS § 761 BGB. auf Altenteilsverträge entsprechende Anwendung?.................................................................................................. 272

82. Kauf auf Besicht oder feste- Angebot?

Erfordernisse der von der

Nachfristsetzung befreienden Erfüllungsweigerung.

verletzung

Positive Vertrags­

........................................................................................................ 275

Inhalt.

X

Seite

Nr.

84. Zum Begriff

„auffallender Gewichtsabgang" im Sinne von § 86

Abs. 1 Nr. 1 EVO.

Gehört mutwillige Beschädigung des Guls zu

den Gefahren, die mit der Beförderung in offenen Wagen ver­ bunden sind?........................................................................................................... 281

85. Finden § 319 Abs. 2, § 373 HGB. Anwendung, wenn der Käufer die

Ware

den

unter Erwirkung

Gerichtsvollzieher

Fehler

des

einstweiligen

einer

versteigern

Gerichtsvollziehers

läßt?

bei

der

Haftet

Verfügung der

Käufer

Bekanntmachung

der

durch

für Ver­

steigerung? ........................................................................................................ 283

86. Wann ist eine Verletzung der Amtspflicht, insbesondere durch Mißbrauch der Dienstwaffe, als in Ausübung der öffentlichen Gewalt erfolgt an­ zusehen? ............................................................................................................. 286

87. Ist für Schadensersatzklagen auf Grund von Amispflichtverletzungen, die bei Anwendung der BRVO. über Fleischversorgung vom 27. März

1916 begangen sind, der Rechtsweg ausgeschlossen?................................. 290 89. Wird ein wegen unrichtiger Angabe des Kaufpreises in der notariellen

Urkunde nichtiger Kaufvertrag über ein Grundstück wirksam, wenn in der Urkunde gleichzeitig die Auflassung erklärt ist und auf Grund dieser Auflassung

die Eintragung des Käufers als

Eigentümers in das

Gmndbuch erfolgt?....................................................................................... 296 90. Gutgläubiger Eigentumserwerb an gepfändeter Sache ......

300

92. Haftet das Reich für Plünderungen, die am 8. November 1918 durch von der Menge befreite Militärgefangene verübt sind, wegen Nicht­

einschreilens der Wachtmannschaft oder bei deren Beteiligung an den Plünderungen?.

.

.

.

^..................................................................... 304

93. Ist eine Vertragsabrede, wonach der Verkäufer eine Verbindlichkeit in

bezug auf Preise, Lieferung und Lieferzeit nicht übernehmen und eine Streichung des Auftrags wegen Preisaufschlags nicht statlsinden soll,

rechtlich zu beanstanden?............................................................................306 94. Miete

der

eigenen Sache.

Bedarf eine Verpflichtung des Mieters

gegenüber dem Vermieter, an einem bestimmten Tage zu räumen, der Zustimmung des Mieteinigungsamls nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 MSchVO.?

Wird die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 MSchVO. erforderliche Zustimmung

des Mieteinigungsamls zum Ablauf eines Mielverhältnisses durch die Einversländniserklärung des Mieters ersetzt?.................................................. 308 95. Wann ist die Klage auf teilweise Löschung des Warenzeichen- aus

8 9 Nr. 2 WZG. gegeben, falls die

eine oder die andere der an-

- gemeldeten Waren überhaupt nicht oder nicht mehr hergestelll oder vertrieben wird?.................................................................................................312

Seite

Nr.

96.

Unrichtigkeit des Grundbuchs, wenn unter der Herrschaft des Preuß. Allg. Landrechts ein Vorkaufsrecht als subjektiv-dingliches, anstatt,

wie bestellt, als subjektiv-persönliches eingetragen worden ist.

Ein­

wirkung des guten Glaubens an die Richtigkeit der Eintragung..

97.

316

.

Wird die Rechtsbeständigkeit eines eigenhändigen Testaments dadurch berührt, daß der Erblasser bei der Errichtung annimmt, er errichte

ein Nottestament, und er die Vernichtung der Testamentsurkunde nur

deshalb unterläßt, weil er glaubt, das Testament sei durch Zeitablauf

außer Kraft getreten?...................................................... 98.

320

Ist das Vorkaufsrecht des Pächters nach § 6 Abs. 3 des RSiedlungsges.

v. 11. August 1919 davon abhängig, daß der Pachtvertrag zur Zeit

des Erwerbs des Grundstücks durch das Siedlungsunternehmen noch nicht abgelaufen ist? Zum Begriff des Restguts in § 6 Abs. 3 a.a.O. 99.

324

Kann der Beitritt zu gewerkschaftlichen Organisationen oder das Ver­ bleiben darin durch Bestimmungen in den Tarifverträgen rechtswirk­ sam erzwungen werden?............................................................................ 327

100. Darf, ein Wechselschuldner, dem ein Recht auf Wechselprolongation eingeräumt ist, dies dem Gegner nur entgegenhalten, wenn er ihm recht­

zeitig den Prolongationswechsel zur Verfügung gestellt hat?

...

335

101. Zum Begriff der persönlichen Eigenschaften im Sinne des § 1333 BGB.

335

103. Zum Grundsatz der unveränderten Firmenforlführung im Falle des § 22 HGB. Umfang der Prüfungspflicht deS Registerrichters .

.

.

104. Haftung der Eisenbahn im Falle unvollständiger Angaben im Fracht­ brief.

Haftung der Versicherungsgesellschaft für die von einem An­

gestellten ihres Generalagenten erteilte Auskunft......................

354

105. Wer haftet für den durch Anordnungen örtlicher Arbeiter- und Soldatenräte entstandenen Schaden, wenn diese Anordnungen die Heeres­ verwaltung betrafen, aber zugleich zur Aufrechterhaltung der öffent­ lichen Ordnung getroffen worden sind?............................................... 346 106. Bedarf es, wenn eine Satzungsbestimmung einer Aktiengesellschaft in­ folge Änderung der Gesetzgebung undurchführbar wird, eines besonderen,

die Bestimmung aufhebenden Beschlusses der Generalversammlung? Einwirkung des Branntweinmonopolgesetzes auf^die Satzungsbestim­

mung über Verteilung einer Superdividende an die Spiritus liefernden Aktionäre....................................................................................................... 349

107. Betrifft das Reichsgesetz über das Abkommen zwischen dem deut­ schen Reiche und der Schweiz. Eidgenossenschaft, betr. schweiz. Goldhypotheken, v. 9. Dezember 1920 auch die dinglichen Ansprüche der

Hypothekengläubiger?...................................................

362

341

Inhalt.

XII

Sette

Nr.

108. Erfordert § 29 GBO. das Beibringen einer förmlichen Vollmachts­ urkunde?

..................................................................................................... 358

109. Unter welchen Voraussetzungen Haftel eine Stadtgemeinde für Hand­ lungen deS Arbeiter- und Soldatenrals auf dem Gebiete der Lebens­

mittelbewirtschaftung?

............................

362

110. Sind örtliche, auf Grund einer Ermächtigung nach § 5a MSchVO.

erlassene Vorschriften, wonach Klagen auf Räumung von Wohn- und Geschäftsräumen nur mit Zustimmung des Mieteinigungsamts er­ hoben werden dürfen, auch auf Räumungsansprüche anwendbar, die

aus der Nichtigkeit des Mietvertrags hergeleitet werden?

....

364

111. Wann vollzieht sich der Abschluß eines Vertrags, den die Parteien

unter Vermittlung eines Maklers verhandeln?................................. 366 113.

Einwirkung des Versailler Vertrags auf eine vor Kriegsausbruch ver­ einbarte Übertragung von Warenzeichen, die für einen englischen

Staatsangehörigen eingetragen sind.................................................. 369 114. Zur Anwendung des § 326 Abs. 1 und 2 BGB.

Verzicht auf Setzung einer Frist.

Stillschweigender

Wegfall des Interesses an der Er­

füllung .......................................................................................................... 373

115. Voraussetzungen der Unterlassungsklage wegen Störung eines Waren­ zeichenrechts. Rechtliche Bedeutung der Banderolierung von Zigaretten. Zur Auslegung des Art. 309 des Versailler Vertrags............................376

116. Muß beim Sukzessivlieferungskauf jede einkommende Lieferung von

neuem sofort untersucht und gerügt werden?.................................. 382

117. Zryn Begriff „Änderungen der Arbeitsbedingungen" i. S. der VO. über Tarifverträge v. 23. Dezember 1918.................................................. 385

118. Haftet der Spediteur, der die Ausfuhr von Waren aus dem besetzten

deutschen Gebiet auf Grund einer falschen Ausfuhrgenehmigung über­ nommen hat, seinem Auftraggeber, wenn die Waren von der Be­

satzungsbehörde beschlagnahmt werden?............................................. 387 119. Zur Haftung mehrerer an einer Beförderung beteiligter Eisenbahnen nach dem Intern. Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr und dem internationalen Handelsrecht.

Haftet das deutsche.Reich für

Verluste, die auf einer Militärbahn in Serbien während der Besetzung

durch das deutsche Heer eingetreten sind?....................................... 389

120. Wie gestaltet sich unter der nach dem Kriege eingetretenen Verände­ rung der wirtschaftlichen Verhältnisse die Verpflichtung des Pächters zur Rückgewähr des Inventars nach § 589 BGB.?...................... 394

Nr.

123.

Seite

Zum Begriff der Doppelversichemng nach den Allg, Seeversicherungs­ bedingungen von 1867

124.

...................... ...............................................

409

Wie wird, wenn der Gesellschaftsverlrag einer Gesellschaft m. b. H. die Abtretung der Geschäftsanteile von der Genehmigung der Gesellschafter­

versammlung abhängig macht, die Genehmigung erteilt? 125.

....

413

Zum Begriff „Lieferfrist" in § 94 Abs. 2 EDO. ........................................ 415

127. Wie gestalten sich Rechtslage und Beweislast, wenn beim Verzug des

Gläubigers der Schuldner die Versteigerung der geschuldeten Sache am unrechten Orte bewirken läßt?.................................................................... 420

b. Landesrecht. 44. Inwieweit sind Kuliurveränderungen an einem mit einer Weidegerechtig-

keit belasteten Walde im Geltungsbereiche deS rheinischen Rechts dem Eigentümer des Waldes gestattet?.................................................................... 147

57. Zum Begriff der Zusammenrottung im preußischen Tumultschaden­

Wann ist der Schaden bei einer Zusammenrottung ent­

gesetze.

standen?

....................................................................................................

198

60. Findet die Formvorschrift des § 56 Nr. 8 der Preuß. Städteordnung

v 30. Mai 1853 Anwendung auf Geschäfte der laufenden Verwaltung?

205

II. Öffentliches Recht. 7.

Beamtenrecht.

Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf den schonungs­

bedürftigen Zustand

eines

erkrankt gewesenen Beamten.

Voraus­

setzungen des Rechtswegs für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis und aus Beamtenverschulden..................................................................... 23

10.

Kann

eine Gemeinde ihrer Wertzuwachssteuerordnung rückwirkende .

Kraft beilegen?................................................................................................ 29 19.

Steht das Preuß

Attersgrenzengesetz v. 15. Dezember 1920, soweit

es eine Altersgrenze für die zur Zeit seines Inkrafttretens bereit-

angestellten Beamten bestimmt, in Widerspruch mit Art. 129 Abs. 1

Satz 3 der Reichsverfassung?........................................................................... 58 20.

Kann die Festsetzung von Altersgrenzen nach Art. 104 Abs. 1 Satz 3 der Reichsverfassung nur durch Reichsgesetz erfolgen?...................... 66

38.

Zum Begriff des Vermittlers i. S. des § 224 des BranntweinmonopolGes. v. 26. Juli 1918..................................................................124

Inhalt.

XIV

Nr.

Sette

83. Kann eine preußische Stadtgemeinde

eine Besoldungsordnung, die

eine allgemeine Gehaltserhöhung bringt, für bestimmte Beamtenklassen

in Kraft setzen, davon aber einzelne Beamte ausnehmen?

....

278

102. Hastet der Preußische Staat nach der Kab.O. v. 25. September 1834

für den Anspruch

einer Kirchengemeinde gegen ein säkularisiertes

Stift auf Bestreitung kirchlicher Bedürfnisse, wenn die Säkularisation während der französischen Zwischenherrschaft erfolgt und von dem Stiftsvermögen nichts in den Besitz deS Preußischen Staats gelangt ist?

108.

338

Zur Auslegung der Tarifst. 73 Abs. 5 des Preuß. Stempelsteuer-

358

gesetzes. Fallen darunter nur Erklärungen nach § 171 Abs. 1 BGB.?

III. Gerichtliches Verfahren. 4. Ist der Schuldner durch einen vom Gläubiger gemäß § 887 ZPO. erwirkten Ermächtigungsbeschluß an der eigenen Erfüllung des Ver­

trags gehindert?................................................................................................. 15 11. Zum Begriff des Anspruchs, welcher die Zahlung einer bestimmten

Geldsumme zum Gegenstand hat, i. S. des § 592 ZPO.

Wird der

Vorschrift des § 593 Abs 2 ZPO. durch Vorlegung der Urkunden in der mündlichen Verhandlung genügt?................................................. 34

18. Ist für Ansprüche aus einer Einigung i. S. der Nr 3 der VO. über die Festsetzung neuer Preise für die Weiterarbeit in Kriegsmaterial v. 21. November 1918 der ordentliche Rechtsweg zulässig?

22.

...

55

Wirkungen der Streitverkündung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO. Wirkt sie auch gegenüber einem Kriegsteilnehmer?...................................... 74

35.

Sind die Gebührenforderungen der gemäß § 33 KriegsleistungsGes.,

BRVO. v. 1. April 1876 bestellten Sachverständigen im Rechtswege verfolgbar?................................................................................................. 117

41.

42.

Verzicht auf die Berufung; Voraussetzungen seiner Wirksamkeit .

.

Ist die in § 28 Hamburg. EnteignungsGes. v. 26. April 1920 für

die Enteignungsstreitigkeiten angeordnete Einschränkung des Anwalts­

zwangs vereinbar mit Art. 153 der Reichsverfassung?.................. 137

47.

Zum Begriff der Rechtshängigkeit in Ehesachen. hängigkeit in

Ehescheidungs-

und

Ist die Rechts­

EheanfechtungSstreitigkeiten

von

Amts wegen zu berücksichtigen?................................................................ 155

48.

Ist der Rechtsweg zulässig für den Ersatzanspruch gegen eine Stadt-

gemeinde wegen Amtspflichtverletzung deS Leiters des Wohnungsamts

bei Beschlagnahme einer unbenutzten Wohnung?............................. 159

133

Inhalt.

xv

Nr.

54.

Seite

Sind als Kläger auftretende Polen verpflichtet, Sicherheit für die Prozeßkosten zu leisten?

Wann kann die Anordnung der Sicherheits­

leistung durch Beschluß erfolgen?.......................................................... 189

61.

Ist der Rechtsweg zulässig für einen Schadensersatzanspmch gegen

die Reichsstelle für Gemüse und Obst wegen schuldhafter Anwendung der BO. über die Einfuhr von Gemüse und Obst v. 13. September

207

1916?....................................

67.

Hat der Kläger auch bei Patentstreitigkeiten im Falle der Zurücknahme der Klage nach § 271 Abs. 3 ZPO. die Kosten zu tragen?....

68. 73.

227

Zur Auslegung des § 323 Abs. 2 ZPO......................................................... 228 Ist der Rechtsweg zulässig für Ansprüche gegen eine Stadlgemeinde

wegen widerrechtlicher Beschlagnahme und vorzeitiger Schlachtung von

Vieh?.............................................................................................................. 242 75.

Findet § 945 ZPO. Anwendung, wenn während des Ehescheidungs­ prozesses die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten gemäß § 627

ZPO. geordnet ist und die Ehe demnächst für nichtig erklärt wird?

76.

247

Ist für den Anspruch eines Beamten auf Ersatz des durch verspätete

Anstellung erwachsenen Schadens durch Art. 129 der Reichsverfassung

der Rechtsweg eröffnet?............................................................................251

88. In welcher Reihenfolge sind im Ehestreit beiderseitige Anfechtungs­ und Scheidungsanträge zu erledigen? . .. ............................................... 291

91. Ist ein Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 719

Abs. 2 ZPO. zulässig, wenn mit der Revision ein lediglich über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidendes Urteil angefochten ist?

.

.

303

112. Kann der Kläger, dessen Anspruch abgewiesen wurde, sich aber nach

der Verkündung des Urteils erledigt hat, zum Zwecke der Erledigungs­ erklärung Berufung einlegen?.............................................................. 368

121. Eröffnet die Zustellung eines abgekürzten Urteils (8 496 Abs. 6 ZPO., 8 26 BRVO. v. 9. September

1915) des Oberlandesgerichts die

Revisions- und die Vorschußfrist?................................................................... 402 122. Ist der Rechtsweg zulässig, wenn ein Kommunalverband den Preis

für das an die Bäcker seines Bezirks bereits abgegebene, aber noch nicht verbrauchte Mehl nachträglich auf Grund deS 8 60 RGetreideO.

erhöht hat und ein Bäcker den aus Grund dieser Preiserhöhung ge­ zahlten Betrag zurückfordert?.............................................................. 405

126. Inwieweit unterliegen Schiedssprüche eines SchlichtungSausschuffes, die nach 8 25 Abs. 1 der BO. über die Entlassung von Arbeitern

Inhalt.

XVI

Seite

Nr.

und Angestellten während der wirtschaftlichen Demobilmachung v.

12. Februar 1920 von dem Demobilmachungskommissar für verbind­ lich erklärt sind, der Nachprüfung seitens der Gerichte?........................... 417

IV. Anhang: Entscheidung des Staatsgerichtshofs. 128. Beschluß v. 12. Januar 1922 i. S. der Fraktion der Bürgerpartei und des Bauernbundes im württemb. Landtag wider diesen und den

Freistaar Württemberg.

Zur Auslegung des Art. 34 der Reichsver­

fassung und deS 8 8 Abs. 2 der württemb. Verfassung............... 423

Sachregister..................................................................................................................... 433

Gesetzesregister............................................................................................................... 444 Zusammenstellung

nachder Zeitfolge.......................................................................... 458

Zusammenstellung

nach Oberlandesgerichtsbezirken

.......................................... 463

Berichtigungen................................................................................................................464

1, 1. Kann ein Gattungskauf wegen arglistiger Täuschung beim Abschluß des Kaufgeschäfts angefochte« werden? 2. Über die' Bestätigung anfechtbarer Rechtsgeschäfte durch schlüssige Handlungen. VI. Zivilsenat. Urt. v. 12. Dezember 1921 i. S. L. sKl.) w. Rh. Metallwaren- und Maschinenfabrik sBekl.). VI 455/21. I. Landgericht Düsseldorf. — II. OberlandeSgericht daselbst.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung des Kauf­ preises für 201 Flacheisen von näher angegebener Beschaffenheit. Das Geschäft ist im April 1920 abgeschlossen, die Ware am 11. Mai 1920 bei der Beklagten eingetroffm, von dieser aber beanstandet wordm. Das Landgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies sie ab. Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht führt aus, in zweiter Instanz fechte die Beklagte das Kaufgeschäft wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB. an. Sie behauptete in erster Linie, die Klägerin habe sie bei dem Abschlusse des Vertrags dadurch arglistig getäuscht, daß sie ihr verschwiegen habe, das verkaufte Material sei kein neues Flacheisen, sondern altes Eisen, auch besitze es nicht die vereinbarte SiemensMartin-Qualität. Wenn ihr das bekannt gewesen wäre, so würde sie nie gekauft haben. Weiter habe sie den schon in erster Instanz vor­ gebrachten Einwand der Wandlung aufrecht erhalten. Das Berufungs­ gericht erachtet diese Anfechtung für rechtzeitig erfolgt und auch für sachlich begründet. Regelmäßig liege zwar- in der bloßen Absicht, einen Vertrag nicht oder doch nicht gehörig zu erfüllen, noch kein ausreichen­ der Anhalt für die Annahme einer für dm Abschluß des Vertrags ursächlichen Täuschung, hier aber sei eine solche Feststellung nach den Umständen des Falles gerechtfertigt. Nach dem Bestätigungsschreiben vom 10. April 1920 habe die Klägerin das Flacheisen ursprünglich zu dem Preise von 5500 JI für die Tonne verkauft, dabei aber ver­ schwiegen, daß es sich um gebrauchtes Material gehandelt habe. Ver­ kauft sei „waggonfrei Kiel", die Klägerin habe also die Ware liefern E-Itsch. in Zivils. 104.

1

wollen, die sie ihrerseits von einer Firma D. & Co. in Kiel gekauft hatte oder noch kaufen wollte. Daß sie nicht gewußt haben sollte, eS handele sich dabei um Gitterstäbe aus der Umgitterung der Kieler Werke, sei kaum anzunehmen; dann aber hätte sie schon in ihrem An­ gebot betonen müssen, daß sie gebrauchtes Material abgeben wolle. Unterstelle man aber zugunsten der Klägerin^ daß sie damals noch nicht gewußt habe, es handle sich um gebrauchtes Material, so sei ihr doch jedenfalls diese Beschaffenheit der Ware bekannt gewesen, als er­ neute Verhandlungen zwischen den Parteien stattfavden, die durch die Briefe vom 16. und 22. April 1920 zum Abschluß gelangten und zu einer Preisermäßigung auf 5300 JI führten. Damals habe aber die Klägerin dem Agenten St, nicht gesagt, das Material sei bereits ge­ braucht, vielmehr habe sie ihn nur beauftragt, der Beklagten mitzu­ teilen, daS Eisen sei auf einer Seite gespitzt und mit zwei Bohrungen versehen. Nur dies habe St. der Beklagten mitgeteilt und daraufhin habe die Beklagte in dem Schreiben vom 1.6. April 1920 sich bereit erklärt, das Eisen trotz der beiden Bohrungen gegen einen Preisnach­ laß von 200 JI für die Tonne abzunehmen. Unter Flacheisen ohne weiteren Zusatz verstehe der Handel aber nur neues Eisen; sei cs ge­ braucht, so müsse das im Angebote vermerkt werden. Eine solche An­ gabe hätte die Beklagte um so mehr erwarten dürfen, als im April 1920 der Preis für gebrauchtes und mit Bohrlöchern versehenes Eisen nur 2000—2500 JI für die Tonne betragen habe; für solche Ware hätte die Beklagte nicht 5300 JI für die Tonne gezahlt. Obwohl nun die Klägerin gewußt habe, daß die Beklagte bei Kenntnis des richtigen Sachverhalts den Vertrag nicht geschlossen hätte, habe sie diese nicht darüber aufgeklärt und hiermit arglistig gehandelt. Allein durch diese Täuschung sei die Beklagte zu dem Kaufe bewogen worden und dieser sei daher nichtig. Die Revision bekämpft diese Ausführungen als rcchtsirrig, kann aber mit ihrerr Angriffen nicht durchdringen. Sie macht geltend, daß es sich um einen Gattungskauf handele, durch den die Klägerin das Recht auf Lieferung vertragsmäßiger Ware erlangt habe. Bei einem solchen Geschäfte sei eine arglistige Täuschung beim Kaufabschluß selbst regelmäßig nicht möglich, sondern nur bei der zur Erfüllung des Gattungskaufs gemachten Lieferung. Tie Anfechtung des Erfüllungs­ geschäfts aber sei bei dem Zusammentreffen der Anfechtung mit den Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen. Ob die letztere Ansicht,' vgl. RGZ. Bd. 70 S. 423, zutrifft, bedarf jedoch keiner Prüfung, da sich die Anfechtung nach den Ausführungen des Berufungsgerichts gegen das Grundgeschäst, den Kaufabschluß, richtet. Zur Tätigung des Kaufs will die Beklagte betrüglich bestimmt worden sein. Es mag nun zu­ treffen, daß die bloße Absicht, einen Vertrag nicht oder nicht gehörig

zu erfüllen, in der Regel noch keine ausreichende Grundlage zur An­ nahme einer für den Abschluß ursächlichen arglistigen Täuschung bieten wird. Von dieser Ansicht geht aber auch das Bemfungsgericht aus, es findet indessen in dem hier gegebenen Sachverhalt mit Recht ge­ nügenden Anhalt für eine abweichende Beurteilung. Rach dem Gut­ achten der Handelskammer in Düsseldorf vom 25. Mai 1921 muß es stets im Angebot besonders vermerkt werden, wenn gebrauchtes Material geliefert werden soll. Obgleich nun die Kenntnis dieses Umstandes schon wegen des der Klägerin bekannten erheblichen Preisunterschieds zwischen altem und neuem Material für die Entschließung der Be­ klagten von besonderer Wichtigkeit war,. hat die Klägerin eine ent­ sprechende Angabe unterlassen. Wenn das Berufungsgericht hierin ein arglistiges, für den Kaufabschluß ursächliches Verhalten der Klägerin erblickt, so kann ihm aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden. (Es folgt die Erörterung eine- prozessualen Angriffs. Tas Urteil fährt dann fort:) Der Revision kann auch darin nicht zugestimmt werden, daß die Beklagte das Kaufgeschäft bestätigt und die Ware in Kenntnis des Mangels vorbehaltlos angenommen habe. Richtig ist freilich, daß die Bestätigung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts gemäß § 144 BGB. nicht nur durch eine ausdrückliche Willenserklärung, sondern auch durch schlüssige Handlungen wirksam erfolgen kann sJ. W. 1911 vor, wenn a) ein Anspruch auf Hinterlegung einer bestimmten Geld­ summe, oder b) ein Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme an den Gläubiger und den Pfandgläubiger gemeinschaftlich erhoben wird? 2. Kann dem Erfordernis des § 593 Abs. 2 ZPO. auch durch Vorlegung der Urkunden in der mündlichen Verhandlung genügt werden? T. Zivilsenat.

Urt. v. 1. Februar 1921 i S. Dr.-Bank (Bekl.) w. N. V. Bank (Kl.). I 247/21,

I. Landgericht Göttingen. — II. Oberlandesgericht Celle.

Die Klägerin glaubte, gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 185000 zu haben. Die Firma Gebr. St. erwirkte beim Amtsgericht zu Göttingen den Arrest- und Pfändungsbeschluß, vom 9. Dezember 1920, durch welchen zu ihren Gunsten der ding­ liche Arrest in die angebliche Forderung der Klägerin an die Beklagte angeordnet und die bezeichnete Forderung gepfändet wurde. Die Klägerin erhielt aber ihren Anspruch gegen^ die Beklagte aufrecht und erhob gegen sie im Urkundenprozeß Klage. In erster Instanz forderte sie Zahlung des genannten Betrags nebst Zinsen; Hilfsweise verlangte sie, daß der Betrag hinterlegt würde. In der zweiten Instanz stellte sie den letzteren Antrag in erster Linie; Hilfsweise beantragte sie, die Beklagte zur Zahlung an die Klägerin und die Firma Gebr. St. ge­ meinschaftlich zu verurteilen. Die Beklagte bestritt die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht ver­ urteilte die Beklagte, den streitigen Betrag mit der Maßgabe zu hinter--legen, daß er an die in dem zwischen der Klägerin und der Firma Gebr. St. wegen dieser Summe schwebenden Rechtsstreite obsiegmde Partei auszuzahlen sei. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Gründe: 1. Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß die^Klägerin im Hin­ blick auf den vom Amtsgericht Göttingen zugunsten der Finna Gebr. St. erlassenen Arrestbefehl und Pfändungsbeschluß gemäß § 1281 BGB. die Hinterlegung der Schuldsumme seitens der Beklagten für die Klägerin und die Firma Gebr. St. verlangen könne, ist materiell­ rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Frage, ob die Vorschrift des § 1281 nicht nur auf das vertragsmäßige und gesetzliche, sondern ent­ sprechend auch auf ein Pfändungspfandrecht der her fraglichen Art angewendet werden kann, ist zwar nicht unbestritten (vgl. z. B. Jur. Zeitschr. f. Elsaß-Lothringen Jahrg. 31 S. 35), aber mit zutreffender Begründung im Urteile des Reichsgerichts vom 19. April 1912 III 372/11 bejaht worden. Dagegen wendet fich mit Recht die Revision gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daß der Anspruch auf Hinterlegung nach § 592 ZPO. im Urkundenprozeß geltend gemacht werden könne. Das Berufungsgericht führt in dieser Beziehung unter Berufung auf Skonietzki-Gelpcke, ZPO. § 592 Anm. 2, folgendes aus: Der An­ spruch auf Hinterlegung sei auf nichts anderes gerichtet als auf Zahlung an die Hinterlegungsstelle. Der von der Klägerin gewünschte Zusatz, daß die Hinterlegung zu dem Zwecke erfolge, den Betrag demnächst an ben im Rechtsstreite der um ihn streitenden Gläubiger Obsiegenden herauszugeben, erschwere nicht die Durchführbarkeit des Anspruchs in der Zwangsvollstreckung für den vorliegenden Prozeß. Eine mit dem

Sinne des Urkundenprozesses unvereinbare Umständlichkeit der Verwirk­ lichung des Anspruchs könne daraus ebensowenig gefolgert werden, wie eine auf ein „Tun" des Schuldners gerichtete Bedeutung des Anspruchs. Demgegenüber meint die Revision, daß aus dem Wortlaut von § 1281 BGB., wonach die Hinterlegung der Schuldsumme „statt der Leistung" derselben verlangt werden könne, erhelle, daß der Anspruch auf Hinterlegung etwas anderes sei als der Anspruch auf Leistung, d. h. bei einer Geldschuld der Anspruch auf Zahlung. Dieser Er­ wägung ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen. Zwar kann die Wortfafsung des § 1281 nicht ohne weiteres in der von der Revision vertretenen Weise zur Auslegung der hier maßgeblichen Spezialvor­ schrift der Zivilprozeßordnung herangezogen werden. Wohl aber ist folgendes zu beachten: Der Begriff der „Zahlung einer bestimmten Geldsumme" als Schuldnerleistung ist materiellrechtlicher Natur. Wird er wie hier in § 592 ZPO. angewandt, so ist er grundsätzlich vom Standpunkt des materiellen Rechts aus zu beurteilen, wenn nicht be­ sondere Anhaltspunkte dafür vorliegxn, daß die Vorschrift des Prozeß­ gesetzes etwas anderes' besagen will. Dies ist hier nicht der Fall. Materiellrechtlich ist aber unter Zahlung als Schuldnerleistung nicht jede Übergabe einer Geldsumme von einer Hand in die andere zu ver­ stehen. Vielmehr ist erforderlich, daß das Geben und Nehmen der Geldsumme zum Zwecke her Erfüllung einer Schuld in der Weise ge­ schieht, daß damit nicht nur der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit, sondern auch der Gläubiger wegen seines Anspruchs befriedigt ist. Somit erfordert eine solche Zahlung eine Leistung, die an den Gläubiger selbst oder an einen seine Stelle als Gläubiger vertretenden Dritten gerichtet ist. Dagegen fällt nicht darunter die Hingabe von Geld zum Zwecke einer Hinterlegung oder Sicherheitsleistung, da hier­ durch zwar der Schuldner unter Umständen befreit werden sann, der Gläubiger aber noch keine Befriedigung erhält, also die Tilgung von Forderung und Schuld nicht zur vollen Durchführung kommt (Komm. v. RGR., BGB. § 362 Anm. 2 bis 5). Demgemäß ist es zutreffend, wenn in den Kommentaren zur ZPO. durchweg die Hingabe von Geld zur Sicherheitsleistung nicht als Zahlung einer bestimmten Geldsumme im Sinne von § 592 ZPO. bezeichnet wird iPetersen ZPO. 5. Aufl. §592 Anm. 2; Wilmowski-Levy ZPO. 7. Aufl. §555, alte Fassung, Anm. 1) und wenn ferner die Zulässigkeit einer Klage auf Sicherheits­ leistung int Wechselprozeß nicht etwa aus seiner Eigenschaft als eine Unterart des Urkundenprozesses, sondern im Gegensatz zu dem gewöhn­ lichen Urkundenprozeß aus der positivm Vorschrift in der Wechsel­ ordnung Art. 25 bis 27, 29 in Verbindung mit § 13 EG. ZPO. hergeleitet wird (Stein 10. Aufl. § 602 Anm. 1, Neukamp 2. Aufl.

§ 602 Anm. 2, Seuffert 11. Aufl. § 602 Anm. 1, Wilmowski. Levy 7. Aufl. § 565 Anm. 3, Sydom-Busch 15. Aufl. § 602 Anm. 1, Petersen 5. Aufl. § 602 Anm. 1, Reincke 6. Aufl. § 602 Anm. le, Struckmann-Koch 9. Aufl. § 602 Anm. 1). Es können daher auch aus der oben erwähnten Ausnahmevorschrift hinsichtlich des Wechselprozesses keine Rückschlüsse gezogen werden auf den Begriff der Zahlung im Sinne von § 592 ZPO. Dagegen spricht für den hier dargelegten Standpunkt noch die folgende Erwägung: Sinn und Zweck des Urkundenprozesses ist es, für einen Klaganspruch, der wegen seines Inhalts und seiner Belegung durch Urkunden in besonderem Maße liquide erscheint, eine schleunige, wenn auch nur vorläufige Rechtshilfe zu gewähren (Seuffert Vorb. vor § 592 Nr. 2, RGZ. Bd. 18 S. 414). Dieser Charakter einer Primafacie-Liquidität wird aber dem Anspruch genommen, sobald er von einem Dritten im eigenen Interesse durch Pfändung mit Beschlag belegt ist. Danach ist im vorliegenden Falle hinsichtlich des in erster Linie gestellten Klagantrags auf Hinterlegung die gewählte Prozeßart des Urkundenvrozeffes unstatthaft. 2. Unbegründet ist dagegen die weitere Revisionsrüge, der Arrest­ befehl und Pfändungsbeschluß sei als eine Urkunde, durch welche eine zur Begründung des Klaganspruchs erforderliche Tatsache bewiesen werden soll, nicht gehörig gemäß §§ 593, 592 ZPO. in Urschrift oder Abschrift der Klage oder einem vorbereitenden Schriftsatz beigefügt worden. Denn wie die Revision selbst anführt, ist laut Protokoll vom 23. Februar 1921 an diesem Tage der Arrestbefehl und Pfändungs­ beschluß in der mündlichen Verhandlung zur Gerichtsakte überreicht und zum Gegenstand der Verhandlungen gemacht worden. Damit ist aber, wie in RGZ. Bd. 56 S. 306 (RGZ. Bd. 3 S. 377 betrifft einen anders liegenden Fall) ausgeführt ist, der genannten Formvorschrist des § 593 ZPO. genügt, vorausgesetzt, daß dabei bis zur maßgeblichen mündlichen Verhandlung eine, nach §§ 593 Abs. 2, 262 genügende Frist eingehalten ist. Dies ist im vorliegenden Falle geschehen, da laut Protokoll vom 9. März 1921 die am 23. Februar 1921 geschlossene Verhandlung wieder eröffnet worden ist und die Schluhverhandlung erst am 18. März 1921 stattgefunden hat. Demgemäß kann der in zweiter Linie gestellte Klagantrag auf Zahlung an die Klägerin und die Firma Gebr. St. gemeinschaftlich an sich im gegenwärtigen Ver­ fahren verfolgt werden.

12. Darf auch bei einem Berrechnuugsscheck der Protest dahin gefaßt werden, daß znr Zahlung anfgefordert, Zahlung aber nicht erfolgt sei?

§ 602 Anm. 2, Seuffert 11. Aufl. § 602 Anm. 1, Wilmowski. Levy 7. Aufl. § 565 Anm. 3, Sydom-Busch 15. Aufl. § 602 Anm. 1, Petersen 5. Aufl. § 602 Anm. 1, Reincke 6. Aufl. § 602 Anm. le, Struckmann-Koch 9. Aufl. § 602 Anm. 1). Es können daher auch aus der oben erwähnten Ausnahmevorschrift hinsichtlich des Wechselprozesses keine Rückschlüsse gezogen werden auf den Begriff der Zahlung im Sinne von § 592 ZPO. Dagegen spricht für den hier dargelegten Standpunkt noch die folgende Erwägung: Sinn und Zweck des Urkundenprozesses ist es, für einen Klaganspruch, der wegen seines Inhalts und seiner Belegung durch Urkunden in besonderem Maße liquide erscheint, eine schleunige, wenn auch nur vorläufige Rechtshilfe zu gewähren (Seuffert Vorb. vor § 592 Nr. 2, RGZ. Bd. 18 S. 414). Dieser Charakter einer Primafacie-Liquidität wird aber dem Anspruch genommen, sobald er von einem Dritten im eigenen Interesse durch Pfändung mit Beschlag belegt ist. Danach ist im vorliegenden Falle hinsichtlich des in erster Linie gestellten Klagantrags auf Hinterlegung die gewählte Prozeßart des Urkundenvrozeffes unstatthaft. 2. Unbegründet ist dagegen die weitere Revisionsrüge, der Arrest­ befehl und Pfändungsbeschluß sei als eine Urkunde, durch welche eine zur Begründung des Klaganspruchs erforderliche Tatsache bewiesen werden soll, nicht gehörig gemäß §§ 593, 592 ZPO. in Urschrift oder Abschrift der Klage oder einem vorbereitenden Schriftsatz beigefügt worden. Denn wie die Revision selbst anführt, ist laut Protokoll vom 23. Februar 1921 an diesem Tage der Arrestbefehl und Pfändungs­ beschluß in der mündlichen Verhandlung zur Gerichtsakte überreicht und zum Gegenstand der Verhandlungen gemacht worden. Damit ist aber, wie in RGZ. Bd. 56 S. 306 (RGZ. Bd. 3 S. 377 betrifft einen anders liegenden Fall) ausgeführt ist, der genannten Formvorschrist des § 593 ZPO. genügt, vorausgesetzt, daß dabei bis zur maßgeblichen mündlichen Verhandlung eine, nach §§ 593 Abs. 2, 262 genügende Frist eingehalten ist. Dies ist im vorliegenden Falle geschehen, da laut Protokoll vom 9. März 1921 die am 23. Februar 1921 geschlossene Verhandlung wieder eröffnet worden ist und die Schluhverhandlung erst am 18. März 1921 stattgefunden hat. Demgemäß kann der in zweiter Linie gestellte Klagantrag auf Zahlung an die Klägerin und die Firma Gebr. St. gemeinschaftlich an sich im gegenwärtigen Ver­ fahren verfolgt werden.

12. Darf auch bei einem Berrechnuugsscheck der Protest dahin gefaßt werden, daß znr Zahlung anfgefordert, Zahlung aber nicht erfolgt sei?

V. Zivilsenat.

Urt. v. 1. Februar 1922 i. S. G. (Bekl.) w. Vereins­ bank C. (%L). V 515/21.

I. Landgericht Dessau. — II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Die Klägerin als Inhaberin eines vom Beklagten am 24. August 1920 für die Firma Th. L. in Celle ausgestellten, auf die Depositen­ kasse der Anhaltisch-Dessauischen Landesbank in Coswig gezogenen Verrechnungsschecks über 6000 JI, der am 31. August 1920 mangels Zahlung protestiert worden ist, nimmt im Scheckprozeß klagend den Beklagten auf Zahlung der Schecksumme nebst Zinsen und Unkosten in Anspruch. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage in erster Reihe wegen Ordnungswidrigkeit des Protestes, da bei einem Verrechnungsscheck die Aufforderung des Protestbeamten nur auf Ein­ lösung durch Verrechnung, nicht aber auf Zahlung gehen und der Protest daher nicht mangels Zahlung erhoben werden dürfe. Nachdem das Landgericht die Klage aus diesem Grunde abgewiesen hatte, ver­ urteilte das Oberlandesgericht auf die Berufung der Klägerin den Beklagten nach dem Klagantrage. Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Daß der Inhaber eines nicht eingelösten Verrechnungsschecks seinen Regreß gegen den Aussteller ohne weiteres auf Zahlung der Schecksumme richten darf, hat der erkennende Senat bereits in RGZ. Bd. 95 S. 242 dargetan. Gemäß § 16 ScheckG. ist die Ausübung des Regreßrechts abhängig von dem Nachweise, daß bir Scheck recht­ zeitig zur Zahlung vorgelegt und nicht eingelöst, oder daß die Vor­ legung vergeblich versucht worden ist. Von den drei im § 16 zu­ gelassenen Wegen zur Fühmng dieses Nachweises hat die Klägerin den des Protestes gewählt. Dem Wortlaute des Gesetzes entsprechend hat der Protestbeamte den Scheck der Bezogenen zur Zahlung vor­ gelegt, jene zur Zahlung der Schecksumme aufgefordert und auf ihre die Zahlung ablehnende Erklärung Protest mangels Zahlung erhoben. Mit Rücksicht darauf, daß der § 14 die bare Bezahlung eines Verrechnungsschecks ausdrücklich verbietet, hat das Landgericht den Protest, da der Protestbeamte nur zur Verrechnung hätte auffordern dürfen, als ungüstig angesehen und die Klage abgewiesen, während das Bemfungsgericht den Protest für ordnungsmäßig erklärt hat. Dem muß beigetreten werden. Wenn die Revision sich für die Richtig­ keit der Auffassung des Landgerichts auf Kuhlenbeck, das Deutsche Scheckgesetz § 16 Ziff. 1 a Abs. 2, bezogen hat, so ist dagegen zu bemerken, daß dort zwar für den Protest bei einem Verrechnungs­ schecke der Nachweis, daß der Scheck dem Bezogenen zur Verrechnung vorgelegt und von diesem nicht zur Verrechnung gebracht wprden ist,

für genügend, daß aber ein dem Wortlaute des Gesetzes entsprechender Protest für den Verrechnungsscheck nicht als. ungültig erklärt worden ist. Friedrich sBankarchiv Bd. 11 S. 125), auf den sich die Revision weiter beruft, vertritt allerdings die Meinung, daß, da die Barzahlung dem durch Verrechnungsscheck Bezogenen verboten ist, auch die Präsen­ tation zur Wahrung des Regreßrechts im Sinne des Gesetzes nur die Aufforderung enthalten dürfe, den Scheck durch Verrechnung einzulösent Der § 16 erhalte damit für den Fall des Verrechnungsschecks den Sinn: „daß der Scheck rechtzeitig zur Verrechnung vorgelegt und nicht «ingelöst ist". Die Zulässigkeit der Fassung eines Protestes, wie sie Friedrich will, wird nicht in Zweifel zu ziehen sein. Nach § 16 Abs. 3, § 30 Abs. 2 ScheckG. finden auf den Protest die Vorschriften des Art. 88 der Wechselordnung entsprechende Anwendung. Der Art. 88 Nr. 2 lautet nach der durch Gesetz vom 30. Mai 1908 vorgenommenen Änderung: In den Protest ist aufzunehmen ... „die Angabe, daß die Person, gegen welche protestiert wird, ohne Erfolg zur Vornahme der wechsel­ rechtlichen Leistung aufgefordert worden..." Danach dürfte es als zulässig erscheinen, daß der Protestbeamte den Bezogenen zur Vor­ nahme der sich aus dem Verrechnungsscheck ergebenden scheckrechtlichen Leistung, nämlich der Verrechnung, auffordert und alsdann die Ver­ geblichkeit dieser Aufforderung feststellt. Da aber gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 die Verrechnung als Zahlung im Sinne dieses Gesetzes gilt und nur die Barzahlung des Verrechnungsschecks verboten ist, so kann jedenfalls die Begründung des Berufungsgerichts betreffs feiner An­ nahme der Gültigkeit des Protestes nicht beanstandet werden. Denn gilt die Verrechnung 'als Zahlung und ergibt, wie das Urteil feststellt, die Protesturkunde nicht, daß Barzahlung gefordert und abgelehnt worden sei, so darf mit dem Berufungsgericht die Aufforderung zur Zahlung als die zur Vomahme der Verrechnung und die Erhebung des Protestes mangels Zahlung als die mangels Vornahme der Ver­ rechnung verstanden werden. ...

13. Unter welchen Voraussetzungen kann der Berkiinfer beim Snkzesfivlieferungsgeschäft zurücktreten, wenn der Käufer mit der gegen Vor­ legung des Duplikatfrachtbriefs zu leisteudeu Barzahlung für eine Lieferungsrate in Verzug kommt? III. Zivilsenat.

Urt. v. 3. Februar 1922 i. S. M. (Bell.) w. K. (Kl.). III 156/21.

I. Landgericht Stuttgart, Kammer f. Handelssachen. — H. Oberlandesgericht daselbst.

für genügend, daß aber ein dem Wortlaute des Gesetzes entsprechender Protest für den Verrechnungsscheck nicht als. ungültig erklärt worden ist. Friedrich sBankarchiv Bd. 11 S. 125), auf den sich die Revision weiter beruft, vertritt allerdings die Meinung, daß, da die Barzahlung dem durch Verrechnungsscheck Bezogenen verboten ist, auch die Präsen­ tation zur Wahrung des Regreßrechts im Sinne des Gesetzes nur die Aufforderung enthalten dürfe, den Scheck durch Verrechnung einzulösent Der § 16 erhalte damit für den Fall des Verrechnungsschecks den Sinn: „daß der Scheck rechtzeitig zur Verrechnung vorgelegt und nicht «ingelöst ist". Die Zulässigkeit der Fassung eines Protestes, wie sie Friedrich will, wird nicht in Zweifel zu ziehen sein. Nach § 16 Abs. 3, § 30 Abs. 2 ScheckG. finden auf den Protest die Vorschriften des Art. 88 der Wechselordnung entsprechende Anwendung. Der Art. 88 Nr. 2 lautet nach der durch Gesetz vom 30. Mai 1908 vorgenommenen Änderung: In den Protest ist aufzunehmen ... „die Angabe, daß die Person, gegen welche protestiert wird, ohne Erfolg zur Vornahme der wechsel­ rechtlichen Leistung aufgefordert worden..." Danach dürfte es als zulässig erscheinen, daß der Protestbeamte den Bezogenen zur Vor­ nahme der sich aus dem Verrechnungsscheck ergebenden scheckrechtlichen Leistung, nämlich der Verrechnung, auffordert und alsdann die Ver­ geblichkeit dieser Aufforderung feststellt. Da aber gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 die Verrechnung als Zahlung im Sinne dieses Gesetzes gilt und nur die Barzahlung des Verrechnungsschecks verboten ist, so kann jedenfalls die Begründung des Berufungsgerichts betreffs feiner An­ nahme der Gültigkeit des Protestes nicht beanstandet werden. Denn gilt die Verrechnung 'als Zahlung und ergibt, wie das Urteil feststellt, die Protesturkunde nicht, daß Barzahlung gefordert und abgelehnt worden sei, so darf mit dem Berufungsgericht die Aufforderung zur Zahlung als die zur Vomahme der Verrechnung und die Erhebung des Protestes mangels Zahlung als die mangels Vornahme der Ver­ rechnung verstanden werden. ...

13. Unter welchen Voraussetzungen kann der Berkiinfer beim Snkzesfivlieferungsgeschäft zurücktreten, wenn der Käufer mit der gegen Vor­ legung des Duplikatfrachtbriefs zu leisteudeu Barzahlung für eine Lieferungsrate in Verzug kommt? III. Zivilsenat.

Urt. v. 3. Februar 1922 i. S. M. (Bell.) w. K. (Kl.). III 156/21.

I. Landgericht Stuttgart, Kammer f. Handelssachen. — H. Oberlandesgericht daselbst.

40

18. Sukzessivlieferungsgeschäft. Rücktritt.

Am 20. November 1919 kaufte der im Elsaß wohnende Kläger von der Beklagten 7 Waggon bayerische Dielen zum Preise von 550 JI für das cbm, lieferbar bis Ende Dezember 1919, mit der Verein­ barung der Barzahlung des Kaufpreises gegen Vorlage von Duplikat­ frachtbrief und Duplikatrechnung bei O. in L., einem Schwager des Klägers. Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen Nichtlieferung von 5 Wagenladungen. Die Beklagte erachtet sich zum Rücktritt vom Vertrage für berechtigt, weil der Kläger bei den beiden ersten Wagen die Zahlungsverpflichtungen nicht eingehalten habe. Sie hatte den Duplikatfrachtbrief über den ersten an den Kläger abgesandten Wagen bereits am 22. November, einem Samstag, dem O. vorgelegt, sich aber damit einverstanden erklärt, daß die Zahlung am Montag dem 24. erfolge. O., dem der Kläger einen Betrag von 80000 JH durch Vermittlung der Rheinischen Kreditbank zur Verfügung stellte, erhielt am 24. von dieser einen Scheck auf die Württembergische Vereinsbank Stuttgart und wies bereit Filiale in L. noch an demselbm Tage an, der Beklagten Zahlung zu leisten. Am 26. November benachrichtigte diese Bank die Beklagte von der Überweisung, jedoch mit dem, am

folgenden Tage zurückgenommenen Zusatz, daß der Betrag erst vom 1.. Dezember ab verfügbar sei. Am 26. November aber schrieb die Beklagte bereits dem O. und am 3. Dezember dem Kläger selbst, daß sie wegen Nichtinnehaltung der Zahlungsbedingungm die weitere Lieferung annulliere. Das Landgericht erachtete den Rücktritt der Beklagten nicht für berechtigt und verurteilte sie unter Verwerfung auch ihrer sonstigen Einwendungen gemäß dem Klagantrage zur Zahlung von 10000 JI. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten wurde die Klage abgewiesen. Gründe: Das Berufungsgericht geht anscheinend selbst von der Auffassung aus, daß der Kläger sich mit der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Bezahlung dex ersten beiden Waggons, über die seinem Vertreter die Duplikatfrachtbriefe am 22. und 24. November 1919 vorgelegt worden waren, zu dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte^ ihren Rücktritt vom Vertrag erklärte, in Verzug befand. Jedenfalls "tmifc zu diesem Zeit­ punkt ein Verzug des Klägers für vorliegend erachtet werden. Der Kläger, bet zur Zahlung gegen Vorlegung der Duplikatfrachtbriefe sich verpflichtet hatte, war gehalten, dafür zu sorgen, daß die Beklagte, sobald sie einey solchen Frachtbrief vorlegte, den entsprechenden Betrag ausgezahlt oder doch zur freien Verfügung überwiesen erhielt. Daß mit der Vorlegung solcher Frachtbriefe- in kürzester Frist gerechnet werden mußte und auch vom Kläger gerechnet wurde, kann nach der Bekundung des Zeugen O., daß die Beklagte beim Bertragsschluß

mitgeteilt habe, die Wagen rollten, und daß der Kläger unmittelbar nach dem Bertragsschluß die Überweisung von 80 000 Jt telegraphisch beantragte, keinem Zweifel unterliegen. Mochte nun auch die Ver­ zögerung der Bereitstellung des Kaufpreises bis zum 26. November nicht genügen, einen Verzug des Klägers zu begründen, so trat dieser doch dadurch ein, daß auch an diesem Tage die Beklagte das Geld noch nicht erhielt, sondem nur die Nachricht von der Überweisung mit

1>em Bemerken, daß der Betrag erst vom 1. Dezember ab verfügbar sei. Ob diese der Überweisungsmitteilung zugefügte Beschränkung

von dem Kläger selbst veranlaßt worden war oder nicht, ist für seine Rechtsstellung gegenüber der Beklagten gleichgültig, da er für ein Versehen oder auftragswidriges Verhalten der Banken, deren er sich zur Erfüllung seiner Zahluugsverbindlichkeit bediente, nach § 278 BGB. einzustehew hat. Dieser Verzug muß aber entgegen der Meinung der Vorinstanzen auch für ausreichend erachtet werden, um den Rücktritt der Beklagten von dem Vertrage zu rechtfertigen, ohne daß es einer Fristsetzung nach § 326 BGB. bedurfte. Bei den Geschäften des Großhandels, die in der Kriegszeit und der Nachkriegszeit unter dem Einfluß der schwan­ kenden Währung, beim Schwinden des gegenseitigen Vertrauens, mit der Vereinbarung der Barzahlung oder der Mreditivstellung gegen Duplikatfrachtbriefe geschlossen worden sind, hat die Rechtsprechung, den Anschauungen der Handelskrcise folgend, ganz allgemein besondere Pünktlichkeit der Vertragserfüllung erfordert (Dgl. RGZ. Bd. 92 'S. 209 und S. 389, Bd. 96 S. 255). Die Nichtinnehaltung des Zahlungstermins erscheint danach bei einem derartigen Geschäft wohl geeignet, den Rücktritt von einem Sukzessivlieferungsvertrag ohne weiteres auch dann zu begründen, wenn der Verzug nur die Zahlung für eine einzelne der Lieferungen betraf. Im vorliegenden Falle wurde aber der Rücktritt besonders um deswillen berechtigt, weil der Kläger im Auslande seinen Wohnsitz hatte und die Lieferung auch offenbar für die Versendung in das Ausland bestimmt war. Auch war gerade der Umstand, daß, als die Überweisung des Betrages für die beiden ersten Wagen erfolgte, doch der Beklagten die Verfügung über diesen Betrag noch bis zum 1. Dezember vorenthalten wurde, geeignet, das Vertrauen der Beklagten auf die fernere pünktliche Erfüllung des Vertrags seitens des Klägers zu erschüttern. Daß diese Beschränkung der Überweisung am folgenden Tage zurückgenommen

wurde, konnte natürlich an der Berechtigung des inzwischen bereits erklärten Rücktritts nichts mehr ändern. Unbegründet sind die Bedenken, welche der Vertreter des Revisions­ beklagten daraus hergeleitet hat, daß die Beklagte den Vertrag mit hinsichtlich der noch nicht verladenen Wagen, nicht hinsichtlich des

ganzen Vertrags für aufgehoben erklärt hat. Nach der Sachlage ist ein Interesse des Klägers daran, daß der Vertrag vollständig, also auch hinsichtlich der von ihm bereits bezahlten, zur Zeit des Rücktritts bereits an ihn abgesandten Lieferung aufgehoben werde, schlechterdings nicht ersichtlich. Hätte er den Teilrücktritt als solchen beanstanden wollen, so hätte dies in den Vorinstanzen geschehen müssen.

14. Ist das dem gemeinnützigen Siedelungsunlernehmen im Falle des Verkaufs eines landwirtschaftlichen Grundstücks zustebende Vor­ kaufsrecht auch dana anwendbar, wenn eine Gesellschaft m. b. H., deren Vermögen nur aus einem Grundstücke besteht, ihre sämtlichen Geschäftsanteile einem anderen abtritt? V.Zivilsenat.

Urt. v. 4. Februar 1922 i. S. Rheinisches Heim (ÄL) w. D. B. u. Gen. (Bekl.). V 253/21.

I. Landgericht Cleve. — II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Die Beklagte zu 2, eine Gesellschaft m. b. H., ist. Eigentümerin des etwa 996 Morgen großen, im Kreise Cleve gelegenen Landgutes Hülm. Sämtliche Geschäftsanteile dieser Gesellschaft im Betrage von zusammen 20000 JL hatte die Beklagte zu 1 erworben, die zugleich Gläubigerin der auf dem genannten Landgute eingetragenen Hypothek von 810000 M war. Durch notariellen Vertrag vom 11. Oktober 1919 trat die Beklagte zu 1 ihre Geschäftsanteile zum Preise von 20000 Jt und ihre Hypothek zum Preise von 810000 Jt an den Beklagten zu 3, einen holländischen Staatsangehörigen, ab. Die Klägerin, eine für die Rheinprovinz als gemeinnützige Siedlungs­ unternehmung anerkannte Gesellschaft, machte geltend, daß ihr auf Grund des erwähnten notariellen Vertrags gemäß dem Reichs­ siedlungsgesetz vom 11. August 1919 (RGBl. S.1429) ein Vorkaufsrecht zustehe. Sie beantragte mit der Klage, die Beklagten als Gesamt­ schuldner zu verurteilen, an sie entweder das Landgut aufzulaffen oder die Geschäftsanteile der verklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu übertragen. Beide Borinstanzen erachteten die Klage für unbegründet. Die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe:

Das Berufungsgericht nimmt an, das Reichssiedlungsgesetz vom 11. August 1919 sei zwar im besetzten rheinischen Gebiete nicht wie im übrigen Reichsgebiete schon mit dem 18. desselben Monats — dem

ganzen Vertrags für aufgehoben erklärt hat. Nach der Sachlage ist ein Interesse des Klägers daran, daß der Vertrag vollständig, also auch hinsichtlich der von ihm bereits bezahlten, zur Zeit des Rücktritts bereits an ihn abgesandten Lieferung aufgehoben werde, schlechterdings nicht ersichtlich. Hätte er den Teilrücktritt als solchen beanstanden wollen, so hätte dies in den Vorinstanzen geschehen müssen.

14. Ist das dem gemeinnützigen Siedelungsunlernehmen im Falle des Verkaufs eines landwirtschaftlichen Grundstücks zustebende Vor­ kaufsrecht auch dana anwendbar, wenn eine Gesellschaft m. b. H., deren Vermögen nur aus einem Grundstücke besteht, ihre sämtlichen Geschäftsanteile einem anderen abtritt? V.Zivilsenat.

Urt. v. 4. Februar 1922 i. S. Rheinisches Heim (ÄL) w. D. B. u. Gen. (Bekl.). V 253/21.

I. Landgericht Cleve. — II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Die Beklagte zu 2, eine Gesellschaft m. b. H., ist. Eigentümerin des etwa 996 Morgen großen, im Kreise Cleve gelegenen Landgutes Hülm. Sämtliche Geschäftsanteile dieser Gesellschaft im Betrage von zusammen 20000 JL hatte die Beklagte zu 1 erworben, die zugleich Gläubigerin der auf dem genannten Landgute eingetragenen Hypothek von 810000 M war. Durch notariellen Vertrag vom 11. Oktober 1919 trat die Beklagte zu 1 ihre Geschäftsanteile zum Preise von 20000 Jt und ihre Hypothek zum Preise von 810000 Jt an den Beklagten zu 3, einen holländischen Staatsangehörigen, ab. Die Klägerin, eine für die Rheinprovinz als gemeinnützige Siedlungs­ unternehmung anerkannte Gesellschaft, machte geltend, daß ihr auf Grund des erwähnten notariellen Vertrags gemäß dem Reichs­ siedlungsgesetz vom 11. August 1919 (RGBl. S.1429) ein Vorkaufsrecht zustehe. Sie beantragte mit der Klage, die Beklagten als Gesamt­ schuldner zu verurteilen, an sie entweder das Landgut aufzulaffen oder die Geschäftsanteile der verklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu übertragen. Beide Borinstanzen erachteten die Klage für unbegründet. Die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe:

Das Berufungsgericht nimmt an, das Reichssiedlungsgesetz vom 11. August 1919 sei zwar im besetzten rheinischen Gebiete nicht wie im übrigen Reichsgebiete schon mit dem 18. desselben Monats — dem

Tage der Verkündung —, sondern im Hinblick auf Art. 8 der Ge­ setzesverordnung der interalliierten Kommission vom 10. Januar 1920 erst zehn Tage nach seiner am 8. März 1920 erfolgten Einregistrierung bei dieser Kommission in Kraft getreten, dieses Inkrafttreten fei dann aber mit rückwirkender Kraft seit dem Tage der Verkündung erfolgt und daher sei das Reichssiedlungsgesetz auch für die Beurteilung des Streitfalles maßgebend. Die Revision tritt dieser letzten Annahme bei. Sie beanstandet nur die für das besetzte und das unbesetzte Gebiet aus Art. 8 der Gesetzesverordnung vom 8. März 1920 hinsichtlich des Inkrafttretens des Siedlungsgesetzes gefolgerte Unterscheidung, indem sie nicht nur- die Rechtsgültigkeit der Verordnung bestreitet, weil sie in Art. 3 des Rheinlandabkommens vom 28. Juni 1919 (RGBl. S. 1337) keine Grundlage finde, sondern auch geltend macht, daß Art. 8 auf das bereits vor seiner Erlasiung in Kraft getretene Reichsfiedlungsgesetz keine Anwendung finde. Auf diese Rüge braucht jedoch nicht eingegangen zu werden. Denn der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Reichssiedlungsgesetzes im besetzten Gebiet spielt für die Ent­ scheidung des Rechtsstreits teine- Rolle, da das Begehren der Klägerin, tote der Berufungsrichter mit Recht annimmt, in den Vorschriften des Siedlungsgesetzes überhaupt keine Stütze findet. Allerdings sind nach § 11 dieses Gesetzes die Vorschriften der §§ 5 bis 10, die das Vorkaufsrecht der gemeinnützigen Siedlungs­ unternehmen im Falle des Verkaufs eines landwirtschaftlichen Grund­ stücks regeln, sinngemäß auch auf solche andere Verträge anzuwenden, „die auf die Veräußerung eines Grundstücks gegen Entgelt gerichtet sind". Allein unter dieser auch in den Vorschriften der §§ 445, 493 BGB. vorkommenden Bezeichnung läßt sich ihrem Wortlaute nach ein Vertrag, wie er hier vorliegt, nicht verstehen, da dieser Betrag nicht auf die Beräußemng eines Grundstücks, sondern auf die Über­ tragung der Geschäftsanteile einer Gesellschaft m. b. H. und auf die Abtretung, einer Hypothek gerichtet war. Dies wird auch von der Revision nicht verkannt. Sie meint nur, daß es sich hier um einen Vertrag handle, der wirtschaftlich beabsichtigterweise denselben Erfolg erzielt habe, der im Falle des Abschlusies eines Kaufvertrags erzielt worden wäre. Denn das Bermögm der Gesellschaft m. 6. H. habe, wie für die Revisionsinstanz zu unterstellen sei, nur in dem Landgute Hülm bestanden, auch habe der Beklagte zu 3 das Landgut zunächst kaufen wollen und erst nachträglich auf rechtskundigen Rat den in dem notariellen Vertrage vom 11. Oktober 1919 eingeschlagenen Weg gewählt, weil zu befürchten gewesen sei, daß er als Ausländer die zum Grundstückskaufe nach der Bekanntmachung vom 15. März 1918 (RGBl. S. 123) erforderliche Genehmigung nicht erhalten würde. Nach dem Zwecke des Reichssiedlungsgesetzes sei daher anzunehmen, daß hier

ein auf die Veräußerung eines Grundstücks gegen Entgelt gerichteter Vertrag im Sinne des § 11 dieses Gesetzes vorliege. Dieser Rechtsauffafsung ist jedoch nicht beizutreten. Allerdings erforderte das Jnteresie der Allgemeinheit an der Durchführung des Siedlungswerks, den gemeinnützigen Siedlungsunternehmen in gewissem Umfange die Möglichkeit zum Erwerb von landwirtschaftlichem Grundbesitz durch Gewährung eines Vorkaufsrechts zu sichern. Den Umfang dieses Rechtes abzugrenzen, war aber Sache des Gesetzes. In diesem sind die Fälle, in denen das Vorkaufsrecht Platz greifen soll, nach recht­ lichen Merkmalen aufgezählt und genau bezeichnet. Dafür, daß der Gesetzgeber auch andere wirtschaftlich ähnlich liegende Fälle habe treffen wollen, fehlt jeder Anhalt. Dagegen spricht, wie der Berufungs­ richter mit Recht hervorhebt, schon die Eigenschaft des Reichssiedlungs­ gesetzes als eines in das Eigentum eingreifenden Svndergesetzes und die von ihm unter Hinweis auf die vorangegangenen Bestimmungen des § 9 der preußischen Verordnung vom 23. Dezember 1918 (GS. S. 3) und § 11 der Reichsverordnung vom 23. Januar 1919 (RGBl. S. 115) dargelegte Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Entscheidmd aber ist die Erwägung, daß der Gesetzgeber, wenn er die in Rede stehende Vorschrift auch auf andere nur wirtschaftlich gleichliegende Fälle hätte ausgedehnt wiffen jvollen, dies ebenso wie in anderen bereits vorher und auch kurz nachher erlassenen Gesetzen zum Aus­ druck gebracht haben würde. In dieser Hinsicht ist nicht nur auf die bereits vom Berufungsrichter angeführten Bestimmungen des § 3 des Zu­ wachssteuergesetzes vom 14. Februar 1911 (RGBl. S. 33) und des tz 3 des Grunderwerbssteuergesetzes vom 12. Sept. 1919 (RGBl. S. 1617), sondern auch auf § 5 der Reichsabgabenordnung vom 13. Dezember 1919 (RGBl. S. 1993) zu verweisen. Im Schrifttum hat sich, so viel ersichtlich, nur Sala in seinem Kommentar zum Reichssiedlungs­ gesetz S. 68 Anm. 3 im Sinne der Revision ausgesprochen. Die Begründung seiner Auffassung, daß gegebenenfalls eine Umgehung des Gesetzes vorliege, ist jedoch nach obigen Darlegungen nicht über» zeugend. Die Klägerin kann daher aus § 11 des Reichssiedlungs­ gesetzes Rechte gegen die Beklagten nicht herleiten. Ebensowmig würde sie für den Fall, daß anzunehmen wäre, daß das Reichsfiedlungsgesetz für die Beurteilung des Streitfalles nicht in Betracht komme, solche Rechte aus den von ihr hilfsweise herangezogenen Vor­ schriften der diesem Gesetze vorangegangenen vorerwähnten beiden Verordnungen gellend machen können, da der Anwendung dieser Berordnungm dieselben Hinderniffe entgegenstünden, die der Anwendung des Reichssiedlungsgesetzes entgegenstehen.

15. Zur Frage der Haftung eines Schank- nnd Speisewirts für die von seinen Gästen in das Gastlokal mitgebrachten nnd dort ab­ gelegten Kleidungsstücke. VII. Zivilsenat. Urt. v. 7. Februar 1922 i. S. S. (Kl.) w. H. (Bekl.). VII 636/21. I. Landgericht Breslau. — IL Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger kehrte am 1. Februar 1920 in der Weinhandlung der Beklagten ein, um ein Mittagsmahl einzunehmen. Während seines Aufenthalts in den Speiseräumen wurde ihm ein Pelz nebst darin befindlichen . Lederhandschuhen und Zigarrentasche gestohlen. Der Pelz war von dem Kellner, der dem Kläger beim Ablegen behilflich gewesen war, an einem Garderobenhaken in den Speiseräumen aufgehängt worden, der vom Platze des Klägers ziemlich entfernt' war. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ersatz des Schadens in Anspruch. Die Klage -wurde von beiden Vorinstanzen abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Gründe: Das Berufungsgericht verneint das Borliegen eines selbständigen Verwahrungsvertrags oder eines verwahrungsähnlichen Vertrags, aus welchem sich die Haftung der Beklagten für den dem Kläger erwachsenen Schaden ableiten lasse. Das ist rechtlich bedenkxnfrei. Das Berufungs­ gericht nimmt indes an, daß ein Speisewirt, der seiqe Räume für die Aufnahme der Gäste eingerichtet und ihnen zur Benutzung zur Ver­ fügung gestellt und durch Anbringung von Garderobenhakm Vor­ richtungen zum Ablegen der Überkleider getroffen habe, damit gegen­ über seinen Gästen auch eine vertragliche Nebenverpflichtung übernommm habe, auf Grund deren er nach den allgemeinen Grundsätzen über die Schuldverhältniffe, insbesondere den §§ 276, 278 BGB., für das Abhandenkommen von Kleidungsstücken in Anspruch genommen werden könne. Indem es weiter entsprechend der Behauptung des Klägers als richtig unterstellt, daß der beim Ablegen des Pelzes behilfliche Kellner auf die Frage des Klägers nach der Garderobe unter Hinweis auf einige zwar in demselben Raume, aber entfernt vom Tische des Klägers befindliche Garderobenhaken mit „ Hier bitte" geantwortet, vom Vorhandensein eines besonderen Garderobenraums aber nichts erwähnt und dann ohne weiteres den Pelz fortgetragen habe, erblickt es darin ein fahrlässiges, von der Beklagten, zu vertretendes Verhalten des Kellners als ihres Erfüllungsgehilfen, das für den Verlust des Pelzes ursächlich gewesen Jei. Es sieht aber in dem Verhalten deS Klägers, der, ohne sich selbst um seinen Pelz weiter zu kümmern, geduldet habe, daß der Pelz an einem entfernten, vorn Platze des

46

15.

Haftung des Schank- und Speisewirts.

Klägers gar nicht zu übersehenden Haken aufgehängt wurde, ein mit» wirkendes Verschulden des Klägers, das im Verhältnis zu dem des Kellners so überwiegend sei, daß gemäß § 254 BGB. der Klaganspruch auf jeden Fall unbegründet erscheine. Demgegenüber bestreitet die Revision jedes Verschulden des Klägers und sucht auszuführen, daß der Verlust des Pelzes allein auf das schuldhafte Verhalten des Kellners zurückzuführen fei. Deon wenn dieser auf die Frage des Klägers nach der Garderobe von dem Vorhandensein des besonderen, unter ständiger Aufsicht befindlichen Garderobenraums Mitteilung gemacht hätte, würde der Kläger, der neben dem Tische, an welchem er Platz nehmen wollte, keine Garderobe­ gelegenheit .fand, den Pelz in dem Garderoberaum abgegeben und sich damit vor jedem Schaden gesichert haben. Es mag sein, daß beim Hinweis auf dm besonderm Garderobe­ raum der Kläger in dieser Weise verfahren wäre und damit dm (Eintritt des Schadens verhütet hätte. Das allein genügt aber nicht, um die Haftung der Beklagten zu begründen. Erforderlich wäre dazu ein vertragliches Verschulden der Beklagten oder ihres Erfüllungs­ gehilfen oder eine die Ersatzpflicht der Beklagten begründende unerlaubte Handlung. Der letztere Gesichtspunkt steht hier gar nicht in Frage. Aber auch ein vertragliches Verschulden läßt sich nicht begründen. Ein Schank- und Speisewirt, der seine Räume und' Einrichtungs­ gegenstände den Gästen, zur Verfügung stellt, haftet den Gäste» aus dem mit ihnen abgeschlossenen Vertrage dafür, daß sie nicht durch mangelhafte Beschaffenheit der Räume und Einrichtungsgegenstände zu Schaden kommen, z. B. durch ordnungswidrige und mangelhafte Beschaffenheit der von den Gästen benutzten Stühle oder Trinkgefäße oder auch der zum Aufhängen der Hüte und Mäntel bestimmtm Leisten (vgl. in letzterer Hinsicht RGZ. Bd. 65 S. 12). In dieser Beziehung wird gegen die Beklagte kein Vorwurf erhoben. Die im Lokal befindlichen Garderobenhaken waren an sich zum Anhängen der Garderobe geeignet. Dagegen besteht für den Schank- und Speise­ wirt (Restaurateur) nicht die weitergehende Haftung für die von den Gästen eingebrachten Sachen, wie sie durch die besondere Bestimmung des § 701 BGB. dem Gastwirte, der gewerbsmäßig Fremde zur Be-' Herbergung aufnimmt, auferlegt worden ist; es ist Sache der Gäste, selbst auf ihre im Gastlokal abgelegten Kleidungsstücke zu achten und sich vor Verlust zu schützen. Wie/den Schank- und Speisewirt nach allgemeiner Verkehrsanschauung nicht die Nebmverpflichtung trifft, die von den Gästen im Gastlokal abgelegten Kleidungsstücke besonders zu überwachen, so hat er noch weniger die Verpflichtung, seinen Gästen einen besonderen, unter Aufsicht stehenden Garderoberaum zur Be­ nutzung zur Verfügung zu stellen. Wenn er es tut, so erfüllt er

damit nicht eine ihm obliegende Vertragspflicht, sondern er zeigt seinen Gästen ein besonderes Entgegenkommen, auf das sie keinen Anspruch erheben können. Demgemäß verletzt er auch keine Vertragspflicht, wenn er auf die Frage eines in sein Gastlokal eintretenden Gastes nach der Garderobe von dem Vorhandensein eines besonderen Garde­ roberaums nichts erwähnt, sondern den Gast lediglich auf die im Gastlokale befindlichen Garderobenhaken hinweist. Begnügt sich der Gast damit, so schließt er den Vertrag mit dem Wirt eben mit der Maßgabe ab, daß ihm zur Benutzung für die Kleiderablage nur die im Lokal angebrachten Garderobenhaken zur Verfügung stehen. Wie dem Wirt in dem vorbezeichneten Falle keine Verletzung einer Ver­ tragspflicht zur Last fällt, so .kann die Sache natürlich auch nicht anders beurteilt werden, wenn ein Kellner als Erfüllungsgehilfe des Wirts in gleicher Weise handelt. Eine Verletzung einer VertragsPflicht des Wirtes gegenüber dem Gaste liegt nicht vor. Noch weniger läßt sich bei der erörterten Rechtslage ein vertragliches Verschulden, wie die Revision meint, darin finden, daß der Kellner den Pelz nicht ohne weiteres in den vorhandenen besonderen Garderoberaum brachte. Nach alledem beruht die vom Berufungsgericht vertretene Annahme eines der Beklagten zur Last fallenden vertraglichen Verschuldens auf rechtsirrtümlichen Erwägungen und kann folglich nicht aufrecht erhallen werden. Damit entfällt aber die grundlegende Voraussetzung für die Haftung der Beklagten für den dem Kläger erwachsenen Schaden, und es muß schon aus diesem Grunde ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden des Klägers die erhobene Klage abgewiesen und daher die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis bestätigt werden.

16, Zur Haftung der Eisenbahn bei Entwendung von Umzugsgul aus geschlossenen Möbelwagen. I. Zivilsenat. Urt. v. 11. Februar 1922 i. S. Providentia, Franks. Vers.-Akt.-Ges. (Kl.) w. Reichseisenbahnfiskus (Bekl.). I 375/21. I. Landgericht Duisburg. — II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Die Speditionsfirma W. zu H. versandte im Auftrage des Kaufi manns M. zu D. dessen Umzugsgut von H. nach D. in einem von ihr gestellten geschlossenem Möbelwagen, der auf einen offenen Eisen­ bahnwagen gesetzt wurde. Während der Beförderung wurde der Möbelwagen aufgebrochen, beschädigt ünd beraubt. Mit der Klage wird der Beklagte für den Schaden in Anspruch genommen. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für berechtigt.

damit nicht eine ihm obliegende Vertragspflicht, sondern er zeigt seinen Gästen ein besonderes Entgegenkommen, auf das sie keinen Anspruch erheben können. Demgemäß verletzt er auch keine Vertragspflicht, wenn er auf die Frage eines in sein Gastlokal eintretenden Gastes nach der Garderobe von dem Vorhandensein eines besonderen Garde­ roberaums nichts erwähnt, sondern den Gast lediglich auf die im Gastlokale befindlichen Garderobenhaken hinweist. Begnügt sich der Gast damit, so schließt er den Vertrag mit dem Wirt eben mit der Maßgabe ab, daß ihm zur Benutzung für die Kleiderablage nur die im Lokal angebrachten Garderobenhaken zur Verfügung stehen. Wie dem Wirt in dem vorbezeichneten Falle keine Verletzung einer Ver­ tragspflicht zur Last fällt, so .kann die Sache natürlich auch nicht anders beurteilt werden, wenn ein Kellner als Erfüllungsgehilfe des Wirts in gleicher Weise handelt. Eine Verletzung einer VertragsPflicht des Wirtes gegenüber dem Gaste liegt nicht vor. Noch weniger läßt sich bei der erörterten Rechtslage ein vertragliches Verschulden, wie die Revision meint, darin finden, daß der Kellner den Pelz nicht ohne weiteres in den vorhandenen besonderen Garderoberaum brachte. Nach alledem beruht die vom Berufungsgericht vertretene Annahme eines der Beklagten zur Last fallenden vertraglichen Verschuldens auf rechtsirrtümlichen Erwägungen und kann folglich nicht aufrecht erhallen werden. Damit entfällt aber die grundlegende Voraussetzung für die Haftung der Beklagten für den dem Kläger erwachsenen Schaden, und es muß schon aus diesem Grunde ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden des Klägers die erhobene Klage abgewiesen und daher die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis bestätigt werden.

16, Zur Haftung der Eisenbahn bei Entwendung von Umzugsgul aus geschlossenen Möbelwagen. I. Zivilsenat. Urt. v. 11. Februar 1922 i. S. Providentia, Franks. Vers.-Akt.-Ges. (Kl.) w. Reichseisenbahnfiskus (Bekl.). I 375/21. I. Landgericht Duisburg. — II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Die Speditionsfirma W. zu H. versandte im Auftrage des Kaufi manns M. zu D. dessen Umzugsgut von H. nach D. in einem von ihr gestellten geschlossenem Möbelwagen, der auf einen offenen Eisen­ bahnwagen gesetzt wurde. Während der Beförderung wurde der Möbelwagen aufgebrochen, beschädigt ünd beraubt. Mit der Klage wird der Beklagte für den Schaden in Anspruch genommen. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für berechtigt.

Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Landgericht hat den > Einwand des Beklagten, daß die Haftung der Eisenbahn nach § 459 Abs. 1 Nr. 1 HGB. entfalle, für unbegründet erklärt. Denn abgesehen davon, daß Diebstahl nicht ohne weiteres eine mit der Beförderung auf offenen Eisenbahnwagen ver­ bundene Gefahr darstelle, müsse sie hier durch die Verpackung des Um­ zugsguts in den mit festen Wänden versehenen und verschloffenen Möbelwagen als beseitigt angesehen werden. Das Oberlandesgericht geht im Gegensatz hierzu davon aus, daß Diebstahl grundsätzlich als eine mit der Beförderung in offen gebauten Wagen verbundene Gefahr anzusehen sei. Es hält diese im vorliegenden Falle auch nicht für be­ seitigt; denn die nach dem Aussehen des Möbelwagens offenkundige Tatsache, daß hier Umzugsgut befördert werde, mithin Gegenstände des täglichen Bedarfs, die im Vergleich zur Friedenszeit außerordentlich im Werte gestiegen seien, gebe für Diebe einen ganz besonderen Anreiz zum Diebstahl. Es sei aber auch die Ausführung des Diebstahls er­ leichtert worden, weil der Verschluß des Möbelwagens an der Stirn­ seite eine weniger gute Überwachung ermögliche. Da hiernach der

Schaden der Beraubung aus den besonderen in § 459 Abs. 1 Nr. 1 HGB. bezeichneten Gefahren entstehen konnte, sei nach Abs. 2 das. bis zum Beweis des Gegenteils durch den Kläger zu vermuten, daß er aus dieser Gefahr entstanden sei. Diesen Erwägungen kann nicht beigetreten werden. Wie das Reichsgericht schon mehrfach ausgesprochen hat — vgl. RGZ. Ld. 34 S. 42, Bd. 70 S. 174 — wird allerdings dadurch, daß das Gut in einem verschloffenen Möbelwagen auf offen gebauten Eisenbahnwagen verladen ist, die Verladung nicht derjenigen in bedeckten Eisenbahn­ wagen gleichgestellt. Es handelt sich somit im vorwürfigm Fall um die Beförderung eines Guts in offen gebauten Wagen im Sime des § 459 Abs. 1 Nr. 1 HGB. Auch gehört der Diebstahl zu den mit dieser Beförderungsart verbundenm Gefahren. Das darf aber nicht dahin verstanden werden, daß allgemein jeder Diebstahl ohne weiteres eine Beförderungsgefahr darstelle. Vielmehr muß stets im einzelnen Fall geprüft werden, ob nach den jeweiligen Umständen der Dietstahlsschaden aus der genannten besonderen Befördemngsart entstanden ist oder im Sinne des Abs. 2 des § 459 HGB. daraus entstehen konnte. Der Eisenbahn obliegt es daher, darzulegen, daß die Möglichkeit besteht, daß der Diebstahl aus der besonderen Gefahr entstayden ist; diese Möglichkeit muß aber immer nach der Lage des Einzelfalls fesigestellt werden. Dabei iftx zunächst gleichgültig, ob die Gefahr als die alleinige oder nur als die mitwirkende Ursache in Betracht kommt. Letzteren

Fall hat offenbar das Oberlandesgericht im Auge, wenn es von dem durch den Anblick des Möbelwagens gegebenen Anreize und der Ver­ schlußart des Wagens spricht. Diese Auffassung erscheint aber als zu allgemein gehalten; sie geht auch auf die Zweckbestimmung des § 459 nicht genügend ein. Wie das Reichsgericht in RGZ. Bd. 98 S. 339 für den Fall des § 459 Abs. 1 Nr. 4 HGB. ausgeführt hat, will der § 459 im Gegensatz zu § 456 nur solche Fälle treffen, in denen wirklich eine besondere Gefahr gegeben ist. Diese Erwägung trifft auch auf den § 459 Abs. 1 Nr. 1 zu. Mit anderen Worten, es muß sich bei der Verfrachtung in' offenen Wagen um eine Gefahrerhöhung gegenüber der Beförderung in geschlossenen Eisenbahnwagen handeln. Diese Gefahrerhöhung muß sich aber nach verständiger Auffassung und den Anschauungen des Verkehrs als eine wirklich beachtliche, nicht bloß als eine unwesentliche darstellen. Nur ganz entfernte Möglichkeiten können nicht ohne weiteres in Rücksicht gezogen werden. Hiernach kann aber nicht gesagt werden, daß der Gedanke, in einem Möbel­ wagen befinde sich Umzugsgut, mithin Dinge, die im Vergleiche zur Vorkriegszeit außerordentlich im Werte gestiegen sind, für Diebe stets einen ganz besonderen Anreiz zum Stehlen biete. Für die Fälle, in denen der Möbelwagen leer läuft, trifft er an sich nicht zu. Wenn man aber hiervon auch ganz absehen will, dann trifft die Wertsteigerung nicht für Umzugsgut allein, sondern für sehr viele, ja die meisten Güter zu. Endlich darf aber nicht unbeachtet bleiben, daß der Anreizgedanke allein nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist. Mag er auch zur Entstehung kommen, so ist doch anderseits nicht zu übersehen, daß die gewöhnliche Art der Beladung von Möbelwagen in dichtem An- und Aufstapeln der einzelnen Behältnisse und besonders die Zustellung des Zugangs mit größeren Möbelstücken, wie sie von den ladekundigen Möbelladern regelmäßig vorgenommen wird, erhebliche Erschwerungen der Diebstahlsausführung mit sich bringen wird, die dem bloßen An­ reizgedanken sich wieder entgegenstellen. Der Anreiz kann als Beweg­ grund für sich allein nicht losgelöst werden von den weiteren mit der Diebstahlsausführung verbundenen Umständen, namentlich dem des Verschlusses der Wagen und der dabei vom Diebe zu beseitigenden Hindernisse. Diese liegen aber nach der Erfahrung des Lebens beim geschlossenen Möbelwagen keineswegs für den Dieb günstiger, sondern vielfach ungünstiger als beim gewöhylichen Eisenbahnwagen. Hierher gehört beim Möbelwagen neben der angedeuteten Verladungsart die meist übliche Verwendung besonderer, guter Schlösser. Daß aber end­ lich der Verschluß der Möbelwagen an der Stirnseite ihre Beaufsichti­ gung erschweren sollte, kann nicht zugegeben werden. Wenn überhaupt eine einigermaßen genügende Bewachung des Zugs, wie sie die Eisen­ bahn nicht verabsäumen darf, stattfindet, muß die Entdeckung von «Ntsch. In Zivils. 104.

4

50

17. Devtsenverordnung. Bestätigung. Bereicherung (§ 817 Satz 2 BGB.).

Dieben bei der Arbeit in beiden Fällen gleich gut möglich sein, gerade wenn, wie der Beklagte vortragen läßt, die Beraubung hier, wie auch sonst regelmäßig, nicht auf dem rollenden Zug, sondern gelegentlich des Aufenthalts auf den Stationen vorgenommm wurde. Es hat die Eisenbahn auch keinerlei Anhaltspunkke dafür gegeben, daß bei dem starken Anschwellen der Eisenbahndiebstähle das Stehlen aus Möbel­ wagen irgendwie besonders hervortrete. Wägt man all diese Umstände gegeneinander, so kann man in Fällen, wie dem vorliegenden, nicht sagen, daß eine beachtliche Gefahrerhöhung für Diebstähle aus Möbel­ wagen gegenüber denen aus geschlosienen Eisenbahnwagen bestehe. Man kann daher auch nicht davon sprechen, daß nach den Umständen des Falls die Gefahr des Diebstahls aus der besonderen Beförderungsart entstehen konnte. Die Anwendbarkeit des § 459 Abs. 1 Nr. 1 HGB. entfällt mithin. . ..

17. 1. Räumliche- Anwendungsgebiet der Devisenverordnung vom 8. Februar 1917. Folge« eines Verstoßes gegen die Verordnung. 2. Erfordernisse der Bestätigung nach § 141 BGB. 3. Zar Anwendung des § 817 Satz 2 BGB. VI. Zivilsenat,

litt. v. 13. Februar 1922 i. S. V. (Kl.) w. H. u. Gen. (Bekl.). VI 297/21.

I. Landgericht Freiburg i. B. — II. OberlandeSgericht Karlsruhe.

Der Kläger verlangt die Rückzahlung von darlehnsweise ge­ gebenen 11000 Franken schweizer Währung nebst 6% Zinsen vom 14. Januar 1919 an unter Verrechnung von 20 000 JI nebst 4°/0 Zinsen vom 24. Dezember 1918 an zum Kurse des Klagzustellungstags (18.10.1919). Der erste Richter hat der Klage gegenüber dem Be­ klagten Emil H. — unter Beschränkung der Zinsen der Erstforderung auf die Zeit vom 24. Januar 1919 an und Festsetzung der Verrechnung nach dem Kurse vom 9. Oktober 1919 — willfahrt; im übrigen hat er die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage völlig abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Gründe: Am 14. Januar 1919 hat der Kläger, ein in Basel ansässiger Deutscher, dem Beklagten Emil H., einem in Lörrach-Stetten ansässigen Deutschen, in Lörrach darlehnsweise einen auf die Schweizerische Volks­ bank in Basel gezogenen Scheck über 11000 Franken aushändigen lassen; H. hat den Scheckbetrag in Basel erhoben. Wie das Berufungs­ gericht einwandfrei feststellt, soll das Geschäft nach dem Willen der

50

17. Devtsenverordnung. Bestätigung. Bereicherung (§ 817 Satz 2 BGB.).

Dieben bei der Arbeit in beiden Fällen gleich gut möglich sein, gerade wenn, wie der Beklagte vortragen läßt, die Beraubung hier, wie auch sonst regelmäßig, nicht auf dem rollenden Zug, sondern gelegentlich des Aufenthalts auf den Stationen vorgenommm wurde. Es hat die Eisenbahn auch keinerlei Anhaltspunkke dafür gegeben, daß bei dem starken Anschwellen der Eisenbahndiebstähle das Stehlen aus Möbel­ wagen irgendwie besonders hervortrete. Wägt man all diese Umstände gegeneinander, so kann man in Fällen, wie dem vorliegenden, nicht sagen, daß eine beachtliche Gefahrerhöhung für Diebstähle aus Möbel­ wagen gegenüber denen aus geschlosienen Eisenbahnwagen bestehe. Man kann daher auch nicht davon sprechen, daß nach den Umständen des Falls die Gefahr des Diebstahls aus der besonderen Beförderungsart entstehen konnte. Die Anwendbarkeit des § 459 Abs. 1 Nr. 1 HGB. entfällt mithin. . ..

17. 1. Räumliche- Anwendungsgebiet der Devisenverordnung vom 8. Februar 1917. Folge« eines Verstoßes gegen die Verordnung. 2. Erfordernisse der Bestätigung nach § 141 BGB. 3. Zar Anwendung des § 817 Satz 2 BGB. VI. Zivilsenat,

litt. v. 13. Februar 1922 i. S. V. (Kl.) w. H. u. Gen. (Bekl.). VI 297/21.

I. Landgericht Freiburg i. B. — II. OberlandeSgericht Karlsruhe.

Der Kläger verlangt die Rückzahlung von darlehnsweise ge­ gebenen 11000 Franken schweizer Währung nebst 6% Zinsen vom 14. Januar 1919 an unter Verrechnung von 20 000 JI nebst 4°/0 Zinsen vom 24. Dezember 1918 an zum Kurse des Klagzustellungstags (18.10.1919). Der erste Richter hat der Klage gegenüber dem Be­ klagten Emil H. — unter Beschränkung der Zinsen der Erstforderung auf die Zeit vom 24. Januar 1919 an und Festsetzung der Verrechnung nach dem Kurse vom 9. Oktober 1919 — willfahrt; im übrigen hat er die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage völlig abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Gründe: Am 14. Januar 1919 hat der Kläger, ein in Basel ansässiger Deutscher, dem Beklagten Emil H., einem in Lörrach-Stetten ansässigen Deutschen, in Lörrach darlehnsweise einen auf die Schweizerische Volks­ bank in Basel gezogenen Scheck über 11000 Franken aushändigen lassen; H. hat den Scheckbetrag in Basel erhoben. Wie das Berufungs­ gericht einwandfrei feststellt, soll das Geschäft nach dem Willen der

Beteiligten dem deutschen Recht unterstellt werden; nach diesem soll die vorliegende Klage auf Rückzahlung des Darlehens beurteilt werden. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß das Geschäft gegen die damals gellende Bekanntmachung über den Zahlungsverkehr mit dem Ausland vom 8. Februar 1917 (Devisenverordnung RGBl. 1917 S. 105), und zwar beklagterseits gegen § 1 Abs. 1 Satz 2, auf feiten des Klägers gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 verstoßen habe und deshalb gemäß § 134 BGB. nichtig sei. Es hat weiter den Tatbestand einer Bestätigung im Sinne des § 141 BGB. im Hinblick auf den Brief­ wechsel der Parteien vom 9. und 10. Oktober 1919 verneint und dem Kläger gegenüber auch den § 817 Satz 2 BGB. angewendet. Die Revision hat unter besonderem Hinweis auf die Verhältnisse des Grenzverkehrs geltend gemacht, daß die Übergabe des Schecks in

Lörrach-Stetten ein so zufälliger Umstand sei, daß darauf die Ent­ scheidung nicht, wie geschehen, abgestellt werden dürfe. Der Devisen­ verordnung wäre Genüge geschehen gewesen, wmn der Beklagte H. den Scheck entweder bei einer Devisenstelle versilbert oder bei der Reichs­ bank dafür Ausfuhrerlaubnis erwirkt hätte. Nach allen Umständen widerspreche die Entscheidung der Billigkeit. Die Revision war zurückzuweisen. 1. Wenn das Geschäft der Parteien, die darlehnsweise Hingabe der 11000 Franken, als solches und beiderseits (RGZ. Bd. 60 S. 275) gegen die Devisenverordnung verstieß, so ist es nichtig, und es kann für einen darauf gegründeten Rechtsanspruch vor deutschen Gerichten kein Rechtsschutz erwirtt werden. Daß ein der erforderlichen Genehmi­ gung der Reichsbank entbehrendes Geschäft nichtig sei, hat für dm 8 3 Abs. 2 DevVO. bereits die Entscheidung RGZ. Bd. 98 S. 254 aus­ gesprochen. Die dort gegebenen Ausführungen darüber, daß das Ein­ gehen von Verbindlichkeiten einen Bertragsschluß voraussetze, msthin ein beiderseitiges Verstoßen gegen die Devisenverordnung ergebe, wenn diese die Eingehung von Verbindlichkeiten verbiete, sind hier nicht un­ mittelbar von Erheblichkeit, weil hier schon unmittelbar nach den Vor­ schriften der §§ 1, 2 DevVO. zweifellos beide Teile einen danach ver­ botenen Tatbestand verwirklicht haben. Der Beklagte H. hat ein auf ausländische Währung lautendes Zahlungsmittel anders als bei einer Devisenstelle, nämlich unmittelbar vom Kläger darlehnsweise erworben (§ 1 Abs. 1 Satz 2). Dieser seinerseits hat ohne Einwilligung der Reichsbank durch die Ausstellung des Schecks eine Anweisung zur Zahlung in ausländischer Währung an einen Dritten erteilt und so­ dann auch über den Scheck unzulässig verfügt, indem er nicht zugunsten einer Devisenstelle darüber verfügte, sondem ihn dem Beklagten H. un­ mittelbar übergeben ließ (§ 1 Abs. 2 Satz 1 DevVO.). Endlich durfte auch- die Einziehung des Schecks ohne Einwilligung der Reichsbank

nur durch eine Devisenstelle erfolgen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 das.). Die Ausführungen RGZ. Bd. 98 S. 256 über den Eintritt der Rechtsfolge der Nichtigkeit nach § 134 BGB. treffen auch für den § 1 DevVO. zu. Ging deren Zweck dahin, daß dadurch eine wirtschaftlich schädliche Verschuldung Deutschlands gegenüber dem Ausland gehindert werden sollte, so muß cs als nächstliegendes und sicherstes Mittel zur Er­ reichung dieses Zweckes anerkannt werden, die gegen die Verbote des § 1 verstoßenden Rechtsgeschäfte für nichtig zu erklären, dergestalt, daß daraus keine Rechte und keine Verbindlichkeiten hergeleitet werden können. Irgendein Anhalt dafür, daß die NichtigkeU eines solchen Geschäfts vom Gesetz nicht gewollt wäre, tritt weder im Zusammen­ hang der Vorschriften noch in den Vorarbeiten dazu hervor. Daß die Verbote der Devisenverordnung auf die Rechtsfolge der Nichtigkeit der, dagegen verstoßenden Geschäfte gerichtet sind, ist denn auch in der Folge mehrfach in Entscheidungen des Reichsgerichts ausgesprochen worden (II 461/20, 61/21, I 381/20). Ebenso ist in dieser Recht­ sprechung schon mehrfach darauf hingewiesen worden, iaß jene Nichtig­ keit, soweit sie unter der Herrschaft der Devisenverordnung eingetreten war, nicht etwa nachträglich durch ihre — nach der Bekanntmachung' vom 22. Juli 1919 mit Wirkung vom 11. September 1919 (RGBl. S. 1539) erfolgte — Aufhebung in Wegfall gekommen ist; für eine solche Annahme würde es an jeder rechtlichen Grundlage fehlen. Die Frage ist also nur die, ob die besonderen Umstände des Falles ein Bedenken gegen die Anwendung der Devisenverordnung er­ geben. Das ist zu verneinen. Über ihr räumliche- Anwendungsgebiet besagt weder die Devisen­ verordnung noch die Begründung dazu (Schlegelberger, Kriegsbuch Bd. 5 S. 277 flg.) ausdrückliches. Nach allgemeinen Grundsätzen werden jedenfalls völlig in das Ausland fallende Geschäfte nicht davon betroffen; vorausgesetzt wird immer sein, daß das Geschäft sich in das deutsche Rechts- und Wirtschaftsgebiet unmittelbar auswirkt. Ist der Darlehnsnehmer, wie hier der Beklagte H., in Deutschland ansässig, also dem deutschen Wirtschaftsgebiet, dessen Jntereffen die Devisen­ verordnung dienen soll, zugehörig, so liegt auf seiner Seite grundsätz­ lich ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 dann vor, wenn er schweizer Franken darlehnsweise irgendwie anders als bei einer deutschen De­ visenstelle erworben, d. h. seinem Vermögen einverleibt hat. darauf, ob das Geschäft im Ausland oder im Reichsgebiet „vorgenommen" ist, kann es demgegenüber nicht entscheidend ankommen. Ob der Darlehns­ nehmer das Geld in schweizer Franken in Basel empfängt und über die Grenze heimverbringt oder-ob er einen Scheck auf eine Baseler Bank erhält und damit das Geld in der fremden Währung erlangt, wird im Sinne der §§ 1, 2 DevVO. nach dem Inhalt dieser Vor-

schriften wie nach ihrer Zweckrichtung im allgemeinen keinen Unterschied machen können. Die Vorinstanzen wollen in dieser Hinsicht die Vor­ schrift des § 10 Abs. 3 DevBO. heranziehen, wonach ein Deutscher wegen einer Zuwiderhandlung auf Grund der dort gegebenen Straf­ bestimmungen auch dann verfolgt werden kann, wenn er sie innerhalb eines inländischen Geschäftsbetriebs im Ausland begangen hat. Diese Vorschrift, wird iydessen, als auf Strafvorschriften bezüglich, mit § 4 StGB, in Zusammenhang zu bringen sein und erscheint dazu bestimmt, Umgehungen des Gesetzes mit Strafe zu treffen. Die Frage braucht indessen nicht weiter verfolgt zu werden, da das Berufungsgericht un­ angefochten und ohne Rechtsverstoß festgestellt hat, daß das hier in Rede stehende Darlehnsgeschäft mindestens zu wesentlichem Teile, näm­ lich insoweit im Inland vorgenommen ist, als der Scheck über 11000 Franken in Lörrach-Stetten ausgehändigt und der Betrag dem Vermögen des Beklagten H., mithin in das Reichsgebiet^ zugeführt worden ist. Bei der Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 DevBO. auf die Verfügung des Klägers ist gleichfalls nur zu erfordern, daß die Ver­ fügung, die der Kläger ohne Einwilligung der Reichsbank zugunsten des Beklagten H. über das Frankenguthaben bei der Schweizerischen Bolksbank in Basel getroffen hat, in Deutschland oder wenigstens auch in Deutschland geschehen ist. Dies trifft schon deshalb zu, weil die scheckmäßige Anweisung der Bank zur Zahlung an einen in Deutsch­ land ansässigen Anweisungsempfänger erfolgt ist. Da dieser, in deffen Ver­ mögen die angewiesene Zahlung gelangen soll, dem deutschen Reichs­ und Wirtschaftsgebiet zugehört, erreicht und trifft die Verfügung des Klägers eben dieses Gebiet und ist geeignet, zu einer Vermehmng der in diesem Gebiet erwachsenden Auslands(währungs)schulden mitzuwirken, wogegen die Devisenverordnung ankämpfen will. Für die so in das Herrschaftsgebiet der Devisenverordnung eingreifende Verfügung und etwa darauf gestützte Rechtsansprüche wird das deutsche Gericht dem Verfügenden keinen Schutz gewähren können, gleichviel, ob et Deutscher oder Ausländer ist, und gleichviel auch, ob die zum Tatbestand der Verfügung erforderliche Tätigkeit im Reichsgebiet vor sich gegangen ist oder nicht. Es bedarf aber auch hierüber keiner grundsätzlichen Entscheidung, da nach der bereits hervorgehobenen Feststellung des Be­ rufungsgerichts hier auch ein wesentlicher Teil der rechtsgeschästlichen Tätigkeit im Reichsgebiet verwirklicht worden ist. Es hat nach alledem dabei zu verbleiben, daß das vorliegende Darlehnsgeschäft auf feiten beider Vertragsteile gegen bindende Vor­ schriften der Devisenverordnung verstößt und gemäß §134 BGB. für nichtig zu erachten ist. 2. Mit dem Schreiben vom, 9. Oktober 1919 hat der Kläger

das Darlehen zur Rückzahlung gekündigt. Der Beklagte H. hat mit dem Schreiben vom 10. gl. Mts. erwidert, daß er die 11000 Franken vorläufig nicht zurückzahle, und beigefügt, daß er die Rückzahlung erst leisten werde, wenn er das Haus in B. verkauft habe, wobei er sich vorbehaüe, alle Unkosten und Auslagen dem Kläger abzuziehen. Das Berufungsgericht hat den Gesichtspunkt der Bestätigung im Sinne des § 141 BGB. ins Auge gefaßt und zutreffend die Annahme einer solchen abgelehnt. Es fehlt schon an einem Anhalt dafür, daß der Beklagte Kenntnis von der Nichtigkeit des Darlehnsvertrags hatte, wie sie die Rechtsprechung des Reichsgerichts nicht nur für den Fall der Bestäügung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts nach § 144, sondern auch für den hier in Rede stehenden Fall der Bestätigung eines nichtigen Geschäfts nach § 141 BGB. erfordert (RGZ. Bd. 93 S.228, Wameyer 1908 Nr. 121, 1913 Nr. 43, IW. 1912 S. 681 Nr. 2). Es ist aber auch grundsätzlich zu erfordern, daß im Zeitpunkte derals Neuvornahme zu beurteilenden Bestätigung des nichtigen Geschäfts volle Willensübereinstimmung über den Vertragsinhalt besteht und zum Ausdruck kommt (RGZ. Bd. 61 S. 264) Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß gerade über die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens nach dem Briefwechsel vom 9. und 10. Oktober 1915 kein Einverständnis mehr bestand, indem der Be­ klagte H. jene nur unter wesentlichen Vorbehalten anerkannte. In dem Briefe vom 10. Oktober 1919 kann also höchstens eine Bestäügung dahin gefunden werden, daß die 11000 Franken darlehnsweise, d. h. unter Rückzahlungspflicht, gegeben und empfangen seien. Dies aber genügt zur Anwendung des § 141 BGB. nicht, weil in dem hier vorausgesetzten Falle das vordem nichtige Geschäft nunmehr wirksam werden soll, d. h. also nach Maßgabe des nunmehr in die Erscheinung tretenden Willens (RGZ. Bd. 68 S. 41, Bd. 76 S. 84). 3. Den in Verfolg der Geschäftsnichtigkeit sich ergebenden Be­ reicherungsanspruch hat das Berufungsgericht dem Kläger nach § 817 Satz 2 BGB. versagt. Wie in der Rechtsprechung des Reichsgerichts schon mehrfach zum Ausdruck gekommen ist, ist der dort gedachte Rechts­ nachteil des Ausschlusses des Rückforderungsrechts als Strafe verwerf­ licher Gesinnung gedacht (Mot. Bd. 2 S. 849) und deshalb nicht schon immer durch einen unwissentlichen Verstoß gegen Verbotsvorschriften verwirkt (RGZ. Bd.95 S. 347, auch S. 130/131 das., Komm. v. RGR. Erl. lb zu § 817 BGB., Urt. v. 4. Februar 1921 II 494/20, v. 5. April 1921 VII 358/20, v. 17. Oktober 1921 VI 215/21). In­ dessen müssen Erwägungen, die hieran, zugunsten des Klagbegehrens etwa anknüpfen könnten, daran scheitern, daß das Berufungsgericht in den Urteilsgründen die tatsächliche Überzeugung ausgesprochen hat, daß dem Kläger die Verbote der Devisenverordnung vffmsichtlich be-

sannt waren, er daher seinen Verlust seiner vorsätzlichen VerbotsVerletzung zuzuschreiben hat. Die hierin enthaltene Feststellung, daß der Kläger die verletzten Verbotsvorschriften der Devisenverordnung gekannt habe, ist nicht angegriffen, daher in der gegenwärtigen Instanz hinzunehmen. Sie trägt das Urteil auch zu diesem Punkte.

18. Ist für Ansprüche ans einer Einignng int Sinne der Nr. 3 der Verordnung über die Festsetznng neuer Preise für die Weiter­ arbeit in Kriegsmaterial vom 21. November 1918 der ordentliche Rechtsweg znläsfig?

VII. Zivilsenat. Urt v. 14.Februar 1922 i.S. Luftverkehrs-Gesellschäft m. b. H. in Liqu. (Kl.) w. Deutsches Reich (Bell.). VH 1631/21. -1. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Während des Krieges waren der Klägerin seitens der Heeres­ verwaltung bedeutende Aufträge auf Lieferung von Flugzeugen und Flugzmgersatzteilen übertragen worden. Bei Abschluß des Waffen­ stillstands waren die Verträge zum Teil noch nicht erledigt. Wegen der Auflösung der Verträge ist gemäß Nr. 3 der Demobilmachungs­ verordnung vom 21. November 1918 zwischen der Inspektion der Fliegertruppen in Charlottenburg für die Heeresverwaltung und der Klägerin am 16. Januar 1919 ein schriftliches Abkommen getroffen worden. Mit der int Januar 1920 erhobenen Klage forderte Klägerin 141134,57 M nebst Zinsen mit der Behauptung, daß ihr dieser Betrag bei richtiger Berechnung auf Grund des Vertrags vom 16. Januar 1919 noch an Selbstkosten für ihre vom Beklagten über­ nommenen Materialien zu vergüten sei. Der Beklagte erhob die Ein­ rede der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Das Landgericht hielt den Rechtsweg für ausgeschlossen und wies deshalb die Klage ab. Die Berusimg der Klägerin wurde zurückgewiesen. Ihre Revision hatte Erfolg. Gründe: Die Rechtsgültigkeit der Verordnung des Reichsamts für die wirtschaftliche Demobilmachung vom 21. November 1918 (RGBl. S. 1323 „DemVO.") und der Verordnung der Reichsregierung über die Abgeltung von Ansprüchen gegen' das Reich vom 4. Dezember 1919 (RGBl. S. 2146 „AbgVO.") unterliegt keinem begründeten Bedenken und ist in dieser Instanz auch von keiner Seite mehr in Zweifel gezogen worden. Es steht jetzt allein zur Entscheidung, ob bei Mitberücksichtigung der angeführten Verordnungen für den Klag-

sannt waren, er daher seinen Verlust seiner vorsätzlichen VerbotsVerletzung zuzuschreiben hat. Die hierin enthaltene Feststellung, daß der Kläger die verletzten Verbotsvorschriften der Devisenverordnung gekannt habe, ist nicht angegriffen, daher in der gegenwärtigen Instanz hinzunehmen. Sie trägt das Urteil auch zu diesem Punkte.

18. Ist für Ansprüche ans einer Einignng int Sinne der Nr. 3 der Verordnung über die Festsetznng neuer Preise für die Weiter­ arbeit in Kriegsmaterial vom 21. November 1918 der ordentliche Rechtsweg znläsfig?

VII. Zivilsenat. Urt v. 14.Februar 1922 i.S. Luftverkehrs-Gesellschäft m. b. H. in Liqu. (Kl.) w. Deutsches Reich (Bell.). VH 1631/21. -1. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Während des Krieges waren der Klägerin seitens der Heeres­ verwaltung bedeutende Aufträge auf Lieferung von Flugzeugen und Flugzmgersatzteilen übertragen worden. Bei Abschluß des Waffen­ stillstands waren die Verträge zum Teil noch nicht erledigt. Wegen der Auflösung der Verträge ist gemäß Nr. 3 der Demobilmachungs­ verordnung vom 21. November 1918 zwischen der Inspektion der Fliegertruppen in Charlottenburg für die Heeresverwaltung und der Klägerin am 16. Januar 1919 ein schriftliches Abkommen getroffen worden. Mit der int Januar 1920 erhobenen Klage forderte Klägerin 141134,57 M nebst Zinsen mit der Behauptung, daß ihr dieser Betrag bei richtiger Berechnung auf Grund des Vertrags vom 16. Januar 1919 noch an Selbstkosten für ihre vom Beklagten über­ nommenen Materialien zu vergüten sei. Der Beklagte erhob die Ein­ rede der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Das Landgericht hielt den Rechtsweg für ausgeschlossen und wies deshalb die Klage ab. Die Berusimg der Klägerin wurde zurückgewiesen. Ihre Revision hatte Erfolg. Gründe: Die Rechtsgültigkeit der Verordnung des Reichsamts für die wirtschaftliche Demobilmachung vom 21. November 1918 (RGBl. S. 1323 „DemVO.") und der Verordnung der Reichsregierung über die Abgeltung von Ansprüchen gegen' das Reich vom 4. Dezember 1919 (RGBl. S. 2146 „AbgVO.") unterliegt keinem begründeten Bedenken und ist in dieser Instanz auch von keiner Seite mehr in Zweifel gezogen worden. Es steht jetzt allein zur Entscheidung, ob bei Mitberücksichtigung der angeführten Verordnungen für den Klag-

anspruch der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. Diese seitens der Borinstanzen verneinte Frage wird vom erkennenden Senat mit der Revisiolt bejaht, und zwar auch wenn von der Besonderheit des Falles, welche die Revision betonen will — daß nach Behauptung der Klägerin die Flugzeuge, für die der streitige Betrag verlangt wird, am 10. November 1918 bereits fertiggestellt und von der Beschaffungsbehörde abgenommen waren — abgesehen wird. Mit dem Berufungsurteil ist für den die Frage der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs angehenden Berfahrensabschnitt davon auszugehcn, daß der Vertrag vom 16. Januar 1919, der eine Einigung im Sinne der Nr. 3 DemVO. enthält und die Grundlage des Klag­ anspruchs bildet, an und für sich gültig zwischen den Parteien zu­ stande gekommen ist. Der Vertrag gehört seinem Inhalt nach dem Privatrechtsgebiet an und der daraus hergeleitete,. im Prozeß verfolgte Anspruch hat privatrechtliche Natur. Um den Anspruch gleichwohl der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zu entziehen, bedürfte es des Nachweises einer gesetzlichen Vorschrift, wonach für ein Abkommen, das, wie hier, in bezug auf einen Kriegsvertrag des Deutschen Reichs zwischen diesem und dem Hauptlieferer zur Lösung der beiderseits aus ihrem Vertrag erwachsenen Rechtsbeziehungen getroffen wurde, der ordentliche Rechtsweg verschlossen ist. Solche Vorschrift erblicken die Vorinstanzen in der Nr. 6 DemVO.: „Für Streitfälle aus dieser Verordnung ist der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen." Das Revisionsgericht aber lehnt diese Auffasiung als Überspannung der Tragweite der Nr. 6 ab und nimmt in wesentlicher Übereinstimmung

mit dem Aufsatze K. Zweigerts in der Deutschen Wirtschaftszeitung 1921 S, 182 flg. den Standpunkt ein, daß die angeführte Bestimmung auf die zwischen dem Deutschen Reich und seinen unmittelbaren Ver­ tragsgegnern getroffenen Abgeltungsvereinbarungen im Sinne der Nr. 3 DemVO. unanwendbar ist. Hierfür ist grundlegend maßgebend die Anschauung, daß die Nr» 6 DemVO., mag man sie ausfassm wie man will, eine Vorschrift von auffallend starkem Ausnahmecharakter darstellt, für die es gerecht und billig erscheint, das Anwendungs­ gebiet so eng zu begrenzen, als es nach Wortlaut und Zusammenhang der Bestimmungen des Gesetzes nur irgend angängig ist. Der Wort­ laut nötigt nicht, den vorgeschriebenm Ausschluß des Rechtswegs auf die hier allein in Betracht kommende Abgeltungseinigung zwischen dem Reich und seinem unmittelbaren Lieferer mitzubeziehen, der Wortlaut spricht eher dagegen. Der Ausdruck „Streitfälle aus dieser Ver­ ordnung" deutet auf Streitigkeiten hin, die unmittelbar auf dem Boden der Sonderregelung der Verordnung zur Entstehung kommen. Um solche Fälle kann es sich namentlich handeln, wenn der Lieferer bei einer über den 10. November 1918 hinaus stattfindenden Fortsetzung

von Kriegsarbeiten mit dem von der Beschaffungsbehörde festgesetzten neuen Preise (Nr. 1 -DemBO^) sich nicht begnügen, oder wenn er ent­ gegen der Nr. 2 DemBO. Ansprüche wegen entgangenen Gewinns erheben will. 'Dafür steht, der Rechtsweg nicht offen. Hat sich aber, wie hier, das Reich mit dem Vertragsgegner durch privatrechtlichek Vertrag über die Auflösung des Kriegsvertrags und die Abgellung des Lieferers geeinigt, so liegt ein Fall vor, den die DemVO. inhalts ihrer Nummer 3 nicht ausschließen will, mit anderen Worten ein Fall, der außerhalb des Rahmens der Sonderregelung der Verordnung belassen ist und bleibt, und der deshalb auch nicht dem Rechtswegs­ ausschlusse der Nr. 6 unterliegt. Die gegenteilige Ansicht führt auch zu kaum eüräglichen Ergebnissen. Ein Abkommen im Sinne der Nr. 3 DemVO. zwischen dem Reich und dem Hauptlieferer bliebe danach zwar zulässig, für letzteren jedoch ohne erzwingbare Rechtswirksamkeit. Der Hauptlieferer würde insofern w^der vor dem ordent­

lichen Richter noch vor dem Reichswirtschaftsgericht (vgl. §§ 2,5 AbgBO.) Rechtsschutz finden können, er bliebe tatsächlich in Ansehung der Er­ füllung der ihm • zugesagten Leistungen auf den guten Willen seines Vertragsgegners angewiesen. Das erscheint um so weniger annehmbar, wenn man, wie nahe liegt, zur Vergleichung die Rechtsstellung des Hauptlieferers heranzieht, dessen Kriegsarbeiten gemäß Nr. 1 DemVO. nach dem 10. November 1918 unter behördlicher Festsetzung neuer Preise fortgesetzt wurden. Eine Unterscheidung dahin, daß zwar diesem Lieferer ein Klagerecht gegen den Fiskus wegen der für die Weiterarbeit festgesetzten Preise einzuräumm, dagegen dem Lieferer, der sich vertraglich mit dem Fiskus im Sinne der Nr. 3 DemVO. geeinigt hat, ein Klagerecht auf Erfüllung des Vertrags zu versagen sei, würde jeder inneren Berechtigung entbehren. Letzterer kann hinsicht­ lich des Rechtsschutzes nicht ungünstiger gestellt sein als ersterer. Der Erheblichkeü dieses Gesichtspunkts hat sich, wie aus den Schlußausfühmngen der Begründung des angefochtenen Urteils hervorgeht, auch der Berufungsrichter nicht sntzogm. Er nimmt indes nicht an, daß „denjenigen Lieferern, deren Verträge gemäß Nr. 1 DemVO. nach Festsetzung neuer Preise weiter laufen, trotz der Vorschrift der Nr. 6 ein Klagerecht auf die neu festgesetzten Preise zugestanden werden müßte und könnte". Hierbei irrt aber der Berufungsrichter. Die der behördlichen Festsetzung neuer Preise für die Weiterarbeit nachfolgenden^ Nechtsbeziehungen zwischen dem Lieferer und dem Reich fallen nicht mehr in den Rahmen der durch die DemVO. und die zu ihrer Er­ läuterung, Änderung und Ergänzung bestimmte AbgVO. getroffenen Sonderregelung. Wie es nun nicht zweifelhaft ist, daß für Ansprüche auf die von der zuständigen Behörde festgestellte Vergütung wegen Enteignung von Gmndeigentum, wegen Rayonbeschränkungen und

58

19.

Preuß. AlterSgrrnzrngesetz.

wegen Leistungen nach Maßgabe des Kriegsleistungsgesetzes der Rechts­ weg offen steht (vgl. RGZ. Bd. 69 S. 64, Bd. 87 S. 357, Bd. 90 S. 257, 361, Bd. 91 S. 291), so darf er unbedenklich für Ansprüche auf Leistung der gemäß Nr. 1 DemVO. behördlich festgesetzten neuen Preise einer Weiterarbeit in Kriegsmaterial zugelassen werden. Folge­ richtig ist der Rechtsweg dem Vertragsgegner des Fiskus auch dann nicht zu versagen, wenn es stch um einen Anspruch auf Erfüllung einer Einigung im Sinne der Nr. 3 DemVO. handelt.

19. Steht das Preuß. Altersgrenzeugesetz vom 15. Dezember 1920, soweit es eine Altersgrenze für die zur Zeit seines Inkrafttretens bereit- augestellteu Beamten bestimmt, in Widersprach mit Art. 129 Abs. 1 Satz 3 der Reichsverfaffung vom 11. August 1919? III, Zivilsenat.

Urt. v. 14. März 1922 i. S. preuß. Staat (Bekl.). w. Sch. u. Gen. (Kl.). III 689/21.

I. Landgericht Potsdam. — II. Kammergericht Berlin.

Den klagenden Senatspräsidentm des preußischen Überverwaltungs­ gerichts und Oberverwaltungsgerichtsräten wurde durch Schreiben des preußischen Staatsministeriums vom 25. März 1921 eröffnet, daß sie wegen Überschreitung der Altersgrenze von 68 Jahren auf Grund des preußischen Altersgrenzengesetzes vom 15. Dezember 1920 am 1. April 1921 in den Ruhestand träten und von diesem Tage ab nicht mehr ihr Gehalt, sondern nur das ihnen nach den gesetzlichm Bestimmungen zustehevde Ruhegehalt erhalten würden. - Sie haben daraufhin im April 1921 Klage auf Zahlung des Unterschieds zwischen ihrem Stellen­ gehalt und dem Ruhegehalte für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1921 erhoben. Beide Vorderrichter haben zu ihren Gunsten erkannt. Die Revision des Beklagten führte zur Abweisung der Klage. Gründe: Die Kläger begründen ihren Anspruch auf Fortzahlung ihres vollen Gehalts damit, daß das preußische Altersgrenzengesetz vom 15. Dezember 1920 (AGrG.) auf Grund der Bestimmung des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 der Reichsverfassung vom 11. August 1919 (RVerf.), welche lautet: „Die wohlerworbenen Rechte der Beamten sind unver­ letzlich", auf sie keine Anwendung finden könne. Denn fie seien gemäß §§ 18flg. des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 3. Juli 1875/2. August 1880 zu Mitgliedern des Oberverwaltungsgerichts auf Lebenszeit mit der Maßgabe ernannt worden, daß sie wider ihren Willen nur wegen dauernder Unfähigkeit zur Erstllung ihrer Amtspflichten und nur in

58

19.

Preuß. AlterSgrrnzrngesetz.

wegen Leistungen nach Maßgabe des Kriegsleistungsgesetzes der Rechts­ weg offen steht (vgl. RGZ. Bd. 69 S. 64, Bd. 87 S. 357, Bd. 90 S. 257, 361, Bd. 91 S. 291), so darf er unbedenklich für Ansprüche auf Leistung der gemäß Nr. 1 DemVO. behördlich festgesetzten neuen Preise einer Weiterarbeit in Kriegsmaterial zugelassen werden. Folge­ richtig ist der Rechtsweg dem Vertragsgegner des Fiskus auch dann nicht zu versagen, wenn es stch um einen Anspruch auf Erfüllung einer Einigung im Sinne der Nr. 3 DemVO. handelt.

19. Steht das Preuß. Altersgrenzeugesetz vom 15. Dezember 1920, soweit es eine Altersgrenze für die zur Zeit seines Inkrafttretens bereit- augestellteu Beamten bestimmt, in Widersprach mit Art. 129 Abs. 1 Satz 3 der Reichsverfaffung vom 11. August 1919? III, Zivilsenat.

Urt. v. 14. März 1922 i. S. preuß. Staat (Bekl.). w. Sch. u. Gen. (Kl.). III 689/21.

I. Landgericht Potsdam. — II. Kammergericht Berlin.

Den klagenden Senatspräsidentm des preußischen Überverwaltungs­ gerichts und Oberverwaltungsgerichtsräten wurde durch Schreiben des preußischen Staatsministeriums vom 25. März 1921 eröffnet, daß sie wegen Überschreitung der Altersgrenze von 68 Jahren auf Grund des preußischen Altersgrenzengesetzes vom 15. Dezember 1920 am 1. April 1921 in den Ruhestand träten und von diesem Tage ab nicht mehr ihr Gehalt, sondern nur das ihnen nach den gesetzlichm Bestimmungen zustehevde Ruhegehalt erhalten würden. - Sie haben daraufhin im April 1921 Klage auf Zahlung des Unterschieds zwischen ihrem Stellen­ gehalt und dem Ruhegehalte für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1921 erhoben. Beide Vorderrichter haben zu ihren Gunsten erkannt. Die Revision des Beklagten führte zur Abweisung der Klage. Gründe: Die Kläger begründen ihren Anspruch auf Fortzahlung ihres vollen Gehalts damit, daß das preußische Altersgrenzengesetz vom 15. Dezember 1920 (AGrG.) auf Grund der Bestimmung des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 der Reichsverfassung vom 11. August 1919 (RVerf.), welche lautet: „Die wohlerworbenen Rechte der Beamten sind unver­ letzlich", auf sie keine Anwendung finden könne. Denn fie seien gemäß §§ 18flg. des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 3. Juli 1875/2. August 1880 zu Mitgliedern des Oberverwaltungsgerichts auf Lebenszeit mit der Maßgabe ernannt worden, daß sie wider ihren Willen nur wegen dauernder Unfähigkeit zur Erstllung ihrer Amtspflichten und nur in

dem dort geregelten Verfahren durch Plenarbeschluß des Ober­ verwaltungsgerichts in den Ruhestand versetzt werden könnten. Das AGrG. ordne dagegen den Eintritt der über 68 Jahre alten richter­ lichen Mitglieder des Oberverwaltungsgerichts in den Ruhestand an ohne Rücksicht darauf, ob sie noch dienstfähig, feien oder nicht, und ohne Beobachtung der in jenem Gesetze vorgesehenen Formen. Darin liege eine Verletzung ihrer wohlerworbenen Rechte. Zur Entscheidung steht demnach die Frage, ob das AGrG., soweit es eine Altersgrenze für die zur Zeit seines Inkrafttretens bereits an­ gestellten Beamten bestimmt, deshalb der Wirksamkeit entbehrt, weil es insoweit mit der Vorschrift des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 RVerf. in Widerspruch steht. Daß der Prozeßrichter zur Prüfung einer solchen Frage berechtigt und verpflichtet ist, kann nach Art. 13 RVerf. (vgl. auch Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der preuß. Verf. vom 30. November 1920) keinem Zweifel unterliegen. Das richterliche Prüfungsrecht wird auch nicht etwa durch § 5 des Gesetzes über die Erweiterung des Rechts­ wegs vom 24. Mai 1861 eingeschränkt; da die Beamten nach dem AGrG. kraft Gesetzes in den Ruhestand treten, findet eine Versetzung in diesen durch behördliche Entscheidung im Sinne des § 5 überhaupt nicht statt. Die obige Frage ist nun aber zuungunsten der Beamten zu verneinen, und zwar nicht nur zuungunsten der richterlichen Diitglieder des Oberverwaltungsgerichts, sondern auch der sonstigen Richter und der nichtrichterlichen Beamten, für die die Frage ebenfalls streitig ist. Für die nichtrichterlichen Beamten, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, war nämlich zwar schon durch § 30 des Beamtenpensionsgesetzes in der Fassung vom 31. März 1882 das in §§ 88flg. des Disziplinarges, vom 21. Juli 1852 geregelte Verfahren für ihre unfreiwillige Ver­ setzung in den Ruhestand in Fortfall gebracht, aber auch sie konnten bis zum Inkrafttreten des AGrG. nur im Falle ihrer Dienstunfähig­ keit und nach deren ttt Gemäßheit der Vorschriften des § 20 BPensG. erfolgten Feststellung wider ihren Willen in den Ruhestand versetzt werden, so daß auch ihre Rechtsstellung durch das AGrG. geändert ist. Der Berufungsrichter begründet nun seine Bejahung der obigen Frage zum Teil mit privatrechtlichm Grundsätzen. Er meint, die Anstellung des Berufsbeamten erfolge zwar durch einen einseitigen Staatsakt, aber auf Grund einer vorausgegangenen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung; dadurch entstehe zwischen dem Staate und dem Beamten ein öffentlichrechtliches Verhältnis mit privat­ rechtlichen Folgen, das wesentliche Merkmal eines gegenseitigm Vertrags enthalte und dem privatrechtlichen Dienstvertrag ähnlich sei. Er folgert daraus, daß für die Ansprüche aus dem Beamtenverhältnisie die zur Zeit der Anstellung des Beamten geltenden Anstellungsgrundsätze, nicht

60

19. Preuß. Altersgrenzengesetz.

die jeweils geltenden Bestimmungen maßgebend seien. Damit setzt sich das Berufungsgericht mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats in Widerspruch. Nach ihr ist das Beamtenverhältnis ein rein Lffentlichrechtliches Verhältnis, auch in Ansehung der daraus erwachsenen Vermögensrechte, und unterliegt nicht privatrechtlichen Grundsätzen und Rechtsauffassungen. Privatrechtssätze finden auch keine entsprechende Anwendung. Dies gilt auch von den Vorschriften des § 618 BGB., auf die fich die Revisionsbeklagten bezogen haben; der hier für das Privatrecht ausgeprägte allgemeine Rechtsgedanke ist nur als eine öffentlichrechtliche Rechtsregel auf das Beamtenverhältnis anwendbar, wie z. B. in RGZ. Bd. 97 S. 44 ausgesprochen ist. Die Verfolg-' barkeit des Gehalts im Rechtswege, auf die sich das Berufungsgericht beruft, beruht auf besonderer positiver Bestimmung und läßt sich nicht für die Gegenansicht verwerten. Auch der § 6 des Ges. vom 24. Mai 1861, nach dem bei der richterlichen Beurteilung der vermögensrecht­ lichen Beamtenansprüche unter anderem „die zur Zeit der Entstehung des streitigen Anspruchs in Kraft gewesenen Kgl. Anordnungen" zu­ grunde zu legen sind, wird von dem Borderrichter zu Unrecht dafür herangezogen, daß sich die Beamtenansprüche nach dem Rechte zur Zeit der Anstellung bestimmen; die Zeit der Entstehung des streitigen An­ spruchs, die sich übrigens nicht allgemein bestimmen läßt, deckt sich nicht mit der der Anstellung des Beamten. Nach dem öffentlichrecht-lichen Beamtenrechte konnten vielmehr bis zum Inkrafttreten der RVerf. die Länder, soweit nicht reichsrechtliche Bestimmungen, wie die der §§ 6, 8, 9 GBG. für die Richter, entgegenstanden, die Rechtsverhältniffe ihrer Landesbeamten, auch der bereits angestellten, durch Landes­ gesetz neu regeln, auch wenn dadurch wohlerworbene Rechte beein­ trächtigt wurden, und zwar ohne daß den betroffenen Beamten ein Anspruch auf Entschädigung zustand, es sei denn, daß ihnen eine solche besonders gesetzlich zugebilligt wurde. Der Satz, daß wohlerworbene Rechte nur gegen Entschädigung aufgehoben werden können, ist nur ein Gmndsatz für den Gesetzgeber; greift ein Gesetz in solche Rechte eist, ohne eine Entschädigung anzuordnen, so hat der Verletzte keinen Entschädigungsanspruch (»gl RGZ. Bd. 64 S. 185; Bd. 72 S. 88; Bd. 79 S. 65, S. 434; Bd. 97 S. 56; IW. 1912 S. 602). Dies ist nun durch Art. 129 Abs. 1 Satz 3 RVerf., der nicht etwa nur eine Richtschnur für die künftige Gesetzgebung gibt, sondern den Beamten sofortige unmittelbare Rechte gewährt (RGZ. Bd. 99 S. 262; Bd. 102 S. 168) und der für ,alle Beamtm gilt, geändert worden. Wie sich namentlich aus einer Äußerung des Reichsministers Preuß bei der zweiten Beratung des Entwurfs der RVerf. in der Vollversammlung der Nationalversammlung vom 17. Juli 1919 (Stenogr. Ber. Bd. 328 S. 1632) ergibt, ist diese Bestimmung in die

RVerf. ausgenommen worden, weil die Beamtenschaft sich damals in großer Unruhe befand und Gerüchte umliefen, daß das ganze Bemfsbeamtentum beseitigt, alles auf Kündigung angestellt werden sollte und bergt, mehr; deshalb hat man in der Verfassung eine gemisst Zu­ sicherung dafür geben wollen, daß es bei dem Berufsbeamtentum und dessen wohlerworbenen Rechten sein Bewenden haben solle. Dement­ sprechend sind durch die obige Bestimmung die wohlerworbenen Rechte der Beamten unter Gewähr der RVerf. gestellt wordm', so daß eine Schmälerung dieser Rechte nicht mehr, wie früher, durch Landesgesetz oder bei den Reichsbeamten durch einfaches Reichsgesetz, sondern nur durch ein verfassungänderndes Reichsgesetz (Art. 76 RVerf.) erfolgen kann. Nur so kann der Art. 129 Abs. 1 Satz 3 nach seinem Wort­ laute, Sinn und Zwecke verstanden werden; die Ansicht, daß nach ihm der Beamte nur einen unentziehbaren Anspruch auf Versorgung nach Maßgabe der jeweils geltenden Gesetze habe, ist unhaltbar. Die Vor­ schrift kommt nach ihrer allgemeinen Faffung und ihrem Zwecke auch nicht nur den zur Zeit des Inkrafttretens der RVerf. bereits angestelltm Beamten zugute, sondern sie wirkt auch für die Zukunft und gewähr­ leistet auch erst später entstandene wohlerworbene Beamtenrechte. Es fragt sich nun aber, was unter den wohlerworbenen Beamten­ rechten zu verstehen ist. Da die gesetzlichen Bestimmungen nicht ursach­ los in die Erscheinung treten, sondern in dem Boden der gegebenen Verhältnisse wurzeln, so sind bei ihrer Auslegung die Verhältnisse zu berücksichtigen, aus denen heraus sie erwachsen sind. Deshalb Muß hier auf das Wesen des Beamtentums, wie es sich bis zum Erlasse der RVerf. entwickelt • hatte, zurückgegriffen werden.- Dieses besteht darin, daß der Beamte traft eines einseitigen Staatshoheitsakts in ein dauerndes, nicht kündbares Lebens- und Rechtsverhälmis zum Staate tritt, kraft dessen er seine ganzen Kräfte in dessen Dienst zu stellen hat, solange er dazu fähig ist, wogegen der Staat die Verpflichtung über­ nimmt, ihm den standesgemäßen Unterhalt für sich und seine Familie zu gewähren, und zwar zunächst in Gestalt des vollen Stellendienst­ einkommens, später aber, wenn er keine Dienste mehr leistet, des Ruhe­ gehalts. Insofern ist die Verpflichtung des Staates eine lebensläng­ liche; sie erstreckt sich sogar durch die Versorgung der Hinterbliebenen des Beamten über dessen Tod hinaus. Dagegen ist der-Grundsatz, daß die Anstellung der Beamten auf Lebenszeit erfolgt, nicht dahin zu verstehen, daß der Beamte ein Recht auf Belassung im Amte und auf Zahlung des Stellengehalts bis zu seinem Tode habe. Aus dem Wesen des Beamtenverhältnisses, aus der Pflicht zur Dienstleistung ergibt sich vielmehr, daß dieses Recht fortfällt, sobald der Beamte dauemd dienstunfähig wird. Bis zum Eintritte der Dienstunfähigkeit hat der auf Lebenszeit angestellte Beamte aber ein wohlerworbenes

62

19.

