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German Pages 259 [260] Year 2014
Klaus Altmayer
Elagabal
Roms Priesterkaiser und seine Zeit
Klaus Altmayer
Klaus Altmayer ist promovierter Althistoriker mit den Forschungsschwerpunkten Spätantike, die Zeit der Severer sowie der sog. Soldatenkaiser, Hellenismus, Numismatik und frühchristliche Epigraphik. Mit diesem Buch möchte er die spannenden aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie seine eigenen Forschungsergebnisse zum Leben des römischen Skandalkaisers in einer allgemeinverständlichen Form der Öffentlichkeit präsentieren.
Elagabal - Roms Priesterkaiser und seine Zeit
Eine der schillerndsten Gestalten unter den römischen Cäsaren war der junge Kaiser Marcus Aurelius Antoninus (218–222), besser bekannt unter dem Namen Elagabal, der ihm postum verliehen wurde. Die literarischen Quellen schildern die Regierung dieses Teenagerkaisers, der im Alter von 14 Jahren in Syrien zum Herrscher ausgerufen wurde, ausgesprochen negativ. So bemühten die antiken Autoren sämtliche Tyrannen- und Luxustopoi und zeichneten das Bild eines perversen und verkommenen Monstrums, dessen Regierungszeit von sexuellen Ausschweifungen, Günstlingswirtschaft, religiösem Fanatismus und Verschwendungssucht geprägt gewesen sei. Gemeinsam mit Caligula und Nero verkörpert er deshalb den Prototyp des lasterhaften und wahnsinnigen Herrschers. Ab dem 19. Jahrhundert mutierte Elagabal hingegen zur Identifikationsfigur der sog. Dekadenzliteratur und im 20. Jahrhundert zur Ikone der Gay-Pride-Bewegung.
Verlag Traugott Bautz GmbH ISBN 978-3-88309-928-6 Verlag Traugott Bautz GmbH
Klaus Altmayer
Elagabal Roms Priesterkaiser und seine Zeit
Verlag Traugott Bautz GmbH
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Traugott Bautz GmbH 99734 Nordhausen 2014 ISBN 978-3-88309-928-6 Umschlagabbildung: Sir Lawrence Alma-Tadema, The Roses of Heliogabalus, 1888, Privatbesitz
Inhaltsverzeichnis Vorwort Prolog: Tyrann und androgyner Schöngeist I. Vorüberlegungen 1. Zur Quellenlage 2. Der Name „Elagabal“ 3. Wie wird man römischer Kaiser? II. Politische und gesellschaftliche Voraussetzungen 1. Das römische Reich zur Zeit der Severer 2. Familie und Kindheit 3. Militärputsch gegen den regierenden Kaiser III. Die Herrschaft Elagabals 1. Auf dem Weg nach Rom 2. Der Priesterkaiser 3. Das Privatleben des Kaisers 4. Tyrannei, Günstlinge und Luxus 5. Der Untergang 6. Der Sonnenkult nach Elagabal Epilog: Ein schlechter Kaiser? IV. Nachträge 1. Von Nachtigallzungen und Otternasen 2. Eine zügellose Soldateska? V. Anhang 1. Anmerkungen 2. Zeittafel 3. Abkürzungsverzeichnis 4. Quellenverzeichnis 5. Literaturverzeichnis 6. Abbildungsnachweis 7. Personen- und Ortsverzeichnis 8. Abbildungen
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Vorwort Der junge römische Kaiser Marcus Aurelius Antoninus (218–222) aus der Dynastie der Severer, besser bekannt unter dem Namen Elagabal, der ihm postum verliehen wurde, gilt als eine der schillerndsten Gestalten auf dem römischen Kaiserthron. Die antike Geschichtsschreibung schildert die Herrschaft dieses Teenagerkaisers ausgesprochen negativ. Trotz der Tendenz der neueren Forschung, die Angaben zum Leben Elagabals in den literarischen Quellen überhaupt anzuzweifeln, wäre es wohl zu einfach, sämtliche historiographischen Berichte lediglich als übelwollende Verleumdung und reine Fiktion bewerten zu wollen. Im schlechtesten Falle zeigen diese Berichte wenigstens, was über den Priesterkaiser gedacht und geglaubt wurde. Wichtig war deshalb die Heranziehung sämtlichen weiteren Quellenmaterials, wobei hier vor allem die epigraphischen und numismatischen Zeugnisse von großer Bedeutung sind. Dadurch ließ sich ein halbwegs sicheres Faktengerüst und letztlich ein schlüssiges Bild vom Leben und von der Herrschaft jenes Kaisers gewinnen, der gemeinsam mit Caligula und Nero den Prototyp des lasterhaften und wahnsinnigen Herrschers verkörpert. Das vorliegende Buch möchte dem Leser den aktuellen Forschungsstand allgemeinverständlich sowie in informativer und lebendiger Form präsentieren. Deshalb sind die Ereignisse in den historischen Kontext der römischen Kaiserzeit eingebunden. Außerdem wurde versucht, die religiösen Anschauungen, die verschiedenen kulturellen Strömungen und die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung im römischen Reich zu Beginn des dritten Jahrhunderts sowie die Mechanismen der kaiserlichen Herrschaftsrepräsentation miteinzubeziehen. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Kay Ehling, der mir wiederholt Einblick in die Sammlung der Staatlichen Münzsammlung München gewährte, zu deren Schätzen auch eine stattliche Anzahl von Stücken aus der Regierungszeit Elagabals gehört. Für die Verwendung des Bildmaterials der Numismatischen Bilddatenbank Eichstätt bin ich Herrn Prof. Dr. Jürgen Malitz zu besonderem Dank verpflichtet. Bedanken möchte ich mich ebenfalls bei meinem Studienfreund Herrn Dr. Raphael Brendel, der mich stets mit wertvollen Anregungen, Korrekturvorschlägen und Literaturhinweisen versorgte. Die Hauptlast trug jedoch zweifellos meine Ehefrau Michela Altmayer, die mir immer liebevoll und mit Verständnis für meine Forschungen zur Seite stand und die Mühe auf sich genommen hat, mein Skript in den verschiedenen Stadien seiner Entstehung sprachlich zu prüfen.
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Prolog: Tyrann und androgyner Schöngeist Sofort stürzte er sich in ein orgiastisches Leben und die Tollheiten des Priestertums seines heimischen Gottes, worin er erzogen worden war; er kleidete sich in die aufwendigsten Gewandungen aus golddurchwirkten PurpurStoffen, mit Halsketten und Armbändern geschmückt und eine aus Gold und bunten Edelsteinen gefertigte Krone in Form einer Tiara auf dem Kopf tragend. Seine Ausstaffierung lag mitten zwischen phönikischer Priestergewandung und medischer Weichlichkeit. Jede römische oder griechische Kleidung verabscheute er, indem er anführte, sie sei ja aus etwas so Billigem wie Wolle gefertigt; allein an Seide fand er Gefallen. Er trat in die Öffentlichkeit unter dem Klang von Flöten und Tympana, um seinem Gotte wahrhafte Orgien zu feiern.1 Das berichtet der zeitgenössische Geschichtsschreiber Herodian über das öffentliche Auftreten des jugendlichen römischen Kaisers Elagabal, der von 218 bis 222 n. Chr. regierte und dessen Leben als ein Höhepunkt vermeintlicher spätantiker Dekadenz und Zügellosigkeit gilt. In den antiken Quellen erscheint dieser Kaiser als ein perverses Monstrum und Ausbund an Verkommenheit. Er wird als religiöser Fanatiker beschrieben, der vehement die Absicht verfolgt haben soll, seinen syrischen Gott zur obersten Gottheit im römischen Reich zu erheben, und deshalb keinen Frevel gegenüber den altehrwürdigen römischen Kulten scheute. Seine Herrschaft war angeblich geprägt von sexuellen Exzessen, schamlosen Ausschweifungen sowie von Günstlingswirtschaft, unglaublicher Maßlosigkeit und Verschwendungssucht. Ein anderer antiker Autor berichtet über ihn: Sein einziger Lebensinhalt bestand im Aufspüren neuer Genüsse. Er war der erste, der Gehacktes aus Fischen, aus verschiedenen Austernarten und anderen derartigen Seemuscheln, aus Heuschreckenkrebsen, Hummern und Meereszwiebeln zubereiten ließ. Die Speisezimmer, die Speisesofas und die Galerien ließ er mit Rosen bestreuen und wandelte so auf Rosen; ein gleiches geschah mit allen möglichen Blumensorten, mit Lilien, Veilchen, Hyazinthen und Narzissen. Er badete nur, wenn das Schwimmbassin mit erlesenen Essenzen und mit Safran parfümiert war. Kaum je lagerte er sich anders als auf einem Speisesofa, das mit Hasenhaar oder mit Rebhuhndaunen gepolstert war, wobei er häufig die Kissen wechselte.2 Nach dem Urteil des spätantiken Historikers Eutrop habe sich der im Teenageralter stehende Herrscher mit allen erdenklichen Schändlichkeiten befleckt.3 Wie behauptet wird, soll er sogar die für einen römischen Kaiser absolut einzigartige und bizarre Idee verfolgt haben, an sich eine Geschlechtsumwandlung vornehmen zu lassen, indem er von seinen Ärzten die für seine Zeit medizinische Unmöglichkeit verlangte, ihm eine Gebärmutter einzusetzen.4
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Gemeinsam mit dem berüchtigten Caligula, der über das römische Reich von 37 bis 41 n. Chr. herrschte, und dem berühmten Kaiser Nero, dessen Regierungszeit in den Jahren von 54 bis 68 n. Chr. der Nachwelt vor allem durch seine angeblich dilettantischen Gesangsauftritte, den Brand Roms und die daraus resultierende Christenverfolgung im Gedächtnis blieb, verkörpert Elagabal den Prototyp des wahnsinnigen, lasterhaften und schlechten Herrschers. Darüber hinaus diente der aus dem Osten stammende Kaiser – beide Eltern kamen aus der römischen Provinz Syrien – als Symbol für scheinbar verderbliche orientalische Kultureinflüsse. Im Gegensatz zu den beiden obengenannten vermeintlichen Inkarnationen des größenwahnsinnigen Tyrannen ist das Leben des Kaisers Elagabal jedoch außerhalb von Fachkreisen weitgehend unbekannt. Caligula, der jüngste Sohn des Feldherrn und Augustus-Enkels Germanicus, hat sich spätestens seit dem höchst umstrittenen und vom Penthouse-Herausgeber Bob Guccione im Jahr 1979 produzierten Sandalen-Porno „Caligula – Aufstieg und Fall eines Tyrannen“ postum einen Platz im allgemeinen Bewusstsein gesichert. Im Gegensatz dazu wird in dem existenzialistischen Drama, das der französische Schriftsteller und Philosoph Albert Camus dem Kaiser gewidmet hat, Caligula zu einem Suchenden, der an der Sinnlosigkeit des Lebens und der Verlogenheit seiner Umgebung verzweifelt. Als blutrünstiger Muttermörder, Brandstifter und vor allem Christenverfolger war Nero in der abendländischen Literatur schon seit langem präsent. Denkt man an diesen Kaiser, so erinnert man sich zuerst an den unvergleichlichen und im Jahr 2004 verstorbenen Sir Peter Ustinov, der in dem Monumentalfilm „Quo Vadis“ dem Herrscher die Gestalt eines weinerlichen, verweichlichten und als Sänger dilettierenden egomanischen Despoten verlieh. Vermutlich seit diesem – nicht in Hollywood, sondern in der italienischen Filmstadt Cinecittà in der Nähe von Rom gedrehten – Film-Klassiker nimmt man offenbar allgemein an, dass Christen im antiken Rom generell den Löwen zum Fraß vorgeworfen worden seien. Als Vorlage für diesen Film diente der gleichnamige Roman des polnischen Literaten Henryk Sienkiewicz, der wiederum auf einer christlichen Legende basiert. Die Bemerkung dürfte sich fast schon erübrigen, dass sich die Filmindustrie hier an Klischees orientiert, die nur sehr wenig mit dem wirklichen Leben dieser Herrscher gemeinsam haben. Obwohl Elagabal einen wesentlich geringeren Bekanntheitsgrad genießt und kaum einen Platz im kollektiven Gedächtnis für sich in Anspruch nehmen darf, hat er gleichwohl schon immer Schriftsteller, bildende Künstler und Musiker fasziniert.5 Der englische präraffaelitische Maler Simeon Solomon, der häufig auf antike Motive und Themen zurückgriff, stellte in seinem im Jahr 1866 entstandenen Gemälde „Heliogabalus, High Priest of the Sun“ den Kaiser als sehr feminin wirkenden Jugendlichen in wallenden
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orientalischen Gewändern dar. Wie die historische Überlieferung berichtet, habe Elagabal beim Mahl auf seine Tischgäste vermittels einer beweglichen Decke Unmengen von Rosen regnen lassen, unter denen schließlich einige der Gäste erstickt seien.6 Auf dieses Motiv greift das Ölbild „The Roses of Heliogabalus“ des Historienmalers Lawrence Alma-Tadema aus dem Jahr 1888 zurück, dessen Werk zum Stil des akademischen Realismus gezählt wird. Die Tischgäste im Vordergrund des Gemäldes werden von einem dichten Blütenregen überschüttet, während dies von den anderen auf den Speisesofas im Hintergrund ruhenden Personen mit dem Ausdruck relativer Emotionslosigkeit zur Kenntnis genommen wird. Zu einem weltabgewandten und egomanischen Ästheten wird Elagabal in dem Gedichtband „Algabal“ von Stefan George aus dem Jahr 1892. Der Dichterzirkel um Stefan George nahm eine Gegenposition zum Naturalismus ein. Im Fokus stand die Schönheit an sich, die vom Alltäglichen befreit und herausgehoben wird. In diese literarische Strömung, die auch als Dekadenzdichtung bezeichnet wird, fügte sich sehr gut das Bild vom ästhetisierenden und unmoralischen Kaiser Elagabal. Georges Gedichtband orientiert sich an der historischen Überlieferung, aus der er jeweils einzelne Szenen ohne biographischen Zusammenhang entnommen hat. Die bereits oben erwähnte Episode vom Rosenregen fand beispielsweise Eingang in das Gedicht „Becher am Boden“. Der niederländische Schriftsteller Louis Couperus verfasste unter anderem einen historischen Roman, dessen deutsche Übersetzung im Jahr 1920 mit dem Titel „Heliogabal der Sonnenkaiser“ veröffentlicht wurde.7 Elagabal tritt hier als attraktiver und musisch begabter jugendlicher Herrscher mit einer Neigung zum Frivolen in Erscheinung. Der Roman konzentriert sich sehr stark auf die Beziehung zwischen Elagabal und den römischen Volksmassen, denen der kaiserliche Hohepriester hilflos gegenübersteht. Als Theaterstück wurde 1920 der Dreiakter „Heliogabalus“ von Henry Louis Mencken und George Jean Nathan auf die Bühne gebracht. In dem historischen Roman des englischen Schriftstellers Alfred Duggan „Family Favorites“ von 1960 wird die Geschichte des Kaisers nach den Erinnerungen eines Soldaten der Prätorianergarde erzählt. Die Perspektive des einfachen Gardesoldaten thematisierte auch Durs Grünbein in seinem Gedichtband „Nach den Satiren“ von 1999. In dem Gedicht „Bericht von der Ermordung des Heliogabal durch seine Leibgarde“ schildert er in drastischen und ungeschminkten Worten die Ermordung des Kaisers und veranschaulicht den Hass der Soldaten auf die „syrische Tunte“. Eingang in die Welt der Musik fand der historische Stoff vom dekadenten Kaiser Elagabal bereits im Jahr 1668 mit der Oper „L’Eliogabalo“ des italienischen Barockkomponisten Francesco Cavalli. Nach der Urauf-
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führung während des Karnevals in Venedig wurde das Werk schon innerhalb weniger Tage abgesetzt und durch die gleichnamige Oper des Komponisten Giovanni Boretti ersetzt. Eine moderne Umsetzung präsentierte im Jahr 1972 der im Oktober 2012 verstorbene deutsche Komponist Hans Werner Henze mit dem Orchesterwerk „Heliogabalus Imperator“. Die Gruppe „The Moonchild Trio“, deren Musik zur Richtung des Jazzcore gezählt wird, veröffentlichte im Jahr 2007 ein Album mit dem Titel „Six Litanies for Heliogabalus“. Auch die Progressive-Rock-Band „The Void’s Last Stand“ thematisierte das Leben des Kaisers in ihrem Debütalbum „A Sun by Rising Set“ von 2009. Die Regierungszeit Elagabals diente sogar als Vorlage für einen Comic. In der fünfteiligen Comic-Reihe „La Dernière Prophétie“ von Gilles Chaillet, in der das dritte Jahrhundert und der Aufstieg des Christentums in der Spätantike in Episoden zeichnerisch dargestellt wird, erschien im Jahr 2004 der dritte Band zu Elagabal mit dem Titel „Sous le signe de Ba’al“. Gilles Chaillet hat für seine Zeichnungen tatsächlich gründlich recherchiert und Kleidung, Soldaten, Ambiente sowie – soweit das überhaupt möglich ist – die Personen recht detailgetreu und anschaulich wiedergegeben. Bei der Handlung bediente sich der Zeichner jedoch sehr unbefangen bei relativ problematischen und zweifelhaften historischen Quellen, deren Angaben er noch weiter ausschmückte. Es sind hier sind bei weitem nicht alle Werke aufgezählt, in denen Elagabal als Akteur in Erscheinung tritt. Wie bei den obengenannten Klischeebildern zu Caligula und Nero sagen diese Darstellungen nichts oder nur sehr wenig über den wirklichen Kaiser Elagabal aus. Vielmehr wird ein Zerrbild übernommen, das sich in die jeweilige künstlerische Intention einfügt. Die Faszination, die von Elagabal ausgeht, basiert auf der Vorstellung von dem sich selbst verwirklichenden androgynen Ästheten, der sich in der absoluten Freiheit, die ihm seine Position als römischer Kaiser gewährt, über gesellschaftliche Konventionen und moralische Wertvorstellungen hinwegsetzt. Er wird so im Rahmen der künstlerischen Freiheit zur Metapher für den unverstandenen Schöngeist und jungen Rebellen gegen eine verknöcherte Gesellschaft stilisiert. Höchst umstritten ist das Leben und Wirken des Kaisers in der Forschung. Die Historiker Edward Gibbon im 18. Jahrhundert und Jacob Burckhardt im 19. Jahrhundert folgten noch weitgehend unkritisch der literarischen historischen Überlieferung. Während Gibbon durchaus einige Zweifel an der Zuverlässigkeit der antiken Berichte äußerte und sie teilweise für übertrieben hielt,8 stellte Burckhardt zur Herrschaft des Elagabal fest, dass sie „bei allem Ekelhaften und Widersinnigen nicht ohne Interesse für die Geschichte“ sei.9 Tendenziell vertraten beide die Ansicht, dass die Herrschaft Elagabals Symptom einer zunehmenden Orientalisierung des römischen
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Reiches gewesen sei, unter deren Einfluss sich das römische Kaisertum in der Spätantike zu einer von der älteren Forschung als Dominat bezeichneten Despotie nach orientalischem Vorbild gewandelt und letztlich den Aufstieg des Christentums begünstigt habe. Ein Hauptvertreter der These von einer orientalischen Despotie Elagabals war der Althistoriker Alfred von Domaszewski (1856–1927).10 Eine neue Theorie vertrat die Forschung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. So wurde der Versuch Elagabals, den syrischen Sonnengott als obersten Gott im römischen Pantheon zu etablieren, als Einführung einer monotheistischen Religion – wie dies später mit der christlichen Religion erfolgen sollte – und somit als erster Höhepunkt einer langfristigen Entwicklung gedeutet.11 In einer abgemilderten Form dieser These wurde dem Kaiser insgesamt ein religionspolitische Weitsicht bei der Einführung eines henotheistischen orientalischen Kultes bescheinigt, die aber an der mangelnden Sensibilität seitens des Kaisers gescheitert sei.12 In beiden Thesen mutierte der jugendliche Kaiser zum ernsthaften Reformer und zu einem von seinen Zeitgenossen verkannten religiösen Visionär. Ein weiteres Erklärungsmodell für das schlechte Image des Kaisers war die originelle Idee, dass der angeblich aus dem Osten des Reiches stammende Elagabal schon bald nach seinem Tod von den Zeitgenossen mit dem neuen Feind des Imperiums assoziiert wurde – nämlich mit dem persischen Herrscherhaus der Sāsāniden, von dem seit den Dreißigerjahren des dritten Jahrhunderts eine ständige Gefährdung der Ostgrenze ausging.13 Einige Wissenschaftler tendieren inzwischen sogar dazu, die literarische historische Überlieferung insgesamt in Zweifel zu ziehen und für unglaubwürdig zu halten.14 Daneben erhält die Forschung um Kaiser Elagabal immer wieder auch neue bemerkenswerte Impulse. So wurde vor einiger Zeit zum Teil recht überzeugend dargelegt, dass eine Reihe der scheinbaren sexuellen Exzesse, die dem Kaiser nachgesagt werden, auf die Kultpraktiken und Fruchtbarkeitsrituale orientalischer Götterkulte, denen Elagabal anhing, zurückgeführt werden könnten.15 Ein seltsames und äußerst ungewöhnliches Horn, das auf zahlreichen Münzabbildungen am kaiserlichen Lorbeerkranz des Herrschers erscheint und für das es zuvor überhaupt keine hinreichende Erklärung gab, konnte inzwischen plausibel und nachvollziehbar als Stierpenis (!) gedeutet werden.16 Ein anderes Beispiel ist das sogenannte Vorstellungsgemälde Elagabals. Wie in einer literarischen Quelle behauptet wird, habe der Kaiser, nachdem er in Syrien zum Herrscher ausgerufen wurde, vorab ein Gemälde nach Rom gesandt, das ihn in der von ihm angeblich bevorzugten, aber für den römischen Geschmack sehr gewöhnungsbedürftigen orientalischen Priesterkleidung gezeigt habe. Damit soll er die Römer bereits vor seiner Ankunft in der Hauptstadt auf sein unrömisches Erscheinungsbild vorbereitet haben. Diese
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Schilderung stieß oftmals auf Skepsis, doch wurde vor einigen Jahren versucht, vermittels einer bis dahin kaum beachteten Münzdarstellung, die eben genau jenes Vorstellungsgemälde zeigen soll, die Authentizität dieses Berichts zu beweisen.17 Es sind oftmals die sogenannten Bösewichte der Weltgeschichte, die das kollektive Interesse auf sich ziehen, und solch eine Figur war Elagabal gewiss. Zweifellos geht von diesen vermeintlich schlechten Kaisern eine Faszination aus – sonst wäre auch dieses Buch nicht entstanden. Doch wer war dieser junge Herrscher wirklich, der im Alter von 14 Jahren zur Herrschaft kam? War er lediglich ein kaum der Pubertät entwachsener liederlicher und ungezügelter Lüstling, dessen religiöse Motivation ihm nur als Vorwand für seine Ausschweifungen diente? War er ein orientalischer Despot, der seine uneingeschränkte Macht, die ihm als römischer Kaiser gegeben war, missbrauchte, um ungehindert seine Triebe auszuleben? War er vielleicht tatsächlich der weitsichtige Visionär, der die Zeichen der Zeit erkannte und noch vor dem Christentum eine monotheistische Religion im römischen Reich einführen wollte, oder nicht doch eher der religiöse blindwütig eifernde Fanatiker? Oder war er vielmehr vielleicht nur das unschuldige Opfer einer missgünstigen und maßlos übertreibenden antiken Berichterstattung? Auf diese Fragen versucht das vorliegende Buch über das Leben des Teenagerkaisers Elagabal Antworten zu geben.
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I. Vorüberlegungen 1. Zur Quellenlage Woher stammt unser Wissen über die Regierungszeit Elagabals und wie zuverlässig sind diese Nachrichten? Das folgende Kapitel soll einen kurzen Einblick in die Quellen und die Arbeitsmethoden der Alten Geschichte geben. In erster Linie sind hier zunächst die Schriftzeugnisse zu nennen. Das sind die literarischen, die epigraphischen und die papyrologischen Quellen. Von vorrangiger Bedeutung ist hierbei die zeitgenössische antike Geschichtsschreibung, die Historiographie. Antike Bücher wurden auf Papyrusrollen geschrieben, die jedoch nur über eine beschränkte Zeit aufrollbar und somit benutzbar geblieben sind. Überliefert ist uns daher überhaupt nur derjenige Teil der antiken Literatur, der das gesamte Altertum hindurch immer wieder abgeschrieben und dann im Frühmittelalter der Übertragung in einen haltbaren Pergamentkodex für wert befunden wurde. Welche Texte uns letztlich zur Verfügung stehen, ist folglich eine Frage persönlicher Vorlieben und des Zufalls. Es liegt außerdem auf der Hand, dass sich durch diesen Überlieferungsprozess vermittels des Abschreibens älterer Handschriften im Laufe der Zeit allerhand Fehler einschleichen konnten. In seltenen Fällen wird zuweilen im trockenen Wüstenklima Ägyptens das Papyrus-Fragment eines antiken literarischen Textes gefunden, das dann mit der entsprechenden Stelle in den überlieferten Texten verglichen werden kann, oder sogar das Fragment eines bislang unbekannten Textes, doch sind dies ganz bemerkenswerte Ausnahmen. Üblicherweise wird durch den Vergleich und die Auswertung sämtlicher erhaltener Handschriften, die oftmals aus dem Mittelalter stammen, eine Urschrift (Archetypus) rekonstruiert, die als kritische Edition mit einem textkritischen Apparat, in dem abweichende Lesearten präsentiert werden, publiziert wird. Die antiken Autoren beteuern selbst häufig die Wahrhaftigkeit ihrer Schilderungen. Der hinreichend bekannte Historiker Tacitus bekundet am Anfang seiner Annalen, die Herrschaft des Tiberius (14–37) und seiner Nachfolger ohne Hass und Eifer (sine ira et studio) schildern zu wollen, da er für eine derartige Emotionalität überhaupt keinen Grund habe.18 Doch kann man sich wirklich auf die Objektivität und Unvoreingenommenheit des jeweiligen Verfassers verlassen? Hier gilt zu bedenken, dass die Geschichtsschreibung der Antike keineswegs eine Wissenschaft im modernen Sinne war. Wurde in der Historiographie der Zeit der römischen Republik noch die Standesehre der senatorischen Oberschicht weitgehend geachtet – schließlich waren es zumeist Senatoren, die über ihre Standesgenossen schrieben –, so ging diese Diskretion
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spätestens mit der Kaiserzeit verloren. Wie bei den sogenannten VIPs der Gegenwart waren nun vor allem möglichst pikante private und intime Details von höchstem Interesse. Keine Person stand damals so sehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit wie der römische Kaiser. Dies war durchaus so gewollt und wurde durch die allgegenwärtige kaiserliche Selbstdarstellung, vermittels derer der Herrscher in Form von Standbildern und Porträtköpfen auf öffentlichen Plätzen, in Heiligtümern, Militärlagern und nicht zuletzt auch in Privathäusern sowie durch Münzdarstellungen fast schon omnipräsent war, noch erheblich verstärkt. In demselben Maß rückte jedoch auch das Privatleben des Herrschers – oder vielmehr das, was man zu wissen glaubte – in den Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit, und dies reflektieren wiederum die historiographischen Quellen, weshalb die überlieferten Texte unbedingt hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit zu hinterfragen sind. Daneben wurden diese Werke sowohl von der Intention des jeweiligen Autors wie auch von den literarischen Konventionen der damaligen Zeit massiv beeinflusst. Wenn ein antiker Festredner eine Lobrede auf den regierenden Herrscher hielt, dann konnten seine Zuhörer erwarten, dass ganz bestimmte Aspekte angesprochen wurden, wobei es keine Rolle spielte, ob sich im Leben oder bei der Person des Herrschers hierfür überhaupt brauchbare Anhaltspunkte finden ließen. Von besonderer Bedeutung waren in der antiken Rhetorik sogenannte Topoi, also bestimmte Allgemeinplätze. Zur Darstellung des guten Herrschers gehörte beispielsweise der stereotype Hinweis, dass er durch sein persönliches Vorbild die Disziplin im Heer wiederhergestellt habe. Und so kamen andererseits spezifische Topoi zur Anwendung, um den vermeintlich schlechten Herrscher zu charakterisieren. Zur typischen Tyrannentopik gehörte unter anderem üblicherweise der Vorwurf der Grausamkeit und der sexuellen Zügellosigkeit. Wie bereits der im vierten Jahrhundert lebende spätantike Historiker Ammianus Marcellinus feststellt, sei die Person des Kaisers häufig dem Vorwurf der Unzucht ausgesetzt, wobei es sich jedoch zumeist um üble Nachrede handle.19 Ein anderes beliebtes Wandermotiv ist der Topos vom Kindermord. Unhistorisch ist beispielsweise der angebliche Kindermord von Bethlehem, der im Matthäusevangelium Herodes dem Großen unterstellt wird.20 Wann immer also derartige Motive und Topoi in den literarischen Quellen auftauchen, ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Von großer Wichtigkeit ist ferner die Perspektive und die Intention des Autors. Aus welchem gesellschaftlichen und sozialen Umfeld stammte er und für wen schrieb er? Hat er die geschilderten Ereignisse tatsächlich als Augenzeuge miterlebt, oder hat er selbst auf andere Quellen zurückgegriffen? Gerade bei intimen Details kann davon ausgegangen werden, dass nur Gerüchte und Klatsch wiedergegeben wurden, da der Autor ganz sicherlich
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nicht im kaiserlichen Schlafgemach zugegen war. Und schließlich ist zu hinterfragen, welche Absicht der Verfasser mit seinem Werk überhaupt verfolgte. Will er allgemein den Verfall der Sitten anprangern oder folgt er vielleicht einem pädagogischen Leitgedanken? Wenn beispielsweise der im zweiten vorchristlichen Jahrhundert schreibende griechische Historiker Polybios sein Geschichtswerk dem Leitmotiv, den Aufstieg Roms zur Weltmacht plausibel machen zu wollen, unterordnete, so müssen die bei ihm wiedergegebenen Ereignisse immer auch unter diesem Gesichtspunkt gedeutet werden. Dies alles muss berücksichtigt werden, wenn man ein halbwegs klares Bild vom Leben Elagabals gewinnen will – eines Herrschers, gegen den in den literarischen Quellen äußerst massiv der Vorwurf der sexuellen Perversion, des religiösen Fanatismus und der Ausschweifung erhoben wird.21 Die Hauptquelle zum Leben Elagabals ist die Römische Geschichte (Rhōmaikē historia) des Cassius Dio.22 Der Autor stammte aus einer reichen und angesehenen Familie, die in der Provinz Bithynien beheimatet war – einer Landschaft im Nordwesten Kleinasiens. Wie die ganze östliche Hälfte des römischen Reiches war Bithynien seit der Zeit Alexanders des Großen von der griechischen Kultur geprägt, weshalb Cassius Dio – obgleich römischer Bürger – sein Werk nicht in Latein, sondern in Griechisch verfasste. Das gelegentlich für ihn verwendete Cognomen Cocceianus ist eine Erfindung aus byzantinischer Zeit.23 In zwei Militärdiplomen aus der Zeit Severus Alexanders (222–235) wird sein Name mit L(ucius) Cassius Dio angegeben.24 Zwar erscheint in einer griechischen Inschrift aus Makedonien bei seinem Namen die Abkürzung ΚΛ, was auf den Gentilnomen Claudius hinweisen würde, doch dürfte es sich hierbei um eine fehlerhafte Wiedergabe von L(ucius) handeln. Bereits sein Vater Cassius Apronianus beschritt die römische Ämterlaufbahn, den cursus honorum, wodurch ihm der Aufstieg in den römischen Senat gelang. Er amtierte als Statthalter in den Provinzen Lykien und Pamphylien, Kilikien – beide im Süden der heutigen Türkei gelegen – und in Dalmatien. Im Jahr 183 oder 184 bekleidete er ein Suffektkonsulat, das heißt im Gegensatz zum ordentlichen Konsulat, nach dessen Amtsträgern das Jahr benannt wurde, erhielt er die Würde eines nachgewählten Konsuls. Sein Sohn Cassius Dio wurde etwa um das Jahr 163 vermutlich in der bithynischen Stadt Nicaea geboren. Spätestens ab dem Jahr 180 lebte er in Rom und folgte dem Vorbild seines Vaters, den er bereits bei dessen Statthalterschaft in Kilikien begleitet hatte, indem er ebenfalls den größten Teil seines Lebens im Staatsdienst verbrachte. Senator wurde Cassius Dio noch unter der Herrschaft des Kaisers Commodus (180–192), der vor allem deshalb eine unrühmliche Bekanntheit erlangte, weil er in krassem Gegensatz zu den damaligen Sitten und unter Vernachlässigung seiner Aufgaben als Herrscher in der Arena öffentlich als
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Gladiator auftrat, was als Vorbild für den actionreichen Monumentalfilm „Gladiator“ diente. Vielleicht noch unter Septimius Severus (193–211) bekleidete Cassius Dio das Konsulat oder zumindest ein Suffektkonsulat. Wie er selbst berichtet, wurde er von Macrinus (217–218) zum curator der kleinasiatischen Städte Pergamon und Smyrna eingesetzt.25 Üblicherweise wurde auf senatorische curatores nur in Ausnahmefällen zur Verwaltung von Städten und Gemeinden zurückgegriffen, wenn diese sich prinzipiell selbst verwaltenden Kommunen finanziell überfordert waren. In den folgenden Jahren amtierte Cassius Dio als Statthalter in den Provinzen Africa proconsularis, deren Territorium etwa dem Staatsgebiet des heutigen Tunesien entspricht, und Dalmatien sowie in der Provinz Pannonia superior, die das westliche Ungarn und Teile Österreichs umfasste. Daneben gehörte er unter Septimius Severus und Caracalla (211–217) dem Staatsrat (consilium) an. Während der Herrschaft Severus Alexanders (222–235) wurde ihm im Jahr 229 die besondere Ehre zuteil, gemeinsam mit dem Kaiser sein zweites Konsulat bekleiden zu dürfen. Nach diesem Höhepunkt seiner Laufbahn setzte er sich offenbar zur Ruhe und zog sich nach Bithynien zurück, wo er wahrscheinlich im Jahr 235 starb. Cassius Dio war ein Staatsmann, der in direktem Kontakt zu den Herrschern seiner Zeit stand. Somit wäre er grundsätzlich ein Zeitzeuge ersten Ranges und er sah sich selbst als solchen. In seinem 73. Buch, das die Regierungszeit des Commodus behandelt, schreibt er: Ich will die Geschehnisse alle, die zu meinen Lebzeiten spielten, eingehender und detaillierter schildern als frühere Ereignisse, weil ich ja selbst dabei anwesend war und im Kreis jener, die eine angemessene Beschreibung der Begebenheiten liefern können, sonst niemand kenne, der über solch genaues Einzelwissen verfügt wie ich.26 Allerdings hielt er sich ausgerechnet während der Regierungszeit Elagabals als curator in Kleinasien auf. Doch hatte er Zugang zu den Staatsarchiven und bezog – so versichert er – seine Informationen über die Ereignisse während dieser Zeit teilweise von zuverlässigen Gewährsleuten und betrieb genaue Nachforschungen.27 Außerdem ist anzunehmen, dass er zusätzliche Informationen von den Mitgliedern des kaiserlichen Haushalts erhielt.28 Aber er war für die hier zu behandelnden Ereignisse kein direkter Augenzeuge. Cassius Dios Geschichtswerk umfasst den Zeitraum von der Gründung Roms bis zum Jahr 229, als er aus dem Staatsdienst ausschied. Man nimmt an, dass es im Laufe von mindestens 24 Jahren entstand. Bedauerlicherweise ist seine Römische Geschichte nicht vollständig, sondern nur fragmentarisch erhalten. Die Herrschaft Elagabals beschreibt er in den Büchern 79 und 80.29 Davon basieren jedoch nur Buch 79 und der Anfang von Buch 80 auf dem überlieferten Originaltext. Der Rest wird aus einigen wenigen Fragmenten und vor allem aus den Exzerpten und knappen Auszügen (epitome) spätantiker und
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byzantinischer Autoren rekonstruiert. Am bedeutsamsten ist hier die Zusammenfassung, die der byzantinische Mönch Johannes Xiphilinos in der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts im Auftrag des byzantinischen Kaisers Michael VII. Dukas verfasst hat. Xiphilinos war der Neffe des gleichnamigen Patriarchen von Konstantinopel, doch gilt sein Werk als relativ unambitioniert. Unsicherheitsfaktoren ergeben sich hauptsächlich aus der Frage, was der Exzerptor möglicherweise weggelassen oder wo er etwas verfälscht beziehungsweise überspitzt formuliert hat, was den Quellenwert seiner Zusammenfassung insgesamt ein wenig einschränkt.30 Neben dieser Einschränkung, die durch die Überlieferungssituation bedingt ist, sollte auch die persönliche Einstellung des Verfassers nicht übersehen werden. Cassius Dio gilt allenthalben als zuverlässiger Autor, doch war er, wie hierbei bedacht werden muss, ein Senator und entstammte einer senatorischen Familie. Somit gehörte er der ausgesprochen traditionsbewussten und konservativen Reichsaristokratie an, die besonders großen Wert auf die althergebrachten Sitten und die altrepublikanischen Formen legte. Zwar sah er richtig, dass die Zustände der späten Republik unhaltbar waren, doch lobt er gleichzeitig die Offenheit, mit der in dieser Zeit noch über alles öffentlich verhandelt worden sei, während in der Kaiserzeit alles im Geheimen geschehe und man alles vertuschen würde.31 Der Senatorenstand wachte eifersüchtig über seine Rechte und Privilegien. Brachte ein Herrscher dem Senat nicht den erwarteten Respekt entgegen, so rächten sich die zumeist senatorischen Geschichtsschreiber, indem sie dessen Regierungszeit tendenziell negativ darstellten. Dass etwa Septimius Severus das Kommando über seine neuaufgestellten Legionen nicht mehr senatorischen Legaten, sondern ebenso wie die Verwaltung der neu eingerichteten Provinzen Mesopotamia und Osrhoena Präfekten aus dem Ritterstand übertrug, dürfte ihm nicht unbedingt das uneingeschränkte Wohlwollen des Senatorenstandes (ordo senatorius) eingebracht haben. Kaiser Gallienus (253–268) wird in den literarischen Quellen ausnahmslos abschätzig charakterisiert. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass dieser Herrscher bei der Besetzung von Militärkommandos und Statthalterposten ebenfalls bevorzugt auf professionelle Militärs und Verwaltungsfachleute aus dem Ritterstand zurückgegriffen hat, ja angeblich sogar in einem Edikt Senatoren explizit von militärischen Kommandostellen ausgeschlossen haben soll.32 Ein jugendlicher Kaiser jedoch, der seine sexuellen Vorlieben ganz ungeniert auslebte, der den Luxus liebte, der eine lokale syrische Gottheit als obersten Gott im römischen Pantheon etablieren wollte, der nicht davor zurückschreckte, sogar in der Öffentlichkeit bewusst feminin aufzutreten, und somit gegen elementare Moralvorstellungen und Traditionen verstieß, musste offenkundig das äußerste Missfallen des altgedienten Politikers Cassius Dio
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und des ganzen Senatorenstandes erregen. Es kann deshalb vermutet werden, dass Cassius Dio so manches Gerücht übernommen hat, wenn es ihm dazu diente, Elagabal als möglichst schlechten Kaiser zu brandmarken. Dies muss insbesondere für das Exzerpt des Xiphilinos gelten, bei dem mögliche Relativierungen fehlen, die im Original vielleicht noch vorhanden waren. Außerdem wird man bei Cassius Dio nicht unbedingt Verständnis für die atavistisch anmutenden Rituale jener Kulte erwarten dürfen, denen der Kaiser huldigte und durch die sich einige Verhaltensweisen Elagabals vielleicht erklären lassen könnten. Die zweite wichtige literarische Quelle ist das Werk Herodians, der ebenfalls eine in Griechisch geschriebene Geschichte des Kaisertums nach Marcus Aurelius (Tēs meta Markon basileias historia) in acht Büchern verfasste, worin er den Zeitraum vom Tod des Kaisers Marcus Aurelius (161– 180) bis zum Jahr 238 behandelt. Über die Person des Autors verfügen wir wesentlich weniger Informationen als über Cassius Dio, da Herodian nicht der gesellschaftlichen Elite angehörte. Vermutlich stammte er aus Syrien oder vielleicht auch aus Kleinasien. Geboren wurde er wohl unter Commodus (180– 192) und gestorben ist er offenbar kurz nach dem Jahr 250. Wahrscheinlich war Herodian ein kaiserlicher Freigelassener (libertus), der in einer untergeordneten Verwaltungsposition tätig war.33 Sein Geschichtswerk wird in der Forschung üblicherweise äußerst kritisch betrachtet. Insgesamt hält man es eher für einen historischen Roman, dessen Komposition vor allem auf Dramatik und Effekte abzielt.34 Tatsache ist, dass Herodian im Gegensatz zu Cassius Dio keinen Zugang zu den Staatsarchiven und Staatsakten hatte; und offenbar benutzte Herodian das Werk von Cassius Dio als Hauptquelle. Es finden sich in seiner Beschreibung der Herrschaft Elagabals sogar einige wortwörtliche Übernahmen sowie eine Reihe sinngemäßer Entsprechungen, die von Cassius Dio übernommen wurden.35 Seine Vorlage scheint Herodian teilweise durch diverse erfundene Ausschmückungen und phantasievolle Details ergänzt zu haben. Gerade bei seiner Lebensbeschreibung des vermeintlichen Gegensatzpaares Elagabal und Severus Alexander kommt die Intention des Autors besonders deutlich zum Ausdruck. Herodian huldigt dem klassischen antiken Bildungsideal, das er als Grundlage für die Ausbildung des idealen Herrschers sah.36 Die Erziehung war für ihn ein wichtiges Kriterium für die sittliche Beurteilung eines Herrschers. Während Elagabal ursprünglich zum orientalischen Priester in Emesa bestimmt gewesen sei und seine Ausbildung angeblich daraufhin abzielte, habe sein jüngerer Vetter eine Erziehung nach den klassischen Idealen (paideia) genossen, weshalb – vereinfacht formuliert – aus dem ungebildeten Priester Elagabal zwangsläufig ein moralisch schlechter Kaiser und aus Severus Alexander ein
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guter Kaiser werden musste.37 Auf der anderen Seite wird gelegentlich jedoch das Urteil des ohne senatorischen Standesdünkel schreibenden Herodian sogar höher eingestuft als das des Senators Cassius Dio.38 Herodian war zum fraglichen Zeitpunkt aber nicht in Rom. Er hat also die von ihm beschriebenen Ereignisse nicht mit eigenen Augen gesehen. Wenn man nun alle Gesichtspunkte gegeneinander abwägt, dann folgte Herodian einem pädagogischen Leitgedanken, dem er sein Werk unterordnete, er benutzte Cassius Dio teilweise als Vorlage und er fügte sicherlich zahlreiche fiktionale Details hinzu. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass er neben Cassius Dio weitere zuverlässige Informationen und Quellen verwendet hat, und wenn man das ausschmückende und phantasievolle Beiwerk beiseite lässt, findet man auch bei ihm durchaus glaubhafte Angaben. Als dritte und umstrittenste historiographische Quelle ist die Historia Augusta zu nennen. Es ist hier der falsche Ort, um auf die äußerst umfangreiche und langjährige Forschungsdiskussion zu diesem Werk einzugehen. Es sei hier in aller Kürze erwähnt, dass es sich dabei um eine Sammlung von Kaiserviten von Hadrian bis Carinus handelt und folglich vom Jahr 117 bis zum Jahr 285 reicht. Das Werk selbst gibt vor, von sechs verschiedenen Autoren in der Zeit Diokletians (284–305) und Konstantins (306–337) verfasst worden zu sein, weshalb in der älteren Forschung von den Scriptores Historiae Augustae im Plural gesprochen wurde. Inzwischen geht man jedoch mit Sicherheit von nur einem Autor, der zur heidnischen Senatsaristokratie der Spätantike zugerechnet werden muss oder dieser zumindest sehr nahe stand, und einer Entstehungszeit vom Anfang des fünften Jahrhunderts aus.39 Streng genommen könnte die Historia Augusta eher der Unterhaltungsliteratur zugerechnet werden, da sie voller fiktiver unterhaltsamer und frei erfundener Anekdoten, Personen, Dokumente und Ereignisse steckt. Bei der Lebensbeschreibung Elagabals, der vita Heliogabali Antonini, griff der Autor, bei dem es sich angeblich – wie in dem Werk behauptet wird – um einen Aelius Lampridius handeln soll, unter anderem ebenfalls auf Cassius Dio und, wie der Autor selbst angibt, auf das verlorene Geschichtswerk des Marius Maximus zurück.40 Marius Maximus war ein Senator, der unter Septimius Severus (193–211) mehrere wichtige militärische Kommandostellen und Verwaltungsämter bekleidete. Sein Geschichtswerk ist jedoch nur durch Nennungen und Verweise späterer Autoren bekannt. Zumindest die Schilderung vom Ende Elagabals in der Historia Augusta scheint tatsächlich auf dem Werk dieses Historiographen zu basieren und ist in ihrer Ausführlichkeit den Beschreibungen bei Cassius Dio und bei Herodian überlegen.41 Die Historia Augusta arbeitet häufig mit Gegensatzpaaren und stellt so den scheinbar verkommenen Elagabal dem angeblich tugendhaften und guten
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Kaiser Severus Alexander gegenüber. Bei dem fragwürdigen Charakter dieser Quelle ist gerade bei sämtlichen pikanten und intimen Details, die in reichlicher Fülle geboten werden, stets größte Vorsicht geboten. Allerdings sollte man sich davor hüten, sämtliche Angaben in dieser Quelle, die nicht durch eine Parallelüberlieferung bestätigt werden können, von vornherein als reine Fiktion abzutun, wie ein weiter unten angesprochenes Beispiel zeigen soll. Die Herrschaft Elagabals fand auch Eingang in weitere Werke spätantiker Geschichtsschreiber. Doch schöpften diese entweder aus der Römischen Geschichte von Cassius Dio, der besonders bei den byzantinischen Autoren großes Ansehen genoss, oder aus der nicht mehr erhaltenen sogenannten Enmannsche Kaisergeschichte (EKG).42 Die Existenz einer solchen verlorenen Kaisergeschichte wird aufgrund zahlreicher Übereinstimmungen bei den lateinischen Autoren des vierten Jahrhunderts vermutet und könnte von der Schlacht bei Actium im Jahr 31 v. Chr. bis zum Tod Konstantins des Großen im Jahr 337 oder auch bis zur Schlacht von Argentoratum (Straßburg) im Jahr 357 gereicht haben.43 Inhaltlich könnte dieses Geschichtswerk bei der Darstellung der Kaiserzeit wohl weitgehend dem Breviarium des Historikers Eutrop (Breviarium ab urbe condita) entsprochen haben, der im vierten Jahrhundert wahrscheinlich eine Karriere im kaiserlichen Verwaltungsdienst absolvierte und einen kurzgefassten Abriss der römischen Geschichte von der Gründung Roms bis zum Regierungsantritt von Kaiser Valens im Jahr 364 verfasste. Auch der Autor der Historia Augusta verwendete zum Teil die Enmannsche Kaisergeschichte, doch bietet dieses Werk – das heißt genau genommen die daraus schöpfenden Autoren – zum Leben Elagabals kaum Informationen, die über die bisher ausführlicher diskutierten literarischen Quellen hinausgehen, weshalb darauf hier nicht näher eingegangen werden muss. Bei der bisherigen Erörterung der zur Verfügung stehenden literarischen Quellen mag nun der Eindruck entstanden sein, dass die dortigen Angaben vielfach sehr problematisch und unzuverlässig sind. Ist nun alles, was in den literarischen Quellen behauptet wird, nur eine bösartige Verleumdung, Erfindung und Fiktion – ausgedacht, um in fast schon arglistiger Absicht einen unbequemen und unverstandenen Herrscher postum zu diffamieren? Wenn dem so wäre, könnte man den Vorsatz, ein ernsthaftes Buch über Kaiser Elagabal zu schreiben, gleich ad acta legen, da die bisher angesprochenen Quellen dann höchstens als Vorlage für einen historischen Roman dienen können. Glücklicherweise verfügen wir über weitere Zeugnisse, die viele der Angaben der antiken Historiographie mehr oder weniger bestätigen – freilich kaum intime Schlafzimmerdetails – oder sogar ganz neue Fakten offen legen.44
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Ein spektakuläres aktuelles Beispiel ist das antike Schlachtfeld auf dem Harzhorn, das in die Zeit des Kaisers Maximinus Thrax (235–238) datiert wird. Wie die Auswertung der Funde ergab, besiegte dort mitten in Niedersachsen ein römisches Heer germanische Verbände.45 Zwar erwähnt Herodian bei der Beschreibung des Germanenfeldzuges, den dieser Kaiser kurz nach seiner Proklamation unternahm, dass die römischen Truppen, zu denen auch orientalische Kataphrakten (Panzerreiter) und syrische Bogenschützen gehört haben sollen, tief in germanisches Gebiet eingedrungen seien.46 Die Anwesenheit eines gepanzerten Reiterverbandes aus dem Osten, der ala nova firma milliaria catafractaria – und somit die Angabe Herodians –, konnte schon seit längerem durch Inschriftenfunde bestätigt werden,47 doch ging man beim Umfang dieser Operationen bisher von einer räumlich begrenzten Strafaktion im Vorfeld des Limes aus. Allein in der zumeist als höchst problematisch eingestuften Historia Augusta wird angegeben, die römischen Truppen seien damals 300 bis 400 Meilen tief in das germanische Gebiet vorgestoßen,48 was tatsächlich der Lage des Gebietes um das Harzhorn in Niedersachsen entspricht. Über 200 Jahre nach der Niederlage des Varus im Jahr 9 n. Chr. standen also die Römer mitten im sogenannten freien Germanien. Die Entdeckung und archäologische Erschließung dieses antiken Schlachtfeldes belegt somit Angaben in den literarischen Quellen, die bis zu diesem Zeitpunkt als vollkommen übertrieben und unglaubwürdig angesehen wurden. Folglich sollte man sich unbedingt davor hüten, selbst zweifelhafte Angaben generell von vornherein für frei erfunden und unglaubwürdig zu halten. Aber auch die weiteren Quellen, die nun kurz angesprochen werden sollen, bedürfen immer einer kritischen Interpretation. Zu den Schriftquellen gehören ebenfalls die Inschriften und die papyrologischen Dokumente. Bei den Inschriften unterscheidet man zwischen Grabinschriften, Weih- oder Dedikationsinschriften (vom lateinischen Wort dedicare für weihen), Bau- und Stiftungsinschriften, Ehreninschriften sowie Dokumente (zum Beispiel Militärdiplome) und Kleininschriften wie Graffiti oder Ziegelstempel.49 Gesondert zu betrachten sind gegebenenfalls die Inschriften auf Meilensteinen. Entlang des gut ausgebauten römischen Straßennetzes wurden diese in regelmäßigen Abständen aufgestellt und gaben die Entfernung zum nächsten Ort an. Die Inschriften auf diesen Meilensteinen können auf den Ausbau oder die Instandhaltung des Straßennetzes hinweisen. In manchen Fällen ermöglichen sie auch Rückschlüsse auf das Itinerar des Kaisers. So ließ Kaiser Caracalla während seines Aufenthalts in Rätien im Jahr 213 zahlreiche Meilensteine erneuern oder auf den bereits vorhanden Steinen neue Inschriften anbringen, was primär der kaiserliche Selbstdarstellung dienen sollte.50 Daneben war es außerdem üblich,
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dass die umliegenden Gemeinden die Meilensteine nutzten, um darauf Loyalitätsbekundungen für den aktuell herrschenden Kaiser anzubringen. Die Inschriftenkunde oder Epigraphik (von epigraphē, was soviel wie „auf etwas schreiben“ bedeutet) bietet ein breites Spektrum der unterschiedlichsten Informationen wie elementare Auskünfte über den sozialen Wandel, militärische Veränderungen und die wirtschaftliche Situation. Sie weist auf Baumaßnahmen hin und gibt Aufschluss über die Amtsträger im zivilen und militärischen Bereich sowie das weitere Verwaltungspersonal, da auf Grabinschriften beispielsweise meist der Beruf oder sogar die komplette Laufbahn des Verstorbenen angegeben wurde. Die Titulatur des Kaisers, die auf offiziellen Inschriften in der Regel meist korrekt wiedergegeben ist, erlaubt durch die Zählung der Konsulate und der tribunizischen Gewalten Rückschlüsse auf die Chronologie und gibt durch die Angabe der Siegertitulaturen Aufschlüsse über wichtige außenpolitische Ereignisse. Die nachträgliche Entfernung (Eradierung) des Herrschernamens belegt außerdem die damnatio memoriae, also die offizielle Auslöschung des Andenkens, der beispielsweise Elagabal nach seinem Tod unterworfen war. Die Inschriften zu Ehren der Götter geben Einblick in die Religionspolitik und zeigen, welche Gottheiten zu einer bestimmten Zeit besonders geehrt wurden, was besonders im Hinblick auf den Priesterkaiser Elagabal von Interesse ist. Die Epigraphik bietet somit oft über die literarischen Quellen hinausgehende Informationen und kann unter Umständen deren Angaben bestätigen oder auch widerlegen. Die Papyrologie beschäftigt sich mit den vor allem in Ägypten aus griechisch-römischer Zeit gefundenen griechischen oder – in wesentlich geringerer Zahl – auch lateinischen Texten auf Papyrus oder Ostraka (Keramikscherben, die für Notizen oder kurze Mitteilungen verwendet wurden). Literarische Texte sind hierbei die große Ausnahme. Üblicherweise handelt es sich um Urkunden, Verträge, Privatbriefe, Steuerlisten, Gerichtsakten und andere kaufmännische und juristische Dokumente sowie einfache Lieferscheine oder auch um Horoskope und magische Texte.51 Das scheint nun in Bezug auf das vorliegende Thema relativ unspektakulär und eher für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte als für die Lebensbeschreibung eines Herrschers relevant zu sein. Dennoch bieten auch die Papyri ein Fülle nützlicher Informationen. Sie geben Auskünfte zur Chronologie, zur Kaisertitulatur, den Siegerbeinamen und vor allem auch zum Verwaltungspersonal der römischen Provinz Ägypten. Wer amtierte zur fraglichen Zeit als Statthalter Ägyptens? Wie verhielt sich dieser traditionell aus dem Ritterstand kommende Präfekt bei der Herrschaftsübernahme Elagabals? Ab wann wurde Elagabal als Herrscher in Ägypten anerkannt und wurde sein Vorgänger Macrinus, der die Ermordung Caracallas initiiert hatte, dort überhaupt als Herrscher akzeptiert? Wer beispielsweise
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wissen will, wie die einfachen Menschen später über die Regierung Elagabals und dessen Person dachten, erfährt dies aus den Papyri. In Ägypten wurde das Jahr, das nach der dortigen Zeitrechnung am 29. August begann (bei einem Schaltjahr am 30. August), nach dem jeweils amtierenden Herrscher gezählt. Bei Datumsangaben wird folglich als Jahr immer das ägyptische Regierungsjahr des herrschenden Kaisers genannt. Wenn man also sein Geburtsjahr angeben wollte, geschah dies vereinfacht zum Beispiel in der Form: geboren im Jahr zwei des Kaisers Marcus Aurelius Antoninus. In Ägypten wurden die Monatsnamen nach dem ägyptischen Kalender angegeben und in manchen Fällen findet sich auch die Angabe griechischer Monatsnamen, wobei hier vereinzelt auf lokale Traditionen zurückgegriffen wurde, was unter Umständen für einige Verwirrung sorgen kann. Außerdem muss bei sämtlichen chronologischen Erwägungen unbedingt die für den Nachrichtentransfer innerhalb des Reiches und nach Ägypten erforderliche Zeitspanne miteinkalkuliert werden. So konnte in Ägypten durchaus noch das Jahr nach einem Herrscher angegeben werden, der in Wahrheit bereits schon verstorben war. Für die Entfernung von Rom nach Alexandria ist für die Nachrichtenübermittlung mit einer Dauer von 20 bis 25 Tagen zu rechnen, bis ins mittlere Ägypten kann dies bis zu 30 Tage und von Rom bis in den Süden sogar bis zu 50 Tage gedauert haben. Weiteres Quellenmaterial von unschätzbarem Wert liefert die Numismatik (Münzkunde).52 Münzen waren auch in der Antike nicht nur ein Zahlungsmittel, sondern durch die Münzlegende und das Münzbild – vor allem die Darstellung auf der Rückseite – ein Träger für Botschaften und somit ein richtiges Massenmedium. Schließlich bekam die Münzen mehr oder weniger jeder in die Hand. Zu Beginn des dritten Jahrhunderts gaben vor allem die Städte im Osten noch eigene Münzen als Zahlungsmittel heraus. Wichtig für die Herrschaft Elagabals ist in erster Linie die kaiserliche Münzprägung der Münzstätte Rom. Wie zwischenzeitlich als erwiesen gelten darf, nahmen die römischen Kaiser oder ihre engsten Mitarbeiter erheblichen Einfluss auf die Münzlegenden und die dargestellten Bildmotive. Natürlich sind Münzbilder und Legenden – gerade und besonders dann, wenn der Kaiser direkten Einfluss darauf nahm – ein Mittel der kaiserlichen Selbstdarstellung und stellen die offizielle Sicht der Dinge dar, die nicht zwangsläufig mit der Realität übereinstimmen musste. Der Kaiser wurde so dargestellt, wie er dargestellt werden wollte. Aber eben aus diesem Grund erlauben die Botschaften auf den Münzen der Reichsprägung Rückschlüsse auf die Repräsentation und die Politik des Herrschers. Oft werden beispielsweise auf der Rückseite die Gottheiten oder Personifikationen abgebildet, denen sich der Kaiser besonders verbunden fühlte oder die für dessen moralische Werte standen. Daneben wurden Festmünzen
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ausgebracht, die in Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen zu bringen sind. Aufschlussreich ist allein schon die Vorderseite, die das Porträt des Herrschers zeigt. Wurde er charismatisch-jugendlich dargestellt oder erscheint er mit militärischem Dreitagebart, wie dies besonders für die Soldatenkaiser des dritten Jahrhunderts üblich war? An wen waren seine Münzbotschaften adressiert und auf wen stützte sich folglich seine Herrschaft? Oder tauchen auf der Rückseite bestimmte Themen immer wieder oder zu bestimmten Zeiten gehäuft auf? Die in der römischen Zeit geprägten Münzentypen liegen fast vollständig vor. Durch Vergleiche dieser Münzen können die Münzserien der verschiedenen Münzstätten rekonstruiert und sehr genau datiert werden. Kriterium hierfür ist der Abnutzungsgrad des Münzstempels, der sich aus der Prägequalität der Münzen ablesen lässt. Römische Münzen wurden geschlagen. Man bediente sich dabei eines Münzstempels aus Metall, in dem das Münzbild und die Legende von einem Stempelschneider hineingeschnitten wurden, wobei für jede Seite der Münze ein gesonderter Stempel existierte. Durch die recht genaue zeitliche Einordnung einer Münze können Ereignisse, die in Zusammenhang mit der Legende oder dem Münzbild stehen, relativ exakt datiert werden. Und oftmals orientierte sich der Stempelschneider bei der Gestaltung an bereits vorhandenen Bildmotiven wie Gemälden oder Statuengruppen. Ganz im Gegensatz zu den historiographischen Quellen spricht überspitzt formuliert aus den Münzen mehr oder weniger der Herrscher und somit im vorliegenden Fall der Kaiser Elagabal selbst. Schließlich seien hier noch als letzte Gattung die archäologischen Quellen angesprochen, zu denen die materiellen Zeugnisse wie architektonische Überreste, Bildzeugnisse, Keramik und sonstige Bodenfunde gehören. Für Elagabal sind hierbei besonders Statuen oder Porträts sowie Überreste der von ihm errichteten Bauwerke von Interesse. So konnten Reste des monumentalen Tempels gefunden werden, den Elagabal auf dem Palatin, einem der sieben Hügel Roms, auf dem sich auch die Kaiserpaläste befanden, errichten ließ und der noch zu erörtern sein wird.53 Obwohl das Andenken des jugendlichen Kaisers durch die damnatio memoriae getilgt wurde, was theoretisch die Zerstörung sämtlicher Bildwerke einschließt, haben sich eine Reihe von Büsten erhalten, die höchstwahrscheinlich Elagabal zeigen. Als ein überzeugendes und ausdrucksvolles Beispiel sei der Elagabal-Kopf aus dem Kapitolinischen Museum in Rom genannt.54 In Übereinstimmung mit den Münzbildern des Kaisers zeigt es einen jungen Mann mit einem vollen ovalen Gesicht und beinahe wulstigen Lippen. Die Haare fallen ihm als halblange Strähnen in die Stirn. An den Wangen und auf der Oberlippe trägt er einen jugendlichen Bartflaum. Neben diesem realistisch-sinnlichen Bildtypus (Typus
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2) existieren aber auch Porträtköpfe, die ein kantigeres Gesicht sowie kürzere Haare und einen mehr stilisierten Ausdruck aufweisen (Typus 1). Mit diesem zweiten Bildtypus wurde offenbar versucht, eine Ähnlichkeit mit den Gesichtszügen Caracallas (211–217) herzustellen, der als illegitimer Vater Elagabals ausgegeben wurde. Durch einen Vergleich mit den Münzdarstellungen kann man diesen zweiten Bildtypus in die Anfangszeit der Regierung Elagabals datieren, während der jugendlich-sinnliche Bildtypus belegt, dass sich der Kaiser schon bald vom Einfluss seiner Berater und seiner Familie löste und nun offenbar so abgebildet wurde, wie es seinen eigenen Vorstellungen entsprach.55
2. Der Name „Elagabal“ Es muss gleich zu Anfang darauf hingewiesen werden, dass der Name, unter dem der Kaiser seine unrühmliche Bekanntheit erlangte, nicht sein richtiger Name war und weder zu seiner Zeit noch in der Antike überhaupt verwendet wurde. Die meisten römischen Kaiser kennen wir im Allgemeinen üblicherweise unter jenen Namen, die ihnen die antike Historiographie oder die Forschung verliehen hat. Caligula (37–41) verbrachte als Kind einige Zeit im Feldlager seines Vaters, wo er eine Miniaturausgabe der typischen genagelten Soldatenstiefel (caligae) trug. Die Soldaten verliehen ihm daraufhin den Kosenamen „Stiefelchen“. Sein richtiger Name war jedoch Gaius Caesar Germanicus. Mit dem Siegerbeinamen Germanicus (Germanensieger) brachte man allerdings schon seinen Vater in Verbindung, und Caesar wurde im Laufe der Zeit zu einem üblichen Bestandteil der Kaisertitulatur, weshalb zur Differenzierung einfach sein ehemaliger Kosename zur Bezeichnung des Herrschers verwendet wurde. Ein anders Beispiel ist Caracalla (211–217). Sein richtiger Herrschername lautete Marcus Aurelius Antoninus. Von Geburt an hieß er Lucius Septimius Bassianus. Septimius Severus verlieh seinem Sohn bei dessen Erhebung zum Caesar, womit der Thronfolger gemeint ist, diesen Herrschernamen, um damit bewusst an Marcus Aurelius anzuknüpfen, der als idealer Kaiser galt und mit vollem Namen ebenso hieß. Mit caracallus hingegen ist ursprünglich ein keltischer Kapuzenmantel gemeint, den der Kaiser neben anderen sogenannten „barbarischen“ Kleidungsstücken bevorzugt getragen haben soll.56 Der Geburtsname Elagabals war Varius Avitus Bassianus. Da er bei seiner Erhebung gegen den regierenden Kaiser Macrinus (217–218) als unehelicher Sohn Caracallas ausgegeben wurde, um seinen Anspruch auf den Thron zu untermauern – wovon später noch ausführlich zu berichten sein wird –, nannte er sich als Kaiser ebenfalls Marcus Aurelius Antoninus. Bei dem
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Missfallen, das er allerdings hervorrief, wurde er postum – oder bereits zu Lebzeiten hinter vorgehaltener Hand – mit allen möglichen Schimpfnamen bedacht. Cassius Dio, der ihn meist als falschen Antoninus oder nach seinem Geburtsnamen als Avitus bezeichnet, führt eine Reihe solcher Bezeichnungen auf. So nannte man ihn auch den Assyrer, Sardanapalus – nach einem sagenhaften assyrischen König – oder Tiberinus, da man seine Leiche in den Tiber geworfen hatte.57 Erheblich milder verfährt Herodian, der den offiziellen Namen Antoninus verwendet. Aufschlussreich sind hierzu außerdem einige ägyptische Papyri. Wie bereits erwähnt, wird dort das Jahr nach dem Herrscher gezählt. Solange der Kaiser im Amt war, wurde erwartungsgemäß mehr oder weniger seine offizielle Titulatur verwendet. Postum, wenn man in einem Dokument ein Datum aus der Vergangenheit angeben wollte, konnte man sich jedoch so manche Freiheit erlauben, solange nur die Datumsangabe eindeutig war. Zwar sollte das Andenken Elagabals durch die damnatio memoriae gänzlich getilgt werden, weshalb man das Jahr in Ägypten theoretisch nach seinem Vorgänger hätte weiterzählen müssen, doch wurde dies anscheinend ignoriert. Ein möglicher praktischer Grund mag sein, dass das Andenken seines Vorgängers Macrinus ebenfalls der damnatio memoriae unterworfen war.58 Man hätte also für die Zeit Elagabals die Herrscherjahre nach dem längst verstorbenen Caracalla weiterzählen müssen, was den wahren Verhältnissen nun doch nicht mehr gerecht geworden wäre und für Verwirrung gesorgt hätte. Deshalb wird in späteren Papyri mit offiziellem Charakter teilweise immer noch Elagabals tatsächlicher Herrschername genannt.59 Anders sieht dies bei privaten Papyri aus. In einer astrologischen Tabelle für die Jahre von 217 bis 225, die in Oxyrhynchos gefunden wurde – dieser antike Ort ist berühmt für seine zahlreichen Papyrusfunde –, wird Elagabal bei der Angabe des Jahres als kleiner ruchloser Antoninus bezeichnet (anosios Antōninos mikros).60 Mit dem erheblich zweifelhafteren Prädikat koryphos wird er in einem Horoskop bedacht, das ebenfalls aus Oxyrhynchos stammt und bei dem das Geburtsdatum mit dem zweiten ägyptischen Jahr Elagabals angegeben wird.61 Das Wort koryphos leitet sich wahrscheinlich von dem alexandrinischen Begriff koroiphos her, womit ein Lustknabe oder ein passiver Homosexueller gemeint ist; im besten Falle kann das Wort allgemein als „Schürzenjäger“ gedeutet werden. Will man dies auf ähnlichem Niveau in die Begrifflichkeiten unserer Zeit übertragen, würde man von Antoninus der Schwuchtel oder Antoninus dem Hurenbock sprechen. Der Name Elagabal taucht in der verzerrten Form Eliogaballus erstmals bei dem sogenannten Chronograph des Jahres 354 (Chronographus anni 354) auf,62 einem Werk das neben den Listen der römischen Bischöfe, Konsuln und Stadtpräfekten eine knapp gefasste Chronik der Stadt Rom enthält
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(Chronica urbis Romae), die wahrscheinlich aus der Zeit Konstantins des Großen (306–337) stammt. Der um das Jahr 361 schreibende Sextus Aurelius Victor berichtet in seinem Liber de Caesaribus, einer Sammlung kurzgefasster Kaiserbiographien, dass man den Kaiser nach dem Sonnengott genannt habe, dessen Priester er war und den die Syrer Heliogabalus bezeichnen würden.63 Diese Namensform für den Kaiser hat sich in der Folge eingebürgert und erscheint so bei Ammianus Marcellinus, dem bedeutendsten Geschichtsschreiber des vierten Jahrhunderts; und auch in der Epitome de Caesaribus – einer gegen Ende des vierten Jahrhunderts entstandenen Kurzfassung des Werks von Aurelius Victor – sowie in der wahrscheinlich kurz danach verfassten Historia Augusta wird er so genannt.64 Hierbei ist zu erwähnen, dass Heliogabalus ein etymologisch falsches, aber in der Sache richtiges Konstrukt ist. Der latinisierte Name der im syrischen Emesa, dem heutigen Homs, verehrten Gottheit Elagabal leitet sich aus der aramäisch-arabischen Mischform ilāhâ gabal her und bedeutet „der Gott Berg“. Berggottheiten waren im Alten Orient weit verbreitet, und vermutlich geht der Kult des Gottes Elagabal auf alte lokale Traditionen zurück. Arabische Nomaden, die nach Syrien einwanderten und ab dem ersten vorchristlichen Jahrhundert Emesa beherrschten, übernahmen den Kult dieses höchsten Gottes der Stadt. Das Kultbild des Gottes war keine Statue in Menschengestalt, sondern ein schwarzer kegelförmiger Kultstein (Baetyl).65 Dies war keineswegs selten, denn auch in der Stadt Carrhae, dem heutigen Harran, wurde der Mondgott in Form seines Kultsteines verehrt, und man mag hierbei vielleicht an den aus vorislamischer Zeit stammenden Stein aus der Kaaba in Mekka denken. Der Baetyl von Emesa war möglicherweise ein Meteorit, da er nach Herodian vom Himmel gefallen sein soll.66 Das Relief auf einer in der Nähe von Emesa gefundenen Stele aus dem ersten Jahrhundert zeigt den Gott als einen von einem Adler bekrönten Berg. Im Laufe der Zeit identifizierten die Einwohner von Emesa ihren Gott zunächst mit dem griechischen Zeus beziehungsweise dem römischen Jupiter, dessen heiliger Vogel ebenfalls der Adler war. In noch stärkerem Maße wurde Elagabal allmählich jedoch dem Sonnengott Sol-Helios angeglichen. Dies könnte bereits im Zuge der arabischen Einwanderung erfolgt sein, die in dem Berggott Elagabal die Sonnengottheit Šamaš erkannten, eine uralte Gottheit, die bereits in altbabylonischer Zeit verehrt wurde. Von Šamaš leitet sich der Name Sampsigeramus her, der unter den arabischen Dynasten und Priesterkönigen der Stadt Emesa recht häufig war. So entwickelte sich Emesa im Laufe der Zeit zu einem Zentrum der Verehrung des Sonnengottes. Plausibel nachvollziehbar ist demnach die volksetymologische Verbindung aus dem griechischen Helios und dem Begriff
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gabal, was man folglich als „der Sonnengott Berg“ interpretieren kann. Die Angabe bei Aurelius Victor, die Bewohner von Emesa hätten ihre Gottheit in der Mitte des vierten Jahrhunderts Heliogabalus genannt, ist somit durchaus glaubhaft. In den epigraphischen Zeugnissen und auf den Münzen aus der Zeit des gleichnamigen Kaisers, dem dieses Buch gewidmet ist, wird die Gottheit jedoch immer als der Sonnengott Elagabal (deus Sol Elagabalus) tituliert. Eine spätere Inschrift aus dem Legionslager Brigetio im heutigen Ungarn, bezeichnet den Gott außerdem als deus Sol Alagabalus Ammudatus.67 Bei der Schreibweise Alagabalus dürfte es sich um einen Fehler des Steinmetzes handeln. Die Bezeichnung Ammudatus stammt offenbar aus dem Aramäischen und meint eine Säule oder einen Berg (ammuda), womit wieder ein Bezug auf die ursprüngliche Berggottheit oder den Baetyl gegeben ist.68 Der Kult des Elagabal und sein Tempel in Emesa genossen in Syrien großes und überregionales Ansehen. Noch im vierten Jahrhundert besingt der Dichter Avienus in seiner Beschreibung des Erdkreises (Descriptio orbis terrae), bei der es sich eigentlich um die lateinische Überarbeitung eines Werks aus dem zweiten Jahrhundert handelt, den Glanz und die Schönheit des Tempels von Emesa.69 Eine in der Mitte des dritten Jahrhunderts in Emesa geprägte Münze zeigt den Baetyl im Inneren des Tempels als mächtigen und sich nach oben hin verjüngenden kegelförmigen Stein. Vor oder auch auf dem Stein selbst ist der Adler des Gottes dargestellt, der also vielleicht als Standbild vor dem Stein stand. Hinter dem Stein sind zwei palmenartige Gebilde erkennbar, die üblicherweise als Sonnenschirme gedeutet werden.70 Es waren höchstwahrscheinlich syrische Kaufleute und Soldaten, die den Kult in manch entlegene Grenzregion des Reiches exportierten. Eine Inschrift aus Woerden in den Niederlanden, der ehemaligen römischen Provinz Germania inferior, die nach der Ergänzung des fehlenden Textes in die Zeit Kaiser Hadrians (117– 138) datiert werden kann, nennt bereits im zweiten Jahrhundert den Gott Elagabal neben der Göttin Minerva.71 In Auftrag gegeben wurde die Inschrift von einem Herrn namens Lucius Terentius Bassus, einem Centurio der cohors III Breucorum, einer Abteilung von Hilfstruppen, die sich ursprünglich aus Angehörigen eines in Illyrien ansässigen Stammes rekrutierten. Und aus der Zeit des Kaisers Septimius Severus hat sich aus Intercisa, dem heutigen Dunaújváros in Ungarn, eine Inschrift erhalten, die von den Soldaten einer aus Emesa stammenden Abteilung von Bogenschützen ihrem Gott deus Sol Elagabalus geweiht wurde.72 Vergleichbar ist die Gottheit Elagabal mit dem Jupiter Turmasgades (Berg der Verehrung), der mit Mithras – eine mythologische Personifizierung der Sonne, dessen Kult sich besonders unter den römischen Soldaten sehr großer Beliebtheit erfreute – gleichgesetzt wurde. Jupiter Turmasgades war
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vielleicht ein anderer Name für den Gott Jupiter Dolichenus, der als Soldatengott mit einer Doppelaxt dargestellt und vor allem im Osten des Reiches und in den Donauprovinzen verehrt wurde. Doch im Gegensatz zur Verehrung des unbesiegbaren Sonnengottes (deus Sol invictus) oder des Mithras kann man – abgesehen von der kurzen Regierungszeit des später nach seinem Gott benannten Kaisers – von keiner allgemeinen reichsweiten Verbreitung des Elagabal-Kultes sprechen. Im Wesentlichen war er auf das lokale Umfeld beschränkt, und der Kult des Gottes deus Sol Elagabalus war und blieb eine syrische Religion. Ein Beleg dafür ist, dass der Gott ikonographisch niemals dem römisch-griechischen Sol-Helios angeglichen wurde. Während der römische Sol nach hellenistischem Vorbild stets als nackter jugendlicher Gott mit der Strahlenkrone erscheint, wurde der Sonnengott Elagabal immer nur in Gestalt des Baetyls – seines Kultsteins – abgebildet. Deshalb ist im Gegensatz zur älteren Forschung ausdrücklich zu betonen, dass der Gott Elagabal in keinem Fall mit der massiven staatlichen Förderung des Kultes für den römischen Sonnengott (deus Sol invictus) vor allem durch die Kaiser Aurelian (270–275), Probus (276–282) und Konstantin den Großen (306–337) – bis zu seiner endgültigen Hinwendung zum Christentum – in Verbindung zu bringen ist.73 Zwar konnte auch der Sonnengott von Emesa aus römischer Sicht als eine Erscheinungsform des römischen Sonnengottes gedeutet werden, doch bleiben der Kult und die teilweise ekstatischen Kultpraktiken den religiösen Vorstellungen der Römer fremd. In der modernen Forschung bevorzugt man in den letzten Jahren für den Kaiser vereinzelt den Geburtsnamen Varius Avitus oder den Herrschernamen Antoninus.74 Richtigerweise ist der Name Elagabal also falsch, aber da der Kaiser und Oberpriester der Gottheit Elagabal unter dem Namen seines Gottes allgemein bekannt und in die Geschichte eingegangen ist, soll er in diesem Buch beibehalten werden. Wenn in der Folge nicht der Kaiser Elagabal, sondern die Gottheit Elagabal gemeint ist, wird der Göttername kursiv gesetzt, um etwaige Verwechslungen zu vermeiden.
3. Wie wird man römischer Kaiser? Als Elagabal am 16. Mai 218 im syrischen Emesa, dem heutigen Homs, zum Kaiser erhoben wurde, war er zu diesem Zeitpunkt etwa 14 Jahre alt. Daraus ergibt sich die Frage, wie ein Teenager in einer vom Zentrum der Macht weit entfernten Stadt zum Herrscher des römischen Reiches werden konnte. Aus unserer heutigen Sicht müsste man eigentlich davon ausgehen, dass das römische Kaisertum auf irgendeine Weise im römischen Staat verfassungs-
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rechtlich verankert und die Nachfolge eindeutig geregelt war. Soweit in der neuzeitlichen westlichen Staatenwelt überhaupt noch Monarchien existieren, handelt es sich zumeist um parlamentarische Monarchien, wobei das Staatsoberhaupt faktisch nur noch repräsentative Aufgaben wahrzunehmen hat. Die Nachfolge wird meist durch das erbdynastische Prinzip geregelt. Seltener ist das Prinzip einer Wahlmonarchie, das in unserer Gegenwart nur noch in Kambodscha, Malaysia, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Vatikan angewandt wird. Ein berühmtes Beispiel aus der Vergangenheit ist das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, dessen König – und somit der zukünftige Kaiser – vom Gremium der Kurfürsten gewählt wurde. Die Amtseinführung des Monarchen erfolgt üblicherweise durch einen Erhebungsakt. Doch geschieht dies in der Gegenwart nur noch selten in der Form einer regelrechten Krönungsfeier, die im heutigen Europa lediglich noch in Großbritannien zu finden ist, sondern indem der zukünftige Monarch einen Eid auf die Verfassung ablegt. Grundsätzlich wäre davon auszugehen, dass auch die Erhebung des römischen Kaisers in einer ähnlichen Weise institutionalisiert war. Das Prinzip der Erbmonarchie oder der Wahlmonarchie, beziehungsweise auch eine Kombination von beidem, war in der Antike durchaus üblich. Beispielsweise erfolgte bis zum Jahr 323 v. Chr. im antiken Makedonien die Erhebung des Herrschers mit der Wahl eines Anwärters aus der Königsdynastie der Argeaden durch die Heeresversammlung. Dementsprechend wäre zu erwarten, dass der römische Kaiser ebenfalls von einem bestimmten Gremium – hier käme beispielsweise der römische Senat in Betracht – gewählt wurde. Doch war der römische Kaiser nach unserem heutigen Verständnis überhaupt ein Monarch? Im wörtlichen Sinne, wonach der Begriff monarchia die Herrschaft eines Einzelnen meint, zweifellos, aber war er dies auch im staatsrechtlichen Sinne? An dieser Stelle sind deshalb einige Überlegungen über den Charakter des römischen Kaisertums angebracht. Seiner Form nach war der römische Staat im Prinzip eine Republik. Nicht umsonst leitet sich die Bezeichnung für diese Staatsform aus dem lateinischen res publica (öffentliche Angelegenheit) ab. Es gab eine Versammlung des Amtsadels, der eben erwähnte römische Senat, der faktisch nach Gewohnheitsrecht eine leitende und kontrollierende Funktion hatte, die jedoch niemals gesetzlich verankert war. Dieser setzte sich seit den Reformen des Sulla im Jahr 81 v. Chr. aus den ehemaligen römischen Magistraten zusammen. Senator wurde seitdem, wer die Quästur, das niedrigste Amt der römischen Ämterlaufbahn, bekleidet hatte. Die Quästoren waren ursprünglich Gehilfen der Konsuln und hatten später unterschiedliche Aufgaben wie in der Finanzverwaltung oder als Untersuchungsrichter wahrzunehmen. Die römischen Stände waren nach den Besitzverhältnissen gegliedert, und die Senatoren
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gehörten zunächst zum Ritterstand (ordo equester), wofür ein Vermögen von 400.000 Sesterzen erforderlich war. Erst Kaiser Augustus schuf einen eigenen Senatorenstand, indem er für dessen Mitgliedschaft ein Vermögen von einer Million Sesterzen vorschrieb. Zudem erhielt der Kaiser nunmehr auch das Recht, Männer in den Senat aufzunehmen, die zuvor kein Amt bekleidet hatten (adlectio). Im Laufe der Zeit bekamen so vermehrt vermögende Familien aus den Provinzen Zugang in den römischen Senat. Deshalb setzte sich dieses Gremium in der Kaiserzeit letztlich vor allem aus den Mitgliedern der besitzenden Elite des Reiches zusammen. Bereits der Diktator Julius Caesar versuchte den als Republik nicht mehr funktionierenden römischen Staat in eine Monarchie umzuformen. Er wurde zum Diktator auf Lebenszeit ernannt und hatte vielleicht sogar die Absicht, die Königswürde anzunehmen, was schließlich zu seiner Ermordung an jenem berühmten Idus des März im Jahr 44 v. Chr. führte. Bei den darauffolgenden Bürgerkriegen hatten gerade die alten senatorischen Familien einen hohen Blutzoll zu entrichten. Als Sieger aus den militärischen Auseinandersetzungen dieser Zeit ging schließlich der Caesar-Erbe Octavian hervor, der mit außerordentlichen Vollmachten regierte. Im Jahr 27 v. Chr. legte Octavian in aller Form diese außerordentlichen Vollmachten nieder, worauf der Senat ihm den Ehrennamen Augustus (der Erhabene) verlieh. Dieser Ehrenname wurde in der Folge zum wichtigsten Bestandteil der Kaisertitulatur. Der nunmehrige Augustus behielt für sich nur die Befugnisse eines Volkstribuns, die tribunicia potestas, sowie faktisch den Oberbefehl über alle Truppen im römischen Reich (imperium proconsulare). Theoretisch war damit die alte republikanische Staatsform zumindest formell wiederhergestellt. Tatsächlich blieb Augustus der mächtigste Mann im Staat. Er achtete jedoch sehr auf die republikanischen Formen und nannte sich selbst nur princeps senatus (der Erste des Senats), womit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass er der Erste unter Gleichen (primus inter parens) sei. Diese Form des römischen Kaisertums wird deshalb als Prinzipat bezeichnet.75 Die ältere Forschung unterschied im Gegensatz zum Prinzipat das spätantike Kaisertum. Kaiser Diokletian (284–305) soll im Zuge seiner Reformen – der angeblichen Tendenz zur Orientalisierung des römischen Reichs folgend – die kaiserliche Herrschaft in eine absolute Monarchie nach orientalischem Vorbild umgewandelt haben, die man in der damaligen Geschichtswissenschaft als Dominat bezeichnete. Diese Differenzierung kann jedoch nach dem heutigen Erkenntnisstand nicht mehr aufrecht erhalten werden. Zwar kam es im dritten Jahrhundert zu einer gesteigerten Sakralisierung der Person des Herrschers, dessen Vergöttlichung mit der für Aurelian (270–275), Probus (276–282) und Carus (282–283) bezeugten Titulatur deus et dominus nach-
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haltig Ausdruck verliehen wurde.76 Aurelian ließ sich sogar als deus et dominus natus (als Gott und Herr geboren) titulieren. Diokletian, der sich Iovius (der Jupitergleiche) nannte, sah sich selbst als der Stellvertreter des höchsten römischen Gottes auf Erden. Es wurde ein kaiserliches Hofzeremoniell eingeführt, und der Kaiser, der in der Frühzeit des Prinzipats äußerlich nicht von einem gewöhnlichen Senator zu unterscheiden war, trug nun als Zeichen seiner Würde einen purpurfarbenen Herrscherornat.77 Diese Tendenz zur sakralen Überhöhung und Vergöttlichung der Person des Kaisers war indes keine Erfindung späterer Zeit, sondern begann bereits mit der Konsekration (Vergöttlichung) des ermordeten Diktators Julius Caesar und der Entstehung des Kaiserkults unter Augustus und bildete von Anfang an ein Fundament des Kaisertums. Nur nahmen im Laufe der Zeit die äußeren Formen der Herrschaftsrepräsentation allmählich die Gestalt an, die von Anfang an den realpolitischen Gegebenheiten entsprachen. Auslöser hierfür waren die Wirren des dritten Jahrhunderts, bei denen die Kaiser meist schon nach kurzer Regierungszeit von ihren meuternden Truppen oder Konkurrenten ermordet wurden, und sollte deshalb vor allem der Herrschaftssicherung dienen. Zum Kaiserkult und der Vergöttlichung des Herrschers sei hier noch angemerkt, dass dies in der Antike keineswegs ungewöhnlich war. In unserer von den großen monotheistischen Religionen geprägten Welt mag die Verehrung eines Menschen als Gott seltsam erscheinen, doch bereits die ägyptischen Pharaonen galten als irdische Repräsentanten der Götter. Wer in Griechenland etwas auf sich hielt, führte die Herkunft seiner Familie zumindest auf einen Halbgott zurück. So reklamierten die Könige Spartas den Halbgott Herkules als ihren Ahnen. Von Alexander dem Große, der sich selbst für einen Sohn des Zeus Ammon hielt, war man überzeugt, dass er aufgrund seiner Taten nach seinem Tod direkt in den Götterhimmel aufgenommen worden sei. Sein Grab in Alexandria entwickelte sich zu einer wahren Pilgerstätte der Antike. Demetrios I. Poliorketes, einer der Nachfolger (Diadochen) Alexanders des Großen, dessen Beiname „der Städtebezwinger“ bedeutet, wurde bei seinem Einzug in Athen im Jahr 291 v. Chr. als Sohn Poseidons und der Aphrodite gefeiert.78 Seleukos I., der Begründer des größten Diadochenreiches in Asien, gab sich als Sohn des Gottes Apollon aus.79 Antiochos III., einer der Nachfolger Seleukos’ I., installierte einen Herscherkult mit einer eigenen Priesterschaft für sich und seine Königin.80 Sein Sohn Antiochos IV. ging noch einen Schritt weiter und ließ sich auf seinen Münzen ganz offiziell als theos epiphanēs, das heißt der erschienene Gott, titulieren. Seine politischen Gegner allerdings deuteten das Epitheton epiphanēs in epimanēs (der Verrückte) um.81 Grundsätzlich widersprach das hellenistische Gottkönigtum dem römischem Verständnis von der Herrschaft eines primus inter pares. Der
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Diktator Julius Caesar war der erste, der nach seinem Tod durch Senatsbeschluss als Divus Iulius zu den Göttern erhoben wurde, wobei die Römer in der Frühzeit des Prinzipats – im Gegensatz zu den oben genannten Beispielen aus dem dritten Jahrhundert – noch zwischen einem vergöttlichten Menschen (divus) und einem Gott (deus) unterschieden haben. Es wurde üblich, den verstorbenen Kaiser – sofern sein Andenken nicht durch die damnatio memoriae getilgt wurde – zu konsekrieren. Schon unter Augustus trat der Kaiserkult in die Fußstapfen der ehemaligen hellenistischen Herrscherkulte. Dies erfolgte gerade im Osten des Reiches oft auf Eigeninitiative der Provinzbevölkerung. Im Rahmen des Kaiserkults wurde zumindest im Westen des Reiches der lebende Herrscher der Form nach nicht als Gott verehrt, vielmehr wurde seinem göttlichen Charisma geopfert. Besonders in den Provinzen erwies sich der Kaiserkult als einigendes Band, und die göttliche Verehrung des Herrschers wurde als Loyalitätsbezeugung gegenüber dem Staat verstanden. Faktisch bedeutet dies, dass dem römischen Kaiser Tempel errichtet und seinem Standbild Opfer dargebracht wurde. Aus der Sicht der einfachen Menschen war die Person des Kaisers von den Göttern über alle anderen Menschen erhoben worden. Durch sein Herrschercharisma war seine Gegenwart gleichbedeutend mit Sicherheit, Wohlstand und Sieghaftigkeit. An die Wunderberichte des Neuen Testaments erinnert exemplarisch eine Begebenheit aus dem Leben des in diesen Dingen selbst durchaus skeptischen Kaisers Vespasian (69–79), der in Alexandria einem Blinden durch Handauflegen das Augenlicht wiedergegeben haben soll.82 Auch der erste christliche Kaiser, Konstantin der Große (306– 337), lehnte die kultische Verehrung seiner Person keineswegs ab. Er sah sich höchstwahrscheinlich vielmehr selbst als eine Art neuer Christus,83 und auch er wurde nach seinem Tod konsekriert und somit unter die Götter erhoben. Eine für die politische Stabilität nicht zu unterschätzende Gruppierung in der frühen Prinzipatszeit war neben dem Senat die stadtrömische Bevölkerung, die plebs urbana. Wie bereits erwähnt, war der Senat zumindest offiziell immer nur ein beratendes Gremium. Weitreichende Befugnisse lagen während der römischen Republik hingegen bei der Volksversammlung der römischen Bürger. Genau genommen gab es deren drei, die sich unterschiedlich zusammensetzten und verschiedene Aufgaben wahrzunehmen hatten (das waren die comitia centuriata, die comitia populi tributa und das concilium plebis). Diese drei Volksversammlungen wählten unter anderem die römischen Magistrate und stimmten über Gesetze ab. Mit dem Beginn des Prinzipats verlagerten sich diese Kompetenzen zunehmend auf den Senat und auf die Person des Kaisers. Die Zeitgenossen kritisierten deshalb, dass das römische Volk entpolitisiert sei und sich nur noch für Brot und Spiele (panem et circenses) interessiere.84 Tatsächlich gaben sich die Römer mit der Sicherung
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der Grundversorgung durch die kostenlose staatliche Getreideversorgung und der Unterhaltung durch die Circusspiele zufrieden. Kaiser Trajan (98–117) soll die Überzeugung vertreten haben, dass sich das römische Volk vor allem durch diese zwei Dinge – nämlich Getreide und Schauspiele – im Bann halten lasse.85 Solange sich der Kaiser in Rom aufhielt, war für die Akzeptanz und das Ansehen seiner Herrschaft die plebs urbana zweifellos von Bedeutung. Bei der Erhebung des Kaisers spielte das römische Volk jedoch keine Rolle. Zur Ausgangsfrage dieses Kapitels, nämlich wie man römischer Kaiser wird, ist deshalb festzustellen: Römischer Kaiser wurde man zumindest theoretisch, indem der Senat dem zukünftigen Herrscher eine Reihe von Befugnissen übertrug. Zunächst waren dies jeweils einzelne Kompetenzen wie die tribunizische Gewalt und das Imperium, also der Oberbefehl über die Truppen des Reiches und die Amtsgewalt eines Volkstribuns. Beim Herrschaftsantritt Vespasians im Jahr 69 erfolgte dies in der Form eines Kompetenzbündels,86 das der Senat als Gesetz erlassen hatte und das als Inschrift erhalten ist (lex de imperio Vespasiani). Darin wurden die umfangreichen und nahezu uneingeschränkten Befugnisse des Kaisers im Einzelnen genau festgelegt.87 So sah die Theorie aus. Die tatsächlichen machtpolitischen Verhältnisse offenbaren allerdings ein ganz anderes Bild. Bereits nach der Ermordung Caligulas im Jahr 41 zerrten die Soldaten der Prätorianergarde Claudius, den Onkel des Kaisers, der sich vor den plündernden Soldaten im Palast hinter einem Vorhang versteckt hatte, hervor, führten ihn in ihr Lager und riefen ihn dort zum Kaiser aus.88 Erst einen Tag später erhielt er nachträglich die Bestätigung des Senats. Noch deutlicher wird dies beim sogenannten Vierkaiserjahr. Zunächst wurde Galba, der Statthalter der Provinz Tarraconensis in Spanien, von seinen Soldaten gegen Nero zum Imperator ausgerufen. Danach überredete Nymphidius, der Befehlshaber der Prätorianer in Rom, seine Truppen, Galba ebenfalls anzuerkennen – er versprach ihnen dafür ein Geschenk von 30.000 Sesterzen pro Mann. Nach dem Freitod Neros und der Ermordung Galbas wurden nacheinander Otho, Vitellius und Vespasian von ihren jeweiligen Truppen zum Kaiser ausgerufen. Die Anerkennung des Senates erfolgte jeweils wieder erst nachträglich, nachdem eine militärische Entscheidung bereits gefallen war. Eine Reihe weiterer Beispiele, die in diesem Buch noch angesprochen werden sollen, zeigt ganz deutlich, dass der Kaiser im Zweifelsfall von der Armee gemacht wurde.89 Die Bestätigung des Senats war letztlich nur eine Formsache. Im Laufe des dritten Jahrhunderts ging man schließlich dazu über, den Senat nicht mehr um die formelle Anerkennung zu bitten, sondern nach erfolgter Proklamation durch die Truppen das Gremium nur noch über den Herrscherwechsel zu informieren.90
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Um Kaisers zu werden, war folglich das Votum der römischen Armee ausschlaggebend. Schon der erste Prinzeps gründete im Grunde genommen seine Macht auf das Militär. Er war als unangefochtener Sieger aus einem jahrzehntelangem Bürgerkrieg hervorgegangen. Seine Machtbasis war letztlich das Heer, dessen Oberbefehl er behielt, auch nachdem er seine außerordentlichen Befugnisse an den Senat zurückgegeben hatte. Demgegenüber verfügte der Senat über keine nennenswerten Truppen. Die Bedeutung des Militärs zeigte sich schon beim ersten Herrscherwechsel nach dem Tod des Augustus. Tiberius, der Stiefsohn des Augustus, erhielt bereits zu dessen Lebzeiten die erforderlichen Kompetenzen, um reibungslos die Nachfolge antreten zu können, und wurde erwartungsgemäß vom Senat bestätigt. Doch die Legionen in Germanien und Pannonien nutzten den Herscherwechsel für eine Meuterei, woraus eine bedrohliche Situation entstand.91 Tiberius entschärfte die Lage, indem er seinen Sohn Drusus und seinen Neffen Germanicus zu den Meuterern entsandte und deren Forderungen nach Solderhöhung und Dienstzeitverkürzung teilweise erfüllte. Bereits in der Frühzeit des Prinzipats zeigte sich also, dass bei dem Verhältnis zwischen Kaiser und Heer finanzielle Erwartungen, die Präsenz des Herrscherhauses und das dynastische Prinzip eine wichtige Rolle spielten. Bedeutsam für die Beziehung zwischen dem Prinzeps und den Legionen war die für die römische Gesellschaft bedeutsame Bindung zwischen Patron und Klient. Der Patron unterstützte den Klient auf vielfache Weise, wofür ihm dieser Treue (fides) schuldig war. Auf die Beziehung zwischen dem Kaiser und den Legionen übertragen war der Kaiser aufgrund seines Imperiums, dem Oberbefehl über das Heer, der Patron der Legionen, wofür ihm diese Gefolgschaft leisteten. Der Kaiser war also für das Wohl und die angemessene Versorgung seiner Soldaten verantwortlich, die beispielsweise beim Herrscherwechsel traditionell vom neuen Kaiser ein Geldgeschenk (Donativ) erhielten. Faktisch wurde der römische Kaiser vermittels imperatorischer Akklamation von den Truppen ausgerufen. Die Schwachstelle dieses Systems war jedoch der Umstand, dass die römischen Truppen entlang der Grenzen stationiert waren, und keine Heeresgruppe und auch nicht die Prätorianergarde in Rom für sich in Anspruch nehmen konnte, das Heer insgesamt zu repräsentieren. Die Auseinandersetzungen der Prätendenten konkurrierender Heeresgruppen und somit die konstitutionelle Instabilität des Kaisertums waren gerade im dritten Jahrhundert Ursache für zahllose Bürgerkriege. Aurelian (270–275) versuchte in dieser stürmischen Zeit durch die sakrale Überhöhung der Person des Herrschers, die Wahl des Kaisers dem Einfluss der Truppen zu entziehen. In einer Rede vor meuternden Soldaten soll er betont haben, dass der Purpur und somit das Kaisertum von der Gottheit – womit hier wahrscheinlich der römische Sol invictus als die Schutzgottheit
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Aurelians gemeint ist – verliehen werde.92 Doch hatten er und seine Nachfolger insgesamt gesehen damit wenig Erfolg. Nun könnte der Eindruck entstehen, das römische Kaisertum sei in erster Linie eine Militärdiktatur gewesen. Tatsächlich wurde diese Ansicht von dem berühmten russischen Althistoriker Michael Rostovtzeff vertreten, der eine Periodisierung der römischen Kaiserzeit in die Zeit der „Militärmonarchie“, der „Militäranarchie“ und der „Militärdespotie“ vornahm. Nun ist das Wort „Militärdiktatur“ ein moderner Terminus, mit dem ganz bestimmte Vorstellungen verbunden sind, und man muss sich immer hüten, moderne Begriffe auf die Antike zu übertragen. In Wirklichkeit war das römische Reich während der Kaiserzeit zum größten Teil entmilitarisiert. Militärische Präsenz fand sich zum Schutz des Reiches vor allem in den gefährdeten Grenzprovinzen. Der Statthalter der größten gallischen Provinz, der Gallia Narbonensis, verfügte beispielsweise nur über eine kleine Polizeitruppe von 500 Mann. In Rom selbst gab es ebenfalls eine Polizeitruppe, die cohortes urbanae, und die von zwei Präfekten kommandierte Prätorianergarde als persönliche Schutztruppe des Kaisers. Letztere war seit der Zeit des Tiberius in einem Lager im Nordosten der Stadt kaserniert, das allerdings außerhalb der eigentlichen Stadtgrenze (pomerium) lag. In der Hauptstadt des Reiches trat diese Truppe betont zivil auf, um jeden militärischen Eindruck zu vermeiden.93 Als Septimius Severus (193–211) mit seinen Soldaten in voller Bewaffnung und Ausrüstung in Rom einzog, wurde dies als Skandal empfunden.94 Ein scheinbar grundlegender Wandel vollzog sich erst unter diesem Herrscher, der die Stärke der Prätorianergarde auf 10.000 Mann erhöhte und zudem eine Legion (legio II Parthica) in der Nähe Roms stationierte.95 Hier ist aber zu berücksichtigen, dass diese Einheiten eine mobile Einsatzreserve bildeten, die den Kaiser auf seinen Feldzügen begleitete. Folglich waren diese Truppen in voller Stärke nur selten in der Hauptstadt präsent. Gegen die Vorstellung einer Militärdiktatur spricht zudem das quantitative Verhältnis. Man schätzt die Bevölkerungszahl des römischen Reiches in der Mitte des zweiten Jahrhunderts auf ungefähr 70 Millionen Einwohner.96 Wenn man nun von den 32 Legionen zur Zeit des Septimius Severus mit einer theoretischen Sollstärke von 6.000 Legionäre sowie nochmals derselben Zahl an Hilfstruppen ausgeht, kommt man auf eine Zahl von ungefähr 380.000 Soldaten. Dies macht nur etwa 0,5 % im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung aus. Von einer Militärdiktatur in unserem modernen Sinne, die mit einer allgegenwärtigen und reglementierenden Präsenz von Militär und Polizei einhergeht, kann folglich keine Rede sein. Das römische Kaisertum war zwar von der Akzeptanz des Senates und der plebs urbana abhängig,97 doch die Hauptstütze des römischen Prinzipats war das Heer, dem der Herrscher oftmals seine Erhebung verdankte. Erst
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danach wurde die rein formelle Bestätigung des Senats eingeholt, womit letztlich nur die republikanische Fassade aufrechterhalten werden sollte. Dazu gehörte auch die recusatio imperii, die scheinbare Zurückweisung der Herrschaft durch den neugekürten Herrscher. Bei der Wahl des Kaisers war das dynastische Prinzip von großer Bedeutung. Üblicherweise wurde der älteste Sohn des Herrschers, oder – wenn wie bei den sogenannten Adoptivkaisern des zweiten Jahrhunderts keine Söhne vorhanden waren – ein naher Verwandter noch zu Lebzeiten des Kaisers als Caesar zum Nachfolger designiert oder bereits als Augustus zum Mitherrscher eingesetzt. Das imperium wurde somit direkt vom regierenden Herrscher verliehen. Die Bemerkung dürfte sich beinahe schon erübrigen, dass auch bei diesem Verfahren dem Senat nur eine rein formelle Bedeutung zukam. In diesen Fällen ging der Herrscherwechsel meist reibungslos von sich. Anders gestaltete sich die Lage, wenn der Kaiser eines plötzlichen Todes starb, und kein geeigneter oder von den Truppen akzeptierter Nachfolger vorhanden war. Ebenso problematisch war es, wenn die Soldaten mit dem aktuell herrschenden Kaiser unzufrieden waren. Dann konnte es geschehen, dass die Prätorianergarde und die verschiedenen in den jeweiligen Grenzprovinzen stehenden Heere einen oder mehrere um das Kaisertum konkurrierende Prätendenten ausriefen. Beim sogenannten Sechskaiserjahr von 238 beharrte der Senat auf sein nominelles Recht und beteiligte sich sogar aktiv an diesen Machtkämpfen. Da es also keineswegs eindeutig geregelt war, vom wem der römischen Kaiser letztlich gekürt wurde, spricht man in der Forschung deshalb von einer institutionellen Instabilität des römischen Kaisertums.98
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II. Politische und gesellschaftliche Voraussetzungen 1. Das römische Reich zur Zeit der Severer Um den Kaiser Elagabal und seine Zeit zu verstehen, ist ein kurzer Rückblick auf die Herrschaft des Septimius Severus, dem Begründer der Dynastie der Severer, und seines Sohnes Caracalla vonnöten. Das römische Reich im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechung war von einer relativ langen Friedensperiode geprägt, die oftmals als die glücklichste Zeit der Menschheit angesehen wurde – ein Urteil das nach den Kriterien unserer heutigen Zeit wie Lebenserwatung, Lebensstandard und Selbstverwirklichung sicherlich zu relativieren wäre. Nach dem Tod des Kaisers Marcus Aurelius (161–180), der unzähligen Romreisenden vor allem wegen der Kopie seines imposanten und berühmten Reiterstandbilds aus Bronze vor dem Konservatorenpalast in Rom bekannt ist – das Original befindet sich heute in einem überdachten Hof des Konservatorenpalastes –, ging die Nachfolge auf seinen Sohn Commodus über. Der Philosophenkaiser Marcus Aurelius, der sein Amt stets als schwere Bürde aufgefasst hat, galt den Zeitgenossen und den nachfolgenden Generationen als Herrscherideal. Sein Tod und der damit verbundene Herrscherwechsel wurde in der Rückschau als Zäsur aufgefasst. Cassius Dio schreibt dazu: Unsere Geschichte des Reiches geht nun über von einem goldenen Zeitalter zu einem von Eisen und Rost, so schlecht stand es in jenen Tagen für die Römer.99 Dieses Urteil ist genau betrachtet ungerechtfertigt, denn bereits unter Marcus Aurelius wurde das Reich durch einen Angriff der Parther im Osten und besonders von den Germanen an der Donau bedroht, die tief ins Reichsgebiet eindrangen und die Römer in einen langwierigen Krieg verwickelten, während gleichzeitig die sogenannte „antoninische Pest“ weite Teile der Bevölkerung heimsuchte. Commodus wurde schon während der Regierung von Marcus Aurelius als Augustus zum Mitherrscher erhoben.100 Allerdings gemessen an dem Kaiserideal und dem Vorbild seines Vaters bot die Herrschaft des Commodus nach dem Urteil der Zeitgenossen Erschreckendes. Obwohl er bereits als Thronfolger schrittweise an die Regierungsaufgaben herangeführt wurde, zeigte er im Gegensatz zu dem Philosophen Marcus Aurelius, dessen in Griechisch verfasste Schrift Selbstbetrachtungen zur Weltliteratur gezählt wird, ganz andere Interessen. Er liebte vielmehr Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe und gefiel sich in der Selbststilisierung als Halbgott Herkules, als den ihn auch die berühmte Büste im Konservatorenpalast in Rom zeigt.101 Er trat öffentlich bei Tierhetzen auf, wobei er offenbar besonderes Vergnügen dabei fand, in der Arena große und für das römische Publikum seltene Tiere wie Nilpferde, Elefanten und Nashörner – jedoch aus sicherer Entfernung – zu
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erlegen.102 Bei anderen Gelegenheiten tötete der Kaiser Hunderte von Leoparden, Löwen oder Bären.103 Auch als Wagenlenker und Gladiator produzierte sich der Kaiser höchst persönlich in der Öffentlichkeit.104 Wie jedoch der Augenzeuge Cassius Dio versichert, habe Commodus wirkliche Kämpfe, bei denen er gelegentlich tatsächlich seine Gegner getötet haben soll, nur im privaten Rahmen ausgetragen. In der Öffentlichkeit bei seinen Auftritten im römischen Colosseum soll er auf scharfe Waffen und Blutvergießen verzichtet haben.105 Zwar genossen erfolgreiche Gladiatoren und Wagenlenker beim Volk eine Popularität, die der eines modernen Rockstars entsprach, doch war ihr gesellschaftlicher Status – besonders aus Sicht der senatorischen Oberschicht – sehr gering. Aber offenkundig legte der wahrscheinlich an krankhaft übersteigertem Selbstbewusstsein leidende Commodus keinen großen Wert auf eine Zusammenarbeit mit dem Senat. Das Volk jedoch war begeistert von dem als Gladiator kämpfenden Kaiser im Habit des Herkules, der gelegentlich auch öffentlich in Frauenkleidern erschien.106 Unter den Soldaten und der Provinzbevölkerung durfte sich Commodus – auch noch nach seinem Tod – ebenfalls einer ganz erheblichen Popularität erfreuen.107 Die Selbstdarstellung des Commodus war explizit an das Volk und das Heer andressiert.108 Seine Auftritte als Gladiator werden in der neueren Forschung zwischenzeitlich nicht mehr nur als das öffentliche Ausleben exzentrischer Neigungen interpretiert. Womöglich sollten diese für die symbolische Auseinandersetzung und Überwindung des Todes durch die Person des Herrschers stehen.109 Im Jahr 192 wurde Commodus das Opfer einer Verschwörung, die im engsten Umfeld des Kaisers ihren Ausgang nahm und an der seine Konkubine Marcia beteiligt war. Während sich Commodus im Bad aufhielt und vom Weingenuss benebelt war, wurde er dort von einem Athleten namens Narcissus mit einer Schnur erwürgt.110 Der Senat rächte sich für die Missachtung, die er als Gremium hinnehmen musste, indem er über den toten Herrscher die damnatio memoriae verhängte. Diese wurde allerdings gerade in den Provinzen nur sehr halbherzig umgesetzt. Nicht zuletzt ist auch das ausgesprochen negative Image des Kaisers in den historiographischen Quellen der postumen Vergeltung der senatorischen Geschichtsschreibung zuzuschreiben. Auf Betreiben des Prätorianerpräfekten Aemilius Laetus, dem Hauptinitiator der Ermordung des Commodus, wurde der hochangesehene und bejahrte Pertinax im Lager der Prätorianer, denen Laetus als Donativ 12.000 Sesterzen pro Mann versprochen hatte, zum Kaiser ausgerufen.111 Helvius Pertinax war ein Kaiser eines neuen Schlages. Er entstammte nicht einer senatorischen Familie, sondern war der Sohn eines Freigelassenen, das heißt eines ehemaligen Sklaven, und hatte sich über eine militärische und admini-
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strative Laufbahn bis zum Konsulat hochgearbeitet. Ursprünglich war er offenbar Lehrer (grammaticus), sei aber wegen der schlechten Verdienstmöglichkeiten ins römische Heer eingetreten.112 Dort arbeitete er sich in die oberen Offiziersränge hoch und stieg in den Ritterstand auf. Nachdem er das Amt des Befehlshabers der Rheinflotte bekleidet hatte, wurde er wegen seiner Verdienste auf Initiative eines senatorischen Gönners durch eine adlectio in den Senat aufgenommen. Während der Markomannenkriege bewährte er sich als Kommandant der legio I Adiutrix und konnte die in die Provinzen Noricum und Rätien eingefallenen Germanen vertreiben. Unter Commodus musste er sich zunächst ins Privatleben zurückziehen, kehrte aber später in den Staatsdienst zurück und amtierte auf dem vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere als Stadtpräfekt von Rom.113 Pertinax wäre eigentlich die ideale Wahl gewesen, da er sowohl unter den Senatoren als auch in den Provinzheeren über eine hohe Reputation verfügte. Doch die Prätorianer bereuten offenbar schon bald die Wahl des vergleichsweise gestrengen Pertinax. Bereits drei Monate später, Ende März 193, wurde er von meuternden Soldaten, die in den Palast auf dem Palatin in Rom eingedrungen waren, erschlagen.114 Nach dem Tod des Pertinax ereignete sich eine höchst unrühmliche Episode der römischen Kaiserzeit, bei der die Prätorianer das Kaisertum gewissermaßen an den Meistbietenden „versteigerten“. Sulpicianus, der Schwiegersohn des Pertinax, der zu dieser Zeit als Stadtpräfekt amtierte und von seinem Schwiegervater vor dessen Tod noch ins Lager der Prätorianergarde – der castra praetoria in Rom – entsandt wurde, befand sich bereits innerhalb des Lagers. Und der verdiente Senator Didius Julianus stand draußen vor den Toren. Beide empfahlen sich den Soldaten als Kandidaten für den Kaiserthron, indem sie den Truppen für den Fall ihrer Kaisererhebung ein beträchtliches Geldgeschenk versprachen. Naheliegenderweise versuchten sich beide, bei der Höhe der Summe zu übertreffen. Nun liefen einzelne Soldaten zwischen den beiden Prätendenten hin und her mit der Behauptung, der jeweils andere Kandidat habe eine noch höhere Summe versprochen. Schließlich ging Didius Julianus bei der „Auktion“ als Sieger hervor, der den Prätorianern die phantastische Summe von 25.000 Sesterzen pro Mann in Aussicht gestellt hatte. Wahrscheinlich hatten die Soldaten auch befürchtet, Sulpicianus könnte seinen ermordeten Schwiegervater rächen wollen. Die Prätorianer öffneten nun die Lagertore und riefen Didius Julianus zum Kaiser aus.115 Dieses Ereignis und die vorangegangene Ermordung des hochangesehenen Pertinax lösten jedoch einen Sturm der Empörung aus. Fast umgehend und beinahe gleichzeitig riefen die wichtigsten Heeresgruppen des Reiches ihre jeweiligen Befehlshaber zu Gegenkaisern aus. Anfang April 193 proklamierten die Legionen an der Donau Septimius Severus, den Statthalter Oberpannoniens
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(Pannonia superior), in Carnuntum, einem Legionsstandort in der Nähe Wiens, zum Kaiser. Ihnen folgten nur wenige Zeit später die Truppen in Syrien, die ihrerseits Pescennius Niger zum Herrscher kürten. Die Verzögerung war jedoch nur der notwendigen Zeit für die Nachrichtenübermittlung in die von Rom weit entfernte Provinz geschuldet. Der Kaiserkandidat der Legionen in Britannien war Clodius Albinus. Somit gab es nun vier Kaiser. Septimius Severus stellte sich demonstrativ in die Nachfolge des Pertinax und trat als dessen Rächer auf. Mit den kampferprobten pannonischen Legionen marschierte er umgehend nach Rom. Eine Verständigung mit Didius Julianus lehnte er ab. Den Prätorianern stellte er Straffreiheit in Aussicht, wenn sie auf seine Seite wechselten – ein Angebot, das die nunmehr offenbar verängstigten Gardetruppen gerne annahmen. Somit hatte Didius Julianus sämtlichen Rückhalt verloren. Er verschanze sich in seinem Palast und wurde dort schließlich ermordet. Der Attentäter war vom Senat beauftragt worden, der zwischenzeitlich ebenfalls Septimius Severus anerkannt hatte.116 Lucius Septimius Severus stammte aus der nordafrikanischen Stadt Leptis Magna im heutigen Libyen, von der noch eindrucksvolle archäologische Überreste vorhanden sind. Seine Familie war wohlhabend und gehörte dem Ritterstand an. Nachdem sich ein Verwandter in Rom für ihn verwendet hatte, wurde er durch eine adlectio in den Senat aufgenommen und dadurch zur senatorischen Ämterlaufbahn zugelassen. Er absolvierte sodann den klassischen römischen cursus honorum. Das heißt, abgesehen von seiner Zeit als Kommandeur der legio IV Scythica in Syrien bekleidete er nur zivile Ämter. Erst unter Commodus wurde er zum Befehlshaber der pannonischen Legionen ernannt.117 Wahrscheinlich empfahl er sich gerade durch seine militärische Unerfahrenheit für dieses Amt, da man im Umfeld des Commodus glaubte, von ihm keine Usurpation befürchten zu müssen. Die Bevölkerung seiner Heimatstadt Leptis Magna stammte von den Phöniziern aus dem Libanon ab, die an der nordafrikanischen Küste zahlreiche Kolonien gegründet hatten und von den Römern Punier (Poeni) genannt wurden. Septimius Severus, der selbstverständlich fließend Lateinisch und Griechisch sprach und sicherlich eine gründliche Ausbildung genossen hatte, wurde deshalb ein punischer Akzent nachgesagt.118 In zweiter Ehe war er mit der aus dem syrischen Emesa stammenden Julia Domna verheiratet. Ihr Vater Julius Bassianus war der Oberpriesters des Gottes Elagabal und gehörte wohl dem alten Fürstengeschlecht der Priesterkönige von Emesa an. Wahrscheinlich lernte Septimius Severus die Familie seiner späteren Gattin während seiner Amtszeit als Befehlshaber der legio IV Scythica kennen. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor. Der im Jahr 188 geborene Caracalla und sein jüngerer Bruder Geta.
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Als einer seiner ersten Regierungshandlungen reformierte Septimius Severus die Prätorianergarde. Die übel beleumundete Truppe in ihrer bestehenden Form löste er auf. In ihr dienten bis zu diesem Zeitpunkt in erster Linie römische Bürger, die aus Italien oder den stark romanisierten Provinzen stammten. Die neue Prätorianergarde hatte nun eine Gesamtstärke von 10.000 Mann und bestand aus bewähren Soldaten der Donaulegionen. Zudem verdoppelte Septimius Severus die Gardekavallerie der equites singulares Augusti.119 Diese Präsenz, der aus dem Rand des Imperiums stammenden Truppen, zeigte sich auch im Stadtbild Roms. Cassius Dio beklagt das barbarische Erscheinungsbild und Benehmen der neuen Garde,120 trugen die Soldaten aus den Grenzprovinzen doch entgegen römischer Sitte lange Hosen sowie langärmelige Tuniken und sprachen kein akzentfreies Latein.121 Somit markierte auch rein vom optischen Eindruck die Herrschaft des Septimius Severus einen Einschnitt. Zudem wurde die von Septimius Severus später neu aufgestellte legio II Parthica in der Nähe Roms in dem Legionslager Castra Albana (heute Albano Laziale) stationierte. Das war theoretisch gesehen ein absolutes Novum und eine Provokation des Senats, denn Italien galt als entmilitarisierte Zone. Doch sollte damit nur der republikanische Schein aufrechterhalten werden, da bereits die Gegenwart der Prätorianergarde in Rom dieser scheinbaren Entmilitarisierung widersprach. Wie schon im vorherigen Kapitel ausgeführt, bildete die neuformierte Prätorianergarde und die legio II Parthica eine mobile Einsatzreserve, die den Kaiser auf seinen Feldzügen begleitete und nur dann in voller Stärke in Rom und Castra Albana zugegen war, wenn auch der Kaiser in der Hauptstadt weilte. Das war jedoch zunächst keineswegs oft der Fall, denn Septimius Severus, der vor seiner Thronbesteigung über keine nennenswerte militärische Erfahrung verfügte, führte eine Reihe von Kriegen. Clodius Albinus verständigte sich mit Septimius Severus, indem er sich mit dem Rang eines Untergeordneten Kaisers zufrieden gab und nur den Titel Caesar annahm. Unvermeidlich war allerdings die Auseinandersetzung mit Pescennius Niger. Seine Truppen hatten bereits den Hellespont – die heutigen Dardanellen – und den Bosporus überquert, und es war bereits zu ersten Kampfhandlungen gekommen. Nach gründlichen Vorbereitungen zog Septimius Severus mit seiner Hauptstreitmacht nach Osten. Die Anhänger des Pescennius Niger musste gegen die Donaulegionen eine Reihe von Niederlagen hinnehmen, bevor schließlich bei Issos der Herrscher des Ostens mit einem letzten Aufgebot geschlagen wurde. Pescennius Niger wurde kurz darauf, bei dem Versuch über den Euphrat zu fliehen, von seinen Verfolgern getötet. Nach dem Sieg über seinen östlichen Widersacher blieb Septimius Severus im Osten und führte einen ersten Krieg gegen die Parther. Vorwand hierfür war die Unterstützung des Pescennius Niger durch parthische Fürsten.
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Die Parther waren ein indogermanisches Reitervolk, das im zweiten vorchristlichen Jahrhundert die makedonische Herrscherdynastie der Seleukiden aus dem Iran verdrängt hatte und schließlich auch Mesopotamien in Besitz nahm. Das Reich der Parther stand zwar unter der Herrschaft eines in der Hauptstadt Ktesiphon am Tigris residierenden Großkönigs, war aber nur schwach zentralisiert. Neben dem Großkönig existierten mehrere mehr oder weniger unabhängige Teilfürstentümer. Standen diese einzelnen Dynasten und Fürstenhäuser hinter ihrem Herrscher, so konnten die Parther den Römern als fast gleichwertige Gegner die Stirn bieten. Bereits im Jahr 53 v. Chr. bereitete ein aus berittenen Bogenschützen und schwer gepanzerten Reitern (Kataphrakten) bestehendes Heer den Römern bei Carrhae, dem heutigen Harran, eine vernichtende Niederlage. In der Folge kam es immer wieder zu militärischen Konflikten, bei denen die Römer unter Trajan (98–117) und Lucius Verus (161–168) die Metropole Ktesiphon einnehmen konnten. Zwar wurden unter Trajan das Zweistromland und Armenien für kurze Zeit zu römischen Provinzen, und unter Lucius Verus wurde die Grenzstadt Dura Europos annektiert, doch konnten die Römer im Osten zunächst keine nennenswerten Gebietsgewinne für sich verbuchen. Insgesamt betrachtet könnte man sogar beinahe von einer weitgehend friedlichen Koexistenz sprechen.122 Der erste Partherkrieg des Septimius Severus im Jahr 195 richtete sich nicht gegen den Großkönig selbst, sondern nur gegen einige parthische Dynasten. Ziel des Septimius Severus war es möglicherweise, die ehemaligen Einheiten des Pescennius Niger besser in sein Heer zu integrieren, wozu ein leicht zu erringender militärischer Erfolg durchaus geeignet war. Zudem war es sicherlich nicht verkehrt, der römischen Öffentlichkeit neben einem Sieg im Bürgerkrieg einen militärischen Erfolg gegen einen auswärtigen Gegner präsentieren zu können. Als Resultat dieses Feldzuges kamen einige Gebiete jenseits des Euphrats wie das Fürstentum Osrhoene, das den Status einer römischen Provinz erhielt, endgültig unter die Kontrolle Roms. In der Zwischenzeit bahnte sich der Konflikt mit Clodius Albinus an. Durch seinen Status als Caesar war er eigentlich zum Nachfolger designiert. Septimius Severus wollte jedoch die Nachfolge seiner eigenen Familie sichern, und noch im Osten erhob er Caracalla zum Caesar. Gleichzeitig versuchte Septimius Severus seine Herrschaft zusätzlich zu legitimiere, indem er sich zum fiktiven Adoptivsohn des Marcus Aurelius erklärte. Demonstrativ war zudem die Anknüpfung an den Philosophenkaiser durch die offizielle Verleihung des Namens Marcus Aurelius Antoninus an Caracalla. Commodus, der nun als „Bruder“ des Kaisers zu betrachten war, wurde rehabilitiert und durch Konsekration zum Staatsgott erhoben.123 Caracallas Ernennung zum Thronfolger war ein Affront gegen Clodius Albinus, der außerdem zum Staatsfeind
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erklärt wurde. Somit war der Bruch vollzogen. Clodius Albinus, der über zahlreicher Anhänger im Senat verfügte, ließ sich daraufhin zum Augustus ausrufen. Fast das ganze folgenden Jahres verbrachten beide Seiten mit Kriegsvorbereitungen und Vorgefechten. Clodius Albinus setzte über den Ärmelkanal und versuchte seinen Machtbereich auf Gallien und die germanischen Provinzen auszudehnen. Erst im Februar 197 kam es bei Lugdunum (Lyon) zur Entscheidungsschlacht. Beide Herrscher führten ihre Truppen selbst in den Kampf. Septimius Severus kam dabei in eine gefährliche Situation, als seine Legionäre die Truppen des Gegners zu ungestüm verfolgten und dabei in einen Hinterhalt gerieten. Die Schlacht wurde von der Kavalleriereserve des Septimius Severus entschieden. Die Soldaten des Clodius Albinus hatten während des Kampfes ihre Gefechtsformation aufgegeben und wurden nun von den gegnerischen Reitern in die Flucht geschlagen. Clodius Albinus hatte den Kampf um die Herrschaft verloren und nahm sich nach altrömischer Manier das Leben. Wie Cassius Dio klagt, wurde dieser Sieg des Septimius Severus, der nun unangefochtener Alleinherrscher war, mit einem hohen Blutzoll auf beiden Seiten bezahlt.124 Die Anhänger des Clodius Albinus wurden anschließend vom Sieger rücksichtslos verfolgt. Septimius Severus verschonte auch nicht die Senatoren, die mit seinem Gegner konspiriert hatten. Bei der Rückkehr nach Rom wurden 64 Senatoren verhaftet und davon 29 hingerichtet.125 Währendessen nutzte der Partherkönig Vologaeses V. die innerrömischen Auseinandersetzungen, um die neue römische Provinz Osrhoena im nördlichen Mesopotamien anzugreifen. Dies machte einen zweiten Partherkrieg notwendig. Septimius Severus ließ dazu drei neue Legionen aufstellen, die bezeichnenderweise den Beinamen Parthica erhielten und in Richtung Osten in Marsch gesetzt wurden – darunter die bereits genannte legio II Parthica. Noch im Sommer 197 folgte ihnen der Kaiser selbst. Der römischen Streitmacht konnte Vologaeses V. nur sehr wenig Widerstand leisten, da zwischenzeitlich einige parthische Unterkönige gegen den Großkönig rebellierten. So gelang es Septimius Severus, bis ins parthische Kernland vorzustoßen und die Hauptstadt Ktesiphon zu erobern. Deshalb nahm der den Siegerbeinamen Parthicus Maximus an, den vor ihm bisher nur Trajan getragen hatte.126 Allerdings scheitere der Kaiser zweimal an der Belagerung der stark befestigten Wüstenstadt Hatra beim heutigen Mosul, deren Ruinen heute als bedeutendste Stätte architektonischer Denkmäler aus der Zeit der Parther gelten. Im nördlichen Zweistromland richtete Septimius Severus nun neben Osrhoena eine zweite Provinz mit dem Namen Mesopotamia ein. Erst im Jahr 202 kehrte Septimius Severus nach Rom zurück. Um seinen Sieg zu verherrlichen, ließ er auf dem Forum Romanum einen dreitorigen Triumphbogen errichten, der noch heute bewundert werden kann. Seine
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Reliefs geben Einblick in das Kriegsgeschehen und zeigen unter anderem die Einnahme von Ktesiphon. Während des Partherkrieges vernachlässigte der Kaiser keineswegs die Innenpolitik. Im Herbst 197 wurde der damals gerade erst neunjährige Caracalla mit dem Titel Augustus zum Mitherrscher erhoben. Gleichzeitig erhielt sein jüngerer Bruder Geta den Titel Caesar. Womöglich nahm sich Septimius Severus den „Reisekaiser“ Hadrian zum Vorbild, denn er bereiste einige Provinzen des Reiches, die sonst nur selten durch den Besuch des römischen Kaisers geehrt wurden. Im Winter 199/200 hielt sich Septimius Severus in der Begleitung des jungen Caracalla in Ägypten auf, wo er sich intensiv der Rechtspflege widmete.127 Im Jahr 203 besuchte er seine nordafrikanische Heimat. In seiner Geburtsstadt Leptis Magna wurde anlässlich des Herrscherbesuchs ein umfangreiches Bauprogramm umgesetzt. Neben zahlreichen anderen öffentlichen Gebäuden errichtete man auch einen viertorigen Triumphbogen (Tetrapylon) zu Ehren des Kaiserhauses. Erste Anzeichen innerfamiliärer Konflikte offenbarten sich bei der Affäre um den Prätorianerpräfekten Plautianus. Dieser war ein langjähriger Vertrauter des Kaisers und stammte wie dieser ebenfalls aus Leptis Magna. Durch die Gunst des Herrschers gelang es ihm, eine außerordentliche Machtstellung aufzubauen. Er galt allerdings als habgierig und war außerdem mit der Kaiserin Julia Domna verfeindet. Das Oberkommando über die Prätorianergarde hatten grundsätzlich immer zwei Präfekten inne. Plautianus beseitigte seinen Amtskollegen Saturninus und amtierte daraufhin als alleiniger Prätorianerpräfekt.128 Caracalla wurde offensichtlich gegen seinen Willen dazu gezwungen, Plautilla, die Tochter des Prätorianerpräfekten, zu heiraten. Zudem schien der ältere Sohn des Kaisers, den mächtigen zweiten Mann im Staat als Rivalen zu betrachten. Caracalla initiierte eine Intrige. Mit der Hilfe seines Erziehers Euodus sowie falscher Zeugen bezichtigte er Plautianus einen Anschlag auf das Leben des Kaisers geplant zu haben.129 Um seinem Rivalen die Möglichkeit zur Verteidigung zu nehmen, soll Caracalla versucht haben, den zur Rechenschaft vor den Kaiser zitierten Plautianus eigenhändig zu töten. Septimius Severus konnte seinen Sohn davon abhalten, war aber wohl damit einverstanden, dass Plautianus von den Leibwachen Caracallas umgehend niedergemacht wurde. Seine Tochter Plautilla wurde auf die Insel Lipari, die der Gruppe der Liparischen Inseln ihren Namen gab und in der Nachbarschaft von Stromboli liegt, verbannt und später auf Befehl von Caracalla ermordet.130 Generell war es üblich geworden, dass die beiden Prätorianerpräfekten ihre immer umfangreicher werdenden Tätigkeitsfelder aufteilten. Meist kümmerte sich einer der Amtsträger um die militärischen Belange, während sein Amtskollege die zivilen Aufgaben übernahm. Nach dem Sturz des Plautianus wurden wieder zwei Präfekten eingesetzt. Einer davon war der Jurist Papinian,
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der zuvor als Chef der kaiserlichen Kanzlei tätig war und nun eine Position einnahm, die man mit einem Justizminister vergleichen könnte. Der Kaiser war bereits über 60 Jahre alt und schwer von der Gicht gezeichnet, als sich ein neuer Kriegsschauplatz im Norden des Reiches abzeichnete. Das römische Britannien wurde immer wieder von den Stämmen nördlich des Hadrianswalls bedroht, für deren Abwehr aber nur selten das persönliche Eingreifen des Kaisers vonnöten war. Wahrscheinlich übernahm Septimius Severus selbst das Oberkommando, um seinen Söhnen, die ihn wie bereits bei seinem zweiten Feldzug gegen die Parther begleiteten, die Möglichkeit zu geben, militärische Lorbeeren zu erwerben und so die Treue der Soldaten zu gewinnen. Geta wurde im Jahr 209 in Eburacum (York) zum Augustus erhoben. Er war somit rangmäßig seinem Bruder gleichgestellt und sollte während des Feldzugs die Zivilverwaltung Britanniens übernehmen. Caracalla hingegen leitete die militärischen Operationen. Ziel war vermutlich die Unterwerfung der ganzen britischen Insel. Wegen infrastruktureller Probleme und durch die Guerillataktik der Kaledonier zogen sich die für die Römer letztlich verlustreichen Kämpfe jedoch hin. Am 4. Februar 211 starb der inzwischen schwerkranke Septimius Severus in Eburacum.131 Wie Cassius Dio berichtet, soll er auf dem Sterbebett seinen beiden Söhnen die Maxime gegeben haben: Seid einig, bereichert die Soldaten und verachtet alle anderen.132 Mit dieser nachdrücklich beschworenen Einigkeit war es jedoch nicht weit her, denn die beiden Brüder Caracalla und Geta, die nun die Herrschaft übernahmen, waren schon von frühester Jugend an verfeindet. Zunächst beendeten die Brüder den Krieg in Britannien und kehrten nach Rom zurück. In den folgenden Monaten trat der tödliche Hass des Herrscherduos offen zutage. Beide Kaiser scharten ihre Anhänger um sich, und der Plan einer territorialen Aufteilung der Herrschaftsbereiche wurde zwar erörtert, aber nicht umgesetzt.133 Das beinahe Unausweichliche ereignete sich schließlich im Dezember 211. Caracalla ergriff die Initiative und überredete die nichtsahnende Julia Domna ihren jüngeren Sohn Geta zu einer Aussprache mit dem Bruder einzuladen. Geta tappte in die Falle und wurden von den Schergen seines Bruders in den Armen der Mutter ermordet, wobei die Kaiserin selbst verletzt wurde.134 Am folgenden Tag rechtfertigte Caracalla die grausame Tat in einer Rede vor dem Senat mit der – durchaus nicht unglaubwürdigen – Behauptung, nur einem Anschlag seines Bruders zuvorgekommen zu sein. Über das Andenken Getas wurde die damnatio memoriae verhängt. Seine Anhänger wurden in der folgenden Zeit gnadenlos verfolgt. Angeblich sollen dabei 20.000 Menschen ihr Leben verloren haben, darunter auch der „Justizminister“ Papinian, der wohl zwischen den beiden Brüdern vermitteln wollte.135 Somit war Caracalla mit dem Stigma des blutrünstigen Tyrannen und Brudermörders gezeichnet. Als ein
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Versuch, das Vertrauen der stadtrömischen Bevölkerung wiederzugewinnen, kann wahrscheinlich die Errichtung der Caracalla-Thermen in Rom gesehen werden, die als die größten der damaligen Zeit galten und deren Ruinen auch den heutigen Rombesucher noch beeindrucken. Eine der berühmtesten innenpolitischen Maßnahmen Caracallas war die im Jahr 212 erlassene Constitutio Antoniniana, durch die alle freien Bewohner des Reiches das römische Bürgerrecht erhielten. Zwar wurde dem Kaiser unterstellt, damit hauptsächlich eine Erhöhung des Steueraufkommens intendiert zu haben,136 doch wurde nun erst aus dem römischen Reich, das bis dahin einen Fleckenteppich von Städten und Territorien mit teilweise recht unterschiedlichem Rechtsstatus bildete, ein einheitliches Staatsgebilde.137 Das römische Bürgerrecht war damit nicht mehr ideell an die Bürgerschaft der Stadt Rom gebunden. Vielmehr konnte man von nun an von einem Reichsbürgertum sprechen, wodurch die große integrative Kraft des römischen Reiches noch verstärkt wurde. Da jetzt das römische Recht für alle Bewohner des Reiches verbindlich war, wurde außerdem ein Zustand der Rechtssicherheit geschaffen. Bei der Verleihung des Bürgerrechts durch den Kaiser war es wie bei der Freilassung eines Sklaven üblich, dass die Begünstigten den Gentilnamen ihres Gönners annahmen. Seit der fiktiven Adoption des Septimius Severus in die Familie des Marcus Aurelius lautete Caracallas Gentilname Aurelius. Es verwundert deshalb nicht, dass im Zuge der Constitutio Antoniniana der Name Marcus Aurelius im dritten Jahrhundert gerade in den Donauprovinzen und im Osten des Reiches überaus häufig war. Die Constitutio Antoniniana dürfte dem beim Senat verhassten Herrscher die Sympathien der Provinzbevölkerung eingebracht haben. Doch wie bereits Septimius Severus sah auch Caracalla in der Armee die Hauptstütze seiner Herrschaft. Um sich der Gunst des Militärs zu versichern, erhöhte Caracalla den Sold, der bereits von seinem Vater verdoppelt wurde, um 50 %. Eine Haupteinnahmequelle der Soldaten waren daneben die umfangreichen Sonderzahlungen, die anlässlich von Regierungsjubiläen oder dem Geburtstag des Kaisers ausbezahlt wurden. Nach der Ermordung Getas gelang es Caracalla ohne weiteres, die Prätorianer und die legio II Parthica durch ein großzügiges Donativ auf seine Seite zu ziehen.138 Nicht zuletzt war es besonders die Lebensweise des Kaisers, die ihm die Treue der Truppen sicherte und zu seiner ganz ausgesprochenen Beliebtheit beim Militär beitrug. Auf seinen Feldzügen lebte er wie ein einfacher Soldat und soll dieselben Anstrengungen und Strapazen wie seine Legionäre auf sich genommen haben.139 Wahrscheinlich verfolgte Caracalla damit nicht in erster Linie die Absicht, sich bei den Mannschaften anzubiedern, vielmehr entsprach das Soldatenleben wohl seinen persönlichen Neigungen. Sein auffallendstes Merkmal war der keltische Kapu-
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zenmantel, dem er – wie bereits erwähnt – seinen Spitznamen zu verdanken hatte. Glaubt man Cassius Dio, so war er als Feldherr unfähig.140 Falls das wirklich zutrifft, dann war der Kaiser immerhin klug genug, die militärischen Operationen erfahrenen Kommandeuren zu übertragen. Zu Beginn des dritten Jahrhunderts schlossen sich jenseits der römischen Grenzen mehrere elbgermanische Stämme zu einem größeren Verband zusammen, der von Cassius Dio als Alamannen bezeichnet wird.141 Im Laufe des dritten Jahrhunderts entwickelten sich die Alamannen durch ihre Raubzüge tief in römisches Gebiet zu einer erheblichen Bedrohung. Zunächst jedoch scheint ihre Ethnogenese zu innergermanischen Konflikten geführt zu haben. Vermutlich kam es aufgrund eines germanischen Hilfegesuchs zur Intervention Roms. Im Jahr 213 unternahm Caracalla einen kurzen Feldzug gegen die Alamannen und besiegte sie am Main.142 Wie Cassius Dio explizit berichtet, gehörten zum Expeditionsheer unter anderem Bogenschützen aus der neuen Provinz Osrhoena.143 Caracalla scheint diese kurze Expedition gegen die Alamannen, von denen zunächst keine Gefahr für das Reich ausging, vor allem dazu genutzt zu haben, um sich als siegreicher Feldherr profilieren zu können. Eine besondere Faszination ging für Caracalla von Alexander dem Großen aus. Der legendäre Eroberer des Perserreichs galt schon unter seinen unmittelbaren Nachfolgern, den Diadochen, als übermächtiges Ideal mit einer großen Vorbildfunktion. Zahlreiche römische Politiker gefielen sich gerade hinsichtlich ihrer Ostpolitik darin, dem großen Makedonen nachzueifern, was man als imitatio Alexandri bezeichnet. Genannt seien hier beispielsweise Julius Caesar, der nach dem Vorbild Alexanders einen Feldzug gegen die Parther führen wollte, oder Augustus, der sich auf einigen seiner Münzen im Gestus des Makedonen darstellen ließ. Trajan soll während seines Partherkriegs sein bereits fortgeschrittenes Alter bedauert haben, da er gerne wie sein Vorbild bis nach Indien gezogen wäre.144 Die Begeisterung Caracallas für Alexander den Großen stand also durchaus in einer längeren Tradition. Angeblich stellte der Kaiser eine 16.000 Mann starke Phalanx Alexanders auf, deren Soldaten eine historische makedonische Ausrüstung und ebensolche Gewänder erhalten haben sollen.145 Man kann allerdings davon ausgehen, dass die römischen Soldaten höchstens bei Paraden in dieser anachronistischen Aufmachung erschienen sind. Die Zeit der Severer war auch auf militärischem Gebiet von Innovationen geprägt,146 weshalb man die Vorstellung, die römischen Truppen wären in der schwerfälligen Ausrüstung der makedonischen Phalanx in die Schlacht gezogen, getrost ins Reich der Phantasie verweisen kann. Wie sich beinahe von selbst versteht, war ein Besuch des Alexandergrabes in Alexandria für Caracalla obligatorisch. Dort sei er bei seinem Besuch 215/216 von den Alexandrinern wegen seiner Alexanderimitation verspottet worden, woraufhin
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die Soldaten des Kaisers als kollektive Strafmaßnahme unter der Bevölkerung der Stadt ein Massaker angerichtet haben sollen.147 Die Forschung geht inzwischen aber davon aus, dass es bereits vor Caracallas Ankunft zu bürgerkriegsähnlichen Unruhen in der Stadt gekommen war, die von den römischen Soldaten dann blutig unterdrückt wurden.148 Folgt man den literarischen Quellen, dann stand auch der von Caracalla aufgenommene Partherkrieg unter dem Vorzeichen der imitatio Alexandri. Der Kaiser soll dem Partherkönig vorgeschlagen haben, dessen Tochter zu heiraten, um so beide Reiche vereinigen zu können.149 Dazu muss man wissen, dass Alexander der Große nach der Eroberung des Perserreichs Stateira, die Tochter von Dareios III., zur Frau nahm. In wie weit die angeblichen Heiratspläne Caracallas einen historischen Kern haben, ist ungewiss. Wahrscheinlich beabsichtigte der Kaiser lediglich, gegenüber den Parthern die Ostpolitik seines Vaters fortzusetzen. Die Umstände waren günstig, da im Partherreich zu dieser Zeit Bürgerkrieg herrschte. Im Vorfeld des Partherkrieges ließ Caracalla einen Doppeldenar als neues Münznominal prägen, der heute nach diesem Kaiser als Antoninian bezeichnet wird. Der Denar war die gängigste Silbermünze dieser Zeit, und der Antoninian war offiziell zwei Denare wert, doch hatte er nicht das doppelte, sondern nur das eineinhalbfache Gewicht des Denars. Das war im Grunde genommen ein intelligenter Schachzug, da nun aus einer geringeren Menge an Feinsilber ein höherer Münzwert geschaffen werden konnte. Allerdings wurde dieses neue Nominal zunächst nur in geringer Stückzahl ausgeprägt, und erst später löste der Antoninian den Denar als Standardwährung ab.150 Die römischen Operationen im Jahr 216 beschränken sich darauf, die Königsgräber in dem parthischen Teilkönigreich Adiabene zu verwüsten. Während Caracalla den Winter in der Provinz Mesopotamia verbrachte, geriet sein Prätorianerpräfekt Macrinus in eine prekäre Situation, bei der man von einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung sprechen könnte.151 Wie es heißt, wurde ihm die Kaiserwürde vorausgesagt, und allein schon eine diesbezügliche Prophezeiung wurde als Hochverrat aufgefasst. Außerdem sei darüber bereits ein Bericht an den misstrauischen Caracalla unterwegs gewesen. Macrinus, der eine Warnung von einem Vertrauensmann erhielt, hatte also allen Grund, um sein Leben zu fürchten. In dieser Notlage initiierte er eine Verschwörung gegen den Kaiser. Als Mitverschwörer gewann er einige unzufriedene Offiziere der Prätorianergarde. Caracalla hatte sich sicherheitshalber eine germanische Leibwache zugelegt, die er seine „Löwen“ nannte. Am 8. April 217 war er mit nur wenigen Begleitern auf dem Rückweg von dem Mondheiligtum in Edessa im nördlichen Zweistromland. Wie Herodian schreibt, wurde der Kaiser nun durch ein Bedürfnis des Unterleibs bedrängt. Er ließ absitzen und ging in Begleitung
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nur eines Leibwächters beiseite, um sich der Qual zu entledigen.152 Als der Kaiser damit beschäftigt war, sich Erleichterung zu verschaffen, wandte sich auch der germanische Leibwächter diskret ab. Durch seine Verrichtung in Anspruch genommen und vermutlich mit heruntergelassener Hose – dieses unrömische Kleidungsstück war inzwischen zu einem integralen Bestandteil der römischen Soldatentracht geworden –, gab Caracalla in diesem Moment ein wehrloses Opfer ab. Das war die Gelegenheit für die Verschwörer. Martialis, einer der unzufriedenen Offiziere, der entsprechend seiner Intention eine wesentlich geringere Diskretion an den Tag legte, kam nun hinzu – scheinbar um Caracalla etwas mitzuteilen. Kurzerhand erdolchte er den Kaiser. Dem Leibwächter gelang es zwar, Martialis mit einem Wurfspeer zu töten, wurde aber seinerseits bei dem nun entstehenden Tumult von den anderen Verschwörern niedergemacht, die sich den Anschein gaben, als wollten sie dem Kaiser zu Hilfe eilen.153 Mit der Beseitigung Caracallas war die Gefahr für Macrinus jedoch noch nicht gebannt, da er von einem potentiellen Nachfolger befürchten musste, als Haupt der Verschwörung entlarvt zu werden. Notgedrungen musste der Prätorianerpräfekt – wie ihm prophezeit wurde – selbst zum Nachfolger proklamiert werden. Obwohl er seine Mittäterschaft verheimlichen konnte, gestaltete sich dies schwierig. Da Caracalla keinen Sohn hatte und auch sonst kein geeigneter Verwandter des Kaiserhauses zugegen war, favorisierte das Heer den Amtskollegen des Macrinus, den altgedienten und betagten Prätorianerpräfekten Marcus Oclatinius Adventus, der sich vom einfachen Soldaten hochgearbeitet hatte.154 Erst als dieser mit Hinweis auf sein Alter ablehnte, konnten die Soldaten nach einigen Tagen dazu überredet werden, Macrinus zum Kaiser auszurufen. Nach der obligatorischen recusatio imperii nahm dieser die Würde an. Die Proklamation des Macrinus war ein absolutes Novum in der Geschichte der römischen Kaiserzeit. Bis dahin war die Senatsmitgliedschaft eine Mindestanforderung für einen Kandidaten für den Kaiserthron. Macrinus war der erste, der aus dem Ritterstand auf den Thron gelangte, woraus man folgern muss, dass überhaupt kein geeigneter Mitbewerber aus dem Senatorenstand zugegen war. Zudem konnte der neue Herrscher trotz seines Amtes als Prätorianerpräfekt nur eine ausschließlich zivile Laufbahn vorweisen, weshalb er beim Heer von vornherein unbeliebt war. Um seine Herrschaft zu legitimieren, knüpfte er an die Dynastie der Severer an und nannte sich fortan Marcus Opellius Severus Macrinus. Seinen erst achtjährigen Sohn Diadumenianus erhob er schon bald zum Caesar, womit für die Zukunft dynastische Kontinuität signalisiert werden sollte. Da Caracalla beim römischen Senat ausgesprochen verhasst war, wurde dessen Ermordung mit Genugtuung aufgenommen und Macrinus als Herrscher erwartungsgemäß bestätigt.
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Doch standen die Senatoren dem aus kleinen Verhältnissen stammenden Emporkömmling Macrinus sehr kritisch gegenüber, was sich in der senatorischen Geschichtsschreibung wiederspiegelt. Cassius Dio bemängelt zum Beispiel, dass Macrinus nach der Herrschaft gegriffen habe, ohne zuvor Senator gewesen zu sein.155 Zunächst versuchte Macrinus den Partherkrieg seines Vorgängers auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Da der Partherkönig Artabanos IV. inzwischen den Bruderkrieg in seinem Reich niedergeschlagen und das parthische Heer versammelt hatte, ging er jedoch auf keine Verhandlungen ein. Bei Nisibis in Mesopotamien kam es daraufhin zu einer mehrtägigen Schlacht, die für die Römer ungünstig verlief.156 Schließlich mussten sich die Römer den Frieden, bei dem es wenigstens zu keine Gebietsverluste für Rom kam, durch hohe Geldzahlungen erkaufen. Das große Heer, das Caracalla für den Partherkrieg zusammengezogen hatte, verteilte Macrinus – unvorsichtigerweise wie sich schon bald herausstellen sollte – auf mehrere Winterlager in Syrien. In der Finanzpolitik bemühte er sich ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger um einen Sparkurs. Zwar konnte er die Bezüge der Soldaten nicht generell kürzen, ohne sogleich eine Meuterei zu riskieren, aber zumindest die neuen Rekruten sollten eine geringere Besoldung erhalten. Der neue Kaiser selbst verbrachte den Winter 217/218 in Antiochia am Orontes, der prächtigen und bevölkerungsreichen Hauptstadt der römischen Provinz Syria Coele. Im folgenden Frühjahr kam es zu jenen Ereignissen, die zur Thronbesteigung Elagabals führten und die im übernächsten Kapitel dargestellt werden sollen. Septimius Severus wird oft vorgeworfen, dass seine Regierungsmaßnahmen in erster Linie dem Erhalt seiner Macht gedient hätten. Tatsächlich suchte er nach einer Legitimierung seiner Herrschaft, da er als Usurpator gegen den amtierenden und – mehr oder weniger – rechtmäßigen Kaiser Didius Julianus zum Kaisertum gelangte. Nachdem er sich zuerst zum Rächer des Pertinax erklärt hatte – sein voller Kaisername lautete Septimius Severus Pertinax Augustus –, suchte er nach einer dynastischen Legitimation durch die fiktive Adoption in die Familie des Marcus Aurelius. Daneben geschah dies auch durch eine verstärkte Sakralisierung der Person des Herrschers und der kaiserlichen Familie, der sogenannten domus divina (göttliches Haus). In die kaiserliche Selbstdarstellung wurden deshalb die Kaiserin Julia Domna sowie die beiden Söhne Caracalla und Geta ostentativ miteinbezogen.157 Ein berühmtes Beispiel ist der Tondo aus der Antikensammlung der Staatlichen Museen in Berlin. Das runde auf Holz gemalte Gemälde zeigt das Herrscherpaar mit den beiden noch im Kindesalter stehenden Prinzen im Vordergrund.158 Dass das scheinbar harmonische Familienleben, das im Rahmen der kaiserlichen Selbstdarstellung vermittelt werden sollte, keineswegs der Realität ent-
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sprach, demonstriert auch dieser Tondo, denn das Gesicht Getas wurde infolge der damnatio memoriae nach seinem Tod zerstört. Julia Domna spielte an der Seite ihres Gatten und später an der ihres Sohnes eine besondere Rolle.159 Sie begleitete Septimius Severus auf seinen Feldzügen und Reisen, wofür sie den inschriftlich belegten Titel mater castrorum (Mutter des Feldlagers) erhielt, den zuvor schon die Gemahlin des Marcus Aurelius trug. Unklar ist eine mögliche Beteiligung beim Sturz des Prätorianerpräfekten Plautianus, der gegen sie intrigierte und die Kaiserin zeitweise in den Hintergrund drängte.160 Nach der Ermordung Getas wurde ihr von Caracalla angeblich verboten, Trauer zu zeigen.161 Julia Domna schätze Philosophie und Literatur und umgab sich mit einem Kreis von Philosophen und Sophisten. Dazu gehörte unter anderem der Schriftsteller Flavius Philostratos, der auf Anregung der Kaiserin eine Biographie über den Philosophen Apollonios von Tyana verfasste, der im ersten Jahrhundert lebte und wegen der über ihn überlieferten Legenden und Wundergeschichten in der Antike als paganes Gegenstück zu Jesus von Nazareth betrachtet wurde.162 Wie ein von Philostratos erhaltener Brief an Julia Domna belegt, war die Kaiserin in der Lage, sich über Fragen des literarischen Stils auszutauschen.163 Während der Herrschaft Caracallas erledigte die Kaiserin einen Teil des Schriftverkehrs und nahm Bittgesuche entgegen. In einer Inschrift aus Ephesos wird beispielsweise ein Gesuch wiedergegeben, worin die Bewohner der Stadt Julia Domna um einen Besuch des Kaisers bitten.164 Wie der Kaiser so gab auch die Augusta öffentliche Empfänge. Doch ist zu betonen, dass Julia Domna keine offizielle Funktion als Herrscherin hatte und Caracalla nur selten auf die Ratschläge seiner Mutter hörte.165 Nach der Ermordung ihres zweiten Sohnes wurde sie von Macrinus großmütig behandelt. Der in einigen spätantiken Quellen unterstellte Inzest mit Caracalla ist eine Verleumdung und als klassischer Tyrannentopos zu werten.166 Sie begleitete Caracalla in den Osten und war vermutlich bereits ernsthaft erkrankt, als sie die Nachricht von dessen Ermordung erhielt. Trotz der entgegenkommenden Behandlung durch Macrinus verweigerte sie die Nahrung und starb wahrscheinlich noch im Frühjahr 217 in Antiochia. Die Herrschaft des Septimius Severus brachte für das römische Reiche eine Reihe von Veränderungen.167 Es heißt, Septimius Severus habe das Militär einseitig bevorzugt und durch überzogene Solderhöhungen die Zügellosigkeit der Soldaten gefördert. Dadurch sei die Geldentwertung vorangetrieben und die Steuern massiv erhöht worden, was die Wirtschaftskraft geschädigt und die Inflation beschleunig habe.168 Gewiss betrachtete Septimius Severus das Militär als die Hauptstütze seines Kaisertums. Überblickt man seinen Weg zur Herrschaft und die Erörterungen im vorherigen Kapitel, so ist dies als durchaus realistische Einschätzung zu beurteilen. Richtig ist, dass er die Aufstiegsmög-
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lichkeiten des Militärs ganz erheblich verbesserte und so bewährten Soldaten über eine Offizierslaufbahn den Aufstieg in den Ritterstand und somit zu höheren Ämtern der Reichsverwaltung ermöglichte. Dies führte zu einer ganz bemerkenswerten gesellschaftlichen Mobilität. Wie einige exemplarische Laufbahnen aus dem dritten Jahrhundert illustrieren, war damit selbst Männern aus einfachen Verhältnissen der Aufstieg in den ordo senatorius möglich.169 Der Sold, den man die letzten 100 Jahre nicht erhöht hatte, wurde sukzessiv verdoppelt und unter Caracalla – wie schon erwähnt – nochmals um 50 % angehoben. Falsch ist jedoch die Annahme, der Kaiser habe das Eheverbot der Soldaten aufgehoben, was durch die familiären Bindungen zu einer verminderten Mobilität der römischen Truppen geführt habe. Vielmehr ist die entsprechende Textstelle bei Herodian dahingehend aufzufassen, dass den Soldaten erlaubt wurde, mit ihren Frauen außerhalb des Lagers zusammenzuleben, nicht aber diese zu heiraten.170 Die von Septimius Severus vorgenommene Rekrutierung der quantitativ verstärkten Prätorianergarde aus bewährten Soldaten der Donaulegionen und deren gemeinsame Verwendung mit den equites singulares Augusti und der legio II Parthica als mobile Einsatzreserve wurde auch unter seinen Nachfolgern beibehalten. Der Senat mag eine solche temporäre Truppenkonzentration in der Hauptstadt beziehungsweise deren Umgebung als Bedrohung empfunden haben. Doch eine solche schlagkräftige mobile Einsatzreserve, die dem Kaiser unmittelbar und sofort zur Verfügung stand, war nicht nur für die Sicherheit des Herrschers, sondern vielmehr für die Sicherheit des ganzen Reiches von enormer Bedeutung. Zuvor war es bei außenpolitischen Bedrohungen üblich, dass erst mühsam die Abteilungen der einzelnen Legionen aus allen Teilen des Reichs zusammengezogen werden mussten, was eine längere Zeit in Anspruch nahm. Kaiser Gallienus (253–268) ging auf dem Höhepunkt der Reichskrise noch einen Schritt weiter und stellte ein Feldheer auf (comitatus), dessen Kern die von Septimius Severus geschaffene Einsatzreserve war, die nun durch weitere Detachements der Legionen und Kavallerieabteilungen verstärkte wurde. Bei der Besetzung wichtiger Ämter griff Septimius Severus bevorzug auf Amtsträger aus dem Ritterstand zurück. Das betraf beispielsweise das Oberkommando über die drei neuen parthischen Legionen, die nicht mehr von einem senatorischen legatus Augusti, sondern von einem ritterlichen Präfekten befehligt wurden. Auch die Verwaltung der neuen Provinzen Mesopotamia und Osrhoena, die nach bisherigem Herkommen von senatorischen Statthaltern verwaltet worden wären, wurde Präfekten aus dem Ritterstand übertragen. Während die Mehrzahl der senatorischen Amtsträger dieser Zeit in militärischen Dingen und der Administration als Laien gelten mussten, verließ sich der
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Kaiser auf gestandene Fachleute, die ihr Metier von der Pike auf gelernt hatten. Dies war schon allein deshalb notwendig geworden, weil Septimius Severus die Zahl staatlicher Funktionsträger erhöhen musste. Darüber hinaus war von diesen Reichsbeamten neuen Schlages, die ihren Aufstieg dem Kaiser zu verdanken hatten, Loyalität gegenüber dem Kaiserhaus zu erwarten. Eine besondere Rolle kam den Juristen aus dem Ritterstand zu, die als wichtige Berater des Kaisers fungierten. Wie oben schon erörtert, nahm der Prätorianerpräfekt Papinian eine Stellung ein, die beinahe einem Justizminister entsprach. Weitere wichtige Juristen aus dem Ritterstand waren Julius Paulus und Ulpian, die beide maßgebliche juristische Werke verfassten und noch in der Spätantike als Autoritäten in Rechtsfragen galten. Die Bevorzugung professioneller Amtsträger aus dem Ritterstand wurde von den Senatoren jedoch als Zurücksetzung aufgefasst und war zwar vorausschauend, aber sicherlich nicht geeignet, das bereits angespannte Verhältnis mit diesem Gremium zu verbessern. Die stadtrömische plebs urbana gewann Septimius Severus durch großzügige Geld- und Lebensmittelspenden. Dazu gehörte neben der subventionierten Getreideversorgung auch die kostenlose Verteilung von Öl sowie eine Förderung des Handels mit Schweine- und Rindfleisch.171 In Rom wurden während seiner Herrschaft unter anderem der Kaiserpalast auf dem Palatin vergrößert sowie zahlreiche Bauwerke restauriert. Die Provinzbevölkerung profitierte ebenfalls vom Bauprogramm des Kaisers, der viele Städte des Reiches mit funktionellen und repräsentativen Bauten ausstatten ließ. Selbstredend mussten diese Baumaßnahmen sowie die Solderhöhungen und die Vergrößerung des Verwaltungsapparats irgendwie finanziert werden. Tatsächlich wurde die annona militaris unter Septimius Severus stark ausgeweitet. Dies war eigentlich keine reguläre Steuer, sondern eine Sonderabgabe, die ursprünglich zur Versorgung der Truppenabteilungen während des Marsches diente und nun generell für die Heeresversorgung verwendet wurde.172 Wie es bei dem Thema Steuern zu bedenken gilt, war das Steuersystem der hohen Kaiserzeit ausgesprochen kompliziert. Es bestand aus vielen verschiedenen direkten und indirekten Steuern und Abgaben, wobei zwischen römischen Bürgern (cives Romani) und Nichtbürgern (peregrini) unterschieden wurde. Selbst bei den Nichtbürgern gab es Abstufungen, je nachdem welchen durch die historische Entwicklung bedingten Rechtsstatus eine Provinzstadt gegenüber dem römischen Staat hatte. Etwas vereinheitlicht wurde dieses System durch die Constitutio Antoniniana, doch eine generelle Änderung des Steuersystems oder eine allgemeine Erhöhung der Steuern gab es unter den Severern nicht. Zwar verfügte Septimius Severus über den kaiserlichen Finanzhaushalt und die konfiszierten Vermögen seiner politischen Gegner, doch reichte dies
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zur Deckung der Ausgaben nicht aus. Deshalb verfuhr er nach dem Grundsatz: Wenn der Kaiser Geld braucht, dann lässt er Geld prägen. Den gestiegenen Geldbedarf finanzierte man in erster Linie durch die Ausprägung von Münzen mit immer geringer werdendem Silberanteil. Nun ging man in der älteren Forschung davon aus, dass der Materialwert der römischen Münzen ihrem Nennwert entsprochen und deshalb eine Verminderung des Materialwerts eine Geldentwertung nach sich gezogen habe. Dies sei der Auslöser für eine Inflation gewesen. Dieser Ansatz ist jedoch falsch, da im römischen Reich zur Zeit der Severer für den alltäglichen Zahlungsverkehr der Nennwert und nicht der Materialwert einer Münze entscheidend war. Die sogenannten Soldatenkaiser des dritten Jahrhunderts setzten die Finanzpolitik des Septimius Severus fort. Die Folge war schließlich eine ganz erhebliche Geldvermehrung. Die vermeintlichen Silbermünzen dieser Zeit wiesen schließlich nur noch einen dünnen Silberüberzug auf, was den Zeitgenossen keineswegs verborgen blieb. Doch führte dies eben nicht zu einer Geldentwertung. Durch papyrologische Belege kann man inzwischen den Beginn einer Inflation fast exakt auf die Zeit nach der gescheiterten Währungsreform Kaiser Aurelians im Jahr 274 datieren.173 Das bedeutet, dass die Solderhöhungen unter Septimius Severus und Caracalla zu keiner Geldentwertung geführt haben. Ganz im Gegenteil wirkte sich der vermehrte Geldausstoßes eher belebend auf das Wirtschaftsleben des Reiches aus. Besonders die Regionen, in denen Truppen stationiert waren, erlebten einen wahren Wirtschaftsboom.174 Darüber hinaus hatten die Solderhöhungen eine verstärkte Monetarisierung zur Folge. Mit der Einrichtung der beiden Provinzen Mesopotamia und Osrhoena brach Septimius Severus mit einer alten Maxime römischer Ostpolitik. Bis dahin war es ein außerpolitischer Grundsatz, zwischen dem römischen Reich und den Parthern – abgesehen von der missglückten Annexion unter Trajan – einen Gürtel abhängiger Kleinfürstentümer bestehen zu lassen. Nun kam das römische Reich in eine direkte Konfrontationsstellung zu dem östlichen Nachbarn. Andererseits konnten durch die neuen Grenzprovinzen sowie der dortigen Stationierung zweier Legionen und der Truppenkonzentration in der Grenzstadt Dura Europos die für das Reich wichtige und reiche Provinz Syrien geschützt werden. Die Verteidigung stütze sich auf ein System stark befestigter Städte und von Grenzbefestigungen, die gerade im Osten unter Septimius Severus stark ausgebaut wurden. Ebenso wurde unter seiner Herrschaft die Grenzverteidigung an Rhein und Donau sowie am rätischen und obergermanischen Limes weiter verstärkt. Sowohl Septimius Severus als auch Caracalla führten Kriege im Osten und im Norden des Reichs. Zwar ging von den Germanen und den Parthern während ihrer Regierungszeit keine ernsthafte Bedrohung für das Imperium aus, doch waren dies die latent gefährdeten
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Grenzabschnitte, und es gehörte zu den Aufgaben des römischen Kaisers, hier durch die Demonstration militärischer Stärke langfristig für die Sicherheit der Provinzbevölkerung zu sorgen. Caracalla hatte zweifellos eine Neigung zur Gewalttätigkeit und ein jähzorniges Naturell. Durch die kollektiven Strafmaßnehmen gegen die Anhänger seines Bruders innerhalb der römischen Oberschicht machte er sich beim Senat verhasst. Bei den weiteren von diesem Kaiser angeblich veranlassten Massakern ist allerdings Vorsicht geboten. Wie schon erwähnt, sollten die Alexandriner wahrscheinlich nicht wegen ihrer Spottlust bestraft werden, denn vermutlich waren dort schon vor der Ankunft des Kaisers Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppierungen der Stadt zugange, die von den römischen Truppen schließlich unterdrückt wurden. Von seinen Gegnern erhielt Caracalla den Spottnamen Tarautas. Das war ein kleinwüchsiger und hässlicher Gladiator, der wegen seiner Brutalität verrufen war und dem Kaiser angeblich ähnlich gesehen haben soll.175 Bei den Soldaten durfte sich Caracalla jedoch einer ganz enormen und über seinen Tod hinausgehenden Beliebtheit erfreuen. Macrinus versuchte dem Wunsch der Truppen nachzukommen und gegen den Widerstand des Senats die Konsekration seines Vorgängers durchzusetzen. Spätestens nach der Thronbesteigung Elagabals wurde Caracalla, der keine Taten vollbrachte, die des Attributs „der Große“ und seines Vorbilds Alexanders des Großen würdig gewesen wären, als Divus Antoninus Magnus unter die Götter aufgenommen.176 Und noch auf zahlreichen Inschriften aus der Zeit Severus Alexanders (222–235) wird er so tituliert.177 Als Herrscher setzte Caracalla das Werk seines Vaters fort. Er begünstigte die Soldaten als Hauptstütze seines Kaisertums und bevorzugte Amtsträger aus dem Ritterstand. Die von ihm im Jahr 212 erlassene Constitutio Antoniniana war eine innovative und zukunftsweisende Maßnahme, hinter der wahrscheinlich die juristischen Berater des Kaisers standen. Und der von ihm eingeführte Doppeldenar, der in der Forschung nach diesem Kaiser Antoninian genannt wird, entwickelte sich im Laufe des dritten Jahrhunderts zur Standardwährung. Septimius Severus war ein unermüdlicher und energischer Herrscher, der seine Macht zu verteidigen wusste und gegen politische Gegner äußerst hart und brutal vorgehen konnte. In seinen militärischen Operationen war er vorausschauend und weitsichtig. Noch auf dem Sterbebett bewies er seinen Tatendrang. Wie Cassius Dio berichtet, wandte er sich kurz vor seinem Tod an seine Umgebung mit den Worten: Kommt, gebt her, wenn wir noch etwas zu erledigen haben.178 Er hinterließ ein politisch und wirtschaftlich gefestigtes Reich, dem auch die Extravaganzen seiner Nachfolger nichts anhaben konnten und das in der Lage war, die bevorstehende Krise des dritten Jahrhunderts zu
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bewältigen. Das römische Reich stand zur Zeit der Severer in voller Blüte, und die scheinbaren Symptome des beginnenden Niedergangs sind das Resultat einer einseitigen Quellenlage sowie einer oberflächlichen Betrachtungsweise.
2. Familie und Kindheit Die Familie Elagabals stammte wahrscheinlich von den Priesterkönigen von Emesa ab, die noch im ersten Jahrhundert unter dem Schutz Roms die Stadt regierten, und genoss in der Region höchstes Ansehen.179 Wie man häufig annimmt, war das Amt eines Oberpriesters des Gottes Elagabal innerhalb der Familie erblich. Ihr Cognomen – das heißt ihr Familienname – Bassianus oder Bassiana könnte sich von der latinisierten Form des phönizischen Wortes basus herleiten, das Priester bedeutet.180 Glaubt man der Historia Augusta, dann war ein Grund für die Brautwahl des für Astrologie, Orakel und Weissagungen sehr empfänglichen Septimius Severus, dass Julia Domna in ihrem Horoskop ein Herrscher als Ehemann prophezeit worden sein soll.181 Julius Bassianus, der Oberpriesters des Gottes Elagabal und Vater der Julia Domna, hatte neben der Kaiserin eine zweite Tochter namens Julia Maesa. Wie Cassius Dio und Herodian berichten, lebte sie nach der Machtübernahme des Septimius Severus bei ihrer Schwester am Kaiserhof oder begleitete diese auf den Reisen der Kaiserfamilie.182 Julia Maesa war mit dem ebenfalls aus Syrien stammenden Gaius Julius Avitus Alexianus verheiratet, der dem Ritterstand angehörte. Die Karriere des Julius Avitus ist neben einer Textstelle bei Cassius Dio durch zwei Inschriften überliefert.183 Bereits schon vor der Thronbesteigung des Septimius Severus versah Julius Avitus in der Hafenstadt Ostia das Amt eines Prokurators der Getreideversorgung.184 In dieser Funktion hatte er die Aufsicht über die ankommenden Getreidelieferungen und deren Weitertransport in die Hauptstadt. Kurz nach seinem Einzug in Rom sorgte Septimius Severus für die Aufnahme des Mannes seiner Schwägerin in den Senat. In der Folgezeit übernahm Julius Avitus eine Reihe wichtiger ziviler und militärischer Ämter. Während der Auseinandersetzung mit Clodius Albinus war er Statthalter in Rätien. Danach bekleidete er das Konsulat. Als Begleiter des Kaisers (comes) nahm er an dem Feldzug in Britannien teil. Unter Caracalla amtierte er als Statthalter in Dalmatien und danach in der Provinz Asia im westlichen Kleinasien, in der so bedeutende Städte wie Ephesos, Pergamon oder Milet lagen. Wieder als comes durfte er Caracalla nach Mesopotamien begleiten. Von dort aus wurde er vom Kaiser mit einem Sonderauftrag nach Zypern entsandt, wo er kurze Zeit später an Altersschwäche verstarb.