Preuß. Altersgrenzengesetz.

Recht auf Belassung im Amte, das gemäß Art. 129 Abs. 1 Satz 3 RBerf. nur durch verfaflungänderndes Reichsgesetz beseitigt werden kann. Ein Landesgesetz, das die lebenslänglich angestellten Beamten auf Kündigung stellen oder ihr Dienstverhältnis sonst vor dem Ein­ tritte der Dienstunfähigkeit für beendigt erklären würde, würde nichtig sein; der Beamte würde nicht nur seine Gehaltsansprüche behalten, sondern der hoheitsrechtliche Akt selbst, der das Dienstverhältnis für beendigt erklärt oder den Eintritt in den Ruhestand ausspricht, würde

der Rechtswirksamkeit entbehren. Der Beamte kann allerdings nur die auS dem Beamtenverhältnis entspringenden vermögensrechtlichen Ansprüche gerichtlich geltend machen und hat keinen im Rechtswege verfolgbaren Anspruch auf Belassung im Amte; das schließt aber nicht aus, daß ihm ein Recht auf Belassung im Amte bis zur Dienst­ unfähigkeit zusteht. Darüber, wie dieses Recht geltend gemacht werden kann, hat das Reichsgericht keinen Anlaß, sich auszusprechen, da die Entscheidung dieser Frage nicht zu seiner Zuständigkeit gehött. Dagegen ist kein wohlerworbenes Recht der Beamten, insbesondere der preußischen Beamten, anzuerkennen, daß die Dienstunfähigkeit, wie es bis zum Erlasse des AGrG. geschah, individuell für den einzelnen Beamten festgestellt werde, sie müssen sich vielmehr auch gefallen lassen, daß das Gesetz die Dienstunfähigkeit nach einer allgemeinen, aus den Lebenserfahrungen heraus aufgestellten Regel für alle Beamten fest­ setzt. Das geschieht aber durch die Mtersgrenzmgesetze. Diese beruhen auf der Anschauung, daß nach den allgemeinen Erfahrungen des Lebens die Beamten regelmäßig mit dem Eintritt eines gewissen Lebensalters Nicht mehr voll dienstfähig sind, ihre Dienstunfähigkeit also zu unter­ stellen ist. Die Bestimmung dieses Lebensalters muß notwendig der allgemeinen Lebenserfahrung angepaßt sein, wann bei den meisten Be­ amten eine Unfähigkeit zur Erfüllung ihrer Amtspflichten infolge Nachlaffens ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte einzutrtten pflegt. Ist das nicht geschehen, wird z. B. gesetzlich bestimmt, daß die Beamten mit Vollendung ihres 50. Lebensjahrs in den Ruhestand treten, sv ist darin nicht die Bestimmung einer Altersgrenze zu findm und ein solches Gesetz, das nur den Namen eines AGrG. führt, in Wahrheit aber einen anderen Charakter trägt, verfassungswidrig. Entspricht dagegen die Bestimmung der Altersgrenze der Lebensauffassung, so wird die gesetzliche Vermutung, daß die Beamten, die sie überschntten haben, nicht mehr dienstfähig sind, in der Regel zutreffen. Allerdings werden viele Ausnahmen vorkommen und die Altersgrenzengesetze für viele noch dienstfähige Beamte Hätten zur Folge haben, aber deren Inter­ essen müssen gegenüber denen der Allgemeinheit zurücktreten. Für die letztere kann insofern die Einfühmng von Altersgrenzen wertvoll sein, als diese den in übergroßer Zahl vorhandenen, schon lange auf An-

stellung wartenden Beamtenanwärtern daS Einrücken in Beamtenstellev ermöglicht und für die bereit? angestellten Beamten die Möglichkeit zum Aufstieg in höhere Beamtenstellen schafft, und vor allem, weil da­ durch erreicht wird, daß wirklich alle wegm ihres Alters nicht mehr dienstfähigen Beamten ausscheiden. Dies wurde durch die früherm preußischen Gesetze, nammtlich bei den höheren Beamten, nicht voll er­ reicht. Für die Vorgesetzten war es naturgemäß sehr peinlich, einm pflichttreum, bewährten Beamten, der sich selbst noch für dienstfähig hielt, für dimstunfähig zu erklären. Infolgedessen wird vielfach ein nicht mehr dienstfähiger alter Beamter im Dienst verblieben sein, weil er sich über seine Dienstfähigkeit einer Täuschung hingegeben hat, während ein anderer von gleicher Dienstunfähigkeit, der die erforder­ liche Selbsterkenntnis besaß, seine Versetzung in den Ruhestand nach­ suchte. Auch diese Ungleichheit wird durch die Einführung der Altersgrmze beseitigt. Ob diese Interessen der Allgemeinheit unter den zur Zeit des Erlasses des AGrG. gegebenen Verhältnissen so erheblich waren, um die Einführung von Altersgrenzm trotz der daraus für einzelne Beamte entspringenden Härtm zu rechtfertigm, ist nicht von den Gerichten, sondem von den gesetzgebenden Gewalten zu prüfen. Ihrer Erfahrung, Weisheit und Loyalität muß auch die Festsetzung der Grenze anvertraut bleiben. Die Richtigkeit der vorstehenden Ausführungen findet ihre volle Bestätigung in den Vorschriften des Art. 104 RVerf. Dessen Satz 1 bestimmt zunächst, daß die Richter der ordentlichm Gerichtsbarkeit auf Lebenszeit ernannt werden. Daran schließt fich im Satz 2 die Be­ stimmung an, daß die Richter wider ihrm Willen nur kraft richter­ licher Entscheidung und nur aus den Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, dauernd oder zeitweise ihres Amtes ent­ hoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden können; hieraus erhellt, daß, wie oben ausgeführt, unter der Anstellung auf Lebenszeit nicht eine solche bis zum Tode zu verstehen ist. Der Satz 3 sagt dann: „Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzm, bei deren Erreichung Richter in den Ruhestand treten." Dieser Satz steht, wie aus dem Zusammenhang der Bestimmungen zu ent­ nehmen ist, nicht im Widerspruch zu dem vorhergehenden Satze, sondern beide zusammen besagen in Ansehung der zur Entscheidung stehenden Frage: die zur Versetzung in den Ruhestand erforderliche Dimstunfähigkeit kann gemäß Satz 2 individuell für den einzelnen Fall festgestellt werden, es kann aber auch gemäß Satz 3 die Aufstellung einer all­ gemeinen Regel erfolgen, wie dies oben näher ausgeführt ist. Die Bestimmung des Satzes 3 ermächtigt die Gesetzgebung auch zur Einfühmng sofort wirksamer Altersgrenzengesetze, Die Ansicht, daß nur für die erst nach dem Inkrafttreten der Verfassung ernannten

64

19. Preuß. Altersgrenzengesetz.

Richter Altersgrenzen zugelassen seien, ist unhaltbar. Sie führt zu dem unannehmbaren Ergebnisse, daß die Bestimmung erst nach etwa einem Menschenalter wirksam werden würde, während sich in der Zwischenzeit vielleicht die Verhältnisse, die die Einführung von Alters­ grenzen notwendig erscheinen ließen, völlig geändert haben und das Interesse der Allgemeinheit an dieser weggefallen oder gar in das Gegen­ teil verkehrt ist. Sie steht auch mit der Entstehungsgeschichte der Be­ stimmung im Widerspruch. Allerdings sind die Gesetzesmaterialien stets nur mit Vorsicht zu verwerten. Hier ergibt sich aber aus den Ver­ handlungen des Verfassungsausschusses der verfassunggebenden National­ versammlung mit Sicherheit eine Bestätigung der obigen Auslegung, daß auch für die bereits im Amte befindlichen Richter die Einführung von Altersgrenzen zugelassen werden sollte. Der Abgeordnete Spahn hat gleich bei seinen ersten Ausführungen, in denen er die Einführung einer Altersgrenze für Richter anregte, bemerkt, daß diese im Jnterefie des Richterstandes selbst liege und ein Überschuß an jungen Juristen vorhanden sei, so daß die Anstellung vor dem 40. Lebensjahre zu den Ausnahmen gehöre (Verh. der verfassunggebenden Nationalversammlung Bd. 336 S. 354), und der Vertreter des preußischen Justizministeriums, der um die Aufnahme der Bestimmung in die RBerf. gebeten hat, hat erklärt, für. die Altersgrenze bestehe ein Bedürfnis, weil in Preußen tatsächlich überalterte Richter vorhanden seien und der gegenwärtige Notstand der Affessoren dazu zwinge, Luft für den Nachwuchs zu schaffen (das. S. 477). Die Vorschrift des Art. 104 Abs. 1 Satz 3 bezieht sich nun aller­ dings nur auf die Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit, nicht auf die nichtrichterlichen Beamten und auch nicht auf die richterlichen Mit­ glieder der Verwaltungsgerichte, wie nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 107 keinem Zweifel unterliegen kann. Sie stellt aber nicht etwa die Richter unter ein ihnen nachteiliges Sonderrecht, sondern spricht nur zur Abschneidung von Zweifeln für Richter etwas aus, was sich für andere Beamte auch ohne ausdrückliche Bestimmung von selbst versteht. Bor Erlaß der RVerf. bestand nämlich wegen der reichsrechtlichen Vorschriften der §§ 6, 8 GVG. Streit darüber, ob die Landesgesetze für Richter Altersgrenzen einführen dürften, während dies für andere Landcsbeamte, insbesondere auch für die richterlichen Mit­ glieder des preußischen Oberverwaltungsgerichts, deren Sonderstellung nur auf Landesrecht.beruhte, zweifellos zulässig war. Es hatten zwar trotzdem einige Länder Altersgrenzenbestimmungen verschiedenen Inhalts für Richter getroffen; jene Streitfrage war aber nie zum Austrage gekommen (vgl. RGZ. Bd. 49 S. 119). Mit Rücksicht auf die Mög­ lichkeit, daß sich an die den §§ 6, 8 GVG. entsprechenden Be­ stimmungen des Art. 104 RVerf. der gleiche Zweifel hinsichtlich der

Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit knüpfen könnte, während sich für andere Beamte die Zulässigkeit landesrechtlicher Altersgrenz­ bestimmungen ohne weiteres aus Art. 129 Abs. 1 Satz 1 („Die An­ stellung der Beamten erfolgt auf Lebmszeit, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist”) ergebe, wurde die Bestimmung des Art. 104 Abs. 1 Satz 3 von dem Berfaffungsausschuß in den Entwurf der RBerf. eingefügt (Berh. der verfassunggebenden Nationalversammlung Bd. 336 S. 354, 360, 477). Die Bestimmung war ursprünglich dahin gefaßt, daß die „Landesgesetzgebung” Altersgrenzen einführen dürfe. An die Stelle des Wortes „Landesgesetzgebung” ist dann das Wort „Gesetzgebung” gesetzt worden (das. S. 360, 363), wohl sicher, wenn das auch aus den Verhandlungen nicht hervorgeht, um die Folgerung auszuschließen, als ob für die richterlichen Reichsbeamten Altersgrenzen nicht zulässig seien, währmd für die Richter deS Reichsgerichts selbst­ verständlich keine Ausnahme gelten sollte; für diese ist also, wie vor dem Erlasse der RBerf., so auch jetzt die Einfühmng von Altersgrenzen durch einfaches Reichsgesetz in gleicher Weise zulässig, wie für die richterlichen Landesbeamten durch Landesgesetz. Angesichts der dargelegten Auslegung und Bedeutung der Vor­ schrift des Art. 104 Abs. 1 Satz 3 kann man übrigens auch allein schon aus dem Nebeneinanderstehen dieser Vorschrift und der des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 in der ein einheitliches Gesetz bildenden RBerf., deren einzelne Bestimmungen bei ihrer Auslegung nicht für sich allein, sondern nur unter Berücksichtigung der übrigen betrachtet werden dürfen, den Satz entnehmen, daß die RBerf. in der Einführung von Alters­ grenzen für bereits angestellte richterliche und nichtrichterliche Beamte keine Verletzung wohlerworbener Rechte im Sinne des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 sieht. Die hiergegen erhobene Einwendung, daß der in dem Abschnitte „Rechtspflege” stehende Art. 104 nicht bezwecke, die Rechte der mit der Rechtspflege befaßtm Beamten, insbesondere deren Ver­ mögensrechte zu ordnm, ist mit dem sonstigen Inhalte dieses Artikels (vgl. besonders Abs. 3) unvereinbar, und die Vereinigung beider Be­ stimmungen dahin, daß die Festsetzung von Altersgrenzm für bereits angestellte Richter nach Art. 104 Abs. 1 Satz 3 zwar zulässig sei, diesen aber nach Art. 129 Abs. 1 Satz 3 ihr volles Stellmeinkommen trotz ihres Eintritts in den Ruhestand belasten werden müsse, ist des­ halb abzulehnen, weil dadurch die Länder so erheblich belastet werden würden, daß sie von der Einfühmng von Altersgrenzen Abstand nehmen müßten und so die erstere Vorschrift praktisch bedeutungslos

sein würde.- Jedenfalls aber bestätigt die Vorschrift des Art. 104 Abs. 1 Satz 3 die obige, aus allgemeinen Gmndsätzen des Beamtenrechts entnommene Auslegung des Art. 129 Abs. 1 Satz 3. Mit der hier getroffenen Entscheidung steht das Urteil des entf* in Zivils. 104.

5

66

20.

Gültigkeit des Preuß. Altersgrenzengesetzes.

IV. Strafsenats des Reichsgerichts vom 7. Oktober 1921 sRGSt. 83b. 56 S. 82) im Ergebnis im Einklang, in dem die Bestellung eines ans Grund des preußischen AGrG. in den Ruhestand getretenen Land­ gerichtsrats zum Hilfsrichter für unzulässig und das Gericht infolge­ dessen für nicht vorschriftsmäßig besetzt erklärt ist. Allerdings ist in ihm die Frage der Rechtsgültigkeit des AGrG. nicht geprüft worden.

20.

Kann nach Art. 104 Abs. 1 Satz 3 RVerf. die Festsetzung von Altersgrenzen nur durch Reichsgesetz erfolgen?

III. Zivilsenat.

Urt. v. 14. März 1922 i. S. preuß. Staat sBekl.) w. B. (Kl.). III 672/21.

I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Durch Verfügung des preußischen Justizministers vom 16. Februar 1921 wurde dem Kläger, damals Landgerichtsrat am Landgericht III in Berlin, eröffnet, daß er auf Grund des preußischen Altersgrmzengesetzes vom 15. Dezember 1920 am 1. April 1921 in den Ruhestand trete, und zugleich das ihm von diesem Tage ab zustehende Ruhegehalt nebst Versorgungszuschlag festgesetzt. Auf feinen hiergegen erhobenen Widerspruch wurde ex von dem Justizminister am 3. Mai 1921. dahin beschieden, daß dieser den Anspruch aus Fortzahlung des vollen Gehalts über den 31. März 1921 hinaus als begründet nicht anerkennen könne. Der Kläger beansprucht nun mit seiner Ende April 1921 er­ hobenen Klage die Zahlung des Unterschieds zwischen seinem bisherigen Diensteinkommen und dem Ruhegehalt nebst Versorgungszuschlag für den Monat April 1921. Seinen Anträgen ist in den beiden ersten Rechtszügen entsprochen. Die Revision des Beklagten führte zur Ab­ weisung der Klage. Gründe: Der Kläger begründet seinen Anspruch auf Fortzahlung seines vollen Gehalts damit, daß das preußische Altersgrenzengesetz vom 15. Dezember 1920 auf Grund des Art. 104 Abs. 1 Satz 3 der RVerf. v. 11. August 1919 im ganzen ungültig fei oder doch nach Art. 129 Abs. 1 Satz 3 RVerf. auf ihn keine Anwendung finde, weil dadurch seine wohlerworbenen Beamtenrechte verletzt würden. Daß damit dem Prozeßgericht eine Frage unterbreitet wird, welche der richterlichen Prüfung und Entscheidung unterliegt, ist von dem Berufungsrichter mit Recht angenommen. tWird ausgeführt.) Das ganze AGrG. wird von dem Kläger für ungültig erachtet, weil nach Art. 104 RVerf. Altersgrenzen nur durch Reichsgesetz ein-

66

20.

Gültigkeit des Preuß. Altersgrenzengesetzes.

IV. Strafsenats des Reichsgerichts vom 7. Oktober 1921 sRGSt. 83b. 56 S. 82) im Ergebnis im Einklang, in dem die Bestellung eines ans Grund des preußischen AGrG. in den Ruhestand getretenen Land­ gerichtsrats zum Hilfsrichter für unzulässig und das Gericht infolge­ dessen für nicht vorschriftsmäßig besetzt erklärt ist. Allerdings ist in ihm die Frage der Rechtsgültigkeit des AGrG. nicht geprüft worden.

20.

Kann nach Art. 104 Abs. 1 Satz 3 RVerf. die Festsetzung von Altersgrenzen nur durch Reichsgesetz erfolgen?

III. Zivilsenat.

Urt. v. 14. März 1922 i. S. preuß. Staat sBekl.) w. B. (Kl.). III 672/21.

I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Durch Verfügung des preußischen Justizministers vom 16. Februar 1921 wurde dem Kläger, damals Landgerichtsrat am Landgericht III in Berlin, eröffnet, daß er auf Grund des preußischen Altersgrmzengesetzes vom 15. Dezember 1920 am 1. April 1921 in den Ruhestand trete, und zugleich das ihm von diesem Tage ab zustehende Ruhegehalt nebst Versorgungszuschlag festgesetzt. Auf feinen hiergegen erhobenen Widerspruch wurde ex von dem Justizminister am 3. Mai 1921. dahin beschieden, daß dieser den Anspruch aus Fortzahlung des vollen Gehalts über den 31. März 1921 hinaus als begründet nicht anerkennen könne. Der Kläger beansprucht nun mit seiner Ende April 1921 er­ hobenen Klage die Zahlung des Unterschieds zwischen seinem bisherigen Diensteinkommen und dem Ruhegehalt nebst Versorgungszuschlag für den Monat April 1921. Seinen Anträgen ist in den beiden ersten Rechtszügen entsprochen. Die Revision des Beklagten führte zur Ab­ weisung der Klage. Gründe: Der Kläger begründet seinen Anspruch auf Fortzahlung seines vollen Gehalts damit, daß das preußische Altersgrenzengesetz vom 15. Dezember 1920 auf Grund des Art. 104 Abs. 1 Satz 3 der RVerf. v. 11. August 1919 im ganzen ungültig fei oder doch nach Art. 129 Abs. 1 Satz 3 RVerf. auf ihn keine Anwendung finde, weil dadurch seine wohlerworbenen Beamtenrechte verletzt würden. Daß damit dem Prozeßgericht eine Frage unterbreitet wird, welche der richterlichen Prüfung und Entscheidung unterliegt, ist von dem Berufungsrichter mit Recht angenommen. tWird ausgeführt.) Das ganze AGrG. wird von dem Kläger für ungültig erachtet, weil nach Art. 104 RVerf. Altersgrenzen nur durch Reichsgesetz ein-

geführt werden könnten. Diese Ansicht wird von dem Berufungs­ gerichte mit Recht verworfen. Wenn es im Art. 104 Abs. 1 Satz 3 heißt: „Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Er­ reichung Richter in den Ruhestand treten", so kann das nur dahin verstanden werden, daß nicht etwa nur die Reichsgesetzgebung, sondern auch die Landesgesetzgebung, soweit sie überhaupt zur Regelung des Beamtenrechts zuständig ist, zur Festsetzung von Altersgrenzen befugt ist. Nach Art. 12 RVerf. unterliegt aber, von dem Rechte der Reichs­ beamten abgesehen, das Beamtenrecht der landesrechtlichen Regelung, solange und soweit das Reich von seinem Gesetzgebungsrechte, das sich nach Art. 10 Nr. 3 auf die Aufstellung von Grundsätzen für das Recht der Beamten aller öffentlichen Körperschaften erstreckt, keinen Gebrauch macht. Daß hiervon nach Art. 104 Abs. 1 Satz 3 eine Aljsnahme^ gelten soll, ergibt sich weder aus dem Gesetze selbst, noch aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift (vgl. die Verhandlungen der verfassunggebenden Nationalversammlung Bd. 336 S. 353flg., 360, 363, 475flg., 477, 479flg., 482; Bd. 328 S. 1462), auf die die abweichende Ansicht vor allem gestützt wird. Die Wahl des Ausdmcks „Gesetzgebung" an Stelle des von dem Vertreter des preußischen Justizministeriums bei der Beratung des Berfassungsausschusses vor­ geschlagenen Wortes „Landesgesetzgebung" spricht keineswegs für den Ausschluß der landesgesetzlichen Zuständigkeit; sie ist wohl sicher, wenn das auch aus den Verhandlungen nicht erhellt, erfolgt, um die Fol­ gerung auszuschließen, als ob für die richterlichen Reichsbeamten, deren Rechtsverhältnisse der landesrechtlichen Regelung nicht unterliegen, Altersgrenzen nicht zulässig seien, während für die Richter des ReichsBerichts selbstverständlich keine Ausnahme gelten sollte und gelten kann. Die Entstehungsgeschichte bestätigt vielmehr die hier vertretene Meinung; sie ergibt unzweideutig, daß die Vorschrift durch die Zweifel veranlaßt ist, ob die Bestimmungen der §§ 6, 8 GVG, der landesgesetzlichen Einführung von Altersgrenzen für Richter entgegenständen. Es ist ferner auch nicht zutreffend, wenn behauptet wird, daß der Ausdruck „Gesetzgebung" in der RVerf. stets oder auch nur regelmäßig in dem Sinne von Reichsgesetzgebung gebraucht werde. Die RVerf. verwendet häufig die Ausdrücke „Gesetzgebung" oder „Gesetz" in Fällen, in denen nicht nur die Reichs-, sondern auch die Landesgesetzgebung und -gesetze in Betracht kommen, so insbesondere in dem der obigen Vor­ schrift unmittelbar vorhergehendem Satze 2 des Art. 104, nach dem die Richter wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus den Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze be­ stimmen, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden können; wie hier unter den Gesetzen, so ist auch in dem folgenden Satze unter der

s*

21. AmortisaüonShyPothek.

68

Gesetzgebung nicht nur die Reichs«, sondern die zuständige Gesetz­ gebung, also für Landesbeamte die Landesgesetzgebung zu verstehen. Das AGrG. ist aber auch insoweit für gültig zu erachten, als es für die bereits angestellten Beamten Altersgrenzen einführt. Da­ durch wird allerdings ihre Rechtsstellung insofern verschlechtert, als sie jetzt mit der Erreichung eines bestimmten Lebensalters kraft Gesetzes in den Ruhestand treten, auch wenn sie noch voll dienstfähig sein sollten, während sie nach dem bisherigen Rechte nur dann unfreiwillig in den Ruhestand versetzt werden konnten, wenn ihre Dienstunfähigkeit festgestellt war, und richterliche Beamte insbesondere nur durch Richter­ spruch (GBG. § 8) unter Beobachtung der Verfahrensvorschristen der §§ 56flg. des Disziplinargesetzes vom 7. Mai 1851, während für über 65 Jahre alte nichtrichterliche Beamte der Nachweis der Dienstunfähig­ keit gemäß §§ 20, 30 des Beamtenpensionsgesetzes genügte, aber auch erforderlich war. In dieser Änderung ihrer Rechtsstellung ist aber eine Verletzung wohlerworbener Rechte im Sinne des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 nicht zu finden. ... (Die weiteren Ausfühmngen entsprechen denen des oben S. 58flg. abgedruckten Urteile III 689/21 vom 14. März 1922).

21. Hat die bei Bestellung einer Amortisationshypothek getroffene Bereiabarnng, daß die Zahlung der Tilgungsbeiträge nicht sofort zur Tilgung der Hypothckensordernng dienen, sondem daraus eie Guthaben angesammelt werden und erst nach Erreichnng einer be­ stimmte« Hohe des Guthabens der betreffende Hypothekentril aus den zahlenden Eigentümer übergehen, sowie daß das Guthaben (der Amortisationsfonds) als Zubehör des Grundstücks von jedem ueuea Eigentümer erworben werden solle, dingliche Wirkung? V. Zivilsenat.

Urt. v. 18. Januar 1922 i. S. P. (Kl.) w. K. (Bekl.). V 203/21.

I. Landgericht Greifswald. — II. OberlandeSgericht Stettin.

Aus dem früher der Frau M. gehörenden Grundstück L. standen eine zu 4l/2 v. H. verzinsliche, mit 1/2 v. H. in halbjährigen Raten zü "amortisierende Hypothek von 81000 Jt für die Sparkasse des

Kreises N. und eine im Range nachfolgende Hypothek von 30000 JI für die Klägerin eingetragen. Im § 25 der Satzung der Sparkaffe ist bezüglich Amortisationshypotheken bestimmt: „Bei Darlehen mit Tilgungszwang zahlt der Schuldner neben dem vereinbarten Zinsfüße eine mit ihm festgestellte Tilgungsrate. Die Tilgungsraten machen ein von dem Grundstücke nicht zu trennendes Zubehör desselbm aus,

21. AmortisaüonShyPothek.

68

Gesetzgebung nicht nur die Reichs«, sondern die zuständige Gesetz­ gebung, also für Landesbeamte die Landesgesetzgebung zu verstehen. Das AGrG. ist aber auch insoweit für gültig zu erachten, als es für die bereits angestellten Beamten Altersgrenzen einführt. Da­ durch wird allerdings ihre Rechtsstellung insofern verschlechtert, als sie jetzt mit der Erreichung eines bestimmten Lebensalters kraft Gesetzes in den Ruhestand treten, auch wenn sie noch voll dienstfähig sein sollten, während sie nach dem bisherigen Rechte nur dann unfreiwillig in den Ruhestand versetzt werden konnten, wenn ihre Dienstunfähigkeit festgestellt war, und richterliche Beamte insbesondere nur durch Richter­ spruch (GBG. § 8) unter Beobachtung der Verfahrensvorschristen der §§ 56flg. des Disziplinargesetzes vom 7. Mai 1851, während für über 65 Jahre alte nichtrichterliche Beamte der Nachweis der Dienstunfähig­ keit gemäß §§ 20, 30 des Beamtenpensionsgesetzes genügte, aber auch erforderlich war. In dieser Änderung ihrer Rechtsstellung ist aber eine Verletzung wohlerworbener Rechte im Sinne des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 nicht zu finden. ... (Die weiteren Ausfühmngen entsprechen denen des oben S. 58flg. abgedruckten Urteile III 689/21 vom 14. März 1922).

21. Hat die bei Bestellung einer Amortisationshypothek getroffene Bereiabarnng, daß die Zahlung der Tilgungsbeiträge nicht sofort zur Tilgung der Hypothckensordernng dienen, sondem daraus eie Guthaben angesammelt werden und erst nach Erreichnng einer be­ stimmte« Hohe des Guthabens der betreffende Hypothekentril aus den zahlenden Eigentümer übergehen, sowie daß das Guthaben (der Amortisationsfonds) als Zubehör des Grundstücks von jedem ueuea Eigentümer erworben werden solle, dingliche Wirkung? V. Zivilsenat.

Urt. v. 18. Januar 1922 i. S. P. (Kl.) w. K. (Bekl.). V 203/21.

I. Landgericht Greifswald. — II. OberlandeSgericht Stettin.

Aus dem früher der Frau M. gehörenden Grundstück L. standen eine zu 4l/2 v. H. verzinsliche, mit 1/2 v. H. in halbjährigen Raten zü "amortisierende Hypothek von 81000 Jt für die Sparkasse des

Kreises N. und eine im Range nachfolgende Hypothek von 30000 JI für die Klägerin eingetragen. Im § 25 der Satzung der Sparkaffe ist bezüglich Amortisationshypotheken bestimmt: „Bei Darlehen mit Tilgungszwang zahlt der Schuldner neben dem vereinbarten Zinsfüße eine mit ihm festgestellte Tilgungsrate. Die Tilgungsraten machen ein von dem Grundstücke nicht zu trennendes Zubehör desselbm aus,

dergestalt, daß es mit diesem auf jedm neuen Besitzer übergeht und ohne dasselbe weder an einen Dritten abgetreten noch aus anderen Titeln in Anspruch genommen oder mit Beschlag belegt werden kann.... Der Schuldner ist berechtigt, sobald die ausgesparten Tilgungsraten 10 v. H. des geliehenen Kapitals erreicht haben, die Abschreibung int Grundbuche zu beantragen, wobei er jedoch dem Überrest das Vorzugs­ recht vor der auf diesem Wege erworbenen eigenen Hypothek einzu­ räumen hat." Im Mai 1917 wurde auf Antrag der Kreissparkasse wegen rückständiger Zinsen die Zwangsversteigerung über das Grundstück eingeleitet. Der Beklagte hatte gegen Frau M. vollstreckbare For­ derungen von zusammen über 17000 Jt. Wegen dieser Forderungen erwirkte er einen Beschluß vom 5. Juli 1918, wonach „der Anspruch der Schuldnerin gegen die Kreissparkasse auf Amortisation der Amortisationshypothek von 81000 Jt zu 41ja v. H. Zinsen und x/3 v. H. Amortisation seit dem 1. April 1912, wodurch bis jetzt ein Betrag von 3000 jft abgetragen ist", für ihn gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurde. Er meldete dann im Oktober 1918 und nochmals im Januar 1919 „seine Forderung aus diesem Pfändungs- und Überweisungsbeschlusse" zu den Zwangsversteigerungsakten an. Es

wurden ihm aber von dem Vollstreckungsrichter die Bescheide erteilt, daß nach § 25 der Satzung der Kreissparkasse der Tilgungsfonds nur bedingt der Schuldnerin zur Verfügung stehe und daß er auf jeden neuen Besitzer übergehe und nicht mit Beschlag belegt werden dürfe. Demnächst tyurde das Grundstück im Januar 1919 versteigert und der Klägerin für das bar zu entrichtende Meistgebot von 137 600^ zugeschlagen. Am 24. Februar 1919 meldete die Kreissparkasse ihre Ansprüche aus ihrer Hypothek an und bemerkte zugleich, daß der Amortisationsfonds sich auf 4031,57 JI belaufe. Im Verteilungs­ termin am 3. März 1919 wurden auf die Hypothek der Kreissparkafse zum Ansatz gebracht und gelangten zur Hebung außer Zinsen und Kosten a) Tilgungsbeiträge für die Jahre 1917 und 1918 und für die Zeit vom 1. Januar bis zum 3. März 1919 mit zusammen 1755 Jt, b) das Hypothekenkapital von 81000 JI. Die Klägerin war hin­ sichtlich ihrer Hypothek zuerstausfallende Hypothekengläubigerin, und zwar in Höhe von 14 601,33 Jt. Sie erhob „als Gläubigerin und Ersteherin" Widerspruch a) gegen die Auszahlung der Tilgungsraten von 1755 Jt an die Kreissparkasse, b) gegen die Auszahlung „des 4031,57 Jt betragenden Amortisationsfonds an die Kreissparkasse oder an den Beklagten, bzw. gegen Auszahlung der Hypothek von 81000 Jt in Höhe des 4031,57 Jt betragenden Tilgungsfonds". Darauf wurden die 1755 und die 4031,57 Jt als Streitmasse der Kreissparkasse und der Klägerin hinterlegt: Am 25. April 1919 beantragte der Beklagte,

die Tilgungsraten von 1755 und den Amortisationsfonds von 4031,57 M, weil die Klägerin nicht in Monatsfrist ihren Widerspruch im Klagewege verfolgt habe, an ihn auf Grund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auszuzahlen. Er wurde aber vom Vollstreckungs­

richter ablehnend beschieden, weil für ihn nicht die Hypothek, sei es ganz sei es teilweise, gepfändet sei, sondern der Tilgungsfonds, und dieser nicht in die Hände des Gerichts gelangt, sondern nach wie vor bei der Kreissparkasse verblieben sei. Am 7. Mai 1919 erhob die Klägerin gegen den Beklagten Klage mit dem Anträge, die von dem Beklagten erwirkte Pfändung und Überweisung der 1755 JI Tilgungsbeiträge und der 4031,57 JI Amortisationsfonds für unzulässig zu erklären und den Beklagten zu verurteilen, in die Auszahlung dieser hinterlegten Beträge nebst Hinterlegungszinsen an sie zu willigen. Sie machte geltend, nach der Satzung der Kreissparkasse bildeten die Tilgungsbeiträge und der Amortisationsfonds ein Zubehör des Grundstücks und seien daher durch den Zuschlag des Grundstücks auf sie übergegangen; die Beschlag­ nahme durch den Beklagten sei deshalb ungültig. Nachträglich stellte die Klägerin den Hilfsantrag, festzustellen, daß dem Beklagten auf Grund deS Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 5. Juli 1918 ein Anspruch auf die 1755 JI Tilgungsbeiträge und die 4031,57 Jt Amortisationsfonds nicht zustehe, und den Beklagten zu verurteilen, die Auszahlung dieser hinterlegten Beträge an sie geschehen zu lassen. Der erste Richter erkannte dahin: dem Beklagten stehe auf Grund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses boip 5. Juli 1918 ein Anspruch auf. das im Verteilungsplan angesetzte Liquidat von 1755 Jt Tilgungsbeiträgen und 4031,57 Jt Amorlisationsbeiträgen nicht zu; im übrigen wies er die Klage ab. Auf die Berufung des Beklagten wies der Berufungsrichter die Klage gänzlich ab. Die Revision der Klägerin hatte den Erfolg, daß die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der 1755 Jt zurückgewiesen wurde; im übrigen wurde die Revision zurückgewiesen. Aus den Gründen: ... Bezüglich der Frage sowohl, ob die vom ersten Richter aus­ gesprochene Feststellung, daß dem Beklagten auf Grund des Pfändungsunh Überweisungsbeschlusses vom 5. Juli 1918 ein Anspruch auf die 1755 Jt Tilgungsbeiträge und 4031,57 Jt Amortisationsbeiträge nicht zustehe, gerechtferügt war, wie auch bezüglich der Frage, ob der Wider­ spruch der Klägerin gegen den Teilungsplan begründet war, ist in erster Linie maßgebend und daher zunächst zu prüfen, ob, abgesehen von einer etwaigen Berechtigung des Beklagten, die Klägerin rin Recht hat, die genannten Beträge für sich in Anspruch zu nehmen. In dieser Hinsicht führt der Berufungsrichter bezüglich hev 4031,57^

aus, die Klägerin habe keinesfalls einen Anspruch auf einen entsprechendm Teil des mit vollen 81000 JK, für das Kapital der Amortisationshyi>othek der Kreissparkasse N. angesetzten Versteigerungserlöses. Wenn tretz der Satzung der Kreissparkasse oder einer entsprechenden Vereinbamng der Beteiligten, was dahingestellt bleiben könne, die Tilgungsbeiträge als Teilzahlungen auf die Kapitalschuld anzusehcn seien, die notwendig nach §§ 1163 Abs. 1 Satz 2, 1177 Abs. 1, 362 BGB. die Entstehung einer Eigentümergrundschuld zur Folge haben müßten, so stehe der Anspruch auf einen entsprechenden Teil von 4031,57 M des für das ganze Kapital der Amortisationshypothek angesetzten Erläsbetrags der Versteigerungsschuldnerin Frau M. oder dem Beklagten als Pfändungsgläubiger zu. Wenn aber zulässiger­ weise satzungs- und abredegemäß die gezahlten Tilgungsbeiträge nicht schon als Zahlungen auf die Schuld behandelt, sondern einstweilen nur als ein besonderes Guthaben der Schuldnerin zwecks späterer Auf­ rechnung unter den gesetzlichen Voraussetzungen oder vertraglicher Ver­ rechnung angesammelt worden sein sollten, und demnach durch die Zahlung der Tilgungsbeiträge eine Eigentümergrundschuld für die Versteigemngsschuldnerin nicht entstanden sei, so sei die Hypothek der Kreissparkasse in voller Höhe bestehen geblieben. Eine Aufrechnung oder eine vertragliche Verrechnung zwischen den Beteiligten bezüglich eines Guthabens aus gezahlten Tilgungsbeiträgen habe nach dem Vorbringen der Parteien nicht stattgefunden. Die Klägerin habe als nachstehende Hypothekengläubigerin keinesfalls einen Anspruch auf ein Vorrücken um den gezahlten Betrag. Für die Klägerin als Ersteherin käme nur ein Erwerb des etwa bei der Kreissparkasse angesammelten Tilgungsguthabens der Versteigerungsschuldnerin, nicht aber ein An­ spruch auf einen Teil des von ihr zu entrichtenden Versteigerungs­ erlöses in Betracht. Die Revision macht hiergegerl geltend, die Vereinbamng, daß die gezahlten Raten ein Guthaben für den jeweiligen Gmndstückseigentümer bilden und daß die Hypothekenforderung erst, wenn das Guthaben 10 v. H. der Fordemng erreicht habe, getilgt sein sollte, sei zulässig und es sei eine Eigentümergrundschuld nicht entstanden, da die 10 v. H. durch die gezahlten 4031,57 M nicht erreicht seien. Ein solcher Ver­ trag sei auch als zugunsten eines Dritten, hier des jeweiligen Eigen­ tümers, möglich, und vorliegend sei ein derartiger Vertrag als. ab­ geschlossen anzusehen, wie die Bezeichnung des Amortisationsfonds als Zubehör des Gmndstücks ergebe. Mit dem Zuschläge sei die Klägerin Gläubigerin des Amortisationsfonds geworden. An sich könne sie nunmehr, da die Hypothek erloschen und voll zur Hebung gelangt sei, Rückzahlung des Amortisationsfonds verlangen. Es entspreche aber den praktischen Bedürfnissen, daß ihr gestattet werde, die Kreisspar-

72

21. Amortisationshypothek.

lasse in Höhe deS Amortisationsfonds auf diesen zu verweisen und von ihrem Liquida! auf das Kapital von 81000 JI die 4031,57 JI für sich in Anspruch zu nehmen. Es sind indes bei Amortisationshypotheken, wie das Reichsgericht wiederholt ausgesprochen hat (RGZ. Bd. 54 S. 88, Bd. 91 S. 299), die zu entrichtenden Tilgungsbeiträge nicht Nebenleistungen, die wie Zinsen neben dem Kapital zu zahlen wären, sondem sie sind, auch wenn sie in der Form von Zuschlägen zu den Zinsen festgesetzt werden, als Kapitalteile zur allmählichen Tilgung der Kapitalforderung bestimmt. Werden sie von dem Grundstückseigentümer, der zugleich der persönliche Schuldner ist, gezahlt, so erlischt gemäß § 362 BGH. die Forderung in Höhe der gezahlten Beträge. Die Rechtsfolge davon ist nach § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB., daß der zahlende Eigmtümer die Hypothek in­ soweit erwirbt, und zwar gemäß § 1177 Abs. 1 BGB. als Grund­ schuld. . Dies gilt auch dann, wenn die gezahlten Tilgungsbeiträge rückständig waren; § 1178 Abs. 1 Satz 1 BGB., wonach die Hypothek für Rückstände von Nebenleistungen erlischt, wmn sie sich mit dem Eigentum in einer Person vereinigt, findet auf rückständige Tilgungs­ beiträge, weil sie keine Nebmleistungen sind, nicht Anwendung. Die in der Rechtslehre vereinzelt vertretene Meinung, daß, wenn die Tilgungsbeiträge nicht in bestimmten Summen, sondern in der Form von Zuschlägen zu den Zinsen oder sonst in Prozenten des ganzen Kapitals zu entrichten seien, mit Rücksicht auf diese Eigenart der Amortisationshypothek eine Eigentümerhypothek erst mit Beendigung des Schuldverhältnisses zur Entstehung gelangen könne, weil wegen der Entrichtung der Beträge von dem ganzm Kapital die Forderung keine Zerlegung in einen getilgten und einen ungetilgten Teil zulaffe, ist nicht zu billigen. In solchen Fällen gibt der Kapitalbetrag nur den Maßstab für die HöhL der jewellig zu entrichtenden Tilgungs­ beiträge ab; durch Zahlung der fälligen Beträge wird die Hypotheken­ forderung, soweit sie noch besteht, in Höhe der danach zu errechnenden Tilgungsbeiträge getilgt, da insoweit die Zahlung eine solche auf die Kapitalforderung darstellt, und es tritt dann kraft Gesetzes die vor­ bezeichnete Folge des Übergangs des entsprechenden Teiles der Hypothek auf den Eigentümer ein. Hieran kann auch eine bei Bestellung der Hypothek getroffene Vereinbarung nichts ändern, daß die Zahlung der Tilgungsbeüräge nicht sofort zur Tilgung der Hypothekenforderung dienen, sondern die gezahlten Beiträge als besonderes Guthaben des Schuldners bis zur Erreichung des ganzen Kapitals oder eines bestimmten Teilbetrages aufzusammeln seien, und erst, wenn das Guthaben zu der betreffenden Höhe gelangt sei, die Tilgung der Hypothekenforderung im Wege der Aufrechnung oder Verrechnung eintreten solle. Eine solche Vereinbamng

hat keine dingliche Wirkung. Sie ist nichts anderes als eine Aus­ schließung des § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB. Den Vorschriften des Sachenrechts aber wohnt die Natur der zwingenden Rechtsnorm inne. Dem Gläubiger steht außer der Kapital- und Zinsfordemng nicht noch eine besondere Forderung zu, auf welche der Schuldner Zahlungen bis zu einer bestimmten Höhe zu leisten hätte. Tatsächlich werden die fälligen Tilgungsbeiträge auf das, abgesehen pon den Zinsen, allein geschuldete Kapital entrichtet. Die Vereinbarung verfolgt lediglich den Zweck, den Übergang der Hypothek zu dem der Zahlung entsprechenden Teil auf den Eigentümer zunächst zu verhindern und den Übergang erst stattfinden zu lasten, wenn die Zahlungm eine bestimmte Höhe erreicht haben. Dem steht aber die Vorschrift des § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB. entgegen. Die Vereinbarung kann nur schuldrechtlich wirksam sein, etwa insofern, als sie den zahlenden Schuldner und Eigentümer dem Gläubiger gegenüber verbindet, erst wenn fich der Übergang der Hypothek bis zu der festgesetzten Höhe vollendet hat, den betreffenden Hypothekenteil für sich in Anspruch zu nehmen. Dies findet auch eine Bestätigung im § 21 Abs. 2 des Hypothekenbank­ gesetzes vom 13. Juli 1899, wonach die Banken fich von der Ver­ pflichtung. in Ansehung des amortisierten Betrags ihrer Amortisations­ hypotheken die Handlungen vorzunehmen, die ihnen behufs Berichtigung des Grundbuchs, der Löschung der Hypothek oder-der Herstellung eines Teilhyvothekenbriefs nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts obliegen, im voraus nicht befreien dürfen. Ferner ist für unwirksam zu erachten eine Vereinbarung, daß die gezahlten, zu einem Amortisationsfonds gesammelten Tilgungsbeiträge als Zubehör des Grundstücks auf jeden neuen Eigentümer übergehen sollen. Zubehör eines Grundstücks sind nach § 97 BGB. nur beweg­ liche Sachen, die dem wirtschaftlichen Zwecke des Grundstücks als der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihm in einem dieser Be­ stimmung entsprechenden räumlichen Verhäünisse stehen. Keine dieser Begriffsbestimmungen trifft auf einen Amortisationsfonds zu. Eben­ sowenig ist der Amortisationsfonds ein Bestandteil des Grundstücks, da er kein mit dem Eigentum am Grundstück verbundenes Recht im Sinne des § 96 BGB. bedeutet. Auch als ein Vertrag zugunsten Dritter, der jeweiligen Eigentümer, ist die Vereinbarung nicht aufzufaffen. Die durch die Zahlung der Tilgungsbeiträge auf den Eigen­ tümer übergehende Teilhypothek verbleibt nach dem Gesetze dem Eigen­ tümer, auch wenn das Grundstück von einem neuen Eigentümer er­ worben wird. Diese Rechtsfolge auszuschließen, ist der Zweck der Vereinbarung. Sie setzt sich sonach in Widerspruch zu sachenrechtlichen Vorschriften und kann daher keine Geltung beanspruchen. 9tun ist es allerdings anerkannten Rechten- svgl. RGZ. Bd. 2.7

74

21. Amortisationshypothek.

S. 218, Bd. 64 S. 214, Bd. 74 S. 405, IW. 1907 S. 702 Nr. 2, Warneyer 1915 Nr. 196), daß die in den Reglements der zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden land­ schaftlichen oder ritterschaftlichen Kreditanstalten vielfach enthaltenen Bestimmungen in Geltung sind, wonach der Eigentümer zur Ver-' fügung über den abgetragenen Teil der amortisierbaren Pfandbrief­ schuld vor derest völliger Tilgung oder vor einer zugelassenen Auf­ rechnung des Guthabens des Schuldners an dem Amortisationsfonds nicht berechtigt ist, vorher eine Eigentümergrundschuld nicht besteht und das Guthaben dem jeweiligen Grundstückseigentümer zusteht. Jedoch beruht dies auf dem Vorbehalt im Art. 167 EG. z. BGB., wonach die landesgesetzlichen Vorschriften, welche solche Kreditanstalten betreffen, in. Kraft bleiben. Die Kreissparkasse, für die vorliegend die in Rede stehende Amortisationshypothek bestellt worden ist, ist eine Kreditanstalt im Sinne des Art. 167 EG. nicht. Bezüglich ihrer Hypothek gilt daher das Vorerörterte (Urt. vom 25. November 1916 V 224/16, zum Teil abgedruckt in RGZ. Bd. 89 S. 131). Deshalb würde, auch wenn § 25 ihrer Satzung ihrer Hypothek zugrunde gelegt wäre, die Bestimmung, daß die Tilgungsraten als Zubehör des Gmndstücks auf jeden neuen Eigentümer übergehen und erst, wenn die aufgesparten Tilgungsraten 10 v. H. des Kapitals erreicht hätten, dem Schuldner die Berechtigung zustehen soll, über den betreffenden Hypothekenteil zu verfügen und ihn im Grundbuch für sich umschreiben zu lassen, der dinglichen Wirkung entbehren. Demnach ist in jedem Falle durch die von der Grundstücks­ eigentümerin und persönlichen Schuldnerin Frau M. geleistete Zahlung der Tilgungsbeiträge von zusammen 4031,57 Jt die Hypothek in Höhe dieses Betrages als Grundschuld auf Frau M. übergegangen und hat die Klägerin durch den Zuschlag des Grundstücks weder diese Grund­ schuld noch den Amortisationsfonds erworben. Daraus ergibt sich aber, daß die Klägerin weder als nachstehende erstausgefallene Hypo­ thekengläubigerin noch als Ersteherin berechtigt ist, von dem auf die Amortisationshypothek der Kreissparkasse in Ansatz gebrachten Teile des Versteigerungserlöses den hinterlegten Betrag von 4031,57 Jt für sich in Anspruch zu nehmen. Zugleich folgt daraus, daß auch der von der Klägerin gegen den Teilungsplan erhobene Widerspruch bezüglich der 4031,57 Jl unbegründet war. Tie Hypothek von 81000 JI be­

stand in vollem Betrage zu Recht, in Höhe von 4031,57 Jt stand sie als Grundschuld der Frau M. zu, im übrigen der Kreissparkasse. Daß das ganze Hypothekenkapital von der Kreissparkaffe liquidiert wurde, gab hfr Klägerin weder als Hypothekengläubigerin noch als Ersteherin ein Recht zum Widerspruch gegen die Auszahlung der 4031,57 Jt an die Kreissparkasse. Der Umstand, daß die Kreissparkafle auch die

4031,57 Jl für sich liquidierte, wiewohl die Hypothek in dieser Höhe auf Frau M. übergegangen war, betraf lediglich die Begehungen zwischen der Kreissparkaffe und der Frau M. oder auch dem Beklagten, falls sich der von diesem erwirkte Pfändungsbeschluß vom 5. Juli 1918, was dahingestellt bleiben kann, auf dieien Teil des Bersteigerungserlöses erstreckt haben sollte. Die Klägerin wurde durch das vor­ gehende, zu Recht bestehende Hypothekenrecht bezüglich der Befriedigung aus dem Versteigerungserlöse wegen ihrer Hypothek stets verdrängt; lediglich auf einen Legitimationsmangel der liquidierenden KreiSsparkasse bezüglich der 4031,57 M konnte der Widerspruch nicht mit Grund gestützt werden (RGZ. Bd. 62 S. 170, Bd. 78 S. 63). Danach ist wegen Fehlens der Berechtigung der Klägerin bezüglich der 4031,57 JH sowohl der vorbezeichnete Hilfsantrag der Klage als auch, der Antrag der hilfsweisen Anschlußberufung, den Widerspruch der Klägerin für begründet zu erklären, vom Berufungsrichter mit Recht zurückgewiesen worden. Anders verhält es sich hinsichtlich der 1755 Jt. Diese Tilgungs­ beiträge sind nicht vor der Zwangsversteigerung von Frau M. gezahlt, sondern aus dem Versteigerungserlöse berichtigt. Da die Zahlung dieser Tilgungsbeiträge nach dem vorher Ausgeführten als Zahlung auf das Hypoihekenkapital zu gelten hatte, mithin die Kreissparkasie wegen dieses Teils der Hypothekenforderung aus dem Grundstück be­ friedigt wurde, erlosch gemäß § 1181 Abs. 1 BGB. die Hypothek insoweit. Oder anders ausgedrückt: die Kreissparkasse hat, indem sie, abgesehen von den 4031,57 Jl, auf den Versteigernrigserlös sowohl das ganze Kapital wie auch die Tilgungsbeiträge in Ansatz brachte, auf ihre Hypothek 1755 Jl zuviel liquidiert. Deshalb standen die 1755 Jt der Klägerin als nachstehender erstausgefallener Hypothekengläubigerin zu und ist ihre Berechtigung, diesen Teil des Versteigerungserlöses für sich in Anspruch zu nehmen, anzuerkennen. iEs wird sodann aus­ geführt, daß der Berechtigung der Klägerin auch nicht ein Recht des Beklagten auf Grund des Pfändungsbeschluffes entgegenstehe und daß ferner die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung habe, daß den Beklagten kein Anspruch auf die 1755 Jl zustehe).

22. 1. Wirkungen der Streitverkündung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO. 2. Hat auch die Streitverkündung an einen Kriegsteilnehmer diese Wirkungen? III. Zivilsenat.

Urt. v. 3. Februar 1922 i. S. Deutsches Reich (Kl.) w. K. (Bekl.). in 285/21.

4031,57 Jl für sich liquidierte, wiewohl die Hypothek in dieser Höhe auf Frau M. übergegangen war, betraf lediglich die Begehungen zwischen der Kreissparkaffe und der Frau M. oder auch dem Beklagten, falls sich der von diesem erwirkte Pfändungsbeschluß vom 5. Juli 1918, was dahingestellt bleiben kann, auf dieien Teil des Bersteigerungserlöses erstreckt haben sollte. Die Klägerin wurde durch das vor­ gehende, zu Recht bestehende Hypothekenrecht bezüglich der Befriedigung aus dem Versteigerungserlöse wegen ihrer Hypothek stets verdrängt; lediglich auf einen Legitimationsmangel der liquidierenden KreiSsparkasse bezüglich der 4031,57 M konnte der Widerspruch nicht mit Grund gestützt werden (RGZ. Bd. 62 S. 170, Bd. 78 S. 63). Danach ist wegen Fehlens der Berechtigung der Klägerin bezüglich der 4031,57 JH sowohl der vorbezeichnete Hilfsantrag der Klage als auch, der Antrag der hilfsweisen Anschlußberufung, den Widerspruch der Klägerin für begründet zu erklären, vom Berufungsrichter mit Recht zurückgewiesen worden. Anders verhält es sich hinsichtlich der 1755 Jt. Diese Tilgungs­ beiträge sind nicht vor der Zwangsversteigerung von Frau M. gezahlt, sondern aus dem Versteigerungserlöse berichtigt. Da die Zahlung dieser Tilgungsbeiträge nach dem vorher Ausgeführten als Zahlung auf das Hypoihekenkapital zu gelten hatte, mithin die Kreissparkasie wegen dieses Teils der Hypothekenforderung aus dem Grundstück be­ friedigt wurde, erlosch gemäß § 1181 Abs. 1 BGB. die Hypothek insoweit. Oder anders ausgedrückt: die Kreissparkasse hat, indem sie, abgesehen von den 4031,57 Jl, auf den Versteigernrigserlös sowohl das ganze Kapital wie auch die Tilgungsbeiträge in Ansatz brachte, auf ihre Hypothek 1755 Jl zuviel liquidiert. Deshalb standen die 1755 Jt der Klägerin als nachstehender erstausgefallener Hypothekengläubigerin zu und ist ihre Berechtigung, diesen Teil des Versteigerungserlöses für sich in Anspruch zu nehmen, anzuerkennen. iEs wird sodann aus­ geführt, daß der Berechtigung der Klägerin auch nicht ein Recht des Beklagten auf Grund des Pfändungsbeschluffes entgegenstehe und daß ferner die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung habe, daß den Beklagten kein Anspruch auf die 1755 Jl zustehe).

22. 1. Wirkungen der Streitverkündung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO. 2. Hat auch die Streitverkündung an einen Kriegsteilnehmer diese Wirkungen? III. Zivilsenat.

Urt. v. 3. Februar 1922 i. S. Deutsches Reich (Kl.) w. K. (Bekl.). in 285/21.

I. Landgericht Flensburg. — II. OberlandeSgericht Kiel.

Der Beklagte war von etwa Mai 1911 bis Februar 1913 Vor­ steher des Postamts in A. Dorthin wurde zum 1. Oktober 1911 der Postschaffner W. versetzt. Dieser hatte, außer seinen Bestell­ gängen als Briefträger, auf einem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz im Postamte dreimal täglich die Postsachen seines Bestellbezirks zu ordnen. Sein Arbeitsplatz lag bis zum März 1913 nahe bei der Hoftür und war bei deren Öffnen der Zugluft, bei Regen und südwestlicher Wind­ richtung auch der Feuchtigkeit ausgesetzt. W. bat im Winter 1911/12 den Beklagten erfolglos um einen anderen Arbeitsplatz. Vom 18. Juli bis 16. Dezember 1912 war er an Influenza und Lungentuberkulose erkrankt. Nach Wiederantritt seines Dienstes bat er den Beklagten nochmals ohde Erfolg um einen anderen Arbeitsplatz. Wegen seines Lungenleidens mußte er zum 1. Januar 1916 in den Ruhestand ver­ setzt werden. Am 24. Juni 1916 starb er an Darm- und Lungen­ tuberkulose. In einem früheren Rechtsstreite haben W. und nach seinem Tode seine Witwe und Kinder das Deutsche Reich auf Ersatz des Schadens in Anspruch genommen, der ihnen durch die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand und letzteren auch durch den frühen Tod des W. erwachsen ist, weil diese auf den ungesunden Arbeitsplatz zurückzuführen und von seinen Vorgesetztm verschuldet seien. In diesem Rechtsstreite hat. das Deutsche Reich am 4. Mai 1917 dem Beklagten, der damals als Hauptmann d. R. a. D. einem mobilen Truppenteil angehörte, den Streit verkündet; er ist aber nicht beigetreten. Der Rechtsstreit endigte mit der Verurteilung des Deutschen Reichs durch Urteile vom 27. Juni 1917 zu 378,50 Jt, vom 12. Juli 1919 zu 1937 Jt und vom 10. Mä^ 1920 zu 3148 Jt.

Nach dem ersten dieser drei Urteile hat der Kläger die vor­ liegende Klage erhoben, mit der er wegen schuldhafter Dienstpflicht­ verletzung des Beklagten als des für die Gesundheitsschädigung des SB. verantwortlichen Beamten Erstattung der 378,öo Jt und Fest­ stellung der Verpflichtung des Beklagten begehrt, alle weiteren Ansprüche der Erben des W. ihm von der Hand zu haften und ihm den durch die Geltendmachung dieser Ansprüche entstehendm Schaden zu ersetzen. Diesem Klagantrage hat das Landgericht entsprochen. Das Oberlandes­ gericht hat dagegen die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Gründe:

Die Revision rügt zunächst die Verletzung der Vorschriften der §§ 74, 68 ZPO. über die Wirkung der Streitverkündung. Der Be­ rufungsrichter ist der Meinung, daß diese^Borschriften zuungunsten

eines bei einem mobilen Truppenteile befindlichen Streitverkündetm nach dem Zweck und Geiste des Kriegsteilnehmerschutzgesetzes vom 4. August 1914 (KTSchG.) nicht verwertet werden könnten, und er­ klärt, er würde» wenn die Beweisaufnahme und Urteile des Borprozesses durch die Verteidigung des Beklagtm in diesem Rechtsstreite berührt würden, kein Bedenken getragen haben, erneut Beweis zu erheben und unter Umständen auch zu Feststellungen zu gelangen, die mit jenen Urteilen in Widerspruch ständen; dessen hätte es jedoch nicht bedurft, weil er auch unter Zugrundelegung der Feststellungen jenes Rechtsstreits zu einer dem Beklagtm günstigen Entscheidung gelangt sei. Das Berufungsgericht glaubt also, durch seine Entscheidung die Vorschriften des § 74 W. 3 ZPO. nicht zu verletzen, toentt sie hier trotz der Zugehörigkeit des Beklagten zu einem mobilen Tmppenteile zur Zeit der Streitverkündung anwendbar sein sollten. Das wird von der Revision mit Recht bekämpft. In dem elften Teilurteile des Borprozesses stellt das Gericht auf Grund der Zeugmaussagen fest, daß dem W. ein ganz ungünstiger, ungesunder Arbeitsplatz angewiesen worden sei, und daß es für seinen Vorgesetzten ohne weiteres erkennbar gewesen wäre, die Beschwerden deS W. über diesen Platz seien gerecht­ fertigt, so daß er ihnen abhelfen müßte. Auf diese Begründung nimmt das Gericht in den beiden späteren Urteilm Bezug. In allen dreien wird weiter auch der ursächliche Zusammenhang zwischen der Gesund­ heitsschädlichkeit deS Arbeitsplatzes und dem Schaden, zu besten Ersatz daß Deutsche Reich verurteilt ist, festgestellt. Als der Vorgesetzte, der den Beschwerden des W. nicht abgeholfen hat, kommt nach den tat­ sächlichen Feststellungen des Borderrichters nur der Beklagte in Be­ tracht. Sein von dem Gericht im Borprozeß als schuldhast er­ achtetes Verhaltm war also der Grund für die Vemrteilung des Deutschen Reichs zum Schadensersätze. Daß, wie das Bemfungsgericht ausführt, die Vorklage nicht auf eine Amtspflichtverletzung des jetzigen Beklagten, sondem auf den im § 618 BGB. zum Aus­ drucke gelangten Rechtsgedankm gestützt war und eine Amtspflicht­ verletzung damals nicht festgestellt ist, während es sich jetzt um die Frage handelt, ob der Beklagte die ihm dem Kläger gegenüber ob­ liegende Dienstpflicht schuldhaft verletzt hat, schließt die Anwendung des § 74 Abs. 3 ZPO. nicht aus. Auf Gmnd dieser Vorschriften kann vielmehr, wenn ihre Anwendbarkeit nicht infolge des Krieges fortfällt, der Beklagte nicht geltend machen, daß das Gericht im Vor­ prozesse zu Unrecht eine das Reich zum Ersätze deS geltend ge­ machten Schadens verpflichtende Fahrlässigkeit des Vorgesetztm deß W. darin gefundm habe, daß er diesem auf besten Beschwerden keinen anderen Arbeitsplatz angewiesen habe, sondem höchstens, daß in dieser Fahrlässigkeit keine Verletzung einer Dienstpflicht des Beklagten gegen-

ü-er dem Kläger zu finden sei, was hier nicht geltend gemacht und von dem Berufungsgerichte nicht festgestellt ist. Demnach ist es mit den Vorschriften des § 74 Abs. 3 nicht vereinbar, wenn der Berufungs­ richter in jenem Verhalten des Beklagten kein Verschulden findet oder den ursächlichen Zusammenhang zwischen ihm und dem Schaden verneint. Folglich hängt die Entscheidung davon ab, ob zugunsten der Kriegsteilnehmer eine Ausnahme von den Vorschriften der §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO. zu machen ist." Nach seinem Wortlaute findet das KTSchG. jedenfalls keine Anwendung. Der Streitverkündete, der dem Rechtsstreit überhaupt nicht beigetreten ist, ist keine „Partei"; ob er es mit seinem Beitritt als Streitgehilfe werden würde, ob also ein Nebenintervenient Partei im Sinne des KTSchG. ist, so daß seine Teilnahme am Kriege die Unterbrechung oder Aussetzung des Versahrens gemäß dieses Gesetzes zur Folge hat, bedarf hier keiner Ent­ scheidung. Dem Vorderrichter ist aber darin beizupflichteir, daß der Zweck und der Geist des KTSchG. dazu führen muß, die im § 74 Abs. 3, § 68 ZPO. geregelten Wirkungen der Streitverkündung gegen­ über demjenigen Streitverkündeten nicht eintreten zu lassen, welcher zu den Kriegsteilnehmern int Sinne dieses Gesetzes gehört und keinen zur Wahrnehmung seiner Rechte berufenen Vertreter hat (KTSchG. § 3 Nr. 2; VO. vom 14. Januar 1915 § 1). Die Kriegsteilnehmer sollen gegen die Nachteile geschützt werden, die ihnen durch einen Rechtsstteit erwachsen können, während sie durch ihre Teilnahme am Krieg an der gehörigen Wahmehmung ihrer Rechte verhindert sind. Solche Nach­ teile können aber nicht nur den eigentlichen Streitteilen, sondern auf Grund der §§ 74 Abs. 3, 68 auch demjenigen erwachsen, dem der Streit verkündet worden ist. Er ist daher ebenfalls schutzbedürftig, und es würde eine nicht zu rechtfertigende Unbilligkeit und Folgewidrigkeit sein, ein ihm gegenüber wirksames Urteil zuzulaffen, während ein Beklagter durch die Vorschriften des KTSchG. gegen den Erlaß eines solchen gesichert ist. Es ist daher anzunehmen, daß der Gesetzgeber, wenn er bei dem eiligen Erlasse des KTSchG. imratt gedacht hätte, auch Schutzmaßnahmen zugunsten des Streitverkündeten getroffen haben würde, und deshalb ist diese Lücke im Gesetze durch sinngemäße An­ wendung der Vorschriften des KTSchG. auszufüllen. Da nun von einer Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens wegen der Kriegsteilnehmerschaft eines Streitverkündeten bis zu einer Aufnahme des Verfahrens durch diesen nicht die Rede sein kann, kann die entsprechende Anwendung des KTSchG. jedenfalls in einem Falle, wie er hier vorliegt, in dem der von der Streitverkündung Betroffene bereits Kriegsteilnehmer war, Nur dahin führen, die Streitverkündung für wirkungslos zu erklären. Deshalb braucht der Beklagte nicht nur

das erste Teilurteil des Vorprozesses das während seiner Zugehörig­ keit zu einem mobilen Truppenteile gefällt ist, sondern auch die späteren Urteile vom 12. Juli 1919 und vom 10. März 1920 nicht gegen sich gelten zu lassen, da der jetzige Kläger die Streitverkündung nach der Beendigung der Teilnahme des Beklagten am Kriege nicht wiederholt hat. Ist aber das Berufungsgericht an die Entscheidungen des früheren Rechtsstreits nicht gebunden, so sind seine Ausführungen frei von Rechts­ irrtum. (Wird näher ausgeführt).

23.

Zum Begriff der widerrechtlichen Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB.

VH. Zivilsenat. Urt. v. 14. Februar 1922 i. S. Th. Handelsgesell­ schaft (Kl.) w. K. & Co. (Bekl.). VII 422/21. 1 . Landgericht Mannheim, Kammer (.Handelssachen.- II. Oberlandesgericht Karlsruhe.

Die Klägerin hatte der Beklagten gegenüber im Mai 1919 die Lieferung von 10000 kg verzinkter Falzbleche zu einem festen Preise übernommen und zwar unter Inaussichtstellung der Lieferung binnen 14 bis 16 Wochen. Da die Lieferung bis Ende Oktober 1919 noch nicht erfolgt war, bat die Beklagte mit Schreiben vom 28. dieses Mts., „da sie die Bleche dringend benötigte, um einen Vorschlag unter Zu­ grundelegung einer höchstens dreiwöchentlichen Lieferfrist". Die Klägerin antwortete unter dem 6. November 1919, daß der Auftrag, wenn er in der Reihenfolge der Buchung ausgeführt werden sollte, in absehbarer Zeit nicht zur Erledigung kommen könne, daß dagegen, falls die Beklagte die am Tage der Lieferung maßgebenden Preise zu zahlen bereit sei, die Lieferung bevorzugt und voraussichtlich noch im Lause des' Monats erfolgen könne. Die Beklagte bot darauf zunächst einen Preisaufschlag von 25°/0 und dann von 5O°/o und schließlich erklärte sie unter dem -10. Dezember 1919 sich zur Bezahlung des Tages­ preises bereit unter der Bedingung, daß die verzinkten Falzbleche noch im Dezember geliefert würden. Nachdem sodanrz diese Bleche noch im Dezember geliefert waren, weigerte sich die Beklagte durch Schreiben

vom 3. Januar 1920, den ihr berechneten Tagespreis zu bezahlen und zahlte nur den im Mai 1919 vereinbarten Preis. Mit der Klage forderte die Klägerin Zahlung des Restbetrages des Tagespreises. Die Beklagte weigerte die Zahlung, weil sie zu ihrer Bewilligung des Tagespreises vom 10. Dezember 1919 seitens der Klägerin wider­ rechtlich durch Drohung bestimmt worden sei. Das Landgericht hat unter Verneinung des Vorliegens einer widerrechtlichen Drohung nach

das erste Teilurteil des Vorprozesses das während seiner Zugehörig­ keit zu einem mobilen Truppenteile gefällt ist, sondern auch die späteren Urteile vom 12. Juli 1919 und vom 10. März 1920 nicht gegen sich gelten zu lassen, da der jetzige Kläger die Streitverkündung nach der Beendigung der Teilnahme des Beklagten am Kriege nicht wiederholt hat. Ist aber das Berufungsgericht an die Entscheidungen des früheren Rechtsstreits nicht gebunden, so sind seine Ausführungen frei von Rechts­ irrtum. (Wird näher ausgeführt).

23.

Zum Begriff der widerrechtlichen Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB.

VH. Zivilsenat. Urt. v. 14. Februar 1922 i. S. Th. Handelsgesell­ schaft (Kl.) w. K. & Co. (Bekl.). VII 422/21. 1 . Landgericht Mannheim, Kammer (.Handelssachen.- II. Oberlandesgericht Karlsruhe.

Die Klägerin hatte der Beklagten gegenüber im Mai 1919 die Lieferung von 10000 kg verzinkter Falzbleche zu einem festen Preise übernommen und zwar unter Inaussichtstellung der Lieferung binnen 14 bis 16 Wochen. Da die Lieferung bis Ende Oktober 1919 noch nicht erfolgt war, bat die Beklagte mit Schreiben vom 28. dieses Mts., „da sie die Bleche dringend benötigte, um einen Vorschlag unter Zu­ grundelegung einer höchstens dreiwöchentlichen Lieferfrist". Die Klägerin antwortete unter dem 6. November 1919, daß der Auftrag, wenn er in der Reihenfolge der Buchung ausgeführt werden sollte, in absehbarer Zeit nicht zur Erledigung kommen könne, daß dagegen, falls die Beklagte die am Tage der Lieferung maßgebenden Preise zu zahlen bereit sei, die Lieferung bevorzugt und voraussichtlich noch im Lause des' Monats erfolgen könne. Die Beklagte bot darauf zunächst einen Preisaufschlag von 25°/0 und dann von 5O°/o und schließlich erklärte sie unter dem -10. Dezember 1919 sich zur Bezahlung des Tages­ preises bereit unter der Bedingung, daß die verzinkten Falzbleche noch im Dezember geliefert würden. Nachdem sodanrz diese Bleche noch im Dezember geliefert waren, weigerte sich die Beklagte durch Schreiben

vom 3. Januar 1920, den ihr berechneten Tagespreis zu bezahlen und zahlte nur den im Mai 1919 vereinbarten Preis. Mit der Klage forderte die Klägerin Zahlung des Restbetrages des Tagespreises. Die Beklagte weigerte die Zahlung, weil sie zu ihrer Bewilligung des Tagespreises vom 10. Dezember 1919 seitens der Klägerin wider­ rechtlich durch Drohung bestimmt worden sei. Das Landgericht hat unter Verneinung des Vorliegens einer widerrechtlichen Drohung nach

dem Klagantrag erkannt. Das Berufungsgericht hat dagegen die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin wurde das Berufungsutteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen aus folgenden Gründen: Zutreffend nimmt der Berufungsrichter an, daß zur Anwendung des § 123 BGB. nicht erforderlich ist, daß der Drohmde sich der Widerrechtlichkeit der Drohung bewußt ist. Damit jedoch der Tatbestand des § 123 Abs. 1 als gegeben angenommen werden kann, muß derjenige, der die ein Übel, einen Nachteil in Aussicht stellende Äußerung ab­

gegeben hat, das Bewußtsein-der Drohung gehabt haben, mindestens muß er sich bewußt gewesen sein, daß seine Äußerung geeignet sei, den Erklärungsempfänger in seiner Willensentschließung in unzulässiger Weise zu beeinflußen (IW. 1913 S. 1033 Nr. 1 und Gruchot Bd, 55 S. 626). In dieser Hinsicht fehlt es aber in dem angefochtenen Urteil an jeder Feststellung. Dagegen ergibt sich aus dem unbestrittenen Sachverhalt ohne weiteres, daß es sich bei den durch mehrere Monate sich hinziehenden Verhandlungen der Parteien darum gehandelt hat, einen Ausgleich zu finden zwischen dem Standpunkt der Klägerin, die fich auf Grund des im Mai 1919 geschlossenen Vertrags nicht für verpflichtet erachtete, die verkauften Bleche „in absehbarer Zeit" zu liefern, und dem von der Beklagten vertretenen Standpunkt, daß fie die in ihrem Jntereffe liegende möglichst baldige Liefemng auf Grund jenes Vertrags zu fordern berechtigt sei. Die Beklagte selbst hat ihrerseits, worauf die Revision zutreffend hinweist, durch ihre im Schreiben vom 28. Oktober 1919 der Klägerin ausgesprochene Bitte „um einen Vorschlag unter Zugrundelegung einer höchstens dreiwöchmtlichen Lieferfrist" die Anregung zu den einen Ausgleich er­ strebenden Verhandlungen und damit ihre Bereitwilligkeit zu erlernten gegeben, bei einem Entgegenkommen feiten? der Klägerin auch ihr entgegenkommen zu wollen. Sie spricht denn auch sowohl in ihrem Schreiben vom 10. Oktober wie in dem vom 22. Dezember 1919 von einem „Vergleichsvorschlag". Wenn bei derartigen Verhandlungen zwischen zwei geschäftsgewandten Kaufleuten, als welche die Parteien anznsehen sind, die eine Partei die Sachlage so darstellt, wie sie ihrer Ansicht nach gegeben ist, gleichviel ob die Darstellung objektiv berechtigt ist oder nicht, so kann nicht lediglich deshalb eine Drohung im Sinne des § 123 als vorliegend angesehen werden, weil diese Darstellung für die Gegenseite dm zukünftigen Eintritt eines Nachteils, im vor­ liegenden Falle die Nichtlieferung der verkauften Bleche für absehbare Zeit, erwartm läßt. Erscheint aber hiernach die Erklärung der Klägerin, die Bleche in absehbarer Zeit zu dem im Mai verabredeten Preise nicht liefern zu können, wohl aber bei Zusage des Tagespreises,

nicht als eine Drohung, welche die freie Willensbestimmung der Be­ klagten in unzulässiger Weise zu beeinflussen geeignet wäre, so erweist sich der auf die Behauptung einer solchen Drohung gestützte Einwand ber Beklagten als unbegründet und damit die Aufhebung des ihm stattgebenden Berufungsurteils als geboten, und zwar abgesehen davon, daß auch die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der klägerischen Erklärung und der Zusage der Beklagten insofern mangel­ haft begründet ist, als der Berufungsrichter mit Stillschweigen darüber hiuweggegangen ist, daß die Beklagte selbst erklärt hat, sie habe den Tagespreis auch deshalb bewilligt, um sich den Beweis der Lieferungs­ möglichkeit zu verschaffen.

24. In welchem Umfang kann der Eigentümer, dessen Anspruch Ms § 907 Satz 1 BGB. durch § 26 GewO, ausgeschlossen wird, Schadloshaltung fordem? VI. Zivilsenat. Urt v. 16. Februar 1922 i. S. G. u. Gen. (Bekl.) w. die Stadt Berlin u. Gen. (Kl.). VI 601/21. I. Landgericht II Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Die beklagte Gesellschaft hat während des Krieges auf ihrem Grundstück in Berlin für die Heeresverwaltung Granatzünder her­ gestellt. Nach Beendigung des Krieges wurde der Betrieb anfangs 1919 auf die Zerlegung von Granatzündern umgestellt. Am 25. März 1920 fand auf dem Grundstücke der Beklagten eine Explosion statt. Mit der Klage wird Ersatz des Schadens verlangt, der an verschiedenen anderen Grundstücken durch die Explosion angerichtet worden sei. Die Vorinstanzen haben die Klagansprüche dem Grunde nach für gerecht­ fertigt erklärt. Auf die Revision des Beklagten ist das Berufungs­ urteil aufgehoben worden. Aus den Gründen: Der erste Richter hat auf Grund der §§ 823 Abs. 1, 276 BGB. verurteilt, weil die Beklagte nicht darzutun vermocht habe, daß die im Betrieb in großer Menge angesammelten explosiven Stoffe mit der gebotmen äußersten Sorgfalt behandelt und verwahrt worden seien und insbesondere auch dafür Sorge getragen worden sei, daß diese Stoffe nicht in den Besitz unberechtigter Personen gelangten. Das Berufungsgericht hat die Frage einer solchen Verschuldenshaftung, beide Vorinstanzen haben weiter die Frage einer etwaigen Bertragshaftung dahingestellt gelassen. Das Berufungsgericht hält einen der Fälle für vorliegend, wo ein Grundstückseigentümer oder Unternehmer auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haftet. Den Klägem hätte nämlich aus Entsch. in Zivils. 104.

6

nicht als eine Drohung, welche die freie Willensbestimmung der Be­ klagten in unzulässiger Weise zu beeinflussen geeignet wäre, so erweist sich der auf die Behauptung einer solchen Drohung gestützte Einwand ber Beklagten als unbegründet und damit die Aufhebung des ihm stattgebenden Berufungsurteils als geboten, und zwar abgesehen davon, daß auch die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der klägerischen Erklärung und der Zusage der Beklagten insofern mangel­ haft begründet ist, als der Berufungsrichter mit Stillschweigen darüber hiuweggegangen ist, daß die Beklagte selbst erklärt hat, sie habe den Tagespreis auch deshalb bewilligt, um sich den Beweis der Lieferungs­ möglichkeit zu verschaffen.

24. In welchem Umfang kann der Eigentümer, dessen Anspruch Ms § 907 Satz 1 BGB. durch § 26 GewO, ausgeschlossen wird, Schadloshaltung fordem? VI. Zivilsenat. Urt v. 16. Februar 1922 i. S. G. u. Gen. (Bekl.) w. die Stadt Berlin u. Gen. (Kl.). VI 601/21. I. Landgericht II Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Die beklagte Gesellschaft hat während des Krieges auf ihrem Grundstück in Berlin für die Heeresverwaltung Granatzünder her­ gestellt. Nach Beendigung des Krieges wurde der Betrieb anfangs 1919 auf die Zerlegung von Granatzündern umgestellt. Am 25. März 1920 fand auf dem Grundstücke der Beklagten eine Explosion statt. Mit der Klage wird Ersatz des Schadens verlangt, der an verschiedenen anderen Grundstücken durch die Explosion angerichtet worden sei. Die Vorinstanzen haben die Klagansprüche dem Grunde nach für gerecht­ fertigt erklärt. Auf die Revision des Beklagten ist das Berufungs­ urteil aufgehoben worden. Aus den Gründen: Der erste Richter hat auf Grund der §§ 823 Abs. 1, 276 BGB. verurteilt, weil die Beklagte nicht darzutun vermocht habe, daß die im Betrieb in großer Menge angesammelten explosiven Stoffe mit der gebotmen äußersten Sorgfalt behandelt und verwahrt worden seien und insbesondere auch dafür Sorge getragen worden sei, daß diese Stoffe nicht in den Besitz unberechtigter Personen gelangten. Das Berufungsgericht hat die Frage einer solchen Verschuldenshaftung, beide Vorinstanzen haben weiter die Frage einer etwaigen Bertragshaftung dahingestellt gelassen. Das Berufungsgericht hält einen der Fälle für vorliegend, wo ein Grundstückseigentümer oder Unternehmer auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haftet. Den Klägem hätte nämlich aus Entsch. in Zivils. 104.

6

82

24.

Schadloshaltung nach § 26 GewO.

§ 907 BGB. ein privatrechtlicher Anspruch auf Einstellung des Be­ triebs zugestanden, wenn nicht §§ 16, 26 GewO, dem eutgegengestanden hätten. Tatsächlicher Natur ist hierbei die Annahme, daß von der Betriebsanlage der Beklagten mit Sicherheit vorauszusehen gewesen sei, ihre Benutzung werde eine unzulässige Einwirkung auf die klägerischen Grundstücke zur Folge haben. Nicht minder der weitere Ausspruch, daß Einrichtungen zur Verhütung solcher Einwirkungen unmöglich, d. h. untunlich oder mit einent gehörigen Gewerbebetrieb nicht vereinbar seien. Gegen diese beiden Erwägungen tatsächlichen Inhalts hat auch die Revision keinen Angriff erhoben. Dagegen bestreitet sie, daß der Betrieb der Beklagten unter den § 16 GewO, falle, weiter auch, daß der Schaden mit dem Betrieb im Zusammenhang stehe, und beschwert sich über die Nichterhebung der in der vorgetragenen Schrift vom 1. Ok­ tober 1920 für die dort gegebene Sachdarstellung angebotenen Beweise. Das Urteil war aufzuheben. 1. Die Vorschrift des § 26 GewO, bezieht sich nur auf die mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten, einer gewerbepolizeilichen Ge­ nehmigung bedürftigen Anlagen, d. h. auf die in § 16 GewO, genannten Anlagen und die in § 24 bezeichneten Dampfkessel (vgl. RGZ. Bd. 40 S. 183, Urt. v. 4. Oktober 1919 V 95/19). Das Verzeichnis des § 16 GewO, ist erschöpfend und duldet keine entsprechende Anwendung auf andere Anlagen (Urt. v. 2. Januar 1909 V 126/08, Urt. v. 4. Dezember 1909 V 67/09). Der Schutz des § 26 GewO, und die Schadloshaltung für nachteilige Einwirkungen beschränken sich gegebenen­ falls auf den genehmigungsbedürftigen Teil, .erstrecken sich nicht etwa

auf die weitere Anlage im übrigen (Urt. v. 4. Dezember 1909 V 67/09, auch — zu tz 24 — V 481/05, 377/07; RGZ. Bd. 45 S. 297, vgl. auch Bd. 86 S. 234 in Abs. 2). Zutreffend hat das Berufungsgericht den Betrieb der Beklagten, auch soweit er der Zerlegung von Granatzündern gewidmet war, als Anlage zur Feuerwerkerei im Sinne des § 16 GewO, angesehen. Daß die von der Beklagten, einer Fabrik für Gas- und Wasser­ leitungsarmaturen, ursprünglich während der Kriegszeit betriebene Herstellung von Granatzündern zur Feuerwerkerei i. S. des § 16 GewO, gehört, kann nicht zweifelhaft sein. Der Ausdruck umfaßt nach all­ gemeinem Sprachgebrauch nicht nur das sog- Lustfeuerwerk (Veranstal­ tung von Feuerwerk zu festlichen Zwecken), sondern auch — und dies insbesondere auch nach militärischem Sprachgebrauch — das sogenannte Kriegs- oder Ernstfeuerwerk, darunter auch die Herstellung von Munition, Zündern und besonderen Kriegsfeuern. Es wäre in nichts begründet, anzunehmen, daß die Gewerbeordnung nur Lustfeuerwerk im Auge habe. So geht denn auch die übereinstimmende Meinung der Kom­ mentare zur GewO. (Landmann, Erl. 6 und v. Rohrscheidt, Erl.27,

Hoffmann, Erl. 6 zu § 16 u. a. m.) dahin, daß zur Feuerwerkerei auch Gegenstände der Gewehr- und Geschützmunition gehören. Nichts beweist hiergegen, daß das preußische Handelsministerium MinBl. 1904 S. 349) die Genehmigungspflicht verneint hat für „königliche" smilitärfiskalische) Munitionswerkstätten, wofür nähere Gründe nicht angegeben sind. Hier kommt deshalb nichts darauf an, weil der Unfall nicht in einer staatlichen — „königlichen" — Munitionswerkstätte des Heeres­ fiskus geschehen ist, sondern in einem rein privaten, auf gewerblichen Erwerb gerichteten Betrieb, der auf militärische Bestellungen arbeitete. War die Betriebsanlage zur Herstellung von Granatzündern genehmigungspflichtig i. S. des § 16 GewO., so hat sie nicht auf­ gehört, dies zu sein dadurch, daß der Betrieb auf die Zerlegung von Zündern umgestellt worden ist. Das aus den Zündern zurück­ gewonnene Pikrin war an die Heeresverwastung abzuliefern. Die Anlage bot unter den veränderten Umständen offenbar gleichartige Gefahren wie zuvor. Sie blieb eine Anlage „zur Feuerwerkerei", auch wenn sie nur die Umarbeitung der Zünder oder die Wieder­ gewinnung der Pikrinsäure zum Gegenstand hatte. Nach dem teils festgestellten teils unstreitigen Sachverhalt ist klar, daß die Hantierung mit den im Zünder verarbeiteten Explosivstoffen (Pikrin, Knallqueck­ silber) die Gefährlichkeit des Betriebs ausmachte. Diese Hantierung ist unter den hier in Betracht kommenden Gesichtspunkten der gesetz­ lichen Fürsorge bei der Zerlegung der Zünder gleich zu bewerten, wie bei deren Herstellung. Nach der unangefochtenen Feststellung des Berufungsgerichts ist der Zerlegungsbetrieb der Beklagten unter dem 6. Februar 1919 von dem zuständigen Regierungspräsidenten genehmigt worden. Es hat sich also der Unfall vom 25. März 1920 in einer nach § 16 GewO, genehmigungspflichtigen und genehmigten Anlage zur Feuerwerkerei ereignet. Es braucht deshalb nicht untersucht zu werden, ob etwa auch eine Anlage „zur Bereitung von Zündstoffen" im Sinne des § 16 GewO, als gegeben anzusehm ist und weiter, ob eine sicherheitspolizei­ liche Genehmigung nach § 1 des Sprengstoffges. v. 9. Juni 1884 erteilt war und welche rechtliche Bedeutung einer solchen für den Anspmch aus § 907 BGB. beizumessen wäre. 2. Nach Ansicht des Berufungsgerichts wären die Kläger, da von der Betriebsanlage der Beklagten für die klägerischen Grundstücke mit Sicherheit eine unzulässige Einwirkung zu gewärtigen gewesen sei, auf Grund des § 907 BGB. berechtigt gewesen, die Beseitigung der gefährlichen Anlage, so auch der für die Zünderzerlegung dienen­ den Maschinen und Gerätschaften, oder aber, was demgegenüber ein Weniger sei, die Unterlassung des Gebrauchs der Anlage, also die Einstellung des Betriebs, zu verlangen.

Die „Beseitigung" der Anlage konnten die Kläger nun allerdings, solange keine Explosion erfolgt und kein Schaden auf den klägerischen Grundstücken entstanden war, nach § 907 Satz 2 nicht verlangen, so­ fern die Anlage etwaigen landesgesetzlichen Vorschriften, die einen be­ stimmten Abstand von der Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vor­ schreiben, genügte svgl. Warneyer 1914 Nr. 251). Ob diese Beschrän­ kung auch für den vom Berufungsgericht — an sich zutreffend — als ein Weniger bezeichneten Anspruch auf Unterlassung des Gebrauchs der Anlage oder auf Betriebseinstellung zu gelten hätte, ist aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht ohne weiteres zu entnehmen (vgl. Mot. Bd. 3 S. 294/295, Prot. Bd. 3 S. 159/160) und mag zweifelhaft erscheinen, braucht aber hier nicht entschieden zu werden. Denn über die in § 907 Satz 2 geordneten tatsächlichen und rechtlichen Voraus­ setzungen ist nichts festgestellt; die Beklagten selbst, deren Sache es gewesen wäre, die Ausnahmevorschrift des § 907 Satz 2 für sich geltend zu machen (vgl. Komm. v. RGR. § 907 Erl. 8), haben sich auf eine landesgesetzliche Vorschrift der dort gedachten Art und auf deren Erfüllung zur Verteidigung gegenüber den Klagansprüchen nicht berufen. Es ist also davon auszugehen, daß den Klägern auf Grund des § 907 BGB. gegenüber den Beklagten mindestens ein Anspruch auf Unterlassung des Gebrauchs der Anlage oder auf Betriebseinstellung zugestanden hätte, und daß den Klägern dieser Anspmch durch die Vorschrift des § 26 GewO, entzogen worden ist. Das angefochtene Urteil gründet sich mithin auf die unmittelbare Anwendung des § 26 GewO., nicht etwa aus den in der Recht­ sprechung weitergebildeten allgemeinen Rechtsgedanken, daß, wo die Ausübung von Privatrechten hinter höheren Interessen der Allgemein­ heit zurückstehen muß, der zur Aufopferung eines Privatrechts Genötigte hierfür einen Anspruch auf Schadensersatz erhalten müsse, der vom Nachweis eines Verschuldens auf feiten des Schädigers unabhängig ist (vgl. RGZ. Bd. 100 S. 69, Bd. 101 S. 102). Der in § 26 GewO, zugebilligte Schadloshaltungsanspruch setzt nach fester Rechtsprechung (RGZ. Bd. 47 S. 99, Bd. 50 S. 229 und die vorangeführte Entsch.) kein Verschulden auf feiten des Schadloshaltungspflichtigen voraus, weil und soweit dem Beschädigten das Recht, sich der Bedrohung oder Schädigung seines Eigentums zu erwehren, durch das Gesetz entgegen ist; der Schadloshaltungsanspruch steht unter dem allgemeinen Gesichts­ punkt der Enteignung. Die Schadloshaltungspflicht umfaßt den gesamten Schaden, der auf die Einwirkung der konzessionierten Anlage zurückzuführen ist; der konzessionierte Betriebsunternehmer hat dem Grundstückseigentümer, weil dieser lediglich wegen der Konzessionierung kein Abwehrrecht hat, den Schaden, der durch eine solche Einwirkung,

als Ganzes betrachtet, entsteht,-in vollem Umfange zu ersetzen (Warneyer 1911 Nr. 404). Allerdings soll dieser vom Nachweis eines Verschuldens befreite Schadloshaltungsanspruch aus § 26 GewO, nach einer in. der Recht­ sprechung des V. Zivilsenats wiederholt kundgegebenen Rechtsauffassung nur gewährt werden für gegenwärtige sWarneyer 1915 Nr. 141 auf S. 211 in Abs. 2) und künftige Schäden, nicht auch für solche Schäden, die in der Vergangenheit, d. i. vor der Klagerhebung liegen )JW. 1905 S. 503 Nr. 36, Gruchot Bd. 50 S. 411, IW. 1912 S. 869 Nr. 28, Warneyer 1915 Nr. 81, auch Urt. v. 24. Februar 1921 V 206/20). Für diese vergangenen Schäden deshalb nicht, weil die Schadloshaltungs­ klage aus § 26 GewO, die Klage auf Einstellung des Betriebs er­ setze, also nicht wegen solcher Schäden eingreife, die, weil in der Ver­ gangenheit liegend, auch mit der Einstellungsklage nicht hätten ver­ hindert werden können; solche vergangme Schäden erforderten den Nachweis eines Verschuldens des Schädigers nach den allgemeinen Grundsätzen. Diese Einschränkung ist nicht unwidersprochen geblieben (vgl. bes. Riehl in Gruch. Bd. 51 S. 155; Kretzschmar, Sachen­ recht § 906 Erl. 4a; Komm. v. RGR. Bd. 1 S. 990 in Vordem. 1 vor § 823; Planck-Strecker an der in § 907 Erl. 4 Abs. 4 be­ zogenen Stelle S. 263/264 Erl. 2 zu § 903; vgl. auch Gierke, deutsches Privatrecht Bd. 11 § 126 Anm. 15); sie ist übrigens auch nur für die unmittelbare Anwendung des § 26 GewO-, nicht für den in der Rechtsprechung auf der Grundlage dieser und ähnlicher Vor­ schriften weiter entwickelten allgemeinen Rechtsgedanken des bereits oben wiedergegebenen Inhalts svgl. z. B. RGZ. Bd. 58 S. 130, Bd. 70 S. 150 Bd. 100 S. 72, Bd. 101 S. 102) für geboten erachtet worden. Im vorliegenden Falle ist nur solcher Schaden eingeklagt, der vor der Klagerhebung entstanden ist. Für die hierüber zu gebende Entscheidung erschien es indessen nicht geboten, die in jener einschränken­ den Rechtsprechung behandelte Frage — ob Verschuldens-, ob Gefähr­ dungshaftung — rechtsgrundsätzlich zum Austrag zu bringen. Denn der leitende Gedanke jener Rechtsprechung, daß die Schadloshaltungs­ klage nur die Klage auf Einstellung des Betriebs vertrete und deshalb nicht auf Erstattung von Schaden gerichtet werden könne, der auch mit der Einstellungsklage nicht verhindert worden wäre, kann für einen Fall wie den gegenwärtigen nicht durchgreifen. Das Wesentliche des in § 907 BGB. gewährten Eigentumsschutzes ist die Erweiterung des negatorischen Anspruchs zu einem vorbeugenden Schutzmittel; die un­ zulässige Einwirkung auf das Grundstück braucht regelmäßig nicht abgewartet zu werden, vielmehr kann schon von Anfang an einer mit Sicherheit vorauszusehenden Einwirkung solcher Art mit einer abwehren­ den Klage entgegengetreten werden. Diese Klage auf (Beseitigung der

Anlage oder auf) Einstellung des Betriebs, die hier den Klägern nach § 907 zugestanden hätte, war ihnen schon in der Vergangenheit durch die Vorschrift des § 26 GewO, entzogen, solange der gefährdende Be­ trieb der Beklagten bestand; den hieraus erwachsenen Schaden machen die Kläger nunmehr in seiner Gesamtheit geltend. Er wäre ver­ hütet worden, wenn die Kläger in der Vergangenheit nach § 907 mit Erfolg hätten vorgehen, 'd. h. wenigstens auf Einstellung des Betriebs hätten klagen dürfen. Für die gesetzlich entzogene Möglichkeit dieser Rechtsverfolgung billigt das Gesetz den Schadloshaltungsanspruch ohne die Voraussetzung des Verschuldens zu; die jetzt erhobene Schadlos­ haltungsklage stellt den Ersatz für jene Rechtsentziehung mit der ganzen Reihe ihrer Schadensfolgen dar. Hiervon den vor der Klagerhebung entstandenen Schaden auszuschließen, wäre auch offensichtlich unbillig, da den Klägern jede frühere Klagmöglichkeit bei der gegebenen Sach­ lage fehlte. Es kann nicht im Sinne des § 26 GewO, liegen, dem aus § 907 BGB. Berechtigten die Schadloshaltung in der entscheiden­ den Richtung und in ihrem wesentlichen Umfang zu versagen. Wie denn übrigens auch die angeführten Entscheidungen des V. Zivilsenats einen Fall des § 907 BGB. noch nicht behandelt haben. 3. Zutreffend geht das Berufungsgericht im übrigen davon aus, daß der erhobene Anspruch einen ursächlichen Zusammenhang des Be­ triebes der Beklagten mit dem eingetretenen Schaden voraussetzt. Die Beklagte hatte nun behauptet, daß entweder ein verbrecherischer Anschlag gegen die Beklagten mittels von außen hineingebrachten Pikrins vor­ liege oder das Pikrin entwendet und zur Herbeiführung der Explosion verwendet worden sei, nachdem es den Betrieb verlassen hatte. In beiden Fällen wäre ein ausreichender Zusammenhang des Schadens­ falls mit dem Betrieb und der Anlage der Beklagten nicht mehr ge­ geben. Das Berufungsgericht hat die für jene Darstellung angebotenen Beweise nicht erhoben. Der Rechtsstreit war daher zur Erörterung dieses Vorbringens der Beklagten an das Berufungsgericht zurück­ zuverweisen. (Wird näher dargelegt.)

?5. Was ist unter der „Zeit des Eintritts gemachten Scheidungsgrundes" in § 1574 stehen, wenn ein Gesamtverhalten des einen den Scheidungsgrnnd nach § 1568 IV. Zivilsenat.

des vom Kläger geltend Abs. 3 BGB. zu ver­ oder anderen Ehegatten BGB. bildet.

Urt. v. 23. Januar 1922 i. S. Ehern. B. (Kl.) w. Ehefr. B. (Bekl.). IV 307/21.

I. Landgericht Ulm. — II. Oberlandesgericht Stuttgart.

Anlage oder auf) Einstellung des Betriebs, die hier den Klägern nach § 907 zugestanden hätte, war ihnen schon in der Vergangenheit durch die Vorschrift des § 26 GewO, entzogen, solange der gefährdende Be­ trieb der Beklagten bestand; den hieraus erwachsenen Schaden machen die Kläger nunmehr in seiner Gesamtheit geltend. Er wäre ver­ hütet worden, wenn die Kläger in der Vergangenheit nach § 907 mit Erfolg hätten vorgehen, 'd. h. wenigstens auf Einstellung des Betriebs hätten klagen dürfen. Für die gesetzlich entzogene Möglichkeit dieser Rechtsverfolgung billigt das Gesetz den Schadloshaltungsanspruch ohne die Voraussetzung des Verschuldens zu; die jetzt erhobene Schadlos­ haltungsklage stellt den Ersatz für jene Rechtsentziehung mit der ganzen Reihe ihrer Schadensfolgen dar. Hiervon den vor der Klagerhebung entstandenen Schaden auszuschließen, wäre auch offensichtlich unbillig, da den Klägern jede frühere Klagmöglichkeit bei der gegebenen Sach­ lage fehlte. Es kann nicht im Sinne des § 26 GewO, liegen, dem aus § 907 BGB. Berechtigten die Schadloshaltung in der entscheiden­ den Richtung und in ihrem wesentlichen Umfang zu versagen. Wie denn übrigens auch die angeführten Entscheidungen des V. Zivilsenats einen Fall des § 907 BGB. noch nicht behandelt haben. 3. Zutreffend geht das Berufungsgericht im übrigen davon aus, daß der erhobene Anspruch einen ursächlichen Zusammenhang des Be­ triebes der Beklagten mit dem eingetretenen Schaden voraussetzt. Die Beklagte hatte nun behauptet, daß entweder ein verbrecherischer Anschlag gegen die Beklagten mittels von außen hineingebrachten Pikrins vor­ liege oder das Pikrin entwendet und zur Herbeiführung der Explosion verwendet worden sei, nachdem es den Betrieb verlassen hatte. In beiden Fällen wäre ein ausreichender Zusammenhang des Schadens­ falls mit dem Betrieb und der Anlage der Beklagten nicht mehr ge­ geben. Das Berufungsgericht hat die für jene Darstellung angebotenen Beweise nicht erhoben. Der Rechtsstreit war daher zur Erörterung dieses Vorbringens der Beklagten an das Berufungsgericht zurück­ zuverweisen. (Wird näher dargelegt.)

?5. Was ist unter der „Zeit des Eintritts gemachten Scheidungsgrundes" in § 1574 stehen, wenn ein Gesamtverhalten des einen den Scheidungsgrnnd nach § 1568 IV. Zivilsenat.

des vom Kläger geltend Abs. 3 BGB. zu ver­ oder anderen Ehegatten BGB. bildet.

Urt. v. 23. Januar 1922 i. S. Ehern. B. (Kl.) w. Ehefr. B. (Bekl.). IV 307/21.

I. Landgericht Ulm. — II. Oberlandesgericht Stuttgart.

Das Landgericht hat die Ehe der Parteien auf die Widerklage der Frau wegen Ehebruchs des Klägers geschieden und seine Scheidungs­ klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich der Klage zurückgewiesen und die Ehe auf die Widerklage nicht wegen Ehebruchs, sondern wegen ehewidrigen Ver­ haltens des Klägers (§ 1568 BGB.) geschieden. Der Kläger.hat Revision eingelegt und beantragt, die Ehe der Parteien aus Verschulden der Beklagten zu scheiden. Die Revision hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Die Revision rügt Verletzung des § 1574 Abs. 3 Halbsatz 2 BGB. Sie macht geltend: In die Zeit vor der vom Berufungs­ gericht festgestellten Verzeihung fielen die Verfehlungen der Frau durch Beleidigung und durch Beiseiteschaffung von Lebensmitteln. Der Aus­ spruch der Scheidung gegen den Mann sei wenigstens mit auf eine vor jene Verzeihung fallende Verfehlung gestützt, nämlich auf den Brief des Klägers vom 1. Februar 1919. Insofern habe also eine Zeit lang Scheidungsrecht gegen Scheidungsrecht gestanden. Die Frau hätte also für mitschuldig erklärt werden müssen. Die Rüge ist nicht begründet. Die Verzeihung findet das Berufungsgericht darin, daß die Parteien bis spätestens Juni 1919 den ehelichen Verkehr fort­ gesetzt habm. Die wörtlichen Beleidigungen, deren sich die Beklagte schuldig gemacht hat, fallen nach der Feststellung des Berufungs­ gerichts etwa in den März 1919, das Beiseiteschaffen von Lebens­ mitteln in dieselbe Zeit. Zur Widerklage läßt das Berufungsgericht es dahingestellt, vb der Ehebruch, den der Kläger geständlich im Jahre 1914 mit der Zeugin W. begangen hat, wie die Beklagte behauptete und das Land­ gericht festgestellt hat, erst nach dem 17. Juli 1919 oder, wie der Kläger in der Berufungsinstanz angab, schon im Frühjahr 1915 zur Kenntnis der Beklagten gekommen und deshalb von der Verzeihung betroffen ist. Es scheidet die Ehe auf die Widerklage wegen der vom Kläger der W. in den Briefen vom 1. Februar und 10. November 1919 gemachten Heiratsanträge. Danach muß der Revision als möglich zugegeben werden, daß die von der Beklagten verübten Ehewidrigkeiten, nämlich die Beleidigungen und die Beiseiteschaffung von Lebensmitteln, der vom Kläger mit der Absendung des Briefes vom 1. Februar 1919 begangenen Verfehlung eine gewisse Zeit unverziehen gegenüber ge­ standen haben. Allein das Berufungsgericht findet, wie seine Aus­ führungen ergeben, den Scheidungsgrund nicht in dem ersten — vor der Verzeihung liegenden — Heiratsantrag allein, sondern in dem mit einer rechten ehelichen Gesinnung nicht vereinbaren Gesamtverhalten des Klägers, wie es in seinen beiden Briefen vom 1. Febmar und 10. November 1919 zum Ausdruck gekommen ist. Bildet aber ein

88

26.

Unlauterer Wettbewerb.

Berwechselungsgefahr von Büchertiteln.

Gesamtverhalten des einen Ehegatten erst den Scheidungsgrund nach § 1568 BGB., so trifft § 1574 Abs. 3 Halbsatz 2 nur zu, wenn der vollendete Scheidungsgrund dem auf der anderen Seite gegebenen Scheidungsgrund unverjährt oder unverziehen gegenüber gestanden hat (vgl. Urteile des RG. vom 28. Februar 1914 IV 624/13, vom 29-. März 1915 IV 536/14, Warneyer 1915 Nr. 145, vom 30. Mai 1918 IV 122/18). Allerdings hat das Reichsgericht in Fällen, in denm sich mehrere inzwischen verjährte oder verziehene Ehebrüche beider Teile eine Zeit lang unverjährt und unverziehen gegenüber gestanden hatten und nur ein Teil das bisherige ehebrecherische Verhältnis fort­ gesetzt hatte, ohne daß insoweit sein Recht auf Scheidung durch Ver­ zeihung oder Zeitablauf ausgeschlosien war, die Anwendbarkeit des § 1574 Abs. 3 Halbsatz 2 bejaht (Urt. vom 13. Mai 1918 IV 55/18' vom 16. April 1921 V 49/21). Aber diese Fälle unterscheiden sich von dem vorliegenden dadurch, daß jeder Ehebruch für sich allein den vollen Tatbestand eines Scheidungsgrundes bildet (§ 1565 BGB.)i während im vorliegenden Falle der Tatbestand des § 1568 BGB. erst nach der Verzeihung erfüllt wurde, vorher also ein Scheidungs­ grund noch nicht gegeben war. Der erste Angriff der Revision erweist sich danach als unbegründet....

26. 1. Inwieweit muß der Titel einer Druckschrift neu sein, um als „besondere Bezeichnung" im Sinne des § 16 UWG. zu gelten? 2. Kommen unerhebliche Gesichtspunkte für die Neuheit des Titels oder der Urheberrechtsschutz der Druckschrift für den Schutz des Titels aus § 16 UWG. in Betracht? 3. Wird dadurch, daß jemand ein älteres Werk fortsetzt und durch Wahl entsprechender Titel den Eindruck der Zusammengehörig­ keit des Ursprvngswerks nnd der Fottsetzungen hervorruft, ein Recht ans § 16 UWG. begründet, einem anderen zu untersagen, das gleiche zu tuu? II. Zivilsenat. Urt. v. 17. Februar 1922 i. S. A. W. Verlagsbuch­ handlung (Bekl.) w. G. W. Verlag (Kl.). II 456/21. I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Im Verlage der Klägerin sind die beiden Werke „Trotzkopfs Brautzeit" und „Aus Trotzkopfs Ehe" — ersteres im Jahre 1892, letzteres 1895 — erschienen. Verfasserin beider ist Frau Else W. geb. F. F. Unter dem Namen Emmy von Rhoden hatte ihre Mutter Frau Emmy F. F. nn Jahre 1885 im Verlage der Klägerin ein

88

26.

Unlauterer Wettbewerb.

Berwechselungsgefahr von Büchertiteln.

Gesamtverhalten des einen Ehegatten erst den Scheidungsgrund nach § 1568 BGB., so trifft § 1574 Abs. 3 Halbsatz 2 nur zu, wenn der vollendete Scheidungsgrund dem auf der anderen Seite gegebenen Scheidungsgrund unverjährt oder unverziehen gegenüber gestanden hat (vgl. Urteile des RG. vom 28. Februar 1914 IV 624/13, vom 29-. März 1915 IV 536/14, Warneyer 1915 Nr. 145, vom 30. Mai 1918 IV 122/18). Allerdings hat das Reichsgericht in Fällen, in denm sich mehrere inzwischen verjährte oder verziehene Ehebrüche beider Teile eine Zeit lang unverjährt und unverziehen gegenüber gestanden hatten und nur ein Teil das bisherige ehebrecherische Verhältnis fort­ gesetzt hatte, ohne daß insoweit sein Recht auf Scheidung durch Ver­ zeihung oder Zeitablauf ausgeschlosien war, die Anwendbarkeit des § 1574 Abs. 3 Halbsatz 2 bejaht (Urt. vom 13. Mai 1918 IV 55/18' vom 16. April 1921 V 49/21). Aber diese Fälle unterscheiden sich von dem vorliegenden dadurch, daß jeder Ehebruch für sich allein den vollen Tatbestand eines Scheidungsgrundes bildet (§ 1565 BGB.)i während im vorliegenden Falle der Tatbestand des § 1568 BGB. erst nach der Verzeihung erfüllt wurde, vorher also ein Scheidungs­ grund noch nicht gegeben war. Der erste Angriff der Revision erweist sich danach als unbegründet....

26. 1. Inwieweit muß der Titel einer Druckschrift neu sein, um als „besondere Bezeichnung" im Sinne des § 16 UWG. zu gelten? 2. Kommen unerhebliche Gesichtspunkte für die Neuheit des Titels oder der Urheberrechtsschutz der Druckschrift für den Schutz des Titels aus § 16 UWG. in Betracht? 3. Wird dadurch, daß jemand ein älteres Werk fortsetzt und durch Wahl entsprechender Titel den Eindruck der Zusammengehörig­ keit des Ursprvngswerks nnd der Fottsetzungen hervorruft, ein Recht ans § 16 UWG. begründet, einem anderen zu untersagen, das gleiche zu tuu? II. Zivilsenat. Urt. v. 17. Februar 1922 i. S. A. W. Verlagsbuch­ handlung (Bekl.) w. G. W. Verlag (Kl.). II 456/21. I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Im Verlage der Klägerin sind die beiden Werke „Trotzkopfs Brautzeit" und „Aus Trotzkopfs Ehe" — ersteres im Jahre 1892, letzteres 1895 — erschienen. Verfasserin beider ist Frau Else W. geb. F. F. Unter dem Namen Emmy von Rhoden hatte ihre Mutter Frau Emmy F. F. nn Jahre 1885 im Verlage der Klägerin ein

Werk mit dem Titel „Der Trotzkopf, eine Penfionsgeschichte" erscheinen lassen. Nachdem mit dem Ende des Jahres 1915 die 30 jährige Urheberrechts-Schutzfrist für dieses Werk, dessen Verfasserin noch im Jahre 1885 verstorben war, abgelaufen war, sind im Verlage der Beklagten zunächst auch dieses Werk „Der Trotzkopf" von Emmy von Rhoden und dann im Jahre 1916 „Trotzkopfs Erlebnisse im Weltkriege" und im Jahre 1919 „Trotzkopf heiratet" erschienen. Ver­ fasserin dieser beiden Bücher ist die Schriftstellerin Maria M., die sich für beide des Decknamens Marie von Felsenegg bedient hat. Sowohl diese wie die beiden im Eingänge genannten Werke stellen sich als Fortsetzungen des Buches „Der Trotzkopf, eine Pensionsgeschichte" von Emmy von Rhoden dar. Die Klägerin erblickt in dem Gebrauch des Wortes „Trotzkopf" in den- Titeln der bei der Beklagten erschienenen beiden genannten Werke von.Marie von Felsenegg die Gefahr der Verwechselung mit den in ihrem Verlage erschienenen beiden Büchern von Else W. Die Verwechselungsgefahr ist ihrer weiteren Ansicht ngch bei der weiten Verbreitung ihrer beiden Bücher von der Beklagten durch die Wahl der Titel mit dem Schlagwort „Trotzkopf" auch ab­ sichtlich herbeigeführt. Hierauf gestützt erhob sie Klage aus § 16 und '§ 1 UWG. auf Unterlassung der Weiterbenutzung der angegebenen Titel beider Werke. Die Beklagte bestritt die Schutzfähigkeit der Titel der beiden Werke der Frau Else W. sowie die Verwechselungsfähigkeit und be­ antragte widerklagend die Feststellung ihres Rechts auf weiteren Vertrieb beider Werke. Während das Landgericht die Klage abwies und den Widerklage­ anträgen gemäß erkannte, hat das Kammergericht der Klage statt­ gegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Gründe: Der Klaganspmch ist gerichtet auf Unterlassung der Weiter­ benutzung der Titel „Trotzkopf heiratet" und „Trotzkopfs Erlebnisse im Weltkriege" für die beiden von der Beklagten verlegtm Bücher wegen Verwechselungsgefahr jener Titel mit den Titeln der Werke der Frau W. Es handelt sich daher nur um die Vergleichung dieser beiderseitigen Titel. Denn eine Gefahr der Verwechselung der von der Klägerin beanstandeten Titel mit dem Titel „Der Trotzkopf" des Werkes der Frau F. F. wird von der Klägerin nicht geltend gemacht. Der Anspruch stützt sich auf §§ 16 und 1 UWG. Nach § 16 ist der befugterweise benutzte Titel eines schriftstellerischen Werkes als dessen „besondere Bezeichnung" gegen die Verwechselungsgefahr mit dem Titel des später erschienenen Werkes eines anderen geschützt, falls er -eine freigewählte Bezeichnung darstellt, die nicht nur dazu bestimmt,

90

26. , Unlauterer Wettbewerb.

Verwechselungsgesahr von Bücherttteln.

sondern auch dazu geeignet ist, sie von anderen Druckschriften zu unterscheiden. Die Bezeichnung muß also für die in Frage kommenden Kreise neu und eigentümlich sein. Doch ist beides relativ zu verstehen. Absolute Neuheit oder Eigenart ist nicht erforderlich, da urheberrecht­ liche Gesichtspunkte ausscheiden. Die Streitfrage, ob Büchertitel über­ haupt urheberrechtlich geschützt sind, also ihre Nachahmung als Nach­ druck anzusehen ist, oder dieser Schutz sich allein auf das Schriftwerk und seine Teile beschränkt, hat daher für § 16 UWG. keine Bedeutung. Die Jndividualisierungskreft für die in Frage kommenden Verkehrs­ kreise wird aufgehoben, wenn schon für ein anderes Werk — ohne Rücksicht darauf, ob bei diesem wegen Ablaufs der 30 jährigen Schutz­ frist des Urheberrechts der Nachdruck erlaubt ist — ein gleicher oder ähnlicher Titel in Gebrauch ist. Daß letzteres hier der Fall sei, weil das Kernwort „Trotzkopf" bereits a,ls Titel der Pensionsgeschichte „Der Trotzlopf" der verstorbenen Schriftstellerin Emmy von Rhoden sFrau F. F.j verwendet wurde, nimmt das Landgericht an. Es sieht daher die Voraussetzung der „besonderen Bezeichnung" hier nicht als gegeben an und weist deshalb unter weiterer Verneinung eines Ver­ stoßes gegen die guten Sitten die Klage ab. Das Kammergericht legt für die von ihm im Gegensatz hierzu angenommene. Unterscheidungs­ kraft jener Büchertitel gegenüber dem Titel „Der Trotzkopf" das ent­ scheidende Gewicht darauf, daß das allerdings schlagwortartig voran­ gestellte Wort „Trotzkopf" grammatisch mit der Angabe wichtiger Lebensvorgänge und Lebensumstände der Heldin, der. Geschichte in Ver­ bindung gesetzt wird. Diese Feststellung läßt einen Rechtsirrtum nicht erkennen, wird attch von der Revision im Gegensatz zu dem von der Beklagten in den Vorinstanzen vertretenen Standpunkt nicht bemängelt. Die Revision greift vielmehr die vom Kammergericht weiter an« genommene Verwechselungsfähigkeit der Titel der beiden Werke der Frau W. „Trotzkopfs Brautzeit" und „Aus Trotzkopfs Ehe" mit den im Eingänge angegebenen Titeln der beiden später, nämlich in den Jahren 1916 und 1919 im Verlage der Beklagten erschienenen, von der Schriftstellerin Maria M. unter ihrem Schriftstellernamen Marie von Felsenegg verfaßten Werke an. Das Kammergericht entnimmt der „Ähnlichkeit der Wortbilder" das Bestehen der Verwechselungsgefahr vom Standpunkte des für alle vier Werke gleichen Leserpüblikums, der Jungmädchenwelt, die auf die Unterscheidungen der Titel nicht immer mit Sorgfalt achte. ®ie- Ähnlichkeit erblickt das Kammergericht in der

schlagwortartigen Voranstellung des Wortes „Trotzkopf" und in dessen enger grammatischer Verbindung mit einer besonderen Lebenslage und besonderen Umständen, in denen sich der „Trotzkopf" befindet. Die Revision rügt diese Art der Prüfung, bei der den Titeln der Bücher der Frau W. gleichsam der allgemeine Oberbegriff, daß es sich

dort um das Wort „Trotzkopf" in Verbindung mit der Angabe wichtiger Lebensvorgänge und Lebensumstände der Heldin der Geschichte handle, entnommen und, da er auch auf die Titel der beiden bei der Beklagten verlegten Werke zutreffe, ohne weiteres Verwechselungssähigkeit angenommen werde, anstatt zu prüfen, ob nicht gleichwohl nach den besonderen Umständen des Falles die Titel der letzteren Werke von denen der ersteren sich ausreichend für den Verkehr unterschieden. Letzteres sei zum mindesten bei den Büchertiteln der Frau W. und dem Titel „Trotzkopfs Erlebnisse im Weltkriege" der Fall. Auch der Schriftstellername „Marie von Felsenegg" sei dem in Betracht kommen­ den Leserpublikum geläufig und wirke daher ebenfalls als unter­ scheidendes Kennzeichen. Das Kammergericht habe diese in der Be­ rufungsbeantwortung enthaltene Behauptung der Beklagten, daß Marie von Felsenegg eine bekannte Jugendschriftstellerin sei, die ihr Leserpublikum habe, dw Beklagte habe von deren Jugendschriften etwa 11/2 ^010^« Bände vertrieben, überhaupt nicht berücksichtigt. Das Urteil verstoße daher auch gegen Prozeßgesetze (§ 286 ZPO.). Den Angriffen der Revision kann der Erfolg nicht versagt werden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen erkennen, daß es bei Feststellung der Verwechselungsgefahr zum Teil von rechtsirrtümlichen Voraussetzungen ausgeht, zum Teil von der Beklagten behauptete, für die Beurteilung dieser Frage nicht ohne weiteres unerhebliche Tatsachen ganz unberücksichtigt gelassen hat. Das Berufungsgericht mußte den Gesamteindruck der beiderseitigen Büchertitel nach Bild- und Klang­ wirkung prüfen und ihren Sinn berücksichtigen, anstatt die' Ver­ wechselungsgefahr zunächst ausschließlich auf das ganz formalistische Moment, daß auch hier eine grammatische Verbindung des Wortes „Trotzkopf" mit der Angabe wichtiger Lebensumstände und Lebens­ vorgänge vorliegt, zu stützen. Dann hätte es vom Standpunkte des für die Werke als Käufer in Betracht kommenden Leserpublikums junger Mädchen, die nach dem Erinnerungsbilde urteilen, das sich ihnen von den Titeln der Werke der Frau W. eingeprägt hat, und die beim Anblicke der Titel der beiden bei der Beklagten verlegten Werke der Frau von Felsenegg keine andere als die übliche Aufmerksamkeit aufwenden, eine Verwechselungsgefahr zwischen den Titeln der beiden bei der Klägerin verlegten Werke und dem Titel des bei der Beklagten verlegten Werkes „Trotzkopfs Erlebnisse im Weltkriege" nicht feststellen könnefi. „Brautzeit" und „Ehe" sind für niemanden, am wenigsten für junge Mädchen, verwechselungsfähig mit „Erlebnissen im Welt­ kriege". Grundsätzlich verfehlt ist auch der weitere, von der Revision be­ kämpfte Standpunkt des Kammergerichts, die Verwechselungsgefahr ergebe sich besonders auch daraus, daß die beiden Werke der Frau W.

92

26.

Unlauterer Wettbewerb.

Verwechselungsgefahr von Bücherttteln.

und das ihrer Mutter schon rein äußerlich als Teile einer einheitlichen Bücherreihe erschienen und durch die beanstandeten Büchertitel nur allzuleicht der Jrttum erweckt werden könne, als gehörten auch die letztgedachten Bücher in jene Reihe. Der Klägerin ist, wie die Revision mit Recht betont, nicht der Gedanke der Trotzkopfserie als solcher geschützt, und zwar-schon deshalb nicht, weil sowohl das ursprüngliche Werk „Der Trotzkopf", deren Verfasserin die Mutter der Frau W. ist, wie auch das holländische Werk „Trotzkopf als Großmutter", deren Verfasserin Suse la Chapelle-Robood ist, tn fremdem Verlage erscheinen, das ursprüngliche Werk nach Ablauf der 30jährigen Schutzfrist als Nachdruck sogar auch im Verlage der Beklagten. Die Klägerin hat lediglich Anspruch darauf, daß ein anderer Verlag nicht Werke unter Büchertiteln erscheinen läßt, die mit den Titeln der bei ihr bereits früher verlegten Werke der Frau W. „Trotzkopfs Brautzeit" und „Aus Trotzkopfs Ehe" verwechselt werden können. Die Frage der Berwechselungsfähigkeit der mehrfach genannten vier Werke ist für den Rechtsstreit allein entscheidend. Lediglich nach diesem Gesichtspunkt ist die Frage zu beantworten, ob es unzulässig sei, durch Büchertitel den Eindruck zu erwecken,' als bildeten neuere Bücher Fortsetzungen älterer. Dadurch, daß Frau W. das Werk ihrer Mutter fortsetzte und durch Wahl entsprechmder Titel den Eindruck der Zusammengehörigkeit der drei Bücher hervorrief, wurde weder für sie noch für den Verlag, ab­ gesehen von urheberrechtlichen Gesichtspunkten, ein Recht darauf be­ gründet, daß nicht andere daS gleiche taten und unter Benutzung der urheberrechtlich freien erdichteten Persönlichkeit „Trotzkopf" auch für ihr Werk den Eindruck der Zugehörigkeit zu jener Bücherserie erweckten. Es. war nur geboten, daß die Titel der neuen Werke sich von denen der älteren im Sinne des § 16 UWG. mit genügender Deutlichkeit unterschieden. Die Verwechselungsfähigkeit des Büchertitels „Trotz­ kopfs Erlebnisse im Weltkriege" mit dem Titel eines der beiden genannten Werke der Frau W. ist daher schon jetzt auf Grund all­ gemeiner Lebenserfahrung unbedenklich zu verneinen. Insoweit ist die Klage daher schon jetzt abzuweisen und dem Widerklaganspruch auf Feststellung des entsprechenden Rechts der Beklagten stattzugeben. Anders verhält es sich dagegen mit dem Titel des zweiten bei der Beklagten verlegten Werkes derselben Schriftstellerin Marie von Felsenegg „Trotzkopf heiratet". Hier ist die Verwechselungsgefahr mit den Titeln der beiden Werke der Frau W. auch bei Berücksichti­ gung der oben dargelegten Grundsätze jedenfalls nicht ausgeschlofsm. Doch sind dabei die besonderen Umstände und die Behauptung, daß der Schriftstellername Marie von Felsenegg dem in Betracht kommen­ den Leserpublikum junger Mädchen als Verfasserin zahlreicher Jugend-

schristen geläufig ist und daher als unterscheidendes Kennzeichen wirkt, zu berücksichtigen. Diese Erwägungen müssen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache bezüglich des zweiten bei der Beklagten verlegten Werkes „Trotzkopf heiratet" führen, einschließlich desjenigen Teils der Widerklage, der sich auf dieses Werk bezieht.

27. Inwieweit hat bei Kündigung des Werkvertrags durch den Besteller der Unternehmer einen Anspruch auf Herausgabe des von ihm auf das Grundstück des Bestellers eingebrachten, zur Herstellung des Werkes bestimmte» Materials? VH. Zivilsenat.

Urt. v. 21.Februar 1922 i.S. H. (Bell.) w. S.(Kl.I. VII 310/21.