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Aus der Ehe des Julius Avitus mit Maesa stammten zwei Töchter: Julia Soaemias Bassiana und Julia Avita Mamaea.185 Julia Mamaea, die jüngere Tochter, war in zweiter Ehe mit einem Herrn aus Arca Caesarea – dem heutigen Arqa im Libanon – namens Gessius Marcianus verheiratet. Von ihm überliefert Cassius Dio, dass er in der Reichsadministration mehrere ritterliche Prokuratorenstellen bekleidet hatte.186 Ihr gemeinsamer Sohn war der im Jahr 208 geborene Bassianus Alexianus, der spätere Kaiser Severus Alexander. Julia Soaemias, die ältere Tochter, heiratete den aus der syrischen Stadt Apamea am Orontes stammenden Sextus Varius Marcellus. Einem glücklichen Umstand ist es zu verdanken, dass in der italienischen Stadt Velletri, die in der Nähe Roms liegt und in der Antike Velitrae hieß, die Sarkophagplatte des Varius Marcellus gefunden wurde.187 Durch die zweisprachige Sarkophaginschrift ist deshalb seine Laufbahn ebenfalls bekannt.188 Wie andere Verwandte des Kaiserhauses wurde auch er mit wichtigen Aufgaben und Ämtern betraut.189 Als Angehöriger des Ritterstandes war er zunächst als Prokurator für die Wasserversorgung Roms zuständig. Nach dem Tod des Septimius Severus wurde er zum procurator a ratione privata ernannt. Das war der Verwalter des kaiserlichen Privatbesitzes und somit eine Position, die man vielleicht mit einem heutigen Finanzminister vergleichen könnte. Bei der Beseitigung Getas im Jahr 211 bewährte sich Varius Marcellus als zuverlässiger und treuer Anhänger Caracallas. Offenbar waren damals kurzzeitig sowohl die Stadtpräfektur als auch die Prätorianerpräfektur vakant. Der Stadtpräfekt kam grundsätzlich aus dem Senatorenstand und agierte in Rom als Stellvertreter des Kaisers. Zudem war er Chef der als städtische Polizei fungierenden cohortes urbanae. Im Zuge der Auseinandersetzung mit Geta wurden wahrscheinlich fast gleichzeitig der Prätorianerpräfekt Papinian und dessen Amtskollege sowie der Stadtpräfekt Fabius Cilo ihrer Ämter enthoben. Diese Ämter wurden nun zunächst nicht regulär besetzt. Vielmehr ernannte Caracalla vorrübergehend Varius Marcellus zum Vizepräfekten für beide Präfekturen. Die temporäre Besetzung der Stadtpräfektur, einem bedeutenden und höchst angesehenen senatorischen Amt, das üblicherweise nur ehemalige Konsuln bekleiden durften, mit einem Amtsträger aus dem Ritterstand musste von den Senatoren als Affront aufgefasst werden. Jedoch standen somit in der entscheidenden Phase des Konflikts zwischen dem kaiserlichen Bruderpaar sowohl Polizei als auch Garde unter dem Befehl eines Vertrauensmannes von Caracalla. Wie man demnach vermuten kann, wird Varius Marcellus maßgeblich an der Verfolgung der Anhängerschaft Getas beteiligt gewesen sein.190 Caracalla zeigte sich dankbar und nahm den Mann seiner Cousine in den Senatorenstand auf. Kurze Zeit später wurde er zum Statthalter der Provinz Numidien ernannt, deren Gebiet das heutige westliche Tunesien und das öst-
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liche Algerien umfasste. Die Provinz entstand erst im Jahr 203 durch die von Septimius Severus veranlasste Abtrennung des Gebiets von der Provinz Africa proconsularis. Es wird vermutet, dass Varius Marcellus auch hier einen besonderen Auftrag auszuführen hatte. In der Provinzhauptstadt Lambaesis (Tazoult-Lambèse), von der noch eindrucksvolle Überreste ausgegraben werden konnten, war eine Legion stationiert, die legio III Augusta. Wahrscheinlich stand im innerfamiliären Konflikt des Kaiserhauses ein Teil der Soldaten auf der Seite Getas. Caracalla wollte sich womöglich durch die Entsendung eines bewährten Gefolgsmannes der Loyalität dieser Truppen versichern. Während seiner Amtszeit in Numidien starb Varius Marcellus. Aus der Ehe mit seiner Frau Julia Soaemias gingen mindestens zwei Kinder hervor. Auf der Sarkophaginschrift aus Velitrae heißt es, dass die Inschrift von Julia Soaemias Bassiana und ihren Kindern (cum filis und – da die Inschrift zweisprachig war – syn tois teknois jeweils im Plural) in Auftrag gegeben wurde. Eines dieser Kinder war der um das Jahr 204 geborene Varius Avitus Bassianus – der spätere Kaiser Elagabal.191 Er wird in der Inschrift nicht explizit genannt, was undenkbar ist, wenn er zu diesem Zeitpunkt schon regierender Kaiser gewesen wäre. Außerdem fehlt bei Julia Soaemias die Augusta-Titulatur, die sie schon bald nach der Thronbesteigung ihres Sohnes erhielt.192 Somit muss die Inschrift in jedem Fall vor der Machtübernahme Elagabals entstanden sein. Da sich die Familie spätestens im Jahr 217 in Syrien aufhielt, ist somit ein vorläufiger Terminus post quem gegeben. Varius Marcellus muss deshalb vor dem Jahr 217 gestorben sein. Für mögliche Geschwister Elagabals existieren keine weiteren Belege. Folglich war zu der Zeit, als die Inschrift für den Vater gesetzt wurde, ein zweites Kind noch am Leben, das aber wahrscheinlich kurze Zeit später starb. Das Geburtsjahr Elagabals ist nicht direkt überliefert. Sein dies imperii – der Tag seiner Kaisererhebung – war der 16. Mai 218.193 Cassius Dio gibt seine Regierungszeit mit drei Jahren, neun Monaten und vier Tagen an.194 Darüber hinaus berichtet er, Elagabal sei bei seiner Ermordung 18 Jahre alt gewesen.195 Cassius Dio geht bei der Angabe der Regierungszeit nicht von dem dies imperii, sondern von dem Tag aus, an dem Macrinus besiegt wurde. Das war am 8. Juni 218.196 Demnach starb Elagabal am 11. März 222. Es ist nicht auszuschließen, dass sich Cassius Dio bei der Angabe der Regierungszeit um einen oder zwei Tage verzählt hat,197 doch von diesem Todesdatum zurückgerechnet, kommt man auf ein Geburtsdatum, das ungefähr zwischen dem 12. März 203 und dem 11. März 204 liegt.198 Schwierig ist es auf den ersten Blick, sich ein Bild von der Kindheit Elagabals zu machen. Hierfür existieren zunächst nur wenige Indizien. Ein erster Ansatzpunkt ist aber allein schon die Existenz der Sarkophaginschrift seines Vaters aus Velitrae. Da Varius Mar-
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cellus an diesem Ort in der Nähe Roms und nicht woanders bestattet wurde, kann man davon ausgehen, dass seine Familie dort ein Landgut besaß. Die Stadt Velitrae, in der auch Kaiser Augustus seine Kindheit verbrachte,199 war ein Villenvorort in den Albaner Bergen, der von senatorischen Familien vor allem während der heißen Sommermonate aufgesucht wurde. Bekanntermaßen befindet sich in dieser Gegend auch heute noch die päpstliche Sommerresidenz von Castel Gandolfo. Caligula soll in Velitrae eine Sommerresidenz besessen haben,200 und eine Villa von Claudia Acte, der Geliebten Kaiser Neros, ist durch eine Inschrift belegt.201 Dass auch im dritten Jahrhundert der Ort sporadisch von Senatoren als sommerliches Refugium genutzt wurde, legt die Errichtung eines Theater in dieser Zeit nahe.202 Wie man aus der Bestattung des Varius Marcellus an diesem Ort folgern kann, war das dortige Landgut ein bevorzugter Aufenthaltsort seiner Familie während der heißen Sommermonate. Varius Marcellus wurde in den Senatorenstand aufgenommen und übte eine Reihe staatlicher Funktionen sowie seine Aufgabe als Caracallas „Superpräfekt“ direkt in Rom aus. Es versteht sich deshalb von selbst, dass er und seine Familie über ein angemessenes Domizil in der Hauptstadt und wahrscheinlich über mehrere Landhäuser in der Umgebung verfügten. Weiteren Aufschluss über die Kindheit Elagabals liefert eine weitere Inschrift aus Thyatira.203 Die Stadt Thyatira – das heutige Akhisar in der Türkei – war eine bedeutende Handelsstadt in der römischen Provinz Asia. Die besagte Inschrift ließ Alcippilla, die Tochter des Statthalters Marius Maximus, zu Ehren ihres Vaters setzen, weshalb das Dokument auch als „Inschrift der Alcippilla“ bezeichnet wird. Dieser Marius Maximus ist identisch mit dem im Kapitel über die Quellenlage genannten Verfasser eines verlorenen Geschichtswerks, das jedoch dem Autor der Historia Augusta teilweise als Vorlage für dessen vita Heliogabali Antonini diente. Die Provinz Asia war eine konsularische Provinz und somit prinzipiell einem ehemaligen Konsul vorbehalten. Marius Maximus amtierte dort als Prokonsul unter Caracalla von 213 bis 215.204 In der Inschrift heißt es an einer Stelle: . . . während des Besuchs unseres Herrn des Imperators Marcus Aurelius Antoninus Augustus zusammen mit dem Augustus seinem Vater dem Imperator Antoninus . . . Zunächst scheint diese Inschrift Rätsel aufzugeben. Es wird zweimal ein Herrscher namens Antoninus genannt. Nun trugen sowohl Elagabal wie auch Caracalla den Herrschernamen Marcus Aurelius Antoninus. Caracalla, der zur Zwangsehe mit Plautilla verpflichtet wurde, hatte zwar keine Kinder, doch gab sich Elagabal später als dessen Sohn aus. Aber Elagabal nahm offenkundig erst nach seiner Machtübernahme den Namen Marcus Aurelius Antoninus an, und da war Caracalla schon seit geraumer Zeit tot. Da die Inschrift Elagabal bereits mit seinem Herrschernamen und als Sohn Caracallas bezeichnet, kann sie erst nach
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dem Tod Caracallas und während Elagabals Herrschaft gesetzt worden sein. Sie muss sich folglich auf einen früheren Besuch Caracallas beziehen, bei dem der spätere Kaiser Elagabal ebenfalls anwesend war. Hier stellt sich nun die Frage: Wann konnte Caracalla der Stadt Thyatira einen Besuch abgestattet haben? Nach seinem Feldzug gegen die Alamannen im Jahr 213 reiste der Kaiser in die Donauprovinzen weiter. Im Herbst überquerte er den Hellespont und verbrachte den Winter in der Stadt Nikomedia (heute İzmit in der Türkei).205 Das war die Hauptstadt der Provinz Bithynien, aus der Cassius Dio stammte. Unter Diokletian (284–305) wurde die Stadt später zur kaiserlichen Residenzstadt ausgebaut. Von den prächtigen kaiserlichen Bauerwerken jedoch, von denen der christliche Schriftsteller Laktanz berichtet, Diokletian habe damit Rom übertreffen wollen,206 konnte bisher unter dem heutigen İzmit leider noch nichts gefunden werden. Caracalla wurde von einem großen Truppenaufgebot begleitet, zum dem vermutlich neben der Prätorianergarde mindestens die berittene Garde (equites singulares Augusti) und die legio II Parthica gehörte. Wie Cassius Dio behauptet, habe der Kaiser in Nikomedia seine 16.000 Mann starke makedonische Phalanx gedrillt und Kriegsmaschinen für den Partherkrieg bauen lassen.207 Im Bericht Cassius Dios heißt es weiter, Caracalla habe, bevor er Nikomedia verließ, anlässlich seines Geburtstages am 4. April Gladiatorenkämpfe veranstaltet.208 Anschließend reiste er durch das westliche Kleinasien.209 Spätestens während des Winteraufenthalts in Nikomedia müssen die kaiserliche Familie und der Hof zu ihm gestoßen sein. Die Inschrift der Alcippilla bezieht sich demnach auf eine Visite Caracallas und der kaiserlichen Familie im Frühsommer des Jahres 214. Das bedeutet, der junge Elagabal gehörte während dieser Kleinasienreise zum Gefolge des Kaisers. Den Besuch des Kaisers in einer Stadt hat man sich übrigens als ausgesprochen festliches Ereignis vorzustellen. Für den adventus Augusti, die Ankunft des Herrschers, bildete sich im Laufe der Zeit ein bestimmtes Zeremoniell mit sakralem Charakter heraus.210 Und spätestens seit den Severern ähnelte die Adventus-Zeremonie stark dem römischen Triumphzug, dem Einzug des siegreichen Feldherrn in die Stadt Rom. Die Ankunft des Kaisers wurde als segensreiches und heilbringendes Ereignis gedeutet, das nicht nur die Menschen beglückt, sondern sogar die Natur belebt. Nicht umsonst wird die Vorweihnachtszeit als Advent bezeichnet, da die Vorstellung der Ankunft Christi als Heilsbringer durchaus auf dem Motiv des adventus Augusti basiert.211 So soll die Ankunft Kaiser Vespasians (69–79) in Alexandria endlich das sehnlich erwartete und für die Fruchtbarkeit Ägyptens so wichtige Nilhochwasser herbeigeführt haben.212 Als der „Reisekaiser“ Hadrian (117–138) das Land am Nil erreichte, habe es nach einer Trockenzeit von fünf Jahren erstmals wieder geregnet.213 Auf der Insel Capri seien nach
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dem Besuch des Kaisers Augustus einer alten und ausgetrockneten Steineiche neue Triebe gewachsen.214 Ähnlich schildert im Jahr 291 ein Lobredner den feierlichen Einzug der beiden Herrscher Diokletian (284–305) und Maximian (285–305) in die Stadt Mailand, bei dem nicht nur die Menschen von überall herbeigeströmt seien, um den Herrscher als sichtbaren und gegenwärtigen Gott (praesens deus) zu feiern, vielmehr hätten zur Begrüßung des Kaiserpaars sogar die Vieherden ihre abgelegenen Weiden verlassen.215 Während zur Zeit Diokletians, der sich selbst als Verkörperung Jupiters sah, die Sakralisierung des Herrschers schon weiter vorangeschritten war, orientierte man sich zu Beginn des dritten Jahrhunderts zumindest aus senatorischer Perspektive noch am Prinzipatsgedanken, wonach der Kaiser ein primus inter parens war. Doch bereits im ersten Jahrhunderts wurde Vespasian von der Einwohnerschaft Roms als gottgleicher Heilsbringer (sotēr) begrüßt.216 Bei der Adventus-Zeremonie wurde der Herrscher vor den Stadttoren von den Delegationen der Stadt empfangen, und der Einzug durch die festlich mit Blumengebinden geschmückten Straßen wurde von Chören und Musikkapellen begleitet. Oftmals war der Besuch des Kaisers mit Vergünstigungen und Privilegien für das jeweilige Gemeinwesen verbunden. Zudem hatte die Bevölkerung die Möglichkeit, Bittgesuche und juristische Anfragen beim Kaiser direkt einzureichen. Allerdings hatte der Besuch des Herrschers auch eine Kehrseite, denn die so geehrten Städte hatten für den Unterhalt des Hofes und der begleitenden Truppen aufzukommen. Wenn man bedenkt, dass Caracalla bei seiner Kleinasienreise im Jahr 214 ein erhebliches Truppenaufgebot folgte, müssen die Kosten ganz beträchtlich gewesen sein. Wie bereits aufgrund der Inschrift aus Thyatira festgestellt werden konnte, muss sich im Gefolge Caracallas auch der junge Elagabal befunden haben. Das deckt sich mit den literarischen Quellen, wonach sich sowohl Julia Maesa wie auch deren Töchter Julia Soaemias und Julia Mamaea bis zum Tod Caracallas am Kaiserhof aufgehalten haben.217 Offenbar trifft das auch auf deren Söhne zu, denn bei Herodian findet sich über Elagabal und Severus Alexander die kurze und glaubhafte Notiz: Sie wuchsen auf bei ihren Müttern und der Großmutter.218 Das ist durchaus plausibel, da grundsätzlich von zwei Alternativen ausgegangen werden kann. Entweder Soaemias und ihre Kinder begleiteten Varius Marcellus auf den verschiedenen Stationen seiner Laufbahn, oder sie blieben in Rom in der Nähe der Kaiserin sowie gelegentlich auf dem Landgut bei Velitrae. Im Grunde genommen laufen beide Alternativen jedoch beinahe auf dasselbe hinaus, denn die meisten Ämter der Karriere des Varius Marcellus sind in Rom zu verorten. Die Kaiserin Julia Domna und der Hof begleiteten Caracalla im Jahr 214 von Kleinasien aus nach Syrien und im folgenden Jahr nach Ägypten. Im Frühjahr 216 kehrte Julia Domna nach Antiochia in Syrien zurück, wo sie sich während Caracallas
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Partherkrieg und bis zu ihrem Tod aufhielt.219 Der Anwesenheit von Julia Soaemias und ihres Sohnes bei dieser Reise und später in Antiochia widerspricht scheinbar die Sarkophag-Inschrift aus Velitrae. Da die Inschrift im ihrem und ihrer Kinder Namen gesetzt wurde, impliziert dies deren Anwesenheit bei der Bestattung. Jedoch müsste sich Soaemias hierbei nicht notwendigerweise mit ihren Kindern selbst in Velitrae aufgehalten haben. Sie könnte die Grabinschrift auch von einem anderen Ort aus in Auftrag gegeben haben. Die Wahrscheinlichkeit spricht jedoch dafür, dass Soaemias bei der Grablegung ihres Gatten persönlich zugegen war. Eine vorstellbare Möglichkeit wäre die kurzfristig Rückkehr nach Italien. Später könnten Soaemias und Elagabal beispielsweise per Schiff nach Antiochia gereist sein, um sich dem kaiserlichen Hof wieder anzuschließen. Die einfachste Erklärung ist es aber, den Tod des Varius Marcellus, vor dem Aufbruch des Hofes in den Osten, vielleicht gegen Ende des Jahres 213, zu datieren.220 Welche Erkenntnisse über die Kindheit Elagabals lassen sich nun aus dem bisher erörterten gewinnen? Geboren wurde er im Jahr 203 oder 204 in Rom oder womöglich auch in Velitrae, dem Sommerdomizil seiner Familie.221 Er war der Großneffe der Kaiserin Julia Domna, und sein Vater war ein bewährter Vertrauensmann Caracallas, der in den Senat aufgenommen wurde. Abgesehen von seiner Amtszeit in Numidien hielt sich Varius Marcellus im Umfeld des kaiserlichen Hofes auf. Dasselbe gilt für Julia Soaemias, die nicht nur in Rom in der Nähe des Hofes lebte, sondern gemeinsam mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und ihrem Sohn die Kaiserin außerdem auf deren Reisen begleitete. Die ersten Jahre verbrachte Elagabal folglich in Rom und seiner näheren Umgebung. Es dürfte kein Zweifel darüber bestehen, dass er eine für den Sohn eines Senators und Verwandten des Kaiserhauses standesgemäße Erziehung genossen hat. Das bedeutet, er wurde von einem Privatlehrer betreut und sprach Lateinisch und Griechisch. Daneben wurden ihm sicherlich die moralischen Werte der Oberschicht und die römischen Sitten und Gebräuche vermittelt. Er wurde jedoch bereits mit 14 Jahren zum Kaiser ausgerufen, weshalb seine Ausbildung, zu der nach klassischem Modell der Besuch einer Grammatik- und einer Rhetorikschule sowie diverse Studienreisen an die klassischen Bildungsorte der Antike – wie zum Beispiel nach Athen – gehört hätten, noch nicht abgeschlossen war. Bei Herodian findet sich nun die Behauptung, Elagabal sei zum Priester des Gottes Elagabal erzogen worden.222 Hier ist grundsätzlich anzumerken, dass der Autor anhand des angeblich zum syrischen Priester erzogenen und somit „schlechten“ Kaisers Elagabal und des nach dem griechischrömischen Bildungsmodell zum idealen Kaiser erzogenen Severus Alexander ein Gegensatzpaar aufbauen wollte. Wenn Herodian die Ausbildung Elagabals
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zum Priester explizit hervorhebt, dann folgt er hierbei vor allem der Intention seines Werks, in dem er das klassische Bildungsideal betont und die Herrscher nach ihrer persönlichen Bildung und deren Umsetzung in der Lebensführung charakterisiert. Erziehung und Bildung waren für Herodian folglich wichtige Kriterien zur sittlichen Beurteilung des Herrschers.223 Trotz dieses Vorbehalts ging man in der Forschung oftmals von der Richtigkeit dieser Behauptung aus.224 Daraus resultierte die Annahme, die späteren Exzesse Elagabals basierten auf einem kulturellen Missverständnis, da der zum Priester erzogene Kaiser mit den römischen Sitten, Gebräuchen und Traditionen nur ungenügend vertraut gewesen sein könnte.225 Ihre syrischen Wurzeln und die Verbundenheit zur heimischen Götterwelt verleumdete die Familie Elagabals keineswegs. Sein Großvater Julius Avitus weihte während seiner Amtszeit als Statthalter Rätiens einen Altar in der Provinzhauptstadt Augusta Vindelicorum (Augsburg) dem deus patrius Sol Elagabalus.226 Das war durchaus nichts Ungewöhnliches. Häufig ließen römische Amtsträger, die spätestens seit der Herrschaft des Septimius Severus auch aus entlegenen Gebieten des Imperiums stammen konnten, auf den verschiedenen Stationen ihrer Laufbahn Inschriften zu Ehren ihrer heimischen Götter setzten. So weihte beispielsweise in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts der Statthalter Numidiens, Aurelius Decimus, gleich vier Inschriften dem deus patrius Iuppiter Bazosenus, einer Gottheit, die – wie der Name bereits sagt – mit dem römischen Jupiter gleichgesetzt wurde, aber sonst nirgendwo bezeugt ist.227 Auch in Rom existierte schon vor der Herrschaft Elagabals ein Tempel des gleichnamigen Gottes, als dessen Priester zur Zeit von Septimius Severus und Caracalla ein Julius Balbillus auf einer Reihe von Inschriften bezeugt ist.228 Wahrscheinlich brachte die syrische Verwandtschaft des Kaiserhauses den Kult des Gottes Elagabal mit nach Rom. Sein Tempel wird im heutigen Stadtviertel Trastevere lokalisiert.229 Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Kaiserin Julia Domna und ihre Schwester Julia Maesa mit ihren Töchtern der obersten Gottheit ihrer Heimatstadt auch in Rom eine besondere Verehrung entgegengebracht haben. Somit hatte der junge Elagabal frühzeitig Kontakt zu den Riten und Kultpraktiken, die ein integraler Bestandteil dieses Kultes waren, aber vermutlich in Rom zunächst in einer moderateren Form zelebriert wurden. Wurde er aber wirklich zum Priester erzogen? Wie zu Anfang des Kapitels erwähnt wurde, sei das Amt eines Oberpriesters des Gottes Elagabal in Emesa innerhalb der Familie der Bassiani erblich gewesen. Dies muss jedoch nicht unbedingt im wortwörtlichen Sinne aufgefasst werden. Die Erblichkeit des Oberpriesteramtes ist höchstwahrscheinlich nicht dahingehend zu deuten, dass dieses Amt vom Vater auf den Sohn vererbt wurde, sondern inner-
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halb der Familie weitergegeben wurde.230 Damit folgte man vermutlich altem Gewohnheitsrecht, da die Familie Elagabals von den ehemaligen Dynasten der Stadt Emesa abstammte. Herodian erwähnt nicht nur die Erziehung Elagabals zum Priester, sondern auch der jüngere Severus Alexander sei dem Dienst des Sonnengottes geweiht worden.231 Doch habe man Elagabal das Priestertum übertragen, weil er der ältere war.232 Das würde nahelegen, dass jeweils der älteste und nächste männliche Nachkomme des Oberpriesters als dessen Nachfolger ausersehen war, wobei es offenbar keine Rolle spielte, ob dieser Nachkomme aus der männlichen oder weiblichen Linie stammte. An dieser Stelle ist jedoch einzuräumen, dass Elagabal gar nicht der nächste männliche Nachfahre des Oberpriesters Julius Bassianus war. Das waren nämlich Caracalla und Geta, die Söhne seiner Tochter Julia Domna, wobei – folgt man der Logik Herodians – Caracalla als der Ältere der potentielle Kandidat für das Amt des Oberpriesters gewesen wäre. Hielt man in der Familie des Septimius Severus das Oberpriesteramt in Emesa zunächst für unvereinbar mit der Kaiserwürde? Überhaupt ist fraglich, ob Elagabal der direkte Amtsnachfolger seines Urgroßvaters Julius Bassianus sein konnte. Man vermutet, dass Julia Domna um das Jahr 170 geboren wurde.233 Deshalb müsste Julius Bassianus bei der Geburt seiner Tochter mindestens um die 20 Jahre alt gewesen sein. Wenn er im Jahr 217 gestorben wäre – als Elagabal in Emesa das Oberpriesteramt übernahm –, dann hätte er ein Alter von mindestens 67 Jahren erreicht. Das wäre für antike Verhältnisse ein stolzes Alter, läge aber sehr wohl im Bereich des Möglichen. Doch fungierte er bis zu seinem Tod als Oberpriester? Wahrscheinlicher ist es wohl, dass zwischen Julius Bassianus und Elagabal noch ein anderer Verwandter der Familie als Oberpriester amtierte. Sucht man nach einem ähnlich exklusiven Priestertum im römischen Orient, so fällt einem als Beispiel der jüdische Hohepriester ein. Auch dieses Priestertum war im Prinzip erblich, doch schon in hellenistischer Zeit wurde das Amt von den seleukidischen Königen teilweise an den Meistbietenden vergeben.234 Lange Zeit blieb die Würde des Hohepriesters in der Hand der Hasmonäer-Familie, doch spätestens unter römischer Oberherrschaft wurde der Hohepriester nach einer oftmals kurzen Amtszeit nach Bedarf ausgewechselt. Der Hohepriester Annas aus der Zeit Jesu amtierte selbst neun Jahre und sicherte die Nachfolge für eine gewisse Zeit seiner Familie. Mit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem unter Titus im Jahr 70 erlosch der Tempelkult und somit das oberste Priesteramt. Doch obwohl der Hohepriester in Jerusalem eine wesentlich relevantere politische Bedeutung als der Oberpriester in Emesa hatte, wurde auch dort der Amtsträger nicht schon von Kindesbeinen an auf seine spätere Position vorbereitet.235 Wie in Jerusalem, so war man gewiss auch in Emesa daran interessiert, die Nachfolge des Oberpriesteramts, das in beiden
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Fällen mit beträchtlichem Ansehen und wirtschaftlichen Vorteilen verbunden war, der eigenen Familie oder der engeren Verwandtschaft zu sichern. Es scheint jedoch naheliegend, als potentiellen Nachfolger eher einen Anwärter auszuwählen, der sich persönlich in der Nähe des zentralen Heiligtums aufhielt und schon ein gewisses Alter erreicht hatte, als ein im weit entfernten Rom weilendes Kind zum Oberpriester ausbilden zu lassen. Das zumindest im lokalen Umfeld prestigeträchtige Amt des Oberpriesters in Emesa war für den Spross einer senatorischen Familie durchaus eine standesgemäße Position, aber war es dies auch für einen nahen Verwandten des Kaiserhauses? Betrachtet man nochmals die Karrieren der nächsten männlichen Verwandten Elagabals, der seines Großvaters Julius Avitus und seines Vaters Varius Marcellus, dann ist festzustellen, dass beide vom Ritterstand in den Senatorenstand aufgestiegen sind, und beide waren im Staatsdienst sowie oftmals in der direkten Umgebung des Kaisers tätig. Es wäre eigentlich zu erwarten, dass man deshalb für den jungen Elagabal ebenfalls eine senatorische Laufbahn geplant hätte. Auch wenn man eine besondere Verehrung des Gottes Elagabal unter den Frauen des Kaiserhauses voraussetzt, bleibt dennoch die Frage, ob es für Julia Domna und Julia Maesa erstrebenswert gewesen wäre, den Großneffen beziehungsweise den Enkel gemäß der Familientradition als Oberpriester mit nur lokaler Bedeutung im syrischen Emesa zu sehen. Diesen Gedanken kann man getrost noch einen Schritt weitergehen. Denn ein Aspekt, den es noch zu erörtern gilt, ist der Umstand, dass Caracalla keine Kinder hatte. Seine Gemahlin Plautilla, die Tochter des gestürzten Prätorianerpräfekten Plautianus, heiratete er nur aus Zwang. Gleich nach seiner Herrschaftsübernahme ließ er die auf die Insel Lipari verbannte Plautilla hinrichten. Gewiss war es nicht abzusehen, ob Caracalla kinderlos bleiben würde. Wenn die Geschichte von der Werbung um die Tochter des Partherkönigs stimmen sollte, dann würde dies belegen, dass Caracalla durchaus Heiratspläne hegte. Aber auch bei einer Neuvermählung des Kaisers war nicht gewährleistet, dass aus dieser Ehe Söhne hervorgegangen wären. Folgt man dem erbdynastischen Prinzip, dann war nach der Beseitigung Getas Elagabal vor allem und in erster Linie der nächste männliche Verwandte Caracallas. Zweifellos wird man im Hause des Septimius Severus daran interessiert gewesen sein, das Kaisertum der Familie zu erhalten. Bei einem plötzlichen Ableben des Kaisers oder Kinderlosigkeit wäre – wie bei den sogenannten Adoptivkaisern – einer der Neffen Caracallas in jedem Fall ein möglicher Kandidat für den Kaiserthron gewesen. Bei einer dynastischen Nachfolge hätte Caracalla den Großneffen seiner Mutter adoptiert und zum Caesar erhoben. Das geschah nicht, doch wie zu bedenken gilt, wurde Caracalla in jungen
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Jahren ermordet – er war erst 29 Jahre alt. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass er die Ernennung seines Neffen zweiten Grades zum Caesar gegebenenfalls für einen späteren Zeitpunkt geplant hatte. Und mit ziemlicher Sicherheit wurde Elagabal familienintern als potentieller Nachfolger betrachtet.236 Deshalb ist die Ansicht, Elagabal sei von Kindesbeinen an zum Priester ausgebildet worden, abzulehnen. Als man nach der Ermordung Caracallas in der Heersversammlung in Mesopotamien nach einem geeigneten Kandidaten suchte, waren weder die Frauen des Kaiserhauses noch der junge Elagabal zugegen, weshalb er nicht berücksichtigt werden konnte und die Truppen nach einigem Zögern Macrinus zum Kaiser ausriefen. Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Textstelle bei dem spätantiken Autor Aurelius Victor, die so ähnlich auch in der Historia Augusta wiedergegeben wird und vermutlich auf den Historiker und Senator Marius Maximus zurückgeht. Demnach ging Elagabal erst nach der Ermordung Caracallas nach Emesa, wo das Priesteramt zunächst eher die Funktion eines politischen Asyls hatte, da befürchtet wurde, Macrinus könnte Elagabal nach dem Leben trachten.237 Dies gewinnt obendrein an Glaubwürdigkeit, wenn man Elagabal als möglichen Kandidaten für die Kaiserwürde betrachtet. Das bedeutet aber auch, Elagabal nahm erst jetzt, nach der Ermordung Caracallas, die Würde des Oberpriesters in Emesa an. Entgegen der Behauptung Herodians ist also festzustellen, dass der junge Elagabal nicht explizit zum Priester erzogen wurde, sondern dieselbe Erziehung erhielt wie seine senatorischen Standesgenossen. Wie bereits erwähnt, hatte er vermutlich durch seine Mutter und seine Großmutter sowie durch das Heiligtum in Rom schon früh Kontakt zum Kult des Gottes Elagabal. Zu den Kultpraktiken, auf die noch zurückzukommen sein wird, gehörten unter anderem Opferrituale und ekstatische Tänze, die Elagabal, als er im Jahr 217 das Oberpriesteramt in Emesa übernahm, offenbar schon recht bald perfekt beherrschte. Dieser Umstand sowie die Vehemenz, mit der er sich später als Kaiser der Kultpflege widmete, setzt zumindest eine starke persönliche Affinität des jungen Elagabal zum Kult dieses Gottes voraus. Da sich sowohl seine Großmutter Julia Maesa als auch seine Eltern in der Umgebung des Kaiserhofs aufhielten, lassen sich nun die Stationen seiner frühen Jugendzeit einigermaßen rekonstruieren. Nach der Rückkehr des Septimius Severus und des Hofes von der Reise in die nordafrikanische Heimat des Kaisers im Jahr 203 hielt sich die kaiserliche Familie bis zum Jahr 207 in Rom auf. Das ist folglich auch für die ersten Jahre Elagabals anzunehmen. Gegen Ende des Jahres 207 oder Anfang 208 begab sich Septimius Severus nach Britannien, um den Feldzug gegen die Völkerschaften nördlich des Hadrianswalls aufzunehmen. Wie schon berichtet, wurde er hierbei von Caracalla und Geta sowie von Julia Domna begleitet. Zu den Begleitern des Kaisers
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gehörte auch der comes Julius Avitus und der als Prokurator in der Provinzverwaltung Britanniens (procurator provinciae Britanniae) tätige Varius Marcellus.238 Nachdem sich der kaiserliche Hof samt Elagabals Vater und Großvater in Britannien aufhielt, kann man dies – nach allem was die Quellen berichten – ebenfalls von seiner Mutter und Großmutter sowie von ihm selbst annehmen. Somit verbrachte er die Zeit von seinem vierten bis zu seinem siebten Lebensjahr höchstwahrscheinlich in der dortigen Residenzstadt Eburacum (York). Nach dem Tod des Septimius Severus kehrten Caracalla und Geta im Jahr 211 mit dem Hof nach Rom zurück. Dort kam es auf dem Höhepunkt der Bruderzwistes zur Ermordung Getas und zur Verfolgung seiner Anhänger, bei der sich Varius Marcellus als wichtiger Gefolgsmann Caracallas profilieren konnte. Als der Vater Elagabals anschließend zum Statthalter Numidiens ernannt wurde, könnte er dorthin von Julia Soaemias und seinem Sohn begleitet worden sein. Folgt man hier aber wieder Cassius Dio und Herodian, dann blieben beide in Rom am Kaiserhof. Erst gegen Ende des Jahres 213 oder Anfang 214 folgte Julia Domna mit dem Hof ihrem Sohn Caracalla nach Kleinasien, der mit seinen Truppen in Nikomedia den Winter verbrachte. Von dort aus begab sich der Kaiser in Begleitung seiner Familie, des Hofes und seiner Truppen auf die Reise durch Kleinasien. Und wie die später gesetzte Inschrift aus Thyatira bestätigt, hielt sich auch Elagabal, der zu dieser Zeit zumindest intern als potentieller Nachfolger betrachtet wurde, im Gefolge des Kaisers auf. Caracalla zog anschließend – weiterhin in Begleitung des Hofes – durch die Städte Syriens und im Jahr 215 nach Ägypten. Erst im Frühjahr 216 kehrte die kaiserliche Reisegesellschaft nach Antiochia am Orontes zurück. Nach der Angabe in den literarischen Quellen, wonach sich Maesa sowie Soaemias und Mamaea mit ihren Söhnen in der Nähe der Kaiserin Julia Domna aufgehalten haben, ist anzunehmen, dass sich auch Elagabal nach wie vor im Gefolge des Kaisers befand. Während Caracalla von Antiochia aus zu seinem Feldzug gegen die Parther aufbrach, blieben Julia Domna, der Hof sowie die kaiserliche Kanzlei in der Stadt zurück, denn nach Cassius Dio erledigte Julia Domna in Antiochia einen Teil der kaiserlichen Korrespondenz.239 Am 8. April 217 wurde Caracalla während der Verrichtung seiner Notdurft in der Nähe von Edessa in Mesopotamien von den Mitverschwörern des Macrinus ermordet. Am 11. April bestätigte das für den Partherkrieg im nördlichen Zweistromland zusammengezogene Heer Macrinus als neuen Kaiser. Auf die Nachricht vom überraschenden Tod Caracallas muss seine Familie mit Bestürzung reagiert haben. Julia Domna, die nun auch ihren zweiten Sohn verloren hatte, soll anfangs beabsichtigt haben, sich sogleich das Leben zu nehmen. Wie bereits erwähnt, wurde sie von Macrinus großmütig behandelte. Er ließ ihr die aus Prätorianern
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bestehende Leibgarde und ihren Hofstaat. Erst als Macrinus sie aufgefordert haben soll, Antiochia zu verlassen, starb die bereits schwer erkrankte Julia Domna durch Verweigerung der Nahrungsaufnahme.240 Übereinstimmend berichten Cassius Dio und Herodian, dass Julia Maesa nach dem Tod ihrer Schwester nach Emesa zurückkehrte.241 Wie Herodian hinzufügt, habe auch ihr Macrinus die Weisung erteilt, Antiochia zu verlassen, doch sei ihr gestattet worden, ihr Vermögen zu behalten. Denn wie es bei Herodian weiter heißt, soll die Schwester der Kaiserin ihre Nähe zum Kaiserhaus genutzt haben, um ein beträchtliches Vermögen anzuhäufen. Gewiss wird man die Schwester der Kaiserin und Frau eines Senators nicht als arm bezeichnen können, zumal bereits ihre Familie in Emesa über beachtlichen Reichtum verfügte. Ihr angeblich großes Vermögen bei Herodian ist jedoch als eine stilistische Übertreibung zu werten.242 Wenn sich Macrinus gegenüber Caracallas Familie um Milde bemühte, so hatte dies einen durchschaubaren Grund. Zum einen wollte er seine vermeintliche Unschuld an der Ermordung des Kaisers öffentlich demonstrieren, zum anderen knüpfte er bewusst an das Herrscherhaus der Severer an, wie schon die Wahl seines Herrschernamens Marcus Opellius Severus Macrinus belegt. Für die Mitglieder der Herrscherfamilie des Septimius Severus war es allerdings nicht abzusehen, wie lange die Milde des neuen Kaisers andauern würde. Wenn man der bereits genannten Textstelle bei Aurelius Victor beziehungsweise in der Historia Augusta folgt, dann begaben sich Elagabal und Julia Soaemias aus Furcht vor Macrinus schon vorher nach Emesa, wo der Großneffe von Julia Domna im Tempel des Gottes Elagabal zunächst Asyl suchte. Denkt man an das Strafgericht, das Jahre zuvor Septimius Severus unter der Gefolgschaft von Clodius Albinus hielt, oder an die Verfolgung der Anhänger Getas durch Caracalla, dann war die Furcht der kaiserlichen Familie völlig berechtigt; dies um so mehr wenn man bedenkt, dass der junge Elagabal zumindest innerhalb der Familie als potentieller Anwärter auf den Thron und Nachfolger Caracallas betrachtet wurde. Nachdem Julia Maesa und spätestens jetzt auch Julia Mamaea mit dem jungen Severus Alexander die Stadt Antiochia verlassen hatten, hielt sich nunmehr ein Großteil der syrischen Verwandtschaft der Severer in Emesa auf. Mit Sicherheit verfügte die Familie in der Stadt und deren Umfeld über mehrere stattliche und gewiss standesgemäße Anwesen. Wie sich allmählich herausstellte, beabsichtigte der neue Kaiser Macrinus zunächst keine Verfolgung der Familienmitglieder, in deren Dynastie er sich einfügen wollte. Deshalb fühlten sich Julia Maesa, ihre Töchter und ihre beiden Enkel offenbar sicher genug, so dass Elagabal nach einiger Zeit schließlich das Tempelasyl aufgeben und – nachdem eine mögliche Thronfolge fürs Erste scheinbar in weite Ferne gerückt war – nun das der Familie zustehende Amt eines Oberpriesters
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übernehmen konnte. Es wäre ein sehr großer Zufall, wenn dieses Amt ausgerechnet eben zu jener Zeit vakant gewesen sein sollte. Wahrscheinlich trat ein unbekannter Amtsträger, der vermutlich nach dem Tod von Elagabals Urgroßvater Julius Bassianus die Oberpriesterstelle versah und der sicherlich zur weiteren Verwandtschaft der Familie zu rechnen sein wird, zugunsten des älteren Enkels der Julia Maesa vom Oberpriesteramt zurück. Die allgemeine Behauptung Herodians, Elagabal sei zum Priester erzogen worden – was impliziert, er sei in Emesa aufgewachsen und von Kindesbeinen an auf das Priesteramt vorbereitet worden – trifft erst jetzt zu. Sie bezieht sich auf die Zeit nach Elagabals Ankunft in Emesa und seines Tempelasyls. Jetzt erst kann der spätere Kaiser zum Priester beziehungsweise zum Oberpriester ausgebildet worden sein. Darauf muss deshalb ebenfalls die Behauptung Herodians verweisen, auch Severus Alexander sei dem Dienst des Sonnengottes geweiht worden, Elagabal als dem älteren aber habe man die Oberpriesterwürde übertragen.243 Im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechung wurde während der Herrschaft der makedonischen Dynastie der Seleukiden das Gebiet der Stadt Emesa von arabischen Stämmen besiedelt, die im Laufe der Auflösung des Seleukidenreichs ein unabhängiges Fürstentum errichten konnten, dessen Zentrum das Hauptheiligtum des Gottes Elagabal war. Auf der politischen Weltbühne trat der erste bekannte selbständige Priesterkönig namens Sampsigeramus I. in Erscheinung, weil er im Jahr 64 v. Chr. im Einvernehmen mit dem römischen Feldherrn Pompeius den letzten syrischen König aus der Dynastie der Seleukiden hinrichten ließ.244 Das kleine Fürstentum war fortan mit Rom verbündet. Der letzte selbständige Dynast war der König Sohaemus. Eine aus dem wegen seiner eindrucksvollen römischen Tempelruinen berühmten Baalbek stammenden Inschrift, die in die Zeit Neros (54–68) zu datieren ist, tituliert ihn als Freund des Kaisers und des römischen Volkes.245 Wie die Inschrift außerdem belegt, erhielt Sohaemus die ornamenta consularia, das heißt die konsularischen Abzeichen, womit er zu einem römischen Konsul ehrenhalber ernannt wurde. Daneben trägt er auf der Inschrift bereits den Gentilnamen Julius, was bedeutet, dass seine Familie während der Regierung des Julisch-Claudischen Kaiserhauses, zu dem die Herrscher von Augustus bis einschließlich Nero gehörten, das römische Bürgerrecht erhielt. Wahrscheinlich kurze Zeit später wurde nach dem Tod des Sohaemus Emesa in die römische Provinz Syrien eingegliedert.246 Damit endete die politische Selbständigkeit der Stadt. Wie schon mehrfach dargelegt, fungierten die Nachkommen des Fürstenhauses aber weiterhin als Oberpriester des Gottes Elagabal. Nebenbei sei erwähnt, dass der Name von Elagabals Mutter Soaemias, der auch Sohaemias geschrieben werden kann, die weibliche Form des Fürstennamens Sohaemus ist.
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Die Stadt Emesa lag im fruchtbaren Tal des Orontes, und wie die Oasenstadt Palmyra, die in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts unter der Kaiserin Zenobia für einige Jahre das Zentrum eines unabhängigen römischen Teilreichs im Orient war, so profitierte auch Emesa unter der römischen Herrschaft von einer verkehrstechnisch günstigen Lage. Von den phönizischen Häfen im heutigen Libanon führte eine wichtige Karawanenstraße über Emesa und Palmyra zum Persischen Golf. Somit lag die Stadt an der sogenannten Seidenstraße und partizipierte am damaligen Ost-West-Fernhandel. Durch die Lage an dieser hochfrequentierten Handelsroute und die Einwanderung arabischer Stämme entwickelte sich in der Stadt, deren Umfeld durch die Herrschaft der aus Makedonien stammenden Seleukiden zunächst stark hellenistisch geprägt war, eine orientalisch-römische Mischkultur. Obwohl von der antiken Stadt, die unter dem heutige Homs liegt, kaum nennenswerte Reste vorhanden sind, wird man sich ihr Erscheinungsbild als eine Mischung von griechischrömischen und orientalischen Architekturelementen vorstellen können. Neben dem prächtigen Tempel des Gottes Elagabal konnte die Stadt in der Spätantike mit einem weiteren Bauprojekt der Superlative aufwarten, denn unter Diokletian (284–305) wurde der Orontes zu Bewässerungszwecken in der Nähe Emesas durch eine zwei Kilometer lange Staumauer zum See von Homs aufgestaut, der nach seiner Fertigstellung wahrscheinlich der größte Stausee seiner Zeit gewesen sein dürfte.247 Septimius Severus ehrte die Heimatstadt seiner Gemahlin, indem er sie in den Rang einer colonia erhob,248 das heißt einer Stadt mit römischem Bürgerrecht. Nach der Beschreibung des im vierten Jahrhunderts lebenden Dichters Avienus lag das zentrale Hauptheiligtum des Gottes Elagabal auf dem heutigen Zitadellenhügel und war eines der größten und prächtigsten des ganzen Orients.249 Wie Herodian schreibt, war der Tempel mit viel Gold und Silber und kostbaren Steinen geschmückt.250 Einen Eindruck von der prachtvollen Anlage mag vielleicht der teilweise erhaltene Tempel des Bel in Palmyra vermitteln. Das Heiligtum besteht dort aus einem riesigen quadratischen Hof, dessen Seiten ungefähr eine Länge von 200 m haben und der von Säulenhallen eingefasst ist. Der Tempel selbst liegt in der Mitte des Hofes auf einem niedrigen Stufenpodest und gleicht auf den ersten Blick scheinbar einem typischen griechischen Ringhallentempel (peripteros). Das Gebälk seiner korinthischen Säulen wird jedoch von orientalischen Zinnen bekrönt, und im Gegensatz zu römisch-griechischen Tempeln, die ihren Haupteingang stets an der Stirnseiten haben, befindet sich hier das monumentale Hauptportal an der östlichen Längsseite. Vergleichbar mit dem Tempel des Elagabal in Emesa ist wahrscheinlich auch der ebenso gut erhaltene Tempel des Jupiter Heliopolitanus in Baalbek. Dieser entspricht in seiner Gestalt einem römischen-griechischen
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Säulentempel (pseudoperipteros) und liegt auf einem hohen Podest mit breiter Freitreppe. Er ist mit einer Frontseite von 45 m und einer Seitenlänge von 86 m ungewöhnlich groß. Der ebenfalls von Säulenhallen eingefasste Altarhof ist ihm vorgelagert. In das Heiligtum gelangt man über eine 75 m breite Toranlage, der ein Vestibülhof folgt. Ebenso zeigen die Reversdarstellungen des Elagabal-Tempels auf den in Emesa geprägten Münzen die Frontseite eines römisch-griechischen Säulentempels auf einem hohen Podest mit breiter Freitreppe. Im inneren des Tempels stand auf einem Podest – wie schon erwähnt – kein Kultbild in Menschengestalt, sondern der Baetyl, der schwarze kegelförmige Kultstein des Gottes. Da die Münzen vor dem Baetyl einen Adler zeigen, könnte vor dem Kultstein ein Standbild dieses Göttervogels gestanden haben. Auf den Münzdarstellungen erscheinen hinter dem Baetyl zwei palmenartige Gebilde, die man als Sonnenschirme deuten könnte.251 Das zentrale Heiligtum genoss im Orient überregionale Bedeutung, und die benachbarten Stadtfürsten und Dynasten sollen darum gewetteifert haben, dem Gott jedes Jahr die kostbarsten Weihgaben zu schicken. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Emesa zu einem regelrechten Wallfahrtsort. Dadurch kamen auch zahlreiche Pilger in die Stadt, um das Hauptheiligtum des Sonnengottes Elagabal zu besuchen, dessen Oberpriesteramt nun der zukünftige Kaiser Elagabal versah. Als Resultat dieses Kapitels bleibt festzuhalten: Elagabal wuchs zunächst in Rom oder der Umgebung der Stadt in römischem Umfeld auf. Danach begleitete er gemeinsam mit seiner Mutter Julia Soaemias und seiner Großmutter Julia Maesa den kaiserlichen Hof bei dessen Reisen durch das Imperium. So war er von 208 bis Anfang 211 vermutlich in Britannien. Nach einem weiteren fast dreijährigen Aufenthalt in Rom reiste er im Gefolge von Julia Domna und Caracalla nach Kleinasien, Syrien und wahrscheinlich auch nach Ägypten. Ab dem Frühjahr 216 hielt er sich in Antiochia auf, und nach der Ermordung Caracallas floh er nach Emesa, wo sich schließlich seine ganze Familie zurückgezogen hatte. Dort übernahm er das Amt eines Oberpriesters. Ob er von Anfang an für das Oberpriesteramt des Elagabal in Emesa bestimmt war und zum Priester erzogen wurde, muss deshalb zu Recht bezweifelt werden. Ganz sicher aber erhielt er eine für die Zeit und sein gesellschaftliches Umfeld typische römische Erziehung. Daraus folgt die ernüchternde Erkenntnis, dass von einem kulturellen Missverständnis überhaupt keine Rede sein kann. Der junge Elagabal wurde eben nicht schon als Kind und schon gar nicht im syrischen Emesa auf das Amt als Oberpriester vorbereitet. Römische Sitten, Gebräuche und Moralvorstellungen waren ihm sehr wohl vertraut, und wenn er später leichtfertig dagegen verstieß, dann hätte er sich dessen bewusst sein müssen.
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3. Militärputsch gegen den regierenden Kaiser Nach dem ungünstig verlaufenden Krieg gegen die Parther und nachdem er sich für die enorme Summe von angeblich fast 200 Millionen Sesterzen den Frieden erkauft hatte,252 kehrte Macrinus im Herbst 217 nach Syrien zurück. Während Macrinus selbst mit der Prätorianergarde in Antiochia Quartier bezog, verbrachten die römischen Truppen, die am Partherkrieg teilgenommen hatten – das waren neben den kaiserlichen Begleittruppen vermutlich vor allem Abteilungen (vexillationes) der Legionen aus dem Osten des Reichs –, den Winter in ihren regulären Legionsstandorten. Das Stammlager der legio III Gallica war bei der Stadt Raphanaea, die 35 Kilometer nordwestlich von Emesa lag. Die legio II Parthica hatte während der Feldzüge im Osten ihr Standquartier etwas nördlicher in Apamea am Orontes. Wie schon dargelegt, war diese Legion in Friedenszeiten in dem Legionslager Castra Albana (heute Albano Laziale) in der Nähe Roms stationierte, weshalb sie in den Quellen auch als Albanische Legion bezeichnet wird. Die Stimmung unter den Soldaten war schlecht. Der militärisch unerfahrene Macrinus war nicht unbedingt ihr Wunschkandidat für den Kaiserthron. Sie verglichen den um Sparsamkeit bemühten Macrinus mit dem im Heer auch nach seinem Tod überaus beliebten Caracalla. Dieser hatte sich den Soldaten gegenüber ausgesprochen freigiebig gezeigt und auf seinen Feldzügen selbst wie ein einfacher Soldaten gelebt. Außerdem war man angesichts der hohen Geldzahlungen an die Parther über die Soldkürzungen für die neuen Rekruten verärgert, zumal befürchtet wurde, Macrinus könnte auch noch die Bezüge der bereits im Dienst stehenden Truppen kürzen. Und schließlich war die militärische Niederlage gegen die Parther keineswegs dazu angetan, das Ansehen des Macrinus bei den Truppen zu steigern. Diese Entwicklung der Dinge verfolgte man in Emesa sicherlich mit großem Interesse. Unter den gegebenen Umständen wird es kaum überraschen, dass die syrische Verwandtschaft Caracallas, den Plan fasste, Macrinus zu stürzen und an dessen Stelle Elagabal auf den Thron zu setzen. Herodian schreibt diesen Umsturzplan vor allem der Machtgier der Julia Maesa zu, die es als Schwester der verstorbenen Kaiserin nicht ertragen haben soll, die Bühne der Macht zu verlassen und sich ins Privatleben zurückzuziehen.253 Allerdings wurde Elagabal sicherlich wohl schon zu Lebzeiten des kinderlosen Caracalla als dessen potentieller Nachfolger betrachtet. Außerdem war nicht abzusehen, wie lange die Milde des Macrinus gegen die nahe Verwandtschaft des auf seine Initiative hin ermordeten Caracalla andauern würde. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass Macrinus nur aus Rücksichtnahme auf die Popularität Caracallas bei den Truppen Julia Maesa, ihre Töchter und vor allem ihren Enkel Elagabal verschonte. Vielleicht sah der Kaiser gegenwärtig in dem erst
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14jähringen Elagabal noch keinen ernsthaften Rivalen. Die Befürchtung war jedoch nicht ganz unberechtigt, Macrinus könnte früher oder später seinen Sinn ändern und, sobald seine Herrschaft gefestigt genug war, die Familie seines Vorgängers auch gegen den Willen der Soldaten beseitigen. Das Motiv für Julia Maesa und ihre Familie, auf den Sturz des Macrinus hinzuarbeiten, war deshalb nicht nur die pure Machtgier, vielmehr gebot dies allein schon der reine Selbsterhaltungstrieb. Als alteingesessene und hochangesehene Priesterdynastie verfügte die Familie der Julia Maesa in Emesa zwar über zahlreiche Klienten und Anhänger, doch genügte dies als Machtbasis in keinem Fall, um einen Prätendenten gegen den regierenden Kaiser auf den Thron zu heben. Der Plan musste folglich darin bestehen, die in der Nähe der Stadt im Winterquartier liegenden Truppen zu gewinnen. Zwischenzeitlich machte Elagabal als jugendlicher Oberpriester von sich reden. Wie in der Antike üblich, befand sich auch der Altar des Gottes Elagabal zwar innerhalb des heiligen Bezirks, das heißt in dem den Tempel höchstwahrscheinlich umgebenden Säulenhof, aber nicht in dem Tempel selbst, sondern davor, und die Opferrituale sowie ein Teil der religiösen Zeremonien fanden öffentlich unter freiem Himmel statt. Dem Gott wurden hauptsächlich Tieropfer – vor allem Stiere und Schafe – sowie Wein als Trankopfer dargebracht. Währenddessen wurde Räucherwerk abgebrannt. Auf die Opferzeremonie folgten ekstatische Kulttänze, die mit Musikinstrumenten begleitet und von Tänzerinnen aufgeführt wurden. Herodian nennt als Instrumente unter anderem Flöten, Zimbel, Tympana und Syringen.254 Letzteres war eine Panflöte, und ein Tympanon ist eine runde Rahmentrommel, die in der Hand gehalten und häufig auch in römisch-griechischen Mysterienkulten wie dem Dionysoskult verwendet wurde. An diesen rituellen Tänzen nahm der Oberpriester persönlich teil, der sich in den Reigen der Tänzerinnen einreihte. Nach allem, was die Quellen berichten, müssen diese Tänze auf den konservativen römischen Beobachter einen ausgesprochen orgiastischen Eindruck gemacht haben. Herodian preist die Jugend, Schönheit und Anmut Elagabals bei diesen Zeremonien, und man könnte seine Wirkung und Ausstrahlung auf die Tempelbesucher vielleicht am treffendsten mit der italienischen Formulierung, er machte „bella figura“, umschreiben. Detailliert beschreibt Herodian den Ornat des Oberpriesters, das Elagabal vielleicht in Emesa trug und dem der Autor das Prädikat Barbarentracht verleiht. Dazu gehörten lange, bis zu den Füßen reichende langärmelige Obergewänder, die purpurfarben und golddurchwirkt waren. Den Kopf krönte eine priesterliche Tiara, die mit zahlreichen Edelsteinen geschmückt war. Zu diesem Priesterornat trug Elagabal offenbar zahlreiche Halsketten, Armbänder und Amulette.255 Obwohl Herodian teilweise als unzuverlässig gilt, müssen sich die öffentlichen Zeremonien Elagabals als
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Oberpriester in Emesa doch irgendwie in dieser Weise abgespielt haben. Als androgyner und feminin wirkender Knabe mag er bei diesen rituellen Tänzen tatsächlich die Blicke der Pilger auf sich gezogen haben, die von dem Liebreiz des jugendlichen Oberpriesters, der in ekstatischer Verzückung den Reigen der Tänzerinnen anführte, entzückt waren. Glaubt man Herodian, dann war der junge Elagabal bei diesen kultischen Verrichtungen eine Art Publikumsmagnet und die neue Hauptattraktion des Heiligtums.256 Von den folgenden Geschehnissen findet sich die ausführlichste Darstellung bei Cassius Dio, von der Herodians kürzerer Bericht in einigen Punkten abweicht.257 Allerdings herrscht bei Cassius Dio zunächst ein wenig Unklarheit bei den agierenden Personen. Als Initiator des Putschs gegen Macrinus nennt er erst einen gewissen Eutychianus. Dieser sei eine Art Gaukler gewesen, der mit Spielereien und gymnastischen Übungen das Volk unterhalten habe.258 Im weiteren Bericht taucht dann unvermittelt und zunächst ohne weitere Erläuterung ein Mann mit dem Namen Gannys auf, der nun als Hauptmotor der Verschwörung erscheint, während der besagte Eutychianus überhaupt nicht mehr erwähnt wird. Da an die Stelle des Eutychianus ganz übergangslos der genannte Gannys tritt, muss es sich um ein und dieselbe Person handeln, deren voller Namen folglich Eutychianus Gannys lautete.259 An anderer Stelle berichtet Cassius Dio, Gannys sei von Julia Maesa erzogen worden, und der Julia Soaemias sei er ergeben gewesen, weil er gewissermaßen ihr Gatte war.260 Gannys war also ein enger Vertrauter der Familie und außerdem spätestens nach dem Tod des Varius Marcellus der Lebensgefährte der Julia Soaemias. Für Elagabal scheint Gannys eine Art Ersatzvater und Erzieher gewesen zu sein. Die abfällig Bemerkung Cassius Dios, er habe als Gaukler das Volk unterhalten, ist deshalb recht zweifelhaft. Jedoch weist der Text an dieser Stelle einige Lücken auf, und vielleicht sind die Spielereien und gymnastische Übungen auf die öffentlichen kultischen Zeremonien Elagabals zu beziehen, der damit unter der Aufsicht seines Ziehvaters Gannys das Volk unterhalten habe. Cassius Dio schreibt ja nicht, dass Gannys sich persönlich als Gaukler produziert habe, und mit Sicherheit brachte der konservative Senator nur sehr wenig Verständnis für die teilweise ekstatischen Rituale orientalischer Kulte auf. Besonders die kultischen Tänze mochten aus seiner Sicht nur als Spielereien und gymnastische Übungen für das Volk erscheinen. Zu den Pilgern und Tempelbesuchern, die den jungen und schönen Oberpriester Elagabal bei den Opferzeremonien und kultischen Tänzen bewunderten, gehörten auch zahlreiche Legionäre der legio III Gallica aus dem benachbarten Truppenstandort Raphanaea, die ebenfalls den Gott Elagabal verehrten. Der Großneffe der Julia Domna war für diese Soldaten von vornherein kein Unbekannter, da sie wussten, dass er zum Kaiserhaus der Severer
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gehörte. Herodian berichtet: Die Soldaten besuchten immer wieder die Stadt und gingen, um ihren Kult zu verrichten, zum Tempel, wo sie den Jüngling stets mit Freude anschauten.261 Unter diesen Soldaten befanden sich auch einige, die als Klienten von Julia Maesa der Familie persönlich verbunden waren. Mit deren Hilfe ließ Gannys das Gerücht verbreiten, Elagabal sei in Wirklichkeit ein unehelicher Sohn Caracallas. Als die Töchter der Julia Maesa am Kaiserhof lebten – so das Gerücht –, soll Caracalla sowohl mit Julia Soaemias als auch mit Julia Mamaea eine intime Beziehung gehabt haben. Durch zahlreiche Multiplikatoren scheint sich das Gerücht unter den Legionären in Raphanaea verbreitet zu haben, und offenbar wurde ihm auch bereitwillig Glauben geschenkt. Das bedeutet aber auch, dass hier den Töchtern der Julia Maesa öffentlich Ehebruch und dem vermeintlichen Sohn Caracallas eine uneheliche Geburt unterstellt wird. Doch im Interesse des gemeinsamen Ziels wurde dies von allen Beteiligten wohl billigend akzeptiert. Wie Herodian außerdem hinzufügt, machten sich die Soldaten aufgrund des angeblich beträchtlichen Reichtums der Julia Maesa, den der Autor gewiss etwas übertrieben darstellt, Hoffnungen auf ein großzügiges Donativ, wenn sie den durch die angebliche Vaterschaft Caracallas bekräftigten Thronanspruch ihres Enkels Elagabal unterstützten.262 Nachdem sich die Verschwörer gegen Macrinus ihrer Sache einigermaßen sicher waren und genügend Anhänger gesammelt hatten – Cassius Dio erwähnt hierbei neben den der Familie verbundenen Soldaten Freigelassene und Ratsherrn aus Emesa – zogen sie unter der Führung von Gannys nachts von Emesa zu dem benachbarten Legionslager. Gannys soll dem jungen Elagabal Kleider angezogen haben, die der tote Caracalla angeblich als Kind trug. Woher diese Gannys plötzlich hergehabt haben soll, ist höchst ungewiss. Wahrscheinlich erhielt Elagabal Gewänder, die dem typischen Kleidungsstil Caracallas entsprachen. Ein pittoresker Gedanke wäre es, sich den 14jährigen Oberpriester in dem charakteristischen keltischen Kapuzenmantel des ermordeten Kaisers vorzustellen. Während Cassius Dio ganz ausdrücklich betont, dass Julia Maesa von dieser Aktion überhaupt nichts gewusst haben soll, führt sie bei Herodian die Verschwörer persönlich und in Begleitung ihrer beiden Töchter vor die Tore des Legionslagers.263 Mag aus dramaturgischen Gründen hier Herodian die Rolle der Julia Maesa und ihrer Töchter übertrieben haben,264 so ist es doch wenig glaubhaft, dass weder die Großmutter noch die Mutter Elagabals etwas von den Plänen des Gannys, der immerhin der Lebensgefährte der Julia Soaemias war, gewusst haben sollen. Bei dem geplanten Handstreich war es zweifellos überaus hilfreich, den Truppen neben einer Miniaturausgabe des toten Kaisers auch die vermeintlich armen und entrechteten Frauen des Kaiserhauses effektvoll präsentieren zu können. Der von Gannys langfristig
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und gut vorbereitete Plan war ein voller Erfolg. Am frühen Morgen des 16. Mai 218 öffneten die Soldaten der dritten Legion die Lagertore und riefen Elagabal durch Akklamation zum Kaiser aus, indem sie ihm in der Heeresversammlung den kaiserlichen Purpurmantel – oder zumindest ein ähnliches Kleidungsstück, das gerade zur Verfügung stand – umlegten. Es war jedoch mit Sicherheit nicht der von Herodian beschworene „Liebreiz“ des hübschen Knaben, der die Soldaten bewogen hat, sich Elagabal anzuschließen, sondern die Hoffnung auf eine Fortsetzung der ausgesprochen großzügigen Militärpolitik Caracallas. Schon an dem Tag seiner Proklamation nahm Elagabal den offiziellen Kaisernamen Marcus Aurelius Antoninus an.265 Alle Beteiligten waren sich darüber im Klaren, dass dies einen bewaffneten Konflikt mit dem regierenden Kaiser Macrinus zur Folge haben würde. Man bereitete sich in Raphanaea deshalb auf einen Angriff der Truppen des Macrinus vor. Die Soldaten holten ihre Frauen und Kinder aus den benachbarten Dörfern in das Lager – wie schon dargelegt, war es seit Septimius Severus den Soldaten erlaubt, bei ihren Frauen außerhalb des Lagers zu wohnen –, sammelten Lebensmittel und verriegelte die Lagertore, um so auf eine Belagerung vorbereitet zu sein. Selbstredend müssen sich neben dem neugekürten Kaiser, der zunächst ein Usurpator gegen den regierenden Herrscher war, ebenfalls Julia Maesa und ihre Töchter sowie der spätere Severus Alexander in dem Legionslager aufgehalten haben, auch wenn dies von Cassius Dio nicht ausdrücklich erwähnt wird. Die Nachricht von der Proklamation Elagabals wurde unter den Legionen und der Bevölkerung zum Teil wohl durchaus mit Zustimmung aufgenommen, doch wartete man noch ab, wer in dem bevorstehenden Bürgerkrieg die Oberhand behalten würde.266 Die Reaktion der Anhänger des Macrinus ließ unterdessen nicht lange auf sich warten. Zufälligerweise hielt sich in der Nähe des Lagers Ulpius Julianus, der Prätorianerpräfekt des Macrinus, auf. Ulpius Julianus war übrigens jener Vertrauensmann, der Macrinus rechtzeitig warnte, als ein Bericht über die gefährliche Prophezeiung, die Macrinus das Kaisertum verhieß und als Hochverrat gelten musste, an Caracalla unterwegs war, woraufhin Macrinus die Verschwörung gegen Caracalla initiierte. Ulpius Julianus sammelte in der Eile so viele Truppen, als ihm möglich war – unter anderem Hilfstruppen aus den beiden mauretanischen Provinzen Roms, die als besonders loyal galten, da Macrinus selbst aus Mauretanien stammte. Außerdem ließ er einige potentielle Anhänger Elagabals hinrichten. Darunter waren eine Tochter von Gessius Marcianus, des inzwischen wahrscheinlich verstorbenen Ehemanns der Julia Mamaea und Vaters des späteren Severus Alexander, die wohl aus seiner ersten Ehe stammte, sowie sein Schwiegersohn.267 Mit seinem Aufgebot griff Ulpius Julianus sogleich das gegnerische Lager der Meuterer und ihres Usurpators an. Dabei bewähren sich
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vor allem die mauretanischen Hilfstruppen, denen es sogar gelang, ein Tor aufzubrechen und in das Lager einzudringen. Doch Ulpius Julianus, der mit den Meuterern eine Lösung auf dem Verhandlungsweg suchte, zögerte. Die Soldaten der dritten Legion nutzten die Kampfpause, um während der Nacht die Lagertore zu verstärken. Zudem versuchten sie, die Belagerer auf ihre Seite zu ziehen. Elagabal wurde auf dem Lagerwall herumgetragen und hielt eine wahrscheinlich von Gannys vorbereitete Rede, worin er neben einer Amnestie für die aus dem Lager auf die Seite des Ulpius Julianus desertierten Soldaten auch erwartungsgemäß ein Geldgeschenk in Aussicht stellte. Laut Herodian sollen den Belagerern sogar Säcke voll Geld gezeigt worden sein.268 Andere Legionäre standen auf dem Lagerwall, zeigten Kinderbildnisse Caracallas und wiesen mit den Worten: Weshalb tut ihr das, Kameraden? Warum bekämpft ihr so den Sohn eueres Wohltäters?,269 auf die scheinbare Ähnlichkeit mit Elagabal hin. Zu Verhandlungen schickte Gannys nun einen kaiserlichen Freigelassenen Caracallas in das gegnerische Lager, dem es schließlich endgültig gelang, die Soldaten des Ulpius Julianus auf die Seite Elagabals zu ziehen. Offiziere, die ihre Leute vom Abfall abhalten wollten, wurden kurzerhand ermordet. Ulpius Julianus suchte sein Heil in der Flucht, doch wurde er aufgespürt und enthauptet. Die nächsten Truppen auf die Macrinus außer der Prätorianergarde nun gegen die Meuterer zurückgreifen konnte, waren die Soldaten der legio II Parthica in Apamea. Diese Legion wurde seit ihrer Aufstellung durch Septimius Severus von einem Befehlshaber aus dem Ritterstand (praefectus legionis) kommandiert. Legionspräfekt im Frühjahr 218 war höchstwahrscheinlich ein Herr namens Publius Valerius Comazon.270 Sein recht unrömischer Name Comazon stammt vermutlich daher, weil seine Vorfahren ursprünglich Schauspieler und Komödianten waren.271 In der Historia Augusta wird er deshalb als Tänzer bezeichnet,272 was er jedoch mitnichten war. Vielmehr entschied sich Comazon für eine militärische Laufbahn, womit er ebenfalls zur Riege jener Befehlshaber gehörte, die sich von den unteren Rängen nach oben hochgearbeitet hatten. Cassius Dio, der den aus einfachen Verhältnissen stammenden Comazon offensichtlich nicht besonders schätzte, schildert knapp einige Stationen seiner Laufbahn.273 So sei er während seiner Dienstzeit in Thrakien – im Südosten der Balkanhalbinsel – wegen eines Vergehens zur Flotte strafversetzt worden. Trotz dieses Karriereknicks gelang Comazon dennoch der Aufstieg zum Legionskommandeur, worauf Cassius Dio mit den Worten hinweist, er habe sich in keiner führenden Stellung außer in der Lagerleitung erprobt.274 Der Kommandant eines Legionslagers (praefectus castrorum) war traditionellerweise der ranghöchste Offizier nach den senatorischen Offizieren, nicht aber der Kommandeur einer Legion. Bei der
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legio II Parthica gab es jedoch überhaupt keine senatorischen Offiziere, und vermutlich verwendet der Senator Cassius Dio für Comazon als den Befehlshaber dieser Legion ganz bewusst nur den abschätzigen Titel eines Lagerkommandanten. Die Haltung Comazons und der Albanischen Legion schien nun angesichts der Usurpation Elagabals zweifelhaft. Um einem möglich Abfall auch dieser Truppen zuvorzukommen, beschloss Macrinus selbst nach Apamea zu gehen. Um seinen Herrschaftsanspruch und die Beständigkeit seiner Regierung zu bekräftigen, ließ er dort seinen 10jährigen Sohn Diadumenianus zum Augustus ausrufen. Dieser erhielt den Herrschernamen Marcus Opellius Antoninus Diadumenianus, wobei mit Antoninus ebenfalls an die Dynastie der Severer angeknüpft werden sollte. Zur Feier der Erhebung des Diadumenianus sollten die Soldaten ein Geldgeschenk von 20.000 Sesterzen pro Mann erhalten, von denen 4.000 Sesterzen sogleich ausbezahlt wurden. Zusätzlich veranstaltete Macrinus in Apamea eine üppige Volksspeisung, wofür man 600 Sesterzen je Einwohner ausgab. Das alles war ein wohlüberlegtes Manöver, denn so hatte Macrinus die Möglichkeit, den Soldaten ganz unaufdringlich seine Großzügigkeit unter Beweis zu stellen, ohne sich den Anschein zu geben, als zweifle er an deren Loyalität. Faktisch versuchte er so, sich die Treue der Legionäre zu erkaufen. Jedoch scheiterte dieser Plan, denn die Legionäre in Apamea hatten bereits Kontakt zu den Meuterern in Raphanaea aufgenommen. Die Soldaten nahmen zwar das Geld an, aber während man mit der Verteilung beschäftigt war, wurde Macrinus ein abgeschlagener Kopf überbracht, der in Tüchern gehüllt und obendrein mit dem Siegel des Ulpius Julianus versehen war. Der Überbringer behauptete, dies sei das Haupt des Usurpators Elagabal, und entfernte sich schnell. Wie sich jedoch herausstellte, lag in den Tüchern der abgeschlagenen Kopf des Prätorianerpräfekten Ulpius Julianus. Macrinus scheint die Nerven verloren zu haben und fühlte sich unter den Soldaten der Albanischen Legion nicht mehr sicher. Umgehend brach er mit seinen Begleitern nach Antiochia auf. Somit waren die Würfel in Apamea gefallen. Auch die legio II Parthica sowie die in der Umgebung Apameas überwinternden Truppenverbände gingen nun zu den Meuterern über und erkannten Elagabal als Kaiser an. Comazon, der Befehlshaber der Albanischen Legion, dürfte sich erheblich bessere Karrierechancen versprochen haben, wenn er den Usurpator Elagabal in der noch kritischen Anfangsphase seiner Machtübernahme unterstützt – zu Recht wie sich zeigen sollte.275 Somit verfügte Macrinus im Moment nur über die bei Antiochia stehende Prätorianergarde. Die nächsten Legionen standen über 180 Kilometer entfernt in Zeugma am Euphrat – der griechische Name dieser Stadt, deren Reste seit Oktober 2000 im Rahmen eines türkischen Staudammprojekts
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weitgehend überflutet wurden, bedeutet „Brückenstadt“ – und in Samosata, das noch ein Stück weiter nördlich am Euphrat lag. Zudem war zu befürchten, dass sich die Emissäre Elagabals inzwischen auch bei der legio IV Scythica in Zeugma und der legio XVI Flavia in Samosata eingeschleust hatten, Macrinus sich ihrer Loyalität mithin also nicht mehr sicher sein konnte. Diese Annahme war durchaus berechtigt, denn beide Parteien schickten ihre verständlicherweise widersprechenden Botschaften und ihre Mittelsmänner zu den Provinzstatthaltern sowie in die jeweiligen Legionsstandorte und versuchten möglichst viele Anhänger zu gewinnen. Die Macrinus ergebenen Statthalter und Kommandeure ließen die Kuriere Elagabals hinrichten, doch mehrheitlich schien man sich abwartend zu verhalten.276 Auch Macrinus zögerte offenkundig und ließ es nach seiner fluchtartigen Rückkehr aus Apamea an entschlossenem Handeln fehlen. Die Initiative ging vielmehr von den Meuterern unter der Führung von Gannys und Comazon aus, die nun mit ihren Truppen in Richtung Antiochia vorrückten. So kam es am 8. Juni 218 – gerade drei Wochen nach der Kaiserproklamation Elagabals – in einem nur wenige Kilometer von Antiochia entfernten Dorf zur Entscheidungsschlacht. Durch das schnelle Vorrücken des Gegners war Macrinus gezwungen, den Kampf allein mit der Prätorianergarde aufzunehmen. Vermutlich war ein kleiner Teil der Garde in ihrem Stammlager in Rom verblieben, doch zusammen mit der Gardereiterei, den equites singulares Augusti, sowie diversen Hilfstruppen werden die Truppen des Macrinus ihrem Gegner zahlenmäßig ebenbürtig gewesen sein. Die Gegenseite unter dem nominellen Oberbefehl von Gannys – da er in kriegerischen Dingen gänzlich unerfahren war, wird er sich auf erfahrene militärische Berater und Befehlshaber wie Comazon verlassen haben – verfügte über die beiden Legionen aus Apamea und Raphanaea sowie ebenfalls über weitere Truppenkontingente, wie beispielsweise die oben genannten mauretanischen Hilfstruppen. Insgesamt wird man die Stärke beider Seiten auf insgesamt vielleicht jeweils 12.000 Mann schätzen können. Macrinus, von dem man ausgehen kann, dass er ebenfalls auf den Rat seiner erprobten Militärs hörte, befahl vor der Schlacht seinen Prätorianern, ihre Schuppenpanzer abzulegen und anstelle des schweren und zylinderförmig gewölbten Schildes (scutum) mit einem leichten Schild in den Kampf zu ziehen.277 Dadurch sollten die Gardesoldaten im Gelände mehr Bewegungsfreiheit bekommen und entsprechend leichter und schneller operieren können. Dieser Umstand spricht dafür, dass Macrinus beabsichtigte, seine Gegner durch einen schnellen Überraschungsangriff zu überrumpeln. Unterdessen versuchten die Truppen Elagabals vor dem Dorf einen Hohlweg zu besetzen, um dort eine möglichst vorteilhafte Stellung beziehen zu können. Hierbei wurden sie wohl von den mit ihrer leichten Ausrüstung schnell
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vorgehenden Prätorianern des Macrinus überrascht und in die Flucht geschlagen. Hier nun schlug die große Stunde der syrischen Kaiserfrauen. Julia Maesa und Julia Soaemias begleiteten die Truppen und sahen den Kämpfen von ihren Reisenwägen aus zu. In ihrer Nähe hielt sich außerdem der hübsche Knabe – um die Begrifflichkeit Herodians zu verwenden – Elagabal auf, den man offensichtlich wie einen richtigen römischen Feldherrn ausstaffiert hatte. Er saß stilecht auf einem Pferd und trug sogar ein kleines Schwert an der Seite. Maesa, Soaemias und auch Elagabal – trotz seines jugendlichen Alters – waren sich zweifellos darüber im Klaren, dass sie sowie die Hauptverantwortlichen des Putsches mit der Schlacht auch ihr Leben verlieren würden. Als sie nun den unglücklichen Schlachtverlauf und die Flucht ihrer Soldaten beobachteten, sprangen Maesa und Soaemias beherzt von ihren Wägen und warfen sich wehklagend den Fliehenden entgegen. Der jugendliche Kaiser selbst überraschte in dieser gefährlichen Situation. Elagabal zog sein Miniaturschwert und schien mit seinem Pferd im gestreckten Galopp allein mitten in die Reihen des Gegners reiten zu wollen. Das brachte die Fliehenden zum Stehen, sie sammelten sich wieder und schlugen nun ihrerseits die Prätorianer des Macrinus zurück. Damit war die Schlacht noch keineswegs entschieden, denn die Prätorianer leisten weiterhin energischen Widerstand. Doch verlor Macrinus abermals die Nerven und ergriff wie schon zuvor in Apamea die Flucht. So schildert Cassius Dio den Schlachtverlauf.278 Er war persönlich nicht anwesend und wird auch hier auf vorhandene Dokumente und die Schilderungen von Augenzeugen zurückgegriffen haben. Sein Bericht verdient jedoch um so mehr Glaubwürdigkeit, weil er Elagabal verabscheute und folglich ganz gewiss keinen Anlass hatte, dem aus seiner Sicht verweichlichten und dekadenten Kaiser ein gänzlich uncharakteristisch heroisches Verhalten zu bescheinigen.279 Der Eindruck von Heldenhaftigkeit sollte wahrscheinlich durch den ausdrücklichen Hinweis auf das vermeintliche Kinderschwert – kleines Schwert wie es im Text heißt – ein wenig relativiert werden. Natürlich bleiben uns die genauen Umstände verborgen, denn vielleicht hat der Kaiser nur die Kontrolle über sein Pferd verloren, das dann mitsamt seinem Reiter ab durch die Mitte galoppierte. Herodian erwähnt mit keinem Wort den persönlichen Einsatz Elagabals und der Kaiserfrauen. Im Mittelpunkt seines Berichts stehen die Flucht des Macrinus und der tapfere Widerstand der Prätorianergarde.280 Demnach kämpfte die Garde auch ohne ihren Kaiser weiter. Erst als ihnen am Abend Amnestie und Straffreiheit für ihre Unterstützung des Macrinus zugesagt und ihnen versichert wurde, dass sie auch unter dem neuen Herrscher weiterhin als Kaisergarde dienen sollten, wechselten die Prätorianer die Seite und gingen zu Elagabal über.
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Nach dieser Entscheidungsschlacht am 8. Juni 218 wurde Elagabal allgemein als Kaiser anerkannt. Macrinus kehrte nach seiner Flucht zunächst nach Antiochia zurück und gab sich beim Einzug in die Stadt den Anschein, als sei er aus der Schlacht als Sieger hervorgegangen. Die Wahrheit konnte er jedoch nicht lange verbergen. Seinen Sohn Diadumenianus schickte er in Begleitung einiger Vertrauter zu dem vorherigen Gegner Roms, dem Partherkönig Artabanos IV., in der Hoffnung, dass er dort sicher wäre. Macrinus selbst ließ sich Haare und Bart schweren, vertauschte die kaiserlichen Purpurgewänder mit einfacher dunkler Kleidung und floh mit einigen wenigen Begleitern nach Kleinasien.281 Wer bisher noch abgewartet hatte, beeilte sich nun, dem neuen Herrscher zu huldigen und seine Loyalität unter Beweis zu stellen. Teilweise kam es zu Volksaufständen und einer spontanen Verfolgung der Anhänger des Macrinus. Der Statthalter von Phönikien – der römische Provinz Syria Phoenice – Marius Secundus, auf dessen Befehl man zuvor Kuriere Elagabals hingerichtet hatte, wurde hierbei erschlagen. Basilianus, dem Statthalter Ägyptens und Nachfolger des Ulpius Julianus als Prätorianerpräfekt des Macrinus, der ebenfalls Kuriere Elagabals exekutieren ließ, gelang die Flucht nach Italien, dort wurde er jedoch in der Nähe von Brundisium (Brindisi) erkannt und verhaftet. Nachdem man ihm später den Prozess gemacht hatte, wurde er hingerichtet. Bei diesen Unruhen kamen allerdings auch Parteigänger Elagabals ums Leben.282 Hier ist jedoch zu betonen, dass diese Ausschreitungen und Morde weitgehend eigenmächtige Handlungen waren, die vermutlich ohne Wissen und Zustimmung des jungen Herrschers geschahen. Wie Cassius Dio lobend hervorhebt, habe Elagabal erklärt, niemand der ihn oder den toten Caracalla während der Auseinandersetzung mit Macrinus geschmäht hatte, verfolgen zu wollen, und – wie der Historiker feststellt – er tat es auch wirklich nicht.283 Gleichwohl wurden später einige wichtige Anhänger des Macrinus hingerichtet, worauf noch zurückzukommen sein wird. Auch der eben genannte Basilianus wurde nach seiner Verhaftung nach Nikomedia gebracht, wo sich Elagabal zu dieser Zeit aufhielt. Wahrscheinlich fand sein Prozess deshalb in der Gegenwart Elagabals statt. Am 9. Juni 218, einem Tag nach der Schlacht, zog Elagabal in Antiochia ein. Die siegreichen Truppen zeigten offenbar große Lust, die reiche Stadt, die Macrinus als Hautquartier gedient hatte, auszuplündern. Elagabal beziehungsweise seine Berater, unter denen vermutlich Gannys und Comazon sowie Julia Maesa eine bedeutende Rolle spielten,284 konnten dies jedoch verhindern, indem sie den Soldaten 2.000 Sesterzen pro Mann versprachen. Wie Cassius Dio hinzufügt, hatten die Bewohner der Stadt den Betrag selbst aufzubringen,285 doch war dies für die Bevölkerung zweifellos die angenehmere Alternative. An den römischen Senat erging erwartungsgemäß ein
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Schreiben, worin dem Gremium der Herrscherwechsel vermeldet wurde.286 Der flüchtige Macrinus war jedoch immer noch am Leben und der Bürgerkrieg somit noch nicht beendet. Es war vielmehr zu erwarten, dass Macrinus versuchen würde, die vielleicht noch zu ihm stehenden Legionen an der Donau zu erreichen. Deshalb diente dieses Schreiben auch dazu, Stimmung gegen den politischen Gegner zu machen, und so wurde Macrinus hier erstmalig offiziell des Mordes an Caracalla bezichtigt. Elagabal bekundete, sich den vergöttlichten Augustus zum Vorbild seiner Regierung nehmen zu wollen, der ebenfalls in jungen Jahren zur Herrschaft gelangt sei. Abfällige Bemerkungen des Macrinus bezüglich seines jungen Alters begegnete er mit dem Hinweis: Er versuchte mein jungendliches Alter zu verunglimpfen, ernannte dabei aber selbst seinen fünfjährigen Sohn zum Kaiser.287 Zwar war Diadumenianus damals bereits zehn Jahre alt, doch ist die Entgegnung in der Sache sicherlich zutreffend. Als Fauxpas wurde allerdings aufgefasst, dass Elagabal den Senat vor vollendete Tatsachen stellte und in diesem Schreiben schon seine offizielle Kaisertitulatur verwendete. Zum einen bekräftigte er die Legalität seines Herrschaftsanspruchs und dokumentierte dynastische Kontinuität, indem er sich als Sohn Caracallas (Antonini filius) und Enkel des Septimius Severus (divi Severi nepos) betitelte. Zum anderen beinhaltete die offizielle Kaisertitulatur üblicherweise Titel und Bestandteile wie Prokonsul, Pius und Felix oder die Angabe der tribunizischen Gewalt, die formell eigentlich erst vom Senat vergeben werden mussten.288 Daneben erklärte sich Elagabal anstelle des Macrinus zum ordentlichen Konsul des Jahres, beließ aber dessen Amtskollegen, den bejahrten ehemaligen Prätorianerpräfekten Marcus Oclatinius Adventus, in seinem Amt. Auch hierbei bemängelte Cassius Dio einige formelle Fehler.289 Doch ließ sich derselbe Senat, der noch vor kurzem Elagabal zum Staatsfeind und ihm samt seiner Mutter und Großmutter den Krieg erklärt hatte,290 nicht davon abhalten, nun Macrinus als Landesfeind zu ächten, während man Elagabal und Caracalla mit Lobeshymen bedachte.291 Das mag jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass durch die angebliche Vaterschaft Caracallas das Verhältnis zwischen Elagabal und dem Senat bereits im vornherein belastet wurde. Ein Großteil der Senatoren verachtete den vermeintlichen Vater des jungen Herrschers und hatte seine Ermordung bejubelt. Damit zog Elagabal zwar die Soldaten auf seine Seite, die schon Septimius Severus und Caracalla als die Hauptstütze ihres Kaisertums betrachtet hatten, doch beim Senat muss dies eher Misstrauen erregt haben. Für den Fall, dass der Bürgerkrieg gegen Macrinus fortgesetzt werden müsste, war der Senat in Anbetracht der wahren Machtverhältnisse allerdings nur von untergeordneter Bedeutung. Wesentlich wichtiger war es, die anderen Legionen und Provinz-
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statthalter des Reiches zu gewinnen. Deshalb sandte man neben dem Schreiben an den Senat weitere Briefe an die Truppenstandorte, denen Dokumente beigefügt waren, die Macrinus diskreditieren sollten.292 Unterdessen gelang Macrinus die Flucht durch Kleinasien. Mit geschertem Haupt und Bart und in der Verkleidung eines einfachen Bürgers ritt er auf einem Pferd während der Nacht von Antiochia nach Kilikien. Dort gab er sich als Kurier der Staatspost (cursus publicus) aus und stieg an einer Poststation (mutatio posita oder mansio posita) auf einen Reisewagen um.293 Weiterhin in Gegenwart von nur wenigen Begleitern kam er so bis ins nordwestliche Kleinasien in einen kleinen Hafen in der Nähe von Nikomedia. Verschiedentlich wurde er auf seinem Weg sogar erkannt, doch erdreistete sich offensichtlich niemand, die Hand an den Kaiser, der er immer noch war, zu legen. Nikomedia selbst zu betreten wagte Macrinus jedoch nicht, da er an der Loyalität des dort residierenden Statthalters der Provinz Bithynien zweifelte. Doch schaffte er immerhin in einem Boot die Überfahrt nach Chalkedon, das war eine Stadt am Bosporus die der Stadt Byzantium, das spätere Konstantinopel oder heutige Istanbul, gegenüberlag. Von dort aus hätte er die Meerenge nach Europa überqueren können. In Bithynien hielt sich bereits ein Vertrauensmann des Macrinus namens Castinus auf, den der fliehende Kaiser vielleicht sogar schon vor der Schlacht bei Antiochia für alle Fälle in diese Gegend vorausgesandt hatte.294 Wie Cassius Dio vermutet, habe Macrinus die Absicht verfolgt, Rom zu erreichen und dort den Senat, der just ungefähr um diese Zeit dem neuen Herrscher Elagabal huldigte, und die stadtrömische Bevölkerung für sich einzunehmen.295 Diese Hoffnung war vielleicht nicht ganz unberechtigt, doch hätte Macrinus die Unterstützung des mit geringen Machtmitteln ausgestatteten Senats und der römischen plebs urbana nur wenig geholfen. Ziel war es deshalb höchstwahrscheinlich, militärische Unterstützung bei den Donaulegionen zu finden. In Chalkedon beging Macrinus allerdings den Fehler, von einem Verwaltungsbeamten Geld zu fordern. Hierbei wurde er erkannt und in Chalkedon solange festgehalten, bis seine Verfolger die Stadt erreichten und ihn in Haft nahmen. Ein Centurio mit dem Namen Aurelius Celsus sollte Macrinus nach Antiochia zurückbringen. Auf dem Weg dorthin erfuhr Macrinus, dass sein Sohn Diadumenianus, als dieser auf seiner Flucht zu den Parthern versuchte, bei Zeugma den Euphrat zu überqueren, von einem Hauptmann der legio IV Scythica ebenfalls gefangengenommen wurde. Ironischerweise wurde der junge Diadumenianus etwa ein Jahr zuvor in derselben Stadt zum Caesar erhoben. Auf diese Nachricht hin stürzte sich Macrinus vom Wagen, brach sich dabei allerdings nur die Schulter. Kurz vor Antiochia wurde seiner Eskorte mitgeteilt, dass man Macrinus inzwischen zum Tode verurteilt hatte. Das Todsurteil wurde auf der Stelle von dem Centurio Marcianus Taurus
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vollstreckt. Den toten Kaiser ließ man unbeerdigt liegen, und angeblich soll sich Elagabal, als er später die Stelle passierte, an der Leiche seines Widersachers ergötzt haben. So schildert Cassius Dio durchaus glaubhaft das Ende des Kaisers Macrinus.296 Davon in Details abweichend ist die Darstellung bei Herodian, deren Wahrheitsgehalt jedoch zweifelhaft ist. So sei Macrinus bei dem Versuch den Bosporus zu überqueren, von Gegenwinden zurückgetrieben und anschließend gleich in Chalkedon enthauptet worden.297 Wahrscheinlich noch in Zeugma wurde auch sein Sohn Diadumenianus getötet.298 Über das Andenken des Kaisers und seines Sohnes wurde die damnatio memoriae verhängt. Als kleines Nachspiel zur Kaiserproklamation Elagabals sei noch erwähnt, dass die Soldaten der legio III Gallica in Raphanaea mit ihrem neuen Kaiser, der diese Würde vor allem jenen Legionären, die ihn als erste zum Kaiser ausriefen, zu verdanken hatte, nicht besonders lange zufrieden waren. Schon ein Jahr später kam es zu einer Rebellion. Soldaten der Legion riefen ihren Kommandeur namens Verus zum Kaiser aus. Diese Usurpation konnte jedoch rasch unterdrückt werden. Der Usurpator Verus wurde gefangengenommen und hingerichtet.299 In der Folgezeit tilgte man den Namen der Legion in mehreren Inschriften, was darauf hindeutet, dass die Legion wenigstens vorrübergehend aufgelöst wurde – unter Severus Alexander erscheint die Legion wieder mit dem Ehrennamen legio III Gallica Severiana Alexandriana.300 Möglicherweise wurde die Meuterei von Elagabal gegenüber loyalen Soldaten der eigenen Legion niedergeschlagen, die anschließend vielleicht zur legio III Augusta nach Numidien versetzt wurden.301 Ungefähr zur selben Zeit ließ sich der Befehlshaber der legio IV Scythica, der Senator Gellius Maximus, in Zeugma von seinen Truppen ebenfalls zum Kaiser ausrufen. Auch diese Rebellion konnte mit Hilfe loyaler Truppen offenbar rasch unterdrückt werden und endete mit der Hinrichtung des Gellius Maximus.302 Diese Legion scheint ebenfalls kurzzeitig aufgelöst worden zu sein – zumindest wurde auch ihr Name in mehreren Inschriften getilgt, was auf eine temporäre damnatio memoriae schließen lässt.303 Die Missstimmung in diesen Truppenteilen deutet daraufhin, dass einige Legionäre sich in ihren Erwartungen durch Elagabal enttäuscht sahen, die neben einer Fortsetzung der großzügigen Militärpolitik Caracallas auch in der Hoffnung auf eine Wiederaufnahme des Partherkriegs bestanden haben wird. Außerdem dürfte die Leichtigkeit mit der Macrinus gestürzt wurde, die Soldaten zusätzlich ermutigt haben, auch bei geringfügiger Unzufriedenheit kurzerhand einfach einen neuen Gegenkaiser auszurufen. Doch erwies sich die Herrschaft Elagabals in der Anfangszeit unter dem Einfluss umsichtiger Berater als hinreichend gesichert, um vereinzelte Usurpationen niederschlagen zu können.
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Wenn man die beiden Berichte von Cassius Dio und Herodian über die Ereignisse vom 16. Mai und vom 8. Juni 218 miteinander vergleicht, dann fällt – wie schon erwähnt – auf, dass bei Cassius Dio in erster Linie Gannys und Comazon als maßgebliche Initiatoren und Berater agieren, während bei Herodian vor allem Julia Maesa im Vordergrund steht. Andererseits schildert Cassius Dio das beherzte Eingreifen von Maesa und Soaemias in der Schlacht bei Antiochia, das wiederum Herodian gänzlich übergeht. Vermutlich hätte sich diese mutige und entschlossene Handlungsweise schlecht in das von Herodian gezeichnete Negativbild der geldgierigen Großmutter Elagabals eingefügt. Unglaubwürdig ist der Bericht Herodians mit der vermeintlich machthungrigen Julia Maesa, die sich angeblich nach ihrem Palast in Rom sehnte,304 als alleinige Drahtzieherin des Putschs allemal.305 Überzeugend ist jedoch auch nicht die Angabe bei Cassius Dio, der Impuls sei allein von Gannys ausgegangen und Maesa habe von seinem Vorhaben nichts gewusst. Gannys, der Lebensgefährte der Soaemias und Zögling der Maesa, hat seinen Plan sicherlich mit beiden abgesprochen, und beide werden höchstwahrscheinlich gemeinsam mit Gannys, Elagabal sowie weiterer Anhänger zum Lager der dritten Legion gezogen sein. Cassius Dio fühlte sich dem späteren Kaiser Severus Alexander verpflichtet, unter dem er seine Laufbahn im Staatsdienst fortsetzte und mit dem er gemeinsam das Konsulat bekleidete.306 Es bestehe deshalb der Verdacht, dass er aus Rücksicht auf Severus Alexander, der ja ebenfalls ein Enkel der Julia Maesa war, die Rolle der Frauen bei der Aktion am frühen Morgen des 16. Mai verschwiegen hat. Der Einsatz der beiden Frauen in der Schlacht bei Antiochia war jedoch keine nächtliche Verschwörung, sondern ein – aus antiker Sichtweise besonders bei einer Frau – geradezu lobenswertes und heldenmütiges Verhalten, das zu übergehen Cassius Dio keinen Grund hatte. Dass Maesa und Soaemias an der Verschwörung beteiligt waren, ergibt sich andererseits wiederum aus den Angaben des Historikers selbst mit dem Hinweis, der Senat habe, nachdem er den Bericht des Macrinus von der Usurpation erhielt, nicht nur Elagabal und seinem Cousin, dem damals 10jährigen Severus Alexander, sondern auch deren Großmutter und beiden Müttern den Krieg erklärt.307 Was die Schlacht bei Antiochia anbelangt, so könnte man das Ergebnis folgendermaßen zusammenfassen: Im entscheidenden Augenblick des Gefechts bewiesen Maesa, Soaemias und mit ihnen ebenfalls der junge Elagabal eine erheblich größere Nervenstärke als ihr Gegner Macrinus, der sich bei einer scheinbar ungünstigen Wendung – tatsächlich waren seine Prätorianer ja noch lange nicht geschlagen – für die Flucht entschied und somit seine Herrschaft eingebüßt hatte. Sowohl Cassius Dio und – vermutlich diesem folgend – Herodian sind der Meinung, dass er noch etwas erreicht hätte, wenn es ihm nur
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gelungen wäre, die Stadt Rom zu erreichen, doch überschätzen beide damit die Möglichkeiten des römischen Senats und der stadtrömischen plebs urbana. Der Tod des Macrinus und seines Sohnes Diadumenianus war die logische Konsequenz aus der militärischen Niederlage.