I. Landgericht Stuttgart, Kammer f. Handelssachen. — II. Obxrlandesgericht daselbst.

Im Juli 1914 vereinbarten die Parteien, daß die Klägerin für die Beklagte in deren beiden Fabrikgebäuden je eine Dampfheizanlage für den Gesamtpreis von 6171 herstellen sollte. Im Dezember 1915 leistete die Beklagte die vereinbarte Anzahlung. Die Anlage wurde in denr einen Gebäude fertiggestellt. Die Herstellung der anderen Anlage verzögerte sich jedoch, da sie eine Unterkellerung not­ wendig machte, die eine Stillegung der Fabrik erforderte. Die Her­ stellung ist nicht erfolgt. Eine große Anzahl von Metallteilen und anderen Gegenständen, die von der Klägerin auf das Grundstück der Beklagten geschafft worden waren, um für die einzubauende Heizanlage verwendet zu werden, lagert noch auf diesem Grundstück. Am 7. Februar 1920 sandte die Beklagte der Klägerin den Restbetrag des Werklohns zu und erklärte dabei, sie behalte die bisher angelieferten Materialien und verzichte auf weitere Dienstleistungen der Klägerin. Diese nahm die Zahlung unter Vorbehalt aller ihrer Rechte einstweilen an und erhob die jetzige Klage auf Herausgabe der Materialien. Das Land­ gericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht gab ihr statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden. Gründen:

Jede der beiden Parteien behauptet Eigentümer der im Besitze der Beklagten befindlichen, den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Sachen zu sein. Trotz ihres Besitzes steht der Beklagten die gesetzliche Vermutung des Eigentums (§ 1006 Abs. 1 BGB.) nicht zur Seite, dmn bis zur Einbringung der Sachen auf das Grundstück der Be­ klagten war die Klägerin Eigentümerin der Sachen und da sie durch

schristen geläufig ist und daher als unterscheidendes Kennzeichen wirkt, zu berücksichtigen. Diese Erwägungen müssen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache bezüglich des zweiten bei der Beklagten verlegten Werkes „Trotzkopf heiratet" führen, einschließlich desjenigen Teils der Widerklage, der sich auf dieses Werk bezieht.

27. Inwieweit hat bei Kündigung des Werkvertrags durch den Besteller der Unternehmer einen Anspruch auf Herausgabe des von ihm auf das Grundstück des Bestellers eingebrachten, zur Herstellung des Werkes bestimmte» Materials? VH. Zivilsenat.

Urt. v. 21.Februar 1922 i.S. H. (Bell.) w. S.(Kl.I. VII 310/21.

I. Landgericht Stuttgart, Kammer f. Handelssachen. — II. Obxrlandesgericht daselbst.

Im Juli 1914 vereinbarten die Parteien, daß die Klägerin für die Beklagte in deren beiden Fabrikgebäuden je eine Dampfheizanlage für den Gesamtpreis von 6171 herstellen sollte. Im Dezember 1915 leistete die Beklagte die vereinbarte Anzahlung. Die Anlage wurde in denr einen Gebäude fertiggestellt. Die Herstellung der anderen Anlage verzögerte sich jedoch, da sie eine Unterkellerung not­ wendig machte, die eine Stillegung der Fabrik erforderte. Die Her­ stellung ist nicht erfolgt. Eine große Anzahl von Metallteilen und anderen Gegenständen, die von der Klägerin auf das Grundstück der Beklagten geschafft worden waren, um für die einzubauende Heizanlage verwendet zu werden, lagert noch auf diesem Grundstück. Am 7. Februar 1920 sandte die Beklagte der Klägerin den Restbetrag des Werklohns zu und erklärte dabei, sie behalte die bisher angelieferten Materialien und verzichte auf weitere Dienstleistungen der Klägerin. Diese nahm die Zahlung unter Vorbehalt aller ihrer Rechte einstweilen an und erhob die jetzige Klage auf Herausgabe der Materialien. Das Land­ gericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht gab ihr statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden. Gründen:

Jede der beiden Parteien behauptet Eigentümer der im Besitze der Beklagten befindlichen, den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Sachen zu sein. Trotz ihres Besitzes steht der Beklagten die gesetzliche Vermutung des Eigentums (§ 1006 Abs. 1 BGB.) nicht zur Seite, dmn bis zur Einbringung der Sachen auf das Grundstück der Be­ klagten war die Klägerin Eigentümerin der Sachen und da sie durch

die Einbringung mittelbare Besitzerin im Sinne des § 868 geworden war, gilt nach § 1006 Abs. 3 die Eigentumsvermutung für sie und nicht für die unmittelbare Besitzerin (Beklagte). Der Beklagten liegt hiernach der Beweis ob, da§ sie das Eigentum erworben hat. Diesen

Beweis hat sie nicht geführt. Die Sachen sind weder mit dem Grund­ stück der Beklagten dergestalt verbunden worden, daß sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks geworden sind (§ 946), noch ist eine Einigung der Parteien dahin, daß das Eigentum auf die Beklagte übergehen sollte, von dieser auch nur behauptet worden (ß 929). Ist hiernach die Klägerin Eigentümerin der Sachen geblieben, so kann sich weiter die Beklagte ihrer Herausgabepflicht (§ 985) auch nicht unter Berufung auf den unter den Parteien geschlossenen Werkvertrag ent­ ziehen, der die Klägerin zur Einbringung der Sachen auf das Grund­ stück der Beklagten veranlaßt hat. Die Parteien sind dahin einig, daß das Vertragsverhältnis nicht mehr besteht, vielmehr jedenfalls da­ durch sein Ende erreicht hat, daß die Beklagte mittels des Schreibens vom 7. Februar 1920 unter Zahlung des Restes der vereinbarten Vergütung auf weitere Dienstleistungen der Klägerin zur Herstellung des noch nicht fettiggestellten Werks verzichtet hat. Dieser Verzicht stellt eine Kündigung des Vertrags durch den Besteller im Sinne des § 649 dar. Da im Falle solcher Kündigung der Besteller grund­ sätzlich die ganze vereinbarte Vergütung — unter Berücksichtigung der aus dem Schlußhalbsatze des § 649 sich ergebenden Anrechnungs­ befugnis — zu zahlen hat, steht ihm selbstverständlich der Anspruch zu, das Werk, soweit es hergestellt ist, und auch die zur Herstellung bestimmt gewesenen Matettalien, soweit sie schon in das Werk ver­ wendet oder in sein, des Bestellers, Eigentum übergegangen sind, zu behaüen. Ein weitergehendes Recht an den noch nicht verwendeten, wenn auch im Besitze des Bestellers verbliebenen Matettalien steht diesem jedoch nicht zu. Mögen sie auch vom Untemehmer zur Ver­ wendung für das Werk bestimmt und auch dazu geeignet oder gar nur gerade für dies Werk geeignet und dafür sogar eigens angefertigt gewesen sein, so war doch der Unternehmer nicht verpflichtet, sie gerade für dies Werk zu verwenden. Ihm allein steht die Verfügung über diese Matettalien, soweit nicht etwas anderes vereinbatt war, zu; er konnte sie 'vom Grundstück des Bestellers, auf das er sie geschafft hatte, wieder entfernen und durch andere Matettalien ersetzen. Seine Rechts­ lage gegenüber dem Besteller konnte auch selbstverständlich nicht da­ durch vettchlechtett werden, daß der Unternehmer noch vor der Kün­ digung des Bestellers diesem zur Nachholung einer bei der Herstellung des Werks erforderlichen Handlung eine fruchtlos verlaufene Fttst mit der Erklärung bestimmt hat, daß er den Vettrag kündige, wenn die Handlung nicht bis zum Ablaufe der Frist vorgenommen werde. Es

bedarf daher nicht der Prüfung, ob die Fristsetzung den Erfordernissen des § 643 entsprach. Die von der Revision vertretene Meinung, die Anfuhr des Materials auf das Grundstück der Beklagten stelle einen Teil des herzustellendcn Werkes dar, ist nach den obigen Darlegungen verfehlt. Dasselbe gilt von der Rechtsansicht, die Beklagte sei jedenfalls nur zur Herausgabe Zug um Zug gegen Rückzahlung der über den Betrag für den montierten Teil der Anlage hinaus geleisteten Zahlungen der Beklagten - verpflichtet. Diese Ansicht. steht im Widerspruch mit der Vorschrift des § 649, wonach der Unternehmer grundsätzlich die ganze vereinbarte Vergütung beanspruchen darf. Daß dabei die Beklagte sich die dort bezeichneten Ersparungen usw., die vom Besteller nach­ zuweisen sind, gefallen lassen muß, trifft zwar zu; aber das Vorliegen der Voraussetzungen einer solchen Anrechnungspflicht hat die Beklagte nicht dargetan, übrigens auch nicht einmal angegeben, welchen Betrag sie zur Anrechnung stellen will.

28: Zur Frage des Erfordernisses der Mangelanzeige außerhalb des Gebiets der beiderseitigen Handelskäufe. II. Zivilsenat.

Urt. v. 21. Februar 1922 i. S. Stadtgemeinde H. (Kl.) w. F. (Bekl.). II 358/21.

I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen.— II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Beklagte, eine Handelsfrau, hat im Dezember 1916 der klagenden Stadtgemeinde eine größere Menge Mus verkauft und ge­ liefert; das Mus sollte von der Klägerin an die Einwohner von H. entgeltlich abgegeben werden. Einige Tage nach der Ablieferung zeigte die Klägerin der Beklagten die gesundhestsgefährliche Beschaffenheit des Muses an und verlangte Wandlung des Kaufvertrags und Rück­ zahlung des Kaufpreises. Das Oberlandesgericht wies die Klage wegen verspäteter Erstattung der Mängelrüge ab. Auf die Revision der Klägerin wurde das Berufungsurtril aufgehoben und die Sache in die Berufungsinstanz zurückverwiesen.. Aus den Gründen: Nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Vorbringen der Klägerin soll deren erstmalige Mängelrüge der Beklagten am 14. De­ zember 1916 „oder kurz darauf" übermittelt worden sein. In dem für die Klägerin günstigsten Falle wurde also die Rüge am 6. Tage nach der „spätestens" am 8. Dezember 1916 erfolgten Ablieferung der Ware erstattet. Auch in diesem Falle hält sie das Oberlandesgericht nach dem von ihm analog angewendeten § 377 HGB. für verspätet.

bedarf daher nicht der Prüfung, ob die Fristsetzung den Erfordernissen des § 643 entsprach. Die von der Revision vertretene Meinung, die Anfuhr des Materials auf das Grundstück der Beklagten stelle einen Teil des herzustellendcn Werkes dar, ist nach den obigen Darlegungen verfehlt. Dasselbe gilt von der Rechtsansicht, die Beklagte sei jedenfalls nur zur Herausgabe Zug um Zug gegen Rückzahlung der über den Betrag für den montierten Teil der Anlage hinaus geleisteten Zahlungen der Beklagten - verpflichtet. Diese Ansicht. steht im Widerspruch mit der Vorschrift des § 649, wonach der Unternehmer grundsätzlich die ganze vereinbarte Vergütung beanspruchen darf. Daß dabei die Beklagte sich die dort bezeichneten Ersparungen usw., die vom Besteller nach­ zuweisen sind, gefallen lassen muß, trifft zwar zu; aber das Vorliegen der Voraussetzungen einer solchen Anrechnungspflicht hat die Beklagte nicht dargetan, übrigens auch nicht einmal angegeben, welchen Betrag sie zur Anrechnung stellen will.

28: Zur Frage des Erfordernisses der Mangelanzeige außerhalb des Gebiets der beiderseitigen Handelskäufe. II. Zivilsenat.

Urt. v. 21. Februar 1922 i. S. Stadtgemeinde H. (Kl.) w. F. (Bekl.). II 358/21.

I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen.— II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Beklagte, eine Handelsfrau, hat im Dezember 1916 der klagenden Stadtgemeinde eine größere Menge Mus verkauft und ge­ liefert; das Mus sollte von der Klägerin an die Einwohner von H. entgeltlich abgegeben werden. Einige Tage nach der Ablieferung zeigte die Klägerin der Beklagten die gesundhestsgefährliche Beschaffenheit des Muses an und verlangte Wandlung des Kaufvertrags und Rück­ zahlung des Kaufpreises. Das Oberlandesgericht wies die Klage wegen verspäteter Erstattung der Mängelrüge ab. Auf die Revision der Klägerin wurde das Berufungsurtril aufgehoben und die Sache in die Berufungsinstanz zurückverwiesen.. Aus den Gründen: Nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Vorbringen der Klägerin soll deren erstmalige Mängelrüge der Beklagten am 14. De­ zember 1916 „oder kurz darauf" übermittelt worden sein. In dem für die Klägerin günstigsten Falle wurde also die Rüge am 6. Tage nach der „spätestens" am 8. Dezember 1916 erfolgten Ablieferung der Ware erstattet. Auch in diesem Falle hält sie das Oberlandesgericht nach dem von ihm analog angewendeten § 377 HGB. für verspätet.

Die Revision bestreitet die Anwendbarkeit des § 377, da die Klägerin, wie auch das Oberlandesgericht annehme, nicht Kaufmann sei und daher ein beiderseitiges Handelsgeschäft nicht vorliege. Der Vorderrichter erachtet das' für die Kaufmannseigenschaft erhebliche Merkmal des An- und Verkaufs in Gewinnabsicht bei dem von der Klägerin bewirkten Umsatz von Lebensmitteln allerdings nicht für gegeben. Er wendet aber den § 377 HGB. mit Rücksicht darauf „analog" m, daß die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 1915 bis 1. Oktober 1916 An- und Verkäufe von Lebensmitteln im Betrage von annähernd P/a Millionen Mark getätigt habe und daß bei ihr für diesen Verwaltungszweig eine besondere Abteilung mit den nötigen Bureauangestellten und mit Hilfskräften (wie Lagerhalter, Verkäufer, Arbeiter) eingerichtet gewesen sei. Nachdem infolge der Kriegsnot­ wendigkeiten Stadtgemeinden in steigendem Umfang als An- und Verkäufer von Waren aufgetreten und sich unter Schaffung fester Or­ ganisationen mit einem großen Kreise von Lieferanten und Abnehmern in Verbindung gesetzt hätten, sei solchen Gemeinden gegenüber die An­ wendung der im Interesse höherer Rechtssicherheit und schnellerer Ab­ wicklung der Geschäfte erlassenen strengeren Vorschriften der §§ 377flg. HGB. geboten. Allein damit läßt sich die Anwendung des § 377 auf das hier streitige Kausgeschäft nicht rechtfertigen. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf zweiseitige Handelskäufe; fehlt es hieran, so kann es sich weder um ihre unmittelbare noch um ihre analoge Anwendung handeln. Zwar erfordert auch außerhalb des Anwendungsgebiets des § 377 HGB., also auch beim einseitigen Handelskauf, wie er hier vor­ liegt, der Grundsatz von Treu und Glauben im Verkehr, daß der Käufer, der die ihm abgelieferte Ware als mangelhaft beaystanden will, die Mängelanzeige nicht ungebührlich verzögert; sonst muß er sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als ob er die Ware billigte und behalten wollte. Im gegenwärtigen Falle ist aber nichts festgestellt und auch von der Beklagten nichts behauptet, was sich für die Annahme einer ungebührlichen Verzögerung der Mängelrüge ver­ werten ließe. Die von der Klägerin geschaffene Organisation zum Anund Verkaufe von Lebensmitteln kann hierzu nicht herangezogen werden. Diese bei der Stadtgemeinde H. wie bei anderen Gemeindeverwaltungen aus der Not der Zeit entstandene Einrichtung hat die Verpflichtungen der Klägerin ihren Lieferern von Lebensmitteln gegenüber nicht dahin zu steigern vermocht, daß sie grundsätzlich jede ihr zugegangme Ware, auch wenn sie äußerlich keinen Fehler aufwies, unverzüglich auf etwaige verborgene Mängel hätte untersuchen lassen und, falls ein solcher sich zeigte, dem Verkäufer alsbald Anzeige hätte erstatten müssen. Hier handelte es sich aber gerade um einen verborgenen Mangel, der nur durch chemische Untersuchung festzustellen war. Denn die ordnungs-

widrige Durchmischung des Muses mit schwefligfaurem Natron war äußerlich nicht erkennbar. Von einem schon äußerlich feststellbaren Mangel war denn auch in den Vorinstanzen nach dem Akteninhalt nie die Rede, und die Gesundheitsschädlichkeit des Muses wurde nur dadurch, daß dessen Genuß bei einigen Kindern Erkrankungen hervor­ rief, vor dem Abschluß der chemischen Untersuchung offenbar. Wegen des in der Anwendung des § 377 HGB. liegenden Rechts­ irrtums war daher das angefochtene Urteil aufzuheben. ...

29. Zum Begriff der Kostbarkeit im Sinne des Art. 3 des Inter­ nationalen Frachtübereinkommens. Können in Zeiten stetig steigender Preise auch solche Waren als Kostbarkeiten angesehen werden, die normalen Zeiten zufolge steter Gepflogenheit nicht als Kostbar­ keiten galten? I. Zivilsenat.

Urt. v. 22. Februar 1922 i. S. T. (Kl.) w. sächs. Staat (Bekl.). I 301/21.

I. Landgericht Dresden. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Gründen. Die Vorinstanzen haben die auf Zahlung von 40 000 X gerichtete Klage abgewiesen. Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Die geltend gemachte Forderung stellt den angeblichen Wert eines Frachtstücks dar, das in einer Kiste verpackt Felle enthalten haben soll, 56*/j kg wog und laut internationalen Frachtbriefs vom 28. Sep­ tember 1918 der Eisenbahn in Leipzig zur Beförderung nach Wien übergeben wurde, während der Beförderung auf der Eisenbahn aber verloren gegangen ist. Dem Schadensanspruch aus dem Fracht­ verträge gegenüber beruft sich der Beklagte darauf, daß es sich bei dem Frachtstück um eine Kostbarkeit im Sinne des Art. 3 JntFrÜb.

gehandelt und deshalb, weil die Bedingungen für die Versendung gemäß dem für Art. 3 in Betracht kommenden Tarif für den Verkehr zwischen Osterreich-Ungarn und den Deutschen Eisenbahnen von dem Kläger nicht erfüllt gewesen, seine Haftpflicht ausgeschlossen sei. Dar­ über, daß vom Kläger diese Bedingungen für die Versendung von Kostbarkeiten nicht erfüllt waren, herrscht kein Streit. Der Kläger be­ streitet, daß bei dem Frachtstück der gesetzliche Begriff der Kostbarkeit erfüllt gewesen sei. Beide Vorinstanzen sind anderer Ansicht, und dem ist zuzustimmen. Im tarifmäßigen Sinne — und darauf kommt es an — erfüllte das Frachtstück zur Zeit der Versendung (28. September 1918) dm Entlch. in Zivils. 104.

7

widrige Durchmischung des Muses mit schwefligfaurem Natron war äußerlich nicht erkennbar. Von einem schon äußerlich feststellbaren Mangel war denn auch in den Vorinstanzen nach dem Akteninhalt nie die Rede, und die Gesundheitsschädlichkeit des Muses wurde nur dadurch, daß dessen Genuß bei einigen Kindern Erkrankungen hervor­ rief, vor dem Abschluß der chemischen Untersuchung offenbar. Wegen des in der Anwendung des § 377 HGB. liegenden Rechts­ irrtums war daher das angefochtene Urteil aufzuheben. ...

29. Zum Begriff der Kostbarkeit im Sinne des Art. 3 des Inter­ nationalen Frachtübereinkommens. Können in Zeiten stetig steigender Preise auch solche Waren als Kostbarkeiten angesehen werden, die normalen Zeiten zufolge steter Gepflogenheit nicht als Kostbar­ keiten galten? I. Zivilsenat.

Urt. v. 22. Februar 1922 i. S. T. (Kl.) w. sächs. Staat (Bekl.). I 301/21.

I. Landgericht Dresden. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Gründen. Die Vorinstanzen haben die auf Zahlung von 40 000 X gerichtete Klage abgewiesen. Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Die geltend gemachte Forderung stellt den angeblichen Wert eines Frachtstücks dar, das in einer Kiste verpackt Felle enthalten haben soll, 56*/j kg wog und laut internationalen Frachtbriefs vom 28. Sep­ tember 1918 der Eisenbahn in Leipzig zur Beförderung nach Wien übergeben wurde, während der Beförderung auf der Eisenbahn aber verloren gegangen ist. Dem Schadensanspruch aus dem Fracht­ verträge gegenüber beruft sich der Beklagte darauf, daß es sich bei dem Frachtstück um eine Kostbarkeit im Sinne des Art. 3 JntFrÜb.

gehandelt und deshalb, weil die Bedingungen für die Versendung gemäß dem für Art. 3 in Betracht kommenden Tarif für den Verkehr zwischen Osterreich-Ungarn und den Deutschen Eisenbahnen von dem Kläger nicht erfüllt gewesen, seine Haftpflicht ausgeschlossen sei. Dar­ über, daß vom Kläger diese Bedingungen für die Versendung von Kostbarkeiten nicht erfüllt waren, herrscht kein Streit. Der Kläger be­ streitet, daß bei dem Frachtstück der gesetzliche Begriff der Kostbarkeit erfüllt gewesen sei. Beide Vorinstanzen sind anderer Ansicht, und dem ist zuzustimmen. Im tarifmäßigen Sinne — und darauf kommt es an — erfüllte das Frachtstück zur Zeit der Versendung (28. September 1918) dm Entlch. in Zivils. 104.

7

Begriff der Kostbarkeit. Der Umfang des Frachtstücks war nur ein geringer; nach dem feststehenden Gewicht betrug der Wert eines kg etwa 708 JI. Dieser hohe Preis war noch nicht ein Ausdruck der Entwertung der deutschen Reichsmark, da diese Entwertung zu der in Betracht kommenden Versendungszeit nicht erheblich war. Die „heutigen" Verhältniffe dürfen nicht, wie es die Revision tut, berücksichtigt werden. Es ist danach rechtlich einwandfrei und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wenn das Oberlandesgericht wie auch das Landgericht den Wert des Frachtstücks nach Umfang und Gewicht, im Vergleich zu dem anderer gewöhnlicher Frachtstücke von gleichem Umfang und Gewicht, als einen besonders hohen erachtet und damit den Begriff der Kostbarkeit als gegeben angesehen haben. Der Kläger macht weiter geltend: Die hier in Betracht kommende Ware sFelle) sei, jedenfalls bis zu dem zur Entscheidung stehenden Fall, nach Anschauung der Absender und der Eisenbahn, möge ihr Wert auch noch so hoch gewesen sein, nicht als Kostbarkeit behandelt worden. Deshalb könne, da so durch stete Gepflogenheit eine Ausnahme von dem gesetzlichen Begriff der Kostbarkeit geschaffen worden sei, der Be­ klagte sich nicht nachträglich hierauf berufen. Diese Ansicht ist verfehlt. Die Entscheidung des Reichsgerichts vom 2. Mai 1913 II 39/13 fWarneyer Bd. 1913 Nr. 440), welche der Kläger für seinen Stand­ punkt verwertet, kann ihm nicht zur Stütze dienen. Damals handelte es sich um Friedenszeiten und wesentlich gleichbleibende Verhältnisse hinsichtlich des Preises der Felle. Die auf Grund solcher Verhältniffe beobachtete Übung in der Behandlung einer Ware als Frachtstücks

kann für die ganz anders gewordenen Verhältnisse, wo die Werte ständig steigen, keine Bedeutung haben.

30. 1. Sind Kaufverträge gültig, wenn sie unter einer aufschiebendcw Bedingung geschlossen find, deren Herbeiführung ausschließlich von der Willkür des Verkäufers abhängig ist? 2. Kann ein im freien Handel geschlossenes Kaufgeschäft des-, halb als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen werden, weil der Verkänfer, nm sich gegen nicht voravssehbare Preisverschiebungen zn sichern, dem Käufer besonders lästige Bedingungen auferlegt? I., Zivilsenat.

Urt. v. 22. Februar 1922 i. S. R. & R. (Kl.) w. E. (Bell.). I 405/21.

I. Landgericht Hannover, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht Celle.

Laut Bestellscheinen vom 1. und 2. März 1920 bestellte die Be­ klagte bei der Klägerin unter deren Lieferungsbedingungen eine größere

Begriff der Kostbarkeit. Der Umfang des Frachtstücks war nur ein geringer; nach dem feststehenden Gewicht betrug der Wert eines kg etwa 708 JI. Dieser hohe Preis war noch nicht ein Ausdruck der Entwertung der deutschen Reichsmark, da diese Entwertung zu der in Betracht kommenden Versendungszeit nicht erheblich war. Die „heutigen" Verhältniffe dürfen nicht, wie es die Revision tut, berücksichtigt werden. Es ist danach rechtlich einwandfrei und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wenn das Oberlandesgericht wie auch das Landgericht den Wert des Frachtstücks nach Umfang und Gewicht, im Vergleich zu dem anderer gewöhnlicher Frachtstücke von gleichem Umfang und Gewicht, als einen besonders hohen erachtet und damit den Begriff der Kostbarkeit als gegeben angesehen haben. Der Kläger macht weiter geltend: Die hier in Betracht kommende Ware sFelle) sei, jedenfalls bis zu dem zur Entscheidung stehenden Fall, nach Anschauung der Absender und der Eisenbahn, möge ihr Wert auch noch so hoch gewesen sein, nicht als Kostbarkeit behandelt worden. Deshalb könne, da so durch stete Gepflogenheit eine Ausnahme von dem gesetzlichen Begriff der Kostbarkeit geschaffen worden sei, der Be­ klagte sich nicht nachträglich hierauf berufen. Diese Ansicht ist verfehlt. Die Entscheidung des Reichsgerichts vom 2. Mai 1913 II 39/13 fWarneyer Bd. 1913 Nr. 440), welche der Kläger für seinen Stand­ punkt verwertet, kann ihm nicht zur Stütze dienen. Damals handelte es sich um Friedenszeiten und wesentlich gleichbleibende Verhältnisse hinsichtlich des Preises der Felle. Die auf Grund solcher Verhältniffe beobachtete Übung in der Behandlung einer Ware als Frachtstücks

kann für die ganz anders gewordenen Verhältnisse, wo die Werte ständig steigen, keine Bedeutung haben.

30. 1. Sind Kaufverträge gültig, wenn sie unter einer aufschiebendcw Bedingung geschlossen find, deren Herbeiführung ausschließlich von der Willkür des Verkäufers abhängig ist? 2. Kann ein im freien Handel geschlossenes Kaufgeschäft des-, halb als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen werden, weil der Verkänfer, nm sich gegen nicht voravssehbare Preisverschiebungen zn sichern, dem Käufer besonders lästige Bedingungen auferlegt? I., Zivilsenat.

Urt. v. 22. Februar 1922 i. S. R. & R. (Kl.) w. E. (Bell.). I 405/21.

I. Landgericht Hannover, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht Celle.

Laut Bestellscheinen vom 1. und 2. März 1920 bestellte die Be­ klagte bei der Klägerin unter deren Lieferungsbedingungen eine größere

Anzahl von Möbelstücken zu näher angegebenen Preisen. In den Lieferungsbedingungen heißt es: „Die Preise verstehen sich rein netto Kasse gegen Faktura, zahlbar nach Empfang der Rechnung, . . . und geschieht die Berechnung zu den am Warenlieferungstage gültigen Preisen, mindestens jedoch zu den vereinbarten Abschlußvreisen. . . . Die vor dem Lieferungstag erfolgte Rechnungsübersendung und Zahlung durch den Käufer ist für die endgültige Festlegung des Preises un­ maßgeblich. Eingezahlte Beträge werden zuzüglich 5 ®/0 Zinsen zurück­ gezahlt, wenn Aufträge nicht ausgeführt werden. ... Die Lieferung ist freibleibend bezüglich Lieferzeit und Lieferungsmöglichkeit; auch spätere Zufagen bezüglich der Lieferzeit sind unverbindlich aufzufassen. Eine Lieferungsverpflichtung wird mit der Abgabe des Angebots und Annahme des Auftrags nicht übernommen. Zwischenverkauf Vorbehalten. Teilsendungen sind zu gestatten.... Beanstandungen wegen Beschaffen­ heit der Ware und der durch mangelhafte Verpackung entstandenen Schäden sind ausgeschloffen." ... Vom 18. März 1920 ab übersandte die Klägerin der Beklagten wiederholt Rechnungen über die jeweilig zur Lieferung bereit gestellten Warenposten, zuletzt am 10. Juli 1920 die Gesamtrechnung, ab­ schließend mit 120Q0 JH. Die Beklagte verweigerte die Zahlung und die Abnahme -er Ware mit der Erklärung, daß sie infolge der un­ günstigen Lage des Möbelhandels keine Gelegenheit zum Weiterverkauf der Ware habe, auch nicht über die erforderlichen Geldmittel zur Leistung der Zahlung verfüge. Die Klägerin erhob deshalb Klage auf Zahlung von 12000 JC nebst Zinsen. Die Beklagte wendete ein, daß ein Vertrag zwischen den Parteien überhaupt nicht zustandegekommen sei, da die Klägerin keine sie bindende Verpflichtung übernommen habe, daß aber auch das getroffene Abkommen gegen die guten Sitten verstoße, da die Klägerin durch ihre Lieferungsbedingungen ihre günstige Lage als Herstellerin und Lieferantin in sittenwidriger Weise ausgenutzt habe. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die Revision hatte Erfolg. Gründer Das Berufungsgericht weicht in der Begründung seiner Ent­ scheidung vom Landgericht ab. Es versagt den Verträgen der Par­ teien die Rechtsgültigkeit nicht, wie es bas Landgericht tut, schon des­ halb, weil die Erfüllung in die Willkür des Verkäufers gestellt, also lediglich durch die freie Willenskundgebung der Klägerin bedingt sei; denn es entspreche dem das Bürgerliche Gesetzbuch beherrschenden Grundsätze der Vertragsfreiheit, wenn jedes künftige Ereignis, also auch das willkürliche Handeln einer Vertragspartei, als Bedingung zugelassen werde. Dagegen erklärt der Vorderrichter die Verträge für 7*

unsittlich, weil die Klägerin allen Gewinn bei weiter steigenden Preisen sich gesichert, jedes Risiko aber auf die Beklagte abgewälzt und diese damit in eine Abhängigkeit gebracht habe, die unwürdig und dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Leute zuwider sej. In ersterer Hinsicht sind die Ausführungen des Berufungsurteils nicht zu beanstanden. Richtig ist es, daß die Klägerin beim Abschluß der Verträge sich hinsichtlich ihrer Lieferungspflicht vollkommen freie Hand gewahrt hat und es allein von ihrem Belieben abhängig blieb, ob sie die Verträge erfüllen wollte oder nicht. Die Verträge wurden daher unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, deren Herbei­ führung ausschließlich in der Willkür der Klägerin, der Verkäuferin, stand. Es fragt sich nun, ob bei gegenseitigen Verträgen, bei denen mit Notwendigkeit jeder Teil zugleich Gläubiger und Schuldner, ist, die Vertragserfüllung von der reinen Willkür einer Vertragspartei abhängig gemacht werden kann. Diese Frage ist im Anschluß an die Motive zum BGB. ($b. 1 S. 163 flg., 266, vgl. auch die Protokolle 2. Lesung Bd. 1 S. 75, 185) und übereinstimmend mit der im Schrifttum herrschenden Meinung (Staub Vordem. 22«. vor § 373, DüringerHachenburg Bd. 2 Einl. Sinnt. 74, Komm. v. RGR. Vordem. 2 vor § 158 BGB.) vom Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung bejaht worden (RGZ. Bd. 67 S. 45, Bd. 69 S. 283, Bd. 72 S. 385, Bd.77 S. 417, Bd. 94 S. 297, Warneyer 1911 Nr. 174, ferner Urteile vom 7. Ok­ tober 1908 I 637/07 im Recht 1908 Nr. 3545 und vom 27. No­ vember 1916 VI 369/16). Um in einem solchen Falle die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung eintreten zu lassen, also den Vertrag zu einem fortan unbedingt wirksamen zu machen, ist es nur notwendig, daß der zur willkürlichen Entscheidung berufene Vertrags­ teil seinen Willen, nunmehr den Vertrag zu erfüllen, erkennbar zum Ausdruck bringt. Mit dieser Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, befinde! sich das Berufungsuneil int Einklang, wenn es ausführt, daß bei dem Kaufverträge der Parteien die Lieferungspflicht der Klägerin zwar von ihrem freien Willen abhänge, daß die Beklagte aber trotzdem den Vertrag durch Zahlung des Preises und Abnahme der Ware er­ füllen müsse, sobald es der Klägerin gefalle, ihrerseits zu erfüllen. Daß die Klägerin ihren Willen, den Vertrag zu erfüllen, der Beklagten in unzweideutiger Weise erklärt hat, kann nach dem Briefwechsel der Parteien und nach dem Verhaltm, das die Klägerin im gegenwärtigen Rechtsstreite betätigt hat, nicht zweifelhaft sein. Das Bemfungsgericht hat ferner in einwandfreier Weise dargelegt, daß der Inhalt des Ver­ trags trotz aller Vorbehalte, die zugunsten der Klägerin gemacht worden sind, doch derart bestimmt ist, daß die beiderseitigen Parteiverpflich­ tungen genügend ermittelt werden können. Dagegen kann dem Berufungsgericht in seinen weiteren Aus-

führungen, mit denen es die Sittenwidrigkeit des Vertrags darzulegen sucht, nicht gefolgt werden. Es erkennt selbst an, daß der Vertrag der Zeit großer wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit entstammt und die damaligen Verhältnisse die Fabrikanten zwangen, fich gegen unvorhergesehene Zwischenfälle, wie Wirtschaftskrisen, Streiks und sprunghaftes Ansteigen von Löhnen und Rohstoffpreisen, nach Möglich­ keit zu sichern. Deshalb möchte es einzelne der vereinbarten Lieferungs­ bedingungen oder vielleicht auch sie alle, für sich allein genommen, in Anbetracht der ungewöhnlichen Wirtschaftsverhältnisse als erlaubt gellen laffen. In ihrer Gesamtheit erblickt es aber eine unerhörte Aus­ nutzung der wirtschaftlichen Zwangslage des Käufers, ber* bei der völligen Ungewißheit seiner Lage auf unbestimmte Zeit in seiner Bewegungsfreiheit aufs erheblichste gehindert und den größten Wirt­ schaftsschlägen, die möglicherweise zu seinem geschäftlichen Zusammen­ bruch führen könnten, ausgesetzt worden sei. Diese Darlegungen reichen in keiner Weise aus, um den Bor­ wurf, daß der Vertrag gegen die guten Sitten verstoße (8138 BGB.), zu rechtfertigen. Insbesondere fehlt es an jedem Anhalt dafür, daß die Beklagte zum Bertragsschlusse durch eine Notlage bestimmt worden ist und daß die Klägerin die Zwangslage der Beklagten in gewinn­ süchtiger Absicht ausgebeutet hat. Die Beklagte, eine wirtschaftlich selbständig dastehende Firma, chat sich auf der Leipziger Messe wegm Ankaufs der Möbel mit der Klägerin in Verbindung gesetzt. Dabei hat sie ohne ersichtlichen Zwang gehandelt. Sie erwarb die Möbel freiwillig zur Verwertung in ihrem Geschäft und hätte sich ebensogut, wie an die Klägerin, auch an andere Aussteller wenden können. Ander­ sefts hat die Klägerin die Bestellung angenommen, aber nur unter Bedingungen, die sie nach den damaligen wirtschaftlichen Verhällniffen zu ihrer eigenen Sicherheit für notwendig hielt. Daß grundsätzlich jeder Verkäufer bei allen Kaufgeschäften, die im freien Handel ab­ geschlossen werden, in der Aufstellung seiner Verkaufsbedingungen voll­ kommen freie Hand hat, kaun einem Zweifel nicht unterliegen. Soll in der Aufstellung solcher Bedingungen ein Verstoß gegen die guten Sitten gefunden werden, so müssen ganz besondere Umstände hinzu­ treten, die erst die Unsittlichkeit begründen, wie wucherische Ausbeutung, Ausnutzung unzulässigen Zwangs, wirtschaftliche Knebelung usw. Der­ artige Umstände kommen hier nicht in Frage, da beide Bertragsteile auf dem Boden völliger wirtschaftlicher Selbständigkeit und Gleich­ berechtigung miteinander abgeschloffen haben. Mag auch, wie das Berufungsgericht hervorhebt, zur Zeit des Vertragsschlusses große Warenknappheit geherrscht haben und die Beklagte dadurch bestimmt worden sein, drückende Kaufbedingungen sich gefallen zu laffen, so kann doch von einem eigentlichen Zwange auf ihrer Seite nicht die

Rede sein, dies um so weniger, als sie, wie aus ihrer ErfüllungsWeigerung hervorgeht, die Möbel nicht zum Zwecke der Erfüllung einer eigenen dringenden Lieferungspflicht, sondern in spekulativer Absicht zum Zwecke späterer Weiterveräußerung erwarb. Der Klägerin aber kann es nicht verargt werden, wenn sie ihre Bedingungen so stellte, daß ihr aus einer ungünstigen Gestaltung der wirtschaftlichen Ver­ hältnisse ein Nachteil nicht erwachsen konnte, sondern ein gewisser Gewinn nach Möglichkeit gesichert wurde. Unter diesen Umständen erscheint es in Anbetracht der Unsicherheit der damaligen wirtschaft­ lichen Lage nicht anstößig, wenn sie die festgesetzten Preise nur als Mindestpreise ausbedang und sich das Recht, die jeweiligen Tages­ preise zu berechnen, vorbehielt, wenn sie ferner Beanstandungen wegen mangelhafter Beschaffenheit der Ware oder wegen- Verpackungsmängel ausschloß und wenn sie endlich hinsichtlich der Lieferungspflicht und Lieferungszeit vollständige Freiheit für sich in Anspruch nahm. Gegen eine mißbräuchliche, Treu und Glauben widersprechende Ausnutzung dieser Bedingungen wurde die Beklagte immer noch durch die all­ gemeinen Vorschriften des § 242 BGB. und des § 346 HGB. hin­ länglich geschützt.. Deshalb können die Bedingungen, auch in ihrer Gesamtheit, als unvereinbar mit den Gepflogenheiten und Anforderungen des redlichen Handelsverkchrs und als gegen die guten Sitten ver­ stoßend nicht angesehen werden....

31. 1. Ergreift die Nichtigkeit eines formgerecht beurkundeten Grundstücksveräußerungsvertrags notwendig auch die in der näm­ lichen Urkunde- vollzogene Anflassung? 2. Vermag diese den Formmangel des mündlich vereinbarten Hanfgeschäfts zu heilen? V. Zivilsenat.

Urt v. 22. Februar 1922 i. S. W. (Bekl.) w. H. (Kl.). V 508/21.

I. Landgericht Prenzlau. — II. Kammergericht Berlin.

Die erstere ber beiden Fragen ist vemeint, die andere bejaht worden aus folgenden Gründen: ... Der Kläger verlangt den Betrag von 8000 JI als Rest des Kaufpreises für das dem Beklagten verkaufte Grundstück auf Grund der Bestimmung des am 6. Juni 1919 zwischen den Parteien abgeschlosienen, durch privatschriftliche Urkunde von diesem Tage be­ urkundeten Kaufvertrags, durch den der Kaufpreis auf 63000 Jt ver-

Rede sein, dies um so weniger, als sie, wie aus ihrer ErfüllungsWeigerung hervorgeht, die Möbel nicht zum Zwecke der Erfüllung einer eigenen dringenden Lieferungspflicht, sondern in spekulativer Absicht zum Zwecke späterer Weiterveräußerung erwarb. Der Klägerin aber kann es nicht verargt werden, wenn sie ihre Bedingungen so stellte, daß ihr aus einer ungünstigen Gestaltung der wirtschaftlichen Ver­ hältnisse ein Nachteil nicht erwachsen konnte, sondern ein gewisser Gewinn nach Möglichkeit gesichert wurde. Unter diesen Umständen erscheint es in Anbetracht der Unsicherheit der damaligen wirtschaft­ lichen Lage nicht anstößig, wenn sie die festgesetzten Preise nur als Mindestpreise ausbedang und sich das Recht, die jeweiligen Tages­ preise zu berechnen, vorbehielt, wenn sie ferner Beanstandungen wegen mangelhafter Beschaffenheit der Ware oder wegen- Verpackungsmängel ausschloß und wenn sie endlich hinsichtlich der Lieferungspflicht und Lieferungszeit vollständige Freiheit für sich in Anspruch nahm. Gegen eine mißbräuchliche, Treu und Glauben widersprechende Ausnutzung dieser Bedingungen wurde die Beklagte immer noch durch die all­ gemeinen Vorschriften des § 242 BGB. und des § 346 HGB. hin­ länglich geschützt.. Deshalb können die Bedingungen, auch in ihrer Gesamtheit, als unvereinbar mit den Gepflogenheiten und Anforderungen des redlichen Handelsverkchrs und als gegen die guten Sitten ver­ stoßend nicht angesehen werden....

31. 1. Ergreift die Nichtigkeit eines formgerecht beurkundeten Grundstücksveräußerungsvertrags notwendig auch die in der näm­ lichen Urkunde- vollzogene Anflassung? 2. Vermag diese den Formmangel des mündlich vereinbarten Hanfgeschäfts zu heilen? V. Zivilsenat.

Urt v. 22. Februar 1922 i. S. W. (Bekl.) w. H. (Kl.). V 508/21.

I. Landgericht Prenzlau. — II. Kammergericht Berlin.

Die erstere ber beiden Fragen ist vemeint, die andere bejaht worden aus folgenden Gründen: ... Der Kläger verlangt den Betrag von 8000 JI als Rest des Kaufpreises für das dem Beklagten verkaufte Grundstück auf Grund der Bestimmung des am 6. Juni 1919 zwischen den Parteien abgeschlosienen, durch privatschriftliche Urkunde von diesem Tage be­ urkundeten Kaufvertrags, durch den der Kaufpreis auf 63000 Jt ver-

«inbart worden, entgegen der Beurkundung in der am 13. Juni er­ richteten notariellen Urkunde, in der zur Ersparung von Stempel­ kosten unrichtigerweise nur ein Kaufpreis von 50000 Jt angegeben sei. Beide Borinstanzen haben den Klaganspruch für begründet erklärt, indem sie als bewiesen ansehen, daß die Vertragsparteien an dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreise von 63000 Jt auch am 13. Juni 1919 noch festgehalten haben, und daß deshalb der notariell beurkundete Kaufvertrag wegen unrichtiger Beurkundung des Kaufpreises nichtig, dagegen ein Kaufvertrag zum Preise von 63000 Jt unter den Parteien zustande gekommen und dessen aus § 313 Satz 1 gegebene ursprüng­ liche Nichtigkeit gemäß § 313 Satz 2 BGB. durch die am 13. Juni erfolgte Auflassung und Eintragung geheilt worden sei. Gegen diese Auffassung wendet die Revision zunächst ein, die Auflassung sei in der notariellen Urkunde vom 13. Juni 1919 erklärt worden und bilde einen Teil des in dieser Urkunde beurkundeten Rechtsgeschäfts; da nach den Feststellungen des Berufungsrichters ein Teil dieses Rechtsgeschäfts, nämlich der darin beurkundete Kaufvertrag, wegen unrichtiger Preisangabe nichtig sei, so sei gemäß § 139 BGB^ auch der andere Teil, die Auslastung, nichtig; durch eine nichtige Auf­ lassung könne aber der mit der höheren Preisvereinbarung ohne Be­ obachtung der Form des § 313 Satz 1 abgeschlossene und deshalb nichtige Kaufvertrag nicht gültig geworden sein. Dieser Einwand ist nicht begründet. Das dingliche Erfüllungs­ geschäft ist vom Bürgerlichen.Gesetzbuch zu einem gegenüber dem ihm zugrunde liegenden schuldrechtlichen Geschäfte selbständigen Geschäft ausgestaltet in der Weise, daß es die bestimmte dingliche Rechts­ wirkung hervorbringt, auch wenn der schuldrechtliche Bestimmungs­ grund sdie causa) nicht besteht oder weggefallen- ist (§§ 873, 929, 398 BGB.), und daß der Ausgleich der dadurch eingetretenen ungerecht­ fertigten Vermögensverschiebung im Wege des schuldrechtlichen Be­ reicherungsanspruchs (§ 812 flg.) zu erfolgen hat. Es bedarf hier nicht der Entscheidung, ob und in welcher Weise diese Selbständigkeit des Erfüllungsgeschäfts durch den Parteiwillen, insbesondere durch Hin­ zufügung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung, soweit solche zulässig ist, aufgehoben und die Gültigkeit des Erfüllungs­ geschäfts von der Gültigkeit des schuldrechtlichm Gmndgeschäfts derart abhängig gemacht werden kann, daß beide als Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts erscheinen und deshalb nach der Regel des § 139 BGB. bei Richtigkeit des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts auch das Erfüllungs, geschäft nichtig ist: P. & N. (Bekl.) tu. L. L Co. sKl.). VI 637/21.

I. Landgericht Duisburg. — II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Die Klägerin, die eine Lackfabrik in Bonn betreibt, kaufte Ende November 1919 von der Beklagten, einer in Duisburg ansässigen Firma, 1000 kg Leinöl zu 17 Jt für das kg ab Neuß incl. Faß. Äe Lieferung der Ware ist trotz Fristsetzung nicht erfolgt. Die Klägerin verlangt die Mehrkasten eines Deckungskaufs im Teilbetrag von 5000 JH ersetzt. Der erste Richter wies die Klage ab, weil Leinöl der öffent­ lichen Bewirtschaftung unterlegen habe, der Verkauf daher nicht ohne ^Genehmigung des Reichsausschuffes für pflanzliche und tierische Ole habe erfolgen dürfen, diese Genehmigung aber nicht eingeholt worden sei und mithin der vorliegende Vertragsschluß gemäß § 134 BGB. für nichtig zu erachten sei. Das Berufungsgericht erklärte den Klaganspmch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision der Be­ klagten wurde zurückgewiesen. Gründe: Das Berufungsgericht hält den Vertragsschluß für gültig, weil das in Betracht kommte Verbot des freien Handels für das besetze Gebiet zur Zeit des Vertragsschlusses nicht gegolten habe, die Ware aber lediglich von einem Orte des besetzten Gebiets — Neuß — nach

Kaufvertrag wegen unrichtiger Beurkundung des Kaufpreises nichtig war, so wurde, wie der Berufungsrichter zutreffend annimmt, durch die Auflassung das von den Parteien wirklich gewollte Rechtsgeschäft gemäß § 313 Satz 2 BGB. seinem ganzen Inhalte nach wirksam. Dieser Inhalt bestimmte sich danach, was die Paneien im Augenblicke der Auflassung als vereinbart wollten gelten lassen, woran sie in diesem Augenblicke festgehalten haben. Das war nach den Feststellungen des Berufungsrichters ein Kaufvertrag zum Preise von 63000 JC, im übrigen, wie unter den Parteien unstreitig war, zu den in der notariellen Urkunde enthaltenen Vertragsbedingungen. Unerheblich ist es, daß .diese Vertragsbedingungen, wie die Revision hervorhebt, von den in der privatschriftlichen Urkunde vom 6. Juni 1919 enthaltenen in manchen Beziehungen abweichen; auch diese Abweichungen sind nach dem Willen der Parteien zum Vertragsinhalte geworden....

32. Zur Frage der Geltung von Zwangsbewirtschaftungsbestimmungen im besetzten Gebiet zur Zeit des Waffenstillstandes. VI. Zivilsenat.

Urt. v. 23. Februar 1922 i. S.> P. & N. (Bekl.) tu. L. L Co. sKl.). VI 637/21.

I. Landgericht Duisburg. — II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Die Klägerin, die eine Lackfabrik in Bonn betreibt, kaufte Ende November 1919 von der Beklagten, einer in Duisburg ansässigen Firma, 1000 kg Leinöl zu 17 Jt für das kg ab Neuß incl. Faß. Äe Lieferung der Ware ist trotz Fristsetzung nicht erfolgt. Die Klägerin verlangt die Mehrkasten eines Deckungskaufs im Teilbetrag von 5000 JH ersetzt. Der erste Richter wies die Klage ab, weil Leinöl der öffent­ lichen Bewirtschaftung unterlegen habe, der Verkauf daher nicht ohne ^Genehmigung des Reichsausschuffes für pflanzliche und tierische Ole habe erfolgen dürfen, diese Genehmigung aber nicht eingeholt worden sei und mithin der vorliegende Vertragsschluß gemäß § 134 BGB. für nichtig zu erachten sei. Das Berufungsgericht erklärte den Klaganspmch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision der Be­ klagten wurde zurückgewiesen. Gründe: Das Berufungsgericht hält den Vertragsschluß für gültig, weil das in Betracht kommte Verbot des freien Handels für das besetze Gebiet zur Zeit des Vertragsschlusses nicht gegolten habe, die Ware aber lediglich von einem Orte des besetzten Gebiets — Neuß — nach

einem anderen Orte desselben Gebiets — Bonn — habe geliefert werden sollen. Daß die Verkäuferin in Duisburg, also im unbesetzten Gebiet, ansässig sei und von dort aus dm Verkauf abgeschlossen habe, ändere hieran nichts. Das nach § 285 BGB. vorauszusetzende Ver­ schulden der Beklagten sei darin zu finden, daß sie sich nicht über die Rechtslage im besetzten Gebiet erkundigt habe. Die Revision macht geltend, daß die einschlägigen Vorschriften über die öffentliche Bewirtschaftung des Leinöls rechtlich auch im be­ setzten Gebiet in Geltung geblieben seien, daß sie mindestens von einem im unbesetzten Gebiet ansässigen Verkäufer hätten beachtet werden müssen, und bestreitet, daß der Beklagten ein Verschulden, wie vom Berufungsgericht angenommen, zur Last falle. Die Revision war zurückzuweisen. Unstreitig hat der Reichsausschuß für pflanzliche und tierische Öle und Fette unter dem 5. Dezember 1919 folgendes Schreiben an die Beklagte gerichtet: „Uns liegt ein Inserat vor, inhalts dessen Sie Leinöl zum Verkauf anbieten. Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß der, Verkauf dieses Artikels ohne unsere Genehmigung unstatthaft ist, da Ol auf Grund der Verordnung vom 15. Februar 1917 (RGBl. S. 137) bei uns anzumelden und auf Verlangen an uns abzuliefern ist, andernfalls Bestrafung eintritt. Wir ersuchen Sie daher, den Verkauf sofort einzustellen und uns bis zum 15. Dezember mitteilen zu wollen, wie groß Ihre Bestände an Leinöl sind und woher und zu welchem Preise Sie die Ware bezogen haben, etwaige Einstands­ rechnungen sind beizufügen" ... Eine Emiderung der Beklagten vom 10. wurde vom Reichsausschuß unter dem 22. gl. Mts. dahin be­ antwortet: „Wir... bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Leinöl nach der Verordnung vom 15. Februar 1917 nach wie vor der Be­ wirtschaftung des unterzeichneten Kriegsausschuffes unterliegt, da es im Interesse der Bolksversorgung mit Margarine unbedingt notwendig ist, daß Leinöl restlos uns zugeführt wird. Eine Ausnahme von dieser Verordnung zugunsten einzelner Firmen zu machen, ist nicht zulässig. Auf Ihre weitere Anfrage hin bemerken wir, daß Sie sich, da ber' Verkauf von Leinöl nach der Verordnung vom 15. Februar 1917 verboten ist, durch Vermittelung solcher Verkäufe der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Beihilfe aussetzen. In dem Anbieten des Leinöls durch Inserate kann eine Aufforderung zur Übertretung

gesetzlicher Vorschriften erblickt werden, die nach § 110 StGB, strafbar ist." ... 1. Zur Zeit des Vertragsschlusses der Parteien stand die vom Reichsausschuß angerufene Bekanntmachung vom 15. Februar 1917 über den Verkehr mit Knochen, Knochenerzeugniffen, insbesondere Knochenfetten und anderen fetthaltigen Stoffen in Gellung. Sie bestimmte

(§ 3), daß nach näherer Bestimmung des Reichskanzlers dem bezeichneten Reichsausschuß, damals Noch Kriegsausschuß genannt, eine Reihe von Stoffen anzumelden und auf Verlangen abzuliefern fei, darunter (Nr. 6) alle durch Pressung gewonnenen Ole, Fette, Öl- und Fettsäuren.

Die Bekanntmachung trat samt den Ausführungsbestimmungen des Reichskanzlers dazu vom 16.. Februar 1917 (RGBl. S. 140) an diesem Tage in Kraft. In § 5 der letzteren wurde vorgeschrieben, daß Betriebe, bei denen Stoffe der im § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 8 der Bekanntm. vom 15. Februar 1917 bezeichneten Art vorhanden seien, gewonnen würden oder abfielen, verpflichtet seien, die Stoffe dem (Kriegs-)Michsaüsschuß jedesmal dann anzubieten, wenn die vorhandene Menge mindestens 100 kg betrage, sofern nicht im Einzelfall mit jenem Aus­ schuß Besonderes vereinbart sei. Nach § 4 Abs. 2 der Ausführungs­ bestimmungen hatte sich der Ausschuß unverzüglich nach Empfang des Angebots zu erklären, ob er die Ware übernehmen wolle; ging binnen zehn Tagen nach Absendung des Angebots eine Erklärung nicht ein oder erklärte der Ausschuß, daß er die Ware nicht übernehmen wolle, so erlosch die Lieferungspflicht. Nach dieser Regelung, die wesentlich mit der der Bekanntmachung vom 8. November 1915 über Öle und Fette (RGBl. S. 735) über­ einstimmt, konnte also Leinöl nur mit Zustimmung des Reichsausfchusies verkauft werden, deren Einholung in der wiedergegebenen Weise erleichtert war. Verboten war nicht • das Kaufgeschäft als solches, sondern nur der Verkauf ohne vorgängige Anbietung der Ware an den Reichsausschuß und dessen entsprechende Entschließung hierauf. Das Öl war nicht beschlagnahmt, auch kein Verkaufsmonopol für den Reichsausschuß festgesetzt: es konnte Öl im, freien Handel sein, nämlich insoweit, als der Kriegsausschuß das Öl nicht übernommen hatte. Verboten war nur der Eingriff in das Bestimmungs- und Kauf­ vorrecht des Reichsausschusses, also nicht ein Kaufgeschäft unter Privat­ personen schlechthin, sondern nur sein Abschluß bei Fehlen einer Vor­ aussetzung. Auch im Anwendungsbereich der Kriegswirtschastsvorschristen ist es nun ein anerkannter Grundsatz, daß völlige Nichtigkeit des Geschäfts Näch § 134 BGB. nur eintreten soll, wenn das Verbot beide Teile trifft (vgl. u. a. RGZ. Bd. 100 S. 40 und 239 unten, Bd. 102 S. 294. Abs. 1, Urt. vom 12. Dezember 1921 VI 204/21, Urt. vom 10. Mai 1921 II 575/20). Ein wie hier nicht ausgeführter Vertrag würde mithin dem Verbot nur dann zuwiderlaufen, wenn die Ver­ tragsschließenden beide von vornherein einverständlich darauf aus­ gegangen wären, die Genehmigung des Reichsausschusses zu umgehen. Die Klägerin müßte- also gewußt haben, daß es sich um kein vom Reichsausschuß freigegebenes Öl handle; sie müßte weiter angenommen

haben, daß die einschlägigen Vorschriften im besetzten Gebiet unein­ geschränkt gelten. Über alles dies ist nicht nur nichts festgestellt,

sondem es ist darüber nicht einmal etwas behauptet. Kann daher tat­ sächlich von einem solchen Einverständnis nicht ausgegangen werden, so war der Vertragsschluß als solcher weder verbotswidrig noch nichtig, und zwar gleichviel ob die Ware im besetzten Gebiet war und ver­ bleiben sollte oder nicht. Auch im unbesetzten Gebiet wäre der Ver­ tragsschluß als solcher gültig gewesen. Kann daher auch dem Berufungsgericht in seinem Ausgangspunkt, daß -ein gegen die Verordnung vom 35. Februar 1917 verstoßender Kaufvertrag gemäß § 134 BGB. ohne weiteres nichtig sei, nicht bei­ getreten werden, so werden damit die weiteren Ausführungen des an­ gefochtenen Urteils doch Noch nicht gegenstandslos. Vielmehr kommt es in der Tat auf den vom Berufungsgericht erörterten Rechtszustand im besetzten Gebiet entscheidend an. Stach dem (unter 1) Ausgeführten hatte sich die Beklagte an sich wirksam und gültig zur Lieferung von 1000 Jrg Leinöl verpflichtet, als sie die Schreiben des Reichsausschusses vom 5. und 22. Dezember 1919 erhielt. Will man das Schreiben vom 22. Dezember 1919 etwa als eine schon in diesem Zeitpunkt erklärte Ablehnung der Freigabe jeder Menge von Leinöl verstehen, so käme der Gesichtspunkt der Unmöglichkeit der Lieferung in Frage und hierzu wäre klarzustellen, ob jene Ablehnung auch im besetzten Gebiet eine solche Unmöglichkeit der Lieferung bedeutete. War diese dort an eine Genehmigung des Reichsausschusses nicht gebunden, so würde die Annahme einer Unmöglichkeit der Leistung der Grundlage entbehren; wobei übrigens von einer Heranziehung des § 306 BGB. überhaupt und zwar deshalb abzusehen sein würde, weil zur Zeit des Bertragsschlusses jedenfalls die Möglichkeit bestand, der Reichsausschuß werde dem Verkauf zustimmen, zu dieser Zeit also die Leistung noch nicht dauernd objektiv unmöglich war (vgl. RGZ. Bd. 102 S. 294). Anderseits wäre aber auch — von einer Unmöglichkeit der Liefe­ rung abgesehen — schon der Eintritt des Verzugs schlechthin und objektiv (RGZ. Bd. 59 'S. 24) dann rechtlich ausgeschlossen, wenn und weil der Reichsausschuß durch seine Schreiben der Beklagten die Lieferung rechtswirksam verboten hätte. Auch unter diesem Gesichts­ punkt des Verzugseintritts käme es wiederum entscheidend darauf an, ob die einschlägigen Vorschriften auch für ein ausschließlich im be­ setzten Gebiet auszuführendes Geschäft galten. Von der Beurteilung dieser Frage könnte nur dann abgesehen werden, wenn trotz ihrer Verneinung, also trotz Bejahung der Lieferpflicht, zugunsten der Be­ klagten zu sagen wäre, sie habe ihren Leistungsverzug nach § 285 BGB. nicht zu vertreten; das Berufungsgericht hat indessen das Gegenteil ohne Rechtsverstoß ausgesprochen (vgl. unten 3).

2. Was die Rechtslage im besetzten Gebiet zur Zeit des Ver­ tragsschlusses anlangt, so hat das Berufungsgericht auf Grund der von ihm erhobenen Auskünfte der Handelskammer zu Köln und des Reichsausschusses angenommen, daß die Vorschriften der Bekannt­ machung vom 15. Februar 1917 im besetzten Gebiet zur Zeit des Bertragsschlusses nicht nur bezüglich ihrer Durchführung tatsächlich seitens der Besatzungsbehörden außer Anwendung gesetzt gewesen seien, sondern daß sie auch rechtlich im besetzten Gebiet überhaupt nicht gegolten hätten. Nach den hier zunächst maßgebenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat eine formelle Aufhebung der einschlägigen Vorschriften für das besetzte Gebiet nicht stattgefundm. Der Vertragsschluß der Parteien fällt noch in die Zeit des Waffen­ stillstandes, das Rheinlandabkommen ist erst mit dem Friedensvertrag, am 10. Januar 1920, in Geltung getreten (vgl. Friedensvertrag Art. E vorletzter Abs., RGBl. 1919 S. 1329 und 1337, 1920 S. 31). Damals, in der Waffenstillstandszeit, hatten die Militär­ befehlshaber vorläufig angeordnet, daß die Zentralbewirtschaftungs­ bestimmungen im besetzten Gebiet vorläufig nicht zur Anwendung gebracht werden könnten. Diese Anordnungen mögen durch militärische Bedürfnisse der.Besatzungstruppen veranlaßt gewesen sein oder auf Art. 43 der Landkriegsordnung vom 29. Juli 1899 (RGBl. 1901 S. 423, vgl. RGZ. Bd, 102 S. 109) beruhen. Jedenfalls hatten die Besatzungsbehörden als Machthaber die Anwendung jener Vorschriften, darunter auch die der Bekanntmachung vom 15. Februar 1917, vor­ läufig untersagt, und damit zwar keine formelle Aufhebung, aber eine tatsächliche Lage bewirkt, in der im besetzten Gebiet weder Öl an den Reichsausschuß oder nach dessen Weisung versandt, noch wegen einer Verfehlung eine Strafverfolgung durchgeführt werden konnte. Wenn das Berufungsgericht angesichts dieser von ihm festgestellten tatsächlichen Verhältnisse von einer Aufhebung jener Vorschriften für das besetzte Gebiet spricht, so kann dies nicht für rechtsirrig erachtet werden. Allerdings hat der zweite Zivilsenat im Urt. vom 14? Dezember 1920 II 258/20 gegenüber dem Einwand, daß zur fraglichen Zeit im besetzten Gebiet Rohköper der verkauften Art im freien Handel gewesen sei, daß das Webstoffmeldeamt damals alle in diesem Gebiet befindlichen Waren verkauft habe, damit sie nicht vom Feinde beschlagnahmt würden, daß übrigens auch die behördlichen Anordnungen über der­ artige Waren seit dem Einrücken des Feindes in dem besetzten Gebiet nicht mehr gegolten hätten, weil eine öffentliche Bewirtschaftung nicht mehr möglich gewesm sei und die Behörden keine Machtbefugnisse mehr hätten ausüben können, ausgesprochen, daß durch tatsächliche Vorgänge, wie sie hier angeführt seien, die von den zuständigen Stellen erlassenen allgemeinen Anordnungen nicht außer Kraft' gesetzt »erben

könnten. Nach den im vorliegenden Falle getroffenen tatsächlichen Feststellungen aber handelte es sich nicht schlechthin nur um eine Ver­ änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Verbindung mit einer tatsächlichen Behinderung der deutschen Behörden an wirksamem Ein­ schreiten, sondern um eine von den Militärbefehlshabern der Besatzungstruppen im Benehmen mit jenen Behörden getroffene und ihnen kund­ gegebene zeitweilige Neuregelung der Verhältnisfe, der man sich — wenn auch unter dem Zwange der Tatsachen, der stärker war als die Vorschrift des Gesetzes — anpaßte. So gestaltete sich eine tatsächliche Veränderung des Rechtsstands, für deren Dauer "die einschlägigen Verbote, sofern sie, weil nicht formell aufgehoben, als noch in Kraft stehend gelten mögen, immerhin nur auf dem Papier standen. Für Verbote solcher Art ist aber auch schon wiederholt, wenngleich auf anderem Gebiete der Rechtsanwendung, ausgesprochen worden, daß ihr bloßes Bestehen keinen Maßstab für die im Verkehre gebotene Sorgfalt zu geben und deshalb weder den Vorwurf des Verschuldens noch den des Selbstverschuldens (§§ 276, 254 BGB.) zu begründen oder auszuräumen vermöge (Urt. .vom 22. Juni 1914 VI 149/14, litt vom 31. Januar 1916 VI 399/15). Auch in einem umfassenderen Sinne wäre es weder rechtlich geboten noch sonsthin erwünscht (93 au er,. FW. 1921 S. 501), an den geschäftlichen Verkehr, wenn er unter so außerordentlichen Verhältnissen vor sich geht, einen solchen Maßstab anzulegen, der der tatsächlichen Lage der Dinge keine genügende Rechnung trägt. Es ist denn auch schon in Entscheidungen anderer Senate des Reichsgerichts bezüglich deutscher Einfuhrverbote (Urt. vom 10. Mai 1921 II 575/20, Urt. vom 25. Juni 1921 V 19/21) im einen Falle für August 1919, im anderen für Ende Oktober 1919, ausgesprochen worden, daß jene Verbote als für das besetzte Gebiet zeitweilig aufgehoben zu gelten hätten. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, daß die Beklagte in Duisburg — im unbesetzten Gebiet — ansässig ist und von dort aus verkauft hat. Hat der Abschluß in der Tat, wie das. Berufungsgericht feststellt, nur den Warenbestand des besetzten Gebiets berührt, der in der hier fraglichen Richtung nicht mehr unter Zwangsbewirtschaftung stand, so lag kein an die Zustimmung des Reichs­ ausschusses gebundenes Geschäft mehr vor.' Anders natürlich, wenn die Lieferung in das unbesetzte Gebiet oder aus diesem hinaus zu erfolgen gehabt hätte. Hiernach war die Lieferung der Beklagten objektiv weder un­ möglich noch verboten. Sie ist daher in Verzug geraten, sofern ihn nicht die Vorschrift des § 285 BGB., worauf sie sich berufen hat, zur Seite steht. 3. Auch zu diesem Punkte indessen war dem Berufungsgericht

beizutreten. Es geht von der Annahme aus, daß der Reichsausschuß bei seinen Schreiben vom 5. und 22. Dezember 1919 aus dem in der Zeitungsanzeige angegebenen Niederlafsungsort der Beklagten geschlossen habe, das Leinöl befinde sich im unbesetzten Gebiet. Ob die Beklagte auf Grund jener Schreiben zur Ansicht gekommen sei, die Lieferung sei unzulässig, läßt das Berufungsgericht dahingestellt: jedmfalls hätten die Inhaber der Beklagten, „wenn sie über die Rechtslage im besetzten Gebiet wirklich nicht unterrichtet waren", darüber an einer zuständigen Stelle Erkundigungen einziehen müssen. Diese Beurteilung ist, wie der Zusammenhang ohne weiteres ergibt, wesentlich konkret auf die geschäftliche Stellung der Beklagten und ihre Kenntnis der Tinge als Ölhändler, die in der nächsten Nähe des besetzten Gebiets ansässig sind, gegründet und läßt insoweit keinen Rechtsverstoß erkennen. Das Verlangen der näheren Erkundigung — sei es etwa im besetzten Gebiet an behördlicher oder sonst geschäftskundiger Stelle, sei es bei dem Reichsausschuß in Berlin — geht über das Maß der nach § 276 BGB. gebotenen Sorgfalt nicht hinaus, wird auch durch die Rücksicht auf Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr gerechtfertigt.

33. Kann die im § 903 der Reichsversicherungsordnnng verlangte strafgerichtliche Feststellung auch in einem Strafbefehle getroffen werden? VI. Zivilsenat. Urt. v. 2.Januar 1922 i S. Sch. iBekl.s w. Bayerische Holzindustrie-Berufsgenossenschaft sKl.). VI 432/21. I. Landgericht München II. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Am 3. November 1917 verunglückte der Zimmermann P. in dem Betriebe des Beklagten dadurch, daß er mit dem rechten Arme in die Mesier der Fräsmaschine geriet. Infolge des Unfalls mußte die Klägerin Aufwendungen machen, deren Ersatz sie mit der vorliegenden Klage begehrt. Die Vorinstanzen entsprachen der Klage. Auf die Revision des Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben. Gründe: Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf Verfehlungen gegen die gebotene Sorgfalt, insbesondere auf Verstöße gegen die Unfallverhütungs­ vorschriften, die sie dem Beklagten zur Last legt. Sie macht weiter geltend, daß gegen ihn durch den rechtskräftigen Strafbefehl des Amts­ gerichts Ebersberg vom 24. Januar 1918 wegen Vergehens gegen §230 Abs. 2 StGB, ein Geldstrafe von 250 JI, im Falle der Un­ einbringlichkeit eine Gefängnisstrafe von 25 Tagen festgesetzt sei. Der

beizutreten. Es geht von der Annahme aus, daß der Reichsausschuß bei seinen Schreiben vom 5. und 22. Dezember 1919 aus dem in der Zeitungsanzeige angegebenen Niederlafsungsort der Beklagten geschlossen habe, das Leinöl befinde sich im unbesetzten Gebiet. Ob die Beklagte auf Grund jener Schreiben zur Ansicht gekommen sei, die Lieferung sei unzulässig, läßt das Berufungsgericht dahingestellt: jedmfalls hätten die Inhaber der Beklagten, „wenn sie über die Rechtslage im besetzten Gebiet wirklich nicht unterrichtet waren", darüber an einer zuständigen Stelle Erkundigungen einziehen müssen. Diese Beurteilung ist, wie der Zusammenhang ohne weiteres ergibt, wesentlich konkret auf die geschäftliche Stellung der Beklagten und ihre Kenntnis der Tinge als Ölhändler, die in der nächsten Nähe des besetzten Gebiets ansässig sind, gegründet und läßt insoweit keinen Rechtsverstoß erkennen. Das Verlangen der näheren Erkundigung — sei es etwa im besetzten Gebiet an behördlicher oder sonst geschäftskundiger Stelle, sei es bei dem Reichsausschuß in Berlin — geht über das Maß der nach § 276 BGB. gebotenen Sorgfalt nicht hinaus, wird auch durch die Rücksicht auf Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr gerechtfertigt.

33. Kann die im § 903 der Reichsversicherungsordnnng verlangte strafgerichtliche Feststellung auch in einem Strafbefehle getroffen werden? VI. Zivilsenat. Urt. v. 2.Januar 1922 i S. Sch. iBekl.s w. Bayerische Holzindustrie-Berufsgenossenschaft sKl.). VI 432/21. I. Landgericht München II. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Am 3. November 1917 verunglückte der Zimmermann P. in dem Betriebe des Beklagten dadurch, daß er mit dem rechten Arme in die Mesier der Fräsmaschine geriet. Infolge des Unfalls mußte die Klägerin Aufwendungen machen, deren Ersatz sie mit der vorliegenden Klage begehrt. Die Vorinstanzen entsprachen der Klage. Auf die Revision des Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben. Gründe: Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf Verfehlungen gegen die gebotene Sorgfalt, insbesondere auf Verstöße gegen die Unfallverhütungs­ vorschriften, die sie dem Beklagten zur Last legt. Sie macht weiter geltend, daß gegen ihn durch den rechtskräftigen Strafbefehl des Amts­ gerichts Ebersberg vom 24. Januar 1918 wegen Vergehens gegen §230 Abs. 2 StGB, ein Geldstrafe von 250 JI, im Falle der Un­ einbringlichkeit eine Gefängnisstrafe von 25 Tagen festgesetzt sei. Der

112

33.

Reichsversicherungsordnung.

Ersatzanspruch der Berufsgenossenschaft.

Beklagte bestreitet jede Schuld an dem Unfälle des P. und stellt in Abrede, daß dem Strafbefehle die Bedeutung einer strafgerichtlichen Feststellung im Sinne des § 903 NVersichO. zukomme. In Überein­ stimmung mit dem Landgericht hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Strafbefehl eine strafgerichtliche Feststellung im Sinne des § 903 RBersichO. enthalte. Hiergegen wendet sich die Revision mit der Atlsführung, daß nur eine solche Feststellung der Vorschrift des § 903 genüge, die im ordentlichen Strafverfahren und in einem auf Grund mündlicher Verhandlung ergangenen strafrichterlichen Urteile ge­ troffen sei. Es ist ihr zuzugeben, daß die Ausführungen des Be­ rufungsgerichts nicht frei von rechtlichen Bedenken sind. Nach § 903 RBersichO. haften Unternehmer oder ihnen nach § 899 daselbst Gleichgestellte den Gemeinden, Armenverbänden usw. für alles, was sie nach Gesetz oder Satzung infolge eines Unfalls auf­ wenden müssen, sofern strafgerichtlich festgestellt wird, daß sie den Un­ fall vorsätzlich oder fahrlässig mit Außerachtlassung derjenigen Auf­ merksamkeit herbeigeführt haben, zu welcher sie vermöge ihres Amtes, Berufs oder Gewerbes besonders verpflichtet sind. Weiter ist im Abs. 4 das. bestimmt, daß Unternehmer und die ihnen Gleichgestellten der Genossen­ schaft für ihren Aufwand auch ohne strafrichterliche Feststellung haften. In diesem hier gegebenen Falle bildet somit die strafgerichtliche Fest­ stellung keine notwendige Voraussetzung des Anspruchs der Berufs­ genossenschaft. Liegt aber eine solche Feststellung vor, so entbehrt sie keineswegs der Bedeutung, sondern ist der Entscheidung des Zivil­ prozesses, wie das Reichsgericht schon in seiner Rechtsprechung zu den älteren Versicherungsgesetzen ausgesprochen hat (RGZ. Bd. 33 S. 89, Bd. 37 S. 37, Bd. 62 S. 340), zugrunde zu legen. Von dieser An­ schauung geht auch das Berufungsgericht aus und es hat daher, weil es in dem Strafbefehl eine ausreichende strafgerichtliche Feststellung findet, von einer Nachprüfung der Feststellung abgesehen. Das Berufungsgericht stützt seine Anffassung auf § 450 StPO., wonach ein Strafbefehl, gegen den nicht rechtzeitig Einspruch erhoben ist, die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils erlangt. Die Revision will in ihm keine Feststellung im Sinne des § 903 RBersichO. finden und weist darauf hin, daß die Möglichkeit eines Strafbefehls in Fällen der vorliegenden Art zur Zeit des Erlasses der Reichsversicherungs­ ordnung nicht bestanden habe, sondern erst durch das Reichsgesetz vom 21. Oktober 1917 betreffend Vereinfachung der Strafrechtspflege ge­ schaffen worden sei. Daß die im § 903 RBersichO. verlangte strafgerichtliche Feststellung in einem Urteil enthalten sein muffe, wird zwar dort nicht ausdrücklich ausgesprochen, ist aber schon deshalb als vom Gesetz vorausgesetzt an­ zusehen, weil es in den §§ 900, 907 das. von einem strafgerichtlichen

Urteil spricht, hiermit aber das die strafgerichtliche Feststellung ent­ haltende Urteil gemeint ist. Urteile, die in einem ehrengerichtlichen oder Disziplinarverfahren ergehen, Beschlüsse oder polizeiliche Straf­ verfügungen sind einem strafgerichtlichen Urteile nicht gleichzustellen, Mösle-Rabeling, Anm. 12 zu § 898 RVersichO.; Düttmann, Anm. 7 zu § 898; Amtl. Nachr. des Reichsversicherungsamts 1895 S. 222, Bescheid 1425. Für den amtsrichterlichen Strafbefehl wird nun in § 450 StPO, vorgeschrieben, daß er die Wirkung eines rechts­ kräftigen Urteils erlangt, wenn nicht rechtzeitig gegen ihn Einspruch erhoben ist. In der Rechtsprechung der Strafsenate wird aber an­ erkannt, daß diese Gleichstellung insoweit keine vollständige ist, als es sich um den Verbrauch der Strafklage handelt. Der Grundsatz, daß die Strasklage durch eine rechtskräftige Verurteilung verbraucht sei, gelte „nur für das ordentliche, mit einer Hauptverhandlung abschließende Verfahren," er reiche nur soweit, wie die Befugnis des erkennenden Richters zur Umgestaltung der Strafklage sRGSt. Bd. 52 S. 242; siehe auch Bd. 53 S. 315, Bd. 46 S. 54). In der Vorschrift des § 450 StPO, könne wohl eine Gleichstellung des Strafbefehls mit dem Urteil bezüglich der Anfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit gefunden werden, nicht aber mit der Wirkung des Urteils, die „in der ihm vor­ ausgegangenen Verhandlung ihren Grund" habe (RG. Rspr. in Straff. Bd. 3 S. 367), Diese Unterscheidung ist auch im vorliegenden Falle von Bedeutung. Es ist nicht zu verkennen,- daß weder durch die richterliche Prüfung des Antrags der Staatsanwaltschaft auf Erlaß eines Strafbefehls, § 448 StPO., noch -dadurch, daß der Beschuldigte Lie in einem Strafbefehl gegen ihn erhobene Beschuldigung aus irgend­ welchen Gründen unwidersprochen läßt, die gleiche Gewähr für die sachliche Nichtigkeit der Anschuldigung geschaffen werden kann, wie sie Lie auf Grund einer Hauptverhandlung in einem gerichtlichen Urteil getroffene Feststellung bietet. Eine solche den im § 903 vorgesehenen' Tatbestand erschöpfende und auf sicherer Grundlage ruhende strafgericht-liche Feststellung ist aber für die präjudizielle Bedeutung der strafgerichtlichen Entscheidung gegenüber dem Zivilurteil um so mehr zu erfordern, als es sich hierbei um eine Ausnahme von dem Grundsätze Ler freien Beweiswürdigung handelt, der für das Zivilprozeßverfahren als Regel maßgebend ist (vgl. auch § 14 Nr. 1 EG. z. ZPO.). Dieser Anforderung genügt der Strafbefehl nicht. Wie das Reichsgericht in Lem zu § 96 UnfallversG. vom 6. Juli 1884, § 117 G., betr. die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirtschaftlichen^ Betrieben beschäftigten Personen, vom 5. Mai 1886 ergangenen Urteil vom 7. April 1896 (RGZ. Bd. 37 S. 37) ausgeführt hat, kann es sogar bei strafgerichtlichen Urteilen Vorkommen, daß der Zivilrichter tatsächliche Feststellungen zu treffen hat, wenn sich der Strafrichter Entsch. in Zivils. 104.

8

darüber, welche Stellung der Verurteilte zur Zeit des Unfalls inne hatte, nicht ausgesprochen oder hierüber nur nebensächliche Erörterungen gepflogen hat. An dieser Rechtslage hat sich durch das Reichsgesetz vom 21. Oktober 1917 betr. Vereinfachung der Strafrechtspflege nur geändert, daß durch die in Art. II 2 a angeordnete neue Fassung des H 447 Abs. 1 StPO, die Möglichkeit geschaffen wurde, bei Über­ tretungen und Vergehen schlechthin eine Strafe ohne vorgängige Ver­ handlung durch schriftlichen Strafbefehl des Amtsrichters festzusetzen, wenn die Staatsanwaltschaft schriftlich darauf anträgt. Wie die Be­ gründung (Reichst. Bd. 320, Drucks. Nr. 658 S. 9flg.) ergibt, wollte man Kräfte, die durch die Rechtspflege in Anspruch genommen waren, im weiteren Umfange als bisher für Kriegszwecke frei machen, der Straf­ befehl aber wurde für' besonders geeignet gehalten, eine Entlastung der Gerichte herbeizuführen. Die rechtliche Tragweite eines Strafbefehls aber wurde durch dieses nur als vorübergehende Maßregel gedachte Gesetz, Art. III daselbst, nicht berührt. Daß der Beschuldigte, gegen den ein amtsgerichtlicher Strafbefehl erlassen ist, sich in der Lage be­ findet, durch Unterlassung des Einspruchs das Zustandekommen einer dem § 903 RVersichO. genügenden strafgerichtlichen Feststellung zu verhindern, ist zuzugeben, vermag aber die angenommene Ansicht nicht zu widerlegen. Kann aber der Strafbefehl vom 24. Januar 1918 hiernach nicht als eine dem § 903 RVersichO. genügende strafgerichtliche Feststellung angesehen werden, so verliert das angefochtene Urteil seine Grundlage. Es war daher aufzuheben....

34. Zur Auslegung der Klausel „freibleibend nnter Vorbehalt der Lieferungsmöglichkei^ nnd „Berechnung des Kaufpreises zum Preise des Lieferungstags Vorbehalten" bei Vertragsangeboten. VI. Zivilsenat. Urt. v. 26. Januar 1922 i. S. St. (Bekl.) w. Th. (Kl.). VI 557/21. I. Landgericht Coburg. — II. Oberlandesgericht Jena.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten auf Gmnd eines Kauf­ vertrags, der im Februar oder März 1920 zustande gekommen sein soll, die Abnahme eines Waggons Holzwolle und die Bezahlung eines Kaufpreises von 16 000 JL Die Beklagte bestreitet den Vertrags­ abschluß und die Rechtswirksamkeit des behaupteten Vertrags. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat im

darüber, welche Stellung der Verurteilte zur Zeit des Unfalls inne hatte, nicht ausgesprochen oder hierüber nur nebensächliche Erörterungen gepflogen hat. An dieser Rechtslage hat sich durch das Reichsgesetz vom 21. Oktober 1917 betr. Vereinfachung der Strafrechtspflege nur geändert, daß durch die in Art. II 2 a angeordnete neue Fassung des H 447 Abs. 1 StPO, die Möglichkeit geschaffen wurde, bei Über­ tretungen und Vergehen schlechthin eine Strafe ohne vorgängige Ver­ handlung durch schriftlichen Strafbefehl des Amtsrichters festzusetzen, wenn die Staatsanwaltschaft schriftlich darauf anträgt. Wie die Be­ gründung (Reichst. Bd. 320, Drucks. Nr. 658 S. 9flg.) ergibt, wollte man Kräfte, die durch die Rechtspflege in Anspruch genommen waren, im weiteren Umfange als bisher für Kriegszwecke frei machen, der Straf­ befehl aber wurde für' besonders geeignet gehalten, eine Entlastung der Gerichte herbeizuführen. Die rechtliche Tragweite eines Strafbefehls aber wurde durch dieses nur als vorübergehende Maßregel gedachte Gesetz, Art. III daselbst, nicht berührt. Daß der Beschuldigte, gegen den ein amtsgerichtlicher Strafbefehl erlassen ist, sich in der Lage be­ findet, durch Unterlassung des Einspruchs das Zustandekommen einer dem § 903 RVersichO. genügenden strafgerichtlichen Feststellung zu verhindern, ist zuzugeben, vermag aber die angenommene Ansicht nicht zu widerlegen. Kann aber der Strafbefehl vom 24. Januar 1918 hiernach nicht als eine dem § 903 RVersichO. genügende strafgerichtliche Feststellung angesehen werden, so verliert das angefochtene Urteil seine Grundlage. Es war daher aufzuheben....

34. Zur Auslegung der Klausel „freibleibend nnter Vorbehalt der Lieferungsmöglichkei^ nnd „Berechnung des Kaufpreises zum Preise des Lieferungstags Vorbehalten" bei Vertragsangeboten. VI. Zivilsenat. Urt. v. 26. Januar 1922 i. S. St. (Bekl.) w. Th. (Kl.). VI 557/21. I. Landgericht Coburg. — II. Oberlandesgericht Jena.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten auf Gmnd eines Kauf­ vertrags, der im Februar oder März 1920 zustande gekommen sein soll, die Abnahme eines Waggons Holzwolle und die Bezahlung eines Kaufpreises von 16 000 JL Die Beklagte bestreitet den Vertrags­ abschluß und die Rechtswirksamkeit des behaupteten Vertrags. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat im

Sinne der Klägerin erkannt. Die Revision der Beklagten blieb er­ folglos. Aus den Gründen: Am 2. Februar 1921 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie zur alsbaldigen Lieferung einige Waggons Holzwolle benötige. Mit Schreiben vom 4. und 10. Februar erklärte die Klägerin, daß sie mit Rücksicht auf die Unberechenbarkeit der gegenwärtigen Verhältnisie nur freibleibend unter Vorbehalt der Lieferungsmöglichkeit anbiete und sich eine Berechnung zum Tagespreis am Tage der Lieferung Vor­ behalte. In ihrem Schreiben vom 26. Februar wiederholte sie die Klausel „freibleibend, Lieferungsmöglichkeit vorbehaüen". Sie bemerkte, daß der Preis, der am 2. Februar nur 76 JK, betragen hatte, bereits auf 98 jft für 100 kg gestiegen sei und erklärte neuerdings, daß Preis und Lieferzeit für sie unverbindlich seien. Darauf erwiderte die Beklagte am 1. März: „Wir haben uns vorgemerkt, daß Sie für uns einen Waggon Holzwolle Nr. 3 zum Preise von 98 Jt in Nota ge­ nommen haben. Mit heutigem bitten wir Sie nun, die Lieferung doch möglichst zu beschleunigen; denn wir sind um den Waggon dringend verlegen." Die Klägerin entgegnete am 3. März, daß sie wegen Mangels an Rohmaterial keinen bestimmten Versandtermin angeben könne. Mit Schreiben vom 5. März sprach die Beklagte die „Hoffnung" aus, den Waggon doch noch in der zweiten Hälfte des Monats März zu er» erhalten. Die Klägerin erwiderte am 9. März: „Wir werden alles aufbieten,,um Sie so schnell als möglich zu bedienen. Vielleicht ist es uns möglich, Ahnen den.Waggon Holzwolle Ende des Monats oder im nächsten Monat zu übersenden. Lieferzeit ist jedoch nach wie vor für uns unverbindlich." Dann ruhte der Briefwechsel, bis am 22. Juni die Klägerin mit der Nachricht, daß sie den Waggon jetzt anfertigen lasse, um Bestellung eines Bankakkreditivs in Höhe von 16000 JI als dem für den 22. Juni maßgebenden Preis von 160 JI für 100 kg ersuchte. Das Berufungsgericht würdigt den Briefwechsel dahin, daß sich die Klägerin klar und deutlich ausgedrückt habe. Sie habe freibleibend unter dem Vorbehalt der Lieferungsmöglichkeit und unter dem weiteren Vorbehalt der Berechnung der Ware zum Tagespreis der Lieferungs­ zeit einen Waggon Holzwolle angeboten und dieser Antrag sei von der Beklagten mit Schreiben vom 1. und 5. März, zum mindesten aber durch Stillschweigen auf das Schreiben der Klägerin vom 9. März Angenommen worden. Diese Auslegung ist überwiegend tatsächlicher Art und gibt zu rechtlichen Bedenken keinen Anlaß. Sie berücksichtigt hm von de» Parteien vorgelegten Briefwechsel, läßt keinen Verstoß gegen anerkannte Grundsätze über die Auslegung von Verträgen er­ kennen und hält sich im Rahmm des dem Gericht nach § 286 ZPO.

zustehenden Rechtes der freien Beweiswürdigung. Die Beklagte kann auch nicht einwenden, daß sie in der Postkarte vom 1. März nur zum Preise von 98 JI für 100 kg gekauft habe. Vielmehr hat sie sich in diesem Schreiben mit dem einverstanden erklärt, was die Klägerin „in Nota genommen hatte". Das war zwar ein Waggon Holzwolle zum damaligen Tagespreis von 98 JI, aber mit dem Vorbehalt, diesen Preis gegebenenfalls durch den höheren Tagespreis der Lieferungszeit ersetzen zu dürfen. Auf ihre „Bitte" um möglichste Beschleunigung der Lieferung und auf die im Briefe vom 5. März ausgesprochene „Hoffnung", den Waggon noch Ende des Monats zu erhalten, ist die Beklagte nach dem ablehnenden Brief der Klägerin vom 9. März nicht mehr zurückgekommen. Daraus durfte die Klägerin entnehmen, daß jener Wunsch nach baldiger Belieferung auch nach der Auffassung der Beklagten nicht etwa eine Bedingung für die Annahme des Angebots der Klägerin darstellen sollte. Daß die Klägerin in ihrer Postkarte vom 3. März das mehrdeutige Wort „Offerte" gebraucht hat, konnte das Berufungsgericht nach dem Zusammenhang ohne Rechtsirrtum für belanglos erachten. Was die Revision gegen die Rechtsverbindlichkeit des abgeschlossenen Kaufvertrags geltmd macht, geht fehl. Das Berufungsgericht nimmt keineswegs an, daß die Klägerin das Recht haben sollte, die Beklagte mit der Erfüllung des Vertrags willkürlich auf unbestimmte Zeit hin­ zuziehen. Es legt den Vertrag ersichtlich dahin aus, daß die Klägerin nur im Sinne ihrer Vorbehalte „frei blieb", also ihre Kunden „nach Lieferungsmöglichkeit", d. h. soweit sie dazu nach dem ordnungsmäßigen Gang ihres Geschäfts ohne ungewöhnliche Schwierigkeiten und Opfer imstande war, der Reihe nach zu beliefern hatte und keine spätere Bestellung vor der älteren ausführen durste. Darin tritt kein die Beklagte benachteiligender Rechtsirrtum zutage. Freilich war die Klägerin nach der Art des Übereinkommens in gewissem Umfang in

der Lage, mit dem Zeitpunkt der Lieferung auch die Höhe des Kauf­ preises zu bestimmen. Aber es steht rechtlich nichts im Wege, sowohl den Zeitpunkt der Lieferung, als die Bestimmung des Kaufpreises dem billigen Ermeffen des Verkäufers zu überlassen. Lieferzeit und Kauf­ preis waren nach §§ 242, 157, 315 BGB. nach den die Lieferungs­ möglichkeit bedingenden Umständen des Falles, und nach dem für den Zeitpunkt der Lieferung zu ermittelnden Tagespreis bestimmbar (StaubKoenige HGB. 10. Aust. Vorb. zu § 373 Anm. 24, 25, 26, 22a, Anh. zu § 374 Anm. 148a, Anh. zu § 361 Anm. 17; RGZ. Bd. 64 S. 116; Bd. 90 S. 29; Bd. 102 S. 227).. ..

35. Sind die Gebührenforderungen von Sachverständigen, welche auf Grund der zu § 33 des Kriegsleistungsgesetzes vom 13. Juni 1873 erlassenen Bundesratsverordnung vom 1. April 1876 bestellt worden sind, rm Rechtswege verfolgbar? III. Zivilsenat,

litt. v. 24. Februar 1922 i. S. preuß. Staat sBekl.) w. L. M.). III 330/21.

I. Landgericht Potsdam. — II. Kammergericht Berlin.

Im Jahre 1915 forderte die Militärbehörde auf Grund des Kriegsleistungsgesetzes vom 13. Juni 1873 von gewissen Gemeinden bei I. die Überweisung von Waldgelände zur Erweiterung eines Truppenübungsplatzes. Der Kläger gehörte der Kommission, welche zur Festsetzung der vom Reich zu gewährenden.Entschädigungen berufm war, als Sachverständiger an. Der von ihm für seine Tätigkeit als solcher berechnete Betrag ist ihm nur teilweise ausgezahlt worden. Im jetzigen Rechtsstreit fordert er vom preußischen Staat die Bezahlung des Restbetrags. Das Landgericht hat die vom Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verworfen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Auf die Revision des Beklagten ist die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs abgewiesen toortett.

Aus den Gründen: Die zu § 33 des Kriegsleistungsgesetzes ergangene Ausführungs­ verordnung des Bundesrats vom 1. April 1876 bestimmt, daß in allen Fällen, in welchen nach der bezeichneten Gesetzesvorschrift die Feststellung einer Vergütung auf Grund sachverständiger Schätzung stattzufinden hat und für welche nicht besondere abweichende Bestimm mungen maßgebend sind, die Feststellung durch eine Kommission zu bewirken ist, der u. a. ein Kommissar der beteiligtm Landesregierung und mindestens zwei Sachverständige angehören. Die Sachverständigen find von dem Kommisiar zu ernennen. Auf eine solche Berufung ist die Tätigkeit des Klägers zurückzuführen, für welche er die ihm bisher Nur teilweise ausgezahlte Vergütung fordert. Sein Anspruch ist alsa der Ausfluß, eines Rechtsverhältnisses, das seine Quelle in einem "staat­ lichen Willensakt hat, und stellt sich deshalb als ein öffentlichrechtlicher dar. Daran darf nicht der Umstand beirren, baß die Ansprüche der Sachverständigen wegen ihrer Gebühren und Auslagen im Bürgerlichey Gesetzbuche — vgl. § 196 Nr. 17 — einer Regelung hinsichtlich der Verjährung unterzogen worden find, da das Gesetzbuch auch in das öffentliche Recht hinübergreist. Dieselbe Auffaffung ergibt sich bei Zugrundelegung der vom Kläger geltend gemachten besonderen Ver­ einbarung, die dadurch zustande gekommen sein soll, daß er fich auf

eine von dem Kommiflar veranlaßte

Anfrage

zur

Übernahme der

Schätzungsarbeiten gegen eine Vergütung nach Maßgabe der Ge­ bührenordnung für Zeugerr und Sachverständige bereit erklärt habe, und daß hierauf ohne Widerspruch gegen dieses Entschädigungsverlangen seine Bestellung zum Sachverständigen erfolgt sei. Der damit be­ hauptete Vertrag hat die Mitwirkung des Klägers bei der Erfüllung einer Aufgabe des öffentlichen Rechts zum Gegenstand, so daß auch die daraus abgeleitete Forderung auf Entschädigung diesem Rechts­ gebiet zuzurechnen ist. Für öffentlichrechtliche Ansprüche ist nun der Rechtsweg verschlossen, soweit nicht ausnahmsweise die Entscheidung hierüber den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist (§ 13 GVG.). Eine solche Sondervorschrift ist in bezug auf Rechtsverhästnisse der vor­ liegenden Art weder im Reichsrecht noch in dem maßgebenden preußischen Landesrecht enthalten. Es kommt hinzu, daß Gebührenforderungen von Sachverständigen ihrer Natur nach eine möglichst rasche endgültige Erledigung erheischen und daß ihre Beurteilung am sachgemäßesten durch die Behörde erfolgt, welcher der Sachverständige das Gutachten erstattet hat. Die Zulaffung ihrer Verfolgung im ordentlichen Rechts­ weg würde daher unzweckmäßig sein. Die Reichsgesetzgebung und die preußischen Landesgesetzgebung weisen denn auch eine Reihe von Vor­ schriften auf, die von dieser Anschauung beherrscht sind, und welche ersehen lassen, daß der Gesetzgeber das ordentliche gerichtliche Verfahren für die Festsetzung der Vergütung an Sachverständige als ungeeignet und deshab unzulässig ansieht. So überträgt die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige, deren Herrschaftsbereich nach § 1 die vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssachen umfaßt, auf welche die Zivilprozeß-, die Strafprozeß- und die Konkursordnung Anwendung finden, in § 17 Abs. 1 Satz 3 die Feststellung der einem Sachver­ ständigen zu gewährenden Beträge dem Gericht oder dem Richter, „vor welchem die Verhandlung stattgefunden hat". Sie gibt hierdurch sowie durch die mit der Rechtskraftwirkung eines gerichtlichm Urteils unverträgliche Bestimmung in § 17 Abs. 1 Satz 2 zu erkennen, daß die Sachverständigengebühren nur in dem durch diese Vorschrift ge­ regelten Verfahren geltend gemacht werden können (RGZ. Bd. 43 S. 47, insbes. S. 50). Auf die Gebührenordnung und damit auch auf den § 17, der gemäß, Art. II des Reichsgesetzes vom 10. Juni 1914 (RGBl. S. 214) durchweg in seiner jetzigen Gestalt in Betracht kommt, verweisen aber § 60 des Ges. betr. die Gewerbegerichte, § 16 des Ges. betr. Kaufmannsgerichte, § 13 VO. vom 11. Juli 1891 wegen des Verfahrens in Patentangelegenheiten, ferner die §§ 1579, 1652 Abs. 3, 1665 Abs. 2 RVersichO. sowie der § 106 Satz 2 des preußi­ schen Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 und ein Erlaß des Preußischen Ministers des Innern und des Finanzministers vom

86.

Aufbewahrung Den Wertpapieren.

Stückeverzeichnis.

11»

27. Februar 1884 unter VI (MinBl. f. d. i. Verw. S. 30) für das Verwaltungsstreit- und das Beschlußverfahren.

36. 1. Besteht die Pflicht zur Übersendung des Stückeverzeichnisses (§ 3 des Depotgesetzes) auch dann, wenn nicht eine eigentliche Ein­ kaufskommission, sondem ein ähnliches Rechtsverhältnis vorliegt? 2. Kann die „im § 4 des Depotgesetzes bestimmte dreitägige Nachholnngsfrist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses vom Kom­ mittenten verlängert werden? 3. Erfordemisse des Verzichts auf das Stückeverzeichnis. I. Zivilsenat,

litt. v. 25. Februar 1922 t S. Bank f. H. u. I. (Bekl.) w. A. (Kl.). I 312/21.

I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Der Kläger gab im Juli 1918 der Beklagten den Auftrag zur Zeichnung von 21000 Kr. Ungarischer Kriegsanleihe, zahlte ihr auch den Preis dafür. Die Beklagte beauftragte mit der Zeichnung den Ersten Pester Sparkassenverein, der für sie im ganzen 100000 Kr. zeichnete. Die Stücke wurden in der Zeit vom August 1918 bis Februar 1919 geliefert und bei dem Pester Verein in Depot genommen. Am 5. April 1919 mahnte der Kläger zum ersten Male wegen Aus­ lieferung der Stücke. Am 29. September forderte er Zusendung eines Stückeverzeichnisses unter Setzung einer Frist von fünf Tagen. Die Beklagte erklärte, sie könne das Verzeichnis nicht liefern, weil ihr die Nummern der in Budapest gelieferten Stücke nicht bekannt seien; sie habe jetzt aber deswegen dort angefragt. Mit Schreiben vom 7. Ok­ tober erwiderte der Kläger, daß er das Geschäft als nicht für seine Rechnung abgeschlossen ansehe. Mit der Klage fordert er Rückleistung des gezahlten Preises. Das Landgericht wies die Klage ab; das Kammergericht gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: Der Kläger ist von dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrage zurückgetreten, nachdem er ihr zur Lieferung eines Stückeverzeichnisses eine Frist gesetzt, die Beklagte aber das Verzeichnis nicht geliefert hatte. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Rücktritt berechtigt war, weil der Kläger in der Tat einen Anspruch auf das Stücke­ verzeichnis hatte. Die Revision rügt, daß das Berufungsgericht sich nicht darüber ausgesprochen habe, ob es seine Entscheidung auf § 326 BGB. oder auf das Depotgesetz stütze; im einen, wie im anderen Falle sei der Rücktritt unberechttgt: nach § 326, weil die Lieferung

86.

Aufbewahrung Den Wertpapieren.

Stückeverzeichnis.

11»

27. Februar 1884 unter VI (MinBl. f. d. i. Verw. S. 30) für das Verwaltungsstreit- und das Beschlußverfahren.

36. 1. Besteht die Pflicht zur Übersendung des Stückeverzeichnisses (§ 3 des Depotgesetzes) auch dann, wenn nicht eine eigentliche Ein­ kaufskommission, sondem ein ähnliches Rechtsverhältnis vorliegt? 2. Kann die „im § 4 des Depotgesetzes bestimmte dreitägige Nachholnngsfrist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses vom Kom­ mittenten verlängert werden? 3. Erfordemisse des Verzichts auf das Stückeverzeichnis. I. Zivilsenat,

litt. v. 25. Februar 1922 t S. Bank f. H. u. I. (Bekl.) w. A. (Kl.). I 312/21.

I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Der Kläger gab im Juli 1918 der Beklagten den Auftrag zur Zeichnung von 21000 Kr. Ungarischer Kriegsanleihe, zahlte ihr auch den Preis dafür. Die Beklagte beauftragte mit der Zeichnung den Ersten Pester Sparkassenverein, der für sie im ganzen 100000 Kr. zeichnete. Die Stücke wurden in der Zeit vom August 1918 bis Februar 1919 geliefert und bei dem Pester Verein in Depot genommen. Am 5. April 1919 mahnte der Kläger zum ersten Male wegen Aus­ lieferung der Stücke. Am 29. September forderte er Zusendung eines Stückeverzeichnisses unter Setzung einer Frist von fünf Tagen. Die Beklagte erklärte, sie könne das Verzeichnis nicht liefern, weil ihr die Nummern der in Budapest gelieferten Stücke nicht bekannt seien; sie habe jetzt aber deswegen dort angefragt. Mit Schreiben vom 7. Ok­ tober erwiderte der Kläger, daß er das Geschäft als nicht für seine Rechnung abgeschlossen ansehe. Mit der Klage fordert er Rückleistung des gezahlten Preises. Das Landgericht wies die Klage ab; das Kammergericht gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: Der Kläger ist von dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrage zurückgetreten, nachdem er ihr zur Lieferung eines Stückeverzeichnisses eine Frist gesetzt, die Beklagte aber das Verzeichnis nicht geliefert hatte. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Rücktritt berechtigt war, weil der Kläger in der Tat einen Anspruch auf das Stücke­ verzeichnis hatte. Die Revision rügt, daß das Berufungsgericht sich nicht darüber ausgesprochen habe, ob es seine Entscheidung auf § 326 BGB. oder auf das Depotgesetz stütze; im einen, wie im anderen Falle sei der Rücktritt unberechttgt: nach § 326, weil die Lieferung

des Slückeverzeichnisses nicht eine Hauptverpflichtung sei, nach dem Depotgesetze, weil keine Einkaufskommission vorliege und weil nicht erhelle, daß die int § 4 Abs. 2 gesetzte Frist von drei Tagen eingehalten sei. Die Rüge ist im Endergebnis unbegründet. Offenbar stützt sich das Berufungsgericht auf das Depotgesetz, und das ist berechtigt. Allerdings spricht § 3 DepG., welcher die Übersendung des Stücke­ verzeichnisses anordnet, seinen Worten nach nur von einer Einkaufs­ kommission. In der Rechtslehre ist bestritten, ob die Zeichnung einer vom Staate oder von einer privaten Unternehmung aufgelegten Anleihe ein Kaufgeschäft oder ein Darlehensvertrag ist (Freund, die Rechts­ verhältnisse der öffentlichen Anleihen S. 68flg.). Zweifellos liegt ein Kaufvertrag vor, wenn ein Bankenkonsortium die Anleihe fest über­ nommen hat und sie zur Zeichnung auflegt; denn dann wollen die Zeichner nicht den Banken Darlehen gewähren, sondern Stücke von ihnen kaufen (RGZ. Bd. 56 S. 299ftg.). Nicht ganz so klar liegt die Sache, wenn die Banken nur als^ Vermittler, als Zeichnungsstellen, auftretm. Es mögen auch dann überwiegende Gründe für die An­ nahme eines Kaufgeschäfts sprechen, wofür das Reichsgericht in seiner Entscheidung Bd. 28 S. 30 mit Recht besonders auf die ausgebildete Technik des Emissionsgeschäfts hingewiesen hat. Bei solcher Annahme wäre dann vorliegenden Falles die Beklagte Einkaufskommissionärin, und daraus würde die Verpflichtung zur Übersendung des Stücke­

verzeichnisses nach § 3 DepG. ohne weiteres folgen. Es bedarf aber keiner abschließenden Erörterung, wie die Anleihezeichnung rechtlich zu konstruieren ist; denn der Umkreis der Fälle, auf welche der § 3 an­ zuwenden ist, wird nicht durch zweifelhafte rechtliche Konstruktionen bestimmt, sondern dadurch, ob die Sachlage ihrem Wesen nach, ins­ besondere in wirtschaftlicher Hinsicht, denjenigen Charakter aufweist, den der § 3 treffen wollte. Das ist hier der Fall. Die Beklagte hatte nach dem von ihr angenommenen Auftrag die Verpflichtung, dem Kläger gegen Entgelt die Stücke, die er zeichnen lassen wollte, zu verschaffen. Dieser Tatbestand stimmt mit dem einer Einkaufskommission auf alle Fälle so weitgehend überein, daß der § 3 auf ihn Anwendung finden muß. Der Zweck des § 3 ist, dem Schwebezustand zwischen dem Er­ werb der Stücke und der Übertragung des Eigentums auf den Kom­

mittenten (durch Lieferung oder constitutum possessorium) ein möglichst schleuniges Ende zu bereiten, indem durch Mitteilung des Stückeverzeichniffes das Eigentum übertragen wird (§ 7). Dieser Zweck er­ streckt sich, wie atts der Anführung des § 406 HGB. (Art. 360 alter Fassung) int § 3 klar hervorgeht, auch auf den vorliegenden Tatbestand. Deshalb war die Beklagte zur Liefentng des Stückeverzeichnisses verpflichtet. Über die Einhaltung der Fristen des § 4 hat sich das Berufungs­ gericht nicht ausgesprochen, worauf die Revision mit Recht hinweist.

Diese Unterlassung ist unschädlich, denn die Fristen sind gewahrt. § 4 bestimmt, daß, wenn der Kommissionär die Übersendung des Stücke­ verzeichnisses unterläßt, der Kommittent ihn zur Übersendung aust fordern kann. Holt dann der Kommissionär das Versäumte nicht binnen drei Tagen nach, so kann der Kommittent binnen weiterest drei Tagen das Ausführungsgeschäft zurückweisen. Die Stücke waren, wie die Mitteilungen des Pester Sparkassenvereins vom 1. und 5. Ok­ tober 1919 ergeben, vom 29. August 1918 bis Februar 1919 nach und nach zur Ausgabe gelangt. Spätestens im Februar 1919 standen mithin die Nummern fest. Die Verpflichtung des § 3 wurde also spätestens derzeit fällig. Am 29. September 1919 hat der Kläger das Stückeverzeichnis gefordert und zur Lieferung — nach dem Depotgesetz unnötigerweise — eine Frist von fünf Tagen gesetzt. Die Ver­ längerung der vom Gesetze bestimmten Frist von drei Tagen auf fünf Tage ist zulässig. Am 7. Oktober 1919 hat er sodann das Aus­ führungsgeschäft als nicht für seine Rechnung geschlossen zurückgewieseiu Die Frist von drei Tagen nach Ablauf der gesetzten fünftägigen Frist ist also gewahrt. Die Fristenbestimmung des § 4 ist. nicht etwa dahin aufzufassen, daß der Rücktritt stets fcinnen sechs Tagen von der Auf­ forderung an erfolgen muß, vielmehr ist die Verlängerung der drei­ tägigen Nachholungsfrist durch den Kommittenten zulässig. Die Revision beruft sich weiter darauf, daß der Kläger auf Übersendung des Stückeverzeichnisses durch Anerkennung der Geschäfts^

bedingungen der Beklagten verzichtet habe. Ein rechtswirksamer Ver­ zicht liegt jedoch nicht vor. Ein solcher muß nach § 3 Abs. 2 drei Voraussetzungen erfüllen: er muß fchristlich, weiter ausdrücklich (b. h. in klarer Fassung) und endlich für den einzelnen Fall ausgesprochen sein. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Geschäfts­ bedingungen, aus deren Nr. 4 der Verzicht gefolgert wird, nicht unter­ schrieben sind. Es fehlt also an der gebotenen Schriftlichkeit, und deshalb braucht nicht erörtert zu werden, ob der Verzicht mit genügen­ der Klarheit int Ausdruck und mit genügender Beschränkung auf den Einzelfall ausgesprochen worden ist. Es ist jedoch hinzuzufügen, daß es jedenfalls auch an der Spezialisierung auf den Einzelfall fehltdenn diese liegt nicht in der Unterschreibung von allgemeinen Be­ dingungen (Staub, Anh. zu § 424, Anm. 21b, 9), so daß auch bei Unterschreibüng der Bedingungen nicht zu einem anderen Ergebnis zu gelangen wäre.... Mithin versagen die Rügen der Revision. Die Klage auf Rück­ zahlung des Preises ist wegen unterlassener Mitteilung des Stückeverzeichnifles berechtigt, ohne daß es darauf ankommt, ob die Beklagte die Stücke selbst vor dem Rücktritt des Beklagten liefet« konnte und mußte.

37. Läßt sich die BereinbarMg eines einzutragenden dinglichen Vorkaufsrechts mit festem Preise gemäß § 140 BGB. in die Ver­ einbarung eines dnrch die Bestellung einer Auflassungsvormerkung zn sichernden schuldrechtlichen Vorkaufsrechts umdeuten? Ist eine solche Vereinbarung rechtsgültig? V. Zivilsenat. Urt. v. 25. Februar 1922 i. S. Kä. (Bekl.) w. K. (Kl.). V 400/21. I. Landgericht Kiel. — IL Oberlandesgericht daselbst.

Zur notariellen Urkunde vom 6. Dezember 1916 bot der Beklagte sein Hausgrundstück W.straße 17 in Kiel-Gaarden der Klägerin zum' Kauf an. In Z 9 dieses Angebots heißt es:

„Der Verkäufer ist gleichzeitig Eigentümer des W.straße 15, belegenen Grundstücks. In bezug auf dieses Grundstück räumt er der F. K. Aktiengesellschaft das grundbuchamtlich einzutragende dingliche Vorkaufsrecht ein. Falls die letztere von diesem Vorkaufsrecht Gebrauch macht, so sollen als Kaufpreis 28000 JI bei. halbschiedlichen Kosten zu zahlen sein. Jedoch steht es Herrn K. — d. i. dem Verkäufer — frei, das Grundstück an einen seiner Söhne mit der Maßgabe zu ver­ äußern und zu vererben, daß dieser in die Verkaufsverpflichtung gegen­ über der Germaniawerft eintritt. Verkäufer bewilligt und beantragt die Eintragung dieses Vor­ kaufsrechts ins Grundbuch." Das Vorkaufsrecht ist, nachdem die Klägerin das ihr gemachte Angebot durch notariell beurkundete Erklärung vom 11. Dezember 1916 angenommen hatte, in das Grundbuch eingetragen worden. Da ein dingliches Vorkaufsrecht mit einem festbestimmten Preise nicht begründet werden könne, hat die Klägerin geltend gemacht, die Vereinbarung der Parteien sei dahin auszulegen, daß ein persönliches Vorkaufsrecht und zugleich die Eintragung einer Vonnerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechts entstehenden Anspruchs auf Eigentumsübertragung als vereinbart anzusehen sei. Sie hat dem­ gemäß in erster Linie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, darein zu willigen, daß die das Vorkaufsrecht betreffende Eintragung in die Eintragung einer Vormerkung der erwähnten Art geändert werde. Hilfsweise hat sie gebeten, das Bestehen des von ihr geltend gemachten persönlichen Vorkaufsrechts festzustellen und den Beklagten zur Be­ antragung der Eintragung einer Vormerkung desselben Inhalts zu verurteilen. Der Beklagte hat dagegen Abweisung der Klage und im Wege der Widerklage Verurteilung der Klägerin zur Bewilligung der Löschung des Vorkaufsrechts beantragt, weil die von der Klägerin er-

strebte Umdeutung der das Vorkaufsrecht betreffenden Vereinbarung nicht angängig sei. Das Landgericht hat dem in erster Linie gestellten Klagantrag entsprochen, die Widerklage dagegen abgewiesen. Der im übrigen zurückgewiesenen Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht insoweit stattgegebm, als es die Fälle, in denen die Ausübung des Vorkaufsrechts statthaft fein solle, in einigen Punkten abweichend be­ stimmt hat. Die Revision des Beklagten ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen: Das Bemfungsurteil beruht auf der Erwägung, daß die Vereinbaxung eines dinglichen Vorkaufsrechts mit festbestimmtem Preise nach § 1098 in Verbindung mit § 505 Abs. 2 BGB. zwar an sich nichtig, im vorliegenden Falle nach § 140 BGB. aber dahin umzudeuten sei, daß ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht und deffen Sicherung durch eine Vormerkung zur Erhaltung des Rechts auf Auflassung als vereinbart zu gelten habe. Die Revision bittet in erster Linie nachzuprüfen, ob nicht auch bei einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht die Vereinbarung eines fest­ bestimmten Preises für unzulässig zu erachten sei. Allein diese Frage hat der Berufungsrichter mit Recht deshalb verneint, weil auf dem Gebiete des Rechts der Schuldverhältnisse grundsätzlich Vertragsfreiheit gilt und dieser Grundsatz des weiteren auch durch die Vorschrift des § 505 Abs. 2 BGB. keine Einschränkung erleidet, derzufolge mit der Ausübung des Vorkaufsrechts der Verkauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande kommt, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat. Dem Be­ rechtigten und dem Verpflichteten ist es daher unbenommen, unter sich Abweichungen von den mit dem Dritten vereinbarten Bestimmungen festzusetzen (RGZ. Bd. 67 S. 43). Auch die von der Revision in zweiter Linie zur Nachprüfung ge­ stellte Frage, ob ein solches schuldrechtliches Vorkaufsrecht durch Ein­ tragung einer Vormerkung gesichert werden könne, hat der Berufungs­ richter zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichs­ gerichts in bejahendem Sinne beantwortet, da es sich um einen bedingten Anspruch auf Einräumung des Eigentums an einem Grund­ stück handelt, zu deffen Sicherung nach § 883 BGB. eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden kann (RGZ. Bd. 67 S. 48, Bd. 69 S. 282, Bd. 72 S. 392; Seuff. Arch. Bd. 69 Nr. 127). Der Einwand der Revision, daß aus der Unzulässigkeit der Eintragung eines dinglichen Vorkaufsrechts mit festbestimmtem Preise auch die Un­ zulässigkett der Vormerkung, zur Sichemng eines schuldrechtlichen Bor-

kaufsrechts dieser Art zu folgern sei, ist fehlsam. Denn zwischen beiden Arten von Rechten besteht anerkanntermaßen eine Reihe von Unter­ schieden (s. Planck BGB. Bd. 3 S. 715 Anm. la), von denen hier hauptsächlich der ins Gewicht fällt, daß das dingliche Vorkaufsrecht im Gegensatz zum schuldrechtlichen nicht nur als subjektiv dingliches Recht (§ 1094 Abs. 2 BGB.), sondern auch für mehrere und für alle Fälle des Verkaufs bestellt werden kann (1097 BGB.). Der gegen die Anwendung des §140 BGB. erhobene Revisions­ angriff muß gleichfalls versagen. Denn die Anwendung dieser Vor­ schrift beruht auf der Feststellung, daß die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit der das dingliche Vorkaufsrecht betreffenden Abrede ein durch Vormerkung zu sicherndes schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbart haben würden. Diese Feststellung läßt aber einen Rechtsirrtum nicht er­ kennen.

38. Zum Begriff des „Vermittlers" im Sinne des § 224 des Reichsgesetzes über das Branntweinmonopol vom 26. Juli 1918. VI. Zivilsenat. Urt. v. 27. Februar 1922 i. S. Brennerei T., Ges. m. b. H. (Kl.) w. Reichsmonopolamt für Branntwein (Bekl.). VI 620/21. I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Das Reichsgesetz über das Branntweinmonopol vom 26. Juli 1918 (RGBl. S. 887) billigt im § 224 unter gewissen Voraussetzungen den Vermittlern des Branntweinverkehrs einen Anspruch auf Weiterbeschäfti­ gung oder Entschädigung zu. Die Klägerin glaubt, zum Kreise dieser Personen zu gehören und in Ermangelung einer Weiterbeschäftigung eine Entschädigung auf die Dauer von zehn Jahren nach dem 1. Ok­ tober 1919 fordern zu können. Der Entschädigungsausschuß, dem nach § 240 des Gesetzes die Festsetzung der Entschädigung oblag, hat den Antrag der Klägerin als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Ent­ scheidung hat sie den ordentlichen Rechtsweg beschritten. Sie verlangt klageweise vom Reichsmonopolamt für,Branntwein, gegen das nach § 60 der Entschädigungsordnung vom 9. August 1919 (ZtrBl. s. d. Deutsche Reich 1919 S. 801) die Klage zu richten war, Zahlung von 22833 JH, zahlbar in zehn jährlich am 1. Oktober, erstmalig am 1. Oktober 1920 fällig werdenden Raten; Hilfsweise fordert sie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr eine angemessene Ent­ schädigung auf die Dauer von zehn Jahren zu gewähren. Die Vor­ instanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg.

kaufsrechts dieser Art zu folgern sei, ist fehlsam. Denn zwischen beiden Arten von Rechten besteht anerkanntermaßen eine Reihe von Unter­ schieden (s. Planck BGB. Bd. 3 S. 715 Anm. la), von denen hier hauptsächlich der ins Gewicht fällt, daß das dingliche Vorkaufsrecht im Gegensatz zum schuldrechtlichen nicht nur als subjektiv dingliches Recht (§ 1094 Abs. 2 BGB.), sondern auch für mehrere und für alle Fälle des Verkaufs bestellt werden kann (1097 BGB.). Der gegen die Anwendung des §140 BGB. erhobene Revisions­ angriff muß gleichfalls versagen. Denn die Anwendung dieser Vor­ schrift beruht auf der Feststellung, daß die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit der das dingliche Vorkaufsrecht betreffenden Abrede ein durch Vormerkung zu sicherndes schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbart haben würden. Diese Feststellung läßt aber einen Rechtsirrtum nicht er­ kennen.

38. Zum Begriff des „Vermittlers" im Sinne des § 224 des Reichsgesetzes über das Branntweinmonopol vom 26. Juli 1918. VI. Zivilsenat. Urt. v. 27. Februar 1922 i. S. Brennerei T., Ges. m. b. H. (Kl.) w. Reichsmonopolamt für Branntwein (Bekl.). VI 620/21. I. Landgericht I Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Das Reichsgesetz über das Branntweinmonopol vom 26. Juli 1918 (RGBl. S. 887) billigt im § 224 unter gewissen Voraussetzungen den Vermittlern des Branntweinverkehrs einen Anspruch auf Weiterbeschäfti­ gung oder Entschädigung zu. Die Klägerin glaubt, zum Kreise dieser Personen zu gehören und in Ermangelung einer Weiterbeschäftigung eine Entschädigung auf die Dauer von zehn Jahren nach dem 1. Ok­ tober 1919 fordern zu können. Der Entschädigungsausschuß, dem nach § 240 des Gesetzes die Festsetzung der Entschädigung oblag, hat den Antrag der Klägerin als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Ent­ scheidung hat sie den ordentlichen Rechtsweg beschritten. Sie verlangt klageweise vom Reichsmonopolamt für,Branntwein, gegen das nach § 60 der Entschädigungsordnung vom 9. August 1919 (ZtrBl. s. d. Deutsche Reich 1919 S. 801) die Klage zu richten war, Zahlung von 22833 JH, zahlbar in zehn jährlich am 1. Oktober, erstmalig am 1. Oktober 1920 fällig werdenden Raten; Hilfsweise fordert sie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr eine angemessene Ent­ schädigung auf die Dauer von zehn Jahren zu gewähren. Die Vor­ instanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Gründe: Das Reichsgesetz über das Branntweinmonopol regelt in seinem 11. Abschnitt, der die §§ 199 bis 242 umfaßt, die „Beschäftigung und Entschädigung der bestehenden Betriebe und der Angestellten". Neben den Branntweinreinigungsanstalten, den Brennereibesitzern, den Destilla­ teuren, den Besitzern von Abfüllstellen und von Branntweinlagern, den Händlern, Agentm, Angestellten und Arbeitern werden hier auch „Vermittler" aufgeführt. § 224, der diese Überschrift trägt, lautet:

„Gewerbetreibende, die nach dem 30. September 1912 wenigstens drei Jahre lang den Branntweinverkehr zwischen der Brennerei und dem Abnehmer des Branntweins vermittelt haben, werden nach Wahl der Monopolverwaltung auf die Dauer von zehn Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes weiterbeschäftigt oder in angemessenen Grenzen entschädigt." Zu dem gleichlautenden § 222 des Regierungsentwurfs war in der Begründung (Rt. 1914/18 Drucks. Nr. 1460, S. 85) bemerkt: „Seit Jahrzehnten bestehen Verträge über die Vermittlung des Branntweinverkehrs zwischen der Brennerei und dem Abnehmer des Branntweins (Spiritus-Zentrale), nach denen der Vermittler dem Brennereibesitzer Fässer oder Kesselwagen zu den Branntweinabnahmen stellt und Vorschüsse gewährt. Die Beibehaltung dieser Vermittler wird die Überleüung in die neuen Verhältnisse wesentlich erleichtern."

Hiernach stellt das Berufungsgericht ohne Widerspruch der Par­ teien fest, daß das Gesetz für den Begriff des „Vermittlers" nicht — wie man im Hinblick auf § 652 BGB. vermuten könnte — auf die Vermittlung des Abschlusses von Branntweinlieferungsverttägen, sondern uf gewisse im Brennereigewerbe übliche Dienste abstellt. Der Streit der Parteien dreht sich um die Frage, ob auch der Brennereibesitzer selbst hinsichtlich des von ihm im eigenen Betrieb erMgten Branntweins Vermittler im gedachten Sinne sein kann, indem er jene für die Befördemng zum Abnehmer erforderlichen Dienste selbst leistet. Die Klägerin, die eine Brennerei und Preßhefefabrik betreibt, hatte nämlich seit einer Reihe von Jahren vor dem'Inkrafttreten des Monopolgesetzes mit der Spiritus-Zentrale neben sonstigen Verträgen, durch die sie sich zur Lieferung des von ihr hergestellten Branntweins an diese verpflichtet hat, auch einen „Vermittlungsvertrag" geschlossen, demzufolge die Klägerin die „Vermittlung" des von ihr hergestellten und an die Gesellschaft abgelieferten Branntweins übernahm, dm Ver­ kehr mit dieser gemäß derest Anweisungen abzuwickeln versprach, sich zur Bereitstellung der erforderlichm Fässer und Kesselwagen verpflichtete und als Entschädigung dafüb auf jedes durch ihre „Vermittlung" an die Gesellschaft gelieferte Hettoliter reinm Alkohols eine Provision von

30 erhalten sollte. Die Klägerin meint, hiernach sei sie auf Grund des § 224 entschädigungsberechtigt. Dagegen vertritt die Beklagte die Auffassung, jene Vorschrift habe zur Voraussetzung, daß bei dem Branntweinverkehr drei Stellen beteiligt seien, nämlich der Gewerbe­ treibende (Vermittler), die Brennerei und der Abnehmer; diese Voraus­ setzung liege bei der Klägerin nicht vor; der sog. Vermittlungsvertrag der Spiritus-Zentrale mit der Klägerin habe lediglich eine versteckte Erhöhung des Branntweinverwertungspreises für die letztere bezweckt. In Übereinstimmung mit dem ersten Richter pflichtet das Berufungs­ gericht der Meinung der Beklagten bei und stellt fest, daß der im § 224 zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers für die Auf­ fassung der Klägerin keinen.Raum gebe. Die Revision rügt Verletzung dieser Gesetzesvorschrift. Jndesien ergibt die Nachprüfung, daß sie in dem angefochtenen Urteil richtig ausgelegt worden ist. Zunächst spricht der Wortlaut des Paragraphen sehr deutlich dafür, daß bei dem „Vermittler", dem der Gesetzgeber einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung oder Entschädigung zubilligen wollte, an eine Person gedacht war, die sowohl vom Besitzer der Brennerei wie von dem Abnehmer des Branntweins verschieden war. Der Ausdruck „Gewerbetreibende, die . . , vermittelt haben" weist darauf hin, daß hier in den Kreis der bestehenden Betriebe, von deren „Beschäftigung und Entschädigung" der 11. Abschnitt des Ge­ setzes handelt, eine neue Kategorie eingeführt werden sollte, ohne daß man dabei an die Brennereibesitzer gedacht- hätte, deren Ansprüche bereits vorher (im § 213) ihre Regelung gefunden hatten. Sodann läßt die Wahl des Wortes „vermitteln" keinen Zweifel, daß sich der Gesetzgeber eine Person vorstellte, die zwischen der Brennerei und dem Abnehmer „in der Mitte" stand und eine besondere, diesen beiden zu­ gute kommende Tätigkeit ausübte. Was die angeführte Stelle der Be­ gründung des Gesetzentwurfs über die Art dieser Tätigkeit mstteilt, zeigt, daß gerade zwischen dem Brennereibesitzer und dem Vermittler Beziehungen vorausgesetzt wurden, die eine Verschiedenheit dieser Per­ sonen bedingen. Der Vermittler soll danach dem Brennereibesitzer Fäffer oder Kesselwagen zu den Branntweinabnahmen stellen und Vor­ schüsse gewähren. Es ist klar, daß der Brennereibesitzer selbst diese Tättgkeit niemals ausüben kann. Die Begründung nimmt zwar Bezug auf Verträge, an welchen die Spiritus-Zentrale als Abnehmerin des Branntweins beteiligt war; nach dem, was die Begründung über den Jnhall dieser Verträge sagt, kann sie aber solche, wie den von der Klägerin vorgelegten, nicht im Auge gehabt haben. Auch die Entstehungsgeschichte des § 224 (im Entwurf § 222) ergibt nichts, was die Auffassung der Klägerin stützen könnte. Die Ablehnung eines im Ausschüsse des Reichstags gestellten Antrags, ein-

zufügen, daß der Branntweinverkehr für die Spiritus-Zentrale ver­ mittelt worden sein müßte, um die Grundlage für die in dem Para­ graphen geregelten Ansprüche bilden zu können, läßt im Gegenteil erkennen, daß die Mehrheit des Ausschusses nicht ohne weiteres die Geschäftsgebahrung der Spiritus-Zentrale als Richtschnur gelten lassen wollte Männer, von denen mindestens einer mit einem Revolver bewaffnet war, ge­ meinsam und offen geplündert, an anderen Stellen der Stadt war gleichfalls geplündert worden und eine Lähmung jedes staatlichen Widerstands war eingetreten. Bei dieser Sachlage und unter Berück­ sichtigung der Möglichkeit, daß sich noch weitere Personen den fünf Plünderern anschließen konnten, wurden diese als eine Zusammenrottung im Sinne des preuß. TG. angesehen. Von dem damaligen Sachverhalt ist der jetzige namentlich.insofern verschieden, als jetzt keine Anhalts­ punkte dafür vorliegen, daß sich Dritte den Beauftragten des Vollzugs­ rats hätten anschließen können, und daß so eine öffentliche Ansammlung gefahrdrohender Art, wie sie in § 1 preuß. TG. vorausgesetzt wird, hätte entstehen können. Die Beauftragten des Vollzugsrats können daher, auch wenn unterstellt wird, daß es drei Personen gewesen seien, für sich allein nicht als eine Zusammenrottung im gesetzlichen Sinne angesehen werden. Der Kläger vertritt nun die Ansicht, daß jedenfalls die rote Armee als solche eine Zusammenrottung gebildet habe, daß der Vollzugsrat als Teil dieser Zusammenrottung anzusehen sei und das

gleiche auch für seine Beauftragten zu gelten habe. Wie das Be­ rufungsgericht feststellt, bestand der Vollzugsrat aus einer beschränkten, in sich geschlossenen Anzahl von Mitgliedern, die von den revolu­ tionären Parteien ernannt waren und ein Organ der neugcbildetm öffentlichen GewaÜ darstellten; eine so organisierte Mehrzahl von Per­ sonen aber will das Berufungsgericht mit Recht nicht für eine Zu­ sammenrottung erachten. Die rote Armee hingegen erklärt cs insoweit für eine Zusammenrottung, als die zu ihr gehörenden Personen er­ kennbar zu gemeinschaftlichem ungesetzlichen Handeln zusammengetreten waren. Es verneint aber das weitere, int § 1 preuß. TG. aufgestellte Erfordernis, daß die Schädigung des Klägers bei einer solchen Zu­ sammenrottung erfolgt sei. Der erforderliche Zusammenhang fehle nicht nur hinsichtlich des außerhalb von St. mit den Regierungslruppen kämpfenden Teils der roten Armee, sondern auch im Verhältnis zu ihren in der Stadt selbst befindlichen Angehörigen. Solange diese nicht wirklich zu gemeinsamem ungesetzlichen Vorgehen zusammengetreten seien, könnten sie nicht als Teile einer zusammengerotteten Menschenmenge angesehen werden. Diese Auffassung wird von der Revision bekämpft. Dem Be­ rufungsgericht ist aber im Ergebnis zuzustimmen. Daß eine gewisse Organisation der Teilnehmer mit dem Dasein einer Zusammenrottung im gesetzlichen Sinne nicht unvereinbar ist, hat der erkennende Senat bereits früher angenommen sRGZ. Bd. 100 S. 16, Bd. 102 S. 342). Wie weit die Organisation gehen muß, um eine Zusammenrottung auszuschließen, ist nach der Lage des einzelnen Falles zu ermitteln. Es bedarf aber jetzt keiner Prüfung nach der Richtung, ob die zu der roten Armee gehörenden Scharen trotz ihrer Organi­ sation als eine Zusammenrottung betrachtet werden können, weil das Berufungsgericht mit Recht das weitere Erfordernis für die Schadensersatzpflicht der Beklagten verneint hat, daß der Schaden bei einer Zu­ sammenrottung entstanden sei. Hierzu genügen nicht irgendwelche Be­ ziehungen zwischen dem den Schaden unmittelbar bewirkenden Vorgang und einer Zusammenrottung, sondern es muß ein zeitlicher und ört­ licher Zusammenhang zwischen dem Tumult und der Schädigung vor­ handen sein (RGZ. Bd. 67 S. 238). Aus der von der Revision an­ gezogenen Sachdarstellung im Urteil des Landgerichts geht aber nur hervor, daß die Wegnahme des Kraftwagens im Zusammenhang mit inneren Unruhen erfolgt ist, dagegen nicht, daß sie im örtlichen Zusammen­ hänge mit einer Zusammenrottung stattgefunden hat. Nun läßt sich zwar der örtliche Bereich einer Zusammenrottung, wie auch das Urteil RGZ. Bd. 67 S. 238 anerkennt, regelmäßig nicht genau abgrenzen, es muß aber jedenfalls die schädigende Handlung mit einer tatsächlich versammelten Menschenmenge in einer räumlichen Beziehung stehen.