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III. Die Herrschaft Elagabals 1. Auf dem Weg nach Rom In der Antike war es allgemein üblich, einen überraschenden militärischen Erfolg oder eine entscheidende Wendung im Kampfgeschehen dem Wirken göttlicher Mächte zuzuschreiben. Diese Überzeugung führte in manchen Fällen zu weltgeschichtlich höchst bedeutsamen religionspolitischen Entscheidungen. Als Konstantin der Große am 28. Oktober 312 seinen Gegner Maxentius in der Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom besiegte, schrieb er diesen Sieg der Hilfe des christlichen Gottes zu, den er fortan als seinen Schlachtenhelfer betrachtete und deshalb die christliche Religion förderte. Dies hatte die sogenannte „Konstantinische Wende“ und letztlich den Aufstieg des Christentums zur Staatsreligion zur Folge.308 Das Christentum war bereits die dominierende Religion im römischen Reich, als es im September des Jahres 394 am Frigidus im heutigen Slowenien zur Entscheidungsschlacht zwischen der heidnischen Reaktion unter der Führung des Heermeisters Arbogast und dem christlichen Kaiser Theodosius I. kam. Ein plötzlich aufkommender Sturmwind (Bora) behinderte die Truppen Arbogasts, die infolgedessen geschlagen wurden. Dies betrachtete man als Gottesurteil gegen das Heidentum.309 Kaiser Aurelian beendete im Jahr 272 die Herrschaft des sogenannten Sonderreichs von Palmyra, nachdem er in der Nähe von Emesa das Heer der Kaiserin Zenobia besiegt hatte. In diesem Sieg sah Aurelian das direkte Eingreifen des Sonnengottes, dessen Kult er deshalb bevorzugte und förderte.310 Und – um ein letztes Beispiel zu nennen – Kaiser Augustus glaubte, den Sieg über seinen Rivalen Marcus Antonius und die berühmte Königin Kleopatra VII. in der Seeschlacht bei Actium im Jahr 31 v. Chr. dem Gott Apollon zu verdanken.311 Auf dem Palatin in Rom ließ er anschließend auf seinem Privatgrund dem Gott einen prächtigen Tempel errichten, der direkt mit seinem Wohnhaus verbunden war.312 Es sollte deshalb keineswegs überraschen, wenn gerade der Priesterkaiser Elagabal seinen Sieg über die Truppen des Macrinus in der Schlacht am 8. Juni 218 dem Eingreifen des gleichnamigen Sonnengottes zugeschrieben haben muss. Für den jungen Kaiser ging es hierbei nicht nur um einen militärischen Erfolg. Durch die anfängliche Flucht seiner Soldaten stand er unmittelbar vor dem drohenden Untergang. Die Wende im Kampfgeschehen war für ihn eine Errettung aus großer Lebensgefahr. Ein entscheidendes Moment war der persönliche Einsatz seiner Mutter und Großmutter und wahrscheinlich der des Kaisers selbst, doch eben in diesem beherzten Eingreifen mag man eine Manifestation göttlichen Waltens erkannt haben. Sogar der
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Elagabal gegenüber besonders kritische Cassius Dio sieht dies so. Als der von ihm Sardanapal genannte Herrscher sich anschickte, selbst in das Schlachtgetümmel zu reiten, sei er die Reihen der Kämpfenden und Fliehenden auf einem Pferd und in einem Galopp, wie ihn nur eine Gottheit einzugeben vermochte, entlanggesprengt.313 Es kann folglich kein Zweifel darüber bestehen, dass der junge Kaiser – und mit ihm mindestens die Personen seiner näheren Umgebung – den Sonnengott Elagabal als Schlachtenhelfer betrachtet haben.314 Dies belegen kurze Zeit später in Antiochia geprägte Gold- und Silbermünzen Elagabals zu Ehren des Sonnengottes als propugnator (Schlachtenhelfer), auf die weiter unten noch genauer eingegangen werden soll. Für den Kaiser, der als Oberpriester dieser Gottheit ohnehin schon verbunden war, hatte dies nun zweierlei zur Folge. Zum einen war es – wie die oben genannten Beispiele zeigen – üblich, ja sogar obligatorisch, den Kult einer Gottheit, die sich als bewährter Helfer im Kampf erwiesen hatte, besonders zu pflegen. Zum anderen muss der junge Kaiser, falls er nicht zuvor schon von der Wirkungsmächtigkeit des Gottes überzeugt war, spätestens jetzt zu einem überzeugten Gläubigen des Sonnengottes von Emesa geworden sein. Wenn der Kaiser schon vorher Oberpriester des Elagabal war, dann muss dies kein Widerspruch sein. Man konnte in der Antike durchaus das Priesteramt einer Gottheit versehen, an die man persönlich nicht unbedingt glaubte, denn es kam nicht auf die private Einstellung des Priesters, sondern auf die genaueste Einhaltung der kultischen Rituale an. Auf die Eigenschaft des emesenischen Sonnengottes als Schlachtenhelfer verweist außerdem die Bezeichnung invictus (unbesiegbar, unbezwinglich, unbesiegt).315 Denn ab dem Jahr 220 verehrte der Kaiser den Gott von Emesa als „unbesiegbaren“ Sonnengott (deus Sol Invictus Elagabalus). Das Epitheton invictus, auf das im folgenden Kapitel noch näher eingegangen wird, steht eindeutig für die Sieghaftigkeit und die militärischen Tugenden des Gottes. Da Elagabal ein unkriegerischer Herrscher war,316 kann sich dieser Beiname ebenfalls nur auf die Schlacht gegen Macrinus beziehen. Die besondere Verehrung des Sonnengottes durch den Kaiser hätte nun in einer moderaten und modifizierten Form erfolgen können, indem der Herrscher entsprechend dem Synkretismus dieser Zeit vor allem dem Kult des Sonnengottes in seiner römisch-griechischen Erscheinungsform als Sol-Helios seine Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Doch sah der Kaiser eben nicht unbedingt in dem römischen Sol seinen Beschützer und Helfer im Kampf, sondern ganz explizit in dem Sonnengott von Emesa. Fraglich ist vielleicht sogar, in wie weit der Kaiser den römisch-griechischen Sonnengott überhaupt als eine Erscheinungsform des syrischen Gottes Elagabal anerkannte oder akzeptierte. Jedoch unter dem Einfluss seiner wichtigsten Berater, zu denen anfangs Julia Maesa, Gannys und wahrscheinlich auch Comazon gehörten, versuchte man
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den Kaiser wohl genau in diese Richtung zu lenken, nämlich dem Sonnengott in seiner hellenistischen Manifestation zu huldigen. Nachdem Elagabal am 9. Juni 218 in Antiochia eingezogen und eine Plünderung der Stadt durch seine Soldaten verhindert worden war, hatte er nun traditionellerweise an die Truppen zur Feier seiner Thronerhebung ein Donativ auszubezahlen. Hierfür wurden in Antiochia Silbermünzen geprägt, auf denen teilweise ganz traditionelle Legenden wie ADVENTVS AVG oder FORTVNA REDVX erscheinen.317 Die Münzen mit der Legende ADVENTVS AVG beziehen sich auf die Ankunft des Kaisers in Antiochia und zeigen auf der Rückseite (Revers) typischerweise den Herrscher zu Pferd in die Stadt einreitend. FORTVNA REDVX steht für die glückliche Rückkehr des Kaisers aus dem Kampf, und als Münzbild ist die sitzende Glücksgöttin Fortuna mit einem Füllhorn dargestellt. Das bewegt sich alles in dem üblichen Rahmen und ist nichts Besonderes. Aufmerksamkeit verdienen allerdings die oben genannten Gold- und Silbermünzen aus Antiochia, die den Sonnengott mit der Legende SOLI PROPVGNATORI als Schlachtenhelfer (propugnator) ausweisen.318 Die Vorderseite (Avers) zeigt wie üblich das Porträt des Kaisers mit dem Lorbeerkranz, und auf der Rückseite erscheint der Sonnengott in der typisch anthropomorphen Gestalt der römisch-griechischen Ikonographie. Der Gott schreitet nach rechts; er ist nackt und trägt auf dem Kopf die Strahlenkrone, und über dem linken Arm erkennt man die Chlamys – das war ein kurzer griechischer Mantel. Das sind die traditionellen und charakteristischen Attribute des römischgriechischen Sol-Helios. Dennoch enthält dieses Münzbild außerdem ein ganz neues innovatives Element. In seiner ausholenden erhobenen Rechten hält der Gott ein Blitzbündel, das er zu schleudern im Begriff ist. Für Blitz und Donner war eigentlich Jupiter, der oberste Gott im römischen Pantheon, zuständig, weshalb das Blitzbündel grundsätzlich ein Attribut dieser Gottheit war, ebenso wie man besonders für Jupiter üblicherweise den Titel propugnator verwendete. Tatsächlich scheinen sich die Münzen Elagabals an Vorbildern aus der Zeit des Septimius Severus zu orientieren. Dort wird Jupiter als propugnator mit einem zum Wurf erhobenen Blitzbündel dargestellt.319 Während auf den Münzen Caracallas häufig dem Kriegsgott Mars als propugnator gehuldigt wird, so ist der Sonnengott als Schlachtenhelfer zumal mit dem Blitzbündel als charakteristisches Attribut des obersten römischen Gottes auf diesen in Antiochia geprägten Münzen vom Sommer 218 eine ganz bemerkenswerte Ausnahme. Doch woher wissen wir überhaupt so genau, wann und wo diese Münze geprägt wurde? Hier gilt es einzuräumen, dass solche Datierungen und Zuordnungen auch in Fachkreisen oftmals umstritten sind. Aber es existieren sehr wohl bestimmte Kriterien, die eine halbwegs genaue Datierung und eine Zu-
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ordnung zu einer bestimmten Münzstätte erlauben. Ein erstes Indiz ist das auf der Münzvorderseite dargestellte Porträt des Kaisers. Das entspricht dem sogenannten Typus 1 aus der Anfangszeit von Elagabals Herrschaft, der nämlich eine auffallende Ähnlichkeit mit den Porträts des jungen Caracalla aufweist.320 Die Gesichtszüge des Kaisers erscheinen auf den frühen Münzabbildungen wie auch in seinen frühen Büsten kantiger und stilisierter als auf den späteren Darstellungen. Außerdem trägt er dort einen militärischen Kurzhaarschnitt nach dem Vorbild Caracallas. Somit sind diese Münzen zunächst in die Anfangszeit der Regierung Elagabals zu datieren. Die betreffenden Münzen sind entweder Goldmünzen (aurei) oder Silbermünzen (denarii). Die reichsweite römische Prägung solcher Nominale erfolgte zur Zeit der Severer hauptsächlich in Rom. Für den alltäglichen Zahlungsverkehr prägten vor allem die griechischen Städte im Osten des Reiches eigene Bronzemünzen. Einen besonderen Rang nahm die Münzstätte Alexandria ein, die für den Geldverkehr in Ägypten eigene Silbermünzen (Tetradrachmen) ausgab. Daneben stellte auch die römische Verwaltung in Syrien Tetradrachmen her, die teilweise zur Besoldung der Truppen verwendet wurden.321 Es war also schon eine Ausnahme, wenn man zu dieser Zeit in Antiochia überhaupt römische Münzen prägte. Dies hing mit der Bedeutung der Stadt zusammen, die in den Feldzügen der Severer gegen die Parther und später gegen die persische Dynastie der Sāsāniden als Hauptquartier diente.322 Wie schon berichtet, hielt sich dort ab dem Jahr 214 der kaiserliche Hof auf. Gegen Ende des dritten Jahrhunderts, als die Kaiser nicht mehr in Rom, sondern in den Residenzstädten an der Peripherie des Reiches residierten, gab es eine ganze Reihe staatlicher Münzstätten. Es wurde deshalb gebräuchlich, die Münzen mit einem Zeichen der jeweiligen Münzstätte zu versehen. Seit der Herrschaft des Kaisers Carus (282– 283) verwendete die Münzstätte Antiochia die Abkürzung SMA.323 Das steht für sacra moneta Antiochiensis und bedeutet „heilige Münze von Antiochia“ – „heilig“ deshalb, weil im Rahmen der zunehmenden Sakralisierung des Herrschers zu dieser Zeit alles, was den Kaiser betraf, als geheiligt betrachtet wurde. So einfach ist es in dem vorliegenden Fall jedoch nicht, da die Münzstätten zur Zeit Elagabals ein solches Sigle noch nicht verwendeten. Gleichwohl weisen die Münzen der jeweiligen Münzstätten ganz bestimmte Eigenarten und Charakteristika auf. Das sind zum einen besondere Bildtypen und Legenden, die verwendet wurden. Beispielsweise gab die Münzstätte Antiochia im Gegensatz zu Rom die Kaisertitulatur im Avers anfangs kürzer wieder, die hier schlicht ANTONINVS PIVS FEL AVG lautet – also sinngemäß „Antoninus der fromme und glückliche Kaiser“.324 Zum anderen können Münzen auch anhand eines stilistischen Vergleichs der Münzstempel einer Münzstätte
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zugeordnet werden. Mögen diese Kriterien nicht absolut fehlerfrei sein, so existiert daneben in unserem besonderen Fall ein zweifelfreies Indiz, denn die unter Elagabal in Rom geprägten Goldmünzen (aurei) weisen ein Gewicht zwischen 6,03 g und 6,69 g auf, während die zeitgleich in Antiochia ausgegebenen Goldstücke mit einem Gewicht von 7,02 g bis 7,40 g um einiges schwerer sind.325 Das Gewicht der Goldmünze mit der Legende SOLI PROPVGNATORI wird mit 7,40 g angegeben.326 Wenn man nun alle Aspekte miteinander abwägt, kann kein Zweifel bestehen, dass dieser Aureus in Antiochia geprägt wurde, was somit logischerweise auch für die Denare mit analogem Münzbild und gleicher Legende gelten muss. Ebenso lässt sich der Zeitraum, wann diese Münzen ausgegeben wurden, noch weiter eingrenzen. Die Münzstätte Antiochia prägte während der gesamten Regierungszeit Elagabals, doch wie wir schon festgestellt haben, muss die Prägung dieser besagten Stücke bereits zu Anfang seiner Herrschaft erfolgt sein. Münzbilder und Legenden kamen auch in der Antike mithin nicht zufällig auf die Münzen, noch waren sie der Willkür des Stempelschneiders oder der Münzbeamten ausgesetzt, die eigenmächtigerweise oder im Übereifer den Sonnengott mit dem Blitzbündel Jupiters auf die Münzen gesetzt hätten. Die Abbildungen und Legenden auf den Münzen waren ein wichtiges Medium kaiserlicher Selbstdarstellung, weshalb der Herrscher beziehungsweise seine Berater darauf direkt oder indirekt Einfluss nahmen.327 Die Münzstätte Antiochia scheint sich hier während der Herrschaft Elagabals weitgehend an Rom orientiert zu haben. Wenn jedoch diese Münzstätte thematisch ganz außergewöhnliche Stücke ausgab, die in Rom oder woanders nicht geprägt wurden, dann lässt dies auf ein besonderes Ereignis sowie die Präsenz des Herrschers selbst schließen. Die Umsetzung des Bildthemas erfolgte dann auf Veranlassung des Kaisers oder wenigstens seines engsten Beraterkreises. Wie Cassius Dio berichtet, hielt sich Elagabal im Sommer 218 in Antiochia auf.328 Der spezielle Anlass war mit dem Sieg seiner Soldaten über Macrinus gegeben, den der Kaiser dem helfenden Eingreifen des Sonnengottes Elagabal zuschrieb. Die Münzen mit der bemerkenswerten und einmaligen Darstellung des blitzschleudernden Sonnengottes und der Legende SOLI PROPVGNATORI müssen deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit bereits im Sommer 218 in Antiochia geprägt worden sein. In der Anfangszeit von Elagabals Herrschaft wurden daneben auch Münzen ausgegeben, auf denen Sol als conservator Augusti, das heißt als „Bewahrer des Kaisers“, bezeichnet wird. Die Münzbilder zeigen den Sonnengott ebenfalls in seiner typisch römisch-griechischen Ikonographie.329 Diese Münzen, in deren Programm dem klassischen Sol-Helios eine so prominente Rolle wie die als Bewahrer oder Schlachtenhelfer des Herrschers zugewiesen wird, sind jedoch eine Ausnahme und auch aus diesem Grund an den Beginn
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der Regierungszeit Elagabals zu datieren. Auf späteren Münzen des Kaisers ist mit dem Bewahrer des Herrschers (conservator Augusti) ganz ausdrücklich der Sonnengott von Emesa gemeint. Die Darstellung zeigt nun nicht mehr den römisch-griechischen Sol-Helios, sondern den Baetyl des Gottes Elagabal auf einer Quadriga, einem Vierergespann, stehend.330 Wie die frühen Münzbilder belegen, wurde vermutlich unter dem Einfluss der wichtigsten Berater anfangs noch der Schlachtenhelfer (propugnator) und Bewahrer (conservator) des jugendlichen Kaisers öffentlich in der Gestalt des römisch-griechischen SolHelios propagiert. Aber man muss sich fragen, ob sich bei der ungewöhnlichen Münzabbildung des blitzschleudernden Sonnengottes mit dem typischen Attribut des römischen Jupiter nicht schon die religiösen Vorstellungen des Kaisers ihren Ausdruck fanden, der sich später anschickte, den Gott Elagabal zur obersten Gottheit im römischen Reich zu erheben. Denn offenkundig wurde schon kurz nach der Machtübernahme des Priesterkaisers Sol-Helios und somit im weiteren Sinne der Sonnengott von Emesa dem höchsten römischen Gott Jupiter angeglichen.331 Oder aber man versuchte den emesenischen Sonnengott zunächst in anthropomorpher Gestalt als eine Kombination von Sol und Jupiter darzustellen. Hier sei daran erinnert, dass die Bevölkerung von Emesa ihren Gott ursprünglich mit dem griechischen Zeus beziehungsweise dem römischen Jupiter identifizierte. Die frühen Münzporträts des Kaisers mit der Ähnlichkeit zu Caracalla sind aus einem weiteren Grund von Interesse. Wenn man bedenkt, dass diese ersten Münzemissionen des Kaisers in Antiochia vor allem zur Auszahlung eines Donativs für die Truppen im Osten geprägt wurden, dann wird auch klar, wer die Rezipienten dieser durch das Herrscherporträt vermittelten Münzbotschaft waren. Es kam dem jungen Kaiser oder vielmehr seinem Beraterkreis darauf an, die Vaterschaft des bei den Soldaten überaus beliebten Caracalla durch die vermeintliche Ähnlichkeit mit dem jungen Priesterkaiser, die schon zu Beginn der Revolte gegen Macrinus betont wurde, vor allem bei den Truppen nachhaltig zu demonstrieren. Diese Münzbilder Elagabals dienten somit der Herrschaftslegitimierung. Wie bereits dargelegt wurde, nahm man nun auch den beim Senat verhassten Caracalla als Divus Antoninus Magnus in den Kreis der Götter auf.332 Dies ist um so pikanter, da die Konsekration eines römischen Kaisers einen entsprechenden Beschluss des Senates erforderte, doch wäre es begreiflicherweise nicht zu erwarten gewesen, dass sich die Senatoren dem Wunsch des regierenden Herrschers widersetzt hätten. Elagabal wurde dadurch offiziell zum Sohn des vergöttlichten Caracalla (divi Antonini filius) und somit zum Enkel des vergöttlichten Septimius Severus (divi Severi nepos). Wie die Inschriften belegen, wurde beides der Herrschertitulatur hinzugefügt.333 Hier ist noch zu erwähnen, dass die Divinisierung des vorheri-
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gen Herrschers ein probates Mittel war, die eigene Legitimität zu betonen, da man sich so als dessen rechtmäßiger Nachfolger ausweisen konnte und gegebenenfalls – wenn der zum Gott erhobene Vorgänger wie im Falle Elagabals ein direkter Verwandter oder sogar der vermeintliche eigene Vater war – einen Staatsgott in der Familie vorzuweisen hatte.334 Bestandteil der Vergöttlichung war eine zeremonielle Verbrennung des Leichnams des verstorbenen Kaisers, bei der man einen Adler – das Symboltier des obersten Gottes Jupiter, der hier für die Seele des zum Himmel aufsteigenden Kaisers stehen sollte – hinter dem Scheiterhaufen freiließ. War der Leichnam des Herrschers nicht verfügbar, so fand dennoch eine Scheinverbrennung statt.335 Zu Ehren des divinisierten Herrschers wurden spezielle Konsekrationsmünzen ausgegeben, die dementsprechend auf der Rückseite entweder einen Scheiterhaufen oder einen Adler oder auch einen Scheiterhaufen mit aufsteigendem Adler zeigen.336 Übrigens wurde unter Elagabal ebenso die verstorbene Kaiserin Julia Domna als Diva Iulia Augusta zur Staatsgöttin erhoben. Auf den Konsekrationsmünzen der Julia Domna wurde statt des Adlers – wie bei der divinisierten Kaiserin üblich – ein radschlagender Pfau, das heilige Tier der Himmelsgöttin Juno, abgebildet.337 Nach seinem Einzug in Antiochia am 9. Juni 218 verbrachte Elagabal mit dem kaiserlichen Hof noch einige Monate in der Stadt.338 Laut Herodian soll sich der Kaiser angeblich beeilt haben, nach Rom zu kommen, da sich seine Großmutter Julia Maesa nach dem ihr dort vertrauten Kaiserpalast gesehnt habe, jedoch berichtet der Autor ebenso wie Cassius Dio dennoch von einem längeren Zwischenaufenthalt in Nikomedia während des Winters 218/219.339 Wenn bisher zuweilen von Entscheidungen Elagabals gesprochen wurde, so ist an dieser Stelle nochmals zu betonen, dass es sich dabei hauptsächlich um Maßnahmen gehandelt hat, die in der ersten Zeit seiner Regierung von den Leuten, die hinter dem 14jährigen Kaiser standen, getroffen wurden. Das versteht sich eigentlich grundsätzlich von selbst, da man von dem kaum der Pubertät entwachsenen Elagabal keine staatsmännischen Fähigkeiten erwarten wird. Hier ist an erster Stelle Gannys, sein Erzieher und der Lebensgefährte seiner Mutter, zu nennen. Bei Herodian wird Gannys gänzlich übergangen, während es bei Cassius Dio heißt, Elagabal begab sich dann nach Bithynien, wo er sich häufig des Gannys als eines Helfers in Regierungsgeschäften bediente, so wie er es schon in Antiochia zu tun gewohnt war.340 Herodian nennt vorrangig Julia Maesa, die mit den anwesenden Freunden im Osten die Regierung übernommen habe.341 Es erscheint durchaus glaubhaft, dass in den ersten Monaten die Großmutter des Kaisers maßgeblichen Einfluss hatte, zumal sie auch später – jedoch zumeist ohne Erfolg – versucht haben soll, auf den jungen Herrscher mäßigend einzuwirken.342 Bei den anwesenden Freunden handelt es sich mitnichten um die Spielgefährten oder Jugendfreunde
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Elagabals. Vielmehr ist dies ein fest umrissener Begriff (amici Augusti oder amici principis), der die engsten Vertrauten und Mitarbeiter des Herrschers sowie die wichtigsten Funktionsträger in seiner Umgebung meint.343 Diese bildeten das kaiserliche Beratergremium (consilium principis). Diesem Kreis ist zweifellos auch Comazon zuzurechnen, dem als Befehlshaber der Albanischen Legion bei der Erhebung gegen Macrinus neben Gannys eine Schlüsselrolle zukam. Nach dem Sieg über Macrinus wurde Comazon zum Prätorianerpräfekten ernannt. Im Jahr 219 erhielt er die Rangabzeichen eines Konsuls (ornamenta consularia), und im folgenden Jahr bekleidete er zusammen mit dem Kaiser das ordentliche Konsulat.344 Danach amtierte er dreimal in Rom als Stadtpräfekt (praefectus urbi), das letzte Mal unter Severus Alexander, was belegt, dass er den Sturz Elagabals unbeschadet überstanden hatte. Es wurde verschiedentlich schon darauf hingewiesen, dass die Historia Augusta keineswegs das Ansehen einer zuverlässigen Quelle genießt. Dort wird behauptet, Julia Soaemias, die Mutter Elagabals – hier Symiamira genannt –, habe sehr großen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte gehabt: Seiner Mutter Symiamira war er dermaßen hörig, dass er ohne ihre Zustimmung keinen Staatsakt vornahm, obwohl sie im Stil einer Kokotte lebte und am Hof alle möglichen Schandtaten beging.345 Soaemias soll in Rom angeblich aktiv an den Sitzungen des römischen Senats teilgenommen und sogar – als Gegenstück zum „Männersenat“ – einen eigenen „Frauensenat“ eingerichtet haben, in dem über lächerliche Dinge beratschlagt worden sei.346 Nachdem es für all diese Behauptungen absolut keine Hinweise in den anderen Quellen gibt, dürften diese vom Autor der Historia Augusta frei erfunden sein.347 Wie Cassius Dio berichtet, waren Soaemias wie auch Maesa lediglich bei der späteren Adoption Severus Alexanders durch den Kaiser in der Senatskurie zugegen.348 Daneben beteiligten sich offenbar beide ebenfalls bei den kultischen Zeremonien Elagabals zu Ehren seines Gottes in Rom.349 Wie die Großmutter des Kaisers so erhielt auch Soaemias den Titel einer Augusta. Doch allein schon ein Blick auf die Münzprägung zeigt, dass Maesa eine wesentlich bedeutendere Position als Soaemias innehatte, da für die Großmutter des Kaisers wesentlich mehr Münzen als für seine Mutter geprägt wurden, und denselben Eindruck vermittelt auch das epigraphische Material.350 Während für Soaemias neben der AugustaTitulatur nur der Titel mater Augusti überliefert ist,351 trug Maesa außerdem die Ehrenbezeichnungen mater castrorum (Mutter des Feldlagers) und sogar mater senatus (Mutter des Senates).352 Ein besonderer Einfluss von Julia Soaemias auf die Regierung Elagabals ist deshalb weitgehend auszuschließen. Während also in den ersten Monaten die Regierungsgeschäfte hauptsächlich von Gannys und Julia Maesa geleitet wurden, so erschienen an der Seite des Priesterkaisers später noch weitere mehr oder weniger einflussreiche
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Berater und staatliche Funktionsträger, auf die an gegebener Stelle noch eingegangen wird. Doch war Elagabal mitnichten eine Marionette in den Händen seiner Ratgeber. Ganz in Gegenteil entwickelte er schon bald einen ganz ausgeprägten Eigensinn. Das musste während des Winteraufenthalts in Nikomedia Gannys, der Mentor des Kaisers und Lebensgefährte der Julia Soaemias, erfahren, über den Cassius Dio berichtet, er führte sonst ein verschwenderisches Leben und ließ sich auch gern bestechen, doch fügte er niemandem irgendein Leid zu, ja tat einer Menge von Menschen vielerlei Gutes.353 Wie von dem Senator und Historiker weiter zu erfahren ist, habe Gannys versucht, auf den Kaiser mäßigend einzuwirken. Angeblich soll er ihn gezwungen haben, ein anständiges und vernünftiges Leben zu führen. Daraufhin sei Elagabal schließlich so erzürnt gewesen, dass er den Befehl gab, Gannys zu töten. Da aber die kaiserlichen Leibwachen nicht wagten, die Hand an den Mann zu legen, dem Elagabal maßgeblich die Herrschaft zu verdanken hatte, habe der Kaiser selbst das Schwert – vermutlich das eines in der Nähe stehenden Gardesoldaten – gezogen und Gannys niedergestochen.354 Dieser Bericht darf einige Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen, denn Cassius Dio amtierte zu dieser Zeit ganz in der Nähe als curator der kleinasiatischen Städte Pergamon und Smyrna. In einem Nebensatz erwähnt er noch, dass eigentlich geplant war, Gannys mit Julia Soaemias zu verheiraten und ihn zum Caesar zu erheben.355 Obwohl der Autor ausdrücklich betont, dies sei nicht der Grund für die Ermordung des Gannys, wäre dieser dadurch immerhin gleichzeitig zum Stiefvater und zum Thronfolger des Kaisers geworden. Wahrscheinlich ging man in der Umgebung Elagabals davon aus, dass der 14jährige Herrscher einen älteren und erfahrenen Mitregenten an seiner Seite benötigen würde. Somit hätte sich für Gannys die Aussicht eröffnet, schon recht bald zum Augustus erhoben zu werden. Zudem wäre bei einer Wiederverheiratung seiner Mutter der junge Kaiser zumindest formell der väterlichen Gewalt (patria potestas) seines Stiefvaters unterworfen gewesen.356 Und vermutlich wäre der junge Elagabal von seinem älteren Mitregenten schon bald in den Hintergrund gedrängt worden. Es kann nicht eindeutig geklärt werden, ob es machtpolitische Erwägungen waren, die den starrsinnigen Elagabal dazu bewegt haben, seinen Erzieher und Förderer eigenhändig zu erschlagen, oder das Motiv nicht doch – wie Cassius Dio behauptet – die postpubertäre Wut des Kaisers über die Vorhaltungen bezüglich seiner Lebensführung waren. Es ist nicht klar, in wie weit Elagabal schon gleich nach seiner Kaisererhebung ein derart ausschweifendes Leben führte, wie dies von den Quellen später für seine Zeit in Rom unterstellt wird. Herodian schreibt zum Aufenthalt in Nikomedia: Sofort stürzte er sich in ein orgiastisches Leben und die Tollheiten des Priestertums seines heimischen Gottes.357 Der Historiker scheint dies jedoch insgesamt auf die
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Ausübung des Priesteramts zu beziehen, da er im Folgenden vor allem die Priesterkleidung des Kaisers thematisiert und in diesem Zusammenhang kurz die öffentlichen kultischen Zeremonien erwähnt. Wird der tatsächliche Quellenwert Herodians immer wieder bezweifelt, so berichtet die wesentlich problematischere Historia Augusta von dem ausgemachten Schandleben Elagabals in Nikomedia, der sich dort wollustentbrannten Männern hingegeben habe, weshalb die Soldaten schon bald bereut haben sollen, ihn zum Kaiser erhoben zu haben.358 Es ist zwar nicht ganz auszuschließen, dass möglicherweise die beiden Usurpationen in Syrien mit dem Mord an Gannys zusammenhängen, doch wenn der Kaiser schon in Nikomedia seine sexuellen Neigungen in aller Zügellosigkeit ausgelebt hätte, dann wäre dies dennoch hinter verschlossenen Türen geschehen und diesbezügliche Gerüchte hätten sich nicht so schnell verbreitet. Sollten sich die bei Cassius Dio genannten Vorhaltungen des Gannys nicht allgemein auf die Lebensweise des jungen Kaisers, sondern auf die Ausübung des Priesteramt beziehen, so wäre es im Gegenteil sogar vorstellbar, dass man den 14jährigen eigenwilligen Herrscher ganz bewusst darin bestärkt hat, sich zunächst auf die kultischen Verrichtungen zu konzentrieren, um ihn so von den eigentlichen Staatsgeschäften fernzuhalten. Ein Streitpunkt könnte sich jedoch aus der Frage ergeben haben, in welcher Form dies geschehen sollte, ob beispielweise der Kaiser weiterhin persönlich an den rituellen Tänzen teilnehmen darf, und welche Bedeutung der Kult des Gottes Elagabal im Reich einnehmen sollte. Ein weiterer Streitpunkt könnte in der orientalischen Priesterkleidung bestanden haben, in der Elagabal häufig öffentlich auftrat.359 Fest dürfte jedenfalls stehen, dass Gannys dem Kaiser in irgendeiner Form im Weg stand und deshalb nach einem sich vielleicht über einen längeren Zeitraum hinziehenden Konflikt beseitigt wurde. Die schriftlichen Quellen geben keine genaue Auskunft darüber, wann der Baetyl, der Kultstein des Gottes Elagabal, von Emesa nach Rom überführt wurde. Es liegt nahe, dass der Kaiser den Baetyl schon bald nach der Schlacht gegen Macrinus nach Antiochia bringen ließ und seinen Gott höchst persönlich in die Stadt und von da aus weiter nach Nikomedia und Rom geleitet hat.360 Wenn das zutrifft, dann muss die Reise einer wahren Prozession geglichen haben, wobei der Weg im Schritttempo zurücklegt wurde. Einer glaubwürdigen Angabe der Historia Augusta zufolge, soll der Teenagerkaiser unterwegs seinem Gott einen Tempel geweiht haben. Der Autor ist sich jedoch unsicher, ob die Dedikation dem „syrischen Jupiter“, dem Sonnengott oder dem Kaiser selbst galt.361 Diese Ungewissheit wird verständlich, wenn man bedenkt, dass man den Gott Elagabal inzwischen vielleicht sowohl mit dem Sonnengott als auch mit Jupiter identifizierte. Zur Zeit Elagabals wurde in der provinzialrömischen Münzprägung der Städte Syriens und Kleinasiens oft – häufig in
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Frontalansicht – eine Quadriga mit dem Baetyl abgebildet, meist mit dem davor stehenden oder über dem Kultstein schwebenden Adler.362 Eine Quadriga war ein einachsiger von vier Pferden gezogener Wagen, mit dem auch der römische Triumphator in die Stadt Rom einzog – so ähnlich, aber nicht damit zu verwechseln, wie die Rennwägen im römischen Circus oder die anachronistischen „Streitwägen“ in diversen Hollywoodfilmen. In diesem offenbar recht populären Münzbild könnte der prozessionsartige Zug des Kaisers mit dem Baetyl durch Syrien und Kleinasien seinen Niederschlag gefunden haben. Herodian schildert recht anschaulich eine ähnliche spätere Prozession Elagabals in Rom: Den Gott selbst setzte er auf einen Wagen und geleitete ihn von der Stadt aus in das Gebiet vor der Stadt. Den Wagen ließ er sechsspännig von sehr großen Schimmeln ziehen, die ohne irgendeinen Fehler und mit viel Gold und buntem Zaumzeug geschmückt waren, wobei die Zügel kein Mensch führte, sondern sie waren dem Kultbild selbst als dem Wagenlenker umgehängt. Antoninus (Elagabal) aber lief vor dem Wagen rückwärts schreitend, blickte auf den Gott und führte die Pferde am Zaum; so vollendete er die ganze Wegstrecke rückwärts laufend mit dem Blick auf die Front des Gottes. Damit er aber nicht ins Stolpern oder zu Fall käme, da er ja nicht sah, wohin er trat, war der Weg reichlich mit Goldsand ausgelegt, und die Leibwächter bildeten vorsorglich beiderseits einen Sicherheitskordon.363 Gewiss war Herodian bei dieser Prozession nicht persönlich zugegen, und seine Beschreibung ist zweifellos reichlich ausgeschmückt – beispielsweise zeigen alle Münzbilder statt der sechs Pferde immer nur einen vierspännigen Wagen. Dennoch vermittelt die Schilderung einen Eindruck, wie man sich sowohl den Festzug in der Hauptstadt als auch die Überführung des Kultsteins mehr oder weniger vorstellen kann. Sicherlich legte der Kaiser nicht die ganze Wegstrecke von Syrien bis Italien rückwärts gehend und zu Fuß zurück, und der Weg war gewiss nicht durchwegs mit Goldsand bestreut. Denkbar wäre beim Transport über längere Strecken und schlechtem Wetter überdies die Beförderung in einem überdachten Wagen, wie ihn in dieser Zeit geprägte Münzen der phönizischen Stadt Sidon als Kultwagen der Göttin Astarte zeigen.364 Außerdem findet der Bericht Herodians zum Teil seine Bestätigung in Festmünzen, die wahrscheinlich bei der Ankunft des Kaisers im Jahr 219 in Rom als Doppeldenare (Antoniniane) ausgegeben wurden.365 Darauf ist wieder die Quadriga mit dem Baetyl und dem davor stehenden Adler zu erkennen, flankiert von zwei Kultstangen. Vor der Quadriga steht tatsächlich Elagabal, die Zügel der vier Pferde haltend. Jedoch blickt der Kaiser hier nicht auf den Baetyl, sondern ist zum Bildbetrachter gewandt – er steht also mit dem Rücken zu seinem Gott. Dies könnte allerdings den Darstellungskonventionen geschuldet sein, da es höchst ungewöhnlich und unstatthaft gewesen wäre, den Kaiser auf der Reversabbildung seiner Münzen
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in der Rückenansicht darzustellen. Insgesamt muss dieser Prozessionszug eines römischen Kaisers, der hierbei womöglich seine syrischen Priestergewändern trug – die Festmünzen aus Rom zeigen ihn dagegen in Tunika und Paludamentum (dem römischen Feldherrnmantel) – auf die Bevölkerung höchst exotisch gewirkt haben. In Zusammenhang mit dem bereits im vorigen Kapitel beschriebenen Priesterornat – angeblich bestehend aus purpurfarbenen und golddurchwirkten bis zum Boden reichenden Obergewändern mit langen Ärmeln, der edelsteingeschmückten Priestertiara sowie den zahlreichen Halsketten, Armbändern und Amuletten – behauptet Herodian, Elagabal habe überhaupt römische oder griechische Gewänder verabscheut, da sie nach seiner Ansicht aus so etwas Billigem wie Wolle gefertigt waren, während er nur an Stoffen aus Seide Gefallen gefunden habe.366 Nach dem Bericht Herodians habe ihn seine Großmutter in Nikomedia dazu überreden wollen, zumindest bei seinem Einzug in Rom standesgemäß römische Gewänder zu tragen. Zwar bevorzugten – wie das Beispiel des nach seinem Kapuzenmantel benannten Caracalla zeigt – andere Kaiser außerhalb der Hauptstadt ebenfalls praktischere Kleidung, doch bei offiziellen Auftritten in Rom war auch und besonders für den Kaiser das Tragen der Toga Pflicht. Der Philosophenkaiser Marcus Aurelius bezeichnete das Erledigen der Staatsgeschäfte als ein Leben in der Toga.367 Auch Septimius Severus vertauschte kurz vor seinem Einzug in die Hauptstadt im Jahr 193 seine militärische Kleidung mit dem traditionellen römischen Obergewand.368 Für den Kaiser war dies die mit einem breiten Purpurstreifen verzierte toga praetexta der römischen Magistrate. Bei besonders festlichen Anlässen wurde allerdings die trabea triumphalis erwartet, das war ursprünglich das reich verzierte Gewand des römischen Triumphators.369 Da aber dem Bericht Herodians zufolge Elagabal – entgegen dem klugen Rat seiner Großmutter und obwohl er in römischem Umfeld aufgewachsen war – die Priesterkleidung aus Seide der traditionellen römischen Kleidung bei weitem vorgezogen und vor allem auch beabsichtigt haben soll, damit in Rom einzuziehen, sei er auf den zugegebenermaßen originellen Gedanken gekommen, den Senat und die stadtrömische Bevölkerung vermittels eines Gemäldes bereits im voraus auf sein unrömisch orientalisches und gewöhnungsbedürftiges Erscheinungsbild einzustimmen. Herodian beschreibt dies folgendermaßen: . . . und so ließ er ein sehr großes Bild seiner gesamten Person malen, wie er öffentlich bei der Ausübung seiner Riten in Erscheinung trat, und auf dem Bild neben sich das Symbol des heimischen Gottes, bei dessen Opfer er gemalt war; dieses sandte er nach Rom und ließ es im Senat an einem zentralen Punkt in großer Höhe anbringen über dem Haupt der Siegesgöttin, der beim Betreten des Senats jeder eine Weihrauch- und Wein-
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spende darbringt.370 Dieses Gemälde zeigte also den Kaiser in seiner syrischen Priestertracht beim Opfer vor dem Kultstein des Sonnengottes von Emesa. Aufstellungsort war das Senatsgebäude (curia) in Rom und zwar über der dort aufgestellten Siegesgöttin Victoria. An der tatsächlichen Existenz eines solchen Vorstellungsbildes wird in der heutigen Forschung oftmals gezweifelt.371 Die Zweifel beginnen bei dem von Herodian beschriebenen Priesterornat, für den – exakt in der Art wie ihn der Autor schildert – sonst keine weiteren Belege vorhanden sind. Außerdem habe Herodian den Aufstellungsort in der Senatskurie auf dem Forum Romanum falsch beschrieben.372 Wie aus all dem zu folgern sei, habe der Autor dieses Vorstellungsgemälde niemals selbst gesehen und auch niemals die Senatskurie betreten. Mithin sei also der üppige Priesterornat des Kaisers der Phantasie Herodians entsprungen. Gewiss hat der Historiker dieses Gemälde niemals mit eigenen Augen gesehen, da es, als er sein Werk verfasste, schon nicht mehr existiert haben wird. Jedoch ist der Aufstellungsort durchaus korrekt beschrieben. In der Senatskurie, die in dem von Kaiser Diokletian (284– 305) renovierten Zustand heute als Baukörper noch vollständig erhalten ist und in Rom besichtigt werden kann, befindet sich an der Wand gegenüber dem Eingangsportal ein Podest, auf dem eine Statuenbasis nachgewiesen werden konnte, die wahrscheinlich die erwähnte Victoria trug. Die Siegesgöttin an diesem Ort wird auch von anderen Autoren genannt, und sie stand dort noch in der Spätantike.373 Der Altar der Göttin, auf dem die Senatoren beim Eintritt ein Opfer darbrachten, stand jedoch nicht vor dem Standbild, sondern gegenüber, in der Nähe des Eingangs,374 was allerdings keinen Widerspruch zur Beschreibung Herodians darstellt. Darüber hinaus war ein Vorstellungsgemälde beim Amtsantritt des römischen Kaisers durchaus üblich. Dieses wurde in die Provinzen oder auch, wenn der Kaiser nicht in der Hauptstadt proklamiert wurde, nach Rom entsandt. Der Kaiser war nicht nur in der Gestalt von Porträtbüsten und Standbildern omnipräsent, sondern ebenso in Form von Gemälden, die beispielsweise in den Amtsstuben aufgehängt wurden – so wie man auch in unserer Zeit das Konterfei des jeweils amtierenden Staatsoberhaupts in zahlreichen Behörden vorfindet. Problematisch ist die Behauptung Herodians, Elagabal habe es kategorisch abgelehnt, römische Kleidung zu tragen, denn zahlreiche Münzabbildungen zeigen ihn in diesen vermeintlich verabscheuungswürdigen Gewändern. Abgesehen davon bemängelt Cassius Dio, dass der Kaiser bei festlichen Ereignissen wiederholt die mit einem breiten Purpurstreifen verzierte toga praetexta statt der für diese Anlässe angemessene trabea triumphalis getragen habe.375 Auch wenn Elagabal als Herrscher seine richterlichen Pflichten wahrnahm, muss er bei Gericht wohl in passender Kleidung erschienen
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sein, worauf die folgende Bemerkung Cassius Dios schließen lässt: Wenn er über jemanden zu Gerichte saß, machte er tatsächlich mehr oder weniger den Eindruck eines Mannes.376 An anderer Stelle bestätigt der Geschichtsschreiber aus dem Senatorenstand zum Teil jedoch die Angaben Herodians und kritisiert die orientalische Tracht des Kaisers: Außerdem ließ er sich wiederholt in der Barbarenkleidung, wie sie die syrischen Priester tragen, sogar in der Öffentlichkeit sehen. Nicht zuletzt deshalb erhielt er den Spottnamen der Assyrer.377 Daneben sind sehr wohl Münzdarstellungen vorhanden, die Elagabal in orientalischer Priesterkleidung zeigen und die weiter unten erörtert werden sollen. Übrigens findet auch die Angabe Herodians über die vielen Amulette, die der Priesterkaiser trug, ihre Bestätigung bei Cassius Dio, der dazu außerdem ergänzend anmerkt, dass Elagabal sich nach „Weiberart“ das Gesicht und die Augen geschminkt habe.378 Folglich ist die Feststellung sicherlich richtig, Herodian habe das Kleidermotiv in seinem Bericht aus dramaturgischen Gründen übertrieben und ausgeschmückt sowie zudem die Gewänder Elagabals falsch beschrieben, doch im Kern sind seine diesbezüglichen Angaben wohl weitgehend zutreffend. Die Befürworter eines Vorstellungsgemäldes nehmen hingegen an, dieses habe zumindest in vereinfachter Form als Vorlage für Münzabbildungen gedient. So wurde vorgeschlagen, der Stempelschneider der oben erwähnten Fest-Antoniniane, die den Kaiser die Zügel der Pferde haltend vor der Quadriga mit dem Baetyl zeigen, könnte sich an diesem Gemälde orientiert haben.379 Wie in unserer Gegenwart so war es auch in der Antike beliebt, gelegentlich Bauwerke oder Kunstwerke auf dem Münzrevers abzubilden. Deshalb wäre es grundsätzlich nicht unmöglich, dass dieses Gemälde eine Reflektion in den Münzdarstellungen gefunden hätte. Doch erwähnt Herodian bei der Beschreibung des Gemäldes überhaupt nicht den auf den Fest-Antoninianen gezeigten vierspännigen Wagen des Gottes. Zudem trägt der Kaiser auf diesen Münzen keineswegs die syrische Priesterkleidung, sondern eine Tunika mit dem Paludamentum. Daneben existiert allerdings ein sogar recht häufig ausgegebener Münztypus, dessen Reversabbildung Elagabal tatsächlich in orientalischen Gewändern beim Opfer zeigt. Die Darstellung des Kaisers beim Opfer entsprach einem herkömmlichen Bildtypus, aber üblicherweise wurde hierbei der Herrscher in der Toga und mit verhülltem Haupt gezeigt.380 Diese Münzen gab es auch für Elagabal, doch auf mehreren ab Ende des Jahres 220 geprägten Münzserien erscheint der Kaiser auf dem Revers eindeutig als orientalischer Priester.381 Er ist dort bekleidet mit einem bis zu den Fußknöcheln reichenden Gewand mit langen Ärmeln und trägt darüber einen umhangartigen Mantel. Ungewöhnlich ist der breite auffällige Gürtel um seine Hüften, der am Bauch offenbar geknotet ist und dessen Enden schärpenartig bis über die Knie hängen.
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Auf dem Kopf trägt Elagabal etwas, was man am ehesten als Kranz bezeichnen könnte und von dem manchmal ein hornartiges Gebilde absteht. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Stirnreif oder um den Lorbeerkranz, den er auch auf der Aversabbildung trägt und der häufig ebenfalls ein Horn aufweist – mit diesem Horn hat es übrigens seine ganz besondere Bewandtnis, die aber erst im folgenden Kapitel genauer erörtert werden soll. Vor dem Kaiser steht meist ein flammender Altar, gelegentlich auch ein Räuchergefäß (thymiaterium) oder ein Dreifuß. In seiner rechten Hand hält er eine Opferschale (patera), mit der er an dem Altar ein Opfer darbringt. In seinem linken Arm trägt er als sakrales Attribut den typischen Zweigbündel eines syrischen Priesters.382 Die ganze Szenerie wird vereinzelt durch ein Opfertier illustriert. Zu Füßen des Kaiser findet sich häufiger ein Gegenstand, den man im entfernteren Sinne als Tiara interpretieren könnte, deren Zipfel jedoch herunterhängt, was mehr an eine phrygische Mütze erinnert. Diese Kopfbedeckung durfte übrigens während der Französischen Revolution eine Renaissance erleben, da die Jakobiner fälschlicherweise glaubten, diese Mütze sei das antike Erkennungszeichen freigelassener Sklaven gewesen, weshalb die französische Nationalfigur Marianne mit einer solchen Mütze dargestellt wird. Die Numismatik vermittelt folglich ein genaues Bild, wie die Priesterkleidung Elagabals zumindest bei seinen Opferhandlungen in Rom aussah. Wenn man dies mit der Beschreibung Herodians vergleicht, dann wird schnell klar, dass der Historiker entweder von einer früheren oder späteren Version des Priesterornats berichtet, oder aber seine Schilderung schlichtweg phantasievoll ausgeschmückt hat. Über wesentliche Elemente wie der auffällig geknotete Gürtel und das signifikante Horn an der Kopfbedeckung schweigt sich der Historiker aus, und die auf dem Boden stehende phrygische Mütze ist nur schwerlich mit der von Herodian geschilderten Tiara zu identifizieren. Dennoch bestätigen diese Münzabbildungen die Angaben bei Cassius Dio und wenigstens zum Teil auch Herodian, denn der Kaiser trug bei öffentlichen Auftritten tatsächlich die für einen römischen Kaiser unschicklichen syrischen Priestergewänder. Wenn nun wirklich ein Vorstellungsgemälde in der von Herodian beschriebenen Art existierte, das Elagabal in dieser orientalischen Tracht gezeigt hat und das seine Reflexion in der Münzprägung gefunden hat, dann kommen hierfür wohl eher die Priestermünzen in Betracht und nicht die Fest-Antoniniane, die den Kaiser vor der Quadriga mit dem Baetyl des Gottes zeigen. Zwar habe man nach Herodian auf diesem Vorstellungsgemälde auch den Baetyl selbst abgebildet, aber es wäre vorstellbar, dass dieser aus kompositorischen Gründen auf den Münzen weggelassen wurde. Glaubt man Herodian, dann wurde das Gemälde im Jahr 219 vor der Ankunft des Kaisers in der Senatskurie aufgehängt. Nach dem Eintreffen Elagabals in der Hauptstadt hätte
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dieses Bild somit seinen Zweck erfüllt und hätte abgenommen werden können. Doch ist zu erwarten, dass es auch danach bis zum Tod es Kaisers und der darauf folgenden damnatio memoriae einen prominenten Aufstellungsort in Rom gefunden haben wird. Somit könnte dieses Gemälde immer noch als Vorlage für die ab dem Jahr 220 geprägten Priestermünzen des Kaisers gedient haben. Andererseits war Elagabal inzwischen selbst in Rom, so dass man für seine orientalische Priesteraufmachung keines Gemäldes mehr als Vorlage bedurft hätte. Im Frühjahr 219 brach Elagabal von Nikomedia aus auf, um seinen Gott – vermutlich weiterhin in der Art einer Prozession – nach Rom zu geleiten. Man kann übrigens davon ausgehen, dass der Kaiser mit dem Baetyl neben seinem üblichen Gefolge und den Gardetruppen außerdem von zahlreichem Kultpersonal und weiteren Elagabal-Priestern begleitet wurde. Diese sind wohl zu identifizieren mit den Magiern, mit denen sich der Teenager umgeben haben soll.383 Obwohl dies in den literarischen Quellen nicht explizit erwähnt wird, müssen gerade diese Leute auf den noch jungen und gläubigen Herrscher einen nicht zu unterschätzenden Einfluss besessen haben. Der Schlachtenhelfer und die Schutzgottheit des Kaisers wurde zunächst öffentlich als Sol propugnator propagiert. Doch auch als Kaiser beabsichtigte der mittlerweile 15jährige Herrscher weiterhin das Amt eines Oberpriesters dieser Gottheit in der bisherigen Art und Weise auszuüben und persönlich, gehüllt in die unkaiserliche und unrömische orientalische Priesterkleidung, an den Ritualen und kultischen Tänzen teilzunehmen, obwohl dies mit seiner nunmehrigen Würde eigentlich unvereinbar war. Da Elagabal selbst in Rom und am Kaiserhof aufwuchs, hätte er wissen können, dass sowohl seine Aufmachung wie auch die Kultrituale, wenn sie vom Herrscher höchst persönlich und in einem größeren offiziellen Rahmen in Rom zelebriert werden, dort auf Unverständnis und wenig Gegenliebe stoßen würden. Weil er sich dessen vielleicht sogar bewusst war, verfiel er höchstwahrscheinlich wirklich auf die Idee, vorab ein Vorstellungsgemälde, das ihn in eben diesen syrischen Gewändern bei der Ausübung des Kultes zeigt, nach Rom zu schicken. Falls immer noch unklar sein sollte, weshalb die Römer denn überhaupt daran Anstoß nehmen sollten, dann stelle man sich einfach als Beispiel einen modernen europäischen Staatschef vor, der in orangefarbenen Hare-Krischna-Gewändern herumtänzelnd einen Staatsakt begeht. Zur Ermordung des Gannys ist festzuhalten, dass es während des Winteraufenthalts in Nikomedia zu einem Konflikt mit dem Kaiser kam. Möglicherweise wollte der Lebensgefährtin seiner Mutter und sein wichtigster Berater als Mitherrscher selbst die Macht übernehmen. Es könnte daneben auch zum Streit über Elagabals Lebensstil gekommen sein, denn wie in der zugegebenermaßen höchst problematischen Historia Augusta behauptet
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wird, soll der jugendliche Herrscher über das römische Imperium bereits in Nikomedia das Leben eines Lustknaben geführt haben.384 Vielleicht ging es aber auch um die Frage, in wie weit und in welcher Form der Kaiser zukünftig sein Amt als Elagabal-Priester ausüben sollte. Am wahrscheinlichsten ist eine fatale Kombination all dieser Faktoren, die den Teenagerkaiser letztlich dazu brachten, seinen Mentor – vielleicht im Streit oder im Affekt – womöglich mit eigener Hand niederzustechen. Wenn dies zutrifft, so hatte er zweifellos ein aufbrausendes Temperament und bewies damit außerdem eine für sein jugendliches Alter bemerkenswerte Eigenwilligkeit und erstaunliche Brutalität.
2. Der Priesterkaiser Im Spätsommer des Jahres 219 erreichte Elagabal endlich den Mittelpunkt des Imperiums: die Stadt Rom.385 Die lange Zeit, die seit seinem Aufbruch in Antiochia vergangen war, erklärt sich durch den Zwischenaufenthalt in Nikomedia und vor allem aus dem Umstand, dass der Kaiser den Kultstein des Sonnengottes (Baetyl) von Emesa in Form einer regelrechten Prozession in die Hauptstadt überführte. Begleitetet wurde er von einem sehr umfangreichen Gefolge. Dazu gehörten neben dem kaiserlichen Hof, der Kanzlei, weiteren Priestern samt Kultpersonal – wie die für die rituellen Tänze erforderlichen syrischen Tänzerinnen – außerdem zahlreiche Bedienstete sowie die Prätorianergarde, die berittene Garde (equites singulares Augusti) und die sogenannte Albanische Legion (legio II Parthica). Den feierlichen Einzug des Herrschers und seines Gottes in die Hauptstadt wird man sich wahrscheinlich so ähnlich wie die von Herodian beschriebene Prozession vorstellen können. Zudem ist das Ereignis auf den schon im vorherigen Kapitel erörterten Fest-Antoninianen abgebildet, die eigens für den Adventus des Kaisers geprägt wurden.386 Der Baetyl stand demnach auf einem vierspännigen von makellosen Pferden gezogenen Wagen, deren Zaumzeug prächtig geschmückt war. Die Pferde führte Elagabal womöglich rückwärtsgehend, den Blick auf den Kultstein des Gottes gerichtet. Damit er dabei nicht stolpert, war die Wegstrecke vorher sorgfältig präpariert worden. Dem Wagen des Gottes folgten höchstwahrscheinlich Julia Maesa und Julia Soaemias sowie Julia Mamaea mit dem jungen Severus Alexander, der ebenfalls dem Dienst des Gottes geweiht war. Dahinter schlossen sich wohl die weiteren Priester und das Kultpersonal an, die so den Abschluss des Festzuges gebildet haben müssen. Die Truppen, die man sich in ihren weißen Paradegewändern vorzustellen hat, säumten vermutlich den Prozessionsweg.387 Fraglich ist, ob Elagabal dabei wirklich seine vielfach getadelten orientalischen Priesterkleider trug, denn die Festmünzen zeigen ihn in
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Tunika und Feldherrnmantel (paludamentum). Aber auch dies war für den Einzug des Herrschers in Rom keine angemessene Kleidung, da hierbei traditionellerweise die Toga erwartet wurde. Die stadtrömische Bevölkerung schätzte Spektakel und ungewöhnliche Schauspiele. Der staunenswerte und in der bisherigen römischen Geschichte einmalige Einzug des neuen Kaisers wird deshalb den Hunger der plebs urbana nach Sensationen sicherlich befriedigt haben. Wie Herodian versichert, gab der Kaiser erwartungsgemäß die üblichen Geldspenden an das Volk aus und veranstaltete aufwendige Circusspiele.388 Somit war die Bevölkerung Roms dem neuen Kaiser anfangs wahrscheinlich wohlgesonnen. Anders sahen das gewiss die Senatoren, die durch das Vorstellungsgemälde – wenn die Beschreibung Herodians im Wesentlichen zutrifft – auf den Anblick des jungen Herrschers und Priesters bereits eingestimmt waren. Überdies hatten die Herren des ordo senatorius über private Kanäle zweifellos genügend Nachrichten aus Nikomedia erhalten, um auch ohne ein Vorstellungsgemälde auf die besonderen Eigentümlichkeiten des inzwischen 15jährigen Herrschers über das römische Imperium vorbereitet zu sein. Elagabal logierte im Kaiserpalast auf dem Palatin. Das war einer der sieben Hügel Roms in direkter Nachbarschaft des Forum Romanum. Schon in republikanischer Zeit lagen hier die Stadtvillen der reichen Patrizier. Ausgehend von dem für kaiserliche Verhältnisse noch recht bescheidenen Haus des Augustus wurde auf diesem Hügel im Laufe des ersten Jahrhunderts ein stetig erweiterter Palastkomplex errichtet, der unter den Flaviern seine vorläufig endgültige Gestalt erhielt. Vespasian (69–79) und Titus (79–81) verschmähten das weitläufige sogenannte „Goldene Haus“ Neros (domnus aurea), das sich in der Art eines überaus prunkvollen und monumentalen Landhauses vom Palatin bis zum Esquilinhügel erstreckte, und residierten wieder auf dem Palatin. Das „Goldene Haus“ Neros wurde überbaut – so befindet sich beispielsweise heute an der Stelle des von Nero angelegten Sees das Colosseum. Domitian (81–96) schließlich errichtete die domnus Flavia mit Repräsentationsräumen und die domnus Augustana, in der sich die kaiserlichen Privatgemächer befanden. Diese Anlage wurden nochmals unter Septimius Severus und später unter Maxentius (306–312) erweitert. Außer diversen Villen und Parkanlagen an der Peripherie der Stadt, die zum kaiserlichen Besitz gehörten, verfügte der Herrscher in Rom auch über das Sessorium. Das war ein villenartiger Palastkomplex, der etwa in der Nähe des heutigen päpstlichen Lateranpalastes lag und zur Zeit Elagabals als Gärten der alten Hoffnung (horti Spei veteris) bezeichnet wurde. Mit dem Bau dieser Anlage, zu der ein kleines Amphitheater gehörte (amphitheatrum Castrense), wurde vermutlich schon unter Septimius Severus begonnen. Höchstwahrscheinlich ließ Elagabal diese Palastanlage
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fertigstellen und auf dem Gelände außerdem eine Wagenrennbahn errichten (circus Varianus), die auch in der Historia Augusta genannt wird, wobei die Angabe glaubwürdig sein dürfte, da der Autor hier vermutlich auf den Bericht des Marius Maximus zurückgegriffen hat.389 Allerdings benötigte nicht nur Elagabal selbst eine standesgemäße Unterkunft, sondern es musste auch für den Baetyl der siegbringenden Schutzgottheit des Kaisers ein angemessenes Domizil gefunden werden. Durch die Überführung des Kultsteins wurde faktisch das Zentrum der Verehrung des emesenischen Sonnengottes von Emesa nach Rom verlegt. Das neue Heiligtum des Gottes in Rom musste folglich dem in Emesa an Pracht und Größe mindestens ebenbürtig sein, und der bereits vorhandene Tempel im Stadtviertel Trastevere dürfte diesen Anforderungen keineswegs entsprochen haben. Wie Herodian schreibt, ließ Elagabal deshalb für die Gottheit in Rom gleich zwei Tempel errichten, nämlich ein mitten in der Stadt gelegenes Hauptheiligtum sowie einen weiteren Tempel vor der Stadt, der ebenso gewaltig und aufwendig gewesen sein soll.390 Die Frage ist jedoch, wie der Kaiser während seiner relativ kurzen Regierungszeit zwei gigantische Heiligtümer errichten konnte, die idealerweise bei seiner Ankunft in Rom schon weitgehend bezugsfertig sein sollten. Da von dem Vorstadttempel bisher keine Überreste gefunden wurden, wird dessen Existenz oftmals bezweifelt.391 Doch nur der Umstand, dass von diesem zweiten Heiligtum bisher keine archäologischen Spuren gefunden wurden, beweist noch nicht, dass er eine reine Erfindung Herodians ist. Weil die alljährliche Prozession im Hochsommer mit dem Kultstein vom städtischen Heiligtum in den Vorstadttempel offenbar ein wesentlicher Bestandteil des Kultes war,392 muss es ihn gegeben haben. Da Herodian in Zusammenhang mit der sommerlichen Überführung des Baetyls auch Circusrennen und Festveranstaltungen erwähnt, läge eine Lokalisierung in der Nähe des Sessoriums im Bereich des Möglichen, da sich dort der circus Varianus sowie ein Amphitheater befanden. Als Alternative könnte auch der schon bestehende Tempel im Stadtteil Trastevere ausgebaut worden sein, was die kurze Bauzeit erklären würde.393 Die exakte Lage des Haupttempels (Elagabalium) wird nur in der Historia Augusta genau angegeben, wonach er auf dem Palatin direkt neben den Kaiserpalästen lag.394 Der zweifelhafte Charakter dieser Quelle böte eigentlich Anlass zur Skepsis, doch ist dieser Tempel inzwischen auch archäologisch nachgewiesen. Auf dem Palatinhügel liegt heute – zum Colosseum gewandt – eine Vigna Barberini genannte bepflanzte Terrasse, auf der die kleine Kirche San Sebastiano al Palatino steht. Interessanterweise soll der heilige Sebastian, dem die Kirche geweiht ist, an den Stufen des Elagabal (gradus Helagabali) den Märtyrertod erlitten haben. Diese Terrasse wurde
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bereits unter Domitian (81–96) errichtet, der beim Bau der flavischen Kaiserpaläste das sich schon seit republikanischer Zeit auf dem Palatin befindliche Heiligtum des siegreichen Jupiter (Iuppiter Victor) dorthin verlegte. Dieser schon vorhandene Jupiter-Tempel wurde von Elagabal nun kurzerhand zum Heiligtum des syrischen Sonnengottes umgewandelt,395 was auch in diesem Fall die kurze Bauzeit erklärt. Der bestehende Baukörper wurde beibehalten, aber wahrscheinlich prächtiger ausgestattet. Dieser hatte die Gestalt eines typisch römischen Säulentempels auf einem hohen Podest mit vorgelagerter Freitreppe und einer Breite von 40 Metern sowie einer Länge von 70 Metern. An der giebelbekrönten Vorderseite standen acht und an den Längsseiten jeweils zwölf korinthische Säulen. Der Gesamtkomplex nahm eine Fläche von 110 auf 160 Metern ein. Neu waren vermutlich das monumentale Eingansportal (pentapylum) und die zweigeschossigen Arkaden, von denen die gesamte Anlage eingefasst war.396 Wie Herodian weiter ausführt, wurden in dem Tempelareal für den Gott zahlreiche Opferaltäre aufgestellt. Das Heiligtum mit seinem Eingangportal ist auf einem Bronzemedaillon des Kaisers aus dem Jahr 222 abgebildet.397 Dort erscheint das Gebäude allerdings nur mit sechs Säulen in der Frontseite. Dies ist jedoch den Darstellungsmöglichkeiten des Stempelschneiders geschuldet. Bereits der Tempel des Iuppiter Victor auf Münzen aus der Zeit Trajans (98–117) ist mit acht Säulen dargestellt. Das Medaillon Elagabals zeigt außerdem noch einen Teil der Arkaden und eine Opferszene, weshalb die Darstellung des eigentlichen Tempels hier kleiner und abstrahierter ausfallen musste.398 Unter Severus Alexander wurde der Baetyl später wieder nach Emesa zurückgeschickt und der Tempel dem rächenden Jupiter (Iuppiter Ultor) geweiht.399 Nach einer sensationell kurzen Umbauzeit wurde das neue zentrale Heiligtum des deus Sol Elagabalus im Jahr 220 fertiggestellt.400 Sicherlich befasste sich Elagabal bereits in Nikomedia mit den Umbauplänen und sandte entsprechende Weisungen in die Hauptstadt, so dass der Tempel bei seiner Ankunft für den Kultstein des Gottes vielleicht sogar schon bezugsfertig war. Somit bildeten der Kaiserpalast und das Heiligtum ein zusammenhängendes Gebäudeensemble. Man kann vermuten, dass die Römer nur wenig Verständnis für die Zweckentfremdung ihres altehrwürdigen Heiligtums des siegverheißenden Jupiter hatten. Doch militärische Tugenden galten dem Priesterkaiser wenig, von dem der angebliche Ausspruch überliefert ist: Ich wünsche mir keine Titel, die sich von Krieg und Blutvergießen herleiten.401 Der ausführlichste Bericht über die Rituale, die Elagabal in diesem neuen Heiligtum seines Gottes zelebrierte, findet sich bei Herodian: Jeweils am Morgen trat er auf, schlachtete ganze Hektakomben von Stieren und eine große Menge Schafe, die er auf die Altäre legte, und er häufte vielfältiges Räucherwerk dazu; er goss zahlreiche Amphoren des ältesten und besten Weins vor den
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Altären aus, so dass Ströme von Wein und Blut vermischt dahinflossen. An den Altären führte er unter vielfältigen Klängen von Musikinstrumenten Kulttänze auf, und Tänzerinnen seiner Heimat tanzten mit ihm zusammen, liefen um die Altäre herum und trugen Zimbeln und Tympana in den Händen. Ringsum standen der gesamte Senat und die Ritter als Zuschauer wie im Theater. Die Eingeweide der Opfertiere schleppten und die Rauchopfer in goldenen Gefäßen schwenkten über ihren Köpfen nicht etwa irgendwelche Opferdiener oder Menschen geringen Standes, sondern die Kommandanten der Prätorianer und die Männer in den höchsten Ämtern, bekleidet mit bis zu den Füßen und Händen reichenden Gewändern phönikischer Tracht, in der Mitte mit einem einzigen Purpurstreifen. Sie trugen Schuhwerk aus Leinen wie die Priesterkaste in jenen Gegenden. Und er glaubte denen die höchsten Ehren zu erweisen, die er an seinen Opferriten teilnehmen ließ.402 Zweifellos hat hier Herodian stellenweise übertrieben, denn es erscheint nicht glaubhaft, dass der komplette Senat, der auch bei seinen Sitzungen nur höchst selten vollzählig versammelt war, täglich an Opfern beigewohnt haben soll, dasselbe gilt für die Ritterschaft. Dennoch nahm sicherlich eine beträchtliche Zahl von Amtsträgern aus dem persönlichen Umfeld des Kaisers bei diesen Zeremonien teil, wozu die beiden Präfekten der Prätorianergarde gehörten. Wie man unschwer vermuten kann, wird sich manch einer hiervon einen Karriereschub erwartet haben. Die Gegenwart von Senatoren und Rittern gewinnt an Glaubwürdigkeit, wenn man bedenkt, dass diese ebenfalls bei den „privaten“ Auftritten des Kaisers als Wagenlenker zugegen waren.403 Auch Julia Maesa und Julia Soaemias beteiligen sich an den Gottesdiensten, zu denen überdies kultische Gesänge gehörten. Cassius Dio schreibt dazu: Ich will mich nicht mit der Schilderung der barbarischen Gesänge, welche Sardanapalus zusammen mit seiner Mutter und Großmutter dem Elagabalus widmeten, und den geheimen Opfern abgeben, die er dem Gotte darbrachte.404 Mit diesen sogenannten „geheimen Opfern“ hat es seine ganz besondere Bewandtnis auf sich, denn die Römer mutmaßten, dass dem deus Sol Elagabalus auch Menschenopfer dargebracht worden seien.405 Wie der Autor der Historia Augusta behauptet, habe der Priesterkaiser zu diesem Zweck in ganz Italien vornehme und wohlgestalte Knaben auswählen lassen und diese nach dem angestammten Brauch seiner Heimat gemartert, wobei ihnen angeblich die Eingeweide entnommen wurden.406 Cassius Dio führt dazu weiter aus, Elagabal habe in dem Tempel seines Gottes einen Löwen, einen Affen sowie eine Schlange gehalten, denen die Geschlechtsteile der Opfer zum Frass vorgeworfen wurden.407 Gegenüber diesen Behauptungen ist jedoch äußerste Skepsis und Vorsicht geboten, zumal Herodian nichts dergleichen erwähnt, und in der Historia Augusta wahrscheinlich der Bericht von Cassius Dio über-
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nommen und ausgeschmückt wurde. Zwar wurden in einigen Kulten altorientalischer Zeit durchaus Menschenopfer praktiziert, doch in späterer Zeit griff man auf dieses Mittel nur noch in ärgsten Notzeiten zurück. In Rom soll sich derartiges zuletzt in republikanischer Zeit nach den verheerenden Niederlagen im Zweiten Punischen Krieg ereignet haben. Doch den Römern der Kaiserzeit – zumal in gebildeten Kreisen – galten Menschenopfer als zutiefst verabscheuungswürdiges Verbrechen und standen in Zusammenhang mit verbotener Zauberei und Aberglauben. Wenn Cassius Dio solches über Elagabal berichtet, dann hat er hier vermutlich ein Gerücht aufgegriffen, das ganz hervorragend zur Tyrannentopik des Kindermordes passte. Einige Details der Kultpraxis werden in den literarischen Quellen jedoch recht glaubhaft geschildert. So wurde von den männlichen Gläubigen oder zumindest von der Priesterschaft des emesenischen Sonnengottes offenbar die Beschneidung verlangt, und außerdem war der Genuss von Schweinefleisch verboten.408 Wie man aus dem Hinweis von Herodian über die Leinenschuhe der Priester folgern könnte, wurden womöglich auch Kleidungsstücke, die aus Materialien tierischer Herkunft wie Wolle oder Leder gefertigt waren, als unrein angesehen. Darauf ließe sich wiederum vielleicht die angebliche Abneigung des Kaisers, römische aus Wolle hergestellte Gewänder zu tragen, zurückführen. Ein wichtiges Fest des deus Sol Elagabalus war die bereits erwähnte alljährliche Prozession mit dem Baetyl vom Haupttempel auf dem Palatin in das Vorstadtheiligtum im Hochsommer, die von Herodian ausführlich beschrieben wird.409 Diese Prozession verlief offenbar so ähnlich, wie dies schon für die Überführung des Kultsteins in die Hauptstadt sowie den kaiserlichen Adventus in Rom angenommen und sinngemäß auf den Fest-Antoninianen vom Sommer 219 dargestellt wurde. Der Baetyl des Gottes stand – wie schon beschrieben – auf der vom Kaiser rückwärtsschreitend geführten Quadriga, die kein Mensch betreten durfte und die der Gott scheinbar selbst lenkte. Der Prozessionsweg war vermutlich wirklich mit Goldsand bestreut, den auch der Autor der Historia Augusta erwähnt, jedoch mit der Übertreibung, wenn der Kaiser zu Fuß gegangen sei, habe man die Wege generell mit Gold- oder Silbersand ausgelegt.410 In dem Bericht Herodians heißt es: Die Bevölkerung lief beiderseits parallel, vielerlei Fackeln tragend und streute Kränze und Blumen aus. Die Bilder aller Gottheiten mit ihren wertvollen und ehrwürdigen Weihgeschenken, alle Kaiserinsignien und teuren Kleinodien, die Ritter und das gesamte Heer zogen als Festzug dem Gott voraus. Nachdem der Gott dort hingeführt und im Tempel aufgestellt war, führte er die zuvor erwähnten Opfer und Festveranstaltungen durch; dann hatte er sehr große und hohe Türme errichten lassen, die er nun erstieg, um unter die Masse, von der jeder frei zugreifen durfte, Geschenke auszuwerfen, nämlich goldene und silberne Pokale, Kleidung und
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vielerlei feine Damenwäsche sowie alle Arten von zahmen Tieren. Natürlich wurden keine massiven Pokale oder lebende Tiere unter die Leute geworfen, sondern Gutscheine. Allerdings kam es bei mindestens einer Gelegenheit zu einem Gerangel unter dem Volk, bei dem auch zahlreiche Todesopfer zu beklagen waren.411 Mitnichten wurde der Zug jedoch vom gesamten Heer begleitet. Vielmehr handelt es sich hier um die in Rom ansässigen Truppen, also die Prätorianergarde und die stadtrömischen Polizeikohorten (cohortes urbanae) sowie vielleicht noch die berittene Garde und Abteilungen der in der Nähe Roms stationierten Albanischen Legion. Zu den genannten Festveranstaltungen gehörten unter anderem die zu Beginn dieses Kapitels schon erwähnten Circusrennen, die aber nicht unbedingt in der direkten Umgebung des Vorstadttempels stattgefunden haben müssen. Es waren weniger die öffentlichen Auftritte des Kaisers als Oberpriester in seinen orientalischen Gewändern, die als Skandal aufgefasst wurden. Diese waren aus der Sicht der Senatoren für einen Kaiser unschicklich und lächerlich. Jedoch – wie Cassius Dio es formuliert – das Ärgernis bestand hierbei nicht darin, dass er einen fremden Gott in Rom einführte oder auf ganz ungewöhnliche Art auszeichnete, sondern dass er ihm einen Platz vor Jupiter selbst einräumte.412 Bereits die Darstellung des Sonnengottes als Schlachtenhelfer (propugnator) in der anthropomorphen Gestalt der römisch-griechisch Ikonographie mit dem Blitzbündel Jupiters auf den Münzen aus Antiochia lässt darauf schließen, dass der Kaiser von Anfang an für seine persönliche Schutzgottheit einen besonderen Platz im römischen Pantheon vorgesehen hatte. Die Beschreibung der alljährlichen Prozession im Hochsommer offenbart ebenfalls schon eine Götterhierarchie, da die Bildnisse der anderen Götter mitgeführt wurden, gleichsam als bildeten sie das Gefolge des deus Sol Elagabalus. Grundsätzlich hatte der römische Kaiser das Amt des Pontifex Maximus inne, dem in der Antike die Aufsicht über sämtliche römischen Kulte oblag. Auch Elagabal bekleidete dieses Amt, dessen Titel in seiner Kaisertitulatur sowohl in den offiziellen Inschriften als auch in der Münzprägung erscheint. Doch gerade die Münzprägung des Kaisers dokumentiert, wie er schrittweise seine religionspolitischen Vorstellungen umsetzte. Auf den frühen Prägungen Elagabals wurde der Sonnengott zunächst in der traditionellen Erscheinung als Sol-Helios abgebildet. Daneben wurden Münzen ausgegeben, die den Baetyl des emesenischen Sonnengottes in seiner Quadriga zeigen, was auf die Überführung des Kultsteins und die alljährliche Prozession in den Vorstadttempel verweist. Darüber hinaus wurde dem deus Sol Elagabalus noch kein besonderer Vorrang über die anderen Gottheiten eingeräumt.413 Anfang des Jahres 220 ließ sich der Kaiser jedoch eigens durch den Senat den offiziellen Titel eines Oberpriesters des unbesiegbaren emesenischen
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Sonnengottes verleihen (sacerdos amplissimus dei Solis Invicti Elagabali). Die Formulierung bei Cassius Dio, . . . und sich durch Beschluss die Ernennung zu seinem Priester veranlasste,414 gab jedoch auch Anlass zu der freilich falschen Spekulation, der Kaiser sei überhaupt erst nach seiner Thronbesteigung zum Oberpriester des Gottes ernannt worden.415 Zum Oberpriester wurde er – wie bereits dargelegt – schon nach seiner Flucht nach Emesa im Jahr 217 geweiht, wozu außerdem kein Senatsbeschluss nötig war. Die genaue Datierung der Verleihung dieses Priestertitels, der nunmehr auch in den Inschriften und zum Teil in den Münzlegenden wiedergegeben wurde, ins Frühjahr 220 erfolgt anhand der angegebenen Kaisertitulatur in der Münzprägung sowie der Entwicklung des kaiserlichen Münzporträts.416 Sowohl Inschriften wie auch in einigen Fällen die Münzen können darüber hinaus teilweise durch die Iterationsziffer der tribunizischen Gewalten (tribunicia potestas), die traditionell jeweils am 10. Dezember jeden Jahres erneuert und gezählt wurde, und der Zählung der Konsulate datiert werden. Die Wiedergabe auf den Inschriften erfolgte dann beispielsweise in dieser Form: Imp(erator) Caes(ar) M(arcus) Aurelius Antoninus Pius Felix Aug(ustus) sacerdos amplissimus dei Solis Invicti Elagabali pontif(ex) max(imus) trib(unicia) pot(estate) III co(n)s(ul) III p(ater) p(atriae).417 Die dritte tribunizische Gewalt des Kaisers zählte vom 10. Dezember 219 bis zum 9. Dezember 220 und sein drittes Konsulat bekleidete er ebenfalls im Jahr 220, womit diese Inschrift in eben dieses Jahr datiert werden kann. Auf dieser wie auch auf dem Großteil der weiteren Inschriften ab dem Jahr 220 erscheint die Titulatur des Elagabal-Priesters vor dem Titel des Pontifex Maximus, was belegt, dass nunmehr dem Kult des Sonnengottes von Emesa der Vorrang über alle anderen Kulte des Reiches eingeräumt wurde. Von nun an dominierte der deus Sol Elagabalus ganz eindeutig in der kaiserlichen Selbstdarstellung. Das geht auch aus einer Bemerkung Herodians hervor, wonach bei allen staatlichen Opferzeremonien an erster Stelle der neue Gott Elagabal angerufen werden müsse.418 Bemerkenswert ist übrigens das Epitheton invictus (unbesiegbar, unbezwinglich, unbesiegt) für den emesenischen Sonnengott. Vor allem der römische Sol ist bekannt unter der Bezeichnung Sol invictus. Doch wurde dieser Beiname für den römischen Sonnengott überhaupt erst in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts gebräuchlich.419 Zuvor schon wurde der ursprünglich aus Persien stammende Mithras als Sol invictus Mithras verehrt, dessen Kult besonders unter den Soldaten beliebt war. Doch war der Kult des Mithras ein exklusiver Mysterienkult, zu dem nur Eingeweihte Zugang hatten und der nicht öffentlich, sondern in unterirdischen Heiligtümern zelebriert wurde. Zwar bestand eine nicht genauer zu definierende Beziehung zwischen Mithras und dem römischen Sonnengott, doch wurden beide Gottheiten keines-
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wegs gleichgesetzt.420 Weder war also zur Zeit Elagabals der Beiname invictus für den römischen Sol üblich, noch wird sich der Priesterkaiser am Vokabular des Mithraskultes als einer ihm weitgehend fern stehenden Soldatenreligion bedient haben. Das Epitheton invictus wies unter Septimius Severus vor allem auf den unbezwingbaren Halbgott Herkules oder auf Jupiter.421 In Anlehnung an Alexander den Großen, der als unbesiegbar galt, wird gelegentlich Caracalla im Kontext seiner vermeintlichen militärischen Leistungen so genannt.422 Hingegen für den Sonnengott von Emesa ist bis zum Jahr 220 ausschließlich die Bezeichnung deus Sol Elagabalus überliefert.423 Erst nachdem er zum obersten Gott des Reiches erhoben wurde, tritt er auf den offiziellen Inschriften als deus Sol Invictus Elagabalus in Erscheinung.424 Daraus ist zu folgern, dass der Beiname invictus für seinen Gott eine eigene Kreation des Priesterkaisers war, der den emesenischen Sonnengott als seinen Schlachtenhelfer (propugnator) im Kampf gegen Macrinus ansah, und nun die Sieghaftigkeit des deus Sol Elagabalus durch den Beinamen invictus verstärkt zum Ausdruck bringen wollte. In Anlehnung an seinen Gott ließ sich der unkriegerische Elagabal zuweilen auf den Priestermünzen mit der Legende INVICTVS SACERDOS AVG selbst als unbesiegbarer Priesterkaiser titulieren.425 Auf den Münzporträts des Priesterkaisers erscheint ebenfalls ab dem Jahr 220 erstmals ein seltsames Horn am kaiserlichen Lorbeerkranz.426 Zunächst wurde dieses Horn nur auf den Kupfermünzen wiedergegeben, doch ab dem folgenden Jahr zeigen es auch die Denare – meist in Zusammenhang mit den schon im vorherigen Kapitel erwähnten Opferszenen auf der Reversabbildung. Die ersten Exemplare nennen in der Reverslegende für den Kaiser die vierte tribunizische Gewalt, womit sie frühestens in den Dezember 220 datiert werden können.427 Die Bezeichnung „Horn“ basiert auf der ursprünglichen Annahme, dies seien Tierhörner, wie sie als göttliches Attribut vereinzelt auf den Münzen der hellenistischen Könige dargestellt wurden. Nach einer neueren Deutung soll dieses Horn einen ausgestreckten Finger als Anbetungsgeste symbolisieren.428 Der jüngsten und überzeugendsten Interpretation zufolge handelt es sich jedoch offenbar eindeutig um einen stilisierten Stierpenis.429 Zwar ist dies einem exzentrischen Herrscher wie dem Priesterkaiser Elagabal durchaus zuzutrauen, doch was in aller Welt hatte das Geschlechtsteil eines Stieres am kaiserlichen Lorbeerkranz zu suchen? In einigen Kulturen war Kopfschmuck mit phallischen Symbolen tatsächlich ein Statussymbol, das wohl auf einen besiegten und entmannten Feind verweisen sollte. Auch das gelegentlich dargestellte Horn auf dem Haupt des im syrischen Baalbek verehrten Jupiter Heliopolitanus könnte als Penis gedeutet werden. Aus römischer Zeit sind sogenannte kleine Priesterköpfe aus Bronze erhalten, die auf der Stirn ebenfalls einen Phallus tragen. Diese Miniaturköpfe werden oft mit dem Kult
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der ägyptischen Göttin Isis in Verbindung gebracht, der sich im römischen Reich großer Beliebtheit erfreute. Wie außerdem inzwischen gesichert sein dürfte, stellen die zahlreichen vermeintlichen Brüste, mit denen die griechische Göttin Artemis von Ephesos auf ihren Standbildern dargestellt wurde, die Hoden der geopferten Stiere dar.430 Männlichen Geschlechtsteilen – zumal denen der geopferten Stiere – kam folglich in den östlichen Kulten eine hohe Symbolkraft zu, deren Darstellung im kultischen Rahmen vor allem als Fruchtbarkeitssymbol ersten Ranges zu deuten ist.431 In diesem Kontext sind vielleicht auch die abgetrennten Geschlechtsteile der angeblichen Menschenopfer zu sehen, die Elagabal – laut Cassius Dio – in den Tempel seines Gottes geworfen haben soll. Möglicherweise handelte es sich dabei um die Geschlechtsteile der Opferstiere, denen bei der Opferzeremonie irgendeine rituelle Funktion zukam. Vielleicht wies die ursprüngliche Priestertiara des Oberpriesters von Emesa – ähnlich wie das Horn auf den Standbildern des Jupiter Heliopolitanus – bereits einen derartigen Stierpenis auf. Elagabal verzichtete in Rom auf diese Tiara und entschied sich zunächst für einen einfachen Stirnreif oder den Lorbeerkranz. Vielleicht weil die Tiara als orientalische Königskrone galt, möglicherweise aber auch weil man ihn im Vorfeld gewarnt hatte, dass ein Phallussymbol auf der Stirn des römischen Princeps in Rom auf Unverständnis und Ablehnung stoßen würde. Erst nachdem er den deus Sol Elagabalus zum höchsten Gott im Reich erklärt hatte und sich seiner Sache sicher genug fühlte, präsentierte er sich bei den Opferhandlungen in Rom mit dem Stierpenis als Fruchtbarkeitssymbol und Ausdruck männlicher Zeugungskraft am priesterlichen Stirnreif. Mit Sicherheit wird er hier die Lage falsch eingeschätzt haben, da für die Römer ein Kaiser mit dem Geschlechtsteil eines Stiers auf der Stirn ein völlig abstruser Gedanke war. Man kann sich unschwer die Entrüstung in der Hauptstadt und die Verwunderung im ganzen Reich vorstellen, als der Kaiser erstmals mit seinem neuen sakralen Kopfschmuck in die Öffentlichkeit trat und sich auf seinen Münzen so darstellen ließ. Vielleicht beugte sich Elagabal dem Druck seiner Umwelt oder dem wohlmeinenden Rat seiner engeren Umgebung und verzichtete darauf, mit diesem anstößigen Attribut weiterhin öffentlich in Erscheinung zu treten, obwohl ihn auch noch die Münzen aus dem Jahr 222 mit dem sogenannten Horn zeigen.432 Der junge Elagabal, dem hauptsächlich homoerotische Neigungen unterstellt werden und von dem dennoch behauptet wird, dass er zahlreiche Frauen geheiratet habe,433 war in erster Ehe mit Julia Cornelia Paula vermählt. Wie Herodian versichert, war sie vornehmer Abstammung, doch über ihre genaue Herkunft ist nichts bekannt. Höchstwahrscheinlich war sie die Tochter des altbewährten Juristen Julius Paulus, der schon unter Septimius Severus und
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Caracalla diente und von Elagabal vermutlich als Nachfolger Comazons zum Prätorianerpräfekt ernannt wurde.434 Die Hochzeit fand schon sehr bald nach der Ankunft des Kaisers in Rom statt, was sich anhand der Münzprägung nachweisen lässt.435 Daraus ist zu schließen, dass Maesa, die Großmutter des Kaisers, die Heirat bereits im Vorfeld arrangiert hatte.436 Julia Paula wurde zur Augusta erhoben und wie schon die Mutter und Großmutter des Kaisers in die Münzprägung miteinbezogen, ebenso setzte man ihr zu Ehren Inschriften.437 Die Vermählung wurde im großen Stile gefeiert. Wie Cassius Dio betont, erhielten aus diesem Anlass nicht nur die Senatoren und die Mitglieder des Ritterstandes ein Geschenk, sondern auch die Frauen der Senatoren. Daneben wurden die stadtrömische Bevölkerung und die in Rom stehenden Truppen großzügig bewirtet. Für die Verköstigung des Volkes ließ sich das der Kaiser einen Betrag von jeweils 600 Sesterzen pro Kopf kosten. Für die Soldaten gab er sogar jeweils 1.000 Sesterzen aus. Zudem fanden Gladiatorenkämpfe statt.438 Diese arrangierte Ehe war jedoch nicht von besonders langer Dauer. Bereits im Spätsommer des Jahre 220 verstieß der Priesterkaiser seine Gemahlin. Angeblich fand er – plötzlich nach über einem Jahr – am Körper der Julia Paula einen nicht näher beschriebenen „Makel“.439 Das könnte durchaus nur ein Vorwand gewesen sein, doch gab es hierfür vielleicht auch religiöse Gründe. In den orientalischen Kulten war die körperliche Makellosigkeit der Priester eine Grundvoraussetzung. Elagabal war deshalb womöglich der Meinung, dass die Kaiserin als Priestergattin ebenfalls dieser Forderung entsprechen müsste.440 Der Titel einer Augusta wurde Julia Paula aberkannt, doch davon abgesehen konnte sie sich unbehelligt ins Privatleben zurückziehen.441 Wahrscheinlicher als der vorgebliche „Makel“ am Körper der Julia Paula ist als Grund für die Scheidung vermutlich die feste Überzeugung des Kaisers, an seiner Seite als kaiserliche Gemahlin nur eine ebenbürtige Priesterin akzeptieren zu können. Die Priesterinnen im römischen Staat, die das höchste Ansehen und ganz besondere Privilegien genossen, waren die Vestalinnen. Sie waren die Hüterinnen des heiligen Feuers der Göttin Vesta, die nicht nur die Beschützerin des heimischen Herdfeuers, sondern vor allem eine der wichtigsten Göttinnen im römischen Staatskult war. In ihrem Tempel auf dem Forum Romanum stand kein Kultbild, vielmehr wurde die Göttin in Gestalt des dort ewig brennenden Feuers verehrt. Es gab sechs Vestalinnen, die üblicherweise aus senatorischen Familien stammten, 30 Jahre dem Dienst der Göttin geweiht waren und in dem Haus der Vestalinnen – direkt neben dem Tempel der Vesta am Fuße des Palatinhügels – wohnten. Allerdings waren die Vestalinnen während ihrer gesamten 30jährigen Dienstzeit zur Jungfräulichkeit und Keuschheit verpflichtet. Verlor eine Vestalin ihre Jungfräulichkeit, so galt dies als ein ganz ausgesprochen unheilverheißendes Ereignis, von dem – wie man
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befürchtete – eine schreckliche Gefahr für das Wohl des gesamten Staates ausging. Entsprechend drakonisch war die Bestrafung: Um das Vergehen zu entsühnen, wurde eine der Unkeuschheit für schuldig befundene Vestalin traditionellerweise lebendig begraben. Das kam zwar nur selten vor, aber noch während der Regierungszeit Caracallas wurde diese Strafe tatsächlich vollzogen.442 Elagabal verrannte sich nun in die aus römischer Sicht aberwitzige Idee, dass ausgerechnet eine vestalische Jungfrau die adäquate Braut für den Oberpriester des emesenischen Sonnengottes abgäbe. Wie man aus der Formulierung bei Cassius Dio entnehmen kann, fiel seine Wahl dabei auf die dienstälteste Vestalin (virgo Vestalis maxima) namens Aquilia Severa.443 Bei Herodian heißt es, er entzog sie der Vesta und dem heiligen Jungfrauenheim, was vermuten ließe, dass Aquilia Severa von Elagabal als Pontifex Maximus vorher ihrer Gelübde entbunden worden wäre.444 Das ist jedoch unwahrscheinlich, da dies der eigentlichen Intention des Kaisers zuwidergelaufen wäre, denn er rechtfertigte seine Handlung mit den angeblichen Worten: Ich habe diesen Schritt getan, damit göttliche Kinder aus mir, dem obersten Priester, und aus ihr, der obersten Priesterin, hervorgehen.445 Elagabal sah sich also in erster Linie als Priester und zwar ausdrücklich als Priester des höchsten Gottes, des deus Sol Elagabalus. Dieser Position war – seiner Ansicht nach – sein Amt als römischer Kaiser untergeordnet. Was er im Sinn hatte, war eine Hierogamie, eine heilige Ehe, das heißt eine Ehe zwischen ihm als dem obersten Priester und einer ebenbürtigen Priesterin. Die Heirat mit Aquilia Severa steht somit wohl in direktem Zusammenhang mit der vom Kaiser geplanten Götterhochzeit, von der anschließend zu berichten sein wird. Die sogenannte Priesterehe wurde im Herbst 220 geschlossen.446 Auch Aquilia Severa erhob Elagabal in den Stand einer Augusta. Anlässlich der Heirat wurden unter anderem Bronzemedaillons geprägt, die auf dem Avers den Kaiser und seine neue Augusta gemeinsam als gegenüberliegendes Doppelporträt zeigen.447 Im Gegensatz zu den eigentlichen Münzen waren Medaillons Sonderprägungen, die der Kaiser zu bestimmten festlichen Anlässen an die Würdenträger des Reiches, die Mitglieder des Hofes und die Offiziere verteilen ließ. Was bisher über die Einflussnahme des Herrschers bei der Münzprägung gesagt wurde, gilt in besonderem Maße für die Medaillone, mit denen oftmals eine ganz nachdrückliche Aussage intendiert war. Das bedeutet, der Kaiser sah seine Hochzeit mit der Vestalin als außerordentlich wichtiges Ereignis an. Die für die neue Kaiserin geprägten Goldmünzen (aurei) zeigen auf dem Avers das Porträt Elagabals und auf dem Avers die Büste der Aquilia Severa.448 Auf einer bemerkenswerten Inschrift aus Brigetio in Pannonien erscheint die zweite Gattin Elagabals mit der für eine
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römische Kaisergemahlin einzigartigen Titulatur: heiligste Augusta, Mutter des Feldlagers, des Senates und des Vaterlandes.449 Wohl unterschätzt hat der Kaiser die Reaktionen auf seine Vermählung mit der vestalischen Jungfrau. Den Römern musste dies als fluchwürdiges Sakrileg und unheilverheißendes Verbrechen erscheinen.450 Wir wissen nicht, was Aquilia Severa selbst darüber dachte. Empfand sie die Priesterehe ebenfalls als Sakrileg, oder konnte ihr gegenüber Elagabal seine Intention verständlich machen? Über ihre Herkunft ist nichts bekannt, aber als Vestalin stammte sie mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer traditionsbewussten senatorischen Familie. Überdies war sie als dienstälteste Vestalin um einiges älter als der inzwischen 16 Jahre alte Elagabal. Die Empörung der Römer ist durchaus verständlich. Man stelle sich für unsere Zeit vor, der im Zölibat lebende Papst, das Oberhaupt der katholischen Christenheit, käme auf die Idee, eine Ordensschwester oder noch besser die Äbtissin eines Benediktinerinnenklosters zu ehelichen. Auch der mit beinahe uneingeschränkter Macht herrschende römische Kaiser stieß hier an seine Grenzen und musste sich dem Druck des wohl massiven öffentlichen Protests beugen. Ein gutes halbes Jahr nach der Hochzeit, im Sommer 221, sah sich Elagabal schließlich genötigt, sich von Aquilia Severa zu trennen.451 Laut Herodian entschuldigte er sich schriftlich beim Senat: An den Senat schrieb er, um ein dermaßen frevelhaftes Verbrechen zu rechtfertigen, er sei einer menschlichen Leidenschaft erlegen; denn er sei von Liebe zu dem Mädchen überwältigt worden; es sei aber auch etwas sehr Angemessenes und Heiliges, wenn ein Priester eine Priesterin heirate.452 Dieses Entschuldigungsschreiben darf durchaus eine gewisse Authentizität für sich in Anspruch nehmen, denn aus dem zweiten Teil geht deutlich die Intention des Kaisers hervor, der eine heilige Hierogamie anstrebte. Stutzig macht zunächst der erste Teil, in dem das Sakrileg mit Liebe und Leidenschaft gerechtfertigt wird. Nach allem, was die literarischen Quellen über die Neigungen Elagabals berichten, und wenn man davon ausgeht, dass es ihm vor allem darauf ankam, eine möglichst hochangesehene Priesterin zur Frau zu nehmen, scheinen hier Zweifel angebracht. Jedoch könnte diese Begründung sehr gut auf die dringende Empfehlung kaiserlicher Ratgeber oder Julia Maesas zurückzuführen sein. Begründeterweise war die Umgebung des Kaisers der Meinung, dass man in Rom, wo die religiösen Absichten Elagabals ohnehin auf Befremden und Widerspruch stießen, einen Religionsfrevel, der aus Liebe und Leidenschaft begangen wurde, vielleicht eher nachsehen würde.453 Fast unmittelbar nach der Trennung von Aquilia Severa heiratete Elagabal die vornehme Römerin Annia Aurelia Faustina. Sie war wahrscheinlich eine Urenkelin des Philosophenkaisers Marcus Aurelius. Verheiratet war sie in erster Ehe mit dem Senator Pomponius Bassus, der auf Initiative
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Elagabals hingerichtet wurde, weil er vermutlich die religiösen Reformen des Kaisers öffentlich kritisierte. Nach Cassius Dio sei aber der wahre Grund die Absicht gewesen, seine Frau heiraten zu können, und angeblich habe ihr der Kaiser verboten, über ihr Schicksal zu trauern.454 Wahrscheinlich bestand aber kein direkter Zusammenhang zwischen der Hinrichtung des Pomponius Bassus, die sich wohl einige Zeit zuvor ereignete, und der Vermählung mit Annia Faustina, da diese Ehe als eine an den Senat adressierte Versöhnungsgeste gedacht war, und das Gremium selbst die Hinrichtung des Pomponius Bassus beschlossen hatte.455 Diese dritte Ehe hielt indes nur einige Monate. Ende des Jahres 221 ließ sich Elagabal erneut scheiden. Unbelehrbar und eigensinnig, wie der Kaiser war, heiratete er schließlich Aquilia Severa ein zweites Mal. Cassius Dio behauptet, Elagabal habe noch zwei weitere Frauen geehelicht, aber da Herodian nur diese drei Gemahlinnen erwähnt und nur diese drei epigraphisch und numismatisch belegt sind, muss es sich um eine Übertreibung des Historikers handeln.456 Besonderen Spott erntete Elagabal mit seinem Plan, auch seinen Gott zu verheiraten. Das albernste Stück war sicher das, dass der Kaiser für Elagabalus um eine Frau warb, als wenn der Gott Heirat und Kinder brauche, wie es Cassius Dio ausdrückt.457 Ähnlich formuliert es Herodian: Er trieb sein Spiel aber nicht nur mit Menschen-Hochzeiten, sondern suchte auch für den Gott, dem er diente, eine Frau.458 Um dieses Vorhaben des Priesterkaisers verstehen zu können, muss man wissen, dass der deus Sol Elagabalus in seinem ursprünglichen Heiligtum in Emesa nicht allein verehrt wurde. Vielmehr war der emesenische Tempel einer Göttertrias geweiht. Das war nichts Ungewöhnliches. Auch im Tempel des capitolinischen Jupiter in Rom befanden sich drei Kulträume, in denen neben dem obersten römischen Gott die Himmelsgöttin Juno, die Gattin Jupiters, und Minerva, die man mit der griechischen Göttin Athene identifizierte, verehrt wurden. Den Tempel in Emesa bewohnten außer dem Sonnengott Elagabal die Liebesgöttin Kypris Charinazaia und die Kriegsgöttin Allath, wobei Kypris Charinazaia mit AphroditeVenus und Allath mit Athene-Minerva gleichgesetzt wurde.459 Alle drei Götter nennt eine Inschrift aus Corduba, die wahrscheinlich von syrischen Kaufleuten in Auftrag gegeben wurde.460 Wie in Rom so existierte auch in Emesa die Vorstellung einer Verbindung von Männlichem und Weiblichem im zentralen Heiligtum. Mit der Erhebung des Sonnengottes von Emesa zum obersten Gott des römischen Pantheons wollte nun der Kaiser ebenso den Elagabal-Tempel auf dem Palatin vermittels einer Götterhochzeit einer göttlichen Trias weihen. Interessanterweise orientierte sich der in Rom aufgewachsene Kaiser anscheinend nicht an dem emesenischen Vorbild, sondern vielmehr an der capitolinischen Göttertrias, da er seinen Gott mit der obersten Himmelsgöttin vermählen
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wollte. Seine Wahl viel dabei auf die karthagische Himmelsgöttin Tanit, die im lateinischen Sprachraum Dea Caelestis und im Griechischen Urania genannt wurde. Zur Zeit Elagabals identifizierte man die Dea Caelestis jedoch hauptsächlich mit der römischen Juno Caelestis, was für die capitolinische Göttertrias als Vorbild spricht.461 Allerdings entsprach die karthagische Tanit ursprünglich der phönizischen Himmels- und Liebesgöttin Astarte, womit über Umwegen doch wieder eine Parallele zum Heiligtum in Emesa gegeben ist. Um den Leser hier nun vollends zu verwirren, sei noch darauf hingewiesen, dass die syrische Astarte wiederum gelegentlich mit der Mondgöttin Selene gleichgesetzt wurde.462 Für diese Götterhochzeit ließ der Priesterkaiser nun eigens das berühmte Kultbild der Dea Caelestis aus dem nordafrikanischen Karthago kommen und im Tempel des deus Sol Elagabalus auf dem Palatin aufstellen.463 Nach Herodian soll dieses Kultbild schon von der Gründerin Karthagos, der sagenhaften phönizischen Königin Dido, aufgestellt worden sein. Da aber Karthago im Jahre 146 v. Chr. von den Römern gründlich zerstört und erst von Julius Caesar hundert Jahre später wiederaufgebaut wurde, darf dies bezweifelt werden. Für die Braut seines Gottes ließ der Kaiser Brautgeschenke von seinen Untertanen einsammeln. Elagabal soll dazu gescherzt haben, dass er von der Göttin – außer zwei goldenen Löwen – nicht viel Mitgift erhalten hätte. Üblicherweise war es die mit der griechischen Mondgöttin Selene gleichgesetzte Astarte, die in ihrer typischen Ikonographie auf einem von zwei Löwen flankierten Thron dargestellt wurde. Offenbar gefiel dem Kaiser die Identifikation der Dea Caelestis mit der Mondgöttin, da er die Hochzeit von Sonne, versinnbildlicht durch den emesenischen Sonnengott, und Mond – wie er sich geäußert haben soll – für angemessen hielt.464 Die Ankunft der Göttin in Rom und die anschließende Götterhochzeit zelebrierte Elagabal als großes öffentliches Fest, das wahrscheinlich mit einem wichtigen Feiertag des Gottes Elagabal zusammenfiel.465 Vermutlich ist die Heirat des Kaisers mit Aquilia Severa im Zusammenhang mit dieser Götterhochzeit zu sehen. Die Vermählung der obersten Gottheiten sollte ihre Entsprechung in der Ehe des Kaisers mit der vornehmsten Priesterin Roms finden. Logisch wäre es, wenn Elagabal sowohl nach dem Vorbild der römischen Göttertrias wie auch der drei in Emesa verehrten Gottheiten, ein der Göttin Allath entsprechendes Kultbild im Tempel seines obersten Gottes aufgestellt hätte. Die Berichte darüber sind etwas verworren, aber man kann vermuten, dass der Kaiser genau dies beabsichtigte. Wie Herodian irrtümlicherweise berichtet, habe Elagabal seinen Gott zuerst mit der Göttin Athene verheiraten wollen, indem er das Palladium in dessen Tempel aufstellen ließ.466 Das Palladium war ein den Römer äußerst heiliges Kultbild der Athene, das der
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mythische Annherr des römischen Volkes, der Trojaner Aeneas, bei seiner sagenhaften Flucht aus dem brennenden Troja nach Italien gebracht haben soll. Es wurde – allen profanen Blicken streng entzogen – im Tempel der Vesta aufbewahrt. Die Entfernung des Kultbildes hätten die Römer als ein weiteres ungeheures Sakrileg des Kaisers betrachtet. Auch die Historia Augusta berichtet von der Absicht des Kaisers das Palladium in das Elagabalium auf dem Palatin bringen zu lassen, an anderer Stelle heißt es jedoch, er habe ein falsches Palladium dort aufstellen lassen.467 Cassius Dio schweigt sich hierzu aus, und es ist auch unwahrscheinlich, dass der byzantinische Exzerptor Xiphilinos eine entsprechende Textstelle von solcher Wichtigkeit unterschlagen haben sollte. Elagabal konnte also offensichtlich davon abgehalten werden, das Palladium aus dem Vesta-Tempel entfernen zu lassen. Vielmehr scheint er eine vergoldete Kopie des Kultbildes im Heiligtum seines Gottes platziert zu haben. Somit war auch im Elagabalium, analog zum Heiligtum des capitolinischen Jupiter und des Tempels in Emesa, eine Göttertrias präsent, bestehend aus dem nunmehr obersten Gott Elagabal, seiner Gemahlin, der Himmelsgöttin Dea Caelestis, und der Kriegsgöttin Allath-Athene, die vielleicht als Tochter des Götterpaares anzusehen ist,468 was insofern nachvollziehbar wäre, da auch Athene-Minerva als Tochter des Zeus-Jupiter galt. Ein Pfeilerkapitel vom Forum Romanum aus der Zeit des Kaisers zeigt tatsächlich den Baetyl mit dem Adler – in derselben Ikonographie wie auf den Münzdarstellungen – flankiert von zwei Göttinnen. Die links stehende Göttin kann eindeutig als Athene identifiziert werden, während die weibliche Figur auf der rechten Seite stark beschädigt ist, aber wohl die Göttin Dea Caelestis darstellen soll.469 Wie die Historia Augusta behauptet, habe Elagabal die Absicht verfolgt, eine Reihe weiterer den Römern höchst verehrungswürdiger Kultobjekte einschließlich des heiligen Feuers der Vesta in den Tempel seines Gottes bringen zu lassen; angeblich strebte er so eine monotheistische Religion an, dass in Rom kein anderer Gott außer Heliogabalus verehrt werde.470 Wie der Autor weiter berichtet, soll der Kaiser sogar verfügt haben, den jüdischen und den christlichen Kult ebenfalls ins das Elagabalium zu verlegen.471 An anderer Stelle heißt es pauschal, Elagabal habe die römischen Heiligtümer entweiht und die Ausübung der alten traditionellen Kulte unterdrückt.472 In dieser Elagabal vollkommen zu Unrecht unterstellten Absicht, im römischen Reich eine monotheistische Religion einzuführen, verbirgt sich die Kritik an der Religionspolitik zu jener Zeit, als die Historia Augusta verfasst wurde, nämlich gegen Ende des vierten oder Anfang des fünften Jahrhunderts. Kaiser Theodosius I. (379–394) erhob den christlichen Kult zur Staatsreligion und unterdrückte tatsächlich die heidnischen Kulte. In keinem Fall gilt dies jedoch für Elagabal. Allenfalls könnte man von Henotheismus sprechen, also dem
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Glauben an einen höchsten Gott, dem alle anderen Götter untergeordnet sind. Doch ist dies wahrscheinlich ebenso unzutreffend, da der Kaiser seinem Gott die Himmelsgöttin Dea Caelestis und die Kriegsgöttin Allath-Athene zur Seite stellte und außerdem die Ehe mit einer Vestapriesterin für eine angemessene Verbindung hielt. Das Gegenteil belegt auch die Münzprägung, in der – trotz der Dominanz des emesenischen Sonnengottes – nach wie vor die traditionellen römischen Götter erscheinen. Es bestand also nach wie vor eine Pluralität von Göttern, deren oberster Gott nun der Sonnengott Elagabal war. Obwohl der Kaiser also nicht beabsichtigte, dem Reich eine monotheistische Religion zu oktroyieren, und keine gezielte Missionierungspolitik betrieb, kam es dennoch zum Teil auch in den Provinzen zu einer Ausweitung der Verehrung des obersten Gottes von Emesa. Dies erfolgte in aller Regel auf Initiativen der lokalen Oberschicht. Wie im vorherigen Kapitel bereits dargelegt werden konnte, wurde der auf der Quadriga stehende Baetyl des Gottes als beliebtes Motiv vor allem auf den Münzen der Städte Syriens und Kleinasiens abgebildet, was wohl als Reflex der prozessionsartigen Überführung des Kultsteins von Emesa nach Rom zu interpretieren ist. Einige dieser Städte lagen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Weg, den der Kaiser mit seinem Gott genommen haben muss.473 In der Stadt Altava in der römischen Provinz Mauretania Caesariensis in Nordafrika errichteten die Bürger im Jahr 221 einen Tempel für den Gott Elagabal.474 Die Legende einer Münze aus der Stadt Sardes in der römischen Provinz Asia in Kleinasien belegt Elagabalia genannte Wettkämpfe zu Ehren des Gottes.475 In einer Reihe weiterer Städte Kleinasiens wurde die jeweils oberste lokale Gottheit ebenfalls mit dem deus Sol Elagabalus identifiziert.476 Dies könnte mit dem Aufenthalt des Kaisers in Kleinasien in den Jahren 218/219 zusammenhängen. Es wäre möglich, dass der Priesterkaiser mit dem Baetyl auch durch diese Städte gezogen ist. Und schließlich wurde der Kult in den Provinzen außerdem von Beamten und Offizieren verbreitet, die dem Kaiser ihre Loyalität unter Beweis stellen und so vermutlich ihre Karrieremöglichkeiten verbessern wollten.477 Fraglich ist, in wie weit die in den literarischen Quellen ausgiebig geschilderte Promiskuität des jugendlichen Herrschers, die im folgenden Kapitel erörtert werden soll, zumindest teilweise im Kontext mit dem Kult des Sonnengottes von Emesa steht. Es existierten in römischer Zeit sehr wohl einige orientalische Kulte, bei denen Tempelprostitution beiderlei Geschlechts zum Kultritus gehörte, doch waren dies ausnahmslos Kulte von weiblichen Fruchtbarkeitsgöttinnen. Allerdings ließ Elagabal – wie erwähnt – aus Karthago die Himmelsgöttin Dea Caelestis kommen, zu deren Kult tatsächlich rituelle Prostitution gehörte, wodurch vielleicht ein Zusammenhang gegeben wäre. Doch auch wenn dies zutrifft, so muss die Vorstellung, dass der Kaiser auf die
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abstruse Idee verfallen wäre, sich höchst persönlich aus religiösen Gründen aktiv an der aus altrömischer Sicht ohnehin verwerflichen Tempelprostitution zu beteiligen, den Römer außerordentlich skandalös erschienen sein.478 Auf andere orientalische Kultpraktiken könnte möglicherweise die verschiedentlich behauptete Absicht des Kaisers, sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen oder entmannen zu lassen, verweisen.479 Bekannt ist die Selbstkastration der Priester im Kult der kleinasiatischen Göttin Kybele, die im lateinischen Sprachraum als Magna Mater bezeichnet wurde. Und wie wenigstens die Historia Augusta behauptet, habe der Kaiser sich ebenfalls in die Mysterien dieser Göttin einweihen lassen.480 Zum Initiationsritus dieses Kultes gehörte auch das Taurobolium, bei dem der Initiand gewissermaßen mit dem Blut des Opferstiers getauft wurde, was dem Gläubigen zu einer Wiedergeburt verhelfen sollte. Anschließend wurden die Hoden des Stiers als Opfer am Altar der Göttin dargebracht.481 Verwandt mit dem Kult der Kybele ist die Göttin Atargatis (Dea Syria), deren zentrales Heiligtum in der syrischen Stadt Hierapolis lag, wo übrigens heilige Tiere gehalten wurden, was an die von Cassius Dio genannten Tiere im Elagabal-Tempel in Rom erinnert. Auch die Priester der Atargatis entmannten sich, was wohl wie die Tempelprostitution als Fruchtbarkeitsritual zu deuten ist. Zum Kastrationsritus der Atargatis in Hierapolis gehörte es auch, dass die abgeschnittenen Genitalien in ein Haus geworfen wurden, aus dem der angehende Priester sodann Frauenkleider erhielt, was wiederum an den Bericht Cassius Dios bezüglich der angeblichen Menschenopfer gemahnt. Sollte nun der junge Priesterkaiser neben dem Sonnengott von Emesa ebenfalls die Göttin Atargatis verehrt und deshalb in fanatischem Eifer vielleicht wirklich mit dem Gedanken einer Kastration gespielt haben?482 Hier ist zu betonen, dass diese genannten Praktiken keine direkte Verbindung zum Kult des emesenischen Sonnengottes haben. Außerdem bewegt man sich hier im Bereich religiöser Vorstellungen, die den Römern absolut fremd waren. Der Gedanke, der römische Kaiser würde sich einer rituellen Selbstkastration unterziehen, musste vollkommen monströs erscheinen. Und es ist zweifelhaft, ob der Teenagerkaiser wirklich so verblendet war, solche Gedanken zu hegen. Offenbar legte er Wert darauf, seine Zeugungskraft zu erhalten, da – seinen eigenen Worten nach – aus der Ehe mit der Vestalin Aquilia Severa göttliche Kinder hervorgehen sollten. Wie überdies bereits betont wurde, wuchs Elagabal in römischem Umfeld auf. Zur Verehrung des Sonnengottes von Emesa führte ihn die Familientradition und die Überzeugung, in dieser Gottheit seinen Schlachtenhelfer und seine Schutzgottheit erkannt zu haben. Wahrscheinlich ist den historiographischen Berichten über eine angeblich beabsichtigte Entmannung nur zu entnehmen, dass entsprechende Gerüchte in Umlauf waren und man alle möglichen orientalischen Kult-
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rituale – zumindest das, was vom Hörensagen bekannt war – mit der Person des Kaisers und seines Gottes verband. Vermutlich standen hierfür neben den kultischen Zeremonien des emesenischen Sonnengottes das bevorzugt androgyne Erscheinungsbild und die transsexuellen Neigungen des Kaisers Pate. Womöglich könnten entsprechende Gerüchte auch darauf zurückzuführen sein, dass in dem Kult des Sonnengottes von Emesa die abgetrennten Geschlechtsteile der Opferstiere ebenfalls eine besondere Rolle spielten. Nicht überzeugend ist jedoch die Vorstellung, der junge Kaiser hätte während seiner beiden Aufenthalte in Syrien zwischen 214 und 218 beinahe sämtliche Götter des syrischen und kleinasiatischen Pantheons kennengelernt und diese in Bezug zur Göttertrias von Emesa gesetzt, zumal er zum Oberpriester des deus Sol Elagabalus überhaupt erst nach dem Tod Caracallas geweiht wurde. Es war nichts Ungewöhnliches, wenn ein aus den Provinzen stammender Herrscher seine lokalen Gottheiten mit nach Rom brachte. Septimius Severus errichtete den romanisierten punischen Göttern seiner Heimatstadt Leptis Magna in der Hauptstadt des Imperiums ebenfalls Heiligtümer. Auch hier wurden diese Gottheiten in ihrer lokalen Erscheinungsform verehrt. Dazu gehörte der Gott Milk’ashtart, der im phönizischen Tyrus im Libanon Melqart genannt und mit dem römisch-griechischen Hercules gleichgesetzt wurde, sowie die Gottheit Shadrapa, die man mit dem römischen Fruchtbarkeitsgott Liber Pater identifizierte.483 Septimius Severus betrachtete diese heimischen Götter jedoch nur als seine persönlichen Schutzgottheiten und strebte keineswegs eine reichsweite Verehrung an. Ganz anders gelagert ist dies bei dem jugendlichen Priesterkaiser Elagabal. Der Kaiser identifizierte sich ganz mit seinem Oberpriesteramt, das seiner Überzeugung nach vor dem Amt eines römischen Kaisers rangierte. Er glaubte – wie die Münzen belegen, die Sol als Schlachtenhelfer (propugnator) ausweisen – den Sieg über Macrinus und somit sein Kaisertum dem Sonnengott von Emesa zu verdanken, in dessen Heiligtum er nach der Ermordung Caracallas Asyl suchte, und dessen Oberpriester er anschließend wurde. Daraus scheint er den göttlichen Auftrag abgeleitet zu haben, diese Gottheit anstelle Jupiters zum obersten Gott im Reich zu erheben. Diese Intention setzte er gegen alle Widerstände, die er vielleicht zunächst gar nicht wahrnahm, mit Energie und Vehemenz um. Vielleicht sah er auch den römischen Jupiter als eine Erscheinungsform des deus Sol Elagabalus. Dies wäre einleuchtend, da er den bereits vorhandenen Tempel des siegreichen Jupiter (Iuppiter Victor) in Rom dem emesenischen Sonnengott weihte. Den Kult des Gottes zelebrierte der kaiserliche Priesterknabe, der dem orientalischen Priesterornat gegenüber den römischen Gewändern weiterhin den Vorzug gab, in der Hauptstadt auf dieselbe orgiastische Weise wie zuvor im syrischen Emesa. Nachdem er sich im Jahr 220 vom Senat eigens nochmals
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zum höchsten Priester des Sonnengottes von Emesa mit dem Titel sacerdos amplissimus dei Solis Invicti Elagabali ernennen lassen hatte, erhob er diesen Gott zur obersten Gottheit des Reiches. In Form einer Götterhochzeit zog nun – wie schon im emesenischen Heiligtum oder auch im Tempel des capitolinischen Jupiter – in das Elagabalium auf dem Palatin eine Göttertrias bestehend aus dem deus Sol Elagabalus, seiner Gemahlin, der Dea Caelestis, und – wahrscheinlich deren gemeinsame Tochter symbolisierend – der Kriegsgöttin Allath-Athene ein. Die himmlische Hierogamie sollte ihre irdische Entsprechung in der Vermählung des Kaisers mit der Vestapriesterin Aquilia Severa finden. Die römische Öffentlichkeit mochte die ekstatischen Kultzeremonien und das höchst ungewohnte Auftreten des Teenagerkaisers hingenommen haben, auch dass er seine Hauptaufgabe vorrangig in der Ausübung dieser Kulthandlungen und nicht in der Herrschaft über das römische Imperium sah. Jedoch die Verdrängung des traditionellen Jupiter aus seiner Position als oberster Gott im römischen Götterhimmel wurde als Religionsfrevel aufgefasst. Seine Ehe mit einer vestalischen Jungfrau schließlich galt den Zeitgenossen als Sakrileg und fluchwürdiges Verbrechen. Mit beidem brachte der Priesterknabe den Senat, der wahrscheinlich von Anfang an Vorbehalte gegen den jugendlichen Herrscher und angeblichen Sohn Caracallas hatte, sowie die stadtrömische plebs urbana als für das Kaisertum wichtige Akzeptanzgruppen vollends gegen sich auf. Der Bestand seiner Herrschaft hing jetzt allein vom Verhalten und dem Wohlwollen der in der Hauptstadt stationierten Truppen ab.
3. Das Privatleben des Kaisers Grundsätzlich ist es von vornherein problematisch, bei einem römischen Kaiser überhaupt von einem Privatleben zu sprechen. Zwar existierte im antiken Rom sehr wohl eine Abgrenzung zwischen res publica und res privata. Zur res publica, der öffentlichen Angelegenheit, gehörte alles was das gesellschaftliche Leben und den Staat betraf. Jedoch war der römische Kaiser per Definition seines Amtes und durch die allgegenwärtige kaiserliche Selbstdarstellung eine öffentliche Person.484 In Vorwegnahme des dem absolutistischen König Ludwig XIV. fälschlicherweise zugeschriebenen Leitsatzes, l’État, c’est moi („der Staat bin ich“), schrieb schon zur Zeit des Augustus der Dichter Ovid: Der Kaiser ist der Staat.485 Von einer res privata konnte bei einem römischen Kaiser deshalb allenfalls nur für die Zeit vor seiner Erhebung zum Herrscher die Rede sein. Doch beschreibt der Begriff „Privatleben“ am besten, was sich hinter den Mauern des kaiserlichen Palastes, den Blicken der Öffentlichkeit weitgehend entzogen, zutrug. Gerade zum sogenannten Privatleben Elagabals
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sprudeln die literarischen Quellen geradezu. Wie im Kapitel zur Quellenlage schon hinreichend erörtert wurde, sind genau diese Angaben besonders problematisch, da die Historiographie hiervon nur vermittels von Gerüchten und bestenfalls noch durch die Aussagen kaiserlicher Bediensteter Kenntnis haben kann. Was hierbei über Elagabal berichtet wird, musste aus der moralischen Sicht der Zeitgenossen als höchst skandalös erscheinen. Nicht zuletzt waren es wohl die ekstatischen öffentlichen Kultpraktiken, mit denen der Kaiser seinem Gott diente, durch die sich die römische Öffentlichkeit veranlasst sah, hinter den Mauern des Palastes noch weit Schlimmeres zu vermuten. Es sei daran erinnert, dass zum Kult des emesenischen Sonnengottes orgiastische Tänze im Reigen weiblicher Tänzerinnen mit ausgelassener Musik sowie die allmorgendlichen Stieropfer gehörten, bei denen offenbar die abgetrennten Genitalien der Opferstiere eine besondere Funktion hatten. Hinzu kam die ungewohnt orientalische Aufmachung des Priesterknaben selbst, der zudem höchstwahrscheinlich als Priesterkrone einen Kranz mit einem stilisierten Stierpenis auf dem Haupt trug. Dem Kaiser, der zudem eine vestalische Jungfrau schändete, wurde deshalb offenkundig alles zugetraut. Noch äußerst harmlos sind die Berichte über die Vorliebe Elagabals, im privaten Umfeld als Wagenlenker aufzutreten, wobei die Formulierung „privates Umfeld“ sogleich zu relativieren ist, da der Teenagerkaiser hierzu unter anderem zahlreiche staatliche Funktionsträger einlud, die als Zuschauer oder – wie auch Julia Maesa und Julia Soaemias – als Kampfrichter fungieren mussten.486 Wie schon erwähnt, ließ er bei dem als Gärten der alten Hoffnung bezeichneten villenartigen Palast am Stadtrand von Rom eine Wagenrennbahn, den circus Varianus, errichten. Da er die Circus-Partei der „Grünen“ bevorzugte, trug er deshalb bei seinen Auftritten als Wagenlenker deren Kleidung. Ähnlich wie bei heutigen Fußballvereinen so wurden im antiken Rom die verschiedenen Rennställe im Circus (partes oder factiones) nach Farben unterschieden, und es gab die Partei der „Grünen“ und „Blauen“ sowie der „Roten“ und „Weißen“. Hinter diesen Rennställen standen jeweils Fanclubs, die unter Umständen zu einer nicht zu unterschätzenden politischen Größe werden konnten, die sich zuweilen tumultartig bemerkbar machte.487 Wie von Herodian und aus der Historia Augusta zu erfahren ist, soll Elagabal freundschaftlichen Umgang mit einigen Wagenlenkern gepflegt haben, was für einen Kaiser als unschicklich galt.488 Angeblich nahm er auch Schauspieler und andere Leute aus dem Umfeld von Circus, Arena und Theater gerne mit in den Palast.489 Der Autor der Historia Augusta behauptet außerdem, dass bei den privaten Wagenrennen des Kaisers sogar betagte Gäste und staatliche Würdenträger genötigt worden seien, die Rolle eines Wagenlenkers zu übernehmen. Gelegentlich habe Elagabal seine Quadriga auch von anderen Tieren wie großen
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Hunden oder Hirschen ziehen lassen. Wenn er in Gestalt des Gottes Dionysos oder der Göttin Magna Mater auftrat, seien hierbei Tiger oder Löwen zum Einsatz gekommen. Bei den privaten Circusspielen des Kaisers sollen zudem von Kamelen und Elefanten gezogene Vierergespanne gezeigt worden sein. Angeblich habe es dem Kaiser daneben gefallen, zuweilen schöne nackte Frauen vor seinen Wagen spannen zu lassen und so im Palast oder seinen Gärten umherzukutschieren.490 Glaubt man den literarischen Quellen, so war das Erscheinungsbild Elagabals betont feminin. Wie Cassius Dio behauptet, habe er sich Augen und Gesicht geschminkt und gelegentlich ein Haarnetz getragen. Statt sich zu rasieren, habe er es vorgezogen, sich Gesichts- und Körperbehaarung auszupfen zu lassen. Nur ein einziges Mal habe er sich mit einem Rasiermesser den Bart abnehmen lassen und soll aus diesem Anlass ein Fest veranstaltet haben. Auch hielt er sich angeblich gern mit spezifisch weiblichen Tätigkeiten wie Wollarbeiten auf.491 Die Historia Augusta berichtet hierzu eine Reihe weiterer – zum Teil zweifellos erfundener – Einzelheiten. So soll er sich wie die Liebesgöttin Venus geschminkt haben. Bei einer szenischen Darbietung vom Urteil des Paris aus der griechischen Mythologie im Palast sei er selbst nackt als Venus aufgetreten. Sodann habe er beabsichtigt, ein juwelengeschmücktes Diadem zu tragen, da dies seine Schönheit betonen und weiblicher wirken würde. Gebadet habe er stets in Gesellschaft von Frauen, die der Teenagerkaiser zur Entfernung der Intimhaare höchst persönlich mit Enthaarungssalbe behandelt haben soll, um dasselbe anschließend an sich selbst durchzuführen. Wie der Autor hinzufügt, aus demselben Topf und gleichzeitig wie seine weiblichen Begleiterinnen.492 Das feminine Erscheinungsbild Elagabals erwähnt auch der bezüglich intimer Details recht zurückhaltende Herodian. Vor allem bei seinen Auftritten als Wagenlenker und Tänzer, denn offenbar produzierte sich der junge Herrscher nicht nur bei den Opferritualen seines Gottes als solcher, sei Elagabal mit untermalten Augen und rotgeschminkten Wangen in Erscheinung getreten.493 Wie Cassius Dio weiter ausführt, seien sein Betragen und seine Sprechweise stets geziert gewesen, und immer habe der knabenhafte Kaiser getanzt, sogar wenn er ging, eine Ansprache hielt oder auch bei der Entgegennahme von Huldigungen.494 Wenn man von dem bisher Erörterten alles schmückende Beiwerk, sämtliche Übertreibungen sowie böswillige Unterstellungen abzieht, dann kann man feststellen, dass Elagabal es liebte, in seinem Privatcircus selbst den vierspännigen Rennwagen zu lenken, er tanzte gerne auch öffentlich und nicht nur im kultischen Rahmen und er bevorzugte ein eher feminines Erscheinungsbild, was man heutzutage als metrosexuell bezeichnen würde. Dennoch ließ sich der junge Kaiser auf dem Aversporträt seiner Priestermünzen, die ihn in
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der syrischen Priestertracht beim Opfer zeigen, ab dem Jahr 221 teilweise mit bis zum Kiefer reichendem Backenbart und Schnurbart oder auch mit Vollbart abbilden.495 Auch aus diesem Grund ist deshalb die Behauptung unrichtig, er habe beabsichtigt, sich ganz in eine Frau umwandeln zu lassen und tatsächlich mit dem Gedanken einer Selbstkastration oder gar einer richtigen Geschlechtsumwandlung gespielt,496 was für seine Zeit ohnehin eine medizinische Unmöglichkeit gewesen wäre. Es wurde im vorherigen Kapitel schon dargelegt, dass die entsprechenden Angaben bei Cassius Dio wahrscheinlich auf einer Kombination aus dem femininen Auftreten des Priesterknaben, den aus römischer Sicht anstößigen Ritualen im Kult seines Gottes und dem Wissen um die priesterliche Selbstkastration in anderen orientalischen Kulten wie dem der kleinasiatischen Kybele oder der syrischen Atargatis beruhen. Ebenso könnten die abgetrennten Geschlechtsteile der Opferstiere, die wohl als Fruchtbarkeitssymbol dem emesenischen Sonnengott dargebracht wurden, das Gerücht von der beabsichtigten Selbstentmannung Elagabals ausgelöst haben. Darüber hinaus gab es für den Kaiser als dem obersten Priester des deus Sol Elagabalus auch keinerlei kultische Gründe, an sich eine Kastration vornehmen zu lassen. Den Bericht über die Eheschließungen des Priesterkaisers schließt Cassius Dio mit folgenden Worten: . . . er trat gleichermaßen als Mann wie als Frau auf und benahm sich in beiderlei Hinsicht höchst unzüchtig.497 Später liefert der Historiker dazu weitere Informationen. So habe Elagabal neben seinen Ehen zahlreiche außereheliche Beziehungen zu Frauen gepflegt, allerdings nur aus einem bestimmten Grund: Nämlich um weibliches Sexualverhalten bei seinen männlichen Liebhabern besser nachahmen zu können. Denn wie der Senator weiter ausführt, seinen Körper gebrauchte er, um damit viele unerhörte Dinge zu vollführen oder mit sich geschehen zu lassen, Dinge, die niemand weder zu sagen noch anzuhören vermöchte.498 Gleichwohl bemüht sich der Autor anschließend, das Unaussprechliche in Worte zu fassen. Nachts sei Elagabal mit einer Perücke angetan in den Schenken und Bordellen aufgetaucht, um dort seine erwerbsmäßigen Konkurrentinnen zu verjagen und selbst dem Gewerbe einer Prostituierten nachzugehen. Später habe man hierfür im Palast eigens einen speziellen Raum eingerichtet. Hier sei der Kaiser dann nackt vor der mit Vorhängen verhängten Tür gestanden und habe die Vorrübergehenden mit sanfter und schmelzender Stimme angelockt. Eifrige Diener sollen sich bemüht haben, dem Herrscher über das römische Weltreich entsprechende „Kunden“ zuzuführen, von denen er sich für seine „Dienste“ angeblich bezahlen ließ. Auch habe der Kaiser mit der Zahl seiner Liebhaber und der Höhe der aus seiner Prostitution erzielten Einnahmen geprahlt.499 Diese Behauptungen gaben Anlass zu der gewagten Vermutung, der Kaiser habe sich in Zusammenhang mit dem Kult der karthagischen Dea Caelestis, deren
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Kultbild er als Gattin für den emesenischen Sonnengott nach Rom kommen ließ, primär aus religiösen Gründen selbst der Tempelprostitution hingegeben.500 Wenn diese Angaben bei Cassius Dio überhaupt glaubwürdig sein sollten und wirklich eine Verbindung mit ritueller Prostitution besteht, so liegt der Verdacht nahe, dass sich der Kaiser eher an Versatzstücken orientalischer Kulte bediente, um unter dem Mantel der Religion seine Neigungen ausleben zu können. Wie jedoch wahrscheinlicher sein wird, wurde dem Priesterkaiser solches Verhalten fälschlicherweise unterstellt. Somit dürfte der Vorwurf der Prostitution wohl dem Wissen um die tatsächliche Tempelprostitution in verschiedenen orientalischen Kulten entsprungen sein. In Relation mit dem androgynen Erscheinungsbild des Kaisers sowie seinen weiteren persönlichen Vorlieben wurden derartige Gerüchte allenthalben geglaubt. Zutreffend hingegen sind offenbar die Aussagen über die homosexuellen Neigungen des Teenagerkaisers, der sich bereits in Nikomedia wollustentbrannten Männern hingegeben haben soll.501 Das muss in Anbetracht des zweifelhaften Charakters der Historia Augusta, die Letzteres vermeldet, nicht unbedingt stimmen, allerdings hatte Elagabal einen Favoriten namens Hierocles. Wie wir von Cassius Dio erfahren, war der Lieblingsgefährte des Priesterkaisers ein ehemaliger Sklave aus Kleinasien und von Beruf Wagenlenker. Anscheinend gewann er die Aufmerksamkeit seines kaiserlichen Gespielen, als er im Circus gegenüber der Loge des Herrschers vom Wagen stürzte und dabei seinen Helm verlor. Der junge Kaiser war wohl von den hellblonden Haaren und dem bartlosen Gesicht des Wagenlenkers beeindruckt und ließ ihn zur Pflege etwaiger durch den Sturz erlittener Verletzungen in den Palast bringen. Dort war der Kaiser noch mehr beeindruckt von den – wie Cassius Dio es ausdrückt – nächtlichen Leistungen des Hierocles.502 Der Imperator, der sich privat angeblich mit Weib, Herrin und Königin anreden ließ, vermählte sich offenbar wenigstens palastintern mit seinem Favoriten.503 Als „Gattin“ soll der Kaiser auch gerne „Ehebruch“ mit anderen Günstlingen begangen haben, damit er auch in dieser Hinsicht die liederlichsten Weiber nachahme. Dies habe er so angestellt, dass er dabei in flagranti ertappt und von seinem eifersüchtigen „Gatten“ kräftig ausgescholten und verprügelt worden sei. Anschließend habe sich die „untreue Gemahlin“ gelegentlich sogar mit einem blauen Auge als Trophäe präsentiert.504 Die Gefühle des Kaisers für Hierocles scheinen echt gewesen zu sein: Seinem „Gatten“ brachte er eine nicht bloß oberflächliche Neigung, sondern eine leidenschaftliche und unauslöschliche Liebe entgegen, so dass er eine derart harte Behandlung nicht nur ruhig hinnahm, im Gegenteil gerade deshalb seinen „Gatten“ um so heißer liebte und ihn tatsächlich zum Caesar machen wollte.505 Und nur mit Mühe habe Julia Maesa ihren Enkel von
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dem Vorhaben, seinen Favoriten zum Thronfolger zu erheben, abbringen können. Ein ernsthafter Rivale erwuchs dem Hierocles dennoch in der Gestalt des Athleten Aurelius Zoticus. Wie Cassius Dio schreibt, war er der Sohn eines Kochs aus dem kleinasiatischen Smyrna (İzmir). Als berufsmäßiger Sportler habe Zoticus über einen wohlgeformten Körper verfügt, sein herausragendstes Merkmal sei allerdings die imposante Größe seiner Genitalien gewesen.506 Leute, die für dergleichen einen Blick hatten, hätten Elagabal davon sogleich in Kenntnis gesetzt. Daraufhin habe er Zoticus direkt von den Sportwettkämpfen weg mit vielköpfigem Gefolge in den eigens für die Ankunft des Athleten festlich geschmückten Palast bringen lassen. Angeblich begrüßte der jugendliche Imperator den Athleten mit den Worten: Sage nicht Herr zu mir, bin ich doch eine Herrin.507 Hierauf sei er sogleich mit Zoticus ins Bad entschwunden. Zoticus wurde zum Kämmerer ernannt (cubicularius) und erhielt weitere Auszeichnungen. Wenn man der Historia Augusta glauben darf, verfügte er über großen Einfluss beim Kaiser, den er dazu nutzte, um beträchtlichen Reichtum anzuhäufen.508 Hierocles scheint schließlich – vermutlich nicht ganz zu Unrecht – befürchtet zu haben, durch seinen Rivalen in kaiserliche Ungnade zu Fallen. Damit ging nicht nur der Verlust von Einfluss und materiellen Vorteilen einher, vielmehr war dies mit akuter Lebensgefahr verbunden, bestand doch die Möglichkeit, dass sich der Kaiser seines vielleicht nunmehr lästig gewordenen Liebhabers und „Gatten“ mit Gewalt entledigen könnte. Hierocles begegnete angeblich dieser Gefahr, indem er einige befreundete Mundschenke aus der kaiserlichen Dienerschaft überredet haben soll, Zoticus heimlich potenzschwächende Mittel zu verabreichen. Daraufhin habe tatsächlich die Manneskraft des Zoticus bei seiner nächtlichen Zusammenkunft mit Elagabal versagt, woraufhin der Teenager so verärgert gewesen sein soll, dass er den Athleten aus seinem Umkreis, später aus ganz Italien verbannt habe.509 Wie zumindest richtig sein wird, kam es zu einem Zerwürfnis zwischen dem Kaiser und seinem neuen Liebhaber, was für Zoticus die glückliche Folge hatte, den Sturz Elagabals zu überleben, während Hierocles zusammen mit dem Kaiser erschlagen wurde. Wahrscheinlich wurde Zoticus unter Severus Alexander wieder in kaiserlichen Dienst genommen. Eine Inschrift aus dem Jahr 224 nennt einen Freigelassenen mit diesem Namen, der die Stellung eines nomenclator a censibus innehatte – also eines Mitarbeiters in der kaiserlichen Behörde zur Aufsicht über den Ritterstand.510 Es wäre durchaus möglich, dass es sich hierbei um den ehemaligen Geliebten Elagabals handelt. Zu den intimen Neigungen des Kaisers steuert der Autor der Historia Augusta ebenfalls zahlreiche weitere Details bei, deren Wahrheitsgehalt er jedoch mit den Worten relativiert: Doch sind diese und einige andere
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Nachrichten, die keinen Glauben verdienen, meines Erachtens von Leuten ersonnen, die dem Alexander zuliebe den Heliogabal verunglimpfen wollten.511 Vermutlich hat der Autor jedoch hauptsächlich die Angaben von Cassius Dio weiter ausgeschmückt. So habe Elagabal Kundschafter ausgeschickt mit dem Auftrag, für ihren Herrn gezielt nach Männern mit großen Geschlechtswerkzeugen Ausschau zu halten und ihm dann zuzuführen.512 Zu demselben Zweck soll er unter anderem im kaiserlichen Palast ein öffentliches Bad eingerichtet haben, um dort mit gut bestückten Geschlechtspartnern anbandeln zu können, auch habe er in ganz Rom und besonders unter den Matrosen nach – wie der Autor der Historia Augusta es formuliert – Eselsschwänzen suchen lassen.513 Hier könnten die genannten Matrosen stutzig machen, denn bekanntlich war und ist Rom keine Hafenstadt. Doch trotz allen Vorbehalts gegenüber diesen höchst unglaubwürdigen und zweifelhaften Behauptungen ist hier einzuräumen, dass zwar der Seeverkehr in der Antike über den Hafen von Ostia abgewickelt wurde, doch die Getreidelieferungen in die Hauptstadt wurden von dort aus per Schiff nach Rom weiterbefördert, um beim Emporium, einem großen Lagerareal am Tiber, wo sich auch die Kornspeicher befanden, gelöscht zu werden. Auch hielten sich in Rom Soldaten der römischen Flotte von Misenum am Golf von Neapel auf, deren Aufgabe es war, bei den Veranstaltungen im Colosseum das riesige Sonnensegel über den Zuschauertribünen auszurollen. Mithin gab es in der Stadt Rom tatsächlich zahlreiche Matrosen, was allerdings den Quellenwert dieser pikanten Angaben nicht wirklich verbessert. Der Autor der Historia Augusta fährt sodann fort, bei seinen Gastmählern habe Elagabal bevorzugt stadtbekannte Lustknaben in seiner unmittelbaren Nähe platziert und sich ihrer als Mundschenke bedient.514 Im Palast soll er neben den schon erwähnten Bädern für seine Freunde, Freigelassene und sogar für seine Sklaven Bordelle eingerichtet haben.515 Angeblich gab der Kaiser die Anweisung, dass auf den Theaterbühnen Szenen, in denen Ehebruch angedeutet werden sollte, realistisch, das heißt in diesem Falle pornographisch, darzustellen seien.516 Außerdem habe er regelrechte Zunftversammlungen sämtlicher Prostituierten sowie auch aller Zuhälter und Lustknaben Roms veranstaltet. Bei den Damen des horizontalen Gewerbes soll er in Dirnenkleidung und bei den Herren desselben Gewerbes als Lustknabe erschienen sein. Vor den weiblichen Prostituierten habe er eine Rede über die verschiedenen Stellungen beim Geschlechtsakt gehalten, und den männlichen soll er, als wären sie Soldaten, ein Donativ von drei Goldstücken versprochen haben.517 Fast schon karitativ mutet es an, wenn der Autor behauptet, der Kaiser habe mehrfach – wahrscheinlich zur Prostitution gezwungene – Sklavinnen von ihren Zuhältern freigekauft oder sämtlichen Dirnen der Stadt jeweils persönlich ein Geldgeschenk überbracht.518 Vielleicht in Anlehnung an Cassius Dio wird auch in der Histo-
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ria Augusta die Liebe des Teenagerkaisers zu seinem „Gatten“ Hierocles erwähnt. Wie der Autor außerdem ergänzend hinzufügt, habe der Kaiser beim Oralverkehr mit seinem Favoriten erklärt, er begehe seine „Floralien“,519 womit eigentlich ein unschuldiges Frühlingsfest zu Ehren der Vegetationsgöttin Flora gemeint ist, das die Römer alljährlich im Mai zu feiern pflegten. Wie eingangs schon erklärt wurde, gehörte die Unterstellung sexueller Ausschweifungen zur typischen Charakterisierung des „schlechten“ Kaisers und Tyrannen, weshalb zahlreiche Angaben zum Intimleben des Priesterkaisers wohl frei erfunden sind. Der als weitgehend zuverlässiger Autor geltende Cassius Dio wird bereitwillig jedes halbwegs glaubhafte Gerücht aufgegriffen haben, wenn es ihm dazu diente, den verhassten Elagabal als ausschweifenden Lüstling darzustellen.520 Herodian streift dieses Thema nur mit der allgemeinen Formulierung, der Kaiser habe sich in ein orgiastisches Leben gestürzt; und den Soldaten soll seine Lebensführung missfallen haben.521 Wenn solche Unterstellungen in den literarischen Quellen jedoch so massiv auftreten, dann muss sich hinter diesen Berichten über die reine Topik hinausgehend doch ein wahrer Kern verbergen. Einige Handlungen mögen vielleicht wirklich auf die religiösen Vorstellungen des Kaisers sowie auf einige Rituale in orientalischen Kulten zurückzuführen sein.522 Doch wenn dies zutrifft, so war es aus römischer Perspektive einerlei, ob sich der Kaiser nun seinen Ausschweifungen aus religiöser Überzeugung oder persönlicher Neigung hingab. Und die Vorstellung fällt schwer, dass der Teenagerkaiser dies alles nur aus fanatischer Gläubigkeit und seiner Priesterpflicht gehorchend auf sich genommen hätte. Wie ebenfalls möglich wäre, könnten diese Kulte auf den in Rom und am Kaiserhof aufgewachsenen Priesterknaben auch deshalb eine so starke Anziehungskraft ausgeübt haben, weil sie seinen Neigungen und Vorlieben entgegenkamen. Mag dies reine Spekulation sein, so wird man nach dem bisher erörterten zu Recht behaupten können, dass Elagabal transsexuelle Neigungen hatte, die er teilweise recht ungeniert auslebte, und zumindest bisexuell orientiert war. Der Kaiser war nachweislich dreimal verheiratet. Jedoch war die Ehe mit Julia Cornelia Paula von Julia Maesa für ihren Enkel bereits im voraus arrangiert und hatte gewiss politische Gründe. Bei der Heirat mit der vestalischen Jungfrau Aquilia Severa bekundete der Kaiser sogar die Absicht, mit seiner Priestergattin göttliche Kinder zeugen zu wollen,523 doch folgte der Oberpriester des Sonnengottes von Emesa hierbei vor allem einer religiösen Motivation. Hinter der Vermählung mit Annia Aurelia Faustina stand ebenfalls Julia Maesa, da die Ehe mit der Urenkelin des Philosophenkaisers Marcus Aurelius als eine an den Senat adressierte Versöhnungsgeste intendiert war. Sämtliche Ehen Elagabals waren also entweder politisch oder religiös motiviert. Wohingegen die Beziehung des offenkundig frühreifen Kaisers zu
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Hierocles und Zoticus wohl eher seinem Naturell entsprach. Beides waren sicherlich reale und keine fiktive Personen, zumal es für Cassius Dio ohnehin sehr ungewöhnlich wäre, in sein Geschichtswerk erfundene Protagonisten einzubauen. Die Existenz des Zoticus kann – wie wir gesehen haben – womöglich sogar durch eine Inschrift belegt werden. Abgesehen von den intimen Details, von denen der Historiker allerhöchstens von den vermutlich entstellten Erzählungen von Palastbediensten gewusst haben kann und die vor allem der Verunglimpfung des verabscheuten Priesterkaisers dienen, gibt es keinen Grund, an dem Verhältnis des jungen Kaisers zu Hierocles und Zoticus zu zweifeln. Eine Bestätigung findet dies in der Parallelüberlieferung des Marius Maximus, des Geschichtsschreibers und bewährten Heerführers des Septimius Severus. Es wurde verschiedentlich schon darauf hingewiesen, dass der Bericht vom Ende Elagabals in der vita Heliogabali Antonini auf dem verlorenen Geschichtswerk dieses Autors basiert. Demnach verlangten die Prätorianer neben der Forderung, der Kaiser solle zukünftig ein anständiges Leben führen, die Entfernung des Hierocles aus der Umgebung Elagabals.524 Die Verbannung des Wagenlenkers konnte der Kaiser jedoch verhindern, denn er forderte mit ungestümen Bitten den schamlosen Hierocles zurück.525 An der Existenz von Hierocles und Zoticus und der Art ihres Verhältnisses zu dem jugendlichen Herrscher kann deshalb kein Zweifel bestehen, weshalb eher von einer homosexuellen Orientierung des jungen Priesterkaisers auszugehen sein wird. Mag das aus der aufgeklärten Sichtweise im heutigen Mitteleuropa nichts Besonderes sein, so sei darauf hingewiesen, dass global betrachtet Homosexualität auch in unserer Zeit höchst unterschiedlich beurteilt wird. Zumal dies selbst in unserer westlichen Welt immer noch differenziert gesehen wird. Beispielsweise vermag man sich nur schwer, einen schwulen Thronfolger in einem der konservativen westlichen Königshäuser vorzustellen. Anders als im antiken Griechenland, wo die paiderastia (Knabenliebe) als akzeptierte gesellschaftliche Institution galt, waren nach altrömischen Vorstellungen Homosexualität oder bisexuelles Verhalten verpönt. Jedoch war diese Beurteilung einem zeitlichen Wandel unterworfen, woraus sich immer wieder Veränderungen in der moralischen Bewertung ergaben. Unter hellenistischem Einfluss erfuhren ab dem dritten vorchristlichen Jahrhundert homosexuelle Beziehungen auch in Rom eine gewisse Duldung. Besonders in der späten Republik und der frühen Kaiserzeit waren gleichgeschlechtliche Sexualkontakte unter Männern nicht ungewöhnlich. Kaiser Augustus erließ zwar zum Schutz der Ehe zahlreiche Gesetze gegen Ehebruch und Unzucht. Ein Exempel statuierte er in seiner eigenen Familie und ließ seine Tochter Julia wegen Ehebruchs auf die kleine Insel Pandateria im Tyrrhenischen Meer verbannen. Ein Opfer der neuen Sittengesetze war ebenfalls der Dichter Ovid, der in das
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abgelegene Tomis am Schwarzen Meer verwiesen wurde. Auch die Strafen für Homosexualität wurden unter Augustus verschärft. Doch insgesamt kümmerten sich die Zeitgenossen wenig um die Sittengesetze des ersten römischen Kaisers. Selbst seinem Adoptivvater, dem Diktator Julius Caesar, wurde in jungen Jahren eine homoerotische Liaison mit dem bithynischen König Nikomedes IV. Philopator nachgesagt. Sueton schreibt dazu: Er hielt sich dabei über Gebühr lange beim König Nikomedes auf, wodurch er in den Verdacht kam, dem König seine Unschuld geopfert zu haben.526 Seine politischen Gegner in Rom ließen es sich später nicht entgehen, dies gegen ihn zu verwenden.527 In spätrepublikanischer Zeit war es noch üblich, dass die Soldaten beim Triumphzug Spottlieder auf den Triumphator sangen. So scherzten die Legionäre beim Triumph Julius Caesars im Jahr 46 v. Chr. über die amourösen Abenteuer und die Kahlköpfigkeit des Diktators: Römer, hütet eure Frauen, den Buhlen Kahlkopf bringen wir. Dein Geld verhurtest du in Gallien, neues pumpest du dir hier.528 Und über seine Beziehung zu Nikomedes IV. von Bithynien dichteten sie: Caesar unterwarf sich Gallien, Caesar Nikomedes. Seht, jetzt darf Caesar triumphieren, weil er Gallien bezwang, aber Nikomedes darf nicht, der doch Caesar selbst bezwang.529 Ein anderes bekanntes Beispiel ist der berüchtigte Skandalkaiser Kaiser Nero, der angeblich beabsichtigt haben soll, seinen jugendlichen Geliebten Sporus zu heiraten,530 auch habe er geplant, Sporus in eine Frau umwandeln zu lassen.531 Eine weitere Hochzeit wird dem Kaiser mit dem Freigelassenen Doryphorus nachgesagt, wobei Nero in diesem Fall die „Gattin“ abgegeben habe.532 Könnte man hier noch vermuten, dass dies Unterstellungen einer missgünstigen Geschichtsschreibung sind, so beweist eine Wandkritzelei aus Pompeji das Gegenteil. Dort hat sich ein Lustknabe verewigt, der sich rühmt, viermal mit dem Kaiser intim verkehrt zu haben.533 Aus der Zeit Neros stammt auch das Romanfragment Satyricon des Titus Petronius Arbiter, eines Höflings des Kaisers, das 1969 von Frederico Fellini verfilmt wurde und von dem sich vor allem das berühmte Gastmahl des Trimalchio (cena Trimalchionis) einer gewissen Bekanntheit erfreut. Dort ziehen der durch einen Fluch des Priapus mit Impotenz gestrafte Encolpius und sein Kumpan Askyltos durch die Städte Unteritaliens und erleben hierbei die verschiedensten Abenteuer. Neben häufigen Querelen um den gemeinsamen Gespielen, den Knaben Giton, sind beide immer wieder mit wechselnden Sexualpartnern beiderlei Geschlechts konfrontiert, wobei im Falle des Encolpius sein besonderes Leiden hierbei oftmals zu einer „Niederlage“ führt. Entgegen der früheren Annahme, dass in diesem Roman auf satirische Weise die Sitten am Hofe Neros verspottet werden sollten, richtet sich der Hohn wohl eher gegen reiche Privatleute, die versuchten, den Kaiser zu imitieren.534 Der Historia Augusta zufolge soll sich
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Antinoos, der Lieblingsknabe Kaiser Hadrians, als er im Nil ertrank, für seinen geliebten Kaiser geopfert haben.535 Hadrian hatte zweifellos eine tiefe emotionale Beziehung zu dem Knaben und ließ ihm zu Ehren schon unmittelbar nach dessen Tod die Stadt Antinoopolis am Nil errichten.536 Zahlreiche Statuen, die den Jüngling in der idealen Nacktheit der Götter zeigen, und Büsten ließ er für seinen ertrunkenen Favoriten im ganzen Reich aufstellen, weshalb noch einige Exemplare erhalten sind. In einem Stern am Nachthimmel soll er den zu den Göttern aufgestiegenen Antinoos erkannt haben, und wie Cassius Dio hier tadelnd hinzufügt, habe der Kaiser dagegen seine verstorbene Schwester Paulina in keiner Weise besonders geehrt.537 Galt die Zeit der späten Republik und der frühen Kaiserzeit – trotz der von Augustus erlassenen Sittengesetze – als eine Epoche besonderer Freizügigkeit, so breiteten sich im dritten Jahrhundert unter dem Einfluss der jüngeren Stoa, der neuplatonischen Philosophie und auch des Christentums leibfeindliche Tendenzen aus, was dazu führte, dass man in manchen Kreisen Sexualität nur als ein notwendiges Übel zur Fortpflanzung ansah.538 Schon der Philosophenkaiser Marcus Aurelius beschrieb in seinen Selbstbetrachtungen den Geschlechtsakt als das Reiben eines Stücks Eingeweide und die Absonderung eines Schleimtröpfchens unter mäßigen Zuckungen.539 Erotische Abenteuer – auch heterosexueller Natur – wurden mithin als das Ausleben animalischer Triebe gedeutet und waren deshalb eines gebildeten Mannes ohnehin unwürdig. Wenn noch zur Zeit von Julius Caesar die Legionäre Spottlieder auf dessen amourösen Eskapaden und seine homoerotische Liaison mit dem bithynischen König sangen, so wäre dies bei einem römischen Kaiser späterer Zeit undenkbar gewesen. Unter dem Eindruck christlicher Moralvorstellungen verstärkten sich zudem diese leibfeindlichen Tendenzen in der Spätantike. Verschärfte schon Septimius Severus die Sittengesetze, so stand unter Konstantin dem Großen auf Ehebruch nun die Todesstrafe. Und ab dem Jahr 342 wurde männliche Homosexualität mit der Exekution des Delinquenten durch Enthauptung geahndet.540 Der christliche Kaiser Theodosius I. verschärfte im Jahr 390 diese Strafe. Nun wurde Männern, die sich als Weib gebrauchen lassen, das drakonische Strafmaß der öffentlichen Verbrennung angedroht.541 Allerdings wurde diese Strafe offenbar nur höchst selten wirklich vollstreckt.542 Und die Ohnmacht des Herrschers, vermittels der Gesetzgebung und eines drastisch verschärften Strafregisters reglementierend auf die Lebensgewohnheiten seiner Untertanen einzuwirken, demonstriert eindrucksvoll ein Zwischenfalls aus der Regierungszeit des letztgenannten Kaisers. In der griechischen Stadt Thessalonica (Thessaloniki) soll ein überaus beliebter Wagenlenker – denn anscheinend waren gleichgeschlechtliche Beziehungen vor allem im Unterhaltungsgewerbe weit verbreitet – versucht haben, einen hohen römischen Militärbefehlshaber,
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ein Gote namens Butherich, oder zumindest dessen Diener zu verführen. Als der Wagenlenker deshalb wahrscheinlich eben infolge des neuen vom Kaiser erlassenen Gesetzes gegen Homosexualität inhaftiert wurde, kam es in der Stadt zu einem Volksaufstand, bei dem die gotischen Hilfstruppen des Kaisers Todesopfer zu verbuchen hatten, darunter auch den Befehlshaber Butherich. Der verärgerte Theodosius I. gab daraufhin im ersten Impuls den vom Jähzorn diktierten Befehl, die Bevölkerung der Stadt zu Spielen in das Hippodrom (Circus) einzuladen, dort zu umstellen und niederzumetzeln. Kurz darauf widerrief der Kaiser seinen brutalen Befehl, doch da war es bereits zu spät. An die 7.000 Menschen sollen in der Zwischenzeit in Thessalonica den Tod gefunden haben. Der Bischof Ambrosius von Mailand, ein besonders eifriger und einflussreicher Verteidiger des christlichen Glaubens, der beispielsweise ganz vehement und erfolgreich gegen die vom Senat geforderte Wiederaufstellung des aus der römischen Senatskurie entfernten Standbilds der Siegesgöttin Victoria eintrat, forderte vom Kaiser daraufhin eine Kirchenbuße, der sich der reuige Herrscher schließlich – erstmalig in der Geschichte des Abendlandes – unterwarf.543 Trotz einer drastischen Verschärfung der Strafandrohung konnten – wie so mancher christliche Prediger zu beklagen hatte – Homosexuelle auch noch in der Spätantike ihre Neigungen weitgehend unbehelligt ausleben.544 Doch schon zur Zeit des Septimius Severus war die Justiz mit der Strafverfolgung von Sexualvergehen überfordert. Als Cassius Dio sein erstes Konsulat bekleidete, lagen allein in der Stadt Rom 3.000 Anzeigen wegen Ehebruchs vor. Doch waren die völlig überlasteten Gerichtsbehörden personell so schlecht ausgestattet, dass davon überhaupt nur ein kleiner Teil strafrechtlich verfolgt werden konnte.545 Dass hier primär männliche Homosexualität erörtert wird, ist übrigens kein Zufall, denn wesentlich weniger Raum in der antiken Literatur nehmen homoerotische Beziehungen zwischen Frauen ein, obwohl es sie fraglos gegeben hat.546 Während die Knabenliebe oft verherrlicht wurde, äußern sich die römischen Autoren der Kaiserzeit über lesbische Liebe nur geringschätzig oder hämisch. Doch bekanntermaßen können einige Verse in der Dichtung der im Griechenland der archaischen Zeit lebenden Lyrikerin Sappho von Lesbos, in der sie die Schönheit ihrer Freundinnen und Schülerinnen besingt, möglicherweise dahingehend interpretiert werden. Und aus römischer Zeit haben sich im Wüstensand Ägyptens sogar einige griechische Papyri erhalten, die lesbischen Liebeszauber zum Inhalt haben und mit deren Hilfe das Herz einer Frau für jeweils eine andere Frau erobert werden sollte.547 In Sparta existierte möglicherweise ein der paiderastia (Knabenliebe) analoge Einrichtung. Im Rahmen des spartanischen Erziehungssystems (agoge), genossen auch Mädchen – ganz im Gegensatz zum restlichen Griechenland – eine sorgfältige Ausbildung und
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waren auch sonst innerhalb der Grenzen der geschlechterspezifischen Aufgabenteilung in diesem Staat den Männern weitgehend gleichgestellt. Während die Erziehung der Knaben staatlicherseits institutionalisiert war, verblieben die Mädchen zunächst im häuslichen Umfeld (oikos) unter der Aufsicht der Mutter. Doch gehörte zum Erziehungsprogramm der Mädchen außerdem ebenfalls körperliche Ertüchtigung – auch das war in der Antike eine große Ausnahme. Es gab sogar eigene Sportwettkämpfe für Frauen und Mädchen. Und in diesem Umfeld scheinen sich nun vielfach intime Beziehungen von Mädchen zu ihren älteren Erzieherinnen entwickelt zu haben.548 Um nun zu dem jugendlichen Priesterkaiser Elagabal zurückzukehren, so hat der obige Exkurs verdeutlicht, dass in der römischen Gesellschaft der hohen Kaiserzeit üblicherweise allenfalls gleichgeschlechtliche Sexualkontakte zwischen einem älteren Mann und einem sozial niedriger gestellten Jüngling geduldet wurden. Wobei nach dem Rollenverständnis der damaligen Zeit dem älteren Mann beim Geschlechtsverkehr die aktive männliche Rolle zukam. Wie allein schon der Wortlaut des oben erwähnten Gesetzes von Theodosius I. aus dem Jahr 390 zeigt, worin der Tatbestand mit der Formulierung, sich als Weib gebrauchen lassen, definiert wird, war in erster Linie passives homosexuelles Verhalten des freigeborenen und erwachsenen Mannes verpönt. Die Vorstellung sexueller Aktivität und Passivität verhielt sich in der männlich geprägten Sexualmoral der römischen Gesellschaft spiegelbildlich zu den Begrifflichkeiten von Herrschaft und Unterwerfung. Für einen freigeborenen Mann, der freiwillig und aus Neigung eine passive sexuelle Rolle einnahm, war dies gleichbedeutend mit einem Akt der Unterordnung.549 War dies schon für den einfachen Bürger „unmännlich“ und verwerflich, so war ein solches Verhalten auf die Person des Kaisers bezogen mit dem Selbstverständnis des Kaisertums absolut unvereinbar – oder kurz gefasst: Das gehörte sich für einen Kaiser nicht. Allerdings entsprach die Liaison des Philhellenen Hadrian mit dem jungen Antinoos diesem traditionellen Rollenbild, weshalb sie auch stillschweigend toleriert wurde. Im Übrigen hielt sich der „Reisekaiser“ Hadrian in diesen Jahren ohnehin nicht in Rom, sondern vorwiegend im griechischen Osten des Reiches auf,550 wo die paiderastia gesellschaftlich verwurzelt war und nicht nur – wie in Rom – höchstes geduldet wurde. Was nun Elagabal anbelangt, so standen bei seinem oben beschriebenen Dreiecksverhältnis sowohl der bartlose und blondgelockte Wagenlenker Hierocles als auch der wohlgeformte und gutgebaute Athlet Zoticus mitten im Berufsleben und waren in jedem Fall um einiges älter als ihr frühreifer kaiserlicher Gespiele. Nach antikem Selbstverständnis kam somit dem Kaiser, dem Garant für das Wohlergehen des Staates, dem Herrscher über die bekannte Welt und dem Vater des Vaterlandes, als dem Jüngeren die Rolle des „Weibchens“ zu. Wie wir festgestellt haben, schlach-
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teten die Quellen diesen Umstand nach Kräften aus. Verstärkt wurde dieser für die Zeitgenossen skandalöse Eindruck zusätzlich durch das androgyne Erscheinungsbild und „weibische“ Verhalten des Priesterkaisers. Und Elagabal bemühte sich offenkundig bei seinem Verhältnis mit Hierocles und Zoticus nicht um besondere Diskretion. Mit diesem eigenwilligen und völlig den Moralvorstellungen und Konventionen seiner Zeit zuwiderlaufenden Rollenverständnis ihres Kaisers waren besonders die seit Septimius Severus aus den Grenzprovinzen des Reiches stammenden Soldaten der Prätorianergarde und der in Castra Albana stehenden legio II Parthica gelinde formuliert wohl ein wenig überfordert. Die Soldaten riefen den jungen Priester und vermeintlichen Sohn Caracallas zum Kaiser aus, weil sie sich eine Fortsetzung der großzügigen Militärpolitik erhofften. Darin wurden sie auch nicht enttäuscht. Weder beabsichtigte Elagabal, den Sold zu kürzen, noch sparte er an Geldgeschenken.551 Doch wünschten die Truppen, die schon den Zivilisten Macrinus verachteten, außerdem als Kaiser einen gestandenen Feldherrn und Anführer im Stile Caracallas, der vor allem auch den Krieg gegen die Parther, von dem die Soldaten sich wahrscheinlich reiche Beute erhofften, wieder aufnehmen würde. Anstelle dessen entpuppte sich der Knabe Elagabal als feminin wirkender und schwuler Priesterkaiser, der keine Feldzüge führte, sondern fast ausschließlich damit beschäftigt war, seinem Gott zu opfern und dabei im Reigen der syrischen Tempeldienerinnen zu tanzen. Durch Letzteres mag er vor seiner Kaiserproklamation als Priester in Emesa die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt haben, doch aus der Sicht der einfachen Soldaten war dies für die Person des Herrschers ebenso verächtlich. War für den Kaiser schon seit seiner Machtübernahme die Akzeptanz seitens der römischen Oberschicht problematisch, so verlor er die Billigung der stadtrömischen Bevölkerung durch seine religiösen Reformen, die als Religionsfrevel aufgefasst wurden. Nun war er schließlich auf dem besten Weg, auch den Rückhalt bei den Truppen als der für das Kaisertum wichtigsten Gruppierung zu verlieren.
4. Tyrannei, Günstlinge und Luxus Neben dem Vorwurf sexueller Zügellosigkeit gehörten zur typischen Tyrannentopik in der Antike ebenso Grausamkeit, Günstlingswirtschaft und Verschwendungssucht. All dies werfen die literarischen Quellen Elagabal gleichermaßen vor. Herodian fasst die Anschuldigung der Mordgier mit den allgemeinen Worten zusammen: Obwohl er nun stets zu tanzen und zu opfern schien, ermordete er viele der Angesehenen und Reichen, die bei ihm angeschwärzt worden waren, als ob seine Lebensform missfalle und Spott errege.552 Man kann daraus
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entnehmen, dass es die gesellschaftlichen Eliten waren, unter denen Elagabal gewütet haben soll. Wie als Grund angegeben wird, übten die Betroffenen, die bei Elagabal denunziert wurden, Kritik an der Lebensweise des Kaisers. In den beiden vorherigen Kapiteln konnte aufgezeigt werden, dass es aus der Perspektive der römischen Oberschicht aber auch aus der des einfachen Volkes und der Soldaten in religiöser und moralischer Sicht einiges an dem Priesterkaiser zu beklagen gab. Konkrete Beispiele für die angebliche Mordlust Elagabals nennt der Historiker jedoch nicht. Nur an anderer Stelle heißt es, Elagabal habe die Lehrer seines damals 13jährigen Cousins Severus Alexander aus der Stadt Rom jagen und einige ermorden lassen.553 Diese Behauptung steht jedoch in Kontext mit der beginnenden Auseinandersetzung des Priesterkaisers mit Severus Alexander, der zwischenzeitlich als Caesar zum Thronfolger erhoben wurde, beziehungsweise mit dessen Anhängerschaft. Wie schon erwähnt, präsentiert Herodian mit dem angeblich zum Priester erzogenen Elagabal und dem nach dem klassisch griechisch-römischen Bildungsmodell ausgebildeten Severus Alexander ein Gegensatzpaar. Entsprechend dieser Intention beginnt bei Herodian erstaunlicherweise der Konflikt zwischen dem älteren Elagabal und seinem Cousin mit der Frage nach der Erziehung des jungen Thronfolgers, den der oberste Priester des deus Sol Elagabalus – laut Herodian – ebenfalls bei den täglichen Opferritualen einsetzen wollte.554 So problematisch wie diese fragwürdige anfängliche Ursache des Konflikts ist die genannte Exekution einiger Lehrer Severus Alexanders, von der Cassius Dio und die Historia Augusta nichts wissen. Die Historia Augusta berichtet lediglich, in dem auf Marius Maximus basierenden Teil der Vita, dass Elagabal auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung am Kaiserhof den Rechtsgelehrten Ulpian, der wahrscheinlich schon in der kaiserlichen Kanzlei unter Septimius Severus und Caracalla tätig war und unter Severus Alexander zum Prätorianerpräfekt aufstieg, aus Rom verwiesen wurde. Nur der Rhetor Silvinus, den Elagabal selbst zum Erzieher seines Cousins ernannt haben soll, sei in dieser Situation ebenfalls aus der Stadt verbannt und anschließend hingerichtet worden.555 Wie der Autor der Historia Augusta außerdem schreibt, seien sämtliche Senatoren, da sie auf der Seite von Severus Alexander standen, ebenfalls aus Rom verwiesen worden. Nur ein ehemaliger Konsul namens Sabinus bestand darauf, in der Stadt zu bleiben, woraufhin Elagabal einem Centurio den Hinrichtungsbefehl zugeflüstert habe. Der Centurio allerdings – er soll an einem schwachen Gehör gelitten haben – missverstand diesen geflüsterten Befehl und meinte, er solle Sabinus lediglich aus Rom bringen, was er der vermeintlichen Anordnung gehorchend auch tat.556 Somit kann man von Herodian und aus der Historia Augusta letztlich nur entnehmen, dass auf dem Höhepunkt des internen Konflikts im Herrscherhaus tatsächlich nur der
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Rhetor Silvinus auf Befehl des Kaisers hingerichtet wurde. Was Sabinus anbelangt, könnte der Kaiser vielleicht sogar wirklich nur angeordnet haben, den Konsular aus der Stadt zu bringen, da weder Marius Maximus und schon gar nicht der Autor der Historia Augusta gewusst haben konnten, was Elagabal dem Centurio tatsächlich zugeflüstert hat. Zumal auch von dem Senator und Heerführer Marius Maximus nicht unbedingt eine dem Kaiser wohlgesonnene Haltung zu erwarten sein wird. Konkreter wird Cassius Dio, der gleich mehrere Kapitel den von Elagabal angeordneten Hinrichtungen gewidmet hat und zahlreiche Opfer namentlich aufführt, wahrscheinlich um so den Eindruck eines besonders blutdürstigen Tyrannen zu erwecken. An erster Stelle steht hier Basilianus, der Prätorianerpräfekt des Macrinus und vormalige Statthalter Ägyptens. Er wurde anstelle des von den meuternden Soldaten der legio III Gallica bei Raphanaea erschlagenen Ulpius Julianus ernannt. Vom ihm wird berichtet, dass er die Kuriere Elagabals, die für Anhänger gegen Macrinus werben sollten, hinrichten ließ.557 Nach dem Sieg über Macrinus in der Schlacht bei Antiochia floh Basilianus nach Italien. Dort wurde er offenbar schon bald nach seiner Ankunft bei Brundisium (Brindisi) erkannt und verhaftet. Man brachte ihn einige Zeit später nach Nikomedia, wo sich gerade der Kaiser aufhielt. Dort wurde der Prätorianerpräfekt hingerichtet.558 Der Grund dafür könnte neben seiner Ergebenheit zu Macrinus eben die Exekution der Kuriere gewesen sein. Dass Macrinus und Diadumenianus ermordet wurden, versteht sich entsprechend den damaligen Gepflogenheiten beim Kampf um das Kaisertum fast von selbst. Diadumenianus wurde allerdings wahrscheinlich noch in Zeugma am Euphrat getötet, und dies wurde vermutlich nicht ausdrücklich angeordnet. Macrinus wurde tatsächlich, wie nicht anders zu erwarten, zum Tode verurteilt. Es ist jedoch anzunehmen, dass hinter diesem Todesurteil – wie auch bei Basilianus – nicht direkt der damals 14jährige Elagabal, sondern vielmehr sein Beraterkreis um Julia Maesa, Gannys und Comazon stand. Dies dürfte auch für weitere treue Anhänger des Macrinus gelten, die ebenfalls zum Tode verurteilt wurden. Cassius Dio nennt hier unter anderem die Statthalter der Provinzen Arabien und Syrien.559 Gesichert ist dies jedenfalls bei Claudius Attalus, mit dem Comazon noch eine Rechung zu begleichen hatte. Als besagter Claudius Attalus Statthalter in Thrakien war, hatte er Comazon wegen eines Dienstvergehens auf die Galeeren geschickt.560 Die Formulierung von Cassius Dio könnte den Leser nun zu dem irrigen Gedanken verleiten, Comazon sei zum Ruderdienst bei der Flotte verurteilt worden. Doch mitnichten, denn im Gegensatz zu zahlreichen Hollywoodproduktionen wie dem berühmten Filmklassiker „Ben Hur“ bestanden die Rudermannschaften in der römischen Kaiserzeit nicht aus Galeerensklaven oder Sträflingen, sondern generell aus professionellen Seeleuten, die
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vorwiegend aus den Provinzen kamen und als vollwertige Soldaten galten. Das bedeutet, Comazon wurde als Offizier zur Marine versetzt. Allerdings standen die Marinesoldaten ihrem Status nach unter den Legionen, weshalb dies deshalb tatsächlich einer Strafversetzung entsprach. Aus diesem Grund fand der Senator Claudius Attalus den Tod, der zu dieser Zeit die Insel Zypern verwaltete. Als weiteres Opfer nennt Cassius Dio den Statthalter Niederpannoniens Aelius Decius Triccianus, der unter Caracalla das Kommando über die legio II Parthica hatte. Zu Macrinus pflegte er anscheinend schon gute Beziehungen, als dieser noch als Prätorianerpräfekt amtierte, und war womöglich sogar in die Ermordung Caracallas verstrickt. Nachdem Macrinus zum Kaiser ausgerufen wurde, nahm er Triccianus in den Senatorenstand auf und beauftragte ihn mit der Verwaltung Niederpannoniens.561 Aufgrund der Formulierung bei Cassius Dio könnte man fälschlicherweise vermuten, Triccianus sei im Frühjahr 218 anstelle von Comazon noch Befehlshaber der Albanischen Legion gewesen,562 doch ist die Statthalterschaft in diesem Jahr in Pannonien durch zahlreiche Inschriften belegt.563 Allerdings hatte er sich in seiner Zeit als Legionskommandeur bei den Soldaten wohl äußerst unbeliebt gemacht, oder man ging tatsächlich von einer Mittäterschaft beim Tod Caracallas aus, jedenfalls wurde er – wie Cassius Dio schreibt – auf Betreiben seiner ehemaliger Untergebenen hingerichtet. Ein bewährter Heerführer des Septimius Severus und seiner beiden Söhne war der zum Konsulat aufgestiegene Julius Septimius Castinus, der vielleicht mit dem Kaiserhaus verwandt war. Besonders Caracalla schätzte wohl dessen Fähigkeiten und übertrug ihm als dux, das war ein außerordentliches militärisches Sonderkommando, die Verwaltung von Dacia, dem heutigen Rumänien. Eigentlich war dieses Gebiet in drei römische Provinzen aufgeteilt. Da diese Region aber eine militärische Schlüsselposition nördlich der Donau darstellte, die eben zu dieser Zeit besonders gefährdet war, übertrug Caracalla alle drei Provinzen dem erfahrenen Militär Castinus.564 Als treuer Anhänger Caracallas wurde Castinus unter Macrinus zunächst seines Kommandos enthoben. Doch scheint es zu einer Aussöhnung gekommen zu sein, denn wie es bei Cassius Dio heißt, wurde Castinus von Macrinus mit einem besonderen Auftrag nach Bithynien vorausgesandt. Wir erfahren nicht, was genau die Aufgabe des Castinus war. Da aber Macrinus vor den Soldaten Elagabals nach Bithynien geflohen war, könnte hier ein Zusammenhang mit der Mission des Castinus bestehen. Vielleicht sollte er die Flucht des besiegten Kaisers decken oder neue Truppen aus den Donauprovinzen heranführen. Und möglicherweise betrachtete man im Umfeld Elagabals den ehemaligen Vertrauten Caracallas, der sich mit dessen Mörder ausgesöhnt hatte und diesem diente, als Verräter. Jedenfalls wurde auch Castinus hingerichtet. Elagabal selbst und seine engsten
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Berater scheinen davon gar nichts gewusst zu haben, denn in einem Schreiben an den Senat wird behauptet, der neue Kaiser habe den einstigen Heerführer Caracallas wieder in seine Ehren eingesetzt.565 Bei den bisher von Cassius Dio genannten Personen handelt es sich primär um mehr oder weniger getreue Gefolgsleute des Macrinus, die dessen Untergang mit sich gerissen hatte. Die Zahl scheint überschaubar zu sein, und offenbar hat die Führungsriege um den jungen Priesterkaiser hierbei sogar Zurückhaltung geübt. Vergleicht man dies mit den zahlreichen Hinrichtungen unter den Anhängern des Clodius Albinus durch Septimius Severus oder das Gemetzel unter den Parteigängern Getas durch Caracalla, so erscheint die Verfolgung der Gefolgsleute des Macrinus eher im moderaten Rahmen verlaufen zu sein. Und – wie schon angesprochen – ließ Elagabal diese Todesurteile vermutlich nicht aus eigenem Antrieb vollstrecken. Ganz im Gegenteil hat der junge Priesterkaiser erklärt, niemand verfolgen zu wollen, der während des Machtskampfes mit Macrinus ihn oder seinen vermeintlichen Vater Caracalla geschmäht habe – dies hebt Cassius Dio ausdrücklich lobend hervor.566 Ein wenig anders verhält sich der Fall bei Munatius Sulla Cerialis. Dieser wurde unter Caracalla mit dem Konsulat ausgezeichnet. Anschließend erhielt er die Provinz Kappadokien im Südosten Kleinasiens zur Verwaltung.567 Dort waren zwei Legionen stationiert – die legio XII Fulminata und die legio XV Apollinaris. Sulla Cerialis verhielt sich während des Kampfs zwischen Macrinus und den Anhängern Elagabals zunächst abwartend. Nachdem aber die militärische Entscheidung gefallen war, erkannte er den angeblichen Sohn Caracallas umgehend als neuen Kaiser an und verblieb auf seinem Posten. Jedoch im Jahr 220 wurde er wegen Amtsmissbrauchs abberufen und nach Rom beordert. Wie Cassius Dio schreibt, habe er sich während seiner Amtszeit in verschiedene fremde Angelegenheiten eingemischt. Hier sei daran erinnert, dass es im Jahr 219 in direkter Nähe von Kappadokien zu zwei Usurpationen kam. Wie schon berichtet, wurde im syrischen Raphanaea der Legionskommandeur Verus von seinen Soldaten zum Kaiser ausgerufen, und in Zeugma am Euphrat, die Stadt liegt noch näher bei Kappadokien, rebellierten die Truppen unter dem Usurpator Gellius Maximus. Beide Meutereien konnten schon bald niedergeschlagen werden, doch wäre es möglich, dass sich hierbei Sulla Cerialis ebenfalls abwartend verhielt, und man von ihm eine eindeutigere Haltung erwartet hätte. Der Statthalter verschlimmerte die Situation, denn anscheinend versuchte er auf dem Weg in die Hauptstadt aus den germanischen Provinzen stammende Legionseinheiten (vexillationes), die am Partherkrieg Caracallas und des Macrinus teilgenommen hatten und eben in dieser Zeit auf dem Rückmarsch waren, auf seine Seite zu ziehen. Dies musste vor allem auch im Kontext mit den beiden Erhebungen in Syrien als versuchte Usurpation und
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Hochverrat aufgefasst werden. Es dürfte nicht überraschen, dass Sulla Cerialis in Rom zum Tode verurteilt wurde.568 Aus einem ähnlichen Grund wurde Seius Carus hingerichtet.569 Er war der Enkel eines ehemaligen Konsuls und Stadtpräfekten. Wie Cassius Dio unterstellt, sei er nur deshalb vom Kaiser verurteilt worden, weil er sehr wohlhabend, einflussreich und ein kluger Kopf war. Doch nennt der Historiker auch den wohl wahren Grund, denn Seius Carus hatte offenbar unter den Soldaten der in der Nähe Roms stehenden Albanischen Legion (legio II Parthica) in Castra Albana nach Anhängern geworben. Cassius Dio kleidet die Anschuldigung in die Worte, er habe einige Angehörige der beim Mons Albanus stationierten Truppen zu einem Bund zusammengeschlossen, hält dies aber nur für einen Vorwand. Auch habe Elagabal diese Vorwürfe allein im Palast gegen den herbeigeführten Seius Carus vorgebracht und ihn umgehend exekutieren lassen. Es fand also auch hier kein ordentliches Gerichtsverfahren statt. Doch ist es sehr wahrscheinlich, dass Seius Carus wirklich gegen den Kaiser konspirierte, vielleicht mit dem Ziel sich von den Soldaten in Castra Albana selbst zum Herrscher ausrufen zu lassen.570 Sein Verhalten musste zumindest – ebenfalls gerade vor dem Hintergrund der beiden Usurpationsversuche in Syrien – als äußerst verdächtig erscheinen. Das dürfte ebenso auf einen unvorsichtigen Herrn namens Valerianus Paetus zuzutreffen.571 Das war ein Senator aus Galatien, einer Landschaft in Kleinasien, der auf die gefährliche Idee kam, vergoldete Medaillons mit seinem Porträt schlagen zu lassen, angeblich um diese seinen Mätressen, die dann sehr zahlreich gewesen sein müssen, zum Geschenk zu machen. Im Grunde genommen war das eine Anmaßung der kaiserlichen Münzhoheit, da dem Münzporträt eine besondere juristische Bedeutung zukam. Wenn Valerianus Paetus wirklich beabsichtigt haben soll, sein Konterfei anstelle einer Gemme oder eines gemalten Miniaturporträts seinen Mätressen ausgerechnet in Gestalt eines vergoldeten Medaillons zu überreichen, dann wäre dies reichlich naiv gewesen. Aus der Sicht des Kaisers und seines Hofes musste dies ganz selbstverständlich als Hochverrat erscheinen. Anscheinend kam es diesmal zu einem regelrechten Gerichtsverfahren, bei dem Valerianus Paetus angeklagt wurde, eine Verschwörung geplant zu haben. Erwartungsgemäß wurde er hingerichtet.572 Nicht von Elagabal oder auf Initiative seiner Berater, sondern vom Senat selbst wurden die beiden Senatoren Silius Messala und Pomponius Bassus zum Tode verurteilt.573 Pomponius Bassus war der erste Ehemann von Elagabals späterer dritten Gemahlin Annia Aurelia Faustina. Wie schon erwähnt, gab es wohl keinen direkten Zusammenhang zwischen der Hinrichtung des Senators und der Heirat mit Faustina. Es war wohl vielmehr so, dass beide Senatoren die religiösen Reformen und die Lebensart des Kaiser öffentlich
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kritisierten. Elagabal, wie es bei Cassius Dio heißt, trug keine Bedenken, selbst dem Senat diesen Vorwurf gegen sie schriftlich zur Kenntnis zu bringen, indem er von ihnen als Schnüffler seiner Lebensart und Tadler aller Vorgänge im Kaiserpalast sprach. Das bedeutet, Elagabal klagte die beiden Senatoren vor dem Gremium an, von dem sie – wahrscheinlich wegen Majestätsbeleidigung – zum Tode verurteilt wurden. Da die Herren des ordo senatorius hinter vorgehaltener Hand sicherlich einiges über die Vorgänge im Palast zu beklagen hatten, grenzt es schon beinahe an ein Wunder, dass Cassius Dio nur von zwei deshalb angeklagten Senatoren weiß. Besonders Messala scheint von Anfang an als ein scharfer Kritiker des Kaisers in Erscheinung getreten zu sein. Wie Cassius Dio berichtet, ließ man ihn schon bald nach der Herrschaftsübernahme Elagabals nach Syrien kommen, um ihn besser kontrollieren zu können. Offenbar befürchtete man im Umfeld des Kaisers, Messala könnte während der Abwesenheit Elagabals in Rom einen Stimmungsumschwung herbeiführen.574 Daneben erwähnt der Historiker noch drei weitere Usurpationsversuche. Einer davon trug sich sogar in der Nähe des Kaiser zu. Denn während Elagabal den Winter 218/219 in Kleinasien, in der Stadt Nikomedia, verbrachte, wagte eine Privatperson, die folglich weder ein militärisches Kommando noch ein Verwaltungsamt bekleidete, den freilich erfolglosen Versuch einige Kilometer von Nikomedia entfernt in dem Flottenstützpunkt Kyzikos die Marinesoldaten für sich zu gewinnen. Cassius Dio selbst befand sich ebenfalls ganz in der Nähe, da er damals als curator der kleinasiatischen Städte Pergamon und Smyrna amtierte. Das ist deshalb bedeutsam, weil sich Cassius Dio somit zu jener Zeit, als Gannys von dem jungen Elagabal getötet wurde, nicht weit vom kaiserlichen Hofes aufhielt. Darum darf seine Schilderung von der Ermordung des Gannys, von der schon berichtet wurde, als weitgehend zuverlässig gelten. Der Historiker schließt seinen Bericht über die von Elagabal scheinbar zu verantwortenden Hinrichtungen mit den Worten: Das waren des falschen Antoninus Taten, bei denen es um Blutvergießen ging.575 Wenn man nun alles Bisherige zusammenfasst, ist festzustellen, dass in der Regierungszeit Elagabals eine Reihe wichtiger Anhänger des Macrinus, mehrere Usurpatoren und einige des Hochverrats verdächtige Personen sowie zwei senatorische Regimekritiker hingerichtet wurden. Insgesamt ist die Zahl der Todesurteile eher überschaubar. So brutal die Exekution politischer Gegner aus unserer heutigen Perspektive auch erscheinen mag, so waren dies in der römischen Kaiserzeit ganz selbstverständliche Maßnahmen zur Sicherung der Herrschaft, die gerade in Anbetracht mehrerer Usurpationsversuche durchaus verständlich sind. Denkt man an die oben genannten Maßnahmen gegen politische Gegner unter Septimius Severus und Caracalla, so übte Elagabal bei der Verfolgung der Anhänger des Macrinus eher Zurückhaltung und schonte
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wahrscheinlich zahlreiche Gefolgsleute seines Gegners. Berüchtigt waren die Proskriptionen während des zweiten Triumvirats im Jahr 43 v. Chr. Die Triumvirn Marcus Antonius, Octavian – der spätere „gute“ Kaiser Augustus – und Lepidus ächteten durch öffentlichen Aushang (proscriptio) Tausende politischer Gegner, persönlicher Feinde und wohlhabender Bürger. Die so geächteten galten als vogelfrei und konnten von jedem getötet werden. Das Vermögen der Ermordeten ging an den Staat, das heißt faktisch an die Triumvirn. An die 2.300 römische Bürger wurden damals erschlagen, darunter der berühmte Politiker Marcus Tullius Cicero. Die Maßnahmen Elagabals nehmen sich hierzu vergleichsweise harmlos aus, zumal vermutet werden kann, dass dahinter oftmals eben nicht der Priesterknabe selbst, sondern seine Berater standen. Anzulasten ist dem jugendlichen Herrscher gewiss die Ermordung seines Mentors Gannys, den er nach Cassius Dio mit eigener Hand niederstach. Dies könnte sich im Streit oder im Affekt ereignet haben. Vielleicht fühlte er sich von dem übermächtigen Ratgeber und Lebensgefährten seiner Mutter eingeschränkt oder bedroht. Möglicherweise machte Gannys seinem postpubertären Zögling wirklich massive Vorhaltungen über dessen Lebensführung, die dieser irgendwann leid hatte. Darüber lässt sich nur spekulieren. In jedem Fall befand sich der Priesterkaiser damit in bester Gesellschaft, da auch Alexander der Große nicht davor zurückschreckte, im Streit und im Zustand der Volltrunkenheit seinen alten Kampfgefährten Kleitos, der ihm einmal sogar das Leben gerettet hatte, mit eigener Hand zu erschlagen. Auf das Konto Elagabals ging ebenfalls die Hinrichtung des Erziehers von Severus Alexander, des Rhetors Silvinus, die in Zusammenhang mit dem sich zuspitzenden Machtkampf innerhalb der Kaiserfamilie gesehen werden muss. Auf dem Höhepunkt dieses Konflikts beabsichtigte der Priesterkaiser mehrmals, seinen Cousin Severus Alexander zu beseitigen, was im folgenden Kapitel dargestellt werden soll. Der junge Elagabal griff also in einigen wenigen Fällen nur dann zum äußersten Mittel, wenn er sich persönlich eingeschränkt oder bedroht fühlte. Ein blutrünstiger Tyrann und notorischer Mörder, wie dies von den literarischen Quellen unterstellt wird, war er somit und besonders aus Sicht antiker Maßstäbe keineswegs. Zur vermeintlichen Grausamkeit Elagabals wären ebenfalls die bösartigen Scherze zu zählen, die allerdings nur in der Historia Augusta überliefert sind. Doch neben dem zweifelhaften Charakter dieser Quelle ist hierbei auch der dort selbst genannte Vorbehalt zu berücksichtigen, wonach dies meistenteils unglaubwürdige Gerüchte zur Verunglimpfung Elagabals seien.576 Demnach hatten angeblich besonders die Tischgäste des Priesterkaisers unter dem eigentümlichen kaiserlichen Humor zu leiden. So habe er gezähmte Löwen und Leoparden gehalten, und diese hätten sich bei seinen Gastmählern zwischen
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den Speisegängen frei unter den Tafelnden bewegen dürfen. Zum Schrecken der Letzteren, da diese nicht gewusst haben sollen, dass die Tiere dressiert waren.577 Öfters auch habe Elagabal seine betrunkenen und schlafenden Tischgenossen mit diesen Löwen und Leoparden sowie mit abgerichteten Bären nachts im Speisesaal eingeschlossen, die sich dann beim Aufwachen in der Gesellschaft der wilden Tiere wiederfanden. Wie der Autor hinzufügt, hätten viele hierbei vor Schreck ihr Leben verloren.578 Unliebsame Gäste seien auf mit Luft gefüllten Polstern platziert worden, und während des Speisens sollen die Diener heimlich die Ventile geöffnet und die Luft abgelassen haben, so dass die Betroffenen zur Freude des jungen Herrschers schließlich untern den Tischen lagen.579 Manchmal soll es ihm auch Freude bereitet haben, an seiner Tafel schmarotzenden Tischgästen – wie dies der Autor formuliert – als Nachtisch aus Wachs, Holz, Ton oder Stein gefertigte Speiseimitate vorsetzen zu lassen. Bei anderen Gelegenheiten habe man den Ärmsten sämtliche Gänge nur in der Form solcher Attrappen serviert. Alternativ seien gelegentlich die Speisen zur Erquickung der hungernden Gäste lediglich auf die Servietten aufgestickt oder als Gemälde dargestellt worden.580 Besonders undankbare Tischgenossen habe Elagabal sogar am Tiber an ein Wasserrad binden lassen, so dass diese bei jeder Drehung unter Wasser getaucht wurden. In Anspielung auf die griechische Mythologie soll er diese missliebigen Tafelgäste als seine Ixionsfreunde bezeichnet haben.581 Ixion hat der Sage nach die Gastfreundschaft des Gottes Zeus missbraucht und wurde zur Strafe an ein Feuerrad gebunden. Bei Tisch habe Elagabal gerne Verlosungen mit auf die Löffel geschriebenen Losnummern veranstaltet. Als Preise soll er dabei teilweise Sinnloses oder Dinge von geringem Wert wie Fliegen, Hühnereier oder Blei ausgesetzt haben. Mit einem Los seien aber auch zehn Kamele oder zehn Pfund Gold zu gewinnen gewesen.582 Denselben Scherz habe sich der gewitzte Kaiser auch bei den öffentlichen Circusspielen erlaubt. Hier gab es als Preise neben Gold oder beispielsweise zehn Bären angeblich auch Haselmäuse oder Lattichstengel. Unter den Schauspielern soll er außer Geldpreisen tote Hunde oder Rindfleisch verlost haben. Glaubt man dem Autor, dann waren diese scherzhaften Verlosungen beim einfachen Volk sehr populär.583 Ein anderer Streich, der in der Historia Augusta dem Priesterkaiser unterstellt wird, dürfte bei der Bevölkerung wohl weniger Anklang gefunden haben. Auf dem Land habe er Schlangen aufsammeln und bei Tagesanbruch, als sich die ersten Zuschauer im Circus einfanden, auf den Zuschauerrängen aussetzen lassen. Dabei seien in der entstehenden Panik einige Besucher zu Schaden gekommen.584 Auch seinen Günstlingen soll er bisweilen Gefäße mit Schlangen aber auch mit Fröschen oder Skorpionen übersandt haben.585 Eine andere Gruppierung, die unter den
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Späßen des Kaisers zu leiden hatte, sollen die Sklaven des Palastes gewesen sein, die angeblich sinnlose Aufträge wie das Auflesen von Spinnweben, Mäusen oder Wieseln auszuführen hatten.586 Für diese makaberen Streiche findet sich weder bei Cassius Dio noch bei Herodian eine Bestätigung. Diese Anekdoten in der Historia Augusta können deshalb getrost als originelle Fiktion des Autors betrachtet werden. Allenfalls lässt sich daraus ableiten, dass dem jugendlichen Priesterkaiser ein eigentümlicher Sinn für Humor und Ironie nachgesagt wurde. Jedoch prangern alle historiographischen Quellen die Günstlingswirtschaft Elagabals an. Hervorgehoben werden besonders die niedrige Herkunft und geringe Bildung sowie die mangelhafte moralische Eignung der kaiserlichen Favoriten, die unter dem Priesterknaben das Reich regiert haben sollen. Herodian weiß zu beklagen, dass Elagabal alles, was sich auf der Bühne und in den öffentlichen Theatern fand, zu den höchsten kaiserlichen Ämtern beförderte: Zum Prätorianerpräfekten setzte er einen Tänzer ein, der, als er noch jung war, öffentlich im römischen Theater als Tänzer aufgetreten war; ebenso entzog er einen anderen wiederum dem Theater und beförderte ihn an die Spitze des Amtes für Erziehung und Jugendbildung und der Aufsicht über die Zugehörigkeit zu Senat und Ritterstand. Wagenlenkern, Komödianten und Mimusdarstellern überantwortete er die höchsten kaiserlichen VertrauensStellungen; seinen Sklaven aber und den Freigelassenen übergab er je nach dem, wie sich einer durch etwas Schändliches empfohlen hatte, die obersten Machtbefugnisse in den Provinzen.587 Cassius Dio wird hier noch eine Spur deutlicher: . . . andere Personen wurden vielfach durch den Kaiser ausgezeichnet und gelangten zu Macht, die einen, weil sie sich an seiner Empörung beteiligt hatten, die anderen, weil sie mit ihm Ehebruch trieben,588 wobei sich hier der erwähnte „Ehebruch“ auf die Verbindung des Kaisers mit Hierocles bezieht. Der Autor der Historia Augusta behauptet sogar, dass wesentliche Kriterien für die Vergabe von Staatsämtern die Größe der Geschlechtsteile und die sexuelle Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bewerbers gewesen seien.589 So soll er die Erhebung der Erbschaftssteuer einem Maultiertreiber, einem Laufburschen, einem Koch sowie einem Schlosser übertragen haben, und als Aufsicht über die Getreideversorgung der Stadt Rom (praefectus annonae) sei ein Barbier namens Claudius eingesetzt worden.590 Militärische Kommandostellen und zivile Verwaltungsposten habe man für Geld kaufen können, und gegen Bezahlung soll der Kaiser selbst unwürdige Kandidaten in den Senat aufgenommen haben.591 Besonders Hierocles wird ein großer Einfluss auf den Priesterkaiser nachgesagt, ja er habe sogar über mehr Macht als der Kaiser selbst verfügt.592 Auch soll Elagabal beabsichtigt haben, seinen „Gatten“ zum
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Thronfolger zu erheben, was ihm Julia Maesa mit Mühe ausgeredet habe.593 Der Historia Augusta zufolge sei der jugendliche Herrscher – wie schon dargelegt wurde – vor allem seiner Mutter Julia Soaemias hörig gewesen und habe ohne ihre Zustimmung keinen Staatsakt vorgenommen.594 Maßgeblicher Einfluss wird in dieser Quelle Aurelius Zoticus zugeschrieben, der diesen hauptsächlich dazu missbraucht habe, um große Reichtümer zu erpressen.595 Der Kaiser soll sich daneben mit weiteren Wagenlenkern aus dem Circus umgeben haben. Als Kumpane werden hierbei die Herren Protogenes, Cordius und Myrismus genannt.596 Zumindest die beiden Letzteren scheinen tatsächlich zur Umgebung Elagabals gehört zu haben, da sie auch in dem auf Marius Maximus basierenden Teil der vita Heliogabali erwähnt werden. Als weitere schamlose Freunde des Priesterkaisers werden unzüchtige alte Männer aufgezählt, die sich als Philosophen aufgespielt hätten.597 Schließlich werden noch die sogenannten Magier erwähnt, die ständig um ihn gewesen seien.598 Glaubt man diesen Angaben in den literarischen Quellen, dann war es um die Reichsverwaltung unter dem Priesterknaben zum Ärgsten bestellt. Ein Blick auf die wirkliche Besetzung der wichtigsten Ämter beweist allerdings das Gegenteil. Wie man unschwer annehmen kann, ließ dem jungen Kaiser seine Hauptbeschäftigung als Oberpriester nur wenig Zeit für die eigentlichen Staatsgeschäfte. Diese wurden höchstwahrscheinlich von erfahrenen und zuverlässigen Verwaltungsleuten erledigt, wobei hier vielleicht auch Julia Maesa mitwirkte. Beginnen wir mit dem angeblichen Tänzer, den Elagabal zum Prätorianerpräfekten eingesetzt haben soll. Damit ist kein anderer als Publius Valerius Comazon gemeint, den auch die Historia Augusta abfällig als ehemaligen Tänzer tituliert.599 Diese Diffamierung beruht lediglich auf seinem ungewöhnlichen Namen, der nur darauf hinweist, dass seine Vorfahren wahrscheinlich Schauspieler und Komödianten waren.600 Wie wir gesehen haben, war er ein typischer Militär, der sich von der Pike auf hochgedient hatte und zum Befehlshaber der Albanischen Legion (legio II Parthica) aufgestiegen war. Beim Militärputsch gegen Macrinus und der Schlacht bei Antiochia kam ihm eine maßgebliche Rolle zu. Elagabal dankte es ihm, indem er ihn zum Prätorianerpräfekten ernannte. Comazon war anfangs sicherlich einer der wichtigsten Berater des Kaisers in Staatsangelegenheiten und gehörte von Anfang an zusammen mit Gannys und Julia Maesa zum engsten Regierungszirkel. Er stieg zum Konsulat auf und bekleidete dreimal das höchst angesehene Amt des Stadtpräfekten von Rom (praefectus urbi). Bemerkenswert ist hierbei der Umstand, dass Comazon als Stadtpräfekt dreimal hintereinander mit kurzen Unterbrechungen amtierte. Das erweckt den Eindruck, als sei er dem Priesterkaiser zuweilen unbequem gewesen und eher dem Kreis um Julia Maesa zuzurechnen. Im Jahr 220 trat er gemeinsam mit Elagabal das ordentliche Konsulat an. Seine
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erste Amtszeit als praefectus urbi ist deshalb ins Jahr 221 zu datieren. Im selben Jahr taucht in dieser Position allerdings ein Herr namens Leo auf, von dem auch Cassius Dio berichtet, er haben den „privaten“ Wagenrennen des Kaisers beigewohnt.601 Comazon scheint also zu jenen Beratern gehört zu haben, die den religiösen Reformen des Kaisers zunehmend skeptisch gegenüberstanden, weshalb er bereits nach kurzer Zeit durch Leo ausgewechselt wurde. Als Elagabal im Sommer gezwungen wurde, sich von der Vestalin Aquilia Severa scheiden zu lassen und an ihrer Stelle Annia Aurelia Faustina zu heiraten, konnte Julia Maesa neben der Erhebung Severus Alexanders zum Caesar offenbar auch die Wiedereinsetzung Comazons durchsetzen. Nachdem der eigenwillige Kaiser jedoch im Herbst einen erneuten Kurswechsel vollzog und sich der Konflikt mit Severus Alexander anbahnte, wurde Comazon nun durch einen Herrn mit dem Namen Fulvius ersetzt.602 Offenbar galt die Ergebenheit Comazons vor allem der Großmutter des Kaisers. Als diese sich auf die Seite ihrer jüngeren Tochter und Severus Alexanders stellte, wechselte auch Comazon in deren Lager. Nach dem Tod Elagabals wurde er deshalb im Jahr 222 wieder als Stadtpräfekt eingesetzt. Somit ist wenigstens die Behauptung Cassius Dios zutreffend, der Priesterkaiser habe die ausgezeichnet, die ihm zur Macht verholfen hatten. Zu den weiteren unter Elagabal amtierenden Prätorianerpräfekten gehörte der altbewährte Jurist Julius Paulus. Auch dieser war beileibe kein Tänzer, Schauspieler oder Wagenlenker, sondern diente in der kaiserlichen Kanzlei bereits unter Septimius Severus und Caracalla.603 Wie schon dargelegt, wurde bei den Aufgabenbereichen der beiden Prätorianerpräfekten meist zwischen den militärischen und den juristischen Kompetenzen differenziert, wobei beide Bereiche jeweils bewährten Fachleuten übertragen wurden. Hier gab es folglich auch unter dem jugendlichen Priesterkaiser Elagabal keine Änderung. Julius Paulus war vermutlich der Vater von Julia Paula, der ersten Ehefrau des Kaisers, und wurde vielleicht als Nachfolger Comazons zum Prätorianerpräfekt ernannt. Nach der Scheidung Elagabals von Julia Paula wurde ihr Vater im Spätsommer des Jahres 220 wahrscheinlich seines Amtes enthoben und aus Rom verbannt. Ein weiterer namentlich bekannter Prätorianerpräfekt des Kaisers war Antiochianus, der sich im Herbst 221 beherzt den meuternden Gardesoldaten, die beabsichtigten ihren Priesterkaiser zu ermorden, in den Weg stellte, während sein Amtskollege die Truppen im Lager der Prätorianer beschwichtigen konnte.604 Eine Inschrift vom Esquilin in Rom nennt einen „ . . . atus“ als weiteren Prätorianerpräfekten Elagabals.605 Der restliche Name auf der Inschrift wurde jedoch eradiert, so dass nur die letzte Silbe erhalten blieb. In der Nähe wurden außerdem die Fragmente einer weiteren fast identischen Inschrift
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gefunden, auf der allerdings der Name des Geehrten völlig fehlt.606 Dennoch kann man davon ausgehen, dass diese beiden Inschriftentafeln zu zwei Statuenbasen gehörten. Wie daraus zu folgern ist, wurde dieser Prätorianerpräfekt Elagabals gleich mit zwei Standbildern geehrt, was eine besondere Auszeichnung war. In beiden Inschriften wird auch seine Laufbahn wiedergegeben. Wahrscheinlich unter Caracalla war er Befehlshaber einer Legion und erhielt die konsularischen Abzeichen (ornamenta consularia) oder bekleidete ein Suffektkonsulat, was auf besondere Verdienste schließen lässt. Diese Würde wurde ihm vermutlich unter Macrinus wieder aberkannt. Nach dem Regierungsantritt Elagabals konnte er als ehemaliger Gefolgsmann Caracallas seine Laufbahn jedoch erfolgreich fortsetzen und wurde im Jahr 221 zum Prätorianerpräfekten ernannt.607 Beide Inschriften weisen ihn als Begleiter (comes) und treuesten Freund (amicus fidissimus) des Priesterkaisers aus. Oftmals wird dieser „ . . . atus“ mit einem Herrn namens Messius Extricatus identifiziert, dessen Haus tatsächlich auf dem Esquilin lag, doch war dieser kein Militär, sondern ein Jurist, und es ist fraglich, ob er überhaupt jemals das Amt eines Prätorianerpräfekten bekleidete.608 Folglich können diese beiden Inschriften bisher keiner bekannten Persönlichkeit zugeordnet werden. Aber mit einiger Sicherheit war dieser „ . . . atus“ der Amtskollege des Antiochianus und amtierender Prätorianerpräfekt bis zum Untergang des Priesterkaisers. Dies alles erweckt keinesfalls den Eindruck, dass der Kaiser bei der Besetzung der wichtigsten Staatsämter bevorzug auf das Personal des Unterhaltungsgewerbes zurückgegriffen hätte. Die Bemerkung Herodians man habe einen Schauspieler an die Spitze des Amtes für Erziehung und Jugendbildung und der Aufsicht über die Zugehörigkeit zu Senat und Ritterstand gesetzt, könnte vielleicht auf Zoticus verweisen. Die schon genannte Inschrift aus dem Jahr 224 nennt einen Zoticus als Mitarbeiter in der kaiserlichen Behörde zur Aufsicht über den Ritterstand.609 Wenn es sich um dieselbe Person handelt, dann war er eben nicht der Leiter der Behörde, sondern diesem untergeordnet. Zudem ist es höchst fraglich, ob Zoticus diese Position schon vorher unter Elagabal bis zu seiner Verbannung aus Italien, als er wegen seines nächtlichen „Versagens“ in kaiserliche Ungnade fiel, bekleidet hatte. Zumal dieses Amt nicht unbedingt der Position entspricht, die man sich für den Favoriten des Herrschers vorstellen würde. Zutreffend ist wohl die Angabe bei Cassius Dio, wonach Zoticus zum Kämmerer (cubicularius) ernannt wurde.610 Damit war er zwar in der direkten Nähe des Kaisers, doch war dies kein offizielles Staatsamt. Insgesamt ist vielmehr festzustellen, dass gerade in der Provinzverwaltung weitgehend dieselben Statthalter amtierten, die diese Posten schon unter Caracalla und Macrinus bekleidet hatten. Auch fuhr man in der Regierungszeit Elagabals damit fort, in verantwortungsvolle Positionen bevorzugt Amtsträger