So mag der durch einen einzelnen Dachschützen verursachte Schaden dann bei einer Zusammeitrottung bewirkt sein, wenn der Schütze im bewußten Zusammenwirken mit einer unten kämpfenden Menschenmenge gehandelt hat. Zweifelhafter wird der nötige Zusammenhang schon dann, wenn der Zusammenlauf von Menschen zwar gleichzeitig mit der den Schaden unmittelbar herbeiführenden Handlung, aber in einer anderen Straße stattgefunden hat, wie das in der RGZ. Bd. 99 S. 6 entschiedenen Sache, der Fall war. Hier ist aber ein örtlicher Zusammenhang zwischen der Beschlagnahme und einer tatsächlich versammelten Menschen­ menge nicht ersichtlich. Daß zwischen dem im Kampf mit den Re­ gierungstruppen stehenden Teile der roten Armee und der Beschlag­ nahme des Kraftwagens kein örtlicher Zusammenhang bestand, ist nicht zweifelhaft; daß sich aber die in St. befindlichen Anhänger des Voll­ zugsrats tatsächlich zusammengerottet hätten und daß nun bei dieser Zusammenrottung der Kläger geschädigt sei, ist nicht festgestellt. Die Möglichkeit war freilich gegeben, daß der Vollzugsrat zur Durchführung seiner Anordnung seine Anhänger versammeln und durch die so zu­ stande gekommene Zusammenrottung die Wegnahme des Kraftwagens durchsetzen konnte; aber wegen dieser Möglichkeit kann der tatsächlich stattgefundene Vorgang nicht so angesehen werden, als sei er bei einer Zusammenrottung erfolgt. Der Tatbestand des § 1 des preuß. TG. ist enger, als der des § 1 RTG., der nur einen im Zusammenhang mit inneren Unruhen durch offene Gewalt oder deren Abwehr unmittelbar verursachten Schaden verlangt fRGZ. Bd. 102 S. 341), während das Pr. TG. einen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang des Schadens mit einem öffentlichen Auflaufe erfordert.

58, Welche Bedeutung haben in Bertragsverhandlungen unter Kauf­ leuten die Bitte nm Gegenbestätigung nnd ähnliche Wendungen? II. Zivilsenat.

Urt. v. 21. März 1922 i. S. R. & Co. (Kl.) w. R. & Co. (Bekl.). II 625/21.

L Landgericht Neu-Ruppin. — II. Kammergericht Sedin.

Am 25. November 1919 bestellte die Beklagte bei der Klägerin 5000 m Bleirohr. Nach mehrfachem Briefwechsel schrieb sie am 19. Januar 1920 der Klägerin: „Wir teilen Ihnen mit, daß wir das Jsolierrohr in den beorderten Mengen bei Ihnen in Nota behalten ... Ihrer nunmehrigen endgültigen Bestätigung sehen wir mit wendender Post entgegen und zeichnen" ... Darauf erfolgte yichts, bis die Bellagte am 4. Mai 1920 der Klägerin schrieb, sie müsse feststellen, bis

So mag der durch einen einzelnen Dachschützen verursachte Schaden dann bei einer Zusammeitrottung bewirkt sein, wenn der Schütze im bewußten Zusammenwirken mit einer unten kämpfenden Menschenmenge gehandelt hat. Zweifelhafter wird der nötige Zusammenhang schon dann, wenn der Zusammenlauf von Menschen zwar gleichzeitig mit der den Schaden unmittelbar herbeiführenden Handlung, aber in einer anderen Straße stattgefunden hat, wie das in der RGZ. Bd. 99 S. 6 entschiedenen Sache, der Fall war. Hier ist aber ein örtlicher Zusammenhang zwischen der Beschlagnahme und einer tatsächlich versammelten Menschen­ menge nicht ersichtlich. Daß zwischen dem im Kampf mit den Re­ gierungstruppen stehenden Teile der roten Armee und der Beschlag­ nahme des Kraftwagens kein örtlicher Zusammenhang bestand, ist nicht zweifelhaft; daß sich aber die in St. befindlichen Anhänger des Voll­ zugsrats tatsächlich zusammengerottet hätten und daß nun bei dieser Zusammenrottung der Kläger geschädigt sei, ist nicht festgestellt. Die Möglichkeit war freilich gegeben, daß der Vollzugsrat zur Durchführung seiner Anordnung seine Anhänger versammeln und durch die so zu­ stande gekommene Zusammenrottung die Wegnahme des Kraftwagens durchsetzen konnte; aber wegen dieser Möglichkeit kann der tatsächlich stattgefundene Vorgang nicht so angesehen werden, als sei er bei einer Zusammenrottung erfolgt. Der Tatbestand des § 1 des preuß. TG. ist enger, als der des § 1 RTG., der nur einen im Zusammenhang mit inneren Unruhen durch offene Gewalt oder deren Abwehr unmittelbar verursachten Schaden verlangt fRGZ. Bd. 102 S. 341), während das Pr. TG. einen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang des Schadens mit einem öffentlichen Auflaufe erfordert.

58, Welche Bedeutung haben in Bertragsverhandlungen unter Kauf­ leuten die Bitte nm Gegenbestätigung nnd ähnliche Wendungen? II. Zivilsenat.

Urt. v. 21. März 1922 i. S. R. & Co. (Kl.) w. R. & Co. (Bekl.). II 625/21.

L Landgericht Neu-Ruppin. — II. Kammergericht Sedin.

Am 25. November 1919 bestellte die Beklagte bei der Klägerin 5000 m Bleirohr. Nach mehrfachem Briefwechsel schrieb sie am 19. Januar 1920 der Klägerin: „Wir teilen Ihnen mit, daß wir das Jsolierrohr in den beorderten Mengen bei Ihnen in Nota behalten ... Ihrer nunmehrigen endgültigen Bestätigung sehen wir mit wendender Post entgegen und zeichnen" ... Darauf erfolgte yichts, bis die Bellagte am 4. Mai 1920 der Klägerin schrieb, sie müsse feststellen, bis

heute eine Bestätigung nicht erhalten zu haben, und anschließend wört­ lich: „Mit Rücksicht darauf bitten wir Sie heute, die Order zu streichen, da sie uns eine Lieferzeit von vier Monaten versprachen und dieselbe nunmehr weit überschritten ist." Die Klägerin besteht auf Erfüllung und bietet der Beklagten die Ware an und fordert Zahlung des Preises usw. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für berechtigt. Das Berufungsgericht wies ihn ab. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Gründe: Der Vorderrichter führt aus, es ergebe sich, daß durch die Briefe der Parteien vom 17. und 19. Januar über alle Lieferungsbedingungen Einigkeit erzielt worden sei. Im Briefe vom 19. habe die Beklagte das von der Klägerin verlangte Einverständnis mit deren Bedingungen erklärt, eine nochmalige Bestätigung durch die Klägerin sei nicht er­ forderlich gewesen; aber die Beklagte habe geschrieben, daß sie eine endgültige Bestätigung umgehend erwarte, und dadurch deutlich zu er­ kennen gegeben, daß sie damit erst den Vertrag als endgültig ab­ geschlossen ansehen werde. Die Klägerin habe daher, wenn sie zu einem Abschluß habe kommen wollen, nicht schweigen dürfen; ob die Beklagte Anlaß gehabt habe, eine nochmalige Bestätigung zu verlangen, könne dahingestellt bleiben, jedenfalls habe sie deutlich erklärt, daß sie die Erteilung einer solchen zur Bertragsbedingung mache; diese Bedingung habe die Klägerin nicht erfüllt und der Vertrag sei daher nicht zu­ stande gekommen. Unter diesen Umständen sei bedeutungslos, daß die Beklagte im späteren Briefwechsel gebeten habe, den Auftrag zu streichen; ein Anerkenntnis, daß der Vertrag zustande gekommen sei, könne hierin schon deshalb nicht erblickt werden, weil die Beklagte gleichzeitig darauf hingewiesen habe, daß die verlangte Bestätigung ausgeblieben sei. Mit Recht wird dies von der Revision als rechtsirrtümlich be­ anstandet. Daß die „nunmehrige endgültige Bestätigung" des Verein­ barten eine Bedingung des Vertrags habe sein sollen, ist eine un­ begründete Annahme des Vorderrichters. In den Worten des Schreibens ist es auch nicht einmal andeutungsweise enthalten, und sollte etwa ge­ meint sein, daß es den Umständen des Falles zu entnehmen sei, so hätte es der Angabe dieser Umstände bedurft. Was es zu bedeuten hat, wenn, wie hier, eine Vertragspartei um Bestätigung des Ab­ gemachten, um Gegenbestätigung oder ähnlich bittet, wird schließlich immer Frage des einzelnen Falles sein. Doch läßt sich allgemein so viel sagen, daß, wenn in solchem Falle der Verfasser des Schreibens sich dessen voll bewußt ist, daß man sich nach allen Richtungen ge­ einigt hat, wenn er das vielleicht sogar ausdrücklich erklärt, aber auch sonst, wenn daran nach Inhalt des Briefwechsels einschließlich dieses

letzten Briefes kein Zweifel besteht, dann kann die Bitte um Bestätigung nicht wohl etwas anderes bedeuten als das Verlangen, Gewißheit und einen urkundlichen Beweis des vollendeten Abschlusses in die Hände zu bekommen. Ist es aber so gemeint gewesen, dann hatte die Be­ klagte keinen Anlaß, das Schweigen des Gegners als Ablehnung des Vertrags aufzufassen, und wenn ihr an ihrem Verlangen lag, so war sie veranlaßt, das Schweigen zu brechen und ihr Ersuchen in Erinnerung zu bringen. Ferner rügt die Revision nicht ohne Grund, daß die späteren Briefe der Beklagten nicht erschöpfend gewürdigt worden sind. Daß die Beklagte in ihnen gebeten hat, den Auftrag zu streichen, mag schließlich eine unverfängliche Redewendung gewesen sein. Mehr fällt ins Gewicht, daß sie die Lieferzeit hat ablaufen lassen, um alsdann erst ihrerseits die Angelegenheit aufzugreifen und dabei ihre Absage vom Vertrage auch damit zu rechtfertigen, daß die Klägerin die Zeit habe verstreichen lassen, ohne zu liefern. Damit gibt sie doch wohl zu erkennen, daß sie das Schweigen der Klägerin als Ablehnung des Ver­ trags nicht, oder jedenfalls nicht mit Sicherheit aufgefaßt hat.

59. Dürfen in Preußen Polizeibeamte von der Schußwaffe Ge­ brauch machen, insbesondere durch Abgabe von Schreckschüssen- um einen Fliehenden zwecks Feststellnng seiner Person zum Stehen zn bringen? III. Zivilsenat. Urt. v. 21. März 1922 i. S. H. (Kl.) w. Stadtgemeinde Osnabrück (Bekl.). III 456/21. I. Landgericht Osnabrück. — II. Oberlandesgericht Celle.

Der Kläger fordert von der Beklagten Ersatz wegen Beschädigung eines Schaufensters seines Geschäftshauses durch einen von dem Polizei­ beamten M. bei der Verfolgung eines Flüchtigen abgegebenen Schuß. Die Klage ist in beiden Instanzen abgewiesen worden. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Aus den Gründen: Das Berufungsgericht erachtet für erwiesen, daß der Polizei­ beamte ^M. den Schuß, durch den das Schaufenster des Klägers be­ schädigt worden ist, nicht in Notwehr, sondern- als Schreckschuß ab­ gegeben hat, um den Arbeiter B., der sich tätlich an ihm vergriffen hatte, zum Stehen zu bringen. Es verneint unter Berücksichtigung der damals herrschenden allgemeinen Unsicherheit und der Tatsache, daß M. und der mit ihm bei dem Vorfall beteiligte zweite Polizeibeamte von

letzten Briefes kein Zweifel besteht, dann kann die Bitte um Bestätigung nicht wohl etwas anderes bedeuten als das Verlangen, Gewißheit und einen urkundlichen Beweis des vollendeten Abschlusses in die Hände zu bekommen. Ist es aber so gemeint gewesen, dann hatte die Be­ klagte keinen Anlaß, das Schweigen des Gegners als Ablehnung des Vertrags aufzufassen, und wenn ihr an ihrem Verlangen lag, so war sie veranlaßt, das Schweigen zu brechen und ihr Ersuchen in Erinnerung zu bringen. Ferner rügt die Revision nicht ohne Grund, daß die späteren Briefe der Beklagten nicht erschöpfend gewürdigt worden sind. Daß die Beklagte in ihnen gebeten hat, den Auftrag zu streichen, mag schließlich eine unverfängliche Redewendung gewesen sein. Mehr fällt ins Gewicht, daß sie die Lieferzeit hat ablaufen lassen, um alsdann erst ihrerseits die Angelegenheit aufzugreifen und dabei ihre Absage vom Vertrage auch damit zu rechtfertigen, daß die Klägerin die Zeit habe verstreichen lassen, ohne zu liefern. Damit gibt sie doch wohl zu erkennen, daß sie das Schweigen der Klägerin als Ablehnung des Ver­ trags nicht, oder jedenfalls nicht mit Sicherheit aufgefaßt hat.

59. Dürfen in Preußen Polizeibeamte von der Schußwaffe Ge­ brauch machen, insbesondere durch Abgabe von Schreckschüssen- um einen Fliehenden zwecks Feststellnng seiner Person zum Stehen zn bringen? III. Zivilsenat. Urt. v. 21. März 1922 i. S. H. (Kl.) w. Stadtgemeinde Osnabrück (Bekl.). III 456/21. I. Landgericht Osnabrück. — II. Oberlandesgericht Celle.

Der Kläger fordert von der Beklagten Ersatz wegen Beschädigung eines Schaufensters seines Geschäftshauses durch einen von dem Polizei­ beamten M. bei der Verfolgung eines Flüchtigen abgegebenen Schuß. Die Klage ist in beiden Instanzen abgewiesen worden. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Aus den Gründen: Das Berufungsgericht erachtet für erwiesen, daß der Polizei­ beamte ^M. den Schuß, durch den das Schaufenster des Klägers be­ schädigt worden ist, nicht in Notwehr, sondern- als Schreckschuß ab­ gegeben hat, um den Arbeiter B., der sich tätlich an ihm vergriffen hatte, zum Stehen zu bringen. Es verneint unter Berücksichtigung der damals herrschenden allgemeinen Unsicherheit und der Tatsache, daß M. und der mit ihm bei dem Vorfall beteiligte zweite Polizeibeamte von

etwa zehn Personen hart bedrängt und sogar geschlagen worden seien, M. sich daher in großer Aufregung befunden habe, ein Verschulden des M. Es nimmt vielmehr an, daß M. berechtigt gewesen sei, auf jede Weise die Täter, die sich an ihm vergangen hatten, festzustellen, und er danach auch zur Abgabe von Schreckschüssen befugt gewesen sei. M. habe den Schuß in der Richtung einer menschenleeren Straße abgeben wollen. Wmn der Schuß fehlgegangen sei, so sei ihm das bei der begreiflichen Erregung, in der er sich befunden habe, nicht zum Verschulden anzurechnen. Diese Begründung wird von der Revision mit Recht angefochten. Nach dem — dem § 28 der Dienstinstruktion für die Gendarmerie vom 30. Dezember 1820 (GS. 1821 S. 10) entsprechenden — hier anwendbaren § 18 der Dienstinstruktion vom 23. Mai 1867 (GS. S. 777), der auch für die Polizeibeamten als maßgebend anzusehen ist (vgl. Allerh. Erlaß vom 4. Februar 1854, Min. Bl. f. d. i. Verw. S. 69, und Verf. d. Min. d. Innern vom 3. Juli 1908, Min. Bl. S. 165), sind die Beamten überhaupt nicht zur Anwendung der Waffe befugt, um einen Fliehenden zwecks Feststellung seiner Persönlichkeit zum Stehenbleiben zu veranlaffen. Es ist also auch die Abgabe von Schreckschüssen, — ganz abgesehen von der Frage, ob eine solche über­ haupt als ein statthafter Gebrauch der Dienstwaffe angesehen werden kann— den Beamten zu einem solchen Zwecke nicht erlaubt. Sie ist auch, sofern der Beamte dem Fliehenden nicht zu erkennen gibt, daß er ihn nur zum Stehenbleiben veranlaffen will und er die Schüsse nur zu diesem Zweck, als Schreckschüsse, abgibt, ein völlig ungeeignetes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks. Denn zunächst muß der Fliehende annehmen, daß die hinter ihm her abgefeuerten Schüsse bestimmt sind, ihn zu treffen, und diese Schüsse müßten ihn danach nur veranlassen, seine Flucht zu beschleunigen. Weiter aber ist es als eine auch durch die Erregung, in der sich M. befand, nicht zu entschuldigende grobe Fahrlässigkeit anzusehen, daß er die angeblichen Schreckschüsse anstatt nach oben in der Richtung einer Straße abgab. Daß ein Scharf­ schießen die Straße entlang, auch wenn sie augenblicklich leer zu sein scheint, stets die Gefahr der Verletzung von Personen oder doch fremden Eigentums mit sich bringt und demnach unerlaubt ist, muß dem Poli­ zeibeamten auch in Augenblicken der Erregung bewußt bleiben. Eine Erregung, die dm Beamten außerstand setzt, der Schußwaffe die ge­ wollte Richtung zu geben, wie sie das Berufungsgericht hier bei M. als vorhanden annimmt, muß ihn davon zurückhalten, überhaupt bon der Schußwaffe einen nicht unbedingt nötigen Gebrauch zu machen.

60. Ist die Formvorschrift des § 56 Nr. 8 der preußischen Städte­ ordnung vom 30. Mai 1853 auch dann anzuwenden, wenn es sich um Geschäfte der laufeuden Verwaltung handelt? IIL Zivilsenat.

Urt. v. 21. März 1922 i. S. L. (Kl.) w. Stadt­ gemeinde D. (Bekl.). III 406/21.

I. Landgericht Stargard. — II. Oberlandesgericht Stettin.

Die beklagte Stadtgemeinde D. in Pommern schrieb im Herbst 1919 auf Grund schriftlicher vom Magistrat aufgestellter Bedingungen Holz aus ihrem Forste zum Verkaufe aus und erteilte im November 1,919 der Klägerin als meistbietender Kaufliebhaberin den Zuschlag für 700 fm Kiefernstämme. Durch das nach Übersendung der Auf­ maßlisten ergangene, vom Bürgermeister unterzeichnete Abrechnungs­ schreiben vom 18. Februar 1920 wurden der Klägerin im ganzen 813,18 fm zugewiesen. Die Beklagte weigerte sich aber nachträglich, mehr als 700,32 fm zu liefern, und hielt den Rest von 112,86 fm zurück. Nach Vereinbarung der Parteien im Rechtsstreite wurde das streitige Holz versteigert und der Bersteigerungserlös in Höhe von 34958 JI bei der städtischen Sparkasse in D. hinterlegt. Die Klägerin, die zunächst Lieferung des Holzes verlangt hatte, beantragte daher die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe des Sparkassenbuchs und zur Einwilligung in die Auszahlung des Sparguthabens. Die erste Instanz gab diesem Anträge statt. Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin wurde die Entscheidung der ersten Instanz wiederhergestellt. Gründe: Das Berufungsgericht geht davon aus, daß den Gegenstand des Kaufvertrags nicht das Gesamtergebnis des Schlages bildete, und daß folgeweise eine Verpflichtung der Beklagten, mehr als die zunächst an­ gegebenen 700 fm zu liefern, erst durch eine Zuweisung des Mehrertrags nach § 1 der Verkaufsbedingungen eintreten konnte. Diese Auffassung gibt keinen Anlaß zu rechtlichen Bedenken. Dagegen ist dem Berufungsgericht darin nicht beizutreten, wenn es hieraus mit Rücksicht auf § 56 Nr. 8 der Städteordnung für die östlichen Pro­ vinzen der Preußischen Monarchie vom 30. Mai 1853, wonach Bei Übernahme von Verpflichtungen der Stadtgemeinde neben der Unter­

schrift des Bürgermeisters oder seines Stellvertreters noch die Unter­ schrift eines Magistratsmitglieds treten muß, die Unwirksamkeit der Mehrzuweisung folgert, weil das Abrechnungsschreiben vom 18. Fe­ bruar 1920 nur die Unterschrift des Bürgermeisters, nicht auch die eines anderen Magistratsmitglieds trage. Die Vorschrift, die im eigenen Interesse der Gemeinden deren Verpflichtungen gegenüber Dritten außer

Zweifel stellen soll, muß streng beachtet werden und darf auch nicht da außer Anwendung bleiben, wo die Stadtgemeinde und ihre Organe damit einverstanden sind. Sie kann aber bei der Vielgestaltigkeit gemeindlicher Berwaltungshandlungen naturgemäß nicht ausnahmslos Anwendung finden. In der Rechtsprechung des Reichsgerichts ist denn auch anerkannt, daß die fragliche Vorschrift des Z 56 Nr. 8 ebenso wie die ähnliche Bestimmung in § 88 Nr. 7 der Landgemeindeordnung vom 3. Juli 1891 nicht anzuwenden ist, wenn es sich um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt, daß vielmehr in solchen Fällen, auch wenn dadurch Verpflichtungen für die Gemeinde übernommen werden, die Unterschrift des Bügermeisters genügt (vgl. IW. 1912 S. 96 Nr. 53 und S. 925 Nr. 27). Um ein Geschäft dieser Art handelt es sich aber im vorliegenden Falle. Nach § 1 Satz 1 der Verkaufsbedingungen sollten ca. 700 fm verkauft werden, und in Satz 2 war bestimmt, daß der Käufer auf Verlangen des Magistrats verpflichtet sein sollte, einen Mehrausfall gegen diese Schätzung bis zu 20 v. H. zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen, wie er ander­ seits auch mit einem Minderausfall bis zu 20 v. H. zufrieden sein mußte. ' Danach handelte es sich bei einer Mehrzuweisung bis zu 20 v. H. nicht um den Abschluß eines neuen Kaufvertrags, sondern um die Festsetzung der auf Grund des alten Vertrags abzunehmenden Menge. Die Veränderung der Menge, die zunächst auf 700 fm be­ stimmt war, in den angegebenen Grenzen war von vornherein vor­ gesehen, und wenn auch in den Verkaufsbedingungen nur von einer Verpflichtung des Käufers die Rede ist, eine Rechtspflicht der Beklagten zur Lieferung einer größeren Menge also erst mit der Mehrzuweisung entstehen konnte, so war die Übernahme der Verpflichtung für diesen

Fall doch schon im Vertrage gebilligt. Daraus ist aber zu folgern, daß es sich bei der Zuweisung des Mehrertrags an die Klägerin in der Tat nur um eine Ausführung der bereits festgelegten Vertrags­ bedingungen handelte, die eben deshalb unter die Geschäfte der laufenden Verwaltung gerechnet werden muß, also der Vorschrift des § 56 Nr. 8 u. a. O. nicht unterworfen ist. Daß es sich, worauf das Be­ rufungsgericht für seine abweichende Ansicht Gewicht legt, bei dem streitigen Holz um einen erheblichen Wert handelte (vgl. auch RGZ. Bd. 94 S. 253), kann gegenüber dem dargelegten Zusammenhänge zwischen der Mehrzuweisung und den Bedingungen des mit Zustimmung des Magistrats abgeschlossenen Kaufvertrags nicht entscheidend in Be­ tracht kommen. Die Annahme, daß es sich bei der Zuweisung des Mehranfalls nur um ein der Form des § 56 Nr. 8 nicht unterworfenes Geschäft der laufenden Verwaltung handelte, würde noch unterstützt werden, wenn, wie die Klägerin behauptet, dies dem regelmäßigen Sinne derartiger Berkaufsbedingungen und der eigenen Übung der

Beklagten entspräche. Es bedarf jedoch keiner Aufklärung nach dieser Richtung, da die Mehrzuweisung schon nach den obigen Erwägungen sich als ein dem tz 56 Nr. 8 nicht unterworfenes Geschäft der laufenden Verwaltung darstellt. War danach die Beklagte verpflichtet, den zu­ gewiesenen Mehrertrag an die Klägerin zu liefern, so muß sie dieser auch den an die Stelle des streitigen Holzes getretenen Versteigerungs­ erlös überlassen.

61. Ist der Rechtsweg zulässig für einen Schadensersatzanspruch gegen die Reichssielle für Gemüse und Obst wegen schuldhafter An­ wendung der Verordnung über die Einfuhr von Gemüse und Obst vom 13. September 1916? III. Zivilsenat. Urt. v. 21. März 1922 i. S. P. (Kl.) w. Reichsstelle für Gemüse u. Obst, Geschäftsabteilung, G. m. b. H. in Liqu. (Bekl.). III 454/21. I. Landgericht II Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Der Kläger beansprucht von der Beklagten Schadensersatz, weil diese im Januar 1920 die Beschlagnahme von 94 Kisten Pflaumen, die er von einem Kaufmann in Köln gekauft habe, nach deren Ankunft in seinem Wohnort Essen veranlaßt und die Pflaumen trotz seines Erbietens zu sofortigem Nachweise, daß sie Inlandsware seien und deshalb nicht beschlagnahmt werden dürften, nach Hamburg weiter gesandt habe. Die, Beschlagnahme ist auf Vorstellung des Klägers später wieder aufgehoben und die Ware von Hamburg nach Essen zurückgesandt worden. Der Kläger, fordert Ersatz der Mehrfracht und der Kosten der Reklamation für einen Teilverlust während der Weiter­ beförderung. Er ist in beiden Rechtszügen wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs abgewiesen worden. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Beide Vorderrichter haben den Rechtsweg auf Grund des § 7 der BO. über die Einfuhr von Gemüse und Obst vom 13. September 1916 für unzulässig erklärt. Durch sie ist demjenigen, welcher aus dem Auslande Gemüse oder Obst einführt, die Verpflichtung auferlegt, den Eingang in das Inland der Beklagten oder ihrem Bevollmächtigten unverzüglich anzuzeigen (§ 1), und unter anderem weiter bestimmt worden, daß das in das deutsche Reichsgebiet eingeführte Gemüse und Obst nur durch die Beklagte oder mit deren Genehmigung in Verkehr gebracht werden darf und auf Verlangen an die Beklagte oder an eine von ihr bestimmte Stelle zu verkaufen und zu liefern ist (§ 3), sowie daß die Beklagte unverzüglich nach Empfang der Anzeige zu

Beklagten entspräche. Es bedarf jedoch keiner Aufklärung nach dieser Richtung, da die Mehrzuweisung schon nach den obigen Erwägungen sich als ein dem tz 56 Nr. 8 nicht unterworfenes Geschäft der laufenden Verwaltung darstellt. War danach die Beklagte verpflichtet, den zu­ gewiesenen Mehrertrag an die Klägerin zu liefern, so muß sie dieser auch den an die Stelle des streitigen Holzes getretenen Versteigerungs­ erlös überlassen.

61. Ist der Rechtsweg zulässig für einen Schadensersatzanspruch gegen die Reichssielle für Gemüse und Obst wegen schuldhafter An­ wendung der Verordnung über die Einfuhr von Gemüse und Obst vom 13. September 1916? III. Zivilsenat. Urt. v. 21. März 1922 i. S. P. (Kl.) w. Reichsstelle für Gemüse u. Obst, Geschäftsabteilung, G. m. b. H. in Liqu. (Bekl.). III 454/21. I. Landgericht II Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Der Kläger beansprucht von der Beklagten Schadensersatz, weil diese im Januar 1920 die Beschlagnahme von 94 Kisten Pflaumen, die er von einem Kaufmann in Köln gekauft habe, nach deren Ankunft in seinem Wohnort Essen veranlaßt und die Pflaumen trotz seines Erbietens zu sofortigem Nachweise, daß sie Inlandsware seien und deshalb nicht beschlagnahmt werden dürften, nach Hamburg weiter gesandt habe. Die, Beschlagnahme ist auf Vorstellung des Klägers später wieder aufgehoben und die Ware von Hamburg nach Essen zurückgesandt worden. Der Kläger, fordert Ersatz der Mehrfracht und der Kosten der Reklamation für einen Teilverlust während der Weiter­ beförderung. Er ist in beiden Rechtszügen wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs abgewiesen worden. Seine Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Beide Vorderrichter haben den Rechtsweg auf Grund des § 7 der BO. über die Einfuhr von Gemüse und Obst vom 13. September 1916 für unzulässig erklärt. Durch sie ist demjenigen, welcher aus dem Auslande Gemüse oder Obst einführt, die Verpflichtung auferlegt, den Eingang in das Inland der Beklagten oder ihrem Bevollmächtigten unverzüglich anzuzeigen (§ 1), und unter anderem weiter bestimmt worden, daß das in das deutsche Reichsgebiet eingeführte Gemüse und Obst nur durch die Beklagte oder mit deren Genehmigung in Verkehr gebracht werden darf und auf Verlangen an die Beklagte oder an eine von ihr bestimmte Stelle zu verkaufen und zu liefern ist (§ 3), sowie daß die Beklagte unverzüglich nach Empfang der Anzeige zu

208

61. Zulässigkeit des Rechtswegs.

erklären hat, ob und wie über die Waren „verfügt" werde (§ 5). Nach § 7 der VO. werden „Streitigkeiten, die sich zwischen den Beteiligten aus der Anwendung der vorstehenden Vorschriften ergeben", „endgültig" von der höheren Verwaltungsbehörde des von der Beklagten oder ihrem Bevollmächtigten festgesetzten Bestimmungsorts der Waren ent­ schieden. Daß auf Grund dieser Verordnung die Weitersendung der Pflaumen von Esten nach Hamburg von der Beklagten veranlaßt ist, ist von dem Kläger in den Vorrechtszügen nicht angezweifelt worden. Dann ist aber auch mit Recht der Rechtsweg für unzulässig erklärt worden, auch wenn die Vorschriften der Verordnung in dem gegebenen Falle richtiger Ansicht nach nicht hätten angewendet, werden dürfen und ihre Anwendung der Beklagten zum Verschulden anzurechnen wäre. Was die Revision dagegen geltend macht, kann nicht für durchschlagend er­ achtet werden. Die in der Verordnung der Reichsstelle für Gemüse und Obst eingeräumten Befugnisse sind deren Geschäftsabteilung, also der Beklagten, nicht der Berwaltungsabteilung (f. VO. v. 18. Mai 1916), übertragen worden. Die Beklagte ist also, obwohl sie keine Behörde, sondern eine Gesellschaft m. 6. H. ist, — wie andere kriegswirtschaft­ liche Gesellschaften (s. z. B. RGZ. Bd. 96 S. 107, Bd. 100 S. 144, Bd. 103 S. 133\ — mit der Ausübung staatlicher Hoheitsrechte be­ traut worden. Schon der Umstand, daß sich die Klage gegen einen Akt staatlichen Hoheitsrechts richtet, spricht gegen die Zulässigkeit des Rechtswegs. Der § 7 überträgt außerdem ganz allgemein die end­ gültige Entscheidung der sich aus der Anwendung der Verordnung er­ gebenden Streitigkeiten der höheren Verwastungsbehörde und schließt damit den Rechtsweg aus. Der Grund für die Verfügung der Beklagten über die Pflaumen ist ferner nach dem Vorbringen der Beklagten nicht, wie die Revision behauptet, der Umstand gewesen, daß der Kläger es unterlassen hatte, sich von der Kölner Einfuhrüberwachungsstelle, deren Leiter Käufer hieß, den inländischen Ursprung der Ware durch den sog. „Käuferstempel" bescheinigen zu lassen, sondenr der auf diese Unterlassung gegründete Verdacht, daß es sich um Auslandsware handle. Ob dieser Verdacht ausreichte, die Verfügung der Beklagten über die Ware zu rechtfertigen, hat die höhere Verwaltungsbehörde zu entscheiden. Die Behauptung, die Beklagte habe fahrlässig gehandelt, indem sie leichthin den Aus­ landsursprung der Ware angenommen und diese trotz des Erbietens des Klägers zum Nachweise, daß sie Inlandsware sei, uach Hamburg weitergesandt habe, ist nicht geeignet, die Zulässigkeit des Rechtswegs zu begründm; auch im Gewand einer Schadensersatzklage kann grund­ sätzlich ein dem Rechtsweg entzogener Anspruch nicht der Entscheidung der ordentlichen Gerichte unterbreitet werden.

62. 1. Wird den Erforderniffen des § 61 Binnenschiffahrtsgesetzes genügt, wenn die selbsttätige Verwiegung des ausgelieferten Fracht­ guts durch Sachverständige beauffichtigt wird, die nur für die Ver­ wiegung mittels Dezimalwagen amtlich bestellt find? 2. Müssen bei der nach § 61 BSchG. erfolgenden Gewichts­ feststellung die amtlich bestellten Sachverständigen sich als solche dem Schiffer zu erkennen geben? I. Zivilsenat.

Urt. v. 22. März 1922 i. S. T. (Kl.) w. B. (Bekl.). I 167/21.

I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen.— II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger übemahm im November 1919 in Stettin eine Menge losen Hafer zur Beförderung nach Hamburg mittels seines Kahns Harburg Nr. 13. Er.klagt einen Restbetrag -an Fracht ein. Die Be­ klagte behauptet, daß er zu wenig Ladung in Hamburg abgeliefert habe. Sie bringt ihm Vs’/o Reiseschwund gut, und berechnet danach ihre Forderung auf Ersatz des Wertes der fehlenden Menge zuzüglich Besichtigungskosten auf 10 493,so Jt. Diesen Betrag macht sie auf­ rechnend und widerklagend geltend. Der Kläger bestreitet den Fehl­ betrag und behauptet, daß die Förmlichkeüen des § 61 BSchG. nicht «ingehalten 'feien. Der Kahn des Klägers ist in Hamburg mittels Elevators in zwei Fahrzeuge entlöscht worden. Dabei wurde die Ladung mittels einer selbsttätigen Wage durch den Kornumstecher und Getreidewäger G. und dessen Gehilfen Mü. verwogen. Der Inhalt der beiden Fahrzeuge, in welche der Hafer mittels des Elevators aus dem Kahn des Klägers gelöscht war, wurde von Mü. und dem Ge­ hilfen Ma., als die beiden Fahrzeuge entladen wurden, nochmals nach­ gewogen. Das Landgericht Hamburg gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Das Oberlandesgericht entschied im entgegengesetzten Sinne. Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht chat angenommen, die selbsttätige Ver­ wiegung müsse richtig gewesen sein, denn ihr Ergebnis sei durch die zweite Verwiegung bei Entlöschung der beiden Fahrzeuge, in welche der Hafer durch den Elevator geschüttet sei, bestätigt worden. .Danach sei der Fehlbetrag während der Frachtreise entstanden, so daß der Kläger für ihn zu haften habe. Die Förmlichkeiten des § 61 BSchG. feien, gewahrt. Nach § 61 Abs. 1 könnten Ersatzansprüche wegen eines äußerlich erkennbaren Fehlbetrags nach Annahme des Guts nur dann erhoben werden, wenn der Zustand des Guts, durch amtlich bestellte Sachverständige vor der Annahme festgestellt worden sei, wogegen Entsch. in Zivils. 10*.

14

andersartige, also nicht äußerlich erkennbare Fehlbeträge auch dann noch geltend gemacht werden könnten, wenn deren Feststellung durch amtliche Sachverständige binnen einer Woche nach der Annahme be­ antragt würde. Hier handle es fich um einen nicht äußerlich erkenn­ baren, weil nur etwa 21/2% ausmachenden Fehlbetrag. Die Fest­ stellung sei unmittelbar nach der Annahme erfolgt. G. und Mü. seien beeidigte Getreidewäger und als solche amtlich bestellte Sachverständige. Nach der Bescheinigung der Handelskammer könne die Verwiegung selbsttätig erfolgen. Daß jene Personen sich dem Schiffer in ihrer amt­ lichen Eigenschaft hätte bekannt geben müssen, sei nicht vorgeschrieben. Danach sei den Bestimmungen des § 61 Genüge getan. Diesen Ausführungen kann, wie die Revision mit Recht rügt, jedenfalls in zwei entscheidenden Punkten nicht beigestimmt werden. Nach dem Hamburgischen Regulativ vom 16. Dezember 1882, das zur Zeit der Entlöschung des klägerischen Kahns- in Kraft war, wurden Getreidewäger ernannt, die von dem Präses der Deputation für Handel und Schiffahrt in Eid genommen -wurden. Diesen Getreidewägern ist iih § 8 zur Pflicht gemacht, das Wiegen mittels Dezimalwagen vor­ zunehmen, die sie selbst zu stellen haben. Für diese Art von Ver­ wiegung sind sie also, wie beide Instanzen mit Recht angenommen haben, als amtlich bestellte Sachverständige anzusehen. Anders ist es aber hinsichtlich der selbsttätigen Verwiegung. Wenn das Regulativ ausdrücklich vorschreibt, daß die Wäger Dezimalwagen selbst zu stellen und zu benutzen haben, so läßt sich nicht sagen, daß sie auch für die Beaufsichtigung einer selbsttätigen Verwiegung amtlich bestellt sind. Daran kann auch die Bescheinigung der Handelskammer vom 10. März 1920 nichts ändern. Diese besagt, daß die Getreidewäger als amtliche Sachverständige befugt seien, die von ihnen nach Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften mit selbsttätigen Wagen ermittelten Gewichte beeidigt zu bescheinigen. Einmal ist die Bescheinigung am 10. März 1920 ausgestellt, also lange nach der streitigen Verwiegung, und es erhellt nicht, daß der § 8 zur Zeit der Verwiegung nicht mehr in Kraft stand. Sodann hat der Senat am 17. Mai 1920 eine Verordnung betreffend die Anstellung beeidigter Getreidewäger erlassen, welche mit dem früheren Regulativ fast wörtlich übereinstimmt und welche insbesondere auch den § 8 wiederholt, wonach die Verwiegung mit Dezimalwagen zu erfolgen hat. Nach dieser Verordnung ist also der alte Rechtszustand aufrecht erhalten, und es kann sogar als nicht unzweiftlhaft angesehen werden, ob die Handelskammer nach dem Gesetze vom 15. November 1907 überhaupt, ohne daß der Senat nach § 2 das Nähere bestimmt hatte, befugt war, den amtlichen Wirkungskreis der beeidigten Getreidewäger auszudehnen. Jedenfalls aber waren diese zur Zeit der hier streitigen Verwiegung (18. Dezember 1919) nicht für die selbsttätige Verwiegung

im Sinne des § 61 BSchG. amtlich bestellt, und deshalb kann der Begründung, die das Berufungsgericht für seine Entscheidung gegeben hat, nicht zugestimmt werden. Ergänzend ist zu bemerken, daß alles Vorstehende um so mehr Beachtung finden muß, als keineswegs jebtr, der mit einer Dezimalwage richtig wägen kann, nun auch ohne werteres zur Beurteilung befähigt ist, ob die ziemlich verwickelten Getriebe einer selbsttätigen Wage richtig wirken. Noch in einer weiteren Beziehung ist den gesetzlichen Erforder­ nissen nicht Genüge getan. Das Reichsgericht hat bereits in der Ent­ scheidung Bd. 101 S. 239 dargelegt, daß nach dem Sinne des § 61 BSchG. dem Schiffer mitgeteilt oder erkennbar gemacht werden muß, daß. die Verwiegung durch einen amtlich bestellten Sachverständigen er­ folgt und also nicht nur eine vom Empfänger in seinem Interesse ge­ troffene einseitige Maßnahme ist, sondern die vom Gesetz erforderte, den Schiffer angehende Gewichtsfeststellung darstellen soll. An diesem Grundsatz ist festzuhalten. Davon -gehen auch die Hamburgischen Ver­ ordnungen, und zwar sowohl die alte vom 16. Dezember 1882 als auch die neue vom 17. Mai 1920, im § 10 aus, indem sie vorschreiben, daß die Gehilfen ein von der Handelskammer festzustellendes, fichtbares Abzeichen tragen müssen. Nun scheint es zwar, als ob das Tragen des Abzeichens trotz der Wiederholung der Vorschrift in der neuen Ver­ ordnung nicht geübt wird. Aber jedenfalls hätte der Schiffer von der angegebenen Bedeutung der Verwiegung in Kenntnis gesetzt werden müffen. Das ist nicht geschehen. Es kann auch nicht angenommen werden, daß den gesetzlichen Er­ fordernissen durch die späteren Verwiegungen Genüge getan ist. Der Hafer ist aus dem Kahn des Klägers durch den Elevator in einen anderen Kahn und in eine Schute gelöscht worden, und zwar am 18. Dezember 1919; Die Schute ist unter Verwiegung ihres Inhalts zwei Tage später, nämlich am 20. Dezember 1919, gelöscht worden, der Kahn aber erst in der Zeit vom 27. Dezember 1919 bis 5. Januar 1920. Eine so spät erfolgte und sich so lange hinzögernde Verwiegung gewährt, auch wenn im übrigen hierbei die Förmlich­ keiten des § 61 beobachtet sein sollten, nicht diejenige Sicherheit eines richtigen Ergebnisses, die das Gesetz durch seine Vorschriften gewähr­ leisten will. Endlich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung besonderes Gewicht darauf gelegt, daß der Kläger auf Einhaltung der Förmlich­ keiten verzichtet habe. Es sei nämlich in dem vom Kläger gezeichneten Ladeschein bestimmt, daß er an der Ausladestelle die Entlöschung durch vereidete Wieger oder Elevator während der gesetzlichen Zahl von Tagen ohne weitere Vergütung abzuwarten habe. Allein hierin ist ein Verzicht nicht zu erblicken. Die Klausel will festsetzen, wieviel u*

Tage der Schiffer ohne Vergütung auf die Entlöschung warten muß. Das ergeben Wortfassung und Zusammenhang aufs klarste. Nur nebenbei ist hinter dem Wort Entlöschung eingefügt „durch vereidete Wieger oder Elevator". Daß diese Einfügnng bedeuten solle, bei Ent­ löschung durch einen Elevator sei die Hinzuziehung amtlich bestellter Sachverständigen überhaupt nicht erforderlich, ist aus ihr nicht mit irgendwelcher Sicherheit zü entnehmen und kann also dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Die Beklagte selbst hat ja auch einen vereideten Getreidewäger zur Stelle geschickt. Es ergibt sich somit, daß die Förmlichkeiten des § 61 nicht ge­ wahrt worden sind.

63. 1. Ist der deutsche Ausnahmetaris betr. „Zucker zur Ausfuhr" auf Znckerseudungen anzuwenden, die nach dem Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr aus einem Anslands­ staate zur Grenze eines anderen befördert werden «nd deutsche Bahnen nur bei der Durchfuhr durch das Deutsche Reich benutzen? 2. Beziehen sich die Vergünstigungen des Art. 25 des DeutschNiederländischen HMdelsvertrags vom 31. Dezember 1851 (GS. 1852 S. 145) auch auf Eiseubahntarife? I Zivilsenat.

Urt. v. 22. März 1922 t S. L. (Kl.) w. Preuß. Eisen­ bahnfiskus (Bekl.). I 110/19.

I. Landgericht Bromberg. — II. Oberlandesgericht Posen.

Im März 1916 wurde eine größere Anzahl von Wagenladungen raffinierten Zuckers von Groningen mit durchgehenden Frachtbriefen nach Thorn versandt. Der Zucker war zur Weiterbeförderung nach Rußland bestimmt. Der Einpfänger des Frachtguts bezahlte die ihm von der Bahnverwaltung in Rechnung gestellten Frachtbeträge und trat seine Ansprüche auf Erstattung etwa zuviel entrichteter Fracht­ gelder an den Kläger ab. Dieser fordert mit der Klage.die angeblich zuviel erhobenen Frachtbeträge zurück. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Gmnde nach für gerechtfertigt. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: ... Die Sendungen sind in Groningen aufgegeben worden; in Spalte 8 der Frachtbriefe hat der Absender vorgeschrieben: „Umbehand­ lung an deutscher Grenzstation; von dort nach Ausnahmetarif 14 des Frachtsatzes des Spezialtarifs 3." Diese Vorschrift wurde von der

Tage der Schiffer ohne Vergütung auf die Entlöschung warten muß. Das ergeben Wortfassung und Zusammenhang aufs klarste. Nur nebenbei ist hinter dem Wort Entlöschung eingefügt „durch vereidete Wieger oder Elevator". Daß diese Einfügnng bedeuten solle, bei Ent­ löschung durch einen Elevator sei die Hinzuziehung amtlich bestellter Sachverständigen überhaupt nicht erforderlich, ist aus ihr nicht mit irgendwelcher Sicherheit zü entnehmen und kann also dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Die Beklagte selbst hat ja auch einen vereideten Getreidewäger zur Stelle geschickt. Es ergibt sich somit, daß die Förmlichkeiten des § 61 nicht ge­ wahrt worden sind.

63. 1. Ist der deutsche Ausnahmetaris betr. „Zucker zur Ausfuhr" auf Znckerseudungen anzuwenden, die nach dem Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr aus einem Anslands­ staate zur Grenze eines anderen befördert werden «nd deutsche Bahnen nur bei der Durchfuhr durch das Deutsche Reich benutzen? 2. Beziehen sich die Vergünstigungen des Art. 25 des DeutschNiederländischen HMdelsvertrags vom 31. Dezember 1851 (GS. 1852 S. 145) auch auf Eiseubahntarife? I Zivilsenat.

Urt. v. 22. März 1922 t S. L. (Kl.) w. Preuß. Eisen­ bahnfiskus (Bekl.). I 110/19.

I. Landgericht Bromberg. — II. Oberlandesgericht Posen.

Im März 1916 wurde eine größere Anzahl von Wagenladungen raffinierten Zuckers von Groningen mit durchgehenden Frachtbriefen nach Thorn versandt. Der Zucker war zur Weiterbeförderung nach Rußland bestimmt. Der Einpfänger des Frachtguts bezahlte die ihm von der Bahnverwaltung in Rechnung gestellten Frachtbeträge und trat seine Ansprüche auf Erstattung etwa zuviel entrichteter Fracht­ gelder an den Kläger ab. Dieser fordert mit der Klage.die angeblich zuviel erhobenen Frachtbeträge zurück. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Gmnde nach für gerechtfertigt. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: ... Die Sendungen sind in Groningen aufgegeben worden; in Spalte 8 der Frachtbriefe hat der Absender vorgeschrieben: „Umbehand­ lung an deutscher Grenzstation; von dort nach Ausnahmetarif 14 des Frachtsatzes des Spezialtarifs 3." Diese Vorschrift wurde von der

Eisenbahn insoweit beachtet, als die Sendungen zunächst nach der Grenzstation Neuschanz befördert und hier umbehandelt wurden. Für die Beförderung bis Neuschanz wurde die Fracht nach dem innernieder­ ländischen Gütertarif berechnet, was vom Kläger auch nicht bemängelt worden ist. Von Neuschanz sind die Sendungen, nachdem sie um­ behandelt waren, auf den Weg nach der Rußland gegenüber liegenden Grenzstation Thorn gebracht worden. Auf diesen Teil der Beförderung ist'aber nicht der in den Frachtbriefen vorgeschriebene Ausnahmetarif 14, sondern der gewöhnliche deutsche Eisenbahngütertarif, Teil I Abt. -B und Teil II, angewendet worden, und zwar ist der Frachtsatz der allgemeinen Wagenladungsklafse der Frachtberechnung zugrunde ge­ legt worden. Zu Unrecht beschwert sich die Revision über die Nichtanwendung des Ausnahmetarifs 14. Dieser Tarif, abgedruckt im deutschen Eisen­ bahngütertarif, Teil II, Teilheft C 2 S. 120 (gültig vom 1. No­ vember 1913), betrifft „Zucker (Rübenzucker) jeder Art zur Ausfuhr über Umschlagplätze an binnenländischen Wafferstraßen oder über die Landesgrenze;" er bestimmt, daß die Fracht nach den Entfernungen des Mometeranzeigers und den Frachtsätzen des Spezialtarifs III der Kilometertariftabellen I und II zu berechnen ist. Der Kläger findet nun eine Schädigung des.Absenders darin, dafi die Berechnung der Fracht für die Strecke Neuschanz—Thorn nicht, entsprechend dem Aus­ nahmetarif 14, nach dem niedrigeren Frachtsätze des Spezialtarifs III, sondern nach dem höheren Satze der allgemeinen Wagenladungsklasse erfolgt ist. Auf die Anwendung des Ausnahmetarifs 14 hatte aber der Absender, wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, keinen Anspruch. Der Ausnahmetarif besagt ausdrücklich, daß er für Zucker „zur Ausfuhr" gelten soll, also nur für solchen Zucker, der im Gebiet des Deutschen Reichs gelagert hat und aus dem Reichsgebiet in das Ausland geschafft werden soll. Die Tarifvergünstigung ist nach der durchaus glaubhaft klingenden Behauptung des Beklagten zum Besten der deutschen Landwirtschaft und der deutschen Zuckerindustrie.eingeführt worden, um den im Reichsgebiet erzeugten-Rübenzucker auf dem Aus­ landsmärkte wettbewerbsfähig zu machen. Ob diese Angabe des Be­ klagten tatsächlich zutrifft, kann indes dahingestellt bleiben. Denn keinesfalls handelt es sich bei den in Rede stehenden Frachtgeschäften um Sendungen von Zucker „zur Ausfuhr" im Sinne des Ausnahme­ tarifs. Unstreitig stammte der versendete Zucker aus den Niederlanden her. Hier war er zur Weitersendung nach Rußland verfrachtet, und das Gebiet des Deutschen Reichs wurde von der Versendung nur in­ sofern berührt, als deutsche Eisenbahnen zur Beförderung des Guts von der deutschen Grenzstation Neuschanz nahe der niederländischen Grenze nach der deutschen Grenzstation Thorn an der russischen Grenze

benutzt wurden. Es handeüe sich also vom deutschen Standpunkte um eine Durchfuhr, nicht,aber unt eine Ausfuhr von Zucker. Auf Durch­ fuhrzucker kann aber der Ausnahmetarif nach seinem klaren Wortlaut nicht angewendet werden. Der Kläger vermag sich für seine abweichende Auffassung auch nicht auf den zwischen den Staaten des vormaligen Deutschen Zollund Handelsvereins einerseits und den Niederlanden anderseits ge­ schloffenem Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 31. Dezember 1851 sPr. GS. 1852 S. 145) mit Erfolg zu berufen. Eine Gleichstellung niederländischer und deutscher Waren in eisenbahntarifarischer Beziehung will der Kläger aus dem Art. 25 des Handelsvertrags folgern, worin es heißt: „Der Durchgang der von den Niederlanden kommenden oder dorthin gehenden Waren, welche durch die nachstehenden Gebietsteile des Zoll­ vereins transitieren, soll höchstens einer Abgabe von einem halben Silbergroschen vom Vollzentner unterworfen sein: a) für alle Waren usw.... Man ist außerdem übereingekommen, daß der Durchgang der aus den Niederlanden kommenden oder dorthin gehenden Waren, welche durch das Gebiet des Zollvereins gehen, keinen lästigerm Bedingungen unterliegen, und keine andere oder höhere Durchgangsäbgaben bezahlen soll als der Durchgang der aus Belgien kommenden oder dorthin gehenden Waren, welche durch bas Gebiet des Zollvereins gehen. Es ist jedoch wohlverstanden, daß diese Abrede nur auf ebendieselben Arten des Transports Anwendung finden und somit auf den Durchgang mittels der zwischen dem Zollverein und den Niederlanden zu errichten» den Eisenbahn zur Anwendung kommen soll, sobald diese Eisenbahn vollendet sein wird. Es versteht sich übrigens, daß in allen vorer­ wähnten Fällen von den auf dem Rhein verschifften Waren außer der Durchgangsabgabe der Rheinzoll erhoben werden wird, insoweit die Erhebung dieses Zolls nach den Bestimmungen des gegenwärtiaen Vertrags noch stattfinden darf." Der.Kläger macht nun geltend, daß der Handelsvertrag im vor­ stehenden Abs. 2 die Gleichberechttgung der niederländischen und bel­ gischen Waren anerkannt habe und deshalb dem Absender nieder­ ländischer Waren auch der Art. 10 des Deutsch-Belgischen Handels­ vertrags vom 6. Dezember 1891/22. Juni 1904 (RGBl. 1892 S. 241, 1905 S. 599) zugute kommen müsse, der dahin lautet: „Auf Eisenbahnen soll sowohl hinsichtlich der Beförderungspreise als der Zeit und Art der Abfertigung kein Unterschied zwischm den Bewohnern der vertragschließenden Teile gemacht werden. Namentlich sollen die aus dem Gebiete des einen Teils in das Gebiet des andern Teils-übergehenden oder das letztere transitierenden Sendungen weder in bezug auf die Abfertigung noch hinsichtlich der Befördemngspreise

ungünstiger als die in dem -betreffenden Gebiete nach einem inländischen Bestimmungsort oder nach dem Ausland abgehenden Sendungen be­ handelt werden, sofern sie auf derselben Bahnstrecke und in derselben Verkehrsrichtung befördert werden." Diese Bestimmung hat jedoch mit den Bedingungen und Durch­ gangsabgaben, von denen im Art. 25 des Deutsch-Niederländischen Handelsvertrags die Rede ist, nichts zu tun. Der Art. 25 regelt allein die Zollverhältnisse für Waren, die auf dem Wege von oder nach den Niederlanden durch das deutsche Zollgebiet hindurchgeführt werden. Das ergibt sich daraus, daß im Abs. 1 der Durchgangszoll hinsichtlich bestimmter deutscher Gebietsteile auf einen Höchstbetrag beschränkt wird, daß auch der Abs. 2, der einer Benachteiligung der aus oder nach den Niederlanden gehenden Waren gegenüber den aus oder nach Belgien gehenden vorbeugen soll, nur von lästigeren Bedingungen des Durch-, gangs und von Durchgangsabgaben spricht und daß schließlich der Abs. 3 für die Rheinschiffahrt die gleichzeitige Erhebung des Rheinzolls und der Durchgangsabgaben zuläßt. Keine dieser Bestimmungen geht über das Gebiet der Erhebung öffentlicher Abgaben irgendwie hinaus, und wenn am Schluffe des zweiten Absatzes der Transport auf der zwischen dem Zollverein und den Niederlanden zu errichtenden Eisenbahn erwähnt wird, so geschieht das nur in dem Sinne, daß auch bei dieser, bei Abschluß des Vertrags zwischen dem Zollgebiet und den Nieder­ landen noch nicht vorhandenen Beförderungsart die „Durchgangs­ abgaben" nicht höher fein dürfen, als sie für die deutsch-belgischen Eisenbahnen festgesetzt sind. An die Höhe der Eisenbahnfrachtsätze, die rein privatrechtlicher Art sind, wird im Art. 25 überhaupt nicht ge­ dacht. Deshalb erscheint es ausgeschlossen, diesen Artikel auf die jetzt geltenden Eisenbahntarife zu erstrecken und aus ihm. in Verbindung mit Art. 10 des Deutsch-Belgischen Handelsvertrags für die Versender niederländischer Waren das Recht herzuleüen, daß ihnen auf dem Ge­ biete der Eisenbahntarife alle Vergünstigungen, die für die Versender deutscher Jndustrieerzeugniffe oder der Erträgniffe deutscher Landwirt­ schaft bestehen, unbeschränkt zugebilligt werden. Damit entfällt der Anspruch des Klägers auf Anwendung des Ausnahmetarifs 14, ohne daß es noch des Eingehens auf die Frage bedarf, ob der DeutschBelgische Handelsvertrag nicht mit Ausbruch des Kriegs zwischen dem Deutschen Reiche und Belgim im August 1914 ailfgehoben worden ist (vgl. Liszt, Völkerrecht S. 22 V 3) und deshalb zur Zeit der in Rede stehenden Zuckersendungen (Februar bis April 1916) eine Wirkung be­ züglich der im Art. 25 des Deutsch-Niederländischen Handelsvertrags geregelten Rechtsverhältnisse überhaupt nicht mehr äußern konnte. Ebensowmig braucht untersucht zu werden, inwiewest Handelsverträge, die unmittelbar nur zwischen den Staaten als völkerrechtlichen Rechts-

Persönlichkeiten abgeschlossen werden, den einzelnen Staatsangehörigen ein klagbares Recht gegen den anderen Staat oder dessen Angehörige auf Erfüllung der in dm Verträgen festgesetzten Verpflichtungen gebm svgl. Laband Staatsrecht des Deutschen Reichs Bd. 2 § 60, 5. Ausl. S. 126), worauf es übrigens im vorliegenden Falle um so weniger ankommen kann, als diejenigen zur Verfügung über das Frachtgut berechtigten Personen jArt. 26 JntFrÜb.), deren Klagerecht jetzt die Klägerin ausübt, nicht

Angehörige des vertragsgegnerischen Staates sind, sondern als An­ gehörige des Deutschen Reichs Ansprüche gegen einen Fiskus des eigenen Bundesstaats erheben. ...

64. Zur Auslegung der Kriegsklausel in Transportversicherungs­ verträgen. VII. Zivilsenat. Urt. v. 24. März 1922 i. S. Düsseldorfer jAllgemeine Berstcherungs-A.-G. (Bekl.j w. W.-H.werk (Kl.l VII 408/21. I. Landgericht Düsseldorf. — II. Oberlondesgericht daselbst.

Die Klägerin hatte laut Versicherungsschein Nr. 5009 vom 1. Ok­ tober 1918 für Rechnung, wen es angeht, einen Transport von 12731 kg Seildraht im Waggon Essen 14187 von Düsseldorf nach Chatelineau zum Betrage von 30 300 JI bei der Beklagten versichert. Es handelte sich um eine Seildrahtlieferung an die deutsche Berg­ verwaltung Bergbaubezirk Charleroi-Namur. Die Kriegsversicherung war insoweit eingeschlossen, als Schäden oder Verluste sich als un­ mittelbare Folgen von kriegerischen Handlungen, -Verfügungen votst hoher Hand, Wegnahme und Zerstörung oder Beschädigung seitens irgendeiner Macht oder Behörde darstellen (Abs. 2 der Kriegsklausel). Dagegen waren.mittelbare Folgen des Krieges von der Versicherung ausgeschlosim.

Der fragliche Waggon -ist von Düsseldorf abgegangen und am 15. Oktober 1918 der Militärbahn in Welkenraedt an der belgischen Grenze übergeben worden. Die weiteren Ermittelungen wegen des Verbleibs des Wagens sind erfolglos geblieben. Die Klägerin nimmt deshalb die Beklagte, weil die Sendung in Verlust geraten sei, aus der Versicherung in Anspruch.

Das Landgericht hat den Klazanspruch dem Grunde nach für berechtigt erklärt, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auch die Revision wurde zurückgewiesen.

Persönlichkeiten abgeschlossen werden, den einzelnen Staatsangehörigen ein klagbares Recht gegen den anderen Staat oder dessen Angehörige auf Erfüllung der in dm Verträgen festgesetzten Verpflichtungen gebm svgl. Laband Staatsrecht des Deutschen Reichs Bd. 2 § 60, 5. Ausl. S. 126), worauf es übrigens im vorliegenden Falle um so weniger ankommen kann, als diejenigen zur Verfügung über das Frachtgut berechtigten Personen jArt. 26 JntFrÜb.), deren Klagerecht jetzt die Klägerin ausübt, nicht

Angehörige des vertragsgegnerischen Staates sind, sondern als An­ gehörige des Deutschen Reichs Ansprüche gegen einen Fiskus des eigenen Bundesstaats erheben. ...

64. Zur Auslegung der Kriegsklausel in Transportversicherungs­ verträgen. VII. Zivilsenat. Urt. v. 24. März 1922 i. S. Düsseldorfer jAllgemeine Berstcherungs-A.-G. (Bekl.j w. W.-H.werk (Kl.l VII 408/21. I. Landgericht Düsseldorf. — II. Oberlondesgericht daselbst.

Die Klägerin hatte laut Versicherungsschein Nr. 5009 vom 1. Ok­ tober 1918 für Rechnung, wen es angeht, einen Transport von 12731 kg Seildraht im Waggon Essen 14187 von Düsseldorf nach Chatelineau zum Betrage von 30 300 JI bei der Beklagten versichert. Es handelte sich um eine Seildrahtlieferung an die deutsche Berg­ verwaltung Bergbaubezirk Charleroi-Namur. Die Kriegsversicherung war insoweit eingeschlossen, als Schäden oder Verluste sich als un­ mittelbare Folgen von kriegerischen Handlungen, -Verfügungen votst hoher Hand, Wegnahme und Zerstörung oder Beschädigung seitens irgendeiner Macht oder Behörde darstellen (Abs. 2 der Kriegsklausel). Dagegen waren.mittelbare Folgen des Krieges von der Versicherung ausgeschlosim.

Der fragliche Waggon -ist von Düsseldorf abgegangen und am 15. Oktober 1918 der Militärbahn in Welkenraedt an der belgischen Grenze übergeben worden. Die weiteren Ermittelungen wegen des Verbleibs des Wagens sind erfolglos geblieben. Die Klägerin nimmt deshalb die Beklagte, weil die Sendung in Verlust geraten sei, aus der Versicherung in Anspruch.

Das Landgericht hat den Klazanspruch dem Grunde nach für berechtigt erklärt, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auch die Revision wurde zurückgewiesen.

Gründe: Das Berufungsgericht nimmt als dargetan an, daß der streitige Waggorr in die allgemeine Rückzugsbewegung der deutschen Truppen vom November 1918 hineingeraten und von den feindlichen Mächten weggenommen worden ist. Gegen diese Feststellung erhebt die Revision keine Beschwerde, sie ist auch rechtlich nicht zu beanstanden. Die Re­ vision bemängelt aber die weitere Annahme des Berufungsrichters, daß der Verlust des Waggons die unmittelbare Folge der Wegnahme gewesen sei. Der Verlust sei vielmehr schon früher infolge seines Aufenthalts in Welkenraedt eingetreten und die Wegnahme erst die weitere Folge des schon eingetretenen Verlustes gewesen. Da der Aufenthalt aber durch die Kriegsverhältnisse verursacht worden sei und der Abs. 3 Nr. 3 der für den Vertrag geltenden Kriegsklausel „Ver­ lust infolge eines durch Kriegsgefahr verursachten Aufenthalts" von der Versicherungshaftung ausschließe, so könne die Klägerin keine Entschädigung beanspruchen. Dem Revisionsangriffe muß der Erfolg versagt werden/ Solgnge der Waggon noch in Welkenraedt stand und die feindlichen Truppen den Bahnhof noch nicht besetzt hatten, kann man nicht davon reden, daß er schon lediglich infolge des Aufenthalts in Verlust ge­ raten war. Es mußte vielniehr noch ein anderes, den Verlust be­ wirkendes Ereignis eintreten. Dieses Ereignis war nach der Fest­ stellung des Vorderrichters die Wegnahme durch die feindlichen Mächte, als deren Truppen den Bahnhof Welkenraedt in Besitz nahmen. Wenn man nun auch unterstellt, daß der Aufenthalt durch die Kriegslage veranlaßt worden ist, und zugunsten der Revision annimmt, daß die feindliche Beschlagnahme des Waggons und seiner Ladung nicht ein­ getreten wäre, wenn der Waggon nicht in Welkenraedt stehen geblieben wäre, so ist dennoch der Verlust als unmittelbare Kriegsfolge gemäß Abs. 2 der Kriegsklausel, nämlich durch die Beschlag- und Wegnahme seitens der feindlichen Mächte, eingetreten. Der Abs. 3 der Kriegs­ klausel, insbesondere seine Nr. 3’, kommt nur dann in Betracht, wenn nicht schon der Tatbestand des Abs. 2 vorliegt. Die Kriegsklausel läßt, wenn man sie in ihrem Zusammenhang betrachtet, die Auslegung nicht zu, daß, wenn eines der in Abs. 2 genannten Ereigniffe, ins­ besondere also die Wegnahme, während eines durch Kriegsgefahr ver­ ursachten Aufenthalts eintritt, der durch dieses Ereignis herbeigeführte Verlust nur eine mittelbare Folge des Krieges sei. Grundsätzlich ist nach § 9 der allgemeinen Versichemngsbedingungen auch der Verderb, die Minderung und der Verlust des versicherten Gutes während seims unfreiwilligen Aufenthalts auf Zwischenstationen in die Versicherung eingeschlossen. Abs. 3 Nr. 3 der Kriegsklausel macht hiervon eine Ausnahme für den Fall, daß der Aufenthalt durch Kriegsgefahr ver-

218

65.

Pachterhöhung bei Veränderung der Verhältnisse.

ursacht worden Ist. Aber diese Ausnahme findet wieder eine Ein­ schränkung in der Bestimmung des Abs. 2 der Kriegsklausel, wonach die Versicherungshaftung jedenfalls dann Platz greift, wenn der Ver­ lust die unmittelbare Folge kriegerischer Handlungen ist. Die Ver­ sicherungshaftung ist also bei einem durch Kriegsgefahr verursachten Aufenthalt des Gutes nur dann ausgeschlossen, wenn andere als die in Abs. 2 genannten Ereignisse den Verderb, die Minderung oder den Verlust des Gutes verursachen, z. B. Diebstahl, innerer Verderb, Natur­ ereignisse oder dergleichen. Liegt ein Fall des Abs. 2 vor, so ist da­ durch ohne weiteres die Anwendbarkeit des Abs. 3 der Kriegsklausel ausgeschlossen, d. h. wenn ein Verlust des Gutes unmittelbare Kriegs‘folge im Sinne des Abs. 2 ist, so kann der Versicherer sich auf den Abs. 3, der nur die mittelbaren Kriegsfolgen im Auge hat und diese unter Nr. 1 bis 5 erläutert, nicht mehr berufen.

65. Kann der Pachtzins wegen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse im ordentlichen Rechtswege erhöht werden? Inwieweit find hierbei die Entscheidungen des Pachteinigungsamts zu -berücksichtigen? III. Zivilsenat.

Urt. v. 24. März 1922 i. S. S. (Bekl.) w. B. (Kl.). III 413/21.

I. Landgericht Bremen. — II. Oberlandesgericht Hamburg.

Die Beklagte verpachtete dnrch schriftlichen Vertrag vom 21.Mai 1913 dem Kläger einen Teil des Landguts Kl. D. für ein jährliches Pacht­ geld von 5500 Jt „jetzige Gold-Reichsmünze". Im § 5 des Vertrags war die Pachtzeit auf 15 Jahre bis zum 31. März 1928 festgesetzt und dem Pächter ein Vorpachtrecht für weitere fünf Jahre eingeräumt. Nach § 6 sollte das jährliche Pachtgeld in vier Raten am 1. April, 1. Juli, 1. Oktober, 1. Januar im voraus in „jetziger Gold-Reichs­ münze" entrichtet werden. Gelegentlich der Zahlung der am 1. April 1920 fälligen Pachtrate von 1375 JI entstand Streit darüber, ob der Pacht­ zins, der bis. dahin durch Banküberweisung entrichtet worden war, durch Papiergeld zum Nennwert bezahlt werden dürfe, oder ob der Beklagte eine dem Werte von Reichsgoldmünzen entsprechende Summe verlangen könne. Die erste Instanz stellte der Klage gemäß fest 1. daß der Beklagte, solange die Bundesratsverordnung über die Unverbind­ lichkeit gewisser Zahlungsvereinbarungen vom 28. September 1914 (RGBl. S. 417) gelte, nicht verlangen könne, daß der Kläger für die Pachüm'g mehr bezahle als 5500 Jt jährlich, und 2. daß der Kläger

218

65.

Pachterhöhung bei Veränderung der Verhältnisse.

ursacht worden Ist. Aber diese Ausnahme findet wieder eine Ein­ schränkung in der Bestimmung des Abs. 2 der Kriegsklausel, wonach die Versicherungshaftung jedenfalls dann Platz greift, wenn der Ver­ lust die unmittelbare Folge kriegerischer Handlungen ist. Die Ver­ sicherungshaftung ist also bei einem durch Kriegsgefahr verursachten Aufenthalt des Gutes nur dann ausgeschlossen, wenn andere als die in Abs. 2 genannten Ereignisse den Verderb, die Minderung oder den Verlust des Gutes verursachen, z. B. Diebstahl, innerer Verderb, Natur­ ereignisse oder dergleichen. Liegt ein Fall des Abs. 2 vor, so ist da­ durch ohne weiteres die Anwendbarkeit des Abs. 3 der Kriegsklausel ausgeschlossen, d. h. wenn ein Verlust des Gutes unmittelbare Kriegs‘folge im Sinne des Abs. 2 ist, so kann der Versicherer sich auf den Abs. 3, der nur die mittelbaren Kriegsfolgen im Auge hat und diese unter Nr. 1 bis 5 erläutert, nicht mehr berufen.

65. Kann der Pachtzins wegen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse im ordentlichen Rechtswege erhöht werden? Inwieweit find hierbei die Entscheidungen des Pachteinigungsamts zu -berücksichtigen? III. Zivilsenat.

Urt. v. 24. März 1922 i. S. S. (Bekl.) w. B. (Kl.). III 413/21.

I. Landgericht Bremen. — II. Oberlandesgericht Hamburg.

Die Beklagte verpachtete dnrch schriftlichen Vertrag vom 21.Mai 1913 dem Kläger einen Teil des Landguts Kl. D. für ein jährliches Pacht­ geld von 5500 Jt „jetzige Gold-Reichsmünze". Im § 5 des Vertrags war die Pachtzeit auf 15 Jahre bis zum 31. März 1928 festgesetzt und dem Pächter ein Vorpachtrecht für weitere fünf Jahre eingeräumt. Nach § 6 sollte das jährliche Pachtgeld in vier Raten am 1. April, 1. Juli, 1. Oktober, 1. Januar im voraus in „jetziger Gold-Reichs­ münze" entrichtet werden. Gelegentlich der Zahlung der am 1. April 1920 fälligen Pachtrate von 1375 JI entstand Streit darüber, ob der Pacht­ zins, der bis. dahin durch Banküberweisung entrichtet worden war, durch Papiergeld zum Nennwert bezahlt werden dürfe, oder ob der Beklagte eine dem Werte von Reichsgoldmünzen entsprechende Summe verlangen könne. Die erste Instanz stellte der Klage gemäß fest 1. daß der Beklagte, solange die Bundesratsverordnung über die Unverbind­ lichkeit gewisser Zahlungsvereinbarungen vom 28. September 1914 (RGBl. S. 417) gelte, nicht verlangen könne, daß der Kläger für die Pachüm'g mehr bezahle als 5500 Jt jährlich, und 2. daß der Kläger

die Pachtrate für die Zeit vom 1. April bis zum 30. Auni 1920 mit 1375 Jt voll bezahlt habe. Der Beklagte legte Berufung ein. Der Kläger stellte in der Berufungsinstanz zu 1 des ersten Urteils zwei Hilfsanträgej nämlich festzustellen, 1. daß der Beklagte, solange die erwähnte BundeSratsverordnung gelte, nicht verlangen könne, daß der Kläger für die Pachtung mehr bezahle als 5500 jährlich, vor­ behaltlich einer anderen Regelung durch das Pachteinigungsamt, oder 2. daß der Beklagte für die gleiche Dauer nicht aus dem Grunde einen höheren Pachtzins verlangen könne, weil in dem Pachtvertrag die Be­ zahlung in jetziger Gold-Reichsmünze, vereinbart sei. Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen. Der Beklagte legte Revision ein. Die Parteien erklärten in der Revifionsverhandlung übereinstimmend, daß das 'Pachteinigungsamt Bremen auf Antrag des Verpächters durch Entscheidung vom 4. November 1921 dm Pachtzins für die Zeit vom 1. Januar 1921 bis zum 31. Dezember 1921 auf 30000 Jt, für die Zeit vom,, 1. Januar 1922 bis zum 31. Dezember 1922 vorbehaltlich späterer Änderung auf 40000 Jt jährlich festgesetzt, von einer Ent­

scheidung für die Zeit vor dem 1. Januar 1921 aber im Einverständnis mit den Parteien abgesehen habe. Das Berufungsurteil wurde auf­ gehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gründe: Der Beklagte beruft sich für seine Berechtigung, einen höheren Pachtzins zu verlangen, einmal auf den Inhalt des Pachtvertrags selbst, wonach er eine dem Werte von Reichsgoldmünzen entsprechende Summe beanspruchen könne, und zweitens auf die durch Krieg und Staatsumwälzung bewirkte Veränderung der wirtschaftlichen Berhästnisse, die eine Erhöhung des Pachtzinses gebiete. Was den Inhalt des Pachtvertrags betrifft, so mtscheidet das Berufungsgericht die Frage, ob der Kläger einen festen Pachtzins von 5500 M zahlbar in „jetzigen" Reichsgoldmünzen, d. h. solchen da­ maliger Legierung, oder einen solchen-Pachtzins zugesagt habe, der dem Werte von damaligen Reichsgoldmünzen im Nennbetrags von 5500 JI entspreche, im ersteren Sinne einer Gold-, nicht Goldwertklausel, und folgert daraus auf Grund des ZI BRVO. vom 28. September 1914, der die vor dem 31. Juli 1914 getroffenen Vereinbarungen, nach denen eine Zahlung in Gold zu erfolgen hat, bis auf weiteres für nicht ver­ bindlich erklärt, die Berechtigung des Klägers, für die Geltungsdauer dieser Verordnung den Pachtzins durch Papiergeld im Nennwerte von 5500 M jährlich girtilgen. Ob das Berufungsgericht mit seiner Aus­ legung das Richtige getroffen hat, ist hier nicht zu erörtern. Die Auslegung ist jedenfalls möglich, läßt eine Verletzung von Auslegungs­ grundsätzen nicht erkennen und-berücksichtigt auch das, was bet Be­ klagte über die Vertragsverhandlungen behauptet hat. Sie ist daher

rechtlich nicht zu beanstanden und auch der Entscheidung des Revisions­ gerichts zugrundezulegen. Geht man aber von der Auslegung des Berufungsgerichts aus; dann ist auch die von ihm hieraus in Ver­ bindung mit der BRVO. vom 28. September 1914 gezogene rechtliche Folgerung nicht zu bemängeln (vgl. RGZ. Bd. 101 S. 141). Fraglich kann nur sein, ob nicht der Beklagte einen Anspruch auf höheren Pachtzins aus der durch Krieg und Staatsumwälzung bewirkten Veränderung der wirtschaftlichen^ Verhältnisse ableiten kann. Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß entsprechend den im Urteil des erkennenden Senats vom 21. September 1920 (RGZ. Bd. 100 S. 129) ausgesprochenen Grundsätzen eine Veränderung der wirtschaft­ lichen Verhältnisse nicht nur zur Aufhebung eines Pachtverhältnisses, sondern auch zur Erhöhung des Pachtzinses unter Beibehaltung des Vertrags im übrigen führen kann. Es unterstellt auch als richtig die Behauptungen des Beklagten, wonach die Steuern und Instandsetzungs­ kosten so gestiegen seien, daß er im Jahre 1920 mehr als die ganze Pachtsumme habe opfern müssen, also für die Überlassung der Nutzung

des Pachtguts in Wahrheit keine Gegenleistung erhalte, sondern noch aus seinem Vermögen zusetzen müsse, während der Kläger wegen der außerordentlichen Steigerung der Preise für landwirtschaftliche Er­ zeugnisse sehr wohl in der Lage sei, einen erheblich höheren Pachtzins zu zahlen, kommt aber gleichwohl zu einem dem Beklagten ungünstigen Ergebnisse, indem es erwägt: Eine so äußerordentliche Beschwerung, wie sie RGZ. Bd. 100 S. 129 voraussetze, liege nicht vor und sei insbesondere nicht schon damit gegeben, daß dem Beklagten aller Vor­ aassicht nach für den ganzen Rest der Pachtzeit, also bis 1928, der ganze Pachtzins verloren gehe. Die Verhältnisse hätten sich auch für den Kläger erheblich verschlechtert, weil die Erzeugerkosten gestiegen seien. Es sei daher besonders scharf zu prüfen, ob der Beschwemng des einen Teils (Minderwert des Pachtzinses durch die Entwertung des Geldes) nicht eine Beschwerung des anderen Teils (Erschwerung oder Verteuerung der Nutzung) derart gegenüber stehe, daß von einem die Erhöhung des'Pachtzinses selbstverständlich machenden Unterschiede Nicht mehr die Rede sein könne. Dabei sei die Steigerung der Preise für Dünge- und Futtermittel, der Arbeitslöhne und der Kosten der eigenen Lebenshaltung des Pächters, auch der Druck, den Allgemeinheit und Behörden auf die Bildung der Preise gerade für Lebensmittel ausübten, zu beachten. Femer komme in Betracht, daß dem Verpächter, dem, sofern er wie der Beklagte Eigentümer des-Pachtguts sei, die Entwertung des Geldes in einer Steigerung des Grundwertes zugute komme, leicht einmal der Pachtzins eines Jahres durch Instandsetzungen u. a. verloren gehe, wie umgekehrt vielleicht auch einmal der Pächter mit Verlust arbeite. Eine kürzere Erschwerung müsse der Verpächter

schon in gewöhnlichen Zeiten tragen; nur wenn der Verlust zu einem dauernden werde, könne er so unerträglich werden, daß eine Auf­ hebung des Pachtverhältnisses oder eine Erhöhung des Pachtzinses ge­ fordert werden könne. Zu einer solchen Unerträglichkeit gehöre aber dann noch, daß der Verpächter sich nicht auf eine andere Weise helfen könne. Eine solche Möglichkeit aber biete sich jetzt durch die nach der Reichspachtschutzverordnung vom 9. Juni 1920 und der bremischen Ausführungsverordnung dazu vom 24. September 1920 erfolgte Er­ richtung eines Pachteinigungsamts, das "berufen sei, Leistungen, die unter den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr berechtigt seien, anderweitig festzusetzen, wenn das Verhalten eines Beteiligten sich offenbar als eine schwere Unbilligkeit darstelle. Mit der letzteren Erwägung läßt sich indeffen die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht rechtfertigen. Die Errichtung von Pachteinigungsämtern beruht ebenso wie die der Mieteinigungsämter wesentlich auf wirtschaftlichen Erwägungen, und nur nach Erwägungen wirtschaftlicher Art haben diese Ämter auch ihre Entscheidungen zu treffen. Die. den Gerichten

vorbehaltene Rechtsfrage, ob nicht eine Abhilfe nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts möglich ist, wird dadurch an sich nicht berührt. Soweit freilich, wie nach den jetzigen Parteibehauptungen für die Zeit seit dem f. Januar 1921 in Frage kommt, das. Pacht­ einigungsamt Bremen auf Anrufen des Verpächters einen höheren Pacht­ zins festgesetzt hat, gilt diese Bestimmung gemäß § 5 der bremischen AusfVO. in Verb, mit § 7 Abs. 2 RMieterSchutzVO. vom 23. Sep­ tember 1918 als vereinbarte Bestimmung des Pachtvertrags und muß deshalb auch vom Gericht bei seiner Entscheidung ebenso berücksichtigt werden wie eine andere Parteivereinbarung. Soweit aber eine solche Bestimmnng durch das Pachteinigungsamk nicht getroffen worden, viel­ mehr, wie nach den jetzigen Parteibehauptungen für die Zeit vor dem 1. Januar 192] angenommen werden muß, im Einverständnis mit den Parteien absichtlich unterblieben ist, besteht für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses durch die Gerichte nach Maßgabe der allgemeinm Grundsätze des bürgerlichen Rechts kein Hindernis. Es bedarf deshalb auch nicht der Untersuchung, ob das Pachteinigungsamt Bremen, -baä feine Entstehung der AusfVO. vom 24. September 1920 verdankt, zu einer Bestimmung des Pachtzinses für die seiner Errichtung voraus­ gehende Zeit zuständig gewesen wäre. Nur auf die allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts stützt sich aber auch das Urteil des erkennenden Senats vom 21. September 1920 (RGZ. Bd. 100 S. 129). Es ist daher dort auch, was im Schrifttum- zum Teil nicht erkannt worden ist, auf die auf besonderen Erwägungen beruhende Sonder­ gesetzgebung, wie namentlich auf die in früheren Entscheidungen des Senats erwähnte VO. über die schiedsgerichtliche Erhöhung von Preisen

bei der Lieferung von elektrischer Arbeit usw. vom 1. Februar 1919 mit ihrer Erweiterung durch die VO. vom 11. März 1920 (vgl. RGZ. Bd. 99 S. 258, 260) absichtlich nicht eingegangen worden, um den Schein zu vermeiden, als ob durch diese Verordnungen der Senat dazu gekommen wäre, die Machtvollkommenheit des Richters zur Änderung von Vertragsbestimmungen bei Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses festzustellen. Dem Berufungsgericht kann aber auch darin, nicht beigetreten werden, daß ein Fall, wie ihn jene Entscheidung des Senats voraussetze, hier nicht in Frage komme. In dem Urteil vom 21. Sep­ tember 1920, das ein Mietverhältnis betrifft, wird das Eingreifen des Richters in bestehende Vertragsverhältnisse mit dem Verlaufe des Krieges, seinem ungeahnten Ausgang und der daran sich anschließenden ebenfalls ungeahnten Umwälzung aller wirtschaftlichen Verhältnisse ge­ rechtfertigt, die unter Umständen ein solches Eingreifen des Richters erfordere, wenn nicht eip Treu und Glauben und jedem Gebot von Gerechtigkeit und Billigkeit hohnsprechender Zustand geschaffen werden soll, und es ist nur, um einem Mißbrauch des aufgestellten Grund­ satzes vorzubeugen, die dreifache Einschränkung ausgesprochen worden, daß beide Parteien das Vertragsverhältnis -mit ihrem Willen fortsetzen, daß es sich um eine ganz besondere und ausnahmsweise Neu­ gestaltung und Änderung der Verhältniffe handle, wie sie durch den Krieg eingetreten sei, und daß ein Ausgleich der beiderseitigen Ver­ hältnisse stattfinden muffe. Ein auf längere Dauer, zunächst bis 1928, berechnetes Vertragsverhältnis, das die Parteien mit ihrem Willm fortsetzen, liegt vor, und wenn, was noch festzustellen ist, die Be­ hauptungen des Beklagten bezüglich der beiderseitigen Verhältnisse zu­ treffen, dann hat die beim Abschlusse des Pachtvertrags nicht vorauszusehende, durch Krieg und Staatsumwälzung bewirkte Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, einschließlich der Geldentwertung, auch für das Bertragsverhältnis folche Änderungen gebracht, daß ein Ein­

greifen des Richters in die durch den Pachtvertrag gegebene Regelung nach Treu und Glauben und nach den Geboten von Gerechtigkeit und Billigkeit unbedingt erforderlich ist. Der vereinbarte Pachtzins sollte ein angemeffmes Entgelt für die Überlaffung des Pachtgegenstands zu

Gebrauch und Nutzung bilden, und es darf davon ausgegangen werden, daß er ein solches Entgelt nach den im Jahre 1913 gegebenen und voraussehbaren Verhältnissen auch tatsächlich bedeutete. Nach den Be­ hauptungen des Beklagten hatten sich aber die Verhältniffe im Jahre 1920 bereits derart zu seinen Ungunsten verändert, daß der ganze Pachtzins durch die ihm obliegenden Steuern und Instandsetzungskosten aufgezehrt wurde, er also in Wahrheit eine Vergütung für die Überlaffung des

Pachtguts nicht behielt, sogar noch aus eigenem Vermögen zusetzen mußte und auch für den Rest der Pachtzeit ein anderes Ergebnis nicht

zu erwarten hatte. Demgegenüber steht die dem Pächter zukommende, auch bei Berücksichtigung der Erhöhung van Löhnen und sonstigen Kosten ganz außerordentliche Steigerung der landwirtschaftlichen Er­ träge, die mit den früheren Verhältnisses in keiner Weise zu vergleichen und so allgemein bekannt ist, daß sie auch von den Gerichten berück­ sichtigt werden muß, sofern nicht, wofür hier bis jetzt nichts vorliegt, positive Feststellungen über die Verhältnisse des Pächters im einzelnen Falle zu einem abweichenden Ergebnis führen. Steht aber dem beim Abschlusse des Pachtvertrags nicht gewollten Schaden des Verpächters ein ganz außerordentlicher, beim. Vertragsschlufse nicht vorausgesetzter Gewinn des Pächters gegenüber, dann ist als Folge der durch Krieg und Staatsumwälzung bewirkten Veränderung der wirtschaftlichen Ver­ hältnisse ein solches Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben, daß eine Änderung der Vertragsbestimmungen durch Erhöhung des Pachtzinses nach Treu und Glauben geboten ist. Sache des Richters ist es, gegebenenfalls zu entscheiden, wie hoch der Pachtzins zum Aus­ gleich der beiderseitigen Interessen zu bemessen ist. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist aber zu beachten, daß eine Festsetzung des danach angemessenen Pachtzinses nicht beantragt ist. Der Kläger will ausgesprochen haben, daß er keinen höheren als den vereinbarten Pachtzins zu entrichten habe. Seine beiden Hauptanträge, denen in den Vorinstanzen stattgegeben worden ist, sind daher schon dann un­ begründet, wenn nach den vom Berufungsgericht festzustellenden Ver­ hältnissen anzunehmen ist, daß der Beklagte irgendeine Erhöhung des Pachtzinses, gleichviel in welcher Höhe, verlangen könne. Das gleiche gilt von dem ersten Hilfsantrag des-Klägers, in dem nur eine andere Regelung durch das Pachteinigungsamt vorbehalten wird, und es bliebe dann nur noch über den zweiten Hilfsantrag zu entscheiden,

66. Kann der Kommittent vom Kommissionär Lieferung von Wert­ papieren fordem, die vor dem Kriege an der Londoner Börse gekanft und in London in Depot geblieben waren? I. Zivilsenat.

Art. v. '25. März 1922 i. S. K. (Kl.) w. M. Kreditbank (Bekl.). I 297/21.

I. Landgericht I Berlin. — IL Kammergericht daselbst.

Der Kläger erteilte der Beklagten im November 1911 den Auf­ trag, für ihn 100 Grammophone-sdares zu kaufen und das Zertifikat ins Depot zu nehmen. Sodann beauftragte er fie im September 1912 mit dem Kaufe weiterer 100 shares, wobei er erklärte, daß er auf

zu erwarten hatte. Demgegenüber steht die dem Pächter zukommende, auch bei Berücksichtigung der Erhöhung van Löhnen und sonstigen Kosten ganz außerordentliche Steigerung der landwirtschaftlichen Er­ träge, die mit den früheren Verhältnisses in keiner Weise zu vergleichen und so allgemein bekannt ist, daß sie auch von den Gerichten berück­ sichtigt werden muß, sofern nicht, wofür hier bis jetzt nichts vorliegt, positive Feststellungen über die Verhältnisse des Pächters im einzelnen Falle zu einem abweichenden Ergebnis führen. Steht aber dem beim Abschlusse des Pachtvertrags nicht gewollten Schaden des Verpächters ein ganz außerordentlicher, beim. Vertragsschlufse nicht vorausgesetzter Gewinn des Pächters gegenüber, dann ist als Folge der durch Krieg und Staatsumwälzung bewirkten Veränderung der wirtschaftlichen Ver­ hältnisse ein solches Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben, daß eine Änderung der Vertragsbestimmungen durch Erhöhung des Pachtzinses nach Treu und Glauben geboten ist. Sache des Richters ist es, gegebenenfalls zu entscheiden, wie hoch der Pachtzins zum Aus­ gleich der beiderseitigen Interessen zu bemessen ist. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist aber zu beachten, daß eine Festsetzung des danach angemessenen Pachtzinses nicht beantragt ist. Der Kläger will ausgesprochen haben, daß er keinen höheren als den vereinbarten Pachtzins zu entrichten habe. Seine beiden Hauptanträge, denen in den Vorinstanzen stattgegeben worden ist, sind daher schon dann un­ begründet, wenn nach den vom Berufungsgericht festzustellenden Ver­ hältnissen anzunehmen ist, daß der Beklagte irgendeine Erhöhung des Pachtzinses, gleichviel in welcher Höhe, verlangen könne. Das gleiche gilt von dem ersten Hilfsantrag des-Klägers, in dem nur eine andere Regelung durch das Pachteinigungsamt vorbehalten wird, und es bliebe dann nur noch über den zweiten Hilfsantrag zu entscheiden,

66. Kann der Kommittent vom Kommissionär Lieferung von Wert­ papieren fordem, die vor dem Kriege an der Londoner Börse gekanft und in London in Depot geblieben waren? I. Zivilsenat.

Art. v. '25. März 1922 i. S. K. (Kl.) w. M. Kreditbank (Bekl.). I 297/21.

I. Landgericht I Berlin. — IL Kammergericht daselbst.

Der Kläger erteilte der Beklagten im November 1911 den Auf­ trag, für ihn 100 Grammophone-sdares zu kaufen und das Zertifikat ins Depot zu nehmen. Sodann beauftragte er fie im September 1912 mit dem Kaufe weiterer 100 shares, wobei er erklärte, daß er auf

Nummernaufgabe verzichte. Es handelt sich um Anteile einer eng­ lischen Gesellschaft, die in London an der Börse gehandelt wurden, dort also auch gekauft werden sollten. Schlußnoten über die Aus­ führung des Auftrags sind nicht beigebracht worden. Die Beklagte behauptet, sie habe durch ihre Bankverbindung in London, die Firma B. & Co., die Stücke gekauft und bei ihr in Depot gelassen. Unstreitig hat sie bei den periodischen Aufstellungen über 200 sharea bemerkt: „lagernd in London". Auf den Kaufpreis hat der Kläger nur etwa die Hälfte angezahlt. In dieser Lage blieb die Sache während.des Kriegs. Am 7. August 1919 forderte der Kläger die Beklagte auf, die 200 sharea für seine Rechnung zu verkaufen. Die Beklagte er­ widerte, zunächst müsse die Ratifikation des Versailler Vertrags ab­ gewartet werden, und auch dann werde eine Verfügung nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Vertrags möglich sein. Später hat sie die Herausgabe der aharea oder den Wertersatz endgültig verweigert. Der Kläger verlangt mit der Klage Lieferung von 5 aharea, hilfsweise Zahlung von 5000 JI nebst Zinsen als Schadensersatz. - Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Auch seine Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Die Beklagte hat behauptet, sie habe seinerzeit die aharea in London für den Kläger durch Vermittlung ihrer dortigen Bank­ verbindung gekauft und bei dieser in Depot gelassen. Von der gleichen Annahme geht die Revision bei ihren Schlußfolgerungen aus, so daß insoweit kein Widerspruch besteht. Unklar geblieben ist aber, ob die Beklagte als Selbstverkäuferin ^gegenüber dem Kläger eingetreten ist oder nicht. Schlußnoten sind nicht vorgelegt. Wenn auch ersteres das Wahrscheinlichere ist, so muß doch wegen dieser Unklarheit die Sach­ lage nach beiden Richtungen hin erörtert werden. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Wenn der Kläger -Eigentümer des Londoner Depots geworden sein sollte, so würden die Folgen der durch den Vertrag von Versailles unstreitig eingetretencn Beschlag­ nahme ohne weiteres ihn selbst treffen. Sei er nicht Eigentümer ge­ worden, so habe die Sache zunächst so gelegen, daß die Beklagte reine Gattungsschuldnerin gewesen sei; da aber in den Depotausstellungen erwähnt sei, daß das Depot in London lagere und der Kläger sich hiermit stillschweigend einverstanden erklärt habe, so habe es sich nicht mehr um eine reine Gattungsschuld gehandelt, vielmehr habe die Be­ klagte nur aus dem Bestände zu liefern brauchen, den sie in London zu ihrer Verfügung gehabt hübe. Die Lieferung aus diesem Bestände sei infolge der Beschlagnahme unmöglich und deshalb die Beklagte frei geworden. Dasselbe Ergebnis folge daraus, daß der Kläger, der sich mit dem Verbleibe der Stücke in London einverstanden er-

klärt habe, nach Treu und Glauben nicht jetzt nach der Beschlagnahme bei dem veränderten Valutastande Lieferung aus dem offenen Markte verlangen könne. Ein Verschulden der Beklagten sei nicht ersichtlich. Die Revision wendet ein: Die Bemerkung „lagernd in London" solle nur besagen, daß die Stücke in London zu verbleiben hätten, um den deutschen dreiprozentigen Stempel zu ersparen, sie könne aber nicht den Charakter der Schuld der Beklagten verändern. Daß in London sharee beschlagnahmt worden seien, sei bestritten; die Beklagte habe niemals 200 shares von ihrer Londoner Bankverbindung zu Eigentum erworben, und deshalb könne von einer Beschlagnahme und einer beschränkten Gattungsschuld nicht die Rede sein. Die Beklagte habe nichts weiter als allenfalls einen vertragsmäßigen Anspruch gegen die Londoner Firma gehabt. Die Schuld der Beklagten sei also eine reine Gattungsschuld geblieben, deren Erfüllung der Kläger fordern könne. Die Beklagte könne sich auch nicht, wie das Berufungsgericht annehme, auf die §§ 157, 242 BGB. berufen. Vielmehr habe sie bis in die letzte Zeit vom Kläger Zahlung des Restkaufpreises ver­ langt. Damit habe sie anerkannt, daß der Vertrag trotz des Versailler Vertrags zu Recht bestehe. Endlich werde zur Nachprüfung verstellt, ob das Berufungsgericht mit Recht jegliches Verschulden der Beklagten

verneint habe. Diese Ausführungen vermögen der Revision nicht zum Siege zu verhelfen. Keiner Erörtemng bedarf cs, wie die Sache läge, wenn der Kläger Eigentümer der für ihn gekauften Stücke geworden wäre. Dmn, wie bereits eingangs bemerkt, gehen beide. Parteien davon aus, daß die Beklagte durch ihr Deckungs- oder Ausführungsgeschäft nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Londoner Verkäuferin er­ langt hat. Eigentum an den gekauften Stücken ist also weder auf die Beklagte, noch auf den Kläger übergegangen. Run bestimmen die Art. 297 flg. des Versailler Vertrags, daß Forderungen Deutscher gegen Engländer, die vor dem Kriege oder während des Kriegs fällig geworden sind, nicht zwischen den Beteiligten zu erfüllen sind. Sollte die Beklagte dem Kläger gegenüber nicht als SelbstveMuferin ein­ getreten sein, so würde stch ohne weiteres ergeben,, daß jene durch den genannten Vertrag herbeigeführte Erfüllungsunmöglichkeit den Kläger unmittelbar trifft, dmn die Beklagte hätte als reine Kom­ missionärin nicht dafür einzustehen, daß die Erfüllung des Geschäfts, mit deffen Abschluß sie beauftragt war, möglich blieb. Aber auch für den anderen — wahrscheinlicheren — Fall, daß die Beklagte als Selbstverkäuferin eingetreten ist, ist das Endergebnis kein anderes. Ob man das durch den Selbsteintritt mit der Klausel „lagemd in London" zwischen den Parteien entpandme Rechtsver­ hältnis als eine beschränkte Gattungsschuld bezeichnen will, wie das «ntsch. in Zivils. 104.

15

Berufungsgericht es getan hat, hängt davon ab, wie weit man den nicht ganz eindeutigen Begriff der beschränkten Gattungsschuld aus­ dehnen will. Die Revision will den Begriff nur dann anwenden, wenn sich die Schuld auf die Lieferung aus einer „ziffernmäßig oder räumlich festliegenden Anzahl von ebares" konkretisiert hat. Ein solcher genau umgrenzter, fester Bestand von shares war allerdings nicht vorhanden. Aber die Revision hat Unrecht, wenn sie aus diesem Grunde annimmt, daß die Schuld der Beklagten eine reine Gattungs­ schuld sei, derart daß die Beklagte die shares liefern müsse, wenn sie sich dieselben irgendwie im offenen Markte beschaffen könne. Denn dann wären die Worte „lagernd in London" ohne jede Bedeutung, wovon keine Rede sein kann. Es ist richtig, daß die Zertifikate in der Regel aus dem Grunde in London gelassen werden, um den deutschen hohen Stempel zu sparen. Aber deshalb ist die Klausel noch nicht bedeutungslos. Wenngleich ihr Wortlaut auf einen Fall wie den vorliegenden, wo die Beklagte die Stücke nicht bezogen hat, weil der Kläger den Kaufpreis nur zum Teil bezahlt hat, nicht genau paßt, so will sie doch ganz klar sagen, daß die Beklagte in London Stücke gekauft hat, daß diese Stücke in London verbleiben und daß mit ihnen die durch den Selbsteintritt der Beklagten entstandene Schuld beglichen werden soll. Insofern ist es richtig, wenn das Berufungs­ gericht angenommen hat, daß eine Beschränkung des Begriffs der Gattungsschuld und, wie hinzugefügt werden kann, der normalen Folgen des Selbsteintritts vorliegt. Die erwähnte Klausel hat die Wirkung, daß die Schicksale des in London abgeschlossenen Deckungs­ geschäfts von maßgebendem Einfluß auf die Rechtsbeziehungen der Parteien sind. Kann die Beklagte infolge des Versailler Vertrags keine Forderung aus dem Deckungsgeschäft gegen ihren Verkäufer geltend machen, so kann auch der Kläger keine Forderung auf Lieferung der shares gegen die Beklagte erheben. Die Hauptrüge der Revision kann deshalb nicht durchdringen. Auch die weiteren Rügen sind unberechtigt. Auf die Frage, ob die Geltendmachung der Klageforderung gegen die guten Sitten ver­ stößt, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Die Einwendung, daß die Beklagte den Vertrag nachträglich anerkannt habe, indem sie Zahlung des Restkaufpreises verlangt habe, ist nicht beachtlich, denn es handelt sich nicht darum, ob der Vertrag nichtig oder anfechtbar ist, sondern darum, ob er von der Beklagten nicht erfüllt zu werden braucht; das könnte an sich immerhin der Fall sein, ohne daß die Beklagte deshalb ihre Forderung verlöre. Der Schluß von der For­ derung des Restkaufpreises auf das Anerkenntnis, die shares liefern zu müssen, ist also nicht stichhaltig. Endlich kann der Ausfassung des Berufungsgerichts, daß dex Beklagten hinsichtlich der Belassung des

Depots in London nicht ein Verschulden zur Last fällt, vom Rechts­ standpunkte aus nicht entgegengetreten werden, da Rechtsirrtümer in­ soweit nicht ersichtlich sind.

67. Gilt die Vorschrift des § 271 Abs. 3 ZPO., daß der. Kläger bei Klagezurücknahme die Kosten zu tragen hat, auch für das Patentstreitverfahren? L Zivilsenat,

ürt. v. 25. März 1922 i. S. G. & Co. (Bekl.) w. M. & Co. (Kl.). I 5/22.

I. Reichspatentamt.

Die Klägerin erhob gemäß § 10 Nr. 1 PatG. Klage auf Ver­ nichtung des Anspruchs 1 des Patents Nr. 289476, als dessen In­ haberin die Beklagte in der Patentrolle eingetragen war. Die Be­ klagte beantragte Abweisung der Klage. Veranlaßt war die Klägerin zur Klage dadurch, daß die Beklagte gegen sie Klage wegen Verletzung des Anspruchs 1 dieses Patents erhoben hatte. Im Verlaufe des Nichtigkeitsverfahrens wurde festgestellt, daß ein der Patentschrift 289476 entsprechendes Patent von der Beklagten zwar am 26. September 1912 angemeldet, ihr aber nicht erteilt, daß vielmehr im Einspruchsverfahren im^Einverständnis der Beklagten ihr durch Beschluß der Beschwerde­ abteilung der Anspruch 1 versagt und nur ein im wesentlichsten dem Anspruch 2 entsprechendes Patent auf Grund neuer Unterlagen er­ teilt war. Versehentlich war aber die Patentschrift 289476 auf Grund der Unterlagen der ursprünglichen Anmeldung ausgefertigt worden; sie war also unrichtig. Nach dieser Feststellung zog die Klägerin ihren Antrag auf Nichtigkeitserklärung zurück und beantragte, der Be­ klagten die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens aufzuerlegen. Diesem Anträge gab das Reichspatentamt statt. Die Berufung der Beklagten hatte leinen Erfolg. Gründe: Die entsprechende Anwendung des § 271 Abs. 3 ZPO. im Patent­ streitverfahren ist, wie das Reichspatentamt zutreffend annimmt, keine ausnahmslose, vielmehr können nach § 31 PatG, auch bei Zurück­ nahme der Klage die Kosten der beklagten Partei auferlegt werden, wenn besondere Billigkeitsgründe dies rechtfertigen, und solche Billig­ keitsgründe hat das Reichspatentamt mit Recht im vorliegenden Fall als gegeben angesehen, da einerseits die Klägerin begründeten Anlaß hatte, die Klage zu erheben und' anderseits die Beklagte durch die Verletzungsklage, die sie auf Grund des ihr nicht gewährten Anfpmchs 1 der Patentschrift 289476 erhoben hatte, der Klägerin erst 15*

Depots in London nicht ein Verschulden zur Last fällt, vom Rechts­ standpunkte aus nicht entgegengetreten werden, da Rechtsirrtümer in­ soweit nicht ersichtlich sind.

67. Gilt die Vorschrift des § 271 Abs. 3 ZPO., daß der. Kläger bei Klagezurücknahme die Kosten zu tragen hat, auch für das Patentstreitverfahren? L Zivilsenat,

ürt. v. 25. März 1922 i. S. G. & Co. (Bekl.) w. M. & Co. (Kl.). I 5/22.

I. Reichspatentamt.

Die Klägerin erhob gemäß § 10 Nr. 1 PatG. Klage auf Ver­ nichtung des Anspruchs 1 des Patents Nr. 289476, als dessen In­ haberin die Beklagte in der Patentrolle eingetragen war. Die Be­ klagte beantragte Abweisung der Klage. Veranlaßt war die Klägerin zur Klage dadurch, daß die Beklagte gegen sie Klage wegen Verletzung des Anspruchs 1 dieses Patents erhoben hatte. Im Verlaufe des Nichtigkeitsverfahrens wurde festgestellt, daß ein der Patentschrift 289476 entsprechendes Patent von der Beklagten zwar am 26. September 1912 angemeldet, ihr aber nicht erteilt, daß vielmehr im Einspruchsverfahren im^Einverständnis der Beklagten ihr durch Beschluß der Beschwerde­ abteilung der Anspruch 1 versagt und nur ein im wesentlichsten dem Anspruch 2 entsprechendes Patent auf Grund neuer Unterlagen er­ teilt war. Versehentlich war aber die Patentschrift 289476 auf Grund der Unterlagen der ursprünglichen Anmeldung ausgefertigt worden; sie war also unrichtig. Nach dieser Feststellung zog die Klägerin ihren Antrag auf Nichtigkeitserklärung zurück und beantragte, der Be­ klagten die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens aufzuerlegen. Diesem Anträge gab das Reichspatentamt statt. Die Berufung der Beklagten hatte leinen Erfolg. Gründe: Die entsprechende Anwendung des § 271 Abs. 3 ZPO. im Patent­ streitverfahren ist, wie das Reichspatentamt zutreffend annimmt, keine ausnahmslose, vielmehr können nach § 31 PatG, auch bei Zurück­ nahme der Klage die Kosten der beklagten Partei auferlegt werden, wenn besondere Billigkeitsgründe dies rechtfertigen, und solche Billig­ keitsgründe hat das Reichspatentamt mit Recht im vorliegenden Fall als gegeben angesehen, da einerseits die Klägerin begründeten Anlaß hatte, die Klage zu erheben und' anderseits die Beklagte durch die Verletzungsklage, die sie auf Grund des ihr nicht gewährten Anfpmchs 1 der Patentschrift 289476 erhoben hatte, der Klägerin erst 15*

228

68.

Erhöhung einer Unterhaltsrente.

bett Grund zur Nichtigkeitsklage gegeben hatte, obgleich der Beklagten nach Inhalt der Erteilungsakten und der darin enthaltenen Zu­ stellungsnachweise bei nur geringer Sorgfalt klar sein konnte, daß ihr ein der Patentschrift 289476 entsprechendes Patent nicht erteilt sei und diese Patentschrift auf einem Irrtum beruhen muffe. Die Klägerin hatte keinen Anlaß, sich vor Erhebung der Nichtigkeitsklage aus den Erteilungsakten über die wahre Sachlage zu unterrichten, da sie davon ausgehen durfte, daß die ausgegebene Patentschrift in Ordnung sei, auf deren ersten Anspruch ja auch die Beklagte ihre Verletzungsklage stützte. Mit Recht hat daher die Vorinstanz es auch nicht für der Billigkeit entsprechend erachtet, der Klägerin einen Teil der Kosten aufzuerlegen. Die Ansicht der Beklagten, daß der Vorsitzende der Nichtigkeitsabteilung auf die Klage die Einleitung des Verfahrens nicht hätte verfügen dürfen, bevor er aus den Erteilungsakten die Übereinstimmung der veröffentlichten Patentschrift mit dem Erteilungs­ verfahren geprüft hatte, daß also er eigentlich das Nichtigkeitsverfahren veranlaßt habe, kann nicht für zutreffend erachtet werden, da er bei dem Vorliegen der geknickten, schon am 8. Januar 1916 ausgegebenen Patentschrift davon ausgehen konnte, daß diese in Ordnung sei, und deshalb nicht ersichtlich ist, inwiefern hieraus die Beklagte einen Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten herzuleiten vermöchte; dies um so weniger, als sie selbst bei nur einiger Sorgfalt nicht davon ausgehen konnte, daß die gedruckte Patentschrift in Ordnung sei.

68. Zur Auslegung des § 323 Abs. 2 ZPO. IV. Zivilsenat.

Urt. v. 27. März 1922 i S. R. (Kl.) w. R. (Bekl.). IV 552/21.

I. Landgericht Bremen. — IE Oberlandesgericht Hamburg.

Der Kläger ist der eheliche Sohn des Beklagten. Dessen Ehe mit der Mutter des Klägers ist geschieden. Der Kläger lebt bei seiner Mutter. Durch Bersäurnnisurteil vorn 21. Oktober 1914 ist der Be­ klagte verurteilt worden, für die Zeit seit dem 1. Februar 1914 dem Kläger eine monatliche Unterhaltsrente von 40 M zu zahlen. Da der Beklagte im Ausland lebte, konnte ihm das Urteil erst am 14. April 1920 zugestellt werden. Er legte Einspruch ein. Zu einer Verhandlung darüber kam es aber nicht; vielmehr nahm der Beklagte mittels Schrift­ satzes vom 19. Juli 1920 den Einspruch im Einverständnis des Klägers zurück. Im gegenwärtigen Rechtsstreit verlangt der Kläger mit Rück­ sicht auf die seit Erlaß des Versäumnisurteils eingetretene erhebliche

228

68.

Erhöhung einer Unterhaltsrente.

bett Grund zur Nichtigkeitsklage gegeben hatte, obgleich der Beklagten nach Inhalt der Erteilungsakten und der darin enthaltenen Zu­ stellungsnachweise bei nur geringer Sorgfalt klar sein konnte, daß ihr ein der Patentschrift 289476 entsprechendes Patent nicht erteilt sei und diese Patentschrift auf einem Irrtum beruhen muffe. Die Klägerin hatte keinen Anlaß, sich vor Erhebung der Nichtigkeitsklage aus den Erteilungsakten über die wahre Sachlage zu unterrichten, da sie davon ausgehen durfte, daß die ausgegebene Patentschrift in Ordnung sei, auf deren ersten Anspruch ja auch die Beklagte ihre Verletzungsklage stützte. Mit Recht hat daher die Vorinstanz es auch nicht für der Billigkeit entsprechend erachtet, der Klägerin einen Teil der Kosten aufzuerlegen. Die Ansicht der Beklagten, daß der Vorsitzende der Nichtigkeitsabteilung auf die Klage die Einleitung des Verfahrens nicht hätte verfügen dürfen, bevor er aus den Erteilungsakten die Übereinstimmung der veröffentlichten Patentschrift mit dem Erteilungs­ verfahren geprüft hatte, daß also er eigentlich das Nichtigkeitsverfahren veranlaßt habe, kann nicht für zutreffend erachtet werden, da er bei dem Vorliegen der geknickten, schon am 8. Januar 1916 ausgegebenen Patentschrift davon ausgehen konnte, daß diese in Ordnung sei, und deshalb nicht ersichtlich ist, inwiefern hieraus die Beklagte einen Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten herzuleiten vermöchte; dies um so weniger, als sie selbst bei nur einiger Sorgfalt nicht davon ausgehen konnte, daß die gedruckte Patentschrift in Ordnung sei.

68. Zur Auslegung des § 323 Abs. 2 ZPO. IV. Zivilsenat.

Urt. v. 27. März 1922 i S. R. (Kl.) w. R. (Bekl.). IV 552/21.

I. Landgericht Bremen. — IE Oberlandesgericht Hamburg.

Der Kläger ist der eheliche Sohn des Beklagten. Dessen Ehe mit der Mutter des Klägers ist geschieden. Der Kläger lebt bei seiner Mutter. Durch Bersäurnnisurteil vorn 21. Oktober 1914 ist der Be­ klagte verurteilt worden, für die Zeit seit dem 1. Februar 1914 dem Kläger eine monatliche Unterhaltsrente von 40 M zu zahlen. Da der Beklagte im Ausland lebte, konnte ihm das Urteil erst am 14. April 1920 zugestellt werden. Er legte Einspruch ein. Zu einer Verhandlung darüber kam es aber nicht; vielmehr nahm der Beklagte mittels Schrift­ satzes vom 19. Juli 1920 den Einspruch im Einverständnis des Klägers zurück. Im gegenwärtigen Rechtsstreit verlangt der Kläger mit Rück­ sicht auf die seit Erlaß des Versäumnisurteils eingetretene erhebliche

Verteuerung aller Lebensbedürfnisse für die Zeit seit Erhebung der Klage am 29. Oktober 1920 eine Erhöhung der Rente auf jährlich 3600 M. Der Beklagte machte geltend, die Klage sei nach § 323 Abs. 2 ZPO. unzulässig, weil die Erweiterung des Klaganspruchs im Wege des Einspruchs hätte geltend gemacht werden können. Das Land­ gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung einer Jahresrente von 2880 JI. Das Oberlandesgericht erachtete den Einwand des Beklagten für durchgreifend und wies die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Gründe: Nach § 323 Abs. 2 ZPO., der dem § 767 Abs. 2 nachgebildet ist, ist die Klage auf Abänderung, des Urteils von zwei prozessualen Voraussetzungen abhängig. Erstens müssen die Gründe, auf die sie gestützt wird, nach der mündlichen Verhandlung entstanden sein, auf die das frühere Urteil ergangen ist. Diese Voraussetzung ist hier un­ streitig gegeben.- Zweitens muß die Geltendmachung jener Gründe durch Einspruch nicht mehr möglich sein. Es ist streitig, in welchem Zeitpunkte die Geltendmachung mittels Einspruchs ausgeschlossen sein muß, ob zur Zeit der Entstehung der Gründe, auf welche die Klage gestützt wird, oder zur Zeit der Erhebung der neuen Klage oder endlich zur Zeit des Erlasses des neuen Urteilst Das Reichsgericht hat sich in den zu § 767 Abs. 2 ergangenen Urteilen RGZ. Bd. 40 S. 352 und Bd. 55 S. 188 dahin ausgesprochen, daß mit der Vollstreckungs­ gegenklage gegen ein Versäumnisurteil diejenigen Einwendungen nicht geltend gemacht werden können, deren Gründe zu einer Zeit entstanden sind, zu der die Einspruchsfrist noch nicht im Lauf oder noch nicht ab­ gelaufen war; solche Einwendungen sind auf die Geltendmachung im Einspruchsverfahren angewiesen. Die Erwägungen, die für diese Ent­ scheidung leitend gewesen sind, treffen auch für den im wesentlichen gleichlautenden § 323 Abs. 2 zu. Nur in einem Punkte ist die Rechts­ lage im Falle des § 323 Abs. 2 eine andere. Nach Abs. 2 des § 767, der nur dem Schuldner einen Rechtsbehelf gegenüber einem rechts­ kräftigen Urteil gibt, kann dementsprechend auch nur die Möglichkeit eines Einspruchs von feiten des Schuldners in Frage kommen. Der Anspruch aus § 323 steht dagegen auch dem Kläger zu, und deshalb jann er den Erweiterungsansprnch nicht mehr geltend machen, wenn er ihn noch im Einspmchsverfahren, mag dies auch vom Beklagten veranlaßt sein, verfolgen konnte. Prüft man von diesem Standpunkt aus die Zulässigkeit der Klage, so ist sie zu bejahen. Der Kläger verlangt die Erhöhung der Unter­ haltsrente seit dem Tage der Zustellung der neuen Klage, die am 29. Oktober 1920 erfolgt ist. Für die Frage, ob der Antrag begründet ist, kamen also lediglich die Verhältnisse in Betracht. wie sie in diesem

Zeitpunkt bestanden und sich seitdem entwickelt haben. Der Anspruch ist begründet, wenn diese Verhältnisse andere sind, als diejenigen waren, die für die Bestimmung der Höhe der Unterhaltsrente im Versäumnis­ urteil vom 21. Oktober 1914 maßgebend gewesen sind. Es mag sein, daß der Kläger auch schon vor der Zurücknahme des Einspruchs, die am 3. August 1920 wirksam geworden ist, wegen veränderter Umstände eine Erhöhung der Rente hätte beanspruchen können, und es ist auch dem Berufungsgericht zuzugeben, daß er mit einer solchen Klage, die sich auf den Zeitraum bis zur Zurücknahme des Einspruchs bezog, jetzt nicht durchdringen könnte, weil er bis zur Zurücknahme des Ein­ spruchs und der dadurch eintretenden Rechtskraft des Versäumnisurteils nach §§ 342, 278, 268 Nr. 2 ZPO. insoweit schon damals zu einer Erweiterung des Klaganspruchs imstande gewesen wäre. Aber für jene Zeit ist der jetzige Klaganspruch nicht erhoben und konnte schon angesichts des § 1613 BGB. und des § 323 Abs. 3 ZPO. auch nicht mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden. Vor der Zurücknahme des Einspruchs im August 1920 konnte der Kläger einen Anspruch auf Erhöhung der Rente für die Zeit vom 29. Oktober 1920 an, also für die Zukunft, nicht geltend machen. Denn der. § 323 setzt voraus, daß die Änderung der Verhältnisse bereits int Zeitpunkt der Klagerhebung besteht. Für die Anwendung des § 258 ZPO. ist daher in diesem Falle kein Raum. Richtig ist nur, daß, wenn der Erhöhuitgsanspruch vor der Zurücknahme des Einspruchs im Wege der Klagerweiterung geltend gemacht wäre, der Richter auch die in der Zukunft liegenden Verhältnisse vorausschauend hätte berücksichtigen müssen (RGZ. Bd. 83 S. 65, 67, Bd. 86 S. 182, Urt. d. RG. v. 28. 4. 1921 IV 573/20, LZ. 1921 Sp. 498 Nr. 9). Das ändert aber nichts daran, daß die Gründe, die eine Erhöhung des Anspruchs nach dem 29. Oktober 1920 zu rechtfertigen geeignet sind, nicht identisch sind mit denjenigen, die sie vor dem 3. August 1920 hätten begründen können. Es handelt sich um Verhältnisse, die beständig im Fluß sind; sie waren nach dem 29. Oktober 1920 andere als am 3. August 1920. Es kommt deshalb nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, darauf an, ob in der Zeit zwischen dem Tag^ der Zurücknahme des Einspruchs am 3. August 1'920 und dem 29. Oktober 1920 eine weitere Verteuerung der Lebensverhältniffe eingetreten ist, die ein Vorgehen nach § 323 ZPO. rechtfertigen könnte. Konnten die Gründe, auf die jetzt die Klage gestützt ist, nicht im Einspruchsverfahren geltend ge­ macht werden, so ist lediglich zu prüfen, ob die in Betracht kommen­ den Verhältnisse jetzt andere sind, als' sie es zur Zeit des Erlasses des Versäumnisurteils am 21. Oktober 1914 waren.

69. Zur Auslegung der Berordnuugeu über Einstellung, Entlassung und Entlohnung der Angestellteu während der Zeit der wirtschaft­ lichen Demobilmachung vom 24. Jauuar, 30. Mai und 3. Sep­ tember 1919. HL Zivilsenat.

Urt. v. 28. März 1922 i. S. D. (Kl.) w. SB. (Bekl.). III 181/21.

I. Landgericht Stendal. — II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Der Kläger war Buchhalter der Beklagten. Am 14./15. August 1919 wurde ihm diese Stellung zum 30. September 1919 wegen seiner Agitation für den Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband ge­ kündigt. Der Kläger rief am 22. August den Schlichtungsausschuß an, der am 19. September die Beklagte für verpflichtet erklärte, den Kläger über den 30. September hinaus zu beschäftigen. Dieser Schieds­ spruch wurde am 6. Dezember von dem Demobilmachungskommissar für verbindlich erklärt. Da die Beklagte sich ihm nicht fügte, verlangte der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit die Wiedereinstellung als Buchhalter und die Fortzahlung seines Gehalts für den Oktober und die folgenden Monate. Im ersten Rechtszuge siegte er ob, vom Ober-landesgericht aber wurde er mit seiner Klage abgewiesen. Seine Re­ vision hatte teilweisen Erfolg. Gründe: Das Oberlandesgericht- hat die Klage mit der Begründung ab­ gewiesen, daß Schlichtungsausschuß sSchlA.) und Demobilmachungs­ kommissar (DK.) nicht befugt gewesen seien, in einem Falle wie dem vorliegenden über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Kündigung zu befinden, und deshalb durch die Anordnung einer Weiterbeschäftigung des Klägers ihre Zuständigkeit überschritten hätten. Es geht davon aus, daß die BO. v. 24. Januar 1919 (RGBl. S. 100) ihrem Wort­ laut und Zwecke nach nur bei der Entlassung einer individuell un­ stimmten Zahl von Angestellten Platz greife, daß die BO. v. 30. Mai 1919 (RGBl. S. 493) in dieser Beziehung keine Änderung habe einführen

dürfen und daher, falls eine solche doch beabsichtigt gewesen sei, inso­ weit der Rechtswirksamkeit entbehre, weil sie sich alsdann nicht mehr im Rahmen der grundlegenden Verordnungen v. 7. und 11. No­ vember 1918 (RGBl. S. 1292 und 1304) hielte. Diese Ausführungen sind in mehrfacher Hinsicht rechtsirrig. Die schwierigen Verhältnisse, welche der unglückliche Ausgang des Krieges und die schnelle Demobilisierung des Heeres mit sich brachten, veranlaßten die Regierung zu gesetzgeberischen Maßnahmen, die Störungen des wirtschaftlichen Lebens möglichst verhüten und einen geordneten Übergang von, der Kriegs- zur Friedenswirtschaft gewähr-

leisten sollten. Zum Erlasie der hierzu erforderlichen Anordnungen wurden zunächst der Reichskanzler (VO. v. 7. November 1918), dann der Leiter des Demobilmachungsamts sVO. v. 12. November 1918) und nach dessen Auflösung der Reichsarbeitsminister (VO. v. 26. April 1919, RGBl. S. 438) ermächtigt. Schranken wurden ihnen nach keiner Richtung gesetzt. Eine der wichtigsten Aufgaben des De­ mobilmachungsamts war es, Arbeiterentlassungen vorzubeugen und zu­ gleich den aus dem Felde heimkehrenden Kriegern Arbeitsgelegenheit zu verschaffen. Beiden Zwecken sollten die Verordnungen vom 4. und 24. Januar 1919 dienen. Die VO. v. 24. Januar regelte die Rechte der Angestellten und legte den Unternehmern, abgesehen von dem Zwang zur Wiedereinstellung derjenigen Kriegsteilnehmer, die infolge der Ein­ berufung zum Heere aus ihrem damaligen Dienstverhältnisse hatten ausscheiden müssen (§§ 2 bis 6), die Pflicht auf, die zur Zeit ihres Inkrafttretens in den einzelnen Betrieben tätigen Personen zunächst bis zum 28. Februar 1919 weiter zu beschäftigen (§§ 7, 8). Kündi­ gungen zu einem früheren Termin waren, sofern nicht ein Ausnahme­ fall des § 14 vorlag, ohne Rücksicht auf den Kündigungsanlaß nur nach Maßgabe der §§ 8, 9 unter Mitwirkung des Angestelltenausschusses oder einer ihm gleichstehenden Angestelltenvertretung möglich und wirk­ sam. Daß diese Vorschriften ebenso Massen- wie Einzelentlaffnngen verhindern wollten und sollten, kann nach ihrer Fassung und dem sozialpolitischen Geist, dem sie ihre Entstehung verdanken, keinem Zweifel unterliegen. Sollte doch jeder Angestellte in der Übergangs­

zeit nach dem Kriege möglichst vor wirtschaftlicher Not bewahrt und deshalb seiner bisherigen Verdienstmöglichkeit nicht beraubt werden. Auch Einzelentlassungen vermochten die Zahl der Arbeitslosen zu ver­ mehren und die Allgemeinheit zu belasten, und ihre schrankmlose Zu­ lassung war geeignet, zu Gesetzesumgehungen anzureizen, sie zu er­ leichtern und so zu einer erheblichen Störung des Wirtschaftslebens zu führen. Dem vorzubeugen und abzuhelfen, war aber gerade Pflicht des Demobilmachungsamts. Diese Auffassung wird auch durch die Denkschrift, die der Reichsarbeitsminister der Deutschen National­ versammlung über die seit dem 9. November 1918 auf dem Gebiete der Sozialpolitik getroffenen gesetzgeberischen Maßnahmen zugehen ließ, bestätigt. In ihr — vgl. S. 10 und 11 das. — wird hinsichtlich der beiden Verordnungen v. 4. und 24. Januar 1919 ausdrücklich ge­ sagt, daß grundsätzlich den Arbeitgebern die Verpflichtung auferlegt sei, die bei dem Inkrafttreten der Verordnungen in ihren Betrieben tätigen Arbeiter und Angestellten weiter zu beschäftigen. ' Nach dem 28. Februar 1919 unterlagen allerdings Einzel­ entlassungen von Angestellten, wenn sie aus anderen als den in § 9 VO. v. 24. Januar angeführten Gründen erfolgten, keiner Beschränkung

mehr. Das empfand der Gesetzgeber als eine Lücke, und deshalb fügte er durch die BO. v. 30. Mai 1919 in die v. 24. Januar einen § 9a ein, welcher anordnete, daß auch in andern als den im § 9 Abs. 1 Satz 1 genannten Fällen Angestellten nur unter Beachtung der Vor­ schriften des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 und 3 gekündigt werden dürfe. Nunmehr war ein Arbeitgeber nicht mehr in der Lage, «ine Kündigung auszusprechen, ohne sich mit dem Angestelltenausschuß oder da, wo ein solcher fehlte, mit der Mehrzahl der Angestellten ins Benehmen gesetzt zu haben. Streitigkeiten über seine Pflicht zur Weiterbeschäftigung auch nur eines Angestellten waren von dem in der BO. v. 23. Dezember 1918 vorgesehenen SchlA. zu entscheiden (§ 15 BO. v. 24. Januar). Der Kläger hat daher, da er sich der Kündigung vom 14./15. August nicht unterwerfen zu brauchen glaubte, noch in demselben Monat den SchlA. mit Fug und Recht angerufen. Hätten dieser und der DK. (vgl. § 11 BO. v. 24. Januar) noch vor dem 5. September, dem Tage des Inkrafttretens der BO. v. 3. September 1919 er Sachen, da dieser durch den Zuschlag in der Versteigerung Eigentum nicht er­ worben habe. Das Landgericht gab dem Klaganspruch statt, das Kammergericht wies ihn dagegen ab. Die Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Es braucht zu der Frage, ob der Kläger am 15. März 1916 durch den freihändigen Verkauf der gepfändeten Bureaueinrichtung auf Grund des gemäß § 825 ZPO. erlassenen Beschlusses des örtlich un­ zuständigen Amtsgerichts Berlin-Schöneberg Eigentum erworben hat, ebensowenig Stellung genommen zu werden, wie zu der ferneren Frage, ob, wenn er Eigentum erworben hat, das Vermieterpfandrecht

90.