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aus dem Ritterstand (ordo equester) – vor allem Militärbefehlshaber und Juristen – einzusetzen und ihnen den Aufstieg in den Senat zu ermöglichen. So mag so mancher bewährte Verwaltungsfachmann während der Herrschaft des Priesterkaisers verdientermaßen Karriere gemacht haben, der aus Sicht der Senatsaristokratie als unwürdig gelten musste. Ein konkretes Beispiel hierfür ist der aus dem ordo equester stammende Marcus Aedinius Julianus, der unter Elagabal die größte der gallischen Provinzen, die Gallia Lugdunensis, verwaltete. Üblicherweise unterstand diese Provinz einem Statthalter aus dem Senatorenstand. Severus Alexander ernannte Aedinius Julianus noch im Jahr 222 zum Präfekten von Ägypten und später zum Prätorianerpräfekten.611 Wie wir von Cassius Dio erfahren, war Claudius Aelius Pollio ebenfalls ein wichtiger Gefolgsmann Elagabals, der aus kleinen Verhältnissen stammte. Dem Historiker zufolge sei er ein einfacher Centurio der in der Stadt Zeugma stationierten legio IV Scythica gewesen. Dort soll er Diadumenianus, den Sohn des Macrinus, bei seiner Flucht zu den Parthern gefangengenommen haben.612 Wie schon bei Comazon festzustellen war, den der Historiker als Befehlshaber der Albanischen Legion nur abschätzig als Lagerkommandant (praefectus castrorum) tituliert, nimmt es Cassius Dio bei den Rangbezeichnungen von Kommandeuren aus dem Ritterstand nicht allzu genau. Der senatorische Geschichtsschreiber war gewiss der Auffassung, dass die oberen Dienstränge standesgemäß mit Senatoren zu besetzen seien. Man kann deshalb vermuten, dass Pollio kein einfacher Centurio, sondern vielleicht sogar der aus dem Mannschaftsstand aufgestiegene Befehlshaber der in Zeugma stehenden Legion war. Die aus dem Ritterstand kommenden Legionskommandeure (praefectus legionis) entstammten meist dem Kreis der primipilares, das waren die ranghöchsten und bewährtesten Centurionen. Die Angabe bei Cassius Dio, wonach Pollio Bithynien unterworfen habe, ist etwas unklar.613 Vermutlich versuchten dort noch einige Anhänger des Macrinus Widerstand zu leisten. Wie wir schon feststellen konnten, entsandte Macrinus in diese Gegend den später hingerichtete Castinus mit einer besonderen Mission. Wahrscheinlich hat also Pollio in Bithynien diese letzten Gegner Elagabals niedergeworfen. In einer nur fragmentarisch erhaltenen Textstelle von Cassius Dio heißt es, Elagabal habe den ehemaligen Centurio unter die Exkonsuln aufgenommen.614 Die Konsulare bildeten die obere Rangklasse der Senatoren. Pollio wurde in diesen Rang erhoben, da er offenbar nach seinem erfolgreichen Einsatz in Bithynien vom Kaiser als Stellvertreter mit außerordentlichen Vollmachten nach Rom vorausgeschickt wurde. Danach wurde ihm die Verwaltung der militärisch bedeutsamen Grenzprovinz Obergermanien (Germania superior) anvertraut, wo seine Amtszeit durch eine Inschrift aus der Provinzhauptstadt Mogontiacum (Mainz) belegt ist.615
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Der Aufstieg in den Senatorenstand gelang dem aus dem Ritterstand stammenden Juristen Ulpius Ofellius Theodorus schon unter Caracalla. Offenbar leitete er die Kanzlei des vermeintlichen Vaters von Elagabal, da von ihm ein Reskript – das heißt ein kaiserliches Antwortschreiben zu einer juristischen Anfrage mit Gesetzeskraft – aus dem Jahr 212 beglaubigt wurde.616 Elagabal setzte Ulpius Ofellius Theodorus anstelle des von ihm abberufenen und notorisch unzuverlässigen Sulla Cerialis zum Statthalter Kappadokiens ein, wo die Amtszeit des ehemaligen Juristen gleich durch eine ganze Serie von Meilensteininschriften bezeugt ist.617 Auskunft über die in Ägypten amtierenden Statthalter zur Zeit Elagabals geben die dort im Wüstensand gefunden Papyri. Sie trugen üblicherweise den Titel eines Präfekten und kamen aus dem Ritterstand. Für das Jahr 222 ist dort ein Präfekt namens Lucius Domitius Honoratus nachgewiesen, der seine Laufbahn unter Severus Alexander fortsetzen konnte.618 Sein Vorgänger war ein gewisser Geminius Chrestus, der von Severus Alexander unmittelbar nach dem Tod seines Cousins zum Prätorianerpräfekten ernannt, später aber hingerichtet wurde.619 Da beide vom Nachfolger Elagabals befördert wurden, können auch sie mit den in den literarischen Quellen erwähnten Günstlingen nicht identifiziert werden. Von einigen Statthaltern aus der Zeit des Priesterkaisers ist ihre genaue Herkunft unbekannt. Im Britannien amtierte im Jahr 221 ein senatorischer Statthalter namens Marius Valerianus, und in der nordafrikanischen Provinz Mauretania Caesariensis spätestens ab dem Jahr 220 ein Mann mit dem Namen Julius Cestillus. Beide ließen zu Ehren des obersten Priesters des deus Sol Elagabalus Inschriften setzen.620 Aber es kann auch hier angenommen werden, dass es sich in beiden Fällen um bewährte Militärbefehlshaber oder Verwaltungsfachleute handelte. Opfer der von ihrer Wut gegen den Priesterkaiser getriebenen Gardesoldaten wurden im Frühjahr 222 neben Julia Soaemias und dem schönen Wagenlenker Hierocles auch die beiden Prätorianerpräfekten sowie der Stadtpräfekt Fulvius und der „Finanzminister“ Aurelius Eubulus.621 Letzterer stammte ebenfalls aus Emesa und war vermutlich ein Klient der Julia Maesa. Als Verwalter des kaiserlichen Schatzamtes (procurator summarum rationum) hatte er sich wohl zahlreiche Feinde gemacht, weshalb sogar die plebs urbana seine Auslieferung verlangt habe. Angeblich konfiszierte er viel, wobei es sich hauptsächlich um den Besitz der hingerichteten Anhänger des Macrinus gehandelt haben dürfte. Zweifelhaft ist die Bemerkung bei Cassius Dio über sein unzüchtiges und schmutziges Betragen. Zu den Gefolgsleuten des Kaisers könnte vielleicht noch der aus Syrien stammende Senator Marcus Flavius Vitellius Seleucus gezählt werden, auf dessen geographische Herkunft jedoch nur sein Name schließen lässt. Im Jahr 221 bekleidete Seleucus zusammen mit Vettius Gratus Sabinianus das ordentliche Konsulat.622 Möglicherweise hatte
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Seleucus ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Elagabal, da auf einer Inschrift aus Numidien in Nordafrika sowohl der Name des Kaisers wie auch der seines Konsuls eradiert wurden.623 Andererseits wird sogar vermutet, der Konsul könnte mit einem gleichnamigen Usurpator gegen den Kaiser identisch sein.624 Die Existenz dieses Usurpators ist jedoch höchst problematisch. Nur in einer Kaiserliste aus der Mitte des fünften Jahrhunderts wird dieser Name neben vier anderen Gegenkaisern unter Elagabal genannt.625 Da dort aber zwei bis drei der aufgelisteten Usurpatoren in spätere Zeit zu datieren sind, ein Name in jedem Fall falsch angegeben ist, und obendrein die tatsächlich belegbaren Gegenkaiser unter Elagabal überhaupt nicht genannt sind, hat es wohl niemals einen Usurpator namens Seleucus gegeben. Eher ist zu vermuten, dass der aus Syrien stammende Senator ein Anhänger Elagabals war. Wie aber allein schon der Name von Seleucus Amtskollegen im Jahr 221 belegt, partizipierte auch die alte Senatselite an der Herrschaft des Kaisers. Vettius Gratus Sabinianus entstammte einer hochangesehenen senatorischen Familie und konnte während seiner Laufbahn eine Reihe bedeutender Ämter bekleiden.626 Ordentlicher Konsul des Jahres 219 und Amtskollege des Kaisers war der altehrwürdige Senator Quintus Tineius Sacerdos, der bereits unter Kaiser Pertinax im Jahr 192 ein Suffektkonsulat bekleidet hatte. Der in den literarischen Quellen gegen Elagabal erhobene Vorwurf der Günstlingswirtschaft ist folglich falsch und als reine Tyrannentopik zu bewerten. Weder der schöngelockte Hierocles noch der gutgebaute Zoticus haben ein wichtiges Amt bekleidet. Dasselbe gilt für Protogenes, Cordius und Myrismus, die weiteren Kumpane des jugendlichen Priesterkaisers. Wenn sie denn überhaupt einen Einfluss auf den eigenwilligen Kaiser hatten, dann allerhöchstens im privaten Umfeld. Wie man vermuten kann, dürften die aus Syrien mitgebrachten Priester von Emesa und das Kultpersonal des emesenischen Sonnengottes die religiösen Vorstellungen des Kaisers beeinflusst haben. Höchstwahrscheinlich interessierte sich der jugendliche Herrscher nicht besonders für die eigentliche Politik und die Verwaltung des Reichs. Offensichtlich war er aber so klug, die administrativen Aufgaben einem kompetenten Beraterkreis zu überlassen. Dieser kann nunmehr halbwegs rekonstruiert werden. Die wichtigsten Berater zu Beginn seiner Herrschaft waren – wie schon mehrfach erwähnt – Julia Maesa, Gannys und Comazon. Nach der Ermordung des Gannys kam später in Rom der Jurist Julius Paulus hinzu, der aber nach der Scheidung Elagabals von seiner Tochter Julia Paula im Jahr 220 verbannt wurde. Gegen Ende der Herrschaft des jungen Priesterknaben muss sich dieser Kreis vor allem aus jenen Personen zusammengesetzt haben, die bei seinem Sturz ebenfalls zu Tode kamen. Das waren die beiden Prätorianerpräfekten Antiochianus und besagter „ . . . atus“, von dem nur der letzte Teil seines
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Namens bekannt ist, sowie der Stadtpräfekt Fulvius und der „Finanzminister“ Aurelius Eubulus. Julia Maesa und auch Comazon scheinen sich zu diesem Zeitpunkt bereits Severus Alexander zugewandt zu haben. Man kann zu Recht annehmen, dass von den obengenannten Personen während der Herrschaft des Priesterkaisers das Reich tatsächlich regiert wurde.627 Zumindest die Religionspolitik des Kaisers wurde darüber hinaus höchstwahrscheinlich von den sogenannten Magiern beeinflusst, mit denen sich der Teenagerkaiser umgeben haben soll und worunter die ihn von Syrien nach Rom begleitenden Priester und das weitere Kultpersonal des Sonnengottes von Emesa zu verstehen sind.628 Elagabal war also weder ein blutrünstiger Tyrann noch versorgte er seine speziellen Günstlinge mit den wichtigsten Staatsämtern. Somit bleibt nur noch der Vorwurf der maßlosen Verschwendungssucht. Auch hierzu weiß die Historia Augusta wieder manch Kurioses und Unsinniges beizusteuern, was der Autor allerdings durch den oben erwähnten Vorbehalt, dies seien vorwiegend Verleumdungen, sogleich relativiert. Thematisiert wird beispielsweise der vermeintliche Tafelluxus des jungen Herrschers. Beinahe könnte der Eindruck entstehen, der Priesterkaiser sei ein ausgesprochen kreativer und sachkundiger Gourmet gewesen, denn angeblich kreierte er zahlreiche neue Getränke und Speisen. So soll er Rosenwein mit geriebenen Pinienkernen verfeinert und ein Rezept für Gehacktes aus Fisch – bestehend aus Austern, Muscheln, Krebsen und Hummer – erfunden haben.629 Andere besondere Delikatessen, die der Kaiser bevorzugt habe, waren Hahnenkämme, die den bedauernswerten Tieren bei lebendigem Leibe abgeschnitten worden seien, daneben Pfauen- und Nachtigallzungen. Sogar den Bediensteten des Palastes habe er besondere Leckerbissen zukommen lassen, die sich sodann an Flamingohirnen und Papageienköpfen erfreuen durften.630 An zehn aufeinanderfolgenden Tagen seien seinen Gästen täglich jeweils 30 Wildschweineuter aufgetischt worden, und diverse Beilagen wie Bohnen, Reis und Erbsen oder auch Obst habe der Kaiser durch die Beimischung von Goldstücken, Perlen oder Edelsteinen „aufgewertet“. Perlen sollen auch als Ersatz für Pfeffer – in der Antike ohnehin schon ein Luxusartikel – verwendet worden sein.631 Bei einer anderen Mahlzeit seien an die 600 Straußenköpfe serviert worden, um deren Gehirne als spezielle Delikatesse zu verspeisen. Manchmal sollen sich Gastmähler über den ganzen Tag hingezogen haben, wobei man bis zum 22 Gänge aufgetragen habe. Andere Tafeleien habe man so organisiert, dass die Kumpane des Kaisers jeweils einen Gang in ihren eigenen Häusern auszurichten hatten. So sei Elagabal dann mit seinem Gefolge durch ganz Rom von Haus zu Haus gezogen, und zwischen den einzelnen Gängen habe man sich in den Bädern mit Prostituierten vergnügt.632
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Es versteht sich beinahe von selbst, wenn behauptet wird, der Kaiser habe auch seine Speiseräume äußert üppig und prunkvoll ausstatten lassen. Die Gestelle der Speisesofas (Klinen) waren angeblich aus Silber, und natürlich habe Elagabal nur von silbernem Geschirr gegessen. Selbst für das Kochgeschirr sei teilweise dieses Edelmetall verwendet worden. Die Speisesofas habe man mit golddurchwirkten Stoffen bezogen und die Kissen mit Hasenhaar und Rebhuhndaunen gefüllt. Bei einem Gastmahl sollen die Klinen mit Safran bestreut gewesen sein, der immerhin auch heute noch als teuerstes Gewürz gilt.633 Üblicherweise habe der Kaiser jedoch Blumen bevorzugt, mit denen nicht nur die Speisesofas bedeckt waren, sondern der ganze Speisesaal und die Gänge. Neben Lilien, Veilchen, Hyazinthen und Narzissen seien hierfür vor allem Rosen verwendet worden. In einem der Speisesäle soll es eine bewegliche Decke gegeben haben, von der – wie der Autor der Historia Augusta berichtet – ein wahrer Regenschauer von Veilchen und anderen Blumen auf die Tischgäste herniederging, so dass die Tischgenossen des Kaisers unter einem Meer von Blumen begraben waren, und so manch einer, der sich vielleicht im Zustand der Übersättigung oder Trunkenheit nicht mehr emporarbeiten konnte, darunter erstickt sei.634 Wer das überlebt hatte, soll durch die großzügigen Tafelgeschenke des Priesterkaisers entschädigt worden sein, der hierbei Eunuchen, Pferde, Vierergespanne, Sänften und Reisewagen, Silbergeschirr oder auch stattliche Geldbeträge verschenkt habe.635 Nicht nur seinen Tischgästen habe Elagabal auserlesene Köstlichkeiten zukommen lassen, auch an seine Tiere soll er nur Erlesenes verfüttert haben. Wie behauptet wird, wurde seinen Hunden Gänseleber und den dressierten Löwen Papageien und Fasane vorgesetzt, während die Pferde des kaiserlichen Gestüts in den Genuss der in der Antike berühmten Trauben aus der syrischen Stadt Apamea gekommen sein sollen.636 Häufiger soll Elagabal seine Gastmähler nach einem bestimmten Motto oder besonderen Gestaltungsvorgaben ausgerichtet haben. So habe man im Sommer für die Speisetafel ein Farbkonzept zugrundegelegt, wonach die Dekoration des Speisesaals an einem Tag beispielsweise komplett in laubgrün und am nächsten Tag in meergrün gestaltet worden sein soll. Oder die Tafel sei thematisch nach bestimmten Speisen ausgerichtet worden. So sollen an einem Tag ausschließlich Gerichte serviert worden sein, die aus dem Fleisch von Fasanen zubereitet wurden. An anderen Tagen habe man nur aus jungen Hühnern, Schweinen, Fisch oder auch Gemüse und Milchprodukten zubereitete Speisen aufgetragen.637 Der Autor der Historia Augusta nennt sogar konkrete Zahlen, was der Priesterkaiser für seinen vermeintlichen Tafelluxus ausgegeben haben soll. Grundsätzlich hätten sich die Kosten für eine Hauptmahlzeit auf mindestens 100.000 Sesterzen belaufen. So manches Gastmahl habe aber insgesamt bis zu drei Millionen Sesterzen gekostet.638
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Nicht minder kostspielig sollen auch die weiteren Lebensgewohnheiten des jungen Kaisers gewesen sein. Angeblich hatte Elagabal eine Vorliebe für Duftessenzen mit denen er sich anscheinend gerne parfümierte, wobei ihn dann eine ganze Wolke von Wohlgerüchen umgeben habe. Ebenso soll er überhaupt nur in parfümiertem Wasser gebadet haben, wobei das Wasser des gesamten Schwimmbeckens mit Rosenwasser oder anderen Essenzen versetzt worden sei.639 Überkam ihn der Wunsch, in einfachem Meerwasser zu schwimmen, so habe er das Wasser vom Meer in einen möglichst weit entfernten Pool im Binnenland bringen lassen. Ähnlich soll es sich mit einem Schneeberg verhalten haben, den der Priesterkaiser angeblich mitten im Sommer in seinen Gärten beim Sessorium aufschütten ließ, was – wenn es stimmen würde – schon rein logistisch eine herausragende Leistung wäre.640 Neben den üppigen Tafelfreuden wird in der Historia Augusta auch der Kleiderluxus betont. Völlig unglaubwürdig ist die Angabe, Elagabal habe eine Tunika besessen, die ganz aus Gold gefertigt gewesen sein soll, und eine andere aus Edelsteinen, wobei er sich über die schwere Bürde seines Vergnügens beklagt habe. Auch die Schuhe des Priesterknaben seien mit Edelsteinen verziert gewesen, außerdem habe er beabsichtigt, ein juwelengeschmücktes Diadem zu tragen, da dies seine Schönheit betonen würde.641 Es dürfte keineswegs überraschen, wenn behauptet wird, Elagabal habe für seine Notdurft nur Nachttöpfe aus Gold oder Onyx benutzt.642 Darüber hinaus soll er nur Reisewagen verwendet haben, die ebenfalls mit Edelsteinen und Gold geschmückt waren. Und der Priesterkaiser habe für seine Reisen bis zu 600 Wagen benötigt, wegen des Heeres von Kupplern, Kupplerinnen, Dirnen, Lustknaben und auch wegen seiner eigenen leistungsfähigen Liebhaber, von denen er begleitet worden sei.643 Der Hinweis dürfte sich schon erübrigen, dass sich auch für sämtliche Angaben zum vermeintlichen Luxusleben Elagabals in den anderen Quellen kaum eine Bestätigung findet. Es handelt sich wahrscheinlich weitgehend um eine reine Fiktion des Autors der Historia Augusta. Das fällt bereits an den Stellen auf, an denen Gerichte aus Schweinefleisch erwähnt werden, dessen Genuss dem Oberpriester des deus Sol Elagabalus verboten war. Bei Cassius Dio heißt es nur pauschal, dass der Priesterkaiser den Staatsschatz verschwendet habe, und die Einnahmen nicht mehr für die Ausgaben ausgereicht hätten.644 Herodian beschreibt mehrmals die offenbar prunkvollen orientalischen Priestergewänder des Kaisers. Sein Bericht entspricht nicht exakt dem Erscheinungsbild des Kaisers, wie es seine Priestermünzen zeigen. Aber auch wenn hierfür golddurchwirkte Gewänder, Juwelen, Halsketten und Amulette verwendet wurden, die auch Cassius Dio erwähnt, dann hatte dies sicherlich keinen nennenswerten Einfluss auf den Staatshaushalt.645 Ebenso wenig wie die angeblich mit viel Gold und Edelsteinen
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geschmückte Sänfte Elagabals, die Herodian neben dem Kleiderluxus an anderer Stelle nennt.646 Der Gesamtetat des römischen Staatshaushalts wird für die Zeit des Septimius Severus ungefähr auf 1 Milliarde Sesterzen geschätzt. Der größte Ausgabeposten war der Militärhaushalt, wofür mindestens drei Viertel des Etats benötigt wurden. Hierzu gehörten nicht nur der seit den Severern massiv erhöhte Sold, sondern beispielweise auch Entlassungsgelder oder die Kosten für Instandhaltungsarbeiten, womit man die Höhe vielleicht auf 800 Millionen Sesterzen veranschlagen kann. Hinzu kamen die Ausgaben für Sonderzahlungen an die Soldaten und Geldspenden an die stadtrömische Bevölkerung (congiaria) von jeweils wechselnder Höhe. Weitere beträchtliche Kostenfaktoren waren die Aufwendungen für die staatliche Getreideversorgung, die auf ungefähr 50 Millionen Sesterzen geschätzt werden, sowie die Kosten für Circusspiele und Gladiatorenkämpfe von mindestens 10 Millionen Sesterzen. Auch die wachsende Zahl staatlicher Funktionsträger musste bezahlt werden, wofür ungefähr 50–70 Millionen Sesterzen ausgegeben wurden. Ausgaben von ebenfalls wechselnder Höhe verursachten zudem die staatlichen Baumaßnahmen.647 Diese Zahlenangaben mögen auf den Leser recht abstrakt wirken, da man die antiken Nominale nicht so ohne weiteres in eine moderne Währung umrechnen kann. Zudem wurde der Sesterz vor allem als Zähl- und Rechnungsmünze verwendet. Im alltäglichen Zahlungsverkehr zur Zeit Elagabals dominierte hauptsächlich der Denar, der dem Wert von vier Sesterzen entsprach, und das aus Kupfer geprägte Kleingeld. Um eine konkrete Vorstellung zu vermitteln, sei hier erwähnt, dass man bei einem einfachen Arbeiter von einem Tageslohn von einem Denar oder vier Sesterzen ausgeht. Und – um die Kaufkraft zu verdeutlichen – für einen halben Sesterz bekam man etwa einen halben Liter Wein oder eine einfache Hauptmahlzeit,648 wobei das Preisniveau von temporären Schwankungen abgesehen bis zur zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts relativ stabil blieb. Wenn wir uns nun wieder den römischen Staatshaushalt betrachten, so zeigt die obige Aufstellung, dass die Einnahmen in der Regel gerade einmal die notwendigen Ausgaben zu decken vermochten. Andererseits wurde bereits in dem Kapitel über das römische Reich zur Zeit der Severer darauf hingewiesen, dass der Kaiser bei Geldbedarf kurzerhand neue Münzen prägen ließ, deren Anteil an Edelmetall notgedrungen stetig reduziert werden musste.649 Dieser vermehrte Geldausstoß führte jedoch zunächst weder zu einer Inflation noch zu einem Kaufkraftverlust der Münzen. Nun stellt sich die Frage, in welchen Bereichen Elagabal im Vergleich zu anderen römischen Herrschern möglicherweise mehr Haushaltsmittel ausgegeben haben könnte, was somit den Vorwurf der Verschwendungssucht rechtfertigen würde. An Baumaßnahmen sei an die Errichtung beziehungsweise
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Umgestaltung der beiden Tempel für den deus Sol Elagabalus erinnert. Daneben ließ er am Stadtrand Roms die als Gärten der alten Hoffnung bezeichnete kaiserliche Villa samt einem Circus fertigstellen. Diese Projekte bewegen sich durchaus in einem maßvollen Rahmen und wurden von der Baupolitik anderer römischer Kaiser bei weitem in den Schatten gestellt. Als außergewöhnlicher Kostenfaktor könnten die regelmäßigen Opferrituale zu Ehren des emesenischen Sonnengottes im Elagabalium gesehen werden, bei denen Herodian zufolge täglich ganze Hektakomben von Stieren und eine große Menge Schafe geopfert wurden. Doch auch dies dürfte den Staatshalthalt nicht besonders belastet haben. Über die Opferwut des ansonsten sehr sparsamen Philosophenkaisers Marcus Aurelius, der zumindest persönlich den traditionellen Religionen gegenüber durchaus skeptisch gesinnt war, aber in der Not der Markomannenkriege und um den Göttern für seine Siege zu danken der Pflege der altrömischen Kulte seine besondere Aufmerksamkeit schenkte, ist das Bonmot überliefert: Wir, die schneeweißen Stiere, grüßen Marcus, den Kaiser. Wenn du noch einmal siegst, sind wir alle dahin!650 Es waren also keineswegs die persönliche Lebensführung des Kaisers, seine Baumaßnahmen oder die Kultrituale für seinen Gott, wodurch in signifikanter Weise die Finanzmittel des Staates verschleudert wurden. Allerdings scheint der Priesterkaiser in einem anderen Bereich tatsächlich exorbitante Ausgaben getätigt zu haben, der in den literarischen Quellen allerhöchstens angedeutet wird. Anhand der Münzemissionen kann nämlich nachvollzogen werden, dass unter Elagabal mindestens viermal außerordentliche Geldgeschenke (congiaria) an die stadtrömische plebs urbana ausgegeben wurden. Der Betrag, den der Priesterkaiser hierfür ausgab, kann pro Jahr auf eine Höhe von 113 Millionen Sesterzen hochgerechnet werden.651 Das war in der Geschichte des römischen Prinzipats die größte Summe, die bis dahin für diesen Zweck ausgegeben wurde. Kaiser Augustus – um Vergleichswerte zu nennen – gab hierfür im Durchschnitt ungefähr 9 Millionen Sesterzen pro Jahr aus und Marcus Aurelius etwa 36 Millionen Sesterzen.652 Stellt man nun die unter Elagabal für congiaria ausgegebene Summe dem Gesamtetat des römischen Staatshaushalts gegenüber, so ist schnell festzustellen, dass dies sehr wohl eine ganz außergewöhnlich hohe Ausgabe war. Allein für die Bewirtung anlässlich seiner Hochzeit mit Cornelia Paula im Jahr 219 gab der Kaiser für das Volk pro Kopf einen Betrag von 600 Sesterzen und für jeden Soldaten jeweils 1.000 Sesterzen aus.653 Allein für die Prätorianergarde und die 200.000 Empfangsberechtigten für die staatliche Getreideversorgung in der Stadt Rom war dies eine Summe von 130 Millionen Sesterzen, die zu den Ausgaben für die Geldgeschenke und Sonderzahlungen noch hinzuzurechnen sind. Weitere Geldmittel mussten zur Bestreitung der Kosten für die zahlreichen Wagenrennen, Gladiatorenkämpfe
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sowie die sonstigen Wettkämpfe und Schauspiele aufgebracht werden, die der Kaiser bei diversen Gelegenheiten ausrichten ließ.654 Vergleichsweise bescheiden machen sich hierzu die Geschenkgutscheine aus, die Elagabal bei der alljährlichen Überführung des Baetyls im Hochsommer in den Vorstadttempel von dem eigens dafür errichteten hohen Turm unter das Volk warf,655 oder die feisten Ochsen, Kamele, Esel und Hirsche, die er angeblich bei seinem Konsulatsantritt verschenkt haben soll.656 Diese ganz beträchtlichen Geldausgaben für die stadtrömische Bevölkerung entsprachen jedoch keineswegs der persönlichen Verschwendungssucht des jugendlichen Herrschers. Vielmehr stand dahinter die Intention, sich die Gunst der plebs urbana als für das Kaisertum wichtige Akzeptanzgruppe zu erhalten. Die Haltung des Senats gegenüber dem Priesterkaiser war von Anfang an kritisch. Doch auch hier wurde immer wieder versucht, einen versöhnlichen Kurs einzuschlagen, wie die Verleihung des ordentlichen Konsulats an Senatoren aus altangesehenen Familien und die Heirat mit Annia Aurelia Faustina zeigen. Die Einführung des emesenischen Sonnengottes anstelle Jupiters als obersten Gott im römischen Pantheon und vor allem die skandalöse Heirat mit einer vestalischen Jungfrau provozierte sicherlich die Empörung der stadtrömischen Bevölkerung. Dem versuchte man offenbar – höchstwahrscheinlich unter dem Einfluss kluger und wohlmeinender Ratgeber – durch die demonstrative und plakative Großzügigkeit des Kaisers entgegenzuwirken. Dass Elagabal im privaten Umfeld einen gewissen Hang zum Luxus hatte, wie dies in der Historia Augusta so vehement behauptet wird, würde recht gut zum Charakter des jungen Priesterkaisers passen. Die meisten Angaben hierzu müssen jedoch ins Reich der Phantasie verwiesen werden. Die außergewöhnlichen Ausgaben während seiner Regierungszeit waren vor allem ein Instrument der Herrschaftssicherung – letztlich jedoch ohne Erfolg. Somit erweist sich folglich auch der Vorwurf von der Verschwendungssucht und vom vermeintlichen Luxusleben Elagabals weitgehend als falsch. In die wichtigsten Staatsämter setzte Elagabal also keineswegs seine besonderen Günstlinge und die Genossen seiner sexuellen Eskapaden ein. Vielmehr überließ er die Verwaltung des Reiches und die eigentlichen Regierungsgeschäfte bewährten Fachleuten und militärischen Spezialisten. Dass darunter auch Aufsteiger und erprobte Gefolgsleute wie Comazon oder Pollio waren, die ihm zur Macht verholfen hatten, dürfte sich fast von selbst verstehen. Die zu Beginn dieses Kapitels erörterte Verfolgung einiger enger Mitarbeiter des Macrinus verwundert keineswegs. Hier folgte man nur den üblichen Gepflogenheiten der römischen Kaiserzeit. Richtig ist jedoch, dass der eigenwillige Elagabal wohl mit eigener Hand und vermutlich im Affekt seinen Mentor Gannys getötet hat und für die Hinrichtung des Rhetors Silvinus verantwortlich
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war. Im Rahmen des sich entwickelnden Machtkampfes innerhalb der Kaiserfamilie beabsichtigte er ebenfalls, seinen Cousin Severus Alexander zu beseitigen, was im folgenden Kapitel dargestellt werden soll. Der Priesterkaiser schmiedete folglich nur dann Mordpläne oder befahl eine Hinrichtung, wenn er sich persönlich bedroht oder in seiner kaiserlichen Autorität beziehungsweise in seiner Lebensweise eingeschränkt wähnte. Hierfür lassen sich jedoch überhaupt nur die drei oben genannten Beispiele belegen. Gemessen an seiner Position und den brutalen Regeln politischer Machtkämpfe seiner Zeit war er ganz gewiss kein blutrünstiger Tyrann, sondern wohl beinahe schon ein friedvoller Zeitgenosse, worauf auch seine Worte hinweisen, er wünsche sich keine Ehrentitel, die sich von Krieg und Blutvergießen herleiteten.657
5. Der Untergang Julia Maesa und dem kaiserlichen Beraterkreis konnte nicht verborgen geblieben sein, dass die Herrschaft des Teenagerkaisers nunmehr auf sehr wackeligen Beinen stand. Durch seine wiederholten Verstöße gegen altehrwürdige religiösen Traditionen, durch die skandalöse Heirat mit der Vestalin Aquilia Severa, durch seine Lebensweise und nicht zuletzt wohl durch den Umstand, dass er das Kaisertum überhaupt seinem Amt als Oberpriester des emesenischen Sonnengottes unterordnete, hatte er den Senat, die stadtrömische Bevölkerung und vor allem die Truppen gegen sich aufgebracht. Somit standen nun alle drei für das Kaisertum wichtigen Akzeptanzgruppen gegen Elagabal.658 In der Umgebung des Kaisers war man sich zweifellos darüber im Klaren, dass bei einem Umsturz, und ein solcher schien bevorzustehen, auch die Gefahr für das eigene Leben akut war. Mehrmals versuchte man den Kurs des Priesterkaisers zu korrigieren. So wurde die Ehe mit Aquilia Severa wieder geschieden, und durch die Heirat mit Annia Aurelia Faustina wurde eine Versöhnung mit dem Senat angestrebt. Die plebs urbana und die Soldaten sollten durch wiederholte außerordentliche Geldgeschenke beruhigt werden. Doch erwies sich der eigenwillige junge Herrscher weitgehend als beratungsresistent. Er verstieß seine neue Gattin aus der angesehenen Familie des Philosophenkaisers Marcus Aurelius und kehrte seiner religiösen Intention folgend zu Aquilia Severa zurück. Auch aus seiner für einen römischen Kaiser problematischen homosexuellen Beziehung zu Hierocles und Zoticus scheint Elagabal kein Geheimnis gemacht zu haben. Es besteht deshalb der begründete Verdacht, dass sich Elagabal über das wahre Ausmaß der Gefahr gar nicht bewusst war. Er wusste offenbar nur von der Abneigung der Prätorianergarde. In Verkennung der Lage soll er deshalb ausgerechnet vor dem Senat geklagt
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haben: Ihr liebt mich, und – bei Jupiter – auch das Volk tut es sowie die Legionen in der Ferne; doch den Prätorianern kann ich nicht gefallen und schenke ihnen doch so viel.659 Nicht nur um selbst an der Macht zu bleiben, wie dies Herodian unterstellt, sondern vielmehr auch um das Leben ihrer Familie zu schützen, kam Julia Maesa in der sich zuspitzenden Situation auf die Idee, den bei den Truppen offenkundig beliebten Cousin des Kaisers, den im Jahr 208 geborenen Sohn ihrer zweiten Tochter Julia Mamaea, Bassianus Alexianus, durch die Erhebung zum Caesar als Nachfolger aufzubauen. Man kann nur darüber spekulieren, wie schwierig es gewesen sein muss, Elagabal von diesem Ansinnen, das er schon bei seinem Mentor Gannys anscheinend vehement abgelehnt hatte, zu überzeugen. Herodian berichtet hierzu, Maesa habe dem Priesterkaiser eine Art Aufgabenteilung vorgeschlagen: Damit dieser unbeschwert von der Bürde des Kaisertums sich seinen priesterlichen Pflichten widmen könne, benötige er einen Mitherrscher, der sich um die irdischmenschlichen Verwaltungstätigkeiten kümmere.660 Wenn dies stimmt, und nicht nur eine Ausschmückung des Autors ist, dann würde das den Eindruck bestätigen, dass man Elagabal ganz bewusst darin bestärkt hatte, sich primär auf seine Aufgaben als Oberpriester des Sonnengottes von Emesa zu konzentrieren, um ihn so von der eigentlichen Regierungstätigkeit fernzuhalten. Höchstwahrscheinlich am 26. Juni 221 – also fast zeitgleich mit der Scheidung des Kaisers von der Vestalin Aquilia Severa – wurde der Senat zu einer Sitzung in die Senatskurie beim Forum Romanum einberufen.661 Dort erschienen neben dem Kaiser und dem damals 13jährigen Bassianus Alexianus auch Julia Maesa und Julia Soaemias. Beide durften direkt neben dem Kaiser Platz nehmen. Der Stuhl des Herrschers stand gegenüber dem Eingangsportal auf einem niedrigen Podest direkt unterhalb des Victoriastandbildes, über dem man Herodian zufolge das sogenannte Vorstellungsgemälde angebracht hatte. Der jüngere Enkel der Julia Maesa wurde für volljährig erklärt, von Elagabal adoptiert und sodann mit dem Namen Marcus Aurelius Alexander zum Caesar erhoben – als Kaiser nannte er sich später Marcus Aurelius Severus Alexander. Nach Cassius Dio, der von dieser Senatssitzung berichtet, soll der inzwischen wohl 18 Jahre alte Priesterkaiser darüber gescherzt haben, nunmehr einen fast gleichaltrigen Adoptivsohn zu haben: . . . er beglückwünschte sich, dass er plötzlich, obwohl nicht viel älter als Bassianus, Vater eines so großen Jungen geworden sei, und erklärte, dass er keineswegs ein weiteres Kind brauche, um sein Haus dauernd von Kleinmut freizuhalten. (Der Gott) Elagabalus habe ihm nämlich, wie er sagte, den Auftrag erteilt, so zu verfahren und fernerhin seinem Sohn den Namen Alexander zu geben.662 Immerhin scheint Elagabal zunächst selbst von
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diesem Schritt überzeugt gewesen zu sein, da er ihn wenigstens offiziell mit der Weisung seines Gottes begründete. Der Herrschername Alexander war in zweierlei Hinsicht programmatischer Natur. Zum einen verwies er auf den Makedonen Alexander den Großen, der das altpersische Reich der Achämeniden unterwarf. Somit verhieß dieser Name den Soldaten eine Wiederaufnahme des von Macrinus durch einen schmachvoll erkauften Frieden vorläufig beendeten Partherkrieges. Zum anderen wurde mit diesem Namen an Caracalla angeknüpft, der den Makedonen als Vorbild sah und ihm seine besondere Verehrung entgegenbrachte. Noch in jener Senatssitzung vom 26. Juni wurden der Priesterkaiser sowie sein Caesar und Adoptivsohn für das kommende Jahr zu Konsuln designiert. Außerdem scheint sich aus dem Umfeld von Julia Maesa das Gerücht verbreitet zu haben, auch Severus Alexander sei ein unehelicher Sohn Caracallas.663 Dies wurde wohl allenthalben geglaubt, da sich Julia Mamaea ebenso wie Julia Soaemias zu Lebzeiten dieses Herrschers bei ihrer Tante Julia Domna am Kaiserhof aufhielt. In die kaiserliche Selbstdarstellung wurde dies jedoch nicht übernommen. Solange Elagabal lebte, titulierte man in den Inschriften und Militärdiplomen den nunmehrigen Adoptivsohn Elagabals stets als Enkel Caracallas (divi Antonini Magni nepos) und Urenkel des Septimius Severus (divi Severi Pii pronepos).664 Erst nach dem Tod Elagabals und seiner anschließenden damnatio memoriae, womit der Priesterkaiser aus der Ahnenreihe getilgt wurde, bezeichnete man Severus Alexander offiziell als Sohn Caracallas. In den Militärdiplomen trägt er außerdem die für einen römischen Thronfolger einzigartige Titulatur nobilissimus Caesar imperi et sacerdotis.665 Die Bezeichnung nobilissimus Caesar war die übliche Anrede für den Thronfolger. Ansonsten ist die Titulatur etwas verwirrend, da die Form imperi grammatikalisch eigentlich falsch ist. Es müsste mindestens imperii heißen. Womöglich ist damit aber auch imperatoris, also des Kaisers, gemeint. Und sacerdotis steht für den Begriff Priester im Genitiv. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird man diesen Titel mit edelster Caesar des Kaisers und Priesters übersetzen können, also sinngemäß „Nachfolger des Kaisers und Priesters“.666 Mit dem Kaiser und Priester ist natürlich niemand anders als der in diesen Inschriften oder Diplomen immer an erster Stelle genannte Elagabal gemeint, der dort die Titulatur sacerdos amplissimus dei Solis Invicti Elagabali (Oberpriesters des unbesiegbaren Sonnengottes Elagabal) trägt. Die besondere Hervorhebung des Priestertums in der Titulatur des Caesars Severus Alexander dokumentiert, dass auch er in den Kult des emesenischen Sonnengottes als dem obersten Gott des Reiches miteingebunden werden sollte. Wie Herodian schreibt, wurde noch in Emesa der junge Cousin Elagabals ebenfalls dem Dienst des Sonnengottes geweiht.667 Zweifellos über-
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trieben ist jedoch die Behauptung des Historikers, der Kaiser habe geplant, den Thronfolger ganz nach seinem Vorbild auszurichten, wonach Severus Alexander gänzlich in die Fußstapfen seines Adoptivvaters als Priester des deus Sol Elagabalus treten sollte. Julia Mamaea habe ihn aber dem Einfluss Elagabals entzogen und heimlich Lehrer an den Hof geholt, um ihren Sohn nach dem klassischen griechisch-römischen Bildungsmodell erziehen zu lassen, worüber der Kaiser äußerst erzürnt gewesen sein soll.668 Wie schon mehrmals erwähnt wurde, entspricht dies der Intention des Autors, Bildung als entscheidendes Kriterium zur sittlichen Beurteilung des Herrschers darzustellen.669 Aber nicht nur Julia Mamaea, sondern auch der „orientalische“ Priesterkaiser Elagabal selbst war offenbar an einer gründlichen Ausbildung seines Cousins interessiert. In dem auf dem Werk des Historikers und Staatsmannes Marius Maximus basierenden Teil der vita Heliogabali in der Historia Augusta heißt es ausdrücklich, dass Elagabal den Rhetor Silvinus zum Lehrer Severus Alexanders bestellt hatte.670 Darüber hinaus entsprachen die griechischrömischen Bildungsideale und die altrömischen Traditionen vermutlich dem Naturell des knabenhaften neuen Thronfolgers. Severus Alexander widmete sich später als Kaiser unter dem Einfluss des Rechtsgelehrten Ulpian, der nach Elagabals Tod schon bald zum Prätorianerpräfekten ernannt wurde, besonders der Gesetzgebung. Erstaunlicherweise sind bereits aus der Regierungszeit Elagabals drei Reskripte des erst 13jährigen Caesars erhalten. Ein Reskript war ein kaiserliches Antwortschreiben auf eine juristische Anfrage zu einer bestimmten Sachfrage und hatte Gesetzeskraft. Diese Anfragen wurden von staatlichen Funktionsträgern oder auch von Privatpersonen eingereicht. Üblicherweise wurden diese Schreiben von der kaiserlichen Kanzlei beantwortet, in der zur Zeit der Severer so bedeutende Juristen wie Papinian, Julius Paulus und Ulpian wirkten. Schließlich wurde das Reskript vom Kaiser unterzeichnet, womit es rechtskräftig war. Dem späteren Kaiser Severus Alexander wird sogar nachgesagt, dass er selbst bei der Abfassung der Reskripte mitgewirkt haben soll.671 Die drei Reskripte aus seiner Zeit als Thronfolger datieren vom 3. und 19. Februar sowie vom 7. März 222.672 Es ist nicht so, dass im Codex Iustinianus aus dem sechsten Jahrhundert, in dem diese Reskripte überliefert sind, anstelle des durch die damnatio memoriae aus dem Gedächtnis getilgten Elagabal einfach nur Severus Alexander angegeben worden wäre. Vielmehr enthalten alle Schreiben die Formel „Alexander an den jeweiligen Empfänger“, während bei der Angabe der Konsuln im Datum in einem Fall sogar Elagabal (Antoninus) genannt wird, und bei den beiden anderen Reskripten sein Name mit „a“ abgekürzt wird. Im Gegensatz zu dem Priesterkaiser übernahm der 13jährige Thronfolger – vermutlich unter dem Einfluss seiner Lehrer und der kaiserlichen Juristen – tatsächlich Regierungs-
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aufgaben. Jedoch enthält seine offizielle Titulatur keine Bestandteile wie die tribunizische Gewalt, die auf wirkliche Herrscherbefugnisse schließen lassen. Auffällig ist, dass bei Herodian die Initiative der Erhebung des Severus Alexander zum Caesar ausdrücklich von Julia Maesa ausgeht, während sie bei Cassius Dio überhaupt nur in einem Nebensatz erwähnt wird. Dies entspricht den Berichten über den Putsch gegen Macrinus, bei dem Herodian ebenfalls die Rolle der Julia Maesa hervorhebt.673 Wie bei den Ereignissen des Jahres 218 wird man davon ausgehen können, dass Julia Maesa nicht allein stand, sondern von einigen wichtigen staatlichen Funktionsträgern unterstützt wurde, unter anderem wahrscheinlich von Comazon, der später unter der Herrschaft Severus Alexanders ein drittes Mal die Stadtpräfektur bekleidete. Unklar ist, ob mit der Erhebung des jüngeren Enkels der Maesa nur die öffentliche Meinung beruhigt, oder aber bei einem möglichen Sturz Elagabals der Prätorianergarde sogleich ein probater Nachfolger präsentiert werden sollte. Die Wahrscheinlichkeit spricht mehr für die letztere Intention, da so für die kaiserliche Familie und die Mehrzahl ihrer Funktionäre am ehesten die Chance bestand, einen gewaltsamen Umsturz unbeschadet zu überstehen. Als Elagabal sich dazu entschloss, seinen jungen Cousin zum Caesar zu erheben und sich von Aquilia Severa scheiden zu lassen, beugte er sich dem zunehmenden Protest gegen seine Herrschaft und dem Druck seiner engeren Umgebung.674 Beide Schritte scheint er indes bald bereut zu haben. Wie schon berichtet wurde, ließ er sich bereits gegen Ende des Jahres 221 von Annia Aurelia Faustina scheiden und heiratete abermals die Vestalin Aquilia Severa. Und was die Erhebung des Severus Alexander zum Caesar anbelangt, so soll er für diese Würde eigentlich seinen Gespielen, den blondgelockten Hierocles, ausersehen haben. Wahrscheinlich begann er allmählich auch, die wahre Absicht Julia Maesas und ihrer Helfer zu durchschauen. Die beginnende Aversion Elagabals gegen seinen Adoptivsohn spiegelt sich womöglich in der Münzprägung wieder, denn im Gegensatz zu den Kaisergemahlinnen wurden für den Caesar in Rom nur relativ wenige Münzen geprägt.675 Dies ist um so bemerkenswerter, wenn man es damit vergleicht, in welchem Umfang die beiden Caesares Caracalla und Geta in die Herrschaftsrepräsentation der domus divina des Septimius Severus miteinbezogen wurden.676 Auch fehlen für den Caesar überhaupt die typischen Münzen, mit denen durch die Legende CONCORDIA und der Darstellung der personifizierten Eintracht die Harmonie im Herrscherhaus demonstriert werden sollte, oder Stücke auf denen Elagabal und Severus Alexander gemeinsam abgebildet wären. Beide Münztypen wurden hingegen für die Kaisergemahlinnen sowie für Maesa und Soaemias in großer Zahl geprägt.677
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Parallel zur Verärgerung des Priesterkaisers kam es nun im Palast zu einem sich zuspitzenden Konflikt zwischen den Schwestern Julia Soaemias und Julia Mamaea.678 Während die literarischen Quellen über Julia Soaemias zumeist abwertend urteilen, wird bei Julia Mamaea hingegen eine Nähe zum Christentum vermutet. Angeblich soll sie später in Antiochia ein Treffen mit dem christlichen Theologen Origenes von Alexandria arrangiert haben.679 Gelegentlich wird von christlichen Autoren sogar behauptet, sie sei selbst Christin gewesen.680 Natürlich lag es im Interesse der Christen, möglichst früh schon eine Hinwendung von hochrangigen Mitgliedern der römischen Gesellschaft zu ihrer Religion belegen zu können, weshalb derartige Berichte tendenziell unzuverlässig sind. Doch ist anzunehmen, dass Julia Mamaea – ebenso wie ihre Tante Julia Domna – an Philosophie und Theologie interessiert war. Bei Herodian tritt sie vornehmlich als einflussreiche und habgierige Regentin hinter ihrem Sohn Severus Alexander in Erscheinung, was aber wohl nicht den Tatsachen entsprach.681 Während der Priesterkaiser inzwischen bei der senatorischen Aristokratie, der stadtrömischen Bevölkerung und vor allem bei der Prätorianergarde und den Truppen verhasst war, durfte sich Severus Alexander einer allgemeinen Beliebtheit erfreuen.682 Bei dem sich nun anbahnenden Machtkampf in der kaiserlichen Familie versuchte Elagabal zunächst anscheinend, Severus Alexander auf möglichst friedvolle Weise wieder los zu werden. Nach Marius Maximus, dessen ausführlicher und glaubwürdiger Bericht vom Ende Elagabals in der Historia Augusta fast vollständig überliefert ist,683 gab der Kaiser den Befehl, Severus Alexander aus seiner Umgebung zu entfernen. Den Senat forderte er auf, diesem den Caesar-Titel abzuerkennen. Dieses Ansinnen quittierten die Herren des ordo senatorius jedoch mit allgemeinem Schweigen.684 Erstaunlicherweise widersetzten sich die Senatoren somit dem ausdrücklichen Wunsch des regierenden Herrschers, der mit schwindender Macht dem Gremium jedoch schon nicht mehr seinen Willen aufzwingen konnte. In die Enge getrieben beschloss Elagabal, seinen Widersacher mit Gewalt zu beseitigen. So soll er unter den Erziehern seines Cousins, denen er hierfür Belohnungen und Ehrenposten versprach, nach einem geeigneten Mörder gesucht haben. Ob das für diese frühe Phase des Konflikts zutrifft, ist jedoch zweifelhaft. Vielmehr sandte er nach der Weigerung des Senats nun an die Soldaten der Garde ebenfalls ein Schreiben mit der Aufforderung, seinem Cousin den Caesar-Titel abzuerkennen. Während Severus Alexander mit seiner Mutter und Julia Maesa im Palast auf dem Palatin zurückblieb, begab sich Elagabal zu den Gärten der alten Hoffnung. Offenkundig gab er sich in seinem jugendlichen Alter der kindischen Hoffnung hin, die Stimmung unter den Prätorianern noch zu seinen Gunsten wenden zu können. Fatalerweise schickte
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er eben zu diesem Zweck Leute aus, die den Auftrag hatten, die Standbilder und Inschriften Severus Alexanders im Lager der Prätorianergarde zu schänden und mit Fäkalien zu beschmieren.685 Wenn Elagabal den Plan verfolgt haben sollte, Severus Alexander bei den Truppen durch die Schändung seiner Standbilder zu diskreditieren und als Usurpator zu stigmatisieren, so scheiterte dieses Unternehmen kläglich. Als die Prätorianer die besudelten Inschriften und Bildwerke des jungen Caesars gewahrten, wandte sich ihre Empörung sogleich gegen Elagabal, dessen Urheberschaft leicht auszumachen war. Es kam in der Kaserne zu einer Meuterei gegen den Priesterkaiser. Als sich Elagabal in seine Gärten beim Sessorium begab, mag er sich der trügerischen Hoffnung hingegeben haben, die Soldaten würden seiner Aufforderung Folge leisten, zum Palast ziehen und den vermeintlichen Usurpator stürzen. Die Prätorianergarde zog nun tatsächlich zum Palast. Allerdings nahmen sie dort entgegen der Erwartung des Kaisers den jungen Severus Alexander sowie seine Mutter und Großmutter in ihren Schutz und führten sie in die castra praetoria. Eine andere Gruppe von Soldaten brach zu den Gärten der alten Hoffnung auf, zweifellos in der Absicht den Priesterkaiser zu erschlagen. Ihnen folgte in einigem Abstand Julia Soaemias, die sich begreiflicherweise Sorgen um ihren Sohn machte. Während dieser Ereignisse weilte Elagabal in aller Seelenruhe bei seiner Wagenrennbahn (circus Varianus), wo er Vorbereitungen für eine Rennfahrt traf. Angeblich soll er dabei ungeduldig auf die Nachricht von der Ermordung seines Cousins durch die Prätorianer gewartet haben. Als er den Lärm der anrückenden Soldaten hörte, floh er in die kaiserliche Villa und versteckte sich hinter einem Vorhang seines Schlafzimmers. Vorher noch schickte er den Prätorianerpräfekten Antiochianus den Meuterern, die schon in die Gärten eingedrungen waren und denen sich vermutlich die Wachen angeschlossen hatten, entgegen, um sie zu beschwichtigen. Dessen Amtskollegen sandte er mit dem gleichen Auftrag ins Lager der Prätorianer. Beide Präfekten hatten folglich den Kaiser begleitet. Da die Gärten nur von einem kleinen Trupp gestürmt wurden, ein Tribun namens Aristomachus konnte den Großteil der Soldaten zurückhalten, gelang es Antiochianus die Eindringlinge mit dem Hinweis auf ihren Treueeid von der beabsichtigten Ermordung Elagabals abzuhalten.686 Dem Amtskollegen des Antiochianus stellten die Prätorianer unterdessen im Lager ihre Forderungen: . . . sie seien bereit, den Heliogabal zu schonen, falls er das nichtsnutzige Gesindel und die Wagenlenker und Schauspieler aus seiner Umgebung entfernen und künftig ein anständiges Leben führen wolle. Genannt wurden vor allem Hierocles und auch der Wagenlenker Cordius sowie drei weitere Kumpane Elagabals, darunter ein Herr mit dem Namen Myrismus, die aus der Umgebung des Kaisers verbannt werden sollten. Außer-
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dem verlangten die Soldaten von den beiden Prätorianerpräfekten, sie sollen das Leben des Severus Alexander schützen und ihn vor dem schädlichen Einfluss der Freunde des Kaisers bewahren.687 Der uns namentlich nicht bekannte Prätorianerpräfekt, bei dem es sich vielleicht um den besagten „ . . . atus“ handelt, dessen Name auf der Inschrift vom Esquilinhügel in Rom nur fragmentarisch erhalten ist,688 wird auch dieser Forderung der Garde bereitwillig zugestimmt haben. Nachdem sich so die Wogen einstweilen geglättet hatten, wagte es Elagabal – wohl einige Tage später – selbst im Lager der Prätorianer zu erscheinen.689 Dort zeigte er sich auf der Tribüne an der Seite Severus Alexanders. Damit sollte den Prätorianern die scheinbar wiederhergestellte Eintracht im Herrscherhaus demonstriert werden. Um die Gunst der Soldaten wiederzugewinnen und wenigstens Hierocles in seiner Nähe behalten zu können, verlegte sich Elagabal aufs Bitten und Betteln. Mit den Worten, lasst mir diesen einzigen Mann, was auch immer ihr an ihm argwöhnen wollt, oder tötet mich, konnte er die Verbannung des Hierocles verhindern.690 Diese erste Meuterei der Prätorianergarde gegen den Priesterkaiser muss sich Marius Maximus zufolge im Herbst oder gegen Ende des Jahres 221 ereignet haben.691 Nachdem die Truppen in Rom so nachdrücklich ihre Sympathie für den jungen Severus Alexander bekundet hatten, wäre es ein Gebot der Klugheit gewesen, diesen zukünftig möglichst in die kaiserliche Herrschaftsrepräsentation einzubinden. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Elagabal bewies auch hier seine Eigenwilligkeit und Uneinsichtigkeit. Bewusst wurde der Caesar von offiziellen Anlässen und öffentlichen Zeremonien ferngehalten.692 Als am 1. Januar 222 Elagabal und Severus Alexander ihr gemeinsames Konsulat antreten sollten, weigert sich der Kaiser neben seinem Cousin in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Erst auf die dringenden Vorhaltungen seiner Mutter und Großmutter, dies beschwöre den Zorn der Soldaten herauf und bedeute seinen Tod, bequemte er sich die purpurverbrämte toga praetexta der römischen Magistrate anzulegen. Wie schon erwähnt, trug Elagabal entgegen der Behauptung Herodians sehr wohl auch römische Gewänder. Das angemessene Kleidungsstück für den Konsulatsantritt des Kaisers wäre allerdings die reich verzierte trabea triumphalis gewesen. So bekleidet begab er sich in Begleitung der Julia Maesa in die Senatskurie, wo er wahrscheinlich schon von Severus Alexander erwartet wurde. Anschließend weigerte sich der Kaiser aber, zusammen mit dem Caesar die vorgeschriebenen Opfer und Gelübde beim Tempel des Jupiter auf dem Kapitolshügel vorzunehmen. Er kehrte in den Palast zurück und ließ diese Zeremonien stellvertretend von einem Prätor erledigen.693 Dies waren ursprünglich die für die Gerichtsbarkeit in der Stadt Rom zuständigen Magistrate, die sich in der Kaiserzeit jedoch nur noch mit alltäglichen Rechtsgeschäften zu befassen hatten.
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Hinter den Kulissen schwelte der Konflikt ebenfalls weiter. Spätestens nach dem gescheiterten Versuch, Severus Alexander durch die Prätorianergarde beseitigen zu lassen, reifte in dem Priesterkaiser nun wirklich der Entschluss, seinen Caesar von gedungenen Mördern töten zu lassen. Allerdings beging er den Fehler, hierüber immer wieder Andeutungen zu machen. Bei dem misslungenen Konsulatsantritt am 1. Januar 222 soll man zu ihm gesagt haben, dass er doch glücklich sein müsse, das Konsulat zusammen mit seinem Sohn bekleiden zu können. Darauf soll er geantwortet haben: Im kommenden Jahr werde ich noch glücklicher sein, da dann zu erwarten steht, dass ich mit einem wirklichen Sohn zusammen das Konsulat innehaben werde.694 Falls dieses Zitat authentisch sein sollte, so ist keineswegs klar, was er mit einem „wirklichen Sohn“ gemeint haben könnte, ob Elagabal vielleicht an einen leiblichen Sohn dachte, den er mit der Vestalin Aquilia Severa zu zeugen beabsichtigte und der dann als Säugling ordentlicher Konsul Roms werden sollte. Eindeutig ist jedoch die Aussage, dass er im kommenden Jahr nicht mehr mit seinem Cousin gemeinsam das Konsulat bekleiden werde. Glaubt man dem Bericht Herodians, dann soll er auch vor Julia Maesa mit seinen Mordabsichten geprahlt haben.695 Ob dies wirklich stimmt, ist zweifelhaft, doch scheint sich die Großmutter des Kaiser nun eindeutig für Severus Alexander erklärt zu haben.696 Während sich die Rivalität zwischen Soaemias und Mamaea im Palast vermutlich ebenfalls zunehmend verschärfte, traf Letztere ihre Vorkehrungen. Wegen der begründeten Furcht vor einem Giftanschlag, ließ sie keine Speisen und Getränke mehr zu ihrem Sohn, die von Elagabal kamen. Auch verschmähte sie das kaiserliche Personal und bediente sich nur ausgewählter und zuverlässiger Köche und Mundschenke.697 Abgesehen von der Behauptung Herodians, Julia Mamaea habe heimlich an die Soldaten Geld verteilen lassen, um sie ihrem Sohn geneigter zu machen,698 schweigen die literarischen Quellen zu weiteren Maßnahmen aus dem Umfeld des Severus Alexander gegen Elagabal. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn in der Historia Augusta wird Severus Alexander zum Musterkaiser stilisiert und Cassius Dio stand ihm später selbst persönlich nahe. Und Berichte über etwaige Ränke aus seiner Umgebung gegen den regierenden Herrscher mögen das Bild vom idealen Kaiser getrübt haben. Entsprechend den Gepflogenheiten der römischen Kaiserzeit wäre es jedoch zu erwarten, dass man im Kreise um Julia Mamaea seinerseits mit dem Gedanken spielte, den Priesterkaiser zu ermorden oder mit Hilfe der Prätorianergarde einen Umsturz herbeizuführen. Und sei es auch nur, um auf diese Weise einem bevorstehenden Anschlag Elagabals zuvorzukommen und so das Leben des jungen Caesars zu retten. Wie deshalb zu vermuten ist, wird man auch auf der Gegenseite nicht untätig die Entwicklung der Ereignisse abgewartet haben.
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Sich die Gunst der Soldaten mit Geld zu erkaufen, war ein probates Mittel, doch kam es hierbei auf die Höhe der Summe an. Es darf bezweifelt werden, dass Julia Mamaea über ausreichende Geldmittel verfügte, um im großen Stile unter den Soldaten der Garde Anhänger zu werben. Im politischen Machtkampf standen aber auch in der Antike den Kontrahenten genügend andere geeignete Mittel zur Verfügung, die durchaus an die Instrumentarien neuzeitlicher Propaganda erinnern. So kamen im antiken Rom schon Flugblätter zum Einsatz.699 Kam es zwischen den Parteien bereits zu offenen Kampfhandlungen, dann setzte man Schleudergeschosse ein, die mit politischen Botschaften oder einer Beschimpfung des Gegners – oftmals recht obszönen Inhalts – beschriftet waren. Dies erinnert an das Abwerfen von Flugblättern hinter den feindlichen Linien in unserer Zeit. Diese Schleudergeschosse, beispielsweise aus Blei, waren eine wirkungsvolle Fernwaffe – berühmt waren die balearischen Schleuderer aus der Zeit der punischen Kriege –, und es wurden auch gerade aus der Zeit der späten römischen Republik zahlreiche Geschosse gefunden, die mit solchen Botschaften versehen waren.700 Am effektivsten war jedoch gezielte Mundpropaganda, die schon gegen Macrinus zum Einsatz kam, als Gannys und Julia Maesa das Gerücht verbreiten ließen, Elagabal sei der uneheliche Sohn Caracallas. In dem Bericht über eine Meuterei nach dem Tod des Kaisers Augustus wird genau beschrieben, wie dies funktionierte. Man bediente sich hierfür zuverlässiger Gefolgsleute aus den Reihen der Soldaten. Dazu gehörten vorzugsweise vertrauenswürdige Centurionen und Unteroffiziere, die bei den Truppen beliebt und angesehen waren. Diese schickte man nachts einzeln durch die Gassen des Lagers. Dort verwickelten sie die Nachtwachen, Posten und ihre sonstigen anzutreffenden Kameraden ganz beiläufig in Gespräche, wobei sie unaufdringlich zum Nachdenken animierende Suggestivfragen stellten und dadurch Gerüchte ausstreuten.701 Vielleicht – wie man sich dies im Frühjahr des Jahres 222 vorstellen könnte – in der Art: „Sollen wir unter einer Schwuchtel dienen?“, „Wann ziehen wir endlich gegen die Parther?“ oder „Will der Assyrer schon wieder unseren kleinen Caesar umbringen?“ Die so ausgesprochenen Gerüchte und Andeutungen dürften am folgenden Tag zahlreiche Multiplikatoren gefunden haben, die das Gehörte in übertriebener Form weiterberichtet haben werden. Das ist zwar hypothetisch, doch wäre es gut möglich, dass man im Kreis um Julia Mamaea in eben dieser Weise gegen Elagabal vorging. In dem zumeist erdichteten Teil der vita Heliogabali, der nicht auf dem Werk des Marius Maximus basiert, berichtet der Autor der Historia Augusta, die syrischen Priester hätten Elagabal einen gewaltsamen Tod prophezeit. Deshalb soll er zahlreiche Vorkehrungen für einen möglichst stilvollen Suizid getroffen haben, falls sich die Lage zuspitzt und es die Situation erfordert. So
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habe man diverse Stricke, die aus Purpur-, Seiden- oder Scharlachfäden gedreht waren, bereitgelegt, mit denen sich der Kaiser notfalls erhängen konnte. Der klassische Freitod für einen römischen Aristokraten war es, sich die Pulsadern zu öffnen oder in sein Schwert zu stürzen. Hierfür soll sich Elagabal gleich mehrere goldene Schwerter zugelegt haben. Ebenso hatte er angeblich einige Döschen mit Gift in seiner Nähe. Das Ausgefallenste war, wie in der Historia Augusta behauptet wird, ein sehr hoher Turm, den der Priesterkaiser errichtet haben soll, um sich daraus gegebenenfalls hinabzustürzen. Da sein Suizid jedoch möglichst luxuriöser Art sein sollte, damit er auch darin alle übertreffe, habe er den Boden am Fuße des Turms mit goldenen und juwelenbesetzten Platten auslegen lassen. Der Autor schreibt dazu, es müsse auch sein Tod kostspielig sein und ein Akt des Luxus, so dass man sagen müsse, niemand habe auf solche Art sein Ende gefunden.702 Zumindest den Turm könne es wirklich gegeben haben, denn auch Herodian erwähnt mehrere hohe Türme, die Elagabal errichtet haben soll – allerdings um daraus bei bestimmten Anlässen Geschenkgutscheine unter das Volk zu werfen.703 Alles andere ist jedoch reine Fiktion, denn Elagabal beabsichtigte keineswegs, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Vielmehr hatte er aus der Erfahrung vom Herbst 221 gelernt, als der Versuch, Severus Alexander durch die Prätorianergarde beseitigen zu lassen, zu einer Meuterei führte und ihm beinahe selbst das Leben gekostet hätte. Er bereitete deshalb seinen erneuten Anschlag auf den Caesar sehr gründlich vor. Da er sich des Senates nicht sicher war – vielmehr argwöhnte er, das Gremium könnte nach der Ermordung Severus Alexanders einen anderen zum Gegenkaiser ausrufen –, gab er den Befehl, dass alle Senatoren unverzüglich die Hauptstadt zu verlassen hätten. Wir wissen nicht, ob wirklich alle Senatoren den Befehl befolgten. Angeblich sollen nicht alle Mitglieder des ordo senatorius, die doch über ein Vermögen von mindestens einer Million Sesterzen verfügen mussten, Sklaven und entsprechende Fahrzeuge oder Transportmöglichkeiten besessen haben. Deshalb seien einige von gemieteten Trägern oder Lasttieren aus der Stadt gebracht worden. Wie schon berichtet wurde, weigerte sich der Konsular Sabinus standhaft, Rom zu verlassen, woraufhin Elagabal dessen Exekution angeordnet haben soll. Da der schwerhörige Centurio, dem der Kaiser im Flüsterton die Hinrichtung des Sabinus befohlen habe, den Befehl missverstand, führte er den Konsular nur aus der Stadt. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass weder Marius Maximus noch der Autor der Historia Augusta, der dies nach dem Staatsmann und Heerführer aus der Zeit der Severer berichtet, wissen konnten, welche Anordnung der Kaiser seinem Centurio zugeflüstert hatte. Wahrscheinlich war es wirklich nur der Befehl, den Senator notfalls mit Gewalt aus der Stadt zu bringen. Offensichtlich wurde auch eine Reihe von zuverlässigen
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Gefolgsleuten und Vertrauten des jungen Caesars aus der Hauptstadt verwiesen. Dazu gehörte unter anderem der berühmte Jurist Ulpian, der Severus Alexander vermutlich in die Rechtsprechung eingeführt hatte. Auch der Rhetor Silvinus, den Elagabal selbst zum Erzieher seines Cousins eingesetzt hatte, wurde zunächst aus Rom verbannt. Womöglich war Silvinus ein besonders eifriger Anhänger seines Zöglings, weshalb er auf Befehl des Priesterkaisers kurze Zeit später hingerichtet wurde.704 Diese umfangreichen Vorkehrungen konnten jedoch weder dem Kreis um Julia Mamaea noch der Prätorianergarde verborgen geblieben sein, weshalb die ohnehin durchschaubaren Absichten des Priesterkaisers schon bald offenbar wurden. Herodian behauptet sogar, Elagabal habe das Gerücht verbreiten lassen, Severus Alexander sei tödlich erkrankt.705 Dies ist sehr wohl möglich, denn so hätte der Kaiser für den plötzlichen Tod seines Cousins eine natürliche Ursache reklamieren können. Vorausgesetzt die Angabe Herodians stimmt, dann wäre es aber auch nicht auszuschließen, dass dieses Gerücht aus dem Umfeld des jungen Caesars selbst in Umlauf gesetzt wurde – eben in dem Wissen, dass man annehmen würde, mit dieser Behauptung wolle Elagabal seine Mordpläne bemänteln. Dieses Gerücht war höchstwahrscheinlich der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Wie die Historia Augusta nach Marius Maximus, Cassius Dio und Herodian einhellig berichten, meuterte nun die Prätorianergarde erneut und verschanzte sich in ihrem Lager.706 Auch die persönlichen Wachen des Kaisers, die üblicherweise von den Prätorianern gestellt wurden, zog man ab. Nun stand zu befürchten, dass die meuternde Soldateska zum Palast ziehen würde, um den Kaiser zu töten, so wie sie dies schon im Herbst des Vorjahres beabsichtigt hatten. Um die Meuterei zu beenden, beschloss man nun – zweifellos auf dringendes Anraten der Getreuen des Kaisers – gemeinsam mit dem jungen Caesar und dessen Mutter ins Lager der Prätorianer zu ziehen. Abermals sollten die Soldaten durch die Demonstration scheinbarer Eintracht und das Erscheinen Severus Alexanders beruhigt werden. Begleitet wurde der Kaiser außerdem von Julia Soaemias. Nun könnte der Eindruck entstehen, dass sich Elagabal und seine Begleiter unklugerweise in die Höhle des Löwen begeben hätten. Tatsächlich war die Vorgehensweise wohlüberlegt. Wenn die meuternden Prätorianer – undiszipliniert und womöglich ohne ihre Offiziere – zum Palast gezogen wären, dann hätten sie diesmal Elagabal wahrscheinlich sofort und ohne zu zögern erschlagen. Die zum Kaiser stehenden Prätorianerpräfekten hatten wohl kaum noch eine wirkliche Befehlsgewalt über ihre Truppe. Doch bei einem Appell im Lager, bei dem die Soldaten nach Abteilungen geordnet und diszipliniert unter ihren Offizieren antraten und der Kaiser selbst mit seinen Gefolgsleuten auf der Tribüne stand, war es grundsätzlich noch möglich, die
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Soldaten an ihren Fahneneid (sacramentum) und ihre Treue zum Kaiserhaus zu erinnern.707 Vielleicht hofften auch die Prätorianerpräfekten, unter diesen Bedingungen das Kommando über ihre Truppen wiederzuerlangen. Die römischen Legionslager und somit im weiteren Sinne das Lager der Prätorianergarde in Rom wurden nach einem weitgehend standardisierten Plan errichtet. Der Grundriss hatte im Idealfall die Form eines länglichen Rechtecks. Die beiden sich in der Lagermitte im rechten Winkel treffenden Hauptstraße (cardo beziehungsweise via principalis und decumanus) verbanden die vier Lagertore miteinander. An diesem Schnittpunkt der Lagerhauptstraßen lag üblicherweise das Stabsgebäude (principia) mit dem Fahnenheiligtum. Neben den Mannschaftsbaracken und Stallungen befanden sich innerhalb eines Legionslagers auch Thermen, Werkstätten und Magazine sowie Wohnhäuser für die Offiziere und den Kommandanten (praetorium). Bei dieser dichten Bebauung gab es innerhalb des Lagers zumeist keinen Platz, an dem sich die gesamte Legion zur Parade und bestimmten Zeremonien versammeln konnte, dieser lag häufig außerhalb. Bei dem Legionslager Carnuntum, dem heutigen Petronell in der Nähe von Wien, war dies ein großer von Säulenhallen eingefasster Platz (campus) vor dem Lager. Auf diesem Platz fanden neben den Truppenübungen beispielweise auch die Ansprachen des Kaisers an die Soldaten (adlocutio) statt.708 Die castra praetoria in Rom weicht nun in mancherlei Hinsicht von diesem üblichen Schema ab.709 Die Mannschaftsunterkünfte waren relativ komfortabel ausgestattet, sie wiesen teilweise Mosaikböden auf und waren – wie aus den nachgewiesenen Treppenhäuser zu schließen ist – mehrgeschossig. Zudem fehlten einige charakteristische Innenbauten römischer Legionslager, da die Soldaten die Infrastruktur der Hauptsstadt nutzen konnten. Es konnten auch keine Wohnhäuser für die höheren Offiziere und kein praetorium nachgewiesen werden. Höchstwahrscheinlich wohnten die Prätorianerpräfekten und vielleicht auch die Offiziere in ihren Privathäusern. Eine principia konnte bisher auch nicht genau lokalisiert werden, doch hat es sie zweifellos gegeben. Der Exerzierplatz (campus cohortium praetorianarum) der Truppe lag – der Stadt zugewandt – auf der Südwestseite des Lagers.710 Die Manöver und Übungen der Soldaten in ihrer vollen Kampfausrüstung erfreuten sich offenbar bei der stadtrömischen Bevölkerung großer Beliebtheit. In großer Zahl sollen die Menschen herbeigeströmt sein, um diesem Spektakel beizuwohnen.711 Doch bei sämtlichen literarischen Berichten über Kaisererhebungen durch die Prätorianer und kaiserliche Ansprachen vor der Truppe heißt es grundsätzlich immer, dass diese im Lager und nicht vor dem Lager stattgefunden hätten.712 Es muss also in der castra praetoria ein Platz existiert haben, der groß genug für einen Lagerappell der gesamten Garde war. Hier kämen zunächst das Stabsgebäude (principia), das in seinem Charakter dem Forum
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einer römischen Stadt entsprach und in dem sich auch das Tribunal des Kommandeurs befand, oder die via principalis in Betracht. Beide Lagereinrichtungen wiesen in den Legionslagern der frühen Kaiserzeit tatsächlich eine Fläche auf, die für diesen Zweck erforderlich war.713 Die Hauptlagerstraße in der castra praetoria war jedoch hierfür zu schmal, und die später errichteten Stabsgebäude waren für den Aufmarsch der gesamten Truppe ebenfalls zu gering dimensioniert. In den älteren Rekonstruktionen der letzten Bauphase der castra praetoria wird ein solcher Platz in der Südostecke des Lagers vermutet.714 Doch eben dort konnte zwischenzeitlich eine dichte Bebauung nachgewiesen werden.715 Somit verbleibt als Versammlungsort die Nordseite des Lagers. Dort wurde der Altar für die Göttin des wiederhergestellten Glücks (Fortuna Restitutrix) gefunden,716 und es wäre möglich, dass eben dort die Tribüne stand, auf der die Prätorianer ihre Kandidaten zu Kaisern ausriefen und von der aus bei der adlocutio-Zeremonie die Herrscher ihre Ansprachen an die Truppe hielten. An diesem Ort im Lager der Prätorianergarde zeigte sich höchstwahrscheinlich Elagabal bei der ersten Meuterei im Herbst 221 gemeinsam mit Severus Alexander. Vermutlich hoffen Elagabal und seine treuen Anhänger auch jetzt, die Soldaten durch die Gegenwart des Caesars beschwichtigen zu können. Doch der Priesterkaiser und seine Begleiter sahen sich schon bald in ihren Hoffungen getäuscht. Als sie ins Lager kamen, jubelten die Prätorianer zwar dem jungen Severus Alexander zu, Elagabal jedoch wurde nicht auf die Tribüne geführt, sondern anscheinend sogleich in Arrest genommen und zunächst im Fahnenheiligtum des Stabsgebäudes eingesperrt.717 Wie zu vermuten sein wird, nahm man auch Julia Soaemias und die anderen Gefolgsleute des Kaisers in Haft. Es handelte sich folglich nicht um eine spontane und undisziplinierte Meuterei wie im Herbst des Vorjahres, vielmehr standen die Soldaten unter dem Kommando ihrer Centurionen und Offiziere, unter deren Führung sie diesmal offenbar entschlossen waren, den Priesterkaiser vom Thron zu stoßen.718 Unklar ist, wie es zur nun folgenden Eskalation kam. In dem auf Marius Maximus basierenden Bericht in der Historia Augusta finden sich hierzu keine Einzelheiten, und Cassius Dio macht dafür die Rivalität zwischen Julia Soaemias und Julia Mamaea verantwortlich.719 Die ausführlichste Schilderung findet sich bei Herodian, allerdings ist zu befürchten, dass dieser einige erdichtete Ausschmückungen enthält. Angeblich war der uneinsichtige und eigenwillige junge Kaiser höchst verärgert über die Sympathie der Prätorianer für seinen Cousin. Nachdem er im Fahnenheiligtum übernachtet hatte, habe er den Befehl gegeben, die Soldaten, die dem Severus Alexander besonders zugejubelt hätten, zu verhaften. Dies sei der Anlass für seine Ermordung gewesen.720 Möglich wäre es sehr wohl, dass der Priesterkaiser in dieser für ihn ausweglosen Situ-
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ation unklugerweise den Soldaten gedroht haben könnte. Schon der Umstand, dass er eigenhändig seinen Mentor Gannys im Affekt erschlug, dürfte hinreichend belegen, dass er in Ausnahmesituationen sehr unkontrolliert und emotional handeln konnte. Das Verhalten des Kaisers muss also die Empörung der Truppen noch zusätzlich gesteigert haben. Welcher Hass sich inzwischen gegen den jungen Priesterkaiser angestaut hatte, illustriert am besten die nun folgende bestialische und ganz ungewöhnlich brutale Vorgehensweise der Soldaten.721 Opfer ihres Abscheus wurden zuerst die ebenfalls im Lager inhaftierten Anhänger Elagabals: Die einen töteten sie, indem sie ihnen die lebenswichtigen Organe aus dem Leib rissen, die anderen durchbohrten sie von unten herauf; die Todesart sollte nämlich ihrem Lebenswandel entsprechen.722 Was hier nach der Schilderung des Marius Maximus in der Historia Augusta umschrieben wird, bedeutet im Klartext, dass Hierocles und andere Mitglieder der Dienerschaft, denen ein Verhältnis mit dem Kaiser nachgesagt wurde, gleichsam rektal gepfählt wurden. Die beiden auf der Seite Elagabals stehenden Prätorianerpräfekten wurden ebenfalls erschlagen. Inzwischen verbreitete sich die Nachricht von den Ereignissen im Lager der Prätorianer unter der Bevölkerung Roms. Einiges Volk zog vor die Kaserne und forderte die Auslieferung des verhassten „Finanzministers“ (procurator summarum rationum) Aurelius Eubulus. Vage ist die Angabe bei Cassius Dio, es gab nichts, was er nicht konfiszierte, als Grund für seine Unbeliebtheit. Ursache für den Hass der Bevölkerung war vermutlich eher, dass er wie der Gott und die Familie Elagabals aus Emesa stammte und dem Herrscher nahe stand. Offenbar gaben die Soldaten dem Begehren nach und brachten Eubulus sowie den Stadtpräfekten Fulvius vor das Tor. Dort wurden beide vom wütenden Pöbel und der rasenden Soldateska in Stücke gerissen.723 Als Elagabal auf die tumultartigen Vorgänge aufmerksam wurde und den Ernst der Lage erkannte, soll er sich gemeinsam mit seiner Mutter in eine Latrine des Lagers geflüchtet und dort versteckt haben.724 Doch wurde er schließlich entdeckt und in den Armen von Julia Soaemias erschlagen. Auch sie fand keine Schonung, sondern wurde ebenfalls auf der Stelle getötet. Nachdem man beiden die Kleider vom Leib gerissen hatte, wurden ihnen die Köpfe abgeschlagen. Dann schleppten die Soldaten die nackten Leichen stundenlang durch die ganze Stadt. Den Leichnam der einstigen Kaiserin ließen sie irgendwann achtlos auf der Straße liegen, während man versuchte, den toten Elagabal in eine Kloake zu werfen. Diese erwies sich jedoch als zu klein. Deshalb band man ihm ein Gewicht um den Körper, damit er niemals mehr auftauchen sollte, und warf ihn von einer Brücke aus in den Tiber. Nach Cassius Dio soll daher der Spottname Tiberinus für den jungen Kaiser herrühren.725 Mit diesem gewaltsamen Tod endete die Herrschaft des damals 18jährigen Priesterkaisers.
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Dies alles ereignete sich höchstwahrscheinlich am 12. März des Jahres 222.726 Nach der Angabe bei Cassius Dio käme man auf den 11. März, doch ist nicht klar,727 ob damit der Tag seiner Festnahme im Prätorianerlager oder seiner Ermordung gemeint ist. Möglich wäre auch, dass sich der Historiker um einen Tag verzählt hat. Wie aus dem Bericht Herodians, der übrigens die Regierungszeit Elagabals mit sechs Jahren falsch angibt, zu folgern wäre, wurde unmittelbar nach der Ermordung des Kaisers sein Cousin zum Herrscher ausgerufen.728 Auch das ist unwahrscheinlich, da man nach den Gewaltexzessen vermutlich noch einen Tag abwarten musste, bevor sich die Truppen zu diesem Unterfangen wieder diszipliniert im Lager versammeln konnten. Es würde nicht verwundern, wenn der erst 14jährige Knabe ob der äußerst brutalen Geschehnisse, die er womöglich teilweise als Augenzeuge miterleben musste, höchst verängstigt war. In einem Festkalender aus der Zeit Severus Alexanders, dem feriale Duranum, der auf einem Papyrus bei den Ausgrabungen in der Wüstenstadt Dura Europos am Euphrat gefunden wurde, wird der Tag, an dem Severus Alexander durch die imperatorische Akklamation der Truppen zum Kaiser ausgerufen wurde, mit dem 13. März 222 angegeben.729 Offenbar hatte sich erst am Tag nach der Ermordung Elagabals und seiner Anhänger die Lage wieder beruhigt, und die Prätorianer führten Severus Alexander in Begleitung seiner Mutter Julia Mamaea und seiner Großmutter Julia Maesa auf die Tribüne des Lagers und proklamierten ihn dort zum neuen Herrscher. Am nächsten Tag erfolgte die Bestätigung durch den Senat, der Severus Alexander den AugustusTitel verlieh. Bei dieser Sitzung wurde auch die damnatio memoriae über Elagabal beschlossen. Nicht ohne Genugtuung werden die Mitglieder des ordo senatorius über das Andenken des verhassten und verachteten Priesterkaisers die Verdammung verhängt haben. So wie dessen Leichnam für immer auf dem Grund des Tibers verschwand, so wurden seine Bildnisse zerstört oder aus dem öffentlichen Raum entfernt und sein Herrschername getilgt. Die damnatio memoriae wird belegt durch die Auslöschung seines Herrschernamens auf zahlreichen Inschriften.