PfSrdungspfandrecht.

Gutgläubiger Eigentumserwerb.

801

an den Pfandstücken zugunsten des Beklagten bestehen geblieben ist. Denn auch dann, wenn man den Eigentumserwerb des Klägers bejaht, den Fortbestand des Vermieterpfandrechts an den Sachen aber zugunsten der Revision verneint, ist der Entscheidung des Berufungsrichters im Ergebnis beizutreten, weil der Beklagte unter allen Umständen bei der späteren öffent­ lichen Versteigerung der Sachen kraft seines guten Glaubens Eigentum an ihnen erlangt hat. Unterstellt man, daß der Kläger am 15. März 1916 Eigentum an der Bureaueinrichtung des Schuldners I. erworben hatte, so waren die Pfändungen, die der Beklagte nachher gegen den Schuldner in bezug auf diese Sachen ausgebracht hat, zwar unwirksam. Der Be­ klagte hätte, wenn er sein Vermieterpfandrecht an den Sachen — dessen Fortbestand trotz des Eigentumserwerbs des Klägers im Zwangsvoll­ streckungswege zunächst einmal angenommen — auswirken wollte, nach § 1233 Abs. 2 BGB. verfahren müssen, wie der Berufungsrichter zu­ treffend darlegt; er hätte sich einen vollstreckbaren Titel gegen den Kläger als nunmehrigen Eigentümer der Sachen verschaffen müssen und konnte dann den Verkauf auch nach den für den Verkauf einer gepfändeten Sache geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung be­ wirken lassen. Die Veräußerung der Sachen in öffentlicher Zwangs­ versteigerung gemäß § 816 ZPO. war deshalb eine unrechtmäßige, da die Pfändung gegen den Schuldner I. der Wirksamkeit entbehrte, ein Pfändungspfandrecht also nicht rechtswirksam entstanden war. Gut­ gläubiger Erwerb des Pfändungspfandrechts ist rechtlich ausgeschloffen. § 1207 BGB. findet auf das Pfändungspfandrecht, wie in Recht­ sprechung und Schrifttum allgemein anerkannt ist, keine Anwendung. Überdies war dem Beklagten auch zur Zeit der Vornahme der Pfändung nach der Feststellung des Berufungsgerichts der Eigentums­ erwerb des Klägers bereits bekannt gegeben worden. Der Mangel der Rechtsbeständigkeit des Pfändungspfandrechts hindert aber nicht, daß derjenige, der die Sachen in der öffentlichen Zwangsversteigerung zugeschlagen erhält, Eigentum erwirbt, wenn er des guten Glaubens ist, daß das Pfandrecht des Pfändungsgläubigers zu Recht bestehe. Für das vertragliche Pfandrecht bestimmt § 1244 BGB., daß die Vorschriften der §§ 932 bis 934, 936 BGB. entsprechende Anwendung finden, wenn eine Sache veräußert wird, ohne daß dem Veräußerer ein Pfandrecht zusteht. Voraussetzung ist nur, daß die Veräußerung des Pfandes in den gesetzlichen Formen des § 1233 Abs. 2 oder der §§ 1235, 1240 Abs. 2 BGB. vor sich geht. Der Mangel des Pfand­ rechts des Veräußerers soll dann also durch den guten Glauben des Erwerbers an das Bestehen des Pfandrechts, gedeckt werden. Nun finden nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts jRGZ. Bd. 87 S. 416 mit Nachw., ferner Bd. 97 S. 41), die mit der herrschenden

802

90.

PfSndungspfandrecht.

Gutgläubiger Eigentumserwerb.

Lehre übereinstimmt, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das Vertragspfand auf das Pfändungspfandrecht insoweit ent­ sprechende Anwendung, als nicht Vorschriften der Zivilprozeßordnung sz. B, über die Begründung des Psändungspfandrechts, über den Pfand­ verkauf) entgegenstehen. Zu den entsprechend anwendbaren Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehört auch der § 1244 (RGZ. Bd. 61 S. 133) — a. M. Stein ZPO. Bem. IV zu § 817, der aber auf dem Wege der Theorie des originären Eigentumserwerbs des Erstehers auf Grund Staatsaktes zu demselben Ergebnis gelangt. — Der erkennende Senat hält an der bisherigen reichsgerichtlichen Rechtsprechung fest. Hat nun der Beklagte, als er die Sachen in der öffentlichen Zwangsversteigerung zugeschlagen erhielt, gewußt, daß der Kläger zur Zeit der Pfändung bereits Eigentümer war, so konnte sich sein guter Glaube nur darauf beziehen, daß an den Sachen trotz des Eigentums­ erwerbs des Klägers sein Vermieterpfandrccht fortbestanden habe urtd daß die von ihm erwirkte Pfändung gegen den Schuldner I. der rechte und zulässige Weg gewesen sei, das Vermieterpfandrecht zu verwirklichen und auszuwerten. Kann ihm dieser gute Glaube nicht widerlegt werden, so hat er das Eigentum an den Pfandsachen erworben. Das Berufungsgericht, das zu der rechtlichen Auffassung gelangt ist, daß in der Tat das Vermieterpfandrecht an den vom Kläger erworbenen Sachen fortbestanden habe, brauchte sich aus diesem Grunde natürlich nur mit der Frage zu befassen, ob der Beklagte des guten Glaubens war, daß er mit der von ihm ausgebrachten Pfändung den rechtlich zulässigen und richtigen Weg zur Auswirkung seines bestehenden ge­ setzlichen Pfandrechts beschritten und somit ein wirksames Pfändungs'pfandrecht erworben habe. Das hat der Vorderrichter mit tatsächlichen, in dieser Instanz nicht nachzuprüfenden, prozeßrechtlich einwandfreien Gründen bejaht. Man kann aber auch für den Fall, daß man hin­ sichtlich des wirklichen Fortbestands des Vermieterpfandrechts zu einer andern rechtlichen Auffassung, als der Berufungsrichter, kommen und den Fortbestand des Bermieterpfandrechts verneinen müßte, dem Be­ klagten den guten Glauben an den Fortbestand seines gesetzlichen Pfandrechts nicht absprechen, um so weniger als die Rechtsfrage äußerst zweifelhaft ist, auch ein Strafsenat des Reichsgerichts (RGSt. Bd. 35 S. 412) und auch das Berufungsgericht sich für das Fortbestehen des Bermieterpfandrechts bei einem Erwerb der Pfandsachen auf Grund freihändigen Verkaufs gemäß § 825 ZPO. ausgesprochen haben. Hat aber der Beklagte, geschützt durch seinen guten @tauten an die Rechtmäßigkeit seines Pfandrechts, Eigentum an den Pfandsachen erworben, so ist der Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Sachen, soweit er auf sein Eigentum gestützt ist, mit Recht als unbegründet abgewieseü worden. ...

91. Ist ein Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 719 Abs. 2 ZPO. zulässig, wenn mit der Revision ein lediglich über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidendes Urteil an­ gefochten ist? V. Zivilsenat.

Beschl. v. 3. Mai 1922 i. S. V. (Kl.) w. K. (Bell.). V 253/22.

Die Frage ist verneint worden aus folgenden Gründen: Durch erstinstanzliches Urteil wurde der Kläger mit der Klage abgewiesen, auf die Widerklage des Beklagten nach den Widerklag­ anträgen verurteilt und dieses Urteil unter Nr. 6 der Urteilsformel gegen Sicherheitsleistung von 250 000 JI für vorläufig vollstreckbar er­ klärt. Gegen dieses Urteil legten beide Teile Berufung ein, der Beklagte mit dem Antrag auf wesentliche Herabminderung der vom Landgericht geforderten Sicherheitsleistung. Das Berufungsgericht änderte durch Teilurteil das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit dahin ab, das an Stelle der zu Nr. 6 be­ stimmten Sicherheitsleistung eine solche von 75000 Jt zu bewirken sei. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt und beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil einstweilen ein­ zustellen. Dieser Antrag war abzulehnen. Nach § 718 Abs. 1 ZPO. ist in der Berufungsinstanz über die vor­ läufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu verhandeln und zu entscheiden. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist Gegenstand des Urteils in der Be­ rufungsinstanz auch dann, wenn die Partei, zu deren Gunsten ein den Gegner zu einer Leistung verurteilendes, gegen Sicherheitsleistung für vor­ läufig vollstreckbar erklärtes Urteil ergangen ist, gegen das Urteil Berufung wegen der Höhe der Sicherheitsleistung eingelegt hat und in der Berufungs­ instanz Herabsetzung der Sicherheitsleistung verfolgt (vgl. RGZ. Bd. 66 S. 305, Gruchot Bd. 38 S. 178, IW. 1905 S. 502 Nr. 33). Demnach ist die hier vom Berufungsgericht durch das vorbezeichnete Teilurteil er­ lassene Entscheidung, wodurch die Sicherheitsleistung von 250000^, auf 75000 JL herabgesetzt worden ist, eine in der Bemfungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlassene Entscheidung. Gemäß §718 Abs. 3 ZPO. findet -aber eine Anfechtung der in der Bemfungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlassenen Entscheidung nicht statt. Danach ist die vom Kläger gegen das Teilurteil eingelegte Revision unzuläsiig (vgl. RGZ. Bd. 59 S. 64, IW. a. a. O.). Hieraus ist aber zu fvlgern, daß auch der vom Kläger und Revisionskläger auf Grund des § 719 Abs. 2 ZPO. gestellte Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil unstatthaft ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob mit der im § 719 Abs. 2 als Voraussetzung für die Anordnung des Revisionsgerichts bestimmten Einlegung der Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil gemeint ist einmal, daß ein über den sachlichen Streit der Par­ teien entscheidendes, für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil mit der Revision angefochten sei, und ferner allgemein die Einlegung einer zu­ lässigen Revision, so daß in letzterer Hinsicht das Revisionsgericht bei der Entscheidung über Anträge auf Einstellung der Zwangsvollstreckung stets zu prüfen hätte, ob die Revision an sich statthaft ist sStein Bem. II zu § 719 ZPO.), wiewohl sonst nach den Worten des § 719 Abs. 2 „hat anzuordnen, wenn glaubhaft gemacht wird" die Aus­ sichten der Revision nicht zu erwägen sind-sRGZ. Bd. 83 S. 301, Warneyer 1915 Nr. 132). Jedenfalls ist daraus, daß § 718 Abs. 3 die Revision gegen die Entscheidung der Oberlandesgerichte über die vorläufige Vollstreckbarkeit schlechthin ausschließt, zu entnehmen, daß nach dem Gesetz die Revisionsinstanz auf Grundlage der Anfechtung ledig­ lich einer über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlaßenen Entscheidung für Anträge, welche die Urteilsvollstreckung betreffen, überhaupt verschloffen sein soll. Dies findet auch eine Bestätigung in dem gesetz­ geberischen Grunde der Vorschrift des § 718 Abs. 3. Die Motive zu § 718 (Entwurf III § 608). S. 400 (Hahn, Materialien Bd. 1 S. 431) führen in dieser Beziehung aus: „Die Revision für diesen Streitgegenstand zuzulassen, würde der Vergänglichkeit des Interesses der Parteien an demselben nicht entsprechen. Die Parteien würden der Regel nach ein Urteil des Revisionsgerichts über die Vollstreckbarkeit nicht mit erheblich geringerem Zeitaufwande erlangen können, als ein die Hauptsache betreffendes Urteil des Berufungsgerichts, wenn dieses letztere überhaupt' von der Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ge­ trennt ist." Es kann daher durch die Einlegung einer unzulässigen Revision gegen ein über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidendes Berufungsurteil dem Revisionskläger nicht der Weg eröffnet werden, einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Revisionsgericht statthaft anzubringen.

92. Haftet das Reich für Plünderungen, die am 8. November 1918 durch von der Menge befreite Militärgefangene verübt sind, wegen Nichteinschreitens der Wachtmannschaft oder bei deren Beteiligung an den Plünderungen? III. Zivilsenat, litt. v. 5. Mai 1922 i. S. Stahlwerk B. (Bekl.) w. Deutsches Reich (Kl.). III 528/21. I. Landgericht Bochum. — II. Oberlandesgericht Hamm.

Es kann dahingestellt bleiben, ob mit der im § 719 Abs. 2 als Voraussetzung für die Anordnung des Revisionsgerichts bestimmten Einlegung der Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil gemeint ist einmal, daß ein über den sachlichen Streit der Par­ teien entscheidendes, für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil mit der Revision angefochten sei, und ferner allgemein die Einlegung einer zu­ lässigen Revision, so daß in letzterer Hinsicht das Revisionsgericht bei der Entscheidung über Anträge auf Einstellung der Zwangsvollstreckung stets zu prüfen hätte, ob die Revision an sich statthaft ist sStein Bem. II zu § 719 ZPO.), wiewohl sonst nach den Worten des § 719 Abs. 2 „hat anzuordnen, wenn glaubhaft gemacht wird" die Aus­ sichten der Revision nicht zu erwägen sind-sRGZ. Bd. 83 S. 301, Warneyer 1915 Nr. 132). Jedenfalls ist daraus, daß § 718 Abs. 3 die Revision gegen die Entscheidung der Oberlandesgerichte über die vorläufige Vollstreckbarkeit schlechthin ausschließt, zu entnehmen, daß nach dem Gesetz die Revisionsinstanz auf Grundlage der Anfechtung ledig­ lich einer über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlaßenen Entscheidung für Anträge, welche die Urteilsvollstreckung betreffen, überhaupt verschloffen sein soll. Dies findet auch eine Bestätigung in dem gesetz­ geberischen Grunde der Vorschrift des § 718 Abs. 3. Die Motive zu § 718 (Entwurf III § 608). S. 400 (Hahn, Materialien Bd. 1 S. 431) führen in dieser Beziehung aus: „Die Revision für diesen Streitgegenstand zuzulassen, würde der Vergänglichkeit des Interesses der Parteien an demselben nicht entsprechen. Die Parteien würden der Regel nach ein Urteil des Revisionsgerichts über die Vollstreckbarkeit nicht mit erheblich geringerem Zeitaufwande erlangen können, als ein die Hauptsache betreffendes Urteil des Berufungsgerichts, wenn dieses letztere überhaupt' von der Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ge­ trennt ist." Es kann daher durch die Einlegung einer unzulässigen Revision gegen ein über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidendes Berufungsurteil dem Revisionskläger nicht der Weg eröffnet werden, einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Revisionsgericht statthaft anzubringen.

92. Haftet das Reich für Plünderungen, die am 8. November 1918 durch von der Menge befreite Militärgefangene verübt sind, wegen Nichteinschreitens der Wachtmannschaft oder bei deren Beteiligung an den Plünderungen? III. Zivilsenat, litt. v. 5. Mai 1922 i. S. Stahlwerk B. (Bekl.) w. Deutsches Reich (Kl.). III 528/21. I. Landgericht Bochum. — II. Oberlandesgericht Hamm.

Gegenüber der Kaufpreisforderung des Klägers hat die Beklagte im Wege der Aufrechnung und der Widerklage einen Gegenanspruch auf Ersatz des Schadens geltend gemacht, der ihr angeblich am 8. November 191,8 durch die bei ihr auf Grund eines Vertrags mit dem Kläger beschäftigten Militärgefangenen verursacht worden ist. Sie behauptet, daß sich diese an jenem Tage befreit und in dem Gefangenlager, der Kantine und einigen benachbarten Zechenräumen alles, was nicht niet« und nagelfest gewesen sei, geplündert oder zerstört hätten. Der Kläger hafte hierfür, weil er die ihm nach dem Vertrag obliegende Bewachungs­ pflicht nicht erfüllt habe, und weil das Wachtkommando oder dessen Führer pflichtwidrig gehandelt hätten. Mit diesem Gegenanspruch ist die Beklagte in beiden Rechtszügen abgewiesen worden. ' Auf ihre Revision wurde das Berufungsurteil, aufgehoben, und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gründe: Das Berufungsgericht führt zunächst aus, daß der Kläger die ihm obliegende Pflicht zur gehörigen Bewachung der Militärgefangenen nicht dadurch schuldhaft verletzt habe, daß er eine zu geringe Wachttruppe gestellt habe; unter normalen Verhältnisien, von denen bei der Prüfung dieser Frage auszugehen sei, erscheine die gestellte, militärisch aus­ gebildete und bewaffnete Truppe von 10 Mann unter Führung eines Feldwebelleutnants ausreichend für die Bewachung der etwa 300 Militär­ gefangenen. Die Anregung und der Anlaß zu der Plünderung sei nicht aus dem Gefangenlager gekommen, sondern von außen hinein­ getragen worden, indem eine von Soldaten geführte Menschenmenge erschienen sei und die Öffnung des Lagers verlangt habe; erst unter dem Schutze, wenn nicht unter der Mithilfe, der eingedrungenen Menge sei es zu der Plünderung gekommen. Mit einer solchen ungewöhnlichen, erst durch die Staatsumwälzung gezeitigten Erscheinung habe der Kläger bei Berechnung der Stärke der Wache nicht zu rechnen brauchen. Aber auch wenn diese zu schwach gewesen sein sollte, würde der Kläger nicht haften, weil auch eine stärkere Wachtmannschaft gegenüber der gewalttätigen, bewaffneten und keinen Widerstand duldenden Menge machtlos gewesen und deshalb der ursächliche Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden zu verneinen sei. Aus dem letzten Grunde verneint das Berufungsgericht auch eine Haftung des Klägers dafür, daß die Wachttruppe und besonders ihr Führer auf Verlangen der Menschenmenge das Lager geöffnet und die Gefangenen nicht an der Plünderung gehindert hätten; ein Ein­ schreiten würde nur zu einem nutzlosen Blutvergießen geführt haben. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum. Das gilt ins­ besondere von der letzterwähnten Ausführung, daß es der Wachtmannschast unter den am 8. November 1918 vorliegenden Verhältnissen nicht Entsch. in Zivils. 104.

20

306

.93.

Freibleiben in Preis, Liesernng und Lieferzeit.

zum Vorwurf gemacht werden kann, daß sie nicht gegenüber der Menschenmenge und den Gefangenen von ihren Waffm Gebrauch ge­ macht habe. Aber auch die übrigen Angriffe der Revision sind nicht begründet. Eine Bewachungspflicht des Klägers bejaht auch der Be­ rufungsrichter, wenn nicht auf Grund des Vertrags, was er dahin­ gestellt sein läßt, so doch auf Grund seiner Pflicht gegenüber der All­ gemeinheit, durch hinreichende Beaufsichtigung der außerhalb der Straf­ anstalt beschäftigten Gefangenen Beschädigungen und Verletzungen durch diese zu verhüten. Darauf, ob, wie die Revision meint, der Kläger auch vertraglich zum Schutze des Eigentums der Beklagten verpflichtet war, kommt es nach Lage der Sache nicht an. Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 2 des Reichshaftungsgesetzes ist ausgeschlossen; der Zustand der Machtlosigkeit gegenüber der andringenden Menge kann dem der Bewußtlosigkeit oder Geistesgestörtheit des pflichtwidrig handelnden Beamten nicht gleichgestellt werden. Dagegen kann dem Vorderrichter darin nicht beigepflichtet werden, wenn er die Behauptung der Beteiligung der Wachtmannschast an der Plünderung deshalb für unerheblich erklärt, weil diese Handlung der Soldaten, in keinem inneren Zusammenhänge zu ihrem Dienste stehe. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts gehörte es zu den dienst­ lichen Aufgaben der Wachtmannschast, Beschädigungen und Verletzungen durch die Gefangenen zu verhindern. Beteiligte sie sich nun selbst an der Plünderung und Zerstörung, so beging sie gerade diejenigen straf­ baren Handlungen, die zu verhindern und zu verhüten ihr dienstlich oblag. Der von dem Berufungsrichter vermißte innere Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und ihrer Dienstpflicht liegt demnach vor, und die Haftung des Reichs auf Grund des § 1 Abs. 3 des Reichs­ haftungsgesetzes vom 22. Mai 1910 ist gegeben. Der erkennende Senat hat dies bereits für einen ähnlichen Fall in einem Urteile vom

1. März 1921, Dl 381/20 (Gruchot Bd. 65 S. 488) ausgesprochen?

93. Ist eine Vertragsabrede, wonach der Verkäufer eine Verbind­ lichkeit in bezug auf Preise, Lieferung und Lieferzeit nicht über­ nehmen und eine Streichung des Anftrags wegen Preisaufschlags nicht stattfinden soll, rechtlich z« beanstanden? III. Zivilsenat.

Urt. v. 9. Mai 1922 t. S. H. & Co. (Bekl.) w. G. (Kl.). III531/21.

I. Landgericht Tübingen. — II. Oberlandesgericht Stuttgart. 1 Vgl. auch RGZ. Bd. 104 S. 290.

306

.93.

Freibleiben in Preis, Liesernng und Lieferzeit.

zum Vorwurf gemacht werden kann, daß sie nicht gegenüber der Menschenmenge und den Gefangenen von ihren Waffm Gebrauch ge­ macht habe. Aber auch die übrigen Angriffe der Revision sind nicht begründet. Eine Bewachungspflicht des Klägers bejaht auch der Be­ rufungsrichter, wenn nicht auf Grund des Vertrags, was er dahin­ gestellt sein läßt, so doch auf Grund seiner Pflicht gegenüber der All­ gemeinheit, durch hinreichende Beaufsichtigung der außerhalb der Straf­ anstalt beschäftigten Gefangenen Beschädigungen und Verletzungen durch diese zu verhüten. Darauf, ob, wie die Revision meint, der Kläger auch vertraglich zum Schutze des Eigentums der Beklagten verpflichtet war, kommt es nach Lage der Sache nicht an. Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 2 des Reichshaftungsgesetzes ist ausgeschlossen; der Zustand der Machtlosigkeit gegenüber der andringenden Menge kann dem der Bewußtlosigkeit oder Geistesgestörtheit des pflichtwidrig handelnden Beamten nicht gleichgestellt werden. Dagegen kann dem Vorderrichter darin nicht beigepflichtet werden, wenn er die Behauptung der Beteiligung der Wachtmannschast an der Plünderung deshalb für unerheblich erklärt, weil diese Handlung der Soldaten, in keinem inneren Zusammenhänge zu ihrem Dienste stehe. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts gehörte es zu den dienst­ lichen Aufgaben der Wachtmannschast, Beschädigungen und Verletzungen durch die Gefangenen zu verhindern. Beteiligte sie sich nun selbst an der Plünderung und Zerstörung, so beging sie gerade diejenigen straf­ baren Handlungen, die zu verhindern und zu verhüten ihr dienstlich oblag. Der von dem Berufungsrichter vermißte innere Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und ihrer Dienstpflicht liegt demnach vor, und die Haftung des Reichs auf Grund des § 1 Abs. 3 des Reichs­ haftungsgesetzes vom 22. Mai 1910 ist gegeben. Der erkennende Senat hat dies bereits für einen ähnlichen Fall in einem Urteile vom

1. März 1921, Dl 381/20 (Gruchot Bd. 65 S. 488) ausgesprochen?

93. Ist eine Vertragsabrede, wonach der Verkäufer eine Verbind­ lichkeit in bezug auf Preise, Lieferung und Lieferzeit nicht über­ nehmen und eine Streichung des Anftrags wegen Preisaufschlags nicht stattfinden soll, rechtlich z« beanstanden? III. Zivilsenat.

Urt. v. 9. Mai 1922 t. S. H. & Co. (Bekl.) w. G. (Kl.). III531/21.

I. Landgericht Tübingen. — II. Oberlandesgericht Stuttgart. 1 Vgl. auch RGZ. Bd. 104 S. 290.

93.

Areibleiben jn

Lieferung und Lieferzeit.

307

Die beklagte Firma hatte im Juni und Oktober 1919 bei der Klägerin, einer Uhrengroßhandlung, vier Hausuhren bestellt, verweigerte aber später deren Abnahme zu den in der Rechnung vom 21. Mai 1920 bezeichneten erhöhten Preisen. Die Klägerin verlangte mit der Klage die Bezahlung dieses Preises, indem sie sich auf ihre allgemeinen Berkaufsbedingungen berief. Das Landgericht Lies die Klage ab, daS BemfungSgericht gab ihr statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen. Gründe: Das Berufungsgericht geht einwandfrei davon aus, daß die all­ gemeinen Berkaufsbedingungen der Klägerin für das Vertragsverhältnis maßgebend waren. Nach diesen Bedingungen galt als vereinbart, daß die Klägerin eine Verbindlichkeit inbezug auf Preise, Lieferung und Lieferzeit nichts übernehmen, und daß eine'Streichung des Auftrags wegen Preis­ aufschlags nicht stattfinden sollte. Die Freiheit der Klägerin bezog sich also nicht nur auf Preis und Lieferzeit, sondern auf die Lieferung überhaupt, und es stand dieser weitgehenden Freiheit der Klägerin die feste Bindung der Beklagten an erhöhte Preise selbst in dem Falle gegenüber, wenn sich die Lieferung über die zunächst in Aussicht genommene Zeit hinaus verzögerte. Wäre es danach völlig der Willkür der Klägerin überlassen geblieben, ob, wann und zu welchen Preisen fie liefern wollte, so würde in Frage kommens ob der Vertrag nicht, wie die Revision geltend macht, als gegen die guten Sitten verstoßend nach § 138 BGB. für nichtig zu erachten sei und ob nicht bei dem Fehlen jeder Verpflichtung der Klägerin das Zustandekommen eines wirksamen Vertrags von vorn­ herein zu verneinen sein würde. Es bedarf jedoch nicht eines Ein­ gehens auf diese Fragen und infolgedessen auch nicht einer Stellung­ nahme zu der int Urteile des I. Zivilsenats RGZ. Bd. 104 S. 98 ganz allgemein vertretenen Auffassung, daß bei gegenseitigen Verträgen die Vertragserfüllung von der reinen Willkür einer Partei abhängig gemacht werden könne. Denn von einer solchen Willkür der Klägerin kann nach der Auslegung, die das Berufungsgericht dem Vertrage gibt, hier keine Rede sein. Das Berufungsgericht versteht den Vertrag da­ hin, daß die Preise nur nach billigem Ermessen und nur unter Be­ rücksichtigung der Verhältnisse erhöht werden dursten, und daß die Klägerin auch die Lieferung nichts willkürlich verweigern oder hinaus­ ziehen durfte, vielmehr. liefern mußte, sobald es bei Billiger, Berück­ sichtigung der Verhältnisse möglich war. Diese Auslegung wird durch den Wortlaut des Vertrags nicht ausgeschlossen, gibt auch sonst keinen Anlaß zu rechtlichen Bedenken und steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung, die in dem allgemeinen Vorbehalt des Freibleibens die Vereinbarung freien Rücktritts sJW. 1921 S. 625 Nr. 4, 1922 S. 33 Nr. 3), und in der Vertragsbestimmung „Preise freibleibend" die 20*

308

94.

Miete der eigenen Sache.

Mieteinignngsamt.

Vereinbarung einer den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen ent­ sprechenden angemessenen Preiserhöhung bei fester Verpflichtung des Käufers, auch zu den erhöhten Preisen abzunehmen sRGZ. Bd. 103 S. 414), findet. Nach der vom Berufungsgericht gegebenen Auslegung handelt es sich um nichts anderes als um eine vertragliche Berück­ sichtigung wirtschaftlicher Veränderungen zugunsten des Verkäufers, die durch die Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung hervorgerufen ist und durch sie auch gerechtfertigt wird. Die vom Landgericht hervor­ gehobene Gefahr, daß der Käufer selbst dann erfüllen müßte, wenn diese Erfüllung seinen geschäftlichen Ruin zur Folge haben würde, ist nicht begründet; denn einer unvorhergesehenen außerordentlichen Preis­ steigerung gegenüber, die einen solchen Ruin mit sich bringen würde, müßte auch ein Vertrag der vorliegenden Art zurücktreten. Der von der Revision betonte Gesichtspunkt, daß es sich mittelbar um eine Knebelung durch den Wirtschaftsverband der Deutschen Uhrenfabriken, um einen Mißbrauch des tatsächlichen Monopols dieses Verbands handle, könnte die Anwendung des § 138 BGB. nur dann rechtfertigen, wenn wirklich eine mißbräuchliche, d. h. den Verhältnissen nicht entsprechende Preisgestaltung dieses Verbands in Frage käme. Das behauptet aber die Revision selbst nicht. Daß der schließlich von der Klägerin ge­ forderte Preiszuschlag angemessen war, stellt das Berufungsgericht auf Grund der Aussage des Sachverständigen ausdrücklich fest. Auch sonst ist ein Rechtsirrtum des Bemfungsgerichts nicht hervorgetreten. Die Revision ist daher unbegründet.

1. Uber die Zulässigkeit der Miete der eigenen Sache. 2. Bedarf eine Verpflichtung des Mieters gegenüber dem Vermieter, an einem bestimmten Tage zn räumen, der Zustimmung des Mieteinigungsamts nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Mieterschutz­ verordnung? 3. Wird die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Mieterschutzverordnung erforderliche Zustimmung des Mieteinignngsamts zum Ablauf eines Mietverhältnisses durch die Einverständniserklärung des Mieters ersetzt? 94.

III. Zivilsenat.

Urt. v. 9. Mai 1922 i. S. W. (Kl.) w. Q. (Bekl.). III 533/21.

I. Landgericht Augsburg. — II. Oberlandesgericht daselbst. Durch notariellen Vertrag vom 31. Mai 1920 verkauften der Beklagte und seine Frau ihr Haus in Augsburg an die Eheleute M. Diese fochten den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an, nahmen

308

94.

Miete der eigenen Sache.

Mieteinignngsamt.

Vereinbarung einer den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen ent­ sprechenden angemessenen Preiserhöhung bei fester Verpflichtung des Käufers, auch zu den erhöhten Preisen abzunehmen sRGZ. Bd. 103 S. 414), findet. Nach der vom Berufungsgericht gegebenen Auslegung handelt es sich um nichts anderes als um eine vertragliche Berück­ sichtigung wirtschaftlicher Veränderungen zugunsten des Verkäufers, die durch die Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung hervorgerufen ist und durch sie auch gerechtfertigt wird. Die vom Landgericht hervor­ gehobene Gefahr, daß der Käufer selbst dann erfüllen müßte, wenn diese Erfüllung seinen geschäftlichen Ruin zur Folge haben würde, ist nicht begründet; denn einer unvorhergesehenen außerordentlichen Preis­ steigerung gegenüber, die einen solchen Ruin mit sich bringen würde, müßte auch ein Vertrag der vorliegenden Art zurücktreten. Der von der Revision betonte Gesichtspunkt, daß es sich mittelbar um eine Knebelung durch den Wirtschaftsverband der Deutschen Uhrenfabriken, um einen Mißbrauch des tatsächlichen Monopols dieses Verbands handle, könnte die Anwendung des § 138 BGB. nur dann rechtfertigen, wenn wirklich eine mißbräuchliche, d. h. den Verhältnissen nicht entsprechende Preisgestaltung dieses Verbands in Frage käme. Das behauptet aber die Revision selbst nicht. Daß der schließlich von der Klägerin ge­ forderte Preiszuschlag angemessen war, stellt das Berufungsgericht auf Grund der Aussage des Sachverständigen ausdrücklich fest. Auch sonst ist ein Rechtsirrtum des Bemfungsgerichts nicht hervorgetreten. Die Revision ist daher unbegründet.

1. Uber die Zulässigkeit der Miete der eigenen Sache. 2. Bedarf eine Verpflichtung des Mieters gegenüber dem Vermieter, an einem bestimmten Tage zn räumen, der Zustimmung des Mieteinigungsamts nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Mieterschutz­ verordnung? 3. Wird die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Mieterschutzverordnung erforderliche Zustimmung des Mieteinignngsamts zum Ablauf eines Mietverhältnisses durch die Einverständniserklärung des Mieters ersetzt? 94.

III. Zivilsenat.

Urt. v. 9. Mai 1922 i. S. W. (Kl.) w. Q. (Bekl.). III 533/21.

I. Landgericht Augsburg. — II. Oberlandesgericht daselbst. Durch notariellen Vertrag vom 31. Mai 1920 verkauften der Beklagte und seine Frau ihr Haus in Augsburg an die Eheleute M. Diese fochten den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an, nahmen

aber die deshalb Ende Juli erhobene Klage im ersten Verhandlungs­ termine vom 6. August 1920 zurück. Am 4. August 1920, vor der Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch«, verkauften sie unter Zuziehung des Beklagten das Haus an den Kläger. Sie übernahmen in dem notariellen Kaufvertrag die Haftung dafür, daß der Beklagte die von ihm als Mieter benutzte Wohnung in dem Hause zum 1. Ostober 1920 räume, und verpflichteten sich andernfalls zur Zahlung einer Entschädigung von 5000 Jt an den Kläger. In der­ selben Urkunde verpflichtet« sich der Beklagte, die Wohnung bis zum 1. Oktober 1920 zu räumen und bei Nichträumung die obenbezeichnete Entschädigung für die Verkäufer an den Käufer zu zahlen. Da der Beklagte die Wohnung nicht räumte, erhob der Kläger Mitte Oktober Räuinungsklage, die am 23. Oktober 1920 durch einen Vergleich er­ ledigt wurde, in dem der Beklagte sich verpflichtete, am 15. No­ vember 1920 zu räumeti. Er zog jedoch erst am 10. Januar 1921 aus.. Das Mieteinigungsamt ist nach der Feststellung des Berufungs­ gerichts in dieser Sache nicht angerufen worden. Mit der vorliegenden, Ende November 1920 «rhobenm Klage be­ ansprucht der Kläger von den Eheleuten M. und dem Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von 5000 Jt als der vereinbarten Ver­ tragsstrafe und auch als Schadensersatz, da ihm durch die Nichträumung sehr hohe Unkosten entstanden seien. Das Landgericht hat über die Klage gegen die Eheleute M. noch nicht entschieden, dagegen verurteilte es den Beklagten durch Teilurteil zur Zahlung der 5000 JI. Auf die Berufung des letzteren wurde die Klage gegen ihn äbgewiesen. Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat das Vertragsstrafversprechen auf Grund des § 344 BGB. für unwirksam und den Schadensersatzanspruch für unbegründet erklärt, weil die Vereinbarung, daß der Beklagte zum 1. Oktober 1920 die Wohnung räumen solle, eine von diesem als Mieter angenommene Kündigung des Klägers als des Vermieters dar­ stelle, die, weil sie der Zustimmung des Mieteinigungsamts MEA.) entbehre, gegen die (in Augsburg laut der bayer. MinistBekanntm. vom 13. August 1920 geltende) Bestimmung des § 6 Nr. 1* der Mieterschutzverordnung vom 23. September 1918/11. Mai 1920 (MSchVO.) verstoße und deshalb nach § 134 BGB. nichtig sei. Hiergegen erhebt die Revision zunächst den Einwand, daß ein Mictverhältnis zwischen den Streitteilen überhaupt nicht bestanden habe. Dieser Angriff ist nicht begründet. Daß der Beklagte zur Zeit der Vereinbarung noch Eigentümer des Hauses war, steht der Annahme, daß er nur noch als Mieter in ihm wohnte, nicht entgegen. Er hatte schon am 31. Mai 1920 das Grundstück an die Eheleute M. verkauft

und übergeben und dahei vereinbart, daß die Nutzungen vom 1. Juni ab auf die Käufer übergehen sollten. Als bloßer, nicht mehr nutzungs­ berechtigter Eigentümer-konnte er aber sehr wohl als Mieter die Woh­ nung innehaben. Da er nun in dem Kaufvertrag vom 4. August 1920 ausdrücklich als Mieter bezeichnet war, konnte der Berufungsrichter ohne Rechtsverstoß ein Mietverhältnis zwischen den Eheleuten M. und dem Beklagten als gegeben ansehen, in das der Kläger als neuer Benuieter eintrat. Aber auch wenn man das Bestehen eines Miet­ verhältnisses zwischen jenen verneinen wollte, würde doch mit dem Berufungsgericht ein Mietverhältnis zwischen dem Kläger und dem Be­ klagten angenommen werden können. In der Abrede, daß der letztere, der ausdrücklich als Mieter aufgeführt wurde, die Wohnung am 1. Ok­ tober 1920 räumen solle, kann ohne Rechtsirrtum die Vereinbanmg gefunden werden, daß , er bis zu diesem Tage von dem Kaufabschluß und der gleichzeitigen Übergabe des Hauses ab als Mieter die Wohnung behalten solle. Richtig ist allerdings, daß, wie die Revision hervor­ hebt, über die Vereinbamng eines Mietzinses nichts festgestellt und auch nichts behauptet ist; daß der Beklagte unentgeltlich wohnen bleiben sollte, ist aber auch nicht behauptet worden und nicht anzunehmen, zumal der Kläger selbst im ersten Rechtszuge den Beklagten als Mieter bezeichnet und die Einholung der-Zustimmung des MEA. behauptet hatte. Auf die Art und die Höhe des Entgelts kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits aber nicht an, so daß dem Berufungs­ gerichte dessen Nichtfeststellung nicht zum Borwurfe gemacht werden kann. Dagegen ist der Revision darin beizupflichten, daß in der obigen Vereinbarung keine Kündigung des Vermieters im Sinne des § 6 Nr. 1 MSchVO. zu finden ist, und zwar gilt dies nicht nur dann, wenn sich der Beklagte auS sich heraus zu der Räumung der Wohnung zum 1. Oktober 1920 erboten, sondern auch für den Fall, daß er sich auf Drängm des Klägers hierzu verpflichtet haben sollte, so daß es keines Eingehens auf den gegen die letztere Feststellung des Berufungs­ gerichts gerichteten Revisionsangriff bedarf. Die Kündigung ist be­ grifflich ein einseitiges Rechtsgeschäft. Verpflichtet sich der Mieter dem Vermieter gegenüber, die Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkte zu räumen, noch dazu, wie hier, unter einer Vertragsstrafe, s.o liegt ein den Mieter verpflichtender Vertrag vor, der, auch wenn er auf Drängen des Vermieters zustande gekommen sein sollte, weder nach dem all­ gemeinen Sprachgebrauche noch nach der Rechtsauffassung unter den Begriff einer Kündigung des Vermieters gebracht und deshalb auch nicht als eine solche im Sinne des § 6 Nr. 1 erachtet werden kann, Eine derartige Vereinbarung macht vielmehr, wenn sie vor der Be­ endigung des Mietverhältnisses getroffen wird, dieses zu einem ohne Mndigung ablaufenden, das nach ß 2 Nr. 1 b MSchVO. auf Anrufen

des Mieters auf ein Jahr verlängert werden kann und nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 daselbst, sofern die Landeszentralbehörde von der hier gegebenen Befugnis Gebrauch gemacht hat (so Bayern in § 1 Abs. 2 der erwähnten Bekanntm. vom 13. August 1920), als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt, wmn der Vermieter nicht vorher die Zustimmung des MEA. zu dem Ablauf erwirkt hat. Außerdem schützen den Mieter solchenfalls etwaige auf Grund des § 5 a MSchVO. getroffene weitere Anordnungen und Maßnahmen, z. B. die in dem angefochtenen Urteil erwähnte Bestimmung des §2 der bayer. Bekanntm. v. 13.August 1920, daß gerichtliche Urteile und Vergleiche, die auf Räumung von Wohnräumen lauten, nur mit Zustimmung des MEA. vollstreckt werden können. Die Vereinbarung selbst bedarf aber zu ihrer Wirksamkeit nicht der Zustimmung des MEA., und folglich ist auch das Versprechen einer Vertragsstrafe für den Fall der Nichterfüllung der Räumungs­ pflicht nicht nach § 344 BGB. unwirksam. Es kann sich demnach nur fragen, ob der Anspruch des Klägers deshalb unbegründet ist, weil die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 MSchVO. in Verbindung mit § 1 Abs. 2 der bayer. Bekanntm. v. 13. August 1920 erforderliche Zustimmung des MEA. zum Ablaufe des Mietverhältniffes nicht eingeholt ist, der Beklagte deshalb das Räumungsversprechen nicht zu erfüllen brauchte und daher auch nicht zur Zahlung der Ver­ tragsstrafe ober zum Ersätze des durch die verspätete Räumung ent­ standenen Schadens verpflichtet ist. Auch diese Frage ist zu verneinen, weil der Beklagte sich nach dem Ablauf des Mietverhältniffes auf die Räumungsklage hin am 23. Oktober 1920 verpflichtet hat, am 15. No­ vember 1920 zu räumen und später auch ohne Zustimmung des MEA. geräumt hat. Durch die Zustimmung des Mieters zu dem Ablaufe des Mietverhältniffes, die bei oder nach dessen Ablauf erklärt wird, wird die int § 6 Abs. 1 Nr. 2 geforderte Zustimmung des MEA. ersetzt. Die in der Rechtslehre vereinzelt vertretene, von dem Berufungs­ richter gebilligte, abweichende Meinung kann nicht für zutreffend er­ achtet werden. Sie wird damit begründet, daß die wahre Grundlage der MSchVO. das Gemeinwohl sei, daß das gemeine Beste, das von der Wohnungslosigkeit schon Einzelner stark betroffen werden könne, höher stehe, als der übereinstimmende Wille der Parteien, und daß schon eine einzelne Kündigung, weil sie in der Regel die Bewegung einer ganzen Kette von Mietverhältnisien herbeiführe, zu einem öffent­ lichen Übel werden könnte. Wäre dies wirklich der Standpunkt der

MSchVO., dann würde auch die Kündigung des Mieters an die Zu­ stimmung des MEA. gebunden sein. Das ist aber nicht geschehen; die MSchVO. macht nur die Wirksamkeit von Kündigungen des Vermieters, nicht von Kündigungen des Mieters oder von Aufhebungsvereinbamngen Don der Zustimmung des MEA. abhängig und gibt dadurch zu er-

312

SS.

Warenzeichenrecht.

Fortsetzung des Geschäftsbetriebs.

kennen, daß sie die Rücksichten auf das Gemeinwohl nicht über den Willen des Mieters stellt. Ebensogut aber, wie der Mieter durch seine Kündigung die Auflösung des Mietverhältnisses ohne Zustimmung des MEA. herbeiführen kann, muß er auch befugt sein, sich mit dem Ab­ lauf eines ohne Kündigung endigenden Mietverhältnisses, wenn auch nicht lange vorher, so doch bei oder nach dessen Ablauf wirksam ein­ verstanden zu erklären. Das widerspricht auch nicht etwa der Be­ stimmung des § 9 MSchVO: „Die Anwendung dieser Verordnung kann durch Vereinbarung der Parteien nicht ausgeschloffen oder be­ schränkt werden"; diese verbietet nur eine Vereinbarung, dllrch die im voraus eine Kündigung des Vermieters ohne Zustimmung des MEA. für wirksam oder dessen Zustimmung zu dem Ablauf eines ohne Kündigung endigenden Mietoerhältnisses für nicht erforderlich erklärt wird und dergleichen. Dem Ansprüche des Klägers steht endlich auch die oben erwähnte Bestimmung des § 2 der bayer. Bek. vom 13. August 1920, die zu der Vollstreckung eines auf Räumung lautenden gerichtlichen Urteils oder Vergleichs die Zustimmung des MEA. fordert, nicht entgegen. Durch eine solche Vorschrift wird die rechtliche Verbindlichkeit zur Räumung und zur Zahlung einer Vertragsstrafe oder zum Schadens­ ersätze wegen Nichterfüllung der Räumungspflicht nicht berührt.

95. Wann ist die Klage auf teilweise Löschung des Warenzeichens aus § 9 Nr. 2 WZG. gegeben, falls die eine oder die andere der angemeldeten Waren überhaupt nicht oder nicht mehr hergestellt oder vertrieben wird? IL Zivilsenat.

Urt. v. 9. Mai 1922 i. S. W. M. (Bekl.) Sinalco Akt.-Ges. (Kl.). II 626/21.

w.

I. Landgericht Hannover. — II. Oberlandesgericht Celle.

Der Klägerin, welche alkoholfreie Getränke erzeugt und vertreibt, sind für die unter Nr. 2, 16 und 26 der Warenklasse 42 des amt­ lichen Warenverzeichnisses aufgeführten Waren in der Zeit von 1906 bis 1914 die Wortzeichen „Sinalco", „Wenalco", „Sanelco" und „Senzalco" als Warenzeichen eingetragen worden. Sie hat diese Zeichen teils im Gebrauch, teils hat sie diese nur" als sogen. Defensiv­ zeichen eintragen lassen. Für den Beklagten ist im Jahre 1919 das Wortzeichen „Menzelca" für alle Waren der Klaffe 42 eingetragen worden. Als Geschäftsbetrieb ist „Versandgeschäft" angegeben. Die Klägerin fordert mit der Klage die Löschung dieses Zeichens für die unter Nr. 2, 16 und 26 der Warcnklasse 42 des amtlichen

312

SS.

Warenzeichenrecht.

Fortsetzung des Geschäftsbetriebs.

kennen, daß sie die Rücksichten auf das Gemeinwohl nicht über den Willen des Mieters stellt. Ebensogut aber, wie der Mieter durch seine Kündigung die Auflösung des Mietverhältnisses ohne Zustimmung des MEA. herbeiführen kann, muß er auch befugt sein, sich mit dem Ab­ lauf eines ohne Kündigung endigenden Mietverhältnisses, wenn auch nicht lange vorher, so doch bei oder nach dessen Ablauf wirksam ein­ verstanden zu erklären. Das widerspricht auch nicht etwa der Be­ stimmung des § 9 MSchVO: „Die Anwendung dieser Verordnung kann durch Vereinbarung der Parteien nicht ausgeschloffen oder be­ schränkt werden"; diese verbietet nur eine Vereinbarung, dllrch die im voraus eine Kündigung des Vermieters ohne Zustimmung des MEA. für wirksam oder dessen Zustimmung zu dem Ablauf eines ohne Kündigung endigenden Mietoerhältnisses für nicht erforderlich erklärt wird und dergleichen. Dem Ansprüche des Klägers steht endlich auch die oben erwähnte Bestimmung des § 2 der bayer. Bek. vom 13. August 1920, die zu der Vollstreckung eines auf Räumung lautenden gerichtlichen Urteils oder Vergleichs die Zustimmung des MEA. fordert, nicht entgegen. Durch eine solche Vorschrift wird die rechtliche Verbindlichkeit zur Räumung und zur Zahlung einer Vertragsstrafe oder zum Schadens­ ersätze wegen Nichterfüllung der Räumungspflicht nicht berührt.

95. Wann ist die Klage auf teilweise Löschung des Warenzeichens aus § 9 Nr. 2 WZG. gegeben, falls die eine oder die andere der angemeldeten Waren überhaupt nicht oder nicht mehr hergestellt oder vertrieben wird? IL Zivilsenat.

Urt. v. 9. Mai 1922 i. S. W. M. (Bekl.) Sinalco Akt.-Ges. (Kl.). II 626/21.

w.

I. Landgericht Hannover. — II. Oberlandesgericht Celle.

Der Klägerin, welche alkoholfreie Getränke erzeugt und vertreibt, sind für die unter Nr. 2, 16 und 26 der Warenklasse 42 des amt­ lichen Warenverzeichnisses aufgeführten Waren in der Zeit von 1906 bis 1914 die Wortzeichen „Sinalco", „Wenalco", „Sanelco" und „Senzalco" als Warenzeichen eingetragen worden. Sie hat diese Zeichen teils im Gebrauch, teils hat sie diese nur" als sogen. Defensiv­ zeichen eintragen lassen. Für den Beklagten ist im Jahre 1919 das Wortzeichen „Menzelca" für alle Waren der Klaffe 42 eingetragen worden. Als Geschäftsbetrieb ist „Versandgeschäft" angegeben. Die Klägerin fordert mit der Klage die Löschung dieses Zeichens für die unter Nr. 2, 16 und 26 der Warcnklasse 42 des amtlichen

Warenverzeichnisses aufgeführten Waren aus doppeltem Grunde. Sie macht einmal geltend, daß der Beklagte überhaupt keinen Geschäfts­ betrieb habe, für den er ein Warenzeichen zur Unterscheidung seiner Waren eintragen lassen dürfe. Er habe ein Versandgeschäft, in welchem Waren der Warenklasse 42 vertrieben würden, niemals begonnen; für das von ihm unter der Firma W. M. & Co. betriebene Ingenieurbureau sri ihm das Zeichen nicht geschützt; außerdem komme für ein solches Unternehmen der Vertrieb der unter Nr. 2, 16 und 26 der Warenklasse 42 aufgeführten Waren nicht in Frage. Weiter stützt' die Klägerin ihren Löschungsanspruch auf die Gefahr der Verwechselung der beiderseitigen Wortzeichen. Ihrer Behauptung nach ist das Wort­ zeichen „Menzelco" eine beabsichtigte Nachahmung ihrer Zeichen. Das Landgericht hat unter Verneinung der Verwechselungsfähig­ keit die Klage abgewiesen, ohne auf den anderen Klagegrund einzu­ gehen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten nach dem Klagantrag verurteilt. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ohne Bestreiten des Beklagten ass Gegenstand des von diesem unter der Firma W. M. betriebenen technischen Geschäfts die Herstellung und den Vertrieb elektrotechnischer Artikel bezeichnet und gegen eine Eintragung des Warenzeichens, falls es auf diese Art von Waren beschränkt wäre, keine Einwendungen erhoben. Der Beklagte hat neu eingewandt, daß die Klägerin lediglich alkoholfreie Getränke herstelle und daher gemäß §1 WZG. nur Anspruch auf den Schutz ihrer Zeichen für diese Waren, nicht aber für die .andern der unter Nr. 2, 16 und 26 aufgeführten habe. Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: Beide Klagegründe sind gegeben. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht den in der Berufungsinstanz in erster Linie geltend gemachten, auf § 9 Nr. 2 WZG. gestützten Löschungsgrund zurückweist, ist rechtsirrtümlich. Der Beklagte betreibt nach seiner unstreitigen Be­ hauptung unter seinem Namen W. M. sowie unter der Firma W. M. LCo., als deren alleiniger Inhaber seine Geschäfte, und zwar unter der erst­ genannten Firma ein Patent- und technisches Bureau. Unter der letzt­ genannten Firma aber unterhält er nach dem in tatsächlicher Be­ ziehung nicht bemängelten Aufdruck auf seinen Briefbogen „Inter­ nationale Jngenieurbureaus für Industrie und gewerblichen Rechts­ schutz". Außerdem ist er noch Geschäftsführer der Menzelco Gesellschaft m. b. H., die sich seiner unbestrittenen Angabe nach mit der gewerb­ lichen Verwertung von Naturkräften sowie mit der Erwirkung und Verwertung gewerblicher Schutzrechte befaßt. Gegenstand seines als „technisches Bureau" bezeichneten Geschäfts ist nach der nicht bestrittenen Behauptung der Klägerin die Herstellung und der Vertrieb elektro-

technischer Artikel. Wenn auch der Beklagte ein Versandgeschäft, welches als Geschäftsbetrieb des Zeicheninhabers in der Zeichenrolle eingetragen ist, hiernach nicht führt, so leitet doch die Klägerin aus diesem Umstande keine Rechte für sich her, sondern vertritt den nach der dargelegten Sachlage zutreffenden Standpunkt, daß das streitige Zeichen lediglich auf den Ramin des Beklagten eingetragen ist. In der Beschränkung auf elektrische Artikel wäre das Zeichen dahtt be­ rechtigt gewesen, da insoweit mangels gleicher oder gleichartiger Warm auch eine Verwechselungsgefahr mit dem Zeichen der Klägerin nicht in Betracht kommt. Das ist auch der Standpunkt der Klägerin. Der Beklagte hat sich das Zeichen aber für sämtliche Waren der Klasse 42 des patentamtlichen Warenverzeichnisses eintragen lassen, obwohl sich in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sein Betrieb auf elektrische Artikel beschränkt. Die Eintragung für Waren anderer Art war daher unberechtigt. Insoweit ist jeder befugt, gemäß tz 9 Nr. 2 WZG. Teil­ löschung durch entsprechende Beschränkung des Warenverzeichnisses zu verlangen. Die Klage ist Popularklage, der Nachweis eines besonderen Interesses also nicht erforderlich. Weshalb hier eine Klage auf teil­ weise Löschung nicht gegeben sein sollte, wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Ansicht von Seligsohn 2. Aust. S. 130, Finger 2. Aufl. S. 195, Rhenius 2. Aust. S. 105 meint, ist nicht einzusehen. Diese Auffassung stützt sich auf die Worte des Gesetzes, das nur von einer Fortsetzung des „Geschäftsbetriebes" spricht. Daraus wird gefolgert, daß der Löschungsgrund nicht vorhanden ist, wenn der Geschäftsbetrieb zwar fortdauert, aber die eine oder andere der Waren, die bei der Anmeldung angegeben waren, nicht mehr zum Gegenstände hat. Danach wird eine Klage auf teilweise Löschung als unzulässig von jmen Stellen versagt. Anderer Ansicht Kent S. 206 Nr. 291 und anscheinend auch Freund-Magnus S. 124 Abs. 2. Die Ent­ scheidung der Patentamts vom 2. Dezember 1900 (831. f. PatM. u. Zeichw. 01 S. 44), auf die sich die Vertreter jener Auffassung stützen zu können glauben, läßt eine so weitgehende Auffassung vom Inhalt der ftaglichen Gesetzesvorschrift nicht erkennen. Die Entscheidung betrifft einen Fall, wo bei einem einheitlichen, auf eine oder mehrere bestimmte Warenklasien sich beziehenden Geschäftsbetriebe gewiffe an sich darunter fallende Waren noch nicht oder nicht mehr geführt werden. Nachdem das Patentamt ausgeführt hat, daß für die Frage der Einheitlichkeit des Geschäftsbetriebs die in ihm hergestellten und vertriebenen Waren — nach der gleichen Art ihrer Herstellung, der gemeinsamen Ver­ wendung gewisser Rohstoffe oder nach ihrem Absatz an im wesentlichen die gleichen Abnehmerkreise — maßgebend seien, erklärt es mit Recht, daß ein solcher einheitlicher Geschäftsbetrieb in seiner Totalität un­ beeinflußt bleibe, wenn der Zeicheninhaber, sei es infolge Konjunktur-

SS. Warenzeichenrecht. Fortsetzung des Geschäftsbetriebs.

315

Wechsels oder aus anderen Gründen, die Fabrikation oder den Vertrieb der einen oder anderen Ware einstellt oder sich für später vorbehält. Lediglich für einen so gelagerten Fall lehnt das Patentamt mit Recht die teilweise Löschung als unzulässig ab. Um einen solchen Fall aber handelt es sich bei dem Geschäftsbetrieb des Beklagten, der nach der Anmeldung alle Warenklassen, also sämtliche überhaupt schutzfähige Waren zunr Gegenstände hat, sich in Wahrheit aber auf die Herstellung elektrischer Artikel beschränkt, selbstverständlich nicht. Endlich steht auch nichts im Wege, daß die Klägerin den Löschungsantrag auf die­ jenigen Warengattungen beschränkt, für die sie ein Interesse hat. Der mit der Klage geltend gemachte Löschungsanspruch ist daher schon aus 8 9 Nr. 2 WZG. begründet. Aber auch der zweite Klagegrund der Verwechselungsgefahr ist in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfange, d. i. bezüglich des Defensivzeichens der Klägerin „Senzalco" mit dem Zeichen der Be­ klagten „Menzelco" gemäß § 20 WZG. gegeben. Dabei ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß ein eingetragenes Defensivzeichen den vollen Schutz des § 20 WZG. genießt und es daher — entgegen der Ansicht der Revision — nicht darauf ankommt,, ob die Klägerin dieses Zeichen „bisher tatsächlich nicht be­ nutzt hat und offenbar auch nicht benutzen will, also bezüglich des Wortes wohl noch niemals eine Verwechselung vorgekommen ist und auch niemals vorkommen wird". Das deutsche WZG. kennt bekanntlich keine Pflicht zur Benutzung des Zeichens (z. B. RGSt. Bd. 23 S. 365, RGZ. Bd. 97 S. 96 und S. 302). Auch die Begründung der Verwechselungsgefahr läßt einen Rechts­ irrtum nicht erkennen. Das Berufungsgericht nimmt mit Recht an, daß Wortzeichen nach ihrer- Bildwirkung, Klangwirkung und ihrem Sinn geschützt sind. Daher besteht eine Berwechselungsgefahr ähnlicher Wortzeichen nur dann nicht, wenn sie nach keiner dieser drei Richtungen gegeben ist, anderseits reicht zur Annahme der Berwechselungsgefahr deshalb die Übereinstimmung der Zeichen in einer der drei Beziehungen

aus. Das Berufungsgericht scheidet nach Lage der Sache eine Täuschung des Publikums hinsichtlich der Bildwirkung und des Wort­ sinns aus, nimmt aber eine solche hinsichtlich der Klangwirkung an. Die Begründung, die es hierfür gibt, liegt auf rein tatsächlichem Gebiet. Daß diese Feststellung „dem gesunden Menschenverstand und jeder Erfahrung widerstreite", wie die Revision meint, kann nicht anerkannt werden. Ob der Anklang an das geschützte Zeichen von dem Be­ klagten, wie er von Anfang an betont hat,' nicht beabsichtigt ist, kann als unerheblich für die Entscheidung über die Frage der Verwechselungs­ gefahr dahingestellt bleiben, da für diese nur die objektive Sachlage in Betracht kommt, subjektive Momente aber — jedenfalls unmittelbar —

316

96. Vorkaufsrecht.

Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Gutgläubiger Erwerb.

nicht von Bedeutung sind. Da weitere Rügen von der Revision nicht erhoben werden, die Ausführungen des Berufungsgerichts auch im übrtgtn einen Rechtsirrtum nicht erkennen lassen, so ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

96. Unrichtigkeit des Grundbuchs, wenn unter der Herrschaft des Preuß. Allg. Landrechts ein Vorkanfsrecht als subjektiv-dingliches ein­ getragen, uach dem zugrundeliegende« Vertrag aber uur als persön­ liches bestellt worden ist. Geht ans denjenigen, der unter der Herr­ schaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs das uach diesem Grundbuchinhalt berechtigte Grundstück gutgläubig erwirbt, das Vorkaufsrecht über? V. Zivilsenat,

litt. v. 10. Mai 1922 i. S. Stadtgemeinde H. M.) w. P. u. Gen. sBekl.). V 462/21.

I. Landgericht Glatz. — II. Oberlandesgericht Breslau.

Auf dem jetzt den Beklagten gehörenden Grundstücke H. Nr. 13 ist im Jahre 1862 folgende Eintragung in Abteilung II bewirkt worden : „Das Vorkaufsrecht für den Besitzer des Gartens Nr. 32 des Hypo­ thekenbuches von hier. Eingetragen auf Grund des notariellen. Ver­ trags vom 2. Juni 1862". Durch den dort genannten Vertrag hatte die damalige Eigentümerin des Grundstücks H. Nr. 13 einen Teil hiervon an P. verkauft, und unter Nr. 4 des Vertrags heißt es: „Dem Herrn Käufer wird hier­ mit seitens der Frau Verkäuferin das Vorkaufsrecht an der anderen Hälfte des Gartens eingeräumt, was dieser akzeptiert". Eigentümerin des.dem P. verkauften Grundstückteils, des jetzigen Grundstücks H. 32 ist zur Zeit die Klägerin. Diese behauptet, daß das auf dem Grundstücke der Beklagten eingetragene Vorkaufsrecht nunmehr ihr als der Eigentümerin des Grundstücks Nr. 32 zustehe, und hat, da ihr das beanspruchte Recht von den Beklagten streitig gemacht wird, auf Feststellung ihres Rechts Klage erhoben. Der erste Richter gab der Klage statt. Der Berufungsrichter dagegen wies die Klage ab. Der Revision der Klägerin wurde stattgegeben. Aus den Gründen: ... Während das Landgericht davon ausging, daß das Vorkaufs­ recht nach dem Willen der damaligen Vertragsparteien durch ihren Ver­ trag vom 2. Juni 1862 ckls ein subjektiv-dingliches Recht zugunsten des jedesmaligen Eigentümers des Grundstücks H. Nr. 32 habe be­ gründet werden sollen, nimmt das Berufungsgericht an, daß das Vor­ kaufsrecht lediglich für die Person des damaligen Grundstückserwerbers P. bestellt worden sei. Hierfür spreche unzweideutig der Wortlaut der

316

96. Vorkaufsrecht.

Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Gutgläubiger Erwerb.

nicht von Bedeutung sind. Da weitere Rügen von der Revision nicht erhoben werden, die Ausführungen des Berufungsgerichts auch im übrtgtn einen Rechtsirrtum nicht erkennen lassen, so ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

96. Unrichtigkeit des Grundbuchs, wenn unter der Herrschaft des Preuß. Allg. Landrechts ein Vorkanfsrecht als subjektiv-dingliches ein­ getragen, uach dem zugrundeliegende« Vertrag aber uur als persön­ liches bestellt worden ist. Geht ans denjenigen, der unter der Herr­ schaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs das uach diesem Grundbuchinhalt berechtigte Grundstück gutgläubig erwirbt, das Vorkaufsrecht über? V. Zivilsenat,

litt. v. 10. Mai 1922 i. S. Stadtgemeinde H. M.) w. P. u. Gen. sBekl.). V 462/21.

I. Landgericht Glatz. — II. Oberlandesgericht Breslau.

Auf dem jetzt den Beklagten gehörenden Grundstücke H. Nr. 13 ist im Jahre 1862 folgende Eintragung in Abteilung II bewirkt worden : „Das Vorkaufsrecht für den Besitzer des Gartens Nr. 32 des Hypo­ thekenbuches von hier. Eingetragen auf Grund des notariellen. Ver­ trags vom 2. Juni 1862". Durch den dort genannten Vertrag hatte die damalige Eigentümerin des Grundstücks H. Nr. 13 einen Teil hiervon an P. verkauft, und unter Nr. 4 des Vertrags heißt es: „Dem Herrn Käufer wird hier­ mit seitens der Frau Verkäuferin das Vorkaufsrecht an der anderen Hälfte des Gartens eingeräumt, was dieser akzeptiert". Eigentümerin des.dem P. verkauften Grundstückteils, des jetzigen Grundstücks H. 32 ist zur Zeit die Klägerin. Diese behauptet, daß das auf dem Grundstücke der Beklagten eingetragene Vorkaufsrecht nunmehr ihr als der Eigentümerin des Grundstücks Nr. 32 zustehe, und hat, da ihr das beanspruchte Recht von den Beklagten streitig gemacht wird, auf Feststellung ihres Rechts Klage erhoben. Der erste Richter gab der Klage statt. Der Berufungsrichter dagegen wies die Klage ab. Der Revision der Klägerin wurde stattgegeben. Aus den Gründen: ... Während das Landgericht davon ausging, daß das Vorkaufs­ recht nach dem Willen der damaligen Vertragsparteien durch ihren Ver­ trag vom 2. Juni 1862 ckls ein subjektiv-dingliches Recht zugunsten des jedesmaligen Eigentümers des Grundstücks H. Nr. 32 habe be­ gründet werden sollen, nimmt das Berufungsgericht an, daß das Vor­ kaufsrecht lediglich für die Person des damaligen Grundstückserwerbers P. bestellt worden sei. Hierfür spreche unzweideutig der Wortlaut der

96.

Vorkaufsrecht.

Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Gutgläubiger Erwerb.

317

Vertragsbestimmung, da in dieser nur „der Käufer" des Grundstücks schlechthin ohne jeden Zusatz als der Berechtigte bezeichnet worden sei. Gegen die Annahme, daß nur die Begründung eines subjektiv-persön­ lichen Rechts beabsichtigt gewesen sei, spreche anderseits weder der Umstand, daß die Vertragsparteien die Eintragung des Vorkaufsrechts herbeigeführt hätten, noch sei der Wortlaut der Eintragung von maß­ geblicher Bedeutung; die Eintragung habe nach der Absicht der Vertragsparteien das persönliche Recht zu einem objektiv-dinglichen gemäß § 570 ALR. I 20 machen sollen, und die Fassung des Eintragungsvermerks, wonach allerdings „der Besitzer des Gartens Nr. 32" als der Berechtigte bezeichnet sei, bringe nur die persönliche Auslegung des damaligen Grundbuchrichters zum Ausdruck, ohne den Inhalt des ausschließlich auf Grund der Vertragsbestimmungen selbst begründeten und eingetragenen Rechts ändern zu können. Ein Fall endlich des Rechtserwerbs durch einen gutgläubigen Dritten komme hier schon mit Rücksicht darauf nicht in Frage, daß gemäß § 594 ALR. I 20 das Vorkaufsrecht kein abtretbares Recht ge­ wesen sei. Die Revision macht demgegenüber geltend, daß gerade die Ein­ tragung die Erläuterung zum Vertragsinhalte gegeben habe, nicht aber umgekehrt, und daß sich die Klägerin bei Erwerb des Grundstücks H. Nr. 32 auf die Richtigkeit des gesamten Grundbuchs, d. h. nicht nur äuf den Inhalt des Blattes, auf dem das gekaufte Grundstück ein­ getragen gewesen sei, habe verlasien können; nötigenfalls sei aber durch Ausübung des Fragerechts zu ermitteln gewesen, unter welchem Grund­ buchrechte die Klägerin iHv Grundstück erworben habe. Der Revision konnte der Erfolg nicht versagt werden. Zunächst ist es allerdings zu billigen, wenn das Berufungsgericht zur Feststellung des wirklichen Rechtsinhalts, zur Beantwortung also der hier zu ent­ scheidenden Frage, ob das streitige Vorkaufsrecht ein auch subjektiv­ dingliches Recht im Sinne des § 125 ALR I 2 oder ein (subjektiv) nur persönliches, an die Person des ehemaligen Rechtserwerbers ge­ bundenes Recht darstellt, auf den Grund zurückgegangen ist, dem das Recht seine Entstehung verdankt; das war aber der Vertrag vom 2. Juni 1862 und der hieraus zu entnehmende Wille der Urheber des Rechts. Nicht beizustimmen ist dagegen ber, Meinung der Revision sowie des landgerichtlichen Urteils, daß der Inhalt der Eintragung das Maßgebliche sei. Maßgebend kann dieser vielmehr, wie das Berufungs­ gericht mit Recht erwogen hat, nur dann werden und zwar schlechthin, wenn der Inhalt der Eintragung auf einem Irrtum oder einem Ver­ sehen des Grundbuchrichters beruht, demgegenüber aber ausschlaggebend die Grundsätze bonr gutgläubigen Rechtserwerbe platzgreifen müssen. Die Fassung, die der Grundbuchrichter einer Eintragung gegeben hat,

318

96. Vorkaufsrecht.

Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Gutgläubiger Erwerb.

ist nicht imstande, den Inhalt und die Natur des eingetragenen Rechts auch materiell zu bestimmen. Haben die Beteiligten in dem Vertrage vom 2. Juni 1862, durch den die damalige Eigentümerin des Grund­ stücks H. Nr. 13 einen Teil ihres Grundstücks an P. verkaufte, verein­ bart, daß dem P. persönlich ein Vorkaufsrecht an dem Restgrundstück H. Nr. 13 zustehen solle, so ist lediglich für P. ein Vorkaufsrecht rechts­ wirksam begründet worden, auch wenn die von dem Grundbuchrichter auf Grund des Vertrags vorgenommene Eintragung auf dem Grund­ stück H. Nr. 13, wodurch das Vorkaufsrecht gemäß § 570 ALR I 20 die Eigenschaft eines objektiv-dinglichen Rechts erlangte, so zu deuten wäre, wie wenn das Vorkaufsrecht für das von P. gekaufte Teilgrundstück H. Nr. 32 bestände, d. i. die Befugnis zu seiner Ausübung mit dem Eigentum an diesem Grundstück verbunden wäre ohne Rücksicht darauf, wer jeweils Eigentümer des Gmndstücks sei (§ 125 ALR. I 2). Die vom Berufungsgericht dem Vertrage gegebene Auslegung aber dahin, daß nur für P. das Vorkaufsrecht vereinbart worden sei, ist von der Revision nicht angefochten und nach dem Wortlaut der Nr. 4 des.Vertrags, wonach dem „Herrn Käufer" das Vorkaufsrecht ein­ geräumt wird, nicht zu beanstanden. Nun gelten nach § 87 GBO., Art. 3 preuß. VO. über das Grundbuchwesen vom 23. November 1899 die bisher geführten Grundbücher mit dem Inkrafttreten des Bürger­ lichen Gesetzbuches als Grundbücher im Sinne der Reichsgesetze. Aus­ weislich der Grundakten hat die Klägerin das Grundstück H. Nr. 32 unter der Herrschaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs, im Jahre 1903, auf Grund einer Auflassung erworben. Es würde daher, wenn der Eintragung des Vorkaufsrechts auf dem Grundstück H. Nr. 13 die vor­ bezeichnete Deutung zu geben wäre, allerdings zugunsten des Stand­ punkts der Klägerin die Vorschrift des § 891 Abs. 1 BGB. platz­ greifen, wonach, wenn für jemand ein Recht eingetragen ist, vermutet wird, daß ihm das Recht zustehe. Diese Vermutung aber wäre wider­ legt durch die Feststellung des Berufungsrichters, daß das Vorkaufs­ recht in Wirklichkeit nur für P. persönlich bestellt worden ist. Sonach würde der Inhalt des Grundbuchs hinsichtlich des zum Vorkaufsrecht Berechtigten unrichtig sein. Es kommt daher in Frage, ob die Klägerin sich auf den Rechts­ schutz des Erwerbs in gutem Glauben an die Richtigkeit des Grund­ buchs berufen könnte. Der Berufungsrichter, meint, ein Fall des Er­ werbs eines eingetragenen Rechts durch einen gutgläubigen Dritten liege nicht vor, schon mit Rücksicht darauf, daß gemäß § 594 ALR. I. 20 das Vorkaufsrecht nicht abgetreten werden könne. Dies ist rechts­ irrig. Um eine Abtretung des Vorkaufsrechts handelt es sich gar nicht. Wäre das Vorkaufsrecht ein subjektiv-dingliches,- dem Grundstück H. Nr. 32 im vorbezeichneten Sinne zustehendes, so hätte es gemäß

96. Vorkaufsrecht.

Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Gutgläubiger Erwerb.

319

§ 96 BGB. als Bestandteil dieses Grundstücks zu gelten und wäre es daher von der Klägerin mit dem Erwerb des Grundstücks zugleich miterworben worden. Da die Klägerin das Grundstück durch Auf­ lassung erworben hat und dieser Erwerb das Vorkaufsrecht als Bestandteil des Grundstücks mitumfaßt hätte, so würde sich ergeben, daß die Klägerin das an dem Grundstück H. Nr. 13 bestehende Vorkaufsrecht durch Rechtsgeschäft erworben hätte. Nun gilt aber ge­ mäß § 892 BGB. zugunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Rechte durch Rechtsgeschäft erwirbt, der Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch' gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist.- Wäre daher der Eintragungsvermerk über das Vorkaufsrecht auf dem Grundbuchblatt über das Grundstück H. Nr. 13, das für dieses Grundstück gemäß § 3 GBO. als das Grundbuch im Sinne des BGB. anzusehen ist, in dem vorbezeichneten Sinne zu deuten, also in dem Sinne, daß das Vorkaufsrecht als ein subjektiv-dingliches, mit dem Eigentum an dem Grundstück H. Nr. 32 verbundenes, ohne Rücksicht darauf, wer jeweils Eigentümer des Grundstücks sei, ein­ getragen sei, was nach der Ausdrucksweise des BGB. bezüglich subjettiv-dinglicher Rechte (vgl. §§ 1018,. 1094 Abs. 2,1105 Abs. 2, 1110) einer Eintragung zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grund­ stücks H. Nr. 32 ° gleichstäpde, und wäre die Klägerin bei ihrem Er­ werbe hinsichtlich dieser Bedeutung der Eintragung gutgläubig gewesen, was- zu vermuten wäre, so würde die Eintragung, wiewohl sie tat­ sächlich unrichtig wäre, da das Vorkaufsrecht nur für P. persönlich rechtswirksam begründet worden ist, doch zugunsten der Klägerin mit der Wirkung als richtig zu gelten haben, daß die Klägerin das Vor­ kaufsrecht als mit dem Eigentum an ihrem Grundstück verbundenes erworben hätte. Würde man dies nicht gelten lassen, so würde man dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs, den das Gesetz den Ein­ tragungen auch hinsichtlich des zu einem Recht Berechtigten beigelegt wissen will, in Fällen wie dem vorliegenden die wesentliche Bedeutung nehmen. Es könnte alsdann derjenige, der ein Grundstück erwerben will, trotz der durch Einsichtnahme in das Grundbuch gewonnenen Überzeugung, daß für das zu erwerbende Grundstück ein Recht auf

dem belasteten Grundstück eingetragen sei, nicht darauf vertrauen, daß er das Recht miterwerbe. Entgegengehalten kann nicht werden, daß bezüglich des Erwerbs des Rechts eine Eintragung auf dem Gmndbuchblatt über das belastete Grundstück nicht stattfinde. § 892 BGB. erfordert nur Erwerb durch Rechtsgeschäft. Nach § 873 BGB. ist allerdings in der Regel zu einem solchen Erwerb die Eintragung auf .das Grundbuchblatt des Grundstücks, an dem ein Recht erworben

320

97.

Testament; Irrtum über Art und Gültigkitsdauer.

werden soll oder auf dem das Recht, das von dem Erwerbe betroffen werden soll, eingetragen ist, erforderlich. Jedoch ist in Ausnahmefällen, worauf § 873 mit den Worten „soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt" hinweist, der rechtsgeschäftliche Erwerb nicht durch eine solche Eintragung bedingt, wie z. B. der Erwerb einer Briefhypothek nach § 1154 BGB., und zu solchen Ausnahmefällen ist auch der vor­ liegende Fall zu zählen. Hiernach kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob die Eintragung, des Vorkaufsrechts auf dem Grundbuchblatt des Grundstücks H. Nr. 13 bezüglich des Berechtigten dahin zu deuten ist, daß danach eine bestimmte Person der Vorkaufsberechtigte sei, oder da­ hin, daß das Vorkaufsrecht ein mit dem. Eigentum am Grundstück H. Nr. 32 ohne Rücksicht darauf, wer jeweils Eigentümer des Grund­ stücks sei, verbundenes sei, und letzterenfalls, ob sich die Klägerin beim Erwerbe des Grundstücks H. Nr. 32 in dem zu vermutenden guten Glauben, daß dieser Inhalt des Grundbuchs richtig sei, befunden hat oder nicht.... (Es wird sodann ausgeführt, daß das Berufungsgericht über die Deutung der Eintragung sich nicht bestimmt ausgelassen habe.)

97. Wird die Rechtsbcständigkeit eines eigenhändigen Testaments dadurch berührt, daß der Erblasser bei der Errichtung annimmt, er errichte ein nach drei Monaten kraftlos werdendes Mottestament, und daß er nach dem Abläufe der drei Monate die Vernichtung der Testamentsurknnde nur deshalb unterläßt, weil er glaubt, das Testa­ ment sei bereits außer Kraft getreten? IV. Zivilsenat.

Urt. v. 11. Mai 1922 i. S. C. u. Gen. (Kl.) w. K. (Bekl.). IV 331/21.

I. Landgericht Braunschweig. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Der am 26. Februar 1919 verstorbene Ehemann der Beklagten hat eine von ihm am 4. August 1914, dem Tage vor seiner Ge­ stellung zum Kriegsdienst, unter Angabe des Ortes und Tages der Errichtung eigenhändig geschriebene und unterschriebene, bis zu seinem Tode in seiner Wohnung im Geldschranke verwahrt gewesene Urkunde hinterlassen, laut der er sein ganzes Vermögen seiner Ehefrau ver­ macht hat. Der Gemeindevorstand seines Wohnorts, der zufolge einer Besprechung mit ihm den Text der Urkunde entworfen hatte, hat seine Unterschrift beglaubigt. Die Beklagte befindet sich im Besitze der Erb­ schaft. Sie nimmt auf Grund der Urkunde als eines eigenhändigen Privattestaments das alleinige Erbrecht für sich in Anspruch. Die Kläger würden im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Geschwister ^des

320

97.

Testament; Irrtum über Art und Gültigkitsdauer.

werden soll oder auf dem das Recht, das von dem Erwerbe betroffen werden soll, eingetragen ist, erforderlich. Jedoch ist in Ausnahmefällen, worauf § 873 mit den Worten „soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt" hinweist, der rechtsgeschäftliche Erwerb nicht durch eine solche Eintragung bedingt, wie z. B. der Erwerb einer Briefhypothek nach § 1154 BGB., und zu solchen Ausnahmefällen ist auch der vor­ liegende Fall zu zählen. Hiernach kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob die Eintragung, des Vorkaufsrechts auf dem Grundbuchblatt des Grundstücks H. Nr. 13 bezüglich des Berechtigten dahin zu deuten ist, daß danach eine bestimmte Person der Vorkaufsberechtigte sei, oder da­ hin, daß das Vorkaufsrecht ein mit dem. Eigentum am Grundstück H. Nr. 32 ohne Rücksicht darauf, wer jeweils Eigentümer des Grund­ stücks sei, verbundenes sei, und letzterenfalls, ob sich die Klägerin beim Erwerbe des Grundstücks H. Nr. 32 in dem zu vermutenden guten Glauben, daß dieser Inhalt des Grundbuchs richtig sei, befunden hat oder nicht.... (Es wird sodann ausgeführt, daß das Berufungsgericht über die Deutung der Eintragung sich nicht bestimmt ausgelassen habe.)

97. Wird die Rechtsbcständigkeit eines eigenhändigen Testaments dadurch berührt, daß der Erblasser bei der Errichtung annimmt, er errichte ein nach drei Monaten kraftlos werdendes Mottestament, und daß er nach dem Abläufe der drei Monate die Vernichtung der Testamentsurknnde nur deshalb unterläßt, weil er glaubt, das Testa­ ment sei bereits außer Kraft getreten? IV. Zivilsenat.

Urt. v. 11. Mai 1922 i. S. C. u. Gen. (Kl.) w. K. (Bekl.). IV 331/21.

I. Landgericht Braunschweig. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Der am 26. Februar 1919 verstorbene Ehemann der Beklagten hat eine von ihm am 4. August 1914, dem Tage vor seiner Ge­ stellung zum Kriegsdienst, unter Angabe des Ortes und Tages der Errichtung eigenhändig geschriebene und unterschriebene, bis zu seinem Tode in seiner Wohnung im Geldschranke verwahrt gewesene Urkunde hinterlassen, laut der er sein ganzes Vermögen seiner Ehefrau ver­ macht hat. Der Gemeindevorstand seines Wohnorts, der zufolge einer Besprechung mit ihm den Text der Urkunde entworfen hatte, hat seine Unterschrift beglaubigt. Die Beklagte befindet sich im Besitze der Erb­ schaft. Sie nimmt auf Grund der Urkunde als eines eigenhändigen Privattestaments das alleinige Erbrecht für sich in Anspruch. Die Kläger würden im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Geschwister ^des

Erblassers zu seinen Erben gehören. Sie haben auf Feststellung ihres gesetzlichen Erbrechts, Auseinandersetzung, Auskunft und Rechnungs­ legung Klage erhoben, indem sie geltend machten, das hinterlassene Testament sei nur als Dorftestament gewollt und als solches wegen Fehlens der vorgeschriebenen Form nicht zustandegekommen; notfalls sei es'infolge der von den gesetzlichen Erbenin einer Eingabe an das Nachlaßgericht erklärten Anfechtung nichtig. Das Landgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies sie ab. Die Revision der Kläger blieb ohne Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht unterstellt zugunsten der Kläger, daß der Erblasser, nachdem er am Vormittage des 4. August 1914 den ver­ geblichen Versuch der Errichtung eines gerichtlichen Testaments gemacht habe, die Aufnahme eines Nottestaments durch den Gemeindevorsteher angeregt habe, und daß beide die von diesem entworfene und be­ glaubigte Niederschrift des Erblassers für ein gültiges Nottestament im Sinne des § 2249 BGB. angesehen haben, das nur die durch § 2252 Abs. 1 BGB. beschränkte Gültigkeitsdauer habe. Hieraus ergebe sich jedoch nicht, daß der Erblasser nur ein Nottestament habe errichten, jede andere rechtlich mögliche Testierform dagegen habe ab« lehnen wollen. Nachdem ihm die gerichtliche Testamentsausnahme nicht geglückt sei, habe ihm nur daran liegen können, noch vor seiner auf den 5. August 1914 festgesetzten Gestellung zum Heeresdienste seinen letzten Willen in urkundlich gültiger Form niederzulegen. Die Art der Form sei ihm gleichgültig gewesen, wenn sie nur Rechtsbeständig­ keit und Unanfechtbarkeit gewährte. Hätte ihm der Gemeindevorsteher eröffnet, daß wegen Ausbleibens der bestellten-Zeugen und der Un­ möglichkeit, andere zu beschaffen, die Aufnahme eines Gemeindetestaments unterbleiben müsse, daß der Erblasser aber durch die eigenhändige Niederschrift und Unterzeichnung des Entwurfs privatim testieren könne und daß eine solche letztwillige Verfügung sogar unbeschränkt gültig sei, so würde der Erblasier nicht anders gehandeft haben. Denn daß es ihm etwa gar darauf angekommen sei, nur auf drei Monate, gleichsam provisorisch zu testieren, und daß er aus diesem Grunde die Form des Gemeindetestaments gewählt habe, sei weder behauptet noch ersichtlich. Bei Kenntnis der Nichtigkeit seiner letztwilligen Verfügung als Gemeindetestament würde der Erblasser sie als Privattestament gewollt haben. Sie gelle daher nach § 140 BGB. als solches, da sie den Erforderniflen des § 2231 Nr. 2 BGB. nach jeder Richtung genüge. Daß sie den damaligen wahren letzten Willen des Erblassers wiedergebe, sei von den Klägern nicht bestritten. 1 Die danach getroffenen tatsächlichen Feststellungen rechtfertigen die Annahme eines rechtswirksamen eigmhändigen Testaments, ohne Entsch- in Zivils. 104.

21

daß dafür der § 140 BGB. heranzuziehen wäre. Die vorliegende Urkunde enthält die Bestimmung eines Erben durch einseitige Ver­ fügung von Todes wegen, ist also inhaltlich ein Testament (§ 1937 BGB.). Der Erblasser hat auch ein Testament errichten, nicht etwa bloß eine Vorarbeit zu einem erst später zu errichtenden Testamente fertigen wollen, und er hat eine der wahlweise zugelassenen Testaments­ formen gewahrt, zwar nicht die außerordentliche Testamentsform des § 2249 BGB., an die er und der von ihm angegangene Gemeinde­ vorsteher nach der Unterstellung des Berufungsgerichts gedacht haben, wohl aber die ordentliche Trstamentsform des § 2231 Nr. 2 BGB. Damit ist daS Testament zustandegekommen. Ob eine letztwillige Verfügung wegen eines Willensmangels nichtig ist, bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 116 bis 118 BGB. Von den dort vorgesehenen Nichtigkeitsgründen kommen diejenigen deS § 116 (Satz 2) und des § 117 bei einer letztwilligen Verfügung über­ haupt nicht in Betracht, da sie nur für empfangsbedürftige Willens­ erklärungen gelten. Der auch bei einer letztwilligen Verfügung Nichtigkeit bewirkende Mangel der Ernstlichkeit (§ 118) aber ist nach dem festgestellten Sachverhalte nicht gegehen. Andere Willens­ mängel können nur zur Entkräftung des Testaments im Wege der Anfechtung nach den §§ 2078 flg. BGB. führen. Nach dem Klagevorbringm hat sich der Erblaffer über die Gültigkeitsdauer des Testaments in einem Irrtume befunden. Er soll angenommen habe», daß das Testament mit dem Ablaufe der für das Gemeindetestament in § 2252 BGB. vorgesehenen Dreimonatsfrist seine Kraft verliere. Ein solcher Irrtum betrifft nicht den Inhalt der Erklärung im Sinne des § 2078 Abs. 1. Denn der Erblasser hat inhaltlich weder etwas anderes noch mehr erklärt, als er wollte. Er hat seine Ehefrau schlechthin und nicht etwa nur unter der Bedingung, daß er innerhalb der nächsten drei Monate nach der Errichtung des Testaments verstürbe, als Erbin einsetzen wollen. Er hat also die von ihm erklärte un­ bedingte Erbeinsetzung auch gewollt; sein Wille soll nur von einer irrigen rechtlichen Vorstellung beeinflußt worden sein. Dieser Fall könnte unter den § 2078 Abs. 2 gebracht werden, wenn der Erblasser durch die irrige Annahme, daß mit dem Ablauf der Dreimonatsfrist die Kraftlosigkeit der Verfügung eintrete, zu der Verfügung bestimmt worden wäre, d. h. wenn er bei Kenntnis der wirklichen Rechtslage die Verfügung nicht getroffen haben würde (RGZ. Bd. 59 S. 38). Ein derartiger ursächlicher Zusammenhang zwischen Irrtum und Ver­ fügung wird jedoch vom Berufungsgericht verneint. Dieses stellt aus­ drücklich fest, daß der Erblaffer so, wie geschehen, auch dann verfügt habe» würde, wenn er gewußt hätte, daß er ein unbeschränkt gültiges Privattestament errichte. Aus diesen Gründe» ist auch die im Be-

rufungsurteil ausgesprochene Ablehnung der Anfechtbarkeit des Testa­ ments rechtlich zu billigen. Das Bemfungsgericht hat auch geprüft, ob das Testament von dem Erblasser etwa widerrufen worden sei. Es führt aus: Die Kläger wollten augenscheinlich einen Widerruf daraus folgern, daß der Erb­ lasser sich von vornherein dessen bewußt gewesen sei, die irrigerweise alS Nottestament angesehene letzwillige Verfügung habe nach Ablauf von drei Monaten seit dem Errichtungstag ihre Gültigkeit verloren, und daß er im Vertrauen darauf sie weder vernichtet noch durch ein rechtswirksames Testament ersetzt habe. Allein weder die von dem Ge­ meindevorsteher bezeugten Äußerungen gegenüber diesem, noch die als richtig zu unterstellende — Bemerkung des Erblassers gegenüber einem Bruder reichten zur Annahme von den Widerruf begründenden schlüssigen Handlungen aus. Dieser Annahme stehe entgegen, daß der Erblasser die Testamentsurkunde vom 4. August 1914 unverändert, unversehrt und wohl verwahrt bis zu seinem Tode im Geldschrank habe liegen lassen und daß namentlich für eine Sinnesänderung in der Richtung, daß an die Stelle der in der Urkunde festgesetzten alleinigen Erbfolge der Ehefrau die gesetzliche Erbfolge treten sollte, nicht das geringste beigebracht sei. Diese Ausführung, an die sich im Berufungsurteil weitere Er­ örterungen zur Frage des Widerrufs schließen, ist in ihrer rechtlichen Grundlage den Klägern noch zu günstig. Das Bürgerliche Gesetzbuch läßt die Aushebung, einer letztwilligen Verfügung nur in den durch die §§ 2253 bis 2258 bestimmten Formen zu (RG. bei Gruchot Bd. 63 S. 477). Von den angeführten Vorschriften kommt hier nur der den Widerruf durch schlüssige Handlungen betreffende § 2255 BGB. in Betracht. Ein Testament kann danach in der Weise widerrufen werden, daß der Erblasser in der Absicht, es aufzuheben, die Testa­ mentsurkunde vernichtet oder an ihr Verändemngen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt. Durch andere schlüssige Handlungen als die einer Vernichtung oder Veränderung der Testamentsurkunde kann die Auf­ hebung somit nicht erfolgen. Da der Erblaffer eine Vernichtung oder Veränderung nicht vorgenommen hat, liegt kein wirksamer Widerruf vor. Auf die Gründe, aus denen er solche Handlungen unterlaffen hat, oder darauf, ob er hinsichtlich der Erbfolge, die nach ihm eintreten sollte, anderm Sinnes geworden war, kommt es nicht an. Die Revision versucht auch gar nicht, darzulegen, daß die von den Klägern vorgebrachten Tatsachen unter dem Gesichtspunkte des Widerrufs verwertbar seien. Sie macht aber geltmd, daß das vom Bemfungsgericht nur unter diesem Gesichtspunkt gewürdigte Verhalten des Erblassers nach Ablauf der drei Monate für die Feststellung des 21*

324

SS.

Reichssiedlungsgesetz.

Vorkaufsrecht dcS Pächters.

dem Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung innewohnenden Willens hätte herangezogen werden mästen. Es handelt sich dabei um die schon erwähnten Äußerungen des Erblassers zu dem GemeindeVorsteher und zu einem Bruder, die alsbald nach dem Ablaufe der Dreimonatsfrist, und um eine Äußerung des Erblassers zu seiner Mutter, die während seiner letzten Krankheit gemacht worden sein soll. Die Äußerungen mögen — wenn sie nicht, was das Berufungsgericht als

möglich hinstellt, nur zur Verschleierung der eigenen wahren Meinung gegenüber lästigen Mahnern und Fragern bestimmt gewesen sein sollten — einen Schluß darauf zulassen, daß der Erblasser zu den verschiedenen Seiten geglaubt habe, das Testament vom 4. August 1914 sei mit dem Ablauf von drei Monaten nach seiner Errichtung kraftlos geworden. Es würde dann aber keinesfalls mehr vorliegen, als daß die von dem Berufungsgericht für die Zeit der Testamentserrichtung unterstellte irrige Vorstellung des Erblassers noch bis in die Zeit seiner letzten Krankheit fortgedauert habe. Aus diesem Umstande brauchte das Be­ rufungsgericht kein Bedenken gegen die voü ihm aus dem sonstigen Sachverhalte gewonnene Überzeugung zu entnehmen, daß der Erblasser so, wie geschehen, auch dann letztwillig verfügt haben würde, weyn ihm bewußt gewesen wäre, daß er ein fristlos gültiges Privattestament er­ richte. Hieraus ergibt sich die Unerheblichkeit der in Rede stehenden Äußerungen auch für den Fall, daß der Erblasser mit ihnm nicht

lediglich unbequeme Frager abgeschüttelt haben sollte. Es braucht des­ halb auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungs­ gericht bei der Berücksichtigung dieser Möglichkeit die Beweislast richtig verteilt hat, nicht eingegangen zu werden.

98. 1. Ist das in § 6 Abs. 3 des Reichsfiedlungsgesetzes vom 11. August 1919 den Pächter« eingeräumte Vorkaufsrecht davon ab­ hängig, daß der Pachtvertrag zur Zeit des Erwerbs des GmndstuckS durch das Siedluugsunternehmm noch nicht abgelaufen ist? 2. Zum Begriff des Restguts in § 6 Abs. 3 a. a. O. V. Zivilsenat. Urt v. 4. März 1922 i. S. Nassauische Siedlungs­ gesellschaft (Bekl.) w. M. (Kl.). V 442/21. I. Landgericht Wiesbaden. — II. Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

Der Kläger hatte durch Pachtvertrag vom 12. Oktober 1901 die Domäne B. auf 18 Jahre gepachtet. Die Pachtzeit lief am 1. Juli 1920 ab. Die Beklagte hat diese Domäne am 26. Juli 1920 frei­ händig vom Domänenfiskus zu Siedlungszwecken erworben. Die Do-

324

SS.

Reichssiedlungsgesetz.

Vorkaufsrecht dcS Pächters.

dem Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung innewohnenden Willens hätte herangezogen werden mästen. Es handelt sich dabei um die schon erwähnten Äußerungen des Erblassers zu dem GemeindeVorsteher und zu einem Bruder, die alsbald nach dem Ablaufe der Dreimonatsfrist, und um eine Äußerung des Erblassers zu seiner Mutter, die während seiner letzten Krankheit gemacht worden sein soll. Die Äußerungen mögen — wenn sie nicht, was das Berufungsgericht als

möglich hinstellt, nur zur Verschleierung der eigenen wahren Meinung gegenüber lästigen Mahnern und Fragern bestimmt gewesen sein sollten — einen Schluß darauf zulassen, daß der Erblasser zu den verschiedenen Seiten geglaubt habe, das Testament vom 4. August 1914 sei mit dem Ablauf von drei Monaten nach seiner Errichtung kraftlos geworden. Es würde dann aber keinesfalls mehr vorliegen, als daß die von dem Berufungsgericht für die Zeit der Testamentserrichtung unterstellte irrige Vorstellung des Erblassers noch bis in die Zeit seiner letzten Krankheit fortgedauert habe. Aus diesem Umstande brauchte das Be­ rufungsgericht kein Bedenken gegen die voü ihm aus dem sonstigen Sachverhalte gewonnene Überzeugung zu entnehmen, daß der Erblasser so, wie geschehen, auch dann letztwillig verfügt haben würde, weyn ihm bewußt gewesen wäre, daß er ein fristlos gültiges Privattestament er­ richte. Hieraus ergibt sich die Unerheblichkeit der in Rede stehenden Äußerungen auch für den Fall, daß der Erblasser mit ihnm nicht

lediglich unbequeme Frager abgeschüttelt haben sollte. Es braucht des­ halb auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungs­ gericht bei der Berücksichtigung dieser Möglichkeit die Beweislast richtig verteilt hat, nicht eingegangen zu werden.

98. 1. Ist das in § 6 Abs. 3 des Reichsfiedlungsgesetzes vom 11. August 1919 den Pächter« eingeräumte Vorkaufsrecht davon ab­ hängig, daß der Pachtvertrag zur Zeit des Erwerbs des GmndstuckS durch das Siedluugsunternehmm noch nicht abgelaufen ist? 2. Zum Begriff des Restguts in § 6 Abs. 3 a. a. O. V. Zivilsenat. Urt v. 4. März 1922 i. S. Nassauische Siedlungs­ gesellschaft (Bekl.) w. M. (Kl.). V 442/21. I. Landgericht Wiesbaden. — II. Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

Der Kläger hatte durch Pachtvertrag vom 12. Oktober 1901 die Domäne B. auf 18 Jahre gepachtet. Die Pachtzeit lief am 1. Juli 1920 ab. Die Beklagte hat diese Domäne am 26. Juli 1920 frei­ händig vom Domänenfiskus zu Siedlungszwecken erworben. Die Do-

mäne umfaßt etwa 160 Morgen; davon hat die Beklagte etwa 60 Morgen zu Siedlungszwecken verkauft, das bei der Aufteilung ver­ bliebene Restgut hat sie durch Vertrag vom 17. September 1920 an den Nebenintervenienten verkauft. Der Kläger macht auf Grund des § 6 Abs. 3 des Reichssiedlungsgesetzes sein Vorkaufsrecht auf das Restgut geltend. Die Beklagte erhob Widerklage auf Räumung des Restguts. Das Landgericht wies die Klage ab und verurteilte auf die Widerklage den Kläger zur Räumung des Restguts. Das Berufungs­ gericht verurteilte die Beklagte zur Auflassung des Restguts an den Kläger und wies-die Widerklage ab. Die , Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen. Aus den Gründen: Die Revision rügt Verletzung des § 6 des Reichssiedlungsgesetzes (RGBl. 1919 S. 1429) und der §§ 505 flg. BGB. Sie wendet sich zunächst gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß dem Kläger hier ein Vorkaufsrecht noch zugestanden habe, obwohl sein Pachtvertrag zur Zeit des Erwerbes der Domäne durch die Beklagte schon abgelaufen ge­ wesen sei. Die Ausführungen des angefochtenen Urteils lassen jedoch nach dieser Richtung einen Rechtsirrtum nicht erkennen. In § 6 Abs. 3 des RSiedlG. ist, soweit landwirtschaftlich genutzte Grundstücke fein­ schließlich Staatsdomänen) von gemeinnützigen Si^dlungsgesellschaften zum Zweck der Ansiedlung übernommen werden, den Pächtern ein Vorkaufsrecht für ein bei der Verteilung etwa übrig bleibendes Rest­ gut oder für Parzellen eingeräumt, die geeignet sind, Inventar und sonstiges Betriebskapital des zur Siedlung übergebenen landwirtschaft­ lichen Grundstücks möglichst zu verwerten. Nach ß 2 a. a. O. sind Staatsdomänen bei Ablauf des Pachtvertrags dem gemeinnützigen Siedlungsunternehmen zum Kauf anzubieten, sofern nicht ihre Erhaltung im Staatsbesitze für Unterrichts-, Versuchs- oder andere Zwecke öffent­ licher oder volkswirtschaftlicher Art notwendig ist. Eine bei der zweiten Lesung in § 2 eingefügte Bestimmung, wonach Domänen bei Bedarf an Siedlungsland auch vor Ablauf des -Pachtvertrags herzugeben seien, wurde bei her drittm Lesung wieder gestrichen (Verhandl. der verfaffunggebenden deutschen Nationalversammlung Bd. 327 S. 1194 und Bd. 328 S. 1734; Anlagen Bd. 337 Nr. 491 und Nr. 615). In seiner endgültigen- Fassung sieht das Gesetz also das Angebot von Staatsdomänen an gemeinnützige Siedlungsgesellschaften nur bei Ab­ lauf des Pachtvertrags vor. Soll aber das Angebot erst bei Ablauf des Pachtvertrags erfolgen, so ist schon dem Wortlaut der Bestimmung nach die Auffassung der Revision nicht gerechtfertigt, daß die Annahme des Angebots notwendig noch vor Ablauf des Pachtvertrags erfolgen müsse. Vielmehr rechnet das Gesetz offenbar auch damit, daß die Pacht bei dem Erwerb der Domäne durch das Siedlungsunternehmen schon

326

98.

Reichssicdlungsgesetz.

Vorkaufsrecht des Pächter-.

zu Ende gegangen ist. Denn es spricht in § 6 Abs. 3 sogar von der Verwertung des Inventars des zur Siedlung übergebenen landwirschastlichen Grundstücks durch Ausübung des Vorkaufsrechts auf geeignete Parzellen desselben. Das Gesetz trifft für den bisherigen Pächter, dem durch die in § 2 ermöglichte Übernahme der Domäne durch ein gemeinnütziges Siedlungsunternehmen die Möglichkeit einer Erneuerung des Pacht­ verhältnisses entzogen wird, insofern eine gewisse Fürsorge, als es ihm durch Einräumung eines Vorkaufsrechts für ein etwa übrig bleibendes Restgut oder geeignete Parzellen Gelegenheit gibt, in kleinerem Umfang auf eigener Scholle weiter zu wirtschaften. Das Vorkaufsrecht steht hiernach dem letzten Pächter zu. Es kann für dessen Zulässigkeit nicht ohne weiteres als entscheidend angesehen werden, ob der Pachtvertrag beim Erwerb der Domäne durch das Siedlungsunternehmen erst in nächster Zeit zu Ende geht oder bereits abgelaufen ist. Denn sonst würde es vom Zufall abhängen, ob der Pächter das Vorkaufsrecht hat, und er könnte auch dadurch, daß der Abschluß des Kaufvertrags mit dem Siedlungsunternehmen bis nach Ablauf der Pachtzeit hinauSgeschoben wird, um sein Vorkaufsrecht gebracht werden. Der Zweck der Bestimmung des § 6 Abs. 3 ist aber gerade, dem Pächter, dem. sein Pachtland infolge der Änderung der Gesetzgebung nicht weiterver­

pachtet werden kann, Gelegenheit dazu zu bieten, seine Arbeitskraft, sein Inventar und sonstiges Betriebskapital an Ort und Stelle möglichst zu verwerten. Dieser Zweck ist in ganz besonderem Maße erreichbar, wenn der Pächter, wie im vorliegenden Falle, auch nach Ablauf der Pachtzeit noch im Besitze des Gutes geblieben ist, also die Möglichkeit hat, das Restgut oder die Parzellm mit dem noch darauf befindlichen Inventar sogleich weiter zu bewirtschaften. Bei solcher Sachlage steht der Ablauf der Pachtzeit -beim Erwerb der Domäne durch die Beklagte der Ausübung des Vorkaufsrechts jedenfalls nicht entgegen. Ebensowenig, unterliegt die Annahme des Berufungsgerichts, daß es fich hier um ein Restgut im Sinne des § 6 Abs. 3 handele, recht­ lichen Bedenken. Die Revision bekämpft die Auffassung des Berufungs­ gerichts, weil hier von 160 Morgen nur 60 Morgen verteilt, der Hauptteil von 100 Morgen aber noch übrig sei. Dieser Hauptteil lasse sich nicht als Restgut ansehen. Die Ansicht der Revision ist nicht zutreffend. Unter Restgut wird bei Zerschlagung größerer Land­ güter derjenige Teil des Gutes verstanden, der sich zur Aufteilung in einzelne Parzellen nicht eignet oder dessen Aufteilung tatsächlich nicht gelungen ist. In der Regel ist dies der mit den Wohn- und Wirt­ schaftsgebäuden besetzte Teil nebst Hofraum und Garten. Dieser Teil pflegt mit dem zur Bewirtschaftung erforderlichen Land besonders ver­ äußert zu werden, weil hierfür andere Jnterefsenten in Frage kommen»

als die bloßen Parzellenkäufer. In diesem Sinne ist der Begriff des RestgutS auch in § 6 Abs. 3 a. a. O. zu verstehen. Es ist derjenige Teil des landwirtschaftlichen Grundstücks, der nach dem Austeilungs­ plan des Siedlungsunternehmens bei der Aufteilung des Grundstücks in einzelne Siedlungen übrig bleibt. In der Regel wird dieser Teil dem Umfange nach kleiner sein, als die aufgeteilte Fläche des Grund­ stücks. Es ist aber nicht ausgeschloffen, daß unter besonderen Verhältniffen, z. B. bei schlechter Bodenbeschaffenheit, ungünstiger Lage verschiedener Teile des Grundstücks, der zur Siedlung ungeeignete, übrig bleibende Teil auch größer sein kann, als die aufgeteilten Flächen. Ein rechtliches Begriffsmerkmal über ein bestimmtes Ver­ hältnis der Größe des Restguts zur Größe der verteilten Siedlungs­ fläche ist im Gesetz nicht aufgestellt. Darüber, was von dem Guts­ komplex als Restgut übrig zu laffen ist, hat ausschließlich die gemein­ nützige Siedlungsgesellschaft zu bestimmen. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat die Beklagte selbst den nach Aufteilung der Domäne verbleibenden Teil derselben in Größe von ungefähr 100 Morgen nebst Wohn- und Wirtschaftsgebäuden als Restgut zum freihändigen Verkauf in der Zeitung ausgeboten. Danach war ein Restgut vorhanden, für welches das Vorkaufsrecht des Klägers in Frage kam. ...

99, Kann der Beitritt zn gewerkschaftlichen Organisationen oder das Verbleiben darin durch Bestimmungen in den Tarifverträgen von den Berufsgenosse« rechtswirksam erzwangen werden? VI. Zivilsenat, litt. v. 6. April 1922 i. S. Genossenschaft D. B. und D. B. Verein sBekl.) w. A. (Kl.). VI 456/21. I. Landgericht I Berlin. — IL Kammergericht daselbst.

Der Kläger war Mitglied der Beklagten zu 1, der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger, hat aber seine Mitgliedschaft zum 31. De­ zember 1921 gekündigt. Zwischen dieser Genossenschaft und dem Be­ klagten zu 2, dem deutschen Bühnenverein, dem alle nennenswerten Bühnen Deutschlands und Deutsch-Österreichs angehören, ist am 12. Mai 1919

ein Tarifvertrag geschlossen worden, nach deffen § 5 nur Mitglieder der Beklagten zu 1 von den Mitgliedern des Beklagten zu 2 an ihren Bühnen angestellt werden und Mitglieder der Beklagten zu 1 nur bei Mitgliedern des Beklagten zu 2 Stellung annehmen dürfen. Der Kläger begehrt nun die Feststellung, daß die Beklagten nicht berechtigt seien, sein Auftreten an den dem Beklagten zu 2 angehörenden Bühnm nach seinem Ausscheiden aus der Beklagten zu 1 zu untersagen.

als die bloßen Parzellenkäufer. In diesem Sinne ist der Begriff des RestgutS auch in § 6 Abs. 3 a. a. O. zu verstehen. Es ist derjenige Teil des landwirtschaftlichen Grundstücks, der nach dem Austeilungs­ plan des Siedlungsunternehmens bei der Aufteilung des Grundstücks in einzelne Siedlungen übrig bleibt. In der Regel wird dieser Teil dem Umfange nach kleiner sein, als die aufgeteilte Fläche des Grund­ stücks. Es ist aber nicht ausgeschloffen, daß unter besonderen Verhältniffen, z. B. bei schlechter Bodenbeschaffenheit, ungünstiger Lage verschiedener Teile des Grundstücks, der zur Siedlung ungeeignete, übrig bleibende Teil auch größer sein kann, als die aufgeteilten Flächen. Ein rechtliches Begriffsmerkmal über ein bestimmtes Ver­ hältnis der Größe des Restguts zur Größe der verteilten Siedlungs­ fläche ist im Gesetz nicht aufgestellt. Darüber, was von dem Guts­ komplex als Restgut übrig zu laffen ist, hat ausschließlich die gemein­ nützige Siedlungsgesellschaft zu bestimmen. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat die Beklagte selbst den nach Aufteilung der Domäne verbleibenden Teil derselben in Größe von ungefähr 100 Morgen nebst Wohn- und Wirtschaftsgebäuden als Restgut zum freihändigen Verkauf in der Zeitung ausgeboten. Danach war ein Restgut vorhanden, für welches das Vorkaufsrecht des Klägers in Frage kam. ...

99, Kann der Beitritt zn gewerkschaftlichen Organisationen oder das Verbleiben darin durch Bestimmungen in den Tarifverträgen von den Berufsgenosse« rechtswirksam erzwangen werden? VI. Zivilsenat, litt. v. 6. April 1922 i. S. Genossenschaft D. B. und D. B. Verein sBekl.) w. A. (Kl.). VI 456/21. I. Landgericht I Berlin. — IL Kammergericht daselbst.

Der Kläger war Mitglied der Beklagten zu 1, der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger, hat aber seine Mitgliedschaft zum 31. De­ zember 1921 gekündigt. Zwischen dieser Genossenschaft und dem Be­ klagten zu 2, dem deutschen Bühnenverein, dem alle nennenswerten Bühnen Deutschlands und Deutsch-Österreichs angehören, ist am 12. Mai 1919

ein Tarifvertrag geschlossen worden, nach deffen § 5 nur Mitglieder der Beklagten zu 1 von den Mitgliedern des Beklagten zu 2 an ihren Bühnen angestellt werden und Mitglieder der Beklagten zu 1 nur bei Mitgliedern des Beklagten zu 2 Stellung annehmen dürfen. Der Kläger begehrt nun die Feststellung, daß die Beklagten nicht berechtigt seien, sein Auftreten an den dem Beklagten zu 2 angehörenden Bühnm nach seinem Ausscheiden aus der Beklagten zu 1 zu untersagen.

Beide Vorinstanzen haben seinem Anträge stattgegeben. Die Revisionen der Beklagten wurden zurückgewiesen. Aus den Gründen:

... Die Revisionen rügen Verkennung des Begriffs der FreiheüSVerletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. durch das Berufungs­ gericht. Nicht jede die freie Willensbestimmung beeinflussende Ein­ wirkung stelle eine Verletzung der Freiheit in diesem Sinne dar. Ferner sei durch die Koalitionsfreiheit nur das Recht zur Vereinigung, nicht aber, was das Berufungsurreil annehme, auch das zur Nichtvereinigung geschützt; dies ergebe sich aus der Reichsverfassung, die das Berufungs­ gericht zu Unrecht nicht herangezogen habe. Gewiß könne das Koalitionsrecht nicht zu einer Koalitionspflicht gemacht werden, die Ausübung stehe an sich jedem frei. Anders liege aber die Sache bei Tarifverträgen, hier sei nach den Grundsätzen des Tarifrechts die Aufnahme der Örganisationsklausel zulässig. Der darin liegende Organisationszwang sei weder in seinem Zweck noch in den Mitteln, mit denen er erstrebt werde, ein unerlaubter. Der Beitritt sei dem Kläger nicht versperrt, auch nicht an unbillige Bedingungm geknüpft, ein berechtigtes Jntereffe, der Beklagten zu 1 fernzubleiben, bestehe auf seiner Seite nicht. Diese Rügen sind nicht geeignet, das angefochtene Urteil zu Fall zu bringen. Ob das Berufungsgericht das Wesen und den Inhalt der Koalitionsfreiheit zutreffend aufgefaßt hat, kann dahingestellt bleiben, da seine Darlegung, daß es jedermann freigestellt sei, in eine Organi­ sation einzutreten oder nicht einzutreten, in jedem Falle gerechtfertigt ist. Es bedarf auch keiner Nachprüfung der Frage, ob im vorliegen­ den Falle eine Verletzung der Freiheit im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. gefunden werden kann, da das Berusungsurteil im Endergebnis aus § 826 BGB. zu Recht besteht. Der natürliche und von der Rechtsordnung anerkannte Grund­ satz der freien Willensbeflimmung gilt auch für den Anschluß an Ver­ eine und Organisationen, gleichgültig, welche Zwecke sie verfolgen, und eine Ausnahme für wirtschaftliche Organisationen zu machen, die im gewerblichen Lohnkampf eine Rolle spielen, fehlt jede Grundlage. Sie sind, zumal § 152 Abs. 2 RGewO. noch besteht, nicht günstiger gestellt als andere Vereinigungen auch. Nun ist nicht zu verkennen, daß diese freie Willensbestimmung sich im Zusammenleben mit andern nicht reibungslos in die Tat um­ setzen läßt, daß sie durch verschiedene Momente, insbesondere die ent­ gegenstehenden Jntereffen Dritter oder der Allgemeinheit beeinflußt werden und auf Widerstand stoßen kann. Aber auch dann bleibt es

der freien Entscheidung des Betreffenden überlassen, ob er dem Rechnung tragen und den Widerständen nachgeben oder trotz ihrer und unter Umständen unter Inkaufnahme etwaiger Nachteile seinen Entschluß durchsetzen will. An diesen allgemein gültigen Grundsätzen hat die neue Zeit, auch soweit der Anschluß an Organisationen in Frage kommt, im Gegensatz zur Ansicht der Revisionen nichts geändert. Wenn auch ihre wirtschaft­ liche Macht erheblich an Bedeutung gewonnen hat und ihre Stellung im Wirtschaftsleben durch die neuere Gesetzgebung wesentlich verstärkt worden ist, ihr rechtliches Verhältnis zu dem einzelnen ist unverändert geblieben, insbesondere ist ein Zwang zum Anschluß an sie nirgends zum Ausdruck gekommen. Man mag darüber streiten, ob in Art. 159 RVerf. nur die Freiheit zur Vereinigung oder auch die Freiheit zur Nichtvereinigung geschützt werden sollte, jedenfalls spricht die Reichsverfaffung an keiner Stelle auch nur andeutungsweise einen Zwang zum Anschluß aus. Nur ein solcher wäre aber geeignet, die freie Willensbestimmung des einzelnen auszuschalten. Daß man aber einen solchen Zwang auch gar nicht gewollt hat, ergibt sich klar daraus, daß die Gesetzesvorschriften, die nach der Um­ wälzung erlassen sind und auf die Gestaltung des neuen Arbeitsrechts einen besonderen Einfluß ausgeübt haben, nämlich die Verordnung über Tarifverträge ... vom 23. Dezember 1918 und das Betriebs­ rätegesetz vom 4. Februar 1920 keinen Unterschied zwischen Organi­ sierten und Nichtorganisierten kennen. Zwar läßt erstere nur Ber­ einigungen von Arbeitnehmern als Vertragsparteien beim Abschluß von Tarifverträgen zu nnd läßt weiter die Bestimmungen des Tarif­ vertrags in erster Linie nur bett Angehörigen dieser Vereinigungen gegenüber als unabdingbar gelten. Aber auch jeder Nichtangehörige kann sich die Unabdingbarkeit sichern, wenn er seinen Arbeitsvertrag unter Berufung auf den Tarifvertrag abschließt, und sie kommt ihm ohne weiteres zugute, wenn der Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt wird (§§ 1 Abs. 2, 2 VO.). Noch schärfer ist die Gleichstellung der Nichtorganisierten mit den Organisierten int Betriebsrätegesetz ausgesprochen, feier wird in § 81 ausdrücklich vorgeschrieben, daß die gemäß § 78 Ziffer 8 a. a. O. über die Einstellung von Arbeitnehmern aufzustellenden Richtlinien die Be­ stimmung enthalten müssen, daß die Einstellung von Arbeitnehmern nicht von ihrer politischen, militärischen, konfessionellen oder gewerk­ schaftlichen Betätigung, von der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem politischen, konfessionellen oder beruflichen Verein oder einem militärischen Verband abhängig gemacht werden darf. In gleicher Weise ist allen Arbeitnehmern ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit

oder Nichtzugehörigkeit zu einer Organisation das aktive und passive Wahlrecht zuerkannt (§§ 18, 20). Steht es nach den obigen Darlegungen jedem Einzelnen frei, sich einer Organisation anzuschließen oder nicht, so muß anderseits an-, erkannt werden, daß die Organisationen ein berechtigtes Jnteresie daran haben, sich möglichst stark auszubauen und sich so im gewerb­ lichen Lohnkampf einen möglichst großen Einfluß zu verschaffen, daß sie auch bei der Verfolgung dieses Zieles vor entgegenstehenden Inter­ essen Dritter nicht zurückzutreten brauchen und, wie dies im Jnteressenkampf allgemein zugelasien ist, darauf hinarbeiten dürfen, über sie die Oberhand zu gewinnen. Da zur Stärkung ihrer Stellung und ihrer wirtschaftlichen Kraft die möglichst vollzählige Heranziehung aller für sie in Betracht kommenden Personen von ausschlaggebender Bedeutung ist, kann ihnen nicht verwehrt werden, zur Erreichung dieser Voraus­ setzung einen gewissen Dmck auf die zum Anschluß nicht Bereiten aus­ zuüben und Maßnahmen zu treffen, um ihren Widerstand zu über­ winden. Selbstredend dürfen hierbei nur erlaubte Mittel zur An­ wendung gelangen und auch sie nur insoweit, als sie in ihrer Aus­ wirkung nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Letzten Endes muffen diese die Grenze der zulässigen Maßnahmen bestimmen. In dieser Hinsicht hat nun das Reichsgericht in einer umfangreichen, Boykott und Aussperrung, wie sie auch hier in Frage stehen, betreffenden Rechtsprechung ständig den Standpunkt vertreten, daß Maß­ regeln zur Überwindung des Widerstands des Gegners nicht ohne weiteres gegen die guten Sitten verstoßen, daß sie diese vielmehr erst dann ver­ letzen, wenn die angewandten Mittel an sich unsittlich sind, oder wenn der dem Gegner zugefügte Nachteil so erheblich ist, daß dadurch deffen wirtschaftliche Vernichtung herbeigeführt wird, oder wenn der Nachteil, der dem Gegner erwächst, zu dem erstrebten Vorteil in keinem Ver­ hältnisse steht (Komm. v. RGR. § 826 Anm. 5°). An dieser Anschauung hält der Senat auch für die Jetztzeit fest. Insbesondere kann er nicht anerkennen, daß der Begriff der guten Sitten, für den das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden bestimmend ist, oder das Durchschnittsmaß von Anforderungen, dir der Verkehr an die Wahrung von Redlichkeit und Anstand stellt, auf irgendeinem Gebiete, insbesondere auf dem des wirtschaftlichen Lohn­ kampfs andere geworden sind. Von den vorstehend dargelegten Gesichtspunkten aus ist der vor­ liegende Fall zu entscheiden. Danach stand eS dem Kläger frei, Mit­ glied der Beklagten zu 1 zu bleiben oder seinen Austritt zu erklären, ohne daß er für seine Entschließung nach der einen oder anderen Seite Gründe anzugeben oder jemand Rechenschaft abzulegen hatte. Nach ihnen war aber auch zu beurteilen, ob die Maßnahmen, die die

Beklagten in § 5 des zwischen ihnen abgeschlossenen Tarifvertrags getroffen haben, über das Maß des Zulässigen hinausgingm. . Hierzu hat das Berufungsgericht tatsächlich festgestellt, daß der § 5 des Tarifvertrags von der Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die der Reichsarbeitsminister am 5. Oktober 1919 erteilt hat, ausdrücklich ausgenommen ist. Es stellt ferner fest, daß dem Beklagten ju 3 alle bedeutenderen Bühnen des Deutschen Reichs und Deutsch-Österreich»

angehören und daß für den Kläger als erstklassigen Schauspieler nur solche Bühnen als Wirkungsstätten in Betracht kommen. Die Folge der in § 5 enthaltenen Abmachung sei also die, daß der Kläger nach seinem Ausscheiden aus der Beklagten zu 1 sich in Deutschland und Deutsch-Österreich nicht mehr seinem Berufe entsprechend betätigen könne und sein Brot im Ausland oder aber unter Aufgabe feine» Beruf» als Schauspieler der Sprechbühne als Filmschauspieler suchen müffe. § 5 würde also, wenn er von den Beklagten zur Anwendung gebracht würde, dem Kläger die Ausübung seines Berufs im Inland unmöglich machen und damit seine wirtschaftliche Existenz vernichten, oder aber ihn zwingen, seinen Beruf als Schauspieler der Sprechbühne, in dem er Hervorragendes leistet, aufzugeben und sich dem Film­ schauspiel zuzuwenden. Es bedarf nur der Feststellung dieser Folgen, um erkennen zu lassen, daß diese Maßnahme die Grenze des Zulässigen weit überschreitet und gegen die guten Sitten verstößt. Hiernach ist der mit der Klage geltend gemachte Anspruch des Klägers» wie er im Berufungsurteil näher bestimmt ist, auS §§ 138, 826 BGB. zu Recht erhoben.

100. Darf ein Wechselschuldner, dem ein Recht auf Wechselprolonga­ tion eingeräumt ist, die» dem Gläubiger nur entgegenhalten, wenn er ihm rechtzeitig den Prolongationswechsel znr Berfiignng gestellt hat? V. Zivilsenat.

Urt. v. 26. April 1922 i S. B. (Bell.) w. F. sKl.). V 585/21.

I. Landgericht Koblenz, Kammer f. Handelssachen. — H Oberlandesgericht Köln.

Die Klägerin klagt im Wechselprozeß auf Zahlung von 600 000 .X nebst Zinsen und Wechselunkosten aus 5 vom Beklagten am 25. No­ vember 1920 gezogenen, am 25. Februar 1921 fälligen, vom Be­ zogenen nicht akzeptierten, mangels Zahlung rechtzeitig protestierten Wechseln, die vom Beklagten an die Klägerin indossiert waren. Der Beklagte wandte unter Berufung auf einen Vertrag vom 15. Oktober 1920 Stundung der Wechselforderung für so lange Zeit ein, als die

Beklagten in § 5 des zwischen ihnen abgeschlossenen Tarifvertrags getroffen haben, über das Maß des Zulässigen hinausgingm. . Hierzu hat das Berufungsgericht tatsächlich festgestellt, daß der § 5 des Tarifvertrags von der Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die der Reichsarbeitsminister am 5. Oktober 1919 erteilt hat, ausdrücklich ausgenommen ist. Es stellt ferner fest, daß dem Beklagten ju 3 alle bedeutenderen Bühnen des Deutschen Reichs und Deutsch-Österreich»

angehören und daß für den Kläger als erstklassigen Schauspieler nur solche Bühnen als Wirkungsstätten in Betracht kommen. Die Folge der in § 5 enthaltenen Abmachung sei also die, daß der Kläger nach seinem Ausscheiden aus der Beklagten zu 1 sich in Deutschland und Deutsch-Österreich nicht mehr seinem Berufe entsprechend betätigen könne und sein Brot im Ausland oder aber unter Aufgabe feine» Beruf» als Schauspieler der Sprechbühne als Filmschauspieler suchen müffe. § 5 würde also, wenn er von den Beklagten zur Anwendung gebracht würde, dem Kläger die Ausübung seines Berufs im Inland unmöglich machen und damit seine wirtschaftliche Existenz vernichten, oder aber ihn zwingen, seinen Beruf als Schauspieler der Sprechbühne, in dem er Hervorragendes leistet, aufzugeben und sich dem Film­ schauspiel zuzuwenden. Es bedarf nur der Feststellung dieser Folgen, um erkennen zu lassen, daß diese Maßnahme die Grenze des Zulässigen weit überschreitet und gegen die guten Sitten verstößt. Hiernach ist der mit der Klage geltend gemachte Anspruch des Klägers» wie er im Berufungsurteil näher bestimmt ist, auS §§ 138, 826 BGB. zu Recht erhoben.

100. Darf ein Wechselschuldner, dem ein Recht auf Wechselprolonga­ tion eingeräumt ist, die» dem Gläubiger nur entgegenhalten, wenn er ihm rechtzeitig den Prolongationswechsel znr Berfiignng gestellt hat? V. Zivilsenat.

Urt. v. 26. April 1922 i S. B. (Bell.) w. F. sKl.). V 585/21.

I. Landgericht Koblenz, Kammer f. Handelssachen. — H Oberlandesgericht Köln.

Die Klägerin klagt im Wechselprozeß auf Zahlung von 600 000 .X nebst Zinsen und Wechselunkosten aus 5 vom Beklagten am 25. No­ vember 1920 gezogenen, am 25. Februar 1921 fälligen, vom Be­ zogenen nicht akzeptierten, mangels Zahlung rechtzeitig protestierten Wechseln, die vom Beklagten an die Klägerin indossiert waren. Der Beklagte wandte unter Berufung auf einen Vertrag vom 15. Oktober 1920 Stundung der Wechselforderung für so lange Zeit ein, als die

332

100.

Prolongationswechsel.

Waren (Holz) von der belgischen Regierung, für die sie bestimmt waren, noch nicht bezahlt seien. Die Klägerin bestritt, daß aus dem Abkommen vom 15. Oktober 1920 der Beklagte, der übrigens dabei .gar nicht Vertragspartei gewesen sei, Stundung beanspruchen könnte, zumal er unterlassen habe, rechtzeitig Prolongationswechsel zu übersenden. Der Beklagte machte hiergegen geltend, daß eine Pflicht zur rechtzeitigen Übersendung von Prolongationswechseln nur für den Schuldner be­

stehe, nicht aber für den vorliegenden Fall anzunehmen sei, in dem die Wechsel für erst noch zu liefernde Ware im voraus, gewissermaßen auf Kredit, gegeben seien. Das Landgericht wies die Klage ab, das Ober­ landesgericht verurteiste den Beklagten nach dem Klagantrag unter Vorbehalt der Ausführung seiner Rechte. Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: ... Zu prüfen ist lediglich die Frage, ob der Beklagte der Klage aus den von ihm gezogenen, von ihm an die Klägerin indossiertm, von dieser mangels Zahlung protestierten Wechseln die Einrede der Prolongation entgegenhalten kann, was das Landgericht angenommen, das Berufungsgericht verneint hat. Der Auffassung des Berufungs­ gerichts muß beigepflichtet werden. Der Beklagte entnimmt seinen An­ spruch auf Prolongatton aus der Vereinbarung vom 15. Oktober 1920, während die Klägerin bestritt, daß der Beklagte überhaupt Vertrags­ partei dabei gewesen sei und das Abkommen mit unterzeichnet habe, das sich -brigens auf die hier eingeklagten Wechsel gar nicht beziehe. Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, ob der Beklagte das Abkommen vom 15. Oktober 1920 mit unterschrieben habe oder nicht. Denn wenn es vom Beklagten nicht unterschrieben sein sollte, so könnte er sich nicht auf das nur zwischen den Parteien, die den Prolongationsvertrag geschlossen haben, wirkende Prolongationsversprechen berufen; aber auch wenn dies der Fall wäre, würde es seine Verurteilung nicht aus­ schließen. Denn er oder N., auf den die — nicht akzeptierten — Wechsel gezogen sind, hätte vor Fälligkeit der Klagewechsel neue Wechsel an­ bieten müffelt. Da er dies nicht getan, könne er sich auf ein Prolon­ gationsversprechen nicht mehr berufen. Die Behauptung des Beklagten, daß die von dem Prolongationsabkommen betroffenen Klagewechsel eine Vorleistung von ihm auf noch zu lieferndes Holz, also Kreditwechsel seien, und daß in einem derartigen Falle die Pflicht, die Prolongations­ wechsel rechtzeitig anzubieten, nicht bestehe, erklärt das Berufungsgericht für unerheblich, da gerade bis zur Abwicklung des Holzgeschäfts durch Abnahme und Bezahlung seitens der belgischen Regierung die Prolon­ gation der Wechsel erfolgen sollte. Diese Auffaffung wird von der Revision ohne Erfolg beanstandet. War der Beklagte der Kreditgeber, der der Klägerin, der Kreditnehmerin, zur Kreditgewährung Wechsel

mit der Abrede gab, daß sie prolongiert werden müßten, so sei, wie die Revision erklärt, die Klägerin auch verpflichtet gewesen, diese Ab­ machung zu halten; hier wäre es ihre Sache gewesen, Kreditverlängerung zu beantragen, so daß der Regelfall, daß der Wechselschuldner den Prolongationswechsel rechtzeitig anbieten müsse, hier nicht vorliege. Wenn auch das Reichsgericht, soweit ersichtlich, bisher keine Veranlaffung gehabt hat, zur Frage der Verpflichtung zur rechtzeitigen Einsendung von Prolongationswechseln Stellung zu nehmen, so liegt doch eine Reihe von Urteilen von Oberlandesgerichten vor, die sämtlich die Auffassung vertreten, daß der Wechselschuldner, der an sich auf ein Prolongationsversprechen sich berufen könnte, dies dann nicht darf, wenn er nicht dafür gesorgt hat, daß der Wechselgläubiger rechtzeitig bei Verfall des Wechsels im Besitze des Prolongationswechsels ist. Dies wird zutreffend damit begründet, daß der Wechselgläubiger in der Lage sein müßte, sich durch Begebung der zweiten Tratte die Mittel zur Einlösung der ersten zu beschaffen. Dies entspreche der im Handel herrschenden Verkehrssitte. Daher sei es Pflicht deffen, der von dem Prolongationsversprechen Gebrauch machen wolle, dem Wechselgläubiger rechtzeitig den Prolongationswechsel zur Verfügung zu stellen oder doch anzubieten sCelle vom 13. Juli 1892 in Seuff. Arch. Bd. 48 Nr. 9; Dresden vom 14. Januar 1898 in DIZ. 1899 Sp. 260; Kammergericht vom 8. Mai 1899 in KGBl. 1899 S. 51; Dresden vom 13. Dezember 1904 in Seuff. Arch. Bd. 60 Nr. 106; Hamburg vom 29. Januar 1909 in Recht 1909 Nr. 1403). In einem Urteil vom 27. März 1909 (Sächs. Arch. f. Rechtspflege 1909 S. 565) hat das Oberlandesgericht Dresden unter Aufrechterhaltung dieses Grund­ satzes anders entschiedm, weil der Kläger den Wechsel nicht ausgeben durfte, daher des neuen, ihm einen Tag nach Fälligkeit des alten Wechsels übersandten Prolongationswechsels nicht bedurfte, um sich damit Deckung für Einlösung des alten zu beschaffen, und damit der Grund entfalle, der sonst die wirksame Berufung auf die Prolongations­ abrede von der Einsendung des Prolongationswechsels noch vor dem Verfall des alten Wechsels abhängig mache. In keinem dieser zu billigenden Urteile wird ein Unterschied ge­ macht zwischen dem die Prolongationsabrede in Anspruch nehmenden Wechselschuldner als Kreditnehmer und als Kreditgeber. Ob der in diesen Urteilen Vertretene Standpunkt unter allen Umständen auch dann aufrecht zu erhalten ist, wenn der Wechsel.nicht auf Schuld, sondern auf Kredit gegeben ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da der für diesen Standpunkt maßgebende Grund nach der eigenen Erklärung des Beklagten auch hier zutrifft. Er hatte behauptet, H. (bet Vertreter der Klägerin) habe die Wechsel erhalten, um ihm zu ermöglichen, in Bayern Holz zu kaufen als Ersatz für das mangelhafte in Andernach

834

100.

Prolongationswechsel.

lagernde Holz. Sollte also die Klägerin die Wechsel im Interesse des Beklagten verwerten zur Beschaffung des ihm zu liefernden Holzes, dann mußte er auch die Klägerin durch rechtzeitige Zurverfügung­ stellung von Prolongationswechseln in den Stand setzen, die Wechsel am Verfalltag einzulösen. Wie der Beklagte selbst erklärt, konnte die Klägerin die Wechsel zu Geld machen, um liefern zu können; nach seiner weiteren Angabe mußte er ihr die Mittel an die Hand geben, damit diese überhaupt die versprochene Ersatzleistung beschaffen konnte. Dies sollte, wie aus dem Abkommen vom 15. Oktober 1920 erhellt, durch „an Zahlungsstatt gegebene", zu diskontterende Wechsel geschehen. Damit stellte sich die Hingabe dieser Wechsel wirtschaftlich als eine Art von Vorschuß auf den Kaufpreis dar, die aber den Zweck, der Klägerin den Ankauf des Holzes zu ermöglichen, nur dann erfüllte, wenn sie so oft und so lange erneuert wurden, bis die Klägerin nach Gmehmigung und Bezahlung der Ware durch die belgische Regierung an den Beklagten in den Besitz des bis dahin gestundeten Kaufpreises gelangte. Hieraus ergibt sich die Pflicht einerseits der Klägerin zur Prolongation der Wechsel bis zur Bezahlung durch die belgische Re­ gierung, anderseits des Beklagten, die Klägerin ebmso lange mit Pro­ longationswechseln zu versehen. Denn andernfalls würde die Klägerin bei Eintritt der Verfallzeit der Wechsel, ehe sie in Besitz der Kauf­ summe gelangt war, derselben Zahlungsschwierigkeit ausgesetzt gewesen sein, vor der sie durch Hingabe der Klagewechsel bewahrt werden sollte. Ob die Klägerin etwa die Wechsel tatsächlich zur Beschaffung des Holzes nicht verwendet, sie vielmehr bis zur Fälligkeit an sich behalten hat, würde an der Verpflichtung des Beklagten zur rechtzeitigen Ein­ lösung der Prolongationswechsel nichts ändern, da einmal, falls die Klägerin die erforderlichen Mittel sich anderweitig beschafft hätte, dies dem Beklagten unbekannt geblieben sein wird, und da ferner die Klägerin jedenfalls Anspruch auf Bestehenbleiben der durch Hingabe der ersten Wechsel gewährten wechselmäßigen Sicherung hatte. Zur Er­ haltung ihrer wechselmäßigen Rechte war sie daher beim Ausbleiben von Prolongationswechseln nicht nur berechtigt, sondern sogar ver-pflichtet, Protest zu erheben und rechtzeitig Klage anzustellen. Ergibt sich aus dieser Sachlage die Verpflichtung des Beklagten zur Ge­ währung von Prolongationswechseln, so fehlt es weiter auch an einem Grunde, aus dem hier eine Ausnahme von dem Regelfall der Ver­ pflichtung, die Prolongationswechsel rechtzeitig anzubieten oder zu ge­ währen, anzunehmen wäre. Dies gilt schon deshalb, weil hier die Kreditgewährung durch die Hingabe der Wechsel, wenn sie nicht für schon geliefertes Holz gegeben sind, zugleich sich als eine Vorleistung auf den gestundeten Kaufpreis Larsteüt. Dazu kommt aber noch ein wesentlicher Umstand. Der Beklagte hatte die Klägerin solange mit

Prolongationswechseln zu versehen, als diese zur Stundung verpflichtet war, d. h. bis die belgische Regierung gezahlt hatte. Da deren Zahlung an den Beklagten zu erfolgen hatte, der dann, wie angenommen werden muß, unverzüglich die Klägerin bezahlen mußte, so konnte nur er, nicht aber diese, wiffen, ob ein Bedürfnis, die Klägerin mit Pro­ longationswechseln zu versehen, bestand. Auch hieraus ergibt sich seine Anbietungspflicht....

101.

Zum Begriff der persönlichen Eigenschaften im Sinne des § 1333 BGB.

vn. Zivilsenat.

Urt. v. 12. Mai 1922 i. S. Ehefr. P. (Bekl.) w. Ehem. P. (Kl.). VII 479/21.

I. Landgericht Hannover. — II. OberlandeSgericht Celle.

Die Parteien haben am 5. August 1914 die Ehe geschloffen. Dem Kläger war vor der Eheschließung bekannt, daß die Beklagte vorher mit einem andern verlobt gewesen war und mit diesem Geschlechts­ verkehr gepflogen hatte. Dagegen war ihm nicht bekannt, daß aus diesem Verkehr ein Kind hervorgegangen war. Hiervon erhielt er erst im Jahre 1920 nach seiner Rückkehr aus französischer Gefangenschaft Kenntnis. Er hat die Ehe wegen Irrtums über persönliche Eigen­ schaften der Beklagten gemäß § 1333 BGB. angefochten. Das Land­ gericht wies die Klage ab; das Oberlandesgericht sprach die Nichtigkeit der Ehe aus. Die Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: Die Revision verstellt zunächst zur Nachprüfung, ob die Tatsache, daß die Beklagte zur Zeit der Eheschließung Mutter eines lebenden KindeS war, als eine „persönliche Eigenschaft" der Beklagten im Sinn des § 1333 BGB. auszufassen ist, oder ob es sich nicht vielmehr um ein persönliches Verhältnis handelt, das zwar bei arglistiger Täuschung über sein Bestehen gemäß § 1334, nicht aber nach § 1333 BGB. wegen bloßen Irrtums zur Eheayfechtung berechtigt. Da das Be­ rufungsgericht arglistige Täuschung nicht sestgestellt hat, muß zu der Rechtsfrage entscheidend Stellung genommen werden, was, soweit er­ sichtlich, bisher in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht ge­ schehen ist. Faßt man den Begriff der- „persönlichen Eigenschaften" in streng grammatischem Sinne auf. so sind darunter allerdings nur solche Be­ schaffenheitsmerkmale zu verstehen, die der Persönlichkeit eines Menschen an sich zukommen, die in ihrer Gesamtheit seine Individualität kenn­ zeichnen, diese Person von anderen unterscheiden. Die Eigenschaften in

Prolongationswechseln zu versehen, als diese zur Stundung verpflichtet war, d. h. bis die belgische Regierung gezahlt hatte. Da deren Zahlung an den Beklagten zu erfolgen hatte, der dann, wie angenommen werden muß, unverzüglich die Klägerin bezahlen mußte, so konnte nur er, nicht aber diese, wiffen, ob ein Bedürfnis, die Klägerin mit Pro­ longationswechseln zu versehen, bestand. Auch hieraus ergibt sich seine Anbietungspflicht....

101.

Zum Begriff der persönlichen Eigenschaften im Sinne des § 1333 BGB.

vn. Zivilsenat.

Urt. v. 12. Mai 1922 i. S. Ehefr. P. (Bekl.) w. Ehem. P. (Kl.). VII 479/21.

I. Landgericht Hannover. — II. OberlandeSgericht Celle.

Die Parteien haben am 5. August 1914 die Ehe geschloffen. Dem Kläger war vor der Eheschließung bekannt, daß die Beklagte vorher mit einem andern verlobt gewesen war und mit diesem Geschlechts­ verkehr gepflogen hatte. Dagegen war ihm nicht bekannt, daß aus diesem Verkehr ein Kind hervorgegangen war. Hiervon erhielt er erst im Jahre 1920 nach seiner Rückkehr aus französischer Gefangenschaft Kenntnis. Er hat die Ehe wegen Irrtums über persönliche Eigen­ schaften der Beklagten gemäß § 1333 BGB. angefochten. Das Land­ gericht wies die Klage ab; das Oberlandesgericht sprach die Nichtigkeit der Ehe aus. Die Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: Die Revision verstellt zunächst zur Nachprüfung, ob die Tatsache, daß die Beklagte zur Zeit der Eheschließung Mutter eines lebenden KindeS war, als eine „persönliche Eigenschaft" der Beklagten im Sinn des § 1333 BGB. auszufassen ist, oder ob es sich nicht vielmehr um ein persönliches Verhältnis handelt, das zwar bei arglistiger Täuschung über sein Bestehen gemäß § 1334, nicht aber nach § 1333 BGB. wegen bloßen Irrtums zur Eheayfechtung berechtigt. Da das Be­ rufungsgericht arglistige Täuschung nicht sestgestellt hat, muß zu der Rechtsfrage entscheidend Stellung genommen werden, was, soweit er­ sichtlich, bisher in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht ge­ schehen ist. Faßt man den Begriff der- „persönlichen Eigenschaften" in streng grammatischem Sinne auf. so sind darunter allerdings nur solche Be­ schaffenheitsmerkmale zu verstehen, die der Persönlichkeit eines Menschen an sich zukommen, die in ihrer Gesamtheit seine Individualität kenn­ zeichnen, diese Person von anderen unterscheiden. Die Eigenschaften in

diesem engen Sinne können körperlicher, geistiger oder sittlicher Art sein. Unter diesen strengen Eigenschastsbegriff fällt das Verhältnis der Mutter zu ihrem Kinde, die Mutterschaft, nicht; sie ist weder eine körperliche, noch eine geistige oder sittliche Eigenschaft. Aber mit einer so engen Begriffsbegrenzung würde man dem Sinn und Zweck des § 1333 BGB. nicht völlig gerecht werden. Persönliche Verhältniffe lassen sich nicht grundsätzlich als etwas für die Persönlichkeit Gleich­ gültiges von den „persönlichen Eigenschaften" unterscheiden (vgl. auch Hölder in Jherings Jahrb. Bd. 42 S. 31). Es gibt persönliche Ver­ hältnisse, die, wie z. B. die Vermögensyerhältnisse, in einem rein äußer­ lichen Zusammenhänge mit einer Person stehen, die Persönlichkeit als solche nicht berühren, während es anderseits persönliche Verhältniffe gibt, die gerade in der Persönlichkeit wurzeln, ihren Ausfluß bilden und so eng mit ihr verknüpft sind, daß sie nach allgemeiner Lebens­ anschauung persönlichen Eigenschaften gleicherachtet und gleichbehandelt werden. Für die Auslegung des Begriffs der „persönlichen Eigen­ schaften" im Sinn des § 1333 kommt es weniger auf die sprachlich­ grammatische Begriffsbestimmung an, als vielmehr auf die natürliche Lebensauffassung. Für eine gedeihliche eheliche Lebensgenieinschaft ist die Persönlichkeit der Ehegatten und alles, was ihrer Persönlichkeit als solcher anhaftet, von höchster Bedeutung. Dem will das Gesetz in § 1333 Rechnung tragen, indem es einem Ehegattm, der sich in bezug auf die Persönlichkeit des anderen Ehegatten — zum Unterschied von dessen mit seiner Person zwar äußerlich verbundmen, in seiner inneren Persönlichkeit als solcher aber nicht wurzelnden Verhältniffen — geirrt hat, die Anfechtung der Ehe gestattet, wenn der Irrtum nach allgemeiner verständiger Lebensauffassung von dem Wesen der Ehe sich als ein wesentlicher darstellt. Die Kommission für die zweite Lesung des BGB. (Prot. Bd. 4 S. 75) hat, indem sie die Anfechtung der Ehe wegen bloßen Irrtums über persönliche Eigenschaften zuließ, erwogen, daß tatsächlich eine Reihe persönlicher Eigenschaften der Eheschließenden im Leben als wesentlich angesehen würde. Habe sich einer der Ehe­ schließenden in einem Irrtum befunden, so entspräche es der Mlligkeit, diesem Umstande Rechnung zu tragen. Der Staat habe ein Interesse daran, die Auflösung von Ehen zu ermöglichen, welche sich nach Lage der Verhältnisse voraussichtlich dauernd unglücklich gestalten würden. Diese zutreffende Erwägung läßt es trotz des sonst für das Eherecht maßgeblichen GmndsatzeS, die Ehen nach Möglichkeit auftecht zu er­ halten, gerechtfertigt erscheinen, dem Begriff der „persönlichen Eigen­ schaften" im Sinne des § 1333 eine weitere Auslegung zu geben. Dem steht auch nicht entgegen' daß die Reichstagskommission (Reichst.

1895/96, Drucks. Nr. 440 b S. 58) den Zusatz in der Reichstagsvor­ lage: „oder solche persönliche Verhältnisse" wieder gestrichen hat. Denn

aus der Begründung ergibt sich, daß die Streichung nur erfolgt ist, um einer allzuweiten Ausdehnung der Jrrtumsanfechtung, insbesondere auch auf die Vermögensverhältnisse, vorzubeugen. Legt man nun aber den § 1333 dahin aus, daß unter den Be­ griff der „persönlichen Eigenschaften" auch solche persönliche Verhält­ nisse eines Ehegatten zu rechnen sind, die in seiner Persönlichkeit ihre eigentliche Wurzel haben und sich von ihr nicht trennen lassen, so fällt auch die Mutterschaft darunter, und zwar diese für sich allein betrachtet, ohne Rücksicht auf den mit ihr verbundenen Verlust der Jungfräulich­ keit. Für den vorliegenden Fall kommt es hiernach nur noch darauf an,' ob der Irrtum des Klägers darüber, daß die Beklagte zur Zeit der Eheschließung die Mutter eines außerehelichen Kindes war, als rin wesentlicher Irrtum anzusehen ist, obwohl dem Kläger, wie das Be­ rufungsgericht festgestellt hat, damals bekannt war, daß die Beklagte vorher mit ihrem früheren Verlobten Geschlechtsverkehr gepflogen hatte. Dem Vorderrichter muß nun aber in der Auffassung beigepflichtet werden, daß vom objektiven Standpunkt einer verständigen Würdigung der Sachlage und des Wesens der Ehe es einen erheblichen Unterschied bedeutet, ob die Frau durch außerehelichen Geschlechtsverkehr lediglich ihre Jungfräulichkeit eingebüßt hatte, oder aber ob sie infolge dieses Verkehrs Mutter eines noch lebenden Kindes war. Über einen folgen­ losen Geschlechtsverkehr mit einem früheren Verlobten konnte den Kläger die Erwartung hinwegsehen lassen, daß die Öffentlichkeit von dem Fehltrüt der Beklagten nichts erfahren und der Ruf seiner zu­ künftigen Frau wenigstens nach außen hin unbeeinträchtigt bleiben würde. Anders aber, wenn die Beklagte Mutter eines noch am Leben befind­ lichen Kindes, wenn also ein lebender Zmge ihres unehelichen Ge­ schlechtsverkehrs vorhanden war. Es mußte dann mit der Wahrschein­ lichkeit oder doch mindestens mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß das Kind eines Tags auftreten und durch Geltendmachung seiner Kindesrechte gegenüber der Mutter und seinen etwaigen ehelichen Halb­ geschwistern die „Familienruhe in unangenehmer Weise stören, die Be­ klagte in der Öffentlichkeit bloßstellen und die Ehegatten in ihrem Bekanntenkreis in eine schiefe und peinliche Lage bringen würde. Nach allgemeiner Lebensauffassung würde ein Mann, wenn er von der un­ ehelichen Mutterschaft seiner Braut Kenntnis erhält, bei verständiger Würdigung der Sachlage und des Wesens der Ehe von der Eheschließung Abstand nehmen, auch wenn er von der Tatsache eines vorehelichen Ge­ schlechtsverkehrs seiner Braut mit einem anderen Manne Kenntnis HÄ und über den Mangel der Jungfräulichkeit hinwegzusehen geneigt ist. Die Entscheidung hängt also lediglich noch davon ab, ob der Kläger nach seinem subjektiven Empfinden auch die Mutterschaft der Beklagten bei Kenntnis derselben nicht als einen Hinderungsgrund der ^eLntsch. in Zivils. 104.

22

338

102.

Ansprüche aus der Säkularisation.

schließung angesehen haben würde. Der Vorderrichter hat dies unter Berücksit^igung des gesamten Vorbringens der Streitteile verneint. Diese Feststellung liegt rein auf tatsächlichem Gebiete, ihre sachliche Nachprüfung ist daher dem Revisionsgericht verschlossen. Ein prozeß­ rechtlicher Verstoß liegt nicht vor. Da das Kind der Beklagten noch am Leben ist, kann die Frage unentschieden bleiben, ob der Anfechtung auch dann noch stattzugeben wäre, wenn das Kind vor Erhebung der Anfechtungsklage verstorben wäre.

102. Haftet der Preußische Staat nach der Kabinettsorder vom 25. September 1834 für den Anspruch einer Kirchengemeinde gegen ein säkularisiertes Stift auf Bestreitung kirchlicher Bedürfnisse, wenn die Säkularisation während der französischen Zwischenherrschaft erfolgt «vd von dem Stistsvermögen nichts in den Besitz des Preußischen Staates gelangt istIV. Zivilsenat. Urt. v. 15. Mai 1922 i. S. Preuß. Staat iBekl.) w. kath. Kirchengemeinde in Nordhausen (Kl.). IV 524/21. I. Landgericht Erfurt. — II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Im Jahre 962 errichtete die Königin Mathilde, Witwe Heinrichs I., in Nordhausen ein Nonnenkloster (Kanonissenstift), das später nls Stift ad Sanctam Crucem bezeichnet wurde. Mit dem Stift war eine Kirche verbunden. Kaiser Friedrich II. verwandelte dies Kloster im Jahre 1220 in ein Kanonikerstift. Die Stiftsgeistlichen übten in Nordhausen und Umgegend die Seelsorge aus. Durch Edikt des Königs von Westfalen vom 1. Dez. 1810 wurden alle Stifter im Königreich Westfalen und damit auch das Kreuzstift in Nordhausen aufgehoben, die Stiftsgüter wurden vom Staate eingezogen. Die Stiftskirche blieb als Pfarrkirche bestehen. Durch Kgl. Dekret vom 11. Jan. 1812 wurde eine vom Westfälischen Staate zu zahlende Dotation festgesetzt. Nach Beendigung der Zwischenherrschaft hat der Preuß. Staat die jährlichen Dotationsbeträge weiter entrichtet. Die klagende Kirchengemeinde als Gemeinde der früheren Stiftskirche ist der Ansicht, daß der Be­ klagte verpflichtet sei, die Dotationsbeträge den jetzigen Zeitverhältnissen ekitsprechend zu erhöhen. Sie stützt den Anspruch vor allem auf die Kabinettsorder vom 25. Sept. 1834. Das Landgericht hat den Klag­ anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Reichsgericht hat das Urteil aufgehoben.

338

102.

Ansprüche aus der Säkularisation.

schließung angesehen haben würde. Der Vorderrichter hat dies unter Berücksit^igung des gesamten Vorbringens der Streitteile verneint. Diese Feststellung liegt rein auf tatsächlichem Gebiete, ihre sachliche Nachprüfung ist daher dem Revisionsgericht verschlossen. Ein prozeß­ rechtlicher Verstoß liegt nicht vor. Da das Kind der Beklagten noch am Leben ist, kann die Frage unentschieden bleiben, ob der Anfechtung auch dann noch stattzugeben wäre, wenn das Kind vor Erhebung der Anfechtungsklage verstorben wäre.

102. Haftet der Preußische Staat nach der Kabinettsorder vom 25. September 1834 für den Anspruch einer Kirchengemeinde gegen ein säkularisiertes Stift auf Bestreitung kirchlicher Bedürfnisse, wenn die Säkularisation während der französischen Zwischenherrschaft erfolgt «vd von dem Stistsvermögen nichts in den Besitz des Preußischen Staates gelangt istIV. Zivilsenat. Urt. v. 15. Mai 1922 i. S. Preuß. Staat iBekl.) w. kath. Kirchengemeinde in Nordhausen (Kl.). IV 524/21. I. Landgericht Erfurt. — II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Im Jahre 962 errichtete die Königin Mathilde, Witwe Heinrichs I., in Nordhausen ein Nonnenkloster (Kanonissenstift), das später nls Stift ad Sanctam Crucem bezeichnet wurde. Mit dem Stift war eine Kirche verbunden. Kaiser Friedrich II. verwandelte dies Kloster im Jahre 1220 in ein Kanonikerstift. Die Stiftsgeistlichen übten in Nordhausen und Umgegend die Seelsorge aus. Durch Edikt des Königs von Westfalen vom 1. Dez. 1810 wurden alle Stifter im Königreich Westfalen und damit auch das Kreuzstift in Nordhausen aufgehoben, die Stiftsgüter wurden vom Staate eingezogen. Die Stiftskirche blieb als Pfarrkirche bestehen. Durch Kgl. Dekret vom 11. Jan. 1812 wurde eine vom Westfälischen Staate zu zahlende Dotation festgesetzt. Nach Beendigung der Zwischenherrschaft hat der Preuß. Staat die jährlichen Dotationsbeträge weiter entrichtet. Die klagende Kirchengemeinde als Gemeinde der früheren Stiftskirche ist der Ansicht, daß der Be­ klagte verpflichtet sei, die Dotationsbeträge den jetzigen Zeitverhältnissen ekitsprechend zu erhöhen. Sie stützt den Anspruch vor allem auf die Kabinettsorder vom 25. Sept. 1834. Das Landgericht hat den Klag­ anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Reichsgericht hat das Urteil aufgehoben.

Aus den Gründen: Nach der Kabinettsorder vom 25. Sept. 1834 soll eine rechtliche Verpflichtung des Staates und daher auch ein Anspruch der Kirchen­ gemeinde auf vollständige oder ergänzende Dotation u. a. anerkannt werden, wenn die betreffende Gemeinde, ohne zu einer anderen Pfarr­ kirche des Orts oder der Nachbarschaft wirklich eingepfarrt zu sein, wenigstens 44 Jahre hindurch vom Jahre 1803 exklusive an zurück­ gerechnet, also vom Jahre 1759 ab, im fehlerfreien ununterbrochenen Besitze der von dem aufgehobenen Kloster oder Stift ihr geleisteten Pfarrdienste sich befunden hat. Das Berufungsgericht hält diese Vor­ aussetzung im vorliegenden Falle für gegeben. . Mindestens seit 1674 bis zur Aufhebung des Stifts sei den Katholiken von Nordhausen Und Umgegend die Pfarrseelsorge von den Stiftsgeistlichen gewährt worden. Die Stiftskirche habe als Pfarrkirche gedient. Das Stift habe die ganzen Kultuskosten der Pfarrfeelsorge allein getragen. Ta das Stift mehrere Menschenalter, wenn nicht gar, wie sehr wahrscheinlich, Jahr­ hunderte allein die volle Seelsorge geleistet habe, dürfe angenommen werden, daß es das jeweils Erforderliche gewährt habe und bei ge­ steigerten Bedürfnissen auch für den Mehrbedaiff aufgekommen sei. Die Pfarrgemeinde habe sich somit dem Stift gegenüber in einem diesen gesteigerten Bedürfnissen entsprechenden Rechtsbesitz befunden. Der Be­ klagte sei deshalb auf Grund der KabO. zur Gewährung einer den jetzigen Verhältniffen entsprechenden Dotation verpflichtet.... jNach Zurückweisung verschiedener Revisionsangriffe heißt es weiter:) Der Beklagte hatte behauptet, es sei nach der Säkularisation überhaupt kein Stiftsvermögen an den Preußischen Staat gelangt, von dem ein Ertrag habe erzielt werden können. Das gesamte, vom Königreich Westfalen säkularisierte Kloster- und Stiftsvermögen ses zur Deckung von Staatsausgaben des Königreichs Westfalen verwendet und restlos aufgebraucht worden. Dazu sagt das Berufungsgericht: Es könne zweifelhaft erscheinen, ob die Zulänglichkeit des säkularisierten Vermögens bereits im Verfahren über den Grund^des Anspruchs fest­ gestellt werden müsse. Jedoch unterliege die Zulässigkeit einer solchen Feststellung keinem Bedenken. Der gestellte Hilfsantrag gebe hier ge­ nügenden Anlaß, über den vom Beklagten erhobmen Einwand schon jetzt zu entscheiden. Er sei unbegründet. Der beklagte Preußische Staat übersehe, daß er der Rechtsnachfolger des Westfälischen geworden sei und es deshalb vertreten müsse, wenn letzterer Staat die Zurück­ behaltung und Bereitstellung der zur Bestreitung der kirchlichen Be­ dürfnisse erforderlichm Mittel trotz ausreichender Erträgnisse versäumt und das ganze frühere Stiftsgut verausgabt und versilbert haben sollte.. Die Frage der Zulänglichkest des Stiftsvermögens konnte nicht bloß, 22*

sie mußte in dem bisherigen Abschnitt des Verfahrens entschieden werden. Denn wenn infolge Mangels jeglichen Stiftsvermögens der Anspruch gänzlich wegfällt, kann er auch nicht nach § 304 ZPO. dem Grunde nach festgestellt werden. Es handelt sich um eine sogen, rechts­ hindernde Tatsache fvgl. RGZ. Bd. 96 S. 39) und nicht um eine Un­ zulänglichkeitseinrede nach Art derjenigen des § 1990 BGB., und selbst in diesem Falle müßte die Entscheidung im Urteil über den Grund des Anspruchs ergehen (RGZ. Bd. 61 S. 293). Die sachliche Begründung aber, mit der das Berufungsgericht den Einwand zurückweist, ist rechtlich nicht haltbar. Es ist richtig, daß der säkularisierende Staat selbst, wenn er das eingezogene Stistsvermögen zu anderen Zwecken als zur Erfüllung der auf diesem Ver­ wögen ruhenden Verpflichtungen gegenüber der Kirchengemeinde ver­ braucht, von seiner Haftung dieser gegenüber nicht befreit wird sRGZ. Bd. 96 S. 42 zu 3 b). Es ist ferner richtig, daß der Beklagte in An­ sehung des Klaganspruchs Rechtsnachfolger des Westfälischen Staates geworden ist, und zwar sowohl nach A Nr. 3 KabO. v. 31. Jan. 1827 (GS. S. 13) als nach der KabO. vom 25. Sept. 1834. Aber es fragt sich, ob der Beklagte den Verbrauch des Stiftsvermögens durch seinen Rechtsvorgänger zu vertreten hat. Die Frage ist nach der KabO. von 1834 zu verneinen. Durch diese KabO. ist die Haftung des Preuß. Staates für die Ansprüche der Kirchengemeinden ausdrücklich auf die Erträge des säkularisierten Vermögens beschränkt, und es kann sich daher nur fragen, ob darunter die Erträge zu verstehen sind, die jenes Vermögen im Zeitpunkt der Säkularisation abwarf, oder diejenigen, die zur Zeit der Geltendmachung des gegenwärtigen Anspruchs auf­ kommen. Erstere Auffassung hat das Landgericht vertreten. Sie ist aber nicht zu billigen. Die Frage ist in dem der KabO. zugrunde liegenden Ministerialbericht vom 19. Aug. 1834 erörtert. Dort ist ge­ sagt, es könnten Fälle eintreten, in denen der Fonds, aus dem die durch die Säkularisationen begründeten Ansprüche der Gemeinden gegen Stifter und Klöster zu realisieren gewesen seien, — das durch die Säkularisation gewonnene Stiftsvermögen — während der Zwischen­ regierung verloren gegangen sei, und es scheine dann eine Unbilligkeit darin zu liegen, daß die spätere Regierung die nachteiligen Folgen einer Operation tragen sollte, deren Vorteile einer früheren zugute gekommen seien. Der König habe jedoch bisher in allen Fällen, wo einzelne Korporationen zu Recht beständige Ansprüche gegen die Zwischenregie­ rung erworben gehabt hätten, die letzteren zu vertreten geruht, und es dürste daher dasselbe Verfahren auch in Zukunft zu beachten sein, zumal es sich im ganzen doch nur um ein Objekt von geringer Bedeutung handele. Von diesem Vorschlag der Minister ist aber die KabO. selbst abgewichen, indem sie eine Beschränkung der Haftung des Staates auf

103.

Abgeleitete Firma.

Prüfungspflicht deS Registerrichters.

341

die Erträge des eingezogenen Klostervermögens eingeführt hat. Das kann — zumal im Zusammenhalt mit der abweichenden Stellungnahme der Minister in dem Bericht vom 19. Aug. 1834 — nur bedeuten, daß den Ansprüchen die Befriedigung versagt werden soll, wenn und soweit zur Zeit ihrer Geltendmachung ein zu ihrer Deckung ausreichender Ertrag des Stiftsvermögens nicht vorhanden ist. Diese Auffassung steht im Einklang mit dem schon erwähnten Urteil des Senats vom 19. Mai 1919 (RGZ. Bd. 96 S. 41 zu 3a und b). Darin ist aus­ gesprochen, daß die Frage, aus welchen Bestandteilen das Kloster­ vermögen bestehe, nur nach dem Zeitpunkt der Säkularisation beurteilt werden kann, während dessen Wert allerdings nach dem Zeitpunkt zu bemessen sei, in dem die Bauverpflichtung des Preußischen Staates — die damals im Streit war — zu erfüllen sei, mit der Maßgabe jedoch, daß dieser den Fehlbetrag zu vertreten habe, wenn er das Kloster­ vermögen in einer bei Berücksichtigung seiner Baulast mit den Gmndsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht im Einklang stehenden Weise anderweit verbraucht habe. Dieser Beurteilung steht auch die KabO. von 1827 nicht ent­ gegen. Allerdings enthält sie eine entsprechende Einschränkung nicht. Aber die KabO. von 1834 hat die Bedeutung einer Deklaration und deshalb rückwirkende Kraft. Es muß also gerade so angesehen werden, als wenn die KabO. von 1834 gleichzeitig mit derjenigen von 1827 erlassen worden wäre (vgl. RGZ. Bd. 103 S. 308). Es kommt nach alledem auf die Behauptung des Beklagten an, daß von dem Stifts­ vermögen nichts in seinen Besitz gelangt sei. Das Berufungsurteil muß daher aufgehoben und die Sache zur Prüfung dieser Frage an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Zu beachten bleibt dabei aber, daß es nicht genügen würde, wenn der Beklagte nachwiese, daß das ursprüngliche Stiftsvermögen vom Westfälischen Staate auf­ gebraucht sei. Er müßte vielmehr dartun, daß auch ein Gegenwert, den etwa der Westfälische Staat erhalten hatte, nicht in seine Hand gestossen sei....

103. 1. Zum Grundsatz der uuveräuderte« Firmenfortführung im Falle des § 22 HGB. 2. Worauf hat sich die Prüfung des Registerrichters zu er­ strecken, wenn eine abgeleitete Firma von dem Übernehmer durch Beräußemng einer Zweigniederlassung als selbständiges Geschäft oder auf andere Weise vervielfältigt werden soll? II. Zivilsenat. Beschl. v. 16. Mai 1922 in der Handelsregistersache betr. die Kefersteinsche Papierhandlung G. m. b. H. IIB 1/22.

103.

Abgeleitete Firma.

Prüfungspflicht deS Registerrichters.

341

die Erträge des eingezogenen Klostervermögens eingeführt hat. Das kann — zumal im Zusammenhalt mit der abweichenden Stellungnahme der Minister in dem Bericht vom 19. Aug. 1834 — nur bedeuten, daß den Ansprüchen die Befriedigung versagt werden soll, wenn und soweit zur Zeit ihrer Geltendmachung ein zu ihrer Deckung ausreichender Ertrag des Stiftsvermögens nicht vorhanden ist. Diese Auffassung steht im Einklang mit dem schon erwähnten Urteil des Senats vom 19. Mai 1919 (RGZ. Bd. 96 S. 41 zu 3a und b). Darin ist aus­ gesprochen, daß die Frage, aus welchen Bestandteilen das Kloster­ vermögen bestehe, nur nach dem Zeitpunkt der Säkularisation beurteilt werden kann, während dessen Wert allerdings nach dem Zeitpunkt zu bemessen sei, in dem die Bauverpflichtung des Preußischen Staates — die damals im Streit war — zu erfüllen sei, mit der Maßgabe jedoch, daß dieser den Fehlbetrag zu vertreten habe, wenn er das Kloster­ vermögen in einer bei Berücksichtigung seiner Baulast mit den Gmndsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht im Einklang stehenden Weise anderweit verbraucht habe. Dieser Beurteilung steht auch die KabO. von 1827 nicht ent­ gegen. Allerdings enthält sie eine entsprechende Einschränkung nicht. Aber die KabO. von 1834 hat die Bedeutung einer Deklaration und deshalb rückwirkende Kraft. Es muß also gerade so angesehen werden, als wenn die KabO. von 1834 gleichzeitig mit derjenigen von 1827 erlassen worden wäre (vgl. RGZ. Bd. 103 S. 308). Es kommt nach alledem auf die Behauptung des Beklagten an, daß von dem Stifts­ vermögen nichts in seinen Besitz gelangt sei. Das Berufungsurteil muß daher aufgehoben und die Sache zur Prüfung dieser Frage an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Zu beachten bleibt dabei aber, daß es nicht genügen würde, wenn der Beklagte nachwiese, daß das ursprüngliche Stiftsvermögen vom Westfälischen Staate auf­ gebraucht sei. Er müßte vielmehr dartun, daß auch ein Gegenwert, den etwa der Westfälische Staat erhalten hatte, nicht in seine Hand gestossen sei....

103. 1. Zum Grundsatz der uuveräuderte« Firmenfortführung im Falle des § 22 HGB. 2. Worauf hat sich die Prüfung des Registerrichters zu er­ strecken, wenn eine abgeleitete Firma von dem Übernehmer durch Beräußemng einer Zweigniederlassung als selbständiges Geschäft oder auf andere Weise vervielfältigt werden soll? II. Zivilsenat. Beschl. v. 16. Mai 1922 in der Handelsregistersache betr. die Kefersteinsche Papierhandlung G. m. b. H. IIB 1/22.

342

103.

Abgeleitete Firma.

Prüfungspflicht des Registerrichters.

I. Amtsgericht Berlin-Mitte. — II. Landgericht I daselbst.

Gründe:

Durch notariellen Vertrag vom 26. November 1920 veräußerte die Kefersteinsche Papierhandlung, Kommanditgesellschaft in Halle a. S., ihre Zweigniederlassung Berlin mit dem Recht zur Fortfühmng der Firma an eine am gleichen Tage errichtete Gesellschaft m. b. H., zu deren Gründern sie gehörte. Die Firma der Kommanditgesellschaft ist eine abgeleitete; die persönlich haftenden Gesellschafter heißen A., B. und W. Als die neu gegründete Gesellschaft m. b. H. die Firma „Kefersteinsche Papierhandlung Gesellschaft m. b. H." zur Eintragung in das Handels­ register anmeldete, lehnte das Amtsgericht den Antrag ab. Das Land­ gericht wies die Beschwerde zurück. Das Kammergericht wollte der weiteren Beschwerde stattgeben, sah sich daran aber gehindert durch einen in Seufferts Bl. f. Rechtsanwendung Bd. 77 S. 460 abgedruckten Beschluß des Bayr. Obersten Landesgerichts. Danach soll, wenn eine Zweigniederlassung mit abgeleiteter Firma als selbständiges Geschäft veräußert wird, der Registerrichter die Eintragung der Firma für den neuen Erwerber versagen, sofern ihm nicht die Zustimmung des ur­ sprünglichen Firmeninhabers hierzu nachgewiesen wird. Da das Kammergericht der Ansicht ist, daß eine solche Nachforschung außerhalb der Aufgaben des Registerrichters liegt, hat es die weitere Beschwerde unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Reichsgericht vorgelegt.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 FGG. sind hiernach ge­ geben. In der Sache selbst ist vorauszuschicken, daß die von dem Amts­ gericht zunächst geforderte Firma „ Kefersteinsche Papierhandlung Kommanditgesellschaft Gesellschaft m. 6. H." unzulässig sein würde. Aller­ dings muß die Vorschrift des § 22 HGB. über die Fortführung der „bisherigen" Firma streng ausgelegt werden. Grundsätzlich ist die Firma so fortzuführen, wie sie lautet; auch die Ausscheidung von Teilm der Firma ist, wie der erkennende Senat noch in RGZ. Bd. 96 S. 195 entschieden hat, nicht gestattet. Das gilt indes nicht von Zu­ sätzen, die nur auf die Gesellschaftsform Hinweisen, insbesondere dann nicht, wenn das Geschäft von einer Gesellschaft übernommen wird, die ihrerseits nach § 20 HGB. oder § 4 Abs. 2 GmbHG. einen ihrer Berfaffung entsprechenden andern Zusatz aufnehmen muß. Das Wort „Kommanditgesellschaft" ist kein die Individualisierung bezweckender Firmenbestandteil. ES ist der Firma nur beigefügt, um der Vorschrift des §19 Abs. 2 HGB. zu genügen; an dem dem Auge und Ohre sich einprägenden Klangbilde nimmt es nicht teil. Würde es neben dem durch § 4 Abs. 2 GmbHG. gebotenen Zusatz „Gesellschaft m. b. H." in der neuen Firma erscheinen, so wären Mißverständnisse und Unklar­ heiten unvermeidlich. Niemand, der nicht über den Gründungshergang

unterrichtet ist, würde wissen, ob es sich um eine Kommanditgesellschaft oder um eine Gesellschaft m. b. H. handelt. In solchem Falle zwingt der Grundsatz der Firmenwahrheit sogar dazu, den Zusatz der Firma der veräußernden Gesellschaft wegzulassen. Auch in der Streitfrage, die die Abgabe der Sache an das Reichs» gericht veranlaßt hat, muß der Auffassung des Kammergerichts bei­ getreten werden. Das Bayer. Oberste Landesgericht hält sich hier an das Urteil des I. Zivilsenats des Reichsgerichts Bd. 67 S. 94, wonach die Zustimmung des früheren Firmeninhabers zur Fortführung der Firma im Zweifel zwar die Ermächtigung umfaßt, die Firma für Zweig» niederlaffungen zu gebrauchen, dagegen nicht auch die Ermächtigung, die Zweigniederlassung mit der abgeleiteten Firma als selbständiges Geschäft weiter zu" veräußern. Diesem auf die Beobachtung der regel­ mäßigen Willensrichtung eines Firmenveräußerers gestützten Erfahrungs­ satze tritt bir jetzt erkennende Senat bei. Allein es folgt daraus nichts für die Stellung, die in einem Falle der letzterwähnten Art der Registerrichter gegenüber dem Eintragungsantrag einzunehmen hat. Für ihn ist der ursprüngliche Firmenträger ein Dritter; die Nachprüfung aber, ob durch die Eintragung die Rechtsstellung Dritter gefährdet oder verletzt wird, liegt außerhalb seiner Zuständigkeit. § 22 HGB. ver­ langt für die Fortführung der abgeleiteten Firma nur die Einwilligung des „bisherigen" Geschäftsinhabers. Mit Recht nimmt daher das Kammergericht an, daß der Registerrichter die Frage der Zustimmung des ursprünglichen Firmenträgers nicht zu prüfen hat. Wird dessen Namensrecht durch die Eintragung verletzt, so bleibt es ihm überlassen, seine Ansprüche im Klagewege geltend zu machen (vgl. § 12, § 823 Abs. 2 BGB.); auf weitergehenden Schutz durch das Registergericht hat er keinen Anspruch. Hiernach genügt die von der Kefersteinschen Papierhandlung Kommanditgesellschaft erklärte Einwilligung, um gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 GmbHG. Verb, mit § 22 HGB. den Eintragungsantrag zu rechtfertigen. Bemerkt mag aber werden, daß im vorliegenden Fall auch Satz 1 des Z 4 Abs. 1 GmbHG. zum gleichen Ziele führt. Die Kommanditgesellschaft hat sich an der Gründung beteiligt und nach Satz 1 darf die Firma der Gesellschaft m. 6. H. den Namen eines Gesellschafters enthallen. Wenn das Kammergericht diese Bestimmung hier nicht an­ gewandt wiffen will, weil die Kommanditgesellschaft eine Gemeinschaft zur gesamten Hand, ihre Firma daher nicht der Name „eines Gesell­ schafters" im Sinne des Satzes 1 sei, so ist das folgewidrig. Läßt man einmal Kommanditgesellschaften als Gründer und Gesellschafter einer Gesellschaft m. b. H. zu — was allgemein geschieht, laut §§ 124, 161 HGB. auch unbestreitbar richtig ist —, so muß man es auch gestatten, daß sich das neue Unternehmen nach ihnen benennt. Die

Firma, die sie nach § 19 Abs. 2 HGB. führen, ist ihr Name (vgl. §§ 6, 17 das.), und zwar nicht nur in einzelnen Beziehungen oder für den Geltungsbereich des Handelsgesetzbuchs, sondern dnrchtveg. Be­ denken könnten nur erhoben werden vom Standpunkt des Bayer. Obersten Landesgerichts aus, insofern auch darin, daß die Mutter­ gesellschaft die Gesellschaft m. b. H. mitbegründet und ihr ihren Namm gibt, eine Vervielfältigung der Firma liegt, die vielleicht dem Willen des ursprünglichen Firmenträgers widerspricht. Wie erörtert, greift aber dieses Bedenken nicht durch; der Registerrichter hat sich darum nicht zu kümmern.

1. Zur Haftung der Eiseubah« im Falle unvollständiger Angaben im Frachtbrief. 2. Zur Haftung der BersicherungSgesellschaft für eine Aus­ kunft, die ein Angestellter des Generalagenten dem Versicherungs­ nehmer über eine nicht zweifelsfreie Bestimmung der BerficherungSbedingungen erteilt hat.

104.

VIB Zivilsenat, litt. v. 19. Mai 1922 i. S. der Ges. m. b. H. für Fette usw. (Kl.) w. die Ver. Vers.-Ges. (Bekl.). VII 403/21. I. Landgericht Köln. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten 200 Säcke Pferdefutter und 3 Kisten mit je 50 Flaschen Kognak für die Reise von Altona nach Hannover in geschlossenem Eisenbahnwagen versichert. Unterwegs sind eine Kiste mit Inhalt und die übrigen 100 Flaschen aus den zwei andern Kisten abhanden gekommen. Mit der Klage forderte die Klägerin Zahlung der auf die abhanden gekommenen Sachen ent­ fallenden Versicherungssumme. Die Beklagte bestritt ihre Ersatzpflicht unter Berufung auf § 2 Abs. 1 und 2 der Allg. Versicherungs­ bedingungen, weil die Klägerin in dem Frachtbrief als Inhalt des Wagens lediglich das Pferdefutter, nicht aber die drei Kisten mit Kognak angegeben hatte. Die Klägerin hat demgegenüber die Anwendbarkett dieser Bestimmungen des Versicherungsvertrags bestritten und weiter sich darauf berufen, daß die Angabe des Kognaks im Frachtbrief des­ halb unterblieben sei, weil ihr Angestellter bei den Verhandlungen über den Abschluß der Versicherungen von der diese in Vertretung des Generalagenten der Beklagten führenden Person auf Beftagen die Auskunft erhaltm habe, daß die Angabe des Kognaks auf dem Frachtbrief nicht nötig sei, wohl aber in der Police. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision der

Firma, die sie nach § 19 Abs. 2 HGB. führen, ist ihr Name (vgl. §§ 6, 17 das.), und zwar nicht nur in einzelnen Beziehungen oder für den Geltungsbereich des Handelsgesetzbuchs, sondern dnrchtveg. Be­ denken könnten nur erhoben werden vom Standpunkt des Bayer. Obersten Landesgerichts aus, insofern auch darin, daß die Mutter­ gesellschaft die Gesellschaft m. b. H. mitbegründet und ihr ihren Namm gibt, eine Vervielfältigung der Firma liegt, die vielleicht dem Willen des ursprünglichen Firmenträgers widerspricht. Wie erörtert, greift aber dieses Bedenken nicht durch; der Registerrichter hat sich darum nicht zu kümmern.

1. Zur Haftung der Eiseubah« im Falle unvollständiger Angaben im Frachtbrief. 2. Zur Haftung der BersicherungSgesellschaft für eine Aus­ kunft, die ein Angestellter des Generalagenten dem Versicherungs­ nehmer über eine nicht zweifelsfreie Bestimmung der BerficherungSbedingungen erteilt hat.

104.

VIB Zivilsenat, litt. v. 19. Mai 1922 i. S. der Ges. m. b. H. für Fette usw. (Kl.) w. die Ver. Vers.-Ges. (Bekl.). VII 403/21. I. Landgericht Köln. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten 200 Säcke Pferdefutter und 3 Kisten mit je 50 Flaschen Kognak für die Reise von Altona nach Hannover in geschlossenem Eisenbahnwagen versichert. Unterwegs sind eine Kiste mit Inhalt und die übrigen 100 Flaschen aus den zwei andern Kisten abhanden gekommen. Mit der Klage forderte die Klägerin Zahlung der auf die abhanden gekommenen Sachen ent­ fallenden Versicherungssumme. Die Beklagte bestritt ihre Ersatzpflicht unter Berufung auf § 2 Abs. 1 und 2 der Allg. Versicherungs­ bedingungen, weil die Klägerin in dem Frachtbrief als Inhalt des Wagens lediglich das Pferdefutter, nicht aber die drei Kisten mit Kognak angegeben hatte. Die Klägerin hat demgegenüber die Anwendbarkett dieser Bestimmungen des Versicherungsvertrags bestritten und weiter sich darauf berufen, daß die Angabe des Kognaks im Frachtbrief des­ halb unterblieben sei, weil ihr Angestellter bei den Verhandlungen über den Abschluß der Versicherungen von der diese in Vertretung des Generalagenten der Beklagten führenden Person auf Beftagen die Auskunft erhaltm habe, daß die Angabe des Kognaks auf dem Frachtbrief nicht nötig sei, wohl aber in der Police. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision der

Klägerin wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Aus den Gründen: ... Zunächst ist der Revision darin beizutreten, daß sich eine Nichthaftung der Beklagten aus § 2 Abs. 1 der Versicherungs­ bedingungen nicht herleiten läßt. Nach dieser Bestimmung haftet die Beklagte nicht für Schaden, der entstanden ist durch „unrichtige De­ klaration". Mit dem Berufungsrichter ist zwar davon auszugehen, daß unter „Deklaration" in dieser Bestimmung die Angaben im Fracht­ brief, nicht aber die Angaben in der Police, wie die Klägerin meint, zu verstehen sind; allein der Schaden, für den im Falle unrichtiger Angaben die Haftung ausgeschlossen ist, muß durch die unrichtige Deklaration entstanden, durch sie verursacht sein. Von einem solchen, zum Ausschluß der Haftung notwendigen ursächlichm Zusammenhang kann aber hier, wo der Schaden durch Entwendung entstanden ist, keine Rede sein. Auch die Anwendbarkeit des Abs. 2 des § 2, nach dem die Beklagte nicht haftet „in den Fällen, in denen die Bahnverwaltung nach ihren Reglements keine Verantwortlichkeit übernimmt", hat der Berufungsrichter zu Unrecht auf Grund des § 57 der Eisenbahn­ verkehrsordnung angenommen. Nach dieser Bestimmung „haftet der Absender der Eisenbahn für die Richtigkeit und Vollständigkeit der in den Frachtbrief aufgenommenen Angaben ... und trägt alle Folgen, die aus unrichtigen ... Eintragungen entspringen." Danach hat^ aller­ dings' der Absender auch denjenigen Schaden zu tragen, der ihn selbst trifft, und zwar auch dann, wenn er durch Abhandenkommen des be­ förderten .Gutes entsteht, aber nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes immer nur unter der Voraussetzung, daß der Schaden in ursäch­ lichem Zusammenhang mit der Unrichtigkeit der Angaben steht. Ein solcher Zusammenhang ist aber, wie bereits ausgesührt, hier nicht dargetan. Nun läßt der Berufungsrichter dahingestellt, ob überhaupt bezüg­ lich des Kognaks ein Vertrag zwischen der Klägerin und der Bahn zustande gekommen ist. Nach § 61 EVO. ist der Frachtvertrag ab­ geschlossen, sobald die Abfertigungsstelle das Gut mit dem Frachtbriefe zur Beförderung angenommen hat. Hier ist das im geschlossenen Waggon verladene Gut seitens der Bahn mit dem Frachtbrief nicht nur angenommen, sondern auch befördert worden. Daß aber im Falle unvollständiger Angaben im Frachtbrief ein Frachtvertrag nicht zustande käme, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Illach § 84 EVO. würde die Haftung der Bahn nur dann wegfallen, wenn der Absender durch seine unvollständigen Angaben den Schaden verursacht hätte. Fehlt es aber hiernach an dem Nachweise, daß die Bahn eine Verantwortlichkeit für den eingeklagten Schaden „nach ihren Reglements" nicht trifft, so

346

105.

Reichshaftung für Arbeiter- und Soldatenräte.

entfällt damit die Berufung der Beklagten auf die int § 2 Abs. 2 ihrer Bedingungen vereinbarte Haftungsausschließung. Die Revision wendet sich aber auch mit Recht gegen die Aus­ führungen des Berufungsrichters, mit denen er das Vorbringen der Klägerin bezüglich der ihr angeblich erteilten Auskunft als unerheblich abweist. Die Behauptungen der Klägerin gehen in ihrem Zusammen­ hänge dahin, daß eine Angestellte des Generalagmten diesen mit seinem Wissen und Willen bei mündlichen wie schriftlichen Verhand­ lungen mit dem Versicherungslustigen und insbesondere bei den Ver­ handlungen über den Abschluß des der Klage zugrunde liegenden Versicherungsvertrags vertreten habe. Wenn nun auch das Reichsgericht bisher nur ausgesprochen hat, daß die Versicherungsgesellschaften nach dem das Versicherungswesen ganz besonders beherrschenden Grundsätze von Treu und Glauben die Erklärungen der von ihnen dem Publi­ kum zur Vennittelung bereitgestellten Agenten über den Inhalt und die Bedeutung nicht zweifelsfreier Bestimmungen der Versicherungs­ bedingungen gegen sich gelten lassen müssen, obgleich die Agenten keines­ wegs ihre Vertreter sind, so muß doch in folgerichtiger Fortentwicklung dieses Gedankens die gleiche Wirkung einer dem Versicherungslustigen auf Befragen erteilten Auskunft zugestanden werden, wenn sie von einer Angestellten d?s Agenten gegeben wird, die ihn mit seinem Willen und Wissen dem Publikum gegenüber vertritt. Das gilt vor allem in einem Fall wie dem vorliegenden, wo es sich um einen Generalagenten in einer Großstadt handelt, von dem die Beklagte, wie ohne weiteres an­ zunehmen ist, recht wohl weiß, daß er sich zur Bescheidung des Publi­ kums seiner Angestellten bedient....

105. Wer haftet für den durch Auordnungen örtlicher Arbeiter­ und Soldatenröte entstandenen Schaden, wenn diese Anordnungen die Heeresverwaltung betrafen, aber zugleich zur Aufrechterhaltuug der öffentlichen Ordnnag getroffen worden sind? in. Zivilsenat. Urt. v. 19. Mai 1922 i. S. PH. Aktienges. (Kl.) w. Preuß. Staat (Bekl.). III 565/21. I. Landgericht Bochum. — II. Oberlandesgericht Hamm.

Auf den Schachtanlagen der Klägerin arbeiteten während des Krieges feindliche Gefangene, die von deutschm Soldaten bewacht wurden. Diese erhielten eine tägliche Löhnung von 4 JI, die ihnen von der Klägerin nach einem mit der Militärverwaltung getroffenen Abkommen ausgezahlt und der letzteren wieder in Rechnung gestellt

346

105.

Reichshaftung für Arbeiter- und Soldatenräte.

entfällt damit die Berufung der Beklagten auf die int § 2 Abs. 2 ihrer Bedingungen vereinbarte Haftungsausschließung. Die Revision wendet sich aber auch mit Recht gegen die Aus­ führungen des Berufungsrichters, mit denen er das Vorbringen der Klägerin bezüglich der ihr angeblich erteilten Auskunft als unerheblich abweist. Die Behauptungen der Klägerin gehen in ihrem Zusammen­ hänge dahin, daß eine Angestellte des Generalagmten diesen mit seinem Wissen und Willen bei mündlichen wie schriftlichen Verhand­ lungen mit dem Versicherungslustigen und insbesondere bei den Ver­ handlungen über den Abschluß des der Klage zugrunde liegenden Versicherungsvertrags vertreten habe. Wenn nun auch das Reichsgericht bisher nur ausgesprochen hat, daß die Versicherungsgesellschaften nach dem das Versicherungswesen ganz besonders beherrschenden Grundsätze von Treu und Glauben die Erklärungen der von ihnen dem Publi­ kum zur Vennittelung bereitgestellten Agenten über den Inhalt und die Bedeutung nicht zweifelsfreier Bestimmungen der Versicherungs­ bedingungen gegen sich gelten lassen müssen, obgleich die Agenten keines­ wegs ihre Vertreter sind, so muß doch in folgerichtiger Fortentwicklung dieses Gedankens die gleiche Wirkung einer dem Versicherungslustigen auf Befragen erteilten Auskunft zugestanden werden, wenn sie von einer Angestellten d?s Agenten gegeben wird, die ihn mit seinem Willen und Wissen dem Publikum gegenüber vertritt. Das gilt vor allem in einem Fall wie dem vorliegenden, wo es sich um einen Generalagenten in einer Großstadt handelt, von dem die Beklagte, wie ohne weiteres an­ zunehmen ist, recht wohl weiß, daß er sich zur Bescheidung des Publi­ kums seiner Angestellten bedient....

105. Wer haftet für den durch Auordnungen örtlicher Arbeiter­ und Soldatenröte entstandenen Schaden, wenn diese Anordnungen die Heeresverwaltung betrafen, aber zugleich zur Aufrechterhaltuug der öffentlichen Ordnnag getroffen worden sind? in. Zivilsenat. Urt. v. 19. Mai 1922 i. S. PH. Aktienges. (Kl.) w. Preuß. Staat (Bekl.). III 565/21. I. Landgericht Bochum. — II. Oberlandesgericht Hamm.

Auf den Schachtanlagen der Klägerin arbeiteten während des Krieges feindliche Gefangene, die von deutschm Soldaten bewacht wurden. Diese erhielten eine tägliche Löhnung von 4 JI, die ihnen von der Klägerin nach einem mit der Militärverwaltung getroffenen Abkommen ausgezahlt und der letzteren wieder in Rechnung gestellt

wurden. Die Klägerin behauptet nun, nach der Revolution hätten die örtlichen Arbeiter- und Soldatenräte (9t. u. S.Räte) sie gezwungen, eine tägliche Vergütung von 12 bis 16 Jt an die Wachmannschaften zu entrichten. Dadurch sei ihr, da die Gefangenen seit Mitte No­ vember 1918 nicht mehr gearbeitet hätten, aber erst im Januar 1919 fortgebracht seien, ein Gesamtschaden von 24 238,48 JI entstanden, zu dessen Erstattung der Beklagte verpflichtet sei. Während das Land­ gericht diesen Anspruch dem Grunde nach für berechtigt erklärte, wies das Oberlandesgericht die Klage wegen mangelnder Sachbefugnis des Beklagten ab. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Gründe: Die Parteien streiten darüber, ob der Preußische Staat den Schaden ersetzen müsse, den gewisse örtliche A.u. S.Räte in Preußen der Klägerin in der im Tatbestand geschilderten Weise schuldhaft zu­ gefügt haben sollen. Der Berufungsrichter verneint es, weil bei Unter­ stellung der Richtigkeit der klägerischen Angaben nur eine Haftung des Reichs in Frage kommen könne. Dem ist beizutreten. Wie in dem Urteil des erkennendem Senats vom 4. April 1922 III 576/21 (RGZ. Bd. 104 S. 257) in eingehender Begründung, dargelegt worden ist, haben sowohl das Reich als auch Preußen der Öffentlichkeit gegen­ über zum Ausdruck gebracht, daß sie die örtlichen A.u. S.Räte als ihre Organe betrachteten und tätig werden ließen. Ausgestattet mit obrigkeitlicher Macht, die sie sich freilich zunächst selbst angemaßt hatten, die ihnen aber dann von der Reichs- und der preußischen Re­ gierung, wenn auch in beschränkterem Umfange, belasten wurde, sollten sie diese Regierungen zu stützen und die republikanische Staatsform sowie die sonstigen Errungenschaften der Revolution zu erhalten, zu sichem und zu festigen suchen. Dadurch aber, daß das Reich und Preußen den A. u. S.Räten die Befugnis zur Ausübung öffentlicher Ge­ walt teils ausdrücklich, teils stillschweigend, teils freiwillig, teils vielleicht unter dem Zwange der Verhältnifle einräumten, haben sie ihnen die Eigen­ schaft von Beamten verliehen. Denn die Berechtigung zur Vornahme von Staatshoheitsakten ist gerade das wesentlichste und charakteristische Merkmal der Beamtenstellung. Derjenige, dem diese Berechtigung von einer Regierung oder den zuständigen Behörden übertragen wird, ist dem Wesen der Dinge nach Beamter, gleichviel, in welcher Form der Übertragungsakt sich vollzieht.

Die revolutionären Verhältniffe brachten xs nun mit sich, daß häufig ein und derselbe A.U.S.R. bei der Regelung nicht nur von Reichs-, sondern auch von Staats- und Kommunalangelegenheiten mit­ zuwirken hatte und mitwirkte. Das erlernten beispielsweise auch die ReichsVO. über das Finanzgebaren der A. u. S.Räte vom 13. Januar 1919 (RGBl. S. 37) und die Bekanntmachung der preußischen

Regiemng betr. Entschädigung der Mitglieder der A. u. S.Räte vom 16. November 1918 (GS. S. 191) als statthaft an. Deshalb muß für die Frage, ob das Reich, Preußen oder ein Kommunalverband für etwaigen Amtsmißbrauch eines A. u. S.R. und dessen schädliche Folgen aufzukommen habe, entscheidend sein, in wessen Angelegenheiten oder Interessen der A. u. S.R. im Einzelfalle seine öffentlichen Macht­ befugnisse ausgeübt hat. Die Möglichkeit des Einstehens verschiedener öffentlichrechtlicher Verbände für Pflichtwidrigkeiten eines Beamten war auch schon vor dem 9. November 1918 gegeben. So haftete und haftet z. B. für einen preußischen Landrat der Staat, wenn er in seiner Eigenschaft als Staatsbeamter, dagegen der Kreis, wenn er als Kommunalbeamter unter Verstoß gegen seine Amtspflichten Dritte schädigte oder schädigt (RGZ. Bd. 100 S. 188). Diese Regelung ent­ spricht der Natur der Sache und der Billigkeit. Von dem ihr zu­ grunde liegenden Gesichtspunkt aus hat der Gesetzgeber auch die Pflicht zur Entlohnung der A.u. S.Räte oder ihrer einzelnen Tätigkeitsakte geordnet. Die von der Klägerin beanstandeten Anordnungen der hier in Betracht kommenden A. u. S.Räte bezweckten eine Erhöhung des Soldes und damit die wirtschaftliche Besserstellung von Heeresangehörigen, griffen also in einen dem Reiche vorbehaltenen Geschäftskreis ein. Denn ihm allein lag — von Bayern abgesehen — die Bestreitung der Heeresausgaben ob (Reichsverf. v. 16. April 1871 Art. 62). Er­ höhten daher die A. u. S.Räte den Betrag der von der Militär­ verwaltung festgesetzten und von der Klägerin für das Reich vertrag­ lich zu verauslagenden Löhnung und zwangen sie die Klägerin zur Auszahlung des erhöhten Soldes, so ist, wenn sie damit ihre amtlichen Befugnisse überschritten, nach § 1 Abs. 1 RG. vom 22. Mai 1910 ausschließlich das Reich ersatzpflichtig. Denn auch die Überschreitung der Zuständigkeitsgrenzen enthält, weil jeder Beamte sie jedem Dritten gegenüber einzuhalten amtlich verpflichtet ist, eine Amtspflichtverletzung i. S. des § 839 BGB. (vgl. RGZ. Bd. 71 S. 63, Bd. 93 S. 261, Bd. 99 S. 288). Soweit aber nicht nur Arbeiter, sondern auch Vertrauensleute des Heeres, also Soldaten, in dieser Eigenschaft bei den in Rede stehenden Beschlüssen der A. u. S.R. mitgewirkt haben, ist eins Haftung des Preußischen Staates auch nach § 1 Abs. 3 a. a. O. ausgeschlossen. Denn nach dem, was oben über den Inhalt und Zweck dieser Be­ schlüsse gesagt ist, betrafen sie lediglich Heeresangelegenheiten und militärdienstliche Interessen. Werden aber S.Räte, sei es auch als Mitglieder gemischter A.U. S.R., auf rein militärischem Gebiete tätig, so sind bei schuldhafter Überschreitung ihrer Dienstbefugnisse, wenn man von den Angehörigen des bayerischen Kontingents absieht, nur

die Voraussetzungen für eine Haftung des Reichs und nicht für die eines einzelnen Landes gegeben. Demgegenüber glaubt die Klägerin ihre Ansprüche gegen den Preußischen Staat mit der Behauptung begründen zu können, daß die Löhnungserhöhung eine polizeiliche Maßregel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gewesen sei. Für diese zu sorgen, sei aber Aufgabe des Beklagten gewesen. Mag nun auch richtig sein, daß ohne die Heraufsetzung der Löhnung die Mannschaften ihrer Bewachungspflicht nicht mehr nachgekommen, die Gefangenen entflohen und die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört worden wären, so ändert dies nichts daran, daß die A. u. S.Räte die öffentliche Gewalt, die sie als Organe des Reichs und Preußens besaßen und auszuüben in der Lage waren, im gegebenen Falle dazu gebrauchten oder miß­ brauchten, um Anordnungen zu treffen, die nur von Reichswegen und von Organen des Reichs getroffen werden konnten. Aus Amtspflichts­ verletzungen aber, deren sie sich in dieser Eigenschaft schuldig machten, läßt sich die Haftung des Preußischen Staates nicht herleiten.

106, Bedarf es, wenn eine vom Gesetz in zulässiger Weise ab­ weichende Satzungsbestimmung infolge Änderung der Gesetzgebung undurchführbar wird, eines besonderen, die Satzungsbestimmung auf­ hebenden Beschlusses der Generalversammlung, oder tritt ohne weitereder dem Gesetze entsprechende Zustand ein? Verteilung einer Super­ dividende an die der Gesellschaft Spiritus liesemdeu Aktionäre; Verbot solcher Lieferung durch das Gesetz über das Branntweiumouopol. II. Zivilsenat. Urt. v. 19. Mai 1922 i. S. Union usw. A.-G. (Kl.) w. Leipz. Spritfabrik, A.G. (Bell.). II 550/21. I. Landgericht Leipzig, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht Dresden.

Die beklagte Aktiengesellschaft betrieb bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 26. Juli 1918 die Ver­ arbeitung von Rohspiritus zu Feinspiritus. Ihr Aktienkapital war nach den Satzungen vom April 1910 in 900 Namensaktien zum Be­ trage von 1000 Jt eingeteilt. Gemäß § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 dieser Satzungen warm die Aktionäre unter Androhung einer Ver­ tragsstrafe verpflichtet, den gesamten von ihnen in ihren Brennereien zu erzeugenden Spiritus ausschließlich an die Gesellschaft zu liefern. § 32 bestimmte, daß der nach gewiffen Zuweisungen an den Reserve­ fonds, die Mitglieder des Vorlands und des Aufsichtsrats und an

die Beamten sowie nach Ausschüttung einer Dividmde von 4°/0 an die

die Voraussetzungen für eine Haftung des Reichs und nicht für die eines einzelnen Landes gegeben. Demgegenüber glaubt die Klägerin ihre Ansprüche gegen den Preußischen Staat mit der Behauptung begründen zu können, daß die Löhnungserhöhung eine polizeiliche Maßregel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gewesen sei. Für diese zu sorgen, sei aber Aufgabe des Beklagten gewesen. Mag nun auch richtig sein, daß ohne die Heraufsetzung der Löhnung die Mannschaften ihrer Bewachungspflicht nicht mehr nachgekommen, die Gefangenen entflohen und die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört worden wären, so ändert dies nichts daran, daß die A. u. S.Räte die öffentliche Gewalt, die sie als Organe des Reichs und Preußens besaßen und auszuüben in der Lage waren, im gegebenen Falle dazu gebrauchten oder miß­ brauchten, um Anordnungen zu treffen, die nur von Reichswegen und von Organen des Reichs getroffen werden konnten. Aus Amtspflichts­ verletzungen aber, deren sie sich in dieser Eigenschaft schuldig machten, läßt sich die Haftung des Preußischen Staates nicht herleiten.

106, Bedarf es, wenn eine vom Gesetz in zulässiger Weise ab­ weichende Satzungsbestimmung infolge Änderung der Gesetzgebung undurchführbar wird, eines besonderen, die Satzungsbestimmung auf­ hebenden Beschlusses der Generalversammlung, oder tritt ohne weitereder dem Gesetze entsprechende Zustand ein? Verteilung einer Super­ dividende an die der Gesellschaft Spiritus liesemdeu Aktionäre; Verbot solcher Lieferung durch das Gesetz über das Branntweiumouopol. II. Zivilsenat. Urt. v. 19. Mai 1922 i. S. Union usw. A.-G. (Kl.) w. Leipz. Spritfabrik, A.G. (Bell.). II 550/21. I. Landgericht Leipzig, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht Dresden.

Die beklagte Aktiengesellschaft betrieb bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 26. Juli 1918 die Ver­ arbeitung von Rohspiritus zu Feinspiritus. Ihr Aktienkapital war nach den Satzungen vom April 1910 in 900 Namensaktien zum Be­ trage von 1000 Jt eingeteilt. Gemäß § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 dieser Satzungen warm die Aktionäre unter Androhung einer Ver­ tragsstrafe verpflichtet, den gesamten von ihnen in ihren Brennereien zu erzeugenden Spiritus ausschließlich an die Gesellschaft zu liefern. § 32 bestimmte, daß der nach gewiffen Zuweisungen an den Reserve­ fonds, die Mitglieder des Vorlands und des Aufsichtsrats und an

die Beamten sowie nach Ausschüttung einer Dividmde von 4°/0 an die

Aktionäre verbleibende Überschuß des Reingewinns — soweit nicht etwas anderes auf Antrag des Aufsichtsrats durch die Generalversamm­ lung beschlosien werde — unter diejenigen Aktionäre verteilt werden sollte, welche in dem betreffenden Geschäftsjahr Rohspiritus an die Gesellschaft geliefert hätten, und zwar im Verhältnis zu dem von dem einzelnen Aktionär gelieferten Rohspiritus (Abs. 5). Durch Vertrag mit der Beklagten vom 28./ 29. Juni 1910 er­ warb die Klägerin 19 Aktien der Beklagten. Unter II. dieses Ver­ trags war bestimmt, daß die Klägerin mit dem 15. September 1910 alle den Brenneraktionären zustehenden Recht« erhalten und alle diesen obliegenden Pflichten übernehmen sollte. Stach Erlaß des Gesetzes über das Branntweinmonopol beraumte der Vorstand der Beklagten für den 19. Dezember 1919 eine General­ versammlung an und verstellte u. a. die folgenden Punkte zur Beschlußfaffung: 1. Streichung der §§ 9 bis 10 (sowie des § 11 Abs. 2); 2. Änderung des § 32 Abs. 5 dahin, daß der überschießende Teil des

Reingewinns, soweit nicht auf Antrag des Aufsichtsrats etwas anderes beschlossen werde, unter die Aktionäre nach Verhältnis ihres Aktien­ besitzes zu verteilen sei. Punkt 1 wurde einstimmig und Punkt' 2 mit allen gegen 32 Stimmen angenommen, von denen 19 für die Klägerin abgegeben wurden. Deren Vertreter erhob gegen den letztgenannten Beschluß EinspMch zum notariellen Protokolle. Die Klage erstrebt Feststellung, daß der den § 32 Abs. 5 der Satzungen ändernde Beschluß der Generalversammlung vom 19. De­ zember 1919 nichtig sei. Die Klage ist in allen Rechtszügen ab­ gewiesen worden. Aus den Gründen: Das Berufungsgericht lehnt die Auffasfung, daß der Klägerin «in ihr durch Mehrheitsbeschluß der Generalversammlung unentziehbares Recht auf den in § 32 Abs. 5 der Satzungen vorgesehenen Sonder­ gewinn zustehe, ab. Ob ihm darin beizutreten ist, kann unerörtert bleiben; denn seine Entscheidung wird jedenfalls durch die Erwägung getragen, daß die Bestimmung des § 32 Abs. 5 infolge Inkrafttretens des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 26. Juli 1918 gegen­ standslos geworden ist. § 214 HGB. Abs. 1 schreibt vor, daß sich die Anteile am Gewinn nach dem Verhältnis der Aktienbeträge bestimmen. Abs. 3 läßt jedoch eine andere Regelung durch den Gesellschaftsvertrag zu. Eine derart vom Grundsatz abweichende Regelung ist in § 32 Abs. 5 der Satzungen der beklagten Gesellschaft vorgesehen. Danach soll ein gewisser Teil des Jahresgewinns unter diejenigen Aktionäre verteilt werden, welche in dem betreffenden Geschäftsjahr Rohspiritus an die Gesellschaft ge-

liefert haben, und zwar im Verhältnis zu der von dem einzelnen Aktionär gelieferten Rohspiritusmenge. Wurde diese Bestimmung in­ folge Eingreifens der Gesetzgebung undurchführbar, so mußte sie ohne weiteres entfallen und der gesetzliche Zustand wieder eintreten, d. h. die Anteile am Gewinn bestimmten sich von nun an wieder nach dem Verhältnisse der Aktienbeträge. Zur Herbeiführung dieser Wirkung bedurfte es nicht einmal eines Beschlusses der Generalversammlung. Wurde er dennoch gefaßt, so kann ihm keine andere Bedeutung bei­ gemessen werden, als daß er einen von selbst eingetretenen Rechts­ zustand öffentlich bestätigte. Unter diesen Umständen kann natürlich auch keine Rede davon sein, daß der angefochtene Beschluß, der nichts weiter als eine solche Bestätigung des sich von selbst vollziehenden Rechtsvorgangs war, gegen die guten Sitten verstieß. Auf alle diesen Punkt behandelnden Erörterungen kommt es daher nicht an. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß durch Einführung des Branntweinmonopols die oben gedachte Bestimmung der Satzung unausführbar geworden ist. Der in § 32 Abs. 5 ge­ währte Sondergewinnbezug war von der in den §§ 9, 10 der Satzungen angeordneten Spirituslieferung der Aktionäre an die Ge­ sellschaft abhängig. Sobald solche Ablieferung an die Gesellschaft durch das Gesetz verboten war und nur noch an das Reich erfolgen durste, war der Sondergewinnverteilung des § 32. Abs. 5 der Boden entzogen. Mit Unrecht vertritt die Klägerin die Ansicht, daß dem § 32 Abs. 5 «jne selbständige, d. h. also von der Vorschrift der §§ 9 und 10 un­ abhängige Bedeutung zukomme. Sie selbst hat ausführen lassen, daß die in § 32 Abs. 5 bestimmte Gewinnverteilung die notwendige Folge der in § 9, 10 festgesetzten Nebenverpflichtung sei und eine Belohnung für möglichst umfangreiche Lieferungen an die Beklagte bedeute, deren Betrieb auf diese Weise gesichert werde. Mit Einführung des Brannt­ weinmonopols ist aber Bedeutung und Zweck der Sondergewinn­ verteilung fortgefallen. Die Beklagte hat ihren Anspruch auf Lieferung von Rohspiritus durch ihre Aktionäre verloren, und ebensowenig hat sie ein Verfügungsrecht hinsichtlich des von ihr zu Reinspiritus der-«rbeiteten Rohspiritus. Sie ist in jeder Beziehung auf das Ermessen der Monopolverwaltung angewiesen. Lediglich die Verarbeitung und Ablieferung der vom Reich zugewiesenen Spiritusmengen steht ihr noch zu. Daher fehst es ihr auch an jedem Jnteresie daran, ob gerade ihre Aktionäre Lieferanten des ihr zugewiesenen Spiritus sind, und welche Mengen diese erzeugen und abliefern. Erhält sie keinen von ihnen herrührenden Spiritus, so wird ihr von der Monopolverwaltung Spiritus anderer Herkunft zugewiesen. Die Art dieser Zuweisung ist eine verwastungstechnische Aufgabe, auf deren Lösung die Beklagte keinm Einfluß hat....

352

107. Deutsch-schweizerisches Goldhypothesenabkommen.

107. Betrifft das Reichsgesetz über daS Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweizerischen Eidgenoffenschaft, betr. schweizerische Goldhypotheken in Deutschland usw., vom 9. Dezember 1920 auch die dinglichen Ansprüche der Gläubiger solcher Hypotheken? V. Zivilsenat.

Urt. v. 20. Mai 1922 i. S. 11. (Kl.) w. B. Lebensversicherungsges. (Bell.). V 557/21.

I. Landgericht Dresden. — II. OberlandeSgericht daselbst. Am 28. August 1900 wurde für die Beklagte — eine schweize­ rische Gesellschaft — auf dem damals dem Schuhwarenfabrikanten H. in D. gehörigen Grundstücke eine Darlehnshypothek von 140000 Jt nebst Zinsen eingetragen. Nach der Eintragung sind Kapital und Zinsen an die Kasse der Beklagten in Basel in Gold zu bezahlen. Am 8. April 1920 erwarb der Kläger das Grundstück von den Erbey des früheren Eigentümers käuflich und übernahm dabei auch die damals noch in Höhe von 100000 zu Recht bestehende DarlehnsHypothek der Beklagten in Anrechnung auf den Kaufpreis. Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß er, solange die BO. über die Unverbindlichkeit gewisser Zahlungsvereinbarungen vom 28. Sep­ tember 1914 (RGBl. S. 417) in Kraft ist, nicht verpflichtet sei, das Darlehnskapital und die Zinsen im vereinbarten Betrage von 1125 Jt für das Vierteljahr aus dem Grundstück in der bei der Fälligkeit güüigen Reichswährung zu zahlen. Denn die vereinbarte Goldklausel sei nach der erwähnten Verordnung bis auf weiteres nicht verbindlich. Allerdings habe die Beklagte ihm auf Grund des Reichsgesetzes über das Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, betreffend schweizerische Goldhypotheken in Deutsch­ land usw., vom 9. Dezember 1920 (RGBl. S. 2023) eine dem Art. 2 dieses Gesetzes entsprechende Erklärung übermittelt. Allein hieraus könne die Beklagte keine Rechte gegen ihn herleiten, da er mangels Mit­ teilung der Schuldübernahme seitens der Veräußerer an die Beklagte nicht persönlich für das Darlehn hafte, die Wirkung des gedachten Ab­ kommens sich aber auf die persönliche Forderung beschränke. Beide Vorinstanzen haben die Klage, mit der der Kläger eine seinem Rechtsstandpunkt entsprechende Feststellung erbat, abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte Erfolg.

Gründe:

Die Borinstanzen haben das Feststellungsbegehren des Klägers für unbegründet erachtet, weil die Erweiterung der Rechte der schweize­ rischen Goldhypothekengläubiger, die durch das Reichsgesetz vom 9. De­ zember 1920 vorgesehen ist, sich nicht nur auf deren persönliche

107. Deutsch-schweizerisches Goldhypothekenabkommen.

353

Forderungen, sondern auch auf ihre dinglichen Ansprüche beziehe. Dieser Entscheidungsgrund wird von der Revision mit Recht bekämpft. Daß sich gegen die Rechtsauffassung der Borinstanzen beachtliche Bedenken erheben lassen, wird auch vom Berufungsgericht nicht ver­ kannt; es erachtet aber für ausschlaggebend, daß sich das deutsch­ schweizerische Goldhypothekenabkommen auf Hypotheken beziehe, daß bei solchen das Schwergewicht auf die dingliche Haftung falle und daß der Zweck deS Abkommens nur unvollkommen erreicht werde, wenn sich die Erweiterung der Rechte der schweizerischen Goldhypothekengläubiger auf ihre persönliche Fordemngen beschränke. Diese Erwägungen sind jedoch nicht entscheidend. Allerdings ist dem Kläger nicht zuzugeben, daß schon die in Art. 1 des Goldhypothekenabkommens enthaltene Begriffsbestimmung der Goldhypotheken die Streitfrage zu seinen Gunsten entscheide. Denn wenn auch in diesem Artikel bestimmt ist, daß unter Goldhypotheken im Sinne des Abkommens gewisse durch Hypothek gesicherte Geld­ forderungen zu verstehen sind, so ist doch aus dieser Begriffsbestimmung nicht zu entnehmen, daß nur die persönlichen Forderungen, nicht aber die dinglichen Ansprüche der Hypoihekengläubiger von dem Abkommen betroffen seien. Ebenso ist kein entscheidendes Gewicht darauf zu legen, daß in dem Abkommen immer nur von dem Gläubiger und dem Schuldner, nicht aber von dem Eigentümer des zur Hypothek gestellten Grundstücks die, Rede ist. Denn es ist wohl möglich, daß bei den in Betracht kommenden Bestimmungen nur an den Regelfall gedacht ist, daß der Eigentümer auch persönlicher Schuldner ist. Anderseits ist aber auch daraus, daß das Abkommen sich auf „Goldhypotheken" bezieht, bei Hypotheken aber die dingliche Haftung des Grundstücks die Hauptrolle spielt, nicht zu entnehmen, daß die den schweizerischen Gold­ hypothekengläubigern zugestandene Erweiterung ihrer Rechte sich auch auf ihre dinglichen Ansprüche beziehen solle. Denn diese Annahme würde mit den Grundprinzipien des deutschen Grundbuchrechts un­ vereinbar sein. Auch die Grundprinzipien eines Rechts können freilich durch die innere Gesetzgebung oder durch internationale Verträge durch­ brochen werden, und es kann sich auch ohne eine ausdrückliche Vor­ schrift aus dem Gesamtinhalt und der Entstehungsgeschichte solcher Verträge bei einer nach Treu und Glauben, erfolgenden Auslegung er­ geben, daß eine Durchbrechung allgemeiner Grundsätze von den Ver­ tragsparteien gewollt ist. In vorliegendem Falle ist aber aus der Entstehungsgeschichte keineswegs zu entnehmen, daß die Vertragschließen­ den sich über die von der Beklagten behauptete WiMng des Abkommens geeinigt hätten. Dm Anlaß zunr Abschluß des Abkommens bildeten, wie die ihm beigegebene Denkschrift (Reichst. 1920 Drucks. Nr. 1073 S. 8) ergibt, «Usch, in Zivils. 104.

23

354

107. Deutsch-schweizerisches Goldhypothekenabkommen.

Meinungsverschiedenheiten zwischen schweizerischen Hypothckengläubigern und deutschen Schuldnern über die Anwendung der BundesratsVO. über die Unverbindlichkeit gewisser Zahlungsvereinbarungen, vom 28. September 1914 (RGBl. S. 417). Wie dem Senat aus der Ver­ handlung der von ihm entschiedenen Prozeßsache Schl, gegen Schweize­ rische Lebensversicherungs- und Nentenanstalt in Zürich V 278/20 (RGZ. Bd. 101 S. 141) bekannt ist, handelte es sich hierbei hauptsächlich um die Frage, ob die Vorschrift der erwähnten Verordnung, derzufolge die vor'dem 31. Juli 1914 getroffenen Vereinbarungen über die Zahlung in Gold bis auf westeres nicht verbindlich sind, auf gewisse zwischen den genannten Gläubigern und Schuldnern vereinbarte Gold­ klauseln deshalb nicht anzuwenden sei, weil sie nach ihrem erkennbaren Zweck nicht als Goldmünzklauseln, sondern als Goldivert- oder Kurs­ garantieklauseln aufzufassen seien. Diese Frage war in einem Gut­ achten des schweizerischen Professors Dr. Weyermann vom 19. De­ zember 1919 bejaht, dabei aber anerkannt worden, daß Goldklauseln letzterer Art nicht in das Grundbuch eingetragen werden könnten und daß der Zweck einer solchen Eintragung nur durch Eintragung einer Höchstbetragshypolhek erreicht werden könne. In letzterem Punkte war dieses Gutachten zutreffend. Denn wenn auch die Eintragung einer Goldmünzklausel für zulässig erachtet wirb (RGZ. Bd. 50 S. 145), so kann doch für die Eintragung einer Klausel, welche die Verpflichtung begründet, außer dem Nennbeträge der Forderung in Reichswährung je nach dem Stande des Goldwertes ein dem Betrage nach unbestimmtes Aufgeld zu zahlen, nicht das Gleiche gelten, da diese Eintragung dem Grundsätze widerspricht, daß der Betrag der Belastung aus dem Grund­ buch hervorgehen muß (RGZ. Bd. 101 S. 141). Nun steht allerdings der Hergang der aus Anlaß des Abschlusses des Goldhypotheken­ abkommens gepflogenen Verhandlungen nicht nach allen Richtungen fest und ist auch der von dem erkennenden Senat gemachte Versuch, diesen Hergang, soweit möglich, durch Heranziehung der Verhandlungs­ protokolle aufzuklären, gescheitert, weil diese Protokolle als vertraulich bezeichnet worden sind, die Schweizerische Regierung aber dem Vorschläge des Auswärtigen Amts, die Protokolle den Gerichten zugängig zu machen, nicht zugestimmt hat. Aus den inzwischen eingegangcnen Er­ klärungen beider vertragschließenden Teile ergibt sich aber, daß, mögen auch in gewisiem Umfange Meinungsverschiedenheiten über das Ergebnis der Verhandlungen obwalten, jedenfalls die Frage der 'dinglichen Haftung des Grundstücks für die erweiterten Ansprüche der Hypotheken­ gläubiger bei den Verhandlungen zur Sprache gekommen ist, daß aber diese Erörtemngen auch nach der Erklärung der Schweizerischen Re­ gierung nicht.W einer Einigung über die dingliche Wirkung des Ab­ kommens geführt haben. Bei dieser Sachlage und da auch aus dm

107. Deutsch-schweizerische- Goldhypothekenabkommen.

855

Bestimmungen des Abkommens selbst sich nicht ergibt, daß sich die (Er­ weiterung der Rechte der schweizerischen Goldhypothekengläubiger auch auf ihre dinglichen Ansprüche beziehe, läßt es sich nicht rechtfertigen, dem Abkommen eine so weitgehende, den Grundsätzen des deutschen Hypothekenrechts zuwiderlaufende Bedeutung beizumessen. Nach den grundlegenden Vorschriften der §§-873, 877. BGB. bedarf es nicht nur zur Entstehung, sondern auch zur Änderung des Inhalts einer

Hypothek der Eintragung in das Grundbuch. Auch muß die Eintragung gemäß § 1115 BGB. den Geldbetrag der Forderung, für die das Grundstück haften soll, ziffermäßig dergestalt in Reichswährung an­ geben, daß sich der Umfang der Belastung ohne weiteres aus dem Grundbuch ergibt. Mit diesen Grundsätzen ist aber die Erstreckung der in dem Abkommen vorgesehenen Umgestaltung der Rechte der schweizerischen Hypothekengläubiger auf ihre dinglichen Ansprüche nicht in Einklang zu bringen. Denn eine Eintragung der durch diese Um­ gestaltung erweiterten Rechte der Hypothekengläubiger in das Grund­ buch ist in dem Abkommen nicht vorgesehen. Sie liefe auch dem § 1115 BGB. zuwider, da die in An. 3 des Abkommens bestimmten Rechte der Hypothekengläubiger den nach dieser Vorschrift an die ein­ zutragende Forderung zu stellenden Anforderungen nicht entsprechen. Der Hinweis der Beklagten darauf, daß der Grundsatz des § 1115 BGB. auch durch die auf Grund der BO. vom.13. Februar 1920 (RGBl. S. 231) erfolgte Zulassung von Balntahypotheken durchbrochen sei, kann demgegenüber nicht ins Gewicht fallen. Denn auch bei der Zulassung dieser Hypotheken ist wenigstens im übrigen an dem Ein­ tragungsgrundsatz der §§ 873, 877 BGB. festgehalten. Auch wird ihre Zulassung von gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht (§ 1) und ist durch eine Reihe von Vorschriften (§§ 6 bis 8, 10) Vorsorge für die Behandlung dieser Hypotheken bei der Zwangsversteigerung ge­ troffen. Schließlich handelt es sich hier um Ausnahmevorschriften, welche die Durchbrechung der allgemeinen Grundsätze klar und unzwei­ deutig zum Ausdruck bringen. Von alledem ist aber bei der Um­ gestaltung der schweizerischen Goldhypotheken in Deutschland nicht die Rede. Vielmehr gingen schon bei den Verhandlnngm die Auffassungen der schweizerischen und der deutschen Delegation über die Tragweite des Abkommens auseinander und eine Einigung ist nicht erzielt worden. Der Standpunkt der Beklagten ist daher abzulehnen. Er würde auch zu einer nicht zu rechtfertigenden Beeinträchtigung der Rechte der Nach­ hypothekare führen; denn wenn ihnen auch Hypotheken mit einer Gold­ münzklausel vorgingen, die nur bis auf weiteres für unverbindlich er­ klärt waren, so würden doch die durch das Abkommen mit sofortiger Wirkung an deren Stelle getretenen Verzinsungs- und Rückzahlungs­ bedingungen ihre Lage erheblich verschlechtert haben, sofern man nicht 28*

356

107. Teutsch-schweizerisches Goldhypothelenabkommcu.

annimmt, daß ihre Rechte gegenüber den Ansprüchen der Goldhypothekengläubiger insoweit deu Vorrang haben, als diese Ansprüche über das der ursprünglichen Eintragung entsprechende Maß hinausgehen; hierfür aber bietet das Abkommen gleichfalls keinen Anhalt. Nicht zu verkennen ist- freilich, daß der hier vertretene Standpunkt zu einer der Billigkeit nicht entsprechendm Belastung des persönlichen Schuldners führen kann, wenn er das Grundstück veräußert hat, ohne daß der Erwerber, sei es durch befreiende Schuldübernahme, sei es wenigstens durch Vertrag mit dem Schuldner, diesem gegenüber die Schuld übernommen hat. Allein diese mißliche Folge hat der Schuldner solchenfalls für die Regel seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben. Auch kann cs nicht befremdlich erscheinen, wenn bei einem durch gegenseitiges Entgegenkommen unter schwierigen Verhältnissen zustande gebrachten Abkommen nicht eine für alle Fälle befriedigende Lösung gefunden worden ist. Aus demselben Grunde ist auch kein entsprechendes Ge­ wicht darauf zu legen, daß die hier vertretene verschiedene Behandlung der persönlichen und der dinglichen Ansprüche der Hypothekengläubiger sowohl bei der Verzinsung als auch bei der Rückzahlung des Kapitals zu Schwierigkeiten, führm kann, wenn zunächst nur die letzteren An­ sprüche von dem mit dem persönlichen Schuldner nicht identischen Eigentümer des zur Hypothek gestellten Gmndstücks getilgt werden, und zwar^um so weniger, als auch solche Schwierigkeiten sich im Wege der Gesetzesauslegung werden beseitigen lassen. Auch die übrigen von der Beklagtm für ihre Rechtsaaffaffung geltend gemachten Gründe sind nicht überzeugend. Nicht durchschlagen kann zunächst der Hinweis der Beklagten darauf, daß die bloße Erweiterung der persönlichen Forderungen der schweizerischen Goldhypothengläubiger diesen im Hinblick auf die damit verbundene Stundung ihrer Fordemngen keinen ihren Jnteresien ent­ sprechenden Ausgleich biete. Denn die Tragweite eines auf gegen­ seitigem Entgegenkommen beruhenden Abkommens ist nicht von dem Jnteresienstandpunkt eines der Vertragschließenden, sondern nach dem Gesamtinhalte des Abkommens und der ihm zugrunde liegenden Verhandlunge« zu beurteilen. Es können daher Rechte, deren Anerkennung einer der Vertragschließenden nicht erreicht hat, nicht deshalb als durch das Abkommen zugestanden gelten, weil diese Annahme den Interessen des anderen Teils mehr entsprechen würde. Ebensowenig lassen sich Schlüffe im Sinne der Beklagten daraus ziehen, daß in Art. 2 des Abkommens unter c die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit der Fälligkeitsbedingungen vorgesehen ist. Die Beklagte meint zwar, von dem hier vertretenen Stand­ punkt aus habe diese Eintragung keinen Zweck, weil sich der Eigen­ tümer des Grundstücks bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffaflung

107. Demsch-schwrizerischeS Goldhypothekmabkommen.

357

selbst durch Abdeckung der Hypothek in Papiergeld zum Nennbeträge schützen könne. Hierin ist ihr jedoch nicht beizutreten. Denn abgesehen davon, daß dem Eigentümer die dazu erforderlichen Mittel fehlen können, ist die Tilgung der Hypothek nicht immer sofort möglich, da die Kündigung nur unter Beobachtung der vereinbarten Kündigungs­ frist erfolgen kann (Art. 3 Abs. 2 des Abkommens). Der Eigentümer bedarf daher eines Schutzes gegen die Gefahr, durch Abtretung der Hypothek an einen gutgläubigen Dritten die Einrede aus dem Stundungsabkommen zu verlieren. Daß diese Gefahr keine erhebliche Rolle spielt, weil infolge der mit dem Stundungsabkommen für den Hypothekengläubiger verbundenen Vorteile nicht zu besorgen ist, daß dem Erwerber die Eigenschaft der Hypothek als einer schweizerischen Goldhypothek beim Erwerb unbekannt bleiben werde, ist ohne Belang. Auch ist daraus, daß in Art. 2c des Abkommens von der Übermittelung

der Bewilligung der Eintragung an den „Schuldner" die Mede ist, nicht zu folgern, daß unter dem Schuldner stets nur der Eigentümer gemeint sei. Das Abkommen denkt vielmehr hierbei, wie bereits her­ vorgehoben, nur an den Regelfall, daß der Eigentümer auch persön­ licher Schuldner ist., Auch aus der in Anlage I Ziffer 1 Abs. 2 des Abkommens ge­ troffenen Bestimmung, wonach eine Erhöhung der in Abs. 1 bestimmten Zinsaufschläge für den Fall Vorbehalten ist, daß nach der Auffassung der nach Anlage II einzusetzenden Vertrauensstellen „die tatsächlichen Erträgnisse der mit der Goldhypothek belasteten Liegenschaften oder die persönlichen VerhäÜnisse des Schuldners" eine Zinszahlung mit einem höheren Aufschlag rechtfertigen, ist nichts zugunsten der Beklagten her­ zuleiten. Denn daraus, daß die tatsächlichen Erträgnisse des Grund­ stücks neben den persönlichen Verhältniffen des Schuldners erwähnt sind, ist nicht zu folgern, daß auch an den Fall einer Verschiedenheit zwischen dem Eigentümer und dem persönlichen Schuldner gedacht und dabei die Haftung des Grundstücks für die Zinsaufschläge als selbst­ verständlich angenommen sei.' Denn es ist sehr wohl möglich, daß die besondere Erwähnung der tatsächlichen Erträgniffe des Grundstücks nur darauf beruht, daß ihre Berücksichtigung für alle Fälle in erster Linie vorgeschrieben werden sollte und unter den persönlichen Verhältniffen des Schuldners diejenigen Verhältnisse zu verstehen sind, in denen er sich abgesehen von seinen Beziehungen zu dem Gmndstück befindet. Nicht gerechtfertigt erscheint schließlich der Einwand der Beklagten, daß der hier gebilligte Rechtsstandpunkk des Klägers zu dem unan­ nehmbaren Ergebnis führe, daß der persönliche Schuldner der aus dem Abkommen herzuleitenden Stundungseinrede durch eine Kündigung von feiten des Gmndstückseigentümers verlustig gchen könne. Denn durch die Kündigung des Eigentümers wird die Forderung, wie sich

aus § 1141 BGB. ergibt, gegenüber dem persönlichen Schuldner nicht fällig (Komm., v. RGR. Anm. 1 zu § 1141 BGB.). Nach alledem kann die Beklagte aus dem deutsch-schweizerischen Goldhypothekenabkommen Rechte gegen den Kläger nicht herleiten, weil er nicht ihr persönlicher Schuldner geworden ist. Dann aber ist daS nach § 256 ZPO. mit Recht für zulässig erachtete Feststellungsbegehren des Klägers begründet, weil die der Hypothenbestellung zugrunde liegende Goldklausel gemäß der VO. über die Unverbindlichkeit gewisser Zahlungsvereinbarungen vom 28. September 1914 bis auf weiteres nicht verbindlich ist (RGZ. Bd. 101 S. 141) und das Grundstück auch nur für den in das Grundbuch eingetragenen Zinsbetrag haftet.

108. 1. Zur Auslegung der Tarifst. 73 Abs. 5 des preuß. Stempelsteuergesctzes. Fallen darunter nur Erklärungen nach § 171 Abs. 1 BGB.? 2. Erfordert § 29 GBO. das Beibringen einer förmlichen Bollmachtsurkunde? VH. Zivilsenat. Urt. v. 23.'Mai 1922 i. S. R. u. Gen. (Kl.) w. preuß. Staat (Bekl.). VII 492/21. I. Landgericht Naumburg a. S. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger zu 1 hat am 22. September 1918, der Kläger zu 2 am 23. September 1918 zu Protokoll des Notars H. aus Wanzleben erklärt, daß die Erben des Landwirts M. R. aus Kl. gewisse Grund­ stücke an ihn verkauft hätten. Beide haben außerdem im Namen der genannten Erben die Auflassung der Grundstücke an sich selbst erteilt und entgegengenommen. Die Erbm ihrerseits haben noch im Jahre 1918 zu Protokoll des Notars Tr. in K. erklärt: „Wir bestätigen, daß wir ... bereits Herrn O. R. und Herrn Fr. Fr. unsere Einwilligung gaben, daß sie die von ihnen erklärten Auflassungen ... namens der Erben des ... M. R. an sich selbst erklärten, und genehmigen dies nochmals." Die Umschreibung im Grundbuch ist. darauf am 4. Februar 1919 bewirkt worden. Für die Bestätigung der Vollmacht haben die Kläger 12 JI Landesstempel bezahlt. Sie fordem ihn mit der gegenwärtigen Klage zurück. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision hatte Erfolg. Gründe: ... In Tarifst. 73 Abs. 1 preuß. StempStG. (VStG.) werden der Stempelpflicht unterworfen: „Vollmachten, Ermächtigungen und Auf-

aus § 1141 BGB. ergibt, gegenüber dem persönlichen Schuldner nicht fällig (Komm., v. RGR. Anm. 1 zu § 1141 BGB.). Nach alledem kann die Beklagte aus dem deutsch-schweizerischen Goldhypothekenabkommen Rechte gegen den Kläger nicht herleiten, weil er nicht ihr persönlicher Schuldner geworden ist. Dann aber ist daS nach § 256 ZPO. mit Recht für zulässig erachtete Feststellungsbegehren des Klägers begründet, weil die der Hypothenbestellung zugrunde liegende Goldklausel gemäß der VO. über die Unverbindlichkeit gewisser Zahlungsvereinbarungen vom 28. September 1914 bis auf weiteres nicht verbindlich ist (RGZ. Bd. 101 S. 141) und das Grundstück auch nur für den in das Grundbuch eingetragenen Zinsbetrag haftet.

108. 1. Zur Auslegung der Tarifst. 73 Abs. 5 des preuß. Stempelsteuergesctzes. Fallen darunter nur Erklärungen nach § 171 Abs. 1 BGB.? 2. Erfordert § 29 GBO. das Beibringen einer förmlichen Bollmachtsurkunde? VH. Zivilsenat. Urt. v. 23.'Mai 1922 i. S. R. u. Gen. (Kl.) w. preuß. Staat (Bekl.). VII 492/21. I. Landgericht Naumburg a. S. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger zu 1 hat am 22. September 1918, der Kläger zu 2 am 23. September 1918 zu Protokoll des Notars H. aus Wanzleben erklärt, daß die Erben des Landwirts M. R. aus Kl. gewisse Grund­ stücke an ihn verkauft hätten. Beide haben außerdem im Namen der genannten Erben die Auflassung der Grundstücke an sich selbst erteilt und entgegengenommen. Die Erbm ihrerseits haben noch im Jahre 1918 zu Protokoll des Notars Tr. in K. erklärt: „Wir bestätigen, daß wir ... bereits Herrn O. R. und Herrn Fr. Fr. unsere Einwilligung gaben, daß sie die von ihnen erklärten Auflassungen ... namens der Erben des ... M. R. an sich selbst erklärten, und genehmigen dies nochmals." Die Umschreibung im Grundbuch ist. darauf am 4. Februar 1919 bewirkt worden. Für die Bestätigung der Vollmacht haben die Kläger 12 JI Landesstempel bezahlt. Sie fordem ihn mit der gegenwärtigen Klage zurück. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision hatte Erfolg. Gründe: ... In Tarifst. 73 Abs. 1 preuß. StempStG. (VStG.) werden der Stempelpflicht unterworfen: „Vollmachten, Ermächtigungen und Auf-

träge Wr Vornahme von Geschäften rechtlicher Natur für den Vollmacht­ geber". Abs. 5 bestimmt: „Schriftstücke, in welchen jemand einem Dritten gegenüber erklärt, daß er einem andern die Vornahme einer Angelegenheit rechtlicher Natur aufgetragcn habe, sind dem Stempel nicht unterworfen, sofem nicht die Verkehrssitte eine Vollmacht in diesen Fällen erfordert^und durch das Schriftstück die förmliche Vollmacht er­ setzt werden soll." Zun« Verständnis dieser noch heute in der Fassung des LStG. vom 31. Juli 1895 geltenden Vorschriften ist von vornherein zu be« nrerken,- daß sie zwischen Vollmacht und Auftrag noch nicht in dem strengen Sinne unterscheiden, wie das Bürgerliche Gesetzbuch, daß sie Vollmacht und Auftrag im Anschluß an die Ausdrucksweise des preuß. Allg. Landrechts, z. B. § 5 ALR. I 13, noch einander gleichsetzen, und zwar in der Bedeutung dessen, was das Bürgerliche Gesetzbuch Vollmacht nennt. Der Berufungsrichter erblickt in der Erklärung der R.'schen Erben an sich ein Schriftstück im Sinne des Abs. 5 der vorgenannten Tarif­ stelle. Schon das bestreitet die Reoision. Nach ihrer Meinung enthält jene Erklärung lediglich die „nachträgliche Zustimmung", den „nach­ träglichen Beitritt" der R.'schen Erben. Hier ist indessen dem Berufungsrichter beizupflichten. Der nachträgliche Beitritt würde überhaupt nicht genügen, um eine Auflaffung zustande zu bringen, denn dazu ist nach § 925 BGB. die gleichzeitige Anwesenheit beider Teile vor dem Grundbuchamt oder jetzt auch dem Notar erforderlich. Die nachträg­ liche Zustimmung zu den von den beiden Klägern in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen haben die 9t.'schen Erben allerdings erteilt, sie liegt in' den im Tatbestände mitgeteilten Schlußworten „und ge­ nehmigen dies nochmals". Wenn die R.'schen Erben sich auf diese Ge­ nehmigung beschränkt hätten, könnte Tarifst. 73 Abs. 5 nicht angewendet werden. Aber die R.'schen Erben haben sich eben nicht darauf be­ schränkt, zu „genehmigen"; sie haben noch weiter „bestätigt", daß sie den Klägern schon vorher ihre Einwilligung gaben, die Auflassungen namens der Erben an sich selbst zu erklären. In diesem Teil der von den R.'schen Erben abgegebenen Erklärungeu erblickt der Berufungs­ richter mit Recht ein unter Tarifst. 73 Abs. 5 fallendes Schriftstück; nur ist, worauf später noch einzugehen, der Dritte, demgegenüber die Erklärung abgegeben wird, das GMndbuchamt, welches auf Gmnd der ohne Vorlegen einer Vollmacht vorgenommenen Auflassung die Ein­ tragung bewirken soll; nicht sind die Dritten die Kläger selbst, wie das Berufungsgericht angenommen hat. Neben der Genehmigung „der Erklärungen" ist jene „Bestätigung" der Vollmacht vielleicht über­ flüssig; aber darauf kann es hier nicht ankommen, denn nach § 3 Abs. 1 LStG. richtet sich die Stempelpflichtigkest einer Urkunde ledig-

360

108.

Landesstempel.

ÄollmachtsbestSligung.

lich nach ihrem Inhalt, und deshalb müssen an sich auch Erklärungen versteuert werden, deren Abgabe nach der wirklichen Rechtslage vielleicht nicht notwendig war. Zu seiner irrtümlichen Annahme, daß die Kläger die „Dritten" gewesen seien, ist der Berufungsrichter durch den — im wesentlichen mit § 147 ALR. I 13 übereinstimmenden — § 171 Abs. 1 BGB. verleitet worden. Diese Vorschrift dient dem Schutze Dritter und be­ sagt — soweit es für den gegenwärtigen Fall bedeutsam ist — daß, wenn jemand durch besondere Mitteilung an einen Dritten kundgegeben hat, einen anderen bevollmächtigt zu haben, dieser andere dem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt ist. Es wird also durch die Kund­ gebung an den ®ritten der andere zur rechtsgeschäftlichen Vertretung „befugt", auch wenn er in Wirklichkeit gar keine Vollmacht erhalten hat. Der andere und der Dritte im Sinne des § 171 Abs. 1 BGB. können niemals in einer Person zusammentreffen, wie es das Ober­ landesgericht annimmt. Wenn jemand einem andern mitteilt, daß er ihn bevollmächtigt habe, so liegt darin gleichzeitig die Erteilung der' Vollmacht selbst und es kann also nicht vorkommen, daß der andere als Dritter mit sich selbst als einem nur vermeintlichen Bevollmächtigten verhandelt, der ihm zwar als Bevollmächügter genannt ist, tatsächlich aber keine Vollmacht besitzt. Für die Fälle, welche dem § 171 Abs. 1 BGB. unterstehen, trifft zu, was die Revision ausführt, daß nämlich in zeitlicher Reihenfolge erst die Kundgebung an den Dritten bewirkt werden muß, und daß dann erst der andere als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Vollmacht­ gebers mit dem Dritten verhandeln -darf, daß also die Kundgebung dem Rechtsgeschäft stets vorangehen muß. Aber der Rahmen der Tarifst. 73 Abs. 5 ist weiter gespannt als der des § 171 Abs. 1 BGB. Die dieser Vorschrift unterstehenden Fälle erschöpfen nicht die Fälle, die von Tarifst. 73 Abs. 5 betroffen werden können. Das zeigt gerade der gegenwärtige Rechtsstreit. Das hier in Rede stehende Schriftstück läßt sich nicht unter § 171 Abs. 1 bringen, weil schon bei seiner Aus­ stellung kein Rechtsgeschäft in Betracht kam, welches die Kläger dem Grundbuchamt gegenüber etwa noch vornehmen könnten. Das Schrift­ stück sollte von vornherein dem Grundbuchamt nur als Unterlage für eine von diesem vorzunehmende Eintragung den Nachweis führen, daß eine bereits in der Vergangenheit liegende rechtsgeschäftliche Erklärung von den ohne Vorlegung einer Vollmacht aufgetretenen angeblichen Bevollmächtigten tatsächlich" mit der erforderlichen Vollmacht abgegeben wordm ist. Will man es in den Worten des Gesetzes ausdrücken, so erklären die R.'schen Erben durch das streitige Schriftstück dem Grund­ buchamt gegenüber, daß sie seinerzeit den Klägern die Vornahme der Auflaffungen aufgetragen haben. Das Schriftstück gehört also zu dm

in Tarifst. 73 Abs. 5 behandelten. Solche Schriftstücke wollte die Re­ gierungsvorlage zu dem LStG. von 1895 den Vollmachten gleich be­ handeln; das Gesetz hat sie aber, einem Vorschläge der Kommission deS Abgeordnetenhauses folgend, regelmäßig für stempelfrei erklärt und nur bei dem Zusammentreffen zweier besonderer Voraussetzungen der Stempelpflicht unterworfen. Einmal muß die Verkehrssitte im gegebenen Falle das Vorlegen ein förmlichen Vollmacht erfordern und sodann muß beabsichtigt sein, die förmliche Vollmacht durch das Schriftstück zu er­ setzen. Die erste dieser Voraussetzungen hat der Berufungsrichter unter Hinweis auf § 29 GBO. für gegeben erachtet; schon die gesetzliche Vor­ schrift erfordere die förmliche Vollmacht; nach dem Gesetz notwendige Schriftstücke seien nicht besser gestellt, als die nur von einer Verkehrs­ sitte verlangten; wenn das Gesetz eine Vollmacht verlange, werde sie im Verkehr auch regelmäßig ausgestellt. Gegen die hier gegebene Auslegung des § 29 GBO. wendet sich die Revision mit Recht. Im § 29 Satz 1 GBO. heißt es: „Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung «rforderlichen Erklärungen vor dem Grundbuchamt zu Protokoll ge­ geben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nach­ gewiesen werben." Gehört zu den. „sonstigen Erklärungen" eine Vollmacht, so ist auch diese dem Grundbuchamt nur in der gesetzlich bestimmten Form nachzuweisen, die Vorlegung der förmlichen Vollmachtsurkunde wird nicht verlangt. Natürlich kann der Nachweis durch die vorgelegte Vollmachtsurkunde geführt werden, er braucht aber nicht auf diese Art geführt zu werden. Jede dem Gesetz entsprechende andere Art genügt. Es genügt z. B., wenn der Notar in dem von ihm aufgenommenm Protokoll feststellt, daß die als Bevollmächtigter auftretende Person eine sie ausweisende Vollmachtsurkunde vorgelegt hat.. Eine andere Art ist das Beibringen eines, unter Tarifst. 73 Abs. 5 fallenden Schrift­ stücks. Nennt, man im Anschluß an den vom Berufungsrichter er­ wähnten Sprachgebrauch eine förmliche Vollmachtsurkunde eine Voll­ machtverfügungsurkunde und eine unter Tarifst. 73 Abs. 5 fallende Erklärung eine Vollmachtgeständnisurkunde, so besagt Tarifst. 73 Abs. 5: Eine Vollmachtgeständnisurkunde ist stempelpflichtig, wmn sie eine Vollmachtverfügungsurkunde ersetzen soll und die Berkehrssitte eine Vollmachtverfügungsurkunde erfordert. Da 8 29 GBO., wie dargelegt, beide Arten'von Urkunden zuläßt, so kann aus dieser Vorschrift für die Entscheidung der die Verkehrssitte betreffenden Streitfrage offenbar nichts entnommen werden. Der Berufungsrichter hat es getan, das beruht auf irrtümlicher Auslegung des § 29 GBO.; deshalb muß daS' angefochtene Urteil aufgehoben werden. Über die Frage der BerkehrS-

sitte selbständig zu entscheiden, ist dem Revisionsrichter versagt.

Eine

362

109.

Haftung der Gemeinden für Arbeiter- nnd Soldalenräte.

Verkehrssitte ist keine Rechtsnorm, vielmehr die den Verkehr beherrschende tatsächliche Übung, RGZ. Bd. 55 S. 375. Die zu treffende Ent­

scheidung liegt deshalb auf tatsächlichem Gebiet und muß dem Be­ rufungsrichter vorbehalten bleiben. Er wird also auch zu prüfen haben, ob es richtig ist, was die Revision behauptet, daß nämlich in neuerer Zeit Bevollmächtigte regelmäßig keine Vollmachten vorlegten, ihre Erklärungen vielmehr nachträglich von den Vollmachtgebern ge­ nehmigt würden. Gesetzlich zulässig ist ein solches Verfahren jetzt auch bei Auflassungen, eine dem § 48 preuß. GBO. entsprechende Vorschrift besteht nicht mehr.

Nur wenn die Frage der Verkehrsfitte zu bejahen ist, wird der Berufungsrichter weiter zu prüfen haben, ob die Erklärung der R.'schen Erben eine förmliche Vollmacht ersetzen sollte. Bisher hat der Be­ rufungsrichter dies angenommen; aber auch diese Entscheidung ist offen­ bar von dem Rechtsirrtum beeinflußt, daß schon § 29 GBO. eine förm­ liche Vollmachtsurkunde erfordere. Vielleicht kann in diesem Zusammen­ hang erheblich sein, daß die Bestätigung der Vollmacht neben der Genehmigung der Erklärungen, wie oben dargelegt, möglicherweise überflüssig ist.

109. Unter welchen Voraussetzungen haftet eine Stadtgemeinde für Handlungen des Arbeiter- nnd Soldatenrats auf dem Gebiete der Lebensmittelbewirtschaftung? III. Zivilsenat.

Urt. v. 23. Mai 1922 i. S. Stadt Wolmirstedt (Bekl.) w. W. (Kl.). III 568/21.

I. Landgericht Magdeburg. — II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Der Kläger beherbergte und beköstigte während des Krieges Kriegsgefangene. Nach deren Abzüge war er noch im Besitze von Lebensmitteln, die er für ihre Beköstigung aus eigenen Mitteln be­ schafft hatte. Er meldete dies dem Magistrate der Beklagten. Darauf holte der Gewerkschaftsbeamte El. im Februar 1919 die Lebensmittel ab, quittierte über ihren Empfang im Namen des Arbeiter- und Soldatenrats Wolmirstedt, dessen alleiniges Mitglied er war, und ver­ fügte über sie. Abgesehen von 900 JI, die der Konsumverein dem Kläger zahlte, erhielt dieser keine Vergütung für die Waren. Er beansprucht jetzt den Ersatz ihres Wertes, abzüglich der 900 JI, von der Beklagten, weil El. als deren Organ und auch im Auftrag oder mit nachträglicher Genehmigung des Bürgermeisters gehandelt habe.

362

109.

Haftung der Gemeinden für Arbeiter- nnd Soldalenräte.

Verkehrssitte ist keine Rechtsnorm, vielmehr die den Verkehr beherrschende tatsächliche Übung, RGZ. Bd. 55 S. 375. Die zu treffende Ent­

scheidung liegt deshalb auf tatsächlichem Gebiet und muß dem Be­ rufungsrichter vorbehalten bleiben. Er wird also auch zu prüfen haben, ob es richtig ist, was die Revision behauptet, daß nämlich in neuerer Zeit Bevollmächtigte regelmäßig keine Vollmachten vorlegten, ihre Erklärungen vielmehr nachträglich von den Vollmachtgebern ge­ nehmigt würden. Gesetzlich zulässig ist ein solches Verfahren jetzt auch bei Auflassungen, eine dem § 48 preuß. GBO. entsprechende Vorschrift besteht nicht mehr.

Nur wenn die Frage der Verkehrsfitte zu bejahen ist, wird der Berufungsrichter weiter zu prüfen haben, ob die Erklärung der R.'schen Erben eine förmliche Vollmacht ersetzen sollte. Bisher hat der Be­ rufungsrichter dies angenommen; aber auch diese Entscheidung ist offen­ bar von dem Rechtsirrtum beeinflußt, daß schon § 29 GBO. eine förm­ liche Vollmachtsurkunde erfordere. Vielleicht kann in diesem Zusammen­ hang erheblich sein, daß die Bestätigung der Vollmacht neben der Genehmigung der Erklärungen, wie oben dargelegt, möglicherweise überflüssig ist.

109. Unter welchen Voraussetzungen haftet eine Stadtgemeinde für Handlungen des Arbeiter- nnd Soldatenrats auf dem Gebiete der Lebensmittelbewirtschaftung? III. Zivilsenat.

Urt. v. 23. Mai 1922 i. S. Stadt Wolmirstedt (Bekl.) w. W. (Kl.). III 568/21.

I. Landgericht Magdeburg. — II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Der Kläger beherbergte und beköstigte während des Krieges Kriegsgefangene. Nach deren Abzüge war er noch im Besitze von Lebensmitteln, die er für ihre Beköstigung aus eigenen Mitteln be­ schafft hatte. Er meldete dies dem Magistrate der Beklagten. Darauf holte der Gewerkschaftsbeamte El. im Februar 1919 die Lebensmittel ab, quittierte über ihren Empfang im Namen des Arbeiter- und Soldatenrats Wolmirstedt, dessen alleiniges Mitglied er war, und ver­ fügte über sie. Abgesehen von 900 JI, die der Konsumverein dem Kläger zahlte, erhielt dieser keine Vergütung für die Waren. Er beansprucht jetzt den Ersatz ihres Wertes, abzüglich der 900 JI, von der Beklagten, weil El. als deren Organ und auch im Auftrag oder mit nachträglicher Genehmigung des Bürgermeisters gehandelt habe.

Das Landgericht hat den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Deren Revision hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Der Berufungsrichter erklärt den Klaganspruch sowohl aus dem Gesichtspunkt einer kaufähnlichen Übernahmevereinbarung zwischen dem

Kläger und dem A. u. S.R. El., als auch, soweit eine solche Ver­ einbarung nicht anzunehmen sei, auf Grund des § 839 BGB. in Verb, mit § 4 des Staatshaftungsgesetzes vom 1. August 1909 für gerechtfertigt. Er bejaht eine Haftung der Beklagten für das Ver­ halten des Cl., weil dieser als städtischer Beamter tätig geworden sei; er sei auf dem Gebiete der der Gemeinde obliegenden öffentlichen Lebensmittelbewirtschaftung als Organ der Stadtverwaltung aufgetreten, und das sei von den Gemeindebehörden, wenn auch zunächst vielleicht nur unter dem Drucke der Verhältnisse, geduldet, schließlich aber auch ausdrücklich gutgeheißen und gebilligt worden. Diese auf das Ergebnis der Beweisaufnahme gestützte und eingehend begründete Feststellung des Berufungsgerichts rechtfertigt die Entscheidung, daß die Beklagte sowohl aus einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem A: u. S.R. als auch aus einer Amtspflichtverletzung des letzteren in Anspruch genommen werden kann. Sie steht, was die letztere Haftung anlangt, in Übereinstimmung mit dem Urteile des erkennenden Senats vom 4. April 1922, III 576/21 (RGZ. Bd. 104 S. 257). In diesem, auf deffen Begründung Bezug genommen wird, ist insbesondere auch ausgeführt worden, daß die Verantwortlichkeit für schuldhaste Pflicht­ verletzungen der A. u. S.Räte nicht etwa stets das Reich trifft, sondern unter Umständen auch den Staat oder einen Gemeindeverband, je nachdem in welcher Eigenschaft, als wessen Organ im Einzelfalle der A. u. S.R. tätig gewesen ist. Hier hat El. in seiner Eigenschaft als A. u. S.R. jedenfalls als Organ der verklagten Stadtgemeinde ge­ handelt, und zwar auch dann, wenn seine Tätigkeit, wie die Revision meint, als polizeiliche anzusehen sein sollte, da in Wolmirstedt städtische Polizeiverwaltung besteht. Wenn die städtischen Polizeibeamten auch staatliche Aufgaben zu erfüllen haben, so sind sie doch für den Dienst der Stadt angestellte Beamte im Sinne des § 4 des Staatshaftungs­ gesetzes, wie in Rechtslehre und Rechtsprechung (vgl. z. B. RGZ. Bd. 91 S. 347, Bd. 101 S. 24; IW. 1916 S. 201 Rr. 18, 1917 S. 931 Nr. 9) anerkannt ist, und auch durch von ihnen eingegangene Rechts­ geschäfte kann die Stadt verpflichtet werden (IW. 1914 S. 676 Nr. 6). Dementsprechend haftet die Stadt auch für Handlungen des A. u. S.R., der die Befugniffe des städtischen Polizeibeamten ausübt. Demnach bedarf eS hier keiner Entscheidung, ob die Tätigkeit des Cl. als eine polizeiliche anzusehen ist oder nicht.

364

110.

Mieterschuhverordnung.

Richtiger Mietvertrag.

Auch die übrigen Revisionsangriffe können nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen....

Mit der Behauptung einer Beschlagnahme ist auch die einer — unfreiwilligen — kaufähnlichen Überlassung der Waren an den A. u. S.R. nicht unvereinbar.

Die Vorschrift des § 56 Nr.-8 der Städteordnung vom 30. Mai 1853, auf die sich die Revision weiter beruft, kommt hier nicht in Betracht, weil Cl. als A. u. S.R. gehandelt hat. Auf eine Haftung der Stadt für Handlungen dieser revolutionärm Gewalten kann, auch wenn diese namens der Stadt Verpflichtungen eingehen, die Vorschrift nicht erstreckt werden. Sie erfordert Unterzeichnung der Verpflichtungs­ urkunde durch den Bürgermeister (ober dessen Stellvertreter) und ein Magistratsmitglied. Ihre Anwendung würde also jede städtische Haftung aus Verpflichtungsgeschäften der A. u. S.Räte unmöglich machen, selbst wenn die städtischen Behörden diesen einen Teil der städtischen Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung überlaffm haben -sollten, wie dies hier vom Berufungsgericht einwandfrei und unangefochten festgestellt ist. Dieses Ergebnis ist unhaltbar und zwingt zu der Ausschaltung der Anwendung der Vorschrift.

Rechtlich unbedenklich ist endlich die von der Revision schließlich noch angegriffene Auslegung der Übernahmevereinbarung dahin, daß der Kläger von derjenigen Stelle entschädigt werden sollte, die ihm gegenüber das Recht zur Verfügung über seine Bestände in Anspruch genommen habe. Wie der A. u. S.R. oder die Stadt über die Lebens­ mittel verfügte, ob sie diese entgeltlich oder unentgeltlich Dritten über­ wiesen ober; wie bezüglich eines Teiles behauptet ist, verberben ließm, bavon kann nach Treu unb Glauben mit Rücksicht auf bte Verkehrs­ sitte bet Entschäbigungsanspruch bes Klägers unmöglich als abhängig gemacht erachtet werben, so baß bte Ansicht ber Revision, berjenige habe zahlen sollen, welchem ber A. u. S.R. bte Lebensmittel zuweisen würbe, unhaltbar ist. Die Tatsache, baß ber Klüger 900 Jt von bem Konsumverein gezahlt erhalten hat, ist mit ber obigen Auslegung burchaus vereinbar (vgl. § 267 BGB.).

110. Können örtliche, aus Grund einer Ermächtigvng nach § 5a der Mieterschvtzverordnlmg erlassene Borschristen, wonach Klagen auf Räumung von Wohn- und Geschäftsräumen usw. nur mit Zustimmung des Mieteinigvngsamts erhoben werden dürfen, avch ans Räumungs­ ansprüche bezogen werde«, die ans der Nichtigkeit des MietverttagS abgeleitet werden?

364

110.

Mieterschuhverordnung.

Richtiger Mietvertrag.

Auch die übrigen Revisionsangriffe können nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen....

Mit der Behauptung einer Beschlagnahme ist auch die einer — unfreiwilligen — kaufähnlichen Überlassung der Waren an den A. u. S.R. nicht unvereinbar.

Die Vorschrift des § 56 Nr.-8 der Städteordnung vom 30. Mai 1853, auf die sich die Revision weiter beruft, kommt hier nicht in Betracht, weil Cl. als A. u. S.R. gehandelt hat. Auf eine Haftung der Stadt für Handlungen dieser revolutionärm Gewalten kann, auch wenn diese namens der Stadt Verpflichtungen eingehen, die Vorschrift nicht erstreckt werden. Sie erfordert Unterzeichnung der Verpflichtungs­ urkunde durch den Bürgermeister (ober dessen Stellvertreter) und ein Magistratsmitglied. Ihre Anwendung würde also jede städtische Haftung aus Verpflichtungsgeschäften der A. u. S.Räte unmöglich machen, selbst wenn die städtischen Behörden diesen einen Teil der städtischen Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung überlaffm haben -sollten, wie dies hier vom Berufungsgericht einwandfrei und unangefochten festgestellt ist. Dieses Ergebnis ist unhaltbar und zwingt zu der Ausschaltung der Anwendung der Vorschrift.