6. Der Sonnenkult nach Elagabal Zum Ende des Priesterkaisers vermeldet Cassius Dio: Der Gott Elagabalus selbst wurde ganz und gar aus der Stadt verbannt.730 Diese Feststellung dürfte ein wenig übertrieben sein, da in dem älteren Tempel in Trastevere vermutlich weiterhin der Sonnengott von Emesa verehrt wurde. Sicher ist, dass Severus Alexander den Baetyl mitsamt der dazugehörenden Priesterschaft nach Syrien zurücksandte. Das Elagabalium wurde wieder dem Gott Jupiter geweiht, des-
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sen Autorität im römischen Pantheon wiederhergestellt war, allerdings nicht mehr dem siegreichen Jupiter (Iuppiter Victor), sondern dem rächenden Jupiter (Iuppiter Ultor).731 Hier drängt sich die Frage auf, ob sich dies auf den nunmehr durch den Tod Elagabals gerächten Religionsfrevel beziehen könnte. Der neue Kaiser kehrte zu einer traditionellen Religionspolitik zurück und knüpfte an Septimius Severus und Caracalla an. Als Urheber seines Kaisertums propagierte er Jupiter, und der Sonnengott erschien in der Münzprägung ausschließlich in Gestalt der typisch römisch-griechischen Ikonographie als Sol-Helios.732 Somit war die kurze Episode des deus Sol Elagabalus als oberster Gott des römischen Imperiums in der Hauptstadt des Reiches beendet. Während der sogenannten Reichskrise in der Mitte des dritten Jahrhunderts, als die Grenzen des Reichs durch die stetigen Einfälle der Germanen an Rhein und Donau und der Perser unter dem Herrscherhaus der Sāsāniden im Osten bedroht waren, und in den gefährdeten Provinzen die Truppen wie auch die Bevölkerung allenthalben nach der Präsenz des Herrschers verlangten, weshalb Usurpationen fast schon an der Tagesordnung waren, gelangte nochmals ein Priester aus Emesa auf den römischen Kaiserthron. Im Frühjahr des Jahres 253 überrannte der persische Großkönig Šāpūr I. mit seinem Heer die mesopotamischen Provinzen Roms und fiel in Syrien ein. Nachdem er bei der Stadt Barbalissus ein großes Heer geschlagen hatte, brach die römische Grenzverteidigung zusammen. Ungehindert konnte der Großkönig die wohlhabende Großstadt Antiochia und zahlreiche weitere Städte des römischen Orients ausplündern.733 Nur vor der Stadt Emesa sammelte – einer zugegebenermaßen etwas phantasievollen und ungenauen Überlieferung nach – ein Priester der Aphrodite namens Sampsigeramus die versprengten römischen Truppen und einige lokale Bauernmilizen und schlug die Perser zurück.734 Wie schon erwähnt, war Sampsigeramus ein häufiger Name unter den Priesterkönigen von Emesa, von denen auch die Familie Elagabals abstammte. In Emesa wurde nicht die griechische Aphrodite, sondern die mit ihr gleichgesetzte syrische Kypris Charinazaia verehrt. Die Göttin hatte kein eigenes Hauptheiligtum. Sie wurde als Gattin des deus Sol Elagabalus in Gestalt der Göttertrias, zu der auch die Kriegsgöttin Allath gehörte, im zentralen Heiligtum des emesenischen Sonnengottes verehrt. Das bedeutet, der angebliche Priester der Aphrodite war niemand anders als der damals amtierende Oberpriester des Sonnengottes von Emesa.735 Sein Name lässt zu Recht vermuten, dass auch er von den alten Priesterkönigen der Stadt abstammte und somit der Abkömmling einer Seitenlinie der Familie Elagabals war. Nachdem unter seiner Führung die Perser zurückgeschlagen werden konnten und der rechtmäßige Herrscher Valerian I. (253–260) fern in Rom weilte, riefen ihn die römischen Verbände und die Bewohner der Stadt Emesa unter dem Namen Severus Uranius Antoninus zum
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Kaiser aus.736 Allein schon sein Kaisername belegt, dass Uranius Antoninus an die Dynastie der Severer anknüpfte. Seine Herrschaft war indes nur eine kurze Episode, denn als Valerian I. gegen Ende des Jahres 254 mit seinem Heer Syrien erreichte, um den Kampf gegen die Perser aufzunehmen, verschwand Uranius Antoninus unter ungeklärten Umständen von der Bildfläche, weshalb gelegentlich sogar von einem freiwilligen Rücktritt ausgegangen wird.737 Am besten dokumentiert ist die Regierung des Uranius Antoninus durch seine Münzprägung. So kann seine Herrschaft auch zeitlich eingeordnet werden, da die unter ihm geprägten Tetradrachmen teilweise datiert sind.738 Diese Stücke zeigen häufig den Adler des emesenischen Sonnengottes oder den Baetyl im inneren des Tempels. Beides waren für Emesa typische Münzbilder. Der Kultstein des Gottes in seinem Tempel wurde schon unter Caracalla auf den Tetradrachmen der Stadt abgebildet, und der Adler erschien auch oft während der Herrschaft des Macrinus. Allerdings ließ Uranius Antoninus in Emesa auch reichsrömische Münzen prägen, und hier scheint er an die Münzprägung Elagabals angeknüpft zu haben. Wie zur Zeit des Priesterkaisers wurde der Baetyl auf den römischen Goldmünzen wieder auf einer Quadriga mit dem davor stehenden Adler und flankiert von zwei sonnenschirmartigen Kultstangen dargestellt, und die Münzlegenden weisen den Gott als Bewahrer (conservator) des Kaisers aus.739 Andere Goldmünzen, ebenfalls mit der Reverslegende CONVERVATOR AVG, zeigen den Baetyl allein flankiert von den beiden Kultstangen.740 Dies belegt, dass über 30 Jahre nach der Herrschaft Elagabals der Sonnengott von Emesa in Syrien noch über genügend Ansehen und Ausstrahlungskraft verfügte, um in die Herrschaftsrepräsentation eines lokalen Usurpators einzugehen, sowie auch das Fortbestehen seines Kultes. Wie diese Münzen aber ebenso aufzeigen, kam es auch noch in der Mitte des dritten Jahrhunderts zu keiner Angleichung zwischen dem römischen Sol und dem emesenischen deus Sol Elagabalus. Auch unter Uranius Antoninus wurde der Gott wie schon zur Zeit Elagabals nicht in der charakteristisch anthropomorphen Gestalt der römisch-griechischen Ikonographie als junger nackter Gott mit der Strahlenkrone dargestellt, sondern ausschließlich in Form seines Kultsteins. Der Kult des Sonnengottes von Emesa und seiner beiden Gefährtinnen Kypris Charinazaia und Allath war und blieb somit ein lokaler syrischer Kult. Doch noch ein zweites Mal in der römischen Geschichte trat der Hauptgott von Emesa als Schlachtenhelfer in Erscheinung. Im Jahr 260 geriet Kaiser Valerian I. mitsamt seiner riesigen Streitmacht in der Nähe der Stadt Carrhae im nördlichen Mesopotamien in die Gefangenschaft des persischen Großkönigs Šāpūr I. Dies war eine schwere Niederlage für das römische Reich, und die römische Ostpolitik der folgenden Jahrzehnte konzentrierte sich darauf,
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diese Schmach zu rächen.741 Doch zuerst galt es, den Schaden zu begrenzen. Denn abermals fielen die Perser mordend und raubend in die östlichen römischen Provinzen ein. Wie schon im Jahr 253, als der Widerstand gegen die Perser vom Oberpriesters der Stadt Emesa organisiert wurde, war auch jetzt ein lokaler Dynast zur Stelle, der die Führung im Kampf gegen die Perser übernahm. Als die Truppen Šāpūrs I., die bereits in Kilikien beim Kampf gegen römische Verbände eine Niederlage hinnehmen mussten, beutebeladen auf ihrem Rückmarsch den Euphrat überquerten, wurden sie dort von Septimius Odaenathus, dem Fürsten der reichen Karawanenstadt Palmyra, überfallen und in die Flucht geschlagen. Die Macht der Perser hatte sich in dem jahrelangen Krieg gegen Rom selbst erschöpft. Odaenathus, der schon von Valerian I. mit der Würde des Konsulats ausgezeichnet wurde, befreite die von den Persern besetzten römischen Gebiete. Es gelang ihm sogar zweimal bis vor Ktesiphon, der Residenzstadt der Sāsāniden in der Nähe des heutigen Bagdad, zu ziehen. Von Gallienus (253–268), dem Sohn und Mitherrscher Valerians I., wurde er deshalb zum außerordentlichen Befehlshaber (dux Romanorum) und Regenten des gesamten Ostens (corrector totius Orientis) ernannt. Somit war Odaenathus faktisch der weitgehend unabhängig agierende Stellvertreter des Kaisers im Osten. Daraus entwickelte sich das sogenannte palmyrenische Teilreich.742 Etwa zur gleichen Zeit etablierte sich auch in Gallien unter dem Gegenkaiser Postumus (260–269) ein von der Machtzentrale Rom unabhängiges Sonderreich. Der Fürst von Palmyra beabsichtigte jedoch nicht gegen den Herrscher in Rom zu usurpieren und sich selbst zum Kaiser zu erheben. Jedoch gegen Ende des Jahres 267 wurden Odaenathus und sein Sohn Herodianus Opfer eines Mordanschlags. Die Nachfolge trat offiziell sein zweiter unmündiger Sohn Vaballathus an, für den seine Mutter Zenobia die Regentschaft übernahm. Auch sie erkannte zwar nominell die Oberherrschaft des römischen Kaisers an, begann aber sukzessiv mit militärischer Gewalt ihren Machtbereich auf Ägypten und Kleinasien auszudehnen. Ohnehin war die Position des Odaenathus als kaiserlicher Stellvertreter im Osten nicht vererbbar, weshalb die Nachfolge seines Sohnes und die Regentschaft der Zenobia eine widerrechtliche Machtergreifung waren. Wegen der im Westen von den Germanen und dem Gallischen Sonderreich ausgehenden Bedrohung wurde dies zunächst hingenommen. Erst nachdem Kaiser Aurelian (270–275) die nach Italien und in die Balkanprovinzen eingedrungenen germanischen Völkerschaften besiegt und die Grenze an der Donau gesichert hatte, beschloss er die Reichseinheit wiederherzustellen. Aurelian gehörte zu den sogenannten Soldatenkaisern. Unter diesem Begriff versteht man die römischen Herrscher von der Ermordung Severus Alexanders, der nach einer wechselhaften Regierung im Jahr 235 bei Mogon-
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tiacum (Mainz) zusammen mit seiner Mutter Julia Mamaea ebenfalls während einer Soldatenrevolte erschlagen wurde, bis zum Regierungsantritt Diokletians im Jahr 284.743 Den meisten dieser Kaiser gelang der Aufstieg über eine erfolgreiche militärische Laufbahn, und vor ihrer Machtübernahme gehörten sie zumeist dem Ritterstand an. Sie wurden üblicherweise von den ihnen unterstellten Truppen zum Kaiser ausgerufen. Charakteristisch für die Soldatenkaiser war ihre oft relativ kurze Regierungszeit und ihr – mit nur ganz wenigen Ausnahmen – gewaltsames Ende. Man könnte nun vermuten, dass diese Militärs auf dem Kaiserthron womöglich wenig originell waren, doch zeichneten sich viele von ihnen durch Pragmatismus, Innovationsvermögen, Reformbereitschaft und Ausdauer aus, und das waren die Herrschertugenden, derer das Imperium Romanum während der sogenannten Krise des dritten Jahrhunderts bedurfte. Ein Herrscher diesen Schlages war Aurelian.744 Er stammte aus Illyrien – die Balkanprovinzen waren damals das Hauptrekrutierungsgebiet des römischen Militärs – und gehörte somit zu jenen sogenannten illyrischen Kaisern, denen es gelang, die Reichskrise zu überwinden.745 Glaubt man der Historia Augusta, dann stammte er aus ärmlichen Verhältnissen. Zweifelhaft ist jedoch die Behauptung, seine Mutter sei eine Priesterin des Sonnengottes gewesen.746 Zur effektiven Bekämpfung der plündernden Germanenhorden und zur Unterstützung der Legionsabteilungen zog Gallienus in Norditalien einen aus der Gardekavallerie, den von den einzelnen Legionen abkommandierten Reitern und aus berittenen illyrischen Hilfstruppen bestehenden größeren Kavallerieverband zusammen. Zum Befehlshaber dieser Reservekavallerie wurde im Jahr 268 wahrscheinlich Aurelian ernannt.747 Im selben Jahr wurde Gallienus das Opfer einer Verschwörung hochrangiger Offiziere. Als seinen Nachfolger proklamierte man den ebenfalls aus Illyrien stammenden Claudius II. Gothicus. Wie sein Beiname Gothicus – der Gotensieger – dokumentiert, gelang diesem Kaiser bei Naissus, dem heutigen Niš in Serbien, ein entscheidender Sieg über die germanische Völkerschaft der Goten, die schon seit einigen Jahrzehnten die römischen Provinzen auf dem Balkan terrorisierte. Dieser Kaiser starb jedoch schon im Jahr 270 – selten genug für die Zeit der Soldatenkaiser – während einer von den Zeitgenossen als „Pest“ bezeichneten Epidemie, die damals das Reich heimsuchte. Als Nachfolger riefen die Truppen an der Donau nun den bewährten Heerführer Aurelian aus. Das wiederum war eine für die Zeit typische Usurpation gegen den eigentlichen Kaiser Quintillus, den Bruder des Claudius II. Gothicus, der jedoch schnell beseitigt werden konnte. Im Jahr 272 brach Aurelian an der Spitze der Abteilungen (vexillationes) der kampferprobten Donaulegionen und der Reservekavallerie zum Feldzug gegen Zenobia auf.748 Erst jetzt nahmen Zenobia und ihr Sohn
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Vaballathus den Kaisertitel an, wodurch die Usurpation endgültig vollzogen war. Die Truppen Palmyras wurden von dem Feldherrn Zabdas befehligt, der auch inschriftlich belegt ist.749 Fast ungehindert konnte Aurelian das von den Palmyrenern besetzte östliche Kleinasien in Besitz nehmen. Im Mai 272 kam es bei Immae – in der Nähe von Antiochia in Syrien – zu einem ersten Schlagabtausch. Die militärische Stärke der Palmyrener lag in ihrer Kavallerie, die sich ähnlich den parthischen und persischen Heeren aus schwergepanzerten Reitern (Kataphrakten) und berittenen Bogenschützen zusammensetzte. An der Loyalität der im Osten stehenden römischen Legionen scheint die Kaiserin des Ostens gezweifelt zu haben, denn sie wurden höchstwahrscheinlich nicht gegen Aurelian eingesetzt. Durch eine vorgetäuschte Flucht der römischen Kavallerie wurden die palmyrenischen Kataphrakten zu einer längeren Verfolgung verleitet, bis deren ebenfalls gepanzerten Pferde erschöpft waren. Die römischen Reiter gingen nun zum Gegenangriff über und vernichteten die gegnerischen Kataphrakten.750 Zabdas gab daraufhin Antiochia auf und zog sich nach Emesa zurück, wo Zenobia mit der palmyrenischen Hauptmacht stand. Aurelian nahm unterdessen die Hauptstadt Syriens ein und amnestierte dort die Anhänger Zenobias. Nach einem kurzen und für Aurelian erfolgreichen Gefecht bei Daphne, einem Vorort Antiochias, kam es schließlich bei Emesa zur Entscheidungsschlacht. Das Heer der Palmyrener war angeblich 70.000 Mann stark. Jedoch scheinen sich Aurelian weitere Gebiete aus dem Machtbereich Zenobias angeschlossen zu haben, da in der literarischen Überlieferung ausdrücklich Hilfstruppen aus den östlichen Provinzen erwähnt werden, wie die aus Palästina stammenden Soldaten, die zum Kampf gegen die Panzerreiter mit schweren Keulen bewaffnet waren.751 Bei einem Manöver, mit dem eine Einkreisung durch die zahlenmäßig überlegenen Truppen Zenobias verhindert werden sollte, wurden die leichter bewaffneten römischen Reiter von der schweren palmyrenischen Kavallerie in die Flucht geschlagen. Dadurch entstand eine für die römischen Legionäre höchst bedrohliche Situation, da deren Linien in den Flanken und im Rücken nun ungesichert waren. Doch wandte sich das Schlachtenglück zugunsten Aurelians. Die palmyrenischen Reiter fielen den Legionsabteilungen nicht in den Rücken, sondern konzentrierten sich – wie schon bei Immae – auf die allzu hitzige Verfolgung ihres fliehenden Gegners. Die Eliteverbände Aurelians griffen daraufhin das gegnerische Fußvolk an, das gänzlich geschlagen wurde.752 Zenobia und Zabdas zogen sich mit dem Rest ihres Aufgebots in die Wüstenstadt Palmyra zurück. Nachdem Aurelian mit der Belagerung der Stadt begonnen hatte, versuchte Zenobia zu den Persern zu entkommen, doch fiel sie am Euphrat in die Gefangenschaft römischer Reiter und wurde von Aurelian ins ehrenhafte Exil
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nach Italien verbannt.753 Die Bewohner Palmyras kapitulierten und wurden von Aurelian wohlwollend behandelt. Nach dem Anzug des Kaisers rebellierten die Palmyrener zwar erneut, doch konnte diese Erhebung schnell niedergeworfen werden. In der glücklichen Wendung bei der Schlacht von Emesa, als durch die Niederlage der Reiterei das römische Heer in eine bedrohliche Lage geriet, sah Aurelian offenbar das direkte Eingreifen einer helfenden Gottheit. Da die Schlacht gleichsam im Angesicht des Sonnengottes von Emesa geschlagen wurde, war es naheliegend, in diesem Schlachtenhelfer den emesenischen deus Sol Elagabalus zu erkennen. Der Autor der Historia Augusta spricht davon, dass die Soldaten Aurelians in der kritischen Phase des Kampfgeschehens von einer göttlichen Erscheinung (divina forma) ermutigt worden seien.754 Als Aurelian nach seinem Sieg Emesa einnahm, wo er übrigens beträchtliche Reichtümer vorfand, die von den Palmyrenern bei ihrer Flucht zurückgelassen wurden, habe er auch den berühmten Tempel des Sonnengottes betreten. Und in dem Baetyl des Gottes soll er die göttliche Erscheinung, der er seinen Sieg zu verdanken glaubte, erkannt haben.755 Nun wurde verschiedentlich vermutet, dieser Bericht in der Historia Augusta sei ein fiktiver heidnischer Gegenentwurf zur sogenannten christlichen Vision Konstantins des Großen am Vorabend der Schlacht an der Milvischen Brücke. Dass dem nicht so ist und diese Angaben in der Historia Augusta zumindest im Kern stimmen, belegt die Münzprägung des Kaisers. Zur Feier seines Sieges und zur Auszahlung eines Donativs an seine siegreichen Truppen ließ Aurelian in Antiochia Goldmünzen (aurei) und Antoniniane prägen, deren Reverslegenden unter anderem den Sonnengott als Bewahrer des Kaisers (conservator Augusti) und Wiederhersteller des Ostens (restitutor orientis) ausweisen.756 Das Münzbild zeigt jeweils den römischen Sol in seiner typischen Ikonographie als nackten jungen Gott mit der Strahlenkrone. Dies beweist nun, dass Aurelian tatsächlich den Sonnengott von Emesa als seinen Schlachtenhelfer ansah, der als restitutor orientis Teilhaber am Sieg Aurelians war und die Rückeroberung der orientalischen Provinzen Roms ermöglichte. Es belegt aber auch, dass der Pragmatiker Aurelian – im Gegensatz zu dem eigenwilligen jungen Elagabal – überhaupt keine Mühe hatte, den emesenischen deus Sol Elagabalus mit dem beim Heer ohnehin beliebten römischen deus Sol invictus zu identifizieren. Dominierte in der kaiserlichen Selbstdarstellung Aurelians bis zum Sieg über das Sonderreich von Palmyra hauptsächlich Jupiter, so übernimmt in der Münzprägung spätestens ab dem Jahr 273 Sol die Aufgabe des obersten Gottes als Garant und Urheber der Herrschaft.757 Jedoch wurde niemals der Baetyl abgebildet oder der Gott Elagabal genannt, sondern immer der römische Sonnengott. Teilweise erscheint dieser aber auch in einer neuartigen Darstel-
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lungsweise, die auf seine Eigenschaft als Schlachtenhelfer verweist. So zeigt ein in Rom gemünzter Antoninian den schreitenden Sol zwischen zwei Gefangenen, die anhand ihrer phrygischen Mützen als Orientalen zu erkennen sind.758 Auf einem Antoninian aus derselben Münzstätte hält der Sonnengott einen Bogen und tritt einen auf dem Boden kauernden Feind – ebenfalls mit phrygischer Mütze – nieder.759 Beide Münzen tragen zudem die Legende ORIENS AVG. Der Begriff oriens, der mit der Darstellung des Sonnengottes auf Münzen erstmalig unter Kaiser Gordian III. (238–244) erschien, stand ursprünglich für die aufgehende Sonne. Diese Sonnensymbolik wurde schon früh auf den römischen Kaiser übertragen, dessen Herrschaft man gleichsam wie die aufgehende Sonne metaphorisch als Beginn eines neuen goldenen Zeitalters (saeculum aureum) deutete. Die Legende oriens Augusti steht für den Gedanken von der Ewigkeit sowie der Erneuerung der Herrschaft und für die Identifikation des Herrschers mit Sol im weiteren Sinne. Daneben aber beinhaltet der Begriff oriens, von dem sich auch unser Wort „Orient“ herleitet, einen unmittelbaren geographischen Bezug, der auf die römischen Provinzen im Osten und somit auf die Ostpolitik des römischen Kaisers verweist. Nach seinem Feldzug gegen Palmyra zog Aurelian im Jahr 274 gegen das sogenannte Gallische Sonderreich. Als es zur Schlacht kam, lief Tetricus, der Herrscher des Imperium Galliarum zu Aurelian über. Die von ihrem Kaiser im Stich gelassenen Truppen wurden besiegt. Somit gelang Aurelian die Wiederherstellung des römischen Reiches in seinen alten Grenzen – abgesehen von einigen Grenzregionen nördlich der Donau wie die drei dakischen Provinzen oder das Decumatland in Germanien, die schwer zu verteidigen waren und deshalb aufgegeben wurden. Im Herbst 274 hielt Aurelian in Rom einen großen Triumphzug, bei dem er sich als restitutor orbis, als Wiederhersteller des Erdkreises, feiern ließ. Die besondere Bedeutung, die der deus Sol invictus inzwischen für Aurelian hatte, dokumentieren eindrucksvoll Kupfermünzen (asses) deren Legende den Sonnengott gewissermaßen als Herr des römischen Reiches (Sol dominus imperi Romani) tituliert.760 Bemerkenswerterweise erscheint Sol anstelle des Kaiserporträts auf der Vorderseite dieser Münzen. Allerdings wurden diese Stücke nur als Kupfermünzen und nur anlässlich des Triumphs im Jahr 274 ausgegeben und sollten wohl zum Ausdruck bringen, dass die Wiederherstellung des Reiches dem hilfreichen Beistand des Sonnengottes als dem Schlachtenhelfer des Kaisers zu verdanken ist.761 In Rom ließ Aurelian für den römischen Sol einen prächtigen neuen Tempel auf dem campus Agrippinae beim Marsfeld errichten.762 Außerdem veranstaltete er Spiele zu Ehren des Sonnengottes, die alle vier Jahre abgehalten werden sollten.763 Daneben wurde der 25. Dezember als Geburtstag des Gottes (dies natalis Invicti) durch Zirkusspiele gefeiert. Als eigene Priesterschaft für den
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Kult des Sonnengottes wurde zudem das aus Senatoren bestehende Priestergremium der pontifices dei Solis gegründet. Das alles belegt die Vormachtstellung, die der Sonnengott unter Aurelian erhielt. Dieser Kaiser führte auch eine Reihe weiterer Reformen durch. Ein eindrucksvolles Zeugnis seiner Herrschaft offenbart sich dem heutigen Rombesucher in Gestalt der Aurelianischen Mauer, die der Kaiser zum Schutz der Hauptstadt errichten ließ. Bei der von Aurelian initiierten Münzreform, die durch das Unwesen der Geldfälscherei und durch einen Aufstand der Münzarbeiter in Rom notwendig geworden war, wurden neue werthaltigere Münzen ausgegeben. Dies hatte jedoch den nachteiligen Effekt, dass sich die Menschen der Wertlosigkeit der alten Silbermünzen, die nur noch einen dünnen Silberüberzug aufwiesen, überhaupt erst bewusst wurden. Das setzte eine galoppierende Inflation in Gang.764 Neben weiteren Wirtschaftsreformen verstärkte Aurelian vor allem auch den sakralen Charakter des Kaisertums.765 Dahinter stand zweifellos die Intention, das Kaisertum angesichts der ständigen und gewaltsamen Herrscherwechsel im dritten Jahrhundert abzusichern und dem Einfluss des Militärs zu entziehen. Auf Münzen aus Serdica (Sofia) ließ er als deus et dominus (Gott und Herr) und deus et dominus natus (als Gott und Herr geboren) titulieren.766 Diese demonstrativ verkündete Vergöttlichung des Herrschers war eindeutig an das Heer adressiert, da die Münzstätte Serdica vor allem für die Besoldung der damals in Thrakien stehenden Elitetruppen Aurelians prägte. Auch durch das Tragen goldener mit Edelsteinen verzierter Gewänder und eines Diadems soll Aurelian die Person des Kaisers sichtbar überhöht haben.767 Vor meuternden Soldaten soll er gesagt haben, dass der Purpur von der Gottheit – und somit eben nicht von der Armee – verliehen werde.768 Mit dem „Purpur“ ist hier die Herrschaft und mit der Gottheit der Sonnengott Sol invictus gemeint. Besonders deutlich wird dies durch Münzbilder, auf denen der Sonnengott einen Globus als Symbol für die Weltherrschaft dem Kaiser überreicht.769 Diese Szene illustriert gewissermaßen den überlieferten Ausspruch Aurelians. Der Sonnengott wird damit deutlich als Urheber der Herrschaft des Kaisers herausgestellt, der den Purpur – oder wie auf der Münzabbildung den die Weltherrschaft symbolisierenden Globus – dem Kaiser verleiht. Diese Funktion war traditionellerweise Jupiter vorbehalten, der unter anderen Kaisern immer bei dieser Investiturszene abgebildet wurde. Unter Aurelian jedoch wird Sol zum obersten Gott, dem die anderen Götter ihre Macht zu verdanken hatten, denn es wurden auch Münzen geprägt, auf denen Sol den Globus an Jupiter, Hercules oder Mars überreicht.770 Wie die meisten seiner Vorgänger wurde Aurelian ebenfalls das Opfer eines Attentats. Ein kaiserlicher Sekretär wollte sich einer ihm angedrohten Strafe entziehen und soll deshalb gefälschte Todesurteile für einige Leibwächter des Kaisers verfasst
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und diesen dann vorgelegt haben. Die Leibwächter, die daraufhin um ihr Leben fürchteten, warteten eine passende Gelegenheit ab und töteten den Kaiser im Herbst 275. Die Religionspolitik Aurelians wurde von seinen Nachfolgern weitgehend fortgesetzt. Nach dem kurzen Intermezzo des betagten Kaisers Tacitus und seines Bruders Florianus, übernahm Probus (276–282), der ebenfalls aus Illyrien stammende Kampfgefährte Aurelians, die Herrschaft.771 Er förderte weiterhin den Kult des Sol invictus. Auf seinen Münzen erscheint auf dem Avers, der Münzvorderseite, die für Gewöhnlich dem Porträt des Herrschers vorbehalten war, zuweilen sogar der römische Sonnengott im Doppelporträt mit dem Kaiser.772 Erst unter Carus (282–283) und seinen beiden Söhnen, Carinus (283–285) und Numerianus (283–284), kehrte man zu einer traditionellen Religionspolitik zurück und verehrte nun wieder Jupiter als obersten Gott und Urheber der Herrschaft.773 Der Sonnengott wurde nun wieder dem Thronfolger, dem Caesar Numerianus, als Schutzgottheit zur Seite gestellt. Das war bis zur Herrschaft Aurelians die herkömmliche Funktion des Sonnengottes, da der Thronfolger schon früh mit der aufgehenden Sonne (oriens) verglichen wurde, mit dessen Herrschaft ein neues goldenes Zeitalter anbrechen sollte. Carus, der sich wie Aurelian und Probus ebenfalls gegenüber den Donaulegionen als deus et dominus titulieren ließ,774 nahm für sich die Stellung eines Stellvertreter Jupiters auf Erden in Anspruch. Diokletian (284–305), der vor allem für die Einführung seines tetrarchischen Herrschaftssystems bekannt ist, bei dem die Regierungsaufgaben auf zwei gleichrangige Kaiser (Augusti) und zwei Thronfolger (Caesares) aufgeteilt wurden und das aus den Erfahrungen seiner Vorgänger resultierte, baute die kaiserliche Selbstdarstellung seines Vorgängers weiter aus und nannte sich selbst Iovius (der Jupitergleiche).775 Der Sonnengott blieb für die beiden Caesares Galerius und Constantius I. Chlorus vorbehalten. Letzterer verwendete auf seinen Münzen zuweilen eine auf Sol verweisende solare Symbolik. So ließ er sich nach der Niederwerfung einer gefährlichen Usurpation in Britannien auf einem Goldmedaillon als Wiederhersteller des ewigen Lichts (redditor lucis aeternae) feiern.776 Sein Sohn Konstantin der Große, der entgegen dem tetrarchischen System von den Legionen in Britannien nach dem Tod des Constantius I. Chlorus im Jahr 306 zum Kaiser ausgerufen wurde, propagierte, um seine Herrschaft zu legitimieren und sich von den tetrarchischen Herrschern abzugrenzen, wieder Sol invictus als seine Schutzgottheit.777 Im Jahr 310 hatte der Kaiser sogar eine heidnische Vision, in der ihm der Sonnengott in der Nähe eines Apollon-Heiligtums in Gallien erschienen sein soll.778 Bis zu seiner endgültigen Hinwendung zum Christentum dominierte in seiner Herrschaftsrepräsentation der Sonnengott. Wie bereits Probus so ließ sich auch Konstantin
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auf dem Avers eines Goldmedaillons aus dem Jahr 313 im Doppelporträt gemeinsam mit Sol abbilden.779 Auf der Vorderseite dieses Medaillons ist der Sonnengott außerdem ein zweites Mal dargestellt. Der Kaiser trägt an seinem rechten Arm nämlich einen Schild, auf dem wiederum Sol in seinem Sonnenwagen erscheint. Nach dem Jahr 324 wird die Präsenz des Sonnengottes in der Münzprägung zwar seltener, doch verschwindet der Gott keineswegs aus der Selbstdarstellung des ersten christlichen Kaisers. Im Jahr 328 wurde in der neuen Residenzstadt, zu der man die alte griechische Stadt Byzantium am Bosporus ausgebaut hatte und die der Kaiser nach sich selbst Constantinopolis benannte, die Konstantinssäule errichtet, die noch erhalten ist. Bekrönt wurde das Bauwerk von einer monumentalen Statue Konstantins in der nackten Gestalt des Sonnengottes mit der Strahlenkrone auf dem Haupt. Die nicht mehr vorhandene Inschrift lautete: Für Konstantin, der leuchtet wie die Sonne.780 Die Statue stand auf dieser Säule in Konstantinopel bis zum Jahr 1105, als sie bei einem Unwetter heruntergerissen wurde. Höchstwahrscheinlich hielt der Kaiser den Sonnengott für eine Erscheinungsform des christlichen Gottes. Dies würde nicht verwundern, da die Christen selbst Elemente des Sonnenkultes übernahmen, wie beispielsweise den Geburtstag des Gottes (dies natalis Invicti) am 25. Dezember als Geburtstag Christi. Ja, der christliche Erlöser wurde als Sonne der Gerechtigkeit selbst Sol angenähert.781 Auch unseren Sonntag führte Konstantin im Jahr 321 ursprünglich als verehrungswürdigen Tag der Sonne ein.782 Die Konsekrationsmünzen, die für Konstantin nach seinem Tod im Jahr 337 geprägt wurden, zeigen den Kaiser in der Quadriga des Sonnengottes in den Himmel auffahren. Als christliches Element ist eine offen Hand zu deuten, die über dem Haupt Konstantins erscheint.783 Darüber hinaus sah er sich selbst offenbar als neuer Christus oder vielleicht auch als eine Inkarnation des Sol. In seinem Mausoleum in Konstantinopel, der späteren Apostelkirche, ließ er seinen Sarkophag von zwölf Stelen umgeben,784 die nun wahlweise entweder als Symbol für die zwölf Apostel oder aber auch stellvertretend als die zwölf olympischen Götter interpretiert werden können. Übrigens wurde auch dieser Kaiser von seinen christlich erzogenen Söhnen als Divus Constantinus unter die Götter erhoben. Somit bleibt festzustellen, dass der Kult des deus Sol Elagabalus auch nach der Ermordung des Kaisers Elagabal in Emesa fortbestand, und sogar noch einmal ein Oberpriester des Gottes für kurze Zeit auf den Kaiserthron gelangen konnte. Nachdem der emesenische Sonnengott nochmals als Schlachtenhelfer eines römischen Kaisers in Erscheinung trat, wurde der römische Sol invictus mit einer Unterbrechung während der Herrschaft des Carus und seiner Söhne sowie der Tetrarchie Diokletians bis weit in die Regierungszeit des ersten christlichen Kaisers hinein als oberster Gott des römischen Reiches
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verehrt. Hier tritt aber auch der große Unterschied zur kurzen Episode aus der Zeit des Priesterkaisers zutage.785 Die Schilderung in der Historia Augusta, wonach Aurelian seinen Schlachtenhelfer in dem Sonnengott von Emesa erkannte, kann eine gewisse Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen, da die Entscheidungsschlacht gegen die Truppen Zenobias in nächster Nähe des Heiligtums ausgetragen wurde. Doch führte dieser Kaiser eben nicht wieder den Elagabal-Kult in Rom ein, sondern identifizierte den Gott von Emesa mit dem römischen Sol invictus. Weder wurde der Baetyl abermals in die Hauptstadt überführt, noch wurde der Kult dort von syrischen Priestern gepflegt. Aurelian stellte vielmehr ein aus Senatoren bestehendes Priesterkollegium auf. Der Kult des römischen Sol hatte überdies eine lange Tradition in der Hauptstadt. Sein Tempel, der pulvinar Solis genannt wurde, lag schon in altrömischer Zeit auf dem Quirinalhügel. Den neuen Tempel ließ Aurelian nicht in der Mitte der Hauptstadt auf dem Palatin, sondern am Stadtrand auf dem Marsfeld errichten. Aurelian erhob Sol zu seiner obersten Schutzgottheit, jedoch nicht für alle verbindlich zur obersten Gottheit im Reich. Wie schon erwähnt, war der römische Sol invictus wohl auch in Zusammenhang mit dem Mithraskult besonders unter den Soldaten sehr beliebt. Schon bei einer Begebenheit aus dem ersten Jahrhundert berichtet der Historiker Tacitus, wie Legionäre der in Syrien stationierten legio III Gallica während des morgendlichen Kampfgeschehens die aufgehende Sonnen begrüßten.786 Es kann also keine Rede davon sein, dass die gescheiterte Einführung des emesenischen deus Sol Elagabalus in Rom Auslöser für die spätere Verehrung des Sonnengottes gewesen sei. Somit kommt Elagabal keineswegs die Bedeutung eines religiösen Visionärs zu, der seiner Zeit voraus war. Der Kult des Sol invictus entsprach dem Bedürfnis der Menschen des dritten Jahrhunderts, da die altrömischen Kulte, trotz des mehrfachen Versuchs ihrer Wiederbelebung, bei der Bevölkerung an Bedeutung verloren hatten. Doch basierte die spätantike Verehrung des Sonnengottes auf altrömischen Traditionen. Wenngleich gemäß dem Synkretismus der damaligen Zeit auch der Gott Apollon und der griechische Helios sowie diverse lokale Kulte als Erscheinungsformen des römischen Sonnengottes gedeutet wurden. Der Gott Elagabal mit seinen eigentümlichen Ritualen hingegen war und blieb ein syrischer Kult, der in Rom nicht heimisch werden konnte und von den Menschen eher als Störung des religiösen Lebens empfunden wurde.
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Epilog: Ein schlechter Kaiser? Wie eingangs geschildert, genießen oftmals die sogenannten schlechten Kaiser die Aufmerksamkeit der Forschung und fanden Eingang ins kollektive Bewusstsein. Doch was ist nun ein schlechter Kaiser? Bezüglich Elagabals konnte vieles von dem, was die historiographischen Quellen berichten, relativiert werden. Vieles fand aber durch den Vergleich mit numismatischen oder epigraphischen Quellen auch seine Bestätigung. Doch wie nah kam man hierbei dem wirklichen Menschen und Kaiser Marcus Aurelius Antoninus. Alles, was hier erörtert wurde, vermittelt zugegebenermaßen nur ein Bild des Kaisers. Dieses zeigt ihn zum Teil so, wie er von anderen gesehen wurde, und zum Teil so, wie er selbst gesehen werden wollte. Darüber hinaus zeichnet sich ein weitgehend sicheres Gerüst von Fakten und Rahmendaten ab. Doch wie weit kann man sich überhaupt dem Menschen einer längst vergangenen Epoche nähern? Zeigen schließlich nicht alle Versuche, eine möglichst objektive Lebensbeschreibung eines Menschen zu geben, letztlich nur ein Bild dieser Person – eben ein Bild dessen, was einem außenstehenden Beobachter sichtbar oder überliefert wurde? Wie würde dieser Versuch bei einem zeitgenössischen lebenden Menschen ausfallen? Gesetzt den Fall, man würde das Leben einer Persönlichkeit aus der heutigen Politik schildern wollen, die man persönlich nicht kennt, so wäre man auch hierbei ebenfalls zunächst auf das Bild angewiesen, das die unterschiedlichsten Medien von dieser Person zeichnen. Dieser Eindruck wäre natürlich zu ergänzen durch Augenzeugenberichte und sämtliche weiteren verfügbaren Dokumente. Doch auch dieses Material vermittelt immer nur einen subjektiven Eindruck, und am Ende kann man froh sein, wenn sich ein halbwegs sicheres Faktengerüst abzeichnet und man vielleicht einen Eindruck über die Motive und Intentionen dieser Person gewinnt. Damit sollte und muss sich auch die Geschichtswissenschaft hier begnügen. Aufgabe kann es nicht sein, mögliche geheime Gedanken und Absichten der jeweiligen Person aufzudecken und zu enträtseln, wenn diese niemals öffentlich geäußert wurden. Insofern wird der Versuch, das Leben des Kaisers Elagabal zu schildern, als Resultat primär die Geschichte seines öffentlichen Wirkens zum Vorschein bringen. Hierbei müssen selbstverständlich sämtliche vorhandenen Berichte, Fakten und Dokumente kritisch berücksichtigt werden. Obwohl man in der neueren Forschung geneigt ist, Verständnis für die sogenannten schlechten Kaiser aufzubringen und in ihnen die postumen Opfer antiker Geschichtsschreiber zu sehen, kann die antike Historiographie deshalb nicht samt und sonders als missgünstig, tendenziell und entstellend beiseite getan werden. Man könnte sogar sagen, die antike Geschichtsschreibung gibt Auskunft darüber, wie erfolgreich
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ein Herrscher war. Die sogenannten schlechten Kaiser waren deshalb nicht unbedingt nur von ihrer Um- und Nachwelt missverstandene Menschen oder Visionäre, die womöglich ihrer Zeit voraus waren. Auch wenn das Amt des Kaisers eine fast uneingeschränkte persönliche Freiheit mit sich brachte, so hatte der Inhaber der höchsten Gewalt dennoch ganz bestimmte Aufgaben wahrzunehmen und die Erwartungen der Akzeptanzgruppen zu erfüllen, von denen seine Herrschaft abhing. Die Familie Elagabals stammte aus der alten Dynastie der Priesterkönige von Emesa, und sie stellte traditionsgemäß den Oberpriester des emesenischen Sonnengottes. Jedoch verbrachte Elagabal seine Kindheit nicht in Emesa, sondern in Rom. Es kann also keine Rede davon sein, dass er von frühester Jugend an in Syrien auf das Priesteramt vorbereitet und dadurch geprägt worden sei. Er wuchs in der Hauptstadt des Reiches in einer römischen Umgebung heran und wurde römisch erzogen. Als nächster männlicher Verwandter Caracallas betrachte man ihn wahrscheinlich als potentiellen Thronfolger. Der deus Sol Elagabalus wurde auch in Rom von den Familienmitgliedern verehrt. Es existierte ein Tempel im Stadtteil Trastevere und der Großvater des Kaisers ließ zu Ehren des Gottes mindestens eine Inschrift setzen. Zum Oberpriester wurde der junge Elagabal allerdings erst, als er nach der Ermordung Caracallas im emesenischen Haupttempel Asyl suchte. Hier lernte er die orgiastischen Kultrituale kennen, die auf den kaum der Pubertät entwachsenen Jüngling vermutlich eine starke Anziehungskraft ausübten und seinen Neigungen entgegenkamen. Durch eine von den Anhängern seiner Familie initiierten und von Gannys geleiteten Verschwörung gegen Macrinus wurde er von den in Syrien überwinternden Truppen zum Kaiser ausgerufen. Um die Soldaten für Elagabal zu gewinnen, gab man ihn als unehelichen Sohn Caracallas aus. Den Sieg über Macrinus in der Schlacht bei Antiochia führte der Kaiser auf das direkte Eingreifen des emesenischen Sonnengottes zurück. Er beschloss daraufhin, die Funktion als Oberpriester seines „unbesiegbaren Schlachtenhelfers“, wie dieser mit den Beinamen invictus und propugnator tituliert wurde, über das Amt des römischen Kaisers zu stellen. Das ist insofern nachvollziehbar, da ihm – aus seiner Sicht – der Gott Elagabal das Kaisertum verliehen hatte und durch seine Unbesiegbarkeit für den Bestand der Herrschaft garantierte. Die Maxime, die angeblich Septimius Severus auf dem Sterbebett seinen Söhnen zur Sicherung ihrer Herrschaft gegeben hat, könnte man für den Priesterkaiser deshalb in dem Sinne umdeuten: „Verehre den Sonnengott von Emesa und verachte alles andere“. Womöglich wurde er darin von seiner Umgebung bestärkt, die den eigenwilligen Jüngling so von den eigentlichen Regierungsgeschäften fernhalten wollte. Wie ein Blick auf die Administration des Reiches zur Zeit Elagabals gezeigt hat, wurden die wichtigsten Staatsämter
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an bewährte Militärs, Juristen und Verwaltungsleute vergeben. Dies lässt darauf schließen, dass die Regierungsaufgaben von einem besonnenen und kompetenten Beraterkreis hinter dem Kaiser wahrgenommen wurden, zu dem man unter anderem wahrscheinlich Julia Maesa und Comazon zu zählen hat. Ganz im Gegensatz zur Situation unter seinen Nachfolgern waren zu Elagabals Zeit die Grenzen des Reichs kaum bedroht. So konnte er sich, ohne das Leben, die Sicherheit und den Wohlstand seiner Untertanen ernsthaft zu gefährden, ganz auf die Verehrung seines Gottes konzentrieren. Hier ging er bei weitem über jedes vernünftige Maß hinaus, womit er aus der Perspektive seiner Zeitgenossen auf ungeheuere Weise gegen die alten Kulte sowie gegen religiöse und moralische Vorstellungen verstieß. Er überführte in einer Prozession den Kultstein seines Gottes in die Hauptstadt und weihte ihm dort den Tempel des siegreichen Jupiter, den er wahrscheinlich prächtiger ausbauen ließ. In Rom verehrte er den deus Sol Elagabalus mit denselben ekstatischen Ritualen, die er in dessen Tempel in Emesa kennengelernt hatte. Auch führte er die Zeremonien persönlich in den für römische Augen ungewöhnlichen und seiner Position unangemessenen Priestergewändern an. Das galt als unkaiserlich und entsprach in keiner Weise den Erwartungen, die der römische Senat, die stadtrömische Bevölkerung und die Truppen gegenüber dem Herrscher des römischen Weltreiches hegten. Seine Heirat mit einer Vestalin war von ihm als heilige Priesterehe gedacht und sollte der symbolischen Vermählung des emesenischen Sonnengottes mit der Himmelsgöttin Dea Caelestis entsprechen. Von den Zeitgenossen wurde dies allerdings als schreckliches und höchst strafwürdiges Sakrileg aufgefasst. Übrigens griff der römisch erzogene Priesterkaiser bei seinen religiösen Ideen durchaus auch auf römische Vorstellungen zurück. So vermählte er sich bei dieser Priesterhochzeit eben nicht mit einer orientalischen Priesterin, sondern mit der vornehmsten Priesterin Roms. Den emesenischen Sonnengott versuchte er zunächst dem römischen Jupiter anzugleichen. Vielleicht deshalb ließ er für den unbesiegbaren Sonnengott von Emesa den Tempel des siegreichen Jupiter auf dem Palatin umfunktionieren. Auch die Göttertrias, die er in diesem Tempel installierte, entsprach sowohl dem Heiligtum in Emesa als auch dem Jupitertempel auf dem kapitolinischen Hügel Roms. Möglicherweise dachte er ebenfalls an eine Identifikation mit Jupiter, als er seinen Gott zur obersten Gottheit im Reich erhob. Aber auch dies musste von den Römer als Religionsfrevel gedeutet werden, da damit faktisch der traditionelle oberste römische Gott aus seiner Position verdrängt wurde. Hinzu kam noch das skandalöse Privatleben des Kaisers, der mit dem schönen Wagenlenker Hierocles und dem gutgebauten Athleten Zoticus in einer eheähnlichen Beziehung lebte. Allerlei Gerüchte über scheußliche orgiastische Rituale und sexuelle Exzesse, die meistenteils wohl erfunden aber dem
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metrosexuellen jungen Priesterkaiser zuzutrauen waren, mögen ihren Weg aus dem Palast in die Stadt gefunden haben. All das brachte die öffentliche Meinung massiv gegen Elagabal auf. Schlimmer noch war die zunehmend ablehnende Haltung der Prätorianergarde. Um die sich anbahnende Katastrophe zu verhindern, beschloss man im Umfeld des Kaisers, hauptsächlich auf Initiative der Augusta Julia Maesa, die sich zu Recht wahrscheinlich Sorgen um das Wohl ihrer Familie machte, den noch im Knabenalter stehenden Severus Alexander zum Caesar zu erheben und sukzessiv zum Nachfolger aufzubauen. Gleichzeitig zwang man den Priesterkaiser, die skandalöse Ehe mit der Vestalin Aquilia Severa aufzulösen. Als Versöhnungsgeste gegenüber dem römischen Senat heiratete er die hochangesehene Annia Aurelia Faustina. Nachdem sich so einstweilen die Wogen geglättet hatten, machte Elagabal einige Monate später eine völlige Kehrtwende. Er versuchte seinen Cousin zu beseitigen und ging eine zweite Ehe mit Aquilia Severa ein. Die Eigenwilligkeit des Priesterkaisers löste so eine erste Meuterei der Prätorianergarde aus, die erst beendet werden konnte, als sich Elagabal an der Seite Severus Alexanders den Truppen zeigte und die Eintracht im Kaiserhaus scheinbar wiederhergestellt war. Doch in Wahrheit war das Herrscherhaus in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite standen Elagabal und Julia Soaemias und auf der anderen Severus Alexander und Julia Mamaea, in deren Lager nun auch Julia Maesa und Comazon wechselten. Der Streit in der Herrscherfamilie wurde weiterhin öffentlich ausgetragen, wie beispielsweise die Weigerung Elagabals, das Konsulat am 1. Januar 222 gemeinsam mit seinem Cousin anzutreten, zeigt. Als der Priesterkaiser die kaum verheimlichten Anstalten zur Ermordung des Severus Alexander traf – auch auf der Gegenseite wird man wahrscheinlich an die Möglichkeit einer Beseitigung Elagabals gedacht haben –, löste dies eine zweite Rebellion der Prätorianer aus, die nun entschlossen waren, dem Treiben ein Ende zu bereiten. Abermals erschien der Teenagerkaiser an der Seite seines Cousins vor den Truppen. Diesmal aber steigerte sich die Empörung der Soldaten zu einem wahren Gewaltexzess, bei dem schließlich Elagabal und seine Mutter sowie seine Gefolgsleute ums Leben kamen. Der Kult des emesenischen Sonnengottes verschwand nach dem Tod des Kaisers weitgehend aus dem religiösen Leben der Hauptstadt. Den Kultstein sandte man nach Emesa zurück, womit der dortige Tempel wieder den Status eines Hauptheiligtums des Gottes zurückgewann. Sogar noch einmal konnte ein Oberpriester des deus Sol Elagabalus den Kaiserthron besteigen, doch war seine Herrschaft nur eine kurze Episode und blieb auf Syrien beschränkt. Unter Kaiser Aurelian trat der Sonnengott von Emesa erneut als Schlachtenhelfer in Erscheinung. Dieser Kaiser identifizierte diesen Gott
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jedoch mit dem römischen Sol invictus, den er fortan als seine oberste Schutzgottheit verehrte. Der römische Sonnengott, dessen Kult auf altrömischen Wurzeln zurückzuführen ist, durfte sich schon früh einer großen Beliebtheit im Heer erfreuen und spielte bereits vor Aurelian eine wichtige Rolle in der kaiserlichen Herrschaftsrepräsentation. Der Sonnengott verdrängte unter Aurelian tatsächlich Jupiter – jedoch nur in seiner Funktion als Schutzgottheit des Herrschers. Niemals wurde Sol offiziell anstelle Jupiters zum obersten Gott des römischen Pantheons erhoben. Überdies lag es dem Soldatenkaiser vollkommen fern, selbst oder gar in orientalischen Gewändern die Aufgabe eines Oberpriesters auszuüben. Auch wurden keine exotischen Rituale zelebriert, vielmehr entsprach die Kultausübung römischen Traditionen. Die Verehrung des römischen Sol im dritten und vierten Jahrhundert hatte also nichts mit den kurzlebigen religiösen Experimenten Elagabals gemeinsam. Die eingangs erwähnten sogenannten schlechten Kaiser par excellence wie Caligula, Nero oder auch Commodus und Caracalla wurden von der senatorischen Geschichtsschreibung mit ihrem Negativimage bedacht, da sie im Gegensatz zu den sogenannten guten Kaisern, denen die Gradwanderung zwischen ihrer unumschränkten Position als autokratische Herrscher und den jeweiligen Erwartungshaltungen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen gelang, kein ausgewogenes Verhältnis zu sämtlichen für das Kaisertum relevanten Akzeptanzgruppen pflegten – dem Senat, der stadtrömischen plebs urbana, dem Heer und auch der Provinzbevölkerung. Die kaiserliche Selbstdarstellung Caligulas war demonstrativ gegen den Senat gerichtet. Nero war als Bühnenkünstler beim Volk und der Provinzbevölkerung höchst populär, ebenso wie der Gladiatoren-Kaiser Commodus, der ebenso bei Militär sehr beliebt war. Caracalla bevorzugte einseitig die Armee, die allerdings auch realpolitisch gesehen die Hauptstütze seines Kaisertums war. Diese Kaiser waren beim Senat verhasst und starben eines gewaltsamen Todes, doch genossen sie bei den Bevölkerungsgruppen, an die ihre Herrschaftsrepräsentation in erster Linie adressiert war, auch über ihren Tod hinaus eine bemerkenswerte Popularität. Elagabal stieß jedoch überall auf Ablehnung und Verachtung. Er zeigte auf letztlich fatale Weise ein vollkommenes Unverständnis für seine Rolle als Princeps – von einer Rolle im schauspielerischen Sinne kann man hier tatsächlich sprechen, so fragte beispielsweise noch Kaiser Augustus auf dem Sterbebett die Umstehenden, ob er das Theaterspiel seines Lebens gut gespielt habe und bat sie nach Art der Schauspieler um Beifall.787 Somit bleibt Elagabal der eigenwillige postpubertäre Jüngling, dem sich der Charakter des kaiserlichen Amtes und dessen große Verantwortung für die Bevölkerung des Reiches gänzlich verschloss. So stellte man sich weder den primus inter pares des Senates, noch den Vater des Vaterlandes und leib-
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haftigen Gott, als welcher der Kaiser aus der Sicht der einfachen Menschen erscheinen musste und der für den Wohlstand und die Sicherheit der Bevölkerung des ganzen Imperiums garantierte, und schon gar nicht den sieghaften Oberbefehlshaber der römischen Armee vor, der – zumindest der Ideologie nach – das Reich erweitern, seine Grenzen effektiv schützen und ein erfolgreicher Feldherr sein musste. Keine dieser Erwartungshaltungen wurde Elagabal gerecht. Ganz in Gegenteil vernachlässigte er in jugendlichem Unverständnis und in eigenwilligem Beharren auf die Aufgabe des Oberpriesters einer lokalen und aus römischer Perspektive exotischen Gottheit sträflich seine eigentlichen Pflichten als römischer Kaiser. Wie sich gezeigt hat, war er weder ein blutrünstiger Tyrann, noch war seine Herrschaft von maßloser Verschwendungssucht und irrwitzigem Luxus geprägt. Auch die meisten Behauptungen über seine angeblichen sexuellen Ausschweifungen gehören dem Reich der Legenden an. Doch gemessen an den Aufgaben und Erwartungen, die ein römischer Kaiser zu erfüllen hatte, muss man über ihn das Urteil fällen: Elagabal war zweifellos der denkbar schlechteste römische Kaiser. Aus heutiger Sicht mag man seine Herrschaft vielleicht als jugendliche Rebellion gegen die bestehenden und althergebrachten Moralvorstellungen und das „Establishment“ deuten. Und so erinnern die Eskapaden des Kaisers Elagabal insgesamt in gewisser Weise am ehesten vielleicht an das Gebaren eines modernen und moralisch ungefestigten jugendlichen Popstars. Auf der anderen Seite wird man einem Heranwachsenden, der zielstrebig und gegen alle Widerstände seine religiösen Visionen verwirklicht und dem es gelingt, das religiöse Leben der Hauptstadt des römischen Weltreichs auf den Kopf zu stellen, eine gewisse Begabung nicht absprechen können.
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IV. Nachträge 1. Von Nachtigallzungen und Otternasen Dem jungen Elagabal wird in der Historia Augusta – fälschlicherweise wohl wie wir sehen konnten – ein besonders ausgefallener Tafelluxus unterstellt, bei dem als ausgesprochene Delikatessen Speisen galten, die beim modernen Leser vielleicht eher ein Gefühl der Übelkeit auslösen könnten. Erinnert sei hier an delikate Leckerbissen wie die genannten Pfauen- und Nachtigallzungen, an Hahnenkämme, Flamingohirne oder an Papageien- und Straußenköpfe. Das alles untermauert eine gewisse Skepsis gegenüber der Qualität und Genießbarkeit der antiken römischen Küche, die in dem bekannten Film der britischen Komikergruppe Monty Python „Live of Brian“ auf die Spitze getrieben wird. Hier taucht in der Arena während der dort ebenfalls karikierten Gladiatorenkämpfe der Hauptprotagonist Brian als Bauchladenverkäufer auf, der dem Publikum fein gesalzene Lerchenzungen, Zaunkönigleber, Buchfinkenhirne sowie gefüllte Jaguarohrläppchen und Wolfzitzenchips feilbietet. Auch die vom einem Zuschauer verlangte Tüte Otternasen konnte Brian nicht in Verlegenheit bringen. Dagegen erfreut sich der korrupte Statthalter „Agrippus Virus“ in „Asterix bei den Schweizern“ an rustikaleren Speisen wie Bärenblutwurst, gefüllte Giraffenhälse oder in Auerochsenfett gebratene Schweinskaldaunen mit Honig.788 René Goscinny und Albert Uderzo ließen sich bei der „Orgie“ des Statthalters von der cena Trimalchionis aus dem Romanfragment Satyricon des Petronius inspirieren. In Anspielung auf dessen Verfilmung von Frederico Fellini erklärt „Agrippus Virus“: „Ich lasse mir meine Orgien von dem großen Fellinius inszenieren.“ Im Gastmahl des Trimalchio versucht der zu Reichtum gelangte Emporkömmling und Gastgeber, seine teilweise wenig illustren Gäste durch vermeintlich erlesenen Geschmack und exklusiven Tafelluxus zu beeindrucken. Aufgetragen werden unter anderem mit Honig und Wein bedeckte Haselmäuse oder eine Fleisch- und Fischplatte, deren einzelne Bestandteile die zwölf Tierkreiszeichen symbolisieren sollen. Einem gebratenen Wildschwein von enormer Größe entsteigen beim Tranchieren lebende Drosseln. Ein ebenfalls gebratenes Hausschwein ist mit Bratwürsten gefüllt. Danach kommt ein am Stück gekochtes Kalb auf den Tisch. Als Nachtisch werden fette Poularden und Gänseeier serviert. Sodann folgen mit Rosinen gefülltes Backwerk in Form von Vögeln und Quitten, die mit Dornen besteckt sind und so wie Seesterne aussehen sollen, sowie eine Platte auf der scheinbar eine Mastgans, weiteres Geflügel und Fische liegen. Alle Speisen auf dieser letzteren Platte wurden jedoch gänzlich aus Schweinefleisch zubereitet.
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Erweckt dies alles den Eindruck von üppiger aber durchaus gediegener Hausmannskost, so rühmt Trimalchio ausdrücklich die Kunstfertigkeit seines Kochs, der sich darauf verstünde, aus Saueuter einen Fisch, aus Schmalz eine Taube, aus Schinken eine Turteltaube und aus einer Schweinshaxe ein Huhn zubereiten zu können.789 Das erinnert wiederum an Elagabal, dem es angeblich ebenfalls gefiel, an bestimmten Tagen seinen Gästen Speiseimitate oder nur Gerichte zu servieren, die alle aus einer Grundsubstanz wie Fasan, Schwein oder Fisch hergestellt waren. Da übermäßiger Tafelluxus zur typischen Tyrannentopik gehörte, wurde auch anderen römischen Kaisern eine üppige Speisetafel unterstellt.790 Wieder sind es die sogenannten schlechten Kaiser, die in den antiken Quellen als ausgesprochene Schlemmer erscheinen. Neben Caligula und Nero erlangte vor allem Kaiser Vitellius, der nach dem Tod Neros für einige Monate regierte, für seine kulinarischen Eskapaden eine gewisse Berühmtheit. Beispielsweise habe er in einer riesigen silbernen Schüssel, der man den Namen Schild der Stadtbeschirmerin Minerva gab, ein aus der Leber von Meerbrassen, aus Fasanen- und Pfauenhirne, Flamingozungen und Muränenmilch zubereitetes Ragout servieren lassen. Zur Beschaffung der Zutaten sollen im ganzen Mittelmeer Schiffe unterwegs gewesen sein. Dem von ständigem Heißhunger geplagten Vitellius kam es aber nicht unbedingt auf die Qualität und Exklusivität der Speisen an. Sogar beim Opfer soll er den noch heißen Opferkuchen vom Altar gerissen und verschlungen haben. In anderen Fällen genügten ihm die bereits erkalteten oder vom Vortag stammenden abgestandenen Speisereste gewöhnlicher Garküchen, um seinen Appetit zu stillen.791 Auf die Neuzeit übertragen drängt sich hier beinahe schon das Bild eines Regierungsoberhaupts auf, das nachts in den Biotonnen von Imbissständen nach Essbarem sucht. Die sogenannten guten Kaiser hingegen begnügten sich üblicherweise mit frugalen Mahlzeiten. Ein Paradebeispiel ist hierbei wieder der Philosophenkaiser Marcus Aurelius, der überhaupt das Fasten der Nahrungsaufnahme vorgezogen haben soll. Waren die Speisegewohnheiten des Herrschers jedoch allzu sparsam, so konnte ihm dies auch als Geiz ausgelegt werden, was wiederum ein Merkmal des Tyrannen war. Tiberius, der Nachfolger des Augustus, hatte anscheinend eine Leidenschaft für Gurken und soll es nicht verschmäht haben, die Reste vom Vortag wieder auftragen zu lassen.792 Didius Julianus, der sich nur kurz der Herrschaft erfreuen konnte, aß angeblich drei Tage lang an einem Hasengericht.793 Zahlreiche römische Kaiser begnügten sich auf ihren Feldzügen mit den kargen Mahlzeiten der Soldaten. Über Caracalla wurde schon berichtet, dass er überhaupt eine Vorliebe für das einfache Soldatenleben hatte. Er soll sich sogar das Getreide selbst gemahlen und sein Brot selbst gebacken haben, wie dies unter den Legionären üblich war.794 Kaiser Carus (282–283)
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empfing auf seinem Feldzug gegen die Perser eine gegnerische Gesandtschaft, während er auf dem Boden saß und eine Erbsensuppe mit Pökelfleisch verspeiste, wobei die Fleischeinlage nicht mehr ganz frisch gewesen sein soll. Sein kaiserliches Purpurgewand, das paludamentum, lag währenddessen achtlos im Gras.795 Wie dieser kurze Überblick über die kaiserlichen Tafelgewohnheiten zeigt, war die antike römische Küche durchaus recht abwechslungsreich, und ausgefallene exotische Delikatessen waren auch an der Tafel des Herrschers keineswegs die bevorzugten Speisen. Neben diversen Berichten in den historiographischen Quellen haben sich außerdem eine Reihe antiker Kochrezepte erhalten. Der altrömische Politiker, Feldherr und Schriftsteller Cato der Ältere verfasste im zweiten vorchristlichen Jahrhundert ein Werk über die Landwirtschaft (De agri cultura), in dem zahlreiche Rezepte der traditionellen römischen Küche wiedergegeben sind. Der Nachwelt ist Cato der Ältere vor allem deshalb bekannt, weil er jede seiner Reden vor dem Senat mit dem immer gleichlautenden Satz, ceterum censeo Carthaginem esse delendam (im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss), beendet haben soll. Bei der Thematik seines Werks und dem Charakter des sittenstrengen und konservativen Autors überrascht es nicht, dass sich darin vor allem einfache und bäuerliche Rezepte finden. Repräsentativer für die gehobene Küche der römischen Kaiserzeit ist deshalb wahrscheinlich das dem Apicius zugeschriebene Kochbuch De re coquinaria (Über die Kochkunst). Nun sollen jedoch gleich drei Feinschmecker dieses Namens existiert haben. So machte ein Apicius im Rom der spätrepublikanischen Zeit wegen des exquisiten Luxus seiner Gastmähler von sich reden. Und während über den zu Beginn des ersten Jahrhunderts lebenden Apicius zahlreiche Anekdoten überliefert sind, soll sein fast 100 Jahre später wirkender Namensvetter ein Verfahren zur Haltbarmachung von Austern entwickelt haben, so dass Kaiser Trajan bei seinem Feldzug gegen die Parther nicht auf die von ihm geschätzten Meeresfrüchte verzichten musste.796 Vermutlich ist das überlieferte Kochbuch deshalb keinem der bekannten Herren mit dem Namen Apicius zuzuschreiben. Wie zudem anhand stilkritischer Merkmale festgestellt werden konnte, stammt wenigstens ein Teil der Rezepte aus späterer Zeit. Es handelt sich deshalb um eine Rezeptsammlung, die wahrscheinlich im vierten Jahrhundert zusammengestellt wurde. Wobei der als Autor genannte Name „Apicius“ allgemein als Synonym für einen Feinschmecker stand. Wer in diesem Kochbuch nun nach ausgefallenen Rezepten für die Zubereitung möglichst exotischer Tiere sucht, wird enttäuscht sein. Es findet sich darin lediglich nur eine Anleitung für Flamingobraten in Dattelsoße und eine für mit Schweinehackfleisch gefüllte Haselmäuse.797 Der überwiegende
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Großteil der beschriebenen Speisen vermittelt eher einen gediegenen Eindruck. Das Spektrum der Fischrezepte reicht von Schalentieren bis zum Salzfisch. Und an Fleisch wird vornehmlich die Zubereitung von Schweinefleisch, Geflügel oder auch von Zicklein, Wild, Kalb und Rindfleisch behandelt. Ebenso mutet das Rezept für einen gekochten Strauss in unserer Zeit, in der Straußensteaks in fast jedem Supermarkt erhältlich sind, keineswegs exotisch an.798 Einen breiten Raum nimmt die Zubereitung von Gemüsegerichten und Eintöpfen ein. Bei Letzteren kommen als Einlage häufig Lukanische Würste (Lucanicae) zum Einsatz, die ein wenig an italienische Salsicce oder fränkische Bratwürste erinnern. Ein Teil des Kochbuches ist außerdem der Haltbarmachung von Speisen sowie Soßenrezepten gewidmet. Der wesentliche Unterschied zur modernen europäischen Küche – wenn man von dem heutigen inflationären Gebrauch von Fertigprodukten absieht – ist die Verwendung von garum oder liquamen, das allerdings auch in der Antike schon üblicherweise als Fertigprodukt erhältlich war. Dabei handelt es sich um eine salzige Soße, die durch die Fermentation von Fischabfällen und kleinen Fischen hergestellt wurde. Sie ist vergleichbar mit der Fischsoße in der thailändischen und vietnamesischen Küche, die beim Nachkochen antiker römischer Gerichte anstelle von garum sehr gut verwendet werden kann. Was die Häufigkeit seines Gebrauchs anbelangt, so erinnert garum an die allgegenwärtige Sojasoße der asiatischen Küche, da es als obligatorische Grundwürze anstelle von Salz bei sehr vielen Gerichten verwendet wurde. Eine weitere spezielle Zutat war ein dick eingekochter Traubenmost (defructum), der als wichtigstes Süßungsmittel galt. Da man in der Antike noch keinen Zucker kannte, kam als Alternative nur noch Honig in Betracht. Ein weiteres Charakteristikum der antiken römischen Küche ist der Gebrauch zahlreicher in der heutigen europäischen Küche kaum oder nur noch selten verwendeter Gewürze wie Weinraute, Flohkraut, Liebstöckel, asa foetida (Asant oder Teufelsdreck), Koriander und Kreuzkümmel, wobei die beiden Letzteren auch in unserer Zeit eine beliebte Zutat in der asiatischen und arabischen Küche sind. Insgesamt erinnern die römischen Speisen tatsächlich etwas an die ostmediterrane und arabische Kochkunst. Von einem anonymen Dichter des ersten Jahrhunderts sowie von Columella, dem ebenfalls im ersten Jahrhundert lebenden Verfasser eines Buches über die Landwirtschaft und den Gartenbau (De re rustica), wird eine Kräuterpaste mit Schafskäse (moretum) beschrieben,799 die beinahe jener türkischen Schafskäsepaste entspricht, die heutzutage an fast jedem gutsortierten Olivenstand erhältlich ist. Das trifft ebenso auf eine Olivenpaste zu, deren Rezeptur bei Cato dem Älteren wiedergegeben ist.800 Ein Problem beim Nachkochen antiker Gerichte ist der Umstand, dass im Gegensatz zu modernen Kochbüchern bei antiken Rezepten
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keine detaillierte Zubereitungsweise angegeben wird – was übrigens auch für mittelalterliche Rezepte zutrifft. Häufig ist nur eine Zutatenliste wiedergegeben, wobei oft auch die Mengenangaben fehlen. Das Rezept zu einer Soße für Austern (in ostreis) liest sich beispielsweise so: Für Austern: Pfeffer, Liebstöckel, Eidotter, Essig, Liquamen, Öl und Wein. Wenn du willst, gib auch Honig dazu.801 Der Verfasser des vorliegenden Buches würde dies nun als Mayonnaise interpretiert, bei der die rohen Eidotter mit dem Öl und den weiteren Zutaten zu einer Masse aufgeschlagen werden, während beispielsweise Marcus Junkelmann die Eier kocht und den Dotter zukrümelt in die Soße gibt.802 Hier wie bei allen weiteren Rezepten kommt es also auf die Interpretation und Experimentierfreudigkeit des Kochs an. Nachdem sich die experimentelle Archäologie der antiken römischen Küche angenommen hat, kann man heute auch in vielen archäologischen Parks römische Speisen konsumieren. Daneben sind zahlreiche Kochbücher zu diesem Thema auf dem Markt. Wie dieser kurze Exkurs in die römische Küche aber auch gezeigt hat, sind die Angaben in den literarischen Quellen über seltene und möglichst exotische Speisen auf den Tischen der Reichen meistenteils als Topos zu werten. Diese Berichte, die unsere Vorstellungen von römischen „Orgien“ prägten, sind folglich nur ein Klischee. Selbstverständlich spiegelten die Speisegewohnheiten die sozialen Unterschiede wieder. Nicht jeder Römer konnte sich Langusten, Austern oder ein kapitales Wildschwein als Hauptgang leisten. Beim Großteil der Bevölkerung kamen vornehmlich Brot sowie Getreidebrei, Bohnen und Kohl auf den Tisch. Als Würzzutat dürfte hier außerdem vor allem Knoblauch verwendet worden sein, der in der gehobenen Küche als unfein galt. Auch wenn an der kaiserlichen Tafel nur ausgewählte und exquisite Speisen serviert wurden – zumindest sofern dies der Herrscher nicht ganz ausdrücklich anders wünschte – kann man dennoch getrost davon ausgehen, dass sich der junge Priesterkaiser Elagabal nicht nur von Pfauen- und Nachtigallzungen, Hahnenkämme, Flamingohirne oder Papageien- und Straußenköpfe ernährt haben wird.
2. Eine zügellose Soldateska? Oftmals war in diesem Buch vom römischen Heer die Rede. Es waren die Legionäre der legio III Gallica in ihrem Standlager bei der Stadt Raphanaea, die den 14jährigen Elagabal zum Kaiser ausriefen. Und es waren die Soldaten der Prätorianergarde, in deren Lager der Priesterkaiser ermordet wurde. Elagabal erhielt und verlor die Herrschaft jeweils in einem Truppenlager. Doch wer waren überhaupt diese Leute, die ganz selbstverständlich über das Schick-
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sal des römischen Imperiums entscheiden konnten? Aus welchem sozialen und ethnischen Umfeld kamen sie, und wie waren ihre Lebensbedingungen? In der älteren Forschung ging man von einer zügellosen und verwöhnten Soldateska aus, deren Disziplinlosigkeit den Untergang des römischen Reiches eingeleitet habe, wofür man vor allem die Solderhöhungen und militärischen Reformen unter Septimius Severus verantwortlich machte.803 Wie bereits ausführlich dargelegt wurde, war das institutionell schwache römische Kaisertum letztlich abhängig von der Macht und dem Wohlwollen der Truppen. Seit der späten Republik war das römische Heer eine Freiwilligenarmee. Für den Eintritt in eine der Legionen war grundsätzlich das römische Bürgerrecht erforderlich. Die Hilfstruppen (auxilia) hingegen setzten sich aus Provinzbewohnern zusammen, die erst nach dem Ausscheiden aus dem Dienst das Bürgerrecht erhielten. Zu Beginn der Kaiserzeit stammten die Legionäre deshalb noch weitgehend von der italienischen Halbinsel. Dies änderte sich jedoch mit der Ausbreitung des römischen Bürgerrechts, so dass gegen Ende des zweiten Jahrhunderts die Legionäre zumeist aus den Grenzprovinzen stammten, in denen die Legionen stationiert waren. Auch der Unterschied zwischen den Legionen und den Hilfstruppen verwischte sich zunehmend mit der von Caracalla im Jahr 212 erlassenen Constitutio Antoniniana, durch die alle freien Bewohner des Imperiums das römische Bürgerrecht erhielten. Eine wichtige Rekrutierungsbasis seit dem späten zweiten Jahrhundert waren die Donauprovinzen, in denen ungefähr ein Drittel aller Legionen stationiert war. Üblicherweise standen genügend Freiwillige zur Verfügung. Nur sehr selten kam es zu Zwangsaushebungen (dilectus). Es gab verschiedene Anreize für den Eintritt in die Armee. Häufig stammten die Rekruten aus ärmeren Verhältnissen, und der Militärdienst bot ein regelmäßiges Einkommen, Unterkunft und Verpflegung sowie auch medizinische Betreuung. Daneben bestand durch Beförderung die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs, was durch Septimius Severus stark erleichtert wurde. Auch nach ihrer Entlassung genossen die Veteranen einen privilegierten Status. Sie erhielten ein großzügiges Entlassungsgeld und waren beispielsweise von bestimmten kommunalen Dienstverpflichtungen (munera) befreit.804 Die Dienstzeit betrug 25 Jahre, doch schon nach 20 Jahren wurden die Legionäre aus dem aktiven Dienst entlassen und übernahmen Sonderaufgaben. Der Alltag eines römischen Soldaten war in erster Linie von der täglichen Dienstroutine geprägt.805 Dazu gehörten vor allem der Wachdienst und Patrouillen sowie ständiges Exerzieren. Zudem wurden die Truppen in Friedenszeiten bei Baumaßnahmen und dem Straßenbau eingesetzt. Kaiser Probus ließ von seinen Soldaten beispielsweise Meliorationsarbeiten in Mösien und Pannonien durchführen, um dort Weinberge und Entwässerungssysteme anzulegen.806 Daneben erfüllten Militärangehörige
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wichtige Funktionen in der Verwaltung und nahmen zahlreiche gesellschaftliche und kultische Aufgaben wahr.807 Unter anderem versahen ausgewählte Soldaten als beneficiarii den Polizeidienst in den Provinzen.808 Zwar durften die einfachen Armeeangehörigen während ihrer Dienstzeit nicht heiraten, doch bildeten viele Soldaten Lebensgemeinschaften mit Frauen aus der Nähe ihres Truppenstandorts und hatten mit ihnen Kinder. Die Legionslager und teilweise in verkleinertem Maßstab die Lager der Hilfstruppen waren von Siedlungen umgeben (canabae legionis oder vicus), in denen sich zahlreiche Händler und Gastwirte niedergelassen hatten. Dort lebten auch die Lebensgefährtinnen der Soldaten mit ihren Kindern. Nach ihrer Dienstzeit hatten die Soldaten die Möglichkeit, ihre Partnerinnen zu heiraten und dadurch ihre Kinder zu legalisieren.809 Septimius Severus hob entgegen landläufiger Meinung das Eheverbot nicht auf, doch er gestattete den Soldaten, mit ihren Frauen außerhalb des Lagers zusammenzuleben.810 Es wurde schon darauf hingewiesen, dass dieser Kaiser die Lebensbedingungen des Militärs erheblich verbesserte. Neben den Solderhöhungen und den erleichterten Aufstiegsmöglichkeiten stellte er die Versorgung der Truppen durch die Ausweitung der annona militaris auf eine neue Grundlage. Außerdem erlaubte er den Soldaten, sich in Kollegien zu organisieren.811 Mag der alltägliche Dienst hart und strapazenreich und der Kriegseinsatz gefährlich gewesen sein, doch hatte ein römischer Soldat während seiner Dienstzeit neben der Möglichkeit des sozialen Aufstiegs auch die Option, zu materiellem Wohlstand zu gelangen. Der einfache Soldat musste zwar mit dem Sold (stipendium) seine Bewaffnung und Ausrüstung finanzieren. Abgezogen wurden außerdem eine Spareinlage (depositum) und die Beiträge für verschiedene Gemeinschaftskassen wie beispielsweise für die Begräbniskasse. Als weiterer Kostenfaktor kam das Erkaufen sogenannter Diensterleichterungen (vacationes munerum) hinzu. Faktisch waren dies Bestechungsgelder, mit denen man sich von seinem Vorgesetzten von diversen Dienstverpflichtungen freikaufen konnte. Das war eigentlich korrupt, wurde aber allgemein geduldet. Wahrscheinlich nutzten das viele Centurionen zur gefälligen Aufbesserung ihres Soldes, da zahlungsunwillige Soldaten – wie man unschwer vermuten kann – besonders schikaniert wurden. Dennoch konnte ein einfacher Soldat allein schon durch seine zwangsweise abgeführten Spareinlagen (depositum), die von einem Standartenträger (signifer) verwaltet wurden, einen beachtlichen Geldbetrag ansparen. Hinzu kam bei Dienstende noch das Entlassungsgeld. Neben dem Sold entwickelten sich zu Beginn des dritten Jahrhunderts ohnehin die schon mehrfach genannten Donative und Sonderzahlungen zur eigentlichen Haupteinnahmequelle. Man kann deshalb die römischen Soldaten während der Herrschaft der Severer als durchaus wohl-
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habend bezeichnen. Dies reflektieren nicht zuletzt die aufwendig verzierten und teilweise prunkvollen Ausrüstungsgegenstände dieser Zeit. Als Statussymbol trug man nun einen breiten Schwertgurt (balteus) über der rechten Schulter, der mit prächtigen – oftmals aus Silber angefertigten – Beschlägen geschmückt war. Durch ihren Wohlstand stellten die römischen Truppen dieser Zeit auch einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar.812 Dies kam vor allem den Grenzregionen zugute, in denen der Großteil der Truppen stationiert war und die unter den Severern einen wahren Wirtschaftsboom zu verbuchen hatten.813 Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Mobilität der Einheiten, der den Kulturtransfer innerhalb des Reiches förderte. Wie wir schon feststellen konnten, brachten beispielsweise die aus Emesa stammenden Bogenschützen den Kult ihres Sonnengottes mit an die Donau.814 Das Rückgrat einer Legion waren die Centurionen. Dies waren die Offiziere, die üblicherweise aus dem Mannschaftstand kamen (centurio ex caliga). Daneben konnte es auch vorkommen, dass Mitglieder des Ritterstands diesen Posten übernahmen (centurio ex equite Romano). Das war jedoch die Ausnahme.815 Unter den Centurionen gab es verschiedene Rangstufen, und der Ranghöchste war der primipilus, der Hauptmann der ersten Centurie (Hundertschaft) der ersten Kohorte einer Legion. Durch die Höhe ihres Entlassungsgeldes stiegen diese bewährten Militärs (primipilares) direkt in den Ritterstand auf. Üblicherweise wurden sie anschließend mit weiteren militärischen Aufgaben betraut und konnten unter den Severern als praefectus legionis die Position eines Legionsbefehlshabers oder auch die eines Provinzstatthalters übernehmen. Eine weitere Möglichkeit war der Einsatz als Anführer von mobilen Truppenabteilungen (vexillationes) oder eines militärischen Sonderkommandos als dux. Wie an den genannten Beispielen aus der Zeit Elagabals deutlich wurde – hier sei nochmals an Marcus Oclatinius Adventus, Comazon oder Claudius Aelius Pollio erinnert –, konnten diese Männer auch zur Prätorianerpräfektur, zum Senator und sogar zum Konsulat aufsteigen. Und seitdem mit Pertinax ein altgedienter Militär und mit Macrinus sowie später mit Maximinus Thrax (235–238) erstmalig Mitglieder des Ritterstandes zum Herrscher ausgerufen wurden, war als Höhepunkt einer solchen Karriere selbst der kaiserliche Purpur erreichbar. Gerade Maximinus Thrax, der erste der sogenannten Soldatenkaiser, ist hierfür ein Paradebeispiel, da er – wenn man den literarischen Quellen glauben darf – aus ärmlichen Verhältnissen stammte und innerhalb der Armee aufgestiegen war. Bevor er nach der Ermordung Severus Alexanders in Mogontiacum (Mainz) zum Kaiser ausgerufen wurde, war er vermutlich als praefectus tironibus für die Ausbildung der Truppen zuständig.816
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Exemplarisch ist die beeindruckende Laufbahn des Petronius Fortunatus, der für sich und seine Familie ein prächtiges Mausoleum errichten ließ, dessen Grabinschrift uns über seine Karriere informiert.817 Er trat unter Marcus Aurelius wohl zu Beginn der Markomannenkriege als einfacher Soldat in die in Mösien an der Donau stationierten legio I Italica ein. Dort diente er zuerst vier Jahre als einfacher Legionär, bevor er zum Unteroffizier (optio) und anschließend zum Standartenträger (signifer) befördert wurde. Schließlich ernannte man ihn zum Centurio. Nachdem er noch einige Zeit in Mösien eingesetzt war, diente er in den folgenden Jahren in zwölf verschiedenen über das gesamte römischen Reich verteilte Legionen. Seine Laufbahn führte ihn von Bonn am Rhein nach Nordafrika, Syrien und wieder zurück nach Germanien und von da aus nach Britannien, Arabien und Anatolien. Mit Auszeichnung nahm Fortunatus als Centurio bei der legio II Parthica am Partherkrieg des Septimius Severus teil. Anschließend kam er nach Panonnien zur legio I Adiutrix. Während seines Aufenthalts in Nordafrika heiratete er seine Frau Claudia Marcia Capitolina. Sein Sohn, der allerdings im Alter von 35 Jahren schon vor Fortunatus starb, trat in die Fußstapfen des Vaters und schlug ebenfalls eine militärische Laufbahn ein. Der Inschrift zufolge kam Fortunatus, der das für seine Zeit außergewöhnliche Alter von 80 Jahren erreichte, auf eine Dienstzeit von 50 Jahren, bevor er sich während der Regierungszeit Elagabals in den Ruhestand zurückziehen konnte.818 Diese bemerkenswert lange Dienstzeit war bei seiner Position jedoch nicht unbedingt ein Einzelfall, wie weitere Laufbahninschriften zeigen.819 Eine Ausnahme waren jedoch die zahlreichen Versetzungen. Üblicherweise wurde ein Centurio im Laufe seiner Dienstzeit höchstens vier bis maximal sechsmal zu einer anderen Truppeneinheit abkommandiert. Man kann deshalb vermuten, dass Fortunatus auf irgendeinem Gebiet besonders qualifiziert war. Vielleicht war er als Ausbilder auf eine außergewöhnliche Kampftechnik spezialisiert, was seinen temporär begrenzen Einsatz bei unterschiedlichen Legionseinheiten im ganzen Reich erklären würde. Was das äußere Erscheinungsbild der römischen Soldaten anbelangt, so mag man hier womöglich zunächst an diverse Hollywoodfilme denken, in denen die römischen Legionäre in unhistorischen Phantasiekostümen erscheinen, oder an die Römer bei Asterix und Obelix. Während die phantasievolle Kleidung und Ausrüstung in so manchem Monumentalfilm vom historischen Standpunkt nicht zu erörtert werden braucht, orientierten sich Goscinny und Uderzo immerhin an antiken Vorbildern. Für ihre Legionäre standen die Reliefs der Trajanssäule in Rom Pate. Dort erscheinen die Legionäre zumeist in kurzer Tunika, den typischen Soldatenstiefeln (caligae), dem charakteristischen Helm der frühen Kaiserzeit sowie mit Schienensegmentpanzer (lorica segmentata) und rechteckigem Schild (scutum). Diese Ausrüstung mag für das
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Ende des ersten und für den Anfang des zweiten Jahrhunderts repräsentativ sein. Wahrscheinlich trugen aber auch in dieser Zeit nicht sämtliche Legionäre die lorica segmentata, deren frühestes bekanntes Exemplar auf dem Schlachtfeld bei Kalkriese gefunden wurde, das höchstwahrscheinlich mit dem Schauplatz der Varusschlacht im Jahr 9 n. Chr. zu identifizieren ist. Zur Zeit Julius Caesars waren die Legionäre jedoch mit einem Kettenhemd (lorica hamata), dem sogenannten Montefortino-Helm und einem ovalem scutum ausgerüstet. Erscheinungsbild und Ausrüstung waren einem stetigen zeitlichen Wandel und der militärischen Entwicklung unterworfen. Bereits gegen Ende des zweiten Jahrhunderts wurde die lorica segmentata zum Teil wieder vom Kettenhemd verdrängt, das schon zuvor die bevorzugte Schutzrüstung bei den Hilfstruppen und der Kavallerie war. Auf den Reliefs der Marc-Aurel-Säule in Rom tragen es bereits die Gardetruppen und auch schon ein Teil der Legionäre. Will man sich einen Eindruck von den römischen Soldaten zur Zeit der Severer verschaffen, dann sollte man sich zunächst die Bemerkung Cassius Dios zum vermeintlich barbarischen Erscheinungsbild der von Septimius Severus neuaufgestellten Prätorianergarde ins Gedächtnis rufen.820 Denn was bei der Soldatenkleidung entgegen der landläufigen Vorstellung zuerst ins Auge sticht, sind die unrömischen langen Hosen. Gerade im rauen Klima der nördlichen Provinzen war dies ein sehr vorteilhaftes Kleidungsstück. Auf der Trajanssäule erscheinen allenthalben bereits die Hilfstruppen und Kavalleristen in knielangen Halbhosen. Zu Beginn des dritten Jahrhunderts hatten sich schließlich bei der Soldatentracht die langen Hosen durchgesetzt. Eine Vorbildfunktion kam dabei sicherlich der Person des Herrschers zu. Caracalla bevorzugte die teilweise praktischere „barbarische“ Kleidung – darunter eben auch den keltischen Kapuzenmantel, von dem sich sein Spitznamen herleitet.821 Ebenso war der typische Soldatenmantel dieser Zeit, das sagum, keltischen Ursprungs. Er wurde mit einer Fibel über der rechten Schulter geschlossen und löste den bisherigen Überziehumhang (paenula) ab. Die Tunika erlebte ebenfalls eine Veränderung, denn sie erhielt nun die „barbarischen“ langen Ärmel. Und statt der charakteristischen offenen caligae kamen geschlossene, aber auch genagelte Soldatenstiefel (calcei) in Mode. Als Militärgürtel (cingulum) wurde in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts bevorzugt das sogenannte Ringschließencingulum getragen. Zusammen mit dem Schwertgurt (balteus) sowie dem Langschwert war dies das typische Erscheinungsbild der Soldaten zur Zeit der Severer, wie es zahlreiche zeitgenössische Grabsteine von Militärangehörigen zeigen.822 Mantel und Militärgürtel waren generell das Erkennungszeichen und Statussymbol der römischen Soldaten, denn ihre komplette schwere Ausrüstung trugen die Soldaten nicht bei ihrem täglichen Routinedienst, sondern nur im Kampfeinsatz.
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Die Römer sind berühmt dafür, sich bei Ausrüstung und Kampftaktik generell ihren jeweiligen Gegnern angepasst zu haben. Dies ist der Grund für einen steten Wandel in diesem Bereich.823 Wie oben schon erwähnt, wurde gegen Ende des zweiten Jahrhunderts die lorica segmentata weitgehend vom Kettenhemd (lorica hamata) oder dem Schuppenpanzer (lorica plumata) abgelöst. Diese Schutzrüstungen wurden nun gleichermaßen sowohl von den Legionären wie auch von den Hilfstruppen und der Reiterei getragen. Als Helm kamen bei der Infanterie elaborierte und aufwendige Versionen des typischen kaiserzeitlichen römischen Helms zum Einsatz, die nach ihren jeweiligen Fundorten als Niederbieber-, Niedermörmter- und Heddernheim-Typ bezeichnet werden. Im Vergleich zu ihren Vorgängermodellen weisen diese Helme vor allem breitere Wangenklappen sowie verstärkende Kreuzbügel auf. Als Folge der Finanznot in der aufziehenden Krise des dritten Jahrhunderts sollte dieser Helm später vom sogenannten Spangenhelm abgelöst werden, der billiger in der Herstellung war. Im Gegensatz zu den Fußtruppen verwendete man bei der Kavallerie prächtige und auffallende Modelle wie den Adlerhelm, der in der Art einer phrygischen Mütze geformt war und in einem Adlerkopf auslief. Als weitere Schutzrüstung kamen teilweise auch Beinschienen oder ein Unterarmschutz zum Einsatz. Der gladius, das klassische römische Kurzschwert der Legionäre, wurde spätestens unter Caracalla durch das Langschwert der Kavallerie (spatha) ersetzt. Und dieses Langschwert wurde nun nicht mehr wie zuvor der kürzere gladius am cingulum auf der rechten Seite, sondern am eigens dafür eingeführten Schwertgurt (balteus) auf der linken Seite getragen. Das ist einfach darauf zurückzuführen, dass das nunmehr längere Schwert nicht mehr schnell genug mit der rechten Hand von der rechten Seite aus gezogen werden konnte. Fast alle Truppengattungen bevorzugten ein großes rundovales scutum, wenngleich sich der althergebrachte rechteckige Schild noch bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts halten konnte. Wie bereits schon in republikanischer Zeit war das scutum mit den Farben und Symbolen der jeweiligen Einheit bemalt.824 Die typische Fernwaffe der römischen Legionäre war das pilum. Das war ein Wurfspeer, dessen pyramidale Spitze auf einem langen Metallstab saß. Beim Aufprall verbog sich dieser Stab, so dass die Waffe nicht zurückgeworfen werden konnte. Die Durchschlagskraft wurde oft durch Gewichte zusätzlich verstärkt. Das pilum blieb zwar weiterhin im Einsatz, doch wurden jetzt bei Bedarf auch lange Stoßlanzen oder leichtere Wurfspeere verwendet. Besondere Elitesoldaten waren die lanciarii, die einen Köcher mit leichten Wurflanzen mit sich führten. Auf den Einsatz und das Training mit Stoßlanzen könnte die Behauptung Cassius Dios verweisen, Caracalla habe eine 16.000 Mann starke Phalanx Alexanders aufgestellt und mit historischen makedonischen Waffen ausgerüs-
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tet.825 Denn die typische Kampftaktik der makedonischen Phalanx war der massierte Einsatz von Fußsoldaten, die mit einer bemerkenswert langen Stoßlanze (sarissa) bewaffnet waren. Falls die Behauptung Dios zutreffend sein sollte, so wird man sich die römischen Stoßlanzen jedoch wesentlich kürzer und die Aufstellung erheblich flexibler als beim makedonischen Vorbild vorstellen müssen. Wie damit schon angedeutet wurde, kam es unter den Severern zu einer Reihe weiterer Innovationen auf militärischem Gebiet.826 Abgesehen von Änderungen in der strategischen Disposition, in der Kommandostruktur und der Aufstellung neuer Legionen durch Septimius Severus war dies der verstärkte Einsatz der Kavallerie, von Spezialtruppen und reichsfremden Kontingenten. Man geht davon aus, dass berittene Abteilungen aus den Provinzheeren zum kaiserlichen Begleitheer abkommandiert und dort jeweils zu größeren taktischen Verbänden zusammengefasst wurden. Als Spezialtruppen werden in den literarischen Quellen häufig die aus Nordafrika stammenden maurischen Speerschützen und die in den neuen Ostprovinzen rekrutierten osrhoenischen Bogenschützen genannt. Die Letzteren stellten ihre Loyalität gegenüber Severus Alexander auch nach dessen Ermordung unter Beweis.827 Außerdem wurden vermehrt Verbände schwergepanzerter Kataphrakten (Panzerreiter) nach orientalischem oder sarmatischem Vorbild aufgestellt.828 Da die zahlreichen Gegner Roms im dritten Jahrhundert häufig in lockerer Aufstellung oder als leichte Kavallerie kämpften, setzte man oftmals auf die Wirkung von Fernkampfwaffen. Die Feuerkraft der römischen Truppen wurde hierbei durch ballista genannte Torsionsgeschütze erheblich verstärkt. Dies waren Pfeilgeschütze in der Art überdimensionaler Armbrüste, mit dem man über größere Entfernungen Pfeile mit hoher Durchschlagskraft schießen konnte. Wie sich aus den Funden vom Schlachtfeld auf dem Harzhorn schließen lässt, überschütteten die Römer im Gefecht ihre Gegner mit Pfeilen und Wurflanzen, bis diese entnervt die Flucht ergriffen und die Kavallerie die Verfolgung aufnehmen konnte.829 Neben diesen Spezialeinheiten variierten aber auch Bewaffnung, Ausrüstung und Gefechtstaktik der Legionäre und regulären Hilfstruppen je nach Art des Kampfeinsatzes. Das verdeutlicht nicht zuletzt die in diesem Buch beschriebene Schlacht bei Antiochia am 8. Juni 218. Die Prätorianer des Macrinus schlugen anfangs durch einen Überraschungsangriff die von Comazon und Gannys befehligten Truppen Elagabals zurück. Um im Gelände schneller vorgehen zu können, gab Macrinus seinen Prätorianern den Befehl, die schweren Schutzrüstungen und den rechteckigen Schild abzulegen und anstelle dessen in leichter Ausrüstung und vermutlich mit einem rundovalem Schild in den Kampf zu ziehen.830
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Wie dieser kurze Überblick über das römische Heer zur Zeit der Severer aufzeigen konnte, handelte es sich also keineswegs um eine zügellose und verwöhnte Soldateska. Vielmehr waren es gutausgebildete, aber auch gutbezahlte Elitesoldaten und Spezialisten, die vor allem aus den Grenzprovinzen des Reiches stammten. Der Militärstand war selbstbewusst und sich seiner Macht sehr wohl bewusst – fatalerweise wie die Ereignisse auf dem Höhepunkt der Reichskrise des dritten Jahrhunderts zeigen. Und auch ein erfolgreicher und sieghafter Kaiser konnte letztlich am Widerstand seiner Soldaten oder an Rivalitäten innerhalb des Offizierskorps’ scheitern.
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V. Anhang 1. Anmerkungen Es wurden hier die in den Altertumswissenschaften üblichen Abkürzungen verwendet. Die Abkürzungen der genannten antiken Autoren und literarischen Quellen sind nach dem Abkürzungsverzeichnis in der altertumswissenschaftlichen Enzyklopädie Der Neue Pauly wiedergegeben. Zur leichteren Handhabung finden sich deren Auflösungen sowie die Ankürzungen der weiteren angegebenen Quelleneditionen im Abkürzungsverzeichnis dieses Buches. Für die Forschungsliteratur wurden hier Kurztitel verwendet, deren volle Titelwiedergabe im Literaturverzeichnis zu finden ist. Sind keine Seitenzahlen angegeben, so ist jeweils der gesamte Titel relevant.
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Herodian 5, 5, 3–4. HA Heliog. 18, 6–9. Eutr. 8, 22. Dio 80, 11, 1 (Xiph.); 16, 7 (Zon.), vgl. Leo 287, 18–19; Cedr. 449, 22–450, 1; die Buchzählung bei Cassius Dio bezieht sich in diesem Buch grundsätzlich auf die Übersetzung von Otto Veh und die Ausgabe der Loeb-Edition. Vgl. die Übersicht bei Icks, The Crimes, S. 219–222. HA Heliog. 21, 5. Bei aller dichterischen Freiheit erstaunt es dennoch, wie schlecht Couperus teilweise recherchiert hat. So dient hier beispielsweise das im Jahr 79 bekanntermaßen vom Vesuv verschüttete Pompeji 150 Jahre später immer noch als Sommerrefugium der senatorischen Oberschicht Roms; oder es werden im Lager der Prätorianer Tomaten verkauft, die überhaupt erst mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus nach Europa kamen. Gibbon, The History of the Decline, S. 237. Burckhardt, Die Zeit Constantins, S. 12–13. Domaszewski, Die politische Bedeutung. Vgl. vor allem Halsberghe, The Cult of Sol Invictus, S. 42–107. Vgl. Wallraff, Christus versus Sol, S. 33–34. So das Resümee bei Sommer, Elagabal, S. 110. Vor allem Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus. Vgl. Frey, Untersuchungen. So Krengel, Das sogenannte Horn. Vgl. Baldus, Das Vorstellungsgemälde. Tac. ann. 1, 1. Amm. 21, 16, 6. Mt 2, 16–18. Zur Einführung in die antike Historiographie vgl. z. B. Näf, Antike Geschichtsschreibung.
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Zu Cassius Dio vgl. Hose, Cassius Dio, mit weiteren Literaturhinweisen, sowie Millar, A Study. Zum Namen vgl. Gowing, Dio’s Name, der allerdings für Claudius Cassius Dio plädiert. RMD II 133; IV 314. Dio 80, 7, 4. Dio 73, 18, 4. Dio 80, 7, 4. So z. B. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 20. Dio 79, 30, 2–80, 21, 3. Vgl. zu dieser Beurteilung jüngst auch Kuhoff, Caracalla, S. 59. Dio 53, 19, 1–2. Aur. Vict. Caes. 33, 34; 37, 6. Zur Person Herodians vgl. Alföldy, Herodians Person; zum Werk vgl. bes. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, sowie Alföldy, Zeitgeschichte. So z. B. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 3–4; zur Schilderung der Ereignisse aus der Zeit Elagabals vgl. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 222–235. Vgl. Scheithauer, Die Regierungszeit des Kaisers Elagabal. Vgl. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 17–41. Vgl. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 233–236. Vgl. Icks, The Crimes, S. 4; Kissel, Kaiser, S. 158; Sommer, Elagabal, S. 99. Lediglich Lippold, Historia Augusta, S. 1–14, nimmt an, dass Werk sei in seinem Kern tatsächlich zur Zeit Diokletians und Konstantins verfasst worden. HA Heliog. 11, 6, vgl. Barnes, Ultimus Antoninorum, S. 60–72; Kolb, Literarische Beziehungen; zur Laufbahn vgl. bes. Birley, Marius Maximus, S. 2694–2703. Auch Ammianus Marcellinus erwähnt das Werk des Marius Maximus (Amm. 28, 4, 14). HA Heliog. 13, 1–17, 2, vgl. Syme, Emperors, S. 120. Benannt nach Enmann, Eine verlorene Geschichte, der die Existenz einer solchen Quelle erstmalig postulierte. Zur EKG vgl. Burgess, A Common Source, mit weiteren Literaturhinweisen. Bei Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 57–161, werden alle nichtliterarischen Quellen zu Elagabal behandelt. Zur Schlacht am Harzhorn vgl. z. B. den Sammelband: Pöppelmann/Deppmeyer/ Steinmetz, Roms vergessener Feldzug. Herodian 7, 2, 4. CIL XIII 7323; AE 1931, 68 = AE 2006, 931. HA Maximin. 12, 1. Zur lateinischen Epigraphik vgl. z. B. Schmidt, Einführung in die lateinische Epigraphik. Vgl. Kolb, Caracalla und Raetien. Zur Papyrologie vgl. z. B. Rupprecht, Kleine Einführung. Zur Numismatik vgl. z. B. Howgego, Geld in der antiken Welt. Vgl. Icks, The Crimes, S. 27–28, mit weiteren Literaturhinweisen. Museo Capitolino, Inv. 470.
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Zu den Porträts vgl. Fittschen – Zanker, Katalog, S. 114–117; Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 131–143. Dio 79, 3, 3. Dio 80, 1, 1. Vgl. Sijpesteijn, Macrinus’ Damnatio memoriae; Mélèze-Modrzejewski, Ägypten, S. 472. Beispielsweise in P. Flor. I 56, 12–13, aus dem Jahr 234. P. Oxy. 46, 3299, 2. P. Oxy. 46, 3298, i, 1, vgl. dazu Łukaszewicz, Antoninus. Chron. 354 147, 18–19. Aur. Vict. Caes. 23, 1. Amm. 26, 6, 19; Epit. de Caes. 23, 1. Zur Gottheit Elagabal vgl. Frey, Untersuchungen, S. 45–49; Icks, The Crimes, S. 48–52. Herodian 5, 3, 5. CIL III 4300 = ILS 4332. Vgl. Drijvers, Die Dea Syria, S. 248. Avien. orb. terr. 1083–1093. BMC XX, S. 241, Nr. 24. AE 1994, 1285. AE 1910, 141 = ILS 9155. Zu dieser überholten These vgl. z. B. Halsberghe, The Cult of Sol Invictus, S. 42– 107. Vgl. z. B. Berrens, Sonnenkult, S. 51–57; Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 25–27. Zur Einführung des Prinzipats vgl. z. B. König, Kaiserzeit, S. 20–58. RIC V.1, S. 299, Nr. 305–306; V.2, S. 109, Nr. 841; S. 114, Nr. 885; S. 145, Nr. 96; S. 146, Nr. 99–100; zu Aurelian vgl. auch CIL II 3832; 3738; XI 556, und zu Probus AE 1903, 243. Zu dieser Entwicklung vgl. bes. Alföldi, Die monarchische Repräsentation. Duris 13 (FGrHist 76 F 13, nach Athenaios). Iust. 15, 4, 1–6. OGIS 224. Pol. 26, 1a. Tac. hist. 4, 81; Suet. Vesp. 7, 1. Darauf lässt die Aufstellung seines Sarkophags, der von zwölf Stelen umgeben war, in der späteren Apostelkirche in Konstantinopel schließen (Eus. vita Const. 4, 60, 1–3). Diese Stelen können wahlweise die zwölf Apostel, oder auch die zwölf olympischen Götter symbolisieren. Iuv. 10, 81. Fronto princ. hist. 18, 12–13. Zum Begriff „Kompetenzbündel“ vgl. bes. Szidat, Usurpator tanti nominis, S. 44 mit Anm. 125. CIL VI 930 = CIL VI 31207 = ILS 244, vgl. Brunt, Lex de imperio. Suet. Claud. 10.