Rechtlich unbedenklich ist endlich die von der Revision schließlich noch angegriffene Auslegung der Übernahmevereinbarung dahin, daß der Kläger von derjenigen Stelle entschädigt werden sollte, die ihm gegenüber das Recht zur Verfügung über seine Bestände in Anspruch genommen habe. Wie der A. u. S.R. oder die Stadt über die Lebens­ mittel verfügte, ob sie diese entgeltlich oder unentgeltlich Dritten über­ wiesen ober; wie bezüglich eines Teiles behauptet ist, verberben ließm, bavon kann nach Treu unb Glauben mit Rücksicht auf bte Verkehrs­ sitte bet Entschäbigungsanspruch bes Klägers unmöglich als abhängig gemacht erachtet werben, so baß bte Ansicht ber Revision, berjenige habe zahlen sollen, welchem ber A. u. S.R. bte Lebensmittel zuweisen würbe, unhaltbar ist. Die Tatsache, baß ber Klüger 900 Jt von bem Konsumverein gezahlt erhalten hat, ist mit ber obigen Auslegung burchaus vereinbar (vgl. § 267 BGB.).

110. Können örtliche, aus Grund einer Ermächtigvng nach § 5a der Mieterschvtzverordnlmg erlassene Borschristen, wonach Klagen auf Räumung von Wohn- und Geschäftsräumen usw. nur mit Zustimmung des Mieteinigvngsamts erhoben werden dürfen, avch ans Räumungs­ ansprüche bezogen werde«, die ans der Nichtigkeit des MietverttagS abgeleitet werden?

III. Zivilsenat,

litt. v. 23. Mai 1922 i. S. R. We. A.-G. (Kl.) w. K. (Bekl.). III 577/21.

I. Landgericht Köln. — II. OberlandeSgericht daselbst.

Die Eheleute M. haben durch Vertrag vom 25. Februar 1918 ein Haus zu Köln, dessen Eigentümer sie damals waren, zum Betrieb einer Likör-, Wein-, Tee- und Kaffeewirtschaft an die Beklagte ver­ mietet. Das Eigentum an dem Grundstück ist später auf die Ehe­ frau B7 und von dieser auf die klagende Gesellschaft übergegangen. Die Klägerin behauptet, daß die Eheleute M. der Beklagten das Grundstück auf Grund eines sog. Kastellanvertrags überlassen hätten und daß ebenso wie dieses Abkommen auch der Mietvertrag unwirksam sei. Sie begehrt mit der Klage eine entsprechende Feststellung und die Verurteilung der Beklagten zur Räumung. Das Landgericht ent­ sprach dem Feststellungsverlangen, wies aber die Räumungsklage ab. Die Berufungen der Parteien blieben erfolglos. Auf die Revisionen beider Parteien wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Aus den Gründen: ... Die vom Landgericht ausgesprochene Abweisung des Räumungs­ anspruchs billigt das Berufungsgericht, weil es an der nach der Ver­ ordnung des Oberbürgermeisters zu Köln vom 17. August 1920 er­ forderlichen Genehmigung des MieteinigungSamts für die Klagerhebung fehle. Aus dem Wortlaut und Zweck der Verordnung wird gefolgert, daß Räumungsansprüche aller Art, insbesondere auch solche, die aus der Nichtigkeit des Mietvertrags abgeleitet würden, nur mit Zustimmung des EinigungSamts im Klagwege verfolgt werden dürften. Das Urteil fügt hinzu, daß selbst dann die Einwilligung nicht zu entbehren sein würde, wenn das Vertragsverhältnis der Parteien nicht als Miete, sondern als Pachtvertrag anzusehen sein sollte. Diese Ausführungen sind unhaltbar. Die bezeichnete Verordnung ist, wie in ihrem Eingang bemerkt wird, auf Grund dtr Ermächtigung erlassen worden, welche der Regierungspräsident zu Köln im Namen deS preußischen Ministers für Volkswohlfahrt der dortigen Gemeinde­ behörde gemäß § 5a MSchB. erteilt hat. Die Bestimmung, daß Klagen üuf Räumung von Wohn- und Geschäftsräumen usw. nur mit Zustimmung des Mieteinigungsamts angestrengt werden dürfen, kann daher sachgemäß nur unter Berücksichtigung der Grenzen auSgelegt werden, innerhalb deren eine Ermächtigung der Gemeindebehörde nach der reichsrechtlichen Vorschrift überhaupt zulässig ist. Die Beurteilung der Tragweite der örtlichen Vorschrift bedeutet deshalb zugleich eine Auslegung der Bestimmung der MSchB. und unterliegt demnach der Nachprüfung des Revisionsgerichts. Nun lassen aber die Vor-

schriften der MSchB. deutlich erkennen, daß sie die" Interessen der Mieter bei gleichzeitiger Wahrung der Jnteresien der Vermieter schützen wollen, also Rechte aus gültigen Mietverträgen im Auge haben. Die amtlichen Begründungen zur MSchB. in ihren verschiedenen Fassungen gewähren denn auch nicht den mindesten Anhalt dafür, daß ein Schutz der Wohnungsinhaber über diese Grenze hinaus beabsichtigt worden ist. Auch die Ermächtigung in § 5a kann daher nur auf Maßnahmen zum Schutze solcher Personen bezogen werden, die sich auf einen rechts­ wirksamen Mietvertrag zu berufen vermögen. Diese Auslegung ist dev Vorschrift auch in einem Erlaß des preußischen VolkswohlfahrtSministers vom IS. Januar 1921 (abgedruckt bei Stern, Mieterschutz-, Wohnungsnot- und Pachtschutzrecht, 5. Aust., S. 118) zuteil geworden. In dem gleichen Sinne muß daher auch die hier in Betracht kommende Bestimmung aus der Verordnung des Oberbürgermeisters zu Köln verstanden werden. Daß aber die MSchB. und sonach auch diese örtliche Vorschrift auf Pachtverhältnisse unanwendbar und zwar nicht einmal entsprechend anwendbar ist, ergibt sich aus den Darlegungen des erkennenden Senats in dem Urteil zur Sache III 133/21 (Warneyer 1921 Nr. 84), an denen festzuhalten ist. Die Befürchtung, daß bei der hier vertretenen Auffassung das Schutzbedürfnis eines wesentlichm Teiles der Wohnungsinhaber unbefriedigt bleibt, ist nicht gerecht­ fertigt. Denn nach § 9 der Wohnungsmangelverordnung können die Gemeindebehörden in den dort gekennzeichneten Notstandsfällen ganz allgemein zu Anordnungen und Maßnahmen ermächtigt werden, die zur Bekämpfung der Wohnungsnot erforderlich sind. Es können daher auf Grund dieser Vorschrift auch örtliche Bestimmungen erlassen werden, die den Inhabern von Wohnungen ohne Rücksicht darauf zu statten kommen, ob sie sich auf einen gültigen Mietvertrag oder über­ haupt auf einen Mietvertrag zu stützen in der Lage sind. Für Köln ist das Bestehen einer Anordnung dieser Art bis jetzt nicht nach­ gewiesen.

111. Wam vollzieht sich der Abschluß eines Vertrags, den die Parteien unter Vermittlung eines Maklers verhandeln? II.Zivilsenat. Urt v. 23. Mai 1922 i.S. A. & Co. (Bekl.) w. H. (Kl.). II 468/21. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen.—II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger behauptet, daß er am 26. März 1920 an die Be­ klagte 850 Dutzend seidene Handschuhe verkauft habe. In unmittel-

barem Anschluß daran seien Meinungsverschiedenheiten über die Kauf-

schriften der MSchB. deutlich erkennen, daß sie die" Interessen der Mieter bei gleichzeitiger Wahrung der Jnteresien der Vermieter schützen wollen, also Rechte aus gültigen Mietverträgen im Auge haben. Die amtlichen Begründungen zur MSchB. in ihren verschiedenen Fassungen gewähren denn auch nicht den mindesten Anhalt dafür, daß ein Schutz der Wohnungsinhaber über diese Grenze hinaus beabsichtigt worden ist. Auch die Ermächtigung in § 5a kann daher nur auf Maßnahmen zum Schutze solcher Personen bezogen werden, die sich auf einen rechts­ wirksamen Mietvertrag zu berufen vermögen. Diese Auslegung ist dev Vorschrift auch in einem Erlaß des preußischen VolkswohlfahrtSministers vom IS. Januar 1921 (abgedruckt bei Stern, Mieterschutz-, Wohnungsnot- und Pachtschutzrecht, 5. Aust., S. 118) zuteil geworden. In dem gleichen Sinne muß daher auch die hier in Betracht kommende Bestimmung aus der Verordnung des Oberbürgermeisters zu Köln verstanden werden. Daß aber die MSchB. und sonach auch diese örtliche Vorschrift auf Pachtverhältnisse unanwendbar und zwar nicht einmal entsprechend anwendbar ist, ergibt sich aus den Darlegungen des erkennenden Senats in dem Urteil zur Sache III 133/21 (Warneyer 1921 Nr. 84), an denen festzuhalten ist. Die Befürchtung, daß bei der hier vertretenen Auffassung das Schutzbedürfnis eines wesentlichm Teiles der Wohnungsinhaber unbefriedigt bleibt, ist nicht gerecht­ fertigt. Denn nach § 9 der Wohnungsmangelverordnung können die Gemeindebehörden in den dort gekennzeichneten Notstandsfällen ganz allgemein zu Anordnungen und Maßnahmen ermächtigt werden, die zur Bekämpfung der Wohnungsnot erforderlich sind. Es können daher auf Grund dieser Vorschrift auch örtliche Bestimmungen erlassen werden, die den Inhabern von Wohnungen ohne Rücksicht darauf zu statten kommen, ob sie sich auf einen gültigen Mietvertrag oder über­ haupt auf einen Mietvertrag zu stützen in der Lage sind. Für Köln ist das Bestehen einer Anordnung dieser Art bis jetzt nicht nach­ gewiesen.

111. Wam vollzieht sich der Abschluß eines Vertrags, den die Parteien unter Vermittlung eines Maklers verhandeln? II.Zivilsenat. Urt v. 23. Mai 1922 i.S. A. & Co. (Bekl.) w. H. (Kl.). II 468/21. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen.—II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger behauptet, daß er am 26. März 1920 an die Be­ klagte 850 Dutzend seidene Handschuhe verkauft habe. In unmittel-

barem Anschluß daran seien Meinungsverschiedenheiten über die Kauf-

bedingungen aufgetreten und am 29. März habe die Beklagte erklärt, daß sie vom Vertrag zurücktrete. Die Beklagten behaupten, daß ein Vertrag nicht zustande gekommen sei. Beide Instanzen haben den Anspruch des Klägers auf Schadensersatz für berechtigt erklärt. Der Revision der Beklagten ist stattgegeben worden. Gründe: Der Vertrag der Parteien ist unter Vermittlung des Maklers C. verhandelt worden, dessen Schlußnote die Klausel enthält: „Abnahme bis Mitte April. Zahlung gegen Lieferschein." Sofort nach Empfang der Schlußnote erklärte der Kläger der Beklagten, er verstehe das dahin, daß die Käuferin mit der Abnahme der Ware bis Mitte April befristet sei, daß aber die Zahlung gegen Lieferschein sofort zu erfolgen habe. Die Beklagte lehnte diese Auslegung ab, und als der Kläger auf ihr bestand, erklärte sie, vom Vertrage zurücktreten zu muffen; hierauf bestand sie auch, als einige Tage darauf der Kläger ihr er­ klärte, daß er damit einverstanden sei, daß auch für die Zahlung gegen Lieferschein die Frist gelte. Der Vorderrichter hat nach dem Klagantrag erkannt. Der Revision ist zuzugeben, daß die Begründung der Entscheidung nicht frei von Rechtsirrtum ist. Das Berufungsgericht führt aus, nach der Beweis­ aufnahme sei außer Zweifel, daß bei dem mündlichen Abschluß zwischen C. für den Kläger und L. für die Beklagte vereinbart worden ist, daß die Ware bis zum 15. April abzunehmen und nach Prüfung gegen Lieferschein bis dahin zu bezahlen sei; von einem offenen oder ver­ steckten Dissens könne danach keine Rede sein. Im weiteren wird aber zugegeben, daß die in Rede stehende Klausel in der Tat zweideutig sei; sie könne sowohl dahin, verstanden werden, daß zwar die Abnahme solle verschoben werden können, nicht aber zugleich die Zahlung, als dahin, daß die Frist für beides zu gelten habe; in der Tat habe auch der Kläger zunächst die Klausel im ersteren Sinn verstanden. Wenn aber wirklich der Kläger die Worte so aufgefaßt hat, wenn dagegen die Beklagte es — wie der Vorderrichter, offenbar mit Recht, unter­ stellt — anders gemeint hat, und wenn die Worte in der Tat das eine, so gut bedeuten können wie das andere, dann liegt der Tatbestand des Mißverständnisses, des versteckten Dissenses klar zutage. Aller­ dings verlegt der Vorderrichter den Abschluß der Verhandlungen auf das Gespräch, welches C. auf dem Kontor der Beklagten mit L. geführt hat, und hier sind — das wird offenbar vom Vorderrichter ohne weiteres angenommen — C. und L. in dem Verständnis der Worte im Sinn der Beklagten sich einig gewesen. Aber es ist rechtsirrig, daß dies der Abschluß des Vertrags gewesen ist. Darin, daß L. füt die Käuferin Abschlußvollmacht gehabt hat, sind die Parteien un­ verkennbar sich einig-gewesen. Dagegen liegt nichts dafür vor, daß

C. zum Kläger in diesem Verhältnis gestanden hat. Er ist als von diesem beauftragter Makler tätig gewesen und die Regel ist, daß der Makler nur den Auftrag zu vermitteln, nicht abzuschließen hat. Er hat lediglich die Erklärungen der Parteien mitzuteilen und entgegen­ zunehmen, sowie gegebenenfalls dahin zu wirken, Erklämng und Gegenerklärung, Vertragsangebot und Annahme miteinander in Ein­ klang zu bringen. Dabei ist zu beachten, daß die letzte, entscheidende Erklärung, die Annahme und damit der Vertrag sich damit vollendet, daß sie dem Makler gegenüber abgegeben wird. Sie muß nicht erst dem Gegner zugehen. Der Makler stellt, sobald sie ihm zugegangen ist, die Schlußnote aus und beurkundet dann das abgeschlossene Ge­ schäft. Sofort nach „Abschluß des Geschäfts" — so sagt § 94 HGB. — hat der Makler die Schlußnote den Parteien zuzustellen. Daher ist hier der Abschluß weder schon in dem Gespräch zwischen C. und L. erfolgt, weil hier erst noch eine Bedingung gemacht wurde, auf die sich der Kläger noch erklären mußte, noch auch erst durch die Zustellung der Schlußnote, sondern in dem Gespräch zwischen C. und dem Kläger, als diefer sich mit jener Bedingung einverstanden erklärte. Ob hier­ bei ein Mißverständnis unterlaufen ist, darauf kommt es an. Hat sich hier C. nicht anders ausgedrückt, als die Klausel lautet,, so ist an­ zunehmen, daß das zweideutig war, und läßt sich schließlich feststellen, daß der Kläger es anders gemeint hat, wie C., dann wäre es nur scheinbar zu einem Vertragsabschluß gekommen.

112. Kann der Kläger, dessen Anspruch abgewiesen wurde, sich aber nach der Verkündung des Urteils erledigt hat, zum Zwecke der Erledigungserklärmg Berufung einlegen? IIL Zivilsenat.

Urt. v. 26. Mai 1922 i. S. F. u. Gen. (Kl.) w. W. (Bekl.). HI 583/21.

I. Landgericht HI Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Der Beklagte hat in dem mit Sammelheizung ausgestatteten Hause der Klägerin eine Wohnung gemietet. Im Januar 1920 haben die Klägerin und ihr Ehemann die vorliegende Klage erhoben, mit der sie unter Bezugnahme auf briefliche und sonstige Äußerungen des Be­ klagten die Feststellung begehrten, daß dieser nicht berechtigt sei, nach dem Verbrauch der vorhandenen und der nach der behördlichen Zu­ teilung noch anzuschaffmden Koksmengen auf Kosten der Vermieterin mit seiner Familie in ein Hotel zu ziehen.

C. zum Kläger in diesem Verhältnis gestanden hat. Er ist als von diesem beauftragter Makler tätig gewesen und die Regel ist, daß der Makler nur den Auftrag zu vermitteln, nicht abzuschließen hat. Er hat lediglich die Erklärungen der Parteien mitzuteilen und entgegen­ zunehmen, sowie gegebenenfalls dahin zu wirken, Erklämng und Gegenerklärung, Vertragsangebot und Annahme miteinander in Ein­ klang zu bringen. Dabei ist zu beachten, daß die letzte, entscheidende Erklärung, die Annahme und damit der Vertrag sich damit vollendet, daß sie dem Makler gegenüber abgegeben wird. Sie muß nicht erst dem Gegner zugehen. Der Makler stellt, sobald sie ihm zugegangen ist, die Schlußnote aus und beurkundet dann das abgeschlossene Ge­ schäft. Sofort nach „Abschluß des Geschäfts" — so sagt § 94 HGB. — hat der Makler die Schlußnote den Parteien zuzustellen. Daher ist hier der Abschluß weder schon in dem Gespräch zwischen C. und L. erfolgt, weil hier erst noch eine Bedingung gemacht wurde, auf die sich der Kläger noch erklären mußte, noch auch erst durch die Zustellung der Schlußnote, sondern in dem Gespräch zwischen C. und dem Kläger, als diefer sich mit jener Bedingung einverstanden erklärte. Ob hier­ bei ein Mißverständnis unterlaufen ist, darauf kommt es an. Hat sich hier C. nicht anders ausgedrückt, als die Klausel lautet,, so ist an­ zunehmen, daß das zweideutig war, und läßt sich schließlich feststellen, daß der Kläger es anders gemeint hat, wie C., dann wäre es nur scheinbar zu einem Vertragsabschluß gekommen.

112. Kann der Kläger, dessen Anspruch abgewiesen wurde, sich aber nach der Verkündung des Urteils erledigt hat, zum Zwecke der Erledigungserklärmg Berufung einlegen? IIL Zivilsenat.

Urt. v. 26. Mai 1922 i. S. F. u. Gen. (Kl.) w. W. (Bekl.). HI 583/21.

I. Landgericht HI Berlin. — II. Kammergericht daselbst.

Der Beklagte hat in dem mit Sammelheizung ausgestatteten Hause der Klägerin eine Wohnung gemietet. Im Januar 1920 haben die Klägerin und ihr Ehemann die vorliegende Klage erhoben, mit der sie unter Bezugnahme auf briefliche und sonstige Äußerungen des Be­ klagten die Feststellung begehrten, daß dieser nicht berechtigt sei, nach dem Verbrauch der vorhandenen und der nach der behördlichen Zu­ teilung noch anzuschaffmden Koksmengen auf Kosten der Vermieterin mit seiner Familie in ein Hotel zu ziehen.

Das Landgericht wies die Klage unter Verneinung des Fest­ stellungsinteresses ab. Die Berufung der Kläger wurde vom Kammergericht als unzulässig verworfen. Ihre Revision blieb erfolglos. Aus den Gründen: Das Berufungsgericht führt aus, es bestehe Einigkeit der Parteien darüber, daß die Heizperiode 1919/20 vor der am 17. April 1920 erfolgten Einlegung der Berufung ihr Ende genommen habe, und folgert hieraus ohne Rechtsverstoß die Unzulässigkeit des Rechtsmittels.... Die Zulässigkeit beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Einlegung. Damals war infolge des Ablaufs der Heizzeit der Rechtsstreit bereits gegenstandslos geworden. Das Interesse der Kläger an der erbetmm Feststellung war erloschen. Ein streitiges RechtsverhäÜnis lag nicht mehr vor. Die durch die Abweisung der Klage in erster Instanz ur­ sprünglich gegebene Beschwemng der Kläger hatte ihre Bedeutung ver­ loren. Diese haben denn auch dadurch, daß sie mit der Berufung einen Antrag in der Hauptsache nicht verbanden, sondern nur noch die Erledigungserklämng erstrebten, die Richtigkeit der dargelegten Auf­ fassung selbst anerkannt. Bei einer solchen Sachlage hat das Reichs­ gericht wiederholt die Unstatthaftigkeit des Rechtsmittels angenommen (RGZ. Bd. 45 S. 412; IW. 1907 S. 712 Nr. 22, 1908 S. 45 Nr. 21, Warneyer 1913 Nr. 339, 1914 Nr. 340). Ob für die Kläger die Möglichkeit bestanden hätte, ihren Antrag im Berufungsverfahren in der Form auftecht zu erhalten, daß das vom Beklagten in Anspruch genommene Recht nicht begründet gewesen sei, bedarf, da nur der tat­ sächlich gestellte Antrag maßgebend ist, keiner Entscheidung. Aus dem­ selben Grunde kann auch unerörtert bleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn die Kläger trotz der Erledigung der Hauptsache ihren Sachantrag in der ursprünglichen Form in der Berufungsinstanz weiterverfolgt, hätten (vgl. RGZ. Bd. 102 S. 290). Wie aber die Revision angesichts der Beschränkung des Antrags auf die Erledigungserklärung der Zu­ lässigkeit der Berufung mit dem Hinweis zur Anerkennung verhelfen will, daß das Interesse der Kläger an der erbetenen Feststellung bei der zu befürchtenden Wiederkehr der Meinungsverschiedenheit der Parteien in künftigen Heizperioden auch nach dem Ablauf der Heiz­ zeit 1919/20 noch fortbestanden habe, ist schlechterdings nicht erfindlich. Da gemäß § 99 Abs. 1 ZPO. ohne ein zulässiges Rechtsmsttel in der Hauptsache auch die Entscheidung über den Kostenpunkt nicht anfechtbar ist (RGZ. Bd. 27 S. 366, Bd. 45 S. 414), so ist demnach die- Be­ rufung der Kläger mit Recht als unzulässig verworfen worden.

113. Zur Frage der Einwirkuug„des Versailler Vertrags auf eine vor Kriegsausbruch vereinbarte Übertragung von Warenzeichen, die für einen englischen Staatsangehörigen eingetragen find. Entsch. in ZivM. 101.

24

Das Landgericht wies die Klage unter Verneinung des Fest­ stellungsinteresses ab. Die Berufung der Kläger wurde vom Kammergericht als unzulässig verworfen. Ihre Revision blieb erfolglos. Aus den Gründen: Das Berufungsgericht führt aus, es bestehe Einigkeit der Parteien darüber, daß die Heizperiode 1919/20 vor der am 17. April 1920 erfolgten Einlegung der Berufung ihr Ende genommen habe, und folgert hieraus ohne Rechtsverstoß die Unzulässigkeit des Rechtsmittels.... Die Zulässigkeit beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Einlegung. Damals war infolge des Ablaufs der Heizzeit der Rechtsstreit bereits gegenstandslos geworden. Das Interesse der Kläger an der erbetmm Feststellung war erloschen. Ein streitiges RechtsverhäÜnis lag nicht mehr vor. Die durch die Abweisung der Klage in erster Instanz ur­ sprünglich gegebene Beschwemng der Kläger hatte ihre Bedeutung ver­ loren. Diese haben denn auch dadurch, daß sie mit der Berufung einen Antrag in der Hauptsache nicht verbanden, sondern nur noch die Erledigungserklämng erstrebten, die Richtigkeit der dargelegten Auf­ fassung selbst anerkannt. Bei einer solchen Sachlage hat das Reichs­ gericht wiederholt die Unstatthaftigkeit des Rechtsmittels angenommen (RGZ. Bd. 45 S. 412; IW. 1907 S. 712 Nr. 22, 1908 S. 45 Nr. 21, Warneyer 1913 Nr. 339, 1914 Nr. 340). Ob für die Kläger die Möglichkeit bestanden hätte, ihren Antrag im Berufungsverfahren in der Form auftecht zu erhalten, daß das vom Beklagten in Anspruch genommene Recht nicht begründet gewesen sei, bedarf, da nur der tat­ sächlich gestellte Antrag maßgebend ist, keiner Entscheidung. Aus dem­ selben Grunde kann auch unerörtert bleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn die Kläger trotz der Erledigung der Hauptsache ihren Sachantrag in der ursprünglichen Form in der Berufungsinstanz weiterverfolgt, hätten (vgl. RGZ. Bd. 102 S. 290). Wie aber die Revision angesichts der Beschränkung des Antrags auf die Erledigungserklärung der Zu­ lässigkeit der Berufung mit dem Hinweis zur Anerkennung verhelfen will, daß das Interesse der Kläger an der erbetenen Feststellung bei der zu befürchtenden Wiederkehr der Meinungsverschiedenheit der Parteien in künftigen Heizperioden auch nach dem Ablauf der Heiz­ zeit 1919/20 noch fortbestanden habe, ist schlechterdings nicht erfindlich. Da gemäß § 99 Abs. 1 ZPO. ohne ein zulässiges Rechtsmsttel in der Hauptsache auch die Entscheidung über den Kostenpunkt nicht anfechtbar ist (RGZ. Bd. 27 S. 366, Bd. 45 S. 414), so ist demnach die- Be­ rufung der Kläger mit Recht als unzulässig verworfen worden.

113. Zur Frage der Einwirkuug„des Versailler Vertrags auf eine vor Kriegsausbruch vereinbarte Übertragung von Warenzeichen, die für einen englischen Staatsangehörigen eingetragen find. Entsch. in ZivM. 101.

24

II. Zivilsenat. Urt. v. 26. Mai 1922 i. S. P. & Co. G. m. b. H. (Bell.) w. P. & Co. A.-G. (Kl.). II 668/21. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Die klagende Aktiengesellschaft wurde am 30. März 1914 von dem Kaufmann P., damals in Hamburg, der beklagten Gesellschaft in. b. H. und drei weiteren Personen gegründet und am 26. Mai 1914 in das Handelsregister eingetragen. P. ist englischer Staatsangehöriger. Er war zur Zeit der Gründung Geschäftsführer der Beklagten und war oder ist noch Inhaber aller oder fast aller ihrer Geschäftsanteile, llber die Einlage, die von der Beklagten auf das Grundkapital der Klägerin zu machen war, bestimmte der Gesellschaftsvertrag: „Die P. & Co. Gesellschaft m. 6. H., Hamburg, bringt in die Gesellschaft Warenvorräte im Werte von 132000 X ein. Die P. & Co. Gesell­ schaft m. b. H. bringt ferner den gesamten Geschäftsbetrieb in pharma­ zeutischen und kosmetischen Artikeln, einschließlich der laufenden Kauf-, Verkaufs- und sonstigen Verträge, ferner die in der Anlage auf­ geführten Warenzeichen, Schutzmarken und Patente ein ..." Die Klägerin behauptete, daß die Beklagte bei mehreren der ein­ zubringenden Warenzeichen die Übertragungspflicht nicht erfüllt habe,

und erhob deshalb gegen Ende des Jahres 1920 Klage auf Ver­ urteilung der Beklagten, ihr, der Klägerin, die Warenzeichen Vasogen, Vasogenin, Lactagol und Sphinx für Dänemark, die Warenzeichen Vasogen, Lactagol und Sphinx für Italien zu verschaffen. Die Be­ klagte wandte insbesondere ein, daß sie durch unverschuldete, nachträg­ lich eingetretene Unmöglichkeit von der streitigen Leistungspflicht befreit fei; die streitigen Warenzeichen seien auf den Namen des P. eingetragen, der zur Zeit der Gründung der Klägerin ihrer Übertragung zugestimmt habe, sich aber jetzt unter Berufung auf Art. 299a des Versailler Vertrags weigere, die Zeichen zu übertragen und von ihr, der Beklagten, hierzu nicht gezwungen werden könne. Beide Vorderrichter gaben der Klage statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen. Gründe: Der erste Richter begründet die Verurteilung der Beklagten mit folgenden Erwägungen: Die Klägerin sei ohne weiteres mit den Warenzeichen ins Leben getreten, welche die Beklagte mit Zustimmung des Zeichenberechtigten P. als Einlage auf das Grundkapital ein­ gebracht habe. Es handle sich also nicht so sehr darum, der Klägerin die Zeichenrechte, die sie bereits habe, zu verschaffen, als vielmehr darum, ihr durch die Eintragung in die auch in Dänemark und Italien ge­ führten Zeichenregister die Legimitation zu verschaffen, deren sie zur vollständigen Ausübung des Rechts bedürfe, was indessen nicht im

Wege zu stehen brauche, die Beklagte zur „Verschaffung der Waren­ zeichen" zu verurteilen, sofern man hierunter eben nur die Verschaffung der Ausübungsmöglichkeit und Ausübungssicherheit verstehe. Einem Verschaffungsanspruch dieser Art stehe keine Bestimmung des Versailler Vertrags entgegen; die Beklagte habe dies auch ebensowenig behauptet, wie sie bestritten habe, daß die Klägerin zeichenberechtigt sei. Übrigens würde die Beklagte auch dann zu verurteilen sein, wenn die Klägerin nicht zeichenberechtigt wäre; die Auffassung der Beklagten, daß sie durch die von ihr geltend gemachte Unmöglichkeit befreit sei, beruhe lediglich auf formaljuristischen Erwägungen, denn die Beklagte sei tatsächlich P., sie könne leisten, wenn sie nur wolle und dürfe sich nicht hinter den Genannten verstecken. Das Berufungsgericht erklärt die Ausführungen des ersten Richters für zutreffend und fügt noch bei: Die Beklagte habe nicht dargetan, daß es ihr nach dem Abschluß des Gründungsvertrags unmöglich ge­ worden sei, die zur Geltendmachung des Zeichenrechts erforderliche Um­ schreibung der Zeichen auf die Klägerin herbeizuführen. Die Weigerung des P., in die Umschreibung zu willigen, begründe solches Unvermögen der Beklagten nicht. Da P. Inhaber aller oder fast aller Geschäfts­ anteile der Beklagten sei, sei er an ihrer Willensbildung entscheidend beteiligt. Wenn die Gesellschafterversammlung als oberstes Willens­ organ der Beklagten die Umschreibung auf die Klägerin herbeiführen wolle, sei sie ohne weiteres dazu in der Lage, denn dann habe auch P. diesen Willen, als Privatperson und Gesellschafter sei er dieselbe Persönlichkeit. Wenn die Beklagte sich darauf berufe, daß P. die Umschreibung nicht wolle, laufe dieser Einwand darauf hinaus, daß die Gesellschafterversammlung sie nicht wolle; durch die Berufung hier­ auf könne sich aber die Beklagte ihrer Verpflichtung nicht entziehen. Ob die Klägerin unmittelbar gegen P. einen Anspruch auf Berichtigung der Zeichenrolle habe, könne dahingestellt bleiben; solcher Anspruch würde das auf dem Gründungsvertrag beruhende Recht der Klägerin nicht ausschließen, auch von der Beklagten die Herbeiführung der Be­ richtigung zu verlangen. Die Revision ist in erster Reihe der Ansicht, die Beklagte habe ihrer Einbringungspflicht dadurch genügt, daß sie der Klägerin den Genuß der eingetragenen Warenzeichen derart verschafft habe, wie sie ihn selbst gehabt habe. Dieser Auffassung kann nicht bei­ getreten werden. Die Beklagte sollte nach dem Vertrage Warenzeichen schlechthin einbringen und nicht bloß den Genuß von Warenzeichen, wie sie ihn selbst hatte. Die vollständige Erfüllung dieser VertragsPflicht erforderte aber, daß die Beklagte eingetragene Inhaberin der Zeichen war oder daß sie wenigstens die Klägerin in den Stand setzte, trotz der auf einen anderen Inhaber lautenden Eintragung die zur

Geltendmachung des Zeichenrechts notwendige Umschreibung zu erlangen. Wenn das Landgericht davon spricht, daß die Klägerin die mit Zu­ stimmung des P. eingebrachten Zeichen bereits habe, so ist daran so viel richtig, daß die in dem Gründungsvertrag enthaltene Verfügung der Beklagten über die fremden Zeichenrechte zufolge der damaligen Einwilligung des Berechtigten wirksam war (§ 185 BGB.). Diese Wirksamkeit erschöpfte aber nicht die Verpflichtung der Beklagten. Bei der Abhängigkeit der Ausübung des Zeichenrechts von der Eintragung wurde der Klägerin nur eine nackte Rechtsstellung und noch nicht die Möglichkeit, von dieser Rechtsstellung den bestimmungsmäßigen Ge­ brauch zu machen, verschafft. Für den Fall, daß der Einbringungspflicht noch nicht genügt sein sollte, ist die Revision der Meinung, daß der von der Beklagten vor­ gebrachte Einwand der nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB.) durchgreife. Zuzugeben ist, daß die Ausführungen des Berufungsgerichts die Zurückweisung des Einwands nicht rechtfertigen. Es geht nicht an, den Willen des P. und der Gesellschafterversammlung rechtlich einander gleichzustellen und daraus, daß P. nicht will, zu folgern, daß die Gesellschafterversammlung nicht wolle. Dem steht entgegen, daß die beklagte Gesellschaft m. b. H. und P., auch wenn dieser in der Gesellschafterversammlung die ausschlaggebende Persön­ lichkeit ist, völlig selbständige Rechtssubjekte find. Soweit deshalb Ansprüche gegen die Gesellschaft erhoben werden, hat die Person des einzelnen Gesellschafters außer Betracht zu bleiben und ist aus dessen Verhältnis zur Gesellschaft nichts gegen diese selbst herzuleiten. Das Ergebnis, zu dem das Berufungsgericht gelangt, stellt fich aber aus einem anderen Gmnd als richtig dar. Die Beklagte hat geltend gemacht, P. habe sich ihr gegenüber, bei der Gründung der Klägerin stillschweigend verpflichtet, sie durch Übertragung der Waren­ zeichen an die Klägerin in die Lage zu versetzen, die von ihr, der Beklagten, in dem Gründungsvertrag übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen; von dieser Verpflichtung sei er durch Art. 299a des Friedensvertrags frei geworden. Diese Auffassung .beruht auf ungenügmder Berücksichtigung des Inhalts des Versailler Vertrags und der Rechtslage. Art. 299a stellt allerdings die allgemeine Regel auf, daß Verträge zwischen Feinden als mit dem Zeitpunkt aufgehoben gelten, an dem zwei der Beteiligten Feinde geworden sind, und es trifft auch hier keine der in diesem Artikel selbst auf­ geführten Ausnahmen von der Regel zu. In Betracht kommen aber noch die in der Anlage hinter Art. 303 enthaltenen Sonderbestimmungen, die in § 2a von der Aufhebung durch Art. 299 ausnehmen: Verträge zum Zwecke der Übertragung von Eigentum, Gütern oder von beweg­

lichen oder unbeweglichen Werten, wenn das Eigentum übertragen oder

der Gegenstand ausgehändigt worden ist, bevor die Parteien Feinde wurden. Um einen solchen Fall handelt es sich hier nach den eigenen Vorbringen der Beklagten. P. hat nicht erst die streitigen Waren­ zeichen zu übertragen, vielmehr sind diese schon durch den Gründungs­ vertrag auf die Klägerin übergcgangen und das ihm jetzt «och der Beklagten gegenüber Obliegende stellt sich lediglich dar als die formelle Anerkennung des Rechtszustandes, der durch den Gründungsvertrag ge­ schaffen wurde und als vollzogene Übertragung eines Wertes von dem Friedensvertrage nicht berührt ist. Die Berufung auf den Friedens­ vertrag kann daher den von der Beklagten erhobenen Einwand der Unmöglichkeit der Leistung nicht rechtfertigen.

114. Zur Anwendung des § 326 Abs. 1 und 2 BGB. Still­ schweigender Verzicht auf Bestimmung einer Frist. Wegfall des Interesses an der Erfüllung. II. Zivilsenat.

Urt. v. 26. Mai 1922 i. S. M. (Kl.) w. St. (Bekl.). II 685/21.

I Landgericht I Berlin, Kammer für Handelssachen. — II. Kammergericht daselbst.

Anfang September 1920 kam zwischen den Parteien ein Lieferungs­ vertrag zustande, deffen Abschluß die Beklagte der Klägerin unter dem 3. September 1920, wie folgt, bestätigte: „Ich bestätige, Ihnen verkauft zu haben zur Lieferung innerhalb des Monats September: 20 tons Glaubersalz kalziniert gemahlen 96/98 °/0 ig zum Preise von JI 330 per 100 Kilo mit Ausfuhrbewilligung einschließlich Ausfuhr­ abgabe fob Hamburg, ausschließlich Fässer d 150 Kilo, welche mit JI 50 pro Stück berechnet werden. Zahlung wie in meinem Angebot vom 31. v. Mts.: gegen von Ihnen zu stellendes für mich spesen­ freies Akkreditiv bei meinem Bankhause I. Dr. & Co., Berlin, mit der Maßgabe, daß die Auszahlung, wie telephonisch heute verabredet, gegen die in Betracht kommenden Dokumente erfolgt." ... Die Klägerin bestellte am 8. September bei der Firma I. Dr. & Co. zu­ gunsten der Beklagten ein bis zum 1. Oktober 1920 unwiderrufliches Akkreditiv von 66000 JI. Die Beklagte schrieb ihr jedoch am 15. September: „Ich bin im Besitz ihres Schreibens vom 8. d. Mts. über die mir bei meinem Bankhause von Ihnen bis zum 1. Oktober unwiderruflich akkreditierten JI 66000. für die 20 tons Glaubersalz. Ich erhalte heute von meinem Lieferwerk die Benachrichtigung, daß es sich um 20100 Kilo handelt, in 134 Fässern. Ihr Akkreditiv

müßte also lauten über: Jt 73030, und bitte ich Sie, die noch fehlenden

der Gegenstand ausgehändigt worden ist, bevor die Parteien Feinde wurden. Um einen solchen Fall handelt es sich hier nach den eigenen Vorbringen der Beklagten. P. hat nicht erst die streitigen Waren­ zeichen zu übertragen, vielmehr sind diese schon durch den Gründungs­ vertrag auf die Klägerin übergcgangen und das ihm jetzt «och der Beklagten gegenüber Obliegende stellt sich lediglich dar als die formelle Anerkennung des Rechtszustandes, der durch den Gründungsvertrag ge­ schaffen wurde und als vollzogene Übertragung eines Wertes von dem Friedensvertrage nicht berührt ist. Die Berufung auf den Friedens­ vertrag kann daher den von der Beklagten erhobenen Einwand der Unmöglichkeit der Leistung nicht rechtfertigen.

114. Zur Anwendung des § 326 Abs. 1 und 2 BGB. Still­ schweigender Verzicht auf Bestimmung einer Frist. Wegfall des Interesses an der Erfüllung. II. Zivilsenat.

Urt. v. 26. Mai 1922 i. S. M. (Kl.) w. St. (Bekl.). II 685/21.

I Landgericht I Berlin, Kammer für Handelssachen. — II. Kammergericht daselbst.

Anfang September 1920 kam zwischen den Parteien ein Lieferungs­ vertrag zustande, deffen Abschluß die Beklagte der Klägerin unter dem 3. September 1920, wie folgt, bestätigte: „Ich bestätige, Ihnen verkauft zu haben zur Lieferung innerhalb des Monats September: 20 tons Glaubersalz kalziniert gemahlen 96/98 °/0 ig zum Preise von JI 330 per 100 Kilo mit Ausfuhrbewilligung einschließlich Ausfuhr­ abgabe fob Hamburg, ausschließlich Fässer d 150 Kilo, welche mit JI 50 pro Stück berechnet werden. Zahlung wie in meinem Angebot vom 31. v. Mts.: gegen von Ihnen zu stellendes für mich spesen­ freies Akkreditiv bei meinem Bankhause I. Dr. & Co., Berlin, mit der Maßgabe, daß die Auszahlung, wie telephonisch heute verabredet, gegen die in Betracht kommenden Dokumente erfolgt." ... Die Klägerin bestellte am 8. September bei der Firma I. Dr. & Co. zu­ gunsten der Beklagten ein bis zum 1. Oktober 1920 unwiderrufliches Akkreditiv von 66000 JI. Die Beklagte schrieb ihr jedoch am 15. September: „Ich bin im Besitz ihres Schreibens vom 8. d. Mts. über die mir bei meinem Bankhause von Ihnen bis zum 1. Oktober unwiderruflich akkreditierten JI 66000. für die 20 tons Glaubersalz. Ich erhalte heute von meinem Lieferwerk die Benachrichtigung, daß es sich um 20100 Kilo handelt, in 134 Fässern. Ihr Akkreditiv

müßte also lauten über: Jt 73030, und bitte ich Sie, die noch fehlenden

374

114. Zu § 326 Abs. 1 und 2 BGB.

7 030 ebenfalls unwiderruflich bis zum 1. Oktober d. Js. mir zu­ gunsten zu akkreditieren rmd mich von dem Geschehenen zu benach­ richtigen." ... Darauf erhöhte die Klägerin am 16. Septeniber das Akkreditiv auf 73030 Jt. Am 26. September machte sie die Beklagte darauf aufmerksam, daß „das Akkreditiv nur bis 1. Oktober ds. Js. verbindlich sei und ihr Abnehmer, der Ausländer sei, wohl kaum auf ein Entgegenkommen sich einlassen werde". Als sodann die Beklagte bis zum 30. September 1920 nicht geliefert hatte, zog die Klägerin am 1. Oktober 1920 das^-Akkreditiv zurück und ließ der Beklagten mitteilen, daß sie die Annahme der Lieferung nunmehr ablehne und 7350 M Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordere. Zur Begründung der demnächst auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung dieser 7350 JI nebst 5°/o Zinsen seit dem 1. Oktober 1920 erhobenen Klage machte sie geltend, sie habe die ihr von der Beklagten verkaufte Ware sofort an die Firma Sch. in Riga zum Preise von 400 JI für 100 Kilo einschließlich des Fässerpreises weiterverkauft und diese Firma veranlaßt, ihr bei dem Bankhause I. Dr. & Co. ein bis zum 30. September 1920 einschließlich unwiderrufliches Akkreditiv von 80000 JI zu bestellen. Hiervon habe sie das Akkreditiv für die Be­ klagte abgezweigt. Zu dem Verlangen nach Schadensersatz wegen Nichterfüllung sei sie auch ohne Fristsetzung gemäß § 326 Abs. 1 BGB. berechtigt, weil das von ihr mit der Beklagten (und ebenso das unter gleichen Bedingungen von der Firma Sch. mit ihr) abgeschlossene Ge­ schäft esu Fixgeschäft sei, und weil sie auch an der Erfüllung des Geschäfts kein Interesse mehr gehabt habe, seitdem die Firma Sch. nach fruchtlosem Abläufe der Lieferzeit vom Vertrage zurückgetreten sei. Mit der Zurückziehung des Akkreditivs durch die Firma Sch. habe das Geschäft für sie, die Klägerin, aufgehört, ein sicheres zu sein; sie hätte den Kaufpreis aus eigenen Mitteln zahlen müssen und wäre, wenn endlich die Beklagte sich zur Lieferung entschlossen hätte, darauf angewiesen gewesen, entweder sich einen neuen Käufer für die — großen Konjunkturschwankungen ausgesetzte — Ware zu suchen, oder gegen die ausländische Firma einen in seinem Ausgange höchst zweifel­ haften Prozeß auf Abnahme und Zahlung zu führen. Landgericht und Kammergericht wiesen die Klägerin ab. Die Revision hatte Erfolg. Aus den Gründen: ... Das Kammergericht geht bei Verneinung der Frage nach dem Vorliegen eines Fixgeschäfts davon aus, daß in dem Bestätigungs­ schreiben der Beklagten vom 3. September 1920 von einer „Befristung des Akkreditivs", d. h. von der Bestellung eines nur bis zum Ablaufe der vereinbarten Lieferzeit („innerhalb des Monats September") un­ widerruflichen Akkreditivs, nicht die Rede gewesen sei, sowie daß die

M

Klägerin das Bestätigungsschreiben widerspruchslos hingenommen und daraufhin die Akkreditive eingesandt habe, und es läßt deshalb dahin­ gestellt sein, ob im Falle der Vereinbarung eines „befristeten" Akkre­ ditivs ein Fixgeschäft als gewollt gelten müsse. Nun ist aber in dem Bestätigungsschreiben von einer Unwiderruflichkeit des zu bestellenden Akkreditivs überhaupt nicht die Rede, und die Beklagte hat in ihrer Entgegnung vom 15. September auf die Anzeige der Klägerin vom 8. September, das Akkreditiv sei in Höhe von 66000 Jt bis zum 1. Oktober 1920 unwiderruflich bestellt worden, nur den zu geringen Betrag des Akkreditivs, nicht aber die zeitliche Beschränkung seiner Unwiderruflichkeit beanstandet, vielmehr an die Klägerin das ausdrück­ liche Ersuchen gerichtet, die noch fehlenden 7030 JI „ ebenfalls un­ widerruflich bis 1. Oktober ds. Js. ihr zugunsten zu akkreditieren", ein Ersuchen, dem alsdann die Klägerin sofort nachgekommen ist. Das 'Kammergericht hätte daher nicht unerörtert lassen dürfen, ob nicht aus dem späteren Verhalten der Parteien zu entnehmen war, daß sie sich von vornherein auf ein nur bis zum Ablaufe der ver­ einbarten Lieferzeit unwiderrufliches Akkreditiv geeinigt hatten, oder ob nicht in dem späteren Verhalten der Parteien mindestens deren nachträgliche Einigung auf ein solches Akkreditiv zu finden war. Hielt das Kammergericht trotz der einen oder der anderen Einigung ein Fixgeschäft nicht für gewollt, so blieb immer noch zu prüfen, ob nicht etwa der Klägerin mit der Befugnis, das Akkreditiv nach fruchtlosem Ablaufe der Lieferzeit zu widerrufen, jedenfalls zugleich das Recht eingeräumt werden sollte, ohne Fristsetzung gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB. die Annahme der Leistung abzulehnen und Schadens­ ersatz wegen Nichterfüllung zu fordern svgl. Warneyer 1916 Nr. 221, IW. 1917 S. 42 Nr. 9, RGZ. Bd. 96 S. 257, LZ. 1922 Sp. 194). Die Revision macht aber auch dem Kanimergericht mit Recht zum Vorwurfe, daß es die von der Klägerin zur Darlegung der Voraus­ setzungen des § 326 Abs. 2 BGB. aufgestellten Behauptungen nicht richtig gewürdigt habe. Die Klägerin hatte behauptet, sie betreibe, da sie ein eigenes Risiko nicht eingehen wolle, ihr Geschäft in der Weise, daß sie nur Waren kaufe, für die sie sich bereits feste Ab­ nehmer, meist Ausländer, gesichert habe. So habe sie sich auch hier den Weiterverkauf der Ware an die Firma Sch. in Riga schon vor dem endgültigen Abschlusse mit der Beklagten gesichert gehabt, und zwar in der Weise, daß die Firma Sch. verpflichtet gewesen sei, ihr in Höhe des ganzen Weiterverkaufspreises ein bis zum 30. September 1920 einschließlich unwiderrufliches Akkreditiv zu bestellen. Aus dem sodann von der Firma Sch. zu ihren Gunsten bestellten Akkreditiv habe sie ihrerseits das Akkreditiv zugunsten der Beklagten bestellt, so daß sie, ohne in die eigene Tasche greifen zu müssen und ohne von

376

115.

Unterlassungsklage im Warenzeichenrecht.

der Konjunktur und von der Bonität ihres Abnehmers abhängig zu sein, einen sicheren Weiterverkaufsgewinn gehabt hätte. Denn im Falle rechtzeitiger Lieferung würde di« Beklagte in Höhe ihrer Kaufpreis­ forderung, und sie, die Klägerin, in Höhe ihres Weiterverkaufsgewinns von der Bank Zahlung erhalten haben. Als jedoch die Firma Sch. infolge des Verzugs der Beklagten das Akkreditiv zurückgezogen habe und vom Vertrage zurückgetreten sei, — auf eine Verlängerung habe die Firma Sch. sich nicht einlasien wollen, was die Beklagte schon nach ihrem, der Klägerin, Schreiben vom 26. September 1920 habe erwarten müssen — sei die Sachlage eine ganz andere gewesen. Ihr, der Klägerin, habe nicht zugemutet werden können, den Kaufpreis an die Beklagte nunmehr aus eigenen Mitteln zu zahlen, die Ware bei fich oder bei einem Spediteur einzulagern und entweder die Firma Sch. zu verklagen, oder einen anderen, wegen der rückläufigen Konjunktur schwer zu findenden Käufer zu suchen. Weder an dem einen noch an dem anderen habe sie ein Interesse gehabt. Wenn das Kammergericht diese Behauptungen mit der Begründung abtun zu können glaubt, es sei, solange nicht die Klägerin das Gegenteil nachweise, anzunehmen, daß sie das Glaubersalz auch an andere Abnehmer mit Gewinn, wenn auch vielleicht mit geringerem, hätte-absetzen können, so verkennt es die Bedeutung des § 326 Abs. 2 BGB. Im Sinne dieser Gesetzes­ bestimmung hatte die Klägerin ein Interesse an der Erfüllung des mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrags schon dann nicht mehr, wenn sie infolge des — mit dem Ablaufe der kalendermäßig be­ stimmten Lieferzett ohne weiteres eingetretenen — Verzuges der Be­ klagten das bis dahin mit keinerlei Risiko verbundene und ohne Ver­ wendung eigenen Kapitals gewinnbringend zu erledigende Doppel­ geschäft entweder überhaupt nicht mehr oder nur noch mit erheblichem Risiko und mit Hilfe eigener Mittel durchzuführen vermochte (RG. bei GMchot Bd. 60 S. 490, RGZ. Bd. 94 S. 326)....

115. 1. Voraussetzungen der Unterlassungsklage wegen Störung des Warenzeichenrechts. 2. Rechtliche Bedeutung der Banderolierung von Zigaretten. 3. Zur Auslegung des Att. 309 des Versailler Vertrags. II. Zivilsenat. Urt. v. 30. Mai 1922 i. S. F. (Bell.) w. E. & Söhne (Kl.). II 269/21. I. Landgericht Köln, Kammer für Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Für die Klägerin ist seit dem 27. März 1915 das Wort „Ballet" als Warenzeichen für Roh-, Rauch-, Kau- und Schnupftabake, Zigaretten,

376

115.

Unterlassungsklage im Warenzeichenrecht.

der Konjunktur und von der Bonität ihres Abnehmers abhängig zu sein, einen sicheren Weiterverkaufsgewinn gehabt hätte. Denn im Falle rechtzeitiger Lieferung würde di« Beklagte in Höhe ihrer Kaufpreis­ forderung, und sie, die Klägerin, in Höhe ihres Weiterverkaufsgewinns von der Bank Zahlung erhalten haben. Als jedoch die Firma Sch. infolge des Verzugs der Beklagten das Akkreditiv zurückgezogen habe und vom Vertrage zurückgetreten sei, — auf eine Verlängerung habe die Firma Sch. sich nicht einlasien wollen, was die Beklagte schon nach ihrem, der Klägerin, Schreiben vom 26. September 1920 habe erwarten müssen — sei die Sachlage eine ganz andere gewesen. Ihr, der Klägerin, habe nicht zugemutet werden können, den Kaufpreis an die Beklagte nunmehr aus eigenen Mitteln zu zahlen, die Ware bei fich oder bei einem Spediteur einzulagern und entweder die Firma Sch. zu verklagen, oder einen anderen, wegen der rückläufigen Konjunktur schwer zu findenden Käufer zu suchen. Weder an dem einen noch an dem anderen habe sie ein Interesse gehabt. Wenn das Kammergericht diese Behauptungen mit der Begründung abtun zu können glaubt, es sei, solange nicht die Klägerin das Gegenteil nachweise, anzunehmen, daß sie das Glaubersalz auch an andere Abnehmer mit Gewinn, wenn auch vielleicht mit geringerem, hätte-absetzen können, so verkennt es die Bedeutung des § 326 Abs. 2 BGB. Im Sinne dieser Gesetzes­ bestimmung hatte die Klägerin ein Interesse an der Erfüllung des mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrags schon dann nicht mehr, wenn sie infolge des — mit dem Ablaufe der kalendermäßig be­ stimmten Lieferzett ohne weiteres eingetretenen — Verzuges der Be­ klagten das bis dahin mit keinerlei Risiko verbundene und ohne Ver­ wendung eigenen Kapitals gewinnbringend zu erledigende Doppel­ geschäft entweder überhaupt nicht mehr oder nur noch mit erheblichem Risiko und mit Hilfe eigener Mittel durchzuführen vermochte (RG. bei GMchot Bd. 60 S. 490, RGZ. Bd. 94 S. 326)....

115. 1. Voraussetzungen der Unterlassungsklage wegen Störung des Warenzeichenrechts. 2. Rechtliche Bedeutung der Banderolierung von Zigaretten. 3. Zur Auslegung des Att. 309 des Versailler Vertrags. II. Zivilsenat. Urt. v. 30. Mai 1922 i. S. F. (Bell.) w. E. & Söhne (Kl.). II 269/21. I. Landgericht Köln, Kammer für Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Für die Klägerin ist seit dem 27. März 1915 das Wort „Ballet" als Warenzeichen für Roh-, Rauch-, Kau- und Schnupftabake, Zigaretten,

Zigarettenpapier und Zigarettenhülsen in die Zeichmrolle des Reichs­ patentamts eingetragen. Der Beklagte, der nach seiner Behauptung von der Zollbehörde in Köln die Konzession zum Banderolieren von Zigaretten der englischen Firma Wardar Manufactory of Egyptian Cigarettes, die mit der Marke „Ballet" versehen sind, erhalten hatte, hat im Jahre 1919 solche Zigaretten banderoliert und auf einem Teil der Banderolestreifen seine damalige Firma „Meteor-Orient-Tabak- und Zigaretten-Fabrik Köln a. Rh." angebrachte Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Zigaretten zu dem Zweck banderoliert, um sie im Jnlande in Verkehr zu bringen. Denn da er damals eine Ziga­ rettenfabrik betrieben habe, so habe er sich nicht etwa mit dem Bandero­ lieren von Zigaretten für andere Firmen beschäftigt, zumal er dazu Banderolen mit dem Aufdruck seiner eigenen Firma verwendet habe. Tatsächlich habe der Beklagte auch die von ihm banderolierten Ziga­ retten mit der Aufschrift „Ballet" in den Verkehr gebracht,- indem er diese in großen Mengen an den Kaufmann G. in Hamburg geliefert habe, so daß der Markt in Hamburg, Altona und den benachbarten Städten mit diesen Zigaretten überschwemmt gewesen sei. Durch dieses Verhalten des Beklagten sieht sich die Klägerin in ihrem Warenzeichenrecht verletzt. Sie hat daher Klage erhoben auf Unterlassung, Zigaretten, die auf der Hülse oder auf der Packung die Bezeichnung „Ballet" tragen, ohne gleichzeitig den Firmennamen der Klägerin zu enthalten, feilzuhalten oder zu verkaufen. Der Beklagte hat um Klagabweisung gebeten. Er gibt lediglich zu, die fraglichen Zigaretten im Auftrag einer anderen Firma gegen Vergütung mit Banderolen versehen zu haben. Dabei ist seiner Angabe nach ohne sein Wiffen durch einen Irrtum oder eine Verwechselung seiner Arbeiterinnm ein Teil der Packungen nicht mit den übersandten Bande­ rolen der'anderen Firma, sondern versehentlich mit Banderolen ver­ sehen "worden, die den Aufdruck seiner Firma trugen. Dagegen habe er diese Zigaretten nicht in den Handel gebracht, sondern sie an seinen Auftraggeber abgeliefert. Was dieser mit den Zigaretten vor­ gehabt habe, insbesondere ob er sie überhaupt im Inland habe ver­ kaufen und nicht vielniehr ins Ausland habe senden wollen, habe er nicht wissen können. Übrigens habe durch den Banderolenaufdruck

niemand in den Glauben versetzt werden können, als ob es sich um Zigaretten des Beklagten handle. Denn sowohl der Aufdmck auf den Schachteln wie auch das Reklameblättchen innerhalb derselben zeige die oben angegebene englische Firma. Beide Vorinstanzen haben dem Klagantrag mit der Maßgabe stattgegeben, daß sie an Stelle des beantragten Verbots deS „Feilhaltens und Verkaufens" das des „Jnverkehrsetzens" ausgesprochen haben. Die Revistoü hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Beide Vorinstanzen sehen auf Grund des Verhaltens der Be­ klagten den Unterlassungsanspruch der Klägerin als Inhaberin des für gleiche und gleichartige Waren eingetragenen gleichlautenden Waren­ zeichens „Ballet" als begründet an, und zwar in erster Linie schon auf Grund der vom Beklagten vorgenommenen Banderolierung der mit dem Namen Ballet versehenen Zigaretten der englischen Firma „Wardar Manufactory of Egyptien Cigarettes", ohne Rücksicht auf die Verwendung von Banderolen mit dem Aufdruck seiner eigenen Firma. Sie erblicken bereits in der Banderolierung von Zigaretten einen Akt des Inverkehrbringens, da dieses erst durch die Bandero­ lierung ermöglicht werde. Sie sehen auf Grund der Tatsache, daß die Zigaretten aus dem Auslande bezogen und im Jnlande banderoliert sind, als bewiesen an, der Beklagte habe gewußt, daß die von ihm banderolierte Ware nicht für das Ausland, sondern mindestens zum größten Teil für den Handel im Jnlande bestimmt war, weil er als Fachmann nicht darüber im Zweifel gewesen sei, daß die Einführung ins Inland und das mit Kosten verbundene Banderolieren sicher nicht erfolgt wäre, wenn die Ware insgesamt wieder für das Ausland be­ stimmt gewesen wäre. In zweiter Linie entnehmen beide Vorinstanzen aus dem Umstande, daß der Beklagte entsprechend der Vorschrift des § 5 des Zigaretten­ steuergesetzes vom 3. Juni 1906, wonach auf jeder Packung Name und Sitz der Firma des Herstellers oder des Händlers ersichtlich zu machen ist, Banderolenstreifen mit dem Aufdruck seiner eigenen Firma ver­ wendet hat, während die genannte englische Firma als Herstellerin der fraglichen Zigaretten angegeben war, daß er sich dadurch selbst als Händler gekennzeichnet und als solcher mindestens die Absicht kund­ gegeben habe, die Zigaretten in Verkehr zu bringen. Da die Unter­ lassungsklage aus § 12 WZG. die Abwehr von- Rechtsverletzungen bezwecke, so genüge, um sie begründet erscheinen zu lassen, schon die tatsächlich begründete Besorgnis einer Rechtsverletzung gegenüber den: eingetragenen Zeichcninhaber. Diese Besorgnis sei hier um so mehr gegeben, als der Beklagte den Rechtsanspruch der Klägerin nicht ein­ mal förmlich anerkannt, vielmehr Abweisung der Klage beantragt habe (RGZ. Bd. 60 S. 154). Deshalb erscheine auch sein Einwand, daß die Verwendung von Banderolenstreifen mit dem Aufdruck seiner Firma aus Versehen erfolgt sei, unerheblich. Ebenso sei es ohne Bedeutung, ob der Beklagte die banderolierte Ware unmittelbar an andere Händler, wie die Klägerin behauptet, oder seiner eigenen An­ gabe entsprechend an die Firma, die ihm den Auftrag zum Bande­ rolieren erteilt, weitergegeben habe. Denn auch in letzterem Falle habe

er gewußt, daß die von ihm banderolierte Ware in den Handel ge­ bracht werden sollte und habe er hierzu mittelbar beigetragen. Die Revision, die Verletzung des § 12 WZG. und des § 286 ZPO. rügt, kann keinen Erfolg haben. Die Unterlassungsklage aus § 12 WZG. bezweckt die Abwehr von Verletzungen des absoluten Rechts des Zeicheninhabers auf ausschließliche Benutzung des geschützten Zeichens, sie ist eine negatorische Klage. Voraussetzung ist eine Störung des Zeichenrechts. Eine solche liegt nicht nur dann vor, wenn jemand Waren der angemeldeten Art, deren Verpackung und Umhüllung oder Ankündigungen oder dgl. ohne Befugnis mit dem Zeichen versieht, oder wenn er so gekennzeichnete Waren ohne Befugnis in Verkehr setzt. Als Störung genügt vielniehr wie für jede andere negatorische Klage schon, daß zwar der Rechtseingriff selbst noch nicht erfolgt ist, wohl aber die tatsächlich begründete Besorgnis künftiger rechtswidriger Eingriffe in das Warenzeichenrecht vorliegt, daß also Tatsachen gegeben sind, welche die Annahme rechtfertigen, daß solche Eingriffe beabsichtigt sind oder vorbereitet werden sRGZ. Bd. 54 S. 415 und IW. 1895 S. 485 Nr. 33). Weiter ist die negatorische Unterlassungsklage ge­ geben, wenn Handlungen Dritter vorliegen, die den geschäftlichen Ge­ brauch des Zeichens durch einen Nichtberechtigten vorbereiten oder be­ zwecken, z. B. wenn ein Gewerbetreibender für Konkurrenten des Zeicheninhabers mit dem Zeichen versehene Etiketten, Umhüllungen u. dgl. auf Bestellung liefert, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es dann unter Verwendung dieses Materials zu der mißbräuchlichen Benutzung des Zeichens durch den Konkurrenten kommt oder nicht. Denn wenn der Zeicheninhaber befugt ist, von einem anderen die Unterlassung jeder auf eine Zeichenverlctzung gerichteten Tätigkeit zu verlangen, sobald jener begonnen hat, Veranstaltungen zu diesem Zweck zu treffen, so folgt daraus, daß auch dem Gehilfen des Täters die Mitwirkung zu einer Verletzung des Zeichenrechts versagt werden kann, ohne Rücksicht darauf, ob es zur Vollendung eines der in § 12 WZG. vorgesehenen rechtswidrigen Eingriffe in das Warenzeichenrecht des Zeicheninhabers gekommen ist (RG. I 162/95 vom 2. Oktober 1895 in IW. 1895 S. 485 Nr. 33). Anderer Ansicht ist anscheinend Rhenius Anm. 4 zu 8 12 WZG. Doch bilden die von ihm angezogenen Entscheidungen keine Stütze seiner Auffassung, auch nicht die Entscheidung des er­ kennenden Senats vom 11. November 1904 (PatMustZeichBl. 1905 S. 35), die einen Fall des § 14 WZG. behandelt und ausspricht, daß die Bezeichnung von Verpackungs- und Umhüllungsmaterial mit einem Warenzeichen nach dem Wortlaut des § 14 erst geschehen ist, wenn die mit dem Zeichen versehene Verpackung mit der Ware in Verbindung gebracht wird. Hier handelt es sich jedoch lediglich um die Frage der zur Unterlassung verpflichtenden Störung, während

ein Handeln, wie es in § 14 vorgesehen ist, zum Schadensersatz verpflichtet, unter Umständen sogar die Bestrafung des Täters und des Gehilfen zur Folge hat. Im übrigen ist hier tatsächlich der in § 12 vorgesehene Rechtseingriff in das Zeichenrecht zur Vollendung gekommen. Denn die Klägerin hat unstreitig eine Schachtel mit 20 Stück der fraglichen englischen Zigaretten, die eine Banderole mit dem Aufdruck der damaligen Firma der Beklagten trägt, im Handel gekauft. Da die Banderolierung gemäß §§ 3 und 5 des Zigaretten­ steuergesetzes vom 3. Juni 1906 die Jnverkehrsetzung von Zigaretten einschließlich der aus dem Ausland eingeführten (§ 6 das.) überhaupt erst ermöglicht, so stellt die Banderolierung durch den Beklagten, auch soweit Banderolen ohne den. Aufdruck seiner Firma verwendet worden sind, eine Handlung dar, die den geschäftlichen Gebrauch des Zeichens imrch einen Nichtberechtigten vorbereitet und bezweckt. Als Akt der Jnverkehrsetzung selbst kann das Banderolieren abweichend von der Ansicht der Vorinstanzen dagegen nicht angesehen werden, eS fehlt eben noch an der hierfür erforderlichen Tätigkeit des Beklagten, durch welche die Ware von ihm in Verkehr gebracht worden wäre, tote es z. B. bei der Auslegung in einem Laden oder Schaufenster des Beklagten der Fall wäre. Unerheblich ist es, ob sich der Beklagte dabei in gutem oder schlechtem Glauben befunden hat. Denn es reicht aus, daß der Eingriff objektiv unbefugt ist (RG. in IW. 1895 S. 485 Nr. 33 und 1904 S. 590, Freund-Magnus S. 161; Seligsohn S. 164, Rheuius Anm. 3 zu ß 12). Hat der Beklagte, wie seinem Einwand gemäß mit dem Berufungsgericht zu unterstellen ist, die von ihm banderolierten Zigaretten an denjenigen, von dem er den Auftrag zum Banderolieren erhallen hatte, zurückgegeben, so ist das — wie in Über­ einstimmung mit dem Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Re­ vision anzunehmen ist — für den Unterlassungsanspruch aus § 12 WZG. nicht anders zu beurteilen, als wenn er, wie die Klägerin be­ hauptet hatte, die von ihm banderolierten Zigaretten 'an einen andern Händler weitergegeben hätte. In dem einen wie in dem andern Falle wußte nach der ausdrücklichen bedenkenfreien Feststellung des Be­ rufungsgerichts der Beklagte als Fachmann, daß die Zigarettm im In­ land in den Handel gebracht werden sollten. Unerheblich ist es daher, ob die Verwendung von Banderolen mit einem Firmenaufdruck durch Versehen seiner Angestellten geschehen ist, wie er behauptet. Unrichtig ist die Ansicht der Revision, daß die Tätigkeit des Beklagten, weil sie nur in der Ausführung des ihm erteilten Auftrags zum Banderolierm bestanden habe, eine rein mechanische gewesen sei und daher mit dem Inverkehrbringen nichts zu tun habe. Der Unterlassungsanspruch aus § 12 WZG. richtet sich nicht nur gegen den Täter, sondern auch gegen den Teilnehmer (RGZ. Bd. 33 S. 137). Handelt der Störende ins-

besondere im Auftrage eines Dritten, so ist nicht nur dieser, sondern auch der Störende gegenüber dem Unterlassungsanspruch passiv legiti­ miert (RGZ. Bd. 18 S. 38, Bd. 22 S. 167, Bd. 33 S. 139). Gegenüber dem Versuch der Revision, eine Beihilfe des Beklagten zu einer Warenzeichenverletzung eines Dritten, d. i. seines angeblichen Auftrag­ gebers oder Abnehmers, dadurch'zu beseitigen, daß uicht festgestellt sei, inwieweit Her Beklagte Kenntnis von einer beabsichtigten Verletzung gehabt habe, ist auf die obige Ausführung zu verweisen, daß für die Unterlassungsklage der objektiv unbefugte Eingriff genügt, schlechter Glaube nicht erforderlich ist. Nicht recht verständlich ist es, wie die Revision angesichts der unstreitigen Tatsache, daß die Klägerin im Handel eine Original­ schachtel mit 20 Stück der fraglichen Zigaretten, die mit einer die da­ malige Firma des Beklagten tragenden Banderole versehen war, ge­ kauft hat, bezweifeln kann, daß eine Warenzeichenverletzung — sei es eines Dritten, an der der Beklagte durch Beihilfe teilgenommen hat, sei es des Beklagten selbst als Alleintäters — vorliegt. Die von der Revision herangezogene Bestimmung des Art. 309 Abs. 2 des Ver­ sailler Vertrags, auf Grund deren sie überhaupt jede Warenzeichen­ verletzung auch seitens eines Dritten im vorliegenden Falle in Abrede stellt, kommt mangels Vorliegens der dort vorgesehenen Voraussetzungen hier nicht in Frage. Denn jener Artikel regelt den Fall, daß ge­ werbliche Eigentumsrechte, welche Personen, die während des Krieges im Deutschen. Reich ihren Wohnsitz oder ihre ständige Handelsnieder­ lassung gehabt haben, zustehen, in den Gebieten der alliierten und assoziierten Mächte in der Zeit vom 1. August 1914 bis zum Inkraft­ treten des Versailler Vertrags oder bis zum Ablauf eines Jahres nach Unterzeichnung des Versailler Vertrags verletzt worden sind und umgekehrt. Während Abs. 1 einen gegenseitigen Verzicht auf die Ver­ folgung von Verletzungen von Rechten der angegebenen Art, die in der Zeit zwischen der Kriegserklärung und dem Inkrafttreten des Versailler Vertrags begangen sind, enthält, dehnt Abs. 2 diese Schutz­ frist auf Bestände, die aus Verletzungen der in Abs. i angegebenen

Art herrühren und noch vorhanden sind, für die Dauer eines Jahres nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrags aus. Die Tatsache, daß im Deutschen Reich int Jahre 1919 englische Zigaretten als Mittel zur Verletzung des Warenzeichenrechts eines deutschen Zeichen­ inhabers verwendet worden sind, genügt also entgegen der Ansicht der Revision zur Anwendung jener Bestimmung nicht. Verfehlt ist endlich der Standpunkt der Revision, daß von einer Wiederholungsgefahr nicht die Rede sein könne, nachdem der Beklagte jetzt Privatmann geworden sei und kein Anhalt dafür bestehe, daß er wieder mit Zigaretten handeln werde. Daß keine Wiederholungsgefahr

bestehe, hat der Beklagte zu beweisen, RGZ. Bd. 60 S. 154. Das Berufungsgericht sieht diesen Beweis durch die vom Beklagten allein hierfür geltend gemachte Tatsache, daß er nach Löschung seiner Firma „Meteor" gegenwärtig Privatmann sei, nicht als geführt an. Denn es hält die Besorgnis, daß er demnächst wieder einen Zigarettenhandel aufnehme oder einen Auftrag zum Banderolieren übernehme und dann wie im vorliegenden Falle verfahre, wenn ihm ein solches Verhalten nicht untersagt wird, nicht für beseitigt. Diese Ausführungen bewegen sich auf dem der Revision entzogenen rein tatsächlichem Gebiete.

116. Muß beim Sukzessivlieferungskauf jede eiukommende Lieferung von neuem sofort untersucht und gerügt werden? II. Zivilsenat.

Urt. v. 30. Mai 1922 i. S. P. T. (Bekl.) w. H. L. (Kl.). II 680/21.

I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Am 28. Februar 1920 verkaufte der Kläger dem Beklagten auf Lieferung ca. 400 tons Treiböl ab Tankanlage Hamburg in des Käufers Kesselwagen. Geliefert wurde zunächst am 22. April 1920 ein Kessel­ wagen „ Regensburg", den der Beklagte bezahlt hat. Am 10., 20. und 26. Mai wurden weitere vier Wagen geliefert. Der Beklagte be­ anstandete die gesamte gelieferte Ware und lehnte weitere Bezahlung ab. Der Verkäufer hat von dem Kaufpreis den Teilbetrag von 100000 Jt eingeklagt. Beide Instanzen haben den Beklagten nach dem Klagantrag ver­ urteilt. Der Revision des Beklagten ist stattgegeben worden.

Gründe: Der Vorderrichter geht davon aus, daß Gegenstand des Kaufs Steinkohlenteeröl für Heiz- und Treibzwecke gewesen ist; er läßt die Frage, ob das Gelieferte diese Beschaffenheit besessen hat, offen, und hat der Klage stattgegeben, weil die Mängelrüge zu spät erfolgt sei. Die Mängelrüge ist am 11. Juni erfolgt, ohne daß bis dahin eine Untersuchung der im Mai gelieferten vier Wagen stattgefunden hatte. Insofern läge allerdings der Tatbestand der verspäteten Rüge offen zutage. Der Beklagte will sein Verfahren damit rechtfertigen, daß, als diese vier Wagen geliefert wurden, die Untersuchung des im Wagen „Regensburg" gelieferten Oles im Gang gewesen sei und er die Be­ endigung dieser Untersuchung abgewartet habe, um sofort, nachdem er das Ergebnis erfahren habe, mitsamt der Lieferung „Regensburg" auch

bestehe, hat der Beklagte zu beweisen, RGZ. Bd. 60 S. 154. Das Berufungsgericht sieht diesen Beweis durch die vom Beklagten allein hierfür geltend gemachte Tatsache, daß er nach Löschung seiner Firma „Meteor" gegenwärtig Privatmann sei, nicht als geführt an. Denn es hält die Besorgnis, daß er demnächst wieder einen Zigarettenhandel aufnehme oder einen Auftrag zum Banderolieren übernehme und dann wie im vorliegenden Falle verfahre, wenn ihm ein solches Verhalten nicht untersagt wird, nicht für beseitigt. Diese Ausführungen bewegen sich auf dem der Revision entzogenen rein tatsächlichem Gebiete.

116. Muß beim Sukzessivlieferungskauf jede eiukommende Lieferung von neuem sofort untersucht und gerügt werden? II. Zivilsenat.

Urt. v. 30. Mai 1922 i. S. P. T. (Bekl.) w. H. L. (Kl.). II 680/21.

I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst.

Am 28. Februar 1920 verkaufte der Kläger dem Beklagten auf Lieferung ca. 400 tons Treiböl ab Tankanlage Hamburg in des Käufers Kesselwagen. Geliefert wurde zunächst am 22. April 1920 ein Kessel­ wagen „ Regensburg", den der Beklagte bezahlt hat. Am 10., 20. und 26. Mai wurden weitere vier Wagen geliefert. Der Beklagte be­ anstandete die gesamte gelieferte Ware und lehnte weitere Bezahlung ab. Der Verkäufer hat von dem Kaufpreis den Teilbetrag von 100000 Jt eingeklagt. Beide Instanzen haben den Beklagten nach dem Klagantrag ver­ urteilt. Der Revision des Beklagten ist stattgegeben worden.

Gründe: Der Vorderrichter geht davon aus, daß Gegenstand des Kaufs Steinkohlenteeröl für Heiz- und Treibzwecke gewesen ist; er läßt die Frage, ob das Gelieferte diese Beschaffenheit besessen hat, offen, und hat der Klage stattgegeben, weil die Mängelrüge zu spät erfolgt sei. Die Mängelrüge ist am 11. Juni erfolgt, ohne daß bis dahin eine Untersuchung der im Mai gelieferten vier Wagen stattgefunden hatte. Insofern läge allerdings der Tatbestand der verspäteten Rüge offen zutage. Der Beklagte will sein Verfahren damit rechtfertigen, daß, als diese vier Wagen geliefert wurden, die Untersuchung des im Wagen „Regensburg" gelieferten Oles im Gang gewesen sei und er die Be­ endigung dieser Untersuchung abgewartet habe, um sofort, nachdem er das Ergebnis erfahren habe, mitsamt der Lieferung „Regensburg" auch

die anderen Lieferungen, die von der gleichen Beschaffenheit gewesen seien, zu rügen. Nach seinen, zum Teil durch das Gutachten des Sachverständigen bestätigten, im übrigen noch unerledigten und hier zu unterstellenden Behauptungen kommt es auf eine fachmännische", unter Umständen zeitraubende Untersuchung an. Es bedarf einer quantitativen Analyse des Oles, die in 5 mal 24 Stunden vor­ genommen werden kann. Reine Steinkohlenteere — sagt der Sach­ verständige — die sich im Motor als brauchbar erwiesen haben, weisen chemische und physikalische Konstanten auf, die als Grundlage zur Be­ urteilung erfahrungsgemäß genügen; solche dagegen, deren Herkunft mit Sicherheit nicht festzustellen ist und deren Konstanten sich an der Grenze der Normen der für den Betrieb von Motoren geeigneten Öle be­

wegen, erheischen vorsichtshalber auch eine praktische Prüfung. Diese praktische Prüfung erfordert nach der Behauptung des Beklagten den Zeitraum von vier Wochen. Der Wagen „Regensburg" ist dem Be­ klagten am 15./17. April geliefert und an dessen Abnehmer,, das Fern­ sprechamt Hannover, weiter geleitet worden, wo er am 22. April ein­ getroffen ist. Am 23. April hat dieses dem Beklagten telegraphiert: „Nach eingehender Erprobung Öl in reichseigenen Dieselmotoren nicht geeignet. Lieferung steht zu ihrer Verfügung." Die daraufhin vor­ genommene Analyse war am l. Mai beendet; das Attest schließt mit den Worten: „Der Gehalt an freiem Kohlenstoff und damit zusammen­ hängend der Berkokungsrückstand sind reichlich hoch; Ausscheidungen im Zylinder'daher zu erwarten." Daran sollen sich praktische Versuche an­ geschloffen haben, von deren negativem Erfolge der Beklagte durch das unmittelbar nach ihrem Abschluß an ihn gerichtete Schreiben eines Dr. K. in Hannover, der die Angelegenheit in Händen hatte, erfahren haben will. Wenn es sich in Wahrheit nach allen Richtungen hin so verhält, muß anerkannt werden, daß die Mängelrüge rechtzeitig erfolgt ist. Unter den Parteien wird gestritten, ob es. sich uni einen heimlichen Mangel handelt. Ein offener Mangel ist es jedenfalls insofern nicht, als seine Feststellung einer wiffenschaftlichen und fachtechnischen Unter­ suchung bedarf, wobei dann in Grenzsällen der Fall wird eintreten können, daß die Entscheidung, ob ein Öl noch die Bezeichnung Treib­ öl verdient, unsicher bleibt. Hat aber bei diesem Sachverhalt jede andere Art von Untersuchung gar keinen Zweck, nimmt man deshalb an, daß, um den Vorschriften des § 377 HGB. zu genügen, diese umständliche Art der Untersuchung vorgenommen werden muß, so würde man nicht von einem heimlichen Mangel sprechen können, wohl aber muß dann dem Käufer auch die volle Zeit zur Verfügung stehen, die die Unter­ suchung nach Lage des Falles beansprucht. Es kommt aber, wie die Dinge hier liegen, hierauf nichts an. Entscheidend ist vielmehr, ob

der Beklagte von der Untersuchung der nachgelieferten vier Wagen einstweilen ganz Abstand nehmen durfte. An und für sich ist bei Sukzessivlieferungen der Käufer gehalten, jede einkommende Sendung für sich von neuem auf ihre Beschaffenhest zu prüfen, wenn er sich

dem Präjudiz des § 377 HGB. nicht aussetzen will. Indessen gilt das nicht ausnahmslos. Es steht nichts im Wege, auch in dieser Frage den Umständen des einzelnen Falles nach Billigkeit Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall wäre es ein Unding, ein ganz nutz­ loser Formalismus, wollte man den Käufer für verpflichtet erklären, eine so schwierige und zeitraubende Untersuchung bei jeder der ein­ kommenden Liefemngen von neuem einzuleiten, wofern nur feststand oder sich feststellen läßt, daß die späteren Lieferungen von der gleichen Beschaffenheit gewesen sind. Nahm nur die bereits eingeleitete und im Gange befindliche Untersuchung ihren gebührenden Fortgang, so lief auch in Beziehung auf die späteren Lieferungen die Rügefrist nicht ab, bevor jene Untersuchung durchgeführt war. Der Borderrichter legt-— wenn auch in einem andern Gedankenzusammenhang — entscheidendes Gewicht darauf, daß der Beklagte diese vier Wagen stillschweigend entgegengenommen hat, obwohl er bereits wußte, daß das Öl bei einem praktischen Versuche seines Abnehmers versagt hatte, und obwohl er wußte oder hätte wissen müssen, daß die daraufhin vorgenommene Analyse nicht so ausgefallen war, daß sie das aufgetretene Bedenken zerstreuen konnte. Bon Bedeutung könnte das aber nur sein, wenn sich damit schon „der Mangel gezeigt" hätte, in dem Sinne, wie der § 377 HGB. es meint, und das kann nicht anerkannt tyerden. Es ist daran festzuhalten, daß die Erkenntnis des Mangels vorliegen muß, daß bloßer Verdacht eines solchen nicht ausreicht; insbesondere wird bei Untersuchungen, wie der hier in Rede stehenden, oft der Verdacht sich nur allmählich und ohne deutliche Übergänge bis zur Gewißheit

steigern; es muß dann dem Käufer die Frist belassen bleiben, um die Untersuchung zu Ende zu führm. Abzulehnen ist der Gedanke des Vorderrichters, daß sich die Frage, ob der Beklagte wegen Verspätung der Rüge als die Ware genehmigend anzusehen sei, nicht nur nach § 377 HGB., sondem auch nach dem beantworte, wie sich der Vertragstreue Käufer nach Treu und Glauben im Verkehr dem Verkäufer gegenüber zu verhalten habe. Ein Präjudiz, wie der § 377 es ausstellt, kann nur in einer ganz positiven Vor­ schrift seine Grundlage haben und daher auch nur im Umfang der positiv bestimmten Voraussetzungen gelten. Der Vorderrichter meint, es sei nach Lage der Sache ein Gebot von Treu und Glauben ge­ wesen, daß der Beklagte, wenn nicht sofort nach Ablieferung der Wagen, dann doch jedenfalls nach Beendigung der chemischen Unter­ suchung, also spätestens am 2. Juni den Kläger von dem, was ge-

117. Heuervertrag. Änderung eine- Tarifvertrags.

385

schah, in Kenntnis setzte;, statt besten habe er durch sein Schweigen dem Gegner die Möglichkeit genommen, bei der Erprobung mitzuwirken, sich seine Rechte zu wahren, insbesondere auch sich gegenüber seinem Lieferanten zu sichern. Diesen Erwägungen braucht nicht jede Be­ rechtigung abgesprochen zu werden; aber bedenklich wäre es doch, darin geradezu schon eine Vertragsverletzung mit allen ihren Folgen zu er­ blicken, und jedenfalls bleibt unerfindlich, wieso diese Folgen darin be­ stehen könnten, daß der Beklagte rechtlich so anzusehen sei, als habe er die Ware genehmigt.

117. Zum Begriff „Änderung der Arbeitsbedingungen" im Sinne von § 1 der Verordnung über Tarifverträge vom 23. Dezember 1918. I. Zivilsenat. Urt. v. 31. Mai 1922 i.S. Hamb.-Südamerik. Dampfschiffahrts-Ges. (Bekl.) w. S. (Kl.). I 75/22.

I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgrricht daselbst. Der Kläger ist am 28. März 1914 für den Dampfer der Be­ klagten „Santa Maria" als Maschinist angemustert worden. Das Schiff ging am 18. April 1914 von Hamburg nach Südamerika in See. Dort wurde es durch den Krieg und seine Folgewirkungen in einem chilenischen Hafen festgehalten. Ende 1919 fuhr es nach Jquique und trat von dort die Heimreise nach Hamburg an, wo es Anfang Juni 1920 eintraf. Der Kläger wurde am 11. Juni 1920 ab­ gemustert. Wegen der Heuer sind zwischen den Parteien Streitigkeiten entstanden, insbesondere über die Verrechnung von Vorschüssen, welche der Kläger auf der Rückreise des Schiffs nach Hamburg in Kingstown und Bermudas in englischer Währung ausgezahü erhalten hat. Der Kläger verlangt unter Bezugnahme auf ein besonderes Abkommen, daß für die Umrechnung jener Borschüffe in Reichsmark der Friedens­ kurs zugrunde gelegt wurde. Die Beklagte will aber unter Berufung auf einen Tarifvertrag vom 23. Oktober 1919 den Friedenskurs nur für einen kleinen Teil des Vorschußbetrags gelten lasten und im übrigen den Tageskurs anwenden. Drrrechnerische Unterschied bettägt 5061,»7-^; diesen Betrag fordert der Kläger von der Beklagten. Die erste Instanz wies die Klage ab, die zweite gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: .. . Nach § 1 der VO. über Tarifverträge vom 23. Dezember 1918 (RGBl. S. 1456) sind von einem Tarifvertrag, abweichende Vereinbarungen der Beteiligten zulässig, soweit sie eine Änderung der kntsch. in Zivils. 104.

25

117. Heuervertrag. Änderung eine- Tarifvertrags.

385

schah, in Kenntnis setzte;, statt besten habe er durch sein Schweigen dem Gegner die Möglichkeit genommen, bei der Erprobung mitzuwirken, sich seine Rechte zu wahren, insbesondere auch sich gegenüber seinem Lieferanten zu sichern. Diesen Erwägungen braucht nicht jede Be­ rechtigung abgesprochen zu werden; aber bedenklich wäre es doch, darin geradezu schon eine Vertragsverletzung mit allen ihren Folgen zu er­ blicken, und jedenfalls bleibt unerfindlich, wieso diese Folgen darin be­ stehen könnten, daß der Beklagte rechtlich so anzusehen sei, als habe er die Ware genehmigt.

117. Zum Begriff „Änderung der Arbeitsbedingungen" im Sinne von § 1 der Verordnung über Tarifverträge vom 23. Dezember 1918. I. Zivilsenat. Urt. v. 31. Mai 1922 i.S. Hamb.-Südamerik. Dampfschiffahrts-Ges. (Bekl.) w. S. (Kl.). I 75/22.

I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgrricht daselbst. Der Kläger ist am 28. März 1914 für den Dampfer der Be­ klagten „Santa Maria" als Maschinist angemustert worden. Das Schiff ging am 18. April 1914 von Hamburg nach Südamerika in See. Dort wurde es durch den Krieg und seine Folgewirkungen in einem chilenischen Hafen festgehalten. Ende 1919 fuhr es nach Jquique und trat von dort die Heimreise nach Hamburg an, wo es Anfang Juni 1920 eintraf. Der Kläger wurde am 11. Juni 1920 ab­ gemustert. Wegen der Heuer sind zwischen den Parteien Streitigkeiten entstanden, insbesondere über die Verrechnung von Vorschüssen, welche der Kläger auf der Rückreise des Schiffs nach Hamburg in Kingstown und Bermudas in englischer Währung ausgezahü erhalten hat. Der Kläger verlangt unter Bezugnahme auf ein besonderes Abkommen, daß für die Umrechnung jener Borschüffe in Reichsmark der Friedens­ kurs zugrunde gelegt wurde. Die Beklagte will aber unter Berufung auf einen Tarifvertrag vom 23. Oktober 1919 den Friedenskurs nur für einen kleinen Teil des Vorschußbetrags gelten lasten und im übrigen den Tageskurs anwenden. Drrrechnerische Unterschied bettägt 5061,»7-^; diesen Betrag fordert der Kläger von der Beklagten. Die erste Instanz wies die Klage ab, die zweite gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: .. . Nach § 1 der VO. über Tarifverträge vom 23. Dezember 1918 (RGBl. S. 1456) sind von einem Tarifvertrag, abweichende Vereinbarungen der Beteiligten zulässig, soweit sie eine Änderung der kntsch. in Zivils. 104.

25

Arbeitsbedingungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten und im Tarifvertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind. Dies trifft zu für die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf Grund eines Telegramms ztvischxn den Parteien in einer auch für die Beklagte verbindlichen Weise getroffene Vereinbarung. Diese Vereinbarung ist für den Kläger günstiger als der damals geltende Tarifvertrag vom 29. Januar 1919 und als der später abgeschlossene Tarifvertrag vom 23. Oktober 1919. Ein derartiges Abkommen ist in den beiden Tarif­ verträgen keineswegs „ausdrücklich ausgeschlossen". Allerdings findet sich dort, und zwar im Tarifvertrag vom 29. Januar unter Q und im Tarifvertrag vom 23. Oktober 1919 unter R die Bestimmung: „Eine Änderung der in diesem Vertrag geregelten Lohnsätze und Arbeitsbedingungen durch Sondervereinbarung ist ausgeschlossen." Diese Vorschrift bezieht sich aber nach Wortlaut, Sinn und Zweck nicht auf ein Abkommen der hier fraglichen Art, inhalts dessen die Gesamt­ heit der deutschen Reeder einer ganzen Gruppe ihrer Arbeitnehmer im Hinblick auf besondere, nur für diesen Teil der Arbeitnehmer in Be­ tracht kommende Ausnahmeverhältnisse die Anrechnung eines Teils der in Auslandswährung erhobenen und zu erhebenden Vorschüffe zum Friedenskurs zusichert. DaS bedeutet weder eine „Sondervereinbarung" noch eine Änderung der „Lohnsätze und Arbeitsbedingungen" im Sinne

der Besttmmung unter Q und R der Tarifverträge. Das in Gemäßheit des Telegramms getroffene Abkommen war daher neben dem damals geltenden Tarifvertrag vom 29. Januar 1919 rechtswirksam und bewirkte dessen entsprechende - Abänderung im Ver­ hältnis der Parteien. Die Revision meint, daß trotzdem das Abkommen durch den späteren Tarifvertrag vom 23. Oktober 1919 aufgehoben sei, da es im Wesen eines solchen Tarifvertrags liege, daß mit seinem Inkrafttreten alle früheren Abmachungen über Lohn- und Arbeits­ verhältnisse grundsätzlich aufgehoben seien. Es ist zum mindesten zweifelhaft, ob diese Auffassung zutrifft. Vieles spricht dafür, daß die zulässigerweise getroffene« Abweichungen von einem bestehenden Tarif­ verträge durch einen späteren Tarifvertrag unberührt bleiben, voraus­ gesetzt, daß sie auch nach diesem neuen Vertrag an sich zulässig sind. Denn grundsätzlich bedeutet der Abschluß eines neuen Tarifvertrags nur eine entsprechende Änderung und Aufhebung des alten. Es kann dies aber dahingestellt bleiben. Denn der neue Tarifvertrag vom 23. Oktober 1919 enthält eine hier beachtliche Sondervorschrift. Dort ist nämlich unter T bestimmt: „Hinsichtlich der durch den Krieg in außereuropäischen Ländern zurückgehaltenen Mannschaften bleibt für ihre etwa noch fortlaufenden Ansprüche gegen die Reederei der Tarif­ vertrag vom 29. Januar 1919 maßgeblich." . Diese Vorschrift bezieht sich ihrem Wortlaut und Sinn nach nicht nur auf die Zeit bis zum

Beginn der Rückreise der betreffenden Mannschaften, sondern auch auf diese Rückreise, jedenfalls sofern und solange sie außereuropäische Länder berührt. Denn die der Bestimmung zugrunde liegenden wirt­ schaftlichen Verhältnisse waren für die durch den Krieg während langer Zeit von der Heimat ferngehallenen Mannschaften, solange sie in außereuropäischen Ländern verweilten und dort für persönliche Zwecke Vorschüsse erheben mußten, auf der Rückreise nicht wesentlich anders als vor derselben. Und ferner waren diese Mannschaften „durch den Krieg in außereuropäischen Ländern zurückgehalten" auch noch zu der Zeit, wo sie in solchen Ländern auf der durch den Krieg verzögerten Rückreise verlveilen mußten. Zum mindesten wäre es, wenn in dieser Beziehung zwischen der Zeit vor und nach Beginn der Rückreise ein Unterschied gemacht werden sollte, Sache der Reederei gewesen, dies durch klare und eindeutige Vorschriften erkenntlich zu machen. War danach aber für das streitige Verhältnis der Parteien der Tarifvertrag vom 29. Januar 1919 maßgebend, so blieb auch die diesen Vertrag zwischen den Parteien abändernde Vereinbarung trotz des Inkraft­ tretens des neuen Tarifvertrags vom 23. Oktober 1919 in Geltung.

118, Haftet der Spediteur seinem Auftraggeber, wenn im besetzten deutschen Gebiete von der Besatznngsbehörde Waren beschlagnahmt werden, die nach dem Willen beider Bertragsteile auf Grund einer falschen Ausfuhrgenehmigung ans dem besetzten in das unbesetzte Gebiet übergeführt werden, sollten? I. Zivilsenat.

Urt. v. 31. Mai 1922 L S. St. & Co. (Kl.) w. K. L. (Bekl.). I 465/21.

I. Landgericht Frankfurt a. M-, Kammer f. Handelss.—II. Oberlandesgericht daselbst.

Im Jahre 1919 haben die Parteien einen Vertrag geschlossen, wonach die Beklagte sich verpflichtete, auf Grund einer in ihren Händen befindlichen amtlichen Ausfuhrbewilligung für 25900 Flaschen Wein die Beförderung einer solchen Menge Wein in 5 Eisenbahn­ wagen aus dem von den Franzosen besetzten Rheingebiete nach Frankfitrt a. M. für die Klägerin zu besorgen, wogegen die Klägerin ver­ sprach, der Beklagten „in Wertung ihrer besonderen Mühewaltungen" für jeden der so in Frankfurt a. M. einlaufenden Wagen 2500 JH zu zahlen. Die Ausfuhrgenehmigung lautete auf die Firma Leo L. in Mainz, enthielt die Versicherung, daß durch die Ausfuhr daS Lager dieser Firma vom 15. Januar 1919 unberührt bleibe, sowie einen die Bewilligung der Ausfuhr befürwortenden Vermerk des Wirtschafts-

Beginn der Rückreise der betreffenden Mannschaften, sondern auch auf diese Rückreise, jedenfalls sofern und solange sie außereuropäische Länder berührt. Denn die der Bestimmung zugrunde liegenden wirt­ schaftlichen Verhältnisse waren für die durch den Krieg während langer Zeit von der Heimat ferngehallenen Mannschaften, solange sie in außereuropäischen Ländern verweilten und dort für persönliche Zwecke Vorschüsse erheben mußten, auf der Rückreise nicht wesentlich anders als vor derselben. Und ferner waren diese Mannschaften „durch den Krieg in außereuropäischen Ländern zurückgehalten" auch noch zu der Zeit, wo sie in solchen Ländern auf der durch den Krieg verzögerten Rückreise verlveilen mußten. Zum mindesten wäre es, wenn in dieser Beziehung zwischen der Zeit vor und nach Beginn der Rückreise ein Unterschied gemacht werden sollte, Sache der Reederei gewesen, dies durch klare und eindeutige Vorschriften erkenntlich zu machen. War danach aber für das streitige Verhältnis der Parteien der Tarifvertrag vom 29. Januar 1919 maßgebend, so blieb auch die diesen Vertrag zwischen den Parteien abändernde Vereinbarung trotz des Inkraft­ tretens des neuen Tarifvertrags vom 23. Oktober 1919 in Geltung.

118, Haftet der Spediteur seinem Auftraggeber, wenn im besetzten deutschen Gebiete von der Besatznngsbehörde Waren beschlagnahmt werden, die nach dem Willen beider Bertragsteile auf Grund einer falschen Ausfuhrgenehmigung ans dem besetzten in das unbesetzte Gebiet übergeführt werden, sollten? I. Zivilsenat.

Urt. v. 31. Mai 1922 L S. St. & Co. (Kl.) w. K. L. (Bekl.). I 465/21.

I. Landgericht Frankfurt a. M-, Kammer f. Handelss.—II. Oberlandesgericht daselbst.

Im Jahre 1919 haben die Parteien einen Vertrag geschlossen, wonach die Beklagte sich verpflichtete, auf Grund einer in ihren Händen befindlichen amtlichen Ausfuhrbewilligung für 25900 Flaschen Wein die Beförderung einer solchen Menge Wein in 5 Eisenbahn­ wagen aus dem von den Franzosen besetzten Rheingebiete nach Frankfitrt a. M. für die Klägerin zu besorgen, wogegen die Klägerin ver­ sprach, der Beklagten „in Wertung ihrer besonderen Mühewaltungen" für jeden der so in Frankfurt a. M. einlaufenden Wagen 2500 JH zu zahlen. Die Ausfuhrgenehmigung lautete auf die Firma Leo L. in Mainz, enthielt die Versicherung, daß durch die Ausfuhr daS Lager dieser Firma vom 15. Januar 1919 unberührt bleibe, sowie einen die Bewilligung der Ausfuhr befürwortenden Vermerk des Wirtschafts-

rats des besetzten Gebiets in Mainz vom 17. Mai 1919. Sie be­ zeichnete die Beklagte als Empfängerin der Ware. Die Beklagte hatte die Bescheinigung von der, Firma Leo L. durch Vermittlung eines Weinhändlers K. gekauft. Nachdem es zweimal geglückt war, auf Grund der Ausfuhrgenehmigung Wein für die Klägerin aus dem besetzten in das unbesetzte Gebiet hinüberzuschaffen, wurde ein Wagen mit Wein, der in derselben Weise für die Klägerin auf den Weg ge­ bracht war, im besetzten Gebiet von den sranzösischm Behörden be­ schlagnahmt. Die Klägerin fordert von der Beklagten den Ersatz des ihr durch den Verlust deS Wagens Wein entstandenen Schadens. Die Klage ist in allen drei Instanzen abgewiesen worden, vom Reichsgericht aus folgmden Gründen: Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die zwischen den Parteien gewechselten Bestätigungsschreiben ließen erkennen, daß sich beim Ber­ tragsschluß beide Parteien darüber einig waren, daß das geplante Geschäft der Überführung der Ware aus dem von den Franzosen be­ setzten in das unbesetzte deutsche Gebiet nur im Wege der damals gebräuchlichen „Schiebungen" durchzuführen war. Die Ausfuhr­ bewilligung, welche die Beklagte zur Hand hatte, habe nur der Firma Leo L. in Mainz gestattet, eine bestimmte Menge Wein auszuführen. Es sei anzunehmen, daß die Ausfuhrbewilligung bereits durch die Firma L. von einer französischen Dienststelle auf unredliche Weise er­ langt war. Die Ausfuhrbewilligung sei alsdann für die Beklagte durch einen Dritten gekauft und habe nunmehr für die Klägerin ver­ wendet werden sollen. Sie sei daher nur unter Täuschung der maß­ gebenden Behörden mit' Erfolg für die Ausfuhr der Klägerin benutzbar gewesen. Dabei sei „man" auch mit der Vornahme von Fälschungen einverstanden gewesen, wenn solche zur Erreichung des Zieles nötig sein sollten. Die Klägerin habe dies alles gewußt. Insbesondere sei ihr bekannt gewesen, daß es sich nicht um eine ordnungsmäßige Aus­ fuhrbewilligung gehandelt habe. Dies folge aus dem Bestätigungs­ schreiben der Klägerin, in welchem sie der Beklagten „in Wertung ihrer besonderen Mühewaltung"" für jeden der in Frankfurt a. M. einlaufenden Wagen 2500 JI zu zahlen verspreche. Die Klägerin habe die Schwierigkeiten der Beschaffung einer ordnungsmäßigen Ausfuhrbewilligung gekannt und daher eine solche nicht besorgt, sondern den Vertrag mit der Beklagten geschloffen. Mit der mißbräuchlichen Benutzung der- Ausfuhrbewilligung sei die Klägerin einverstanden ge­ wesen. ... Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht... ohne Rechts­ irrtum die Feststellung treffen, daß beim Abschluß , des streitigen Ver­ trags nicht nur die Beklagte sondern auch die Klägerin wußte,-daß

die in Betracht kommende Ausfuhrbewilligung keine ordnungsmäßige war und für die gesamten Beförderungen nur im Wege der sog. „Schiebungen" verwertet werdm konnte. Dies um so mehr, als keinerlei Grund behauptet oder sonst ersichtlich ist, aus dem etwa die Parteien annehmcn konnten, daß die Klägerin, die unbestritten sich vergeblich um die Erlangung einer eigenen Ausfuhrbewilligung be­ müht hatte, eine auf einen fremden Namen lautmde Ausfuhrbewilligung nach dem ordnungsmäßigen Geschäftsgänge der maßgeblichen fran­ zösischen Behörden benutzen durfte. Waren aber bei Abschluß des streitigen Vertrags beide Teile darüber einverstanden, daß die Ausfuhrbewilligung für Sieveking § 899 Anm. 1, 2, § 891). Dementsprechend liegt eine Doppelversicherung jedenfalls in­ soweit nicht vor, als sich das von der Banque d’Escompte versicherte Psandgläubigerinteresse mit dem von der Klägerin bei der Beklagten versicherten Eigentümsinteresse nicht deckt. Außerdem ist folgendes zu beachten: Die Konnossemente sind aus­ weislich der auf den drei Hauptexemplaren vollzogenen Indossamente zunächst von der in ihnen als Abladerin angeführten Banque d’Es­ compte auf die Verkäuferin der Ware, die Soci6t6 d’Exportation, übertragen worden. Die letztere hat die Konnossemente auf die ge­ nannte Bank zurückübertragen, worauf sie von dort auf die Deutsche Bank, Filiale Hamburg, und von dieser auf die Klägerin indossiert sind.. Nun ist regelmäßig die Wirkung der Übergabe derartiger

Konnossemente die, daß der Konnossementnehmer hinsichtlich der Rechte an den im Konnossement verzeichneten Gütern ebenso gestellt wird, als wenn ihm die Güter selbst übergeben wärm (Schaps Seerecht § 647 Anm. 1, 2, 8). Sollte daher — wie dies nach den Fest­ stellungen des Berufungsgerichts den Anschein hat — die Banque d’Escompte nach der an sie erfolgten Verpfändung der Ware und nach Abschluß des ihr Gläubigerinteresse betreffenden Versicherungs­ vertrags mit der Rossija die Konnossemente auf die Soci&S d’Expor­ tation übertragen haben, und sollte die letztere die derzeitige Verpfänderin oder Eigentümerin der Ware gewesen sein, oder sollte die Forderung, für welche der Banque d’Escompte die Ware verpfändet war, erledigt sein, so würde damit auch das Pfandrecht der Ver­ sicherungsnehmerin erloschen sein (§§ 1252, 1253, 1273 flg. BGB.). Mit dem Wegfall dieses Pfandrechts würde aber auch das versicher­ bare Interesse der Versicherungsnehmerin und damit auch die Ver­ sicherung selbst erloschen sein (Sievering § 778 Anm. 8; Voigt S. 112). War dies der Fall, bevor die Versicherungspolice auf die Klägerin übertragen wurde oder bevor die Klägerin ihre eigene hier streitige Versicherung einging, so würde die Klägerin durch die In­ dossierung der Rossija-Policen auf sie keinerlei Versicherungsrecht er­ langt oder beseffen haben, welches der von ihr selbst am 28. Juli 1914 mit der Beklagten abgeschlossenm Versicherung entgegenstände. 2. Hinsichtlich der mit der Nordischen Versicherungsgesellschaft in Moskau seitens der Banque d’Escompte abgeschlossenen Versicherung „für Rechnung, wen es angeht”, hat das Berufungsgericht festgestellt, daß diese Versicherung im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 2 ASVB. für fremde Rechnung, und zwar für die Verkäuferin der Ware, die Soci6t6

d’Exportation, genommen sei. Darüber, ob diese letztere die Ver­ sicherungsnehmerin zur Eingehung der Versicherung ausdrücklich oder den Umständen nach stillschweigend beauftragt hat (§ 5 Abs. 1 ASVB.), stellt das Berufungsgericht keinerlei Erörterungen an. Vielmehr will das Berufungsgericht den Einwand der Klägerin, daß die Versicherung bei der Nordischen Versicherungsgesellschaft im Sinne von § 13 ASBB. für fremde Rechnung ohne Auftrag genommen fei, mit der Erwägung ausräumen, die Klägerin als Olk-Käuferin könne nicht, ohne damit gegen Treu und Glauben zu verstoßen, geltend machen, daß die bei drohender Kriegsgefahr von der Bank ihres Verkäufers auch mit in ihrem (der Klägerin) Interesse genommene Versicherung gegen Kriegsgefahr ohne ihren Auftrag genommen sei. Dies trifft aber nicht den Ein­ wand der Klägerin, die sich nicht auf das Fehlen ihres Auftrags, fondern eines gemäß § 5 erforderten Auftrags des Versicherten, der Socl6t6 d’Exportation, berufen hat. Dabei ist folgendes zu beachten: Die Frage, ob bei Eintritt der Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines Krieges der Oik-Verkäufer verkehrsüblich-als seitens des Olk-Käufers zur Deckung der Versicherung gegen Kriegsgefahr stillschweigend be­ auftragt gilt, ist nicht unzweifelhaft und jedenfalls nicht allgemein zu beantworten (RGZ. Bd. 88 S. 234, S. 404; Bd. 96 S. 234; Leo in Hans. Rechtszeitschr. 1918 S. 286, S. 3781 Diese Frage hat aber für den vorliegenden Fall höchstens mittelbare Bedeutung insofern, als unter Umständen aus einer etwaigen, die Kriegsversicherung betreffen­ den Beauftragung des Oik-Berkäufers durch den Olk-Käufer Rückschlüffe auf ein gleiches Auftragsverhältnis zwischen dem Olk-Verkäufer urrd dem Versicherungsnehmer (hier der Banque d’Escompte) gezogen werden könnten. Sollte aber — worüber nach obigem die Fest­ stellungen des Berufungsgerichts keinen Aufschluß geben — die Ver­ sicherungsnehmerin ohne Auftrag der Berficherten (der Sociötd d’Exportation) die Versicherung mit der Nordischen Versicherungsgesellschaft abgeschloffen haben, so würde diese Versicherung beim Fehlen der in § 5. Abs. 1 angegebenen Voraussetzungen für den Versicherer un­ verbindlich sein. Mit diesem Mangel behaftet würde die Versicherung ans die Verkäuferin der Ware und von dieser auf die Klägerin durch Indossament übertragen und daher nicht geeignet sein, als Unterlage für die von der Beklagten^ behauptete Doppelversicherung zu dienen. Denn eine etwa aus der vorbehaltlosen Annahme der indossierten Po­ licen seitens der Versicherten oder der Klägerin zu folgernde nach­ trägliche Genehmigung der von der Versicherungsnehmerin abgeschlossenen Versicherung würde nach § 5 Abs. 2 bedeutungslos sein. Sollte aber dennoch eine Doppelversicherung vorliegen — etwa weil gemäß § 5 Abs. 1 a. E. der Mangel deS Auftrags von dem Versicherungsnehmer beim Abschluß des Vertrags dem Versicherer angezeigt ist —, so würde

124. Gesellschaft m. b. H. Abtretung von Geschäftsanteilen.

413

doch gemäß § 13 die streitige Versicherung, obgleich sie nach der mit der Nordischen Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Versicherung von der Klägerin am 28. Juli 1914 eingegangen ist, in vollem Umfang wirksam sein, wenn die Klägerin, wie sie behauptet hat, bei Eingehung ihrer Versicherung von der früheren Versicherung noch nicht unterrichtet gewesen fein sollte. Nach allen diesen Richtungen hin hat das Be­ rufungsgericht die erforderliche Aufklärung Unterlasten.

124. Wie wird, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft m.b.H. die Abtretung der Geschäftsanteile von der Genehmigung der Gesellschafterversammlung abhängig macht, die Genehmigung erteilt? II. Zivilsenat, tttt. v. 13. Juni 1922 i. S. B. & W. G. m. b. H. (Bekl.) w. C. und H. (Kl.). II 771/21.

I. Landgericht Stettin, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst. Die beklagte Gesellschaft m. 6. H. wurde im Jahre.1911 von zehn Personen gegründet. Nach § 8 des Statuts sind die Geschäfts­ anteile veräußerlich; die Veräußerung bedarf jedoch der Genehmigung der zu diesem Zweck einzuberufenden Gesellschafterversammlung, die mit einfacher Stimmenmehrheit entscheidet. Vertreten wird die Beklagte nach § 9 durch drei Geschäftsführer; immer zwei von ihnen haben die Firma zu zeichnm. Durch notariellen Vertrag vorn 17. Februar 1919 trat der Ge­ sellschafter Pr. seinen Geschäftsanteil an den Kläger C. ab; durch notariellen Vertrag vorn 15. März 1919 übertrug der Gesellschafter A. den seinigen auf den Kläger H. Arn 13. Oktober 1920 beschloß eine Gesellschafterversammlung, die Genehmigung der Abtretung zu versagen. Die Kläger erachten diesen Beschluß für unwirksam, weil inzwischen eine Genehmigung stattgefunden habe. Zwar gaben sie zu, daß vor dem genannten Tage keine Versammlung zur Beschlußfassung über diesen Gegenstand einberufen worden ist; wohl aber seien sämtliche Gesellschafter, darunter auch die Geschäftsführer, mit den Abtretungen einverstanden gewesen. Der Klage auf Feststellung der Gesellschaftereigenschast gaben beide Vorinstanzen statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesm aus folgenden Gründen:

Das Berufungsgericht führt aus, der § 8 des Statuts, wonach zur Veräußerung der Geschäftsanteile die Genehmigung einer zu diesem

124. Gesellschaft m. b. H. Abtretung von Geschäftsanteilen.

413

doch gemäß § 13 die streitige Versicherung, obgleich sie nach der mit der Nordischen Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Versicherung von der Klägerin am 28. Juli 1914 eingegangen ist, in vollem Umfang wirksam sein, wenn die Klägerin, wie sie behauptet hat, bei Eingehung ihrer Versicherung von der früheren Versicherung noch nicht unterrichtet gewesen fein sollte. Nach allen diesen Richtungen hin hat das Be­ rufungsgericht die erforderliche Aufklärung Unterlasten.

124. Wie wird, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft m.b.H. die Abtretung der Geschäftsanteile von der Genehmigung der Gesellschafterversammlung abhängig macht, die Genehmigung erteilt? II. Zivilsenat, tttt. v. 13. Juni 1922 i. S. B. & W. G. m. b. H. (Bekl.) w. C. und H. (Kl.). II 771/21.

I. Landgericht Stettin, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandesgericht daselbst. Die beklagte Gesellschaft m. 6. H. wurde im Jahre.1911 von zehn Personen gegründet. Nach § 8 des Statuts sind die Geschäfts­ anteile veräußerlich; die Veräußerung bedarf jedoch der Genehmigung der zu diesem Zweck einzuberufenden Gesellschafterversammlung, die mit einfacher Stimmenmehrheit entscheidet. Vertreten wird die Beklagte nach § 9 durch drei Geschäftsführer; immer zwei von ihnen haben die Firma zu zeichnm. Durch notariellen Vertrag vorn 17. Februar 1919 trat der Ge­ sellschafter Pr. seinen Geschäftsanteil an den Kläger C. ab; durch notariellen Vertrag vorn 15. März 1919 übertrug der Gesellschafter A. den seinigen auf den Kläger H. Arn 13. Oktober 1920 beschloß eine Gesellschafterversammlung, die Genehmigung der Abtretung zu versagen. Die Kläger erachten diesen Beschluß für unwirksam, weil inzwischen eine Genehmigung stattgefunden habe. Zwar gaben sie zu, daß vor dem genannten Tage keine Versammlung zur Beschlußfassung über diesen Gegenstand einberufen worden ist; wohl aber seien sämtliche Gesellschafter, darunter auch die Geschäftsführer, mit den Abtretungen einverstanden gewesen. Der Klage auf Feststellung der Gesellschaftereigenschast gaben beide Vorinstanzen statt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesm aus folgenden Gründen:

Das Berufungsgericht führt aus, der § 8 des Statuts, wonach zur Veräußerung der Geschäftsanteile die Genehmigung einer zu diesem

414

124.

Gesellschaft m. b. H.

Abtretung von Geschäftsanteilen.

Zweck einzuberufenden Gesellschafterversammlung erforderlich ist, sei keine Formvorschrift, sondern eine materielle Verfahrensbestimmung. Die Genehmigung der Gesellschafter könne auch in anderer Weise zu­ tage treten, als im Statut vorgesehen, vorausgesetzt, daß sie von allen Gesellschaftern erfolge. Hier seien die Kläger 1*/, Jahr lang mit Wissen und Zustimmung aller in der Gesellschaft tätig gewesen. Sie hätten an deren Versammlungen als Gesellschafter teilgenommen, seien als solche in den Protokollen genannt und hätten bei den Beschlüssen mitgestimmt. Sie seien ferner für die Gesellschaft Verpflichtungen ein­ gegangen, indem sie einen von ihr ausgestellten Solawechsel zusammen mit den übrigen Gesellschaftern als Wechselbürgen unterzeichnet hätten. Sämtliche übrigen, hätten mithin die Abtretungen gekannt und ge­ billigt und die Kläger als Mitgesellschafter behandelt. Entgegen diesen Ausführungen meint die Revision, die Vorschrift des § 8, daß die Frage der Genehmigung durch Abstimmung in einer Versammlung zu entscheiden sei, ordne eine Form an, über die sich die Gesellschafter nicht rechtswirksam hintvegsetzen könvten. Ob der Angriff vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus berechtigt ist, kann dahingestellt bleiben, da dieser Standpunkt selber nicht geteilt werden kann. Das Berufungsgericht geht im Anschluß an eine in der Literatur mehrfach, insbesondere von Hachenburg in Staubs Komm. z. GmbHG. § 15 Anm. 25, § 17 Anm. 20 vertretene Ansicht davon aus, daß die Abtretung eines Geschäftsanteils oder eines Teiles desselben nicht schon dann wirksam genehmigt sei, wenn der Geschäftsführer dem einen oder andern Vertragschließenden die Zustimmung der Gesellschaft erklärt habe, sondern daß ein entsprechender Beschluß des im Statut oder im Gesetz (§ 46 Nr. 4) hierfür bestimmten Organs als weitere Voraus­ setzung der Gültigkeit hinzukommen müsse. Das Reichsgericht hat dies von Anfang an mißbilligt. Im Einklang mit Staub, 1. Auflage § 15 Anm. 48 hat es das alleinige Gewicht auf die Erklärung des Geschäftsführers gelegt und dem Beschluß der Gesellschafterversammlung Bedeutung nur für dessen Berantwortlichkest zuerkannt; vgl. die Urteile des I. Zivilsenats 418/05 vom 28. Februar 1906 sHoldheim 1906 S. 202), 487/05 vom 7. April 1906, 66/06 vom 3. Oktober 1906 (RGZ. Bd. 64 S. 149, 153), des II. Zivilsenats 507/03 vom 5. Januar 1904, 24/15 vom 27. April 1915 (Warneyer 1915 Nr. 179), des VII. Zivilsenats 512/09 vom 10. Juni 1910, 389/17 vom 22. Januar 1918 (Recht 1918 Nr. 582). Hieran muß festgehalten werden. Wenn auch der Mitgliederwechsel die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft.berührt, so liegt darin doch nicht das entscheidende Moment. Zweifellos ist der Erwerber des Geschäftsanteils solange ein Dritter, bis ihm die Genehinigungserklämng, durch die er erst Ge­ sellschafter tvird, zugeht; Dritten gegenüber kann die gesetzliche Ber-

tretungsmacht des Geschäftsführers nicht von der Zustimmung eines andern Organs der Gesellschaft abhängig gemacht werden (§ 37 Abs. 2 GmbHG.). Daraus folgt, daß auch die an den Veräußerer gerichtete Erklärung des Geschäftsführers ohne Rücksicht auf den Beschluß der Gesellschafterversammlung gültig sein muß. Das Gegenteil wäre praktisch auch unerträglich. Eine Beurkundung der in Rede stehenden Versammlungsbeschlüsse ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und, wo sie statutarisch angeordnet ist, kein Gültigkeitserfordernis; auch werden die Protokolle oft unklar und unvollständig geführt. Müßte der Erwerber auf seine Gefahr hin ermitteln, ob eine Genehmigung durch die Ver­ sammlung stattgefunden hat, so würde er nicht selten auf Schwierig­ keiten stoßen, während es doch dringendes Bedürfnis ist, daß er sich auf die Erklärung des Geschäftsführers verlassen darf. Legt man dies zugrunde, so genügen die getroffenen Feststellungen, um eine wirksame Genehmigung anzunehmen. Unter den sämtlichen Gesellschaftern haben auch die Geschäftsführer, denen das Statut pflicht­ gemäß bekannt und gegenwärtig sein mußte, in der vom Berufungs­ gericht geschilderten Weise die Kläger als Mitgesellschafter behandelt. Nach Treu und Glauben konnten diese hierin nur ein Einverständnis mit den Abtretungen erblicken. Damit war die Genehmigung erteilt.

125.

Znm Begriff „Lieferfrist" in § 94 Abs. 2 der Eisenbahn­ verkehrsordnung.

I. Zivilsenat.

Urt. v. 14. Juni 1922 i. S. preuß. Eisenbahnfiskus (Bekl.) w. K. (Kl.). I 34/22.

I. Landgericht Essen- — II. Oberlandesgericht Hamm.

Der Spediteur W. in Singen sandte am 2. Juni 1919 mit der Bahn einen Wagen Apfelsinen als Eilgut und einen Wagen Zitronen als gewöhnliches Frachtgut nach Effen. Hier trafen beide Wagen am 12. Juni vormittags mit dem gleichen Zuge ein. Die Fracht für das Eilgut betrüg 10 204,70 JI, diejenige für das Frachtgut 5416,so JI. Der Kläger, der das Verfügungsrecht über die Apfelsinensendung er­ langt und den Frachtbetrag dafür bezahlt hat, hat geltend gemacht, daß die Eisenbahn vertragswidrig die Apfelsinensendung nicht als Eil­ gut behandelt habe. Er verlangt deshalb vom Beklagten Erstattung des Unterschieds zwischen den beiden Frachtbeträgen mit 4787,so JI nebst Zinsen. Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht gab ihr statt. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg.

tretungsmacht des Geschäftsführers nicht von der Zustimmung eines andern Organs der Gesellschaft abhängig gemacht werden (§ 37 Abs. 2 GmbHG.). Daraus folgt, daß auch die an den Veräußerer gerichtete Erklärung des Geschäftsführers ohne Rücksicht auf den Beschluß der Gesellschafterversammlung gültig sein muß. Das Gegenteil wäre praktisch auch unerträglich. Eine Beurkundung der in Rede stehenden Versammlungsbeschlüsse ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und, wo sie statutarisch angeordnet ist, kein Gültigkeitserfordernis; auch werden die Protokolle oft unklar und unvollständig geführt. Müßte der Erwerber auf seine Gefahr hin ermitteln, ob eine Genehmigung durch die Ver­ sammlung stattgefunden hat, so würde er nicht selten auf Schwierig­ keiten stoßen, während es doch dringendes Bedürfnis ist, daß er sich auf die Erklärung des Geschäftsführers verlassen darf. Legt man dies zugrunde, so genügen die getroffenen Feststellungen, um eine wirksame Genehmigung anzunehmen. Unter den sämtlichen Gesellschaftern haben auch die Geschäftsführer, denen das Statut pflicht­ gemäß bekannt und gegenwärtig sein mußte, in der vom Berufungs­ gericht geschilderten Weise die Kläger als Mitgesellschafter behandelt. Nach Treu und Glauben konnten diese hierin nur ein Einverständnis mit den Abtretungen erblicken. Damit war die Genehmigung erteilt.

125.

Znm Begriff „Lieferfrist" in § 94 Abs. 2 der Eisenbahn­ verkehrsordnung.

I. Zivilsenat.

Urt. v. 14. Juni 1922 i. S. preuß. Eisenbahnfiskus (Bekl.) w. K. (Kl.). I 34/22.

I. Landgericht Essen- — II. Oberlandesgericht Hamm.

Der Spediteur W. in Singen sandte am 2. Juni 1919 mit der Bahn einen Wagen Apfelsinen als Eilgut und einen Wagen Zitronen als gewöhnliches Frachtgut nach Effen. Hier trafen beide Wagen am 12. Juni vormittags mit dem gleichen Zuge ein. Die Fracht für das Eilgut betrüg 10 204,70 JI, diejenige für das Frachtgut 5416,so JI. Der Kläger, der das Verfügungsrecht über die Apfelsinensendung er­ langt und den Frachtbetrag dafür bezahlt hat, hat geltend gemacht, daß die Eisenbahn vertragswidrig die Apfelsinensendung nicht als Eil­ gut behandelt habe. Er verlangt deshalb vom Beklagten Erstattung des Unterschieds zwischen den beiden Frachtbeträgen mit 4787,so JI nebst Zinsen. Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht gab ihr statt. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg.

Gründe: DaS Berufungsurteil wendet gegen den Beklagten den § 94 EVO. an, wonach die Eisenbahn wegen Überschreitung der Lieferfrist, auch ohne daß ein Schaden entstanden oder nachgewiesen ist, bestimmte Bruchteile der Fracht, je nach der Dauer der Fristüberschreitung zu ersetzen hat. Es verkennt zwar nicht, daß die Lieferfristen des § 75 EBO. durch die Bekanntmachung vom 10. August 1914 (RGBl. S. 368) außer Kraft gesetzt toorbeit sind, glaubt aber, daß dadurch die Wirk­ samkeit des § 94 nicht berührt worden und nunmehr an die Stelle der gesetzlichen die bei ordnungsmäßiger Beförderung angemessenen getreten seien. Diese Auffassung ist rechtsirrtümlich. Im § 94 Abs. 2 regelt die EVO. auf Grund der ihr durch § 466 Abs. 3 HGB. erteilten Er­ mächtigung die Frage, inwieweit bei Versäumung der Lieferftist eine Vergütung auch ohne den Nachweis eines Schadens zu gewähren ist. Über die Dauer der Lieferfrist verhält sich der § 75 EVO., der, je nachdem es sich um Eilgut oder um Frachtgut handelt, nach Tagen bemessene Höchstfristen von verschiedener Dauer vorschreibt. Hieran anknüpfend trifft dann der § 94 Abs. 2 die Bestimmung, daß die Eisenbahn, wenn ein Schaden durch die Überschreitung der Lieferfrist

nicht entstanden oder nicht nachgewiesen ist, dennoch dem Verfügungsberechtigtm gewisse Bruchteile der Fracht je nach der Zahl der Tage der Verzögerung zu vergüten hat. Der Grund für die Zubilligung einer Vergütung auch ohne Schadensentstehung war offensichtlich der, daß für die Fälle der LieferfMversäumung das Entschädigungs­ verfahren nach Möglichkeit vereinfacht und aus Verkehrsrücksichten langwierigen Streitigkeiten und Beweiserhebungen über die Entstehung und Höhe eines Schadens vorgebeugt werden sollte (Eger, Eisenbahn­ verkehrsordnung Anm. 496). Eine solche bündige, durchgreifende Regelung der Bergütungsfrage konnte naturgemäß ihren Zweck nur dann erreichen, wenn die Unterlagen für die Feststellung des zu vergütmden Betrags sofort und ohne Schwierigkeiten zu beschaffen waren. Hierfür war es vor allem wesentlich, daß die Zahl der Tage, die die Lieferungsfristen ausmachten, in der einfachen Weise des § 75 EVO. ohne jeden Zeitverlust zweifelsfrei ermittelt werden konnte. Die Mög­ lichkeit dazu hörte aber auf, als nach Kriegsausbruch durch die Be­ kanntmachung vom 10. August 1914 die Lieferfristen außer Kraft ge­ setzt wurden. Damit entfiel die wesentlichste Voraussetzung des § 94 Abs. 2. Denn gibt es nicht mehr Lieferfristen von fest begrenzter Dauer, so läßt sich auch eine nach Tagen zu bemessende Überschreitung der Lieferfristen nicht ohne weiteres feststellen und demgemäß ein je nach den Tagen der Fristüberschreitung abgestufter Bruchteil der Fracht- als Vergütungssumme nicht ermitteln. Wenn das Berufungs-

gericht glaubt, für die Anwendung des § 94 Abs. 2 die fest begrenzten Lieferfristen des § 75 durch angemessene, den Umständen des einzelnen Beförderungssalls entsprechende Fristen ersetzen zu können, so setzt es sich sowohl mit dem Wortlaut des Gesetzes, für das als Lieferfristen nur die im § 75 bestimmten in Betracht kommen, wie mit dem gesetz­ geberischen Zweck, der auf Abschneidung weitläufiger Erörterungen ge­ richtet ist, in Widerspruch. Nach Aufhebung der Lieferfristen ist der Verfügungsberechtigte nicht mehr in der Lage, wegen Überschreitung

der Lieferfrist einen Frachtnachlaß ohne Entstehung oder Nachweis eines Schadens zu erlangen, vielmehr ist er, wenn er sich durch eine Verzögerung der Beförderung für geschädigt hält, allein auf die Geltendmachung des Schadens nach Maßgabe der sonstigen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs und der Eisenbahnverkehrsordnung angewiesen. Ein solcher Schadensersatzanspruch wird aber vom Kläger im vor­ liegenden Falle nicht verfolgt....

126. Inwieweit unterliegen Schiedssprüche eines Schlichtungs­ ausschusses, die «ach § 25 Abs. 1 der BO. über die Entlassung von Arbeitern und Angestellten während der wirtschaftlichen Demobil­ machung vom 12. Februar 1920 von dem Demobilmachungskommissar für verbindlich erklärt find, der Nachprüfung seitens der Gerichte? HL Zivilsenat.

Urt. v. 19. Juni 1922 i. S. Pa. (Bekl.) w. Pf. u. Gen. (Kl.). III 662/21.

I. Landgericht Hannover. — II. Oberlandcsgericht Celle.

Der Beklagte lich die Kläger gegen einen Stundenlohn von 2,42 JK, Rodungsarbeiten in dem G.'er Forste ausführen. Sie be­ haupten, von ihm am 25. Februar 1920 unberechtigt entlassen zu sein. Durch die Schiedssprüche vom 5. März und 26. April 1920 wurde die Kündigung dreier Kläger für ungesetzlich erklärt und ihre Weiterbeschäftigung angeordnet, hinsichtlich der übrigen wurde den« Beklagten die Verpflichtung auferlegt, ihnen vom 25. Februar 1920 bis zum Ablaufe der 14tägigen Kündigungsfrist den bisherigen Lohn zu gewähren. Der Demobilmachungskommissar erklärte die beiden Schiedssprüche für verbindlich. Hierauf sich stützend, verlangen die Kläger ihren rückständigen Lohn. Ihren Anträgen haben das Land­ gericht und das Oberlandesgericht entsprochen. Die Revision der Be­ klagten blieb erfolglos. Gründe: Die Revision macht in erster Reihe geltend, daß die Schlichtungs­ ausschüsse, welche die später von dem Demobilmachungskommissar für Entsch. in Zivils. 104.

27

gericht glaubt, für die Anwendung des § 94 Abs. 2 die fest begrenzten Lieferfristen des § 75 durch angemessene, den Umständen des einzelnen Beförderungssalls entsprechende Fristen ersetzen zu können, so setzt es sich sowohl mit dem Wortlaut des Gesetzes, für das als Lieferfristen nur die im § 75 bestimmten in Betracht kommen, wie mit dem gesetz­ geberischen Zweck, der auf Abschneidung weitläufiger Erörterungen ge­ richtet ist, in Widerspruch. Nach Aufhebung der Lieferfristen ist der Verfügungsberechtigte nicht mehr in der Lage, wegen Überschreitung

der Lieferfrist einen Frachtnachlaß ohne Entstehung oder Nachweis eines Schadens zu erlangen, vielmehr ist er, wenn er sich durch eine Verzögerung der Beförderung für geschädigt hält, allein auf die Geltendmachung des Schadens nach Maßgabe der sonstigen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs und der Eisenbahnverkehrsordnung angewiesen. Ein solcher Schadensersatzanspruch wird aber vom Kläger im vor­ liegenden Falle nicht verfolgt....

126. Inwieweit unterliegen Schiedssprüche eines Schlichtungs­ ausschusses, die «ach § 25 Abs. 1 der BO. über die Entlassung von Arbeitern und Angestellten während der wirtschaftlichen Demobil­ machung vom 12. Februar 1920 von dem Demobilmachungskommissar für verbindlich erklärt find, der Nachprüfung seitens der Gerichte? HL Zivilsenat.

Urt. v. 19. Juni 1922 i. S. Pa. (Bekl.) w. Pf. u. Gen. (Kl.). III 662/21.

I. Landgericht Hannover. — II. Oberlandcsgericht Celle.

Der Beklagte lich die Kläger gegen einen Stundenlohn von 2,42 JK, Rodungsarbeiten in dem G.'er Forste ausführen. Sie be­ haupten, von ihm am 25. Februar 1920 unberechtigt entlassen zu sein. Durch die Schiedssprüche vom 5. März und 26. April 1920 wurde die Kündigung dreier Kläger für ungesetzlich erklärt und ihre Weiterbeschäftigung angeordnet, hinsichtlich der übrigen wurde den« Beklagten die Verpflichtung auferlegt, ihnen vom 25. Februar 1920 bis zum Ablaufe der 14tägigen Kündigungsfrist den bisherigen Lohn zu gewähren. Der Demobilmachungskommissar erklärte die beiden Schiedssprüche für verbindlich. Hierauf sich stützend, verlangen die Kläger ihren rückständigen Lohn. Ihren Anträgen haben das Land­ gericht und das Oberlandesgericht entsprochen. Die Revision der Be­ klagten blieb erfolglos. Gründe: Die Revision macht in erster Reihe geltend, daß die Schlichtungs­ ausschüsse, welche die später von dem Demobilmachungskommissar für Entsch. in Zivils. 104.

27

418

126.

EchlichtungsauSschutz.

Schiedsspruch.

verbindlich erklärten SchiedssPrüche gefällt haben, nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen seien. Es sollen dem § 15 Abs. 5 TarisVO. vom 23. Dezember 1918 (RGBl. S. 1456) zuwider Personen, die nicht der Berufsgruppe der Parteien angehörten, als nichtständige Beisitzer zur mündlichen Verhandlung zugezogen worden sein. Die Gerichte aber hätten von Amts wegen zu prüfen, ob der ihnen unterbreitete Schiedsspruch von einem nach Maßgabe der TarisVO. einberufenen Schlichtungsausschusje herrühre, da für den Fall der Verneinung die Vcrbindlichkeitserklärung des Demobilmachungskommissars ein rechtlich bedeutungsloser Akt sei, der die Parteien und die Gerichte nicht binde. Eines Eingehens auf die Streitfrage, ob die Ordnungswidrigkeit der Zusammensetzung eines Schlichtungsausschusses auch noch vor den ordentlichen Gerichten gerügt und von diesen nachgeprüft werden könne, bedarf es im vorliegenden Falle nicht. Denn wenn man sie auch mit dem Urteil des VII. Zivilsenats vom 7. März 1922 (RGZ. Bd. 104 S. 171) bejaht, ist - die Nachprüfung im Revisionsverfahren aus­ geschlossen. Die Fragen, welcher Berufsgruppe die Parteien angehören, ob diese Gruppe bei der Auswahl der nichtständigen Mitglieder des Schlichtungsausschusses gehörig berücksichtigt worden und ob dieser daher ordnungsmäßig besetzt gewesen sei, sind reine Tatfragen, die nur von dem Tatrichter zu entscheiden sind. Vor ihm ist aber der Vorwurf der Nichtbeachtung des § 15 Abs. 5 nicht erhoben worden. Die Ansicht der Revision, der Berufungsrichter hätte von Amts wegen nach § 139 ZPO. in eine Erörterung der ordnungsmäßigen Besetzung der Schlichtungsausschüsse eintreten müssen, ist irrig. Ihm durfte es genügen, daß sich die Schiedssprüche äußerlich als die eines nach den Bestimmungen der TarisVO. gebildeten Schlichtungsausschusses darstellten. Einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 15 Abs. 5 geltend zu machen, durfte er den Parteien überlassen, denen sie die Ent­ scheidung ihres Streites unter Mitwirkung von Berufsgenossen er­ möglichen soll. Da diese Vorschrift weniger dem öffentlichen Jntereffe als dem Jntereffe der einzelnen Streitteile zu dienen bestimmt ist, gehört — die Zulässigkeit der Nachprüfbarkeit ihrer Befolgung voraus­ gesetzt — ihre Verletzung keinesfalls zu denjenigen Berfahrensmängeln, die von Amts wegen zu berücksichtigen sind. In zweiter Reihe beschwert sich die Revision darüber, daß der Berusungsrichter die Einwände des Beklagten, die Kläger seien zum Teil wider seinem -Willen von der Arbeit fortgeblieben und zum Teil erst entlassen worden, nachdem sie sich mit der sofortigen Aufhebung des Dienstvertrags ausdrücklich einverstanden erklärt hatten, nicht be­ achtet habe. Denn über die Berechtigung dieser Einwände habe der Schlichtungsausschuß nicht zu befinden. Der Arbeitgeber habe daher tzine Möglichkeit und keine Veranlassung, sie ihm zu unterbreiten, und

sei infolgedessen nicht gehindert, sie erst in dem gerichtlichen Verfahren zu erheben. Auch diese Ausführungen gehen fehl. Nach Inhalt der Verhandlungsprotokolle des Schlichtungsaus­ schusses vom 5. März und 26. April sowie des Beschlusses des Tcmobilmachungskommissars vom 3. April 1920 hat der Beklagte ge­ kündigt, weil er infolge der Wegnahme einer Dampfmaschine und aus Mangel an Munition und rollendem Material zur Einstellung der Rodungsarbeiten gezwungen worden sei. Es standen also Entlassungen zwecks Verminderung der Arbeiterzahl aus betriebstechnischen Gründen im Sinne der §J 12, 13 der VO. vom 12. Februar 1920 (RGBl. S. 218) in Frage. Das hat der Beklagte in dem Verfahren vor dem Schlichtungsausschusse nieinals in Abrede gestellt. Die Arbeitnehmer waren daher zur Anrufung des Schlichtungsausschusses berechtigt (§§ 14 und 22), und dieser war befugt, auf Wiedereinstellung und Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis auf weiteres oder bis zu eincmbestimmten Termine zu erkennen (§ 22). Wenn auch seinen Sprüchen allein zunächst noch keine rechtliche Bedeutung zukam, so erlangten sie sie doch durch die Verbindlichkeitserklärung seitens des Demobilmachungs­ kommissars (§ 25). Zwar wurden auch durch diese keine urteilsähnlichen' vollstreckbaren Schuldtitel geschaffen; die Rechtslage war aber nunmehr dieselbe, als hätten die Streitteile vor dem Schlichtungsausschusse einen Vergleich geschlossen oder dem Schiedssprüche sich freiwillig unterworfen und so auf die eine, oder andere Weise sich vertraglich gebunden. Die für verbindlich erklärten Schiedssprüche galten als Teile von Dienst­ verträgen uild ersetzten die freiwillige Einigung der Parteien über die Streitpunkte (§ 25 Abs. 4). Nichtbefolgung der Schiedssprüche bedeutet daher Vertragsbruch, auf dessen Wiedergutmachung wie aus jedem anderen Vertrage vor den ordentlichen Gerichten geklagt werden kann. Bei einer -solchen Klage haben diese naturgemäß zu prüfen, ob der Schlichtungsausschuß einen in den Bereich seiner Spruchbefugnis fallenden Streit, nicht aber, ob er ihn sachlich richtig entschieden habe. Eine sachliche Nachprüfung des Spruches würde unvereinbar sein mit der — wenn von dem Gesetzgeber auch nur fingierten — vertraglichen Grund­ lage, auf der seine Wirksamkeit sich aufbaut, d. h. mit dem Grundsätze der Verkragsfreiheit, mit der „Ausschließlichkeit" der Zuständigkeit der Schlichtungsausschüffe und der „Endgültigkeit" der Entscheidungen des Demobilmachungskommissars (§§ 23 Abs. 1 und 25 Abs. 1 BO. vom 12. Februar 1920) sowie mit der Absicht des Gesetzgebers, eine schnelle, der Billigkeit entsprechende Erledigung von Arbeitsstreitigkeiten unter Mitwirkung von Laien, insbesondere von Berufsgenossen der Streitteile herbeizuführen. Sache des Arbeitgebers ist es daher, alles, was die von ihm ausgesprochene Kündigung zu rechtfertigen vermag, dem 21*

Schlichtungsausschusse vorzutragen und dieser hat über alle sachlichen Einwände mit einer einzigen Ausnahme zu befinden. Nur die Ent­ scheidung darüber, ob dem Dienstherren „ein wichtiger Grund" zur fristlosen Lösung eines Dienstverhältnisses zur Seite stand, ist den ordentlichen Gerichten Vorbehalten (§ 21). Der Schlichtungsausschuß hat aber das vor ihm schwebende Verfahren nur dann auszusetzen, wenn auf Grund der Kündigung ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder die Aussetzung des Verfahrens zur Herbeiführung einer ge­ richtlichen Entscheidung von einer der Parteien beantragt wird (§ 22 Abs. 2). Abgesehen von dieser hier nicht Platz greifenden Ausnahme kann der Dienstherr vor dem ordentlichen Richter mit sachlichen Ein­ wänden, insbesondere mit der Behauptung, es liege tatsächlich ein anderer Sachverhalt vor, als derjenige, über welchen Schlichtungs­ ausschuß und Demobilmachungskommissar entschieden haben, nicht gehört werden. Wäre die entgegengesetzte Ansicht der Revision richtig, träfe es zu, daß der ordentliche Richter einen aus einem Schiedsspruch ab­ geleiteten Lohnanspmch deshalb abweisen könne, weil der Arbeiter vor der Entlassung fich mit dieser einverstanden erklärt habe, so wären der Zweck und die soziale Bedeutung der Verordnungen vom 12. Februar 1920 und vom 23. Dezemher 1918 in Frage gestellt....

127. Wie gestalteu sich Rechtslage und Beweislast, wenn beim Verzug des Gläubigers der Schuldner die Versteigerung der ge­ schuldeten Sache am unrechten Orte bewirken läßt? II. Zivilsenat. Urt. v. 20. Juni 1922 i. S. H. & V. u. Gen. (Bell.) w. B. (Kl.). II 599/21. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandcsgericht daselbst.

In der in Entsch. Bd. 95 S. 116flg. berichteten Sache hat nach erneuter Verhandlung und Beweisaufnahme das Oberlandesgericht die Beklagten nach dem Klagantrage verurteilt. Die Revision des Be­ klagten ist zurückgewiesen worden. Gründe: Nach erneuter Verhandlung hat der Vorderrichter sestgestellt, daß die gelieferte Ware dem Vertrage nicht entsprochen hat. Zur Frage, ob der Mangel rechtzeitig gerügt worden ist, sind neue Momente nicht hervorgetreten, so daß endgültig feststeht, daß der Kläger in dieser Richtung seinen Rechten nichts vergeben hat. Endlich verbleibt es dabei, daß der Kläger befugt gewesen ist, nach § 383 BGB. die Ware für Rechnung der Beklagten öffentlich versteigern zu lassen, daß aber

Schlichtungsausschusse vorzutragen und dieser hat über alle sachlichen Einwände mit einer einzigen Ausnahme zu befinden. Nur die Ent­ scheidung darüber, ob dem Dienstherren „ein wichtiger Grund" zur fristlosen Lösung eines Dienstverhältnisses zur Seite stand, ist den ordentlichen Gerichten Vorbehalten (§ 21). Der Schlichtungsausschuß hat aber das vor ihm schwebende Verfahren nur dann auszusetzen, wenn auf Grund der Kündigung ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder die Aussetzung des Verfahrens zur Herbeiführung einer ge­ richtlichen Entscheidung von einer der Parteien beantragt wird (§ 22 Abs. 2). Abgesehen von dieser hier nicht Platz greifenden Ausnahme kann der Dienstherr vor dem ordentlichen Richter mit sachlichen Ein­ wänden, insbesondere mit der Behauptung, es liege tatsächlich ein anderer Sachverhalt vor, als derjenige, über welchen Schlichtungs­ ausschuß und Demobilmachungskommissar entschieden haben, nicht gehört werden. Wäre die entgegengesetzte Ansicht der Revision richtig, träfe es zu, daß der ordentliche Richter einen aus einem Schiedsspruch ab­ geleiteten Lohnanspmch deshalb abweisen könne, weil der Arbeiter vor der Entlassung fich mit dieser einverstanden erklärt habe, so wären der Zweck und die soziale Bedeutung der Verordnungen vom 12. Februar 1920 und vom 23. Dezemher 1918 in Frage gestellt....

127. Wie gestalteu sich Rechtslage und Beweislast, wenn beim Verzug des Gläubigers der Schuldner die Versteigerung der ge­ schuldeten Sache am unrechten Orte bewirken läßt? II. Zivilsenat. Urt. v. 20. Juni 1922 i. S. H. & V. u. Gen. (Bell.) w. B. (Kl.). II 599/21. I. Landgericht Hamburg, Kammer f. Handelssachen. — II. Oberlandcsgericht daselbst.

In der in Entsch. Bd. 95 S. 116flg. berichteten Sache hat nach erneuter Verhandlung und Beweisaufnahme das Oberlandesgericht die Beklagten nach dem Klagantrage verurteilt. Die Revision des Be­ klagten ist zurückgewiesen worden. Gründe: Nach erneuter Verhandlung hat der Vorderrichter sestgestellt, daß die gelieferte Ware dem Vertrage nicht entsprochen hat. Zur Frage, ob der Mangel rechtzeitig gerügt worden ist, sind neue Momente nicht hervorgetreten, so daß endgültig feststeht, daß der Kläger in dieser Richtung seinen Rechten nichts vergeben hat. Endlich verbleibt es dabei, daß der Kläger befugt gewesen ist, nach § 383 BGB. die Ware für Rechnung der Beklagten öffentlich versteigern zu lassen, daß aber

der Verkauf statt in Hamburg in Berlin hätte stattfinden müssen. Insoweit ist denn auch die Entscheidung von keiner Seite beanstandet worden. Was die Folgemngen angeht, welche aus dieser letzterwähnten Vertragswidrigkeit des Klägers zu ziehen sind, so hat offenbar der Borderrichter die Entscheidung des erkennenden Senats mißverstanden. Er hat Beweis erhoben, ob anzunehmen sei, daß durch die Versteigerung in Hamburg das gleiche Ergebnis erzielt worden sei, wie es eine Versteigerung in Berlin erbracht haben würde. Der Sachverständige hat erklärt, er sei nicht in der Lage, das zu beantworten; es hänge das ganz von der jeweiligen Nachfrage an dem einen oder dem anderen Orte ab; es könne sein, daß heute Berlin und morgen wieder Hamburg günstigere Resultate ergebe; man könne also die Frage mit nein und ja beantworten. Dazu sagt der Vorderrichter: die Versteigerung in Hamburg sei dann als zulässig zu erachten, wenn der Kläger beweisen könne, daß das Ergebnis nicht ungünstig dadurch beeinflußt worden sei. Er erklärt diesen Beweis für geführt, um zu dem Ergebnis zu gelangen, daß der Kläger durch die Versteigerung seines Wandlungs­ anspruchs nicht verlustig gegangen, sondern berechtigt sei, das Ergebnis der Versteigerung seinem Wandlungsbegehren zugrunde zu legen. Das ist nicht das, was der Senat im vorigen Urteil — an­ scheinend nicht deutlich genug — ausgesprochen hat. Es handelt sich nicht nur um die Alternative: entweder ein gleich gutes Ergebnis oder Verlust des Wandlungsrechts. Vielmehr ist die Meinung, daß die Versteigerung am unrechten Ort, wofern nur im übrigen die Voraus­ setzungen des öffentlichen Verkaufs nach § 383 BGB. vorliegen, nicht die weittragende Folge hat, daß der Gegner den Verkauf nicht als für seine Rechnung geschehen gelten zu lassen brauchte. Bei letzterem hat es vielmehr zu verbleiben, nur das Ergebnis des Verkaufs braucht der Gegner nicht ohne weiteres hinzunehmen; ihm muß vielmehr das höhere Ergebnis, das am richtigen Ort erzielt worden wäre, gut­ gebracht werden. Es könne — hat der Senat gesagt — dem Vorder­ richter darin nicht beigetreten werden,, daß deshalb, weil der Verkauf nicht in Berlin sondern in Hamburg vorgenommen worden sei, die Beklagtem ihn nicht als für ihre Rechnung erfolgt anzuerkennen brauchten. Dem .Verkauf am unrechten Ort könne vielmehr eine weitere Folge nicht beigelegt werden, als daß der Schuldner dafür einzustehen habe, wenn dadurch das Ergebnis der Versteigerung beeinflußt werde; nur sei der Schuldner beweispflichtig, wenn der Glänbiger behaupte, daß beim Verkauf am rechten Ort mehr erzielt worden wäre; wie ein Mandatar habe er den Beweis zu führen, daß durch.den Verstoß kein Schaden entstanden sei. Der Erlös der Hamburger Versteigerung steht fest und ist den Beklagten vom Kläger

guigebracht worden. Diese sind damit nicht zufrieden und wollen gar nichts bezahlen. Danach stellt sich für den Kläger, der die Beweislast auf sich geladen hat, der Beweissatz dahin, wieviel weniger, als sein Anspruch beträgt, eine Versteigerung in Berlin erbracht haben würde. Indessen hat dieses Mißverständnis die Entscheidung im Ergebnis nicht beeinflußt,- weil der Vorderrichter tatsächlich festgestellt hat und ohne Rechtsirrtum hat feststellen können, daß im vorliegenden Fall in Berlin mehr als in Hamburg nicht erlöst worden wäre. Es handelt sich um eine Beweisfrage, die im Rahmen des § 287 ZPO. unter Würdigung aller Umstände nach freiem Ermesien des Jnstanzrichters zu entscheiden war. Es ist richtig, daß der Sachver­ ständige erklärt hat, er müffe die Beantwortung der Frage ablehnen. Aber offenbar hat er die Bedeutung der Frage nicht richtig aufgefaßt, und indem er die Beantwortung ablehnt, gibt er doch zugleich durch die Art, wie er das begründet, dem Gericht die Handhabe zu seiner Entscheidung. Es handelt sich um zwei größte Handelsplätze Deutsch­ lands. Gleichwohl wäre denkbar^ daß in bezug auf Dörrgemüse für einen öffentlichen Verkauf der eine Platz günstiger wäre als der andere. Daß das nicht der Fall ist, geht aus dem Gutachten hervor. Denn »venn der Vorzug deS einen Platzes vor dem anderen von Tag zu Tag wechseln kann, je nach dem Stande der Nachfrage, so ist damit zugleich gesagt, daß die Ortsverschiedenheit einen Vorzug nicht bedingt. Ohne Prozeßverstoß konnte der Vorderrichter hieraus die Überzeugung schöpfen, daß ein Verkauf in Berlin ein befferes Ergebnis nicht gehabt haben würde. Schwankungen der Marktlage kommen an dem einenPlatze so gut vor, wie am anderen. Aber nicht darum handelt es sich, wann der Verkauf hätte stattfinden müffen, sondern wo, und daher erscheint es berechtigt, dem generellen Ortsunterschied die maßgebliche Be­ deutung für diese Frage beizumessen. Selbst angenommen, es hätte sich feststellen lassen, daß gerade an dem Tage, als in Hamburg ver­ steigert wurde, in Berlin die Nachfrage größer gewesen ist, so hatten doch die Beklagten keinen Anspruch darauf, daß an diesem Tage ver­ steigert wurde, und hätte Kläger in Berlin versteigern lassen, so wäre es reiner Zufall gewesen, der obendrein die Wahrscheinlichkeit gegen sich hat, wenn cs dort am gleichen Tage zum Verkauf gekommen wäre. Gewiß ist dcr Kläger beweispflichtig. Aber man darf die Beweis­ anforderungen nicht bis zum Unmöglichen steigern, wenn man nicht praktisch doch wieder zu dem hier abgelehntm Rechtszustand gelangen will, daß der Käufer durch Versteigenmg am unrrchten Ort sich seiner Rechte ganz begibt.

Anhang: Entscheidung des Ltnatsgerichtshofs. 128. In Sachen

der Fraktion der Bürgerpartei und des Bauernbundes im württembergischen Landtag wider

1. den wiirttembergischen Landtag, vertreten dnrch seinen Präsidenten, 2. den Freistaat Württemberg, vertteten durch seinen Staatspräsidenten, hat auf Antrag der genannten Fraktion vom 28. Juli/24. August 1921 der Staatsgerichtshof des Deutschen Reiches in der Sitzung vom 12. Januar 1922 für Recht erkannt: Es wird festgestellt, daß der Beschluß des württemhergischen Land­ tags vom 22. Juli 1921, durch den der Antrag Bazille und Genossen vom 21. März 1921 betreffend Einsetzung eines Untersuchungs­ ausschusses abgelehnt worden ist, den § 8 Abs. 2 der Verfassung Württembergs nicht verletzt. Gründe: I.

§ 8 Abs. 2 der Verfassung Württembergs vom 25. 'September 1919 bestimmt: „Der Landtag ist berechtigt und auf Antrag eines Fünftels seiner Mitglieder verpflichtet, Untersuchungsausschüsse einzu­ setzen." Am 8. Juli 1920 haben der Abg. Bazille und 26 andere Abgeordnete im Württembergischen Landtag folgenden Antrag ein­ gebracht: „Auf Grund des § 8 Abs. 2 der Verfassung Württembergs beantragen^wir die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses von 12 Mitgliedern mit der Aufgabe, die gesamte Staatsverwaltung Württembergs seit deren Umsturz vom 9. November 1918 sofort einer sorgfältigen, ins einzelne cindringenden Prüfung zu unterwerfen" (Beilage 28 vom 9. Juli 1920 S. 18). Durch Beschluß des Land­ tags vom 14. Juli 1920 wurde dieser Antrag mit einem Zusatz-

antrag des Abgeordneten Kinkel (Beilage 29 vom 9. Juli 1920 S. 18) an den staatsrechtlichen Ausschuß verwiesen (Verh. des württ. Land­ tags, 10. Sitzung vom 14. Juli 1920 S. 206). Eine Beschlußfassung dieses Ausschusses über den Antrag ist nicht erfolgt. Infolgedessen stellten der Abgeordnete Bazille und 19 andere Abgeordnete am 21. März 1921 im Württembergischen Landtag einen weiteren Antrag, welcher folgenden Wortlaut hatte: „Der Landtag wolle beschließen: Auf Grund des § 8 Abs. 2 der Verfassung Württembergs wird ein Untersuchungsausschuß von 9 Mitgliedern eingesetzt, der die Aufgabe hat, im Bereich der Württembergischen Staatsverwaltung vom 9. No­ vember 1918 ab die Verwaltungsakte zu untersuchen, die vermutlich verdienen, getadelt oder unterdrückt zu werden" (Beilage 327, aus­ gegeben den 22. März 1921 S. 1). Durch Beschluß des Landtags vom 23. März 1921 wurde auch der zweite Antrag Bazille und Genossen vom 21. März 1921 dem staatsrechtlichen Ausschuß über­ wiesen (Verh. des württ. Landtags, 73. Sitzung vom 23. März 1921 S. 1832). Auf Befragen erläuterte der Abg. Bazille seinen zweiten Antrag dahin, der neue Antrag vom 21. März 1921 wolle den früheren Antrag vom 8. Juli 1920 substanziieren: er trete an die Stelle des früheren Antrags, der damit zurückgenommen sei (Bericht des staatsrechtlichen Ausschusses Beilage 487 S. 719/720; mündlicher Bericht des Abg. Konrad Haußmann in der 93. Sitzung des württ. Landtags vom 22. Juli 1921 S. 2337). Auf Vorschlag seines Be­ richterstatters — des Abg. Konrad Haußmann — beschloß der staats­ rechtliche Ausschuß mit sieben gegen drei Stimmen, dem Landtage folgenden Antrag zu unterbreiten: „Der Landtag wolle aussprechen: Der auf § 8 Abs. 2 gestützte Antrag Bazille, Körner und Genossen vom 21. März 1921 entspricht nicht dem § 8 der württ. Verfassung" (Bericht des staatsrechtlichen Ausschusses Beilage 487 S. 724). Nach­ dem noch zwei weitere Abgeordnete dem Antrag Bazille und Genossen vom 21. März 1921 beigetreten waren (Verh. vom 22. Juli 1921 S. 2344), nahm der Landtag in der Sitzung vom 22. Juli 1921 den Antrag seines staatsrechtlichen Ausschusses an (S. 2345). , Nunmehr wandte sich die Fraktion der Bürgerpartci und des Bauernbundes im württ. Landtag, welcher der Abg. Bazille und die übrigen Unterzeichner des Antrags vom 21. März 1921 angehörten, in einer von 24 Abgeordneten unterschriebenen Eingabe an den Staats­ gerichtshof des Deutschen Reichs. In dieser Eingabe wurde behauptet, daß die Ablehnung des Antrags auf Einsetzung eines Untersuchungs­ ausschusses eine Verletzung des § 8 der württ. Verfassung enthalte. Über diese Rechtsfrage wurde eine Entscheidung beantragt.

Die an den Staatsgerichtshof gerichtete Eingabe der 24 Ab­ geordneten ist dem Präsidenten des württ. Landtags und dem württ.

128.

Württemberg.

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse.

425

Staatsministerium zur eventuellen Abgabe einer Gegenerklärung mit­ geteilt worden. Das Staatsministerium hat durch Schreiben vom 10. November 1921 geantwortet, daß es die Abgabe einer Gegen­ erklärung zunächst dem Landtage überlasse. Der Landtag hat sich in seiner Antwort vom 13. Dezember 1921 darauf beschränkt, auf die von ihm vorgelegten Sitzungsprotokolle und Drucksachen zu verweisen. II.

Der Staatsgerichtshof des Deutschen Reiches ist für die von den Antragstellern verlangte Entscheidung nur dann zuständig, wenn eine Verfassungsstreitigkeit im Sinne des Art. 19 der Reichsverfassung vor­ liegt. Ter vorläufige Staatsgerichtshof hat in dem Verfassungsstreit zwischen der Landtagsfraktion des Landeswahlverbandes und dem Staatsministerium in Braunschweig (St. 5/21) die von dem Bericht­ erstatter, des Verfassungsausschusses der Nationalversammlung —.Abg. Prof. vr.Kahl — vertretene Ansicht gebilligt, daß Verfassungsstreitig­ keiten alle Streitigkeiten sind, welche die Auslegung oder Anwendung der Landesverfassung betreffen Aus dieser Begriffsbestimmung hat der vorläufige Staatsgerichtshof die Folgerung abgeleitet, daß der in Art. 19 der Neichsverfassung vorgesehene Antrag nicht bloß von der Landesregierung und von dem Landtag als Gesamtkörperschaft gestellt werden kann, sondern daß unter besonderen Umständen auch Teile des Landtags — Angehörige einer Landtagsfraktion bzw. einzelne Landtagsmitglieder — einen solchen Antrag stellen dürfen; vgl. Ent­ scheidung vom 12. Juli 1921, RGZ. Vd. 102 S. 415 (422). — Im vorliegenden Falle handelt es sich zweifellos um eine Verfassungsstreitig­ keit im Sinne des Art. 19 RB., da der Streit zwischen Landtag und Landtagssraktion die Auslegung und Anwendung des § 8 der württ. Verfassung betrifft. Auch ein besonderer Fall tut Sinne der Entscheidung vom 12. Juli 1921 liegt vor, da ß 8 der württ. Verfassung einem bestimmten Teile der Landtagsmitglieder — nämlich der Minderheit von einem Fünftel — ausdrücklich die Befugnis beilegt, die Einsetzung eines Untersuchungsausschussts zu verlangen. Die Antragsteller be­ haupten, daß die verfassungsmäßigen Rechte dieser Minderheit durch den Landtagsbeschluß verletzt seien. Sie müssen daher — jedenfalls soweit sie der angeblich verletzten Minderheit angehören — für befugt erachtet werden, den Staatsgerichtshof zum Schutze der ihnen von der Landesverfaffung eingeräumten Rechte anzurufen. Die weitere Voraussetzung des Art. 19 RV., daß in Württem­ berg kein Gericht zur Erledigung von Verfassungsstreitigkeiten besteht, liegt ebenfalls vor. Der württ. Ctaatsgerichtshof ist nur für An­ fechtung von Wahlen (§ 14 Abs. 2) und Ministeranklagen (§ 38) zu­ ständig; vgl. § 56 der württ. Verfassung.

III.

Zweifelhaft kann sein, wer im vorliegenden Falle als Gegen­ partei der Antragsteller anzusehen ist. Die Mehrheit der Kammer kann schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil aus dem Protokoll über die Verhandlung vom 22. Juli 1921 nicht zu ersehen ist, welche Personen für den Antrag des staats­ rechtlichen Ausschusses gestimmt haben (S. 2345). Auch liegt ein förm­ licher Beschluß vor, den die Kammer als Gesamtheit — als Körper­ schaft — gefaßt hat. Endlich bildet den Gegenstand des Streites eine Handlung, die nur von der gesamten Körperschaft vorgenommen werden kann. Hiernach ist als Gegenpartei der Antragsteller der Landtag anzusehen, dessen Beschluß vom 22. Juli 1921 die Rechte der Antrag­ steller verletzt haben soll. Gemäß § 18 der württ. Verfassung bilden den Vorstand des Landtags der Präsident, dessen Stellvertreter und die Schriftführer. Dieser Gesamtvorstand beschließt jedoch nur über die häuslichen An­ gelegenheiten der Kammer (§ 5 Abs. 1 GeschO.). Die Vertretung der Kammer nach außen liegt ausschließlich dem Präsidenten ob, vgl. § 6 Abs. 2 der Geschäftsordnung der früheren württ. zweiten Kammer vom 18. August 1909, welche gemäß Beschluß der verfassunggebenden Landesversammlung vom 24. Januar 1919 zur sinngemäßen An­ wendung übernommen worden ist. Zur Vertretung nach außen gehört auch die Vertretung vor dem Staatsgerichtshof. Hiernach ist der Präsident des württ. Landtags als Vertreter dieser Körperschaft in dem anhängigen Verfahren anzusehen.

Das Staatsministerium in Württemberg ist ein von dem Landtag abhängiges Organ, welches jederzeit von ihm abbemfen werden kann (§ 8 der württ. Verfassung). Infolgedessen ist es verfassungsmäßig gar nicht in der Lage, auf die Entschließung des Landtags hinsichtlich der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eine Einwirkung aus­ zuüben. Die Auflösung des Landtags kann nur durch Volksabstimmung erfolgen (§ 16 der württ. Verfassung). Im vorliegenden Falle kommt noch hinzu, daß das Staatsministerium zu dem Streit zwischen Land­ tagsmehrheit und-Landtagsminderheit überhaupt keine Stellung ge­ nommen hat. In der Sitzung vom 14. Juli 1920 hat der Staats­ präsident Dr. v. Hieber bezüglich des ersten, später zurückgenommenen bzw. geänderten Antrags Bazille und Genoffen erklärt, die Regie­ rung habe gar nichts dagegen einzuwenden, daß die Vorgänge seit November 1918 untersucht würden; sie möchte nur den Antragstellern nahe legen, die Aufgaben des Untersuchungsausschuffes auf ganz be­ stimmte (konkrete) Fragen zu beschränken, falls es zur Verwirklichung des Antrags kommen sollte. Gleichwohl erscheint es gerechtfertigt,

wenigstens dem Ministerpräsidenten (Staatspräsidenten § 26 Abs. 1 der württ. Verfassung) .die rechtliche Möglichkeit zu gewähren, in deut Verfahren als Vertreter der Gegenpartei aufzutreten. Es sind Fälle denkbar, in denen die Entscheidung des Staatsgerichtshofs der Voll­ streckung bedarf. Gemäß Art. 19 Abs. 2 RV. gehört die Vollstreckung zur Zuständigkeit des Reichspräsidenten. Letzterem stehen Zwangs­ mittel nur gegen das beteiligte Land zu (Art. 48 Abs. 1 RV.), nicht auch gegen einzelne Personen, Behörden oder Körperschaften. Gesetz­ licher Vertreter des Landes Württemberg nach außen ist nicht der Landtag, sondern der Staatspräsident (§ 32 württ. Verfassung). Zur Vertretung des Landes nach außen gehört auch die Vertretung gegen­ über dem Reiche und den Reichsbehörden. Der gesetzliche Vertreter des von der Vollstreckung bedrohten Landes kann ein berechtigtes Interesse habeü, schon vor der Vollstreckung gehört zu werden. Im vorliegenden Falle ist daher das Land Württemberg als Partei bzw. Gegenpartei zu dem Verfahren heranznziehen. IV.

Nach § 8 Abs. 2 der württ. Verfassung ist der Landtag ver­ pflichtet, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, wenn ein Fünftel der Mit­ glieder dies beantragt. Nach der amtlichen Anskunft des Direktors beim württ. Landtage vom 14. November 1921 hatte der Landtag am 22. Juli 1921 101 Mitglieder. Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mußte daher von mehr als zwanzig Mitgliedern unterzeichnet sein. Der am. 21. März 1921 eingegangene Antrag Bazille und Genossen hatte nur zwanzig Unterschriften, vgl. das Schlußwort des Berichterstatters Konrad Haußmann in der 93. Sitzung des württ. Landtags vom 22. Juli 1921 S. 2344. Vor -er Beschlußfassung des Landtags find jedoch zwei weitere Abgeordnete (Dr. Beiswänger und Schnebele) dem Antrag beigetreten, wie der Präsident des Landtags in der Sitzung vom 22. Juli 1921 mit­ geteilt hat, S. 2344. Ob der Beitritt vor oder nach Schluß der Verhandlung stattgefunden hat, geht aus dem Sitzungsprotokolle nicht hervor. Ein Widerspruch gegen die nachträgliche Beifügung der beiden Unterschriften ist im Landtage nicht erhoben worden. Die Abg. Bock und Heymann erklärten, sie hätten nichts dagegen, wenn unter Ab­ weichung von den geschästsordvungsmäßigen Grundsätzen eine Er­ gänzung des Antrags stattfinde. Der Abg. Konrad Haußmann führte aus: er möchte zu den Fragen keine Stellung nehmen; die Ent­ scheidung derselben könne dem Staatsgerichtshof überlassen werden. In der Geschäftsordnung der früheren württ. zweiten Kammer vom 12. August 1909, die „sinngemäß" anzuwenden ist, ist der Fall nicht vorgesehen, daß ein Antrag, der die vorgeschriebene Zahl von Unter-

428

128.

Württemberg.

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse.

schriften nicht hat, zur Beratung zugelassen und erst während oder nach der ^Beratung ergänzt wird. Da die Vorschriften der Geschäfts­ ordnung '(§ 78 bis 80) keine Anwendung finden, muß der Landtag für zuständig erachtet werden, über die Zulässigkeit einer Ergänzung des Antrags Bazille und Genossen durch Beifügung weiterer Unter­ schriften mit einfacher Stimmenmehrheit zu entscheiden. Der Landtag hat die Zulässigkeit einer nachträglichen Ergänzung dadurch anerkannt, daß er über den Antrag Bazille und Genossen eine sachliche Ent­ scheidung getroffen hat. V.

Der Wortlaut des § 8 Abs. 2 der württ. Verfassung steht dem Antrag Bazille und Genossen vom 21. März 1921 nicht entgegen. In dieser Vorschrift ist der Landtag ohne jede Einschränkung für ver­ pflichtet erklärt, auf Antrag eines Fünftels seiner Mitglieder „Unter» suchungsausschüsse" einzusetzen. Die Angabe eines bestimmten Gegen­ stands der Untersuchung wird also nicht ausdrücklich verlangt. Gleichwohl muß angenommen werden, daß Untersuchungsausschüsse nur zur Untersuchung bestimmter Tatsachen oder bestimmter Gruppen von Tatsachen eingesetzt werden können. Eine solche Beschränkung seiner Aufgabe ergibt sich nicht nur aus der Entstehungsgeschichte des § 8, sondern auch aus dem Zweck der Ausschüsse, ihrem Verhältnis zu dem Landtag und zu den übrigen Staatsorganen. § 8 Abs. 2 der württ. Verfassung vom 25. September 1919 ist — wie schon der Wortlaut erkennen läßt — dem Art. 34 der Reichs­ verfassung nachgebildet. Bei der Beratung im württ. Verfassungs-. ausschuß ist von mehreren Rednern ausdrücklich auf Art. 55 des Ent­ wurfs einer deutschen Reichsverfassung sjetzt Art. 34 RB.) Bezug ge­ nommen. In der Sitzung des genannten Ausschusses vom 4. März 1919 erklärte der Vorsitzende, der Abg. Bazille habe beantragt, „den Art. 55 des Entwurfs der neuen Reichsverfaffung in ent­ sprechender Fassung in die württ. Verfassung zu übernehmen." Nach der Beratung stellte der Vorsitzende fest, daß der Antrag Bazille

„den Art. 55 des Entwurfs der neuen Reichsverfaffung mit der ent­ sprechenden Änderung in der Verfaffung aufzunehmen" angenommen sei (Bericht des staatsrechtlichen Ausschusses Beilage 4'87

S. 720, mündlicher Bericht des Abg. Konrad Haußmann in der Sitzung des württ. Laildtags vom 22. Februar 1921 S. 1311). Hier­ nach muß § 8 Abs. 2 der württ. Verfassung in demselben Sinne aus­ gelegt werden, wie die entsprechende Vorschrift der deutschen Reichs­ verfassung. Hinsichtlich des Art. 34 dieser Verfassung steht fest, daß die vom Reichstag eingesetzten Ausschüsse zur Untersuchung der Tatsachen dienen

sollen. Der Entwurf des Reichsministers Preuß enthielt in § 52 folgende Bestimmung: ,,Jedes Haus des Reichstags hat das Recht und auf Verlangen von «einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht, Ausschüsse zur Unter­ suchung von Tatsachen einzusetzen, wenn die Gesetzlichkeit oder Lauter­ keit von Regierungs- oder Verwaltungsmaßnahmen des Reichs an­ gezweifelt wird" (Entwurf der künftigen Reichsverfassung, Allgemeiner Teil 1919, Verlag von Reimar Hobbing, Berlin; auch abgedruckt im Reichsanzeiger Nr. 15 vom 20. Januar 1919). Im Staatenausschuß wurden die Worte „wenn die Gesetzlichkeit oder Lauterkeit der Regierungs- oder Berwaltungsmaßnahmen des Reichs angezweifelt wird" gestrichen. Nach einer Mitteilung, welche der Reichsminister Preuß am 8. April 1919 in der 25. Sitzung des Verfassungsausschusses der Nationalversammlung machte, ist die.Änderung der Regierungsvorlage weniger aus prinzipiellen Gründen, als wegen der „allzu unbestimmten" Fassung des Art. 55 erfolgt (Aktenstück Nr. 391 S. 265). In der­ selben Sitzung des Verfassungsausschusses wurde ein Antrag DelbrückSchultz (Nr. 149), die ursprüngliche Fassung der Regiemngsvorlage wieder herzustellen, abgelehnt (Aktenstück Nr. 391 S. 266). Die Ab­ lehnung erfolgte auch hier nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der Form des Antrags. Man wollte vermeiden, daß die Einsetzung des Ausschusses als „Mißtrauensvotum gegen die Regierung" auf­ gefaßt werde (Abg. Haußmann in der 25. Sitzung des Verfassungs­ ausschusses der Nationalversammlung vom 8. April 1919 S. 265 und in der 93. Sitzung des württ. Landtags vom 22. Februar 1921, S. 2336), daß die Untersuchung im voraus eine „Spitze gegen die Regierung" erhalte (Abg. Gröber in der Sitzung des Verfassungs­ ausschusses vom 8. April 1921, S. 265). Ein weiterer Antrag Schultz-Bromberg (Nr. 156), die Untersuchung auf Tatsachen zu be­ schränken, „welche das öffentliche Jnteresie berühren", wurde ebenfalls abgelehnt (S. 266). Grund der Ablehnung war auch hier nicht der sach­ liche Gesichtspunkt, daß der Ausschuß eine unbeschränkte Vollmacht er­ halten müsse; vielmehr wurde der Zusatz „welche das öffentliche Inter­ esse berühren" für „selbstverständlich^ erklärt, vgl. die Äußerung des

Mitberichterstatters vr. Cohn in der Sitzung des Verfaffungsausschuffes vom 8. April 1919, S. 264. Der Reichsminister .Preuß hielt den erwähnten Zusatz für überflüssig, da er ihn als xine „Tautologie" bezeichnete (S. 265). Hiernach ist im Vcrfassungsausschuß lediglich streitig gewesen, ob der Begriff der Tatsache näher bestimmt und umschrieben werden solle. Dagegen herrschte- keine Meinungsverschiedenheit über den Grundsatz, daß die Ausschüsse nur Tatsachen zu untersuchen haben; vgl. den Be«

richt des staatsrechtlichen Ausschusses des tourtt. Landtags Beilage 487 S. 721 und den mündlichen Bericht des Abg. Haußmann in bet Sitzung des württ. Landtags vom 22. Juli 1921, S. 2337, 2344. Aus der allgemeinen rechtlichen Natur der parlamentarische« Untersuchungsausschüffe folgt, daß sie nur Hilfsorgane der Parlamente sind. Sie haben die Aufgabe, die Entscheidungen der Parlamente vorzuberriten. Die Zuständigkeit eines jeden Untersuchungsausschusses ist begrenzt durch die Zuständigkeit des Parlaments, das ihn geschaffen hat. Innerhalb dieser Zuständigkeit hat das Parlament den Unifang der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses festzusetzen. Ein selbständiger, von dem Willen des Parlaments unabhängiger Wirkungskreis ist also. den Untersuchungsausschüssen nicht eingeräumt. Aus diesen Erwägungen folgt, daß nicht der Untersuchungsausschuß oder die Mehrheit desselben bestimmen kann, welche Tatsachen Gegenstand der Untersuchung sein sollen, foniiem daß das Parlament bei Einsetzung des Untersuchungs­ ausschusses den Kreis der Tatsachm zu bezeichnen hat, auf die sich die Untersuchung erstrecken soll. In allen Fragen, welche zur Zuständigkeit einer parlamentarischen Körperschaft gehören, ist naturgemäß der Wille der Mehrheit entscheidend. In manchen Fällen — besonders bei Verfassungsänderungen — wird eine verstärkte Mehrheit verlangt; vgl. Art. 76 RB. und § 19 Abs. 2 württ. Verfassung. Eine Ausnahme von der Regel, daß die — ein­ fache oder verstärkte — Mehrheit entscheidet, ist in Art. 34 RV. und § 8 Abs. 2 württ. Verfassung getroffen. Nach diesen Vorschriften ist eine Minderheit von einem Fünftel der Abgeordneten befugt, die Ein­ setzung von Untersuchungsausschüssen zu verlangen. Schon aus dem Ausnahmecharakter der erwähnten Vorschriften folgt, daß der Gesetz­ geber nicht die Absicht gehabt hat, einer kleinen Minderheit uferlose Rechte einzuräumen. Die Art. 34 RB. und § 8 württ. Verfassung ge­ währen der Minderheit und der Mehrheit genau die gleichen Befug­ nisse. Die Mehrheit muß bei Stellung des Antrags auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses den Gegenstand der Untersuchung be­ zeichnen, damit das Parlament in der Lage ist, den Geschäftskreis des Ausschuffes zu bestimmen. Genau dasselbe gilt auch für die Minder­ heit. Der Umstand, daß das Parlament verpflichtet ist, dem Anträge der Minderheit zu entsprechen, hindert nicht, daß die Funktionen des Ausschusses auf einem Auftrage oder einer Vollmacht des Parlaments bemhen. Wäre es zulässig, dem Untersuchungsausschuß die Beantwortung der allgemeinen Frage zu übertragen, welche Berwaltungsakte vernmtlich verdienen, getadelt oder unterdrückt zu werden, so würde für die Be­ antwortung dieser Frage nicht die Ansicht der Landtagsmitglieder maß­ gebend sein, welche die Einsetzung des Ausschusses beantragt haben,

sondern die Ansicht der Landtagsmitglieder, welche die Mehrheit im Ausschuß bilden. Beide Gruppen von Landtagsmitgliedern können ganz verschiedener Meinung sein. Die eine Gruppe kann die Ansicht haben, ein bestimmter Verwaltungsakt verdiene, getadelt oder unter­ drückt zu werden; die andere Gruppe kann der Auffassung sein, der Verwaltungsakt sei nicht zu tadeln und könne, solle oder müsse auf­ recht erhalten werden. Auch über die Frage, ob im einzelnen Falle (ine Vermutung — also eine größere oder geringere Wahrscheinlichkeit — für die abfällige Beurteilung eines Verwaltungsakts bestehe, können die Ateinnngen weit auseinander gehen. Die verfassungsmäßig ge­ schützte Minderheit hätte mit der Einsetzung des verlangten Unter­ suchungsausschusses noch nichts erreicht, wenn die Mehrheit dieses Ausschuffes den Gegenstand der Untersuchung zu bestimmen hätte. Aller­ dings bestimmt sowohl die Reichsversasiung als die württ. Landes­ verfassung, daß die Ausschüsse die Beweise erheben, welche die Antragsteller für erforderlich halten. Allein diese Vorschriften geben den Antragstellern kein Recht, die Erhebung von Beweisen über jede beliebige Tatsache zu verlangen; sie können naturgemäß nur auf solche Tatsachen bezogen werden, welche den Gegenstand der Unter­ suchung bilden. Hätte ein Untersuchungsausschuß die allgemeine Befugnis, jeden beliebigen Verwaltungsakt auf seine Gesetzmäßigkeit oder Zweckmäßig­ keit zu prüfen, so dürste er weit über die Grenzen des dem Landtag zustehenden Aufsichtsrechts hinausgehen. Er könnte in die Aufsichtsbesugnisse von Regierungs- und Verwaltungsbehördm eingreifen. Die Grenzen zwischen den Rechtm des Landtags und der Landesregierung wären verdunkelt und verwischt. Alle diese Erwägungen führen zu dem Ergebnis, daß einem An­ trag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 8 Abs. 2 der württ. Verfassung nur zu entsprechen ist, wenn in dem Anträge die zu untersuchenden Tatsachen in erkennbarer Weise bezeichnet sind. In dem Antrag Bazille und Genosien ist dies nicht geschehen.

VI. Die hier vertretene Ansicht steht mit dem Rechtszustand im Ein­ klang, der bis zur Revolution in Preußen bestanden hat. Art. 82 der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 bestimmte: „Eine jede Kammer hat die Befugnis, behufs ihrer Information Kommissionen zur Untersuchung von Tatsachen zu ernennen." In § 52 der neuen bayerischen Verfassung vom 14. August 1919 ist ebenfalls gesagt: „Der Landtag muß auf Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder Ausschüsse zur Untersuchung von Tatsachen ernennen" (Bayr. GVBl. S. 531). Der Hinweis der Antragsteller auf das Rechtsinstitut der

432

128.

Württemberg.

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse.

parlamentarischen Enquete in andern Staaten ist nicht beweiskräftig. In England bilden die parlamentarischen Komitees (select committees) ein Mittel, durch welches das Parlament bei der Verwaltung mit« wirkt; vgl. Hatscheck, Englisches Staatsrecht Bd. 1 S. 563flg. Einesolche Verwaltungstätigkeit des Parlaments ist weder der Reichsverfafsung noch der württ. Landesverfassung bekannt. Im übrigen wird auch in England die Aufgabe, welche ein select committee erfüllen soll, bei der Bestellung stets näher bezeichnet. Hatscheck sagt z. B. a. a. O. S. 413: „Das Ziel der Beratung des select committee wird bei seiner Bestellung durch das Haus immer fixiert." Josef Redlich: „Recht und Technik des englichen Parlamentarismus" S. 461 führt aus: „Der Hauptgrundsatz, der hier gilt, ist der, daß das committee nur existiert und nur insoweit befugt ist, irgend etwas zu tun, als ihm in der den Ausschuß- einsetzenden Order des Unterhauses die Be­ fugnis besonders eingeräumt, die Kompetenz ausdrücklich zugewiesen ist. Diese Arbeitsanweisung (Order of Reference) ist das feste Band, durch welches das Haus den Ausschuß an seinen Willen knüpft, und zwar ist diese Anweisung stets genau und spezialisierend abgefaßt und muß strikt interpretiert werden. Das select committee vollzieht also seine Tätigkeit stets auf Grund einer Spezial-, nie einer Generalvoll­ macht." In Frankreich bestehen verfassungsrechtliche oder gesetzliche Vorschriften über'die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse nicht; vgl. Felix Moreau: Präcis älementaire de droit constitutionnel, 5. Aufl. S. 387. Die ganze Einrichtung beruht ausschließlich auf dem Parlamentsgebrauch. Der Minderheit sind keine Rechte eingeräumt. In der Theorie des französischen Staatsrechts wird anerkannt, daß der Aufgabenkreis jeder parlamentarischen Untersuchungskommissiou in be­ stimmter Weise begrenzt werden muß; vgl. Esmein: Elements de droit constitutionnel 3. Aufl. S. 830: „L’objet de l’enquete peut 6tre un fait isolä ou un ensemble de faits däterminäs," ferner Lebon: Verfassungsrecht der französichen Republik (1909): „Diese Enqueten beziehen sich auf bestimmte Tatsachen oder auf eine Gesamtheit von Tatsachen." In der Praxis mag dieser Grundsatz nicht immer befolgt werden, da die Parlamentsmehrheit — wie bereits erwähnt — bei ihren Beschlüssen an keine verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Schranken gebunden ist. Hiernach kann die Behauptung der Antragsteller, daß der Beschluß des württ. Landtags vom 22. Juli 1921 betr. den Antrag Bazille und Genoffen verfassungswidrig sei, nicht für begründet erachtet werden.

Register. Die Zahlen bedeuten die Seiten.

A. Sachregister.

A

Angebot; erlischt ein durch Fern­

sprecher gemachtes A. durch Unter­ brechung der Verbindung? 235 »ach § 823 ZPO..........................................228 — feste-, oder Kauf auf Besicht? ............................................... 275 Aktiengesellschaft; Sondergewirmbezug Spiritus liefernder Aktio- Angestellte; zu den Verordnungen .näre, Einwirkung des Brannt­ über deren Einstellung, usw. v. weinmonopolgesetze- . . 849 24. Januar, 80. Mai und 3. Sep­ tember 1919 .... 231 Altenteil-Vertrag; ist er als Leibrentenvertrag anzusehen? findet Anwaltszwang und ordentlicher § 761 BGB. auf ihn entsprechende Rechtsweg........................ 137 Anwendung........................ 272

Abänderungsklage

Arbeiter- und Soldatenriite; Haf-

AltcrSgrenzengesetz, preußisches v.

tung de- Reichs «sw. für den von ihnen verursachten Schaden 257, 346, 362 Arglistige Täuschung; kann ei« Amortisation-hypothek; welcheWirGattungskauf wegen solcher beim kung hat die Vereinbarung, daß Abschluß des Kaufgeschäfts an­ die Tilgungsbeiträge nicht sofort gefochten werden? ... 1 zur Tilgung der Hypotheken­ forderung dienen, sondern daraus Auflassung; ergreift die Nichtigkeit ein Guthaben angesammeltwerden, eines formgerecht beurkundeten und erst, nachdem dieses eine Grundstücksveräußerungsvertrags bestimmte Höhe erreicht hat, der auch die in derselben Urkunde betr. Hypothekenteil auf den vollzogene Auslastung? Heilung zahlenden Eigentümer übergehen deS mündlich vereinbarten Kauf­ soll?.............................. 681 geschäfts? ........................ 102 28 «nNch. In Zivils. 104.

. 18. Dezember 1920; zur Frage seiner Gültigkeit . . 58, 66

— zur Frage der Formfreiheit der Auflassungsvollmacht. . 236

Gebiet auf Grund falscher Aus­ fuhrgenehmigung übernimmt 387.

Aufrechnung; steht die mangelnde Bestätigung

eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts durch schlüssige Fälligkeit der aufzurechnenden Handlungen .... 3 Forderung der Wirksamkeit' der 54 Aufrechnung entgegen, wenn der — eines nichtigen Geschäfts Gegner dieser zustimmt? 188 Biuuenschiffahrt; Erforderniffe der Gewichtsfeststellung nach § 61 BinnSchG............................209

B

Branntweiumonopolgesetz; zum Be­

griff deS Vermittlers in § 224 Verpflichtung des Vor­ 124 gesetzten zur Rücksichtnahme auf — Einwirkung des Gesetzes auf den schonungsbedürftigen Zustand den satzungsgemäßen Sondereines erkrankt gewesenen Beamten gewinnbezug Spiritus liefernder 23 Aktionäre........................349 — zur Frage der Rechtswirksam­ keit des preußischen Altersgrenzen­ gesetzes v. 15. Dezember 1920 D 58, 66 — können in Preußen' einzelne Darlehen; befreit die Vereinbarung „Rückzahlung in kürzester Frist" Beamte von einer allgemeinen von der Einhaltung der gesetz­ Gehaltsaufbesserung ausgeschloffen lichen Kündigungsfrist? . 186 werden?............................... 278

Beamte;

Bedingung;

Potestativbedingungen beim Kaufgeschäft . 100,307

Bereichervng;

zur Anwendung des § 817 Satz 2 BGB. . 54

Bernfnng;

Erfordernisse eines wirk­ samen Verzichts auf die Be­ rufung .............................. 133

Demobilmachung.

Kann der Demobilm.-Kommissar nach § 28 VO. v 12. Februar 1920 einen Schiedsspruch in Gesamtstreitig­ keiten für verbindlich erklären? 171 — in welchem Umfang unterliegt der für verbindlich erklärte Schiedsspruch der richterlichen Nachprüfung? . . 181, 417

— kann sie von dem Kläger ein­ gelegt werden, dessen Anspruch — zu den VO.en über Einstellung abgewiesen wurde, dann aber sich usw. von Angestellten, vom erledigt hat? .... 368 24. Januar, 30. Mai und 3. Sep­ tember 1919 .... 231 Besetzte- Gebiet; inwieweit gelten dort die Zwangswirtschaftsvor­ Depotgesetz; zum Begriff der Ein­ schriften? ........................ 105 kaufskommission i. S. des De— Haftung des Spediteur-, der potG. v. 5. Juli 1896; Ver­ längerung der Frist -zur Überdie Ausfuhr aus dem besetzten

anfechtungsprozesses die gegen­ seitige Unterhaltspflicht der Ehe­ gatten gemäß § 627 ZPO. ge­ ordnet ist und die Ehe demnächst für nichtig erklärt wird? 248

sendung deS Stückeverzeichnisses; Verzicht ans das Stückeverzeichnis 119

Deutsch-Niederländischer Handels­ vertrag v. 31. Dezember 1851; keine Anwendung des auf Eisenbahntarife .

Art. 25 . 214

Devistnverordnnng;

räumliches An­ wendungsgebiet und Folgen der Zuwiderhandlung ... 50

Dissens,

versteckter; kann Schadens­ ersatz verlangt werden, wenn infolge schuldhaft herbeigeführten Dissenses ein Vertrag nicht zu­ stande gekommen ist? . . 265

— versteckter, bei Verhandlungen unter Mitwirkung eines Maklers 366 Drohnng; zum Begriff der wider­ rechtlichen Drohung in § 123 Abs. 1 BGB. ..... 79



in welcher Reihenfolge sind beiderseitige Anfechtungs- und Scheidungsanträge zu erledigen? 292

Ehescheidung;

zur Anwendung des § 1574 Abs. 3 BGB., wenn ein Gesamtverhalten den Scheidungs­ grund des § 1568 BGB. bildet 86

EigentumSerwerb,

gutgläubiger, durch Zuschlag gepfändeter Sachen 300

Eisenbahnfracht;

kann die Eisen­ bahn die Haftung für den Ver­ lust von Kostbarkeiten durch Tarifbestimmung auf einen Höchst­ betrag beschränken?... 6

— Haftung bei Entwendung von Umzugsgut aus geschloffenen Möbelwagen .... 47

— zum Begriff der Kostbarkeit Ehe, nichtige; vermögensrechtliche i. S. des Art. 3 Intern. FrachtAnsprüche des zur Anfechtung Übereink......................................... 97 nicht berechtigten Gatten; An­ wendung deS § 945 ZPO. 246 — zum Begriff der höheren Ge­ walt; ist ein Eisenbahnerausstand — Anfechtung wegen Irrtums; als höhere Gewalt i. S. der zum Begriff der persönlichen § 456 HGB, § 84 EVO. an­ Eigenschaften in § 1333 BGB. zusehen? . . . . . 150 335 findet der Ausnahmetarif „Zucker Ehesachen; zum Begriff der Rechts­ —zur Ausfuhr" auf Durchfuhr­ hängigkeit in Ehesachen. Ist die zucker Anwendung? . . 212 Rechtshängigkeitin Ehescheidungs­ und Eheanfechtungssachen von — gelten die Vergünstigungen des Art. 25 des Deutsch-Niederlän­ Amts wegen zu berücksichtigen? dischen Handelsvertrags v. 31. De­ 155 — findet § 945 ZPO. Anwen­ zember 1851 für Eisenbahn­ dung. wen» während deS Ehe­ tarife? ................................ 214

Sachregister.

436

zum Begriff „ ausfallender Gemeinde - WtrtzuwachssteuetvrdGewichtsabgang- in § 86 Abs. 1 UNNg; kann die Gemeinde sie mit rückwirkender Kraft erlassen? Nr. 1 EVO............................. 281 29 — gehört mutwillige Beschädigung Gerichtsvollzieher; rechtliche Stel­ des Guts zu den mit der Be­ lung bei der Versteigerung ver­ förderung in offenen Wagen derblicher Ware auf Grund einer verbundenen Gefahren? . 282 vom Käufer erwirkten einst­ weiligen Verfügung . . 285 — zur Haftung bei Unrichtigkeit —

oder Unvollständigkeit der An­ Gesellschaft m. b. H.; ist ein Ge­ gaben des Frachtbriefs . 844 sellschafter stimmberechtigt bei der Beschlußfassung über ein Rechts­ — zur Haftung mehrerer betei­ geschäft, daS zwar nicht in seinem ligter Eisenbahnen nach Intern. Namen aber für seine Rechnung FrachtÜbereink. nnd intern. Han­ vorgenommen werden soll? 128 delsrecht .............................. 389 — Beschlußfassung über Enthebung — haftet das Reich für Verluste eines Gesellschafters vom Amt auf Militärbahnen im besetzten als AufsichtSratsmitglied. Teil­ Serbien?........................ 389 nahmeberechtigung dieses Gesell­ schafters an der Abstimmung — zum Begriff „ Lieferfrist" in 182 § 94 Abs. 2 EVO. . . 415 — zum Begriff des Sonderrechts i.S. von Satzungen einerG m.bH. 253 — Erteilung der Genehmigung zur Firma; zum Grundsatz der unver­ Abtretung von Geschäftsanteile», änderten Firmenfortsührung im wenn der Gesellschastsvertrag Falle des tz 22 HGB.; Prüfungs­ deren Abtretung von der Ge­ pflicht des Registerrichters 341 nehmigung der Gesellschafterver­ sammlung abhängig macht 413

S

K Gattuogsschuld; zum Begriff der beschränkten Gattungsschuld 226

Gegenseitiger Vertrag; wird der

Gläudigerverztig; Folgen einer am unrechten Orte bewirkten Ver­ steigerung nach § 383 BGB. 420 Goldhypothekenabkommm, deutsch­ schweizerisches; betrifft das Ges. v. 9. Dezember 1920 auch die dinglichen Ansprüche der Hhpothekengläubiger? . . . 352

aus einem solchen auf Erfüllung klagende Gläubiger dadurch zur Erfüllung seinerseits verpflichtet, daß der Beklagte sich zur Er­ füllung, die er verweigert hatte, Grundbuch; Unrichtigkeit bei Ein­ nachträglich bereit erklärt? 27 tragung eines subjektiv-dinglichen

Vorkaufsrechts, während nur ein — Rücktritt beim Sukzessivliefe­ persönliches bestellt worden, Ein­ rungsgeschäft wegen Zahlungs­ fluß deS guten Glaubens an die verzugs des Käufers . . 39 Richtigkeit des Grundbuchs 316 — ist § 377 HGB. bei nur ein­ Gruudbllchorduung; erfordert § 29 seitigen Handelsgeschäften ent­ GBO. das Beibringen einer sprechend anwendbar? . . 95 förmlichen Vollmachtsurkunde? 368 — unter Bedingungen, deren Her­ beiführung von der Willkür des GrundstückSveriiußerungSvertrag; exgreift feine Nichtigkeit auch die Verkäufers abhängig ist 98,307 tu derselben Urkunde formgerecht — inwieweit begründet ein Ver­ vollzogene Auflassung? . 102 stoß gegen Kriegswirtschaftsvor­ — wird ein wegen unrichtiger schriften die Richtigkeit des Kauf­ Preisangabe nichtiger Kaufvertrag geschäfts. insbesondere im besetzten wirksam, wenn in der Urkunde Gebiet?................................. J05 zugleich die Auflassung erklärt ist und auf Grund dieser die — Auslegung der Klauseln „frei­ Eintragung des Käufers erfolgt? bleibend unter Vorbehalt der Lieferungsmöglichkeit" und „Be­ 296 rechnung des Kaufpreises zum Gute Sitten; verstößt gegen sie ein Kaufgeschäft, bei dem der Preise deS Lieferungstags Vor­ behalten" ........................... 114 Verkäufer, um sich gegen un­ vorhergesehene Preisverschiebun­ — kann der Lieferant auf Grund gen zu sichern, dem Käufer be­ einer Preis-Freizeichnungsklausel sonders lästige Bedingungen auf­ wiederholt eine Preiserhöhung erlegt? ................................... 98 fordern?-........................... 170 — inwieweit verstößt gegen sie ein Zwang der Zugehörigkeit zu ge­ — Bedeutung der Bitte um Gegen­ bestätigung .......................... 201 werkschaftlichen Organisationen?

327

H

Hamburgisches Enteignungsgesetz,

— Kauf auf Besicht oder sesteS Angebot?.......................... 275 —

v. 26. April 1920; Verhältnis des § 28 Abs. 2 zu Art. 153 — RBerf...................................... 137

Höhere Gewalt . ... iso K Kanf;

Erfordernisse einer von der Setzung einer Nachfrist befreienden Erfüllungsweigerung . . 277

finden § 379 Abs. 2, § 373 HGB. Anwendung, wenn der Käufer die Ware auf Grund einst­ weiliger Verfügung durch einen Gerichtsvollzieher versteigern läßt?

283 kann ein Gattungskauf wegen arglistiger Täuschung beim Kauf­ — ist die Abrede wirksam, daß der Verkäufer in bezug auf Preis, abschluß' angefochten werden? 1

Lieferung und Lieferzeit freiblei­ sache «ine Abmahnung voraus? ben, der Käufer aber nicht wegen 26 Preisaufschlags zurücktreten darf? — steht § 566 BGB. der Wirk­ samkeit der neben einem münd­ 306 — zu 8 326 Abs. 1 und 2 BGB. lichen Mietvertrag getroffenen Abrede schriftlicher Beurkundung Wegfall des Interesses an der Erfüllung........................ 373 entgegen?........................ 131

— Mängelrüge beim Sukzessiv­ — kann das Mieteinigungsamt bei Herabsetzung des Mietzinses lieferungsgeschäft . . . 382 bindend entscheiden, daß ein Teil Kommissionsgeschäft; kann der des für die Einrichtung der Miet­ Kommittent vom Kommissionär räume zu zahlenden angeblichen Lieferung von Wertpapieren for­ Kaufpreises in Wahrheit Miet­ dern, die vor dem Kriege an der zins sei?........................ 153 Londoner Börse gekauft und in

London im Depot geblieben waren ? — zur Abgrenzung der Befugniffe 223 des Mieteinigungsamts und des Konsul, deutscher; ist er amtlich Gerichtes hinsichtlich der Kündi­ befugt, die Sachen eines durch gung von Wohnungen . 244 den Krieg an der Wahrnehmung — der eigenen Sache . . 309 seiner Rechte verhinderten Deut­ — bedarf eine Verpflichtung deS schen öffentlich zu versteigern^ Mieters gegenüber dem Vermieter, 239 an einem bestimmten Tage zu Kriegsteilnehmer; wirkt ihnen gegen­ räumen, der Zustimmung des über eine Streitverkündung? 75 Mieteinigungsamts? . . 308

L

Ladeschein; sein Verhältnis zur Ver­ ladung

........................

5

Landgemeinde; Haftung des Ge­ meindevorstehers, der einen Ver­ trag für die Gemeinde ohne die nach § 88 Abs. 4 Nr 7 preuß. LandgemeindeO. erforderliche Form abgeschloffen hat, nach §179 BGB......................................... 191

M

Miete; setzt die Kündigung nach

— wird die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 MSchVO. erforderliche Zustim­ mung des Mieteinigungsamts zum Ablauf deS Mietverhält­ nisses durch die Einverständnis­ erklärung des Mieters ersetzt? 311 — ist die Zustimmung des Miet­ einigungsamts nach §5a MSchVO. auch bei Räumungsansprüchen erforderlich, die aus der Nichtig­ keit des Mietvertrags hergeleitet werden? ..... 864

P

§ 553 BGB. auch im Falle er­ Pacht; kann der Pachtzins wegen heblicher Gefährdung der Miet­ veränderter Umstände im ordent-

lichen Rechtsweg erhöht werden? — ist er zulässig 218 für Ansprüche auf Ersatz wegen — wie gestaltet sich unter der nach Beschädigung eines für militä­ dem Kriege eingetretenen Ver­ rische Zwecke beschlagnahmten änderung der wirtschaftlichen Ver­ Gebäudes durch Militärpersonen? hältnisse die Verpflichtung deS 18 Pächters zur Rückgewähr deS In­ für Ansprüche aus einer Eini­ ventars nach § 589 BGB.? 394 gung i. S. der Nr. 3 der VO über Festsetzung neuer Preise usw. Parlamentarische Untersuchungs­ v. 21. November 1918? 55 ausschüsse .................... 430

Patentstreitigkeiten;

gilt § 271 Abs. 3 ZPO. hinsichtlich der Kosten bei Zurücknahme der Klage auch für sie? .... 227

Mich tteilsrestanspruch;

setzt der Beginn seiner Verjährung Kennt­ nis deS Nachlaßbestandes voraus? 195 Polizeibeamte; dürfen sie von der Schußwaffe Gebrauch machen, um einen Fliehenden zwecks Fest­ stellung seiner Person zum Stehen zu bringen? .... 203

Positive

Berlagsverletznng

als Rücktrittsgrund des Unternehmers beim Werkvertrag . . 15 — Lossagung vom festen Angebot 277 Post; Haftung für den dem In­ haber eines Postscheckkontos durch einen unter Mitwirkung eines Postangestellten verübten Betrug entstandenen Schaden . 141

R

Rechtsweg;

Voraussetzungen des Rechtswegs für Ansprüche a«S dem Beamtenverhältnis und auS der StaatShaftung für Beamten­ verschulden .......................... 23

für die Gebührenforderung der nach § 83 KriegSleist.Ges. zu­ gezogenen Sachverständigen? 117

für den Ersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung deS Leiters eines Wohnungsamts? . 159 für einen Schadensersatzanspruch gegen die Reichsstelle für Gemüse und Obst wegen schuldhafter An­ wendung der VO. über die Ein­ fuhr von Gemüse und Obst v. 13. Sept. 1916? ... 207

für den Schadensersatzanspruch gegen eine Stadtgemeinde wegen widerrechtlicher Beschlagnahme und vorzeitiger Schlachtung von Vieh?................................... 242 für den Anspruch eines Beamten auf Ersatz des durch verspätete Anstellung ihm erwachsenen Scha­ dens? ................................... 251

für Ersatzansprüche wegen Amts-pflichtverletzung bei Anwendung der BRBO. über Fleischversor­ gung v. 27. März 1916? 290 für den Anspruch auf Rückzah­ lung des zufolge einer Preis­ erhöhung für abgegebenes Mehl gemäß § 60 RGetreideO. ge­ zahlten Betrags gegen den Kom­ munalverband? . . . 405

ReichSfiedelmtgSgesetz v. 11. August

der Ansprüche aus § 907 B^B.

ISIS; Umfang des Vorkaufs­ behinderten Eigentümers. 81 rechts nach § 11; Geltung im — zur Haftung der Post für ihre besetzten Gebiet ... 42 Angestellten . . . . 141

wegen — Vorkaufsrecht des Pächters nach — gegen Stadtgemeinde Amtspflichtverletzung des Leiters § 6 Abs. 3; zum Begriff deS des Wohnungsamts . . 159 Restguts.................................. 324 — wann ist ein Schaden als bei Reichsverfaffung; zu Art. 153 einerZusammenrottung entstanden Abs. 2 Satz 3 . . . . 137 anzusehen? ..... 198 — zum Begriff der Verfassungs­ — Ersatzanspruch gegen Stadt­ streitigkeit in Art. 19 . 425 gemeinde wegen mißbräuchlicher 428

Abgabe von Schreckschüssen durch einen Polizeibeamten. . 203

kann die in § 903 RBersich O. ver­ langte strafgerichtliche Feststellung auch in einem Strafbefehl ge­ troffen werden? . . . 111

— haftet das Reich für den Scha­ den, der durch die von einem deutschen Konsul im AuSlande veranlaßte Versteigerung von Sachen eines Reichsangehörigen entstanden ist? . . . . 239

— zu Art. 34

....

Reichsversicherungsordnung;

Revision;

eröffnet die Zustellung eine- abgekürzten Urteils die — Haftung für den von Arbeiter­ Revisions-undBorschußfrist? 402 und Soldatenräten verursachten Schaden . . 257-, 846, 362

— bei verstecktem Dissens .

S

265

— wegen Mißbrauchs des Dienst­ waffe; Ausübung öffentlicher Ge­ Säkularisation; Ansprüche gegen walt ........................................286 den Preußischen Staat aus einer — bei Plünderung durch befreite während des Bestehens des Königs­ Militärgefangene; Haftung des reichs Westfalen erfolgten Säku­ Reichs für die Wachtmannschaften larisation . . . ♦ . 338 804 Schadensersatz; Ersatzpflicht ohne Schank- und Speisewirt; inwieweit haftet er seinen Gästen für die Verschulden bei Eingriffen, gegen von ihnen abgelegten Überkleider? die dem Eigentümer die Abwehr 45 versagt ist............................. 19 Scheckprolest; seine Fassung beim — bei Beschädigung eines für Verrechnungsscheck ... 37 militärische Zwecke beschlagnahm­ Seeversicherung; zum Begriff der ten Gebäudes durch Soldaten 18 Doppelversicherung nach den Allg. — Schadloshaltung des durch § 26 See-Vers.-Bedingungen von 1867 GewO, in der Geltendmachung 409

Sicherheitsleistung für die Prozeß- TumultschadenSgesetz; zum Begriff kosten; hat ein als Kläger auf­ tretender Pole solche zu leistend 189 — wann kann deren Anordnung durch Beschluß erfolgen? 190

Spediteur; inwieweit haftet er bei der Übernahme der Ausfuhr von

der Zusammenrottung.

.

198

U Unlauterer Wettbewerb; inwieweit ist der Titel einer Druckschrift, insbesondere einer solchen, welche ein älteres Werk fortsetzen soll, nach § 16 UWG geschützt? 88

Waren aus dem besetzten deut­ schen Gebiet auf Grund einer falschen Ausfuhrgenehmigung? 387 UnterhaltSreute; Voraussetzungen der Klage auf deren Erhöhung Stadtgemeinde; findet die Form­ nach § 323 Abs. 2 ZPO. 228 vorschrift des § 56 Nr. 8 der preuß. Städteordnung v. 80. Mai Urkundenprozeß; zum Begriff des 1853 auch bei Geschäften der Anspruchs, welcher die Zahlung laufenden Verwaltung Anwen­ einer bestimmten Geldsumme zum dung? ..............................205 Gegenstände hat, i. S. des § 592 ZPO ....................................... 84 Stempelsteuer; zur Auslegung der Tarifst. 73 Abs. 5 preuß. Stem- — genügt nach § 593 Abs 2 ZPO. pelsteuerG ..... 358 die Vorlegung der Urkunden in der mündlichen Verhandlung? Streitverkiludung; wirkt sie auch 87 gegenüber einem Kriegsteilneh­

mer? Umfang ihrer Wirkung

75

T

B Verjährung; zur Anwendung des Art. 169 EG z. BGB.

.

196

Tarifverträge; inwieweit sind Be­ — seht der Beginn der Verjährung stimmungen darin, welche die Zu­ des PflichtteilsrestanspruchsKenntgehörigkeit zu gewerkschaftlichen nis des Nachlaßbestands voraus? Organisationen erzwingen sollen, 197 rechtswirksam? .... 327 Verladung; zum Begriff der Ver­ — zum Begriff „Änderungen der ladung............................. 4 Arbeitsbedingungen" in § 1 VO Versailler Vertrag; Einwirkung über Tarifverträge v. 23. De­ auf eine vor dem Kriege ver­ zember 1918 .... 385 einbarte Übertragung von Waren­

Testament; Irrtum über seine Art und Gültigkeitsdauer.

.

zeichen ...............................369 320 — zu Art. 309 ... . 376

TrauSportversicherung; Auslegung Versicherung gegen Einbruch; Haf­ der KriegsÜausel

.

.

.

216

tung des Versicherers nach einem

Umzugedes Versicherungsnehmers — Eintragung eines Vorkaufsrechts, das als persönliches bestellt worden, 20 — Transportversicherung, Kriegs­ als subjektiv-dinglichen. Un­ richtigkeit des Grundbuchs. Wir­ klausel ................................. 216 kung deS gutgläubigen Erwerbs — Einfluß unrichtiger Angaben " 316 im Frachtbrief auf die Haftung — des Pächters nach § 6 Abs. 3 des Versicherers . . . 844 RSiedelungsges. . . . 324 — zur Haftung de- Versicherers für unrichtige Auskunft eines Angestellten seines Agenten 346 W

Vertragsangebot; erlischt ein durch Fernsprecher gemachtes Angebot durch Unterbrechung der Ver­ bindung? ............................... 235

BertragSschluß; Bedeutung der Bitte um Gegenbestätigung

.

201

Waffeuaebrauch von Polizeibeamten 203 Auslegung der Zeicheneintragung, Berücksichti­ gung der Klasseneinteilung des patrntamtlichen Warenverzeichnisies....................................... 162

Wareuzeichen;

— wann vollzieht er sich, wenn die Parteien unter Mitwirkung eines — Nachprüfung eines die Ein­ Makler- verhandeln? . . 366 tragung abändernden Berichti­ gungsbeschlusses des Patentamts Vertreter; Haftung nach ß 179 durch das Gericht bei der Ent­ BGB., zum Begriff deS „Kennenscheidung über die Priorität 168 müffen" in 8 179 Abs. 3 BGB. 191 — Voraussetzungen der Klage auf teilweise Löschung eine- Waren­ Verzicht auf Rechtsmittel . 185 zeichens, weil angemeldete Waren Vollmacht; zur Frage der Form­ nicht hergestellt oder vertrieben freiheit der Auflassungsvollmacht werden................................. 312 236 — Einwirkung des Versailler Ver­ Vorkaufsrecht eines gemeinnützigen trags auf eine vor dem Kriege Siedelungsunternehmens; ist es erfolgte Übertragung von Waren­ anwendbar, wenn eine Gesellschaft zeichen eines Engländers. 869 m. b. H, deren Vermögen nur aus dem Grundstück besteht, ihre — Unterlaffungsklage wegen Stö­ sämtlichen Geschäftsanteile einem rung deS Warenzeichenrechts 876 andern abtritt? ... 42 Wechsel; zur Legitimation des Nach— kann die Vereinbarung eines indossatarS bei durchstrichenen dinglichen Vorkaufsrechts mit Jndoffamenten .... 269 festem Preise in die eines durch Auflassungsvormerkung zu sichern­ — muß der Wechselschuldner, um sich auf die Vereinbarung der den schuldrechtlichen Vorkaufs­ rechts nngedeutet werden? 122 Prolongation berufen zu können,

dem Gläubiger rechtzeitig den Ersatzanspruch wegen Amtspflicht­ Prolongationswechsel zur Ver­ verletzung seines Leiters. 159 fügung stellen?. . . . 331 Württemberg; zu Z 8 Abs. 2 der

Weidegerechtigkeil; inwieweit sind Kulturveränderungen an dem be­ lasteten Walde nach rheinischem Rechte gestattet? . . . 147

Verfassung v. 25.Septemberl919 423

3

Zigaretten; rechtliche Bedeutung ihrer Banderolierung . . 376 nehmers wegen positiver Ver­ Zwangsvollstreckung; ist der Schuld­ tragsverletzung .... 15 ner durch einen vom Gläubiger — Anspruch des Unternehmers auf gemäß § 887 ZPO. erwirkten Herausgabe des zur Herstellung Ermächtigungsbeschluß an der des Werks bestimmten Materials eigenen Erfüllung des Vertrags bei Kündigung des Bestellers 93 gehindert?............................ 15 Wertzuwachssteuer; kann eine Ge­ — ist ihre Einstellung nach §719 meinde der von ihr erlaffenen Abs. 2 ZPO. zulässig, wenn das Wertzuwachssteuerordnung rück­ angefochtene Urteil lediglich über, wirkende Kraft verleihen? . 29 die vorläufige Vollstreckbarkeit

Werkvertrag; Rücktritt des Unter­

Wohnungsamt; Rechtsweg für den

entscheidet?.......................... 303

B. Gesetzesregister.

1. Reichsgesetze. a. Bürgerliches Gesetz­ buch

... 343 . 146, 288 . 186, 255 ... 146 . 73, 818 ... 73 . . . 322 . 297, 322 . . . 322 . 267, 268 . 1,79—81 . 135, 137 51—53, 105, 107, 108, 309 138 14,101, 307, 308, 331 139 103,104,237 297, 298 140 . 122—124, 321, 322 141 . . 50—55 144 . . .8, 54

§12 § 31 § 35 § 89 § 96 § 97 § 116 § 117 § 118 § 122 § 123 § 130 § 184

§ §

§

§ §

§ § § § § § § § 8 § § § § § §

§

8 8 8 §

147 . .189,286 154 . . . 298 157 116,225,256 166 . .193,194 167 . . . 237 171 . 858—362 179 . 191—195, 267, 268 185 . . . 372 196 Nr. 17 . 117 242 102,116,225 249 . . . 23 254 46, 110, 143 267 . . . 364 275 . . . 372 276 21,23,45, 81, 110, 111, 146 278 . 21, 23, 45, 148—146, 152, 285 285 106,108,110 306 . . . 108 307 . 267, 268 309 . 267, 268

§ 813 . 103, 105, 132, 237, 238, 297—299 8 315 . . . 116 § 326 28, 41, 119, 276, 278, 373— 376 8 344 . -809, 811 8 362 . . 71, 72 8 383 288,420,421 8 387 . . . 187 8 398 . . . 108 §§ 445 493 . 43 8 495 . . . 276 § 505 . . . 123 8§ 505 flg. . . 325 § 549 . . . 246 § 553 .26,27,246 § 566 . 131—133 § 571 . . . 182 8 581 . . 26, 27 88 587-589 . 894402 8 609 . 186—189 8 615 . . . 235

§ 618 . . 60, 77 § 642 . . . 16 § 643 . . 16, 95 § 649 . . 94, 95 § 652 . . . 125 § 663 . . . 267 § 701 . . . 46 §§ 759, 760 . 274 § 761 . 272—275 § 812 . 297, 409 §§ 812 f(g. . . 103 § 814 . . . 250 § 817 50—55,297 § 818 . .7 250 § 823 18, 81, 279, 328, 343 § 826 164,279,328, 381 § 831 . 144—146, 288 § 889 . 18,24,160, 243, 259, 261, 262, 285, 348, 363 § 868 . . . 94 § 873 103,319,355 § 877 . . . 355 ß 883 . . . 123 § 891 . . . 318 § 892 . . . 319 § 907" . . 81—86

§ 925 . 299, 359 § 929 . . 94, 103 §§ 932—934,936 301 §§ 946, 985 . 94

§ 1006 . . 93, 94 § 1018 ... 319 § 1090 ... 148 § 1094 . 124, 319 § 1097 ... 124 § 1098 ... 123 §§ 1105, 1110 . 319 § 1115 ... 355 § 1141 ... 358 § 1154 ... 819 § 1163 . . 71—73 § 1177 . . 71, 72 §1178. . . 72 § 1181 ... 75 § 1207 ... 301 §§ 1238, 1235, 1240 . . 801 § 1244. .801,802 §§ 1252, 1253, 1273flg.. . 411 § 1281 . . 35, 36 § 1833 . 292, 293, 335—338 §1334 292,293,335 §1348 2'47,293,294 § 1345 ... 293 §§ 1345flg. . 248 § 1346 / 248, 293

§ 1613 ... 280 § 1987 ... 822 § 1990 ... 840 §§ 2078 flg. 322 §§ 2231, 2249, 2252 . 321, 322 §§2253—2258 323 §§ 2305, 2832 195—198 § 2385 ... 249

§§ 1360, 1361 248 § 1564 ... 294 § 1565 ... 88 § 1568.86—88,133 § 1572 . 157, 158 § 1574 . . 86—88 §§ 1578, 1579 248 § 1611 . 249—251

d. Handelsgesetzbuch von 1897.

b. Einführungsgesetz z. Bürgerlichen Ge­ setzbuche.

Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.

96 . 109 167 169 170 184 213

. 274, 275 . . 188 . . 74 195—198 . . 196 . . 148 . . 196

c. Allg. Deutsches Handelsgesetzbuch

(°- F).

Art. 860 Art. 427

. .

. .

120 9

§§ 6, 17 . . 344 § 19 . 342, 344 § 20 ... 842 § 22 . 841—344 §66 ... 235 § 94 ... 368

§§124, 161 . 343 § 214 . . . 850 § 243 . . . 186 §§ 835 flg.. . 129 § 846 . . . 102 § 373 . 283—286 § 877 95—97, 383, 384 88 377 flg. . . 96 § 379 . 283—286 § 406 . . . 120 § 431 . . . 152 § 432 . 390—392 § 456 7, 150—153, 456 § 457 . . . 7 § 458 . . . 151 § 459 7, 13, 48-50 8 461 . 7—9, 13 § 462 . . 7—14 8 465 . 9 11, 12 § 466 . . 11, 416 § 469 . 390—392 § 471 . . 7—15

e. GerichtSverfassungSgesetz. § 6 . . 60,64, 67 § 8 . 60, 64,67,68 §9 . . . . 60 §13 .30,118,139 f. Zivilprozeßordnung.

8§ 68, 74 . 75—79 §78 ... 138 §79 ... 140

§ 99 Abs. 1 . 369 §8 110 flg. 190, 191 § 113 . . . 189 § 139 . . -. 418 § 256 . 185,358 § 258 . . . 230 § 262 . . . 37 § 268 . .167,230 § 271 227,228,295 § 278 . . . 230 § 280 . . . 185 § 286 91, 115, 149, 187, 379 § 287 . . . 422 § 303 . . . 190 § 304 . . . 340 § 306 . . . 296 § 319 . 169, 170 § 321 . . . 170 § 823 . 228—230 § 342 . . . 230 § 496 Abs. 6 402— 405 § 514 . . 125,136 § 516 . . . 403 8 535 . . . 138 § 549 . . 30,392 §554 Abs.7, §§ 554a, 555. . . 403 § 565 . . . 296 §§ 592,593 . 34-37 § 606 . 156, 158 §§ 614—616 . 156, 158, 293, 294 § 622 . . . 158 § 627 . 247—251

§§ 708, 717 . 249 §§ 718,719 803,804 § 767 . . 17, 229 § 816 . . . 301 § 825 . 300, 302 § 887 . . 15—17 § 925 . . . 299 §§ 928, 936 . 285 § 940 . . . 284 8 945 . 247—251

g. Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung. 8 13 ... 86 § 14 Nr. 1 . 113 § 15 Nr. 2 138,139

h. Grundbuch ordnung.

8 § 8 8

3. 29 87 98

. . . 319 . 358—362 ... 318 ... 299

i. Gesetz über die An­ gelegenheiten der frei­ willigen Gerichtsbar­ keit. 8 28 ... 342 k. Wechselordnung. Art. Art. Art. Art. Art

16 . . 25—27, 86, 55 88 . . 88a .

. 29 . . .

270 . 36 270 89 270

1. Gewerbeordnung.

§ 16

.

.

82, 83

§ 24

.

.

.

§ 26

. 19, 81—86

n. Strafprozeß­

m. Strafgesetzbuch.

82' § 4 ...

§ 110

.

.

.

53

§ 447 Abs. 1 .

114

.

106

§ 448

118

111

§ 450

.

279

§ 477

.

.

179

§ 230 Abs. 1 .

§ 152 Abs. 2 .

328

§§ 240, 268 .

§ 105

.

.

ordnung.

.

.

.

112, 113

.

.

243

1876. 1. April. VO., betr. die Ausführung d. Ges. v. 18. Juni ü. d. Kriegsleistungen (RGBl. 1851. 81. Dezember. Handels- und S. 137) . . . 117—119 Schiffahrtsvertrag zwischen den 1878. 30. Juni (1914. 10. Juni) Staaten des deutschen ZollGebührenordnung für Zeugen und Handels-VereinS und den und Sachverständige (RGBl. Niederlanden (PrGS. S. 145). 1878 S. 178, 1914 S. 214). Art. 25 ... . 212—216 §§ 1, 17 Abs. 1 ... 118 1867. Allgemeine Seeversicherungs­ 1884. 9. Juni. Ges. gegen den bedingungen auf Grund des verbrecherischen und gemein­ Allgemeinen deutschenHandelsgefährlichen Gebrauch von gesetzbuchs. Sprengstoffen (RGBl. S. 61). §§1,4,5,11^6., 151,161 409 flg. §1........................................... 83 1867. 8. November. Ges., betr. die Organisation der Bundeskonsu­ 1884. 6. Juli. Unfallversicherungs­ gesetz (RGBl. S. 69). late usw. (BGBl. S. 137). §96........................................ 113 § 1 . •...................................241 o. Einzelne Gesetze und Verordnungen.

§ 18.........................................240 1886. 5. Mai. Ges., betr. die Unfall- «. Krankenversicherung 1871. 16. April. Verfassung des De«tschenReichs(BGBl. S.64). der in land- u. forstwirtschaftl. Betrieben beschäftigten Per­ Art. 62 .............................. 348 sonen (RGBl. S. 132). 1871. 6. Juni. Allg. Dienstinstruk­ tion für die Konsuln des § 117........................ 113 Deutschen Reichs(R.Arch. Bd.6, 1890. 29. Juli. Ges, betr. die Ge­ werbegerichte (RGBl. S. 141). S. 1169).............. 241 § 60........................................ 118 1873. 13. Juni. Kriegsleistungs­ gesetz (RGBl. S. 129). 1890. 14. Oktober. Internationales Übereinkommen über den Eisen§14........................................... 18 bahnsrachtverkehr(RGBl. 1892 §38.............................117—119 S. 793). 1875. 6. Dezember. Runderlaß, betr. Befugnis der Konsuln, Art. 1................................... 391 Gelder für Privatpersonen zu Art. 3........................97, 98 erheben und zu verwahren Art. 26................................... 216 (RZBl. S. 817) . . 241 Art. 27 ... . 390, 391

§ 4............................ . 842, 843 Art. 34.............................. S Art. SS.............................. 9, 10 §§15, 17............................. 414 §§80, 33 ........................ 187 1891. -7. April (1911. 6. Juni). § 37 Abs. 2 . . . . 4 Patentgesetz (RGBl. 1891 S. 79, 1911 S 243). § 38.................................... 186 § 46 414 § 10 Nr. 1, § 31 . . 227 § 47.......................... ........................ 129, 186 1891. 11. Juli. BO. zur Aus­ führung deS Patentgesetzes vom § 51.................................... 184 §§ 52, 61........................ 186 7. April 1891 u. d. Ges. bett, d. Schutz von Gebrauchsmustern 1898. 20. Mai (1895. 15. Juni). vom 1. Juni 1891 (RGBl. Ges., betr. die piivatrechtlichen S. 349). Verhältnisse der Binnenschiff­ §13.........................................118 fahrt (RGBl. 1898 S. 868, 1891. 6.Dezember/1904. 22.Juni. 1895 S. 801). _ Handels- und Zollvertrag zwi­ § 61 209—212 schen dem Deutschen Reich und § 72 5 Belgien (RGBl. 1892 S. 241, 1899. 13. Juli. Hypothekenbank­ 1905 S. 599). gesetz (RGBl. S. 875) Art. 10 ........................ 214 § 21 Abs. 2 ....73 1894. 12. Mai. Gesetz zum Schutze 1899. 29. Juli. Abkommen, betr. der Warenbezeichnungen (RG­ die Gesetze u. Gebräuche des Bl. S. 441). Landkriegs (RGBl. S. 423). §1 318 Art. 43................................... 109 § 2 165 1901. 18. Juni. Unfallfürsorge­ § 5........................ 168, 170 gesetz für Beamte und für § 6 168 Personen des Soldatenstandes § 8 Nr.2. . . 168, 170 (RGBl. S. 211) . .23 § 9 .162—170, 812—315 § 10 168 1904. 6. Juli. Ges., betr. Kauf- mannsgerichte (RGBl. S. 266). § 12 378-380 §16380 ......................................... 118 § 14.......................... ........................ 879, § 20........................ ..... . 315 1905. 17. Juli. Haager Abkommen 1896. 5. Juli. Ges., betr. die über den Zivilprozeß (RGBl. Pflichten der Kaufleute bei Auf­ 1909 S. 409) ... 190 bewahrung fremder Wertpapiere Art. 17................................... 191 (RGBl. S. 183) — „Depot­ 1906. 8. Juni. Zigarettensteuer­ gesetz". gesetz (RGBl. S. 631). §§ 8, 4 . . §§. 3,. 5,119 6 — . 121 . . . 378 flg. § 7 120 1907. 18. Mai. Reichsbeamten­ 1898. 20. Mai (1892. 20. April). gesetz (RGBl. S. 245). Gesetz, betr. die Gesellschaften § 1 261 mit beschränkter Haftung (RG­ § 10 288 Bl. 1898S. 846,1892S.477). § 149 ....

252, 253

1908

11. März. Scheckgesetz (RG­ Bl. S. 71) § 14, 16, 30 . . . 88, 39

§§ 4, 14flg., 44, 58, 59, 60, 62, 63, 72 . . 80—34

1911. 19. Juli Reichsversiche­ rungsordnung (RGBl. S 509). 1908. 30. Mai. Gesetz über den 88 899, 900 ... . 112 Versicherungsvertrag (RGBl. § 903 .... 111—114 S. 263). §8 1579, 1652 Abs. 3, 1665 § 43 . . ... 22 Abs. 2 .... 118 1908. 30. Mai. Ges., betr. die Erleichterung des Wechsel­ 1913. 3. Juli. Ges. über Ände­ protestes (RGBl. S. 321) 270 rungen im Finanzwesen (RG­ Bl. S. 521). 1908. 23. Dezember. Eisenbahn­ § 1-........................ 80, 32, 83 verkehrsordnung (RGBl. 1909 S. 93). 1918. 1. November. Eisenbahn­ §2........................................... 12 gütertarif. § 5......................................... 151 TeilII, Ausnahmetarif 14 212§ 85........................................... 12 216 § 54..................................... 8, 14 1914. 26. März. Postscheckgesetz 88 57, 61 . . ... . "845 (RGBl. S. 85). § 75 ... . 416, 417 § 7.........................................145 § 84 . . . 150—153, 845 § 9........................ 143, 144 § 86 ........................ 281—283 1914. 10. Juni. Ges., betr. Ände­ tz 89........................... 6—15 rung der Gebührenordnung für §94 Abs. 2. . . 415, 417 Zeugen u. Sachverständige(RG§ 100 .... 390, 391 Bl. S. 214). 1909. 7. Juni. Gesetz gegen den Art II................................... 118 unlauteren Wettbewerb (RGBl. 1914. 4. Augnst. Ges., betr. d. S. 499). Schutz der infolge des Kriegs § 1.............................. 89, 164 an Wahrnedmung ihrer Rechte § 16. . . . . . 88-93 behinderten Personen (RGBl. 1909. 15. Juli. Reichsstempelgesetz @. 828) .... 77, 78 (RGBl. S 833). § 3 . ..................................... 78 § 107..................................... 30 1914. 4. August. (17. Dezember). 1910. 22. Mai. Gesetz über die Ges., betr. Höchstpreise (RGBl. Haftung deS Reichs für seine S. 339, 516). Beamten lRGBl. S. 798) 18, 3 2........................................ 292 240, 253, 257—265 1914. 10. August. Bekanntm., § 1 148, 260, 261, 263, betr. vorübergehende Änderung 286—290, 306, 848

der Eisenbahnvertehrsordnung § 6 . ...................................263 (RGBl. S. 868) . . 416 1911. 14. Februar. Zuwachssteuer­ gesetz (RGBl. S. 33). 1914. 28. September. Bekanntm. § 8........................................... 44 -ü. d. Unverbindlichkeit gewisser Entsch. in U»Ils. 104.

29

Zahlungsvereinbarungen (RG­ Auslande (RGBl, S. 105). Bl. S. 417) 218, 220, 852, „Devisenordnung". §§ 1, 2, 3, 10 . . 51—53 354, 358 Kl......................................... 219 1917. 15. Februar. Bekanntm. ü. d. Verkehr mit Knochen usw. 1915. 14. Januar. Bekanntm. ü. nebst AnsführuugSbest. vom d. Vertretung der Kriegsteil­ 16. Februar 1917 (RGBl. nehmerin bürgerlichen Rechts­ S. 187, 140) . 106—109 streitigkeiten (RGBl. S. 17). §1........................................... 78 1917. 22. März. Bekanntm., betr. einige die Kriegsverordnungen 1915. 23. Juli (1916. 23. März). ergänzende Vorschriften über Bekanntm. gegen übermäßige Einziehung und über Veräuße­ Preissteigerung (RGBl. 1915 rung beschlagnahmter Gegen­ S. 467; 1916 S. 52). stände KGBl. S. 255). §3......................................... 161 Art. I, II............................. 243 1915. 9. September. Bekanntm. 1917. 1. Mai. Nachtrag V zum zur Entlastung der Gerichte Eisenbahngütertarif. Teil I, (RGBl. S. 562). Abt. A. ... . 7—15 K 26 ........................ 402—405 1917. 21. Oktober Ges. zur Ver­ einfachung der Strafrechtspflege 1915. 25. September/ 4. November. (RGBl. S. 1087) 112, 114 Bekanntm. ü. d. Errichtung Art II 2»........................ 114 von Preisprüfungsstellen und die Versorgungsregelung (RG­ 1918. 15. März. Bekanntm. L. d. Verkehr mit landwirtschaftliche» Bl. S. 607, 728). . 292 Grundstücken (RGBl. S. 128). 1915. 8. November. BRNO, über 48 Ole und Fette (RGBl. S. 735) 1918. 1.April. Eisenbahngütertarif. 107 Teill Abt.L 8ß43, 44 282 1916. 27. März. Bekanntm. über 1918. 26. Juli. Ges.ü d. Brannt­ Fleischversorgung (RGBl. weinmonopol (RGBl. S. 887) S. 199) . . . 290—292 349, 350 §§ 8, 10, 12 . . . . 292 §§ 199 flg., 218, 222, 224, 1916. 18. Mai. Bekanntm. ü. d 242 .............. 124 flg, Gründung einer Reichsstelle 1918. 23. September. (1919. für Gemüse und Obst (RGBl. 22. Juni; 1920. 11. Mai). S. 391)........................ 208 VO. zum Schutze der Mieter 1916. 13. September. Bekanntm. (RGBl. 1918 S.1140; 1919 ü. d. Einfuhr von Gemüse und S.591; 1920 S. 951) Obst (RGBl. S. 1015) 207, 245 208 § 2......................................... 310 §§ 1, 3, 5, 7 . . 207, 208 §5.............................. 154, 155 1917. 8. Februar. Bekanntm. ü. § 5a . . . 811, 364—366 d. Zahlungsverkehr mit dem § 6 . . . . 154, 808—812

154, 221 1918. 12. Dezember. Ges. zur Bildung einer freiwilligen ...... 312 BolkSwehr (RGBl. S. 1424) 1918. 28. September. (1920. 264 11. Mai.) Bekannt«, ü. Maß­ nahmen gegen Wohnungs­ 1918. 23. Dezember BO. über mangel (RGBl. 1918 S. 1148; Tarifverträge, Arbeiter««. An1920 S. 949) . 160, 245 gestelltenausschüsse u. Schlich­ 8 8flg 159—161 tung von ArbeitSstreitigkeite» (RGBl. S.1456) . 174 flg., 88 4, 6 . . . . 160, 161 8 7 221 233, 329 8 9 866 8 1... 829, 885—387 88 13flg. 174, 176, 182, 418 1918. 7. November. BO. ü. d 8 20 175, 176 wirtschaftliche Demobilmachung

§ 7 §9

(RGBl. S. 1292)

180,231, 1919. 4./24. Januar /30. Mai. 232 BO. ü. d. Einstellung, Ent­ 1918. 12. November. Erl. ü. d. lassung und Entlohnung der Errichtung des Reichsamts für gewerblichen Arbeiter und An­ die wirtschaftliche Demobil­ gestellten während der Zeit machung (RGBl. S. 1304) der wirtschaftlichen Demobil­ 180, 231, 232 machung (RGBl. S. 8, 100, 493) 172—182, 231—285 1918. 21. November. BO. des Reichsamts f. d. wirtschaftliche Demobilmachung über die Fest­ setzung neuer Preise «sw. (RGBl. S. 1328). Nr. 1, 2, 3, 6 . . 55—58

88 2—9 § 9a 8 13 8 14 (17) 8 15 8 17

.

.

.

282 283 178 173, 282 178, 238 238

1918. 25. November. Erlaß des Kriegsministers betr. Zuteilung 1919. 13. Januar. BO. u. das der Arbeiter- und Soldaten­ Finanzgebahren der Arbeiter­ räte zu militärischen Kassen und Soldatenräte (RGBl. (ABBl. S. 667) . .. 260 S. 87) . . 262, 263, 347 1918. 30. November Erlaß des 1919. iO. Januar. Erlaß betr. Kriegsministers betr.Abfindung vorläufige Regelung der Kom­ der Arbeiter» und Soldaten­ mandogewalt und Stellung der räte (ABBl. S. 678) . 260 Soldatenräte im Friedensheer (ABBl. S. 54). . . 260 1918. 5. Dezember. BO. betr. d.

einstweilige Änderung der Mili­ 1919. 29. Januar. VO. zur Be­ tärstrafgerichtsordnung, des schaffung von landwirtschaft­ lichem Siedlungslande (RGBl. Einführungsgesetzes dazu und des Militärstrafgesetzbuchs S. 115). (RGBl. S. 1422) 259, 260 § 11 44

452

Gesetzesregister.

1919. 1. Februar/1920.11.März. VO. ü. d. schiedsgerichtliche Erhöhung von Preisen bei Lieferung von elektrischer Arbeit, Gas usw. (RGBl. 1919 S 135, 1920 S. 329). 221, 222 1919. 10. Februar. Ges ü. d. vorläufigeReichsgewaltsRGBl. S. 169)............. 258 1919. 4. März. " Übergangsgesetz (RGBl. S. 285) . . 180 1919. 26. April. Erl. betr Auf­ lösung des Reichsministeriums für wirtschaftliche Demobil­ machung (RGBl. S. 438). 180, 232 1919. 14. Mai. VO. des Reichs­ wehrministers und des Preuß. Kriegsminister- betr. Soldaten­ räte (AVBl. S. 427) . 260 1919. 18. Juni. Reichsgetreide­ ordnung für die Ernte 1919 (RGBl. S. 535). §§ 58—60, 70 . . 405 flg 1919. 28. Juni. Versailler Ver­ trag (RGBl. S. 700). Art. 277 ... 190, 191 Art. 287 191 Art. 297 flg............................ 225 Art. 299........................... 372 Art. 299a . . . 369-373 Art. 308, Anl. §2a . . 872 Art. 309 ... 376—882 Art. 440 ...................... 109

1919. 28. Juni. Vereinbarung betr. d militärische Besetzung derRheinlande(RGBl. S.1337) „ Rheinlandabkommen ". Art. 3...................................... 43 1919. 23. Juli Bekannt«, wegen Aushebung d. VO. ü. d. Zah­

lungsverkehr mit dem Auslande (RGBl. S. 1589) . . 52 1919. 9. August. Ausführungsbest, z. Ges. ü. d. Branntweinmono­ pol — Entschädigungsvrdnung — (RZBl. S. 193, 801) § 60...................................... 124 1919. 11. August. Verfassung des Deutschen Reichs (RGBl. S. 1388). Art. 7 Nr. 12 . ... 138 Art. 10.................................. 67 Art. 12................................... 67 Art. 13................................... 59 Art. 19 . . . 425, 427, 430 Art. 34 . . . . 428, 430 Art. 48 Abs. 1 ... 427 Art. 59 ............................ 259 Art. 76 ...................... 61, 430 Art. 91................................... 18 Art. 104 ... 68, 64—68 Art. 129 58—68, 251—253 Art. 181 24, 160, 243, 253, 285, 291 Art. 158 ... 137—141 Art. 159 ...................... 329 1919, 11. August. Reichssied­ lungsgesetz (RGBl. S. 1429) 42—44 § 2 ...................... 325, 326 88 5—10..............................43 8 6 ...................... 324—327 8 11...........................48, 44 1919. 8. September. VO. ü. d. Einstellung und Entlassung von Arbeitern und Angestellten während der Zeit der wirt­ schaftlichen Demobilmachung (RGBl. S. 1500) 172—179, 231—235 §9...................................... 179 §§ 12, 13, 14 . . . 284

S.

218;

1919

§ 15

179

§ 21 § 26

178 .... §§8.—28. 172, 178 . .

233 §§ 12—14, 21, 22, 25 417 flg.

§ 27 1919. 12. September. erwerbssteuergesetz

Grund­ (RGBl.

S. 1617). § 8

1919.

44

BO. ü. d.

4. Dezember.

Abgeltung gegen daS

von Ansprüchen Reich (RGBl.

S. 2146)

...

§§ 2, 5 . 1919.

.

.

.

.

13. Dezember.

55, 57 .

Reichsab­

gabenordnung (RGBl. S.l 993)

18. Dezember

1920. 18. Februar. BO. ü. die Eintragung von Hypotheken in ausländischer Währung (RG­ Bl. S. 231). §§ 1, 6—8, 10

1920.

80. April.

.

.

.

855

Besoldungsgesetz

(RGBl. S. 805). §§ 4, 11................................. 280

57

§ 5.............................................44

1919.

1500)

S.

171—182 171—182

VO.

ü.

Zahlung von Ablieferungs­ prämien fürBrotgetreide, Gerste n. Kartoffeln (RGBl. S. 1990)

1920.

Ges. ü. d. durch

12. Mai

innere Unruhen verursachten Schäden (RGBl. S. 941).

§ 1............................................... 201 8 15............................................... 199

1920 9. Juni. Pachtschutzordnung (RGBl. S. 1193) . . 221

407 407, 408

1920. 29. Oktober. VO, betr. Er­

§6............................................... 408

ministers zur selbständigen Er­ gänzung und Änderung der

§ 2

1919.

............................

20. Dezember.

Bekanntm.

mächtigung des Reichsverkehrs­

il Zahlung von Ablieferungs­

Verordnungen, diedenBau usw.

prämien für Brotgetreide und Gerste (RGBl. S. 2122).

der Eisenbahnen regeln (RG­

§4

............................

407, 408

1920. 4. Februar. Betriebsräte­ gesetz (RGBl. S. 147) §§ 18, 19, 20

8 66 Nr. 8.

.

.

172, 329 . . 880

.

188,184

§8 78, 81 ............................

1920.

BO. ü. d. Einstellung

u. Entlassung von Arbeiter» u. Angestellten

Zeit

1920.

während

...

9. Dezember.

13

Abkommen

zwischen dem Deutschen Reiche

und der Schweizerischen Eid­ genossenschaft betr. schweizerische

Goldhypotheken

Art 1—3

Deutsch­

852—358 .... 352flg.

Anlage I, II 1921.

in

(RGBl. S. 2028)

land usw

829

12. Februar (1919. 8. Sep­

tember).

Bl. S. 1859)

22. März.

....

857

Ges. zur Ände­

der

rung deS Postscheckgesetzes vom

der wirtschaftlichen De­

26. März 1914 (RGBl. S.242)

mobilmachung (RGBl.

1920

143, 144

2. Landesrecht.

Preußen.

Bayer«.

1919. 14. August. Verfassungs­ a. Allgemeines Landrecht.. urkunde des Freistaats Bayern (Ges. «. VOBl. S. 531). Teil ITitel 2§ 125 317, 318 § 52 ................................. 481 „ I „ 13 § 5 ... 859 „ I „ 18 § 147 . . 360 1920. 18. August. Minist. Be„ I „ 20 §§ 570, 594 817, kanntm., betr. Schutz der Mieter 818 (Bayr.St.Anz. Nr. 189). 809 Teil II Titel 2 § 432 . . 196 §§ 1 Abs. 2, 2 ... 811 , H „ 2 § 440 . . 197

Bremen. b. Einzelne Gesetz« und 1920. 24. September. BO. zur Verordnungen. Ausführung der Pachtschutz­ ordnung vom 9. Juni 1920 1820. ’SO. Dezember. DienstInstruktion für die Gendar­ (GS. S. 467). § 5...................................... 221 merie (GS. 1821 S. 10). § 28 .................................. 204

Hamburg.

1827. 81. Januar. Kabinettsorder wegen Regulierung deS Preu­ ßischen Anteils an der Zentral­ schuld des ehemaligen König­ reichs Westphalen (GS. S. 13). L. Nr. 3 ... 840, 341 1886. 5. Mai. Expropriations­ gesetz (GS. S. 27). . 138 1834. 25. September. Kabinetts­ 1907. 15. November. Ges., betr. order, betr. d. Verpflichtung Handel-sachverständige, beei­ des Staates zur Dotation von digte Gewerbetreibende -und Pfarrkirchen infolge der Auf­ beeidigte Auktionatoren (GS. I hebung von Klöstern und Stiften am rechten Rheinuser S. 270). § 2...................................... 210 (abgedr. bei Bering, Arch..f. kath. Kirchenrechte, 19. Bd. 1920. 26. April. Enteignungs­ S. 340). . . 838-841 gesetz (GS. I S. 152).

1882. 16. Dezember. Regulativ betr. die Anstellung beeidigter Getreide-Wäger GS.IIS.237). § 8 210, 211

§ 28 Abs. 2

.

.

137—141 1842. 11. Mai. Gesetz über die Zulässtgkeit deS Rechtswegs in Beziehung auf polizeiliche Verfügungen (GS. S. 192). § 6 ... 160, 248, 291

1920. 17. Mai. BO, betr. An­ stellung beeidigter Getreidewäger (GS. I S. 184) §10...................................... 211

1850. 81. Januar. Berfafsungs- 1872. 5. Mai. Grundbuchordnung (GS. S. 446).. urkunde für den preußischen Staat (GS. S. 17). 8 48 .................................... 862 Art. 82 .............................. 431 1875. 3. Juli. (1880. 2. AugUst). Ges., bett, die Verfassung der 1850. lL3Rür$. Gesetz, bete Verwaltungsgerichte u. dasVerdie Verpflichtung der Ge­ waltungsstreitverfahren (GS. meinden zum Ersatz des bei 1875 S. 875, 1880 ©.815). öffentlichen Aufläufen verur­ L8 18flg.......................... . 58 sachten Schadens (GS. S. 199)

■gl........................

198—201

1882. 81.März. (1872. 27.März). Ges., betr. die Pensionierung 1851. 7. Mai. Ges., bett. d. der unmittelbaren Staats­ Dienstvergehen der Richter usw. beamten usw. (GS. 1882 (GS. S. 218). S. 133, 1872 S. 268). 88 56flg...................................... 68 §§ 20, 80 . . . . . 59, 68 1852. 21. Juli. Ges, bett. d. 1883. 30. Juli. Gesetz übet die Dienstvergehen der nichtrichter­ allgemeine Landesverwaltung lichen Beamten usw. (GS. (GS. S. 195). S. 465). § 106...................................118 §§ 88pg...................................... 59 1884. 27. Februar. Erlaß d. 1858. 80. Mai. Städeordnung Min. d. Innern u. d. Finanzfür die sechs östlichen Provinzen min., betr. d Tarif für Be­ der preußischen Monarchie rechnung deS Kostenpausch(GS. S 261'. quantums im Verwaltungs­ ß 56 Nr 8 . 205 —207, 864 streitverfahren (MBl. f. d. i. 1854., 4. Februar. Allerh. Erl., B. S. 30). VI ..... 118, 119 bett Gebrauch der Waffen seitens der exekutiven Polizei- 1891. 3. Juli. Landgemeinde­ beamten betr. (M. Bl. f. d. i. ordnung für die sieben öst­ B. S. 69). .... 204 lichen Provinzen der Monarchie

(GS. S. 233). 1861. 24. Mai. Ges, betr. die § 88 . . . 192—194, 206 Erweiterung des Rechtswegs (GS S. 241). 1899 80. Juli. Ges., betr. d. §1..................................253 Anstellung und Versorgung §5 ...... . 59 der Kommunalbeamten (GS. § 6.................. . 60 S. 141). § 7.............................. 258 1867. 28. Mai. VO., betr. d Organisation der Landgendar- 1899. 20. September. Ausfüh­ rungsgesetz zum Bürgerlichen tnerie in den neu ertoo betten Landesteilen (GS. S. 777). Gesetzbuch« (GS. S. 177). Art. 15 Z 2 . . 274,275 § 18........................................201

1899. 13. November. BO., betr d. Grundbuchwesen (GS. S. 519) Art. 3.................................. 318

ständigkeiten u. die Bezeichnung der Zentral-, Provinziah- und Lokalbehörden (GS. S. 189) 268, 264

1908. 3. Juli. Vers. d. Min. d. Innern, betr. daS Recht der 1918. 16. November. Bekanntm. polizeilichen Exekutivbeamten der Preußischen Regierung, zum Gebrauche der ihneu an­ betr. Entschädigung der Mit­ vertrauten Waffen usw. (MBl. glieder der Arbeiter-, Soldatenu. Bauernräte (GS. S. 191) , f. d. i. B. S. 165). . 204 262, 268, 348 1909. 30. Juni. Stempelsteuer­

gesetz (GS. S. 585). 1918. 27. Nopember Verfüg, d. Ministers deS Innern, betr. § 8......................................... 359 § 34........................................... 30 Zusammenarbeit der Kommu­ -Tarifst. 8 Abs. 8 ... 299 nalbehörden mit de» Arbeiter­ Tqrifst-78Abs.lu.5 358—862 und Soldateuräten usw. (MBl. f. d. i. B. S. 269). . 262 1909. 1. August. Gesetz über die

Haftung des Staates u. anderer 1918 23. Dezember/ VO., betr. Verbände für Amtspflichtver­ das gesetzliche Vorkaufsrecht an land- und forstwirtschaftlichen letzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Ge­ Besitzungen (GS 1919 S 3). walt (GS. S. 691) . 288 § 9........................................... 44 § 4.................................... 863 1919. 27. Februar. Verfüg, des § 5 160, 243,257—265,291 Finanzministeriums und des 1916. 8. September. Ausführungs­ Ministers deS Innern betr. Kosten der Arbeiter-, Soldatenanweisung z. d. Bekanntm. über Fleischversorgung v. 2. März und Bauernräte (FinMBl. 1916 usw. (MBl. f Landw. S 148)........................ 262 S. 231) 1920. 30. November. Verfassung Nr. 17,19. . . . 292 des Freistaats Preußen (GS. 1918. 13. November. Aufruf der S. 543). Preußischen Regierung an das Art. 58 .............................. 259 preußische Volk (GS, S 187) Art. 61 Abs. 1 . . . 59 Abs. 2 u. 8............................. 268 1920. 15. Dezember. Ges, betr. 1918. 18. November. Erlaß der Einführung einer Altersgrenze Preußischen Regierung, betr. (GS. S. 621) . . 58—68 Zusammenarbeit der Ver­ waltungsbehörden mit den Sachsen-Weimar- Eisenach. Arbeiter- und Soldateuräten (MBl. f. d. i. B. S. 223). 262 1899. 5. April. Ausführungs­ 1918. 14 November. VO., betr. gesetz zum Bürgerlichen Gesetz­ die Zuständigkeiten der Preußi­ buch (RegBl. S. 123) schen Regierung sowie die Zu­ § 91......................................... 285

Gesetzesregister.

457

Württemberg.

|uWf.2

1919. 25. September. Die Verfaflung Württembergs (RegBl S. 281).

§§ 16, 18 . § 26 Abs. 1 §§ 88, 56 .

421—432 . . 425 . . 426 . . 427 . . 425

3. Ausländisches Recht. Art. 691 ..... 149 Art. 701.............................. 148

Bulgarien. Handelsgesetzbuch. § 394

...............................

Frankreich. Code civil. Art. 636

.........................

Osterreich-Ungarn. 391

1892. 10. Dezember. Betriebs­ reglement für die Eisenbahnen der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder (RGBl. S. 936). 8 81............................................. 10 148

C. Zusammenstellung der Entscheidungen «ach der Zeitfolze. Seite

1921. 1922. w

w lf

lt

w w

ff

w lf

Urt. v. 12. Dezember 18. Januar W n 23. „ 9 H 24. , v n 24. , W lf 26. , W II 27. „ ff 9 27. „ ff lf 8L „ lf II 81. , lf 9 31. „ ff 9

lf

lf

ff

•1

lf

9

lf

9

9

ff

9

9

9

9

9

w

9

9

lf

9

9

w

ff

9

n

n

9

ii

9

ff

if

ff

9

81. w 31. , 1. Februar

1. 2. 2. 8. 84. 7. 11.

» w „ „ „ „ „ „

VI V IV I HI VI in VII II III III VII VII I V VI VI III III V VII I

455/21 ..................... 203/21 ..................... 307/21 ..................... 218/21 ..................... 297/21 ..................... 557/21 ..................... 806/21 ..................... 481/21 ..................... 488/21 ..................... 811/21..................... 816/21..................... 860/21 ..................... 878/21 ..................... 247/21 ..................... 515/21 ..................... 432/21 ..................... 468/21 ..................... 156/21..................... 285/21 ..................... 253/21 ..................... 636/21 ..................... 375/21 .....................

1 . 68 . 86 6 4 . 114 . 18 . 15 . 27 . 23 . 26 . 29 . 20 . 34 . 37 . 111 . 275 . 39 . 75 . 42 . 45 . 47

Zusammenstellung der Entscheidungen nach der Zeitfolgr.

1922. w

Urt. v. 18. Februar

VI 297/21

tt

14.

*

vn 422/21

,

VII 631/21

tt

459 Seite 50

79

w

tt

H

14.

w

tt

tt

16.



VI 601/21

17.



ii 456/21



tt

tt

tt

w

tt

tt

21.



ii 358/21



,

VII 810/21



Vf

tt

ff

21.

tt

tt

tt

22.



i 801/21



i 405/21





V 508/21







55



81



88



95

93 •

97

ff

tt

tt

22.

V

tt

tt

22.

II

tt

ff

23.



VI 687/21





105



in 380/21





117

98 102



n

tt

tt

24.

it

tt

tt

25.



i 812/21





119

25.



V 400/21





122





tt

tt

tt

tt

tt

tt

27.



VI 620/21

tt

tt

28.



II 414/21



tt

tt

28.



ui 375/21



tt tt tt

ff

VI 635/21



124

128





131

ff

2. März

*

138



VII 530/21





137



VII 704/21

«

«

141





150



ff

tt

tt

3.

tt

tt

tt

3.

-

tt

tt

tt

4.

n

i 315/21

tt

tt

tt

4.

,

in 328/21



153



147

tt

tt

tt

4.

,

V 243/21

tt

tt

ff

4.

,

V 442/21



824

tt

ff

tt

6.



IV 531/21



155

II 439/21

162

tt

tt

tt

7.

w

tt

tt

tt

7.

,

in 202/21



7-



VII 455/21



, „

VII 748/21



in 672/21

tt

tt

tt

tt

tt

tt

tt

tt

tt

7. 14.

tt

14.

tt

tt





159



170



171 182

ii 472/21 ♦



66

460

Zusammenstellung der Entscheidungen nach der Zeitfotze.

Seite

1922.

litt v.

H

II

W

n

n

ii

w

w

ti

n

uw

it

ti

ii

W

II

II

II

II

w

h

ii

w

ii

ii

ii

W

11

ti

H

ft

11

t!

WH

W

II

11

ii

n

ii

ii

it

ii

ii

*

ii

W

II

w

w

ii

n

w

n

Ii

ll

ii

"

ii

ii

it

it

ti

ti

ll

it

ii

ii

ii

ii

ii

ii

it

It

W

V

11

11

w

n

ii

ii

n

ii

ii

ti

ii

ii

14. März 16. „ 18. „ 18. „ 20. „ 20. „ 21. „ 21. „ 21. „ 21. , 22. 22. 24. 24. 25. 25. 27.

„ „ „ „ „ , „

28. „ 28. _ „ 29. „ 81. . 81. „ 31. „ 8. April

4. 4. 4. 5. 5. 5. 6.

„ „ „ „ „ r „

in 689/21 . VI 541/21 . I 55/21 . I 205/21 . IV 680/21 . VI 392/21 . II 625/21 . III 406/21 . III 454/21 . III 456/21 . I 110/19 . I 167/21 . III 418/21 . VH 408/21 .. I 297/21 . I 5/22 . IV 552/21 . H 443/21 . III 181/21 . V 493/21 . III 313/21 . in 435/21 . HI 536/21 . IV 693/21 . II 547/21 . III 461/21 . ni 576/21 . I 807/21 . V 565/21 . V 591/21 . VI 456/21 .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

.... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... . ... .... ....

58 186 189 191 195 198 201 205 207 208 212 209 218 216 223 227 228 285 281 236 242

.... 289 .... 244 .... 246 .... 253 . ... 251 .... 257 . ... 265 .... 269 . ... 272 . ... 327

461

Zusammenstellung der Entscheidungen nach der Zeitfolg«.

Seite

1922.

Urt. v. tf

n

7. April

III 464/21 .

.

.

II

I 163/21 .

.

.

ff

8.

11

VI 661/21 .

.

278

.

.

281

.

.

283

.

286

.

290

w

tf

tf

10.

if

tf

tf

11.

It

III 483/21 .

.

.

II

III 486/21 .

.

.



H

tt

If

11.

n

ff

If

22.

ft

IV 427/21 .

.

.

.

292

If

V 553/21 .

.

.

.

296

If

VII 311/21 .

.

.

.

300

tf

V 585/21 .

.

.

.

331

V 253/21 .

.

.

.

303 304

n

tt

II

22.

9f

tf

II

25.

tf

26.

tf ff w

tt

Beschluß

Urteil

n tf

3. Mai



5.

It

III 528/21 .

.

.

.

9.

tt

H 626/21 .

.

.

.

312

ft

tf

tt

ff

ff

tt

9.

tt

III 531/21 .

.

.

.

306

9.

tt

III 533/21 .

.

.

.

308

ff

ff

tt

ff

If

tt

10.

H

V 462/21 .

.

.

.

316

tt

IV 331/21 .

.

.

.

820

.

ff

If

ii

11.

if

u

ti

12.

It

VII 479/21 .

.

if

15.

tt

IV 524/21 .

.

tt

16.

11

II B1/22 .

.

tt

19.

11

II 550/21 .

.

.

.

349

11

III 565/21 .

.

.

.

346

II

VII 403/21 .

.

.

.

344

.

.

.

852

ft

ff

if

If

Beschluß

Urteil

it

11

tt

19.

tf

If

it

19.

tt

V 557/21 .

.

.

385

.

388

.

341

tf

If

ti

20.

tt

II

tt

23.

II

II 468/21 .

.

.

.

866

ff

If

it

23.

ff

III 568/21 .

.

.

.

362

ff

III 577/21 .

.

.

.

364

«

it

If

if

23.

tf

II

tt

23.

II

VII '492/21 .

.

.

.

358

fl

II 668/21 .

.

.

.

869

.

.

.

373

tt

tt

tt

26.

tf

II

tt

26.

tf

II 685/21 .

w

ff

tt

26.

If

III 583/21 .

.

.





.

368

tf

30.

It

II 269/21 .

.

.





.

376

fl

If

462

1922.

Zusammenstellung Ler Entscheidungen nach der Zeltfolg«.

Urt. v. 30. Mai

w

ff

If

w

II

If

w

•f

h

n

u

if

ff

ff

if

w

ff

W

ii

II

ff

it

n

ii

if

n

ff

ff

tf

h

if

1922.

bl. ff bl. ff 1. Ium ii

1* ^0. ^b. 14 *

ii

ff

ff

w

ff

1b. 20.

ff

ff

27.

ff

n

11 I I I I VI I II I III II III

680/21 465/21 75/21 447/21 52/22 612/21 484/21 771/21 34/22 662/21 599/21 558/21

.... .... .... .... .... .... .... .... .... .... .... ....

Entscheidung des StaatsgerichtShofs. 12. Januar....................................

. . 382 . . 387 . . 385 . . 390 . . 405 . . 402 . . 409 . . 413 . . 415 . . 417 . . 420 . . 394

423

Zusammenstellung der Entscheidungen nach OberlcmdeSgerichtsbezirken.

463

Zusammenstellung der

im 104. Bande

mitgeteilten Entscheidungen nach

OberlandeSgerichtsbezirken. (Die Zahlen bezeichnen die Nummem der Entscheidung.)

AngSburg ... St. Berlin S. 18. 19. 20. 24. 26.81.85.86.88. 39. 46. 52. 58. 61. 66. 70. 72. 74. 80, 81. 90. 99. 112. 114. 120. Braimschtvetg. 97. BreSla« .... 15. 45. 54.55. 86. 96. Celle. 3. 11. 30. 58. 59. 95. 101. 122. 126. Dresden .... 8. 29. 41. 43. so. 51. 82. 106. 107. 119. Düsseldorf ... 1. 14. 16. 32. 48. 57. 64. 89. Frankfurt a.M. 7. 78. 98.118.

Hamburg . . . . 10. 28. 42. 62. 65. 68. 111. 113. 116. 117. 129. 127. Hamm 5. 71. 77. 83. 84. 87. 92. 105. 125. Jena 84. 49. 85. Karlsruhe ... 17. 23, 79. Kiel 22. 37. «Vlv 44. 76. 100. 104. 110. 115. «öuigSberg . . 47. 73. Martemverder 75. München .... 4. 33. Raumburg a.S. 12. 40. 56. 89.102. 108. 109. Pofe« 63. Stettin 2« 21. 60.121. 124. Stuttgart.... 13. 25. 27. 88. 93.

ReichSpatentamt

67.

Landgericht I Berlin Reichsgericht ««mittelbar

103. 91.

StaatSgerichtShof

128.

Berichtigungen. Vierun-neunzigster Band. S. 22 Z. 4 v. u. statt „schuld- und sachenrechtliche Verhältnisse" lieS „schuld- nicht sachenrechtliche Verhältnisse".

Hunderlunddritter Band. S. 410 Z. 9 v. u. statt „mehr als die zur menschlichen Emährung noch taug­ lichen Pferde"

lies

„mehr als die Ablieferung und

Verwertung der zur menschlichen Ernährung noch taug­

lichen Pferde".