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Die einzige Ausnahme war die Erhebung des Pupienus und Balbinus im Jahr 238 durch den Senat; die angebliche Rolle des Senats bei der Proklamation des sogenannten Senatskaisers Tacitus im Jahr 275 ist höchstwahrscheinlich unhistorisch. Vgl. Altmayer, Die Herrschaft des Carus, S. 207–219. Tac. ann. 1, 16–45. Cont. Dio. 9, 6. Zur militärischen Präsenz in Rom vgl. Busch, Militär in Rom. Herodian 2, 14, 1; HA Sept. Sev. 7, 1. Handy, Die Severer, S. 175, geht sogar von 16.000 Prätorianern aus; Busch, Militär in Rom, S. 169, gibt die Zahl für das 3. Jh. (nach Dio 55, 24, 6) mit 10.000 an. Vgl. Scheidel/Friesen, The Size of the Economy, S. 66. Zum Begriff Akzeptanzgruppen vgl. Flaig, Den Kaiser herausfordern, S. 184–196. Vgl. Johne, Das Kaisertum, S. 584–632; Johne/Hartmann, Krise und Transformation, S. 1046–1047. Dio 72, 36, 4. Zu Commodus vgl. z. B. Hekster, Commodus. Museo Capitolino, Inv. 1120, vgl. Fittschen – Zanker, Katalog, S. 85–90. Dio 73, 10, 3. Herodian 1, 15, 4–6. Herodian 1, 15, 7–8. Dio 73, 17, 2. Zur Popularität vgl. Herodian 1, 13, 7; 15, 7; zu den Auftritten in Frauenkleidern vgl. Herodian 1, 14, 8; HA Comm. 11, 9; 13, 4. Dio 74, 12, 1; Herodian 2, 2, 5; 6, 10–11, vgl. bes. Hekster, Commodus-Hercules; zur Beliebtheit bei den Truppen vgl. Speidel, Commodus. Zur Selbstdarstellung des Commodus vgl. Witschel, Kaiser, S. 258–270. Vgl. Wiedemann, Emperors, S. 169–180. Herodian 1, 17, 2–11; Dio 73, 22, 5–6; HA Comm. 17, 1–2. Dio 74, 1, 1–3. HA Pert. 1, 4–5. Zur Karriere des Pertinax vgl. Lippold, Zur Laufbahn. Dio 74, 9, 4–10, 1. Zur sogenannten Versteigerung vgl. Dio 74, 11, 1–5; Herodian 2, 6, 8–14; HA Did. 2, 4–7. Zu Didius Julianus und diesen Ereignissen vgl. Pasek, Imperator Caesar Didius Iulianus Augustus. Zu Septimius Severus vgl. bes. Birley, Septimius Severus; zur Laufbahn S. 37–88, vgl. auch Handy, Die Severer, S. 37–39. HA Sept. Sev. 19, 9; nach Epit. de Caes. 20, 8, war seine Muttersprache punisch, vgl. Spielvogel, Septimius Severus, S. 20. Zu den equites singulares Augusti vgl. Speidel, Equites singulares, zur Vergrößerung unter Septimius Severus bes. S. 14–15. Dio 75, 2, 4–6.
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Einen Eindruck vom äußeren Erscheinungsbild vermitteln besonders die Grabsteine von Soldaten der legio II Parthica aus Apamea, vgl. Balty, Apamea, Pl. XIII, 2–XV, 1; S. 99. Zu den Parthern vgl. z. B. Ellerbrock/Winkelmann, Die Parther. Dio 76, 7, 4–8, 3; HA Sept. Sev. 12, 8–9. Dio 76, 7, 1. Dio 76, 8, 3–4; HA Sept. Sev. 12, 4. Wie Herodian 3, 8, 7–8, wohl unrichtigerweise unterstellt, habe als Hauptmotivation dieser Verfolgung vor allem die Absicht gestanden, das Eigentum der Hingerichteten konfiszieren zu können. Im Laufe des 3. Jhs. wurde von diesen Siegertitulaturen im Superlativ jedoch inflationärer Gebrauch gemacht, wobei dahinter oftmals kaum noch ein nennenswerter militärischer Erfolg stand. Dies belegen mehrere auf Papyrus erhaltene kaiserliche Reskripte, vgl. dazu Papathomas, Ein neues Reskript. Zur Machtstellung des Plautianus vgl. Dio 76, 14, 1–3; Herodian 3, 10, 6–7. Unklar ist, ob die Vorwürfe gegen Plautianus nicht vielleicht doch zutreffend waren, vgl. Spielvogel, Septimius Severus, S. 195. Zum Sturz des Plautianus vgl. Dio 77, 3, 1–6, 3; Herodian 3, 11, 4–12, 12, vgl. auch Levick, Julia Domna, S. 74–80; Handy, Die Severer, S. 44–49. Wie die Quellen unterstellen, habe Caracalla nachgeholfen; sehr vage ist der allgemeine Hinweis bei Dio 77, 15, 2. Herodian 3, 15, 2, liefert dazu offenbar erfundene Einzelheiten, vgl. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 201–203. Dio 77, 15, 2. Herodian 4, 3, 5–9. Dio 78, 2, 2–5. Dio 78, 4, 1. So Dio 78, 9, 4–5. Zur Constitutio Antoniniana vgl. Pferdehirt/Scholz, Die Epoche, S. 44–52. Dio 78, 2, 3; Herodian 4, 5, 7; HA Carac. 2, 6. Dio 78, 13, 1–2; Herodian 4, 7, 4–7, vgl. Handy, Die Severer, S. 67–68. Dio 78, 13, 2. Zu dieser umstrittenen Angabe bei Cassius Dio vgl. bes. Bleckmann, Die Alamannen, S. 147–153. Aur. Vict. Caes. 21, 2, vgl. Dio 78, 14, 1–3; zum Verlauf des Feldzuges vgl. z. B. Kuhoff, Caracalla; Bender, Der Feldzug, S. 113–123. Dio 78, 14, 1. Dio 68, 29, 1. Dio 78, 7, 1–2. Vgl. Handy, Die Severer, S. 168–212. Dio 78, 22, 1–23, 3; Herodian 4, 8, 6–9, 8; HA Carac. 6, 2–3. Kemkes, Caracalla, S. 26–27. Dio 79 ,1, 1; Herodian 4, 10, 1–11, 2. Vgl. Ehling, Das Münzwesen, S. 849–850. Dazu ausführlich Dio 79, 4, 1–5, 2. Herodian 4, 13, 4.
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Zur Ermordung Caracallas vgl. Dio 79, 5, 2–5; Herodian 4, 13, 1–6; HA Carac. 6, 6–7, 2. Zur Laufbahn des Oclatinius Adventus vgl. Dio 79, 14, 1–3. Dio 79, 41, 2–4; auch Elagabal soll diesen Umstand in einem Brief an den Senat hervorgehoben haben (Dio 80, 1, 2). Dio 79, 27, 1; Herodian 4, 15, 1–6. Vgl. dazu Lichtenberger, Severus Pius Augustus, bes. S. 219–375. Berlin, Antikensammlung, Inv. 31329, vgl. z. B. Pferdehirt/Scholz, Die Epoche, S. 37, Abb. 7. Zu Julia Domna vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 13–28; Levick, Julia Domna. Dio 76, 15, 6–7. Dio 78, 2, 5–6. Zum literarischen Zirkel der Kaiserin vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 13–16; Levick, Julia Domna, S. 107–123. Vgl. Levick, Julia Domna, S. 107–108, die jedoch vermutet, dass der Brief nicht abgeschickt wurde. AE 1966, 430. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 16–20; Levick, Julia Domna, S. 87– 106. Vgl. Levick, Julia Domna, S. 98–99. Zur Würdigung der Reformen des Kaisers vgl. Pferdehirt/Scholz, Die Epoche, S. 42–44, mit weiteren Literaturhinweisen. So beispielweise Spielvogel, Septimius Severus, S. 106–108; 197–198. Vgl. Altmayer, Die Herrschaft des Carus, S. 309–310, mit weiteren Literaturhinweisen. Herodian 3, 8, 5, vgl. Eck, Septimius Severus und die Soldaten. Vgl. CIL VI 1035. Zur annona militaris vgl. Mitthof, Annona militaris; Ott, Die Beneficiarier, S. 143, Anm. 205, hier mit Diskussion der Forschungsmeinung. Vgl. Ehling, Das Münzwesen, S. 856–859; Altmayer, Die Herrschaft des Carus, S. 267–270, jeweils mit Belegen und weiteren Literaturhinweisen. Vgl. Heising, Die Zeit der Severer, S. 60–64. Dio 79, 9, 3. Vgl. Gesche, Die Divinisierung, S. 387–388. Um nur einige Beispiele zu nennen etwa in CIL II 1533; III 166; 226; 3121; 7473; V 5260; VI 1083; 2108; 31369; 40683; VIII 711; 1313; X 6893, vgl. auch RIC IV.2, S. 128, Nr. 717–720. Dio 77, 17, 4. Vgl. Levick, Julia Domna, S. 14; Icks, The Crimes, S. 54–55. Vgl. Domaszewski, Die politische Bedeutung, S. 211; Birley, Septimius Severus, S. 72; Levick, Julia Domna, S. 13–17; Icks, The Crimes, S. 50. HA Sept. Sev. 3, 9; Geta 3, 1. Dio 79, 30, 3; Herodian 5, 3, 2; 8, 3. AE 1921, 64; 1962, 229, vgl. Dio 79, 30, 2; 4.
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Zur Laufbahn vgl. Halfmann, Zwei syrische Verwandte, S. 219–225; Handy, Die Severer, S. 50–56. Zu Julia Maesa und ihren Töchtern vgl. bes. Kettenhofen, Die syrischen Augustae. Dio 79, 30, 3. Der Sarkophagdeckel befindet sich heute im Cortile Ottagono der Vatikanischen Museen in Rom. CIL X 6569 = ILS 478 = IG XIV 911 = IGRR I 402, vgl. Dio 79, 30, 2. Zu seiner Laufbahn vgl. Halfmann, Zwei syrische Verwandte, S. 226–234; Handy, Die Severer, S. 56–59. Vgl. Halfmann, Zwei syrische Verwandte, S. 229–232. Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 194, bezweifelt, dass Varius Marcellus tatsächlich der biologische Vater Elagabals war. Dieser Zweifel ist jedoch recht müßig, denn selbstverständlich garantiert die Quellenlage keine biologische Vaterschaft, zumal wenn man bedenkt wie viele Menschen auch in der Gegenwart hierzu nur vermittels eines Gentests Gewissheit erhalten können. Zum Augusta-Titulatur der Julia Soaemias vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 145. Dio 79, 31, 4. Dio 80, 3, 3. Dio 80, 20, 2 (Xiph.). Dio 79, 39, 1. Dementsprechend unterschiedlich wird das Datum angegeben: Kienast, Kaisertabelle, S. 172, nennt den 11. oder 12. März, Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 27, den 11. oder 13. März, Icks, The Crimes, S. 59, den 13. März; siehe dazu und zu weiteren Belegen das Kapitel über die Ermordung Elagabals. Vgl. Icks, The Crimes, S. 59. Suet. Aug. 6, 1. Plin. nat. 12, 10. CIL X 6589; XV 7835, 1. Zu Velitrae vgl. Mayer, Imus ad villam, S. 77–78. TAM V 943 = IGRR IV 1287, vgl. Birley, Marius Maximus, S. 2705. Vgl. Barnes, Proconsuls, S. 202. Dio 78, 16, 7. Lact. mort. pers. 7, 10. Dio 78, 18, 1. Dio 78, 19, 3. Vgl. Halfmann, Itinera principum, S. 227–229; Levick, Julia Domna, S. 100–101. Vgl. Lehnen, Adventus principis, S. 69–75. Vgl. hierzu die umfangreiche Untersuchung von Dufraigne, Adventus Augusti. Dio 65, 8, 1. HA Hadr. 22, 14. Suet. Aug. 92, 2. Paneg. lat. 11 (3), 10, 5. Ios. bell. Iud. 7, 71. Herodian 5, 3, 10. Herodian 5, 3, 4.
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Zum Itinerar der Julia Domna und des Hofes vgl. Levick, Julia Domna, S. 101– 102; 104. So auch Icks, The Crimes, S. 60; zu diversen weiteren Spekulationen vgl. Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 191–199. Zum Geburtsort vgl. Icks, The Crimes, S. 59–60; Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 183–205; Kienast, Kaisertabelle, S. 172, gibt hingegen, mit einem Fragezeichen versehen, Emesa an. Herodian 5, 5, 3. Vgl. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 232–237. So z. B. Frey, Untersuchungen, S. 2, der außerdem der Meinung ist, Elagabal sei in Emesa geboren und aufgewachsen. So bes. Kissel, Kaiser, S. 155. AE 1962, 229. Vgl. Altmayer, Die Herrschaft des Carus, S. 249–250; 368–370, Ins. 181–183; 192. CIL VI 708; 1027; 1603; 2129–2130; 2269–2270. Vgl. Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 147. Vgl. Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 212–215. Herodian 5, 3, 4. Herodian 5, 3, 6. Vgl. Kienast, Kaisertabelle, S. 167; Levick, Julia Domna, S. XXVIII. 2 Makk. 2, 24; 4, 8–9. Zum jüdischen Hohepriester vgl. VanderKam, From Joshua to Caiaphas. So auch Levick, Julia Domna, S. 92–93. Aur. Vict. Caes. 23, 1; HA Heliog. 2, 3; beide folgen hier vermutlich Marius Maximus und der EKG-Tradition (siehe im Kapitel zur Quellenlage). Vgl. die Übersicht bei Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 218. Dio 79, 4, 2–3. So die Schilderung der Ereignisse bei Dio 79, 23, 1–6. Dio 79, 30, 3; Herodian 5, 3, 2. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 27–28. Herodian 5, 3, 4; 6. Vgl. Ehling, Untersuchungen, S. 261. CIL III 14387a = IGLS VI 2760 = ILS 8958. Der genaue Zeitpunkt ist unklar, vgl. Icks, The Crimes, S. 47; Levick, Julia Domna, S. 13; 170. Vgl. Smith, A History of Dams, S. 39–40. Digest. 50, 15, 4. Avien. orb. terr. 1083–1093. Herodian 5, 3, 4. Vgl. BMC XX, S. 241, Nr. 24. So die angegebene Summe bei Dio 79, 27, 1. Herodian 5, 3, 11. Herodian 5, 3, 8; 5, 9. Herodian 5, 3, 6; 5, 3, vgl. jedoch Frey, Untersuchungen, S. 9; Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 224–226, wobei sich die dort geäußerten Einwände auf das
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spätere Erscheinungsbild Elagabals in Rom beziehen; für die Zeit in Emesa könnte das von Herodia beschriebene Priestergewand womöglich zutreffend gewesen sein, vgl. auch Dio 80, 11, 2 (Xiph.). Herodian 5, 3, 9. Dio 79, 31, 1–40, 3; Herodian 5, 3, 8–4, 12. Dio 79, 31, 1. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 31; Birley, Septimius Severus, S. 192; auch Icks, The Crimes, S. 11, hat hier keine Zweifel und nennt von vornherein nur den Namen Gannys; allerdings wird außerdem vermutet, es könnte sich um zwei verschiedene Personen handeln, vgl. z. B. Levick, Julia Domna, S. 147; daneben wird fälschlicherweise oft auch noch angenommen, Eutychianus und Comazon seien identisch, vgl. z. B. König, Kaiserzeit, S. 170. Dio 80, 6, 2. Herodian 5, 3, 9. Herodian 5, 3, 11. Dio 79, 31, 4; Herodian 5, 3, 12. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 20–28. Wie aus Dio 79, 32, 2, zu schließen ist. Dio 79, 35, 2. Dio 79, 33, 4. In der Übersetzung von Veh hat sich hier ein Fehler eingeschlichen; statt Marcianus steht dort irrtümlicherweise Macrinus, was wenig Sinn machen würde, da Ulpius Julianus dann Familienmitglieder seines Kaisers hingerichtet hätte; bei Dio heißt es jedoch eindeutig Markianos. Herodian 5, 4, 3. Dio 79, 32, 3. Vgl. Pflaum, Les carrières, S. 752–755, Nr. 290; Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 29–32; Handy, Die Severer, S. 147; Icks, The Crimes, S. 13; 16. Dio 80, 4, 1. HA Heliog. 12, 1. Dio 80, 3, 5–4, 2. Dio 80, 4, 1. Zu den Ereignissen in Apamea vgl. Dio 79, 34, 2–5. Dio 79, 34, 6–35, 3. Dio 79, 37, 4. Dio 79, 38, 4. Icks, The Crimes, S. 14, meldet hier jedoch Zweifel an. Herodian 5, 4, 6–10. Vgl. Dio 79, 39, 1–2; Herodian 5, 4, 7. Dio 79, 34, 1–3; 39, 2. Dio 80, 3, 2. Dio 79, 39, 4, sowie durchaus glaubwürdig Herodian 5, 5, 1, vgl. dazu Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 35–36; Icks, The Crimes, S. 15. Dio 80, 1, 1–2. Zu diesem Schreiben und seiner Aufnahme im Senat vgl. Dio 80, 1, 2–2, 4. Dio 80, 1, 4, vgl. auch Dio 79, 38, 2.
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Dio 80, 2, 2; 8, 1–2; die von Elagabal hier verwendete Titulatur lautet demnach: Imperator Caesar Marcus Aurelius Antoninus Pius Felix Augustus, pontifex maximus, tribunicia potestate, consul, proconsul, Antonini filius, divi Severi nepos, vgl. Icks, The Crimes, S. 14. Dio 80, 8, 2–3. Dio 79, 38, 1. Dio 80, 2, 6. Dio 80, 2, 1. Zum römischen Postwesen vgl. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer. Dio 80, 4, 3. Dio 79, 39, 3–4. Dio 79, 39, 1–40, 2. Herodian 5, 4, 11–12. Vgl. Kienast, Kaisertabelle, S. 171. Dio 80, 7, 1. AE 1905, 157. Vgl. dazu Wesch-Klein, Soziale Aspekte, S. 169–170. Dio 80, 7, 1. Vgl. Stoll, Römisches Heer, S. 235–238. So Herodian 5, 5, 1. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 20–28. Dio 80, 5, 1 (Xiph.). Dio 79, 38, 1. Vgl. dazu den Sammelband von Ehling/Weber, Konstantin der Große. Vgl. Lippold, Theodosius der Große, S. 45–51. Vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 89–126. Vgl. Kienast, Augustus, S. 230–234. Suet. Aug. 29, 2; Dio 49, 15, 5. Dio 79, 38, 4. Vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 54. Zur Bezeichnung invictus vgl. bes. Berrens, Sonnenkult, S. 184–198. Dio 80, 18, 4 (Exc. Vat.). RIC IV.2, S, 42, Nr. 184; S. 43, Nr. 189. Aurei: Gnecchi I, S. 4, Nr. 4; RIC IV.2, S. 44, Nr. 198; Denare: Lanz 102, 28. Mai 2001, S. 88, Nr. 804; zur Datierung vgl. Thirion, Le monnayage, S. 74; Lichtenberger, Severus Pius Augustus, S. 149. Die Datierung bei Thirion anhand der Kaisertitulatur auf den Averslegenden ist jedoch teilweise problematisch, vgl. Frey, Untersuchungen, S. 77, Anm. 1. RIC IV.1, S. 107, Nr. 131; S. 125, Nr. 270, vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 54, Anm. 146. Vgl. Fittschen – Zanker, Katalog, S. 114–117, vgl. auch Icks, The Crimes, S. 63. Vgl. Ehling, Das Münzwesen, S. 843–844. Zur Münzstätte Antiochia unter den Severern vgl. bes. Pink, Aufbau I, S. 48–50. Vgl. Altmayer, Die Herrschaft des Carus, S. 241. Zu dieser Eigenheit vgl. Pink, Aufbau II, S. 14; RIC IV.2, S. 26–27.
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Dies erbrachte neben den Angaben in den einschlägigen Münzcorpora vor allem eine Durchsicht der Münzauktionskataloge der letzten zehn Jahre, vgl. dazu auch Thirion, Le monnayage, S. 9. Im Verhältnis zum ursprünglichen Prägegewicht wäre hier noch der gebrauchsbedingte Abrieb zu berücksichtigen. Eine Ausnahme ist lediglich ein Aureus, der im RIC und von Thirion der Münzstätte Rom zugeordnet wird (RIC IV.2, S. 38, Nr. 154; Thirion, Le monnayage, S. 30, Nr. 88– 89); das Gewicht dieser Stücke schwankt zwischen 6,21–6,78 g sowie zwischen 7,11–7,30 g, weshalb die entsprechend schwereren Stücke sicherlich ebenfalls in Antiochia geprägt wurden. Vgl. Gnecchi I, S. 4, Nr. 4. Vgl. Ehling, Das Münzwesen, S. 847. Dio 80, 3, 1. RIC IV.2, S. 32, Nr. 61. RIC IV.2, S. 32, Nr. 61–62; S. 33, Nr. 64–65, vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 54; Lichtenberger, Severus Pius Augustus, S. 149; daneben erscheint gelegentlich nur noch Jupiter als IOVI CONSERVATORI (RIC IV.2, S. 34, Nr. 89–91). So auch Icks, The Crimes, S. 70–71. Vgl. die unter Elagabal geprägten Konsekrationsmünzen BMCRE V, S. 531, Nr. 7–8. Vgl. z. B. CIL VII 585; XVI 139–141; AE 1964, 269; 2001, 2165. Vgl. Gesche, Die Divinisierung. Zur Konsekrationsfeier vgl. Clauss, Kaiser und Gott, S. 360–368. Zu den Konsekrationsmünzen vgl. Schulten, Die Typologie. BMCRE V, S. 531, Nr. 9, vgl. Icks, The Crimes, S. 63. Dio 80, 3, 1. Dio 80, 3, 1–2; 6, 1; 7, 3; 8, 3; Herodian 5, 5, 1; 3. Dio 80, 3, 1. Herodian 5, 5, 1. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 35–36. Zu den amici principis vgl. z. B. Crook, Consilium Principis, S. 21–30; MratschekHalfmann, Divites et praepotentes, S. 216–218; Winterling, Aula Caesaris, S. 161– 194. Die ornamenta consularia ergeben sich aus der Iteration des Konsulats in mehreren Inschriften: CIL VI 866; 3068; 10299 (=AE 1981, 25); XIV 2809; XV 4113; AE 1968, 85b. HA Heliog. 2, 1. HA Heliog. 4, 1–4. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 63–69. Dio 80, 17, 2 (Xiph.). Dio 80, 11, 1 (Xiph.). Zur Münzprägung vgl. Maesa: RIC IV.2, S. 45; 49–51; 61; Soaemias: RIC IV.2, S. 45; 48–49; 60; zum Inschriftenmaterial vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 144–155. Icks, The Crimes, S. 19, hält die Reverslegende MATER DEVM auf zwei Münztypen der Soaemias (RIC IV.2, S. 60, Nr. 400–401) irrtümlicherweise für eine Titulatur der Mutter Elagabals. Doch bezieht sich diese Legende auf die Revers-
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darstellung der Göttin Kybele, die auch unter dem Namen Mater Deum Magna Ideae (Große Göttermutter vom Berg Ida) bekannt war. Als Beleg der Titulatur mater Augusti et castrorum et senatus et totius domus divinae für Soaemias gibt Icks, ebd., eine Weihinschrift aus Puteoli (Pozzuoli) an (AE 1956, 144 = AE 1985, 278), doch wurde diese Inschrift nicht für Elagabal und Soaemias, sondern für Caracalla und Iulia Domna gesetzt. CIL VIII 2564 (= CIL VIII 18052; AE 1978, 889); AE 1981, 902. Dio 80, 6, 2. Zur Ermordung von Gannys vgl. Dio 80, 6, 1–3; Herodian schweigt sich dazu aus. Dio 80, 6, 3. Zu den Familienstrukturen in der Spätantike vgl. bes. Krause, Verwitwung und Wiederverheiratung; Schnizlein, Patchworkfamilien. Herodian 5, 5, 3. HA Heliog. 5, 1. Dio 80, 11, 2 (Xiph.). Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 76; Baldus, Das Vorstellungsgemälde, S. 467–468. HA Carac. 11, 7. Diese Münzen werden bei Baldus, Das Vorstellungsgemälde, S. 474, Anm. 29, aufgelistet. Herodian 5, 6, 6–8, vgl. Frey, Untersuchungen, S. 47–49. BMC XXVI, S. 186, Nr. 255. Vgl. Baldus, Das Vorstellungsgemälde, mit Abbildung auf S. 471; ein besser erhaltenes Exemplar kam 2005 zur Versteigerung (Numismatica Ars Classica 29, 11. Mai 2005, Nr. 596). Herodian 5, 5, 3–4. Vgl. Demandt, Das Privatleben, S. 31. Dio 75, 1, 3. Vgl. Alföldi, Die monarchische Repräsentation, S. 127–128; 156. Herodian 5, 5, 6–7. Vgl. bes. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 225–230. Vgl. Kolb, Literarische Beziehungen, S. 10, Anm. 76a. Suet. Aug. 100, 2; Dio 51, 22, 1–2; Claud. 6 cons. Hon. 603–611; Stil. 3, 205–216. Zum archäologischen Befund vgl. Alföldy, Signum Deae, S. 24–26. Dio 80, 8, 3; 9, 2 (Xiph.), vgl. auch HA Heliog. 15, 6. Dio 80, 14, 3 (Xiph.). Dio 80, 11, 2 (Xiph.). Dio 80, 11, 1 (Xiph.); 14, 4 (Xiph.). So bes. Baldus, Das Vorstellungsgemälde. Vgl. TAR II, S. 267–281. RIC IV.2, S. 31, Nr. 46–51; S. 32, Nr. 52–53; S. 34, Nr. 86–88; S. 37, Nr. 131– 135; S. 38, Nr. 146–147; S. 41, Nr. 177–179; S. 42, Nr. 181–183; S. 43, Nr. 191; 194; S. 44, Nr. 200; S. 54, Nr. 323–324; S. 55, Nr. 325–330; 334–336; S. 56, Nr. 350–351; S. 58, Nr. 369–371; zur Datierung vgl. Frey, Untersuchungen, S. 85; TAR II, S. 281–283. Vgl. Krumeich, Der Kaiser als syrischer Priester. HA Heliog. 8, 2; Zos. 1, 11, 1, vgl. Icks, The Crimes, S. 25.
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HA Heliog. 5, 1. Vgl. Kienast, Kaisertabelle, S. 172. Baldus, Das Vorstellungsgemälde, S. 471; Numismatica Ars Classica 29, 11. Mai 2005, Nr. 596. Herodian 5, 6, 6–8, vgl. Frey, Untersuchungen, S. 47–49; zu den weißen „Paradeuniformen“ vgl. z. B. Tac. hist. 2, 89; HA Gall. 8, 1. Herodian 5, 5, 8. Zum Sessorium vgl. Richardson, Topographical Dictionary, S. 361–362, zum circus Varianus S. 87, vgl. HA Heliog. 13, 5; 14, 5–6; Schöpe, Der römische Kaiserhof, S. 238–242; zum Kaisers als Wagenlenker vgl. Dio 80, 14, 2 (Xiph.); Herodian 5, 6, 10; zu den Bauten Elagabals in Rom vgl. Scheithauer, Kaiserliche Bautätigkeit, S. 193–203. Herodian 5, 5, 8; 6, 6. So z. B. Scheithauer, Die Regierungszeit des Kaisers Elagabal, S. 349. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 47–49. Zum Vorstadttempel vgl. Richardson, Topographical Dictionary, S. 142 (der Eintrag auf derselben Seite über den Haupttempel entspricht nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand); Bruun, Kaiser Elagabal, S. 2, Anm. 9. HA Heliog. 3, 4; unklar ist dagegen die Angabe in HA Heliog. 1, 6. Zum Tempel vgl. Chausson, Vel Iovi vel Soli, S. 740–743; Broise/Thébert, Élagabal et le complexe religieux; Coarelli, Palatium, S. 497–532. Vgl. die Rekonstruktion bei Coarelli, Palatium, S. 500, Fig. 178. Gnecchi III, S. 41, Nr. 6; RIC IV.2, S. 55, Nr. 339 (dort als Bronzemünze angegeben). Keinesfalls wird Elagabal den vorhandenen Jupiter-Tempel verkleinert haben, wie man dies aus der Anmerkung bei Scheithauer, Kaiserliche Bautätigkeit, S. 194, Anm. 70, annehmen könnte. Vgl. Rowan, Becoming Jupiter. Hier. chron. 214g; nach Cassiod. chron. 145, 908, jedoch erst im Jahr 221; Icks, The Crimes, S. 28, gibt hier dem späteren Datum den Vorzug. Dio 80, 18, 4 (Exc. Vat.). Herodian 5, 5, 8–10. Dio 80, 14, 2 (Xiph.). Dio 80, 11, 1 (Xiph.). Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 34–42. HA Heliog. 8, 1–2. Dio 80, 11, 1 (Xiph.). Dio 80, 11, 1 (Xiph.); Herodian 5, 6, 9; zur Beschneidung vgl. Frey, Untersuchungen, S. 14. Herodian 5, 6, 6–9. HA Heliog. 31, 8. Herodian 5, 6, 10. Dio 80, 11, 1 (Xiph.). Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 76–79. Dio 80, 11, 1 (Xiph.).
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So könnte man Baldus, Das Vorstellungsgemälde, S. 468, Anm. 3, verstehen, vgl. jedoch Icks, The Crimes, S. 10–11. Vgl. Thirion, Le monnayage, S. 20; Frey, Untersuchungen, S. 80–86. AE 1975, 775; 776 = AE 1999, 1422; zu weiteren Inschriften vgl. Frey, Untersuchungen, S. 85–86. Herodian 5, 5, 7. Vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 184–185. Vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 25–26; zur Beziehung mit dem Kult des römischen Sonnengottes vgl. Clauss, Sol invictus Mithras. Vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 46–47; Lichtenberger, Severus Pius Augustus, S. 56; 130; 182–183. CIL III 207; VI 31338a. CIL III 4300; VI 2269 (= CIL VI 32456a); AE 1910, 133 (= RHP 310); 1975, 704; 1985, 976; 1994, 1285; 2009, 1085 (= RHP 303); RHP 306; 326. CIL VII 585; VIII 4440 (= CIL VIII 18587); X 5827; XI 3774; XVI 139–141; II² XIV.2, 921 (= AE 1990, 654); AE 1975, 775–776; 1962, 229 (=AE 1962, 241); 1964, 269 (= AE 1966, 339); 1995, 1565; 1999, 1422; 2000, 1203; 1849; RMD IV 308; V 457; RMM 54. RIC IV.2, S. 34, Nr. 86–88; S. 43, Nr. 191; S. 56, Nr. 350. RIC IV.2, S. 54, Nr. 312–313, mit der Angabe TR P III COS III. RIC IV.2, S. 31, Nr. 46–51. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 69–70, Anm. 4. Vgl. Krengel, Das sogenannte Horn; zustimmend Icks, The Crimes, S. 75. Vgl. Seiterle, Artemis. Zur Interpretation vgl. Krengel, Das sogenannte Horn, S. 64–68. RIC IV.2, S. 32, Nr. 54–55; S. 42, Nr. 182–183; S. 55, Nr. 334; 336; 338–339. So Dio 80, 13, 1 (Xiph.). Vgl. Liebs, Hofjuristen, S. 68. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 77, Anm. 1, aufgrund der Jahresangabe auf den für Julia Paula in der Münzstätte Alexandria geprägten Tetradrachmen. Vgl. Icks, The Crimes, S. 65. Zur Münzprägung für die Gattinnen Elagabals vgl. Thompson, A Study in Imperial Marriage. Zu den Hochzeitsfeierlichkeiten vgl. Dio 80, 9, 1–2 (Xiph.). Dio 80, 9, 3 (Xiph.). So Frey, Untersuchungen, S. 89; Stepper, Zur Rolle der römischen Kaiserin, S. 71, vgl. auch dies., Augustus et sacerdos, S. 181–183. Herodian 5, 6, 1. Dio 78, 16, 1–2. Dio 80, 9, 3 (Xiph.): archiereia. Herodian 5, 6, 2, vgl. Stepper, Zur Rolle der römischen Kaiserin, S. 71, Anm. 85. Dio 80, 9, 3 (Xiph.). Zur Datierung vgl. Frey, Untersuchungen, S. 89–90. Gnecchi II, S. 79, Elagabalo e Aquilia Severa, Nr. 1. RIC IV.2, S. 44, Nr. 205. AE 1944, 104.
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Vgl. Dio 80, 9, 3 (Xiph.); Herodian 5, 6, 2; HA Heliog. 6, 5; 7. Zur Datierung vgl. Frey, Untersuchungen, S. 96. Herodian 5, 6, 2. Dies hatte immerhin eine gewisse Tradition; erinnert sei hier z. B. an die Affäre im Jahr 62 v. Chr., als sich der Volkstribun Coldius wegen eines Rendezvous mit der Frau des damaligen Pontifex Maximus Julius Caesar in Frauenkleidern bei den für Männer nicht zugelassenen Mysterien der Bona Dea einschlich. Einer Verurteilung konnte sich Clodius durch Bestechung entziehen. Dio 80, 5, 1–2; 4. Vgl. Icks, The Crimes, S. 65. Dio 80, 9, 4 (Xiph.), vgl. Herodian 5, 6, 2. Dio 80, 12, 1 (Xiph.). Herodian 5, 6, 3. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 50–54; Icks, The Crimes, S. 32–34. SEG IV 164. Vgl. Drijvers, Die Dea Syria, S. 248. Lukian Syr. Dea 32. Zur Götterhochzeit vgl. Dio 80, 12, 1–2 (Xiph.); Herodian 5, 3–5. Herodian 5, 6, 5. Frey, Untersuchungen, S. 90–93, denkt hier an das syrische Neujahrsfest. Herodian 5, 6, 3. HA Heliog. 3, 4; 6, 9. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 54. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 52–53. HA Heliog. 3, 4. HA Heliog. 3, 5. HA Heliog. 6, 6–7. Vgl. Icks, The Crimes, S. 84. AE 1972, 600 = AE 1985, 976. Vgl. Icks, The Crimes, S. 85. Vgl. Ziegler, Der Burgberg von Anazarbos, S. 72–84. Vgl. Drijvers, Die Dea Syria, S. 248. Zur möglichen Tempelprostitution vgl. Frey, Untersuchungen, S. 15–27. Dio 80, 11, 1 (Xiph.); 16, 7 (Zon.), vgl. Leo 287, 18–19; Cedr. 449, 22–450, 1. HA Heliog. 7, 1, vgl. auch Epit. de Caes. 23, 3, wonach die Kastration vollzogen worden sei. Vgl. Kloft, Mysterienkulte, S. 61–52. Zur rituellen Kastration vgl. Frey, Untersuchungen, S. 28–33. Zu den di patrii des Septimius Severus vgl. Lichtenberger, Severus Pius Augustus, S. 27–89. Zur Begriffsdefinition vgl. Demandt, Das Privatleben, S. 25–35. Ovid trist. 4, 4, 15–16. Dio 80, 14, 2 (Xiph.), vgl. auch Herodian 5, 6, 10; HA Heliog. 14, 5. Hier sei an den Nika-Aufstand im Jahr 532 unter Kaiser Justinian erinnert. Herodian 5, 7, 6–7; HA Heliog. 6, 3; 12, 1. HA Heliog. 6, 4.
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HA Heliog. 23, 1; 27, 1; 28, 1–2; 29, 2. Dio 80, 5, 5; 14, 4 (Xiph.); zur Entfernung der Körperhaare vgl. auch HA Heliog. 5, 5. HA Heliog. 5, 4–5; 31, 7; 32, 5. Herodian 5, 6, 10. Dio 80, 14, 3 (Xiph.). Vgl. dazu Frey, Untersuchungen, S. 81–85. Allerdings zeigt das Beispiel des österreichischen Travestiekünstlers und Siegers beim Eurovision Song Contest 2014 Tom Neuwirth (Künstlername „Conchita Wurst“), dass sich Androgynität und männliche Barttracht keineswegs ausschließen müssen. Dio 80, 11, 1 (Xiph.); 16, 7 (Zon.), vgl. Leo 287, 18–19; Cedr. 449, 22–450, 1. Dio 80, 5, 5. Dio 80, 13, 2 (Xiph.). Dio 80, 13, 1–3 (Xiph.). Zur möglichen Tempelprostitution vgl. Frey, Untersuchungen, S. 15–27. HA Heliog. 5, 1. Dio 80, 15, 1–2 (Xiph.). Dio 80, 14, 4 (Xiph.), vgl. auch Dio 80, 14, 1 (Xiph.); 15, 1 (Xiph.), sowie HA Heliog. 10, 2; 5, hier wird Zoticus als „Gatte“ bezeichnet. Dio 80, 15, 3 (Xiph.). Dio 80, 15, 4 (Xiph.), vgl. Dio 80, 14, 1 (Xiph.). Dio 80, 16, 1 (Xiph.). Dio 80, 16, 4 (Xiph.). HA Heliog. 10, 2–3. Dio 80, 16, 1–6 (Xiph.). CIL XIV 3553 = ILS 3418, vgl. Icks, The Crimes, S. 22. HA Heliog. 30, 8. HA Heliog. 5, 3. HA Heliog. 8, 6–7. HA Heliog. 12, 4. HA Heliog. 24, 2. HA Heliog. 25, 4. HA Heliog. 26, 3–5. HA Heliog. 25, 5; 31, 1; 32, 9. HA Heliog. 6, 5. Vgl. Icks, The Crimes, S. 94–103. Herodian 5, 5, 3; 7, 1. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 14–71. Dio 80, 9, 3 (Xiph.). HA Heliog. 15, 1–2; nach Syme, Emperors, S. 120, gehen die Kapitel 13, 1–17, 2, auf den Historiker Marius Maximus zurück, vgl. auch Barnes, Ultimus Antoninorum, S. 67. HA Heliog. 15, 4. Suet. Caes. 2. Suet. Caes. 22. Suet. Caes. 51.
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Suet. Caes. 49. Suet. Nero 28. Aur. Vict. Caes. 5, 16. Suet. Nero 29. CIL IV 2337–2338. Vgl. Schubert, Studien zum Nerobild, S. 168–173. HA Hadr. 14, 5, vgl. auch Dio 69, 11, 2. Paus. 8, 9, 7; Dio 69, 11, 3. Dio 69, 11, 4–5. Vgl. Markschies, Das antike Christentum, S. 158. M. Aur. 6, 13, 1. Cod. Theod. 9, 7, 3. Cod. Theod. 9, 7, 6. Vgl. Krause, Staatliche Gewalt, S. 331–332. Zum Massaker von Thessaloniki und der anschließenden Kirchenbuße vgl. Lippold, Theodosius der Große, S. 40–45. Vgl. Demandt, Spätantike, S. 358–359; Krause, Staatliche Gewalt, S. 332. Dio 77, 16, 4. Vgl. Brooten, Love Between Women. Vgl. Faraone, Ancient Greek Love Magic, S. 43. Vgl. Baltrusch, Sparta, S. 68; 80–83. Vgl. Meyer-Zwiffelhoffer, Im Zeichen des Phallus, S. 68–70. Vgl. Kienast, Kaisertabelle, S. 129. Vgl. Icks, The Crimes, S. 24. Herodian 5, 6, 1. Herodian 5, 7, 6. Vgl. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 232–237. HA Heliog. 16, 4. HA Heliog. 16, 1–3. Dio 79, 35, 1. Dio 79, 35, 3. Dio 80, 3, 4. Dio 80, 3, 5. Vgl. Handy, Die Severer, S. 141–142. Dio 80, 4, 3. CIL III 3726 (= CIL III 10635); 10629; 10637; 10644; 10647; 14354,03; AE 1953, 11; 1980, 716. AE 1959, 327; 1980, 755, vgl. Handy, Die Severer, S. 133; zur besonderen Gefährdung der Provinz vgl. Dio 78, 20, 3; 79, 27, 5; zur Laufbahn des Castinus bis zum Jahr 211 vgl. die Laufbahninschrift CIL III 10473 = ILS 1153. Dio 80, 4, 3–4. Dio 80, 3, 2. Vgl. Handy, Die Severer, S. 113; 146. Dio 80, 4, 5. Dio 80, 4, 6. So auch Icks, The Crimes, S. 16.
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Dio 80, 4, 7. Vgl. ebenfalls Icks, The Crimes, S. 16. Dio 80, 5, 1–4. Dio 80, 5, 3. Dio 80, 8, 1. HA Heliog. 30, 8. HA Heliog. 21, 1. HA Heliog. 25, 1. HA Heliog. 25, 2. HA Heliog. 25, 9; 27, 3–5. HA Heliog. 24, 5, vgl. Liebs, Fiktives Strafrecht, S. 271. HA Heliog. 22, 1. HA Heliog. 22, 2–4. HA Heliog. 23, 2. HA Heliog. 26, 7. HA Heliog. 26, 6; 27, 2. Herodian 5, 7, 6–7. Dio 80, 15, 3 (Xiph.). HA Heliog. 9, 3; 12, 2. HA Heliog. 12, 1–2. HA Heliog. 6, 2. Dio 80, 15, 2 (Xiph.). Dio 80, 14, 1 (Xiph.); 15, 4 (Xiph.). HA Heliog. 2, 1. HA Heliog. 10, 2–3. HA Heliog. 6, 3; 12, 1; 15, 2. HA Heliog. 11, 7. HA Heliog. 8, 2. HA Heliog. 12, 1. Vgl. Pflaum, Les carrières, S. 752–755, Nr. 290; Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 29–32; Handy, Die Severer, S. 147; Icks, The Crimes, S. 13; 16. Dio 80, 14, 2 (Xiph.). Vgl. Schöpe, Der römische Kaiserhof, S. 151–152. Vgl. Liebs, Hofjuristen, S. 68. HA Heliog. 14, 8. CIL VI 31776a. CIL VI 31776b; 31875, vgl. Salway, A Fragment of Severan History, S. 128. Zur Laufbahn vgl. die Übersicht bei Salway, A Fragment of Severan History, S. 146. Vgl. Salway, A Fragment of Severan History, S. 148–153; Wieacker, Römische Rechtsgeschichte, S. 146; Liebs, Hofjuristen, S. 57. So amtierte Messius Extricatus beispielsweise als praefectus annonae im Jahr 210 (AE 1977, 171); zum Amt des Prätorianerpräfekten vgl. AE 2010, 49. CIL XIV 3553 = ILS 3418, vgl. Icks, The Crimes, S. 22. Dio 80, 16, 3 (Xiph.).
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Vgl. Pflaum, Les carrières, S. 771–772, Nr. 297; Reinmuth, A Working List, S. 112; Icks, The Crimes, S. 22. Als weiteres Beispiel eines Statthalters aus dem Ritterstand unter Elagabal galt auch Ulpius Victor in Dacia Porolissensis (vgl. Pflaum, Les carrières, S. 691–694, Nr. 257; Icks, The Crimes, S. 22), dessen Amtszeit jedoch zwischenzeitlich in die Zeit Gordians III. datiert wird, vgl. Piso, Beiträge zu den Fasten Dakiens. Dio 79, 40, 1. Dio 80, 3, 1. Dio 80, 2, 4, vgl. auch Exc. Val. 403, 761. CIL XIII 6807. AE 1989, 721 = SEG XXXVII 1186, vgl. Liebs, Hofjuristen, S. 65. Beispielsweise CIL III 6903; 6912; 6918; 6919; 6920; 6930; 6931; 6940; 12163; 12174; 12191. Vgl. Haensch, Ein Procurator der Provinz Arabia, S. 169. Dio 80, 2, 2 (Xiph.), vgl. Reinmuth, A Working List, S. 112. CIL VII 585; AE 1985, 976. Dio 80, 21, 1 (Xiph.). CIL VI 2009 = ILS 466. AE 1917/18, 44. Vgl. Kienast, Kaisertabelle, S. 176. Pol. Silv. 522, 31; genannt werden: Marcellus Caesar, Sallustius, Uranius, Seleucus und Taurinus. Mit Marcellus Caesar könnte bestenfalls der Caesar Severus Alexander gemeint sein, der jedoch kein Usurpator war; Sallustius und Taurinus sind in dessen Regierungszeit zu datieren, und Uranius ist vermutlich identisch mit einem Usurpator aus der Mitte des 3. Jhs. Somit dürfte es sich auch bei Seleucus um eine Verwechslung handeln; es fehlen zudem Gellius Maximus und Verus, von denen Cassius Dio berichtet. Vgl. Mennen, Power and Status, S. 127; 129–130. Zum Hof Elagabals vgl. auch Schöpe, Der römische Kaiserhof, S. 71–77; 141– 162; 197–206. HA Heliog. 8, 2; Zos. 1, 11, 1, vgl. Icks, The Crimes, S. 25. HA Heliog. 19, 4–6. HA Heliog. 20, 5–7. HA Heliog. 21, 3–4; 27, 6. HA Heliog. 30, 2–6. HA Heliog. 19, 1; 3; 9; 20, 4; 28, 5. HA Heliog. 19, 7; 21, 5; 28, 5. HA Heliog. 21, 7; 29, 4. HA Heliog. 21, 1–2. HA Heliog. 19, 2; 32, 4. HA Heliog. 24, 3. HA Heliog. 19, 8; 21, 6; 24, 1; 29, 8. HA Heliog. 23, 7–8. HA Heliog. 23, 3–5. HA Heliog. 32, 2. HA Heliog. 29, 1; 31, 4–6.
224
644 645 646 647 648 649 650 651 652 653 654 655 656 657 658 659 660 661 662 663 664 665 666 667 668 669 670 671 672 673 674 675 676 677 678 679 680 681 682 683 684 685
Dio 80, 12, 2² (Exc. Val.). Herodian 5, 3, 6; 5, 3, vgl. Dio 80, 11, 1 (Xiph.). Herodian 5, 8, 6. Zum römischen Staatshaushalt vgl. beispielsweise Wolters, Nummi signati, S. 171–254; Christ, Die römische Kaiserzeit, S. 44–47. Vgl. dazu Szaivert/Wolters, Löhne, Preise, Werte. Vgl. z. B. Duncan-Jones, Money and Government, S. 229, Fig. 15.7. Amm. 25, 4, 17. Vgl. Duncan-Jones, Money and Government, S. 82, Fig. 5.10; S. 249, Tab. A.1, vgl. auch Icks, The Crimes, S. 24. Vgl. Christ, Die römische Kaiserzeit, S. 46. Dio 80, 9, 2 (Xiph.). Vgl. Dio 80, 9, 2 (Xiph.); 10, 2 (Xiph.); Herodian 5, 6, 6. Herodian 5, 6, 9–10. HA Heliog. 8, 3. Dio 80, 18, 4 (Exc. Vat.). Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 95. Dio 80, 18, 4 (Exc. Vat.). Herodian 5, 7, 2. Zum Datum vgl. CIL XIII 8017; Fishwick, Dated Inscriptions, S. 357. Dio 80, 17, 2–3 (Xiph.), vgl. Herodian 5, 7, 3–4. Herodian 5, 7, 3. Z. B. in CIL XVI 141; AE 1964, 269 (= AE 1966, 339); 1995, 1565; 2000, 1203; RMM 54. Vgl. dazu auch Weiß, Zwei Diplome, S. 245. Vgl. Dušanić, Nobilissimvs Caesar. Herodian 5, 3, 4. Herodian 5, 7, 4–5. Vgl. Zimmermann, Kaiser und Ereignis, S. 232–237. HA Heliog. 16, 4. Vgl. Schnebelt, Reskripte der Soldatenkaiser, S. 13–14. Cod. Iust. 4, 44, 1; 8, 44, 6; 9, 1, 3. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 33–43. Vgl. Frey, Untersuchungen, S. 95; 97. RIC IV.2, S. 70, Nr. 1–3; S. 101–102, Nr. 381–386. Vgl. Lichtenberger, Severus Pius Augustus, bes. S. 337–350. RIC IV.2, S. 44–45, Nr. 205–208; S. 45–46, Nr. 210–216; S. 47, Nr. 225–228; S. 47–48, Nr. 232–233; S. 51, Nr. 277; S. 59, Nr. 380–387; 389–395; S. 60, Nr. 399. Dio 80, 20, 1 (Xiph.). Eus. hist. eccl. 6, 21, 3–4. Oros. 7, 18, 7; 19, 2. Vgl. Kettenhofen, Die syrischen Augustae, S. 43–56. Dio 80, 17, 1 (Xiph.); 19, 11 (Xiph.); Herodian 5, 8, 1–2; HA Heliog. 13, 3. HA Heliog. 13, 1–17, 2. HA Heliog. 13, 1–2. HA Heliog. 13, 4–8.
225
686 687 688 689 690 691 692 693 694 695 696 697 698 699 700
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Zu diesen Ereignissen vgl. HA Heliog. 13, 5–14, 8. Dio 80, 19, 3 (Xiph.); HA Heliog. 15, 1–3. Vgl. Salway, A Fragment of Severan History, bes. S. 146. Wie aus Dio 80, 19, 2 (Xiph.) zu schließen ist. Dio 80, 19, 3 (Xiph.). Vgl. HA Heliog. 15, 5. Herodian 5, 8, 4. HA Heliog. 15, 5–7. Dio 80, 19, 1a (Exc. Vat.). Herodian 5, 8, 4. Dio 80, 19, 4 (Xiph.). Herodian 5, 8, 2. Herodian 5, 8, 3. Nikolaos 130, 139, vgl. Malitz, Autobiographie, S. 228. Z. B. CIL XI 6721, 14: Fulvia culum pan(dite), also sinngemäß: Fulvia zeig uns deinen Arsch, vgl. auch CIL XI 6721, 3–5; zu den Botschaften auf Schleudergeschossen vgl. Moog, Schöne Grüße. Tac. ann. 1, 28; 48. HA Heliog. 33, 2–6. Herodian 5, 6, 9. Zu diesen Ereignissen vgl. HA Heliog. 16, 1–4. Herodian 5, 8, 5. Dio 80, 20, 1 (Xiph.); Herodian 5, 8, 5; HA Heliog. 16, 5. Vgl. Campbell, The Emperor and the Roman Army, S. 85–88. Vgl. Le Bohec, Die römische Armee, S. 128. Zur castra praetoria vgl. Busch, Militär in Rom, S. 31–70; Bingham, The Praetorian Guard, S. 69–75. Tac. ann. 12, 36; Dio. 74, 1, 1; Herodian 2, 13, 3. So Tac. ann. 12, 36. Vgl. beispielsweise Tac. ann. 12, 69; hist. 1, 36; Suet. Claud. 10; Galba 17; Otho 6; Dio 74, 11, 5; Herodian 2, 6, 10–13; HA Did. 2, 6–7. Vgl. Campbell, Roman Legionary Fortresses, S. 8–9. Vgl. Fields, The Walls of Rome, S. 14, Abb. A. Vgl. Busch, Militär in Rom, S. 67, Abb. 28. CIL VI 30876. Dio 80, 20, 1 (Xiph.); Herodian 5, 8, 7. Vgl. HA Heliog. 16, 5. Dio 80, 20, 1 (Xiph.). Herodian 5, 8, 7. Zur Ermordung Elagabals und seiner Anhänger vgl. Dio 80, 20, 1–2 (Xiph.); Herodian 5, 8, 8–10; HA Heliog. 17, 1–2. Die Berichte weichen nur in Details voneinander ab, wobei der auf Marius Maximus basierenden Überlieferung in der Historia Augusta der Vorzug zu geben ist. HA Heliog. 16, 5, vgl. auch Herodian 5, 8, 8. Dio 80, 21, 1 (Xiph.).
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HA Heliog. 17, 1. Dio 80, 20, 2 (Xiph.), berichtet von einer Kiste, in der sich Elagabal versteckt haben soll. Dio 80, 1, 1. Kienast, Kaisertabelle, S. 172, gibt hier den 11. oder 12. März an, Arrizabalaga y Prado, Emperor Elagabalus, S. 27, den 11. oder 13. März, Icks, The Crimes, S. 59, den 13. März. Dio 80, 3, 3. Herodian 5, 8, 10. P. Dura 54, Kol. 1, 23–26. Dio 80, 21, 2 (Xiph.). Vgl. Rowan, Becoming Jupiter. Vgl. Stepper, Augustus et sacerdos, S. 83–84; Berrens, Sonnenkult, S. 57–60; Lichtenberger, Severus Pius Augustus, S. 151–152. ŠKZ griech. 11–14. Mal. 12, 26. Vgl. Baldus, Uranius Antoninus, S. 229–246. Zu Uranius Antoninus vgl. bes. Baldus, Uranius Antoninus, vgl. auch Hartmann, Das palmyrenische Teilreich, S. 74–76; zur Religionspolitik vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 55–57. So Baldus, Uranius Antoninus, S. 268. Z. B. BMC XX, S. 241, Nr. 24, dort wird das Jahr 565 der seleukidischen Ära angegeben. RIC IV.3, S. 205, Nr. 2. RIC IV.3, S. 205, Nr. 1; S. 206, Nr. 8. Vgl. Altmayer, Die Herrschaft des Carus, S. 96–99. Vgl. dazu bes. Hartmann, Das palmyrenische Teilreich. Zu den Soldatenkaisern vgl. Sommer, Die Soldatenkaiser, sowie vor allem das Handbuch von Johne, Die Zeit der Soldatenkaiser. Zur Herrschaft Aurelians vgl. Saunders, A Biography of the Emperor Aurelian; Watson, Aurelian and the Third Century; Jacob, Aurelians Reformen; White, Restorer of the World. Vgl. dazu Johne, Die Illyrischen Kaiser. HA Aurelian 4, 1–5. Vgl. Zon. 12, 25. Zur Zusammensetzung des Heers vgl. Zos. 1, 52, 3. IGR III 1030. Zos. 1, 50, 2–4. Zos. 1, 52, 3; 53, 2. Zos. 1, 52, 3–53, 3. Eutr. 9, 13, 2; HA trig. tyr. 30, 27. HA Aurelian 25, 3. HA Aurelian 25, 4–5. RIC V.1, S. 307, Nr. 371–375; S. 308, Nr. 383–385; zur Münzprägung Aurelians vgl. auch Göbl, Die Münzprägung des Kaisers Aurelianus. Vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 92–93; 97–99. RIC V.1, S. 272, Nr. 63.
227
759 760 761 762 763 764 765 766 767 768 769 770
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789 790 791
RIC V.1, S. 272, Nr. 64. RIC V.1, S. 301, Nr. 319–322. Vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 120–123. Zur Lokalisierung vgl. Chron. 354 148, 9. Chron. 354 148, 11; Hier. chron. 223b. Zur Währungsreform vgl. Ehling, Münzwesen, S. 856–859, mit weiteren Literaturhinweisen. Zu den weiteren Reformen vgl. Watson, Aurelian and the Third Century, S. 137– 154. RIC V.1, S. 299, Nr. 305–306. Epit. de Caes. 35, 5. Cont. Dio. 9, 6. RIC V.1, S. 297, Nr. 282–283; S. 300, Nr. 312–317; S. 305, Nr. 353. Hercules: RIC V.1, S. 300, Nr. 318; Mars: RIC V.1, S. 305, Nr. 357–359; Jupiter: RIC V.1, S. 296, Nr. 274–275; laut dem RIC erhält auf den letztgenannten Stücken der Kaiser den Globus von Sol; die Abbildung ist jedoch undeutlich, und die Legende IOVI CONSER bezieht sich eindeutig auf Jupiter, vgl. Berrens, Sonnenkult, S. 99–100. Zu Probus vgl. Kreucher, Der Kaiser Marcus Aurelius Probus. RIC V.2, S. 80, Nr. 596. Zu Carus, Carinus und Numerianus vgl. Altmayer, Die Herrschaft des Carus, zur Religionspolitik S. 219–244. RIC V.2, S. 109, Nr. 841; S. 114, Nr. 885; S. 145, Nr. 96; S. 146, Nr. 99–100. Zu Diokletian vgl. Kuhoff, Diokletian und die Epoche der Tetrarchie. RIC VI, S. 167, Nr. 34. Zu Konstantin vgl. z. B. Schmitt, Constantin der Große; Ehling/Weber, Konstantin der Große. Paneg. lat. 6 (7), 21, 4. RIC VI, S. 296, Nr. 111. Leo 87, 17. Z. B. Clem. Al. protr. 11, 114, 1–3. Cod. Iust. 3, 12, 2. Eus. vita Const. 4, 73. Eus. vita Const. 4, 60, 1–3. Zur Differenzierung vgl. Frey, Untersuchungen, S. 67–68. Tac. hist. 3, 24. Suet. Aug. 25, 4. Die legendären „Schweinskaldaunen“ sind übrigens nur eine originelle Erfindung. Als Kaldaunen oder Kutteln bezeichnet man den Pansen von Wiederkäuern, wozu das Schwein bekanntlich nicht gehört. Folgt man jedoch der etymologischen Herkunft des Wortes, so konnte in der Vergangenheit der Begriff calduna auch allgemein für sämtliche essbaren Innereien stehen. Petron. 70. Zu den kulinarischen Vorlieben römischer Kaiser vgl. Demandt, Das Privatleben, S. 41–53. Zu den Essensgewohnheiten des Vitellius vgl. Suet. Vit. 13.
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Plin. nat. 19, 23; 64; Suet. Tib. 34. HA Did. 4, 9. Herodian 4, 8, 5. Synes. reg. 16, Synesios von Kyrene berichtet dies zwar über Carinus, den Sohn des Carus, doch da dieser niemals einen Feldzug gegen die Perser unternahm, muss sich diese Anekdote auf den Perserkrieg seines Vaters beziehen, vgl. Altmayer, Die Herrschaft des Carus, S. 227–228. Athen. deipn. 1, 13; tatsächlich findet sich in dem Kochbuch eine Anleitung, wie man Austern durch Einlegen in Essig und der Aufbewahrung in einem luftdicht abgeschlossenen Gefäß haltbar machen kann (Apic. 1, 12). Apic. 6, 6, 1–2; 8, 9, 1. Apic. 6, 1, 1–2. Appendix Vergiliana 86–126; Colum. 12, 59. Cato agr. 119. Apic. 9, 6, 1. Junkelmann, Aus dem Füllhorn, S. 17, Nr. XXII. So z. B. Gibbon, The History of the Decline, S. 168–169; 220–221. Zu den Rekruten, deren Herkunft und Motivation vgl. Le Bohec, Die römische Armee, S. 49–51; 83–114; Wesch-Klein, Soziale Aspekte, S. 8–12; zur medizinischen Versorgung vgl. Wesch-Klein, Soziale Aspekte, S. 71–90. Vgl. Le Bohec, Die römische Armee, S. 63–65. Eutr. 9, 17, 2; Aur. Vict. Caes. 37, 3–4; Epit. de Caes. 37, 3; HA Prob. 21, 3–4, vgl. Kreucher, Der Kaiser Marcus Aurelius Probus, S. 179. Vgl. z. B. Stoll, Römisches Heer, S. 59–105; 330–352. Vgl. bes. Ott, Die Beneficiarier. Vgl. Wesch-Klein, Soziale Aspekte, S. 99–109; zu homosexuellen Beziehungen vgl. ebd. S. 109–111. Herodian 3, 8, 5, vgl. Eck, Septimius Severus und die Soldaten. Vgl. Le Bohec, Die römische Armee, S. 219. Zur wirtschaftlichen Situation vgl. Wesch-Klein, Soziale Aspekte, S. 45–67; Speidel, Sold und Wirtschaftslage; Handy, Die Severer, S. 220–225. Vgl. Heising, Die Zeit der Severer, S. 60–64. AE 1910, 141 = ILS 9155. Vgl. Le Bohec, Die römische Armee, S. 44–49; Wesch-Klein, Soziale Aspekte, S. 21–23. Vgl. Huttner, Maximinus Thrax, S. 161–163. CIL VIII 217 = CIL VIII 11301 = ILS 2658. Zur Laufbahn des Fortunatus vgl. Wesch-Klein, Soziale Aspekte, S. 28–30. L. Maximius Gaetulicus, primipilus der legio I Italica, konnte einer Weihinschrift aus dem Jahr 184 zufolge sogar mit 57 Dienstjahren aufwarten (AE 1985, 735). Dio 75, 2, 4–6. Dio 79, 3, 3. Hier sei exemplarisch nochmals auf die Grabsteine der Soldaten der legio II Parthica aus Apamea verwiesen, vgl. Balty, Apamea, Pl. XIII, 2–XV, 1; S. 99. Zu Ausrüstung und Erscheinungsbild zur Zeit der Severer vgl. Gräf, Bewaffnung und Ausrüstung, S. 102; Fischer, Die Soldaten des Maximinus Thrax, vgl. auch
229
824 825 826 827 828 829 830
Fischer, Die Armee der Caesaren, allgemein zur Ausrüstung und Bewaffnung S. 112–228, zur Entwicklung im 2. und 3. Jh. S. 335–345. Wie dies für die Spätantike auch die Illustrationen der Notitia dignitatum zeigen. Dio 78, 7, 1–2. Vgl. Handy, Die Severer, S. 168–212. Herodian 7, 1, 9–10. Vgl. beispielsweise Herodian 7, 1, 1; CIL XIII 7323; AE 1931, 68 = AE 2006, 931. Zur Schlacht am Harzhorn vgl. z. B. den Sammelband: Pöppelmann/Deppmeyer/ Steinmetz, Roms vergessener Feldzug. Dio 79, 37, 4.
230
2. Zeittafel 203/204 208–211 4. Februar 211 214–216 216/217
Geburt Elagabals in Rom (oder in der Umgebung) Kindheit am kaiserlichen Hof in Rom möglicherweise Aufenthalt in Britannien Septimius Severus stirbt in Eburacum, Rückkehr nach Rom Reise des Hofes nach Kleinasien, Syrien und Ägypten Aufenthalt in Antiochia
217 8. April 11. April
Ermordung Caracallas bei Edessa Macrinus wird zum Kaiser ausgerufen; Elagabals Familie zieht sich nach Emesa zurück; Elagabal wird dort Oberpriester
16. Mai 8. Juni Sommer Herbst
Kaiserproklamation Elagabals Sieg über die Truppen des Macrinus bei Antiochia Aufenthalt in Antiochia Reise von Syrien nach Kleinasien Winteraufenthalt in Nikomedia; Ermordung des Gannys
Frühjahr Spätsommer
Reise von Nikomedia nach Rom Ankunft in Rom und Heirat mit Julia Paula
Frühjahr
Ernennung zum sacerdos amplissimus dei Solis Invicti Elagabali Fertigstellung des Elagabaliums auf dem Palatin Trennung von Julia Paula Heirat mit Aquilia Severa deus Sol Elagabalus wird zur obersten Gottheit im Reich erklärt symbolische Götterhochzeit mit der Dea Caelestis aus Karthago Überführung von Kultbildern anderer Götter ins Elagabalium erste Priestermünzen mit „Horn“
218
219 220
Spätsommer Herbst
Dezember
231
221 Frühjahr Frühsommer 26. Juni Juli Herbst
zunehmende Proteste gegen Religionsfrevel Trennung von Aquilia Severa Adoption von Severus Alexander und Erhebung zum Caesar Heirat mit Annia Faustina Trennung von Annia Faustina und Rückkehr zu Aquilia Severa beginnender Konflikt im Kaiserhaus; Elagabal will Severus Alexander den Caesar-Titel aberkennen lassen erste Meuterei der Prätorianergarde und scheinbare Aussöhnung Elagabals mit Severus Alexander
222 1. Januar
12. März 13. März 14. März
232
Verhalten Elagabals bei Konsulatsantritt löst erneut Krise aus Zuspitzung des Konflikts im Kaiserhaus zweite Meuterei der Prätorianergarde Ermordung Elagabals und seiner Anhänger Severus Alexander zum Kaiser ausgerufen Severus Alexander wird vom Senat bestätigt
3. Abkürzungsverzeichnis Autoren und Werke sowie Quellensammlungen AE = L’Année Èpigraphique Amm. = Ammianus Marcellinus, Res gestae Apic. = Apicius, De re coquinaria Athen. deipn. = Athenaios, Deipnosophistai Aur. Vict. Caes. = Aurelius Victor, Liber de Caesaribus Avien. orb. terr. = Avienus, Descriptio orbis terrae BMC = British Museum Catalog of Greek Coins BMCRE = Coins of the Roman Empire in the British Museum Cassiod. chron. = Cassiodorus, Chronica Cato agr. = De agri cultura Cedr. = Kedrenos, Synopsis historiōn Chron. 354 = Chronographus anni 354 CIL = Corpus Inscriptionum Latinarum Claud. 6 cons. Hon. = Claudianus, Panegyricus Claud. Stil. = Claudianus, De consulatu Stilichonis Clem. Al. protr. = Clemens von Alexandria, Protreptikos pros Hellēnas Cod. Iust. = Corpus Iuris Civilis, Codex Iustinianus Cod. Theod. = Codex Theodosianus Colum. = Columella, De re rustica Cont. Dio. = Continuator Dionis Digest. = Corpus Iuris Civilis, Digesta Dio = Cassius Dio, Romaike historia Epit. de Caes. = Epitome de Caesaribus Eus. hist. eccl. = Eusebius von Caesarea, Historia ecclesiastica Eus. vita Const. = Eusebius von Caesarea, De vita Constantini Eutr. = Eutropius, Breviarium ab urbe condita Exc. Vat. = Excerptum Vaticanum FGrHist = Die Fragmente der griechischen Historiker Fronto princ. hist. = Fronto, Principia historiae Gnecchi = Gnecchi, I medaglioni Romani HA = Historia Augusta Heordian = Herodianos, Tēs meta Markon basileias historiai Hier. chron. = Hieronymus, Chronicum IG = Inscriptiones Graecae IGLS = Inscriptions grecques et latines de la Syrie IGRR = Inscriptiones Graecae ad res Romanas pertinentes ILS = Inscriptiones Latinae Selectae Ios. bell. Iud. = Flavius Iosephus, De bello Iudaico Iust. = Iustinus, Epitoma historiarum Philippicarum
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Iuv. = Iuvenal, Saturae Lact. mort. pers. = Lactanz, De mortibus persecutorum Leo = Leo Grammaticus, Chronographia Lukian Syr. Dea = Lukian von Samosata, De Syria Dea Makk. = Buch der Makkabäer Mal. = Malalas, Chronikē historia M. Aur. = Marcus Aurelius, Ta eis heauton Mt = Matthäusevangelium Nikolaos = Nikolaus von Damaskus OGIS = Orientis Graeci inscriptiones selectae Oros. = Orosius, Historae adversus paganos Ovid trist. = Ovidius Naso, Tristia Paneg. lat. = Panegyrici Latini Paus. = Pausanias, Periēgēsis tēs Hellados P. Dura = The Excavations at Dura-Europos, Final Report V, Part I Petron. = Petronius, Satyricon P. Flor. = Papiri Fiorentini Plin. nat. = Plinius, Naturalis historia Pol. = Polybios, Historiai Pol. Silv. = Polemius Silvius, Laterculus P. Oxy. = The Oxyrhynchus Papyri RHP = Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit RIC = Roman Imperial Coinage RMD = Roman Military Diplomas RMM = Römische Militärdiplome und Entlassungsurkunden in der Sammlung des RGZ Mainz SEG = Supplementum Epigraphicum Graecum ŠKZ = Res Gestae Divi Saporis Suet. = Sueton, De vita Caesarum Synes. reg. = Synesios von Kyrene, De regno Tac. ann. = Tacitus, Annales Tac. hist. = Tacitus, Historiae TAM = Tituli Asiae Minoris Xiph. = Xiphilinos Zon. = Zonaras, Epitomē historiōn Zos. = Zosimos, Nea historia
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Altertumswissenschaftliche Fachzeitschriften und Schriftreihen AJN = American Journal of Numismatics ANRW = Aufstieg und Niedergang der römischen Welt AW = Antike Welt BASP = Bulletin of the American Society of Papyrologists BHAC = Bonner Historia-Augusta-Colloquium CPh = Classical Philology DNP = Der Neue Pauly HAC = Historiae Augustae Colloquium HdAW = Handbuch der Altertumswissenschaft JJP = Journal of Juristic Papyrology JNG = Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte JRS = Journal of Roman Studies MEFRA = Mélanges de l’Ecole française de Rome, Antiquité MusHelv = Museum Helveticum NZ = Numismatische Zeitschrift SAN = Journal of the Society for Ancient Numismatics SCI = Scripta Classica Israelita TAR = Typenatlas der römischen Reichsprägung ZPE = Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik
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4. Quellenverzeichnis Genannt werden die Editionen der wichtigsten historiographischen Quellen zum Leben Elagabals. Hierbei wurden – soweit möglich – bevorzugt deutsche oder englische Übersetzung berücksichtigt. Die weiteren im Buch genannten epigraphischen, papyrologischen und numismatischen sowie weitere literarische Quellen sind im Abkürzungsverzeichnis in Kurzform angegeben. Aurelius Victor • Groß-Albenhausen, Kirsten/Fuhrmann, Manfred: S. Aurelius Victor. Die römischen Kaiser. Liber de Caesaribus. Lateinisch-deutsch (Sammlung Tusculum), Zürich u. a. 2002². Cassius Dio • Cary, Earnest: Dio’s Roman History. In Nine Volumes (Loeb Classical Library), London u. a. 1961–1970². • Veh, Otto: Dio Cassius. Römische Geschichte, 5 Bd. (Die Bibliothek der Alten Welt, Griechische Reihe), Zürich u. a. 1985–1987. Epitome de Caesaribus • Festy, Michel: Pseudo-Aurélius Victor. Abrégé des Césars. Texte établi, traduit et commenté (Collection des universités de France, Série latine 353), Paris 1999. Eutropius • Müller, Friedhelm L.: Eutropii Breviarium ab urbe condita. Eutropius, Kurze Geschichte Roms seit Gründung (753 v. Chr.–364 n. Chr.). Einleitung, Text und Übersetzung (Palingenesia 56), Stuttgart 1995. Herodian • Müller, Friedhelm L.: Herodianus. Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel. Griechisch-deutsch, Stuttgart 1996. Historia Augusta • Hohl, Ernst: Historia Augusta. Römische Herrschergestalten. Band I. Von Hadrianus bis Alexander Severus. Übersetzt von Ernst Hohl. Bearbeitet und erläutert von Elke Merten und Alfons Rösger mit einem Vorwort von Johannes Straub (Die Bibliothek der Alten Welt, römische Reihe), Zürich/ München 1976. • Hohl, Ernst: Scriptores historiae Augustae. Ed. stereotypa correctior addenda et corrigenda adiecerunt Ch. Samberger et W. Seyfarth, Vol I (Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana), Leipzig 19715. Zosimos • Paschoud, François: Zosime. Histoire nouvelle. Texte établi et traduit (Collection des universités de France, les Belles Lettres 95), Paris 2000². • Veh, Otto: Zosimos. Neue Geschichte. Übersetzt und eingeleitet von Otto Veh. Durchgesehen und erläutert von Stefan Rebenich (Bibliothek der griechischen Literatur 31), Stuttgart 1990.
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5. Literaturverzeichnis Bei der hier aufgeführten Forschungsliteratur handelt es sich um die Titel, auf die in den Anmerkungen verwiesen wurde. Dies ist jedoch nur eine Auswahl. Speziell zum Leben Elagabals wurde vor allem die neuere Literatur berücksichtigt. In den angegebenen Titeln finden sich jeweils weiterführende Literaturhinweise. • •
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6. Abbildungsnachweis Die Münzen im Abbildungsteil sind alle stark vergrößert wiedergegeben, um Details besser erkennen zu können. Die Denare haben üblicherweise ungefähr einen Durchmesser von 19–20 mm, Goldmünzen (aurei) sowie Antoniniane von 21–22 mm und die Tetradrachmen von 26–32 mm.
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Abb. 1: Numismatica Ars Classica (NAC) Abb. 2: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 3: Numismatica Ars Classica (NAC) Abb. 4: Numismatische Bilddatenbank Eichstätt (NBE) Abb. 5: Gnecchi III, Tav. 152, Nr. 11 Abb. 6: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 7: Numismatische Bilddatenbank Eichstätt (NBE) Abb. 8: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 9: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 10: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 11: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 12: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 13: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG) Abb. 14: Numismatische Bilddatenbank Eichstätt (NBE) Abb. 15: Numismatische Bilddatenbank Eichstätt (NBE) Abb. 16: Numismatische Bilddatenbank Eichstätt (NBE) Abb. 17: Classical Numismatic Group, Inc., www.cngcoins.com (CNG)
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7. Personen- und Ortsverzeichnis Die Namen römischer Kaiser und Kaiserinnen sind durch Fettdruck hervorgehoben. Elagabal, von dem im Text passim die Rede ist, wurde nicht berücksichtigt. Die Orte wurden nach ihren jeweiligen antiken Namen geordnet. Personen . . . atus 149–150, 153, 167 Aedinius Julianus 151 Aelius Lampridius 21 Aemilius Laetus 41 Aeneas 121 Alcippilla 62–63 Alexander der Große 17, 34, 50–51, 58, 114, 145, 162, 203 Ambrosius von Mailand 136 Ammianus Marcellinus 16, 29 Annas 67 Annia Aurelia Faustina 118–119, 132, 143, 149, 159–160, 154, 190 Antinoos 135, 137 Antiochianus 149–150, 153, 166 Antiochos III. 34 Antiochos IV. 34 Apicius 195 Apollonios von Tyana 54 Aquilia Severa 121–124, 127, 129, 137, 155, 167–168, 171, 175, 199 Arbogast 90 Aristomachus 166 Artabanos IV. 53, 84 Augustus 10, 33–35, 37, 50, 62, 64, 72, 85, 90, 107, 125, 133–135, 145, 158, 169, 191, 194 Aurelian 31, 33–34, 37–38, 57, 90, 178–184, 186, 190–191 Aurelius Celsus 86 Aurelius Decimus 66 Aurelius Eubulus 152, 154, 174 Aurelius Victor 29–30, 69, 71
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Avienus 30, 73 Basilianus 84, 140 Butherich 136 Caligula 7, 10, 12, 27, 36, 62, 191, 194 Caracalla 18, 23–24, 27–28, 40, 43, 45, 47–71, 74–75, 78–80, 84–85, 87, 92–93, 95, 101, 114, 116–117, 124– 125, 138–139, 141–142, 144, 149– 150, 152, 162, 164, 169, 176–177, 188, 191, 194, 198, 202–203 Carinus 21, 184 Carus 33, 93, 184–185, 194 Cassius Apronianus 17 Cassius Dio 17–22, 28, 40–41, 44, 46, 48, 50, 53, 58–61, 63, 70–71, 77–81, 83–88, 91, 94, 96–99, 102–104, 110–113, 115–117, 119, 121, 123, 127–133, 135–136, 139–145, 147, 149–152, 156, 161, 164, 168, 171, 173–175, 202–203 Cato der Ältere 195–196 Cicero 145 Claudia Acte 62 Claudia Marcia Capitolina 201 Claudius 36 Claudius Aelius Pollio 151, 159, 200 Claudius Attalus 140–141 Claudius II. Gothicus 179 Clodius Albinus 43–46, 59, 71, 142 Columella 196 Comazon 80–82, 84, 88, 91, 97, 116, 140–141, 148–149, 151, 153–154,
159, 164, 189–190, 200, 204 Commodus 17–18, 20, 40–43, 45, 191 Constantius I. Chlorus 184 Cordius 148, 153, 166 Dareios III. 51 Decius Triccianus 141 Demetrios I. Poliorketes 34 Diadumenianus 52, 81, 84–87, 89, 140, 151 Didius Julianus 42–43, 53, 194 Dido 120 Diokletian 21, 33–34, 63–64, 73, 102, 179, 184–185 Domitian 107, 109 Domitius Honoratus 152 Doryphorus 134 Drusus 37 Euodus 47 Eutrop 9, 22 Eutychianus (siehe Gannys) Fabius Cilo 60 Flavius Philostratos 54 Flavius Vitellius Seleucus 152–153 Florianus 184 Fulvius 149, 152, 154, 174 Galba 36 Galerius 184 Gallienus 19, 55, 178–179 Gannys 77–78, 80, 82, 84, 88, 91, 96– 99, 105, 140, 144–145, 148, 153, 159, 161, 169, 174, 188, 204 Gellius Maximus 87, 142 Geminius Chrestus 152 Germanicus 10, 27, 37 Gessius Marcianus 60, 79 Geta 43, 47–49, 53–54, 60–61, 67–71, 75, 142, 164 Gordian III. 182 Hadrian 21, 30, 47, 63, 135, 137 Herodes der Große 16 Herodian 9, 20–21, 23, 28–29, 51, 55, 59, 64–67, 69–73, 75–80, 83, 87–88, 96, 98–104, 106–111, 113, 115,
117–120, 126–127, 132, 138–139, 147, 150, 156–158, 161–162, 164– 165, 167–168, 170–171, 173, 175 Herodianus 178 Hierocles 129–130, 132–133, 137– 138, 147, 152–153, 160, 164, 166– 167, 174, 189 Jesus von Nazareth 54 Julia 133 Julia Cornelia Paula 115–116, 132, 149, 153, 158 Julia Domna 43, 47–48, 53–54, 59, 64–71, 74, 77, 96, 162, 165 Julia Maesa 59–60, 64, 66, 68–72, 74–79, 83–84, 88, 91, 96–97, 106, 110, 116, 118, 126, 129, 132, 140, 148–149, 152–154, 160–162, 164– 165, 167–169, 175, 189–190 Julia Mamaea 60, 64, 70–71, 78–79, 106, 161–163, 165, 168–169, 171, 173, 175, 179, 190 Julia Soaemias 60–61, 64–65, 70–72, 74, 77–78, 83, 88, 97–98, 106, 110, 126, 148, 152, 161–162, 164–166, 168, 171, 173–174, 190 Julius Avitus Alexianus 59–60, 66, 68, 70 Julius Balbillus 66 Julius Bassianus 43, 59, 67, 72 Julius Caesar 33–35, 50, 120, 134– 135, 202 Julius Cestillus 152 Julius Paulus 56, 115, 149, 153, 163 Julius Septimius Castinus 86, 141, 151 Kleitos 145 Kleopatra VII. 90 Konstantin der Große 21–22, 29, 31, 35, 90, 135, 181, 184–185 Leo 149 Lepidus 145 Lucius Verus 45 Macrinus 18, 24, 27–28, 51–54, 58, 61, 69–71, 75–91, 94–95, 97, 99,
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114, 124, 138, 140–142, 144, 148, 150–152, 159, 162, 164, 169, 177, 188, 200, 204 Marcia 41 Marcianus Taurus 86 Marcus Antonius 90, 145 Marcus Aurelius 20, 27, 40, 45, 49, 53–54, 101, 118, 132, 135, 158, 160, 194, 201 Marius Maximus 21, 62, 69, 108, 133, 139–140, 148, 163, 165, 167, 169– 171, 173–174 Marius Secundus 84 Marius Valerianus 152 Martialis 52 Maxentius 90, 107 Maximian 64 Maximinus Thrax 23, 200 Messius Extricatus 150 Michael VII. Dukas 19 Munatius Sulla Cerialis 142–143, 152 Myrismus 148, 153, 166 Narcissus 41 Nero 7, 10, 12, 36, 62, 72, 107, 134, 191, 194 Nikomedes IV. Philopater 134 Numerianus 184 Nymphidius 36 Oclatinius Adventus 52, 85, 200 Octavian (siehe Augustus) Origenes von Alexandria 165 Otho 36 Ovid 125, 133 Papinian 47–48, 56, 60, 163 Paulina 135 Pertinax 41–43, 53, 153, 200 Pescennius Niger 43–45 Petronius Arbiter 134, 193 Petronius Fortunatus 201 Plautianus 47, 54, 68 Plautilla 47, 62, 68 Polybios 17 Pompeius 72
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Pomponius Bassus 118–119, 143 Postumus 178 Probus 31, 33, 184, 198 Protogenes 148, 153 Quintillus 179 Sabinus 139–140, 170 Sampsigeramus 29, 176 Sampsigeramus I. 72 Sappho von Lesbos 136 Šāpūr I. 176–178 Saturninus 47 Sebastian 108 Seius Carus 143 Seleukos I. 34 Septimius Odaenathus 178 Septimius Severus 18–19, 21, 27, 30, 38, 40, 42–49, 53–61, 66–71, 73, 79–80, 85, 92, 95, 101, 107, 114– 115, 124, 133, 135–136, 138–139, 141–142, 144, 149, 157, 162, 164, 176, 188, 198–199, 201–202, 204 Severus Alexander 17–18, 20, 22, 58, 60, 64–65, 67, 71–72, 79, 87–88, 97, 106, 109, 130–131, 139, 145, 149, 151–152, 154, 160–168, 170–171, 173, 175, 178, 190, 200, 204 Silius Messala 143–144 Silvinus 139–140, 145, 159, 163, 171 Sohaemus 72 Sporus 134 Stateira 51 Sueton 134 Sulla 32 Sulpicianus 42 Tacitus (Historiker) 15, 186 Tacitus 184 Terentius Bassus 30 Tetricus 182 Theodosius I. 90, 121, 135–137 Tiberius 15, 37–38, 194 Tineius Sacerdos 153 Titus 67, 107 Trajan 36, 45–46, 50, 57, 109, 195
Vespasian 35–36, 63–64, 107 Vettius Gratus Sabinianus 152–153 Vitellius 36, 194 Vologaeses V. 46 Xiphilinos 19–20, 121 Zabdas 180 Zenobia 73, 90, 178–180, 186 Zoticus 130, 133, 137–138, 148, 150, 153, 160, 189
Trimalchio 134, 193–194 Ulpian 56, 139, 163, 171 Ulpius Julianus 79–81, 84, 140 Ulpius Ofellius Theodorus 152 Uranius Antoninus 176–177 Vaballathus 178, 180 Valerian I. 176–178 Valerianus Paetus 143 Varius Marcellus 60–62, 64–65, 68, 70, 77 Verus 87, 142
Orte Actium 22, 90 Aelia Capitolina (Jerusalem) 67 Alexandria 25, 34–35, 50, 63, 93, 165 Altava 122 Antinoopolis 135 Antiochia am Orontes 53–54, 64–65, 70–71, 74–75, 81–82, 84, 86, 88, 91–96, 99, 106, 112, 140, 148, 165, 176, 180–181, 188, 204 Apamea am Orontes 60, 75, 80–83, 155 Arca Caesarea (Arqa) 60 Argentoratum (Straßburg) 22 Athen 34, 65 Augusta Vindelicorum (Augsburg) 66 Barbalissus 176 Brigetio 30, 117 Brundisium (Brindisi) 84, 140 Byzantium (Istanbul) 86, 185 Carnuntum (Petronell) 43, 172 Carrhae (Harran) 29, 45, 177 Castra Albana (Albano Laziale) 44, 75, 138, 143 Chalkedon 86–87 Corduba (Córdoba) 119 Daphne 180 Dura Europos 45, 57, 175
Eburacum (York) 48, 70 Edessa 51, 70 Emesa (Homs) 20, 29–31, 43, 59, 66– 69, 71–78, 90–91, 95, 99, 102, 106, 108–109, 113–115, 119–125, 132, 138, 152–154, 161–162, 174–178, 180–181, 185–186, 188–190, 200 Ephesos 54, 59, 115 Hatra 46 Heliopolis (Baalbek) 72–73, 114 Hierapolis Bambyke (Manbidsch) 123 Immae 180 Intercisa (Dunaujvaros) 30 Issos 44 Karthago 120, 122, 195 Konstantinopel (siehe Byzantium) Ktesiphon 45–47, 178 Kyzikos (Balız) 144 Lambaesis (Tazoult-Lambese) 61 Leptis Magna 43, 47, 124 Lugdunum (Lyon) 46 Mediolanum (Mailand) 64, 136 Milet 59 Misenum (Miseno) 131 Mogontiacum (Mainz) 151, 178–179, 200 Naissus (Niš) 179
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Nicaea 17 Nikomedia (İzmit) 63, 70, 84, 86, 96, 98–99, 101, 105–107, 109, 129, 140, 144 Nisibis 53 Ostia 59, 131 Oxyrhynchos 28 Palmyra 73, 90, 178, 180–182 Pergamon 18, 59, 98, 144 Pompeji 134 Raphanaea 75, 77–79, 81–82, 87, 140, 142, 197 Rom 10, 13, 17–18, 21–22, 25–26, 28, 36–38, 40, 42–44, 46, 48–49, 56, 59–60, 62–66, 68–70, 74–75, 82, 86, 88–90, 93–94, 96–102, 104–108, 111–112, 115–116, 118–126, 129,
252
131–134, 136–137, 139, 142–144, 147–149, 151, 153–154, 158, 164, 167, 169–172, 174, 176, 178, 182– 183, 186, 188–189, 195, 201–202 Samosata 82 Sardes 122 Serdica (Sofia) 183 Sidon 100 Smyrna (İzmir) 18, 98, 130, 144 Sparta 34, 136 Thessalonica (Thessaloniki) 135–136 Thyatira (Akhisar) 62–64, 70 Troja 121 Tyrus 124 Velitrae (Velletri) 60–62, 64–65 Zeugma 81–82, 86–87, 140, 142, 151
8. Abbildungen
Abb. 1: Elagabal, Aureus aus dem Jahr 218 (RIC IV.2, S. 43, Nr. 196A); Avers: IMP C M AVR ANTONINVS P F AVG, Büste des Kaisers (Typus 1); Revers: SANCT DEO SOLI ELAGABAL, Baetyl auf einer Quadriga, umgeben von Kultstangen
Abb. 2: Elagabal, Denar aus dem Jahr 219 (RIC IV.2, S. 29, Nr. 17); Avers: IMP ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 1); Revers: P M TR P II COS II P P, Sol-Helios nackt mit Strahlenkrone, Chlamys, Peitsche und erhobener Rechten
Abb. 3: Elagabal, Antoninian (nicht im RIC), Festprägung anlässlich des Einzugs in Rom im Sommer 219; Avers: IMP ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 1); Revers: CONSERVATOR AVG, Elagabal führt die Quadriga mit dem Baetyl
253
Abb. 4: Elagabal, Aureus 219–220 (RIC IV.2, S. 32, Nr. 61); Avers: IMP ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 1); Revers: CONSERVATOR AVG, Baetyl mit dem Adler auf einer Quadriga stehend, dahinter Stern oder Sonnensymbol
Abb. 5: Elagabal, Medaillon aus dem Jahr 222 (Gnecchi III, S. 41, Nr. 6; RIC IV.2, S. 55, Nr. 339); Avers: IMP CAES M AVREL ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 2); Revers: P M TR P V COS IIII P P, Elagabalium mit Hauptportal
Abb. 6: Denar aus dem Jahr 221 (RIC IV.2, S. 34, Nr. 87); Avers: IMP ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 2) mit dem „Horn“ am Lorbeerkranz; Revers: INVICTVS SACERDOS AVG, Elagabal beim Opfer, dahinter ein Opfertier
254
Abb. 7: Elagabal, Aureus 221–222 (RIC IV.2, S. 34, Nr. 86d); Avers: IMP ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 2) mit Bart und dem „Horn“ am Lorbeerkranz; Revers: INVICTVS SACERDOS AVG, Elagabal beim Opfer
Abb. 8: Elagabal, Denar 221–222 (RIC IV.2, S. 34, Nr. 88b); Avers: IMP ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 2) mit Bart und dem „Horn“ am Lorbeerkranz; Revers: INVICTVS SACERDOS AVG, Elagabal beim Opfer mit Opferstier am Altar
Abb. 9: Elagabal, Denar 221–222 (RIC IV.2, S. 34, Nr. 88a); Avers: IMP ANTONINVS PIVS AVG, Büste des Kaisers (Typus 2) mit Bart ohne „Horn“ am Lorbeerkranz; Revers: INVICTVS SACERDOS AVG, Elagabal beim Opfer mit Opferstier am Altar
255
Abb. 10: Julia Maesa, Denar 218–220 (RIC IV.2, S. 50, Nr. 268); Avers: IVLIA MAESA AVG, Büste der Kaiserin; Revers: PVDICITIA (Personifikation der Keuschheit), sitzende Pudicitia mit bedecktem Haupt
Abb. 11: Julia Soaemias, Denar 218–222 (RIC IV.2, S. 48, Nr. 241); Avers: IVLIA SOAEMIAS AVG, Büste der Kaiserin; Revers: VENVS CAELESTIS, Darstellung der Venus Caelestis (entspricht der kleinasiatischen Kybele oder der syrischen Astarte)
Abb. 12: Julia Paula, Denar 219–220 (RIC IV.2, S. 46, Nr. 214); Avers: IVLIA PAVLA AVG, Büste der Kaiserin; Revers: CONCORDIA (Personifikation der Eintracht), Elagabal und Julia Paula reichen sich die Hände zum Zeichen der Eintracht
256
Abb. 13: Julia Aquilia Severa, Denar 220–221 oder 221–222 (RIC IV.2, S. 47, Nr. 225); Avers: IVLIA AQVILIA SEVERA AVG, Büste der Kaiserin; Revers: CONCORDIA (Personifikation der Eintracht), Concordia beim Opfer mit Opferschale
Abb. 14: Severus Alexander, Aureus aus dem Jahr 222 (RIC IV.2, S. 71, Nr. 4); Avers: IMP C M AVR SEV ALEXAND AVG, Büste Severus Alexanders; Revers: P M TR P COS P P, Jupiter mit Stabzepter und Blitzbündel
Abb. 15: Julia Mamaea, Aureus aus dem Jahr 226 (RIV IV.2, S. 99, Nr. 354); Avers: IVLIA MAMAEA AVG, Büste der Kaiserin mit Stirnreif (stephane); Revers: VENVS GENETRIX (Stammmutter des römischen Volkes), die Göttin Venus mit Knaben
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Abb. 16: Uranius Antoninus, Aureus aus dem Jahr 253/254 (RIC IV.3, S. 205, Nr. 2); Avers: L IVL AVR SVLP VRA ANTONINVS, Büste des Uranius Antoninus; Revers: CONSERVATOR AVG, Baetyl mit dem Adler auf einer Quadriga stehend, dahinter zwei Kultstangen
Abb. 17: Uranius Antoninus, Tetradrachme aus dem Jahr 253/254 (BMC XX, S. 241, Nr. 24); Avers: ΑΥΤΟΚ CΟΥΛΠ ΑΝΤΩΝΙΝΟC CΕ, Büste des Kaisers; Revers: ΕΜΙCΩΝ ΚΟΛΩΝ / ΕΧΦ, Tempel des Gottes Elagabal in Emesa, Baetyl mit dem Adler, dahinter zwei Kultstangen
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